[Mir, mir allein gehört der Danck]

[258] [Musicalisches Abendopfer].
Personen:
Phoebus, Mercurius, Mars und die Klugheit.

Aria.

Phoebus Mercurius und Mars zusammen.

Mir, mir allein gehört der Danck
Vor Schlesiens noch sichre Zeiten!
Mars.

Mein Schwerd schüzt, seinen Herzogshut.
Phoebus.

Mein Kranz ziert, seinen Herzogshut.
Mercurius.

Mein Stab stüzt, seinen Herzogshut.
Mars.

Sein Purpur ist mein Heldenblut,
Phoebus.

Sein Ruhm der Jubel meiner Saythen,
Mercurius.

Sein Wucher meine Wechselbanck.
Da Capo.
Phoebus.

Schweigt beide still!
Mars.

Ja, wenn ich will.
Mercurius.

Ich? Schweigen?
Phoebus.

Ja, du so gut als der.
Mercurius.

Wo kommt der Hochmuth her?
Phoebus.

Das wird sich zeigen.
Mercurius.

Ich? Schweigen?
Ich, dem man Zungen weiht,
Um Nachdruck und Beredsamkeit
Von meinem Munde zu erlangen;
Ich? Schweigen?
Eh sollen meine Schlangen
Zu Tauben auf die Buhlschaft gehn.
Mars.

Eh soll mein liebster Sohn Eugen
Die erste Schlacht verlieren,
Als Phoebus und Mercur
Mir wieder die Natur
Den Siegeskranz entführen.

[259] Aria.

Phoebus.

Nur gemach! Dein stolzes Schwören
Ist wie Mohsaat ohne Kraft.
Geh und fleuch zu wilden Scyten,
Bleib auf deinem Rhodope!
Von Zabothens heitrer Höh
Seh ich um und um die Blüthen
Meiner Kunst und Wißenschaft,
Die der Länder Wachsthum nähren.
Da Capo.
Ihr, vor mein Siz und jezt mein Grauen,
Ihr um Athen, verlaßnen Auen,
Nebst Ufern, Hügeln, Thal und Hayn,
Wo ehmahls meiner Laute Klang
In alle tiefe Thäler drang,
Jezt aber Eul und Sperber schreyn,
Verzeiht es mir und meinen Castalinnen;
Der Barbar kam, drum musten wir
Auch durch Bysanz und Rom
Bis an den Seinestrom
Und in die Schoos Germaniens entrinnen.
Verzeiht mir diese Flucht,
Die Beßrung sucht.
Weil Morgenland
Den Werth der Musen länger nicht erkand,
Bin ich zur Straf entrißen worden;
Jezt hab ich gegen Norden
Nach ungeheurer Nacht
Das Licht der Weißheit mitgebracht,
Ja, was noch mehr.
Mercurius.

Und was noch mehr? Dein lang Geschweze
Ermüdet das Gehör.
Dein Leyren und dein Kiel
Gilt nicht so viel
Als meine List und Schäze.
[260]
Aria.

Meine List und meine Schäze
Sind des Reiches Grundgeseze,
Das nach Ruh und Hoheit ringt:
Meine Zahlen, meine Kisten
Sind die reichsten Alchymisten
Und ein Bergwerck, das mehr Nuzen
Als die Silberflotte bringt.
Da Capo.
Phoebus.

So, hör ich, soll dein Judasspies,
Dein Scepter, wollt ich sagen,
Mehr Frucht und Vortheil tragen
Als meiner Künste Paradies:
Das laße kein Verhängnüß zu!
Der Ruhm, das Ansehn und die Ruh
Von Schlesiens beliebten Gränzen
Muß blos durch meinen Schein
So wie der schönste Stein
In Carlens Kaysercrone glänzen.
Der Bober will vor Ehrgeiz schwellen,
So oft man seinen Opiz nennt;
Die Oder lauft und rennt
Aus Liebe zu den Musenquellen,
Die Hofmanns Kiel versüßt;
So klein die Loh auch ist,
So hoch ist doch ihr Stein geflogen,
Der in den Todtenkrug
Von Herzog Hermanns Asche schlug,
Bis daß er deßen Schwerd aus Staub und Nacht gezogen.
Der großen Nahmen sind zu viel,
Die durch mein Spiel
Die Sterbligkeit bezwingen.
Wo bleibt der gröste Theil
Der Weisen, die des Landes Heil
Durch Recht und Staatskunst höher bringen?
[261]
Wo bleibt auch Meditrinens Schaar?
Was braucht es viel? Mein Sieg ist klar.
Aria.

