Der Räuber Blasius

Also, ganz Straucharting war in Aufregung. Jetzt hatte der Malefizlump, der schon seit einem Vierteljahr die ganze Gegend unsicher machte, auch noch die Leonhardi-Kapelle heimgesucht und beraubt!

Jawohl. Hört's nur zu! Der alte Kuglmüller erzählt's euch selber:

Ja no. – Also, mir halten no vor drei Tag drenten in der Leonhardikapelln inser Sankt Annafest.

Wie halt alle Jahr. –

Der Lump, der miserablige!

Hat ma si a so gfreut ghabt über dees scheene Sach, wo s' allsamm g'opfert ham, insane Dirndln und d' Weiber und d'Ehhalten!

Wie zum Beispiel d' Singerrosina: opfert insana heilinga Muatta Anna vo Selbdritt a wunderscheens silberns Nachtlicht; hängt ihr aa no a silberns Herz an ara goldenen Schnur um den Hals. Zwegn an bsundern Anliegen halt.

Und d' Nagelschmiedvroni stellt vier neue, vergold'te Kürzenleuchter zum heilinga Leonhardi hin, daß ihran Vatan d' Kundschaft vom Huafschmied net untreu werd; ja no – weil halt sie an Huafschmied sein Kaschban gern siecht.

Mei habe Zeit!

Net wahr: und d' Kathl vom Lebzelter steckt auf die vier Leuchter vier Kürzen auf; – also – so dick wie mei Arm, – da lüag i fei net! – Ganz großmächtige halt, – mit golderne Schnörksel und blaue Bleamel und feuerrote Herzen; und zwar in dera Meinigung, daß der Kaschba vom Huafschmied gar nia koa anderne net oschaugn sollt – als wia sie.

Jetz rechnets nachher no die Häufa Votivtaferln dazua, die Opferwachseln, die Kronataler, die Pack Granatrosenkränz [885] mit dee Filigrankreuzeln dro ... nachher müaßts es do selber sagn, daß oan da 's Herz weh toa kunnt, bal ma si überlegt, daß jetz dees alls mitanand pfutsch is.

Jawohl. – Alls is dahi. – Verschwunden. – Außagräubert.

Und vo wem? – Vo neamd andern als wia von dem Erzlumpen! – Vom rotn Blasi! – Von dem Rauber, dem ganz gfahrlichen! – Mei Liaber! – Dees is oana! Net amal 's Viech in Stall is sicher vor dem Spitzbuam.

An Sunnwender hat er glei dees schönste Millikaibe vom Stall außa! – An Burgamoasta fangt er die foastest Gans direkt vom Weiher weg! – Der altn Schneiderwabn zwickt er den besten Anzug, den wo s' grad zum Aufbügeln im Haus hat, pfeilgrad vom Nagel abe, – no dazua is 's an Herrn Posthalter der seinige!... Kurz und guat: Schandtatn über Schandtatn.

Von die Schaf und von die Rehböck red i gar net, die wo der scho gwildert hat!-

Ja – und moanst, daß ma den Kerl dawischn kunnt? – Daß ma eahm amal guatding zuawikemma waar? – Ausgschlossen! –

Mir is völli ohne Herrschaft gwen. – Sogar d' Obrigkeit.

D' Schandarm rennan si d' Füaß außa – umasinst. Der Kerl is heunt da, – morgn da, – heunt verschwind't er, – und morgn meld't er si wieder, – bal er wo epps in der Nasn hat.-

Ja no. – G'raacht hat er ins ja scho lang über den Erzlumpen; – aber auf dees nauf – in der Leonhardikapelln, – da hats kocht bei dee Leut.

Dees war a so a Wuat! – Da is 's anderscht zuaganga beim Lampelwirt!-

Der Behringergustl hat glei in Tisch einghaut.

»Dees is ja der reinste Schinderhansl!« hat er gschrian; »der treibt ins ja d' Roß und d' Küah aa no furt, bal nixn gschiecht dagegn!«

[886] Und der alt Stauffer hat gmoant: »Dees is scho schier a Kneißl Hias! – Mir grausts, bal i grad dro denk, an den Bazi!«

Aber der Kronabauerngirgl hat geschrian: »Ja, was waar denn jetz net dees, Stauffer! – Werst di do net ferchtn! – Kreizkiesel! – Mir soll er halt unter d' Pratzn kemma! – Dergarma tua i 'hn! – Dermergln!«

Und vor lauter Gift speizt er in d' Händ und fahrt sein Nachbarn, an Ödhofer, a so an d' Gurgel, daß der glei ganz blau worn is und nach Luft gschnappt hat. Aber da is der Reinerxaverl dreigfahrn! –

»Sakra, laßt net glei aus!« hat er plärrt. »Siechst net, daß d' 'hn dadrießlst?!«

Und packt also an Girgl und reißt 'hn zruck.

