Andreas Heinrich Buchholtz
Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valiska Wunder-Geschichte
In acht Bücher und zween Teile abgefasset und allen Gott- und Tugendliebenden Seelen zur Christ- und ehrlichen Ergezligkeit ans Licht gestellet

Widmung

Dem AllerDurchleuchtigsten / Großmächtigsten und Vnüberwindlichsten Fürsten und Herrn /Herrn Leopold

Erwähletem Römischen Käyser / zu allen Zeiten Mehrern des Reichs / In Germanien / zu Hungarn /Böheim / Dalmatien / Croatien und Sclavonien / etc. Könige; ErzHertzogen zu Oesterreich; Herzogen zu Burgund / zu Braband / zu Steyer / zu Cärnten / zu Crain / zu Lützenburg / zu Würtemberg / Ober- und Nider-Schlesien; Fürsten zu Schwaben; Marggrafen des Heil. Römischen Reichs / zu Burggaw / zu Mähren / Ober- und NiderLaußnitz; Gefürsteten Grafen zu Habspurg / zu Tyrol / zu Pfirdt / zu Kyburg und zu Görtz; Land Grafen im Elsaß; Herrn auf der Windischen Mark / zu Portenau und zu Salins / etc.


GOttes gnädigen Schutz / nebest langem Leben /Gesundheit / glücklicher Herschung / Friede / Sieg /und allem Käyserlichen Wolergehen.

Allergnädigster Käyser und Herr

Allergnädigster Käyser und Herr.

So Eurer Käyserl. Majestät wirdigsten Füssen leget gegenwärtiger / der Teutschen angeführter GroßFürstHerkules / sampt seiner ihm vertraueten Königl. Böhmischen Fräulein Valisken sich allerdemütigst nieder; uñ solches aus tiefstschuldiger dankbarkeit; nachdem von Käyserl. Majest. höchstmildest-gewogener Hand / sie ehmals einen Gnaden-Reichs-Stab und Krohn (im sechsten Buche dieser Geschichten zu sehen) einpfangen haben.

Wolte der Himmel! daß mit Eurer Käyserl. Majest: allergnädigster einwilligung und gefallen diese ihre Darstellung möchte geschehen seyn; alsdann würden sie den Zwegk ihres höchsten wunsches schon erreichet haben; und würde ihr geträuester Bruder / der Böhmische König Ladisla sich dessen zugleich innigst erfreuen.

Zwar es ist ausser allem zweifel gesezt / dz alles /was vor Eurer Käyserl. Majest. preißwürdigsten ReichsStuel zutreten sich unternehmẽ darf / nit allein rein und lauter / sondern auch ganz vortreflich uñ allerdinge volkommen seyn müsse; und solches nicht allein nach dem Wesen / sondern auch nach dem äusserlichen Schmucke.

Massen Käyserl. Majest: ohn jemandes einrede /vor die allerhöchste Heilige Würde in der ganzen Christen-Welt geehret wird; welche als Gottes Stathalter / der allerheiligsten Gerechtigkeit vorstehet; welchem nach / vor derẽ ruhmwirdigstẽ Augen sich niemand wird stellen dürffẽ / der durch iñerliche oder äusserliche unsauberkeit dieselbe etwa betrüben oder beleidigẽ möchte.

Vnd weil nit so bald ichtwas durch sich selbst sich alhier vor düchtig wird melden können / sondern nur /was Käyserl. Majest. allergnädigster MachtSpruch davor erklären wird.

Als suchet gegenwärtiger Teutscher Herkules uñ seine Böhmische Valiska in dieser irdischẽ Welt nichts höhers / dann daß Eure Käys. Maj. mit allergnädigsten Augen sie ansehen / und die wirdigkeit /so sie bey ihnen selbst nit wissen noch finden / ihnen mitzuteilen / allergnädigst geruhẽ wollẽ; welches zuerlangen sie untertähnigst hoffen / in betrachtung / dz diese ihre Geschichte niemand zubeleidigen / noch mit Stachel-Reden zu verwunden / sondern bloß zur geistlichẽ und ehrliebenden Gemühts-ergetzligkeit angesehen ist.

Der grosse Gott / welcher sich gegen Abraham den Almächtigen neñet / ließ zeit des Alten Bundes ihm nit nur der wolbegüterten ihre feiste ausgemästete Ochsen uñ gewaltige grosse FeldZehenden / sondern auch die leichten Täubelein und einzelne Garbẽ der armen Leute wolgefallẽ / wañ sie von guter Seele in rechtschaffener andacht geopfert wurdẽ. Und ebẽ dieses war die ursach / daß Abels kleiner Heerd / mit dem wenigẽ Fette seiner Erstlinge betropfet / ungleich heller und anmuhtiger vor Gottes Angesicht brennete /als wann der freche Kain tausend aufgebansete Garben angezündet hätte / deren Lohe sich höher in die Lufft erheben mögen / als daß MenschenAugen sie hätten können abmässen.

Im Neuen Gnaden-Bunde hat Gott in angeno ener Menscheit uns eben dessen versichern wollen / da er seine lieben Jünger vergewisserte / daß der armen Wittiben eingelegte zwey Scherflein / vor GottesOhren einen viel hellern und angenehmern Klang von sich gaben / als die schweren güldenen uñ silbernen Opferstücke / welche von den Reichen ohn Andacht /und aus Hochmut in den GottesKasten geworffen wurden.

Die hohe Obrigkeit hat die Ehre in der Heiligen Schrift / daß sie Götter genennet werden; anzudeuten /daß in vielen stücken sie sich dem wahren einigẽ Gotte gleich zubezeigen pflegen; insonderheit in diesem / daß der unvermögenden Gehorsamen ergebener Wille ihnen angenehmer ist / als was von haabseligen durch Zwang heraus gekeltert / oder aus Furcht geliefert wird.

Welches dann unsern Teutschen Herkules / und seine Böhmische Valisken muhtiget / und in volle hofnung setzet / ihre gutwilligkeit / Eurer Käys. Maj. sich vor eigen zuergebẽ / werde den abgang ihres unvermögens erstattẽ / ohn welches vertrauen sie nimmermehr würden geherzt gewesen seyn / vor dero allergroßmächtigstem Stuel sich finden zulassen.

Dafern nun dere / Gegenwart und alleruntertähnigste Darstellung allergnädigst wird können geduldet werden / müssen sie sich billich vor glükselig schätzen / und die Stunde gesegnen / an welcher sie dieser Welt bekant worden sind. Dann sie werden unter diesen mächtigen Adlersflügeln / Schuz und gnugsame Sicherheit antreffen / wider alle Freveler und verwägene Geizhälse / welche sonsten sich nicht möchten scheuhen dürffen / diese Geschichte / wider das siebende Geboht des Heil. Göttlichen Gesetzes unter gestohlner Kleidung in die Welt auszustreuẽ; mit welchen schlimmen Diebs-Nägeln in diesen lezten Zeiten sich ihrer viel kratzen. Ja es werden zugleich auch andere mißgünstige abgeschrecket werdẽ / ihren unbefugten Geifer und Neid-bittere Galle / wider dieses wolgemeinete Werk auszuspeiẽ / wann ihnen zu Ohren kommen solte / der unüberwindliche Adler (HErr Gott / gib du ihm Krafft / verjunge und erhalte ihn / daß er sein vermögen nicht / als am lezten Tage dieser Welt verliere) habe unter seine sichere Schuz-Flügel angenommen

Eurer Römischen Käyserlichen Majestät


alleruntertähnigste / allergehorsambste Diener und Dienerin Herkules und Valisken.

[1] Freundliche Erinnerung
An den Christlichen Tugendliebenden
Leser
des Teutschen Herkules /
Welcher gebeten wird / diese Geschichte nicht vorzunehmen /
ehe und bevor er folgende kurtze Vermahnung durchgelesen und vernommen hat.

Es hat der UhrSchreiber dieses Buchs vor eine Nohtwendigkeit erachtet / dem gewogenen Leser / bald im ersten Eingange / den Zweg seines Vorhabens vorzustellen / was gestalt seine Andacht in diesem ganzen Wercke eigentlich dahin gerichtet sey / daß des Gemühts Erfrischung / so man im durchlesen anmuhtiger Geschichte suchet / allemahl mit gotfürchtigen Gedanken vermischet seyn möge / und die Erkäntnis der himlischen Warheit auch daselbst befodert werde / da man sichs nicht vermuhten wahr; massen dadurch andächtige Seelen oft veranlasset werden / ihre Seufzer mitten in solcher Lesung gen Himmel zu schicken /damit die irdische Gesonnenheit am Zeitlichen sich nicht zu heftig vergassen / noch den Lüsten zu viel Raum geben möge.

Das schandsüchtige Amadis Buch hat mañichen Liebhaber auch unter dem Frauenzimmer / deren noch keine dadurch gebessert / aber wol unterschiedliche zur unziemlichẽ Frecheit angesponnet sind / wañ sie solche Begebnissen vor Augen gemahlet sehen / welche wol die unverschämtesten vor der Sonnen zu verrichten scheu tragen. Daß ich alhier nicht allein der handgreiflichen Contradictionen und Widersprechungen / womit der Tichter sich selbst zum oftern in die Backen häuet; samt den ungläub-scheinlichen Fällen und mehr als kindischen Zeitverwirrungen / deren das ganze Buch durchgehend vol ist; sondern auch der teils närrischen / teils gotlosen Bezäuberungen geschweige / deren so vielfältige Meldung geschiehet /und doch so wenig Geschmak als Glaubwürdigkeit haben / nicht desto weniger aber diese teuflische Kunst nit allein vor gut uñzugelassen sondern wol gar vor Christ- und götlich wil gehalten werden / als deren sich Christliche Käyser / Könige und Ritter ohn Gewissens-Anstoß gebrauchet, und dadurch mannichem Unglük / aus sonderbahrer Schickung Gottes entrissen / auch viel Gutes zu volführen gestärket seyn sollen. Wil nicht sagen / wie leicht unbesonnene lüsterne Weibesbilder hiedurch / der Zäuberey sich zu ergeben / möchten veranlasset werden. Woraus dann zur gnüge erscheinet / daß der leicht bewäglichen Jugend mit obgedachtem Buche nicht besser gedienet währe / als wann es nur den Schaben und Motten durchzublättern / und der ewigen Vergessenheit übergeben würde.

Ob dann einiger Amadis-Schützer einwerffen wolte / die lustbringende Erfindungen macheten diesem Buche sein Ansehen / und entrissen es der Verwesung; so mag ehrliebenden Herzen dieses noch lange nicht genug seyn. Dann die Leichtfertigkeiten hecheln gar zu grob / und die unziemliche Betreibungen zwischen jungen verliebeten hohen Standes-Leuten brechen so unverschämt loß / daß von keuschen Herzen es ohn ärgernis nicht wol kan gelesen werden; was wolte dann von frech-wilden geschehen? Zwar ein gefusseter ehrliebender Geist achtet dessen wenig; aber wer vermuhtet sich eines solchen bey der lustsüchtigen Jugend? wird demnach keine Entschuldigung übrig seyn / und wer ohn verdacht leichtsinniges Gemühts und Lebens bleiben wil / enthält sich billich von solchen uñ dergleichen Büchern / welche die unzüchtige Kitzelungen mit der Höfligkeit gar zu merckern durcheinander flechten / uñ den Stachel der unbillichen Begierden rägen und hägen; dann menschliche Boßheit ist schon mehr als zu heftig / und bedarfs nicht / daß man Wasser ins Meer trage / oder Oel ans Feur schütte. Ob auch dem Königl. und Fürstl. Frauenzimmer / durch Tichtung so mannicherley unzüchtigen Buhlereien nicht gar zu nahe getreten sey / gebe ich allen Vernünftigen zu betrachten.

[1] Mir zweifelt nicht / der trefliche Barklaius mit seiner berümten Argenis; Herr Sidnei mit seiner Arkadia; Herr Marets mit seiner Ariana / und andere dergleichen züchtige ehrliebende Geschecht Schreiber /haben / der Jugend den Amadis aus den Händen zureissen / nicht die geringste Ursach geno en / jhre Schriften hervorzugeben / Und muß ein jeder gestehen / daß jezt gedachte Bücher ohn Anstoß uñ ärgerniß wol können gelesen werden; aber die wahre Gottesfurcht ist in denselben nicht eingeführet / viel weniger des Christlichen Glaubens einige Meldung geschehen; daher mein Siñ uñ vielleicht anderer mehr / durch solche nicht vergnüget ist; Wiewol obgedachte sinreiche Köpfe zu tadeln / ich nicht gemeinet bin / sondern sie vielmehr preise / und gerne gestehe / daß sie jhres Lobes wert sind; Nur allein hoffe ich bey dem Leser diesen Ruhm zu erhalten / daß er zeugen wird / er finde in fleissiger Lesung dieses Werks was nicht allein sein Welt wallendes / sondern zugleich auch sein Geist himlisches Gemüht erquicken / und jhn auff der Bahn der rechtschaffenen Gotseligkeit erhalten könne; gestaltsam der Christliche Herkules jhm gnugsam zeiget / wie man weder durch irdische Glükseligkeit noch durch Unglüksfälle sich von Gott und vom Christlichen Wandel abziehen lassen / sondern allemahl seinen Heiland im Herzen haben / Christlich leben / die Welt verachten / Fleisch- und Blutes Bewegung und die reitzende Lüste dämpfen / der Untugend absagen / den wahren Gott vor der Welt bekennen / der Tugend nachsetzen / und äussersten Vermögens seines Nähesten Besserung und Rettung jhm angelegen seyn lassen müsse. Dann jezterwehneter Großfürst Herkules ist uns als ein Ebenbilde eines nach vermögen volkommenen Christen der im weltlichen Stande lebet / vorgestellet und der durch getrieb seiner vernünftigen Seele zu allen löblichen Tugenden / auch nach empfangener gnädigen Erleuchtung / zur Gottesfurcht sich ernstlich hinwendet / wie imgleichen auch seine unvergleichliche tapffere und gottfürchtigeValiska / zu ehren dem weiblichen Geschlechte / und zu behäupten / daß auch bey jhnen wahre Tugend stat und raum finde. Ladisla / Fabius / und andere / zeigen auch Tugend- und nach jhrer Bekehrung Christergebene Herzen; jedoch / welche / wegen zu heftiger Fleisches und Blutes Bewägung / an die höchste volkommenheit nicht gelangen. Phraortes / Pharnabazus / Artaxerxes / Mazeus / und andere jhres gleichen / stellen sich zum Beispiel deren / die ausser der Erkäntnis des wahren GOttes / dannoch der Tugend folge leisten / und gleichwol der ewigen Seligkeit wenig nachdenken / viel weniger der Gelegenheit wahrnehmen / die jhnen durch Gottes Gütigkeit zur Bekehrung dargebohten wird. Hergegen stehen Arbianes / Fabius / Leches / Neda und andere / als Ebenbilder deren / die sich von Gott / etliche leichter /etliche langsamer ziehen lassen; und zwar unter diesen ist Ladisla der hartnäckesten einer / mit denen es viel zu thun hat / ehe sie den alten eingewurzelten Wahn des falschen Gottesdienstes jhrer Voreltern ablegen können.

