Siebenter Teil

[495][497]

Pränumerationsanzeige

Ich kündige endlich den siebenten und letzten Teil des Wandsbecker Boten an, ob etwa ein und andrer wäre, der an den sechsen nicht schon genug hätte, angesehen die Idiosynkrasie des Boten und seine Mischung von Schöngeisterei und Religion denen Herren Rezensenten mehr und mehr unerträglich geworden, und die Urteile über die Theologie des Geschmäcklers und den Geschmack des Theologen so verschieden ausgefallen sind.

Es ist eigentlich schlecht um die Schriftsteller bestellt, die erst von andern erfahren müssen, was sie wollen, und es ist viel besser, wenn einer das selbst weiß; und bisweilen ist es gut, wenn er's auch sagt. Ich muß mich also beim Abschied, so unnötig und unbedeutend es auch scheinen mag, über meine »Sämtliche Werke« erklären, und über die darin vorkommende christliche Äußerungen, die man als Poesie, als in ihrer Gesellschaft deplaziert, als überflüssig usw. hat ansehen wollen. Poesie sind sie nun erstlich nicht, sondern mein rechter wahrer heiliger Ernst; und deplaziert können sie wohl auch nicht sein, denn sie stehen, denke ich, allenthalben am rechten Ort, und ist da, wo sie stehen, immer obenan. Was endlich die Überflüssigkeit anlangt, so kann es sein, daß andre Leute mit einigen Einsichten über das Sichtbare, und mit Vermutungen undTräumen über das Unsichtbare ausreichen können; ich kann das nicht, und brauche etwas, darauf ich mich ruhen und verlassen kann; und ich habe in meinem Leben nicht klein für groß und nichts für etwas halten können.

Der Mensch lebet nicht vom Brot allein, das die Gelehrten einbrocken; sondern ihn hungert noch nach etwas andern und Bessern, nach einem Wort das durch den Mund Gottes gehet. Und dieses andre und Bessere; dies Wort, das uns auf der Zunge schwebt und wir alle suchen, ein jeder auf seine Art, finde ich zu meiner großen Freude im Christentum wie es die Apostel und unsre Väter gelehrt haben. – Sollte ich damit zurückhalten und hehlen, weil es hie und da nicht die öffentliche Meinung ist, und berühmte und unberühmte Leute es besser wissen wollen und darüber spotten? Was kümmert mich berühmt und unberühmt, wo von ernsthaften Dingen die Rede ist? Und was gehen Meinungen mich an, in Dingen die nicht Meinung sind, sondern Sache; frägt man auch den Nachbar, ob die Sonne scheint? Und die berühmten Leute, die sich klug dünken, wissen zwar manches besser; aber es könnte doch sein, daß sie nicht wüßten, was sie amChristentum haben und wie gut und klug sie, und alle Menschen, daraus werden könnten, wenn der Schlösser so viel nutzte als das Schloß.

[497] Es stehet nur wenigen an, dies große Thema zu dozieren; aber auf seine Art und in allen Treuen aufmerksam darauf zu machen; durch Ernst und Scherz, durch gut und schlecht, schwach und stark auf allerlei Weise, an das Bessere und Unsichtbare zu erinnern; mit gutem Exempel vorzugehen und taliter qualiter durchs Faktum zu zeigen, daß man – nicht ganz und gar ein Ignorant nicht ohne allen Menschenverstand – und ein rechtgläubiger Christ sein könne ... das steht einem ehrlichen und bescheidnen Mann wohl an. Und das ist am Ende das Gewerbe, das ich als Bote den Menschen zu bestellen habe, und damit ich bisher treuherzig herumgehe und allenthalben an Tür und Fenstern anklopfe.

Ich werde auch im siebenten Teil das nämliche Gewerbe treiben, und fortfahren, meine ungeheuchelte und unbegrenzte Achtung für das alte apostolische Christentum zu bezeugen und an den Tag zu legen. Und, wahrlich, ich müßte nicht glauben was ich glaube, und nicht wissen was ich weiß, wenn ich das nicht tun sollte, sonderlich zu einer Zeit, wo der apostolische Christus, an mehr als einem Ort, den Menschen aus den Augen gerückt und ein andrer untergeschoben wird, aus dem man nicht klug werden kann, und der freilich keine Wunder tut, und nichts ist; denn sie können ihn ja nicht mehr machen als sie sind, wenn sie ihn nach ihrer Vernunft modeln, und nicht lassen wollen, was er ist und wie er uns von Gott gegeben worden.

Wer nun den siebenten Teil haben will, und beiFriedr. Perthes in Hamburg, bei mir oder andern sichern Leuten, die sich damit befassen wollen, 3 Mk. bis Weihnachten pränumeriert, soll ihn zu Johannis und vielleicht schon zur Ostermesse haben.


Wandsbeck den 30. Sept. 1802.

Matthias Claudius.


(S. die Hamb. Zeitungen vom 13. Okt. 1802.)
[498]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Claudius, Matthias. Gedichte und Prosa. Asmus omnia sua secum portans. Siebenter Teil. Pränumerationsanzeige. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-54D6-2