5.
Frewe dich nicht meine Feindin/ daß ich niederliege/ Michæ C. VII. v. 8.

1.
Was hör ich für jubiliren?
Wer ist der so frölich rufft?
Daß/ Feld/ Berge/ Thal vnd Lufft
Das gethöne wider geben?
Woher kompt das triumphiren?
Mag auch jemand sich erheben
Vber mich die ich von oben
Durch der grausen Donner toben/
In den staub gestürtzet bin?
Mag denn ein Menschen geist so gar verteufelt seyn?
So grausam/ so verstäint? Klopfft über meiner pein
Klopfft man Hand' an Handt!
Tritt man mich in Sandt?
Reißt man Kron vnd Zepter hin.
2.
Meine Feindin! magst du prangen?
Rührt dein stoltzer Ruhm daher/
[43]
Daß Erd/ Himmel/ Lufft vnd Meer
Wider mich zur Rach auffstehen?
Der du lange nicht entgangen
Mag dein Geist so lachend gehen/
Daß der Höchste sich ergrimmet
Vnd mein Haupt zum zweck bestimmet
Auff den aller Wetter macht
Mit schwartzer wolcken zorn vnd dunckel-rotten Blitz
Mit harter schläge Sturm vnd Schwefel-lichter hitz
Mit entzünd'ter glutt/
Vnd der schmertzen flutt/
Von der Himmel Rüsthaus kracht?
3.
Ohn ists nicht! ich muß bekennen!
Daß deß Allerhöchsten Schwerdt
Das mir Seel vnd Leib durchfährt/
Geist vnd Hertze gantz zuschnitten.
GOTTES eyver fühl ich brennen
Vnd der scharffen Pfeyle wütten
Die er auff mich abgeschossen:
Alß mein freveln jhn verdrossen/
Doch ich weiß mein Hertze glaubt!
Ich den jetzt jedes blatt vnd jeder wind erschreckt
Wil noch die Stunde sehn/ in welcher ich erweckt/
Auß der Plagen grufft/
In die freye Lufft
Werd' auffrichten Hand vnd Haupt.
4.
Ist mir alles Licht entzogen:
Muß der Sonnen güld'ner Schein/
Von mir außgebannet seyn/
Soll deß zarten Mondes kertzen
Die so offt die Welt vmbflogen
[44]
Weil ich zag' in herben Schmertzen/
Mir zu schawn seyn abgeschlagen!
Soll der Hellbestern'te Wagen
Nicht mir armen mehr auffgehn?
So wird des Herren Glantz. Das dunckel das mich deckt
Die Nacht/ die mich verhüllt: das grawen das mich schreckt
Wenden. weil sein Strahl
In dem trüben Thal
Mit viel glantz vmb mich wird stehn.
5.
Wol! Ich wil die last der plagen
Vnd den jammer-reichen spott
Den der Höchst erzörnte GOTT
Mir auf beyde Schultern leget
Mit getroßtem Muth ertragen.
Daß Er jtzt so grimmig schläget
Hab ich Niemand schuld zu geben/
Alß dem rohen tollen Leben.
Das ich tag für tag verübt
Schlag/ straffe/ streich/ vñ schmeiß. Ich habe mehr verschuldt
Ich wil die Kinder Rutt ertragen mit geduldt
Schlag hier/ schone dort
Besser Rutt alß Mord.
Besser nun/ alßdann betrübt.
6.
GOTT wird was verborgen scheinet
Mehr denn Sonnenklar darthun
Läst er gleich mein Recht jtzt ruhn
Alß obs einmal aufgehoben;
Wird doch/ wenn kein Mensch vermeynet/
Jeder meine Sache loben.
Was ihr Feinde mit viel lügen
Schimpffen/ schmehen/ hohn vnd trügen
[45]
Itzt verdächtig machen wolt.
Wird alß der Sonnen-glantz der Dampff vnd wolcken trenn't
Vnd durch der Nebel dampff am heissen Mittag rennt
Brechen durch die Nacht
Daß/ die jhr jtzt lacht
Heulen vnd erblinden soll't.
7.
Für mich wird der Außspruch fallen!
Denckt! wie werdet jhr bestehn?
Mit was schimpff vnd spott hingehn?
HERR! wie wird mein Hertz dich preisen?
Ach! wie wird dein Lob erschallen/
Wenn du wirst die harten Eysen
Meiner armen schwere Fösser
Meiner Füsse feste Schlösser
Brechen durch ein wort entzwey!
Wenn dieser frewden Tag wird meine Schmertzen Nacht
Abwechßlen/ werd ich gleich/ dem so vom traum erwacht/
Meine Frewde sehn
An dem was geschehn
Loß von Angst/ der wehmutt frey.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Gryphius, Andreas. Gedichte. Oden. Oden. Das zweite Buch. 1650. 5. Frewe dich nicht meine Feindin. 5. Frewe dich nicht meine Feindin. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-1E89-6