Gleich wie aber eines Dinges Eigenschafft und Art am besten und volkommensten erkennet wird / wann man sein wiederwertiges zugleich betrachtet und dagegen stellet / also hat der Meister dieses Werks an unterschiedlichen Mannes- und Weibesbildern die schnödesten Untugenden / wiewol unter Zuchtliebender Rede-Art / einführen wollen; Als da der verstokte Geta / ein Muster solcher Boßheit ist / die nicht allein weder durch Dräuung noch Streichen nicht kan außgetrieben werden / sondern über das noch ein sonderliches Lob suchet / daß sie von allem Guten ganz abgefernet ist. Artabanus der Parther meldet sich an Wütrichsstat / der seinen schändlichen Lüsten nicht /als durch Furcht oder Zwang einreden darff. Orsillos gibt dir die Unbarmherzigkeit zu erkennen / welche ungestrafft nicht bleiben kan. GamaxusPines /die weder Gott noch Menschen achten / müssen jhres Hochmuhts billiche Straffe über sich nehmen / biß sie durch schwere Züchtigung sich selbst lernen kennen /und daß jhre viehische Leibeskrafft durchaus nicht zuachten sey / wann Gott straffen wil. Einen ganz unbesonnenen und verwägenen Bösewicht / dem sein Frevel eine Zeitlang hingehet / wirst du an dem Böhmischen Nintsla erkennen / welchen doch Gottes Gericht noch endlich trifft. Wiederumb sihest du ein Vorbilde hoher Leute schweres Unfals an König Notesterich / dessen sich Gott endlich wieder erbarmet /und jhn zu ehren bringet Bagophanes / Bagoas undDropion / sind der Könige und Fürsten allerschädlichste Pestilenz; dieser / in dem er durch verwägene Künheit sich unterwindet / seinen König selbst aus dem Sattel zuheben / welcher behueff er die vornehmsten Ehren- und Krieges-ämter seinen Geschöpffen und Verbundenen austeilet / und hingegen andere redliche und geträue Diener zu unterdrücken suchet; jene / in dem sie als liebkosende Schmeichler [2] durch jhr Fuchsschwänzen und alles-gut heissen / eines Fürsten Leumut verderben und zunichte machen / wann sie demselben das höchst-schädliche quod libet licet, Thue was dir gefält / einbilden / und jhn bereden /sein Wille sey frey und von allen Gesetzen ungebunden / so daß er nach Belieben machen möge; worauff nichts anders als Landesverderb / und aller Tugend Untergang folgen kan; welches ob es ohn des Fürsten selbst eigene Gefahr und Schaden geschehen möge /wird Artabanus und Gobares schwerer Fall Zeugnis geben. Hingegen kan Agiß dir einen geträuen Diener seines Herrn darstellen / der weder durch Glück noch Gefahr von redlicher Auffrichtigkeit sich abziehen lässet / so hohes Ruhmes wirdig / als wenig seines gleichen an Herrn Höfen möge gefunden werden. König Mnata warnet durch seinen Unfal alle hohe Häupter / daß sie keinem Bedieneten zu grosse Gewalt einräumen sollen / damit sie nicht jhre Verderbens Schlang in jhrem eigenen Busem nähren. Vor allen Dingen aber wird der Leser gebehten / die Darstellung der geilen Statiren / und jhren gedoppelten Ehebruch ohn böse Gedanken zu lesen / auch daneben Kleons Unglük zu beklagen / welcher der Unkeuscheit vor sich selbst nicht zugethan / aus Furcht des Todes als ein Heyde / in solches Laster eingewilliget /welches er gleichwol nachgehends in seiner Freyheit nicht allein vor sich meldet / sondern auch die unzüchtige Statiren zur Busse und Tugend leitet. Vologeses der älter / und Pakorus legen an den Tag / daß man die Tugend auch an seinem Feinde loben / aber doch sich durchaus zu keiner Unträu oder Verrähterey wenden / jedoch auch an seinem eigenen Herren die Boßheit und Untugend hassen / und solche / als viel möglich / hintertreiben und abwenden müsse. Anderer Anführungen / deren dieses Buch vol ist / geliebter Kürze halben zu geschweigen / weil der Leser in Verfolg dieser Geschichte sie ohn schwer wird anmerken können; wie dann diese Schrifft eigentlich zu dem Ende auffgesetzt ist / daß nebest der Ergezligkeit man auch nüzlich möge erbauet werdẽ; wobey man gleichwol zu Zeiten einen und andern kurzweiligen Auffzug hat wollen einmischen / weil solche Verenderung vielen annehmlich ist. Jedoch sol der Leser hiemit Christlich vermahnet seyn / dieses Buch nicht dergestalt zu lesen / daß er nur die weltlichen Begebnissen zur sinlichen Ergezligkeit heraus nehmen / und die eingemischeten geistlichen Sachen vorbey gehen wolte; sondern vor allen Dingen die Christlichen Unterrichtungen wol beobachte / sie ins Herz schreibe /und darnach sein Leben zurichten / jhm lasse angelegen seyn / insonderheit den zum Ende gesezten Begrieff des algemeinen Christlichen Glaubens nach allen seinen Stücken recht fasse / als welcher jhm zur Richtschnuhr seines Christentuhms dienen / und die Erkäntnis der Christlichen Lehre wol beybringen kan. Solte aber jemand sich gelüsten lassen / meinen wolgemeynten Vorsaz zu tadeln / und die in aller Einfalt durchgesetzete geistliche Unterrichtungen zu verwerffen / als ob sie von schlechter Wichtigkeit / oder an ungehörige Oerter eingeflochten währen / der sol wissen / daß ich jhn nicht als vom guten Geist getrieben / achten kan / weil er ungütlich mit mir ümgehet /und meine gute Andacht (über welche ich den einigen Herzenkündiger zum Zeugen ruffe) zu verargen suchet / die doch einig nur des Nähesten Besserung / auch daselbst jhr lässet angelegen seyn / und zwar zur himlischen Seligkeit / wo vor diesem noch kein ander (als viel mir bewust) sich darumb groß bemühet hat; und ich zu dem Ende mich der lieben Einfalt beflissen /auch keine Streitigkeiten der Lehre (als welche zu jenen Zeiten noch schlieffen) einmengen wollen / auff daß auch die Ungelehrten es begreiffen / und friedliebende Herzen es zu lesen nicht scheu tragen mögen; deßwegen wird Gott das Gedeyen geben / wie ich der ungezweifelten Hoffnung bin / daß noch mannicherLeser / wann ers selber nicht meynet / zur geistlichen Besserung wird gerühret werdẽ; welches zu erfahren /dem UhrSchreiber die grösseste Vergnügung seyn wird. Solten auch hohe Leute und FürstenStandes diß mein Buch zulesen wirdigen / wird jhnen vielleicht ein ziemlicher Abriß vorgestellet seyn / daher sie jhre gebührliche Vollkommenheit anzumercken / und jhr Lobwürdiges fortzusetzen / das Unständige aber abzulegen Anlaß nehmen können.

Zum schließlichen Nachricht ahne ich / daß die Liebe zu meinem Vaterlande diesen Christlichen Teutschen Herkules in meiner Seele gebildet und außgebrütet / wie dann ohn zweifel unser Teutschland mannichen tapffern Held und Fürsten auch zu jenen Zeiten gezeuget / deren Lob der Unteutschen Neid /und Mangel der GeschichtSchreiber unterdrücket /und der Vergessenheit gewidmet hat. So haben auch die Böhmen / Gothen / Schweden / Dänen / und andere Nordische Völcker nicht lauter wilde Säue und Bähren / sondern mannichen trefflichen Fürsten und Ritter unter sich gehabt / deren löblichen Tahten den[3] Griechen und Römern nichts bevor geben würden /wañ sie auffgezeichnet währen. Wer wolte mirs dañ verargen / daß aus diesen Landschafften ich etliche wenige hervor gesuchet / die uns an statt einer Entwerffung dienen können / Ungeachtet der Spanische Hochtrab / die Italiänische Ruhmrähtigkeit und der Französische eingebildete Vorzug (ich rede nicht von allen / viel weniger einigen zu verunglimpfen) die Nase drüber rumpfen / und den groben Ländern / wie sie meynen / solches Lob nit gönnen möchten / da sie doch wider jhren Willen gestehen müssen / daß dieser streitbaren VölckerEinigkeit gnug währe / des Türken / Tartern und Persen Hochmuht und Gewalt zu dämpfen; Und wolte Gott / daß die Teutsche und Schwedische Macht / von so viel Jahren her zu unserm eigenen Verderben angewand / die Ungläubigen getroffen hätte; Konstantinopel / GriechenLand uñ ganz Natolien solte / menschlicher weise davon zu reden / wider Christlich / und der Erbfeind daraus vertilget seyn. Was würde dann werden / wañ ich die angewendete Macht von der ersten Weissen-Berges-Schlacht her rechnen wolte?

Aber den begierigen Leser nicht länger auffzuhalten / noch dessen Gedult zu mißbrauchen / wird der selbe gebührlich ersuchet und gebehten / keinen Verdruß an dieses Werkes Weltläufftigkeit zu tragen /weil es außdrüklich die Gestalt einer außführlichen Geschichte hat haben sollen.

Ich wil mich hieselbst nicht mit vielen Worten entschuldigen / waru ich an statt des unteutschen Wortes Majestät / das Wort Hochheit gebrauchet habe /noch mit denen mich zanken / welche meynẽ / daß dieses Wort der grossen Könige Vortrefligkeit zu melden gar zu geringe sey. Wer ein besseres und bequemeres hat / kan es anzeigen / obs etwa in Ubung gebracht werden wolte; Ich nehme dieses eben so hoch als jenes Unteutsche / hätte auch lieber die ümschweiffende Benennungen / Eure Königl. Hochheit; Eure GroßFürstl. Durchleuchtigkeit / und dergleichen / gar gemieden / wañ sie bey uns Teutschen nicht so gar die Oberhand genommen hätten; welches mit wenigem anzudeuten / ich vor nöhtig erachtet habe.

Solte aber sonsten etwas versehen seyn / welches menschlicher Schwachheit / sonderlich denen leicht begegnen kan / die nöhtigere Sachen zu treiben haben / und ein so grosses Werk nur bey einzelnen Ruhe-Stunden auffsetzen / zweifele ich nicht an des gutherzigen Lesers günstiger Verzeihung / welchen ich dem Schuz Gottes zu aller Leibes und Seelen Wolfahrt hiemit empfele / etc.

An den Nase-Klügling.

Was wolgemeynt / und zur Erbauung dienet /
Das fichte nicht mit Läster-Reden an.
Wer sich so leicht zum tadelen erkühnet /
Und keine Schrifft ohn Schmähung lassen kan;
Der wisse / daß sein Straffe-Lohn schon grünet /
Sein Geifer wird verflucht von jederman.

Kurtzer Inhalt des Christlichen Teutschen Herkules.

Demnach nicht gezweifelt wird / es werde der Leser den kurzen Begrieff dieser weitläufftigen Geschichte gerne wissen wollen / ümb einen Vorschmak dessen zu haben / was in diesen Acht Büchern eigentlich gehandelt wird / und aber solches durch das ganze Werk verstecket ist; als hat man dessen Begierde ganz gerne ein Genügen thun / und den Inhalt auffs kürzeste anhero setzen wollen / wie folget.


Herkules sehr zierlicher Gestalt / ein Ebenbild der wahren Herzhaftigkeit / Tugend uñ Gottesfurcht / im Jahr nach unsers Heylandes Geburt CCIV, am XV Tage des April Monats / von dem GroßFürsten der Freyen Teutschen Herren Henrich / und Frau Gertrud / König Ragwalds in Schweden Tochter ehelich gezeuget / gibt in seinen kindlichen Jahren durch Erleg-und Fahung etlicher Wölffe / seine Herzhaftigkeit an den Tag. (Wird im dritten Buch erzehlet.)

Als er VII Jahr und XIX Wochen alt ist / wird jhm seines Herr Vaters SchwesterSohn Ladisla der junge Fürst aus Böhmen (welcher dazumal X Jahr und XIV Wochen alt) zugesellet / welcher nachgehends von jhm durch kein Mittel hat können lebendig abgetrennet werden / daher man sie zusa en gelassen / und sind in fleissiger Lernung der Sprachen und allerhand Fürstlichen Ubungen aufferzogen worden. Herkules da er XV Jahr alt / erleget vor der Faust einen Teutschen Ritter Nahmens Inge von / welcher ein armes Bauren Mägdlein nohtzüchtigen wolte / geräht darüber (weil alles Balgen verbohten [4] wahr) in seines Vaters Großfürst Henrichs Hafft / und wird von Ladisla mit gewaltsamer Hand der versamleten Bauren erlediget. (Wird im vierden Buch erzählet.)

Sie reisen beyde nach Schweden in den Krieg / als Herkules XVII Jahr / Ladisla XX Jahr alt ist / und nach zweyen Jahren ziehen sie mit einander nach Böhmen zu Ladisla Eltern / woselbst Herkules sich mit Ladisla Fräulein Schwester / Fräulein Valiska heimlich verliebet und verlobet / da er XIX Jahr / sie aber XIII Jahr und III Monat alt ist; ein Fräulein / an Heldenmuht / Schönheit / Tugend und Gottesfurcht unvergleichlich / als ein vollkommenes Muster und Außbund weibliches Geschlechtes / jhrem Herkules sehr gleich und ähnlich. Zu Prag geräht dazumal Herkules mit einem Pannonischen Gesandten / Nahmens Bato in Zwiespalt / hält nacket einen Kampff mit jhm / und sieget ob; wird bald darauff von Pannonischen Räubern in einem Walde gefangen aber durch Römische Frei Beuter denen wieder abgenommen und zu Rom vor Leibeigen an Herren Zinna verkaufft / dessen Tochter Zezilia anfangs / bald auch dessen Gemahl Fr. Sulpizia seiner zu unziemlicher Liebe begehret / welches er durch List ablehnet / in jhrer Gunst dannoch verbleibet / und hernach das Christenthum annimt. Ladisla suchet seinen verlohrnen Freund Herkules (in der Knechtschafft Oedemeier genennet / ) gibt sich deßwegen in Römische KriegsDienste unter dem Nahmen Winnibald / jhm desto besser nachzufragen / weil er so viel Nachricht hatte / daß er in der Römer Hände gefallen wahr / und nach Verlauff eines Jahrs und XI Wochen / erfähret er dessen Zustand /als er bald darauff mit einem Pannonischen Strunzer einen Kampff hält / und jhm angewinnet. Er wil Herkules durch bedrauliche Schreiben von seinem Christenthum abschrecken / weil es aber vergeblich /reiset er hin zu jhm nach Rom / machet jhn der Leibeigenschafft loß / und verbindet sich mit jhm auffs neue in fester Freundschafft / ungeachtet jhres Glaubens Ungleichheit. (Dieses wird teils im fünfften / und teils im sechsten Buch erzehlet.)

