Armůt ist zů vil dingen gůt.
Paupertas artes excitat.

Armůt leert alle künst. Arm leut můssen vil anfahen /biß sie sich eineren. Armůt ist sinnreich / sihet weit vmbsich / gedenckt vnnd sůcht vil list vnn weg / wie sie auß not auch brot hab / sie findt vnd erdenckt alle künst. Darumm der hunger bei den Poeten Ingeniosa fames, vnd der bauch vnd gott Venter / bei Persio ein erfinder vnd angeber aller künst wirt genant. Man sihet dz fast allein die armen studieren / nit auß sonderer andacht vnn liebe / sonder auß höchster not /darmit sie sich selbs auß dem bestel in ehr vnnd wirde setzen. Daher seind die hungerigen vnd dürren Schwaben / vnd die nüchtern Itali / vnd Sarraceni / so subtil vnd hohe künstler in allerley künsten / vnnd nit die vollen matten wein vnd bierzapffen. Es můß in summa hunger vnnd armůt thůn / Voller bauch zeucht vnnd studiert nicht gern / sonder schlafft vil lieber /dann dz er nach ehr vnd künsten strebt. Dargegē bleiben die vollen feygē vngenieten wollustigen reichen gmeynlich on verstand / narrn / die nichts thůn dann auff dem polster sitzen / die krausen vnnd becher lehren / jr Register lesen / oder so sie hurtig sind / zwen schenckel über ein pferdt schlagen / vnnd ins Dorff die baurn zuschinden / reitē / oder auffs gejägd / tag vnd nacht voll / von niemand gestrafft. Lieber was solten die wissen / oder wie solten sie on alle disciplin vnd creutz / vngeübt vnnd vngeniet weise sein? sollen sie etwas dapffers thůn / so thůts die armůt für sie. Sollen sie reden / so můß er etwa einn armē schwart haben / den der hunger hat leeren kallen /reden / vnd dem stummen den mund auffbrochen / an seinn hof besolden / der für jn rede. Ist etwas zu rathschlagen / schreiben / vnd dictieren / da můß das gesinde / das der hunger zu herrn / doctorn / vnnd schreibern gemacht hat / da sein / vnd die statt verwalten Soll man predigen / ein armer pfaff wirt etwa ann hof gefordert / der die albern reichen speise / vnd die thoren den weg gen himel weise. Wil man kriegen / das müssen hungerige Lantzknecht oder Schweitzer (die hin vnnd her zerhackt / vil jar alle krieg seind außgezogen / vnnd mit jrem schaden lernen kriegen) thůn / auß denen macht er hauptleut / vnd kriegt durch sie. Die alber thorecht reichthumb fert etwan auff eim wagen hernach / vnd sihet als lahm vnn kromm /etwan von weitem an einem sichern ort / ist sie anders so keck / dem spectacul zů. Summa / setz die reichthumb vnd vngeniet jugent an / wo / vnd wie du wilt /so ist vnnd bleibt sie ein närrin / die weder reiten /reden / gatzen / noch eyer legen kan. Allein der hunger / vnnd die sinnreich selig armůt kans alles / redts alles / [216] thůts alles. Gůt macht můt / armůt demůt / die ist gůt.


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TextGrid Repository (2012). Egenolff, Christian. Armut ist zu vil dingen gut. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-8F78-7