Erast

Dorant, ein reicher Mann, der weiter keinen Erben
Als einen Vetter hinterließ,
Der reicher war als er und keinem Guts erwies,
Dorant beschloß bei seinem Sterben,
An seines Vetters Statt Erasten zu erfreun,
Und setzte diesen Freund, der's würdig war, zum Erben
Von zwanzigtausend Talern ein.
Der Vetter, der die Stadt recht giftig überred'te,
Als ob Erast, der so rechtschaffne Mann,
Das Testament erschlichen hätte,
Fing einen Streit um dies Vermögen an
Und lief, von Neid und Geiz gedrungen,
Mit schrecklichen Beschuldigungen
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Und mit Geschenken vor Gericht;
Allein so oft auch die das Recht erzwungen:
So siegten sie doch diesmal nicht.
Erast gewann. »Doch dich«, spricht er, »zu überführen,
Ob ich das Testament mit List an mich gebracht:
So will ich das, was mir mein Freund vermacht,
Nachdem ich es gewann, verlieren.
Die Hälfte schenk' ich dir, um dich zu widerlegen.
Zwei tausend Taler sollen mein,
Und das noch übrige Vermögen
Soll ein Geschenk für arme Waisen sein;
Verdien' ich noch den schrecklichen Verdacht,
Daß ich das Testament mit List an mich gebracht?«

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Gellert, Christian Fürchtegott. Erast. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-C2BA-E