Inhalt des ersten Buchs.

Als sie beyde des Vorhabens sind / bald von Rom zu ziehen / und die Welt zu besehen / bekömt Ladisla durch den alten Böhmischen Außreiter Wenzesla /von seiner Fr. Mutter Königin Hedewig traurige Schreiben / daß sein Herr Vater (wie sie gänzlich meyneten) auff der Jagt umkommen sey / und werden beyde Helden bald darauff in jhrer Herberge von XVI Räubern mördlich überfallen / welche sie alle erlegen / aber darüber hart verwundet werden. Nach jhrer Heilung schreibet Ladisla an seine Fr. Mutter / Herkules an das Fräulein / und durchreisen Italien / gerahten vor Padua in einem Walde an drey von fünff Räubern entführete vornehme Römische Fräulein / erlegen die Menschen Diebe / und erlösen die Geraubeten / in deren eine und vornehmste Frl. Sophia / Herrn Q. Fabius / Römischen Stadthalters zu Padua Tochter / sich Ladisla hefftig verliebet / gerahten mit dieser Fräulein Bruder K. Fabius (der die Räuber verfolgete) und seinen Leuten / aus Unwissenheit in Streit / werden wieder verglichen / und ziehen mit einander nach Padua / woselbst Ladisla sich dem Fräulein offenbahret und seine Liebes-Bande fest leget. Sein Mitbuhler Fulvius kömt daselbst an / dem der Vater seine Tochter (jedoch jhr unwissend) versprochen hatte / dieselbe hält es mit Ladisla / der Vater mit keinem; Fulvius gibt Ladislaen Ursach zum Kampff in welchem jener erleget wird. Der Stadthalter stürzet darauf Ladislaen uñ seine Tochter auf unterschiedliche weise in eine vermeynete grosse Lebensgefahr / macht auch durch listigen Anschlag / daß das Frl. Ladislaen Reden als eine wägerung jhrer Heyraht annehmen muß / uñ bald darauf verspricht er sie jhm / so daß sie noch diesen Abend müssen das Beylager halten / welches dem jungen Fabius mit Frl. Ursul auff seiner Schwester Getrieb auch gegönnet wird / da unterdessen Herkules an der von einem Räuber empfangenen Wunde betlägerig ist. Nach dessen Genäsung leiten sie zur Lust nach einem Vorwerke / da Herkules mit seinem ritterlichen Diener Klodius allem auff die Jagt reitet / und des Stadthalters Bruders Tochter von Rom / Fräulein Sibylla Fabia aus des Räubers Silvans Händen erlöset. Worauff sie des folgenden Tages ohngefähr an eine gefährliche Räuber-Höhle von 194. Räubern besetzet / gerahten / und dieselbe (da sie überal nur 42 Mann stark sind) bestreiten / erobern und überaus grosse Schätze darinnen antreffen; werden deßwegen von dem damahligen Römischen Käyser Alexander Severus treflich geehret und begabet. Ladisla Hochzeitfest wird bestimmet / und sendet Herkules seinem vertrauten Fräulein Valisken köstliche Geschenke nach Prag; woselbst des Franken und Sikambern jungen GroßFürsten [5] Markomirs Gesandten sich anfinden / und ümb Frl. Valisken werben / welches freundlich angenommen wird / und das Fräulein einwendet / sie müsse jhrem sonderlich gethanen Verheissen nach /solches jhrem Herrn Bruder zuvor anmelden / womit der Gesandter abgefertiget wird. Die Böhmischen Stände senden jhre Abgeordenten nach Padua / jhrem Könige Reise-Gelder überzubringen / welche daselbst kurz vor dessen Hochzeitfest ankommen. Des Tages nach deren Abzug von Prag / gelanget daselbst Ladisla Bohte an / und ladet die Königin und das Fräulein zur Hochzeit / gleich als das Fräulein durch heimliche Nachstellung auff der Jagt in grosse Lebensgefahr geräht / und sich noch durch Schwimmen loßreisset. Herkules Geschenke an das Fräulein kommen des folgenden Tages zu Prag an / da sie bey jhrer Fr. Mutter und den Landständen so lange ansuchet / daß jhr endlich erlaubet wird / nach Padua auff jhres Herrn Bruders Hochzeitfest zu reisen / und machet sie sich geschwinde fort. Zu Padua wird bey der Hochzeit ein Freystechen gehalten / worbey ein vornehmer Persischer Herr / Nahmens Pharnabazus sich findet / welcher mit Herkules Freundschafft machet. In Herkules Mahrstalle richten die Gespenster ein greuliches Wesen an / und geräht Herkules in ungewöhnliche Schwermühtigkeit / welche durch unglükliche Träume vermehret wird / und alles daher rührete / das Frl. Valiska von etlichen Räubern vor Padua gefangen / und davon geführet wahr.

Inhalt des andern Buchs.

Die unglükliche Gefängnis der Fräulein / wird durch jhrer Reuter einen / Nahmens Neklam / unsern Helden kund gethan / welche darüber in ohmächtige Traurigkeit gerahten / und sich mit einer Reuter-Geselschafft nach dem Flecken machen / da das Unglük sich zugetragen hatte / erfahren daselbst etlicher massen /wohin die Räuber mit dem Fräulein (die in Jünglings Gestalt mit jhren zwo Leib-Jungfern / Libussen und Brelen wẽggeführet worden) sich gewendet haben. In der Nachfolge treffen sie einen Theil dieser Räuber an / deren Führer Gallus / die eine Jungfer Libussen bey sich hatte; dieser Gallus erlanget Gnade bey den unsern / verpflichtet sich zu jhren geträuen Diensten /und gehet mit Herkules in den Wald nach jhrer heimlichen Räuberhöhle (nachdem Sie ihre Angesichter mit einer Kunstfarbe verstellet hatten) da auff diesem Wege Gallus den ehemahls verleugneten Christlichen Glauben wieder annimt / finden das Fräulein nicht in der Höhle / weil fremde Meer-Räuber ohngefähr daselbst angelanget wahren / welche gleich diesen Morgen alle Räuber erschlagen / und den vermeinten Jüngling / der sich Herkuliskus nennete / mit samt seiner Jungfer Brelen mit sich nach jhrem Schiffe genommen hatten. Herkules entbeut solches seinem Ladisla / und gehet mit Gallus zu Schiffe / das Fräulein zu suchen / welche noch in Jünglings Gestalt nach Kreta / und von dar ab weiter nach Tyrus geführet wird / von dannen sie nach Charas sol gebracht / und dem Parther Könige Artabanus geschenket werden. Zu Padua entstehet ein falsches Geschrey von unserer Helden Niederlage / worüber sich Ladisla Gemahl Fr. Sophia schier aus Ungeduld erstochen hätte; Herkuliskus steiget in Kreta aus / schneidet in einen Nußbaum / wohin sie geführet werde / und langet von darab zu Tyrus an. Herkules (der sich Valikules nennet) schiffet nach Korinth / kehret bey einem mörderischen Wirt ein / der jhm nach dem Leben trachtet /verlässet die Herberge / und geräht an einen frommen Christlichen Wirt / bey welchem er etliche Jünglinge antrift / welche nach Elis auff die Olympische Spiele wollen. Gallus zeiget diesem frommen Wirte an / mit was Boßheit sein voriger Wirt ümgehe; welcher darauff eingesetzt wird / und muß Herkules mit zween Rittern deßwegen kämpffen / die er auch erleget. Reiset darauff mit nach den Olympischen Spielen / wird auff dem Wege von vier Rittern beschimpffet / und bricht jhren Hochmuht. Zu Elis in der Herberge kömt er aber mit einem gewaltigen Grichischen Herrn /Nahmens Parmenio zu platze / und erschlägt jhn im Kampffe / worauff er sich wieder auff den Weg nach Korinth begiebt. Ladisla und der junge Fabius machen sich zu Padua fertig / Herkules und das verlohrne Fräulein zu suchen / und rüsten darzu zwey Schiffe aus / da Fabius mit Leches und Markus (Ladislaen ritterlichen Dienern) Ladisla aber mit Klodius (Herkules edlem Diener) zu schiffe gehen / samt jhrer Mannschafft / werden von dreyen Pannonischen Schiffen angegriffen / und erhalten die Uberwindung /hernach wählen sie zween unterschiedliche Wege. Zu Prag geben sich abermal Fränkische Heyrahts Werber an / bey denen der junge Fürst in Gestalt eines geheimen Schreibers sich befindet / haben in der nähe ein grosses Kriegsheer / und gedencken Gewalt zu gebrauchen / [6] welchem vorgebauet wird. Der junge Fürst entsetzet sich über der Zeitung / daß das Fräulein solte geraubet seyn / wil es anfangs nicht glauben; reiset hernach betrübt wieder zu seinen Eltern / und hält ümb Vergünstigung an / das Fräulein zu suchen / welches jhm abgeschlagen / uñ ein Ritter / Namens Farabert / nach Padua geschicket wird / etwas Gewißheit von dem geraubeten Fräulein einzuziehen; welcher dem Franken Könige Hilderich von Herkules trauriger Bezeigung und Nachfolgung Bericht thut; worüber sein Sohn Markomir der junge Fürst / Anfangs in grosse Traurigkeit und Zweiffelmuht / bald darauff gar in Wahnwiz geräht / daß er muß eingeschlossen und verwahret werden. Herkules (jetzo Valikules genant) wird von einem falschen Ritter auff einen Gefahrweg verleitet / da er wegen deß von jhm erlegeten Parmenions / von dessen Bruders Charidemus Leuten gefangen genommen / und mit seinem Diener Gallus zum Tode verurteilet wird / aber bey der Außführung erschlägt er die Schergen / und kömt samt Gallus durch die Flucht zu Fusse davon. Er schicket seinen Gallus nach Korinth, weiters nach Padua / ümb Gelder abzuholen / fortzugehen / welcher am Meers-Gestade den jungen Fabius antrifft / sich (weil er durch die Kunstfarbe verstellet wahr) vor einen Kauffman bey jhm angiebt / und Herkules Unfal anzeiget / welcher samt Leches / Markus und seinen Leuten dahin gehet / den alten Charidemus deßwegen tödten lässet / und dessen junges Gemahl Fr. Euphrosynen / dem Markus freyet; welche Frau unserm Herkules bey Gallus in geheim gnugsame Gelder übermachet; und er darauff nach Korinth reiset von Elis ab / woselbst er Markus und Frau Euphrosynen antrifft / und dieselbe anspricht. Hieselbst finden sich acht Griechische Ritter / welche Frau Euphrosynen verleumden / und von Herkules gezähmet werden. Klodius kömt sehr verwundet zu Herkules / und zeiget jhm an / was Gestalt sein Freund Ladisla bey Patræ mit einem Griechischen Herrn /Nahmens Perdickas gekämpffet / und nach erhaltenem Siege von dem alten Kleander gefangen hinweg geschleppet währe. Derselbe nun wolte jhn lassen enthäupten / weil er seinen Sohn Ariston im Kampff erleget hatte / und als sein Gemahl die junge Agatha jhm heimlich davon helffen wolte / wahr der Alte willens sie deßwegen lebendig zu verbrennen; aber Herkules mit Markus und seinen Kriegsknechten zeuhet hin /und erlöset Ladisla aus des Henkers Hand / giebt sich nicht zu erkennen / und reitet heimlich davon. Klodius heyrahtet die nachgelassene Fr. Agathen. Herkules schiffet nach Kreta / wird auff dem Schiffe von etlichen Mördern angesprenget / und erleget dieselben. Steiget in Kreta aus / und trifft der Fräulein Schrifft an dem Nußbaume an / erfähret also jhren Weg; findet in der Stadt Gnossus zween Betrieger / die sich vor Herkules und Ladisla außgeben / und machet sie zu schanden. Ladisla und Fabius mit jhrer Geselschafft halten sich etliche Zeit auff zu Korinth bey Markus / da eine kurzweilige Heyraht abgehandelt wird. Ladisla Leibknabe von Patræ entrunnen / kömt zu Padua an / und erwecket daselbst grosse Traurigkeit / welche Klodius Ankunfft daselbst / auffhebet /und der Stadthalter denselben zum Obersten der Besatzung machet. Ein verwägener Bube Volumnius stellet Klodius Eheliebesten Fr. Agathen nach jhrer Ehre / und verwundet jhn selbst meuchlischer Weise /deßwegen er nach erlangeter Gesundheit denselben im Kampf erleget.

Inhalt des dritten Buchs.

