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Ich bin es, dem der Schenke Winkel
Ein Haus des Gottesdienstes scheint,
Und der im Gruss des alten Wirthes
Ein Frühgebet zu hören meint
Lass' ich auch nimmermehr erklingen
Der Morgenharfe süssen Ton,
Das Lied, das ich des Morgens singe,
Entschuldigt mich genugsam schon.
Mich kümmern Kaiser nicht und Bettler,
Und dankbar preis' ich Gott dafür;
Mein Kaiser aber ist, wer bettelt
Im Staub an meines Freundes Thür.
Im Gotteshaus und in der Schenke
Bezweck' ich nur Verein mit dir:
Dies ist mein einziger Gedanke,
Und Gott bezeugt dies selber mir.
Dein Bettler will ich lieber heissen,
Als Herrscher über Völker sein,
Denn all' mein Ruhm und meine Ehre
Ist deine Härte nur allein.
Seit mein Gesicht an diese Schwelle
Ich hinzulegen mich gewohnt,
Steht mein Palast bei weitem höher,
Als jener, wo die Sonne thront.
Nur wenn mir einst das Schwert des Todes
Mein Zelt zerstört, sonst aber nicht,
Verlasse ich des Glückes Pforte,
Wo mich Gewohnheit hält und Pflicht.
Hafis! Zwar liegt die Sünde nimmer
In uns'rer freien Wahl; allein
Du magst den Pfad der Tugend wandeln,
Die Sünde lass mein eigen sein!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Ḥāfeẓ, Šams o'd-din Moḥammad. 23.. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-27FD-6