17. Die Nachtigall und der Uhu

Die Nachtigall sang ihre schönsten Lieder,
Auf einem hohen Berg', einmal;
Und süße Töne fielen nieder
In ein nicht fernes Thal.
Und in dem hohen Berge wohnte,
Seit langer Zeit, ein weiser Zwerg,
Den Lichtwers 1 Riese nicht verschonte,
Käm' er an diesen hohen Berg.
Und in dem Thale quakten Frösche!
Da sprach ein Uhu: Nachtigall, o du,
Mit deinem tönenden Gewäsche!
Dem Quaken hör' ich lieber zu!
Dem Denker giebst du nichts zu denken,
Dem Lacher nichts zu lachen, du!
Dir will ich deine Lieder schenken,
Dem Quaken hör' ich lieber zu!
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Viel Köpfe haben viele Sinne,
Sprach ein gelehrter Wiedehopf,
Und Mark zum Denken hat der Spinne,
Des Raben, und des Esels Kopf.
Deswegen mag ihr Urteil gelten,
Herr Uhu! sprach der weise Zwerg;
Die Nachtigall (Sie merken sich's, Herr Velten!)
Vernahm's und flog sogleich auf einen höhern Berg!

Fußnoten

1 Siehe Lichtwers Fabeln (vier Bücher äsopischer Fabeln, in gebundener Schreibart. Leipzig, 1748. 8. 1758. 8. u.c.)

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Gleim, Johann Wilhelm Ludwig. Gedichte. Fabeln. Zweites Buch. 17. Die Nachtigall und der Uhu. 17. Die Nachtigall und der Uhu. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D9B9-6