Inzwischen wird der vermute Herkuliskus zu Tyrus eingebracht / verlobet jhre Jungfer Brelen an jhrer Meer Räuber einen / Nahmens Alexander von Griechischem Adel / und sendet sie beyde zurük nach Padua. Er selbst muß mit den Parthern fort nach Damaskus und so weiters. Alexander und Brela treffen Herkules in Kreta an / thun jhm der Fräulein Zustand zuwissen / worauff er nach dem judischen Lande schiffet / nach Jerusalem reiset / und zu Bethabara sich läuffen lässet / geräht mit einem frechen Judischen Ritter Ben-Levi in Streit / erschlägt jhn / uñ macht mit dem Römischẽ Stadthalter zu Jerusalem /Herrn Pompeius gute Freundschafft / dessen einige Frl. Tochter / Frl. Lukrezie jhm hohe Gewogenheit zuwendet. Er wird von etlichen Juden verwundet /welche gefangen genommen werden / und hernach gebührlich abgestraffet / ohn die den Christlichen Glauben annehmen. Ladisla / der junge Fabius uñ Leches nehmen jhren Weg von Korinth nach Zypern / und förder nach Seleuzien Alexander und Brela ko en zu Padua an / der Stadthalter daselbst machet jhn zum Stadt Hauptmann / wird aber nach wenig Tagen von seinem Spießgesellen erstochen / uñ nimt Brela jhren ersten Bräutigam Ritter Neda aus Böhmen [7] wieder an /der von der Böhmischen Königin nach Padua gesendet wahr. Herkules bricht von Jerusalem auff / und reiset nach Tyrus / woselbst er seiner Fräulein sonderliches Zeichen angemahlet findet / welche mit jhrer Gesellschafft über den Eufrat / und Tygerfluß gehet (und allenthalben jezt gemeldetes Zeichen ankreitet) biß in Assyrien / da sie in einem Walde von einer Räuber-Schar überfallen / und biß auff Herkuliskus und seinen Dolmetscher Timokles alle erschlagen werden. Von diesen Räubern werden diese beyde nach Meden geführet biß zu Herren Mazeus / welcher die Räuber niedermachen lässet / und Herkuliskus samt Timokles gnädig annimt / woselbst dieser verstellete Jüngling Wunder mit schiessen treibet. Dieser Herr sendet jhn nach Ekbatana dem Medischen GroßFürsten Phraortes zu / dessen Sohn Fürst Arbianes jhm Brüderliche Hulde zuwendet / und übet er sich auch daselbst im Schiessen. Herr Mazeus folget nach Ekbatana / dessen Gemahlin Schwester Fräulein Barsene sich hefftig in Herkuliskus verliebet. Herr Pharnabazus der Medischen Groß-Fürstin Frauen Saptinen Bruder / kömt von seiner Italiänischen Reise zu Ekbatana an / sihet / daß dieser Herkuliskus dem Herkules so ähnlich ist / und erhält / daß dieser vermummeter Jüngling (der sich vor Herkules Vaters Schwester Sohn außgab) dieses seines Oheims Verhaltung in seiner Jugend erzählet. Ladisla reiset mit seinen Gesellen und Dienern über den Tygerfluß / gerahten mit VI. Rittern in Kampff / erlegen dieselben / und bekommen gute Beute. Valikules gehet auch über den Eufrat / hernach aber den Tygerfluß / nach dem er und seine Kauffmans-Geselschaft ein hartes Treffen mit einer Rauber Schaar in Mesopotamien gehalten. Herkuliskus zähmet zu Ekbatana ein unbendiges ädles Pferd / und wird dem grossen Partischen Könige Artabanus von Phraortes / Pharnabazus und Mazeus endlich zugeführet nach der Stadt Charas / da sie zuvor Herrn Mazeus seinem Gemahl Fr. Roxanen sich zuerkennen giebt. Ladisla gehet mit seiner Geselschafft fort biß an die Persischen Grenzen / woselbst Fabius von etlichen Räubern listig gefangen / und an einen unbarmherzigen Herrn / Nahmens Orsillos / verkaufft wird / welcher jhn sehr übel hält / und jhn endlich an einen Freyherrn / Nahmens Nabarzanes verkaufft /dessen Gemahl Fr. Statira jhm ungebührliche Liebe zuwendet. Herkuliskus kömt zu Charas an / und wird dem grossen Konige vorgestellet / welcher sich durch keine Rede wil bewägen lassen / jhn seiner Mutter wieder zuzusenden / sondern befihlet / daß er hingeführet und verschnitten werde / er aber erschlägt die /so es verrichten wollen / gibt sein weibliches Geschlechte zu erkennen / nennet sich Herkuliska / und wird von dem Könige vor seine Braut und künfftiges Gemahl angenommen / da er jhr zuvor versprechen muß / sie in Jahrs frist und länger / nicht zu berühren / weil jhrem ertichteten vorgeben nach / sie biß dahin der Göttin Vesta verlobet währe; daher sie auff ein absonderliches Schloß daselbst mit einem Frauenzimmer verwahrlich gebracht wird; und jhr Timokles sich in einer Herberge auffhalten muß. Valikules kömt von seiner Fräulein Spuhr ab / weil er jhr Zeichen nirgend mehr angemahlet sihet / doch einem nächtlichen Gesichte folgend trifft er den rechten Weg wieder an /entgehet der Gefahr durch List / uñ kömt bey Mazeus an / von welchem er der Fräulein Zustand erfähret /zenht nach Ekbatana / und geräht auff dem Wege mit einem verwägenen Skythen in harten Streit / den er niederleget / und wird zu Ekbatana wol empfangen /da er sich ziemlich lange auffhalten muß. Ladisla / in dem er den verlohrnen Fabius emsig / aber vergebens suchet / kömt mit etlichen Persischen Herren in Streit / denen er ansieget / wird von jhren Verwanten verfolget / und machet sich durch einen herben Kampff loß /da er von den Feinden den ritterlichen Tyriotes zum geträuen Diener bekömt. Fabius / jezt Kleon genant /wird von seines Herrn Gemahl Fr. Statiren zur unbilligen Liebe genöhtiget / und hernach wolgehalten; sein Herr merket solches / und wil jhn beurlauben /worin sie aber nicht willigen wil. Fürst Gobares von Susa findet sich bey dieser Frauen / als seiner alten Buhlen / und schenket dem Kleon seinen ehemahligen Herrn Orsillos vor leibeigen / dem er seine Unbarmherzigkeit hart einbringet. Zu Ekbatana wird ein Freystechen gehalten / bey welchem sich Ladisla einstellet / und unwissend mit seinem Herkules sticht / erkennen sich mit Freuden / und nimt Ladisla den Christlichen Glauben an. Ein Jude wird von dreyen Hunden /wegen seiner Lästerung wider den Sohn Gottes / zurissen / worüber etliche Juden wider einen Christen sich verbinden / und gestrafft werden. Leches wird auch ein Christ / und die unsern währen gerne bald auffgebrochen nach Charas / woselbst üm die Zeit Fräulein Herkuliska aus Verlangen nach jhrem Herkules in eine Krankheit [8] geräht / befestiget jhr Getichte wegen Verlobung an die Göttin Vesta bey dem Könige / und genäset wieder. Die Böhmischen Gesanten bringen der alten Königin nach Praag von Padua ab / Zeitung von dem geraubeten Fräulein; Frau Sophia reiset mit Frl. Sibylla nach Rom / werden von dem Käyser und seiner Mutter Fr. Mammea wol empfangen / ziehen wieder nach Padua und bekommen daselbst Schreiben von unsern Helden; diese aber brechen von Ekbatana auf nach Charas.

Inhalt des vierdten Buchs.

Fürst Gobares von Susa merket Fr. Statiren buhlerey mit Kleon / und trachtet jhm deßwegen nach dem Leben; aber sie verbirget jhn bey sich auf einem Gemache / vorgebend / Er sey auff der Jagt erschlagen. Zu Padua genäset sein Gemahl eines jungen Söhnleins. Ladisla und Herkules mit jhrer kleinen Geselschafft gerahten vor Charas mit des grossen Königes Sohn und dessen Leuten / unwissend in Streit / und erlegt Herkules denselben / wenden sich auff einen andern Weg / und ziehen zur Stadt ein / beschauen der Fräulein Schloß / und sehen sie am Fenster stehen Timokles der Fräulein Dolmetscher / kömpt mit jhnen in kundschafft / tuht jhr deren Ankunfft durch Zeichen zu wissen / und schiessen Herkules und sie einem andern Brieffe zu in hohlen Pfeilen. Der Morgenländischen Fürsten Verbündniß wieder König Artabanus /wird zu Charas ruchtbar. Phraortes Großfürst von Ekbatana kompt an zu Charas / führet Herkules in angestrichener Farbe als einen teutschen ritterlichen Diener mit auff des Königes Schloß / da er dem Könige der Fräulein Herkommen und Tahten erzählet / unter dem Vorgeben / er habe an jhres Herrn Vaters Hofe auf gewartet / und von demselben den ritterlichen Orden empfangen. König Artabanus erläubet jhnen beiden das Fräulein zu besuchen / da Herkules mit jhr die Liebe erneuert und sie zum Christentuhm bekehret. Der König nimt Herkules (bey jhm Valikules genennet) in Dienste / jhn nach der Fräulein Fr. Mutter zu verschicken. Herkules besuchet das Fräulein zum andernmahl und stärcket sie im Glauben. Etliche Hoffdiener der Parthischen Fürsten reiben sich an jhm / die er zu Fusse fechtend erleget; mit einem andern Nahmens Mithrenes hält er den Kampf zu Pferde unter der Fräulein Schlosse / sieget / und wird von dessen Herrn / dem jüngern Vologeses mördlich überfallen / welchen das Fräulein vom Schlosse erscheust. Herkules besuchet darauf sein Fräulein zum dritten mahle / und volstrecket mit jhr die Ehe; Er sendet Leches nach Padua und Prag / mit vielen Schätzen / ümb etliche Völcker zu werben / und nach Persepolis zubringen; und reiten die unsern mit Phraortes nach Persepolis zu Großfürst Artaxerxes / welcher das Häupt der Verbündniß war / dem Kriegsraht daselbst beyzuwohnen; schicken auch alsbald an Artabanus einen freundlichen Brieff / in welchem sie ümb jhrer Fräulein Schwester Erlösung anhalten. Sie kommen zu Persepolis an / und werden von der Fürstlichen Verbündniß wolempfangen / ohn allein Fürst Gobares wirfft einen Unwillen auff sie. Artabanus erkläret sich auff die getahne anfoderung / das er das Fräulein nicht lassen könne / sondern ehelichen wolle / ladet unser beide Helden ein zum HochzeitFest / und sendet jhnen statliche Geschenke. Die unsern schicken die Geschenke wieder zurücke / und fodern das Fräulein ernstlich und unter Bedräuung. Zu Persepolis wird Kriegsraht gehalten / wo bey Gobares unsere Helden nicht zulassẽ wil / die Sache wird endlich beygelegt; Herkules schicket seinen Dolmetscher Plautus nach Jerusalem / und bey jhm grosse Verehrungen an Frl. Lukrezien. Artabanus beginnet um schleunige Heiraht bey dem Fräulein anzuhalten / welches sie jhrem Herkules zuschreibet. Die andere Anfoderung unserer Helden wird von dem Könige ungnädig aufgenommen / und dräuet dieselben mit Ruhten streichen zu lassen. Das Fräulein aber erhält bey jhm durch listige Erfindung / XV. Wochen aufschud zum Beilager; welches sie Herkules zuschreibet. Kleon kan wegen Gobares nachstellung sich bey Fr. Statiren nicht länger heimlich aufhalten / erhält von jhr Urlaub davon zu ziehen / und gehet nach Armuzia. Unsere Helden auf angehörete Dräuung wegen des Ruhtenstreichens / fallen mit 16000. Reutern / in des ParthersLand / brennen uñ würgen / halten mit dem Königlichen Feld-Herrn Spitamenes eine Schlacht / erlegen von 24000. Feinden /21000. Mann / und nehmen 3000. sampt den Feldherrn gefangen; welche aber alle ohn entgelt loßgelassen werden. Die unsern kommen mit grosser Beute zu Persepolis an. Gotarzes / Königes Artabanus unehlicher Sohn stellet dem Fräulein auff jhrem Schlosse nach jhrer Ehre bey Nachtzeit / und wird darüber von jhr erstochen. Spitamenes meldet seinem Könige die erlittene Niderlage an / welcher darüber erzürnet /einen andern verwägenen Feldherrn Madates mit 40000. Mann wieder die unsern außsendet / mit Befehl / unsere Helden durch XX. bestellete [9] Ritter zu greiffẽ / und seiner StäupRuhten zuzuführen / welches Vologeses der älter / wiederäht. Die unsern gehen diesem Feinde mit 26000. Mann entgegen aber etwas späte / daher jene dem Persen zimlichen Schaden im Lande tuhn / werden noch gestutzet / ritterlich angegriffen und aufs Häupt erleget / ohn Madates und seine XX. Ritter werden lebendig gefangen / und mit Ruhten gestrichen / weil jhr Vorhaben den unsern verrahten wahr. Herkules in Valikules Gestalt und Nahmen / machet sich mit kleiner Geselschaft nach Charas / das Fräulein durch List zuerlösen. Leches kompt zu Padua an / hält daselbst mit Libussen / auch Neda mit Brelen das Beilager / erzehlet der unsern Zustand / und erhält bey Fr. Sophien (die eines jungen Söhnleins Herku Ladisla genesen wahr) das sie gleich jhren Gemahl / den Christlichen Glauben annimt. Zu Padua werden 7000. Mann vor unsere Helden geworben; Leches und Neda sampt jhren jungẽ Frauen reisen eilig nach Prag / überliefern die Briefe uñ Geschencke / da gleich der alte GroßFürst / Herkules Herr Vater / samt seinem Gemahl und Frl Tochter /Frl Klaren daselbst anlangen / und der Ehe zwischen Herkules und Valißken berichtet werden / worüber die Müttere beiderseits sich hoch erfreuen / und der Vater seinem Sohn 6000. auserlesene Teutsche Völcker schencket / worzu der Bömische Ritter Prinsla 6000. Böhmen wirdet / da 300. ädle jünglinge aus Böhmen / jhrem Könige in der fremde aufzuwarten sich zu jhm schlagen / gehen ingesamt nach Padua /empfangen daselbst jhre Fähnlein / treten samt den Römischen Völckern zu Schiffe / machen auff der See gute Beute / und zihen durch Syrien nach dem Eufrat. Herkules kömt zu Charas an / gibt dem Fräulein sein Vorhaben durch Schreiben im hohlen Pfeile zu wissen; meldet sich bey dem Könige ob sey er von seinen ungeträuen Medischen Begleitern beraubet / und mit Noht lebendig entrunnen. Das Fräulein teilet Gelder aus unter jhren Frauen-Zimmer / davor sie folgendes Tages von zwo fremden Krämerinnen sollen Waaren käuffen; diese Krämerinnen (wahren Persische verkleidete ädle Jünglinge) führet Herkules mit sich auf jhr Schloß / sie selbst aber in Kramer Kleidern / und mit verstelletem Angesicht / mit sich vom Schlosse nach seiner Herberge / leget jhr Ritterliche Kleider an / und kommen zu Pferde glücklich davon. Gleichwol lässet das Fräulein einen Brief auf jhrem Zimmer / in welchem sie jhrer Hofmeisterin Sysigambis jhre Flucht entdecket / un sie auch zur Flucht vermahnet /welche sich warnen lässet / und jhr Leben rettet. Des folgendes Tages erfähret der König der Fräulein Flucht / erschricket darüber heftig / und entstehet grosse Unruhe in der gantzen Stadt. Sein Hofmeister Bagophanes muß sie mit einem Heer 18000. starck verfolgen / und gibt jhm der König ein freundliches Schreiben mit an sie. Herkules hat etwas Anfall auf dem Wege / komt aber mit den seinen wol durch. Madates kömt zu Charas an / meldet seine Niderlage /und setzen Pakorus und Vologeses den König zu rede wegen seines unbillichen Vornehmens gegen die fremden Fürsten. Herkules kömt in einer Persischen Grenze Stadt wol an / und nimt Völcker dahinein zu seinem Schutze. Bagophanes findet sich daselbst mit seinem Heer / fodert das Fräulein von jhm und auf Verwegerung fället er die Stad feindlich an / wird aber geschlagen / gefangen / und endlich wieder loß gegeben. Herkules bricht mit dem Fräulein / und gefangenen Völckern auff nach Persepolis Ladisla wartet daselbst mit Verlangen auf jhn / und erzehlet Artaxerxes seines Herkules LebensLauff in der jugend. Fürst Gobares komt mit seinem Heer zu Persepolis an; Ladisla und Arbianes gehen mit etlichen Völckern aus / Herkules entgegẽ / welcher jhnẽ mit Frl. Valißken begegnet / da sie einander freundlich empfangen. Als sie zu Persepolis anlangen / suchet Gobares bey dem Frl. üm unbilliche Liebe an / worauf sie jhm harte Antwort erteilet. Fabius wirbet in Armuzia 1000. Reuter / des Vorsatzes Ladisla zu suchen Bagophanes kömt zu Charas an / und ist ein Zeuge seiner Niderlage. Artabanus schicket sich zu seinem grossen Feldzuge / uñ wird vor gut angesehẽ das Fürst Vologeses nochmahls mit einem Heer 36000. starck an die Persischen Grenzen gehen muß / die Art zu kriegen unsern Helden abzumercken; Unsere Helden neben Pharnabazus und Arbianes gehen ihm mit 31000 Reutern entgegen / unter denen 9000. Susianer auf Gobares anstiften mit Verrähterey umgehen / werden aber gedämpfet / und endlich der Sieg wieder Vologeses / wiewol mit zimlichen Verlust erhalten. Leches und Neda / auch Klodius und Markus kommen mit jhren Völckern etliche Meile von Persepolis an /da Fabius auf sie stosset / und von jhnen zum Groß-Feldherrn gesetzet wird; bald treffen sie auf Gobares und sein Heer / welcher Frl Valißken verrähterischer Weise von Persepolis gefangen mit sich führete / aus toller Liebe darzu verleitet / sein Heer wird von Fabius geschlagen / er selber gefangen / uñ das [10] Fräulein samt jhrem Zimmer / aller Ehren unverletzet / erlöset /welche sich über Libussen / Brelen / Euphrosynen und Agathen Ankunfft sehr erfreuet.