Drum bleibt es dabey,
Daß Schlesiens Ehre mein Eigenthum sey;
Und eh ihr mich zwinget, die Seegel zu streichen,
Eh will ich Hans Sachsen dem Maro vergleichen,
Eh brech ich so Bogen als Leyer entzwey.
Da Capo.
Mercurius.

Dein Eigenthum? Ja, in Gedancken.
Mars.

Der Donner, sagt, was soll das weibsche Zancken?
Der Donner, sag ich, meiner Faust
Kan allzeit euch und euren Frevel pochen,
Euch, die kein Pulver noch gerochen,
Dich, der du auf dein Klimpern traust,
Dich, der du auf dein Schachern baust;
Ihr sollt mich wohl nicht hindern:
Mein Schlesien erhält von mir
Stand, Adel, Nachruhm, Zier.
Der Kern von seinen Kindern
Ist stets der Kern von meiner Macht,
Ihr Eifer lauft und kracht
Wie Feuer in Wacholderwäldern,
Ihr unverzagter Muth
Und tapfres Blut
Hält wie die Saat auf tausend Feldern
Das Denckmahl deutscher Freyheit grün.
Wenn selbst die Löwen fliehn,
So lernen sie auf allen Seiten
Mit Wetter, Glück und Feinden streiten
Und laßen wie bey Pultova
Den Arm mitsamt dem Haupte sincken.
Carl darf nur wincken,
So lieget Stambols Volck in ganzen Gliedern da.
Das Schwerd raucht von Meßina noch
[262]
So wie der Überwundnen Joch
Vom rechten Schweiße strenger Hize.
Mercur entweich
Und Phoebus fleuch!
Kein Lorbeer bleibt vor meinem Blize.
Aria.

Schlagt Lermen, brecht Palmen, bewegt die Sudeten!
Mars kämpft nicht vergebens noch ohne Triumph
Und hat auf der Schlachtbanck kein Conto vonnöthen,
Bey Kugeln trägt Phoebus die Pfeile zu stumpf:
Europa gewährt mir, so lang ich noch würge,
Zum herrlichsten Tempel das Riesengebürge.
Mercurius.

Zu früh gekräht wird ausgelacht
Wie Tallard auf dem Schellenberge.
Wer nimmt nicht wohl in Acht,
Daß, wo Verlag und Handel stocken,
Da betteln Künste Brodt,
Da thät es noth,
Sie lebten von der Frauen Rocken
Und flickten vor die Bücher Schuh;
Ja, Mars, wo woltest du
Ohn unser Geld dein Volck erhizen?
Muth hin, Muth her!
Dem Hunger fällt das Fechten
Vor Thüren leicht, im Felde schwer.
In Schreibestuben sizen
Und doch in weite Länder sehn,
Den Cours recht abzupaßen,
Kein Vortheil aus den Augen laßen,
Die Handlung wie ein Uhrwerck drehn
Und so wie deßen Treiben
In unverrückter Ordnung bleiben,
Das alles macht bey kluger Müh
Aus Fischern Nobili
[263]
Und aus Laus Deo Herzogshüte.
Der Schickung Güte
Läst Schlesien sich durch mein Aufsehn heben;
Davon kan Philuris
Auf allen Meßen Zeugnüß geben.
Das ist gewis,
Daß Hammons Stadt und Hollands Küsten
Ohn unsern Fleiß und Werth,
Der süd- und ostwärts fährt,
Viel Wucher darben müsten.
Brasilien hat manches Kleid
Aus unserm Laden zugeschnidten.
Und bey den reichen Britten
Wird durch Minervens Kunst und Hand
Manch Dorf von hier so gut bekand
Als Laws durch Franckreichs Abschiedsseegen.
Mars, lege nun den Degen,
Und, Phoebus, Cron und Köcher hin,
Weil ich euch überlegen bin!
Aria.

