Roger de Bussy-Rabutin
Geheime Liebschaften
(Histoire amoureuse des Gaules)

[1] [Geschichte der Gräfin von Olonne]

Unter der Regierung Ludwigs XIV. hinderte nicht der Krieg, der seit zwanzig Jahren dauerte, daß man bisweilen der Liebe pflegte. Da jedoch der Hof mit alten unempfindlichen Cavalieren angefüllet war, oder mit jungen Leuten, geboren unter dem Geräusche der Waffen, und welche dieß Handwerk roh gemacht hatte, so wurden dadurch die meisten Damen etwas weniger züchtig, und da sie sahen, daß sie in Unthätigkeit verschmachtet wären, wenn sie nicht die ersten Schritte gethan, oder wenigstens nicht ihre Grausamkeit gemildert hätten, gab es unter ihnen viele Barmherzige und einige Freche.

Frau von Olonne war eine von den letztern. Sie hatte ein rundes Gesicht, eine wohlgeformte [1] Nase, einen kleinen Mund, glänzende und feine Augen, und zarte Züge. Das Lachen, welches Jedermann verschönert, brachte bei ihr eine ganz entgegengesetzte Wirkung hervor. Sie hatte kastanienhellbraune Haare, einen wunderschönen Busen, Hals, Hände und Arme wohl gebildet. Ihr Wuchs war plump, und ohne ihr Gesicht hätte man ihr die Gestalt des Körpers nicht verziehen; dieß veranlaßte ihre Schmeichler, wenn sie sich sehen ließ, zu sagen, daß sie ganz gewiß einen gut gebauten Leib habe, was gewöhnlich jene sagen, welche die Frauen entschuldigen wollen, die zu viel Wohlbeleibtheit haben; sie war jedoch zu aufrichtig in dieser Hinsicht, um die Leute im Irrthume zu lassen- vom Gegentheile überzeugte sich, wer wollte, und es lag nicht an ihr, daß sie nicht Jedermann den Irrthum benahm. Frau von Olonne hatte einen lebhaften und muntern Geist, wenn sie frei war. Sie war wenig aufrichtig, ungleich, unbesonnen, nicht böse. Sie liebte die Vergnügungen bis zur Schwelgerei, und ihr Ungestüm erstreckte sich selbst auf ihre kleinern Ergötzlichkeiten. Ihre Schönheit eben so sehr als ihr Vermögen, obwohl [2] es nur mittelmäßig war, bewogen den Herrn von Olonne, um ihre Hand zu werben; diese Werbung dauerte nicht lange;Herr von Olonne, ein Mann von Ansehen und großen Glücksgütern, wurde von der Mutter derFrau von Olonne freundlich aufgenommen, und er durfte seine Muße nicht um Reize verseufzen, welche zwei Jahre lang die Wünsche des ganzen Hofes gewesen waren. Nach vollzogener Ehe zogen sich die Liebhaber, die geheirathet seyn wollten, zurück, und andere kamen, die nur lieben wollten. Einer der Ersten, der sich einfand, war der Marquis von Beuvron, dem die Nachbarschaft der Frau von Olonne mehr Bequemlichkeit gab, sie zu sehen, und dieser Umstand war Ursache, daß er sie sehr lange Zeit liebte, ohne daß man es bemerkte, und ich glaube, daß diese Liebe immer verborgen geblieben wäre, wenn der Marquis von Beuvron niemals Nebenbuhler gehabt hätte; aber der Herzog von Candale, verliebt geworden in Frau von Olonne, entdeckte bald, was verborgen war aus Mangel an betheiligten Personen. Nicht als obHerr von Olonne seine [3] Frau nicht liebte; sondern die Ehemänner werden zahm, aber nie die Liebhaber, und die Eifersucht dieser ist tausendmal scharfsichtiger, als jene der Andern. Daher kam es, daß derHerzog von Candale Dinge sah, die Herr von Olonne nicht sah, und die er niemals gesehen hat; denn man muß noch wissen, daß der Marquis von Beuvron seine Frau liebte. DerMarquis von Beuvron hatte schwarze Augen und eine wohlgeformte Nase, einen kleinen Mund, ein langes Gesicht, und sehr schwarze, lange und dichte Haare, einen schönen Wuchs. Sein Geist war hinlänglich. Er gehörte nicht zu den Männern, die in Gesellschaften glänzen, aber er war ein Mann von gesundem Verstande und von Ehre, obgleich er eine natürliche Abneigung vor dem Kriege hatte.

In Frau von Olonne sohin verliebt geworden, suchte er Mittel, ihr seine Liebe zu entdecken. Die Nachbarschaft von Paris bot ihm dazu Gelegenheiten genug, aber die Flüchtigkeit, welche sie in allen Dingen an den Tag legte, ließ ihn fürchten, sich mit ihr einzulassen. Als er endlich eines Tages sich[4] ihr allein gegenüber befand, sprach er: »Wollte ich Ihnen, gnädige Frau, nur zu wissen machen, daß ich Sie liebe, so hätten Ihnen meine Bemühungen und meine Blicke schon genug gesagt, was ich für Sie fühle, aber da es nöthig ist, gnädige Frau, daß Sie einst meine glühende Liebe erwiedern, so ist es auch nöthig, daß ich sie entdecke, und daß ich Ihnen zugleich versichere, daß ich, Sie mögen mich nun lieben, oder nicht, entschlossen bin, Sie mein ganzes Leben hindurch zu lieben.« –

Der Marquis hatte aufgehört zu sprechen. »Ich gestehe Ihnen, mein Herr, erwiederte Frau von Olonne, daß ich nicht erst seit heute weiß, daß Sie mich lieben, und obwohl Sie mir früher nie davon sprachen, so unterließ ich doch nicht, Ihnen Rechenschaft von Allem zu geben, was Sie für mich gethan haben, von dem ersten Tage an, da Sie mich sahen, und dieß möge mir zur Entschuldigung dienen, indem ich Ihnen bekenne, daß ich Sie liebe. Achten Sie mich deßwegen nicht minder, weil es schon sehr lange ist, daß ich Sie seufzen höre, und wenn man selbst an meinem geringen Widerstande etwas zu [5] tadeln finden könnte, so wäre dieß mehr ein Beweis von der Macht Ihres Verdienstes, als von meinem Flattersinne.«

Nach diesem Vorgange kann man wohl schließen, daß die Dame nicht lange zögerte, dem Cavalier die höchsten Gunstbezeigungen zu gewähren, und dieß dauerte vier bis fünf Monate von beiden Seiten ohne irgend eine Störung. Doch zuletzt machte die Schönheit der Frau von Olonne zu viel Aussehen, und diese Eroberung verhieß dem, der sie machen würde, zu viel Ruhm, um den Marquis in Frieden zu lassen, und der Herzog von Candale, der gewandteste Hofmann, glaubte, daß seinem Rufe nichts mehr fehle, als dieß. Er entschloß sich also, drei Monate nach dem Ende des Feldzuges, sich in sie zu verlieben, sobald er sie sehen würde, und zeigte durch eine große Leidenschaft, die er hernach für sie hatte, daß die Liebe nicht immer eine Fügung des Himmels oder des Glückes sey.

Dieser Herzog hatte blaue, wohlgestaltete Augen, unregelmäßige Züge, einen großen unangenehmen Mund, aber sehr schöne Zähne, goldgelbe Haare in[6] größter Menge. Sein Wuchs war vortrefflich. Er kleidete sich gut, und die Elegantesten ahmten ihm nach. Er hatte das Ansehen eines vornehmen Mannes, und war einer der Ersten am Range in Frankreich, als Herzog und Pair des Königreiches. Außerdem war er Generalgouverneur von Auvergne, und von Burgund gemeinschaftlich mit seinem Vater Bernhard von England, und General der französischen Infanterie. Sein Genie war mittelmäßig, aber in seinen ersten Liebschaften war er einer Dame in die Hände gefallen, die unendlich viel Geist besaß, und, da beide sich sehr liebten, hatte sie sich so viel Mühe gegeben, ihn zu bilden, und er, dieser Schönen zu gefallen, daß die Kunst die Natur übertraf, und er ein weit feinerer Mann wurde, als Tausende, die mehr Geist hatten, als er. Nach seiner Rückkehr von der spanischen Gränze, wo er das Heer unter der Obergewalt des Prinzen, als nächsten Verwandten des Königes, befehliget hatte, begann er der Frau von Olonne durch tausend eifrige Bemühungen, die Liebe zu bezeigen, die er für sie fühlte, in der Meinung, daß sie noch nie geliebt habe, und [7] als er sah, daß sie seine Neigung nicht erwiederte, entschloß er sich, sie davon auf eine solche Weise zu verständigen, daß sie nicht mehr sich stellen konnte, nichts davon zu wissen. Weil er jedoch gegen alle Frauen eine Achtung hatte, die ein wenig an Scham gränzte, wollte er lieber an Frau von Olonne schreiben, als mit ihr spreche; hier folgt, was er ihr schrieb:


»Ich bin in Verzweiflung, gnädige Frau, daß alle Liebeserklärungen sich gleichen, und daß es einen so großen Unterschied unter den Gefühlen giebt. Ich fühle wohl, daß ich Sie mehr liebe, als die ganze Welt gewohnt ist zu lieben, und wüßte es Ihnen nicht anders zu sagen, als es Ihnen Jedermann sagt. Merken Sie also nicht auf meine Worte, die schwach sind, und trügerisch seyn können, sondern erwägen Sie mein Benehmen Ihnen gegenüber, und wenn es Ihnen bezeuget, daß man, um es immer mit derselben Stärke fortzusetzen, lebhaft ergriffen seyn müsse, so vertrauen Sie diesen Zeugnissen, und glauben Sie, daß ich, da ich Sie so sehr liebe, ohne von Ihnen [8] geliebt zu seyn, Sie anbeten werde, wenn Sie mich zur Dankbarkeit werden verbunden haben.«


Frau von Olonne gab nach Empfang dieses Briefes sogleich diese Antwort:


»Wenn es etwas giebt, was Sie verhindert Glauben zu finden, wenn Sie von Ihrer Liebe sprechen, so ist's nicht, daß Sie mir beschwerlich fallen, sondern daß Sie allzu wohl davon sprechen. Gewöhnlich drücken sich große Leidenschaften verworrener aus, und es scheint, daß Sie wie ein Mann schreiben, der viel Geist hat und nicht verliebt ist, aber der es glauben machen will, und weil es mir nicht so scheint, die ich doch vor Sehnsucht vergehe, daß Sie wahr sprechen möchten, urtheilen Sie, wie es Andern scheinen möchte, welchen Ihre Leidenschaft gleichgültig wäre. Sie würden nicht anstehen zu glauben, daß Sie scherzen wollen. Was mich betrifft, die ich niemals verwegene Schlüsse machen will, ich nehme Ihren Antrag an, und werde aus Ihrem Benehmen auf die Gefühle schließen, die Sie für mich haben.«


Dieser Brief, welchen die Kenner sehr zärtlich gefunden hätten, schien's nicht zu sehr dem Herzoge [9] von Candale. Da er viel Eitelkeit besaß, hatte er minder verhüllte Zärtlichkeiten erwartet, dieß hinderte ihn, so sehr in Frau von Olonne zu dringen, als sie es wohl wünschen mochte. Er vernachläßigte sein gutes Glück zu ihrem eigenen Aerger, und dieß wäre noch lange Zeit so geblieben, wenn diese Schöne es nicht über ihre Sittsamkeit gewonnen hätte, ihm so sehr zuvorkommend zu seyn, daß er einsah, er könne bei ihr alles unternehmen, ohne zu viel zu wagen. Da sein Anliegen abgethan war, gewahrte er bald den Handel mit dem Marquis von Beuvron. Ein gewöhnlicher Bewerber schaut nur vor sich hin, aber ein begünstigter Liebhaber bleibt rechts und links, und braucht nicht viel Zeit, seinen Nebenbuhler zu entdecken. Der Herzog von Candale beklagt sich hierüber, seine Geliebte behandelt ihn als einen Wunderlichen, und einen Tyrann, und nimmt einen so hohen Ton gegen ihn an, daß er sie um Verzeihung bittet, und sich überglücklich schätzt, sie besänftiget zu haben. Diese Stille dauerte nicht lange. Der Marquis von Beuvron seinerseits macht eben so unnütze Vorwürfe, wie jene des Herzogs [10] von Candale, und da er sieht, daß er seinen Nebenbuhler nicht stürzen könne, läßt er unter der Hand dem Herrn von Olonne Nachricht geben, das heißt, er verdoppelt die Liebe dieser beiden Liebenden, die seit dem Verbote mehr Lust bekamen sich zu sehen, und tausend bequemere Mittel ersannen, als jene, die sie zuvor hatten. Da inzwischen der Marquis Herr des Schlachtfeldes geblieben war, erneuerte der Herzog seine Klagen gegen ihn. Er macht neue Anstrengungen, ihn zu verdrängen, aber vergebens.

Frau von Olonne sagt ihm, daß er nur sein Interesse berücksichtige, und daß es ihn nicht kümmere, sie zu verlieren, da, wenn sie dem Marquis verböte, sie zu sehen, ihr Gatte und Jedermann an dem Opfer nicht mehr zweifeln würden. Frau von Olonne, die den Marquis nicht so sehr liebte, wie den Herzog, will ihn doch nicht verlieren, sowohl weil eins und eins zwei machen, als weil die Koketten ihre Liebhaber besser durch eine kleine Eifersucht, als durch eine große Ruhe zu fesseln glauben.

[11] Mittlerweile verliebte sich Herr Paget, ein ziemlich bejahrter Mann, von geringer Herkunft, aber sehr reich, in Frau von Olonne, und da er entdeckte, daß sie das Spiel liebe, glaubte er, daß sein Geld ihm statt des Verdienstes dienen würde, und baute seine schönsten Hoffnungen auf die Summe, die er ihr anzubieten beschloß. Er hatte hinreichend Zutritt zu ihr, um sie persönlich zu sprechen, wenn er's gewagt hätte, besaß jedoch nicht die Kühnheit, ein Gespräch anzufangen, das verdrießliche Folgen nach sich ziehen konnte, wenn es nicht gut aufgenommen würde, er nahm sich daher vor, ihr zu schreiben, und schrieb ihr diesen Brief.

»Ich habe wohl schon öfter geliebt in meinem Leben, gnädige Frau, aber ich habe nie etwas so sehr geliebt, wie Sie. Was in mir den Glauben daran erhält, ist, daß ich niemals einer von meinen Geliebten mehr als hundert Pistolen gegeben habe, um ihre Gunst zu erlangen, und für die Ihrige stieg ich bis auf zweitausend. Denken Sie, ich bitte Sie, hierüber nach, und erwägen Sie, daß das Geld seltener ist, als es jemals war.«

[12] Quinette, Kammerfrau der Frau von Olonne und deren Vertraute, überbrachte ihr diesen Brief des Herrn Paget. Unverzüglich gab ihm diese Schöne folgende Antwort:

»Ich habe allerdings bemerkt, daß Sie Geist besitzen, in den Unterredungen mit Ihnen, aber ich wußte noch nicht, daß Sie so gut schreiben, wie es der Fall ist; nie sah ich etwas so Angenehmes, als Ihren Brief, und ich wäre entzückt, wenn ich oft diesem ähnliche empfinge. Inzwischen würde es mich sehr freuen, mich diesen Abend um sechs Uhr mit Ihnen zu unterhalten.«

von Olonne.


Herr Paget fehlte bei dem Rendezvous nicht, und erschien in schicklicher Tracht, das heißt, mit seinem Bündel. Quinette führte ihn in das Kabinet ihrer Gebieterin, und ließ sie allein. »Hier, gnädige Frau, sagte er zu ihr, indem er ihr zeigte, was er trug, bring' ich, was sich nicht alle Tage findet; wollen Sie es nehmen?« – »Ich bin es zufrieden, erwiederte Frau von Olonne, und dieß soll uns unterhalten.« Als sie nun die zweitausend [13] Pistolen gezählt hatte, worüber sie übereingekommen waren, schloß sie dieselben in eine Schatulle, und sprach, indem sie sich auf ein kleines Ruhebett neben ihn setzte: »Niemand, mein Herr, schreibt in Frankreich wie Sie: ich sage dieß nicht, um den schönen Geist zu spielen, aber es ist gewiß, daß ich wenige Leute kenne, die dessen haben. Die Meisten sagen Ihnen nur Dummbeiten, und wollen sie zärtliche Briefe schreiben, so denken sie es recht wohl getroffen zu haben, indem sie Ihnen sagen, daß sie Sie anbeten, und daß sie für Sie sterben wollen, wenn Sie sie nicht lieben, daß sie, wenn Sie ihnen diese Gunst bewilligen, Ihnen ihr ganzes Leben hindurch dienen würden, als bedürfe man sehr ihrer Dienste.«

»Es freut mich herzlich, antwortete Herr Paget, daß meine Briefe Ihnen gefallen, gnädige Frau. Ich werde nicht viel Wesens damit machen; meine Briefe kosten mir nichts.«

»Das ist aber schwer zu glauben, unterbrach sie ihn, es sey denn, daß Sie ein sehr großes Vermögen besitzen.« –

Nach einigen andern Wechselreden, welche die[14] Liebe zwei oder dreimal unterbrach, kamen sie über eine andere Zusammenkunft überein, und nach diese noch über eine, so, daß dem Herrn Paget drei Zusammenkünfte zweitausend Pistolen kosteten. AberFrau von Olonne, welche sich die Liebe dieses Bürgerlichen, und sein Vermögen zu Nutze machen wollte, hat ihn bei dem vierten Besuche, wieder anzufangen ihr solche artige Briefe zu schreiben, wie jener, den sie von ihm empfangen hatte.

Herr Paget, da er sah, daß dieß zu Folgerungen führe, machte ihr Vorwürfe, die zu nichts dienten, und alles, was er davon erhalten konnte, war, daß er nicht aus dem Hause vertrieben wurde, und zum Spiele Zutritt hatte, wenn sie es verlangte. Frau von Olonne glaubte, daß, indem sie sich sehen ließe, sie seine Wünsche nähren, und er vielleicht Thor genug seyn würde, dieselben befriedigen zu wollen, um welchen Preis es auch sey. Indeß war er verliebt genug, sich nicht enthalten zu können, sie zu sehen, aber er war es nicht genug, um alle Tage ihre Gunstbezeigungen so theuer zu erkaufen.

[15] So standen die Sachen, sey's, daß der Aerger den Herrn Paget sprechen machte, sey's, daß die häufigen Besuche, oder das Geld, um welches Frau von Olonne spielte, den Herzog von Candale zu Erwägungen geführt hatten, als dieser seine Geliebte bat, da er an die Gränzen von Spanien reisete, den Herrn Paget nicht mehr zu sehen, dessen Umgang ihrem Rufe schadete. Sie versprach es ihm, und that nichts in dieser Sache, so, daß derHerzog von Candale, erfahrend von jenen, die Neuigkeiten von Paris meldeten, daß HerrPaget öfter zu Frau von Olonne gehe, als er es jemals gethan, ihr diesen Brief schrieb:

»Indem ich von Ihnen Abschied nahm, gnädige Frau, hat ich Sie, den Schurken Paget nicht mehr zu sehen. Sie versprachen mir's, inzwischen ist er beständig in Ihrem Hause. Schämen Sie sich nicht, mich in die Lage zu versetzen, einen elenden Bürgerlichen bei Ihnen zu fürchten, der nie gefürchtet werden kann, als wegen der Kühnheit, die Sie ihm geben? Wenn Sie darüber nicht erröthen, gnädige Frau, so erröthe ich darüber für Sie und für mich, [16] und aus Furcht die Schande zu verdienen, womit Sie mich überhäufen wollen, will ich es durch Bemühung über meine Liebe gewinnen, Sie nur mehr als eine Ehrlose zu betrachten.«

Frau von Olonne war sehr bestürzt, einen so rauben Brief zu erhalten; da ihr aber ihr Bewußtseyn weit herbere Vorwürfe machte, als ihr Geliebter, so suchte sie keine Gründe sich zu vertheidigen, und begnügte sich in diesen Ausdrücken zu antworten:

»Mein voriges Betragen ist so lächerlich, mein Theurer, daß ich verzweifeln würde, jemals von Ihnen geliebt werden zu können, könnte ich nicht die Zukunft durch die Versicherungen eines ehrbaren Verhaltens retten, die ich Ihnen gebe. Aber ich schwöre Ihnen bei Ihnen selbst, der mir mein Liebstes auf der Welt ist, daß Herr Paget nie wieder mein Haus betreten, und der Marquis von Beuvron, den zu sehen mein Gatte mich zwingt, mich so selten sehen soll, daß Sie wohl einleben werden, daß Sie allein mir alles ersetzen.«

Der Herzog von Candale wurde durch diesen [17] Brief wieder völlig beruhiget. Er faßte sogleich Entschlüsse, seine Geliebte nicht des Scheines wegen zu verdammen, den er vielleicht für trügerisch hielt. Er warf sich nun auf das andere Aeußerste des Vertrauens, und nahm alles zum Besten auf, was sie während sechs Monaten der Gefallsucht und Untreue that; denn sie fuhr fort, Herrn Paget zu sehen und demMarquis Gunstbezeugungen zu geben, und obgleich man darüber von mehr als hundert Seiten demHerzoge schrieb, glaubte er, dieß komme von seinem Vater und von seinen Freunden, die ihn von seiner Liebe für sie abwenden wollten, in der Meinung, daß diese Leidenschaft ihn abhalten möchte, an eine Heirath zu denken. Er kam also von dem Heere verliebter zurück, als er jemals war. Auch Frau von Olonne, bei welcher eine ziemlich lange Abwesenheit den Herzog von Candale für einen neuen Liebhaber gelten ließ, verdoppelte ihre Bemühungen für ihn, selbst vor den Augen des ganzen Hofes. Dieser Liebhaber nahm alle Unbesonnenheiten, die sie beging ihn zu sehen, für Zeichen einer Leidenschaft, welche sie nicht mehr zu beherrschen vermöge, [18] obwohl sie nur Beweise einer natürlichen Verwirrung des Verstandes waren. Bei jedem Ausbruche irgend einer Aufwallung für ihn, glaubte er sie lebhaft ergriffen, indeß sie nur närrisch war. Er war von ihrer Leidenschaft für ihn so sehr überzeugt, daß er, wenn er aus Liebe für sie stürbe, noch undankbar zu seyn fürchtete. Man kann wohl denken, daß das Betragen dieser Liebenden großes Aufsehen machte. Beide hatten Feinde, und das Glück des einen, und die Schönheit der andern ihnen viele Neider erregt. Wenn ihnen Jedermann hätte dienen wollen, so hätten sie Jedermann durch ihre Unklugheit zu Grunde gerichtet, und Jedermann wollte ihnen schaden. Sie gaben sich überall Rendezvous, ohne mit irgend Jemand sich benommen zu haben. Sie sahen sich bisweilen in einem Hause, welches der Herzog von Candale unter dem Namen einer Dame vom Lande besaß, welche Frau von Olonne zu besuchen vorgab, am öftersten Nachts bei ihr selbst. Alle diese Zusammenkünfte nahmen nicht die ganze Zeit dieser Treulosen in Anspruch.

Wenn der Herzog von Candale sie verließ, [19] ging sie auf die Eroberung irgend eines neuen Liebhabers aus, oder beruhigte wenigstens denMarquis von Beuvron durch tausend Zärtlichkeiten, aus Furcht, daß der Herzog von Candale ihr entrönne.

So ging der Winter vorüber, ohne daß der Herzog von Candale die argen Stückchen argwöhnte, die sie ihm spielte. Er verließ sie, um zum Heere zurückzukehren, befriedigter von ihr, als er es jemals gewesen war. Er war nicht zwei Monate dort, als er Nachrichten erhielt, die seine Freude trübten. Seine vertrauten Freunde, die das Betragen seiner Geliebten bewachten, hatten ihm nichts davon zu sagen gewagt, so sehr fanden sie ihn von dieser Ungetreuen eingenommen. Da jedoch seit seiner Abreise etwas Außerordentliches sich ereignet hatte, und sie die Eindrücke vernichten wollten, die sie auf ihn gemacht hatte, wagten es alle einmüthig miteinander, ohne daß sie diese Verabredung merken ließen, ihn von ihrer Aufführung in Kenntniß zu setzen. Sie meldeten ihm also, Jeder einzeln, daß Jeannin von Castilien eine sehr große Neigung für Frau [20] von Olonne habe, daß seine fleißigen Besuche nicht blos auf einen Plan, sondern auch auf einen glücklichen Erfolg schließen lassen, und daß endlich, wenn sie auch nicht schuldig wäre, er mit ihr nicht zufrieden seyn sollte, indem er sehe, daß sie bei Jedermann in Verdacht stehe. Aber während diese Nachrichten das Gemüth des Herzogs von Candale mit Wuth erfüllen, ist es zu rechter Zeit, von dem Entstehen, dem Zunehmen und Ende der Leidenschaft desJeannin von Castilien zu sprechen.Jeannin von Castilien hatte einen schönen Wuchs, ein angenehmes Gesicht, viel Zierlichkeit, sehr wenig Verstand, gleiche Geburt und gleichen Stand, wie Herr Paget, viel Vermögen wie er. Er war hinreichend wohlgestaltet, um glauben zu machen, daß er, mit dem Degen an der Seite, nur durch sein Verdienst gutes Glück gehabt hätte; aber sein Stand und seine Reichthümer ließen argwöhnen, daß alle Frauen, die er geliebt, eigennützig waren, eben so wohl, als, da man in Frau von Olonne ihn verliebt sah; Niemand zweifelte, daß er seines Geldes wegen geliebt würde.

[21] Der König, wenn er die Sommermonate an den Gränzen zugebracht hatte, kam gewöhnlich im Winter nach Paris, wo alle Ergötzlichkeiten von der Welt seinen Geist nach der Reihe beschäftigten; das Billard, das Ballspiel, die Jagd, das Theater und der Tanz, nahmen ihn, jedes zu seiner Zeit, in Anspruch; damals waren die Lotterien im Gange, und so in der Mode, daß Jedermann deren veranstaltete, die Einen mit Geld, die Andern mit Juwelen und Meublen. Frau von Olonne wollte eine von dieser letzten Gattung errichten, aber anstatt, daß man in den meisten die ganze Geldeinlage dazu verwendete, und das Glück hernach die Theilung machte, waren in dieser Lotterie, die aus zehntausend Thalern bestand, nicht fünf dazu verwendet, und diese fünf wurden nach der Wahl der Frau von Olonne vertheilt. Als sie die ersten Vorschläge zur Lotterie machte, warJeannin von Castilien gegenwärtig, und da sie von Jedem eine Summe nach seinen Kräften verlangte, und ihm sagte, daß er tausend Franken geben müßte, antwortete er ihr, daß er es thun wolle, und daß er ihr ferner verspreche, [22] unter seinen Freunden ihr noch gegen neun tausend Livres aufzubringen. Einige Zeit darauf, da Alles fortgegangen war, außer Jeannin von Castilien, sagte er: »Ich weiß nicht, gnädige Frau, ob Ihnen meine Liebe schon bekannt ist; denn es ist sehr lange, daß ich Sie liebe, und meine Sorgen vermehren sich schon sehr; da ich nun mich Ihnen völlig ergeben habe, so muß ich Sie um die Bestätigung meines Pachtes bitten; gewähren Sie sie mir, ich bitte Sie, und bemerken Sie, daß ich Ihnen zu den tausend Franken, auf welche Sie mich geschätzt haben, noch neun tausend gebe, um bei Ihnen etwas zu gelten; denn was ich Ihnen von meinen Freunden gesagt habe, sagte ich nur, um jene zu täuschen, die da waren.«

»Ich bekenne Ihnen, mein Herr,« antwortete sie, »daß ich Sie bis auf den heutigen Tag nicht für verliebt hielt. Nicht als hätte ich gewisse Blicke an Ihnen nicht bemerket, die mich etwas vermuthen ließen, aber diese Zierereien sind mir so eckelhaft, und das Seufzen und Schmachten sind nach meiner Ansicht eine so armseelige Waare, und so schwache Beweise von Liebe, [23] daß wenn Sie nicht gegen mich ein ehrlicheres Verhalten angenommen hätten, Ihre Bemühungen Ihr ganzes Leben hindurch verloren gewesen wären. In Bezug auf das, was jetzt Erkenntlichkeit gebietet, dürfen Sie glauben, daß man nahe daran ist, zu lieben, wenn man versichert ist, geliebt zu seyn.«

Mehr bedurfte es für Jeannin von Castilien nicht, um ihm glauben zu machen, daß für ihn die Schäferstunde schlage. Er warf sich der Frau von Olonne zu Füßen, und da er sich dieses Aktes der Unterwürfigkeit als eines Vorwandes zu höhern Unternehmungen bedienen wollte, sagte sie:

»Nein, nein, dieß geht nicht, wie Sie denken. In welchem Lande haben Sie sagen hören, daß die Frauen die ersten Schritte thun? Wenn Sie mir wahrhafte Zeichen einer großen Liebe werden gegeben haben, werde ich dafür nicht undankbar seyn.«

Jeannin von Castilien, der wohl sah, daß bei ihr das Geld vor der Waare eingehändigt werden müsse, sagte, daß er zwei hundert Pistolen habe, und sie ihr geben würde, wenn sie wollte; als sie dieselben empfangen hatte, fuhr er fort: »Wenn [24] Sie mir einige Gunstbezeigungen auf Abschlag dieses Geldes bewilligen wollten, so wär' ich Ihnen sehr verbunden, oder wenn Sie die ganze Summe wollen, so stellen Sie mir einen Schein über das aus, was ich Ihnen geben werde, als für Empfang des Werthes.« Sie wollte lieber küssen als schreiben, und einen Augenblick darauf ging Jeannin von Castilien fort, mit der Versicherung, daß er ihr den Rest am folgenden Tage bringen würde. Er kam richtig, auch war das Geld kaum gezählt, als man ihm mit der vollen Ehre Wort hielt, die man bei einem solchen Vertrage haben kann. Obwohl Jeannin von Castilien durch die nämliche Pforte eingegangen war, wie Herr Paget, so ging sie doch besser mit ihm um, sey's, daß sie hoffte größere Vortheile davon zu ziehen, sey's, daß er irgend ein großes verborgenes Verdienst hatte, das ihr die Stelle der Freigebigkeit vertrat; sie verlangte von ihm keine neuen Proben der Liebe, um ihm neue Gunstbezeigungen zu geben; für seine sechs tausend Livres wurde er drei Monate lang geliebt, das heißt, behandelt, als wäre er geliebt worden. Da inzwischen der Herzog [25] von Candale die Briefe empfangen hatte, in welchen man ihm die neuen Händel seiner Geliebten meldete, schrieb er ihr Folgendes:

»Könnten Sie sich vor mir gegen alle Dinge rechtfertigen, deren man Sie beschuldiget, ich dürfte Sie nicht mehr lieben. Wären Sie unglücklich, so haben Sie zu viel dazu beigetragen, um mich nicht, indem ich Sie liebe, zu verläugnen. Alle Liebhaber sind gewöhnlich sehr erfreut, ihre Geliebten nennen zu hören, ich aber zittere, wenn ich Ihren Namen lese oder höre. Es dünkt mich immer, als sollte ich ein Histörchen von Ihnen vernehmen, schlimmer als das erste; inzwischen brauch' ich, Sie zu verachten, mehr nicht zu wissen. Sie können Ihrer Schande nichts mehr beifügen. Erwarten Sie nun auch alle Begegnungen, die eine ehrlose Frau von einem rechtschaffenen Manne verdient, der sie innig liebte. Ich gehe auf keine Einzelnheit mit Ihnen ein, weil ich Ihre Rechtfertigung nicht verlange, und Sie vor meinen Augen nicht nur überwiesen sind, sondern weil ich für Sie nie mehr zurückkommen kann.«

Der Herzog von Candale schrieb diesen[26] Brief zur Zeit, da er im Begriffe war, an den Hof zurückzulegen. Er hatte eben ein Treffen verloren, was zur Bitterkeit seines Briefes nicht wenig beitrug. Er konnte es nicht ertragen, überall geschlagen zu seyn, und er hätte Trost im Mißgeschicke des Krieges gefunden, wäre er in der Liebe glücklicher gewesen. Er trat seine Reise mit entsetzlichem Verdruße an. Zu einer andern Zeit wäre er auf der Post gekommen; aber als hätte er ein Vorgefühl seines traurigen Geschickes gehabt, reisete er sehr langsam. Unterwegs begann er einige Unpäßlichkeit zu fühlen; in Vienne befand er sich sehr übel, da er aber nur noch eine Tagereise von Lyon entfernt war, wollte er dahin, in der Ueberzeugung, dort eine bessere Pflege zu finden. Die Beschwerlichkeiten des Feldzuges hatten ihn jedoch sehr entkräftet, der Mißmuth beugte ihn gänzlich nieder, und seine Jugend und die Kunst der Aerzte konnten ihm das Leben nicht retten; da aber die größten Leiden, das Andenken an die Untreue der Frau von Olonne ihm nicht konnten vergessen machen, schrieb er ihr diesen Brief am Vorabende seines Todes:

[27] »Wenn ich sterbend Achtung für Sie bewahren könnte, würde es mir leid thun zu sterben, da ich Sie aber nicht mehr achten kann, fühle ich keine Sehnsucht mehr nach dem Leben. Ich liebte es nur, um es mit Ihnen ruhig zu genießen. Weil das geringe Verdienst, das ich besaß, und die größte Liebe von der Welt mich nicht zum Ziele führen konnten, hab' ich keine Neigung mehr, und ich sehe wohl, daß der Tod mich von vielen Leiden befreien wird. Wären Sie auch nur einiger Zärtlichkeit fähig. Sie könnten mich in dem Zustande, worin ich bin, nicht sehen, ohne vor Schmerz zu vergeben. Aber, Gott sei Dank! Die Natur hat es weise geordnet, und weil Sie den Mann, der auf der Welt Sie am meisten liebte, täglich zur Verzweiflung bringen konnten, so könnten Sie mich wohl auch sterben sehen, ohne davon gerührt zu werden.«

Der erste Brief, den der Herzog an Frau von Olonne in Bezug auf Jeannin von Castilien geschrieben hatte, machte ihr so viel Besorgniß vor seiner Rückkehr, daß sie diese wie den Tod fürchtete, und ich glaube, daß sie ihn nie wieder zu [28] sehen wünschte. Indeß brachte das Gerücht, daß er am Rande des Todes schwebe, sie zur Verzweiflung, und die Nachricht seines Todes, die ihr die Gräfin von Fiesque, ihre Freundin, gab, hätte sie fast selbst getödtet. Sie war eine Zeitlang ohne Bewußtseyn, und kam nur bei dem Namen Amiot zu sich, der, um sie zu sprechen, ihr gemeldet wurde. Amiot war der Hauptvertraute des Herzogs von Candale, welcher der Frau von Olonne von Seite seines Herrn den Brief überbrachte, den er ihr sterbend geschrieben hatte, und das Kästchen, worin er die Briefe und alle übrigen Gunstzeichen aufbewahrte, die er von ihr erhalten. Die Gräfin von Fiesque, die sie in einem so beklagenswerthen Zustande nicht verließ, schlug ihr vor, zur Zerstreuung in ihrem Schmerze, dieß Kästchen zu öffnen, worin sie sogleich ein Taschentuch fanden, an mehreren Stellen mit Blut befleckt. »Ach mein Gott! ist es möglich, rief Frau von Olonne aus, daß ich dieß sehe ohne zu sterben! Wie, der arme Mann, der so viel andere Sachen von größerer Wichtigkeit besaß, hatte bis jetzt dieß Taschentuch aufbewahrt! Giebt es etwas [29] Rührenderes auf der Welt?« Und nun erzählte sie der Gräfin von Fiesque, daß, als sie eines Tages an seiner Seite arbeitend sich geschnitten, er sie um dieß Taschentuch gebeten, womit sie ihre Hand getrocknet, und immer seitdem bewahrt habe. Nach diesem fanden sie Armbänder, Börsen, Haare, und Portraite der Frau von Olonne, und als sie auf die Briefe kamen, hat die Gräfin von Fiesque ihre Freundin, einige davon lesen zu dürfen, und öffnete nach erhaltener Einwilligung diesen ersten:

»Man erzählt sich hier, Sie wären geschlagen worden, vielleicht ein falsches Gerücht Ihrer Neider, vielleicht auch Wahrheit. Ach, mein Gott! in dieser Ungewißheit bitte ich Sie um das Leben meines Geliebten, und überlasse Ihnen das Heer. Ja, mein Gott! und nicht blos das Heer, sondern auch den Staat und die ganze Welt mit einander. Seitdem man mir diese Neuigkeit gesagt hat, ohne mir etwas umständliches von Ihnen zu erzählen, mach' ich des Tages zwanzig Besuche. Ich lenke das Gespräch auf den Krieg, um zu sehen, ob ich nichts vernehmen werde, was mich trösten könne. Ueberall sagt man [30] mir, Sie seyen geschlagen worden, aber man sagt mir nichts von Ihnen insbesondere. Ich wagte es nicht zu fragen, was denn aus Ihnen geworden sey, nicht als fürchte ich dadurch merken zu lassen, daß ich Sie liebe; ich bin in zu großer Angst, um irgend etwas zu berücksichtigen, aber ich fürchte mehr zu erfahren, als ich wissen wollte. Dieß ist die Lage, worin ich bin, und bis zum nächsten Posttage bleiben werde, wenn ich die Kraft habe, ihn zu erwarten. Was meine Sorgen vermehrt, ist, daß Sie mir so oft versprochen haben, in allen außerordentlichen Fällen, mir eigene Kouriere zu schicken, und ich nehme es übel auf, in diesem Falle keinen erhalten zu haben.«

Während die Gräfin von Fiesque diesen Brief mit Mühe las, denn sie war davon gerührt, zerstoß Frau von Olonne in Thränen. Beide konnten lange Zeit nicht sprechen, als sie ihn gelesen hatten. »Ich werde heute keinen mehr lesen,« sagte die Gräfin von Fiesque, »denn weil dieß mir schon Mühe macht, muß es Ihnen noch mehr verursachen.« »Nein, nein,« erwiederte Frau von [31] Olonne, »fahren Sie fort, ich bitte Sie, ich muß zwar weinen, aber es erinnert mich an ihn.« DieGräfin von Fiesque öffnete also einen andern Brief, und fand darin folgendes:

»Ach! werden Sie mich nie in Frieden lassen? Werde ich immer in Angst seyn, Sie zu verlieren, entweder durch den Tod, oder durch Ihre Veränderlichkeit? So lange der Feldzug dauert, werd ich in grausamer Angst schweben; die Feinde thun keinen Schuß, den ich nicht nach Ihnen gezielt mir vorstelle. Hernach erfahr ich, daß Sie ein Treffen verlieren, ohne zu bissen, was aus Ihnen geworden ist, und weiß ich endlich nach tausend tödtlichen Sorgen, daß mein gutes Glück Sie gerettet hat, denn Sie wußten wohl, daß Sie dem Ihrigen keinen Dank schuldig seyen, erzählt man sich, daß Sie in Avignon in den Armen derArmida über Ihre Unfälle sich trösten. Wenn dieß wahr ist, so bin ich sehr unglücklich, daß Sie nicht das Leben mit der Schlacht verloren haben. Ja, mein Theurer, ich möchte Sie lieber todt als unbeständig sehen, denn ich hätte das Vergnügen zu glauben, daß Sie, wenn Sie länger geliebt, mich immer geliebt [32] hätten, während ich nur noch die Raserei im Herr trage, mich wegen einer andern verlassen zu sehn der Sie nicht so sehr liebt, wie ich.«

»Was erfahre ich,« sagte die Gräfin von Fiesque zu Amiot, »der Herzog von Candale liebte Armide?«

»Nein, gnädige Frau, erwiederte dieser, er war zwei Tage in Avignon auf seiner Rückkehr von Heere, um sich zu erholen, und sah dort zweimal Armide; urtheilen Sie, ob man dieß Liebe nennt kann; aber gnädige Frau, fügte er hinzu, an Frau von Olonne sich wendend, wer hat Sie von den was er that, so wohl unterrichtet?«

»Ach! erwiederte sie, ich weiß hierüber nicht als was das öffentliche Gerücht sagte, aber es ist über diese Liebe so allgemein, und selbst, daß sie zum Theil Ursache seines Todes sei, daß hier Niemand ist, der es nicht kennt,« und da sie heftiger zu weinen anfieng, als zuvor fragte sie die Gräfin von Fiesque, die nur immer ihren Schmerz zu zerstreuen suchte, ob sie nicht die Hand der Ueberschrift eines Briefes kenne, den sie ihr zeigte. »Ich versetzteFrau von Olonne, das ist ein Brief [33] meines Haushofmeisters, der muß sonderbar sein; sehen Sie doch, was er schreibt;« worauf sie den Brief erbrach:

»Obgleich die gnädige Frau es Ihnen berichtet, so wird das Haus doch nicht von den Normännern geräumt. Diese Teufel wären besser in ihrem Lande, als hier. Ich werde rasend darüber, gnädiger Herr, und über tausend andere Dinge, die ich sehe, wovon ich Ihnen die besondern Umstände nicht melde, weil ich hoffe, daß Sie bald hier sein werden, wo Sie dann selbst alles in Ordnung bringen werden.«

Unter diesen Normännern verstand der Haushofmeister den Marquis von Beuvron und seine Brüder, Herrn von Thüry, den Chevalier von St. Evremont, und den Abbé von Villerceau, welche Frau von Olonne fleißig besuchten. Die Treuherzigkeit, womit der gute Mensch diese Neuigkeiten dem Herzog von Candale meldete, ergriff diese Närrin so stark, daß nachdem sie beobachtet hatte, welche Mienen dieGräfin von Fiesque machte, die nicht so viel Ursache hatte, sich zu betrüben, wie sie, plötzlich aus [34] vollem Halse zu lachen anfieng. Die Gräfin vonFiesque, welche sie so lachen sah, fieng nun auch an zu lachen. Nur der arme Amiot, der eine Freude zur Unzeit nicht dulden konnte, verdoppelte seine Thränen, und verließ hastig das Kabinete; zwei oder drei Tage darauf, da Frau von Olonne getröstet war, riethen ihr die Gräfin von Fiesque und ihre andern Freunde, ihrer Ehre wegen zu weinen, indem sie ihr sagten, ihr Verhältniß mit dem Herzoge von Candale sei zu bekannt gewesen, um ein Geheimniß daraus zu machen. Sie that sich also noch drei oder vier Tage Gewalt an, wornach sie wieder zu ihrer Gemüthsart zurückkehrte, und was diese Rückkehr beschleunigte, war das Carneval, das, indem es ihr Gelegenheit gab, ihrer Neigung zu genügen, ihr auch noch ihren Gatten beruhigen half, der großen Verdacht über ihr Einverständniß mit demHerzoge von Candale hegte, und sich sehr glücklich schätzte, von ihm befreit zu sein. Damit er glauben sollte, daß sie nichts mehr im Herzen habe, vermummte sie sich vier oder fünfmal mit ihm, und da sie sein Vertrauen durch eine große [35] Aufrichtigkeit wieder völlig gewinnen wollte, gestand sie ihm nicht nur ihre Liebe für den Herzog von Candale, nicht nur, daß sie ihm die höchsten Gunstbezeigungen gewähret habe, sondern selbst die nähern Umstände ihrer Genüsse. Und da sie ihm die Zahl derselben besonders angab, sagt er: »Er liebte Sie wenig, meine Theure, – indem er der Schwäche des armen Verstorbenen spotten wollte, – da er so wenig that für eine so schöne Frau, wie Sie sind.« Es waren noch nicht acht Tage verflossen, daß sie das Bett verlassen hatte, welches sie seit vier Monaten wegen einem großen Uebel am Schenkel hütete, als sie sich entschloß, sich zu maskiren, und dieß Verlangen beförderte ihre Genesung mehr, als alle Mittel, die sie seit so langer Zeit gebraucht hatte. Sie maskirte sich also vier oder fünfmal mit ihrem Gatten, weil aber dieß nur kleine, unbekannte Mummereien waren, wollte sie eine große, auffallende veranstalten, wovon gesprochen würde, und verkleidete sich deßwegen als Kapuziner mit noch drei andern, und zwei andere von ihren Freunden mußten sich als Nonnen verkleiden. [36] Die Kapuziner waren: sie, ihr Gatte, Herr von Thüry, und derAbbé von Villerceau. Die Nonnen waren: Grassard, ein Engländer, und Resilly. Dieser Trupp lief nun die ganze Nacht des Fasching-Diensta ges in alle Gesellschaften. Der König und die Königin Mutter, die diese Maskerade erfahren hatten, wurden gegen Frau von Olonne sehr aufgebracht, und sagten öffentlich, daß sie die Verachtung rächen würden, die man gegen die Religion bei dieser Gelegenheit gezeigt habe. Man besänftigte einige Zeit darauf Ihre Majestäten und alle diese Drohungen endigten damit, daß man keine Achtung mehr fürFrau von Olonne hatte.