Ende des kurtzen Inhalts des ersten Theils.

Inhalt des fünfften Buchs.

Herkules und Ladisla kommen zu Persepolis an / erfahren die bübische Entführung / welche gleich diesen Morgen in Artaxerxes abwesenheit geschehen / setzen Gobares nach / erfreuen sich der schon geschehenen Erlosung / empfangen jhre tapferen Völcker / und wird Gobares enthäuptet / Frl. Valißken aber dessen Fürstenthum geschenket / welches sie Pharnabazus wieder zuwendet. Vologeses meldet seine Niderlage zu Charas an Pharnabazus wird mit Frl. Barsenen versprochen / als Phraortes mit seinen Völckern zu Persepolis ankomt / und wird zu dieser / wie auch zu Herkules und Valißken Hochzeit Feste anstalt gemacht. Des Tages vor der Hochzeit meldet sich Artabanus Gesanter Sysimithres zu Persepolis an / bringet dem Fräulein und unsern Helden falsche freundliche Schreiben und Geschencke von dem Könige / muß auf der Hochzeit sich finden lassen / uñ wird damit weggewiesen. Libussa verleurt Frl. Klaren aus Teutschland Brustbildichen / welches Arbianes findet / und sich heftig daran verliebet. Orsillos erhält durch Fr. Valißken Vorbitte / Freilassung bey Fabius / reiset nach Fr. Statiren und erzählet jhr Fabius Zustand; Nabarzanes jhr Ehherr wird auf der Jagt von einem Löuen getödtet. An beiden Seiten bereitet man sich zu der FeldSchlacht / im Persischen Heer findẽ sich 204000. Reuter; 161000. zu Fuß; jngesamt 365000. Mann. An Parthischer Seiten 296000. zu Roß /194000. zu Fuß; ingesamt 490000. Mann. Valißka erfähret Arbianes Verliebung / und sendet Neklam nach Teutschland / eine Heiraht zwischen jhm und Frl. Klaren / zu befodern. Fabius gehet mit 24000 Reutern vor dem Herr aus / trift auf den Parthischen vortrab / welchen Dorylaus 40000. starck führet / erleget das ganze Heer auf wenig nahe / schneidet allen erschlagenen die Zunge ab / weil sie den Persen ein solches gedräuet hatten / und wird von unsern Helden nach erhaltenem Siege frölich empfangen. Die wenige Gefangene werden Artabanus mit allen abgeschnittenen Zungen zugeschicket / worüber er sich sehr eifert. Die HauptSchlacht wird gehalten und allerseits zu Pferde heftig gefochten / biß ein grosses Ungewitter entstehet / und sie trennet / nachdem an Parthischer Seiten 145000 erschlagen und 21800. verwundet worden; an Persischer nur 47154. Tod / uñ 11755. beschädiget sind. Des andern Tages stärcken sie beiderseits jhre Reuterey mit grossem neuen Zusaz von den besten Fuß Völkern / und trift erstlich die Reuterey / hernach die Elefanten / endlich das FußVolk / da nach langem ernstlichen Gefechte der Sieg den Persen zu teile wird / die Parther das Feld räumen / und den Abzug in jhr Lager nehmen müssẽ / nach dem jhrer Reuterey an diesem Tage 117000. erschlagen /15000. hart verwundet / und 21500 gefangen / von den Fuß Völkern aber 82450. niedergemacht / 1420. hart beschädiget / und 12000. gefangen wahren. Da hingegen an Persischer Seite 43150 Reuter und 58225. Fußknechte erleget; 49850. Reuter und 20275 Fußknecht verwundet wahren. Die Unsern rücken alsbald vor das Parthische Hauptlager / nehmen alle Elefanten und Wagen / mit Speisen und Waffen aus jhrem neben Lager / und bringen solches in gute sicherheit. Des Nachts gehet Artabanus mit allen seinen Völkern flüchtig davon / in grosser Furcht biß nach Charas / und bekommen die unsern überaus grosse Beute. Artabanus kan dennoch der Liebe nicht vergessen / rüstet sich aufs neue / und gibt sich ein ungeheurer grosser Indischer Kämpfer / Gamaxus seines herko ens ein Baur bey jhm an / welchen er unsere Helden zu bestreiten bestellet / wie auch vier Hirkanische ädle Jünglinge / welche dieselben mit Gift hinrichten sollen; diese stellen sich bald ein / und werden von Herkules in Dienste genommen. Gamaxus gehet unter der begleitung 40000. Reuter an die Persischen Grentzen / fodert durch einen Heerhold unsere Helden aus zum absonderlichen Kampfe / und wird als ein Baur abgewiesen / welches jhn sehr verdreust / und es an den König gelangen lässet / der jhn für einen Fürsten in OberMeden erkläret. Die Hirkanische ädel Knaben / als sie die Vergiftung wollen verrichten /gereuet es deren einen / Nahmens Bazaentes / und zeiget es Fr Valißken an; die andern verrichten die Vergiftung an der Fürsten Handschuhen / werden darüber ertappet / eingezogen / mit jhrem eigenen Gift beschmiret und lebendig verbrennet / doch noch einer jhres Mittels / weil er willig bekennete / im Gefängnüß behalten. Gamaxus fodert die unsern abermahl aus / und wird [11] der Kampf von Herkules angenommen / der Heerhold aber schimpflich gehalten. Unsere Helden samt Artaxerxes und Phraortes brechen mit einem Heer auf nach den Grenzen / Herkules trit den Kampf an / Gott stehet jhm wunderlich bey / und verleihet jhm Sieg / das er den ungeheuren Gamaxus lebendig gefangen bekomt / worüber noch das Parthische Heer geschlagen / gefangen / und drey Grenze Städte eingeno en werden. Gamaxus wird krum und lahm geheilet / auch / weil er schmähet / mit Ruhten gestrichen biß er gebendiget wird. Zu Charas entstehet deßwegen grosses Leid / und komt die Fürstliche Verbündniß zu Persepolis zusammen auf das Freuden Fest. Fr. Statira komt auch daselbst an / Fabius zu besuchen / welcher jhr bey Pharnabazus Gnade erwirbet / und sie an einen vornehmen Herrn wieder ehelich verspricht / da sie hernach jhr Leben gebessert. Ladisla erzählet Artaxerxes vollends Herkules Wunder-Begebnissen; Unsere Helden werden von der Verbündniß überaus hoch beschencket / uñ brechen die unsern auf nach jhrem Vaterlande zugehen; auf der Reise bey dem Tygerfluß treffen sie 8000. Parthische neugeworbene Völcker an / welche sie gefangen nehmen / und nach Persepolis schicken / bey deren Obersten Sysimithres Fr. Valißka an Artabanus schreibet; bekommen noch 50 Reuter-Werber gefangen / mit XX. Tonnen Goldes baarschafft / und gehen auf Damaskus. Fr. Valißken Abgesanten nach Teutschland kommen zu Magdeburg an / überliefern die Briefe und Kleinot dem Fräulein und jhren Eltern / und bekommen zimliche Erklärung. Zu Damaskus nimt Fabius den Christlichen Glauben an / von dannen die unsern aufbrechen / das heilige Land besehen / und zu Bethabara sich tauffen lassen /zihen in aller stille nach Jerusalem / und werden von Herrn Pompeius Stadthalter daselbst wol empfangen /woselbst Fr. Valißken Abgesanten aus Teutschland anlangen / und vor Arbianes (der daselbst bey den unsern wahr / und mit in Teutschland reisen wolte) gute Zeitung wegen der Heiraht bringen Fr. Valißka geneset alhie eines jungen Söhnleins / welcher in der Tauffe Herkulißkus genennet wird / und nehmen sie nach geendigten sechs Wochen jhre Reise über Meer nach Padua vor / da Frl. Lukrezie mit jhnen fortschiffet. Sysimithres bringet die Zeitung von Fr. Valißken abreise nach Teutschland / nach Charas / worüber Artabanus sich anfangs betrübet / nachgehens vol Eifers wird. Die unsern länden frölich in Kreta an / finden die ingeschnittene Schrifft am Nußbaume / schiffen nach Korinth / und weiters nach Padua.

Inhalt des sechsten Buchs.

Fürst Baldrich / Herkules Bruder / und Fürst Siegward aus Schweden / kommen bey Padua an / und erlösen Fr. Sophien / Fr. Ursulen / und Frl. Sybillen aus Räubers Händen / welche sie in einer höhle gefangen hielten / da Siegward sich in das Fräulein sehr verliebet. Herkules / Ladisla / und Fabius kommen zu Padua einsam an / erfahren dieses Frauenzimmers entführung / reiten hinaus uñ begegnen obgedachten beiden Fürsten / von denen sie zum Kampf außgefodert werden / treffen mit einander und erkennen sich endlich / da Ladisla sein Gemahl frölich empfähet / machen sich ingesamt nach Padua / und zihen Fr. Valißken entgegen / welche von den Paduanischen Frauenzimmer freundlich empfangẽ wird. Die Stadt-Obrigkẽit daselbst bewirten die unsern auf jhrer neu-erbauten Burg / und verliebet sich Baldrich in Frl-Lukrezien. Die gefangenen Räuber werden des folgenden Tages bey Padua gekreuziget / wobey die beiden Fürsten jhren Fräulein jhre Liebe antragen / und zimlich Gehör erlangen / biß endlich durch Fr. Sophien unterhandlung die beiden Fräulein sich noch besser erklären / und freiet dieselbe Gallussen jhre ädle Leibdienerin jungfer Beaten zu. Die beiden Fräulein zeigen jhren Buhlen an / das sie Christen seyn / und keine andere als Christen heirahten wollen / welches jhnen anfangs etwas hart eingehet / und sich doch bald zimlich erklären. Frr. Valißka und Sophia erlangen der beiden Fräulein einwilligung zur Heiraht. Die beiden Fürsten haben diese Nacht überaus schwere Anfechtung von den Teufeln in gestalt der falschen Gözen /wodurch sie furchtsam gemacht / und vom Christentuhm zimlich abgeschrecket werden / aber Valißka tröstet sie / das sie ein Herz fassen / und durch ein anmuhtiger Gesichte in jhrem guten Vorsaz gestärcket werden / daher sie Valißka in der Lehre unterrichtet / welche sie begierig annehmen / und darauf zu den beiden Frl. auf jhr Schlafgemach geführet werden / woselbst die völlige Zusage vor sich gehet. Die Fürstliche Geselschaft fähret hinaus das RaubNest zu verstören / da Baldrich und Frl. Lukrezie / als sie im Walde miteinander gehen / von zween Bären angefallen werden / welche er zwar erleget / aber zugleich das Frl. zimlich hart verwundet / nach deren heilung Gallus mit seiner Beaten (deren Vater er Zeit seines Rauberstandes [12] heftig beleidiget hatte) Hochzeit machet / und die beiden Fürsten das Beilager halten /wobey Arbianes ein Freistechen anstellet. Ein Römischer Herr / Nahmens Skaurus heirahtet Frl. Helenen Valißka erzehlet auf begehren Fr. Sybillen / wie es mit jhrer Verliebung und Verlobung mit Herkules zugangen sey. Farabert der Frankische Ritter / welcher bißher zu Padua sich aufgehaltẽ / gibt sich an bey Valißken / klaget jhr seines jungẽ Fürsten Markomirs Unglück / uñ hält bitlich an / das sie an jhn einen freundlichen Brief wolle abgehen lassen / welches sie gerne leistet / auch schöne Kleinot und andere köstliche Sachen dem Fürsten und seiner Fr. Mutter übersendet / welche Farabert selbst überbringet. Herkules und Ladisla schickten dem Käyser und seiner Fr. Mutter nach Rom einen köstlichen Beutpfennig / da sie beide sich erklären zu Padua bey der jungen Fürsten jhrem Hochzeitfeste zuerscheinẽ / werden auch daselbst prächtig empfangen / und leget der Käyser mit unsern Helden grosse Freundschaft zu. Fr. Sibylla treibet es bey dieser Hochzeit / das die Heiraht zwischen Herr Pupienus und Frl. Virginia von Rom vor sich gehet / bey welcher Handelung zimliche Verwirrungen vorlauffen. Prokulus ein Römischer Ritter fodert Baldrich aus / vorgebend er habe jhm Frl. Lukrezien abgespenstiget / dessẽ er auch Siegwarden beschuldiget / legt darüber ertichtete Briefe auf / durch welche er von andern aufgetrieben war / und wird im Kampfe verletzet. Fr. Lukrezie erhält bey dem Käyser / das jhr Vater Stathalter wird zu Kölln am Rein. Valißka in Amazonischer Gestalt mit angestrichenem Angesicht stellet ein vierfaches Ritter Spiel in des Käysers gegenwart an / in welchem sie und Herkules den höchsten Preiß davon tragen. Ein Pannonischer Gesanter / nahmens Pines mit etlichen Rittern komt zu Padua an / beut einen Kampf aus nach habender Volmacht von seinem Könige / das auf dem fall seines Verlusts das Pannonische Reich den Römern X. Jahr lang die Schatzung entrichten wolle; Herkules nimt solches mit jhm an / überwindet jhn / und nimt jhn vor leibeigen / wie auch dessen MitRitter von Ladisla und andern überwunden werden. Die Gefangene stellen sich unbendig / und werden mit Ruhten gezähmet. Der Käyser zur Dancksagung / krönet Herkules und Ladisla / auch jhre Gemahlinnen als freie Könige der Teutschen und Böhmen / und tuht jhnen statliche Geschenke. Herkules und Ladisla Parthische Leibeigene halten an üm die versprochene Freiheit / erhalten dieselbe / werden mit ritterlichem Gewehr versehen /uñ Arbianes untergeben; uñ schicken sich die unsern zur Reise nach Prag. Die gefangenen Pannonier werden auf die Ruder Schiffe geschmiedet. Endlich brechen die unsern von Padua auf / halten das erste Nachtlager in dem unglücklichen Flecken / woselbst ein Kühhirt jhnẽ von den ehemaligen Verfolgungen wieder die Christen etwas erzählet. Die Pannonier warten den Unsern an den Grenzen auf / sie zu berauben und niderzumachen / daher ein hartes Treffen entstehet / und werden die Pannonier fast alle erschlagen. Worauf die unsern sicher die Böhmischen Grentzen erlangẽ / den alten Pribisla in jhre Geselschaft beko en / jhre Völcker uñ Wagen zurück lassen / uñ in aller stille nach Prag fahrẽ / da sie die alte Königin durch jhre unvermuhtliche Ankunft hoch erfreuen / uñ dem ganzen Lande grosse freude erwecken / uñ wird gegen Ladisla angesetzete Krönung gute anstalt gemachet. Ritter Farabert aus Franken komt bey seinem Könige an / bringet das Schreiben und die Schenkungen wol über; worauf der junge Fürst Markomir wieder zur völligen Gesundheit gelanget.

