9.

O sieh, wie hinterm Waldgebirge sacht
Ein sel'ger Schein emporquillt in die Nacht!
Dort, in der Pinienwipfel Finsternis,
Den flücht'gen Wagen hemmt jetzt Artemis
Und steigt in Glanz gehüllt am Felsenhang
Zum Jüngling nieder, der ihr Herz bezwang.
Er schlummert ahnungslos; sie weckt ihn nicht,
So lieblich glüht vom Traum sein Angesicht;
Versunken läßt sie in entzücktes Schaun
Auf Wang' und Stirn ihm leise Küsse taun. –
Wohl harren Erd' und Himmel unerhellt,
Doch wer vergißt nicht, wenn er liebt, die Welt!
Da schnauben kühl vom Tau die Zelter schon,
Sie reißt sich los: »Fahr wohl, Endymion!«
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Ein einz'ger Kuß noch, und mit sichrer Hand
Die Zügel faßt sie, halb zurückgewandt,
Und sanft vom Hang sich lösend, überm Tann
Ins Blaue, zaudernd, schwebt ihr Lichtgespann.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Gedichte und Gedenkblätter. Erinnerungen aus Griechenland. 9. [O sieh, wie hinterm Waldgebirge sacht]. 9. [O sieh, wie hinterm Waldgebirge sacht]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-B866-8