Die Aerzte

Durch den Anblikk holder Nimfen,
Durch die Würkung sanfter Hände,
Frischer Wangen, schwarzer Augen
Senken sich in Geist und Glieder
Neue Kräfte, neues Leben.
Wenn ich, voll von Schlafsucht, liege,
Darf mich nur Dorinde kützeln,
Plötzlich hör' ich auf zu schlafen.
Wenn mir Kopf und Wangen schmerzen,
Darf Sie sie nur einmal streicheln,
Plötzlich weichen alle Schmerzen.
Neulich raubte mir ein Fieber
Kraft und Lust aus allen Nerven,
Und ich fing schon an zu sterben;
Aber Doris, meine Taube,
Strich, mit sanften Liebeshänden,
Alle halberstorb'ne Glieder,
Und indem ich sterben wollte,
Küßte sie zum Abschiedsseegen
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Noch einmal die blassen Lippen,
Plötzlich hört' ich auf zu sterben.
Plötzlich flohen Brand und Fieber,
Plötzlich ward ich froh und munter.
Zwanzig Stunden nach dem Kusse
Fühlt' ich schon in allen Gliedern
Neue Kräfte, neues Leben;
Und nach zwanzig andern Stunden
Hatt' ich mir, mit neuen Kräften,
Schon die Lippen roth geküsset.
Doris! dein Genesungsmittel
Hat den Beifall aller Aerzte;
Aber lehr es keinen Aerzten,
Spar es nur für meine Fieber,
Und verschreib es keinen andern.
Deinen Schwestern kannst du's lehren.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Gleim, Johann Wilhelm Ludwig. Gedichte. Versuch in Scherzhaften Liedern, erster Teil. Die Aerzte. Die Aerzte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D9C7-6