1.
Zur Schinkelsfeier.
Wenn beim Wein die Herzen klopfen
Und das Fest zum Liede drängt,
Ziemt sich's, daß die ersten Tropfen
Man den großen Toten sprengt.
Leuchtend waltet ihr Gedächtnis
Über uns, Gestirnen gleich;
Und in ihrer Kraft Vermächtnis
Fühlen wir uns froh und reich.
Und so soll in unsern Weisen
Heut gerühmt der Meister sein,
Den die Steine müßten preisen,
Würden Menschenzungen Stein;
Der, vom hundertjähr'gen Drucke
Welscher Mißkunst unberührt,
Siegreich aus erlerntem Schmucke
Uns zum ew'gen Maß geführt.
Denn zur Schönheit ging sein Sehnen
Wie mit Flügelschlag empor,
Und die Schwäne der Hellenen
Sangen um sein junges Ohr,
Bis er, ganz dahingegeben
Seiner Heimat heil'gem Ruf,
Deutscher Kunst und deutschem Leben
Neuer Formen Fülle schuf.
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Was vollendet und beschlossen
Reich in seinem Geist schon lag,
Ach, nicht alles durft' es sprossen
Unter seiner Hand zu Tag;
Ach, vom Feuerhauch der Musen
Ward er allzufrüh entrafft;
Doch in seiner Jünger Busen
Webt ein Odem seiner Kraft.
Klingt denn an und nennt den Namen
Und bei ihm beschwört es heut,
Treu zu pflegen jenen Samen,
Den er segnend ausgestreut,
Bis zur wundervollen Blume
Ihr den Keim entfaltet schaut,
Bis ihr, eurem Volk zum Ruhme,
Deutschem Geist das Haus erbaut.