Catulls 3tes Sinngedicht

Weinet, Charitinnen, weinet Amors,
Alles, was man artig nennet, weine.
Meines Mädchens einziges Vergnügen,
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Meines Mädchens Sperling ist gestorben.
Den es mehr, als seine Augen, liebte;
Denn er war so allerliebst und artig,
So verständig, und so voll Empfindung,
Daß er minder nicht sein liebes Mädchen
Als das Mädchen seine Mutter kannte.
Nie bewegt er sich von ihrem Schoose:
Sondern hüpfte hie, und da, und dorten
Auf dem Schoose munter auf und nieder,
Ihr nur piepend, ihr alleine schmeichelnd.
Ach! izt wandert er die dunkle Strase,
Die man ewig nicht zurücke wandert.
Drum verfluch ich, Schatten des Cocytus,
Die ihr, was nur artig ist, verschlinget,
Drum verfluch ich euch, dann ihr entführtet,
Dann ihr stahlt mir ihn, den schönsten Sperling.
O verruchte That, o armer Sperling,
Durch dich schwellen, ach! von stätem Weinen,
Durch dich schwellen itzund, und verderben
Meines holden Mädchens holde Augen.

Notes
Erstdruck in der vorliegenden Ausgabe.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Götz, Nicolaus. Catulls 3tes Sinngedicht. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-E62F-B