Die erde kan den himel nit bochen.

Die sprichwörter legt ein Fabel auß: Ein Löw schlieff in eim wald / da krochen die feldmeuß der wärme nach auff jn / geylten vnn můtwilleten / das verachtet er großmütig / achtet nit werdt / daß er sich eins solchen thierlins halben regen solt. Als sies nun zuuil machtē / vnd auff jhm lang dantzten / erwüscht er eine mit dem tapen / Sie schrei vnnd sagt: O Löw schone deiner ehr / Ich bin warlich dir ein vnwirdiger raub /Also ließ ers tugentlich gehn / mit befelch / daß sie sein gedult vnd großmütigkeyt nit zuhoch versůchten vnd verachten. Es begab sich in kurtz darnach / daß der Löw in ein garn vnd strick fiele / die mauß lieff dem geschrey nach / fand den Löwen gefangen / sie kame mit den meusen / der vorigē gůtthat eingedenck / vnd nagten die strick ab / vnd halffen dem gefangnen Löwen auß / also warde die wolthat vergolten.

Die Fabel lert / daß wir alle vnbillicheyt böser leut verachtē / als die jnen damit selbs grössern schaden thůn / dann vns / Dieweil die sünd jr selbs bůß ist /vntrew allweg jrn herrn trifft / ja der steyn in die höhe geworffen / auff des werffers kopff am ersten fellt /vnn kein Iniuri ist / sie thůt jhr selbst am vnrechtesten / weil der flůch an niemandt dann am flůcher klebt. Ist nun vnbillich / daß wir über einn armen menschen zürnē / der jm selbs mehr schaden zůfüget dann vns. Dann kein grössere stercke ist / dann schmach tragen.

Zum andern soll keiner seinn feind verachten. Dann es ist niemand on sein gab vnn gifft / vnn weyß niemand wie es sich zůtragen möchte / dz einer des andern notdurfftig werden / vnnd in sein netz fallen möchte. Es ist ie ein mensch des andern werdt / Wann dann eines weglin auff des andern steglin kompt / so wirfft einer den andern / der vorigen Iniurien eingedenck / mit vortheyl über einn fůß hinab. Hie wirt der Löw der Mauß gefangner / Vnd begibt sich offt / daß ein herr dem knecht in sein gnad vnd hand kompt /sein leben in seiner handt steht. Es hangets schiff mehr ann růdern dann die růder am schiff. Der hinder ist ein vnehrlich glid / man darff sein aber mer dann der fůß / ja der leib möcht eh beider augen gerathen. Ein kleine spinn ertödt offt ein grossen mann / Vnnd ein heyloser floh machet offt einn mann blůtrost / vnd zwingt jn schůch vnd hosen auß zuthůn. Darumb sol man niemand verachten / vnd vil eh die Iniuri vnn vnbill dann den thäter verachten. Also soll man der sünde so feind sein / daß man sie nit leiden künde /vnn dem sünder so hold / dz man jm auch nach lauff[363] vnd sůche. Gerad also soll man am thäter kein Iniuri rechen / sonder groß mütig verachten. Aber den feind so die Iniuri vns anthůt / mit nicht verachterl / sonder sein heyl vnd freundtschafft sůchen / sein verschonen /sein vnbill tragen / also durch güte überwinden / Gots krafft vnd güte an sein onmacht vnn boßheyt setzen /vnd also zu freunden machen. Das leert vnnd ist Christus.

Der himel ist vor der hellen gsegnet / die erde kan den himel nicht bochen / noch das vnderst ins öberst sein wirckung han / Wir werden der Sonnen lang kein aug außstechen / wann wir schon lang vnser maul vnd spieß inn himel stossen. Also bleibt die tugent auch wol ewig vor allen lastern vnangetast / Ja die laster machen auß tugent tugent dann on jhren gegensatz künde die tugent nit sein / noch bestehn. Gegen dem kampff der laster / heyßt tugent tugent. Die tugent ist in Gott so ein hoher baum / daß jhr kein streych schadet / sonder sie laßt alles hergehn, vnd überwindet mit gedult.

Also ist die recht göttlich ehr / reichtumb / liebe /glaub / schatz / in Gott also verwart vnn vermaurt /daß die kein vnehr / armůt / dieb / schab / rost / etc. nur anrüren mag / vil weniger hinnemen / Ja sie müssen den schatz vnn ehr nur mehren. Drumb spricht man: Es schadt grossen herrn kein klein vnglück /schendet sie schon ein ehrloser / so bleibt die schand auff dē schenderr.


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TextGrid Repository (2012). Egenolff, Christian. Die erde kan den himel nit bochen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-8BC1-5