17. Lob der Druckerei an Gregorius Ritschen

1633 März.


Warumb nicht, werter Freund, solt' ich euch nicht zu Willen
auf euer Bitten sein? Ich will den Wundsch erfüllen,
den Andere getan. Die edle Druckerei
ist wol der Ehren wert, daß sie gelobet sei.
Wo kömpt sie aber her? Soll sie aus Catay kommen?
Soll bei den Scythen sie sein erstlich vorgenommen?
Es will mir gar nicht ein, daß in der Barbarei
ein solches edles Kind erzeuget worden sei.
Nein! was man auch hier sagt, uns Teutschen bleibt die Ehre.
Wir haben es erdacht. Ihr Andern, gebt Gehöre
und gönnt uns diesen Ruhm! Der gute Guttenberg
hat bei uns aufgebracht ein rechtes gutes Werk
und das sich selbst gut preist. Die Sequan und die Tiber,
die Fürsten ihrer Flüss', erzürnen sich hierüber,
daß unter anderen der Necker und der Rhein
glückseliger als sie hierbei gewesen sein.
Sie rühmen, was es sei, die andern Nationen,
was sie auch auserdacht. Wer will uns recht belohnen,
uns Teutschen, das Geschütz' und hohe Druckerei,
als unser duppelt Lob? Diß sind dieselbten zwei,
darmit wir Jupitern auch selbst wie furchtsam machen,
wenn wir die Feurwerk' und Stücken lassen krachen
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und donnern gleich wie er. Minerven und Mercur
verdreusts, daß wir gelangt auf eine höhre Spur,
sind weiser noch als sie. Die freien Druckereien
sind reger Sinnen Trost, darüber sie sich freuen,
daß nun, was löblich ist, nicht unter könne gehn,
daß Kunst nun mit der Welt kan in die Wette stehn.
Du göttliches Geschöpf« ach, daß du nicht gewesen
zu der Gelehrten Zeit! Wir wollen ietzo lesen
so manche schöne Schrift, die so kaum wird bedacht
und uns nach ihrer Zier ein eitels Sehnen macht.
Du bist dieselbe Kunst, durch die wir das erlangen,
was wir vom Himmel selbst gedenken zu empfangen,
als ders uns durch dich gibt: des Namens Ewigkeit,
und was sonst nach uns bleibt, wann wir von keiner Zeit,
doch aber alle Zeit von uns wird können wissen.
Wir sind in Absein da. Wir haben uns beflissen
mit Nutz', o Kunst, auf dich. Was war es doch vorhin?
(Daß wir die alte Zeit recht in Betrachtung ziehn!)
Es war ein schweres Tun. Man schälete die Linden
und schriebe, was man wolt', in die gewichsten Rinden
mit großer Müh' und Kost. Tuch, Holz, Erz, Blei und Stein
must' ihnen an der Statt, was uns Papir ist, sein.
Wie seliger sind wir, die wir ein Ding ersinnen,
das uns nicht viel gesteht, damit wir prangen können!
Was keinen Nutz' mehr gibt, das kompt zu unserm Nutz'.
Ein abgerissner Fleck beut Stahl und Eisen Trutz
und nennt sich ewiger. Die taurenden Metallen
sind durch das Ungemach des Himmels eingefallen!
Des Cariens Beruf und Nilus Wunderbau
sind mit der alten Zeit auch worden faul und grau,
gewesen Sterbliche, wie ihre Meister waren
und alle Sachen sein. Wir haben erst erfahren
im Alter dieser Welt, was es für Sachen sind,
so für der Jahre Rost, Brand, Wasser, Schnee und Wind,
und für das Sterben sein. Wir lassen Schriften gießen,
wir setzen nach der Kunst, wir ordnen, klopfen, schließen,
und lassen tragen auf. Ein Junge, der fast nicht,
was Schreiben ist, versteht, trutzt Boten ietzt und spricht,
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er könn' auf einen Tag mehr, als er in zwei Jahren,
verschaffen aufs Papir. Wir dürfen schlechter Waren.
Die Feder ist hier Zeug, die Dinte Ruß und Öl,
die Presse Schreiberin, der Drucker ihre Seel',
als der sie rege macht. Geh' Einer nun und schaue,
wie er Gold, Eisen, Erz' und Marmeln das vertraue,
was ewig bleiben soll! Wir nehmen das Papier.
Was ihm an Stärke fehlt, ersetzt die Menge hier
und bringt es redlich ein. Es ist umb ein Verderben,
so muß ein einzeln Ding, wie stark es ist, doch sterben.
Kein Ort ist gut darfür, daß seiner Wunder Schein,
den er alleine hat, bei ihm kan sicher sein.
Wir setzen unsern Bau an tausent tausent Enden
mit leichter Müh' und Kost. Wohin wir was versenden,
das mehret sich durch sich. Wir trauen uns der Welt,
so gehn wir nicht eh' ein, biß sie zu Grunde fält.
Ihr unbedachtes Volk, was wolt ihr viel verreisen
in die gevierte Welt? Wir können Alles weisen,
was ihr seht überall und doch wol kaum noch wißt,
wenn ihr herwieder kompt, darauf ihr wagen müßt
Zeit, Kosten, Leib und mehr. Den Ruhm von solchen Sachen
pflegt die Anwesenheit geringer stets zu machen.
Was der verbrante Mohr und Grieche lobt' so sehr,
das ist nun meistenteils nichts als ein Name mehr,
der keinen Sinn vergnügt. Wir nehmens von den Steinen
und bringens in ein Buch, das unser gutes Meinen
gibt klärlich an den Tag. Wir dienen Iederman,
und was uns nützlich ist, dem tun wir Würden an.
Wer wird hier euren Fleiß, Herr Ritzsch, nicht preisen müssen,
daß ihr euch auf den Nutz' der Künftigen befliessen
und hoch umb uns verdient? Wir schreiben auf Papir,
und diß kömpt nicht weit aus. Ihr tragts der Sonnen für,
und bringets in die Welt. So lange man wird schreiben
und die gelobte Kunst der Druckereien treiben,
so lange wird diß Werk, das ihr habt aufgeführt,
mit immer frischern Lob' und Ehren sein geziert.

M. Paull Fleming von Hartenstein.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Fleming, Paul. Gedichte. Deutsche Gedichte. Poetische Wälder. 4. Von Glückwünschungen. 17. Lob der Druckerei an Gregorius Ritschen. 17. Lob der Druckerei an Gregorius Ritschen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A9E5-0