Kaam hat der Ödhofer wieder a Luft gspürt, springt er natürlich auf und gibt an Girgl a Mordstrumm Watschn.

Der laßt si dees net gfalln, stößt an Ödhofer mit der oan Faust untern Tisch eini, – und mit der andern gibt er die Schelln an 'n Reinerxaverl weiter. – Jetzt stinkt er natürli dem, und er wirft den oan an 'n Girgl und drischt 'hn a so, daß 's grad a wahre Freud is.

Ja no. Der Kronabauerngirgl hat halt a Schmalz. Der kon si ja wehrn! – Hat si aa net lauig gwehrt! – Und der Ödhofer ist aa koa Loadschwanz, verstehst! – Und die andern, wo zuagschaut ham, di ham si aa denkt: mittoa is scheena wia 's Hersteh!

Kurz und guat, – es is ganz oafach amal richti aufganga.

D' Tisch und Bänk ham kracht, Stühl und Maßkrüag san gflogn – und d' Stieflsteckel ham si bald bei dem oan, bald bei dem andern z' oberst draht.

Und d' Fäust von dee Obern ham brav an Takt trommelt auf dee Schädeln von die andern, die wo z' unterst pfiffen ham. Grad schee is 's gwen!

Auf oamal hört ma 's Gebet läuten.

[887] Bua! – Da is 's ganga! – Auf d' Höh alls mitanand; der Ödhofer laßt an Stuhl sinka, den wo er grad nach 'n Baderhausl hätt werfa wolln – der Girgl laßt 'n Neumüllerhiasl sei Gurgl locker – kurz – auf ja und naa is 's mäuserlstaad gwen und a scheene Ruah, wias halt der Brauch is, bal 's Armeseelnglöckerl läut't. Aber na hat ma 's Läutn aufghört.

Da sagt der Hiasl: »'n Abnd!«

Und funkelt mit die Augn.

Die andern aa: »'n Abnd.«

Und speizn in d' Händ.

Und der Girgl packt an Hiasl, der und der ander bsinnt si aa net lang, – und im nächsten Augenblick geht also die Raafferei brav lusti weiter.

Bis mittndrin d' Tür aufgeht und der Herr Pfarrer einageht: »Ja – Buam! – Was is denn jetz dees?!«

»Ah nixn!« sagt der Ödhofer. »Gscherzt ham mir a wengl!«

Und hockt si scheinheili auf sein wacklign Stuhl.

Und der Girgl wischt si 's Bluat von der Nasn und beteuert's ganz treuherzi: »Jawoi, Herr Hochwürdn; grad a weng Dummheiten gmacht ham mir! – Grad schnackerlfidel sam mir!«

Und dazua schlagt er mit dee zerbissenen Händ auf die Lederne, schnacklt mit dee Finger und singt oa Gstanzl ums ander.

Aber er hat 'hn scho kennt den Bratn, der Herr Pfarrer.

»Ha, daß 's denn nachher gar so gscherzi seids?« fragt er interessiert; »zwegn was denn?«

Da fahrts an Behringergustl aa scho außa: »Ah! – Zwegn an Räuberblasi! – Zwegn dem Schinderhansl! – Dem Teife, dem rothaaretn!«

Und der Girgl plärrt: »I kriag 'hn aber! – I derwisch 'hn! – Dees woaß i! – Aber ... Gnade eahm Good, nachher!«

[888] Hat scho wieder in d' Hand gspeizt; derweil is eahm zum Glück no der Herr Pfarrer eingfalln; – no, da hat er a paarmal verlegn gschlünd't und sei ganze Halbe Bier auf oamal abeg'gossen.

Und nachher is er aufgsprunga: »Manna, Leut! – Wer a Schneid hat, der tuat mit! – Jetz gilts amal den Malefizhaderlumpen – den verreck ...«

Dees ander hat er gschwind wieder abegschlündt.

