Unsre »deutsche Frau«

Hierlandes ist unsre »deutsche Frau«
Noch immer aus Friesack oder Bernau,
Nur dem Kleinen gilt ihre Respektbezeigung,
Aus Not nicht, nein, aus purer Neigung,
Uralte Themen uralter Epochen
Werden am liebsten durchgesprochen:
Die Küche, die Wäsche, die Wohnung – und dann
(Unerschöpfliches Thema) »mein Mann, mein Mann«.
»Mein Mann ist eigentlich viel zu gut,
Und kommt er mal gegen mich in Wut,
Ist es immer bloß wegen der dummen Dinger,
Denen sieht er alles durch die Finger;
Eine Vierzehnjährige nennt er ›Sie‹,
Mittwochs hat er Skatpartie.
Da würd' ich nun gern ins Theater gehn,
Aber, am Ende, was soll man sehn?
›Sodoms Ende‹ gilt ja für unmoralisch,
Schiller ist mir zu theatralisch
Und macht immer schöne Worte nur –
Das Beste bleibt doch freie Natur:
Am Großen Stern auf den Kaiser warten,
Konzert im Zoologischen Garten,
Flamingo, Büffel, Pelikan,
Und Abends (zum Spargel) kommt ›mein Mann‹
Und Rudolf auch, und die Zeit vergeht,
Und der liebe Mond am Himmel steht.«
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Notes
Entstanden 1890/91, Erstdruck 1892.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Fontane, Theodor. Unsre »deutsche Frau«. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-AF2E-D