Inhalt des siebenden Buchs.

Zu Prag kömt unverhoffete Zeitung / das Herkules Eltern und Frl. Schwester von dem Wendischen Fürsten Krito und seinem Sohn Gotschalk geraubet und gefangen nach Frießland geführet sind / welches die unsern aufmuntert / daß sie nach mögligkeit Völker zusammen bringen / von Prag eilend durch Teutschland nach Friesland gehen / und die Räuber mit jhrem Heer erreichen / da Vater uñ Sohn über dem Fräulein uneins worden sind; vergleichen sich aus Noht / und treten mit den unsern die Schlacht an / aus welcher Gotschalk mit einer Schaar hinweg reitet / das Fräulein mit sich über die Isel führet / und sie nach Dänenmarck bringen wil / üm sie daselbst zu heirahten / aber Arbianes / der sie liebete / setzet jhm nach /erschlägt den Räuber und rettet sie / da er kurz zuvor jhre Eltern frey gemacht / und nach jhrem Lager fortgeschikt hatte. Krito wird in der Schlacht gefangen. Arbianes kan wegen der verschlagenen Völker mit dem Fräulein nicht nach jhrem Lager sicher durchkommen / begibt sich mit jhr auf einen Abweg /uñ gibt sich ihr zuerkennen. GroßFürst Henrich mit seinem Gemahl komt zu seinem Sohn Baldrich / den er bißher vor tod geschätzet hatte / erfreuet sich über jhn / wird aber betrübt als er vernimt das er auch ein Christ worden [13] sey / doch gibt er sich bald zu frieden /und erkläret sich / seinen Söhnen das Christentuhm frey zu gönnen; worauf Herkules (der sich bißher verborgen gehalten) sich seinen Eltern zuerkennen gibt /uñ mit Freuden angenommen wird. Krito machet sich in seiner haft unnütze. Arbianes / um Gefahr zu meiden / führet das Fräulein nach einem abgelegenen Dorffe / da er sich wegẽ mördlicher Nachstellung in eines Bauren häuslein nebest dem Fräulein verstecket / welcher Wittho hiesse / daselbst sind sie auf dem Häu sicher / erquicken sich mit Speise und Tranck /und hält er bey dem Fräulein so inständig an / das sie jhm endlich die Ehe verspricht. Etliche Reuter fragen vor dem Häußlein nach jhnen / lassen sich aber aus furcht / es möchten Feinde seyn / verleugnen / da sie doch zu jhrem besten ausgeschickt wahren. Herkules erzehlet seinen Eltern / wie er zum Christentuhm kommen sey / und bewäget sie / dasselbe anzunehmen. Die beyden verliebeten müssen wegen der verschlagenen Völcker des andern Tages biß gegen den Abend auf dem Häu zubringen / da sie jhre beredung halten. Des folgenden Morgens nach der Schlacht gibt Herkules sich jhrem Heer zuerkennen / und wird mit Freuden angenommen. Der Wendische Verrähter Niklot wird lebendig gespiesset / und hernach Krito wie heftig er sich gleich sträubet / mit dem Schwerte gerichtet / und gehen die unsern fort / Friesland einzunehmen. Arbianes bringet dem Frl. auf dem Häu den Christlichen Glauben bey. Hernach verstellet er jhr Angesicht mit der KunstFarbe / legen bäurische Kleider an / sagen dem alten Bauren Wittho grosse Vergeltung zu / und mit dessen Bruder Sohn den jungen Wolfgang gehen sie nach dem nähesten Städtlein /werden auf dem Wege von verlauffenen Wenden angriffen / und erlegen dieselben. Das Frl. wird von etlichen trunkenen Bauren zum Tantz genöhtiget / und gelangen endlich im Stadtlein an / da sie bey Wolfganges Haußherren die Herberge nehmen / und jhnen neue schlechte Kleider machen lassen / des Willens nach jhrem Lager zuzihen / sie gerahten aber in Feuers noht / lauffen zum Städtlein hinaus mit Wolfgangen / und werden von vier Bürgern verfolget / als währen sie Mordbrenner / welche Arbianes erleget /das Fräulein aber inzwischen aus Angst mit Wolfgang davon läuft / und also von jhren lieben Fürsten abgeschieden wird. Unsere Helden nehmen ganz Friesland ein / biß auf eine Festung / welche Fürst Olaf aus Dänenmarck inne hatte / der dañ / weil der letzt verstorbene FriesenKönig jhn zum Erben erkläret / ansprach an das Königreich zu haben vermeinete / aber Herkules überwindet jhn im Kampfe / machet mit jhm Vertrauliche Freundschaft / und schencket jhm Wendland / wohin alsbald ein Heer geschicket wird / es einzunehmen / welches Fürst Siegward führete. Baldrich wird zum Könige in Friesland willig angenommen und gekrönet. Der alte Baur Wittho komt zu unser Fürstlichen Geselschaft / und bringet Zeitung von Arbianes und den Fräulein / sie senden etliche aus / nach dem Städtlein / von jhnen bessere Kundschaft einzuzihen / uñ erfahren so viel das sie im Feur nicht aufgangen / sondern davon kommen seyn. Die Fürstliche Geselschaft bricht aus Friesland auf nach Teutschland; Ein Teutscher Pfaffe vom Teufel angetrieben /wiegelt Teutschland auf wieder jhre Fürsten wegen des Christlichen Glaubens / das sie in grosser Menge jhnen entgegen zihen / umb sie zuzwingen / den Christlichen Glauben zu verleugnen / und wird das Teutsche und Böhmische Heer so bey den Fürsten wahr / zugleich mit aufrührisch gemacht / welche aber befriediget und zum Gehorsam gebracht werden / und ob zwar zimlich Blut vergossen wird / legen endlich unsere Fürsten die Streitigkeit bey / nach dem allen Inwohnern jhres Aberglaubens Freiheit bestätiget wird. Worauf beides Großfürst Henrich / und sein Sohn Herkules / vor der freien Teutschen Könige von dem Volck ausgeruffen und bestätiget werden / reisen nach Magdeburg und lassen sich daselbst krönen /sind aber sehr betrübt / daß sie daselbst nichts von dem verlohrnen Fräulein erfahren mögẽ. Das Fräulein mit Wolfgang läuft durch ein Wasser aus Angst davon / und ermüdet gar / hält Arbianes vor erschlagen / uñ wil sich nicht trösten lassen / gerahten unter dreyer Diebe Hände / und werden beraubet / wandeln ganz ermüdet fort / und kommen endlich auf eine Heerstrasse / da Wolfgang einen Fuhrman wegen seines an dem Fräulein verübeten frevels erschläget und bey dessen Weibe einkehret / wil auf einer Karre das Fräulein nach der Elbe bringen / werden abermahl beraubt / gehen nach einem Flecken / woselbst sie sich etliche Tage bey einer Witwen aufhält / uñ jhr Kinderzeug nähet. Arbianes suchet jhr nach / findet zwar durch Gottes Schickung den rechten Weg / kan sie aber nicht antreffen / und geräht in manniche Noht /welches er im achten Buche erzehlet. Das Fräulein wird von einer ädlen Frauen hintergangen und über Rein geführet vor eine Magd / da sie sich vor Wolfgangs Ehefrau angibt / muß etliche Wochen bey jhr dienen / und wird [14] gar hart und elend gehalten / welches alles sie in Christlicher Gedult überwindet. Fürst Siegward nimt Wendland ein / und bestätigt die alte Fürstin / welche Olaf zum Erben annimt; Siegward komt zu Magdeburg an / und reiset mit der Geselschaft nach Prag / wie auch Fürst Olaf. Farabert komt zu Prag an / mit grossen Geschencken von dem Francken Könige Hilderich / an Königin Valisken / und meldet des jungen Fürsten Markomirs volkommene Gesundheit. Wolfgang leget mit einem / Nahmens Reichard an / das Fräulein durch Gewalt zu erlösen /und nach der Elbe zu bringen / welche von jhrem Haußherren zur Unzucht angesuchet / und von jhrer Frauen übel geschlagen ward. Der Anschlag geräht wol / aber auf der Reise nach Magdeburg / wil Reichard selbst das Fräulein schänden / wird drüber gefangen genommen / uñ komt sie Gesund zu Magdeburg an. Auf der Reise von Magdeburg nach Prag /trift sie jhren Arbianes in Betlers Kleidern an / erfreuen sich hertzlich in rechtschaffener Dancksagung zu Gott; gehen als Krämer zur Fürstlichen Geselschaft und verkaufen jhnen etliche Waaren; Hernach kleiden sie sich fürstlich / legen die angestrichene Farbe ab /treten unvermercket zum Fürstlichen Saal hinein / und erwecken grosse Freude / da sie miteinander versprochen werden. Wolfgang und die IIX. Reuter / welche das Fräulein hatten loßgemacht / werden hoch begnadet. Reichart vor Gericht gestellet / verurteilet / und wieder begnadet / reiset nach seiner Heimat / und sendet das Fräulein jhrer gewesenen Frauen dreyen Töchtern Geschenke. Die Römische Herren von Padua kommen zu Prag an / und hält Arbianes mit Frl. Klaren das Beylager.

Inhalt des achten Buchs.

Auf dem Wall zu Prag machen die Gespenster viel Unruhe uñ komt alsbald darauf die leidige Zeitung /daß des Pannonischen Königes Mnata sein FeldMarschalk Dropion (des ehmaligen Bato / und des Pines Bruder) mit einem grossen Heer in Böhmen eingefallen sey / uñ alles mit Raub / Mord uñ Brand erfülle /Baldrich und Siegward gehen demselben entgegen mit einem zimlichen Heer / und fält dieser dem Feind glücklich ein / Herkules machet sich hin zu seinem Bruder / findet dessen Lager wolbeschaffen / und lässet denselben nebest Siegward dem Feind entgegen zihen / welche in Gefahr gerahten / aber von Fabius entsetzet werden und den feindlichen Vortrab aufs Häupt erlegen Leches gehet des andern Tages wieder auf Kundschafft auß / und wird jhm ein Reuter Grozemisla abgefangen / welcher durch Lügen sich von den Pannoniern loßwirket; Dropion belägert der unsern Lager / worüber das ledige Pannonische Lager durch Grozemisla anstiftung angezündet wird / welches Dropion nicht groß achtet / und der unsern Lager auffodert / welche jhn diesen Tag mit guten Worten hinhalten. Ladisla komt ins Lager / und auf abermahlige aufffoderung gibt er bedräuliche Antwort / worauf der Feind den Sturm eiferig antrit / wird abgeschlagẽ /und gehet wegen Speisemangels wieder zurück nach den Pannonischen Grenzen. Die unsern verfolgen jhn / halten jhn in seinem Lager fest eingeschlossen / fallen in Pannonien / und machen sehr grosse Beute. Mnata zeuhet seinem Dropion mit 150000. Mann zu Hülfe / deßwegen gehen die unsern wieder zurück nach jhrem vorigen wolbefestigten Lager. Mnata und Dropion belagern die unsern zum andernmahl / lassen jhnen zum Schrecken einen Galgen aufrichten / fodern das Lager auf zur Ubergabe / beko en schimpfliche Antwort / und tuhn darauf einen grausamen Sturm /da sie mit grossem Verlust abgeschlagen werden; darauf geschihet ein treffen zu Pferde mit zimlichen Verlust an beiden seiten. Mnata und Dropion zweien sich in etwas / und erfähret Mnata / das Dropion mit Verrähterey ümgehet / dagegen er sich verwahret durch beystand seines geträuen Agiß. Es wird ein fünftägiger Anstand gemacht / in welchem doch ein kleines treffen von 120. Mann an beyden seiten gehalten wird / da die unsern obsiegen. Mnata bekömt heimlich einen grossen Entsaz / fodert die unsern zur Schlacht aus / welche gehalten wird / und fügen die unsern dem Feinde grossen Schaden zu / biß ein grosses Ungewitter sie von einander trennet / und inzwischen den Feinden der grosse Entsatz 80000. stark / zukomt. Die unsern erschrecken darüber / treten doch die Schlacht wieder an / und thun anfangs gute Gegenwehr / biß jhre Völker algemach nachlassen und ausreissen / worüber König Ladisla / Henrich uñ andere Fürsten mehr gefangen werden; Herkules nimt den Pannonischen König gefangen / und sendet jhn nach Prag / wird hernach selbst gefangen / und die Schlacht an der unsern seite verlohren / da von allen Fürsten nur Arbianes aus der Schlacht entrinnet. Dropion wil unsere Könige und Fürsten henken lassen / werden auch schon nach dem Galgen geführet / aber von etlichen Pannonischen Obersten (die jhres Königes Heil betrachteten) beym Leben erhalten. Des folgenden Morgens [15] komt durch Gottes Schickung Valißka /Baldrich und Arbianes mit einem grossen Heer an /auch zugleich von Süden her der Frankische Großfürst Markomir mit 50000. Reutern / uñ bald darauf noch ein Hülfheer von Norden 60000. stark aus Wendland / da allenthalben die Schlacht tapfer angehet / Valißka aber inzwischen der Feinde Lager einnimt und die gefangenen Fürsten erlöset / welche sich verteilen / und der Schlacht allenthalben bey wohnen / in welcher viel merkliches vorgehet / biß endlich die unsern den böseligen Sieg behäupten /viel Feinde erlegen / und das ganze feindliche Heer gefangen bekommen / welche alle zu Leibeigene gemacht werden. König Mnata und Dropion mit seinem Anhange werden vor Gericht gestellet / da König Mnata unter schwerer Bedingung das Leben und Königreich erhält / Dropion aber und sein Anhang zur abscheulichen Straffe verdammet werden. Der ehmalige Reichard hatte Arbianes Leben in der Schlacht gerettet / und bekomt völlige Gnade / auch grosse Vergeltung. Fürst Olaf gehet mit einem Heer nach Pannonien / da die Inwohner sich ergeben. Gallus muß nach Rom dem Käyser den Pannonischen Beutpfennig bringen. Mnata erlanget der unsern gute Gunst je länger je mehr / und werden in Pannonien die begehrete Leibeigene frey gelassen. Arbianes erzehlet wie wunder-gefährlich es jhm bey dem Nachsuchen seiner Fräulein ergangen sey. Der alte Friesische Baur Wittho komt zu Prag an / und wird wol empfangen. Reichard heyrahtet in seiner Heimat zum andern mahl /uñ nimt jungfer Adelheid / komt mit jhr zu Prag an /und werden wol angenommen. Die eingeladenen Könige aus Schweden / Dänenmarck und Gallien kommen nach Prag. Der alte Böhmische König Notesterich / den jederman vor tod hielt / komt aus der Pannonischen Leibeigenschaft wieder zu Prag an / und wird mit grossen Freuden von den seinen empfangen /Er lässet Ninisla uñ Urisla seine Untertahnen (die jhn in diß Unglück gestürzet hatten) gefangen einhohlen. König Mnata verliebet sich mit dem Wendischen Fräulein Vanda / und Fürst Olaf (der seine Unglüksfälle erzehlet) mit dem Schwedischen Fräulein Schulda / welche heyrahten Valißka befodert. Arbianes erzehlet eine sonderliche Anfechtung / so er von dem Teufel in der Einöde erlitten. Ninisla und Urisla werden herzu gebracht / und bekennen jhre Boßheit /worauf König Notesterich erzählet / wie elendig sie jhn drey viertel jahr im engen Gefängniß gehalten /biß etliche Pannonische Räuber jhn daraus gezogen /und vor Leibeigen mit sich in Pannonien geführet. Die beyden Ubelthäter werden verurteilet und gestraffet. König Notesterich nimt den Christlichen Glauben an; Mnata und Olaf halten Beylager / und bald hernach das Hochzeit Fest / wobey allerhand Ritterliche Ubungen vorgenommen werden / insonderheit ein denkwirdiges Freystechen. Fürst Pharnabazus mit seiner Geselschaft komt aus Persen zu Prag an / bringet grosse Geschenke / uñ den ungeheuren Gamaxus mit sich / dem Herkules Gnade erzeiget. Der verwägene Pines machet sich von den RuderBänken loß / komt in Pannonien / wird von Mastyes seinem Könige nach Prag zugeschikt / und erlanget gleicher gestalt Gnade bey Herkules. König Notesterich erzählet / wie hart es jhm in seiner Leibeigenschaft ergangen / biß er endlich samt andern Böhmischen Leuten der Knechtschaft erlassen / in freyen Stand gesetzet / und wieder in sein Königreich ko en ist. Valißka stellet ein vierfaches Freyschiessen an; Herkules ehmaliger Tidullus komt aus seiner Pañonischẽ Leibeigenschaft zu Prag an / wird vor Königin Sophien Bastard Bruder erkennten vor ehelich erkläret. Die viele Leibeigene Pannonier werden auf erlegung grosser Lösegelder von Herkules und Ladisla frey gegeben. Etliche junge Königinnen uñ Fürstiñen genesen etlicher junger Herrlein und Fräulein. Arbianes reiset mit seinem Gemahl und Kriegsheer nach Versen / und wird das ganze Werk mit einführung der ganzen Christlichen Glaubens Lehre beschlossen.