Während diese Vorfälle sich ereigneten, genoßJeannin von Castilien in Ruhe seiner Geliebten, als sie die Lotterie ziehen ließ. Ich habe schon gesagt, daß sie von zehntausend Thalern, die sie empfangen, höchstens nur die Hälfte dazu verwendet, und den größten Theil dieser Lotterie den Kapuzinern, den Nonnen, und den übrigen von der geheimen Rotte zugetheilt hatte. Der Prinz von Marsillac, der die erste Rolle auf dieser Bühne spielte, erhielt [37] das erste große Loos, das eine große silberne Glutpfanne war. Jeannin von Castilien, bei allen Gunstbezeigungen, die er empfing, bekam nur ein Geschmeide von sehr geringem Werthe. Das große Gerede, das von der Unredlichkeit dieser Lotterie umlief, ärgerte ihn, nicht besser behandelt zu werden, als die Gleichgültigsten; er beklagte sich darüber gegenFrau von Olonne. Sie, die ihm ihren arglistigen Betrug nicht anvertrauen wollte, nahm seine Magen mit der größten Bitterkeit von der Welt auf, so zwar, daß es, bevor sie schieden, von beiden Seiten zu Vorwürfen kam, er seines Geldes wegen sie wegen ihrer Gunstbezeigungen. Zum Schluße verbot Frau von Olonne ihm ihr Haus, und Jeannin von Castilien antwortete, daß er ihr niemals so gerne gehorcht habe, als bei dieser Gelegenheit, da dieser Befehl ihn der Mühe und der Verschwendung überhebe. Inzwischen dauerte der Umgang mit dem Marquis von Beuvron noch immer, sey's, daß er nicht wenig verliebt war, sey's, daß er sich für überglücklich hielt, ihre Gunstbezeigungen um was immer für einen Preis zu erhalten. Er qualte sie [38] wenig ihres Betragens wegen, auch sie behandelte ihn auf das Aergste, und liebte ihn immer besser als nichts. Kurze Zeit nach der Trennung des Jeannin von Castilien, erhielt der Prinz von Marsillac, welcher klügere Freunde als jener hatte, den Rath, sich an Frau von Olonne zu machen, da er nun in dem Alter sei, wo man von ihm reden müsse, daß die Frauen eben sowohl Achtung bringen, wie die Waffen, daß Frau von Olonne, eine der schönsten Frauen des Hofes, außer großen Wonnen auch wohl jenem Ehre machen könnte, der von ihr geliebt würde, und daß übrigens die Stelle des Herzogs von Candale eine sehr erhebliche Sache sei. Mit allen diesen Gründen drangen sie in den Prinzen von Marsillac, der Frau von Olonne fleißig den Hof zu machen; aber weil er von Natur sich selbst sehr mißtraute, urtheilte seinen Anhang, der ihm gleichfalls mißtraute, daß man ihn nicht seiner Einfalt bei ihr überlassen dürfte, und es ward beschlossen ihm Resilly zu geben, um ihn zu begleiten, und in den Begegnungen zu unterstützen. Der Prinz von Marsillac hatte ihr zwei Monate lang fleißig den [39] Hof gemacht, ohne mit ihr von Liebe gesprochen zu haben, außer in allgemeinen Ausdrücken. Dennoch hatte er zu Resilly gesagt, es seyen schon mehr als sechs Wochen, daß er ihr sein Geständniß gemacht, und dichtete ihr selbst eine etwas harte Erwiederung an, damit er es nicht übel aufnehme, daß es so lange Zeit bedürfe, um Gunstbezeigungen zu erhalten, als dieser Hofmeister, um seinem Zöglinge zu dienen, auch mit Frau von Olonne sprach, und ihr sagte: »Ich weiß wohl, gnädige Frau, daß es nichts freieres giebt, als die Liebe, und daß, wenn das Herz nicht von Neigung ergriffen ist, man mit Worten nicht viel überredet, aber ich kann nicht unterlassen, Ihnen zu sagen, daß, wenn man jung ist, und sich vereinigen kann, wie Sie, ich nicht begreife, warum man einen jungen und verliebten Edelmann ausschlägt, und der, wenn ich mich nicht sehr täusche, reich ist, so sehr als Jemand am Hofe: der arme Prinz von Marsillac ist es, von dem ich spreche, gnädige Frau; da er Sie so heftig liebt, warum sind Sie undankbar, oder wenn Sie fühlen, daß Sie ihn nicht lieben können, warum [40] halten Sie ihn hier? Lieben Sie ihn, oder machen Sie sich davon los.«

»Ich weiß nicht, unterbrach ihn Frau von Olonne, seit wann die Männer verlangen, daß wir sie lieben sollen, ohne daß sie uns darum gebeten haben; denn ich habe sagen hören, daß sie es sonst waren, welche die ersten Schritte machten. Ich wußte wohl, daß sie in den jüngsten Zeiten, die Artigkeit auf eine seltsame Weise behandelten, aber ich wußte nicht, daß sie bis auf den Punkt gebracht wurde, zu wollen, daß die Frauen die ersten Schritte machen sollten.«

»Was, gnädige Frau, der Prinz von Marsillac hat Ihnen nicht gesagt, daß er Sie liebe?«

»Nein, mein Herr, erwiederte sie, Sie sind's, von dem ich's erfuhr; nicht, als ob die häufigen Besuche, die er mir machte, nicht irgend eine Absicht mich hätten vermuthen lassen, doch bis auf das, was man uns sagte, verstehen wir das Uebrige nicht.«

»Ach, gnädige Frau, versetzte Resilly, Sie haben nicht so Unrecht, als ich dachte. Die Jugend desPrinzen von Marsillac macht ihn furchtsam, [41] das war sein Fehler, aber diese Jugend entschuldiget wohl auch seine Fehler mit den Frauen. In sei nem Alter hat man nicht viel Unrecht, und für Leute von zwei und zwanzig Jahren giebt es wohl eine Rückkehr zum Mitleiden.«

»Ich stimme hierin bei, sagte sie; ein junger Mann von zwei und zwanzig Jahren erregt Mitleiden, und niemals Zorn, aber ich will auch, daß er Achtung habe.«

»Nennen Sie Achtung, gnädige Frau, erwiederte Resilli, das Geständniß nicht zu wagen, daß man verliebt ist? Das ist eine vollendete Thorheit, ich behaupte es selbst in den Augen einer Frau, die nicht lieben will, und in diesem Falle würde man seine Zeit nicht verlieren, und wissen, woran man sich zu halten habe. Aber diese Achtung nützt Ihnen, gnädige Frau, nur bei jenen, für welche Sie keine Neigung haben; denn hätte jener, den Sie lieben möchten, deren ein wenig zu viel, so wären Sie sehr in Verlegenheit.« Als er zu sprechen aufhörte, kamen Besuche; einige Zeit darauf ging er fort, und suchte den Prinzen von Marsillac auf, dem er nach [42] tausend Vorwürfen über seine Blödigkeit das Versprechen abnahm, daß er noch vor Ende des Tages seiner Geliebten eine Erklärung machen würde. Er sagte ihm sogar eine Menge Sachen, die er ihr sagen sollte, deren sich der Prinz von Marsillac einen Augenblick nachher nicht mehr erinnerte, und nachdem er ihn bestens, wie er nur konnte, ermuthigt hatte, sah er ihn zu diesem großen Unternehmen von dannen ziehen. Inzwischen befand sich der Prinz von Marsillac in seltsamer Unruhe; bald fand er, daß sein Wagen zu schnell rolle, bald wünschte er, Frau von Olonne nicht zu Hause zu finden, oder Jemand bei ihr. Kurz, er fürchtete gerade das, was ein wackerer Mann von ganzem Herzen gewünscht hätte. Indeß war er unglücklich genug, seine Geliebte zu treffen, und sie allein zu finden. Er redete sie mit einem so verlegenen Gesichte an, daß, hätte sie seine Liebe nicht schon durch Resilly gewußt, sie dieselbe bei seinem Anblicke dieß einzige Mal erkannt hätte. Diese Verlegenheit nützte ihm, sie mehr zu überzeugen, als alles, was er ihr sagen konnte; daran liegt's, warum die Albernen in der Liebe glücklicher [43] sind, als die Klugen. Das erste, was der Prinz von Marsillac that, als er Platz genommen hatte, war – sich zu bedecken, so sehr war er ausser sich. Einen Augenblick darnach bemerkte er seine Albernheit; er legte seinen Hut und seine Handschuhe ab, und zog dann wieder einen an, und dieß alles ohne ein Wort zu sprechen.

»Was ist Ihnen? fragte Frau von Olonne, Sie scheinen etwas im Kopfe zu haben.«

»Errathen Sie es nicht, gnädige Frau,« erwiederte der Prinz von Marsillac?

»Nein, sagte sie, ich begreife nichts davon. Wie sollte ich das verstehen, was man mir nicht sagt, ich, die ich Mühe habe, das zu begreifen, was man mir sagt?«

»Es ist, ich will es Ihnen sagen, versetzte derPrinz von Marsillac, indem er einfältig den Liebhaber machte, es ist – daß ich Sie liebe.

In der That viele Umstände, sagte sie, für etwas Geringes. Ich sehe nicht, daß es so viele Schwierigkeit habe, zu sagen, daß man liebe; es scheint mir darin weit mehr zu sein, recht zu lieben.«

[44] »Ach, gnädige Frau, erwiederte er, sie unterbrechend, es kostet mich weit mehr Mühe es zu sagen, als zu thun. Ich habe gar keine, Sie zu lieben, aber ich hätte sie dergestalt, Sie nicht zu lieben, daß ich dabei nie zum Ziele kommen könnte, wenn Sie mir's tausendmal befehlen würden.«

»Ich, mein Herr, antwortete Frau von Olonne erröthend, habe Ihnen nichts zu befehlen.«

Jeder Andere als der Prinz von Marsillac hätte die seine Art verstanden, deren sich Frau von Olonne bediente, um ihm zu erlauben, sie zu lieben; aber er hatte einen zu schweren Kopf; es war eine verlorene Zartheit, die man für ihn hatte.

»Wie, gnädige Frau, sagte er, Sie achten mich nicht genug, um mich mit Ihren Befehlen zu beehren?«

»Nun wohl, sagte sie, wären Sie wohl erfreut, wenn ich Ihnen befehlen würde, mich nicht mehr zu lieben?«

»Nein, gnädige Frau,« unterbrach er sie hastig.

»Was wollen Sie denn?« versetzte Frau von Olonne.

»Sie lieben, so lang' ich lebe, antwortete der[45] Prinz von Marsillac, und machen, daß Sie mich lieben.«

»Wohlan, lieben Sie, so lang' es Ihnen gefällt, sagte sie, und hoffen Sie.«

Das war genug für einen andringlichern Liebhaber, als der Prinz von Marsillac, um dadurch zu den höchsten Gunstbezeigungen zu kommen; indeß was auch Frau von Olonne machen konnte, er ließ sie noch zwei Monate harren, und als sie sich endlich ergab, machte sie alle ersten Schritte. Die Einführung dieses neuen Verhältnisses bewog sie nicht jenes zu brechen, welches sie mit dem Marquis von Beuvron hatte.

Der letzte Liebhaber war immer der am nächsten geliebte, aber er war es nicht genug, um den Marquis zu verdrängen, der ein zweiter Gatte für sie war.

Kurze Zeit vor dem Bruche des Jeannin von Castilien mit Frau von Olonne, war derChevalier von Grammont in sie verliebt geworden, und weil dieser eine sehr außerordentliche Person ist, so dürfte eine Schilderung von ihm hier am rechten Orte sein. Der Chevalier hatte [46] freundliche Augen, eine wohlgeformte Nase, einen schönen Mund, ein kleines Grübchen am Kinne, das eine angenehme Wirkung auf sein Gesicht machte, ich weiß nicht was – feines in den Zügen, etwas – einen ziemlich schönen Wuchs, wenn er sich nicht gekrümmt hätte, einen galanten und feinen Geist, während seine Mienen und sein Ton geltend machten, was er sprach, was aus dem Munde eines Andern nichts gegolten hätte. Ein Beweis hievon ist, daß Niemand auf der Welt so schlecht schrieb, wie er, und er schrieb wie er sprach. Obgleich es überflüssig sein mag, zu sagen, daß ein Nebenbuhler lästig ist, so war's doch derChevalier in solchem Grade, daß es für eine arme Frau besser gewesen wäre, deren vier auf dem Halse zu haben, als ihn allein; er war freigebig bis zur Verschwendung, und deßwegen konnten weder seine Geliebte noch seine Nebenbuhler treue Diener haben, übrigens der beste Mensch von der Welt. Seit zwölf Jahren liebte er die Gräfin von Fiesque, eine Frau, eben so außerordentlich, wie er, das heißt eben so einzig an Verdienst, als er an schlimmen Eigenschaften. Da sie aber unter [47] diesen zwölf Jahren fünf Jahre lang bei der Prinzessin Leonore in der Verbannung lebte, eine Prinzessin, welche das Schicksal verfolgte, weil sie tugendhaft war, und ihr großes Herz nicht zu den Niederträchtigkeiten herabwürdigen wollte, die der Hof verlangt, war während ihrer Abwesenheit der Chevalier seiner sehr strengen Beständigkeit zugethan, und obgleich dieGräfin von Fiesque liebenswürdig war, so verdiente seine Flüchtigkeit doch einige Entschuldigung, weil er von ihr niemals Gunstbezeigungen erhalten hatte. Es gab doch Männer, welche er zur Eifersucht gereizt. Unter diese gehörte der Graf von Vorel. Als dieser eines Tages der Gräfin von Fiesque Vorwürfe machte, daß sie den Chevalier liebe, antwortete ihm diese Schöne, er sei ein Thor, zu glauben, daß sie den größten Betrüger von der Welt lieben könne. »Das ist ein poßierlicher Grund, gnädige Frau, sagte er, den Sie mir zu ihrer Rechtfertigung anführen; ich weiß, daß Sie noch mehr Betrügerin sind, als er, und ich kann doch nicht unterlassen, Sie zu lieben.« Obwohl der Chevalier überall liebte, so hatte er doch [48] eine so große Schwachheit für die Gräfin von Fiesque, daß er, was er auch immer für ein Verhältniß anderswo hatte, sobald jemand sie etwas häufiger besuchte als gewöhnlich, alles verließ, um zu ihr zu kommen. Er hatte aber auch Ursache, denn die Gräfin von Fiesque war eine zum Bewundern schöne Frau. Sie hatte braune und glänzende Augen, eine wohlgeformte Nase, einen lieblichen Mund, und von schöner Farbe, einen weißen und gleichen Teint, ein langes Gesicht, keine auf der Welt außer ihr gab es, die durch ein spitziges Kinn sich verschönerte. Sie hatte aschfarbige Haare, war immer sehr reinlich und sehr artig gekleidet, aber ihr Prunk kam mehr von ihrer Gestalt, als von der Pracht ihrer Kleider. Ihr Geist war lebhaft und natürlich, ihre Gemüthsart läßt sich nicht beschreiben, denn mit der Bescheidenheit ihres Geschlechtes fugte sie sich in die Launen der ganzen Welt. Durch vieles Denken an das, was man thun soll, denkt jeder gewöhnlich mehr an das Ende, als an den Anfang: gerade das Gegentheil widerfuhr der Gräfin von Fiesque. Ihre Ueberlegungen verdarben ihre Regungen; [49] ich weiß nicht, ob das Vertrauen auf ihre Vorzüge sie der Sorge überhob, sich Liebhaber zu suchen, sie gab sich wenigstens keine Mühe, deren zu bekommen. In der That, wenn ihr einer von selbst in den Weg kam, hatte sie weder Strenge, sich von ihm los zu machen, noch Milde ihn zu fesseln. Er ging wieder fort, wenn er wollte, und wenn er wollte, blieb er, und was er auch that, es geschah nicht zu ihrem Nachtheile. Es waren also, wie ich gesagt habe, fünf Jahre, daß der Chevalier sie nicht mehr sah, und während dieser Abwesenheit um die Zeit nicht zu verlieren, hatte er tausend Liebschaften gehabt, unter andern die Herzogin von Victoire, und drei Tage darauf Larisse.

Einige Zeit nach diesem angelegten Handel, da dieGräfin von Fiesque nach Paris zurückgekehrt war, verließ der Chevalier die Larisse, an die ihn keine Gunstbezeigung band, um sich wieder an die Gräfin von Fiesque zu wenden. Weil er aber nicht lange in ein und demselben Verhältnisse blieb, und bei ihr lange Weile hatte, machte er sich an Frau von Olonne eben zu jener Zeit, da [50] der Prinz von Marsillac sich mit ihr einließ. Und obwohl er weniger bei Damen glücklich war, als dieser, war er doch nicht andringlicher, im Gegentheile, wenn er nur schwätzen konnte, der Welt den Glauben beibringen, daß er verliebt sey, einige leichtgläubige Leute finden, die seiner Eitelkeit schmeichelten, einem Nebenbuhler Sorgen verursachen, besser gekleidet, seyn als er, kümmerte er sich wenig um das Uebrige. Ein Umstand, der es ihm schwerer machte zu überreden, als einem Andern, war, daß er niemals im Ernste sprach, so daß eine Frau sehr von sich eingenommen seyn mußte, um zu glauben, daß er in sie verliebt sey.

Ich habe schon erwähnt, daß nie ein ungeliebter Anbeter lästiger war, als er. Er hatte immer zwei oder drei Lackayen ohne Livree, die er seine Grauen nannte, und seinen Nebenbuhlern und Geliebten auf dem Fuße nachschickte. Eines Tages entschloß sich Frau von Olonne, in Verlegenheit, wie sie zu einem Rendezvous gehen sollte, das sie mit dem Prinzen von Marsillac hatte, ohne daß es der Cheva lier von Grammont entdecke, um ihn zu täuschen, in einem Mantel mit einer Kappe auszugehen,[51] mit einer Kammerfrau, und in einem Fahrzeuge über die Seine zu setzen, nachdem sie ihrer Dienerschaft den Auftrag gegeben hatte, sie in der Vorstadt St. Germain zu holen. Der erste Mensch, den sie traf, die Hand ihr reichend, um in das Fahrzeug zu steigen, war einer von den Grauen des Chevalier von Grammont; als sie vor ihm mit ihrer Kammerfrau sich darüber lustig machte, den Chevalier betrogen zu haben, und von dem sprach, was sie an diesem Tage thun wolle, setzte dieser Graue sogleich seinen Herrn in Kenntniß, der am andern Tage Frau von Olonne auf eine ungewöhnliche Weise überraschte, als er ihr die einzelnen Umstände ihres Rendezvous vom vorigen Abende erzählte. Ein rechtschaffener Mann, der seine Geliebte überweiset, daß sie einen andern liebt, als ihn, zieht sich schnell und ohne Aussehen zurück, besonders wenn sie ihm nichts versprochen hat; aber der Chevalier gehörte nicht zu diesen; wenn er sich nicht beliebt machen konnte, hätte er sich lieber umbringen lassen, als seinen Nebenbuhler und seiner Geliebte Ruhe vergönnt. Frau von Olonne hatte sohin alle Besuche, welche der [52] Chevalier ihr drei Monate lang gemacht, für nichts geregnet, und alles, in Scherz gekehrt, was er ihr von seiner Liebe gesprochen, und um so mehr, weil sie überzeugt war, daß er eine größere für dieGräfin von Fiesque fühle, als für sie; aber sie haßte ihn auch noch wie den Teufel, als dieser Liebhaber glaubte, daß ein Brief mehr Wirkung machen würde, als alles, was er bisher gethan und gesagt habe. In dieser Meinung schrieb er ihr diesen:

»Ist es möglich, meine Göttin, daß Sie keine Kenntnisse von der Liebe hätten, die Ihre schönen Augen, meine Sonnen, in meinem Herzen entzündet haben? Ob wohl es unnütz seyn mag, Zuflucht zu Ihnen zu nehmen, mit gewöhnlichen Erklärungen bei so unvergleichlichen Schönheiten und stille Gebete Ihnen genügen sollen, so sagte ich Ihnen doch tausendmal, daß ich Sie liebe, während Sie lachen und mir nichts antworten. Ist dieß ein gutes oder böses Zeichen, meine Königin? Ich beschwöre Sie, sich hierüber zu erklären, damit der Verliebteste aller Menschen fortfahre Sie anzubeten, oder daß er aufhöre, Ihnen zu mißfallen.«

[53] Als Frau von Olonne diesen Brief empfangen hatte, trug sie ihn sogleich zur Gräfin von Fiesque, mit der sie ihn verabredet glaubte, aber sie ließ ihr nicht merken, was sie anfänglich davon hielt. Da sie gut mit einander lebten, that sie scherzend auf den Korb sich etwas zu gute, den sie ihrem Liebhaber gegeben, und auf die mitgetheilte Nachricht von der Untreue, die er an ihr begeben wollte. Obgleich die Gräfin von Fiesque den Chevalier nicht liebte, so ärgerte sie sich doch darüber; die meisten Frauen wollen eben so wenig jene von ihren Liebhabern verlieren die sie nicht lieben wollen, als jene, die sie begünstigen, und ihr Aerger kommt nicht so fast von dem Verluste, den sie erleiden, als von den Vorzuge ihrer Nebenbuhlerinnen; so dachte auch die Gräfin von Fiesque bei diesem Vorfalle.

Inzwischen dankte sie der Frau von Olonne für die Absicht, die sie hatte, sie zu verpflichten, aber versicherte ihr zugleich, daß sie keinen Theil an demChevalier nehme, und daß man im Gegentheile ihr eine Gefälligkeit erweisen würde, sie davon zu [54] befreien. Frau von Olonne begnügte sich nicht, diesen Brief der Gräfin von Fiesque gezeigt zu haben; sie brüstete sich auch noch damit vor demPrinzen von Marsillac, und sey's, daß dieGräfin von Fiesque noch mit andern davon sprach, sey's, daß sie's selbst sagte, zwei Tage berhernach wußte Jedermann, daß der arme Chevalier geopfert worden, und bald erfuhr er selbst die Spöttereien über seinen Brief. Verachtung beleidiget alle Liebhaber, aber wenn man auch noch Spott hinzufüget, treibt man sie zur Verzweiflung.

Als der Chevalier sich abgewiesen und verhöhnt sah, gab er alle Mäßigung auf. Es gibt nichts, was er nicht gegen Frau von Olonne sagte, und man sah wohl bei diesem Vorfalle, daß diese Närrin das Geheimniß gefunden hatte, ihren Ruf zu verlieren, indem sie ihre Ehre bewahrte.

Unter allen seinen Nebenbuhlern haßte der Chevalier keinen so sehr, als den Prinzen von Marsillac, sowohl weil er glaubte, er sey am besten daran, als weil es schien, daß er es am wenigsten verdiene. Er nannte die Liebhaber der Frau [55] von Olonne Philister, und sagte, daß der Prinz von Marsillac, mit Anspielung auf seinen geringen Verstand, sie alle mit einem Eselskienbacken erschlagen habe.

Zur nämlichen Zeit glaubte der Herzog von Guiche, jung und schön wie ein Engel, und voll Eigenliebe, daß die Eroberung der Frau von Olonne für ihn leicht und angenehm wäre, so, daß er sich entschloß, aus Antreiben des Ruhmes, sich an sie zu machen. Er sprach darüber mit Manicamp, seinem guten Freunde, der sein Vorhaben billigte, und sich erbot, ihm zu dienen. Der Herzog von Guiche und Manicamp haben zu viel Antheil an dieser Geschichte, um nicht von beiden im Vorübergehen zu sprechen. Man muß sie gründlich kennen, und zu diesem Zwecke mit der Schilderung des erstern beginnen. Der Herzog von Guiche hatte große schwarze Augen, ein wohlgeformte Nase, einen etwas großen Mund, ein rundes flaches Gesicht, einen wunderschönen Teint, eine große Stirne und einen schönen Wuchs. Er besaß Geist. Er war Spötter, leicht, stolz, brav, unbesonnen, und ohne Freundschaft. [56] Er war Oberster eines Cavallerieregimentes der französischen Garde, gemeinschaftlich mit dem Marschalle seinem Vater.

Manicamp hatte blaue und sanfte Augen, eine Adlernase, einen großen Mund, sehr rothe, aufgeworfene Lippen, einen etwas gelben Teint, ein flaches Gesicht, blonde Haare, und einen schönen Kopf, einen wohlgebildeten Wuchs, wenn er sich nicht ein wenig zu sehr vernachläßiget hätte. Was den Verstand betrifft, so hatte er dessen genug, und von der Art desGrafen von Guiche, ausgenommen, daß er nicht so viel eigenen besaß, wie er, aber sein Genie war wenigstens eben so groß. Seine Glücksumstände waren bei weitem nicht so wohl geordnet, als jene des andern, und nöthigten ihn, etwas mehr Rücksicht zu haben, aber sie hatten beinahe die nämlichen Hinneigungen zur Härte und zum Spotte, auch liebten sie sich so sehr, als wären sie von verschiedenem Geschlechte gewesen.

Zur selben Zeit, da Frau von Olonne den Brief des Chevalier von Grammont Jedermann zeigte, entdeckte dieser die Liebe seines Neffen[57] für die Gräfin von Fiesque; dieß diente nicht wenig dazu, ihn gegen Frau von Olonne aufzubringen, da er eine Versöhnung mit der Gräfin von Fiesque, um so leichter hielt, je weniger Mäßigung er gegen die andern bezeige; indeß er versucht sich mit ihr zu versöhnen, wollen wir sehen, was der Graf von Guiche that, um sich angenehm zu machen.

Vor allen Dingen muß man wissen, daß der Graf von Guiche eine große Liebe für Frau von Beauvais hatte, eine Frau von geringer Herkunft, aber von vielem Verstande. Auch muß man noch wissen, daß er von seinen Eltern, wegen dieser Liebe, dergestalt war gequält worden, welche fürchteten, daß sie ihn zur nämlichen Thorheit verleiten würde, wozu ihre Schwester den Armand gebracht, daß eben sowohl dieser Beweggrund, als die Härte der Schönen ihn sehr abschreckte, und ihn auf den Vorsatz führten, die Gräfin von Fiesque zu lieben, aber er hatte für diese nicht die volle Neigung, die sie verdiente, und diese Liebe war weniger eine neue, als ein Mittel gegen die vorige. Er gab sich nicht viele Mühe; [58] alles was er thun konnte, war, die Gräfin von Fiesque aufzuregen, und den Chevalier in Verzweiflung zu setzen und hiezu genügten ihm Blicke und Besuche, ohne sich um einen raschern Gang zu bekümmern. Die Gräfin von Fiesque, deren Herz, wie man glaubt, nie war gerührt worden, als vom Verdienste des Herrn von Hiern, den sie seit vier oder fünf Jahren nicht mehr sehen konnte, und mit dem sie ein Verhältniß durch Briefe unterhielt, für ihr Selbstvertrauen durch jene Schritte erschüttert, welche der Graf von Guiche für sie that, und was auch Zerige, ein Freund des Herrn von Hiere, ihm sagen konnte, um ihn zu bewegen, denGrafen von Guiche zu verdrängen, sie willigte anfangs nicht darein, und indem sie sich stellte, seine Bewerbungen lächerlich zu schelten, studirte sie lange seine Art zu handeln; da sie aber zuletzt sah, daß der Graf von Guiche sich nicht half, entschloß sie sich, eine Ehre aus der Nothwendigkeit zu machen, ihn zu verlieren, worin sie sich sah, und damit dieß dem Chevalier kein Opfer scheine, der sich geschmeichelt hatte, seinen Neffen zu verdrängen, entfernte [59] sie alle zwei: damals dem Rathe des Zerige willfahrend, wie sie diesem sagte, und hierüber wurde scherzend bemerkt: daß die Gräfin von Fiesque ihre Abschiede mit ihren besten Liebhabern siegle; aber der Chevalier ließ durch seine besten Freunde so sehr in sie dringen, daß er endlich die Erlauhniß erhielt, sie nach Verfluß von vierzehn Tagen wieder zu sehen. Ueber diesen Vorfall machte er eine Strophe nach der Melodie der Sarabande 1.

Fünf oder sechs Monate waren vorübergegangen, während welcher der Chevalier, überglücklich seinen Neffen nicht mehr auf dem Halse zu haben, bei Filis das Vergnügen gekostet hatte, allein zu lieben, einige Freunde des Grafen von Guiche stellten ihm vor, daß es ihm, dem schönsten Manne am Hofe, beschämend sey, eine Dame grausam zu finden, und daß der üble Erfolg, den er bei der Gräfin von Fiesque gehabt, ihm vor der Welt geschadet habe. Diese Gründe bewogen ihn, sich auf's neue einzulassen. Er kam verwundet aus dem Felde; [60] seine Wunde war an der rechten Hand, aber da es schon einige Zeit war, hinderte ihn seine Wunde nicht, obwohl groß, spazieren zu gehen. Da er der Gräfin von Fiesque im Garten des Königes begegnete, war der Abbé Fouquet bei ihm, ein besonderer Freund dieser Dame, der in dem Glauben ihnen Vergnügen zu machen, sie zu einer vertraulichen Unterredung einlud, und sie dort ziemlich lange allein ließ. Der Herzog von Guiche sprach nicht von Liebe, aber er machte Mienen und warf Blicke, die der Gräfin von Fiesque nur zu viel sagten, die noch mehr hörte, als er sagen wollte. Diese Unterhaltung endete mit einer Ohnmacht, die denGrafen von Guiche befiel, woraus ihn die Hülfe der Gräfin von Fiesque und desAbbe Fouquet rettete. Ihre Meinungen über die Ursache dieser Ohnmacht waren getheilt. Der Abbe Fouquet schrieb sie der Wunde des Grafen von Guiche bei, und die Gräfin von Fiesque seiner Leidenschaft. Es gibt nichts, was eine Frau leichter glaubt, als geliebt zu seyn, weil die Eigenliebe sie zu glauben verleitet, man müsse sie lieben, und weil man sich nicht weniger schnell dessen überredet [61] was man wünscht. Diese Gründe machten, daß die Gräfin von Fiesque an der Liebe des Grafen von Guiche ganz und gar nicht zweifelte. Um diese Zeit bat Frau von Olonne, die nicht wollte, daß ein junger wohlgewachsener Mann ihr entschlüpfe, Grenouville, ihr den Grafen von Guiche zu bringen, was er auch that: aber die Stunde des Chevalier war noch nicht gekommen; er ging eben so frey, als er eingetreten war, und fuhr in seinem Plane auf die Gräfin von Fiesque fort. Seine häufigen Besuche hatten die Eifersucht des Chevalier von Grammont erneuen, der sich über das Verhältniß aufklären wollte, in welchem seine Neffe mit der Gräfin von Fiesque, seiner Geliebten, stehe, und um ihm besser nachzuahmen, schrieb er mit der linken Hand an diese Schöne nachstehendes Briefchen:

»Man ist sehr verlegen, wenn man nur eine arme linke Hand hat; ich bitte Sie, gnädige Frau, Sie heute zu was immer für einer Stunde des Tages sprechen zu dürfen, aber daß mein theurer Onkel nichts davon weiß, denn mein Leben würde Gefahr laufen, [62] und vielleicht würden Sie selbst nicht besser wegkommen.«

Als die Gräfin von Fiesque diesen Brief gelesen hatte, befahl sie ihrem Thürsteher, demjenigen, der Antwort holen würde, zu wissen zu machen, daß er seinem Herrn sage, er möge ihr Manicamp um drei Uhr Nachmittags schicken. Da der Chevalier diese Antwort erhielt, glaubte er das Mittel zu haben, die Gräfin von Fiesque des höchsten Einverständnisses mit dem Grafen von Guiche zu überweisen, und auf diese Antwort hin ging er zu ihr. Die Wuth im Herzen hatte sein Gesicht so entstellt, daß die Gräfin von Fiesque, als sie nur ein wenig Acht gab, bei seinem Eintritt alles entdeckte. »Ist es lange, gnädige Frau, sagte er, daß Sie den Grafen von Guiche nicht gesehen haben?«

»Fünf oder sechs Tage,« antwortete sie.

»Aber es ist nicht so lange,« erwiederte der Chevalier von Grammont, »daß Sie von ihm Briefe empfangen haben.«

»Ich – Briefe vom Grafen von Guiche! Warum [63] sollte er mir schreiben? Ist er im Stande, an Jemand zu schreiben?«

»Geben Sie Acht was Sie sprechen, antwortete derChevalier, denn dieß zieht Folgen nach sich.«

»Die Wahrheit ist, sagte die Gräfin von Fiesque, daß Manicamp mich fragen ließ, ob der Graf von Guiche mich heute sehen könnte, und ich meldete ihm, daß er ohne seinen Freund komme.«

»Es ist wahr, versetzte auffahrend der Chevalier, daß Sie dem Manicamp zu wissen machten, daß er ohne den Grafen von Guiche komme, aber es geschah auf einen Brief von diesem, daß Sie ihm dieß sagen ließen, und ich weiß es nur, gnädige Frau, weil ich es bin, der ihn geschrieben hat, und dem man die Antwort hinterbrachte. Ist es nicht genug die Liebe nicht zu erkennen, die ich seit zwölf Jahren für Sie habe, auch ohne mir einen jungen Menschen vorzuziehen, der erst seit vierzehn Tagen Sie zu lieben scheint, und der Sie ganz und gar nicht liebt?« Nach dieser Rede geberdete er sich eine Viertelstunde lang wie ein rasender Mensch.

[64] Die Gräfin von Fiesque, welche sich überwiesen sah, wollte einen Scherz aus der Sache machen; »aber, sagte sie, weil Sie an diesem Einverständnisse zwischen Ihrem Neffen und mir nicht zweifeln, warum fragen Sie mich nicht wegen Dingen von größerer Nichtigkeit, als eine Viertelstunde mich zu sehen?«

»Ach, gnädige Frau, rief er aus, ich weiß genug davon, um Sie für die Undankbarste aller Frauen zu halten, und mich für den Unglücklichsten aller Männer.«

Als er diese Worte endete, trat Manicamp ein, und er ging fort, um die Verwirrung zu verbergen, worin er war.