»Jawoll!« sagt der Stauffer; »kenna tean man 'hn glei: kloa is er – mager is er – an rotn Vollbart hat er. Der Oberförster hat 'hn beschriebn. – Feit si nixn. – Den kriagn ma scho. – I trau mir!«

»Und i aa!« hat der Gustl plärrt. Und die andern damit.

Der Herr Pfarra hat si aa no eingmischt: »A recht a Lump is er scho!« sagt er; »gestern hatn der Herr Oberförster drobn beim Burgermoaster sein Holz gsehgn; hinterm Strahschuppen is er ghockt und hat auf an Rehbock paßt.«

»A so a Lump! – Dem wern mir's austreibn, 's Wildern!« Der Girgl hat an Schwur to, daß er 'hn fangt – tot oder lebendi.

Und an Plan hat er aa gwißt.

»Hinter der Strahschupfa werd a Kaibe oghengt, – und mir schliafan in d' Schupfa eine und lusen. – Un bal er kimmt ...«

Der Ödhofer is schnell wegagruckt ...

»Gfeit is 's um den Lumpn!« ham die andern gsagt.

Also hat's golten.


Guat. Den andern Tag, auf d' Nacht um zehne.

Die ganz Bande liegt in der Strahschupfa und lurt.

Is scho stark dunkel gwen im Holz. Mir hat kaam mehr eppas vom Kaibe gsehgn, dees wos am Baam anghängt ghabt habn.

Der Reiner hat sei Stierkaibe hergebn dazua; und jetzt hat [889] er natürli Angst ghabt drum und hat in oan Trumm gfragt: »Habt's es guat oghengt?«

Aber der Girgl hat gsagt: »Feit dir nixn. Bis der de Kettn ababringt, derweil hab i 'hn lang bei der Gurgl!«

Auf oamal knackst's im Holz.

Jetzt kimmt er.

Ganz zsammduckt. Mit sein Vollbart.

Direkt aufs Kaibe zua.

Und die andern hörn, wia er staad sagt: »Ah! Dees is guat! A Kaibe!«

Und dazua lacht er.

Aber jetz!

»Los!« wischbert der Girgl; und allsamm san da. – Der oa hätt schnell davo wolln. – Aber sie ham 'hn scho ghabt.

Und dees richti.

Der Girgl schiabt eahm glei sei Schneuztüachei ins Maul, – der Xaverl bind't eahm d' Händ aufn Buckl, – und die andern fangen o zum Dreschn.

Richti. Woaßt!

Bis der Stauffer gmoant hat, jetz glangts; lebendi sollt er doch no sei zum Einliefern. Zwegn der Straf.

Also ham s' 'hn auf Straucharting zarrt. Zum Schandarmeriewachtmoaster.

Der hat natürli scho gschlaffa.

Da hams plärrt: »Aufmachen! – An Kneißl ham ma! – An Rauber! – Den rotn Blasi!«

Wie seinerzeit d' Judn mit insan Herrgott, – a so sands daherkemma.

Der Wachtmoaster is net viel derschrocka gwen! – Außa ausm Bett, – eine in d' Hosen, – hin zum Fenster.

»Glei kimm i, meine Herrn!« hat er gschrian, – und hat 's Haus aufgspirrt.

»Soo, meine Herrn«, hat er nachher gsagt; »teats 'hn nur glei rein da! – I zünd grad gschwind a Liacht o!«

[890] Sei' Stimm hat ganz zittert; und 's Wasser is eahm in die Augn gstanden vor lauter Freud.

Und nachher hat er 's Liacht bracht.

Aber, – insa liaber Herr, – er tuat grad oan Blick auf dees verschwollne Gsicht vom Blasi,... da fallt eahm d' Lampn aus der Hand.

»Mariand Josix!« schreit er auf. »Der Herr Oberförschter!«

Woaßt, wia sa si da verzogn ham, die oan! – Ganz staad – – oana um den andern! –

Mittn in der Nacht fallt dem Reiner Xaver sei Kaibe ein.

»Heiligs Kanonawetter! – Dees hängt no ...« – Er – auf – und außi.

Is aber nimmer droghängt an dem Baam. Und der rote Blasi is scho am andern Tag in der Fruah handelsoans gwen mitn Schinder vo Michaelsreith – zwegn an Stierkaibe. –

Der Lump, der miserablige!

[891]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Christ, Lena. Erzählung. Bauern. Der Räuber Blasius. Der Räuber Blasius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-52CE-8