[210] Die Heimkunft der Kroaten

1779.


Willkommen, liebes Vaterland!
Da ziehen wir heran.
Wir haben, was Theresia,
Was Joseph hieß, gethan.
Was uns're Väter thaten, das,
Das haben wir gethan;
Drum ziehen wir mit hohem Muth,
Und freier Brust heran.
Auf, rolle, Trommel! Pfeife, schall
Aus aller deiner Macht!
Daß unser ganzes Vaterland
Den Kommenden erwacht!
Pflanzt auf die Mütze frisches Laub,
Und laßt die Fahnen weh'n!
Es müßen uns're Dörfer uns
Von weitem kommen seh'n.
[211]
Sie seh'n uns! Alles, alles eilt
Auf seine Krieger zu. –
Wo ist er? Ha, sey mir gegrüßt,
Du greiser Vater, du!
Da komm' ich. – »Hast du, wie ich dir
Beim Abzug' anbefahl,
Geschützt den Kaiser? Bringst du mir
Ein rühmlich, Ehrenmaal?
Lebt Vater Klebeck?« Siehst du nicht
Das Kreuz auf seiner Brust?
»Ich kann's nicht seh'n. Mein Aug' ist trüb':
Doch hör ich es mit Lust.«
So faß, o lieber Vater! mir
Mit deiner Greisenhand
Die grüne Fahne, die dein Sohn
Dem Feinde kühn entwand.
»O weinen möcht' ich, trauter Sohn!
Ich fühle, du bist mein!
So war ich einst in Schlesien,
In Baiern und am Rhein.«
[212]
Macht Platz! Mit zweien Kindern eilt
Heran ein junges Weib.
Sie sucht, und findet ihren Mann,
Und fällt ihm um den Leib.
»Willkommen tausendmal! O sieh'
Dein Kind, das ich gebahr,
Indeß dein Leben, bester Mann!
In Tod'sgefahren war.«
Der Krieger streichelt seinen Bart,
Und küßet Weib und Kind.
Gott sey gedanket, daß wir nun
Beisammen wieder sind!
Und nun o küße, liebes Weib!
Nun küße dieses Rohr.
Das zieh'n wir künftig, ich und du,
Weit allen Schätzen vor.
Durch Laxenburg ging unser Zug,
Und unser waren viel.
Theresia gebot uns da
Zu schießen auf ein Ziel.
[213]
Sie war dabei, der Kaiser auch,
Und mancher Fürst und Graf.
Wohlan Kroat! – Ha, Blitz und Knall!
Mein Rohr am besten traf.
Da lächelte die Kaiserinn,
Und war so schön und hold,
Und wog mit ihrer weißen Hand
Mein Rohr, und gab mir Gold.
Nun hängt bei Kind und Kindeskind
Dieß Rohr an meiner Wand.
Die Gränitz sieht's, und sagt: »Es war
In uns'rer Fürstin Hand.«
Und o wie nützlich ist das Gold,
Daß mir dieß Rohr erschoß!
Wir bessern unsern Ackerzeug,
Und kaufen Rind und Roß.
»Ja, lieber Mann! das kaufen wir;
Doch sage mir nun auch',
Wo ist mein Bruder? Hielt er sich
Nach uns'rer Krieger Brauch?«
[214]
Bei Joseph und Theresia!
Dein Bruder war ein Held.
»Wo ist er?« Ha! bei Schwedeldorf
Da decket ihn das Feld.
»Es traf ihm doch den Rücken nicht?«
Nein, hier die Stirne dicht.
»Wohlan, so sey er Gott geschenkt,
Er fiel in seiner Pflicht!«
Von einem Baume lauschet dort
Ein Mädchen still hervor,
Ihr Auge läuft die Reihen ab,
Ihr Busen klopft empor.
»O lebt' er noch! O käm' er bald!
O säh' er gleich auf mich!«
Ein hoher Jüngling naht, und streckt
Die Hand: Ich grüße dich.
Sie reicht ihm züchtig roth die Hand.
Nun, Mädchen sieh mich an!
Sprich, ob dir noch ein Angesicht,
Wie dieß gefallen kann?
[215]
Sie blickt ihn an, und sieht den Hieb,
Der seine Wange ziert,
Und nun in eine Narbe sich
Bis unters Kinn verliert.
»Ha! dieser Hieb verändert nicht
Den dir ergeb'nen Sinn.
Für Joseph und Theresia
Trägt mein Geliebter ihn.«
Das wußt' ich wohl; drum fuhr ich auch,
Wie Blitz, auf Feinde zu.
Mein erstes Denken Gott und Sieg,
Mein zweites Denken du.
Drum hat mein Hauptmann, der mich liebt,
Auch stets auf mich vertraut.
Nur fragen darf dein Vater ihn;
Dann wirst du meine Braut. –
So ziehen wir in's Vaterland
Mit hohen Ehren ein.
Wer denkt's und wollte kein Kroat
Kein Gränitzkrieger seyn?
[216]
Es kützelt in der Seele noch,
Wie Deutschland uns empfing,
Und wie man aus der Kaiserstadt
Uns, uns entgegen ging;
Wie gierig man Oreskovich,
Und Klebeck, Belling da,
Guasdanovich und Burich dort
Mit Heldenkreuzen sah.
Da hieß es: »O das treue Volk!
Bald Landmann, bald Soldat!
Wie glücklich Vater Joseph ist,
Der solche Kinder hat!«
Was konnten wir auch anders thun,
Wir und sein ganzes Heer?
Denn fast, was jeder that und litt,
Das that und litt auch er.
Nun streut sich uns'rer Krieger Hauf
In alle Dörfer aus,
Hängt seine Waffen auf, und pflegt
Sein liebes, altes Haus;
[217]
Und wäscht die müden Glieder sich
Von Blut' und Schweiße rein,
Bestellt sein Feld und baut sein Brod,
Und pflanzet seinen Wein.
Doch wenn der Kriegestrommel Schall
In unserm Reich' erwacht,
Dann steh'n wir plötzlich wieder da
In dieser Heldentracht.
Gesegnet, liebes Vaterland!
Wenn Joseph uns beseelt,
Dann folgen wir ihm, wenn er will,
Bis an das End' der Welt.

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TextGrid Repository (2012). Denis, Michael. Gedichte. Gedichte. Die Heimkunft der Kroaten. Die Heimkunft der Kroaten. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-7EB3-A