Der weise Scheich

Wohl halt' ich in Händen den goldenen Stab,
Den mein Stamm als dem weisesten Richter mir gab.
Doch ich denke der Zeit, da die Mädchen von Zanz
Als dem glühendsten Sänger mir reichten den Kranz!
Wohl bestürmen das Zelt mir früh und spat
Graubärtige Scheiche und holen sich Rat.
Doch ich denke der Zeit, da dem grämlichen Scheich
Von mir ward geschmiedet der lustigste Streich.
Wohl rühmen sie, so viel Haare mein Bart,
So viel weise Gedanken mein Haupt bewahrt;
Doch ich denke der Zeit, da ich Küsse getauscht,
Viel mehr als mir Locken im Winde gerauscht;
Und ich denke der Zeit, da auf schnaubendem Roß
Ich zum Siege gestürmt durch der Franken Geschoß.
Da im Kosen die Nacht und im Kämpfen der Tag
Und der Abend verrauschte beim Siegesgelag.
Ach Weisheit und Ansehn und Goldstab dazu –
Du goldene Jugend – wie ferne bist du!

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TextGrid Repository (2012). Dahn, Felix. Gedichte. Balladen. Erstes Buch. Der weise Scheich. Der weise Scheich. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-6879-0