Ende des kurzen Inhalts des Christlichen Teutschen Herkules. [16]

Erster Theil

1. Buch
Erstes Buch.

Die wunderschöne Morgenröhte / welche dem Silberbleichen Monde seinen Schein zu raubẽ sich bemühete / war aus ihrem Lager kaum hervor gekrochen / da erwachete Herkules vom Schlaffe / stieg seiner gewonheit nach / sanfte aus dem Bette / daß sein Freund Ladisla dessen nicht gewahr wurde / legte sich auf die Knie / und betete in herzlicher andacht seinen Christlichen Morgen-Segen. Du grosser Gott (sagte er mit leiser stimme und erhobenen Händen)mit was inbrunst sol ich deiner Barmherzigkeit mein schuldiges Danckopffer leisten? daß du mich diese Nacht und die gantze Zeit meines Lebens so gnädig und väterlich bewahret hast / vor des Teufels List und Gewalt / vor bösem schnellen Tode / vor Kranckheit und andern schädlichen fällen / durch welche ich ohn wahre Busse meiner vielfältigen Sünden plözlich hätte untergehen und ewig verderben können. Dir sey Dank in Ewigkeit / mein Schöpfer / vor diesen gnädigen Schuz meiner Seelen und Leibes. Gesegne und heilige alles mein tuhn / heut und die folgende Zeit meines Lebens; Verzeihe mir alle begangene Sünde / und bewahre mich heut diesen Tag /daß ich nicht in muhtwillige Unthaten falle / die wider das Gewissen streiten / und deines Geistes Einwohnung von uns treiben. Ni mich unter die Beschirmung deiner Flügel / daß mich kein Unfall erlege; gib daß dir alles mein tuhn gefallen moge / und wende von mir / was mir an Leib und Seel schaden kan. HErr mein Gott / dir befehle ich meine liebe Eltern / Bruder / Schwester und An verwandten; bekehre sie von dem heydnischen Irthum; und wie du mich aus lauter Güte und Barmherzigkeit aus der schnöden Unwissenheit gerissen / und in die Klarheit der Erkäntniß deines Sohns meines Heylandes versetzet hast / also handele auch mit jhnen allen / nicht nach jhren Sünden / sondern nach deiner Güte / daß jhnen / HErr Gott / dein heiliger Nahme / und den du uns zum Heil gesand hast / JEsus Christ kund werde / Amen. Hierauff sprach er das heilige Vater Unser / denChristlichen allgemeinen Glauben / und etliche Buß Gebeht Davids; und als er seine Andacht mit diesen Worten endigte:O mein HErr JEsus Christ / dir lebe ich / dir sterbe ich / dein bin ich todt und lebendig; Da erwachete sein Freund Ladisla; und wie derselbe gewohnt war sein Gebet un Gottesdienst gering zu achten / sagte er zu jhm: Herzlieber Bruder / wann dein Jesus so mächtig währe / wie du und andere Christen jhn halten / alsdann könte es nicht fehlen / er müste an statt deines verscherzeten GroßFürstentuhms / wo nicht ein grösseres / zum wenigsten gleichmässiges Königreich dir schenckẽ / weil du bloß üm seinet willen deines Vaterlandes müssig gehen / und deines angebohrnen Erbes must entsetzet seyn; sehe aber noch zur zeit nicht / daß sichs im wenigsten darzu schicken solte. Herkules / nach seiner Christlichen Sanftmuht / antwortete jhm: Liebster Bruder / ich bin deines Gespöttes nunmehr fast gewohnt / welches mich zwar schmerzet / und doch aus Hoffnung / dich der eins zu gewinnen / es gerne gedulde: Zweiffele aber nicht / da in meinem Gebet bey meinem HErrn Jesus ich üm mein angebornes [1] GroßFürstentuhm oder andere weltliche Herrschafften anhielte / wurde er mir solches nicht wegern / bevorab / wann es mir und seiner Christlichen Kirchen heilsam und ersprießlich währe. Aber mein Heyland weiß / daß ein solches bey jhm ich durchaus nicht suche / sondern jhm von grund meiner Seele danke / daß er einen so treflichen Tausch mit mir gehaltẽ / und vor einen engen Winkel dieser unsaubern Welt / mir das grosse heilige Reich seiner Gnaden geschenket / und durch sein vollgültiges Blut mich von Sünden abgewaschen hat; Ja mein Bruder /wann du die Herrligkeit / deren ich schon in fester Hofnung geniesse / mit den Augen des Glaubens erkennen und betrachten köntest / bin ich schon versichert / du würdest zugleich mit mir alle Irdischeit dieser Welt vor stinckenden Koht / und was du Herrschafften nennest / vor eine schlimme Dienstbarkeit halten; dann so viel das grosse Sonnen-Liecht eine angezündete Kerzen übertrifft / ist die himlische Seeligkeit höher / als alles köstliche dieser Welt zu schätzen; Warumb solte ich dann nach meinem verlohrnen GroßFürstentuhm einiges Verlangen tragen / wann umb dieser faulen Erdschollen willen / ich die allerköstlichste Perle des Himmelreichs solte in die Schanze setzen. O nein / mein Freund / Gottes Gnade ist grösser bey uns Christen / als daß wir dieselbe ümb dasselbe vertauschen wolten / was auch wol vernünfftige Heyden vor nichtig gehalten haben. Er wolte weiter reden / aber Ladisla fiel ihm also ein: Genug mein Bruder / genug vor dißmahl / ich weiß schon wol /daß von deiner eingebildeten Pfafferey ich dich heut nicht abbringen werde. So wirstu aber / antwortete er / deinem gestrigen Versprechen gnug tuhn / uñ mit mir die Christliche Versamlung besuchen / üm zu vernehmen / und mit Augen anzusehen / wie fälschlich wir unschuldige Christen von den heidnischen Verfolgern verleumbdet / und / weiß nicht / welcher abscheulichen Sünden beschuldiget werden. Ja wol /sagte Ladisla / es ist mir zwar mein verbrechen (wolte sagen mein versprechen) schon halb leid / als der ich fürchte / meine Götter / durch Beywohnung solcher abergläubischen Sachen / höchlich zu beleidigen; jedoch / weil geschehene Zusage auffzuruffen / einem Bidermanne nicht anstehet / und ich aus Liebe zu dir /wol ehe wider meine Götter gehandelt habe / wil ich mich fertig machen / mit dir zu gehen; wiewol mit dem Bedinge / daß weder du / noch einiger Christ mich nöhtige / euren Sitten und Andachten mich gleich zustellen / ausser dem / was die Erbarkeit mich heissen wird / alsdann wil ich hinwiederumb in aller stille / und ohn gegebene ärgerniß euren Gottesdienst ansehen / als lange ich hören werde / dz nichts Gotteslästerliches wider meine Götter geredet wird; dann sonst würde ichs nicht lange machen / sondern diese Herberge bald suchen. Daß deiner vermeinten Götter keine Meldung geschehen sol / sagte Herkules / habe ich bey dem Ehrwürdigen Lehrer bittsweise erhalten; und pfleget man ohn das deren in Predigten wenig zu gedencken / weil fast alle mal heimliche Aufmercker sich finden / ob sie etwas erschnappen mögen / wodurch wir Christen in Noht und Gefahr / ja umb Leib und Leben können gebracht werden. Wann aber unsere Lehrer ümbher gehen / die Gläubigen zu besuchen /und sie in ihrem Christentuhm zu stärcken / alsdañ werden wir zu aller gnüge unterrichtet / was vor ohnmächtige Götzen euer Jupiter / Mars / Vulkahn / Neptun / und andere jhres gleichẽ seyn / weil sie kein wahres lebendiges Wesen / viel weniger eine allmächtige Krafft / sondern nur der lügenreichen Fantasten ihre Tichtereyen sind / nach deren Träumen man sie nachgehends aus groben Holz und Steinen geschnitzet uñ gehauen / und mit weiß und roht / welches endlich Mäuse uñ Ratzen abnagen / zierlich angestrichen hat.[2] O der elenden / O der närrischen Gottheit! Mir zweifelt nicht / wann das Arkadische Thier nur vom Saktragen muhs hette / und ein Krühmlein Verstandes /wolte ich jhm diese heydnische Thorheit mit leichter Mühe zu erkennen geben. Aber damit wir uns nicht auffhalten / noch ich deinen Götzeneiver reize meines Heylandes zu spotten / wollen wir uns auf den Weg machen / dann ich weiß / daß dem Gottesdienst der Anfang schon gemacht ist / uñ ich mich schämen muß / einer von den letzten zu seyn / der ich billich der erste bin / umb / meinem Gott vor seine unaußsprechliche Gnade zu danken / die er mir armen Sünder in meiner Bekehrung erzeiget hat. Ladisla hatte sich schon gespitzet / seinen Götzen das Wort zu sprechen; aber Herkules fassete jhn bey der Hand / und führete jhn zur Kammer hinaus. Also giengen sie beyde dem Orte zu / wo Herkules wuste / daß sich die Gläubigen zu versamlen / und jhres Gottesdienstes in aller stille abzuwarten pflegeten. Sie waren nicht weit gangen / da sahen sie einen frembden Reuter jhnen entgegen reiten / welcher als in tieffen Gedancken in die Höhe sahe / und wenig acht hatte / was auff der Gasse vorgieng. Ladisla kennete jhn alsbald und sagte: O Bruder / dort komt Wenzesla her / meines Hn. Vaters alter Leibdiener; O daß wir uns verbergen könten! Lieber laß uns das Angesicht mit dem Mantel verhüllen / daß er uns nicht kenne / warumb ich nicht ein grosses nehmen wolte. Aber es war schier zu lange geharret / und der Reuter jhnen auff den Füssen / der sie freundlich grüssete / mit Bitte / ihm einen Gasthoff zu zeigen / da man nach allerhand Zeitungen sich am besten befragen könte. Ladisla blieb ohn einiges Wort sprechen / und gieng allgemach fort. Herkules wolte sich auch nicht kund gebẽ / weil er wuste /daß sein Freund wolte ungemeldet seyn / und zweiffelte / ob er antworten solte. Der fremde verwunderte sich ihres stillschweigens / wuste nicht / ob es aus Furcht / oder Hochmuht / oder Unverstand geschahe /weil sie als mit fleiß das Angesicht verborgen hielten; Er sahe / daß sie adelich gnug gekleidet waren / und zwar nach Römischer art / schwieg ein wenig / und sagte bald darauff zu jhnen: Ihr junge Herren werdet gewißlich nicht Römisch seyn / oder es muß sich hieselbst von XXX Jahren her / als viel die Sitten betrifft / sehr verendert haben. Herkules schämete sich des verweißlichen Auffrückens / und weil er meynete /nicht so leicht erkennet zu werden / taht er den Mantel ein wenig beyseit / und gab diese ernstliche antwort: Mein Freund / jhr solt dannoch wissen / daß wir der Unhöfligkeit nicht so gar ergeben sind / wie jhr uns beschuldigen möchtet / nur weil wir kaum vor dreyen Tagen Rom erst gesehen / werdet jhr uns verzeihen /daß wir eurem begehren nicht gnüge tuhn können. Nun sahe Wenzesla unsern Herkules / weil er antwortete / steiff an / und gebauchte jhn / denselben mehr gesehen haben; kunte sich doch so schleunig nicht besinnen / lauschete jhnen aber / weil sie davon eileten /mit unverrückten Augen nach / biß sie etwa LXXX Schritte von ihm hinweg wahrẽ / da sagte er in sich selbst: O ihr Götter / redete nicht der trefliche Fürst Herkules mit mir? und wer weiß / ob nicht Fürst Ladisla sein Gefärte ist? der sein Angesicht so fleissig verhüllete / daß er von mir nicht erkennet würde; rante jhnen auch Sporenstreichs nach / umb zu erfahren / ob er recht wähnete. Ladisla hörete die HuefEisen und sagete zu Herkules: Gilt Binder / wir sind erkennet / laß uns in diß enge Gäschen streichen / da man zu Pferde uns nicht verfolgen kan / unser Vorsatz dürffte sonst gebrochen werden. Sie tahten hiemit einen Sprung / und lieffen geschwinde fort / dem Alten zu entwischen; der jhrer Flucht bald innen ward / und biß vor das Gäschen jhnen nachsetzete / da er vom Pferde stieg / und äussersten Vermögens hinter[3] ihnen herlief; wahr doch so fertig nicht / diese hatten sich schon verstecket / und seinen Augen sich entrissen; Welches nicht allein ihm sehr leid wahr / sondern zugleich hohes verwundern brachte / aus was ursachen sie vor jhm fliehen möchten / weil sie durchaus nichts arges sich von jhm zu befahren hätten; Doch weil bey so früher Tageszeit die Häuser noch verschlossen wahren / hoffete er / sie würden jhm so leicht nicht entgehen; Lieff also immer fort / biß er vor ein Hüttchen kam / dessen UnterTühr offen stund / und gedachte bald / sie würden dahinein geschlossen seyn; trat hinein und sahe sich fleissig ümb / biß er jhrer im finstern Winkel / hinter einem grossen Weinfasse gewahr ward. Diese verwunderten sich / wie sie jhn sahen / und fing Ladisla mit ertichtetem Zorn und abgekehrtem Angesicht an: Alter / jhr möget wol ein unhöflicher Geselle seyn / daß jhr fremde dergestalt verfolget / die umb gewisser Ursach zu Rom nicht erkennet seyn wollen. So gehet nun eures weges / und lasset uns des unsern abwarten / sonst werdet jhr empfinden / daß meine Fäuste nicht wichtloß sind; oder gedencket jhr etwa / Rom sey eine Freystadt alles Vorwitzes? Er wolte in seiner Dräurede fortfahren /aber Wezesla / der jhn an der Stimme keñete / fiel vor jhm in die Knie und sagete: Durchleuchtigster Fürst /weß zeihen sich eure Gnaden? kennen die jhren alten Diener Wenzesla nit mehr / der ich mannichen beschwerlichen Weg / dieselbe außzukundschaffen / geritten habe? Dieser kunte sich weiter nicht verstellen /fassete jhn beym Arme / hieß jhn auffstehen / und fragete / was er neues aus Böhmen brächte / auch / ob seine Eltern und Frl. Schwester annoch frisch und gesund währen. Wenzesla wolte ihm keinen schleunigen Schrecken einjagen / und gab zur Antwort: Er wüste nicht anders / ohn daß der König bey seiner Abreise ziemlich schwach gewesen; könte nicht eigentlich sagen / wie es umb jhn stünde. Ich muhtmassete wol /sagte Ladisla zu Herkules / daß mein gestriges Nasebluten mir nichts gutes bedeuten würde; aber was stehen wir in dieser Hütten? Du sihest / lieber Bruder /daß wir an unserm Kirchgange verstöret werden; wird demnach das beste seyn / daß wir umbkehren nach unser Herberge. So werde ich vorhin lauffen / sagte Wenzesla / umb mein Pferd zu suchen / welches ich unferne von hinnen habe stehen lassen. Er eilete geschwinde fort / und als er des Gäschen ende erreichet hatte / und nach seinem Pferde sich umsahe / ward er zweer Buben gewahr / welche dasselbe vor sich hintrieben / wiewol es sich hefftig sträubete / und mit allen vieren von sich schlug. Erst bedachte der Alte seine Thorheit / durch hinterlassung des Pferdes begangen; lief / so fast er mochte / hinten nach / und schrihe die Diebe an / wohin sie mit seinem Pferde gedächten; welche sich doch daran wenig kehreten /und jmmerzu bemühet wahren / den auffgebundenen Wetscher vom Pferde zu reissen / der sie wol bespickt seyn dauchte; geriet auch endlich dem einen / daß er sich in den Sattel schwang / und die Beute ablösete /welche auf die Erde fiel. Der ander war nicht faul bey der Auffhebung; doch saß jhm Wenzesla zu früh auff der Haube / riß ihm den Wetscher unterm Arme hinweg / und sagte: Du wirst mir gleichwol diesen liebẽ Schatz nicht ohn alle Einsprach entführen; Zum wenigsten werde ich das Luder mit dir drum ziehen. Inzwischen schlug das Pferd hinten aus / und traff diesen Buben auff die Hufft / dz er niederstürzete / und der Ohnmacht nicht ferne war; Sein Geselle aber setzte sich im Sattel feste / stieß das Pferd an / und rante in aller eile davon / jhm selbst fluchend / daß er den Wetscher mit so grosser Mühe loßgemacht / und sein Glück / wie er meynete / auff die Erde geworffen hatte. Herkules und Ladisla sahen der Kurtzweil von ferne zu / traten endlich näher / und erinnerten [4] Wenzesla / er solte sich des Pferdes begeben / und den geschlagenen Knecht liegen lassen / sie wolten jhm schon zu einem andern verhelffen. Er aber / wie sehr er sich wegen des geretteten Wetschers freuete / so war er doch über der kühnen Dieberey so hart ergrimmet / daß er den beschädigten Dieb zwang sich zu erheben / damit er durch jhn seines Pferdes wieder habhafft werden möchte; muste also dieser arme Tropff mit zuschlagener Hufft fortkriechen biß in Herkules Herberge / da jhn Wenzesla band / und in eine finstere Kammer versperrete; folgete hernach den beyden Fürsten auff jhr Gemach / öffnete den Wetscher / und nahm ein Schreiben herauß / welches er Ladisla mit diesen Worten einhändigte: Durchleuchtigster Fürst; was massen wir Menschen ohn Standes unterscheid der Gebrechligkeit des fleisches / ja dem Tode selbst unterworffen sind / erfahren wir täglich in allen Ständen. Nun ist mir leid / daß ich der UnglücksBohte seyn / und Euer Durchl. melden muß / was massen durch einen kläglichen Fall / die Götter nach jhrem unerforschlichen Raht und willen / den Großmächtigsten Unüberwindlichsten Fürsten und Herrn / HerrnNotestrich / unsern weiland herrschenden König / Euer Durchl. Herrn Vater / zu sich abgefodert haben / wo durch unser gantzes Königreich in einen sehr leidigen Stand gesetzet ist / insonderheit / weil Eure Gn. ausser Landes in der frembde sich schon eine geraume Zeit aufgehalten / uñ kein Mensch erfahren können /an was Ort oder Enden dieselben anzutreffen seyn; Da dañ unterschiedliche Diener von Euer Gn. Fr. Mutter /unser gnädigsten Königin uñ den Landständen ausgeschicket sind / umb zu erforschen / in was Landschafften Eure Gn. zu suchen währe / nachdem schon etliche sich unterstanden / allerhand Zeitungen von deren Tode außzusprengen / und Euer Erb Königreich zu verunruhen / welches aber bißher von Euer Gn. Fr. Mutter und wenig anderer Vorsichtigkeit ist verhindert worden / sonst möchte das Land durch iñerliche Aufruhr wol schon in vollem Unglücks-brande stehen. Wie hohes Verlagen nun das ganze Reich nach Euer Gn. Ankunfft trage / wird dieses Schreiben in etwas vermelden. Ladisla erseufftzete über dieser Zeitung /und lase folgenden Inhalt mit trähnenden Augen:

