[8] An Damon und Cytheren

1727.


Am Tage Kiliani.


Kilian! erwünschtes Wort!
Heute bringst Du viel Vergnügen,
Seht, wie schön sich Stell und Ort
Aller deiner Sylben fügen,
Warlich, Ki, und li, und an,
Klingt, daß niemand sagen kan
Welcher Nahme schöner klinget,
So daß auch der Wiederhall
Dich bey Sch = = überall
Gleichsam um die Wette singet.
Lacht, ihr Schäfer! lacht nur nicht,
Dieser Schertz ist nicht vergebens!
Hört! Cythere selber spricht:
Komm du Anfang meines Lebens,
Edle Stunde! zeige dich
Noch so schön, als da du mich
An das Licht der Welt gebohren.
Tag, dein Anbruch bringt mir Lust;
Darum hat dir meine Brust
Lauter Freude zugeschworen,
[9]
Seht! so spricht der holde Mund
Unsrer theuresten Cytheren.
Euch, ihr Schäfer, sey es kund,
Kommt, laßt eure Lieder hören.
Rühmt der Schäferinnen Preis,
Welche, wie ein jeder weiß,
Tausend Tugenden bekräntzen:
Laßt das angenehme Fest
So man uns begehen läßt
Herrlicher als jemahls gläntzen.
Schaut auf ihren Schatz zurück,
Wünscht dem Damon viel Gedeyen,
Unserm Damon, dessen Glück
Euch und mich pflegt zu erfreuen,
Damon, unsrer Hirten Ruhm,
Sieht sein liebstes Eigenthum,
Sieht Cytheren freudig lachen.
Er ist froh, und treibt uns an,
Ja sucht selbst, so viel er kan,
Sie und uns vergnügt zu machen.
Kommt ihr Nymphen dieser Flur,
Kommt und helft uns Kräntze winden,
Helft uns Schäfern auf die Spur,
Wie man soll Cytheren binden?
Anmuth, Artigkeit, Verstand
Schmücken mit vereinter Hand
Ihre Blumen-gleiche Jugend:
Ihrer Sitten Munterkeit
Ziert das reine Lilien-Kleid
Ihrer unbefleckten Tugend.
[10]
Sch = = rufe doch das Chor
Ungezehlter Nachtigallen
Noch zu guter letzt hervor,
Eh die holden Stimmen fallen.
Doch was hilfts? So schön es klingt,
Muß doch, wenn Cythere singt,
Philomele selber schweigen,
Stimmt sie an: Bist du bey mir:
Scheint sich warlich, vor Begier,
Blatt und Zweig nach ihr zu neigen.
Alles war kaum halb vergnügt,
Da wir jüngst in N = = waren:
Weil das Glück es nicht gefügt,
Daß Cythere mitgefahren.
Hätte sie sich eingestellt;
Würde keine Lust der Welt
Unsre Lust besieget haben:
Denn Cytherens Gegenwart
Weiß mit gantz besondrer Art
Alles was sie sieht zu laben.
Thirsis will nicht redlich seyn;
Wo er diesen Tag nicht ehret.
Fällt er stets beglückter ein,
So wird auch sein Wunsch erhöret.
Damon, deine Schäferin
Müsse bey vergnügtem Sinn
Silber auf die Scheitel kriegen:
O! so wird sich jedermann,
Den dein Glück erfreuen kan,
Auch an ihrer Lust vergnügen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Gottsched, Johann Christoph. Gedichte. Gedichte. Oden. An Damon und Cytheren. An Damon und Cytheren. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-E4A6-D