»Was gibt es gnädige Frau, fragte Manicamp. Ich finde sie ganz bestürzt?«

Die Gräfin von Fiesque erzählte ihm den Betrug des Chevalier und ihre Unterredung, und nach einigen Erörterungen über diesen Gegenstand ging er, und brachte ihr noch in derselben Stunde dieses Briefchen von Seite des Grafen von Guiche:

»Aus Furcht, daß die Verfälscher mir schaden [65] können, und damit Sie in der Schrift- und in der Schreibart sich nicht irren, wollte ich Sie beide kennen lernen. Der letztere ist schwerer nachzuahmen, da er von etwas eingegeben ist, was über ihre Gefühle geht.«

Nachdem die Gräfin von Fiesque dieses Briefchen gelesen hatte, sagte sie: »Mein Gott, wie närrisch ist Ihr Freund! Ich fürchte nun, daß er sich und mir Verdrießlichkeiten zuziehe, deren wir beide nicht bedürfen.«

»Wenn nur, gnädige Frau, ›erwiederte Manicamp,‹ Sie beide sich wohl verstehen, so werden Sie keine schlimmen Händel bekommen;« »aber,« – versetzte die Gräfin von Fiesque, »kann er denn keine andere Stellung zu mir annehmen, als die eines Liebhabers?«

»Nein,« erwiederte jener, – »es ist ihm unmöglich, und was Sie davon überzeugen muß, ist, daß er den Kampf wieder beginnt, nachdem er geschlagen wurde. Diese Bewerbung zeigt eine rasende Nothwendigkeit in ihm, Sie zu lieben.« Als er diese Unterredung fortsetzen wollte, kamen Besuche, die [66] sie unterbrachen, und Manicamp ging, und erzählte einen Augenblick darauf seinem Freunde, was zwischen ihm und der Gräfin von Fiesque vorgegangen war. Der Graf von Guiche, der nicht glaubte, daß das Briefchen, welches er an die Gräfin von Fiesque geschrieben, genügte, um ihr von seiner Liebe zu sprechen, schrieb ihr ein anderes, das deutlicher sprach. Er ließ es durch Manicamp besorgen, der es, indem er's am andern Tage zu jener Schönen trug, unterwegs verlor, so daß er sogleich umkehrte, um dem Grafen von Guiche den Unfall zu melden, der ihm begegnete; dieser schrieb folgenden Brief an die Gräfin von Fiesque:

»Wären Sie von meinen Gefühlen überzeugt, so würden Sie leicht begreifen, daß man mit einem Menschen, der so nachläßig, wie Manicamp, schlecht zufriedengestellt ist. Sie werden den größten Streit von der Welt sehen, wenn Sie nicht die Hand zur Vermittlung reichen. Urtheilen Sie, wie ich für Sie fühle, da ich mit meinem besten Freunde breche, ohne Versöhnung von meiner Seite. Aber da ihm noch Ihr Beistand bleibt, und Sie nicht so erzurnt [67] sind, wie ich, so fürcht' ich, daß er mich zwingt, ihm Ihrer Verwendung wegen zu verzeihen.«

Manicamp suchte die Gräfin von Fiesque, die nicht zu Hause war, überall, und als er sie am Spieltische der Nobelle fand, sagte er: »Ich bringe den Personen Glück, welchen ich mich nahe, gnädige Frau,« – setzte sich an ihre Seite, steckte ihr den Brief seines Freundes geschickt in das Täschchen, und ging einige Zeit darauf fort. Als die Gräfin von Fiesque nach beendigtem Spiele nach Hause gekommen war, fand sie, indem sie ihr Taschentuch herauszog, den versiegelten Brief des Grafen von Guiche, und zwar ohne Aufschrift, und hätte sie nachgedacht, was er enthalten konnte, so würde sie ihn nicht erbrochen haben; aber aus Furcht dann genöthiget zu seyn, ihn nicht zu öffnen, wollte sie nicht darüber nachdenken, und entsiegelte ihn hastig ohne die mindeste Ueberlegung. Der ganze Scharfsinn derGräfin von Fiesque ließ sie nicht enträthseln, was der Graf von Guiche in Bezug auf die Unzufriedenheit sagen wollte, die er gegen Manicamp bezeigte, so, daß sie einem [68] ihrer Leute befahl, ihm zu sagen, er möge am andern Tage zu ihr kommen, entschlossen, ihn des Briefes wegen auszuzanken, den er ihr vom Grafen von Guiche gegeben, und ihm zu verbieten, sich künftig damit zu befassen. Wie er nun am folgenden Tage in ihr Zimmer trat, ließ die Neugierde sie ihren Zorn vergessen. – Nun denn, – sagte sie, – erklären Sie mir doch ihren Zwist mit Ihrem Freunde.«

»Der besteht darin, gnädige Frau,« erwiederte er, – »daß ich den Brief, den ich Ihnen vorgestern brachte, unterwegs verlor. Er ist sehr wider mich aufgebracht; ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll, denn ich habe Unrecht.« Die Gräfin von Fiesque, in der Furcht, dieser verlorene Brief möchte von Jemand gefunden werden, der ein Histörchen daraus machte, um das Publikum zu ergötzen, sagte: »Gehen Sie, suchen Sie ihn überall, und kommen Sie nicht zurück, ohne ihn mitzubringen.« Manicamp ging sogleich fort, und kam Abends zurück, um ihr zu sagen, daß er nichts gefunden habe, daß der Graf von Guiche ihn nicht mehr sehen wolle, und daß er sie bitte, sie wieder mit einander auszusöhnen. [69] »Ich will es wohl thun, sagte sie, obwohl sie es nicht verdienen; ich werde morgen zu Frau von Cornwal geben; wenn ich ihn dort antreffe, werde ich versuchen Sie auszusöhnen.«

»Ach, gnädige Frau, versetzte Manicamp, Sie sind so gütig, daß ich nicht zweifle, daß es Ihnen leid thut auch nur den Gedanken gehabt zu haben, mich bis morgen schmachten zu lassen. Ich bitte Sie meinen Kummer zu enden, und mir ein Briefchen zu geben, das ich von Ihrer Seite dem Grafen von Guiche zustellen werde, überzeugt, daß er so viele Liebe für Sie fühlet, daß – –

Ich an den Grafen von Guiche schreiben? unterbrach ihn die Gräfin von Fiesque, – Sie sind sehr spaßhaft, mir davon zu sprechen.«

»Obwohl wir entzweit sind, gnädige Frau, erwiederte Manicamp, kann ich doch nicht umhin, Ihnen zu sagen, daß er diese Huld wohl verdient; doch betrachten Sie es nicht von dieser Seite; gewähren Sie dieses Briefchen der Gewogenheit, die Sie für mich haben; ich verspreche, daß ich es, wenn es seine Wirkung gemacht hat, wieder in ihre Hände [70] zurückstellen werde.« Nachdem ihm die Gräfin von Fiesque das Wort abgenommen, daß er ihr Briefchen am folgenden Tage wieder bringen wolle, schrieb sie an den Grafen von Guiche so:

»Ich schreibe Ihnen nur, um Sie für den armenManicamp um Gnade zu bitten; muß ich Ihnen aber noch mehr sagen, um Sie zur Gewährung zu bestimmen, so glauben Sie, was er Ihnen in meinem Namen sagen wird; er ist zu sehr mein Freund, um ihm irgend etwas zu verweigern, was ihm nützlich seyn kann.«

Der Graf von Guiche fand dieß Briefchen allzu süß um es zurückzugeben; er glaubte dessen überhoben zu seyn, indem er das Versprechen desManicamp nicht genehmigte, und gab ihm indeß diese Antwort mit:

»Ich wünschte von ganzem Herzen, daß Sie eben so viele Neigung haben möchten, mir zu gewähren, was ich von Ihnen wünsche, als es mir leicht war, diesen Verbrecher zu begnadigen; ich versichere Ihnen, daß es bei einer solchen Empfehlung unmöglich war, ihm etwas zu versagen. Wäre ich glücklich genug, Ihnen durch etwas Schwierigeres Beweise davon zu[71] geben, so würden Sie einsehen, daß Sie mir Unrecht gethan haben, als sie an der Wahrheit meiner Gefühle zweifelten; sie sind, ich betheure es Ihnen, so zärtlich, wie sie nur immer eine so liebenswürdige Dame wie Sie einflößen kann, und werden immer so bescheiden seyn, als Sie sie wünschen, was auch unsere Hofmeister davon sagen mögen. Ich beschwöre Sie, immer den Warnungen des Verbrechers wohl zu folgen; denn obgleich er ein ziemlich unsorgfältiger Mensch ist, so verdient er doch, daß man ihn wegen seines Eifers, uns zu dienen, lobe.«

Unter dieser Warnung verstand er, daß sie demChevalier von Grammont sehr mißtrauen sollte, der alles that, seinem Neffen Hindernisse in den Weg zu legen, und ihn der Fiesque unbesonnen und untreu erscheinen zu lassen. Hierauf sagte ihr Manicamp, daß der Graf von Guiche so außer sich vor Freude war, des Briefchens wegen, das sie ihm geschrieben habe, daß es ihm unmöglich gewesen, es wieder zu sich zu nehmen, daß sie sich aber nicht zu kümmern brauche, da es in den Händen ihres Geliebten eben so sicher wie im Feuer sey, und endlich, [72] daß er keinen verliebteren Mann gesehen habe, als den Grafen von Guiche, und daß er sie gewiß sein ganzes Leben hindurch lieben würde.

»Aber unterbrach ihn die Gräfin von Fiesque, was bedeuten denn die vielen Besuche Ihres Freundes bei der Gräfin von Olonne? bittet er Sie bei mir nützlich zu seyn?« »Er geht nicht hin, gnädige Frau, antwortete Manicamp, das heißt, er war ein oder zweimal dort; doch ich sehe schon den Geist des Chevalier in dem was Sie mir sagen, und ich bin versichert, daß der Graf von Guiche seinen Onkel an diesem Gaunerzuge erkennen wird. Aber, gnädige Frau, hören Sie meinen Freund, bevor Sie ihn verdammen.«

»Ich bin's zufrieden,« sagte sie. Manicamp hatte sehr richtig geschlossen, daß der Chevalier, um seinen Neffen zu stürzen, der Frau von Fiesque gesagt, daß er in die Gräfin von Olonne verliebt sey, daß sie nur zum Vorwande diene, und tausend andere Dinge dieser Art, die ihr so wahrscheinlich schienen, daß so sehr sie auch dem Chevalier in Bezug auf den Grafen von Guiche mißtraute, [73] sie sich doch nicht enthalten konnte, in dieser Hinsicht ihm Glauben zu schenken, da am andern Tage eine ihrer Freundinnen kam, und in sie drang auf das Land zu geben, ließ sie sich bereden. Die Gewißheit, welche sie von dem Betruge des Grafen von Guiche hatte, machte, daß sie keine Aufklärung von ihm wollte, und um nicht alles zu verlieren, wollte sie dem Herrn von Hiere durch ein falsches Vertrauen zuvorkommen, aus Furcht, er möchte auf andern Wegen die Wahrheit vor Allem erfahren. Sie schickte ihm also die Abschrift des letzten Briefes des Grafen von Guiche, und reisete darauf mit ihrer Freundin ab. Der Chevalier, der auf alle Handlungen der Gräfin von Fiesque Acht und alle ihre Leute gewonnen hatte, besaß das Packet, das sie an den Herrn von Hiere sendete, zwei Stunden darauf, nachdem sie es geschlossen hatte. Er machte eine Abschrift vom Briefe des Grafen von Guiche, und warf das Packet ins Feuer, und zwei Tage darnach, als er erfahren hatte, daß dieGräfin von Fiesque verreiset war, schrieb er ihr diesen Brief.

[74] »Wenn Sie eben so viele Lust gehabt hätten, sich über Dinge aufzuklären, woran Sie zu zweifeln vorgeben, als ich aus tausend Gründen hatte, Ihnen alle Arten von Zweifeln zu benehmen, so hätten Sie keine so weite Reise unternommen, oder wenigstens Verdruß gezeigt, eine so gute Freundin zu scheinen; ich möchte Ihnen nicht verbieten, Zärtlichkeit zu äussern, aber ich wünschte einigen Antheil an der Anwendung zu haben, und ich gestehe Ihnen, daß, wenn ich glücklich genug wäre, durch die meinige dahin zu gelangen, ich versuchen würde, derselben durch mein Betragen nicht unwürdig zu seyn.«

Zur Zeit, da man diesen Brief zur Gräfin von Fiesque trug, ging der Chevalier zu seinem Neffen, bei dem er den Manicamp traf. Nach einem kleinen scherzhaften Vorspiele über das gute Glück des Grafen von Guiche bei den Damen im Allgemeinen, sagte er: »Bei meiner Treue, meine armen Freunde, ihr seyd jünger und artiger als ich, und ich werde euch nie eine Geliebte streitig machen, die ich nicht seit längerer Zeit kenne als ihr, daher müßt ihr mir ebenfalls ohne sie streitig zu machen, [75] jene überlassen, die in irgend einer Verbindung mit mir stehen. Die Eitelkeit, welche in ihnen die große Anzahl von Liebhabern erregt, kann sie dahin bringen, euch einige Hoffnung schöpfen zu lassen; es gibt deren wenige, welche anfangs die Gelübde der Seufzenden zurückweisen, aber früh oder spät kehren sie zur Vernunft zurück, und dann trifft es sich, daß der neue Ankömmling die Zeit übel zubringt, und daß der Liebhaber mit seiner Geliebten sogleich sagt: Meine Herren, mit der Nachtmusik ist's aus.« »Sie haben mir versprochen, Graf von Guiche, mich bei der Gräfin von Fiesque nicht mehr zu beunruhigen; Sie haben mir nicht Wort gehalten, und eine Untreue begangen, die Ihnen zu nichts nützet; denn diese Gräfin hat mir alle Briefe gegeben, die Sie ihr geschrieben haben, ich werde Ihnen die Urschriften davon zeigen, wenn Sie wollen. Inzwischen sehen Sie hier die Abschrift des letzten, die ich Ihnen mitgebracht habe.« Indem er dieß sagte, zog er einen Brief des Grafen von Guiche hervor, und sprach, nachdem er ihn gelesen hatte: »Wohlan, meine Lieben, werden Sie ein andersmal [76] Ihr Gespötte mit mir treiben?« Während der Chevalier redete, sahen sich der Graf von Guiche und Manicamp mit Erstaunen an, und konnten nicht begreifen, daß die Gräfin von Fiesque sie so boshaft betrogen habe. Endlich nahm Manicamp das Wort, und indem er es an den Grafen von Guiche richtete, sagte er: »Sie wurden behandelt, wie Sie es verdienten, doch da die Gräfin von Fiesque keine Rücksicht für uns gehabt hat, fügte er hinzu, sich gegen den Chevalier wendend, sind wir nicht verbunden, deren für sie zu haben; wir sehen wohl, daß sie uns geopfert hat; aber es gab eine Zeit, wo auch Sie es waren, wir haben große Ursache, uns über sie zu beklagen, aber Sie haben ganz und gar keine, mit ihr zufrieden zu seyn; wenn wir uns auf Ihre Kosten lustig machten, so war sie wenigstens zur Hälfte dabei betheiligt.«

»Es ist wahr, versetzte der Graf von Guiche, daß Sie nicht Ursache hätten, mit dem Vorzuge der Gräfin von Fiesque zu Ihren Gunsten zufrieden zu seyn, wenn Sie wüßten, welche Achtung sie vor Ihnen hat, und dieß führt zu untrüglichen Schlüssen, [77] daß sie unter Ihren Händen erfahren wird, da sie nach den Dingen, die sie mir sagte, mich nur verräth, um Sie zu befriedigen. Nun wohl, Chevalier, genießen Sie dieser Treulosen in Ruhe; wenn Niemand Sie beunruhiget, als ich, so werden sie sehr zufrieden mit ihr leben.« Nachdem sie sich alle hierüber aufrichtig versöhnt, und tausend Versicherungen der Freundschaft für die Zukunft gegeben hatten, trennten sie sich. Der Graf von Guiche und Manicamp schloßen sich ein, um einen Brief mit Vorwürfen an diese Gräfin im Namen des Manicamp zu entwerfen; aber sie, die unschuldig war, antwortete ihm, daß sein Freund und er überlistet worden seyen, und daß der Chevalier mehr davon wisse, als sie; daß sie ihnen nicht erklären könne, wie er den Brief bekommen, den er ihnen gezeigt, sie aber einst klar würde sehen lassen, daß Sie sie nicht aufgeopfert habe. Dieser Brief traf den Manicamp nicht mehr in Paris, der am Abende vorher mit dem Grafen von Guiche abgereiset war, um Ludwig XIV. auf seiner Reise nach Lyon zu folgen; er erhielt ihn erst, als er am Hofe ankam, [78] und dachte nicht mehr weiter an die Gräfin von Fiesque. Während sich dieß alles ereignete, setzte der Prinz von Marsillac immer seinen Umgang mit der Gräfin von Olonne fort. Dieser Liebhaber sah sie auf die bequemste Weise von der Welt Nachts bei ihr, und bei Tag bei Frau von Cornwal, eine liebenswürdige Dame und von vielem Verstande. DieGräfin von Olonne hatte in dem Gange zwischen ihrem Bette und der Wand ein Cabinete, an dessen Eck sie eine Fallthüre hatte machen lassen, welche in ein anderes Cabinet unterhalb führte, in welches der Prinz von Marsillac trat, wenn es Nacht war; ein Fußteppich verbarg die Fallthüre, und ein Tisch bedeckte sie. Dieser Prinz brachte also die Nächte bei seiner Geliebten zu, und nach dem allgemeinen Gerüchte, schlief er dabei nicht ein. Dieß dauerte bis sie in die Bäder ging, und während sie dort war, schrieb sie ihm tausend Briefchen, die man hier nicht mittheilt, weil sie die Mühe nicht werth sind; er schrieb ihr eines Tages diesen Brief, bevor er von ihr Abschied nahm:

»Ich habe nie einen so lebhaften Schmerz empfunden, [79] als jener, den ich heute fühle, meine Liebe, weil ich Sie noch niemals verlassen habe, seitdem wir uns lieben. Nur die Abwesenheit, und eine erste Abwesenheit wie diese, kann mich in den bellagenswerthen Zustand bringen, worin ich bin. Wenn etwas meinen Gram lindern könnte, meine Liebe, so wäre es der Glaube, den ich habe, daß Sie eben so viel leiden, wie ich. Mißdeuten Sie es nicht, daß ich Ihnen Kummer wünsche, weil dieß ein Zeichen meiner Liebe ist. Leben Sie wohl, glauben Sie nur, daß ich Sie liebe, und daß ich Sie immer lieben werde; denn wenn Sie einmal davon wohl überzeugt wären, so wäre es nicht möglich, daß Sie mich nicht Ihr ganzes Leben hindurch liebten.«


Antwort.


»Trösten Sie sich, mein Lieber, wenn mein Schmerz Sie tröstet, er ist auf dem Punkte, wo Sie ihn wünschen können. Ich könnte Ihnen nicht besser ihn sehen lassen, als, indem ich Ihnen sage, daß ich wünsche, daß Sie mich so sehr lieben, wie ich Sie liebe. Zweifeln Sie daran, mein Lieber? Kommen Sie zu mir, aber kommen Sie bei Zeiten, damit [80] ich länger mit Ihnen seyn kann, und mich auf irgend eine Weise für die Abwesenheit bezahlt mache, die ich ertragen muß. Leben Sie wohl, mein Lieber, seyen Sie ruhig in Betreff meiner Liebe; sie wird wenigstens eben so groß seyn, als die Ihrige.«

Der Prinz von Marsillac verfehlte nicht, sich bei dem Rendezvous früher als gewöhnlich einzufinden, und als er zu seiner Geliebten kam, warf er sich auf ihr Bett, wo er lange blieb in Thränen zerfließend, ohne sprechen zu können. Die Gräfin von Olonne ihrerseits schien nicht minder gerührt, da sie aber von ihrem Geliebten wohl noch andere Zeichen der Liebe als die des Schmerzes gewünscht hatte, sagte sie: »ach, mein Lieber, Sie äußerten mir so oft, daß meine Leiden die Ihrigen erleichtern würden, indeß macht Sie die Betrübniß, worin Sie mich sehen, nicht weniger trostlos.« Auf diese Worte verdoppelte der Prinz von Marsillac seine Seufzer, ohne ihr zu antworten; die Niedergeschlagenheit der Seele hatte jene des Leibes verursacht, und ich glaube, daß dieser Liebhaber eher die Abwesenheit seiner Kraft, als jene seiner Geliebten beweinte;[81] da jedoch die jungen Leute von einer Krankheit genesen, und er von guter Leibesbeschaffenheit war, so fing er an sich wieder zu erholen, und besserte sich in sehr kurzer Zeit so, daß die Gräfin von Olonne alle Ursache hatte, damit zufrieden zu seyn. Nachdem er ihr tausend Beweise guter Gesundheit gegeben; empfahl sie ihm, vor allen Dingen dafür Sorge zu tragen, und sagte ihm, daß sie hienach auf die Liebe schließen würde, die er für sie fühle; hierauf machten sie sich tausend Betheuerungen sich lebenslang zu lieben. Sie verständigten sich über die Mittel sich zu schreiben, und nahmen Abschied, er, um nach Hof zu gehen, und sie, um den Weg nach Bourbon einzuschlagen.

Als am folgenden Tage der Prinz von Marsillac von Frau von Cornwal Abschied nahm, bat er sie, seine Geliebte zu bereden, auf ihr Betragen wohl Acht zu haben, als sie es bisher gethan. »Verlassen sie sich auf mich«, sagte sie, sie wird wohl unverbesserlich seyn, wenn ich sie nicht auf den rechten Weg bringe. Zwei Tage darauf gingFrau von Cornwal zur Gräfin von Olonne, wo sie [82] den ganzen Tag blieb, den sie dazu anwendete, ihr Vorschriften zu geben, um ihr Betragen zu ordnen, und besonders ihr die Treue empfahl, die sie ihrem Geliebten schuldig sey.

Als sie aufgehört hatte zu sprechen, sagte Frau von Olonne: »Guter Gott, was sind das für schöne Dinge, die Sie mir sagen, aber wie schwer sind sie zu üben; ich finde selbst ein wenig Ungerechtigkeit daran; denn im Grunde, da wir doch selbst unsere Gatten betrügen, die das Gesetz doch zu unsern Herrn gemacht, warum sollten unsere Liebhaber dabei so leichten Kaufes wegkommen, sie, die zu lieben uns nichts verbindet, als die Werthschätzung, die wir uns davon machen, und die wir halten, um uns ihrer so viel und so wenig zu bedienen, als es uns gefällt?«

»Ich habe Ihnen nicht gesagt, erwiederte Frau von Cornwal, daß wir unsere Liebhaber nicht aufgeben sollen, wenn sie uns durch ihre Schuld oder durch Widerwillen mißfallen, aber ich ließ Ihnen die zarte Weise sehen, womit wir uns losmachen müssen, um nicht Veranlassung zu geben, uns in der Welt auszuschreien; denn gnädige Frau, da man die Ehre der Damen so [83] tyrannisch beschränkt hat, nicht zu lieben was sie liebenswürdig finden, muß man sich mit dem Gebrauche befreunden, und sich wenigstens verbergen, wenn man lieben muß.«

»Nun wohl, meine Liebe, versetzte die Gräfin von Olonne, ich will mich dabei trefflich halten, und bin völlig entschlossen, aber damit gründe ich die größten Hoffnungen meines Betragens auf die Frucht der Gelegenheiten.«

»Was es auch sey, Flucht oder Widerstand, erwiederte Frau von Cornwal, es liegt nichts daran, wenn nur Ihr Liebhaber zufrieden ist,« – und nachdem sie sie hierüber ermahnt hatte, fest zu verharren in diesen guten Vorsätzen, ging sie fort.

Während der Abwesenheit der Gräfin von Olonne und des Prinzen von Marsillac schrieben sie sich sehr oft; aber da sich nichts Merkwürdiges zutrug, werde ich von ihren Briefen nicht sprechen, die nur von ihrer Liebe handeln, und von der Ungegeduld, die sie hatten, sich wieder zu sehen. Die Gräfin von Olonne kam zuerst wieder nach Paris zurück. Der Graf von Guiche, der auch wieder vom [84] Hofe angekommen war, fieng an, dieser Schönen ziemlich häufige Besuche zu machen. Dieser Graf hatte während seiner Lyonerreise, denHerzog von Anjou, Bruder von Ludwig XIV., bei dem er sehr gut stand, beredet, nach seiner Rückkehr nach Paris mit der Gräfin von Olonne einen Liebeshandel anzuspinnen, und sich erbeten, ihm dabei behülflich zu seyn, ihm bald die Zustimmung zu bewirken. Der Prinz hatte versprochen, die nöthigen Schritte zu thun, so daß bei allen Unterredungen, die der Graf von Guiche mit der Gräfin von Olonne hatte, er nur von der Liebe des Herzogs von Anjou für sie sprach. Er sagte ihr, daß er sie mehr als hundertmal während der Reise zu erkennen gegeben habe und daß sie ihn gewiß würde seufzen sehen, sobald er zurückgekommen. Eine Frau, welche bürgerliche und Edelleute geliebt hatte, die Einen sehr schön, und die Andern sehr häßlich, konnte wohl einen schönen Prinzen lieben. Die Gräfin von Olonne empfieng den Vorschlag des Grafen von Guiche mit einer Freude, die man nicht ausdrücken kann, und mit einer so großen, daß sie nicht einmal die Zierereyen machte, [85] welche die Koketten gewöhnlich machen. Eine Andere hätte gesagt, daß sie niemand lieben wolle, aber noch weniger einen Prinzen, wer er auch sey, weil er keine Anhänglichkeit haben könne.

Die Gräfin von Olonne, welche die natürlichste von allen Frauen war, und die leidenschaftlichste, beobachtete den Wohlstand nicht, und erwiederte dem Grafen von Guiche, daß sie sich glücklicher als jemals schätzte, einem so großen und artigen Prinzen zu gefallen. Als der Hof nach Paris zurückgekommen war, entsprach der Herzog von Anjou den Bemühungen nicht, worauf die Gräfin von Olonne vom Grafen von Guiche war vorbereitet worden; sie dienten ihr nur einzusehen, daß dieser Prinz für sie blos Gleichgültigkeit habe.

Da der Graf von Guiche sah, daß derHerzog von Anjou nicht ins Netz gieng, änderte er sein Vorhaben, und wünschte wenigstens, daß die Dienste, welche er der Gräfin von Olonne hatte leisten wollen, ihm bei ihr zu etwas nützten, beschloß sich in sie zu verlieben, und weil der Verkehr, den er wegen der vermeintlichen Liebe des Herzogs [86] von Anjou unterhalten, ihm eine sehr genaue Gemeinschaft und Vertraulichkeit verschafft hatte, zögerte er nicht, ihr diesen Brief zu schreiben:

»Wir haben bisher vergebens gearbeitet, gnädige Frau! die Königin haßt Sie, und der Herzog von Anjou fürchtet, sie zu betrüben. Ich bin Ihrer Interessen wegen hierüber in Verzweiflung. Sie könnten mich wohl trösten, gnädige Frau, wenn Sie wollten, und ich beschwöre Sie es zu wollen; weil die natürliche Erbitterung der eigensinnigen Mutter, und die Schwachheit des Sohnes, alle meine Pläne vernichtet haben, muß man andere Maßregeln ergreifen. Lieben wir uns, gnädige Frau, dieß ist von meiner Seite schon geschehen; und wenn der Herzog von Anjou Sie geliebt hätte, so seh' ich wohl, daß ich mit ihm mich würde zerschlagen haben, weil ich der Liebe nicht hätte widerstehen können, die ich für Sie fühle. Ich zweifle nicht, gnädige Frau, daß der Unterschied Ihnen anfangs mißfällt, aber machen Sie sich von Ihrer Ehrsucht los, und Sie werden sich nicht so unglücklich fühlen, als Sie denken, und ich bin versichert, gnädige Frau, daß [87] wenn der Aerger Sie in meine Arme geführt hat, die Liebe Sie darin zurückhalten wird.«

Was man auch gegen die Frauen sagen mag, es ist oft mehr Unklugheit als Arglist in ihrem Betragen die Meisten denken nicht, wenn man mit ihnen von Liebe spricht, daß sie jemals lieben sollen. Sie geben indeß weiter, als sie denken; sie benehmen sich, als müßten sie immer grausam seyn, und bereuen es sehr, wenn sie leutseliger geworden sind. Das Nämliche widerfuhr der Gräfin von Olonne, sie fühlte einen unerträglichen Aerger ein Herz verfehlt zu haben, nachdem sie es unter ihre Eroberungen gezählt hatte, und da sie einen fand, an den sie sich halten konnte, um ihren Schmerz zu vergessen, fand sie es sehr wahrscheinlich zu glauben, daß der Graf von Guiche, seines eigenen Vortheils wegen, denHerzog von Anjou verhindert habe, sie zu lieben, so daß, um sich darüber zu rächen, und desPrinzen von Marsillac sich zu versichern, den diese ganze Intrique ausserordentlich beunruhigt hatte, sie ihm den Brief des Grafen von Guiche opferte, ohne zu überlegen, daß die Liebe vielleicht sie zu demselben [88] Verfahren mit den Briefen des Prinzen von Marsillac verbinden könnte. Dieser, dem die Gräfin von Olonne so viele Gunstbezeugungen erwies, gebrauchte sie wie ein Mann, der mit seiner Geliebten sehr zufrieden ist. Er dankte ihr tausendmal für ihre Aufrichtigkeit, und begnügte sich über seinen Nebenbuhler zu triumphiren, ohne daraus einen unbescheidenen Ruhm ziehen zu wollen.

Inzwischen ging der Graf von Guiche, der das Loos seines Briefes nicht wußte, am Sonntage zur Gräfin von Olonne; aber an diesem Tage kamen so viele Besuche hin, daß er mit ihr von der Sache nicht sprechen konnte. Er bemerkte nur, daß sie ihn fest angeschaut hatte, und von ihr weg, vertraute er alles der Gräfin von Fiesque, welcher er seit seiner Rückkehr von Lyon nichts verhehlte. Auch dem Herrn von Vineuil theilte er seine Angelegenheit mit, und beide urtheilten besonders über die Hinfälligkeit der Dame, und die Artigkeit des Chevalier, daß eine Bewerbung weder zu lang, noch vergeblich seyn würde, und in der That Frau von Olonne hatte den Grafen von Guiche so[89] wohlgestaltet gefunden, daß sie das dem Prinzen von Marsillac gebrachte Opfer bereute. Am andern Tage kam der Graf von Guiche wieder zu ihr und sprach von seiner Liebe, da er sie allein fand. Die Schöne war sehr erfreut darüber, und empfing diese Erklärung auf die gefälligste Weise von der Welt, aber nachdem sie überein gekommen sich zu lieben, wie sie es über gewisse Bedingungen waren, kamen Besuche, die den Grafen von Guiche bewogen, einen Augenblick darauf fortzugehen.

Die Gräfin von Olonne, welche sich gleichfalls von ihrer Gesellschaft losgemacht hatte, so bald sie konnte, stieg in den Wagen, und fuhr bei derGräfin von Fiesque vor; um zu erfahren, ob sie kein Interesse mehr an dem Grafen von Guiche nehme. Nach einigen Wechselreden über andere Gegenstände, fragte sie sie um Rath wegen der Absicht, welche, wie sie ihr sagte, der Graf von Guiche auf sie habe. Die Gräfin von Fiesque antwortete ihr, daß sie in einem solchen Falle nur ihr Herz um Rath fragen müsse. »Mein Herz sagt mir nicht viele Gründe zu Gunsten des [90] Grafen von Guiche, erwiederte die Gräfin von Olonne und meine Vernunft sagt mir tausend gegen ihn, er ist ein Unbesonnener, ich werde ihn niemals lieben.« – und indem sie dieß sagte, nahm sie von ihr Abschied, ohne eine Antwort zu erwarten.

Von einer andern Seite war der Graf von Guiche nach Hause gekehrt, wo er Herrn von Vineuil traf, der ihn mit äußerster Ungeduld erwartete, um den Stand seiner Angelegenheiten zu erfahren. Der Graf von Guiche sagte ihm ziemlich kalt, daß durch die Art, wie die Gräfin von Olonne ihn behandelte, alles abgebrochen sey, und da Herr von Vineuil die näheren Umstände der Unterredung wissen wollte, sprach der Graf von Guiche, aus Furcht sich zu verrathen, alle Augenblicke von etwas Anderem, was bei Herrn von Vineuil einigen Verdacht erregte, der fein und in dieGräfin von Olonne verliebt war, und der sich in die Angelegenheiten des Grafen von Guiche nur mischte, um sich bei seiner Geliebten durch die Sache in Gunst zu setzen, die er erfahren [91] hätte. Er gieng fort, da er sah, daß er ihn zu keinem Geständniß bringen könne, und war drei Tage lang in tödtlicher Unruhe, daß er nicht erfahren konnte was er wünschte. Mit dem Gesichte eines in Ungnade Gefallenen begab er sich zur Gräfin von Fiesque, seit dem er sah, daß der Graf von Guiche ihm keinen Theil mehr gab an der Ehre seines Vertrauens; er sagte dieser Schönen nichts davon, um sich um sein Ansehen nicht zu bringen, indem er sein Mißgeschick merken ließ. Endlich nach drei Tagen gieng er zumGrafen von Guiche, und sagte: »Was habe ich gethan, mein Herr, was Sie veranlaßt, mich so zu behandeln? Ich sehe wohl, daß Sie sich wegen der Angelegenheit der Gräfin von Olonne vor mir verbergen; sagen Sie mir den Grund davon, oder wenn Sie keinen haben, fahren Sie fort, mir zu sagen was Sie wissen, wie Sie es sonst gewohnt waren.«

»Ich bitte Sie um Verzeihung, mein armer Herr von Vineuil,« sagte der Graf von Guiche, aber die Gräfin von Olonne, indem sie mir die höchsten Gunstbezeugungen gewährte, hatte von mir verlangt, [92] daß ich Ihnen nichts davon sagen sollte, und der Gräfin von Fiesque noch weniger, als andern Leuten, weil Sie, sagte sie, ein schlimmer Mann sind, und die Gräfin von Fiesque eifersüchtig. Wie unbescheiden man auch sey, so giebt es doch keinen Liebeshandel, den man anfangs nicht geheim hielt, wenn man des Vertrauten entrathen kann, um zum Ziele zu kommen. Ich beweise es heute; denn natürlich erzähle ich gerne ein Liebesabentheuer, indeß ließ ich drei Tage vorübergehen, ohne Ihnen dieses zu erzählen, Ihnen, dem ich alles sagte. Aber gedulden Sie sich, mein Lieber, ich will Ihnen alles erzählen, was zwischen der Gräfin von Olonne und mir vorgegangen ist, und zwar mit den genauesten Umständen von der Welt, um einigermaßen die Kränkung wieder gut zu machen, die ich der Freundschaft zugefügt, die ich für Sie habe. Wissen Sie denn, daß bei dem ersten Besuche, den ich ihr machte, nachdem ich ihr den Brief geschrieben, den Sie sahen, in ihrer Miene mir weder Härte noch Milde erschien, und die Gesellschaft, die bei ihr war, hinderte mich, darüber näher mich aufzuklären. Alles was ich an [93] ihr bemerken konnte, ist, daß sie mich von Zeit zu Zeit von Kopf bis an die Füße betrachtete. Da ich sie am andern Tage allein fand, schilderte ich ihr meine Liebe sowohl, und drang so stark in sie, sie zu erwiedern, daß sie mir gestand, sie liebe mich, mir versprach, daß sie mir Beweise davon unter der Bedingung geben würde, die ich Ihnen gesagt habe. Sie wissen wohl, was ich ihr versprechen mußte, und in diesem Augenblicke hieß mich die Gräfin von Olonne am andern Tage ein wenig vor Anbruch der Nacht, als Mädchen verkleidet, kommen, welches ihr Spitzen zum Kaufe brächte. Nach Hause gekommen, fand ich Sie da, wie Sie wissen, und Sie konnten aus der Kälte, womit ich Sie empfing, wohl sehen, daß Jedermann mir lästig war, und vorzüglich Sie, mein Lieber, dem zu mißtrauen ich mehr Ursache hatte, als allen andern. Sie bemerkten es auch, und dieß ließ Sie argwohnen, daß ich Ihnen nicht Alles sagte. Als Sie fort waren, gab ich den Auftrag an meiner Thüre zu sagen, ich sey nicht zu Hause, und bereitete mich auf meine Maskerade für den andern Tag vor. Alles, was die Einbildungskraft [94] an Wonne vorausgeben kann, genoß ich vierundzwanzig Stunden lang. Die vier oder funf letzten dauerten nur länger als alle andern. Endlich war jene gekommen, die ich mit so viel Ungeduld erwartet hatte; ich ließ mich zurGräfin von Olonne tragen. Ich fand Sie im Nachthäubchen auf ihrem Bette, in einem rosenfarbenen Hauskleide. Ich vermag es nicht auszudrücken, mein Lieder, wie schön sie an diesem Tage war. Alles, was man davon sagen könnte, wäre unter ihren Reizen; ihr Busen war halb entblößt; ihre Haare waren mehr entfesselt als gewöhnlich, und in lauter Locken, ihre Augen glänzender als Sterne, und die Liebe belebte ihren Teint mit dem schönsten Roth der Welt. »Nun wohlan, mein Lieber,« sagte sie, »werden Sie mir Dank wissen, daß ich Ihnen die Mühe erspare, lange zu seufzen? finden Sie, daß ich Ihnen die Gunst zu theuer erkaufen lassen, die ich Ihnen erweise? Doch wie! Sie scheinen mir bestürzt.«

»Ach, gnädige Frau,« unterbrach ich sie, »ich wäre sehr gefühllos, wenn ich bei kaltem Blute bleiben könnte, in der Lage, worin Sie mich sehen.« [95] ›Aber darf ich versichert seyn,‹ sagte sie, ›daß Sie das Andenken an Frau von Beuvais und an dieGräfin von Fiesque verloren haben.‹ »Ja, sagte ich, Sie sehen wohl, daß ich beinahe mich selbst vergessen habe.« ›Ich fürchte nur die Zukunft, sagte sie, denn für jetzt betrüg' ich mich sehr, mein Lieber, wenn ich Sie an andere denken lasse, als an mich,‹ und als sie diese Worte gesprochen hatte, fiel sie mir um den Hals, und zog mich auf ihr Bett. Wir küßten uns tausendmal; sie wollte aber nicht dabei bleiben. Doch vergebens! Man muß sich kennen, Herr von Vineuil, und wissen, wozu man geeignet ist, was mich betrifft, seh' ich wohl, daß Damen nicht meine Sache sind; es war mir unmöglich mit Ehren mir aus der Sache zu helfen, welche Anstrengung auch meine Einbildungskraft machte, und die Gegenwart des schönsten Gegenstandes von der Welt.

