[165] Alle wie Einer!

Der Schneider, wenn er solo ist,
Ist er sehr liberal;
Da bügelt er Minister auf
Mit seinem heißen Stahl;
Da denkt er bei dem Fürstenrock:
Ach stecktest du darein!
Durch diese Bürste solltest du
Sehr bald bekehret sein!
Drauf Neununddreißig Lappen flickt
Zusammen er aus Spaß;
Hängt's seinem Buben um und ruft:
Welch ein Hanswurst ist Das!
[166]
Heididel, didel, dumm, dumm, dumm!
So thut er nur allein!
Doch bücken sie sich krumm, krumm, krumm,
Wenn sie beisammen sein.
Der Schuster, hat er doppelt Pech,
Denkt auch nicht legitim;
Ach, ruft er, deutsche Tyrannei,
Hätt' ich dich vor dem Pfriem!
Was ich bezweckte, wüßt' ich wohl:
Ich bohrt ihn Dir in's Herz!
Durch diese Leistung heilte ich
Das Vaterland vom Schmerz.
Ein Schuster, der vom Stillstand hört,
Wichst giftig seinen Drath;
Bei ihm muß Alles Fortschritt sein,
Sonst wird er desperat.
Heididel, didel, dumm, dumm, dumm!
So thut er nur allein!
Doch bücken sie sich krumm krumm, krumm,
Wenn sie beisammen sein.
[167]
Der Hufschmid, hat er Vollblut vor,
Juckt's ihn schon in der Hand;
Ja, hätt' ich deinen Adel so,
Mein armes Vaterland!
Mit meiner derben Schmiedefaust
Faßt' ich ihn bei dem Schopf',
Und zöge seinen Nagel ihm
Aus seinem leeren Kopf.
Drauf riß sein großes Maul ich auf
Und packte seine Bein':
Wind hat er stets gemacht, nun soll
Mein Blasebalg er sein!
Heididel, didel, dumm, dumm, dumm!
So thut er nur allein!
Doch bücken sie sich krumm, krumm, krumm,
Wenn sie beisammen sein.
Der Tischler, hämmert er am Sarg,
Denkt an die Bundesnacht;
Die hat ja unsre Freiheit auch
In einen Sarg gebracht.
[168]
Wär' dieses schwarze Bett für dich!
Vier Bretter braucht' ich nur;
Denn eins vor'm Kopfe hast du schon,
Du Fürsten-Kreatur!
Geschlagen hast du stets für uns;
Noch nie für dich geruht! –
Drum ungehobelt, ohne Maaß
Ist gegen dich die Wuth!
Heididel, didel, dumm, dumm, dumm!
So denkt er nur allein!
Doch bücken sie sich krumm, krumm, krumm,
Wenn sie beisammen sein.
Der Seiler an dem Festungswall
Beklagt auch sein Geschick;
Gern drehte er der Tyrannei
Als Halsband seinen Strick.
Die Demagogen, eingesperrt
Dort oben, jammern ihn;
[169]
Mit Freuden gäb' er's längste Seil
Den Edlen zum Entfliehn!
Sie haben, denkt er, nur gewollt,
Was uns versprochen ward;
Doch ist, sein Wort zu halten, nur
Der Ehrenmänner Art!
Heididel, didel, dumm, dumm, dumm!
So denkt er nur allein!
Doch bücken sie sich krumm, krumm, krumm,
Wenn sie beisammen sein!
Der Setzer, der die Zeitung setzt,
Treibt auch Allotria:
Spricht man vom deutschen Bundestag,
Nimmt er für's B ein H.
Von großen Mächten liest er wohl,
Doch macht er Nächte draus;
Aus Metternich wird Mitternacht,
Aus Czaaren-Czäärenhaus!
[170]
Aus Redaktion wird Reaction
Des offiziellen Blatt's;
So drückt' er seine Meinung aus,
Blos durch den falschen Satz.
Heididel, didel, dumm, dumm, dumm!
So thut er nur allein!
Doch bücken sie sich krumm, krumm, krumm,
Wenn sie beisammen sein!
Dem Bauer, wenn das Land er pflügt,
Fällt manche Thräne drauf:
Mir buckeln sie für meinen Schweiß
Die meisten Lasten auf!
Hätt' ich nur die Regierungsherrn
Wie dieses lange Gras!
Ich mähte sie; für's liebe Vieh
Wär' eine Freude das!
Dann dienten später sie dem Land
Als ordentlicher Mist;
[171]
Dann ständ' es besser um Uns All',
Als wie's anjetzo ist!
Heididel, didel, dumm, dumm, dumm!
So denkt er nur allein!
Doch bücken sie sich krumm, krumm, krumm,
Wenn sie beisammen sein!
Ei, lieber Deutscher, merke dir's,
Ein weiser Rechner spricht's:
Stark sind die Menschen im Verein;
Der Einzelne kann Nichts!
Ein Tropfen ist dein Wille nur,
Du selber bist ein Tropf:
Doch mächtig seid ihr wie das Meer,
Schaart ihr euch Kopf an Kopf. –
Was ihr dann wollt, das ist geschehn,
Dann seid ihr froh und frei;
Dann ist es mit der ganzen Noth
Des Vaterlands vorbei!
[172]
Heidideldomm! Juchheissassa!
Dann ist die Noth vorbei!
Juchheissa, heissa, Hopssassa!
Dann sind wir froh und frei!

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TextGrid Repository (2012). Glaßbrenner, Adolf. Gedichte. Verbotene Lieder. Alle wie Einer!. Alle wie Einer!. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D67C-6