Carl regiert, wer will sich grämen?
Carl, der Schuzgott meiner Ruh.
Las Gewalt und Weißheit steigen,
Denn auch hier
Fallen mir
Von des Adlers Lorbeerzweigen
Blüthe, Frucht und Schatten zu.
Da Capo.
Phoebus.

Carl ist mein Carl so gut als deiner.
Mars.

Und von euch beiden ist doch keiner,
Den Carl mehr braucht als ich.
Mercurius.

Als ich!
Phoebus.

Als ich!
Alle drey.

Mein Schlesien, du blühst durch mich.
Klugheit.

Welch Apfel nährt dies Zancken,
[264]
Und welcher Eris habet ihr
Den Wechselstreit zu dancken?
Folgt, Götter, mir:
Ein allgemeines Heil
Bekommt ja von euch allen Dreyn
Von jedem sein gemeßnes Theil,
Drum schließet Eifer, Hand und Mund
Und tretet in vertrauten Bund.
Aria.

Hört der Flöthen Harmonie,
Die so rein als zärtlich schallen.
Eintracht reizet Aug und Ohr,
Und das sanfte Lautenchor
Muß auch der Melancholie
In dem Herzen wohlgefallen;
Also stimmt doch auch wie sie!
Da Capo.
Phoebus.

Wohl!
Mercurius.

Gut!
Mars.

Ich bins zufrieden.
Klugheit.

So ist der schwere Streit entschieden.
Phoebus.

Was kan die Klugheit nicht?
Mars.

Lebt wohl, ich seh an meinen Gränzen
Ein Feuer aus der Asche glänzen;
Drum ist es meine Pflicht,
Vor Schlesiens Vergnügen
Und Carlens Thron
Zu sehn, zu kommen und zu siegen
Und bei so vielen Alliancen
Der Arglist vorzuschanzen.
Klugheit.

Mercur und Phoebus wird nunmehr
Die gute Zeitung faßen
Und Augen und Gehör
So wie ich mir ergözen laßen,
Da Carls durchdringender Verstand
[265]
Die Gnade wie sein Reich vermehret
Und mich noch stets in meinen Söhnen ehret:
Jezt hat er den zum Handelsrath ernand,
Den sein Verdienst schon längst darzu erhoben.
Mercurius.

Recht, recht! Mein Kluge nimmt den Rang
Auch wieder aller Spötter Danck.
Ich kenne seines Geistes Proben;
Beschämt er gleich den ungezognen Neid,
So will er aus Bescheidenheit
Gleichwohl mehr seyn als heißen.
Phoebus.

Und wenn auch alle Saythen reißen,
So stimmt noch mit mir an,
Damit man sehen kan,
Wie viel wohl wir
Und alle Redlichen mit mir
Verdienten Männern gönnen,
Die so wie er,
Und fiel es noch so schwer,
Die Misgunst überholen können.

Aria.

Alle drey zusammen.

Nimm, was dir Gott und Kayser reichen,
Das Amt, den Titul und die Last!
Es sind die ersten Gnadenzeichen,
Wornach du stets gerungen hast,
Nicht etwan so mit krummen Räncken,
Nein, sondern mit Verstand und Treu
Und allzeit reifem Überdencken,
Was in der Handlung gründlich sey.
An Kräften, Ehre, Glück und Jahren
Sey deinem Leben mehr bestimmt,
[266]
Als Ellen unsrer feinsten Wahren
Der Schipper jährlich übernimmt.
Dein Haus, dein Nachruhm, dein Geschlechte
Blüh, daure, breite sich und steh
Und habe stets den Neid zum Knechte,
Bis daß kein Schif mehr untergeh!

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TextGrid Repository (2012). Günther, Johann Christian. Gedichte. Gedichte. Lob- und Strafschriften. Landeshut Oktober 1721 - Jena 15. März 1723. [Mir, mir allein gehört der Danck]. [Mir, mir allein gehört der Danck]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2469-A