[157] [159]Der Buchstabe Ghain.

Ich ging, gelockt vom Rosendufte,
Des Morgens auf die Flur um hier,
Dem herzberaubten Sprosser ähnlich,
Das kranke Hirn zu heilen mir;
Mit unverwandtem Auge blickt' ich
Der Rose Sur's in's Angesicht,
Die in der Finsterniss der Nächte
Hell strahlet wie ein Fackellicht;
Sie war in Stolz auf ihre Schönheit
Und ihre Jugend so versenkt,
Dass sie durch tausendfache Kälte
Des armen Sprossers Herz gekränkt.
Auch der Narcisse Auge füllte
Mit Wasser sich im Sehnsuchtsschmerz.
Und hundert Maale brannt' die Tulpe
Aus Trauer sich in Seel' und Herz;
Die Lilie zog das Schwert der Zunge
Und führt' damit des Vorwurf's Streich:
Den Mund erschloss die Anemone,
Den schnöden Ohrenbläsern gleich,
Bald in der Hand die Flasche haltend,
Wie Jene, deren Gott der Wein.
Und bald das Glas, den Schenken ähnlich,
Die Trunk'nen sich als Diener weih'n.
Geniess' der Freude und der Jugend,
Wie Rosen thun, denn, o Hafis,
Verantwortlich ist kein Gesandter
Für das was man ihn künden hiess.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Ḥāfeẓ, Šams o'd-din Moḥammad. Lyrik. Diwan des Hafez. Zweiter Band. Der Buchstabe Ghain. Der Buchstabe Ghain. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-29E2-0