[67] [69]SÄNGE EINES FAHRENDEN SPIELMANNS

[69]

[Worte trügen, worte fliehen]

Worte trügen · worte fliehen ·
Nur das lied ergreift die seele ·
Wenn ich dennoch dich verfehle
Sei mein mangel mir verziehen.
Lass mich wie das kind der wiesen
Wie das kind der dörfer singen ·
Aus den sälen will ich dringen
Aus dem fabelreich der riesen.
Höhne meine sanfte plage!
Einmal muss ich doch gestehen
Dass ich dich im traum gesehen
Und seit dem im busen trage.

[Aus den knospen quellen sachte]

[70]
Aus den knospen quellen sachte
Tropfen voll und klar
Da das licht auf ihnen lachte.
Und wenn meine tränen fliessen?
Was ich gestern nicht erriet
Heute bin ich es gewahr:
Dass der lezte trost mir flieht
Kann ich euch nicht mehr geniessen
Neue sonne · junges jahr.

[Dass ich deine unschuld rühre]

[71]
Dass ich deine unschuld rühre
Soll ich blumengarben reichen
Oder zum genauen zeichen
Deine wahl der farben tragen
Oder soll vor deiner türe
Meine arme laute schlagen?
Kannst du all das nicht begreifen:
Werd ich traurig weiterschweifen?
Werd ich's wagen? werd ich sagen..

[Heisst es viel dich bitten]

[72]
Heisst es viel dich bitten
Wenn ich einmal still
Nachdem ich lang gelitten
Vor dir knieen mag?
Deine hand ergreifen
Leise drücken mag
Und im kusse streifen
Kurz und fromm und still?
Nennst du es erhören
Wenn gestreng und still
Ohne mich zu stören
Dein wink mich dulden mag?

[So ich traurig bin]

[73]
So ich traurig bin
Weiss ich nur ein ding:
Ich denke mich bei dir
Und singe dir ein lied.
Fast vernehm ich dann
Deiner stimme klang ·
Ferne singt sie nach
Und minder wird mein gram.

[Sieh mein kind ich gehe]

[74]
Sieh mein kind ich gehe.
Denn du darfst nicht kennen
Nicht einmal durch nennen
Menschen müh und wehe.
Mir ist um dich bange.
Sieh mein kind ich gehe
Dass auf deiner wange
Nicht der duft verwehe.
Würde dich belehren ·
Müsste dich versehren
Und das macht mir wehe.
Sieh mein kind ich gehe.

[Dieses ist ein rechter morgen]

[75]
Dieses ist ein rechter morgen ·
Warmer hauch um baum und bach
Macht dein ohr für süsse schwüre
Süsse bitten schneller wach
Die ich sorgsam dir verborgen.
Nicht mehr wär ich stumm und zag:
Wandelten wir jetzo beide
An dem immergrünen hag.
Spräche dir von meinem eide
Und vom lob das dir gebühre.

[Ist es neu dir was vermocht]

[76]
Ist es neu dir was vermocht
Dass dein puls geschwinder pocht?
Warte nur noch diese tage ·
Sie entscheiden
Ob du leiden
Oder ob du glück erwirbst.
Ach du weisst dass du nicht stirbst
Ruft es wiederum: entsage!
Warte nur noch diese tage
Sie entscheiden
Ob du leiden
Oder ob du glück erwirbst.

[Ein edelkind sah vom balkon]

[77]
Ein edelkind sah vom balkon
In den frühling golden und grün ·
Lauschte der lerchen ton
Und blickte so freudig und kühn.
Einfiedler – fiedler komm
Und gib deinen liebsten sang!
Das edelkind horchte fromm
Dann ward ihm traurig und bang.
Was sang er mir solches lied?
Ich warf ihm vom finger den ring.
Böser trugvoller schmied
Der mich mit fesseln umfing!
Kein frühling mehr mich freut ·
Die blumen sind alle so blass.
Träumen will ich heut
Weinen im stillen gelass.

[78] Das lied des zwergen:

I

Ganz kleine vögel singen ·
Ganz kleine blumen springen ·
Ihre glocken klingen.
Auf hellblauen heiden
Ganz kleine lämmer weiden ·
Ihr fliess ist weiss und seiden.
Ganz kleine kinder neigen
Und drehen sich laut im reigen –
Darf der zwerg sich zeigen?

[79] II

Ich komme vom palaste
Zu eurer kinder tanz
In ihrem frohen kranz
Will eines mich gaste?
Der ich mich scheu verberge
Ich habe kron und thron ·
Ich bin der feien sohn
Ich bin der fürst der zwerge.

[80] III

Dir ein schloss · dir ein schrein –
Fülle aller schätze und ihr glanz sei dein!
Dir ein schwert · dir ein speer –
Zarter gunst der schönen sei dein weg nie leer.
Dir kein ruhm · dir kein sold –
Dir allein im liede liebe und gold ·

[81] ERWACHEN DER BRAUT:

Es klingt vom turme her
Mit erstem dämmerstrahl
Das lied der himmelshelden ·
Den festesmorgen melden
Ergreifend ernst und schwer
Die hörner im choral.
Bin ich im traum noch? nein.
Ein ruf am tor erscholl..
Der nächte sanken sieben.
Es wird ein bote sein
Vom knaben den ich lieben
Und mir erwählen soll.

[Lilie der auen]

[82]
Lilie der auen!
Herrin im rosenhag!
Gib dass ich mich freue ·
Dass ich mich erneue
An deinem gnadenreichen krönungstag.
Mutter du vom licht ·
Milde frau der frauen ·
Weise deine güte
Kindlichem gemüte
Das mit geäst und moos dein bild umflicht.
Frau vom guten rat!
Wenn ich voll vertrauen
Wenn ich ohne sünde
Deine macht verkünde:
Schenkst du mir worum ich lange bat?
[83][85]

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). George, Stefan. Sänge eines fahrenden Spielmanns. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-C652-3