›Was ist es denn mein Herr, sagte sie, was Sie in einen so traurigen Zustand versetzt? Ist's meine Person, die Ihnen Widerwillen erregt? Oder bringen Sie mir den Nachlaß einer andern?‹ Diese [96] Aeußerung beschämte mich so, daß sie mir vollends die Kräfte entzog, die mir blieben. »Ich bitte Sie, sagte ich, einen Elenden nicht mit Vorwürfen zu überhäufen, da ich sicher behext bin.« Anstatt mir zu antworten, rief sie ihrer Kammerfrau, und sagte ihr: ›Aber Guinette, sag mir die Wahrheit, wie seh' ich heute aus? Bin ich nicht unreinlich? Betrüge deine Gebieterin nicht, es ist etwas an meinem Anzuge, das nicht gut läßt.‹ Da Guinette nicht zu antworten wagte in dem Zorn, worin sie sie sah, entriß ihr die Gräfin von Olonne einen Spiegel, den sie hielt, und nachdem sie alle Zierungen gemacht hatte, die sie gewohnt war zu machen, wenn sie Jemand gefallen wollte, warf sie, um zu beurtheilen, ob mein Unvermögen ihre Schuld sey oder meine, ihren Rock ab, der ein wenig, zerknittert war, und ging hastig in ein Cabinett, das sich in dem Gange zwischen ihrem Bette und der Mauer befand. Was mich betrifft, der ich wie ein Verdammter war, so fragte ich mich selbst, ob alles was geschehen nicht ein Traum wäre, mit allen den Betrachtungen, die man in dergleichen Lagen machen kann. Ich ging in [97] die Wohnung des Manicamp, der, als ich ihm mein Abentheuer erzählt hatte, zu mir sagte: »Ich bin Ihnen sehr verbunden, mein Lieber, denn es geschah aus Liebe zu mir, daß Sie bei einer so schönen Frau gefühllos waren.« »Obgleich Sie vielleicht Ursache davon sind, erwiederte ich ihm, so hab' ich es doch nicht gethan, um Sie zu verbinden.«

»Ich liebe Sie sehr, fügte ich hinzu, aber ich gestehe Ihnen, daß ich Sie in diesem Falle vergessen hatte. Ich begreife eine so außerordentliche Schwäche nicht: ich glaube, indem ich die Kleidung eines Mannes ablegte, hab' ich auch die Kraft desselben ausgezogen.« Als ich zu sprechen aufhörte, brachte mir einer von meinen Leuten einen Brief von der Gräfin von Olonne, den ihm einer von ihren Dienern gegeben hatte; »hier ist er in meiner Tasche; ich will Ihnen denselben vorlesen,« und der Graf von Guiche, nachdem er ihn hervorgezogen hatte, las ihn dem Herrn von Vineuil:

»Wenn ich die Lüste des Fleisches sehr liebte, würde ich mich beklagen, getäuscht worden zu seyn; aber weit entfernt, mich darüber zu beklagen, bin [98] ich Ihrer Schwache Verbindlichkeit schuldig: sie ist Ursache, daß ich in der Abwesenheit der Vergnügungen, welche Sie mir nicht verschaffen konnten, deren andere durch die Einbildungskraft genoß, die länger gedauert, als jene, die Sie mir bereitet hätten, wenn Sie sich, wie ein anderer Mann würden benommen haben. Ich schicke jetzt, um zu erfahren, was Sie machen, ob Sie Ihre Wohnung erreichen konnten, denn ich habe Sie niemals in einem so schlimmen Zustande gesehen, als jener, worin ich Sie gelassen habe. Ich rathe Ihnen, Ihre Sachen in Ordnung zu bringen; mit so wenig natürlicher Wärme, wie ich sie an Ihnen sah, können Sie nicht lange leben. In der That, mein Herr, Sie bewegen mich zum Mitleiden, und welche Beschimpfung ich auch von Ihnen erlitt, so unterlasse ich doch nicht, Ihnen meinen guten Rath zu geben. Fliehen Sie Manicamp, wenn Sie klug sind; Sie könnten Ihre Gesundheit wieder erlangen, wenn Sie ihn eine Zeitlang nicht sähen; sicher kommt Ihre Schwäche von ihm; denn was mich betrifft, da mein Spiegel und mein Ruf [99] nicht lügen, so fürcht' ich nicht, daß man mich hierin beschuldigen könne.«

»Kaum hatte ich diesen Brief ganz gelesen,« fuhr der Graf von Guiche fort, als ich diese Antwort gab:

»Ich gestehe Ihnen, gnädige Frau, daß ich wohl schon Fehler gemacht habe, denn ich bin Mensch, und noch jung, aber ich habe nie einen größern gemacht, als jenen in der vergangenen Nacht; er ist nicht zu entschuldigen, und Sie können mich nicht verurtheilen, zu was es auch sey, was ich nicht wohl verdient habe. Ich habe gemordet, ich habe verrathen, ich habe Entheiligungen begangen, und für alle diese Verbrechen da haben Sie nur Strafen zu ersinnen. Wenn Sie meinen Tod wollen, will ich Ihnen meinen Degen bringen, wenn Sie mich nur zur Geißel verdammen, werde ich ganz nackt im Hemde zu Ihnen gehen. Erinnern Sie sich immer gnädige Frau, daß es mir an Kraft gebrach, nicht an Willen. Ich war wie ein braver Soldat ohne Waffen, wenn er in die Schlacht gehen muß. Ihnen zu sagen, gnädige Frau, woher dieß gekommen, bin ich sehr in [100] Verlegenheit; vielleicht ging's mir, wie jenen, welchen die Eßlust vergeht, wenn sie zu viel zu essen haben; vielleicht, daß die Einbildungskraft die natürliche Kraft verzehrt hat. Sehen Sie, gnädige Frau, was es heißt, so große Liebe einzuflößen; eine mittelmässige Schönheit würde die Ordnung der Natur nicht gestöret haben und befriedigter gewesen seyn. Leben Sie wohl gnädige Frau, ich habe Ihnen nichts weiter zu sagen, außer daß Sie mir vielleicht das Vergangene verzeihen werden, wenn Sie mir Gelegenheit geben, es künftig besser zu machen. Ich bitte hiezu nicht um mehr Zeit, als bis morgen zur nämlichen Stunde wie gestern.«

Nachdem ich durch einen meiner Lakayen diese schönen Versprechungen, jenem der Gräfin von Olonne, welcher auf die Antwort wartete, geschickt hatte, ging ich zur nämlichen Stunde hin, nicht zweifelnd, daß meine Anträge gut aufgenommen worden. Aber zuvor wollte ich für meine Person besondere Sorge tragen. Ich badete mich, ließ mich reiben mit Essenzen und wohlriechenden Wassern, ab frische Eier und Untertheile der Artischocken, trank [101] ein wenig Wein, dann ging ich funf oder sechsmal im Zimmer auf und ab, und legte mich auf's Bett. Ich hatte im Sinne, meinen Fehler gut zu machen, und da ich endlich frisch an Körper und Geist aufgestanden war, aß ich sehr frühzeitig zu Mittag, eben so leicht, als ich zu Nacht gespeiset, und nachdem ich den Nachmittag damit zugebracht hatte, meinem kleinen Liebesboten Aufträge zu geben, begab ich mich zur Gräfin von Olonne zur nämlichen Stunde wie das letztemal. Ich fand sie wieder auf ihrem nämlichen Bette, was mir einige Furcht einjagte, daß es mir Unglück bringen möchte; doch da ich mich endlich so gut als möglich ermannt hatte, warf ich mich ihr zu Füßen. Sie war halb entkleidet, und hielt einen Fächer, womit sie spielte. Sobald sie mich sah, erröthete sie ein wenig, sicher in der Erinnerung an den Schimpf, den sie am vorigen Abende erlitten. Das Erste, was sie that, war, den Fächer vor ihre Augen zu halten, und dieß hatte sie eben so kühn gemacht, als wäre eine Mauer zwischen uns beiden gewesen. »Nun denn, sagte sie, armer Gelähmter, sind Sie heute ganz[102] vollständig gekommen?« ›Ach, gnädige Frau, sagte ich, sprechen wir nicht mehr von dem Vergangenen,‹ – und warf mich hierauf mit Ungestüm in ihre Arme; ich küßte sie tausendmal, und hat sie, sich ganz ohne Hülle sehen zu lassen. Nach geringerem Widerstande, den sie leistete, um meine Begierden zu steigern und mehr um die Sittsamkeit zu heucheln, welche den Frauen so gut läßt, als aus irgend einem Mißtrauen auf sich selbst, erfüllte sie diese Bitte. Ich sah einen gesunden Körper im schönsten Ebenmaße von der Welt, und ganz strahlend von Weiße; hierauf fing ich wieder an sie zu umarmen; schon rauschten unsere Küsse, schon drückten unsere ineinander geschlungenen Arme die letzten Zärtlichkeiten der Liebe aus, schon bewirkte die Verschmelzung unserer Seelen die Vereinigung unserer Körper, als sie den armseligen Zustand gewahrte, worin ich war. Als sie nun sah, daß ich fortfuhr sie zu beschimpfen, dachte sie nur mehr auf Rache. Es gibt keine Schimpfreden, die sie nicht gegen mich ausstieß; sie machte mir die deftigsten Drohungen von der Welt. Was mich betrifft, ohne mich auf Bitten oder Klagen einzulassen, [103] weil ich wußte, was ich verdient hatte, ging ich hastig von ihr weg, und nach Hause, wo ich mich auf das Bett warf, und meinen Zorn gegen die Ursache meines Mißgeschickes wendete, das mir in dem Alter von zwei und zwanzig Jahren die Gebrechlichkeiten des Greisenalters aufbürdete. Aber vergebens ließ mein Zorn mich so sprechen.

Ich brachte den Rest der Nacht in tödtlicher Unruhe zu; ich wußte nicht, sollte ich der Gräfin von Olonne schreiben, oder durch einen unvorhergesehenen Besuch überraschen. Nach langer Unschlüssigkeit, wählte ich endlich Letzteres, auf die Gefahr hin, einige Hindernisse meiner Freuden zu finden; aber ich war glücklich genug, sie bei Anbruch der Nacht allein zu treffen. Sie hatte sich in's Bett gelegt, als ich von ihr ging, und in das Zimmer tretend, sagte ich: »Gnädige Frau, ich will zu Ihren Füßen sterben, oder Sie versöhnen; zürnen Sie nicht, ich bitte Sie, als wüßten Sie nicht, daß ich es verdiene.« Die Gräfin von Olonne, welche eben so sehr, wie ich, ein ähnliches Mißgeschick fürchtete, wie die vorausgegangenen, hütete sich, durch [104] Vorwürfe mit Schrecken einzujagen, im Gegentheile, sie sagte mir alles was sie konnte, um das Vertrauen auf mich selbst wieder herzustellen, das ich beinahe verloren hatte, und in der That, wenn ich zwei Tage früher behext war, wie ich's gesagt hatte, so brach ich den Zauber das dritte Mal. Sie können sich denken, mein Lieber, fügte derGraf von Guiche hinzu, daß sie mir keine Schimpfworte sagte, indem ich sie verließ, wie sie es an den andern Tagen gemacht hatte. Dieß ist der Stand meiner Angelegenheiten, und ich bitte Sie, sich zu stellen, als wüßten Sie nichts davon.« –

Der Graf von Guiche ging zur Gräfin von Fiesque, der er unter andern Dingen sagte, daß er sich mit der Gräfin von Olonne nicht mehr einlassen werde.

Dieser Anbeter war nicht lange bei seiner neuen Geliebten, als der Prinz von Marsillac es bemerkte. Welche Mühe er sich auch gab, diesen zu täuschen, und so wenig Verstand er auch hatte, die Eifersucht, welche gewöhnlich die Schlauheit ersetzt, ließ ihn an ihr weniger Zuthulichkeit für ihn entdecken, [105] als sie gewohnt war, so daß, nachdem er sich anfangs gegen sie sanft und dann ein wenig bitterer beklagt hatte, zuletzt aber sah, daß sie es deßwegen umso weniger thät, er sich entschloß an seinem Nebenbuhler und seiner Geliebten auf einmal sich zu rächen. Er gab also allen seinen Freunden die Briefe der Gräfin von Olonne und bat Sie, sie überall zu zeigen, und da er wußte, daß die Prinzessin Leonore den Grafen von Guiche sehr hasse, gab er ihr den Brief, den er seiner Geliebten geschrieben, worin er von der Königin und demHerzoge von Anjou sehr übel sprach. Das Erste, was die Prinzessin that, war, diesen Brief dem Prinzen zu zeigen, indem sie glaubte, ihn um so mehr gegen jenen aufzureizen, da sie wußte, daß der Prinz ihn sehr liebe. Inzwischen war er nicht so erzürnt, wie die Prinzessin gehofft hatte; er begnügte sich, Estebar zu sagen, daß sein Vetter ein Undankbarer sey, und daß er ihm niemals Veranlassung gegeben habe, auf solche Weise von ihm zu sprechen; daß seine ganze Rache sich darauf beschränken würde, für ihn nicht mehr dieselbe Achtung [106] zu haben, wie früherhin, die Königin aber, wenn sie die Art wüßte, auf welche er von ihr spreche, nicht so viele Rücksicht hätte, wie er.

Die Prinzessin, nicht zufrieden, am Prinzen so viele Güte für den Graf von Guiche zu sehen, entschloß sich, mit der Königin davon zu sprechen, und da sie ihr Vorhaben Jemand eröffnete, hat sie derMarschall von Grammont, davon in Kenntniß gesetzt, seinem Sohne nicht zu nahe zu treten. Sie versprach es ihm, und hielt auch Wort. Diese große Prinzessin war stolz und verzieh nicht leicht Leuten, welche die, ihrer hoben Geburt und ihrem außerordentlichen Verdienste schuldige Achtung nicht für Sie hatten; war Sie aber einmal überzeugt, daß man Sie liebe, so war Niemand so gut, wie Sie. Während der Marschall von Grammont und seine Freunde und das Aufsehen zu dämpfen trachteten, welches der Prinz von Marsillac mit dem Briefe des Grafen von Guiche gemacht hatte, vernahm man, daß die Gräfin von Olonne nachstehenden zeigte, um eine Heirath zu hintertreiben, welche das Glück des Prinzen von Marsillac machte.

[107] »Denken Sie nicht an den Zwang, gnädige Frau, worin ich mich befinde? Zwei oder dreimal in der Woche muß ich dem Fräulein von la Roche einen Besuch machen, damit ich ihr sage, wie sehr ich sie liebe, und ihr Stunden gebe, die ich nur benützen sollte, Sie zu sehen, Ihnen zu schreiben, und an Sie zu denken. In welcher Lage ich auch seyn möge, wäre es mir eine große Pein, ein Kind unterhalten zu müssen, aber jetzt, da ich nur für Sie lebe, können Sie sich wohl denken, daß dieß der Tod für mich ist. Was mich einigermaßen zur Geduld bestimmt, ist, daß ich hoffe, mich an ihr zu rächen, indem ich sie heirathe, ohne sie zu lieben, und hernach, wenn ich den Unterschied zwischen Ihnen und ihr näher sehe, Sie Lebenslang lieben werde, mehr noch, wenn es möglich ist, als ich Sie bisher geliebt habe.«

Dieß überraschte anfangs Jedermann; bisher hatte man unbescheidene Liebhaber gesehen, und noch keine solche Liebhaberinnen; man konnte sich nicht vorstellen, daß eine Frau, um sich an einem Manne zu rächen, den sie nicht liebte, sich selbst überweisen[108] half. Diese Unbesonnenheit machte doch nicht jene Wirkung, welche die Gräfin von Olonne sich versprochen hatte; der Herr von Linancourt, Großvater des Fräuleins von la Roche, wohl wissend, daß die Gräfin von Olonne ihn gegen den Prinzen von Marsillac erbittern wollte, antwortete jenen, die mit ihm von diesem Briefe sprachen, »daß, außer der Sünde gegen Gott, der Prinz von Marsillac nichts Bessers thun könne, jung wie er sey, als sich darauf zu legen, das Herz einer so schönen Dame zu gewinnen, wie die Gräfin von Olonne; daß man nicht erst jetzt anfange, die Frauen in den Schlafgemächern der Geliebten herabzusetzen, daß aber, weil die Leidenschaft für sie weit heftiger sey, als für jene, sie gewöhnlich nicht so lange dauere, wie zum Beispiel jene des Prinzen von Marsillac, für die Gräfin von Olonne, die nun erloschen sey;« dieß hintertrieb also nicht die Angelegenheiten des Prinzen von Marsillac, wie sie gehofft halte, es bestätigte nur, was man von ihr sagen konnte, und benahm ihren Freunden die Mittel, sie zu vertheidigen.

[109] So standen die Sachen, und der Graf von Guiche war zum Scheine Meister geblieben, als er eines Tages die Gräfin von Fiesque besuchte, die nach einigen allgemeinen Aeußerungen ihn bat, dem Abbé Fouquet in ihrem Namen für einen Dienst zu danken, den sie von ihm erhalten zu haben vorgab, aber die Verbindlichkeit sehr zu vergrößern, die sie ihm schuldig sey. Da er eine von den vornehmsten Personen dieser Geschichte ist, so möchte es zu rechter Zeit seyn, ihn zu schildern.

Der Abbé Fouquet, Bruder der Prokurators des Königes, Großschatzmeister von Frankreich, war seiner Abkunft nach aus einer Richterstands-Familie vor seiner Erhebung, aber seitdem Edelmann. Wie der König hatte er blaue und lebhafte Augen, eine große Stirne, ein etwas vorgeschobenes Kinn, ein flaches Gesicht, kastanienhellbraune Haare, einen mittelmäßigen Wuchs, und sah gemein aus. Er hatte Verstand und wußte nicht zu leben, eine blöde und verlegene Miene, und das von seinem Berufe entfernteste Betragen von der Welt. Er war thätig, ehrgeizig und hochmüthig mit Leuten, die er nicht [110] kannte, aber der wärmste und beste Freund, den es auf der Welt gab; er hatte sich darauf eingelassen zu lieben, mehr des Ruhmes als der Liebe wegen; später aber war die Liebe Meisterin geblieben. Die erste Frau, die er geliebt hatte, war Bellamire, aus dem Hause Lothringen, von der er sehr geliebt wurde. Die andere war Frau von Chastillon, die bei den Gunstbezeigungen, die sie ihm erwiesen, weit mehr ihren Vortheil als ihr Vergnügen berücksichtiget hatte. Da sie die außerordentlichste Frau in Frankreich war, müssen wir den Verlauf ihres Lebens sehen.


Ende der Geschichte der Gräfin von Olonne.

Fußnoten

1 So hieß ein damals beliebter spanischer Tanz.

[111] Geschichte des Herrn und der Frau
von Chastillon.

Frau von Chastillon, Tochter des Herrn vonBouteville, der enthauptet wurde, weil er sich im Zweikampfe geschlagen gegen das Verbot des Vaters von Ludwig XIV., Frau des Herrn von Chastillon, hatte schwarze und lebhafte Augen, eine kleine Stirne, eine wohlgeformte Nase, einen rothen, kleinen und aufgeworfenen Mund, einen Teint, wie er ihr gefiel, aber gewöhnlich wollte sie ihn weiß und roth; sie hatte ein bezauberndes Lächeln, welches die Zärtlichkeit bis auf den Grund der Herzen aufregte. Sie hatte sehr schwarze Haare, einen großen Wuchs, ein schönes Aeußere, lange, magere und schwarze Hände, Arme von der nämlichen Farbe und viereckig, was zu argen Folgerungen auf das führte, was man nicht sah; sie [112] hatte einen sanften, übereinstimmenden, einschmeichelnden und erfinderischen Geist; sie war untreu, eigennützig und ohne Freundschaft. Inzwischen, wie sehr sie auch von ihren schlimmen Eigenschaften eingenommen war, so war es doch, wenn sie gefallen wollte, nicht möglich sich zu enthalten, sie zu lieben; sie hatte Eigenthümlichkeiten, welche bezauberten, und wieder andere, welche Jedermanns Verachtung auf sich zogen. Für Geld und Ehrenbezeugungen hätte sie sich entehrt, und Vater, Mutter und Liebhaber aufgeopfert. Herr von Chastillon wurde nach dem Tode seines Vaters Irondat und seines ältesten Bruders in Frau von Chastillon verliebt, und weil der Prinz von Condé sich auch in sie verliebte, bat ihn Herr von Chastillon, von seiner Liebe abzustehen, weil er nur Galanterie zum Zwecke habe, und er auf eine Heirath denke. Der Prinz von Condé, Verwandter und Freund des Herrn von Chastillon, konnte seine Bitte schicklicherweise nicht ablehnen, und weil seine Liebe erst im Entstehen war, hatte er nicht viele Mühe, sich davon loszumachen, und versprach dem Herrn von Chastillon nicht nur, daß er nicht [113] mehr daran denken, sondern auch, daß er ihm in dieser Sache gegen den Marschall seinen Vater und gegen seine Verwandten nützlich seyn werde, die sich dagegen erklärten. Und in der That, trotz den Rathschlüssen und allen Hindernissen, die der Marschall, sein Vater dagegen aufbringen konnte, stand der Prinz von Condé dem Herrn von Chastillon so gut bei, den man damals Herr von Chastillon nannte, durch den Tod seines Bruders, daß er ihm Frau von Chastillon entführen half, und ihm zwanzigtausend Livres zu seinem Lebensunterhalte lieh. Herr von Chastillon führte seine Geliebte nach Chateau Thierry, wo er die Ehe vollzog. Von da gingen sie nach Stenai, einem Sicherheitsorte, das der Prinz von Condé, dem es gehörte, ihnen zum Aufenthalt gegeben hatte. Aber sei's, daß Herr von Chastillon seine Frau nicht so wohl gestaltet fand, als er sie sich vorgestellt hatte, sey's, daß die Liebe, von der er befriedigt war, ihm Muse gab, über den schlimmen Stand seiner Angelegenheiten Betrachtungen zu machen, sey's, daß er fürchtete, seiner Frau das Uebel mitgetheilt zu haben, woran er litt, am folgenden [114] Tage nach seiner Vermählung erfaßte ihn ein entsetzlicher Unwille, der, während er in Stenai war, dergestalt fortwährte, daß er nicht mehr aus den Wäldern herausging, wie ein Wilder. Zwei oder drei Tage darnach ging er zum Heere, und seine Gattin in ein Nonnenkloster gegen zwei Meilen von Paris. Da war es, wo Vascovin, der seine Noth kannte, ihm tausend Pistolen schickte, und Herr von Vineuil zweitausend Thaler, die man ihnen noch schuldig ist, obwohl Frau von Chastillon reich ist, und dieß Geld zu ihrem Nutzen verwendet wurde.

Da der Mangel des Alters des Herrn von Chastillon, als er die Frau von Chastillon heirathete, seine Ehe ungültig machte, und er bei seiner Rückkehr volljährig war, fertigte man einen Heiraths Vertrag im Pallaste, den der Prinz von Condé in Paris hatte, vor allen Verwandten der Frau vonChastillon, und endlich wurden sie zu Notre-Dame vom Herrn Coadjutor getraut. Wenige Tage darnach fühlte sich Frau von Chastillon unväßlich, und reisete in's Bad, wo der Herzog von Nemours sie traf, und in sie verliebt wurde. [115] Dieser Herzog hatte sehr blonde Haare, eine wohlgeformte Nase, einen kleinen Mund und von schöner Farbe, den hübschesten Wuchs von der Welt, und in seinen geringsten Geberden eine Anmuth, die man nicht genug bewundern konnte, einen sehr muntern und scherzhaften Geist. Die Freiheit sich zu jeder Stunde zu sehen, welche die Gewohnheit in Badeorten eingeführt hat, gab dem Herzoge von Nemours tausend Gelegenheiten, seine Liebe seiner Geliebten zu erkennen zu geben; da er wußte, daß man niemals einen Liebeshandel geordnet hat, ohne eine mündliche oder schriftliche Erklärung zu machen, entschloß er sich, davon zu sprechen. Eines Tages, da er allein bei ihr war, sagte er: »Es ist länger als eine Woche, gnädige Frau, daß ich unschlüssig damit umgehe, Ihnen zu sagen, was ich für Sie fühle, und wenn ich zuletzt mich entschließe, mit Ihnen davon zu sprechen, dann geschieht es, nachdem ich alle jene Schwierigkeiten eingesehen, die ich bei diesem Vorhaben finden kann. Ich gehe mir Unrecht, gnädige Frau, und aus diesem Grunde sollte ich nicht hoffen; überdieß heirathen Sie einen geliebten Anbeter; es ist ein [116] schwieriges Unternehmen, ihn aus Ihrem Herzen zu verdrängen, und sich an seine Stelle zu setzen. Indeß, ich liebe Sie, gnädige Frau, und sollten Sie, um nicht undankbar zu seyn, sich des nämlichen Grundes gegen mich bedienen, so gesteh' ich Ihnen, daß dieß mein Gestirn und nicht meine Wahl ist, was mich verpflichtet, Sie zu lieben.«

Frau von Chastillon hatte nie so viele Freude gefühlt, als diese Rede ihr machte; auch schien ihr dieser Herzog so liebenswürdig, daß wenn es Sitte gewesen wäre, daß die Frauen zuerst von ihrer Liebe sprechen, diese nicht so lange gewartet hätte, wie ihr Liebhaber; aber die Furcht, nicht geziert genug zu scheinen, machte sie so sehr verlegen, daß sie eine Zeitlang nicht zu antworten wußte. Zuletzt sich anstrengend, um zu sprechen, und die Verwirrung zu verhehlen, welche ihr Schweigen bezeugte, sagte sie: »Sie haben recht, mein Herr, mit allen erdenklichen Umständen, zu glauben, daß ich meinen Gatten sehr liebe, aber Sie verlangen wohl, daß man sich die Freiheit nehme, Ihnen zu sagen, daß Sie Unrecht haben in Bezug auf Ihren Punkt, so viele Bescheidenheit zu beobachten [117] und wäre man in der Lage, die Güte zu erkennen, die Sie für die Leute haben, so würden Sie sehen, daß sie Sie mehr schätzen, als Sie glauben.« »Gnädige Frau, versetzte der Herzog von Nemours, es liegt nur an Ihnen, daß ich der rechtschaffenste Mann von Frankreich bin.« Kaum hatte er geendet, als die Gräfin von Mora in das Zim mer trat, vor welcher er das Gespräch ändern mußte. Obgleich diese beiden Liebenden ihre Fassung nicht verloren, ließ ihre Zerstreuung, ihre Verlegenheit, diese Dame schließen, daß ihre Angelegenheit weiter vorgerückt als sie war, und dieß war Ursache, daß sie sich anschickte, ihren Besuch abzukürzen, als ihr der Herzog von Nemours zuvorkam. Dieser verliebte und bescheidene Prinz, wohl wissend, daß er vor einer so hellsehenden Frau, wie die Gräfin von Mora war, eine üble Rolle spiele, ging fort, und nach Hause, wo er ihr diesen Brief schrieb:

»Ich gehe von Ihnen, gnädige Frau, um mehr bei Ihnen zu seyn, als ich es war. Die Gräfin von Mora beobachtete mich, und ich wagte es nicht. Sie anzublicken, ich fürchtete selbst, da sie gewandt [118] ist, daß diese Ziererei mich entdecken möchte. Denn, gnädige Frau, man weiß so wohl, daß man Sie anschauen muß, wenn man bei Ihnen ist, daß man glaubt, wer Sie nicht anschaut, gehe dabei mit Arglist um. Wenn ich Sie jetzt nicht sehe, gnädige Frau, so bemerkt man wenigstens nicht, daß ich liebe, und ich habe die Freiheit, meine Liebe niemand wissen zu lassen, als Ihnen; aber wie glücklich wär' ich, könnt' ich Sie überzeugen, auf welchem Punkte sie ist! Und wie ungerecht würden Sie in diesem Falle seyn, gnädige Frau, wenn Sie nicht einige Güte für mich hätten!«

Frau von Chastillon fühlte sich sehr erschüttert, als sie diesen Brief gelesen hatte. Sie wußte nicht, welche Partie sie ergreifen sollte, die der Milde oder der Strenge; diese konnte sie das Herz ihres Geliebten verlieren machen, jene seine Achtung, und beide ihn verscheuchen. Endlich entschloß sie sich zum Schwersten, als dem Ehrbarsten, und was auch ihr Herz ihr sagte, sie wollte lieber thun, was ihre Vernunft ihr rieth. Sie gab dem Herzoge von Nemours keine Antwort, und als er am andern Tage [119] in ihr Zimmer trat, sagte sie: »Wollen Sie eine neue Beleidigung zufügen, mein Herr, weil die Laune so sanft ist, wie das Gesicht? Glauben Sie, daß es nichts braucht, als den Leuten nachzustellen? Wenn man nur hart seyn muß, um Ihre Achtung zu erhalten, so schätzt man Sie hoch genug, um sich einige Zeit Gewalt anzuthun. Ja, mein Herr, man wird grausam seyn, und ich sehe wohl, daß man es mit Ihnen seyn muß.« Diese Worte waren ein Donnerschlag, gefallen auf diesen armen Liebhaber. Die Thränen kamen ihm in die Augen, und seine Thränen sagten ihr besser als alles, das, was er sagen konnte. Nachdem er einen Augenblick verweilte, ohne zu sprechen, erwiederte er: »Ich bin in Verzweiflung, gnädige Frau, Sie in Zorn zu sehen, und ich möchte todt seyn, weil ich Ihnen mißfallen habe; Sie sehen in der Rache, gnädige Frau, die ich der Kränkung wegen, die Sie empfingen, zu nehmen beschlossen habe, daß Ihre Interessen mir theurer sind, als meine eigenen; ich gehe so weit von Ihnen, gnädige Frau, daß meine Liebe sie nicht mehr belästigen wird.« »Das ist's nicht, um was [120] ich Sie bitte, unterbrach ihn diese Schöne; Sie können wohl, ohne mich zu betrüben, noch hier bleiben; kennen Sie mich denn nicht sehen ohne mir zu sagen, daß Sie mich lieben, oder wenigstens ohne mir's zu schreiben?« »Nein, gnädige Frau,« erwiederte er, das ist mir durchaus unmöglich. »Wohlan, mein Herr, sehen Sie mich also, versetzte Frau von Chastillon, ich bin damit zufrieden, aber bemerken Sie alles, was man für Sie thut.« »Ach, gnädige Frau, unterbrach sie der Herzog von Nemours, indem er sich ihr zu Füßen warf, wenn ich Sie anbetete als eine ganz Grausame, die Sie waren, urtheilen Sie, was ich thun werde, wenn Sie sanft seyn werden; ja, gnädige Frau, urtheilen Sie darüber, wenn es Ihnen gefällt, denn ich kann Ihnen nicht ausdrücken, was ich fühle.« Diese Unterhaltung endigte nicht, wie sie angefangen hatte, Frau von Chastillon enthielt sich, die ganze Strenge zu bewahren, die sie sich gelobt hatte, und erhielt dieser Herzog keine großen Gunstbezeugungen, so hatte er doch Ursache zu hoffen, nicht gehaßt zu werden. In [121] dieser Zuversicht, so wie er zu Hause ankam, schrieb er an seine Geliebte:

»Da Sie mir gesagt haben. Sie seyen es zufrieden, daß ich Sie besuchte, weil er mir unmöglich war, Sie zu sehen, ohne Ihnen zu sagen, daß ich Sie liebe, oder wenigstens ohne es Ihnen zu schreiben, muß ich Ihnen schreiben, mit dem Vertrauen, daß mein Brief nicht übel aufgenommen werde. In zwischen zittere ich, gnädige Frau, und die Liebe, die niemals ohne Furcht ist, zu mißfallen, erregt in mir die Einbildung, daß Sie Ihre Empfindung seit drei Stunden geändert haben könnten. Erweisen Sie mir die Huld, gnädige Frau, mich darüber durch zwei Zeilen aufzuklären. Wenn Sie wüßten, mit welcher Inbrunst ich sie wünsche, und mit welchem Entzücken ich sie empfangen werde, würden Sie dieser Huld nicht unwürdig erachten.«

Frau von Chastillon hatte kaum diesen Brief empfangen, als sie ihm diese Antwort gab:

»Warum soll man verändert seyn, mein Herr? Aber, mein Gott, wie sind Sie andringlich! Sind Sie nicht zufrieden, Ihre Kräfte zu kennen, ohne [122] auch noch über fremde Schwäche triumphiren zu wollen?«

Der Herzog von Nemours empfing dieses Briefchen mit einer Freude, die ihn fast außer sich brachte; er küßte es hundertmal und konnte nicht aufhören, es wieder zu lesen. Indeß stieg die Liebe dieser Liebenden mit jedem Tage, und Frau von Chastillon, die ihr Herz schon übergeben hatte, vertheidigte das Uebrige nur, um es durch Erschwerung erheblicher zu machen. Da endlich die Zeit der Brunneneur vorüber war, mußten sie sich trennen, und obwohl Beide nach Paris zurückkehrten, so urtheilten doch beide richtig, daß Sie sich nicht mehr mit so vieler Bequemlichkeit sehen wurden, wie sie in Bourbon hatten. Bei dem Anblicke dieser Schwierigkeiten war ihr Abschied schmerzlich; der Herzog von Nemours gab seiner Geliebten mehr durch die Thränen, dir er vergoß, Versicherungen, als durch das, was er ihr sagte, und die Gewalt, welche Frau von Chastillon sich anzuthun schien, um nicht zu weinen, machte die nämliche Wirkung auf den Geist ihres Liebhabers. Sie schieden sehr traurig, aber sehr überzeugt, daß sie [123] sich innig liebten, und immer lieben würden. Den übrigen Herbst hindurch sahen sie sich wenig, weil sie beobachtet wurden, aber sie schrieben sich sehr oft.

Zu Anfang des Winters nöthigte der Bürgerkrieg, der sich zu entzünden begann, Ludwig XIV. Paris ziemlich schnell zu verlassen, und sich in das Schloß Pec zu begeben. Zu dieser Zeit starb der Marschall, Vater des Herrn von Chastillon, und der Prinz von Condé damals der Arm des Cardinals, erhielt das Patent als Herzog und Pair für seinen Vetter, den Herrn von Chastillon. Die Truppen rückten von allen Seiten an, man schloß die Stadt ein, der Hof schien nicht so traurig, und die Höflinge und Kriegsleute waren entzückt über den schlechten Stand der Dinge; der Cardinal allein, der sie zu Grunde richten konnte, verhehlte einen Theil davon der Königin, und das Ganze dem jungen Ludwig XIV., mit dem man vom Kriege nur sprach, um ihm die Fehler der Rebellen zu sagen, und den man die übrige Zeit hindurch mit Kurzweile ergötzte, wie sie seinem Alter angemessen war. Unter den Personen, mit welchen er gerne spielte, nahm [124] Frau von Chastillon den ersten Platz ein, weswegen Prospere die Liedesstrophe unter dem Namen ihres Gatten machte.


»Chastillon, büte deine Reize« etc.


Bei diesen kleinen Spielen verlor der Herzog vonNemours seine Zeit nicht, und selten war es dabei der Fall, daß nicht Frau von Chastillon und er Beweise ihrer Liebe gaben, aber in dem Maße, als diese Leidenschaft wuchs, machte es ihre Klugheit nicht eben so; man bemerkte, daß sie sich immer einander gegenüber setzten, und so, daß sie heimlich miteinander reden konnten, im Blindekuhspiele, wenn eine Person die Augen verbunden hatte, eine andere sich überlieferte, damit man diejenige zu erkennen suche, die man ergriffen, hatte er einen Vorwand, sie überall zu befühlen; kurz es gab keine Art von Spiel, wo die Liebe sich nicht Mittel finden ließ, sich Zärtlichkeiten zu erweisen.

Herr von Chastillon, den die Gemüthsart seiner Frau nöthigte, sie zu beobachten, merkte etwas von dem Einverständnisse des Herzogs von Nemours [125] mit ihr; die Ehre mehr als die Liebe ließ ihn diese Beleidigung mit äußerster Ungeduld aufnehmen, er sprach davon mit einem seiner Freunde, der seinen Unwillen vollkommen theilend, wie er ihn theilen mußte, mit Frau von Chastillon darüber sprach; der Dienst, sagte er zu ihr, den ich dem Hause ihres Herrn Gemahls gewidmet habe, verpflichtet mich, Ihnen eine Nachricht zu geben, die für Sie von Folge ist. Schön wie Sie sind, gnädige Frau, ist es nicht möglich, daß Sie nicht sollten geliebt werden, und da Ihre Absichten sicher gut sind, geben Sie nicht genug Achtung auf Ihre Handlungen; die meisten Frauen, die Sie beneiden, und die Männer, welche auf den Ruhm Ihres Herrn Gemahls eifersüchtig sind, finden sich veranlaßt, alles was Sie thun, zu mißdeuten. Ihr Herr Gemahl selbst hat bemerkt, daß Ihr Betragen, obwohl mehr unklug als verbrecherisch, so beschaffen ist, daß es Ihnen vor der Welt schadet, und ihm Kummer verursacht. Sie wissen, wie eifersüchtig er auf seine Ehre ist, und wie sehr er in dieser Hinsicht das Gespötte fürchten würde, ich gebe Ihnen davon Nachricht, und bitte Sie unterthänigst, [126] darauf Rücksicht zu nehmen; denn wenn Sie sich auf die Reinheit Ihres Bewußtseyns verlassen, und zu sehr Ihren Ruf vernachläßigen, könnte Ihr Herr Gemahl zu Gewaltthätigkeiten gegen Sie sich anschicken, welche Sie nicht mehr in der Lage ließen, ihm Ihre Unschuld darzuthun.

»Was Sie sagen, mein Herr,« erwiederte Frau vonChastillon, »darf mich nicht überraschen; der Herr Herzog hat mich frühzeitig an seine Launen gewöhnt; von dem Tage nach meiner Verehelichung an, ergriff ihn eine so wüthende Eifersucht wegen Vascovin, der zu meiner Entführung behülflich war, daß er sie nicht verhehlen konnte, und doch kann man ihm keinen geringern Anlaß dazu geben; beute, sehen Sie, fängt er an, Verdacht zu schöpfen, ich wüßte nicht zu errathen wegen wessen; ich kann nur sagen, daß ich zweifle, ob sein Geist hierüber Ruhe hätte, wenn ich auf dem Lande wäre, und niemand sähe, als meine Diener.«

»Ich lasse mich, gnädige Frau, versetzte dieser Freund, auf kein weiteres Detail mit Ihnen ein; ich weiß selbst nicht, ob Ihr Herr Gemahl darauf [127] Rücksicht nimmt, wenn er mir bezeugt, daß er mit Ihnen nicht zufrieden ist; Sie können aber nach dem, was ich Ihnen sage, Maßregeln für Ihr Betragen ergreifen;« – und als er hierauf sich empfohlen hatte, ließ er sie in einer entsetzlichen Unruhe. Sogleich setzte sie den Herzog von Nemours davon in Kenntniß, mit dem sie beschloß, daß sie sich mehr als früherhin Gewalt anthun wollten.

Inzwischen glaubte der Prinz von Condé, der an nichts dachte, als das Volk von Paris durch eine Hungersnoth zu bändigen, und den Senat Preis zu geben, der auf den Kopf des Cardinals einen Preis gesetzt hatte, daß eines von den Mitteln, welche den Erfolg soweit fördern könnten, die Wegnahme von Bouchemat wäre, das Clanleu mit sechs oder sieben hundert Menschen bewachte, an deren Spitze Monsieur, Oheim des Königes, Generallieutenant seiner Regentschaft, sich stellen wollte, und griff Bouchemat von drei Seiten an. Da bei den Zugängen nur ziemlich schlechte Verschanzungen waren, hielt es für die Truppen Ludwig XIV. nicht sehr schwer, sie zu erstürmen. Aber Herr von Chastillon, derben Angriff [128] unter dem Prinzen von Condé befehligte, die Feinde tapfer zurücktreibend, wurde im Unterleibe von einem Musketenschuße verwundet, woran er in der folgenden Nacht starb. Der Prinz bedauerte ihn sehr, und der Schmerz war so heftig, daß er nicht lange dauern konnte. Nach dem Vorausgegangenen kann man wohl schließen, daß der Herzog von Nemours sehr mittelmäßig gerührt wurde, und man wird es noch besser aus dem schließen, was daraus folgte. Inzwischen weinte Frau von Chastillon, riß sich die Haare aus, und gab den Schein der größten Verzweiflung von der Welt. Das Publikum wurde so getäuscht, daß es ein Sonett darüber machte.

