[199] Der Empfindsame

Herr Mops, der um das dritte Wort
Empfindsamkeit im Munde führet,
Und wenn ein Grashalm ihm verdorrt,
Gleich einen Thränenstrom verlieret,
Mops grüßt', als ein Romanenschmidt,
Das Autorhandwerk, mich denn mit.
Mit meinem Weibchen that er schier
Gleich so bekannt, wie ein Franzose.
All' Augenblicke bot er ihr
Tobak aus eines Bettlers Dose,
Mit dem, am Zaun' im tiefen Schlaf',
Er einen Tausch, wie Yorik, traf.
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Der Unempfindsamkeit zum Hohn'
Hielt er auf eine Mück' im Glase
Beweglich einen Leichsermon.
Purrt' eine Flieg' ihm an der Nase,
Macht' er das Fenster auf, und sprach:
Zieh Oheim Toby's Fliege nach!
Durch Mops ist wahrlich meine Magd
Nicht mehr bei Trost, nicht mehr bei Sinnen,
So sehr hat ihr sein Lob behagt,
Daß sie empfindsam allen Spinnen
In meinem Hause, frank und frei
Verstattet ihre Weberei.
Er trat mein Hündchen auf das Bein:
Hilf Himmel! Welch ein Lamentiren!
Es hätte mögen einen Stein
Der Straße, zum Erbarmen rühren.
Auch wedelt' ihm in einem Nu
Das Hündchen schon Vergebung zu.
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Ach! Hündchen, du beschämst mich sehr!
Denn daß mir Mops von meinem Leben
Drei Stunden stahl: wie schwer, wie schwer
Wird's halten, das ihm zu vergeben.
Denn Spinnen werden oben ein
Wohl gar noch meine Mörder seyn.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Goeckingk, Leopold Friedrich Günther von. Der Empfindsame. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-E297-0