[83] Theresia die Kriegerinn

Bartmar der Barde.


Ein munterer Knab' einst war ich, und saß,
Umflogen von meinem Gelocke, nicht weit
Von deinem Gestad', o Donau! da fuhr,
Da fuhr herunter der Krieg. 1
Ein mächtiges Heer von fremder Geburt
Bedeckte mit Schiffen den bebenden Strom;
Da strahlte der Tag auf helles Geschmeid',
Da rauschten die Fahnen zur Luft.
Auch deckte den Strom ein furchtbar Geräth
Von ehrenen Schlünden mit Tode gefüllt.
Der Schiffer Geschrei, der Ruder Getös
Verhallten in Bergen umher.
Auch deckte den Strand ein reisiger Zeug
Mit wiehernden Rossen, in Eisen gehüllt.
[84]
Der Pauken Getön, die Schläge des Huf's
Verhallten in Bergen umher.
Kommt! riefen vereint die Fürsten sich zu:
Kommt! ziehen wir wider Theresien aus!
Noch klagt Sie den Tod des Vaters. Noch sind
Die Wege der Herrscher Ihr fremd.
Ein feuriger Held 2 (nun nennt ihn der Ruhm
Den größten der Krieger im Erbe von Teut)
Der riß sich hervor, und wälzte den Zug
Die Fluren der Oder heran.
Das Unheil kam nah. Zwar waren sie stark;
Doch waren Theresiens Krieger nicht viel.
Fast wankten sie schon die Vesten von Wien;
Da machte die Fürstinn sich auf;
Ihr Erbe mit Ihr, ein zärtliches Kind;
Sie suchten ein nahes und treues Geschlecht,
Nicht Söhne von Teut; doch edel und gut
Und tapfer, wie Söhne von Teut.
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Ein mächtiges Volk in pelziger Tracht,
Bezäumer der Rosse die standen um Sie,
Und hörten Ihr Wort in Nöthen, und sah'n
Im Arme der Mutter das Kind. 3
Da rollete schnell von Thränen ein Guß
Die bärtigen Wangen der Männer herab;
Da schwuren sie Tod; da flogen, wie Blitz,
Die wogigen Schneiden empor.
So stürzen auf Saat und Hütten und Flur
Die Schlossen aus Norden; so stürmet der Wind
Die Blätter des Hains im Herbste mit sich,
So stürmte die Rache sie fort.
Die Führer voran. Der Herrscherinn Geist
Der stählte den Busen, der stählte die Faust.
Da strömet der Rhein. Wo ist er, der Feind?
Frag' Eisen und Hunger und Frost!
Wo Söhne von Teut auf Söhne von Teut
Zum Kampfe sich warfen, da ging es nicht so.
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Da wog sich der Muth, da wog sich die Kunst.
Ha! Vaterland! mußten sie das?
Dort stand er, der Fürst der Brennen. 4 Sein Wunsch
War, ewig im Liede der Barden zu seyn.
Der ehrene Ruf in's Waffengefild'
War Säuseln des Westes für ihn.
Ihn liebte sein Heer, und stürzte für ihn
Mit Freude zur blutigen Arbeit. Und fiel
Ein Starker, der sah nach Friedrichen hin,
Und nannt' ihn noch Vater, und starb.
Hier ragten empor, des Gegners erfreut,
Die Führer der Tochter von Habsburg. Ein Theil
Beschwebet schon itzt Gebiete der Luft,
Und lächelt auf Waffen herab.
Noch glänzet ein Theil im Schmucke des Kriegs,
Und spielet mit Joseph das eiserne Spiel.
Bedarf sie mein Lied zu nennen? Sie kennt,
Und liebet und ehret das Volk.
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Theresiens Aug', das machte sie kühn
Und furchtbar im Flügel der düsteren Schlacht.
Sie standen, ein Fels, und rollten den Schwall
Der Krieger aus Norden von sich.
Sie brachen den Schlaf des Mächtigen auch
Am grauenden Morgen, und hießen ihn flieh'n. 5
Sie führten von ihm entwaffnet ein Heer
(Er konnt' es nicht retten) hinweg. 6
Zwar that er auch oft (verschweig' es du nicht,
Der Wahrheit geheiligter Bardengesang)
Zwar that er auch oft mit treffender Faust
Der herrlichsten Thaten genug,
Und bahnte durch Dampf und Feuer und Blut
Sich tief in Theresiens Erbe den Weg.
Vom Ruhme gereizt, von Hoffnung geführt,
Die dräuenden Blicke nach Wien. 7
[88]
Doch wie sich der Lenz in Schauergewölk
Itzt hüllet, und itzo sein holdes Gesicht
Den Fluren entdeckt; so schwanden auch bald
Die schreckenden Dunkel hinweg.
Da wölkten sich aus die Thürme von Wien;
Da scholl um Theresien Freude; da schlug
Die Flamme des Danks zur Gottheit hinauf;
Da kränzten die Barden sich neu.
Und kehrten sie nun, die Retter, wer singt
Theresiens lohnende Lippen und Hand,
Die Zeichen des Muths geheftet von Ihr
Am Busen der Söhne des Siegs! 8
Und deckte den Grund ein Starker für Sie,
Wer singet die Klage der Fürstinn, den Dank?
Wer singet den Stein des Ruhmes für ihn
Auf Ihre Befehle gesetzt? 9
[89]
Denn lange genug sang Bartmar den Zwist
Der Menschenbeherrscher. Und sind sie denn noch,
Wie vormal, entzweit? und knüpfet sie nicht
Des Friedens erquickendes Band?
Und knüpfen sie nicht auch Bande des Bluts? 10
Ha! schönster der Siege! wie laubst du das Haupt
Der Kriegerinn auf, von welcher mein Lied
Am Tage der Feier erklang!
Sie liebet Ihr Volk, und schätzet das Blut,
Und reichet, zum Hasse zu göttlich, die Hand
Dem Gegner, sobald sein sinkender Spieß
Von Ihrem Gebiete sich kehrt.
Wenn Menschen zu kühn dem Himmel sich nah'n,
Dann zürnet Allvater in Wettern herab.
Wenn Menschen ihr Loos auf Erde begnügt,
Dann träufelt er Segen auf sie.

Fußnoten

1 1741 im Herbste.

2 Der König von Preußen.

3 Auf dem Landtage zu Preßburg 1741.

4 Alte Bewohner der Mark Brandenburg.

5 Bei Hochkirchen, den 14. Oktober 1758.

6 Bei Maxen den 21. November 1759.

7 Besonders nach der Schlacht bei Prag den 6. Mai, und bei Leuthen den 5. Dec. 1757.

8 Der Barde versteht die Errichtung des militärischen Theresien-Ordens den 1. Juli 1757.

9 Z.B. das Monument, das sie dem Feldmarschalle v. Daun errichten ließ.

10 Durch die Vermählung der drei Erzherzoginnen mit bourbonischen Prinzen.

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TextGrid Repository (2012). Denis, Michael. Gedichte. Gedichte. Theresia die Kriegerinn. Theresia die Kriegerinn. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-7EBC-7