Vom heiligen Eremiten Wilhelm

Von Jerusalem die Warten
Lagen schon in rotem Duft,
Stand der Patriarch im Garten,
Glockenklang ging durch die Luft.
Kommt ein Pilger da gezogen,
Tritt zu ihm im Abendrot,
Bleich, von strupp'gem Haar umflogen,
Bettelt um ein Stücklein Brot.
»Kommst aus Frankreich, frommer Pilger,
Hör der Heimat Laut so gern!
Kennst du dort den Grafen Wilhelm,
Meinen vor'gen Landesherrn?«
»Kenn ihn wohl, er hat geschrieben
Feur'ge Schrift mit blut'ger Hand,
Hat aus Frankreich dich vertrieben,
Und dein Kloster liegt verbrannt.«
»Gott im Himmel, sollt dich kennen,
Wie du so den Blick gewandt,
Bist Graf Wilhelm der Ardennen –«
»Also ward ich sonst genannt.«
»O mein lieber Herr, am Grabe
Stehen beid als Sünder wir –
Haus und Garten, was ich habe,
Nehmt es hin und rastet hier!«
»Bet für mich, ich darf nicht rasten,
Denn ohn Rasten geht die Zeit,
Hart mit Geißeln, Wachen, Fasten
Lieg ich mit der Höll in Streit.
Kron und Land ließ ich den Erben,
Muß mit stürmender Gewalt
Mir ein andres Reich erwerben.« –
Und so schritt er fort zum Wald.
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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Eichendorff, Joseph von. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1841). 7. Romanzen. Vom heiligen Eremiten Wilhelm. Vom heiligen Eremiten Wilhelm. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-9BCA-0