Der Herzog von Nemours, der besser unterrichtet war, als die übrige Welt, erstaunte nicht über die Betrübniß der Frau von Chastillon, und wählte so gut die Zeit, da das Uebermaß des Schmerzes diese arme Verzweifelte bestürzt gemacht hatte, und drang so nachdrücklich in sie, ihm Gunstbezeugungen zu gewähren, welche die Furcht vor ihrem Gatten ihm während seines Lebens zu bewilligen sie verhindert hatte, daß sie ihm am Abende seines [129] Begräbnisses ein Rendezvous gab. Die Bourdeaux eines von ihren Kammermädchen, die glaubte, daß der Tod des Herrn von Chastillon das Glück des Riconnet zerstöre, der sie heirathen wollte, war in einer wahren Betrübniß, so daß sie, als sie den Herzog von Nemours auf dem Punkte sah, die höchsten Gunstbezeugungen seiner Geliebten zu empfangen, das Entsetzen vor dieser Handlung ihren Schmerz verdoppelte, und ohne aus dem Zimmer zu gehen, das Vergnügen dieser Liebenden durch ihre Seufzer und durch ihre Thränen trübte. Der Herzog von Nemours, der wohl sah, daß wenn er dieses Mädchen nicht besänftigte, er künftighin in seiner Liebe nicht die ganze Süßigkeit finden würde, die er sich versprach, trug Sorge sie zu trösten, und sagte zu ihr im Fortgehen, daß er ihren Verlust an dem seligen Herrn von Chastillon wohl kenne, und ihr Freund seyn, und eben so wie der Verstorbene für ihr Glück sorgen wolle, daß er eben so viel guten Willen habe, wie jener, und vielleicht noch mehr Macht, und daß, bis er für sie etwas Ansehnliches thun könne, er sie bitte vier tausend Thaler anzunehmen, die er ihr am folgenden Tage [130] schicken würde. Diese Worte hatten so viel Kraft, daß die Bourdeaux ihre Thränen trocknete, und dem Herzoge von Nemours versprach, lebenslang auf seiner Seite zu seyn, und ihm sagte, daß seine Geliebte alle Gründe von der Welt habe, nichts zu unterlassen, um ihm Beweise ihrer Liebe zu gehen. Am andern Tage bekam die Bourdeaux die viertausend Thaler, die dieser Herzog ihr versprochen hatte; auch diente sie ihm von da an vorzugsweise vor allen jenen, die ihr nicht so viel gaben.

Zu Anfang des Frühlings, da der Frieden zu Paris geschlossen war, kam der Hof dahin zurück. Der Prinz von Condé, welcher den Herrn Cardinal aus einem schlimmen Handel zog, verkaufte ihm theuer die Dienste, die er ihm in diesem Kriege geleistet hatte; der Cardinal konnte die Gnaden nicht bestreiten, um die er ihn bat; Pont de l'Arche, das ihm der Prinz für seinen Schwager den Herzog vonLongueville entriß; die Heirath des Erlachie, die er kühn mit Irite gemacht, wieder die Absicht des Hofes, und die Kühnheit, womit er von der Königin verlangt hatte, daß sie Sienge sah, nach der Verwegenheit [131] desselben an Ihre Majestät einen Liebesbrief zu schreiben, brachten zuletzt den HerrnCardinal zu dem Entschlusse, sich von der Tyrannei zu befreien, worin er war, unter dem Vorwande die Verachtung zu ahnden, die man dem königlichen Ansehen bezeigte und eröffnete dieses Vorhaben dem Gornan, der sich an den gebrochenen Stock seines Gefreiten erinnerte, durch den Prinzen von Condé, und der deßwegen und aus Eifersucht auf sein Verdienst, Gründe hatte ihn zu hassen, und weil der Cardinal ihm zu erkennen gab, daß der Herr von Petitbourg, der ihn beherrschte, Pensionär des Prinzen sey, nahm er ihm das Wort ab, daß er diese Angelegenheit seinem Günstlinge verhehlen wolle. Man verhaftete im Palais-Royal, wo damals Ludwig XIV. wohnte, von Condé den Prinzen von Conti, und den Herzog von Longueville. Inzwischen begab sich Herr von Türenne, der wegen der Verbindungen, die er mit dem Prinzen von Condé hatte, fürchten konnte, ergriffen zu werden, und die übrigens wegen des Fürstenthumes von Stenai, das man seinem Hause entzogen hatte, wider den Hof erzürnt war, [132] nach Stenai, wo Frau von Longueville bald darnach ankam. Die Offiziere des Prinzen warfen sich in die Stadt Bellegarde, Frau von Chastillon begab sich zur Mutter des Prinzen von Condé, und zog den Herzog von Nemours, ihren Liebhaber, in ihr Interesse. Wenige Tage hernach wurde die Prinzessin in das Gefängniß gesetzt, und die Mutter des Prinzen vonCondé erhielt die Erlaubniß, ihre Base zu sehen, Frau von Chastillon. Ein Priester NamensCambiac, der sich durch die Vermittlung des Herrn von Luxembourg bei dem Fräulein von Velitobulin eingeführt hatte, wurde zu Frau vonChastillon von ihrer Mutter gesendet; er befand sich nicht lange dort, als er sich zum Meister ihres Gemüthes machte, dergestalt, daß er sich zwischen sie und den Herzog von Nemours stellte. Dieser Umgang gab ihm Anlaß zu großen Vertraulichkeiten mit Frau von Chastillon; er wurde in sie bis auf den Punkt verliebt, während des Messelesens ohnmächtig zu werden. Da die Mutter des Prinzen von Condé an jenem Uebel ertrankt war, woran sie starb, benützte der Pater Cambiac, der großen Einfluß [133] auf ihr Gemüth hatte, denselben zu Gunsten der Frau vonChastillon, und bestimmte sie, ihr für hundert tausend Thaler Edelgesteine, und den lebenslänglichen Genuß der Herrschaft von Marlou zu geben, die eine Rente von 20,000 Livres eintrug. Der Herzog von Nemours war indeß ein wenig beunruhiget, als er aber das Testament der Prinzessin gesehen hatte, wurde er völlig eifersüchtig, er glaubte nicht, daß es leicht sey, so ansehnlichen Diensten zu widerstehen, und ob wohl er seine Geliebte nicht tadeln konnte, sie angenommen zu haben, war er doch erzürnt, daß sie sie aus der Hand eines Mannes erhielt, den er schon als seinen Nebenbuhler betrachtete, denn er hatte Ursache zu fürchten, daß sie mit ihren Gunstbezeugungen erkauft hatte, was der Priester Cambiac für sie gethan. Obwohl sie den Herzog vonNemours liebte, liebte sie doch die Reichthümer noch mehr. Da sie indeß nach dem Tode der Mutter des Prinzen von Condé mit dem Pater Cambiac nichts mehr zu thun hatte, fiel es ihr nicht schwer, das Gemüth ihres Liebhabers zu heilen, indem sie den armen Priester entfernte.

[134] Da der Coadjutor von Paris und Frau von Chevreuse, Theilnehmer an dem Geheimverständnisse zur Verhaftung des Prinzen, fanden, daß der Cardinal zu anmaßend wurde, zogen sie den Herrn Herzog vonOrleans in diese Erwägung, und stellten ihm vor, daß, wenn er zur Freiheit des Prinzen beitrüge, er nicht nur mit ihnen sich aussöhnen, sondern sie auch noch völlig in sein Interesse ziehen würde. Außer dem Plane die Parthie des Cardinals zu schwächen, die sich bei jener verdächtig machte, welche man dieSchleuder 1 nannte, hatte noch jedes sein besonderes Interesse. Frau von Chevreuse wollte, daß der Prinz von Conti, für welchen der Hof den Cardinalshut in Rom nachgesucht hatte, ihre Tochter heirathe, und der Coadjutor in seine Ernennung eintrete, und dieses Versprechen gaben die Prinzen vonCondé und Conti eigenhändig unterzeichnet der Frau von Chevreuse, unter der Bedingung, daß sie und der Coadjutor an der Befreiung von ihrer Haft arbeiteten. Da die Sache gelungen war, wie [135] sie dieselbe entworfen hatten, und der Cardinal selbst genöthiget, Frankreich zu verlassen, zeigte der Prinz vonCondé keine Mäßigung in seinem neuen Wohlergehen, und dieß nöthigte den Hof, neue Anschläge auf seine Person zu machen. Er begab sich anfangs auf sein Landgut zu St. Maur und wenige Tage darauf nach Monton, und von da in sein Gouvernement von Aquitanien, der Herzog von Nemours folgte ihm, und Frau von Longueville, die bei ihrem Bruder war, eingenommen von den Vorzügen des Herrn von Nemours, erwies ihm so viele Gefälligkeiten, daß dieser Prinz, obgleich anderwärts sehr verliebt, ihr nicht widerstehen konnte, aber er ergab sich mehr aus Schwachheit des Fleisches, als aus Zuneigung des Herzens. Der Herzog von la Rochefaucault, seit drei Jahren der geliebte Anbeter der Frau vonLongueville, sah die Untreue seiner Geliebten mit der ganzen Wuth, die man in einem solchen Falle haben kann. Sie, die von einer großen Liebe für den Herzog von Nemours erfüllt war, gab sich wenig Mühe, ihren ersten Liebhaber zu schonen. Das erstemal, als sie den Herzog von Nemours [136] allein sah, im zärtlichsten Augenblicke des Rendezvous, fragte sie ihn, wie er mit der Frau von Chastillon gestanden. Da der Herzog von Nemours ihr antwortete, daß er niemals von ihr eine Gunstbezeigung erhalten habe, sagte sie: »Ach ich bin verloren und Sie lieben mich nicht, weil Sie in der Lage, worin wir uns jetzt befinden, im Stande sind, mir die Wahrheit zu verhehlen«. Dieses Verhältniß dauerte nicht lange, denn der Herzog konnte sich nicht zwingen, eine Neigung zu bezeigen, die er nicht fühlte, und man kann wohl glauben, daß die Prinzessin, die unreinlich war und übel roch, ihre widrigen Eigenschaften einem Manne nicht verbergen konnte, der anderwärts innig liebte. Diese Widrigkeiten verzögerten auch die Reise nicht, welche der Herzog von Nemours nach Flandern machen mußte, um der Parthei des Prinzen vonCondé ein Hülfscorps von Fremden zu bringen; aber die wahre Ursache seiner Ungeduld war die Sehnsucht, Frau von Chastillon wieder zu sehen, die er noch immer mehr als sein Leben liebte. Er ging also nach Paris, wo er sie wieder sah, und brachte sie in die unglückliche [137] Lage, die man die Klippe der Wittwen nennen kann. Als sie ihr Uebel bemerkte, suchte sie Hülfe, um sich davon zu befreien. DesDes Fougerais, ein berühmter Arzt, unternahm diese Cur, und es war zu jener Zeit, daß er sie in dieser Krankheit behandelte, als der Prinz von Condé von Guinne nach Paris zurückkam, und den Herzog von la Rochefaucault mit sich brachte.

Der Prinz von Condé hatte lebhafte Augen, eine zusammengedrückte Habichtsnase, hohle und magere Wangen, ein langes Gesicht, die Gesichtsbildung eines Adlers, geordnete Haare, übel gereihte und unreine Zähne, einen schönen Wuchs, er hatte Feuer in seinem Geiste, aber keinen richtigen Geist, er lachte viel und sehr unangenehm, er besaß ein wunderbares Genie für den Krieg, und besonders für die Schlachten. Am Tage der Schlacht war er gegen Freunde sanft, gegen die Feinde kühn; er hatte eine Zierlichkeit des Geistes, eine Stärke der Beurtheilung und eine Leichtigkeit ohne Gleichen; er war ein geborner Betrüger, aber besaß Treue und Redlichkeit in großen Gelegenheiten, er war anmaßend und rücksichtslos[138] geboren, aber Widerwärtigkeit hatte ihn leben gelehrt. Als dieser Prinz einige Neigung fühlte, Frau vonChastillon zu lieben, feuerte ihn der Herzog vonla Rochefaucault noch mehr an, aus großem Verlangen, das er hatte, sich an dem Herzoge von Nemour zu rächen, und da der Widerstand dieser Schönen die Liebe dieses Prinzen vermehrte, beredete ihn der Herzog von la Rochefaucault, ihr das Eigenthum der Herrschaft von Marlou zu geben, wovon sie nur die Nutzung hatte, indem er ihm sagte, daß die Frau von Chastillon jünger sey als er, dieses Geschenk nur seiner Nachkommenschaft schade, und daß ein Strich Landes von 20,000 Livres Renten mehr oder weniger, ihn weder ärmer noch reicher machen würde.

Als der Prinz in Frau von Chastillon verliebt wurde, befand sie sich unter den Händen des Des Fougerais, der Brechmittel anwendete, um sie zu heilen. Der Prinz von Condé, der immer zu Füßen ihres Bettes war, fragte sie unaufhörlich, was sie für eine Krankheit habe. Dieser Liebhaber, in Verzweiflung, seine Geliebte in Lebensgefahr zu [139] sehen, sagte zu ihrem Apotheker, daß er ihn würde hängen lassen. Dieser, der sich nicht rechtfertigen durste, sagte zurBourdeaux, welche Ricoux 2 geheirathet hatte, daß, wenn man noch weiter in ihn dränge, er alles entdecken würde. Endlich machten die Mittel die Wirkung, die man sich versprochen hatte. Es war kurz nach dieser Genesung, daß der Prinz von Condé die Schenkung von Marlou machte; die Frau vonChastillon war dafür nicht undankbar, aber sie gab ihm nur die Nutzung von dem, wovon der Herzog von Nemours das Eigenthumsrecht besaß. Indeß rächte sich der Herzog von la Rochefaucault vollständig an dem Herzoge von Nemours, und verursachte ihm ein um so schmerzlicheres Mißvergnügen, als er nicht die Kraft hatte, sich von seiner Leidenschaft zu heilen, wie es der Herzog von la Rochefaucault mit jener gemacht hatte, die er für Frau von Longueville gefühlet. Außerdem hatte der Prinz von Condé [140] noch Herrn von Vi neuil, seinen Vertrauten, der, indem er ihm bei seiner Geliebten diente, gleichfalls von ihr geliebt zu werden sich bemühte.


Herr von Vineuil war ein Bruder des Präsidenten Hardier, von ziemlich guter Familie von Paris, von angenehmem Gesichte, ziemlich wohlgestaltet von Person; er war geschickt und ein rechtschaffener Mann, hatte einen muntern und satyrischen Geist, obwohl er alles fürchtete, und dieß hatte ihm oft schlimme Händel zugezogen; er war bei Frauen unternehmend, und dieß machte, daß es ihm stets gelang; er stand gut mit Frau von Montbazon, gut mit Frau von Movy, und gut mit der Prinzessin von Würtemberg; und dieser letztere Liebeshandel hatte ihn mit dem seligen Chastillon dergestalt entzweit, daß er ohne die Beschützung des Herrn Prinzen einige Gewaltthätigkeiten erlitten hätte; auch hatte der Haß des Chastillon gegen ihn seine Frau ziemlich geneigt gemacht, ihn zu lieben. Aber lassen wir Herrn von Vineuil hier einige Zeit, und kommen wir auf den Herzog von Nemours zurück.

[141] Die Eifersucht brachte ihn so sehr außer sich, daß er, da er eines Tages bei Frau von Chastillon den Herrn Prinzen ganz leise mit ihr sprechend fand, sich vor Wuth und Aerger die Hände wund riß, ohne es gewahr zu werden, bis einer von seinen Dienern ihn auf den Zustand aufmerksam machte, in den er sich versetzt hatte. Zuletzt, da er die Besuche des Prinzen nicht mehr dulden konnte, bat er sie, auf einige Zeit nach Hause zu gehen. Sie, die ihn sehr liebte, und nicht glaubte, daß diese kleine Abwesenheit die Leidenschaft des Prinzen schwächen würde, ließ sich nicht drängen, und versprach ihm sogar, die Bourdeaux zu entfernen, welche sein Interesse für das seines Nebenbuhlers aufgegeben hatte. Frau vonChastillon blieb nicht lange auf dem Lande, und bei ihrer Rückkehr ergriff die Eifersucht den Herzog von Nemours so heftig, daß er mehr als zwanzigmal auf dem Punkte stand, den Prinzen von Condé auf den Degen zu fordern, und er wäre zuletzt der Versuchung unterlegen, ohne das Duell mit seinem Schwager, worin er das Leben verlor. Frau vonChastillon, die unter zwanzig Liebhabern, die[142] sie in ihrem Leben begünstigte, niemals einen davon geliebt hatte, als den Herzog von Nemours, war seines Todes wegen in einer wahrhaftigen Verzweiflung. Einer ihrer Freunde, der ihr die Nachricht davon brachte, sagte ihr zugleich, daß sie aus den Händen eines Kammerdieners des seligen Herzogs von Nemours ein Kästchen voll Briefe von ihr wieder zu sich nehmen solle. Sie ließ es holen, und erhielt dies Kästchen gegen das Versprechen, das sie ihm machte, ihm fünfhundert Thaler zu geben, aber der arme Mensch konnte nie etwas davon erhalten.

Was den Prinzen von Condé betrifft, welche Verbindlichkeit er auch gegen den Herzog von Nemours hatte, so waren sie durch Eifersucht dermaßen entzweiet, daß er über seinen Tod sehr erfreut war; der Ruhm sowohl als die Liebe hatten einen so großen Wetteifer zwischen beide gestellt, daß sie sich nicht mehr einander ausstehen konnten, und dieß war so gewiß, daß wenn der Prinz von Condé die nöthige Vorsicht hätte nehmen wollen, um den Herzog von Nemours zu hindern, sich zu schlagen, dieses Unglück nicht geschehen wäre. Ein Beweis mehr, der sehen ließ, daß [143] in dem Herzen des Prinzen vonCondé eben so viel Ruhmsucht als Liebe war, zeigte sich, da er einen Augenblick nach dem Tode seines Nebenbuhlers, die Frau von Chastillon fast nicht mehr liebte, und sich begnügte, das Benehmen des Wohlstandes gegen sie zu bewahren, um sich ihrer in Fällen zu bedienen, die er passend erachten würde. In der That sendete ihr zu dieser Zeit der Cardinal, welcher den Prinzen von Condé zu beherrschen glaubte, den Großprofoß von Frankreich, bot ihm von seiner Seite hunderttausend Thaler baar, und die Oberverwaltung des Hauses der Königin, im Falle sie den Prinzen bewöge, die Punkte einzugehen, die er wünschte; und den Grafen von Oignon, den Herzog von la Rochefaucault, und den Präsidenten Viole aufzugeben.

Während der Unterhandlung des Großprofoßen, unterhandelte auch einer von dee königlichen Hauskompagnie 3 Namens Bouchette, im Namen der[144] Königin bei der Frau von Chastillon; da aber diese sah, daß sie den Prinzen nicht dahin bringen könne zu thun, was der Hof wünschte, meldete sie der Königin, daß sie ihr rathe, dem Prinzen alles zu bewilligen, um was er sie bitten würde, und daß Ihre Majestät übrigens wüßte, wie man hierin gegen einen Unterthan verfahren müsse, welcher, die Verwirrung der Angelegenheiten seines Herrn benützend, ihm schimpfliche und seinem Ansehen nachtheilige Bedingungen abgepreßt habe. Zu dieser Zeit wurde der Abbé Fouquet, den die Freude ergriffen, in das Hotel von Condé gebracht, wo er anfangs eine etwas verdrießliche Unterredung mit dem Prinzen hatte; doch am folgenden Tage nahm die Sache eine mildere Wendung, und wenige Tage darnach, fing man an, den Frieden mit ihm zu unterhandeln. Da er Gefangener auf sein Ehrenwort war, und er überall hinging, wie es ihm gefiel, machte er der Frau von Chastillon einige Besuche, indem er glaubte, daß man bei dem Prinzen von Condé nichts durchsetze, außer durch ihre Vermittlung; und wurde bei Gelegenheit dieser Besuche in sie verliebt. Vineuvil ging [145] damals ziemlich im Frieden mit der Gräfin von Chastillon um. Campiac hatte sich zurückgezogen, seitdem der Herr Prinz verliebt und der Herzog von Nemours gestorben war, und dieß hatte die Leidenschaft des Prinzen sehr vermindert, so daß er kurz darauf, als er in Flandern gewesen war, vermittelst der Aussöhnung, von Paris mit dem Hofe, auf dem Punkte stand von Paris abzureisen, ohne von Frau von Chastillon Abschied zu nehmen, und als er sie besuchte, nur einen Augenblick bei ihr blieb.

Da der König nach Paris zurückgekommen war, glaubte der Abbé Fouquet, daß, wenn Frau von Chastillon dort bliebe, er Nebenbuhler auf den Hals bekäme, die ihm könnten vorgezogen werden, so daß er den Cardinal beredete, sie zu entfernen, indem er sagte, daß sie in Paris täglich tausend Intriguen gegen den Hof machen würde, die sie anderswo nicht machen könnte, und dieß bewog den Cardinal, sie nach Marlou zu schicken. Der Abbé Fouquet besuchte sie dort, so oft er konnte; aber es gab in ihrer Nachbarschaft noch zwei Männer, die ihr weit häufigste [146] Besuche machten; der eine war Mylord Graf, der ein Landgut bei Marlou gemiethet hatte, wo er gewöhnlich, Wagen und Pferde einstellte, und auch bisweilen wohnte, und der andere war der Graf Digby, Gouverneur voll Mantes. Diese beiden Chevaliers wurden in Frau von Chastillon verliebt. Mylord Graf war ein stiller, gefälliger Mann, der Graf Digby brav, kühn und voll Ehrgeiz.

Als der Pater Cambiac den Prinzen vonCondé den französischen Hof verlassen sah, hing er noch dergestalt an Frau von Chastillon, daß er bei ihr in Marlou wohnte, und da er weder den AbbéFouquet noch Digby so sehr fürchtete, wie den Prinzen von Condé, sagte er der Frau von Chastillon seine Meinung über ihr Benehmen mit allen ihren Liebhabern frei heraus. Sie, welche in ihren neuen Anschlägen nicht gehindert seyn wollte, und besonders durch einen Betheiligten, nahm seine Vorstellungen sehr übel auf, so daß, als die Sache täglich je mehr und mehr schlimmer wurden, der Pater Cambiac sich wegbegab, schmähend, und wie ein Mensch, den man fürchten muß. Wenige Tage darnach schrieb er ihr [147] einen Brief ohne Namen, und von einer andern Handschrift als der seinigen, wodurch er ihr Nachrichten von dem gab, was man in der Welt von ihr sagte. Sie vermuthete wohl deßwegen, daß dieser Brief von ihm kam, weil er ihr Dinge meldete, die ein anderer als er nicht wissen konnte. Da endlich Frau von Chastillon von allen Zeiten vernahm, daß der Pr. Cambiac gegen sie losziehe, bat sie Frau von Pisieux, die ihn gut kannte, und Gewalt über sein Gemüth hatte, einige Briefe von Wichtigkeit wieder zu sich zu nehmen, die er von ihr hatte. Frau von Pisieux versprach es ihr, und lud zu gleicher Zeit den Priester Cambiac ein, nach Marine zu ihr zu kommen, nahe bei Pontoise. Man muß bemerken, daß seitdem der Pr. Cambiac ihr Haus verlassen, sie bei Digby sich gar sehr über ihn beklagt hatte. Dieser Liebhaber, der an nichts dachte, als seiner Geliebten zu gefallen, und sich im Aufwande für sie erschöpfte, zögerte nicht, ihr eine Rache zu verheißen, die ihr nichts kosten, und worin sie ihr besonderes Interesse finden würde. Er wählte die Zeit, da Cambiac, der zu Marine war, eines [148] Tages zu Pferde stieg um spazieren zu reiten, entführte ihn mit fünf oder sechs Cavalieren und schickte ihn nach Marlou. Frau von Chastillon, die wußte, daß man Liebhaber zur Hälft niemals beleidigen solle, war über die Art sehr bestürzt, womit man den Pr. Cambiac behandelte, der, wie sie wohl sah. Niemand Andern deßwegen in Verdacht haben konnte, als sie, und sie hätte wohl eher dem Digby den Tod des Pr. Cambiac, als seine Entführung verziehen; aber da sie nun doch nichts anders machen konnte, als was geschehen war, sagte sie zu ihm: »Ich bin in Verzweiflung über das, was Ihnen begegnet ist; ich sehe wohl, daß der unverschämte Mensch, der Ihnen diesen Schimpf zugefügt, mich bei Ihnen verdächtig machen will, aber Sie werden wohl an meinem Unwillen darüber erkennen, daß ich keinen Theil an diesen Gewaltthätigkeiten habe. Inzwischen, mein Herr, wenn Sie hier bleiben wollen, so werden Sie zu befehlen haben; wollen Sie nach Marine zurückkehren, so werde ich Ihnen meinen Wagen geben.« »Ich weiß,« antwortete der Pr. Cambiac kalt, »was ich von allem diesem soll; ich danke [149] Ihnen für die Anerbietungen, die Sie mir machen; ich werde auf meinem Pferde zurückkehren, wenn Sie es für gut befinden. Gott, der mich vor den Unternehmungen der Boshaften schützen will, wird für mich sorgen« – und nach diesen Worten verließ er hastig das Zimmer der Frau von Chastillon, und kehrte allein nach Marin zurück. Kaum war er angekommen, als er und Frau von Piseux diese zwei Briefe an einen ihrer Freunde in Paris schrieben:


Cambiac an Herrn von Brienne.


»Sie werden wohl überrascht seyn, wenn Sie das Abentheuer erfahren, das mir begegnet ist, aber um es Ihnen zu berichten, so wie es ist, muß ich ein wenig weit ausholen, und Ihnen sagen, daß Frau von Chastillon hieher kam, um Frau von Pisieux zu vermögen, von mir gewisse Dinge sich zu verschaffen, die sie wünschte. Frau von Pisieux schrieb mir, und Sie wissen auch, daß ich die Reise gemacht habe. Am nämlichen Tage, da ich ankam, schickte Frau von Chastillon la Fleur, zu erfahren, ob ich dort wäre, [150] und am folgenden Morgen fragte ein unbekannter Mensch unter falschen Anweisungen nach mir, und wollte wissen, ob ich bald nach Paris zurückkehren würde. Gestern früh um vier Uhr reisete ich von hier ab, und wie ich gegen hundert Schritte von Pontoise war, nachdem ich über den Fluß gesetzt hatte, wurde ich von sechs Cavalieren, das Pistol in der Hand, umrungen, an deren Spitze der Graf von Digby war, der mir anfangs sagte, daß wenn Frau von Chastillon mich gestraft hätte, sie mir hundert Dolchstich hätte geben lassen, ich aber nichts fürchten sollte. Ich muß Ihnen sagen, daß er in diesem Falle aufrichtig war, und in diesem Handel nicht die mindeste Gemeinheit mich begehen ließ; er behandelte mich sehr artig unterwegs, brachte mich nach dem Mittagsessen selbst nach Marlou, und schickte mich mit vier Cavalieren, um dieser würdigen Person Genugthuung zu verschaffen. Sie stellte sich hierüber entrüstet, und war es wirklich. Der Muth, womit ich mit ihr sprach, ließ sie wohl begreifen, daß dieß der böseste Handel sey, den sie jemals gestiftet. Ich kehrte nach Marine zurück, um der Frau von Pisieux zu sagen, was [151] Frau von Chastillon ihr ebenso wohl wie mir gethan habe. Sie fühlte darüber den Unwillen, den eine Person von ihrem Stande, von ihrer Ehre und von ihrem Muthe fühlen muß. Das ist der ziemlich außerordentliche Vorfall ich beschwöre Sie, mir zu eröffnen, welche Ansicht Sie hierüber haben, und was Sie glauben, daß ich thun solle; Sie sehen wohl, dünkt mich, daß ich es nicht dabei kann bewenden lassen. Seitdem hat diese niederträchtige Person der Frau von Pisieux geschrieben, um sie zu beschwören, es so einzuleiten, daß ich meinen Unwillen besänftige, ihr versichernd, daß sie von allem diesem nichts gewußt habe. Die Antwort, welche ihr gegeben wurde, ist des Edelmuthes der Frau von Pisieux würdig. Ich habe beschlossen, drei oder vier Tage hier zu bleiben, um mit Muße darüber nachzudenken, was ich thun soll, und um mich zu verhindern, zu irgend etwas mich hinreißen zu lassen, was ich bereuen könnte, außerdem daß durch Klagen sich Luft machen, sich allzuschwach rächen heißt, und ich gesonnen bin, auf eine andere Weise davon Gebrauch zu machen, wenn ich kann. Ich erwarte Ihre Antwort mit Ungeduld, und [152] bin ganz der Ihrige. Ein Brief erlaubt mir nicht umständlich zu berichten, was sehr lang ist; ich werde es thun, wenn ich Sie sehe. Leben Sie wohl.


Den 18. July 1655.


Frau von Pisieux an Herrn von Brienne.


Ich habe zu viel Antheil an dem Abentheuer des Herrn von Cambiac, um nicht der Schilderung, die er Ihnen davon gemacht hat, ein Wort von meiner Hand beizufügen; es gibt dabei keinen Umstand, der nicht überraschend wäre, und das Beste, was man von mir in dieser Sache denken kann, ist, daß man mich wenig berucksichtiget hat, denn der ganze Schein geht dahin, daß ich die Mitschuldige einer so unwürdigen Handlung seyn soll. Es ist wahr, daß der Beleidigte mich hinlänglich rechtfertiget, weil er sich an denselben Ort begab, wo man ihm die Falle gestellt hatte. Mein ganzes Dichten und Trachten ist jetzt, mich so zu benehmen, daß ich, ohn mich von einem gerechten Zorne hinreißen zu lassen, von meinem ganzen vergangenen Leben genügend abweiche, um zu zeigen, daß ich der Frau von Chastillon [153] eine nützliche Freundin war. Sie kennen meinen Namen und meinen Muth, ich habe mit Ihnen davon immer mit Aufrichtigkeit gesprochen, ich gestehe Ihnen ferner, daß ich mir ein Geschäft daraus mache, eine Christin zu seyn, und eine ziemlich pünktliche, und willens bin. Gott meinem Schöpfer ohne Kunst und ohne Betrug zu dienen; außer diesem gelegten Grunde werde ich es hinsichtlich alles dessen, was Entrüstung und Gerechtigkeit mir erlauben können, an nichts fehlen lassen. Thun Sie mir den Gefallen, Frau von Aubigny hievon in Kenntniß zu setzen, und gehen Sie nicht weiter; dieser Schmaus wird der Prinzessin von der Pfalz nicht unangenehm seyn; ich erlaube Ihnen, mit ihr davon zu sprechen. Ich glaube nicht, daß das Verbrechen des Cambiac so groß war, dem Rufe seiner Pflicht gefolgt zu seyn, durch Vermittlung des Herrn Erzbischofes von Amiens, noch das meinige des gegebenen Rathes wegen, um sich einen so schlimmen Handel zugezogen zu haben. Ich werde eigens nach Paris zurückkehren, um meine Freunde mit den nähern Umständen zu unterhalten, und Sie vor Allem am ersten. Dieß kleine Wort der Rache muß [154] mir entschlüpfen: Frau von Chastillon wird nicht vergessen, wenn die Gelegenheit von ihr zu sprechen sich darbietet; ich wünsche Ihnen einen guten Morgen, ich bin zu sehr im Zorn, um beute einen zu erwarten.«

Kurz nach diesen zwei Briefen, kehrte Cambiac nach Paris zurück, kein Maß mehr haltend wegen Frau von Chastillon; er machte sie herunter überall wo er sich befand, und um seine Rache vollkommen zu sättigen, zeigte er der Königin die heftigsten Briefe der Frau von Chastillon. Die Bescheidenheit der Geschichte erlaubt nicht, sie anzuführen, aber aus den ehrbarsten Bruchstücken, die hier folgen, wird man auf das Uebrige schließen:

Sie meldete an vielen Stellen dem Priester Cambiac, er könne versichert seyn, daß sie ihm niemals Anlaß geben würde, sich über sie zu beklagen, daß er davon sprechen könne, wie es ihm gefalle, daß es aber für ihn edelmüthiger sey, gut davon zu sprechen, als auf eine andere Art, daß wenn man sich den Leuten in die Hände gegeben, wie sie sich in die seinige, sie es mißbrauchen können, und daß [155] die Parthie, welche eine arme Frau in diesem Falle ergreifen könne, wäre zu hören und zu schweigen. An einer andern Stelle meldete sie ihm, er habe gut reden, daß sie ihn immer lieben sollte, und auch, daß sie sich vorbereite zur österlichen Zeit eine Generalbeicht abzulegen; es sey ja Niemand da, der darauf Acht habe.

Die Königin war sehr erstaunt über die Entrüstung der Frau von Chastillon in ihren Briefen, sie war daher über die Verachtung nicht unwillig, welche ihr dieß zuzog, und nachdem sie die Beschimpfung erfahren hatte, die man dem Pr. Cambiac angethan, schlug sie hierüber sehr großen Lärm, und sagte öffentlich, daß da man die Leute mißhandle, die zu ihrer Pflicht zurückkehren, der König sie wohl zu strafen wissen würde.

Als der Graf von Digby nach der Entführung des Pr. Cambiac die Herzogin sah, war er sehr erstaunt, nur Vorwürfe zu erhalten, anstatt Danksagungen, die er erwartete. »Wenn man Ihnen zu erkennen gab, sagte sie, Aerger gegen den Pr. Cambiac zu haben, so wollte dieß nicht sagen, daß man [156] ihn entführen müße, es ist sehr leicht zu sehen, daß Sie bei dieser schönen Handlung sich mehr berücksichtiget haben, als mich selbst; aber ich werde für mein Interesse Sorge tragen, wenn es an mich kömmt, und das Ihrige vergessen.« Digby wollte sich über seine Absichten entschuldigen, die gut gewesen wären, und da er sah, daß er sie durch alles dieß nicht besänftigte, wurde er auch seinerseits böse, und da Frau vonChastillon fürchtete, indem sie ihn verliere, einen Beschutzer und einen freigebigen Liebhaber zu verlieren, beruhigte sie ihn, und hat ihn ein andersmal zu bedenken, daß man mit Leuten wie der Pr. Cambiac thun musse, als ob man die Beleidigungen nicht merke, oder daß man sie verderben müße. Damals, als Digby anfieng in Frau von Chastillon verliebt zu werden, hatte Milord Graf, der zur Zeit der Verwirrung in England Karl nach Frankreich gefolgt war, ein Haus in der Nachbarschaft vor Marlou gemiethet; der Müßiggang, die Bequemlichkeit und das einnehmende Wesen der Frau von Chastillon, hatten in dem Herzen des Milords Liebe erregt. Da er aber sanfter war als der [157] Graf von Digby, so hatte es seine Liebe nicht so weit gebracht, wie jene des Grafen.

So standen die Sachen, als der Abbe Fouquet, da er sah, daß seine Angelegenheiten bei Frau vonChastillon nicht vorwärts giengen, sich der folgenden Kriegslist bediente, um sie zu beschleunigen; da er erfahren, daß Ricoux, Schwager einer von den Fräulein der Frau von Chastillon in Paris verborgen war, wo er mit ihr Unterhandlungen für das Interesse des Herrn Prinzen hatte, ließ er durch so viele Leute den Ricoux aufsuchen, daß er gefangen in die Bastille gebracht wurde. Als der Abbe Fouquet ihn verhören ließ, klagte er Frau von Chastillon mehrere Dinge an, und unter andern ihm zehntausend Thaler versprochen zu haben, um den Cardinal zu ermorden, und sagte, daß sie ihm davon bereits zwei Tausend voraus gegeben habe. Der Abbe Fouquet unterdrückte diese gerichtlichen Untersuchungen, und ließ deren andere machen, durch welche Ricoux immer bekannte, daß er in Paris war mit dem Vorhaben, den Cardinal zu ermorden; aber er klagte die Herzogin nicht an, Theil an dieser [158] Verschwörung zu haben, und alles was er gegen sie sagte, war, daß sie Einverständniß mit dem Prinzen habe, und viertausend Thaler Pension von den Spaniern bekomme.

Er zeigte diese letztern gerichtlichen Untersuchungen dem Cardinale, und die erstern der Frau vonChastillon, und als er sie durch dieselben bis zu einem Grad in Schrecken gesetzt hatte, den man sich vorstellen kann, sagte er zu ihr, daß er sie retten würde, wenn sie, um ihm ihre Erkenntlichkeit zu bezeigen, ihm die höchsten Beweise ihrer Liebe neben wolle. Frau von Chastillon, die den Tod mehr als alles fürchtete, zauderte nur so lange Zeit, den Abbe Fouquet zu befriedigen, als sie für nöthig hielt, ihm diese höchste Gunst geltend zu machen. Der Abbe Fouquet dachte an nichts mehr, als seine Geliebte zu retten; zu diesem Zwecke ließ er sie eine Nacht von Marlou abreisen, und brachte sie in die Normandie, wo sie alle acht Tage ihren Aufenthalt verändern mußte, verkleidet bald als Cavalier, bald als Nonne, und bald als Barfüßermönch. Dieß dauerte sechs Wochen, während welcher der Abbe[159] Fouquet vom Hofe an den Ort kam und ging, wo sich Frau von Chastillon befand; zuletzt bewirkte er ihr Vergebung und Vergessung, nachdem Ricoux war gerädert worden, und ließ sie nach Marlou zurückkommen, wo sie nicht lange in Ruhe blieb; denn sie warf ihr Augen auf den Marschall vonHocquincourt, sowohl der Vortheile wegen, die sie von ihm ziehen konnte, durch die Posten, die er auf der Somme hielt, als um sich von der Tyrannei des Abbe Fouquet zu befreien, der ihr unerträglich zu werden begann.

Karl, Marschall von Hocquincourt, hatte schwarze und glänzende Augen, eine wohlgebildete Nase, eine etwas gedrückte Stirne, ein langes Gesicht, schwarze und krause Haare, und einen schönen Wuchs; er hatte sehr wenig Verstand, indeß war er fein aus Mißtrauen, brav und immer verliebt, und seine Tapferkeit bei den Damen diente ihm statt der Artigkeit. Frau von Chastillon, die ihn durch den Ruf kannte, glaubte, daß er ganz geneigt sey, Thorheiten zu begehen, deren sie nöthig hatte. Von Vigna court, ein Picarden-Edelmann, sein [160] Vetter, war derjenige, den sie bei ihm verwendete. Der Marschall kam also mit Vignacourt überein, daß er auf seiner Reise zur Uebernahme des Oberbefehles der Armee von Catalonien, sie zu Marlou sehen würde, als hätte der Zufall diese Zusammenkunft herbeigeführt. Die Sache ging so, wie sie sie angelegt hatte, und Frau von Chastillon stieg zu Pferde, um den Marschall bis auf zwei Meilen von Marlou zu begleiten. Unterwegs schilderte sie ihm die traurige Lage ihrer Glücksumstände, bat ihn, ihr Beschützer werden zu wollen, schmeichelte ihm mit dem Namen der Zuflucht der Betrübten und der Hülfsquelle der Unglücklichen; kurz, sie rühmte dermaßen seinen Edelmuth, daß er ihr versprach, ihr wider und gegen Alle zu dienen, und ihr selbst seine Schreibtafel gab, worin er den Befehlshabern seiner Festungen den Auftrag ertheilte, sie und die ihrigen jedesmal aufzunehmen, wenn sie es nöthig hätte. Diese Zusammenkunft wurde vom Abbe Fouquet entdeckt, der, als er den Marschall von Hocquincourt auf dem Punkte sah, an den Hof zurückzukehren, und die Nachbarschaft von der Frau [161] von Chastillon und ihm den Interessen des Hofes und seinen eigenen für gefährlich erachtete, den Cardinal beredete, sie vor der Gränze der Picardie zu entfernen, und ihr aufzutragen, in ihr Herzogthum zu gehen. Frau von Chastillon, die sich auf den Weg gemacht hatte, traf den Marschall von Hocquincourt zu Montargis, mit dem sie die Maßregeln erneuerte, die sie sechs Monate früher verabredet hatte, und nachdem sie wechselseitig, er bestimmte Zusage sie gegen den Hof zu schützen, und sie Hoffnungen ihm einst Beweise ihrer Liebe zu gewähren, gegeben, trennten sie sich; der Marschall ging zum Könige, und sie in ihr Herzogthum, wo sie den Winter zubrachte, im Verlaufe dessen der Marschall von Hocquincourt ihr schrieb, und der Abbe Fouquet, der als Gönner am schwersten zu befriedigen war, mit Verdruß die Zusammenkünfte ertrug, die zwischen dem Marschall von Hocquincourt und der Frau von Chastillon Statt fanden, und den Umgang, den sie mit ihm fortsetzte. Um sich zu entschuldigen, sagte sie ihm, daß der Marschall sich bei dem Cardinal für die [162] Rückkehr derBourdeaux verwende, die man ihr weggenommen und um ihr selbst die Erlaubniß zu bewirken, an den Hof zurückzukommen, sie fügte hinzu, daß sie sehr gewünscht hätte, diese Gnaden nur ihm zu verdanken, jedoch sein Ansehen für wichtigere Angelegenheiten versparen wollte. Was den Abbé Fouquet überzeugte, daß die Intrigue zwischen dem Marschalle und ihr nur den Hof betreffen könne, war, daß sie im Frühlinge durch seine Vermittlung zuerst nach Paris zurückkam, und Bourdeaux mit ihr. Während des Feldzuges des Marschalls in Catalonien, sah der König von England, welchen das Mißgeschick seines Hauses nöthigte, in Frankreich zu bleiben, und der die Herzogin sehr nach seinem Geschmacke gefunden, sie zu Marlou auf kleinen Reisen wieder, die er zu Graf machte, und dieser Verkehr hatte ihr so viele Liebe für diesen Prinzen eingeflößt, daß sie entschlossen war, ihn zu beirathen; Graf beredete seinen Herrn, sie um was immer für einen Preis zu befriedigen, auf die Versprechungen, welche Frau von Chastillon diesem Mylord gemacht hatte, ihm die höchsten Gunstbezeugungen zu bewilligen, [163] wenn er beitrüge, sie zur Königin zu machen; und sie wäre es wirklich geworden, hätte nicht Gott, der für den guten Ruf des Königes sorgte, Frau von Chastillon mit einer thörichten Hoffnung hingehalten, wodurch sie eine so schöne Gelegenheit verfehlte.

Karl, König von England, hatte große schwarze Augen, sehr dichte Augenbraunen, die sich vereinten, einen braunen Teint, eine wohlgebildete Nase, ein langes Gesicht, schwarze, geordnete Haare. Er war groß und hatte einen schönen Wuchs, war kalt bei der ersten Begegnung, indeß sanft und höflich, im Glücke mehr als im Unglücke; er war brav, das heißt, er hatte den Muth eines Soldaten, und das Gemüth eines Prinzen; er besaß Verstand, er liebte seine Vergnügungen, aber er liebte mehr noch seine Pflicht; kurz, er war einer der größten Könige der Welt; aber so glücklich auch seine Geburt war, so war doch die Widerwärtigkeit, die ihm zur Führerin gedient hatte, die Hauptursache seines außerordentlichen Verdienstes.

Als der Herr Prinz Frankreich verließ, hatte [164] er, wie ich erwähnte, sehr wenig Rücksicht für Frau vonChastillon bewiesen, da er aber gewußt, wie viel die Spanier auf sie halten, vermög der Pension, die sie ihr gegeben, und das Ansehen, welches sie am französischen Hofe durch die Vermittlung des Abbé Fouquet genoß, so war er wieder für sie warm geworden. Und dieß geschah so heftig, daß er ihr die zärtlichsten Briefe von der Welt schrieb, und unter andern fing man diesen auf, mit verborgenen Zeichen geschrieben:

»Wenn auch alle Ihre Reize mich nicht verbänden Sie zu lieben, meine liebe Base, die Mühe, die Sie sich für mich geben, die Verfolgungen, welche Sie erdulden, weil Sie es mit mir halten, und die Gefahren, denen Sie dieß aussetzt, würden mich verpflichten, Sie immer zu lieben. Das Beispiel von Ricour macht mich zittern, und wenn ich bedenke, daß mein Theuerstes, was ich auf der Welt habe, in den Händen meiner Feinde ist, bin ich in Aengsten, die mir keine Ruhe gönnen. Um Gottes willen, meine arme Liebe, setzen Sie sich nicht mehr Verlegenheiten aus, wie sie es thun; lieber will ich [165] niemals mehr nach Frankreich zurückkehren, als die Ursache seyn, daß Sie die mindeste Besorgniß haben; an mir ist's, mich Gefahren auszusetzen, und durch den Krieg meine Angelegenheiten in den Stand zu setzen, daß man mit mir unterhandle, und dann, meine liebe Base, werden Sie durch Ihre Vermittlung mir helfen können; da indeß die Ereignisse im Kriege zweifelhaft sind, so hab' ich etwas unfehlbares um mein Leben mit Ihnen zuzubringen, und unsere Interessen noch näher zu verbinden, als wir es bisher gethan haben. Glauben Sie nicht, daß die Prinzessin ein unüberwindliches Hinderniß hierein sey; man besiegt wichtigere, wenn man so sehr liebt, wie ich. Ich setze in dieser Hinsicht, meine liebe Base, meiner Einbildungskraft keine Schranken, noch Ihren Hoffnungen; Sie können sie so hoch steigern, als es Ihnen gefällt. Leben Sie wohl!«

Die Hoffnung, welche Frau von Chastillon auf diesen Brief hatte, den Herrn Prinzen heirathen zu können, machte sie zögern, die Anerbietungen des Königs von England abzulehnen; sie fragte einen seiner Freunde in Gegenwart der Bourdeaux um[166] Rath. Diese, deren Gatte bei dem Herrn Prinzen war, sagte zu ihrer Gebieterin, daß sie eine Träumerin sey, seinen Augenblick daran zu denken, einen Schattenkönig zu heirathen, einen Armseligen, der nichts zu leben habe, und der, indem er ihrer spotte, sie in kurzer Zeit zu Grunde richten würde; daß wenn es gegen allen Anschein von der Welt möglich wäre, daß er einst wieder den Thron bestiege, sie wohl glauben könne, er würde sie, ihrer überdrüßig, unter dem Vorwande der Ungleichheit des Standes verstoßen. »Sein Freund sagte ihr dagegen, daß es eine Träumerei von ihr wäre, den Herrn Prinzen zu heirathen, der vermählet sey, und dessen Frau sich wohl befinde; daß die Leute vom Dienste des Königes von England bisweilen in übeln Umständen, aber niemals in jener äußersten Noth sich befinden könnten, die bei Privatpersonen so gewöhnlich eintrete; daß es für eine Dame schön sey, als Königin zu leben, selbst wenn sie unglücklich leben würde, und niemals einen ehrenvollen Titel ablehnen sollte, dürfte sie ihn auch nur auf ihrem Grabmale tragen. Was Sie betrifft, Mademoiselle, – sich gegen Bourdeaux [167] wendend, – so haben Sie recht, zur gnädigen Frau so zu sprechen, da Sie nur Ihre Interessen berücksichtigen; allein ich, der ich nur die Seinigen im Auge habe, ich sage ihr, was ich ihr sagen muß. Frau von Chastillon dankte ihnen für die Freundschaft, die sie ihr bewiesen, und sagte ihnen, daß sie über ihre Gründe noch nachdenken wolle, bevor sie einen Entschluß fasse. Sie wollte vor seinem Freunde nicht bestimmter über eine Angelegenheit antworten, wobei sie sich schämte, die Partie gegen seinen Rath zu nehmen; inzwischen kam das Leben der Frau von Chastillon, und ihr gegenwärtiges Verhältniß mit dem Abbé Fouquet von mehreren Seiten zur Kenntniß des Königes von England. Es gibt keinen, auch nur ein wenig ehrliebenden Mann, der im Anfange seiner Liebe den Verstand so sehr verlieren könnte, um eine Frau ohne Ehre zu heirathen.

Der König von England verließ die Nachbarschaft von Marlou, sobald er alle diese Nachrichten erfahren hatte, und wollte, indem er Frau von Chastillon sehe, keinen Kampf wagen, der zwischen [168] seinen Sinnen und seinem Verstande zweifelhaft seyn konnte. Frau von Chastillon fühlte damals den Verlust nicht, den sie erlitt, der Wunsch und die Hoffnung, die sie hatte, den Herrn Prinzen zu heirathen, machten ihr alle andere Dinge gleichgültig. Da Frau vonChastillon zu Anfang des Frühlinges durch Vermittlung des Marschalls von Hocquincourt von ihrem Herzogthume nach Marlou, und wenig Tage darauf nach Paris zurückgekommen war, war sie dafür nicht undankbar. Dieser kleine Dienst, und die Versprechungen, die er ihr gab, den Cardinal zu tödten, und seine festen Plätze in die Hände des Herrn Prinzen zu legen, rührten das Herz der Frau vonChastillon auf den Punkt, dem Marschall die höchsten Gunstbezeigungen zu gewähren. So war der Sommer vorüber gegangen, während dessen der Abbé Fouquet, der diesen Verkehr merkte, oft böse Stunden verlebte, und er hätte damals gethan, was er späterhin that, wenn die Liebhaber sich nicht lieber selbst betrögen, wenn es sich darum handelt, ihre Liebchen zu verlassen oder zu verdammen.

[169] Den Winter darauf machte der Herzog von Candale nach seiner Rückkehr aus Catalonien Miene, in Frau von Chastillon verliebt zu seyn; der Abbé Fouquet, beunruhiget von einem so gefährlichen Nebenbuhler, ließ ihn durch Boligneux bitten, es nicht zu seyn. Herr von Candale, der damals in der That in Frau von Olonne verliebt war, und an Frau vonChastillon sich nur gemacht hatte, um sie als Vorwand zu benützen, gewährte dem Abbé Fouquet leicht, um was er ihn bitten ließ. Aber da bei dieser Geliebten die Liebhaber wie eine Hyder waren, der man den Kopf nicht abschlug, ohne einen andern nachwachsen zu machen, nahm la Feuillade den Platz des Herzogs von Candale ein. Der AbbéFouquet, der ihn sogleich verstand, sprach selbst ziemlich trotzig mit la Feuillade, der, sei's, daß er glaubte, sein Nebenbuhler würde geliebt, und er deßhalb in seinem Unternehmen scheitern, sei's, daß seine werdende Liebe ihm seine ganze Klugheit ließ, es für passend hielt, sich keinen so gewaltthätigen Mann auf den Hals zu laden, er bestand also nicht auf dieser Liebe. Der [170] Marquis von Coeuvres hatte nicht so viele Gefälligkeit in der seinigen, wie la Feuillade; er fuhr fort, die Frau von Chastillon zu sehen, trotz dem Abbé Fouquet; da er aber weder genug Vermögen noch genug Verdienst hatte, um ihr Herz zu rühren, so eroberte sie ihn nur, und behielt ihn nur bei, um dem Abbé Fouquet warm zu machen, und ihn zu bewegen, seine Geschenke zu erneuern, und ihm zu erkennen zu geben, daß sie vornehme Leute in ihrem Interesse habe, die nicht dulden mürden, daß man sie mißhandle. Der Abbé Fouquet mußte also diesen Nebenbuhler ertragen, aber er entlud seinen Zorn auf den armen Vineuil; dieser war einer von den ersten Liebhabern der Frau vonChastillon, gut behandelt, ein Mann von gesundem Verstande, und dessen Geist zu fürchten war. Der Abbé Fouquet gab dem Cardinal zu verstehen, daß es gefährlich wäre, ihn in Paris zu lassen, so daß der Cardinal, der damals nur durch die Augen des Abbé sah, dem Vineuil einen geheimen Kanzleibefehl 4 zustellen [171] ließ, bis auf weitern Befehl nach Tours zu gehen. Da er von Frau von Chastillon nicht Abschied nehmen konnte, schrieb er ihr diesen Brief vom letzten Oktober 1651:

»Welches Verlangen Sie mir auch bezeigt haben, daß ich Sie besuche, so glaubte ich wegen des geringen Vergnügens, das Sie bei meinem letzten hatten, daß ich besser thun würde, mich dessen zu enthalten, weil ohnedem Ihre Kälte mir alle Freude entzieht, die ich sonst fühlte, wenn ich Sie sah; denn ich bin in Wahrheit überzeugt, daß ich um keinen Antheil, weder an Ihrer Gunst, noch an Ihrem Vertrauen mich bewerben darf; das Verhältnis worin Sie stehen, ist so, daß es nicht duldet, daß Sie etwas außer ihm berücksichtigen, und Sie nöthiget, es an dem mangeln zu lassen, was Sie durch wesentliche Verpflichtungen schuldig sind. Ich glaube selbst, Sie würden mir bessern Dank wissen, Sie völlig zu vergessen, als mich in diesem Falle daran zu erinnern, und [172] meine Absonderung von Ihrer Person und von Ihren Interessen von Herzen gerne billigen. Bei allem dem gnädige Frau, will ich nicht, daß Sie mich verlieren, weil ich wohl versichert bin, daß Sie froh seyn werden, einst jenen wiederzufinden, den Sie jetzt geringschätzen. Ich werde mich ganz so sehr erhalten, als es das Bewußtseyn Ihrer gegenwärtigen Lage zulassen kann, und die Freundschaft, die ich Ihnen versprochen habe, die es nicht zu verhehlen vermag, daß das ganze menschliche Geschlecht wüthende Eingriffe in Ihr Betragen macht, und Sie der beständige Gegenstand aller Tagesgespräche geworden sind. Man schildert Ihr Verhältniß als das niederträchtigste und verworfendste, in welches sich jemals eine Person von Ihrem Ansehen eingelassen habe, und man sagt, daß Ihr Freund über Sie eine tyrannische Herrschaft ausübe, und über alles, was sich Ihnen nähert; daß er alles davonjagt, was Ihnen gefällt, und daß er selbst jene bedrohet, von denen er fürchtet, sie seyen seine Nebenbuhler, wie er es dem la Feuillade machte, und ich übergehe mit Stillschweigen die nähern Umstände seiner geheimen Besuche, die hinlänglich [173] bekannt sind. Denken Sie, gnädige Frau, an den Nachtheil, der Ihrem Rufe durch diesen Umgang zugeht, und überlegen Sie, wer Sie sind, und wer der ist, der Ihnen die Ehre raubt; denn das Ansehen und die Achtung, die er Ihnen bewirkt, sind für Sie sehr ehrenvoll, und falsche Lichter, die auf Sie zurückstrahlen, vielmehr um Sie zu beschädigen, als um Sie zu beleuchten. Ach gnädige Frau, wenn die armen Verstorbenen nur ein wenig Empfindung hätten, sie würden ihre Gräber durchkratzen, um herauszusteigen, und Ihnen Vorwürfe machen über eine so schimpfliche Abhängigkeit, aber ich glaube nicht, daß Sie von der Erinnerung an sie gerührt werden; fürchten Sie die Lebenden, die früh oder spät über Ihr Betragen aufgeklärt seyn, und darin ohne Zweifel den nöthigen Unterschied machen werden. Ich stelle Ihnen alle diese Dinge nicht aus einem Beweggrunde der Eifersucht vor; denn ich versichere Ihnen, daß ich über eine so betrübende und unnütze Leidenschaft, wie diese, nicht betroffen bin. Liebte ich Sie mit Innigkeit, so bräche ich in Schmähungen aus, die Ihnen unersetzlichen Schaden machen [174] würden, und rächte mich wegen jenem, den Sie mir ma chen, mit eben so großer Undankbarkeit. Liebte ich Sie gar nicht, so würde ich Scherz treiben, wie die andern; aber ich erhalte mich in Hinsicht ihrer in einem Mittelstande, der mir einen stummen Schmerz über die Verblendung Ihres Betragens verursacht, das Sie zuletzt in die tiefsten Abgründe führen wird, wenn Sie nicht an sich denken, und sich durch Ihre Klugheit zurückhalten, ohne die Ereignisse zu erwarten. Ich nehme morgen den Weg von Tourraine, und sage Ihnen ein Lebewohl, gnädige Frau. Wenn Sie die Warnungen gut aufnehmen, die ich Ihnen gebe, werde ich fortfahren, Sie zu lieben; wenn übel, – so werde ich suchen, mich von dem Grundsatze loszumachen, der die Ursache davon ist; inzwischen bitte ich um keinen guten Dienst für meine Verhältnisse, sondern nur, daß Sie verhindern, daß man mir nicht schlechte erweise, wofür ich Ihnen verbunden seyn werde.«

Die Verbannung des Vineuil verschaffte dem Abbé Fouquet wenig mehr Ruhe, als er zuvor hatte; Frau von Chastillon machte ihn alle Augenblicke [175] rasend, aber was ihn am meisten beunruhigte, war der Umgang des Marschalls von Hocquincourt mit ihr. Dieß hatte sie so stolz gemacht, daß sie den Abbé Fouquet oft behandelte, als hätte sie ihn nicht gekannt; dieser sah wohl, woher ihr Hochmuth kam.

Unterdessen, da sich der Marschall von Hoc quincourt durch Frau von Chastillon gedrängt fand, ihr die Versprechen zu halten, die er ihr gegeben hatte, und es nicht thun wollte, ließ er den Cardinal von allem, was er der Frau von Chastillon versprochen, durch einen Edelmann von ihm, der ihn zu verrathen schien, in Kenntniß setzen, und zu gleicher Zeit die nämliche Nachricht dem Abbé Fouquet durch Frau von Calvoisin, Gattin des Hofmeisters des Königes geben; diese List hatte ganz die Wirkung, welche der Marschall davon erwartet hatte; der Cardinal wurde davon erschreckt, und ließ, um eine so gefährliche Intrigue zu vereitlen, mit dem Marschall von Hocquincourt unterhandeln. Der Abbé Fouquet seinerseits, den dieCalvoisin benachrichtigt hatte, hat den Cardinal, zu billigen, daß er Frau von [176] Chastillon verhaften ließe, und sie an einen Ort brächte, wo sie mit Niemand Verkehr haben könnte, bis er es für zeitgemäß hielt, sie wieder in Freiheit zu setzen. Da der Cardinal dazu eingewilligt hatte, ließ Abbé Fouquet die Herzogin von Chastillon zu Marlou ergreifen, und mit einem Fräulein nach Paris führen, wo sie Nachts ankamen und bei einem Namens von Vaux wohnten, in der Straße von Vortou. Am folgenden Tage nach ihrer Ankunft drang ihr der AbbeFouquet aus Auftrag des Cardinals eine Schrift an den Marschall von Hocquincourt ab, worin sie ihn hat, sein Abkommen mit dem Könige zu treffen und nicht mehr weder an den Herrn Prinzen zu denken, noch an sie, weil dieß sie in Lebensgefahr bringe, und weil sie wenige Tage zuvor, ehe sie verhaftet wurde, mit dem Marschalle übereingekommen war, daß wenn sie verhaftet würde und man von ihnen Briefe verlangte, gegen die gemeinschaftlich genommenen Maßregeln, sie denselben keinen Glauben beimessen wollten, wenn sie nicht mit einem doppelten C. unterzeichnet wären, setzte sie es nicht in diesen Brief, aber wohl in einen andern, [177] den sie zu gleicher Zeit dem Marschalle schrieb, worin sie ihn aufforderte, standhaft auf seinem ersten Entschlusse zu beharren, den er genommen hatte, dem Herrn Prinzen zu dienen, und ihm seine Festungen zu übergeben. Der Marschall, der die Absicht dazu gar nicht gehabt, und es nur der Frau von Chastillon versprochen hatte, um dafür Gunstbezeigungen zu erhalten, und um dem Cardinale Gnaden zu entreißen, die er nicht davon erhalten konnte, ohne gefürchtet zu werden, unterdrückte den Brief des Einverständnisses, und schickte dem Herrn Prinzen jenen, welchen AbbeFouquet von Frau von Chastillon hatte schreiben lassen, aus welchem erkennend, daß sie in Lebensgefahr sey, er ihr rieth, mit dem Hofe ihren Vergleich zu treffen, damit er Frau von Chastillon aus der Haft befreie. Der Cardinal, welcher den Marschall dermaßen in Frau von Chastillon verliebt glaubte, daß er alles geben würde, was man von ihm verlangte, um sie in Freiheit zu setzen, wollte sie ihm für hundert tausend Livres rechnen, auf die hundert tausend Thaler, worüber er mit ihm eins geworden war, aber der Marschall wollte nichts damit [178] machen, und um dennoch bei ihr nicht für einen Betruger zu gelten, und immer mit ihr in Beziehungen zu stehen, wollte er seine Festungen nicht in die Hände des Cardinals legen, ohne zu wissen, daß die Herzogin in Freiheit wäre, so daß man ihn, um ihn hierüber zufrieden zu stellen, betrog, und die Herzogin zu den hochwürdigen Vätern ins Kloster schickte, sich einem Edelmanne sehen zu lassen, den er eigends hiezu gesendet hatte, mit dem sie frei war, hernach aber in ihre Haft zurückkehrte, wo sie noch acht Tage blieb. Während der drei Wochen ihrer Gefangenschaft in der Straße von Poitou, war der Abbe nicht so frei, wie sie; er warb sich wieder täglich je mehr und mehr an, denn weil er mit der Freiheit zu gehen und zu kommen ihr jene nahm, zu betrügen, sie verhindernd Jemand zu sehen, fand er sie tausendmal liebenswürdiger als früher Uebrigens lebte die Herzogin, die sich wieder seine Achtung verschaffen wollte, um sich in Freiheit zu setzen, auf eine Weise mit ihm, fähig, einen Barbaren zu erweichen, nebst tausend Gefälligkeiten und tausend Süßigkeiten, die sie für ihn hatte, bezeigte sie ihm ein so völliges Vertrauen, daß [179] er sich nicht enthalten konnte zu glauben, daß sie immer nur von ihm abhängen wolle.

So standen die Sachen, als der Abbe einen sehr zärtlichen Brief auffieng, den die Herzogin dem Prinzen von Condé geschrieben hatte. Dieß verursachte ihm einen so großen Schmerz, daß er, indem er ihr Vorwürfe machte, sich mit Quecksilber von der Rückseite eines Spiegelglases vergiften wollte, als er aber anfieng, sich übel zu befinden, verlor er die Lust, für eine Ungetreue zu sterben, und nahm Theriac, das er gewöhnlich bei sich trug, um sich gegen seine Feinde zu schützen, die ihm der Dienst den er bei dem Cardinale übernommen hatte, ihm täglich machte. Außer der Freiheit dahin zu geben, wohin es ihr gefiel, der Freiheit dahin zu geben, wohin es ihr gefiel, brachte die Herzogin die Zeit in ihrer Haft sehr angenehm zu; der Abbe verschaffte ihr das beste Leben von der Welt, und gab ihr täglich sehr ansehnliche Geschenke an Bijouterien und Edelsteinen, um zwei Uhr nach Mitternacht ging er von ihr weg, und kehrte um acht Uhr Morgens zu ihr zurück; er war also achtzehn Stunden unter vier und zwanzig bei ihr.

Es war unmöglich, daß der Cardinal nicht wußte.[180] wo die Herzogin sich befand, und es ist possierlich, daß dieser große Mann, welcher das Schicksal von Europa bestimmte, ein Liebesgeheimniß mit dem Abbe Fouquet theilte, woran er kein Interesse hatte. Ich glaube, daß der Grund, den er hatte, diesen Verkehr zu billigen, war, weil er, die Herzogin als ränkevoll kennend, sie lieber in den Händen des Abbe wußte, dessen er versichert war, als in eines Andern, und übrigens, da der Abbe sie im Zimmer bütete und dadurch ziemlich verunehrte, sehr froh war, daß der Prinz von Condé, ihr Vetter und Liebhaber, dadurch eine außerordentliche Züchtigung erhielt. Da endlich der Vergleich des Marschalls von Hocquincourt auf die Bedingung abgeschlossen war, daß die Herzogin ihrer Haft sollte entlassen werden, mußte man sie in Freiheit setzen. Man schickte sie nach Marlou, wo ihr wenige Tage darnach der verdrießlichste Vorfall von der Welt begegnete.

Der Abbe Fouquet war mit ihr übereingekommen, daß sie sich alle Samstage wechselseitig die Briefe zurücksenden wollten, die sie sich im Laufe der [181] Woche geschrieben, und daß er sie durch einen Menschen würde holen lassen, der vorgeben sollte an Fräulein von Vertus. Eines Tages, da dieser Mensch in Marlou war, kam ein Lackey des Marschalls von Hocquincourt mit einem Briefe für die Herzogin an, welche die Antwort schrieb, und sie einer Kammerfrau gab, um sie dem Ueberbringer einzuhändigen; diese irrte sich und gab dem Boten des Abbe die Antwort, welche ihre Gebieterin dem Marschalle schrieb, und dem Lackey des Marschalles, das für den Abbe bestimmte Packet. Man kann sich denken, in welcher Unruhe die Herzogin war, sobald sie die Verwechslung erfuhr, und besonders, wenn man wissen wird, daß in dem Briefe, den sie dem Abbe schrieb, außer tausend Süßigkeiten, auch noch ein großes Kapitel gegen Frau von Bregy war, die sie haßte, weil sie von der Natur die körperlichen und geistigen Züge hatte, welche die Herzogin nur durch Erkünste lung besaß. Es ist gewiß, daß sie diese immer beneidet hatte, und ihr niemals ihre Vorzüge verzeihen konnte. An einer andern Stelle ließ sie kein gutes Haar an dem Mylord Montaign, und brachte [182] fast überall die beißendste Spottereien von der Welt gegen den Marschall an. Wenn sie ferner wieder an die Briefe des Abbe dachte, die sie ihm schickte, worin Zärtlichkeit und Aufwallung der Liebe waren, die für eine Geliebte gut seyn konnten, aber gleichgültigen Personen gewöhnlich sehr lächerlich schienen, und daß sie in den Händen eines ruhmsüchtigen und verhöhnten Nebenbuhlers sich befanden, war sie in Verzweiflung; der Abbe seinerseits brachte seine Zeit auch nicht besser zu. Was den Marschall betrifft, so urtheilte er, sobald er alle Briefe des Abbe und jenen gesehen hatte, den ihm die Herzogin schrieb, daß er einst bewogen werden könnte, sie ihr zurückzugeben, durch seine Schwachheit ihr gegenüber, oder durch die Bitte ihrer Freunde, so daß er, um sich in den Stand zu setzen, sich an ihr zu rächen, wann es ihm gefiele, sie alle abschreiben ließ, und dann die Orginalien dem Herzoge von la Rochefaucault, und der Frau von Pisieux zeigte, die er als Feindin der Herzogin kannte. Nachdem er Abbe eine Nacht in Marlou gewesen war, kam er nach Paris zum Marschall zurück, von dem er seine Briefe verlangte. [183] Der Marschall begnügte sich nicht, sie ihm zu verweigern, sondern fügte auch noch allen Spott nach seiner Art bei, der ihm nur einfallen konnte. Während der Marschall sich lustig machte, hielt er den Brief der Herzogin an den Abbe offen in der Hand; dieser, der sich fast lieber hätte können tödten, als seine Geliebte in der Willkür seines Nebenbuhlers lassen, in welcher sie durch diesen Brief stand fiel darüber her, und riß die Hälfte davon ab, die er die Herzogin sehen ließ, indem er ihr sagte, daß der Marschall die andere verbrannt habe. Indeß bedeutete der Marschall dem Abbe, im Zorn über sein Unterfangen, daß er sogleich sich entfernen, und daß er, wenn nicht einige Rücksicht ihn abhielte, ihn zum Fenster würde hinaus werfen lassen.

Wenige Tage darnach glaubte die Herzogin, nach Paris zurückgekommen, um das Publikum über tausend nähere Umstände, die der Marschall von ihr gesagt hatte, eines bessern zu belehren, sie müsse Leuten von Verdienst und Tugend zeigen, auf welche Art sie ihn behandeln würde. Sie wählte hiezu das Haus des Marquis von Sourches, Großprofoßen [184] von Frankreich, bei dem und seiner Gattin sie sich vorzüglich rechtfertigen wollte. Als das Rendezvous mit dem Marschalle genommen war, merkte dieser ihr Vorhaben. »Gott behüte Dich, mein armes Kind, sagte er zu ihr, indem er sich ihr näherte, wie befinden sich meine kleine Hinterbacken, sind sie immer recht mager?« Man kann sich die Lage nicht denken, in welche die Herzogin durch diese Anrede kam; es war ein Kolbenschlag auf das Haupt; dennoch dachte sie daran, den Marschall als unsinnig und unverschämt zu behandeln, allein sie glaubte, daß er, weil er nun einmal so angefangen, in das für sie schimpflichste Detail von der Welt eingehen würde, wenn sie ihr auch nur ein klein wenig erzürnte. Der Großprofoß und seine Gattin sahen sich einander an, und, gegen die Herzogin sich wendend, diese mit gesenkten Blicken; in der That sie änderte die Farbe nicht, aber die sie kannten, hielten sie nicht für minder bestürzt; endlich nahm der Großprofoß das Wort, und sagte. »Sie haben Unrecht, Herr Marschall, die braven Männer sollen den Tamen nie ins Gesicht widerstehen; man muß ihnen Dank [185] wissen für das Geschenk, das sie mit ihrem Herzen machen, und sie nicht beleidigen, wenn sie es verschmähen.« Ich stimme Ihnen bei, sagte der Marschall, aber wenn ihr Herz einmal verschenkt ist, und sie hernach wechseln, müssen sie große Schonung für jene bezeigen, die sie geliebt haben, und wenn sie über sie spotten, setzen sie sich großen Unannehmlichkeiten aus. Sie verstehen mich wohl, gnädige Frau, fügte er hinzu, sich gegen die Herzogin wendend, ich bin versichert, daß sie wohl glauben, daß ich recht habe, aber sie überraschen mich durch Ihre Verlegenheit; Sie sollten der Beschwerlichkeiten gewohnt seyn, seitdem sie schlimme Streiche den Leuten spielen, die sich dafür rächen; ich gestehe Ihnen, ich hätte nicht geglaubt, daß sie noch so viel Schamgefühl besäßen, als sie zeigen,« – und indem er diese Rede endete, ging er, und ließ die Herzogin mehr todt als lebendig zurück. Der Großprofoß und seine Gattin suchten sie wieder zurecht zu bringen, indem sie sagten, daß das, was der Marschall gesprochen, keinen Eindruck auf ihre Gesinnungen gemacht[186] hätte; inzwischen pflegte sie von diesem Tage an keinen großen Umgang mit ihr.

Vierzehn Tage darnach mußte der Abbe nach Hof gehen, der in Compiegne war; die Herzogin, welche die Rückkehr des Prinzen von Condé nach Frankreich vorhersah, durch den allgemeinen Frieden, von dem stark gesprochen wurde, und die nicht wollte, daß er sie in einem für sie so schimpflichen Verhältnisse träfe, das ihr übrigens sehr zur Last war, beschloß es aus eine Art zu brechen, daß keine Spur mehr davon blieb. Mit diesem Vorsatze ging sie in die Wohnung des Abbe, wo sie von demjenigen seiner Diener, auf den er das größte Vertrauen setzte, die Schlüssel zum Kabinette seines Gebieters verlangte, indem sie sagte, daß sie ihm schreiben wolle, dieser Mensch, ohne weiter nachzuforschen, und nur die Liebe des Abbe für die Herzogin im Auge, gab ihr sogleich alles, was sie verlangte. Als sie sich allein sah, brach sie das Schloß des Kästchens auf, wo sie wußte, daß der Abbe ihre Briefe aufbewahrte, und nahm nicht nur alle diese, sondern auch andere vom Prinzen von Condé, die sie ihm geopfert hatte, [187] und verbrannte sie bei Frau von Sourches. Als der Abbe nach seiner Rückkehr die Zerschmetterung in seiner Wohnung fand, ging er zur Herzogin, und fing mit der Drohung an, ihr die Nase abzuschneiden, dann zerschlug er einen Crystallleuchter, und einen großen Spiegel, den er ihr gegeben, und ging fort, nachdem er ihr tausend Schmähungen gesagt hatte. Während dieses Lärmes bemächtigte sich eine Kammerfrau der Herzogin, welche glaubte, daß der Abbe alles das wieder nehmen würde, was er ihr geschenkt, des Kästchens mit den Edelsteinen ihrer Gebieterin, und trug es zur Frau von Sourches, wo es am nämlichen Abende die Herzogin holen ließ, um es einer Andächtigen, Verwandtin ihrer Mutter, in Verwahr zu gehen. Der Abbe, am andern Tage davon benachrichtiget, ging zu dieser Andächtigen, und nahm das Kästchen mit Gewalt mit sich fort. Als die Herzogin ihren Verlust erfuhr, war sie in Verzweiflung, aber sie verlor die Besinnung nicht, und schickte Leute über den Abbe, die so viel Einfluß auf ihn hatten, daß er das Kästchen zurück gab, und bei dieser Rückgabe söhnten sie sich [188] so gut aus, als sie jemals waren, und diese Aussöhnung ging so schnell, daß als Frau von Bouteville am folgenden Tage gekommen war, die Herzogin, ihre Tochter über den Unfall zu trösten, der sie getroffen, der Abbe schon bei ihr war, der sich während dieses Besuches in einem Kabinette versteckte, wo er die ganze Komödie anhörte.

Wenige Tage darnach, da sich die Herzogin sich nicht immer die Mühe geben wollte, es zu verhehlen, daß sie den Abbe wieder sah, und glaubte, weil ihr Streit Aussehen gemacht, mußte ihre Versöhnung offenkundig werden, ließ sie sich von ihren Freunden auf Anstiften des Abbe drängen, ihm verzeihen zu wollen, und nachdem sie zuletzt eine Gewissenssache daraus gemacht hatte, ließ sie die Frau Oberin des Klosters von der Barmherzigkeit, eine seligen Anschauungen unterworfene Frau, mit einander sprechen, und sich umarmen. Diese Vermittlung brachte die ehrwürdige Mutter bei der Königin und dem Cardinale ein wenig in Mißkredit. Sie glaubte nicht, daß sie einen so besondern Verkehr mit Gott habe; da sie sich so leicht von Menschen betrügen lasse.

[189] Inzwischen dauerte diese Versöhnung nur sechs Monate; die Rückkehr des Prinzen von Condé nach Frankreich, die sich von Tag zu Tag näherte, ließ die Herzogin fürchten, daß er sie noch unter der Herrschaft des Abbe fände, und die Frauen von St.Chaumond und von Feuquieres, ihre Basen und guten Freundinnen, beschämten sie so daß sie mit ihm unter dem Verwande der Frömmigkeit brach. Es fiel dem Abbe sehr schwer, in das Vorhaben der Herzogin einzuwilligen; zu einer andern Zeit hätte er es nicht gethan; aber da er seinen Einfluß bei dem Cardinale sehr vermindert sah, und fürchtete, daß der Prinz von Condé, der ihn außerdem haßte, und Bouteville, welche den Schimpf rächen wollte, den er ihrem Hause angethan, ihn möchten tödten lassen, wenn er der Herzogin den mindesten neuen Anlaß zu Beschwerden gäbe, hörte er auf, sie zu sehen, aber nicht sie zu lieben.

Um diese Zeit hatte Frau von Olonne, wie ich erwähnte, die Gräfin von Fiesque gebeten, in ihrem Namen dem Abbe Fouquet über eine angebliche Verbindlichkeit, zu danken, die eigentlich [190] nichts war, aber ›sie wollte bei dem Abbe Fouquet‹ Betrachtungen über diese Artigkeit erregen, und ihm begreiflich machen, daß wenn man den Leuten für etwas so Geringes danke, man ihnen größere Verbindlichkeiten schuldig seyn wolle. Am nämlichen Tage, da Frau von Olonne die Gräfin sah, fand sie den Abbe bei Frau von Bonnelle, und machte ihm hier selbst ihr Compliment; der Abbe, der sehr erfreut war, sich der Frau von Olonne nähern zu können, um seine Heilung von der Leidenschaft zu versuchen, die ihm noch für Frau von Chastillon blieb, erwiederte ihre Artigkeiten, so verbindlich er nur konnte, und da am folgenden Tage die Gräfin ihn hatte holen lassen, und ihm sagte, was Frau von Olonne sie gebeten, ihm zu sagen, versetzte er: »Ich weiß mehr davon als Sie, gnädige Frau, und erhielt gestern Abends von ihr selbst Beweise ihrer Erkenntlichkeit; aber sie möchte von Ihnen gerne etwas erfahren, fügte er bei, ob der Graf von Guiche nicht in Frau vonOlonne verliebt ist; ist dieß der Fall, so will ich die Gelegenheit vermeiden, es zu werden; er hat in Allem so viel [191] Rücksicht für mich gehabt, daß es lächerlich von mir wäre, ihn übel zu behandeln.« »Nein, erwiederte die Gräfin, wenigstens haben Frau von Olonne und er, jedes besonders, mir gesagt, daß sie nicht an einander denken.« »Wenn's so ist, versetzte der Abbe, so bitte ich Sie, gnädige Frau, der Frau von Olonne zu melden, daß Sie mich gesehen und ich über das, was Sie mir in ihrem Namen gesagt haben, so von Freude entzückt geschienen, zu sehen, wie sie aufgenommen, was ich für sie that, daß sie nicht zweifeln, daß ich rasend in sie mich verlieben würde. Und hierüber, gnädige Frau, fragen Sie sie, ich bitte Sie, was ich thun würde, wenn es so wäre.« Da die Gräfin ihm dieß versprach, ging der Abbe fort, und am folgenden Tage, als Frau von Olonne dieses Briefchen von der Gräfin erhalten hatte, gab sie diese Antwort: »Sie fragen mich, was ich thun würde, wenn der Abbe Fouquet sehr in mich verliebt wäre? Ich werde mich wohl hüten, es Ihnen sagen, aber er gefällt mir so sehr, als er mir vorgestern gefiel. Leben Sie wohl. Die Castilianerin.«

[192] Der Chevalier von Gramont war bei der Gräfin einen Augenblick darnach angekommen, als sie dieß Briefchen erhalten hatte, und fand sie im Bette; und da er ein Papier sah, das nur zur Hälfte unter ihrem Kopfkissen war, nahm er es. Als die Gräfin dieß Papier von ihm wieder forderte, gab ihr der Chevalier ein anderes zurück, ungefähr von derselben Größe. Die Personen, welche gerade bei der Gräfin waren, beschäftigten sie so sehr, daß sie den Betrug des Chevalier nicht bemerkte, der beinahe gleich darauf, da er ihn verübt hatte, fort ging. Als er sah was es war, darf man nicht fragen, ob er Freude fühlte etwas in Händen zu haben, was der Frau von Olonne schaden, und den Grafen von Guiche rasend machen konnte. Er erinnerte sich, dem Marsillac geopfert worden zu seyn, und der Unruhe, die sein Neffe ihm in Bezug auf die Gräfin veranlaßt hatte, und er war sehr froh, daß der Abbe ihn auch wieder quälte. Der Lärmen, den er von diesem Briefe machte, hatte ganz die Wirkung, die er wünschen konnte; der Graf von Guiche erschrack, und fragte Vineuil um Rath; [193] sie beschlossen mit einander, daß er selbst hierüber mit dem Abbe sprechen sollte, und schrieb indessen diesen Brief an Frau von Olonne:

»Sie bringen mich zur Verzweiflung, gnädige Frau, aber ich liebe Sie zu sehr, um mich gegen Sie heftig zu erzürnen; vielleicht daß dieses Verfahren mehr Ihr Herz rühren wird, als die Vorwürfe. Inzwischen muß meine Entrüstung auf Jemand fallen, und ich weiß Niemand, der sie sich mehr zugezogen hätte, als die Gräfin. Sie ist es gewiß, die den Abbe Fouquet veranlaßt hat, an Sie zu denken; sie ist in Verzweiflung; daß ich sie verlassen habe. Um zu machen, daß ich zu ihr zurückkehre, oder um sich meiner Veränderung wegen zu rächen, will sie mir einen Nebenbuhler geben, der mich verdränge, oder es mir verleide, Sie zu lieben. Ich glaube nicht, daß sie in dem einen oder andern Falle ihren Zweck erreichen werde, gnädige Frau, aber ich kann nicht umhin, ihr den nämlichen Dank zu wissen; als ob das eine oder das andere geschehen wäre, auch darf sie erwarten, daß ich keine Rücksicht mehr für sie haben werde, und daß es nichts [194] auf der Welt gebe, was ich nicht thäte, um mich dafür zu rächen.«

Frau von Olonne, die des Grafen von Guiche nicht so versichert war, daß sie nicht fürchten sollte, die Gräfin könnte ihn wieder nehmen, wollte sie auf den Punkt entzweien, daß wahrscheinlicher Weise keine Versöhnung mehr zwischen ihnen Statt haben konnte, und hatte daher kaum diesen Brief erhalten, als sie ihn zu diesem Zwecke der Gräfin schickte. Diese, ganz rasend gegen den Grafen vonGuiche, ließ dem Vineuil sagen, er möchte zu ihr kommen. »Ich habe Sie holen lassen, um Ihnen zu sagen, daß Ihr Freund ein Narr und ein Unverschämter ist, mit dem ich keinen Umgang mehr haben will. Sehen Sie den Brief, den er der Frau von Olonne geschrieben hat, er beklagt sich, daß ich den AbbeFouquet dränge, sich mit seiner Geliebten einzulassen, und erinnert sich nicht, daß er mir gesagt hat, daß er nicht mehr an sie denke.« »Ich bitte Sie um Verzeihung für ihn, antwortete Vineuil; entschuldigen Sie einen armen Liebhaber, der, weil man ihm seine Geliebte nehmen will, nicht mehr [195] weiß, was er that, noch an wen er sich halten soll; sobald ich ihn werde zu sich gebracht haben, wird er sich zu Ihren Füßen werfen.« Nach einigen andern Gesprächen ging Vineuil fort, und kam eine Stunde darnach mit dem Grafen von Guiche wieder zurück, welcher der Gräfin so viele Sachen sagte, daß sie ihm versprach, nicht mehr an seine Ungeschliffenheit zu denken. Am folgenden Tage besuchte der Graf, der beschlossen hatte, mit dem Abbe zu sprechen, denselben, und ihn auf die Seite ziehend, sagte er: wenn wir alle Zwei zu gleicher Zeit angefangen hätten, in Frau von Olonne verliebt zu seyn, wäre es lächerlich, befremdend zu finden, daß Sie sie mir bestritten, auch ich würde es nicht thun, und ließe sie selbst durch ihre Gunstbezeugungen über das Glück des Einen oder Andern entscheiden; aber da Sie mich in einem Verhältnisse beunruhigen, worin ich lange Zeit vor Ihnen stehe, wünschen Sie wohl, daß ich Ihnen sage, daß dieß nicht redlich ist, und ich bitte Sie, mich bei meiner Geliebten in Ruhe zu lassen, ohne mir einen andern Aerger zu machen, als jenen, den mir Ihre Härte verursacht.« »Ich bin [196] ein Freund der Frau vonOlonne, antwortete der Abbe, und weiter nichts; Sie haben also nicht Ursache, sich über mich zu beklagen, wenn ich jedoch glaubte, daß die Rede, die Sie mir da halten, von Leuten wäre gerathen worden, die mich in Verhältnisse bringen wollten, so erkläre ich Ihnen, daß ich Ihr Nebenbuhler seit heute werden sollte. Ich weiß wohl, warum ich so mit Ihnen spreche, und Sie können mich wohl verstehen.« Der Abbe wollte von Vardes, seinem Todfeinde, und Freunde des Grafen sprechen. »Nein«, antwortete der Graf, »ich verstehe Sie nicht, aber was ich Ihnen zu sagen habe, ist, daß die Eifersucht mir rieth, Sie zu bitten, mir keine mehr zu erregen.« Der Abbe versprach es ihm, und sie trennten sich als die besten Freunde von der Welt. Wenige Tage darnach traf dieser Frau vonOlonne bei einem Besuche, sie nahm ihn zur Seite, um ihm geringfügige Dinge anzuvertrauen; da auch der Abbe nicht wußte, was er ihr sagen sollte, erzählte er ihr die Aufklärung zwischen dem Grafen und ihm. »Ich bin sehr erfreut, sagte sie zu ihm, daß ihr Herren über [197] mich wie über euer Gut verfüget; ich gehöre also nun dem Grafen von Guiche, weil Sie ihm Ihre Erklärung gemacht haben, daß Sie keinen Anspruch auf mich machen.« »Ach, gnädige Frau, antwortete der Abbe, ich gebe Sie Niemand; wär' ich im Stande es zu thun, so würde ich, da ich mich mehr liebe als wen immer, Sie für mich behalten; aber auf den Verdacht, den der Gras von Guiche hat, daß ich für Sie Liebe fühle, erklär ich ihm, daß ich nicht daran denke, und dieß zwischen Ihnen und mir, gnädige Frau, weil ich meinem Glücke nicht traue.« Denn – – – – »Nein, nein, unterbrach ihn Frau von Olonne, fahren Sie nicht fort, Herr Abbe, mit mir gegen Ihre Gesinnung zu sprechen; Sie wissen wohl, daß Sie nicht so unglücklich sind, als Sie sagen.« Da der Abbe sich so gedrängt sah, konnte er sich nicht enthalten, ihr zu antworten, daß sie es besser wisse, als er, daß, vermögend das Glück von Königen selbst zu machen, er das seinige für gemacht hielte, wenn sie ihn dessen versicherte, und daß übrigens die Zusage, die er dem Grafen gegeben, ihn nicht verhindern würde, sie zu lieben, [198] wenn er einigen Anschein sähe, geliebt zu werden. Diese Unterredung endete mit so vieler Süßigkeit von Seite der Frau von Olonne, daß der Abbe vergaß, daß er noch Frau von Chastillon liebe, so daß er sich entschloß, sich ohne Neigung an Frau vonOlonne zu machen; er glaubte, indem er den Körper durch die Vergnügungen anziehe, den Geist losmachen zu können, dessen Interessen so vermischt sind. In der That, Frau von Olonne, welcher die Zeit sehr kostbar war, ließ den Abbe nicht schmachten; aber da ihr Einverständniß nicht lange dauern konnte, ohne daß der Graf es bemerkte, ging dieser zu ihr, um ihr Beschwerden darüber zu machen. Als er an der Thüre ihres Zimmers war, hörte er, daß man einiges Geräusch machte; dieß bewog ihn, zu horchen, was es sey; er hörte Frau von Olonne, die Jemand tausend Süßigkeiten sagte; seine Neugierde verdoppelnd, blickte er durch's Schlüsselloch, und sah seine Geliebte ihrem Gatten eben so zärtliche Liebkosungen machen, wie ihrem Liebhaber; dieß flößte ihm nicht weniger Unwillen als Verachtung gegen sie ein; er ging haftig fort nach Hause, wo [199] er Tinte und Papier nahm, und dieß an Vineuil schrieb:

»Sie wissen nicht, einen neuen Liebhaber der Frau von Olonne hab ich entdeckt, aber welchen neuen Liebhaber, guter Gott! einen gut behandelten Liebhaber, einen zum Hause gehörigen Nebenbuhler. Es ist nicht auszuhalten, von Olonne ist's, den ich so eben auf dem Schooße seiner Gattin überrascht habe, der tausend Liebkosungen von dieser Ungetreuen erhielt. Denn kurz, mein Lieber, er ist nicht Ehegemahl, er empfängt alle Süßigkeiten der Liebhaber, andere Liebkosungen, als jene, welche die Pflicht giebt, und empfängt sie bei Tage, die stets nur die Zeit der Liebhaber gewesen ist.«

Als der Graf von Guiche am folgenden Tage zu Frau von Olonne zurückkehrte, versparte er die Vorwürfe, welche er ihres Gatten wegen ihr zu machen hatte, auf ein anderesmal, und wollte über diesen Streich nur mit dem Abbe Fouquet sprechen. Frau von Olonne, die voll Rücksicht war, wenn sie einen Liebhaber verlieren mußte, nicht so sehr aus Furcht seines Verdrusses, als weil sich die Zahl[200] derselben verminderte, sagte zum Grafen von Guiche, daß er Herr ihres Betragens sey, daß er ihr eine solche Lebensweise vorschreiben könne, wie sie ihm gefiele; daß wenn der Abbe ihm verdächtig scheine, so würde sie ihn nicht nur nicht mehr sehen, sondern er sollte selbst Zeuge seyn, in welchem Tone sie mit ihm spräche. Der Graf, der es nie gewagt hatte, ein so großes Opfer von ihr zu verlangen, nahm die Anerbietungen an, die sie ihm hiewegen machte; die Zusammenkunft hatte am folgenden Tage bei dem Graf Statt, wo Frau von Olonne allein mit dem Grafen und dem Abbe, so mit diesem sprach, nachdem sie am Abende vorher alles verabredet hatten. »Ich habe Sie gebeten, Herr Abbe, hieher zu kommen, um Ihnen in Gegenwart des Herrn Grafen von Guiche zu sagen, daß ich Niemand als ihn liebe, und jemals lieben kann; wie waren beide sehr froh, daß Sie es wußten, damit Sie nicht den Grund der Unwissenheit vorschützen möchten. Nicht als ob Sie, ich bekenne es, bisher auf einem andern Fuße mit mir gestanden, als auf dem eines Freundes, aber da Sie dabei ohne Arglist verfahren, so haben [201] Sie vielleicht nicht wahrgenommen, daß Ihre Besuche ein wenig zu häufig waren, und Sie wissen, daß dieß gewöhnlich einem so verliebten Mann, wie der Graf ist, nicht gefällt, welches Vertrauen er auch aus seine Geliebte haben möge. Was mich betrifft, so will ich, so lang' ich lebe, nur darauf denken, ihm zu gefallen; ich wollte Ihnen diese Erklärung machen, damit Sie nicht, ohne daran zu denken, böse Händel anfingen. Bleiben Sie mein Freund, es wird mich sehr freuen, aber je weniger wir miteinander Umgang halten können, desto besser wird es seyn.« »Ja, gnädige Frau, ich verspreche Ihnen, sagte der Abbe, ich trete ganz der Meinung des Herrn Grafen von Guiche bei und habe alle Grade der Eifersucht durchgangen, und es ist nicht erst seit heute, daß wir dieses Kapitel mit einander besprochen haben. Ich weiß wohl, was ich ihm versprochen habe, und ich versichere ihm, daß ich nicht dagegen gehandelt habe.« »Es ist wahr,« unterbrach ihn der Graf, »daß ich mich nicht über Sie beklagen kann; aber die gnädige Frau hat sehr wohl bemerkt, daß, da Sie keine Absicht haben, Sie vielleicht glaubten, [202] nichts gegen das zu thun, was Sie mir versprachen und nur der Schein war gegen Sie.« »Nun wohl,« versetzte der Abbe, »daran soll es nicht liegen, daß Sie glücklich sind; ich gebe Ihnen mein Wort, die gnädige Frau nur einmal des Monates absichtlich zu sehen; für zufälliges Zusammentreffen kann ich nicht gut stehen, es ist jedoch Ihre Sache, hiewegen Ihre Sicherheitsmaßregeln zu nehmen.« Nach tausend Höflichkeiten von beiden Seiten trennten sie sich.

Man wird vielleicht erstaunen, daß der Abbe seine Nebenbuhler bei der Herzogin von Chastillon so ungern litt und mit Frau von Olonne so fügsam war; aber die Ursache ist, weil an jene ihn Liebe, an diese Schwelgerei feßelte, und weil zwar der Leib Mitgenossen dulden kann, aber niemals das Herz.

Einige Zeit darnach beschloß von Olonne, von der schlechten Aufführung seiner Frau unterrichtet, sie auf das Land zu schicken, sowohl um sie zu verhindern, neue dumme Streiche zu machen, als um das Aufsehen zu beschwichtigen, das ihre Gegenwart täglich erneuerte; in der That, kaum war sie abgereiset, so dachte man ihrer nicht mehr, und tausend [203] andere Nachbilder der Frau von Olonne, wovon Paris voll ist, machten in kurzer Zeit das große Urbild vergessen.

Es ereignete sich ein Vorfall, der ohne von der Beschaffenheit jener der Frau von Olonne zu seyn, nicht unterließ, diese eine Zeitlang zu dämpfen. Der Graf von Vivonne, erster königlicher Kammerjunker, und für welchen Seine Majestät von Natur Neigung fühlten, hatte sich auf ein Landgut zurückgezogen, das er nahe bei Paris besaß, um das Osterfest mit zweien von seinen Freunden zu feiern, dem Abbe le Camus und Manchini, dieser ein Neffe des Cardinals, und der andere einer von den Almosenieren des Königes; als sie dort drei oder vier Tage zugebracht hatten, wenn nicht in einer großen Andacht wenigstens in sehr unschuldigen Vergnügungen, besuchten sie der Graf von Guiche und Manicamp, die sich in Paris langweilten. Sobald der Abbe Calmus sie sah, der sie als sehr aufbrausend kannte, beredete er Manchini, nach Paris zurückzukehren, da man vom folgendem Tage an in der Welt sage würde, daß unter ihnen befremdende Dinge vorgegangen seyen, und als Manchini [204] an demselben Abende diese Absicht zeigte, schlugen Manicamp und der Graf von Guiche dem Vivonne vor, Büssy zu bitten, zwei oder drei Tage mit ihnen zu verleben, mit der Versicherung, daß dieser die beiden Andern wohl ersetzen könnte.Vivonne, damit einverstanden, schrieb an Büssy im Namen von Allen, daß er gebeten würde, das Weltgetümmel auf einige Zeit zu verlassen, um bei ihnen mit weniger Zerstreuung den Gedanken an die Ewigkeit nachzuhängen. Bevor ich fortfahre, ist es passend, zu zeigen, wer Vivonne und Büßy waren.

Der erstere hatte dicke blaue hervorstehende Augen, wovon die Augäpfel, die oft zur Hälfte unter den Augenwimpern versteckt waren, ihm wider seine Absicht schmachtende Blicke machten; er hatte eine wohl geformte Nase, einen kleinen und aufgeworfenen Mund, einen schönen Teint, goldgelbe Haare in Menge; in der That besaß er ein wenig zu viel Wohlbeleibtheit, einen lebhaften Geist und eine gute Einbildungskraft, aber er dachte zusehr darauf, kurzweilig zu seyn; er sagte gerne Zweideutigkeiten und doppelsinnige Worte, und um mehr bewundert zu [205] werden, machte er sie oft zu Hause, und brachte sie in Gesellschaften, die er besuchte, als Stegreifseinfälle vor; er schloß mit Personen ohne Unterschied sehr schnell Freundschaft, und ob er nun an ihnen einen Vorzug fand oder nicht, er wurde ihrer noch schneller überdrüssig. Was seiner Neigung ein wenig mehr Dauer verlieh, war die Schmeichelei, doch wer ihn nicht bewunderte, hätte gut bewundernswerth seyn können, er würde nicht viel auf ihn gehalten haben. Da er glaubte, daß ein Beweis des guten Verstandes das Zartgefühl für alle Werte sey, fand er nichts nach seinem Geschmack von allem, was er sah, und urtheilte gewöhnlich darüber ohne Kenntniß und ohne Gründlichkeit; kurz er war von seinem eigenen Verdienste so verblendet, daß er an Andern keines sah; und um, wie er, als Witzling zu sprechen, er hatte viel Selbstgenügsamkeit 5 und viel Unfähigkeit zugleich; er war kühn im Kriege, und furchtsam in der Liebe, indeß wenn man ihm glauben wollte, hätte er allen Frauen übel mitgespielt, mit denen er sich eingelassen, und die Wahrheit ist, daß er bei gewissen [206] Damen scheiterte, die bisher Niemand abgelehnt hatten.

Roger von Rabütin, Graf von Büssy, Oberst der leichten Cavallerie, hatte große sanfte Augen, einen wohlgeformten Mund, eine große Adlernase, eine vorragende Stirne, ein offenes Gesicht, eine glückliche Gesichtsbildung, blonde, feine und glänzende Haare; sein Geist paarte Zartheit mit Kraft, Frohsinn mit Munterkeit; er sprach gut, schrieb richtig und angenehm; er war von Natur sanft, aber die Neider, welche ihm seine Verdienste zuzogen, hatten ihn bitter gemacht, so daß er sich mit seinen Freunden auf Kosten der Leute, die er nicht liebte, gerne lustig machte; er war brav ohne Prahlerei, liebte die Vergnügungen mehr als das Glück, aber die Ehre mehr als das Vergnügen; er war galant mit allen Damen, und sehr höflich und bei der Vertraulichkeit, welche er mit seinen besten Freundinnen hatte, ließ er es niemals an der Ehrerbietung fehlen, die er ihnen schuldig war. Diese Art zu handeln läßt schließen, daß er Liebe für sie fühlte; gewiß ist es, daß sich immer ein wenig davon in [207] seine großen Freundschaftsbezeigungen mischte; er hatte gut und lange im Kriege gedient, aber da es zu seiner Zeit nicht genug war, Geburt, Geist, Dienste und Muth aufzuweisen, um zu großen Würden zu gelangen, war er mit allen diesen Eigenschaften auf der halben Bahn seines Glückes geblieben, weil ihm die Niederträchtigkeit fehlte, Leuten zu schmeicheln, in welche Mazarin, der höchste Gnadenspender, sein Vertrauen setzte, oder weil er nicht im Stande war, sie ihm durch Furchterregung zu entreißen, wie es die meisten Marschälle seiner Zeit gemacht hatten.

Als nun Büssy dieses Briefchen von Vivonne empfing, stieg er sogleich zu Pferde, und begab sich zu ihm, er traf seine Freunde sehr gestimmt sich zu ergötzen, und gewohnt keine Freude zu stören, machte er die Lust noch völlig vollständig. Eintretend sagte er: »ich bin sehr erfreut, meine Freunde, Sie von der Welt so abgesondert zu finden; man bedarf besonderer Gnade von Gott, um sein Heil zu gründen; in den Verwirrungen des Hofes treiben Ehrgeiz, Neid, Schmähsucht, Liebe und tausend andere Leidenschaften, gewöhnlich die bestgeartesten Leute zu Lastern,[208] deren sie in ihren Einfiedeleien wie diese hier, unfähig sind; laßt uns denn mit einander selig werden, meine Freunde und weil, um Gott angenehm zu seyn, nicht nöthig ist zu weinen oder vor Hunger zu sterben, so laßt uns lachen, meine Lieben, und wohlleben.« Diese Meinung wurde allgemein gebilliget; man schickte sich nach Tisch zur Jagd an, und ließ auf den folgenden Tag Harmoniemusik bestellen. Nachdem diese Herren vier oder fünf Stunden gelaufen waren, kamen sie ausgehungert zurück, um das größte Mahl von der Welt einzunehmen. Nach dem Abendessen, das drei Stunden gedauert hatte, während dessen die Gesellschaft jener Munterkeit genoß, die immer das gute Gewissen begleitet, ließ man Pferde zum Spazierritte im Parke vorführen. Hier war es, wo diese vier Freunde, sich in Freiheit fühlend, um sich zu ermuthigen, die Welt mehr zu verachten, den Vorschlag machten, das ganze menschliche Geschlecht zu lästern; aber einen Augenblick darauf ließ die Erwägung denBüssy äußern, daß man ihre gute Freunde von dieser allgemeinen Achtserklärung ausnehmen müsse. Dieser Rath wurde gebilliget, jedoch baten die übrigen von [209] der Gesellschaft um Schonung für das, was er liebe; dieß war geschehen, das Zeichen der Verachtung der irdischen Dinge gegeben, und diese guten Freunde begannen ihr Schmählied.

Man kann denken, daß nach einem solchen Anfange alles in das Lied eingeschlossen wurde, mit Ausnahme der Freunde dieser vier Herren, aber da die Zahl derselben klein war, wurde das Lied groß, so daß man für dasselbe allein um nichts davon zu vergessen, einen Band schreiben müßte. Ein Theil der Nacht war unter diesen ländlichen Vergnügungen vergangen, man beschloß sich zur Ruhe zu begeben; jeder trennte sich also sehr zufrieden, die Fortschritte zu sehen, die man in der Andacht zu machen begann. Da Vivonne und Büssy früher als die andern aufgestanden waren, gingen sie in das Zimmer desManicamp, da sie ihn aber nicht fanden, und glaubten, er sey in den Park spatzieren gegangen, gingen sie in das Zimmer des Grafen von Guiche, bei welchem er im Bette lag. »Sie sehen, meine Freunde, sagte er zu ihnen, »daß ich Ihre gestrigen Aeußerungen in Bezug auf die Verachtung der Welt zu [210] benützen trachte; ich hab' es schon über mich gewonnen, die Hälfte davon zu verachten, und ich hoffe, daß ich in kurzer Zeit, mit Ausnahme meiner vertrauten Freunde, auch von der andern nicht viel Aufhebens machen werde.« Oft kommt man am nämlichen Ziele auf verschiedenen Wegen an, versetzte Büssy; was mich betrifft, so verdamme ich Ihre Weise nicht; jeder wird auf seine Weise selig, aber ich will nicht auf jenen Wegen zur Seligkeit eingehen, die sie einschlagen.« »Ich bin erstaunt, sagte Manicamp, daß sie sprechen, wie sie handeln, und daß Frau von Sevigny ihnen nicht verleidet hat, die Frauen zu lieben,« »Doch eben recht von der Frau von Sevigny, sagte Vivonne, ich bitte Sie, uns zu sagen, warum Sie mit ihr brechen; denn man spricht verschieden davon; Einige sagen, Sie wären auf den Grafen dü Lüde eifersüchtig gewesen, und Andere, daß Sie sie der Frau von Montglas opferten, und Niemand hat geglaubt, wie sie beide es gesagt haben, daß es ein Grund des Vortheiles war.« »Wenn ich Ihnen zeigen werde, erwiederte Büssy, daß es sechs Jahre [211] sind, daß ich Frau von Moniglas liebe, werden Sie wohl glauben, daß keine Liebe sich in den Bruch mischte, der im vorigen Jahre zwischen Frau vonSevigny und mir sich ereignete.« »Ach, mein Lieber,« unterbrach ihn Vivonne, »wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sich die Mühe geben wollten, uns eine Liebesgeschichte zu erzählen. Aber zuvor sagen Sie uns gefälligst, wer diese Frau vonSevigny ist; denn ich habe nie zwei Personen über sie eins werden sehen.« Das heißt, in wenigen Worten sie genau zu beschreiben, wünschen Sie, antwortete Büssy; man wird nicht eins in Bezug auf sie, weil sie ungleich ist, und weil eine einige Person nicht lange genug bei ihr ist, um den Wechsel ihrer Gemüthsart zu bemerken; aber ich, der ich sie seit ihrer Kindheit immer gesehen habe, ich will Ihnen einen getreuen Bericht über sie erstatten.

Fußnoten

1 La fronde, eine Parthei, die damals dem französischen Hofe zuwider war, und eine Schleuder zum Wahrzeichen hatte.

2 Früher nennt der Verfasser den Bräutigam derBourdeaux nicht Ricoux sondern Riconnet.

3 Chevaux-legers, leichte Reiter, die damals die k. französische Hauskompagnie von gewöhnlich 200 Mann bildeten, deren Capitän der König selbst war.

4 Lettre de cachet, – geheimer Gewaltsbrief oder Verhaitsbefehl, ehemals willkürlicher, mit der französischen Königes kleinerem Siegel ausgefertigter Befehl, wodurch mancher unverhört seiner Freiheit beraubt wurde.

5 Suffisance und Insuffisance

Geschichte der Frau von Sevigny.

»Frau von Sevigny, fuhr er fort, hat gewöhnlich den schönsten Teint von der Welt, kleine [212] und glänzende Augen, einen flachen Mund, aber von schöner Farbe, eine vorragende Stirne, eine Nase nur mit sich selbst vergleichbar, nicht lang, nicht klein, viereckig an der Spitze, eine Kinnlade wie die Nasenspitze, und dieß alles, was einzeln nicht schön, ist im Ganzen genommen ziemlich anmuthig; sie hat ein schönes Aussehen, ohne eine gute Haltung zu haben, einen wohl geformten Fuß, Hals, Arme und Hände sind schlecht gewachsen; blonde, feine und dichte Haare; sie hat gut getanzt, und noch ein richtiges Gehör, eine angenehme Stimme; sie kann ein wenig singen; so beiläufig ist sie von Außen beschaffen. Es giebt keine Frau, die mehr Verstand besäße, als sie, und sehr wenige, die ebenso viel haben; ihr Benehmen ist unterhaltend; es giebt welche, die sagen, daß ihr Charakter für eine Frau von Ansehen zu muthwillig sey. Zur Zeit, da ich sie sah, fand ich dieß Urtheil abgeschmackt, und rechtfertigte ihr Kurzweiliges unter dem Namen des Frohsinnes; jetzt, da ich sie nicht mehr sehe, blendet mich ihr großer Glanz nicht; ich bleibe dabei stehen, daß sie zu unterhaltend seyn will; wenn man Geist hat, und besonders [213] jene Art von Geist, der fröhlich ist, braucht man sie nur zu sehen, man verliert nichts damit; sie versteht Sie, sie geht genau auf das ein, was Sie sagen, sie erräth Sie, und führt Sie wohl gewöhnlich viel weiter, als Sie zu gehen dachten; manchmal macht man ihr wohl auch zu schaffen, das Feuer des Scherzes reißt sie hin, und in diesem Zustande nimmt sie mit Freude alles auf, was man ihr Freies sagen kann, wenn es nur verschleiert ist; sie antwortet selbst mit Wucher darauf, und glaubt, daß sie dabei verlieren würde, wenn sie nicht über das hinausginge, was man ihr sagte; bei so vielem Feuer ist es nicht befremdend, daß die Beurtheilungskraft mittelmäßig ist. Da diese beiden Sachen gewöhnlich unvereinbarlich sind, kann die Natur kein Wunder zu ihren Gunsten thun; ein aufgeweckter Dummkopf wird sie bei ihr immer über einen wackern ernsthaften Mann davontragen. Die Munterkeit der Leute nimmt sie vorweg ein; sie wird nicht beurtheilen, ob man das versteht, was sie spricht; den größten Beweis von Verstand, den man ihr geben kann, ist – Bewunderung für sie zu haben; sie liebt den Weihrauch, ist gerne geliebt, und deßwegen säet [214] sie, um zu ernten, sie spendet Lob, um dessen zu empfangen; sie liebt überhaupt alle Männer, welches Alter, welche Geburt, und welches Verdienst sie haben, und von welchem Berufe sie seyn mögen, ihr ist alles gut, vom Königsmantel bis zum Priesterrocke, vom Scepter bis zum Schreibzeuge. Unter den Männern hat sie einen Anbeter lieber als einen Freund, und unter den Anbetern die Lustigen als die Traurigen; die Melancholischen schmeicheln ihrer Eitelkeit, die Aufgeweckten ihrer Neigung; sie unterhält sich mit diesen, und schmeichelt sich mit der Meinung, daß es wohl ein Verdienst von ihr sey, jenen Seynsucht erregen gekonnt zu haben. Sie war von kalter Körperstimmung, wenigstens wenn man hiewegen ihrem seligen Gatten glaubt, auch war sie ihm die Verbindlichkeit ihrer Tugend schuldig, wie er sagte; ihre ganze Wärme ist im Geiste. In der That vergütet sie wohl die Kälte ihrer Körperstimmung; wenn man sie auf ihre Handlungen bezieht, glaub' ich, daß die ehliche Treue nicht verletzt wurde; wenn man die Gesinnung besieht, ist's eine andere Sache. Um davon frei heraus zu sprechen, so glaub ich, daß [215] ihr Gatte sich vor den Menschen aus dem Handel gezogen hat, aber ich halte ihn für einen Hahnrey vor Gott; diese Schöne, die bei allen Vergnügungen seyn will, hat ein sicheres Mittel gefunden, wie es ihr scheinet, sich zu ergrötzen, ohne daß es ihrem Rufe etwas koste, sie hat Freundschaft geschlossen mit vier oder fünf Scheinspröden, mit welchen sie an alle Orte von der Welt geht, sie betrachtet nicht so sehr was sie thut, als bei wem sie ist; indem sie dieß thut, überredet sie sich, daß die ehrbare Gesellschaft alle ihre Handlungen rechtfertiget, und was mich betrifft, so glaub' ich, daß die Schäferstunde, die gewöhnlich nur unter vier Augen mit allen Frauen schlägt, mit dieser da eher in der Mitte ihrer Familie schlüge. Manchmal verweigert sie trozzig einen öffentlichen Spatziergang, um sich vor den Augen der Welt in der Meinung einer großen Regelmäßigkeit, festzusetzen, und einige Zeit darauf, wenn sie auf die Verweigerung, welche sie laut werden ließ, sicher zu gehen glaubt, wird sie vier oder fünf geheime Spatziergänge machen. Sie liebt von Natur aus die Vergnügungen, zwei Dinge nöthigen [216] sie bisweilen, ihnen zu entsagen; die Politik und die Ungleichheit, und aus dem einen oder dem andern dieser Gründe geschieht es, daß sie sehr oft am Tage nach einer Versammlung in die Predigt geht. Mit einigen Zierereyen, die sie von Zeit zu Zeit dem Publikum giebt, glaubt sie die ganze Welt vorweg einzunehmen, und bildet sich ein, daß wenn sie ein wenig Gutes, und ein wenig Böses thue, alles was man davon sagen könne, wäre, daß sie eins in's andere gerechnet eine rechtschaffene Frau sey. Die Schmeichler, wovon ihr kleiner Hof voll ist, sprechen mit ihr davon wohl auf eine andere Art, sie verfehlen nie, ihr zu sagen, daß man nicht besser als sie, die Weisheit mit der Welt, und das Vergnügen mit der Tugend vereinen könne. Um Geist und Ansehen zu haben, läßt sie sich von den Herrlichkeiten des Hofes etwas zu viel blenden; an dem Tage, wo die Königin mit ihr wird gesprochen, und vielleicht nur gefragt haben, mit wem sie gekommen ist, wird sie vor Freude außer sich seyn, und lange hernach noch Mittel finden, allen jenen, deren Ehrerbietung sie sich verschaffen will, die verbindliche [217] Art zu berichten, womit die Königin mit ihr gesprochen. Eines Abends, da der König sie zum Tanze aufzog, und sie sich wieder auf ihren Platz begeben hatte, der neben mir war, sagte sie: »Man muß gestehen, daß der König große Eigenschaften hat; ich glaube, daß er den Ruhm von allen seinen Vorgängern verdunkeln wird.« Ich konnte mich nicht enthalten, ihr in's Gesicht zu lachen, indem ich sah, auf welchen Anlaß sie ihm diese Lobeserhebung gab, und ihr zu antworten: »Man kann nicht daran zweifeln, gnädige Frau, nach dem was er eben für Sie gethan hat.« Sie war damals so zufrieden mit seiner Majestät, daß ich Sie auf dem Punkte sah, um ihm ihre Erkenntlichkeit zu bezeigen, zu rufen:


Es lebe der König!


Es giebt Leute, die ihrer Freundschaft nur heilige Dinge als Gränzen setzen, und für ihre Freunde alles thun würden, nur nicht Gott beleidigen. Diese Leute nennen sich Freunde in Allem, so weit es das Gewissen erlaubt; die Freundschaft der Frau von Sevigny hat andere Gränzen, diese Schöne ist nur Freundin, so weit es die Börse erlaubt; sie ist [218] die einzige hübsche Frau auf der Welt, die sich durch Undankbarkeit entehret hat; die Noth muß ihr große Furcht machen, weil sie, um den Schatten davon zu vermeiden, die Schande nicht fürchtet. Jene, die sie entschuldigen wollen, sagen, daß sie hierin dem Rathe der Leute folgt, die wissen was der Hunger ist, und noch ihrer Armuth sich erinnern. Sie mag's nun von Andern haben, oder nur sich selbst verdanken, es giebt nichts so Natürliches, als was in ihrer Haushaltung erscheint.

Die größte Achtsamkeit, welche Frau von Sevigny hat, ist: alles zu scheinen, was sie nicht ist; seitdem sie darauf sinnet, hat sie schon jene betrügen gelernt, die sie wenig gekannt haben, oder die sich keine Mühe geben, sie zu kennen; da es aber Leute giebt, die mehr Interesse an ihr genommen haben, als andere, so haben sie sie durchschaut, und unglücklicher Weise für sie wahrgenommen, daß nicht alles, was glänzet, Gold ist.

Frau von Sevigny ist ungleich bis zu den Augäpfeln, und bis zu den Augenwimpern; sie hat Augen von verschiedener Farbe, und da die Augen [219] der Spiegel der Seele, so sind diese Ungleichheiten wie eine Warnung, welche die Natur denjenigen giebt, die sich ihr nähern, nicht viel auf ihre Freundschaft zu bauen. Ich weiß nicht, ist's, weil ihre Arme nicht schön sind, daß sie keinen Werth darauf legt, oder sich einbildet keine Gunstbezeigung damit zu erweisen, da sie eine so allgemeine Sache sind, kurz, wer will, ergreift und küßt sie; ich glaube, das sey genug, sie zu überreden, es liege nichts Böses darin, daß sie meint, man finde kein Vergnügen dabei. Nur der Gebrauch könnte ihr noch einen Zwang anlegen, aber sie ist nicht unschlüssig mehr als die Männer dagegen anzustoßen, wohl wissend, daß, da sie die Moden mitmachte, wann es ihr gefiel, die Wohlanständigkeit nicht mehr in so enge Gränzen eingeschlossen seyn wird.

Hier haben Sie, meine Lieben, das Portrait der Frau von Sevigny; ihr Gut, das sehr zu dem meinigen paßte, weil es ein Theil meines Landgutes war, veranlaßte meinen Vater zu wünschen, daß ich sie heirathe; allein obgleich ich sie damals nicht so gut kannte, wie jetzt, ging ich doch [220] nicht auf den Plan meines Vaters ein; eine gewisse unbesonnene Art, wornach ich sie handeln sah, machte, daß ich sie fürchtete, und mir schien sie das artigste Mädchen von der Welt, um die Frau eines andern zu werden. Diese Ansicht half mir sehr, sie nicht zu heirathen; aber da sie kurze Zeit nach mir vermählt ward, wurde ich verliebt in sie, und der stärkste Grund, der mich bewog, sie zu meiner Geliebten zu machen, war jener, der mich verhindert hatte, zu wünschen, ihr Gatte zu werden.

Da ich ihr nächster Verwandter war, hatte ich sehr großen Zutritt zu ihr, und sah den Kummer, den ihr Gatte ihr alle Tage machte; oft beklagte sie sich bei mir darüber, und hat mich, ihn wegen der tausend lächerlichen Anhänglichkeiten zu beschämen, die er hatte; ich diente ihr hierin eine Zeitlang sehr glücklich; da aber zuletzt die natürliche Gemüthsart ihres Gatten ihn über meine Ratschläge hinausriß, setzte ich mir mit Fleiß in den Kopf, in sie verliebt zu werden; mehr aus Bequemlichkeit der Umstände, als aus Gewalt der Neigung. Eines Tages also, da Sevigny mir gesagt, daß er am vorigen Abende [221] die angenehmste Nacht von der Welt verlebt habe, nicht nur für ihn, sondern auch für die Damen, womit er sie verlebte, fügte er bei: »Sie können glauben, daß dieß nicht mit ihrer Base geschah; bei Ninon war's.« »Desto schlimmer für Sie, sagte ich, meine Base ist tausendmal mehr werth, und ich bin versichert, wenn sie nicht Ihre Frau wäre, so würde sie Ihre Geliebte seyn.« »Dieß könnte wohl seyn,« antwortete er. »Kaum hatte ich ihn verlassen, als ich alles der Frau von Sevigny erzählte.« Da ist wohl auch was zu prahlen, sagte sie, vor Aerger erröthend. »Lassen Sie sich nichts merken, antwortete ich, denn Sie sehen die Folgen davon.« »Ich glaube, daß Sie närrisch sind, erwiederte sie, mir diese Warnung zu gehen, oder daß Sie meinen, ich sey närrisch.« »Sie wären es wohl mehr, gnädige Frau, versetzte ich, wenn Sie ihm nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, als wenn Sie ihm wieder sagen würden, was ich Ihnen eröffnet habe; rächen Sie sich, meine schöne Base, ich will die Hälfte der Rache übernehmen, denn Ihr Interesse ist mir eben so theuer, wie das meinige.« »Sachte, Herr Graf,« erwiedert [222] sie, »ich bin nicht so aufgebracht, als Sie glauben.« Da ich am folgenden Tage Sevigny auf dem Spatziergange traf, warf er sich in meinen Wagen. Sobald er darin war, sagte er: »Ich glaube, daß Sie Ihrer Base das mitgetheilt haben, was ich Ihnen gestern von Ninon erzählte, weil sie mir heute etwas davon erwähnte.« »Ich, war meine Antwort, »ich habe nichts mit ihr gesprochen, mein Herr. Weil Sie aber Verstand haben, so sagte sie mir so Vieles über das Kapitel der Eifersucht, daß Sie bisweilen die Wahrheit trifft.« Sevigny ergab sich einem so guten Grunde, und brachte mich wieder auf das Kapitel von seinem Glücke bei Damen; und nachdem er mir tausend Vortheile sagte, die im Verliebtseyn liegen, schloß er mit der Eröffnung, daß er es lebenslang seyn wolle, und dann selbst, daß er es inNinon so sehr sey, als man es nur seyn könne, daß er die Nacht zu St. Cloud mit ihr und mit Vassé zubringen werde, der Ihnen ein Fest gebe, und über den sie sich beide lustig machten. Ich sagte ihm wieder, was ich ihm tausendmal gesagt habe, »daß, obgleich seine Frau verständig sey, er es so [223] weit treiben könne, daß er sie zuletzt zur Verzweiflung brächte, und sie, wenn irgend ein wackerer Mann sich in sie verliebte, zur Zeit, da er ihr böse Streiche spiele, vielleicht in der Liebe und in der Rache Süßigkeiten suchen könne, die sie in der Liebe allein nicht gefunden hätte.« Da wir uns hierauf trennten, ging ich nach Hause, und schrieb diesen Brief an seine Gattin:

»Ich hatte gestern nicht Unrecht, Ihrer Unklugheit zu mißtrauen; Sie sagten Ihrem Gemahle, was ich Ihnen mittheilte; Sie sehen wohl, daß ich Ihnen nicht meiner Vortheile wegen diesen Vorwurf mache, denn alles, was mir deßhalb begegnen kann, ist, seine Freundschaft zu verlieren, und für Sie gnädige Frau ist wohl mehr zu fürchten. Dennoch war ich glücklich genug, ihn eines bessern zu belehren; übrigens, gnädige Frau, ist er so überzeugt, daß man kein wackerer Mann seyn könne, ohne immer verliebt zu seyn, daß ich verzweifle, Sie jemals zufrieden zu sehen, wenn Sie nun darnach streben, von ihm geliebt zu werden; doch dieß beunruhige Sie nicht, gnädige Frau; da ich angefangen habe, Ihnen zu dienen, so [224] werde ich Sie in der Lage nicht verlassen, worin Sie sind. Sie wissen, daß Eifersucht manchmal mehr Kraft hat, ein Herz zu fesseln, als Reize und Verdienst. Ich rathe Ihnen, gegen Ihren Gemahl davon Gebrauch zu machen, meine schöne Base, und hiezu biet' ich mich Ihnen an. Wenn Sie Ihn dadurch zurückbringen, so lieb' ich Sie hinreichend, um meine vorige Rolle als Ihr Geschäftsführer bei ihm wieder anzufangen, und selbst mich opfern zu lassen, um Sie glücklich zu machen; sollte er Ihnen aber entgehen, dann lieben Sie mich, meine Base, und ich werde Ihnen beistehen, sich an ihm zu rächen, indem ich Sie liebe, so lang' ich lebe.«

Der Page, dem ich diesen Brief gab, trug ihn zu Frau von Sevigny und fand sie eingeschlafen, und indem er erwartete, daß man sie weckte, kam Sevigny vom Lande an. Als dieser von meinem Pagen erfuhr, den ich für diesen Fall nicht unterrichtete, da ich nicht voraussah, daß der Gemahl so bald ankäme, als er erfuhr, sage ich, daß er einen Brief in meinem Namen seiner Gattin zu übergeben habe, forderte er ihn demselben ab, ohne etwas zu [225] argwöhnen, und nachdem er ihn zur selben Stunde gelesen hatte, hieß er ihn zurückkehren, da keine Antwort darauf zu geben sey. Sie können sich denken, wie ich ihn empfing; ich war auf dem Punkte, ihn zu tödten, die Gefahr einsehend, welcher er meine Base ausgesetzt hatte, und ich schlief keine Stunde in dieser Nacht.Sevigny seinerseits brachte sie auch nicht besser zu, und am folgenden Tage, nach großen Vorwürfen, die er seiner Gattin machte, verbot er ihr mich zu sehen; sie meldete mir's und daß mit ein wenig Geduld alles sich einst ausgleichen würde.

Sechs Monate darauf wurde Sevigny vom Chevalier von Albret im Tuelle getödtet, seine Gattin schien untröstlich über seinen Tod, die Gründe, welche sie hatte, ihn zu hassen, kannte Jedermann, man glaubte, daß ihr Schmerz nur Verstellung sey. Was mich betrifft, der ich mehr Vertraulichkeit mit ihr hatte, als die Andern, ich wartete nicht so lange wie sie, mit ihr von angenehmen Dingen zu reden, und bald hernach sprach ich mit ihr von Liebe, und so, als hätte ich nie etwas anderes gethan. Sie gab mir eine von jenen Antworten des Orakels, welche [226] die Frauen gewöhnlich im Anfange geben, daß meine Leidenschaft, die ziemlich ruhig wäre, mich wenig vortheilhaft erscheinen ließe, vielleicht war sie's auch, ich weiß nichts davon. Wenn nun Frau von Sevigny nicht Willens war, mich zu lieben, so kann man nicht mehr Gefälligkeit für sie haben, als ich deren in dieser Hinsicht für sie hatte. Da ich inzwischen ihr nächster Verwandter von der ehrenvollsten Seite war, machte sie tausend Vorschritte, mich zu ihrem Freunde zu gewinnen, und mir, der ich an ihr eine Art von Geist fand, welcher mich ergötzte, war es nicht unlieb, auf diesem Fuße bei ihr zu bleiben. Ich sah sie fast alle Tage, ich schrieb ihr, und sprach lachend von Liebe mit ihr; ich entzweite mich mit meinen nächsten Verwandten, um mit meinem Einflusse und Vermögen jenen zu dienen, die sie mir empfahl, kurz, wenn sie alles dessen benöthigt gewesen wäre, was ich auf der Welt besitze, so würde ich ihr sehr verbunden gewesen seyn, mir Gelegenheit gegeben zu haben, hierin ihr beizustehen Frau von Sevigny war damit sehr zufrieden, so sehr, daß ich anderswo nicht liebte, da mich aber der Zufall, wie ich Ihnen [227] später sagen werde, veranlaßte, Frau von Precy zu lieben, bewies mir meine Base nicht mehr so große Zärtlichkeit, wie sie sonst pflegte, als sie glaubte, ich liebe nur sie. Von Zeit zu Zeit hatten wir kleine Zwistigkeiten, die sich zwar ausglichen, aber in meinem Herzen, und ich glaube auch in dem ihrigen den Saamen der Uneinigkeit bei der ersten Veranlassung zurückließen, die wir hiewegen miteinander haben würden, und die selbst fähig waren, gleichgültige Dinge zu verschlimmern. Da sich endlich eine Gelegenheit zeigte, wo ich der Frau von Sevigny bedurfte, und wo ich in Gefahr war, ohne ihren Beistand mein Glück zu verlieren, gab mich diese Undankbare auf, und beging in der Freundschaft zu mir die größte Untreue. Dieß war's, meine Lieben, was mich bewog, mit ihr zu brechen, und weit entfernt, sie der Frau von Montglas zu opfern, wie man gesagt hat, hielt mich vielmehr diese ab, die ich schon lange liebte, jenes volle Aussehen zu machen, das eine solche Undankbarkeit verdiente.« Als Büssy zu sprechen aufgehört hatte, sprachVivonne: »Was ist denn an [228] dem, was man vom Grafen dü Lüde und von Frau von Sevigny spricht? Stand er gut mit ihr?« Bevor ich Ihnen hier auf antworte, versetzt Büssy, müssen Sie erfahren, was an diesem Grafen dü Lüde ist.

Er hat ein kleines und häßliches Gesicht, viele Haare, einen schönen Wuchs; er war geboren, um sehr fett zu werden, aber die Furcht belästiget und angenehm zu werden, ließ ihn so außerordentliche Sorgen tragen, sich mager zu machen, daß er endlich seinen Zweck erreichte, in der That hat ihm sein schöner Wuchs einen Theil seiner Gesundheit gekostet; er hat sich den Magen durch Diät und den Essig verdorben; wovon er Gebrauch machte. Er ist gewandt zu Pferde, tanzt gut, ficht gut, ist brav, hat sich sehr gut mitVardes geschlagen, und man hat ihm Unrecht gethan, wenn man an seinem Muthe zweifelte; der Grund dieser Lästerung ist, daß, während die ganze Jugend seines Standes in Kriegsdienste trat, er sich begnügte, einen Feldzug als Freiwilliger mitzumachen; aber dieß kommt daher, weil er faul ist, und seine Vergnügungen liebt; [229] mit einem Worte, er hat Muth, und hat keinen Ehrgeiz, er hat einen sanften Geist, ist angenehm mit den Frauen; er wurde immer gut von ihnen behandelt, und liebt sie nicht lange. Die Gründe die man für sein Glück bei den Damen sieht, sind, außer dem Rufe bescheiden zu seyn, das gute Ansehen und große Eigenschaften für die Liebe, aber was ihm überall ganz gewiß das Gelingen verbürgt, ist, daß er weint, wann er will, und daß die Frauen nichts so sehr überzeugt, daß man liebe, als die Thränen Frau von Sevigny ist eine von jenen, für, welche er Liebe gefühlt hat, aber seine Leidenschaft hörte auf, als diese Schöne anfing, sie zu erwiedern; dieser widrige Zufall hat ihn gerettet, sie konnten sich nicht wieder zusammenfinden; und weil er sie seitdem immer sah, obgleich ohne Neigung, unterließ man nicht zu sagen, daß sie ihn geliebt habe, und obwohl dieß nicht wahr ist, so war es doch immer das wahrscheinlichste Gerücht. Er ist doch die schwache Seite der Frau von Sevigny gewesen, und derjenige, für welchen sie die meiste Neigung hatte, welchen Scherz sie auch daraus machen wollte. Dieß erinnerte [230] mich an die Strophe eines Liedes, das sie machte, worin sie Frau von Sourdy, die schwanger war, sprechen ließ.

Niemand auf der Welt hat mehr Munterkeit, mehr Feuer, noch einen anmuthigeren Geist, als sie. Menage war in sie verliebt geworden, und seine Geburt, sein Alter, und seine Gestalt zwangen ihn, seine Liebe, so sehr er konnte, zu verbergen; er befand sich eines Tages bei ihr, zur Zeit, da sie ausgehen wollte, um Einiges einzukaufen. Da ihr Kammermädchen nicht im Stande war, sie zu begleiten, sagte sie zuMenage, er soll mit ihr in ihren Wagen steigen, und daß sie nicht fürchte, daß Jemand davon spräche. Dieser dem Anscheine nach scherzend, aber in der That geärgert, erwiederte, daß es ihm sehr schwer falle, zu sehen, daß sie mit der Härte nicht zufrieden sey, die sie seit so langer Zeit gegen ihn übe, sondern ihn auch noch bis auf den Punkt verachte, zu glauben, daß man von ihm und ihr nichts sagen könne. »Setzen Sie sich,« sagte sie, »setzen Sie sich in meinen Wagen; wenn Sie mich ärgern, so besuch ich Sie in Ihrer Wohnung.« Als Büssy diese [231] letztern Worte gesprochen hatte, meldete man diesen Herrn, daß man aufgetragen habe; sie gingen zum Mittagstische, und als das Mahl mit gewöhnlicher Fröhlichkeit vorüber war, in den Part, wo sie kaum waren, als sie Büssy baten, ihnen die Geschichte von der Frau vonMontglas und von ihm zu erzählen; nachdem er eingewilliget hatte, begann er auf diese Weise:

Geschichte der Frau von Montglas
und von Büssy.

Fünf Jahre vor der Uneinigkeit zwischen Frau Sevigny und mir, da ich mich zu Anfang des Winters in Paris befand, Herzensfreund von la Feuillade und von Darcy, setzten wir uns alle drei in den Kopf, verliebt zu werden, und weil wir nicht wollten, daß unsere Liebschaften uns von einander trennten, warfen wir unsere Augen auf alles, was es an hübschen Frauen gab, um zu sehen, ob wir deren nicht drei finden könnten, die eben so Freundinnen wären wie wir, oder die es werden könnten.

Wir suchten nicht lange, ohne zu treffen, was [232] uns Noth that. Die Damen von Montglas, von Precy, und von Isle, waren einige Freundinnen und sehr liebenswürdig; aber da wir vielleicht Mühe gehabt hätten, uns über die Wahl zu vereinigen, und die Vorzüge dieser Damen nicht so gleich waren, daß unsere Neigungen uns dahin gebracht hätten, sie auf gleiche Art zu lieben, kamen wir überein, drei Loose mit ihren drei Namen zu machen, sie in eine Börse zu werfen, und indem wir sie zogen, uns an jene zu halten, die das Schicksal dazu bestimmen würde. Frau von Montglas fiel dem la Feuillade zu, Frau von Isle dem Darcy, und Frau von Precy mir. Das Gück zeigte bei dieser Gelegenheit wohl, daß es blind sey, denn es erwies dem la Feuillade eine Gunst, wovon er den Werth nicht so gut kannte, als ich ihn gekannt hätte, aber ich mußte mich mit dem begnügen, was es mir gegeben hatte, und da ich Frau von Montglas nur fünf- oder sechsmal gesehen hätte, glaubte ich, daß die Sorgfalt, welche ich der Frau von Precy erwies, aus meinem Herzen den ersten Keim der Leidenschaft tilgen würde. Wir machten uns also [233] an unsere Liebchen, la Feuillade, welcher der Frau von Montglas vierzehn Tage oder drei Wochen durch fleißige Besuche Liebe bewiesen hatte, entschloß sich, endlich davon mit ihr zu sprechen. Anfangs fand er eine Frau, die, ohne allzusehr die Strenge zu spielen, ihm von Natur eine solche Feindin von Liebeshändeln schien, daß er am Gelingen bei ihr beinahe verzweifelt hätte, oder wenigstens am schnellen Gelingen; er ließ sich nicht abschrecken, und einige Zeit darauf fand er sie unschlüssiger, und zuletzt drängte er sie so sehr, und schien ihr so verliebt, daß sie ihm erlaubte zu hoffen, einst geliebt zu werden. Aber bevor ich weiter gehe, ist es passend, eine Schilderung der Frau von Montglas und des la Feuillade zu entwerfen.

Frau von Montglas hat kleine, schwarze und feurige Augen, einen anmuthigen Mund, schöne und reine Zähne, einen allzu lebhaften Teint, feine und liebliche Züge, und eine angenehme, runde, volle Gesichtsbildung, schwarze, lange und dichte Haare; sie ist reinlich im höchsten Grade, und die Luft, die sie hauchet, ist reiner, als jene, die sie einathmet; [234] sie hat den am besten gewachsenen Hals von der Welt, Arme und Hände wie gedrechselt; sie ist weder groß noch klein, doch von einem sehr reizenden Wuchse, der immer angenehm bleiben wird, wenn sie ihn von dem Unbequemen der Wohlbeliebtheit bewahren kann. Frau von Montglas hat einen lebhaften und durchdringenden Geist, wie ihr Teint, bis zum Uebermaße; sie spricht und schreibt mit einer überraschenden Leichtigkeit und auf das Natürlichste von der Welt; im Umgange ist sie oft zerstreut, und man kann ihr wenige Dinge von genügend großer Wichtigkeit sagen, um ihre ganze Aufmerksamkeit zu beschäftigen; sie bittet Sie zuweilen, ihr eine Neuigkeit zu erzählen, und wenn Sie die Erzählung anfangen, vergißt sie ihre Neugierde, und das Feuer, wovon sie voll ist, macht, daß sie Sie unterbricht, um mit Ihnen von einer andern Sache zu sprechen.

Frau von Montglas liebt Musik und Verse, und macht deren ziemlich hübsche, sie singt besser als eine Dame in Frankreich von ihrem Stande; Niemand tanzt besser als sie; sie fürchtet die Einsamkeit, sie ist eine gute Freundin, selbst bis zu dem Grade, [235] daß sie mit Ungestüm die Parthei derjenigen nimmt, die sie liebt, wenn man von ihnen übel vor ihr sprechen will, und daß sie ihnen ihr ganzes Vermögen giebt, wenn sie es bedürfen; sie bewahret gewissenhaft ihre Geheimnisse, sie weiß mit Jedermann sehr gut umzugehen; sie ist höflich, wie man es seyn muß, und wie es eine Frau ihres Standes seyn soll, und obwohl sie genügend liebt, um Niemand zu kränken, so enthält doch ihre Höflichkeit mehr Ehre als Schmeichelei, dieß macht, daß sie die Herzen nicht so bald wie viele andere Einnehmendere gewinnt, aber wenn man ihre Festigkeit kennt, schließt man sich wohl um so fester an sie an.

La Feuillade ist als Mann nicht völlig das, was Frau von Montglas als Weib ist, sie haben verschiedene Verdienste; dieser hat nichts desto weniger einige glänzende Fehler, die anfangs die Unbesonnenen blenden, aber Leute nicht täuschen können, die nachdenken. Er hat blaue und lebhafte Augen, einen großen Mund, eine ›kurze Nase‹ geordnete ein wenig rothe Haare, einen ziemlich schönen Wuchs, einwärts gebogene Knie, er hat zu viel Lebhaftigkeit, [236] spricht viel, und will immer unterhaltend seyn, aber er thut nicht immer, was er will, das heißt, mit anständigen Leuten, denn unter dem Volke und den mittelmäßigen Geistern, bei welchen man nur immer den Mund offen halten muß, um zu lachen oder zu sprechen, ist er bewundernswürdig; er hat einen leichten Geist, und ein bis zur Undankbarkeit hartes Herz, er ist neidisch, und nimmt es als eine grobe Beleidigung auf, wenn man sich im Wohlstande befindet, er ist eitel und großsprecherisch, und hat uns bei seinem ersten Austreten in der Welt so oft gesagt, daß er tapfer sey, daß man sich ein Gewissen daraus machte, daran zu zweifeln; indeß macht man sich jetzt ein Gewissen daraus, es zu glauben.

Ich habe Ihnen gesagt, daß Frau von Montglas, überzeugt, daß er eine heftige Liebe für sie fühle, ihn habe glauben lassen, daß er hoffen könne, geliebt zu werden. Jeder andere als la Feuillade hätte aus diesem Handel das angenehmste Verhältniß von der Welt gemacht, aber er war leicht, wie ich Ihnen sagte, und liebte nur, wenn es ihm eben einfiel; er that dabei genug, seine Geliebte zu entflammen,[237] und zu wenig, um sie zu einem Entschlusse zu bringen. Wenn ich zu dieser Schönen sagte, daß er sie sehr liebe, weil la Feuillade mich gebeten hatte, in seiner Abwesenheit bei ihr für ihn zu sprechen, so spottete sie meiner, und schilderte mir einige Seiten seines Betragens, welche die guten Dienste zerstörten, die sie ihm leisten wollte. Ich unterließ nicht, ihn zu entschuldigen, und da ich sein Betragen nicht immer retten konnte, so rechtfertigte ich wenigstens seine Absichten. Wir befanden uns ungefähr in derselben Lage, Darcy und ich, mit den Frauen von Precy und von Isle, das heißt, daß sie wohl wünschten, daß wir sie liebten, aber in der That erfüllten wir unsere Pflicht bei ihnen besser, als la Feuillade bei Frau von Montglas. Als so drei Monate verflossen waren, während welcher diese Schöne mehr von den Dingen sich angezogen fühte, die ich ihr zu Gunsten des la Feuillade gesagt hatte, als von der Liebe, die er ihr zeigte, mußte dieser Anbeter als Inhaber eines Infanterieregimentes zur Armee abreisen. Dieser Abschied ließ sie fühlen, daß sie im Herzen für la Feuillade ein wenig mehr Güte [238] habe, als sie bisher glaubte; sie ließ ihn etwas davon sehen, allein obgleich dieß nicht genug war, einen wackern Mann glücklich zu machen, so konnte es doch die strengste Tugend nicht verletzen. Scheidend gab ihrla Feuillade tausend Versicherungen, sie zu lieben, so lange er lebe, selbst wenn sie immer hartnäckig darauf bestände, seine Liebe nicht zu erwiedern, und wir beide drangen so sehr in sie, ihm die Erlaubniß zu gewähren, ihr zu schreiben, daß sie einwilligte.

Einige Zeit vor dieser Abreise, bemerkend, daß der Verkehr, den ich für meinen Freund mit seiner Geliebten hatte, mein Herz mehr für sie eingenommen, indem ich sie näher kennen lernte, und daß die Mühe, die ich mir gab, Frau von Precy zu lieben, mich hinsichtlich der Frau von Montglas nicht geheilet, beschloß ich, sie nicht mehr so oft zu sehen, um nicht immer unaufhörlich zwischen Ehre und Eigenliebe getheilt zu seyn. So lange la Feuillade in Paris war, achtete seine Geliebte nicht darauf, daß ich sie weniger als gewöhnlich sah, aber nach seiner Abreise bemerkte sie die Veränderung an meiner [239] Lebensweise, und dieß bekümmerte sie, in der Meinung, daß mein Zurückziehen ein Zeichen der Erkaltung des la Feuillade sey, von dem sie selbst nach seiner Abreise keine Nachricht erhalten hatte. Einige Tage daraus ließ sie mich bitten, sie zu besuchen. »Was hab' ich Ihnen gethan, mein Herr, sagte sie, daß ich Sie nicht sehe? Hat Ihr Freund Theil an Ihrem Wegbleiben?« »Nein, gnädige Frau, sagte ich; das geht nur mich an.« »Wie. versetzte sie, hab' ich Ihnen irgend eine Veranlassung gegeben, sich zu beklagen?« »Nein, gnädige Frau, erwiederte ich, ich kann mich nur über das Schicksal beklagen.« Die Verlegenheit, womit ich dieß sagte, nöthigte sie, mich zu drängen, ihr noch mehr zu sagen. »Ach, fügte sie hinzu, Sie wollen mir Ihre Angelegenheiten verhehlen, da ich Ihnen alles sehen lasse, was ich im Herzen trage? Wenn das wäre, so würde ich über Sie mich beklagen.« »Ha, wie Sie andringlich sind! erwiederte ich; »heißt dies Schonung haben, dem Freunde das Geheimniß zu entreißen? Und sollten Sie nicht glauben, da ich Ihnen das meinige nicht sagen darf, da ich es Ihnen in der Lage, in welcher [240] ich mit Ihnen bin, nicht enthülle? Oder vielmehr sollten Sie es nicht selbst rathen, gnädige Frau, da« – – – – »Ach, enden Sie nicht, unterbrach sie mich, ich fürchte Sie zu verstehen, ich fürchte Ursache zu bekommen, mich zu betrüben, und die Achtung zu verlieren, die ich für Sie fühle.« »Nein, nein, gnädige Frau, sagte ich, fürchten Sie nichts, ich bin in der Lage, die Sie nicht verstehen wollen, und ich unterlasse nicht meine Pflicht zu thun, aber da wir hierin nun so weit gekommen sind, so will ich Ihnen auch das übrige sagen. Sobald ich Sie sah, gnädige Frau, fand ich Sie sehr liebenswürdig, und jedesmal, da ich Sie später erblickte, schienen Sie mir immer schöner als zuvor; doch fühlte ich noch nichts hinreichend Drängendes in diesen Anfängen, mich zu bewegen, Sie aufzusuchen, aber ich war immer sehr froh, wenn ich Sie traf. Das erste, woran ich merkte, daß ich Sie liebe, gnädige Frau, war der Kummer, den mir Ihre Abwesenheit verursachte, und da ich auf dem Punkte war, mich meiner Leidenschaft zu überlassen, und auf Mittel zu denken, Sie damit bekannt zu machen, looseten [241] Darcy, la Feuillade und ich, an welche, an Sie, an Frau von Precy und an Frau von Isle, Jeder von uns sich anschließen sollte. Obgleich das, was ich für Sie, gnädige Frau, im Herzen fühlte, noch sehr schwach war, so würde ich doch eine Sache von solcher Wichtigkeit nicht gewagt haben, wär ich nicht bisher immer so glücklich gewesen, doch endlich änderte sich mein Glück für diesen Fall, denn Sie fielen dem la Feuillade zu, und ich hätte wohl mehr gewonnen, mein ganzes Leben zu verlieren, als in diesem Augenblicke; mein ganzer Trost war, daß die Anhänglichkeit, die ich für Frau von Precy haben wollte, die ich früherhin geliebt hatte, mir aus dem Herzen den Keim der Liebe für Sie reißen würde, aber vergebens, gnädige Frau. Sie sehen wohl ein, daß der Umgang, den das Interesse meines Freundes mit Ihnen zu haben mich verpflichtete, indem er mir Gelegenheit gab, Sie weit genauer zu kennen, und in Ihnen bewundernswerthe Grundsätze für die Liebe zu bemerken, es mir unmöglich machte, von einer Leidenschaft abzustehen, die nur Ihre Schönheit erzeuget hat. Als la Feuillade [242] mich bat ihm zu dienen, fühlte ich etwas über jene Freude hinaus, die man gewöhnlich hat, seinem Freunde zu dienen, und ich bemerkte bald hernach, daß ich, ohne ihn betrügen zu wollen, entzückt war, mich in seine Angelegenheiten zu mischen, nur um das Vergnügen zu haben, Sie mehr in der Nähe zu sehen. Allein erwägend, daß es mir zuletzt schrecklich Leiden verursachen könnte, fühlte ich mich gezwungen, Sie, gnädige Frau, seltener zu sehen, und ob wohl Sie nur erst seit der Abreise de la Feuillade darauf geachtet haben, so sind es doch schon vierzehn Tage, daß ich meine Besuche eingeschränkt habe. Nicht als ob Sie, gnädige Frau, bisher nicht hätten bemerken können, daß ich meinem Freunde gedient habe, wie ich mir selbst gedient hätte, ich hab' ihn selbst einigemale gerechtfertiget, da er dem Anscheine nach schuldig war und konnte ihn, wenn ich wollte, bei Ihnen verderben, ohne untreu zu scheinen, der Entrüstung ihren Lauf lassend über tausend Fehler, von welchen Sie meinten, daß er Sie gegen die Ihnen bezeigten Liebe begehe. Aber ich bekenne Ihnen, daß meine Pflicht, indem ich Sie sehe, mir zuviel [243] kostet, um nicht, indem ich Sie nicht mehr sehe, alle die Anstrengungen zu ersparen, die ich bei Ihnen machen muß. Uebrigens, gnädige Frau, würde ich Ihnen die Gründe meines Zurückziehens nie gesagt haben, wenn Sie sie niemals verlangt hätten.« »Es gibt nichts Rechtschaffeneres mein Herr, erwiederte Frau von Montglas, als Ihr gegenwärtiges Benehmen; aber Sie müssen die Erfüllung Ihrer Pflicht vollenden, Sie sollen Ihrem Freunde den ganzen Stand der Dinge melden, damit er nicht überrascht werde, wenn er vielleicht auf andern Wegen vernehmen wird, daß Sie mich fast nicht mehr sehen, und damit er nicht vergeblich guter Dienste von Ihnen bei mir sich versehe.« Als hierauf Frau von Montglas mich Dinte und Papier bringen hieß, schrieb ich diesen Brief:


Büssy anla Feuillade.


»Da die Art, deren ich mich bediene, die Liebe, welche ich für Ihre Geliebte fühle, weder meine Ehre beleidiget, noch die Freundschaft, die ich Ihnen schuldig bin, so kann ich Sie wohl ohne Schaamgefühl[244] davon in Kenntniß setzen; und im Gegentheile, ich würde mich entehren, wenn ich sie Ihnen verhehlte. Erfahren Sie, daß ich Frau von Montglas nicht lange sehen konnte, ohne sie zu lieben, daß ich aber, als ich es bemerkte, aufhörte sie zu sehen, und daß, als sie mich heute holen ließ, um von mir zu erfahren, woher der Grund eines so schnellen Zurückziehens kommen könne, ich ihr gesagt habe, daß ich sie liebe, um aber nichts gegen meine Pflicht zu thun, sie nicht mehr sehen würde. Ich glaubte Ihnen davon Nachricht geben zu müssen, damit Sie andere Maßregeln bei ihr ergreifen, und aus dem Unglücke, das mich getroffen hat, ihr Nebenbuhler zu werden, ersehen, daß ich weder Ihrer Freundschaft noch Ihrer Achtung unwürdig bin.«

Als ich der Frau von Montglas diesen Brief gelesen hatte, sagte ich: ›Nun denn, gnädige Frau, ist dies Verfahren klar?‹ ›Ach mein Herr, erwiederte sie, es giebt nichts Schöners; aber obgleich ich glaube, daß Sie das schönste Gemüth von der Welt haben, wäre es sehr schwer, daß Sie, indem Sie sich in die Angelegenheiten Ihres Nebenbublers mischen, [245] tausend Gründe finden, einander schlimme Dienste zu erweisen, und aus unsern Zwistigkeiten Nutzen zu ziehen, bei der Liebe, die Sie für mich fühlen, der Versuchung widerständen, uns miteinander zu entzweien, und da Sie Geist haben, wär' es nicht schwer, es so zu machen, daß das Eine oder das Andere Unrecht habe, und auf eines von uns zweien, oder auf das Schicksal, das Unglück zu werfen, wovon Sie allein die Ursache seyn würden.‹ Wenn selbst Ihr Freund in Folge seiner eigenen Unbeständigkeit aufhören würde, mich zu lieben, nach dem was ich von Ihnen weiß, würde ich immer glauben, wenn Sie sich in unsere Angelegenheiten mengten, daß dieß durch ihre Kunstgriffe geschähe; Sie haben also ganz recht, mein Herr, mich nicht mehr zu sehen, und obwohl ich dadurch unendlich verliere, so kann ich mich nicht enthalten, dieses Verfahren zu loben. Nach einigen andern Gesprächen über diesen Gegenstand, ging ich, um den Brief abzusenden, den ich an la Feuillade geschrieben, und zehn Tage darauf erhielt ich nachstehenden Brief von ihm.


[246] La Feuillade anBüssy.


»Sie haben Ihre Pflicht gethan, mein Lieber, und ich will die meinige thun; ich habe mehr Vertrauen auf Sie, als Sie selbst; ich bitte Sie also, Frau von Montglas immer zu sehen, und mir bei ihr zu dienen. Wenn man über das Interesse so zartfühlend ist, wie Sie es mir scheinen, ist man gewiß unfähig, seine Freunde zu verrathen; aber wenn die Vorzüge der Frau von Montglas Sie so verblendet hätten, daß Sie nicht mehr im Stande wären, sich davon zurückziehen, würde ich Sie gerne hinsichtlich der bestehenden Nothwendigkeit entschuldigen, sie zu lieben, wenn man sie vollkommen kennt.«

Mit diesem Briefe kam noch einer für Frau von Montglas; hier ist er:


La Feuillade an Frau vonMontglas.


»Ich bin nicht überrascht, gnädige Frau, zu vernehmen, daß mein Freund Sie liebt; ich würde weit mehr erstaunen, wenn ein wackerer Mann, der Sie sieht, und der Sie alle Tage spricht, sein Herz bei so vielen Vorzügen bewahrte. Er meldet mir, daß [247] er Sie nicht mehr sehen will, aus Furcht, der Neigung zu unterliegen, die er für Sie hat, und ich bitte ihn, sich nicht zurückzuziehen, aus die Gewißheit hin, die ich besitze, daß er mehr Kraft haben wird, als er glaubt, und daß, wenn selbst er nicht mehr widerstehen könnte, Sie Ihr Herz nicht einem Verräther geben würden, nachdem Sie es dem treuesten Liebhaber von der Welt versagt haben.«

Sobald ich diese beiden Briefe empfangen hatte, trug ich sie zu Frau von Montglas. Aber um meinem Freunde nicht zu schaden, dessen Geliebte sehr empfindlich war, vertilgte ich den ganzen Schluß des Briefes, den er mir schrieb, von der Stelle, wo er mir meldete, daß wenn die Vorzüge der Frau von Montglas mich so verblendet hätten, daß ich nicht im Stande wäre, mich zurückzuziehen, er mich hinsichtlich der bestehenden Nothwendigkeit entschuldigen würde, sie zu lieben, wenn man sie gut kenne. Ich fürchtete, sie möchte urtheilen wie ich, daß diese Stelle nicht sehr galant, aber wenig zärtlich sey.« »Sie haben recht, antwortete der Graf von Guiche, und nicht nur diese Stelle, sondern die beiden Briefe[248] scheinen mir gut geschrieben, aber gleichgültig. »Die Folge, erwiederte Büssy, wird Sie keines Bessern belehren.«

»Wissen Sie denn.« fuhr er fort, »daß Frau vonMontglas, als sie diese ausgekratzte Stelle sah, mich fragte, was dieß wäre; ich erwiederte, daß la Feuillade mir über eine Sache von Wichtigkeit schrieb, die mich betreffe.« »Weil er wünscht, sagte sie, daß Sie fortfahren, mich zu sehen, so willige ich ein; aber, mein Herr, mit der Bedingung, daß Sie mir niemals von Ihren Gefühlen für mich sprechen.« Ich werde es thun, da Sie es wollen, versetzte ich; nicht als dürfte ich nicht mit Ihnen davon, sprechen, ohne Ihnen verdächtig sein zu müssen; denn obgleich ich Sie mehr liebe als mein Leben, wenn Sie aber um meine Liebe zu vergelten, jene meines Freundes verschmähten, würde ich, indem ich aufhörte Sie zu achten, aufhören Sie zu lieben; denn gewiß nicht, weil Sie schön find, gnädige Frau, sondern weil Sie auch keine Kolette sind, lieb' ich Sie.« »Ich glaub' es, mein Herr, sagte sie, aber da Sie nichts wünschen und nichts verlangen, so lieben Sie [249] mich nicht mehr; denn was ist eine Liebe ohne Wünsche und ohne Hoffnungen?« »Ich verlange nichts, erwiederte ich, aber ich hoffe und wünsche.« »Und was könnten Sie wünschen,« versetzte sie. »Ich wünschte, antwortete ich, daß la Feuillade Sie nicht mehr liebe, und daß dieß Ihnen gleichgültig sey.« »Und wenn's so wäre, sagte sie, glaubten Sie deßwegen glücklicher zu seyn?« »Ich weiß nicht, ob ich es wäre, gnädige Frau, versetzte ich, aber wenigstens wär' ich näher daran, als ich es bin.« – Was mich bei dem Anblicke aller Leiden, die mir eine Liebe ohne Hoffnungen gab, ein wenig tröstete, ist, daß ich auf dem Punkte stand, die Stelle eines Generalmajors der leichten Cavallerie zu erhalten, und daß, da diese Stelle mich verpflichtete, bald zur Armee abzureisen, die Ehre mich von einer Liebe heilen würde, die nicht glücklich war. Einige Tage vor meiner Abreise wollte ich den Kummer beschwichtigen, den mir die Gewalt verursachte, die ich anwendete, meine Leidenschaft zu verhehlen, und zu diesem Zwecke gab ich der Frau von Sevigny ein so schönes und so [250] außerordentliches Fest, daß Sie gewiß sehr vergnügt seyn werden, die Schilderung davon zu vernehmen.

Stellen Sie sich zuerst in dem Tempelgarten, den Sie kennen, einen Wald vor, den zwei Alleen durchkreuzen; an der Stelle, wo Sie zusammentreffen, war ein ziemlich großes Rondel von Bäumen, an deren Aesten hundert Crystallleuchter hängen, auf einer von den Seiten dieses Rondels hatte man ein prächtiges Theater errichtet, dessen Ausschmückung wohl beleuchtet zu werden verdiente, wie sie es war, und der Glanz von tausend Wachskerzen, den die Blätter der Bäume zu entrinnen hinderten, strahlte an dieser Stelle ein so lebhaftes Licht, daß die Sonne sie nicht reicher beleuchtet hätte; auch waren aus demselben Grunde die Umgebungen so dunkel, daß die Augen zu nichts dienten; die Nacht war die ruhigste von der Welt; zuerst begann das Theater, das sehr unterhaltend gesunden wurde; nach dieser Belustigung kamen vier Violinen, die, nachdem sie Ritornelle gespielt hatten, Rundtänze und kleine Lauftänze spielten. Die Gesellschaft war nicht so groß, als wohl gewählt; einige tanzten, andere sahen zu, und andere, deren Angelegenheiten [251] weiter vorgerückt waren, gingen mit ihren Liebchen in den Alleen, wo man auseinander stieß, ohne sich zu sehen; dieß dauerte bis es Tag ward, und als hätte der Himmel mit uns im Einverständnisse gehandelt, brach die Morgenröthe an, als die Wachskerzen zu leuchten aufhörten. Dieß Fest gelang so gut, daß man überall die näheren Umstände davon erzählte, und noch jetzt spricht man mit Bewunderung davon; es gab welche, die glaubten, Frau von Sevigny sei hiebei nur der Vorwand für Frau von Precy gewesen, aber die Wahrheit war, daß ich dieß Fest der Frau von Montglas gab, ohne es ihr sagen zu dürfen, und ich glaubte, daß Sie daran zweifelte, ohne mir etwas darüber zu äußern. Indeß scherzte ich mit ihr vor der Gesellschaft, ich sagte ihr immer lächelnd einige Schmeicheleien, und machte ihr eine Sarabande-Strophe, wovon Sie gewiß schon gehört haben.

Sie können wohl denken, daß bei meinen Gefühlen für Frau von Montglas meine Bemühungen für Frau von Precy sehr mittelmäßig waren, ich lebte jedoch auf's beste von der Welt mit [252] ihr, und meine geringe Bewerbung stimmte sehr gut mit ihrer Launigkeit überein. Als sie jedoch zu argwöhnen anfing, daß ich Frau von Montglas liebe, wurde sie warm für mich, und ärgerte sich, da sie sah, daß ich es für sie nicht eben so machte. Ich bewunderte dabei die Laune der Damen; sie ärgern sich, einen Liebhaber zu verlieren, den sie nicht lieben wollen; aber dessen ungeachtet war das, was Frau von Precy that, nicht so überraschend, als das, was Frau von Isle that; ich hatte mit jener von Liebe gesprochen, und es war nicht sehr befremdend, daß er einiges Interesse daran nahm; aber was Frau von Isle betrifft, der ich nur immer Freundschaft bezeugt hatte, so konnte ich nicht genug über die Art erstaunen, womit sie sich, wie Sie hören werden, benahm. Sobald sie meine Liebe für Frau von Montglas argwöhnte, gab es leine Ränke, deren sie sich nicht bediente, um sich hierüber vollkommen aufzuklären, sie sagte mir manchmal lachend, daß ich in sie verliebt sey; bald sagte sie mir Gutes davon, und weil ich fürchtete, daß sie dadurch zu entdecken wünschte, was ich im Herzen trug, war ich über [253] ihre Lobsprüche sehr zurückhaltend; ein anderesmal sprach sie übel von mir, und ich, der ich sehr froh war, Frau von Montglas in Kenntniß zu setzen, daß sie sich täusche, wenn sie auf die Freundschaft der Frau von Isle sich Rechnung mache, nachdem ich diese in tausend andern Fällen die Frau vonMontglas verrathend gefunden hatte, gab ihr ein sehr günstiges Gehör, um sie in dem Glauben zu bestärken, daß ich Vergnügen daran fände; da ich endlich eines Abends die Gehässigkeit, welche sie gegen Frau von Montglas äußerte, nicht mehr ertragen konnte, verständige ich diese davon, wodurch veranlaßt wurde, daß sie miteinander brachen, und diese Schöne in der Folge alle Gründe von der Welt hatte, zu glauben, ich hätte wirklich Liebe für sie gefühlt.

[254]

Notes
Erstdruck: Lüttich (s.n.) 1665. Druck der ersten deutschen Übersetzung: Stuttgart (s.n.) 1828.
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TextGrid Repository (2012). Bussy-Rabutin, Roger de. Geheime Liebschaften der Pariser Hofdamen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4A0A-0