Hedewig / verwittibte Königin in Böhmen / gebohrne GroßFürstin aus Teutschland / entbeut jhrem Sohn Fürst Ladisla / mütterlichen Gruß: Der grimmige Todt / welcher weder Tugend noch Frömmigkeit schonet / hat leider meinen liebsten König und Gemahl von meiner Seiten gerissen / und mich in den leidigen Witwenstand /dich aber und deine Fräulein Schwester ins Wäysen-Buch eingeschrieben. Du kanst nicht gläuben / lieber Sohn /mit was heissen Trähnen das gantze Reich jhren verlohrnen frommen Herrn und liebreichen Vater beweinen; und vermehret diese Traurigkeit nicht umb ein geringes / daß sie dein / als jhres Erb Königes nicht allein entbehren /sondern nicht eins wissen müssen / in was Stand oder Land du deine Jugend zubringest. Ich habe hin uñ wieder nach dir außgeschicket / hoffe es werde dich endlich einer außfragen / wo du sonst noch lebest. Sey ja nicht träge / so bald du dieses inne wirst / dich auff die Fahrt zu machen / damit ich und dieses Land erstes Tages die Krone auff deinem Häupte sehen mögen; sonst dürffte einem andern / der sich in sie verliebet / die Lunge darnach hängen / welcher dir in wenig Tagen so viel ungelegenheit einstreuen könte / daß du es in geraumer Zeit abzukehren Mühe haben müstest. Und damit dirs an Zehrungskosten nicht gebreche / hastu bey Zeigern Wenzesla eine Anzahl Kleinot / auff 30000 Kronen / und einen offenen Wechsel biß auff 100000 Kronen zu empfahen. Gehabe dich wol / und erfreue deiner betrübten Mutter Seele durch deine fröliche Wiederkunfft. Gegeben auff dem Königlichen Schlosse zu Prag / von deiner getreuen Mutter. Hedwig. Nach Verlesung reichte ers seinem Herkules hin und sagte: Geliebter Bruder / ich find alhie sehr leidige Zeitung; wollest / bitte ich / den Brief lesen / und mir deine Meynung darüber eröffnen. Dieser lase es mit grosser [5] Traurigkeit behende durch / und antwortete ihm: Herzlieber Bruder; Gott ist mein Zeuge / wie hefftig der klägliche Tod deines Herr Vaters mir zu herzen gehet; und mag Böhmen wol mit Warheit klagen daß es den gerechtesten und gnädigsten König an jhm verlohrẽ hat. Wann wir aber betrachten / daß jedweder diesen Weg alles Fleisches gehen / und das irdische dereins ablegen muß / sollen wir unsere Traurigkeit billich mässigen / und gedenken / daß an den unsern nichts neues geschiehet /wann ihnen die Nohtwendigkeit zustosset / die uns allen gemein ist. Zwar es gehet uns saur ein / diesen Trost stracks anfangs zu ergreiffen; Dann wer wolte seiner lieben Eltern Abscheid aus dieser Welt / mit Trähnen unbegleitet lassen? jedoch / weil durch dieselben nichts wiederzubringen ist / muß man billich im Leide masse halten / insonderheit wann wir versichert sind / daß die Verstorbenen bey allen Bekandten einen guten Namen / und stete Gedächtniß jhrer Tugend hinterlassen / welches Lob dem weiland Großmächtigsten Herrn und Könige / Herrn Notesterich keine Vergängligkeit hemmen / viel weniger rauben wird. Er wolte in dieser Trostrede fortfahren / ward aber iñen / daß die Hauß-Tühr mit Gewalt auffgebrochen ward / daher sie beyde alsbald den Helm auffsetzeten / Schild und Schwert zun Händen nahmen / und hinunter vom Gemache ins Hauß traten / da sie gleich funden / daß sechzehn freche / zum theil übel gekleidete / aber mit Schwertern alle wolversehene Wagehälse zur Tühr eindrungen / und durch einander rieffen / wo der Gefangene / den das Pferd geschlagen /hinkommen währe. Unsere Helden traten gehertzt zu ihnen ein / uñ fragete sie Herkules / wer sie so kühn gemacht hätte / jhre Herberge unabgesagt zuüberfallen. Der Rottmeister eine Helle Barte in der Hand haltend / lächelte jhn an und sagte: Es wehre immer und ewig schade / daß der Himmel sich an jhm geirret /und jhn nicht zum Weibsbilde gemacht hätte / auff welchen fall er jhn vor seine Meisterin anzunehmen willens währe. Herkules war ungewohnet / dergleichen Reden gedultig anzuhören / und gab jhm zur Antwort; Er solte sich nur bald zur Tühr hinauß packen / ehe jhm der Abzug verlegt würde / hätte er aber über ichtwas zu sprechen / solte ers mit recht thun /da man sich zur Antwort erböte. Ja schöner Herr /antwortete dieser / ich wil euer Erinnerung statt geben / wiewol mit dem bedinge / daß jhr und euer Geselle mit uns gehet; griff mit diesem Worte nach jhm / in meynung jhn zu fahen; aber Herkules trat zurücke /zog das Schwerd / und hieb von der Seiten her jhm das Angesicht vor dem Kopffe hinweg / daß es wie eine Vorhaube auff die Erde fiel / und er zugleich mit niederstürzete. Nun fahre hin / sagte Herkules / du wirst fort mehr keiner Meisterin bedürffen. Als seine DiebsRotte solches sahe / drungen sie einmühtig auff unsere Helden zu / die sich aber auch nicht seumeten /sondern ein solches Spiel unter jhnen anfiengen / daß ehe sie XX Streiche führeten / schon achte / theils erschlagen / theils zur Gegenwehr undüchtig gemacht wahren; wiewol auch Ladisla eine tieffe Wunde in die rechte Seite bekam / woraus das Blut auff Herkules Kleider sprützete / und er gezwungen ward / einen Abtritt zu nehmen / indem Herkules sich unter die acht übrigen mischete / und wie ein ergrimmeter Löwe um sich schlug und stach / daß noch drey erlegt wurden / und die andern nicht an jhn durfften / ungeachtet er auch an unterschiedlichen Orten seines Leibes verwundet wahr. Als er ein wenig Lufft empfand /kehrete er sich nach Ladisla / und fragete / wie es umb jhn stünde / welcher mit schwacher Stimme antwortete: Sehr wol mein Bruder / wann die Götter dich nur erhalten. Mit welchen Worten er sanfft zur Erden nieder sanck; Worüber sein Freund als ein Löwe auffs[6] neue loßgieng / des gantzlichen Vorsatzes / mit Ladisla zu sterben / oder seinen Todt zu rächen; schlug demnach so eiferig unter sie / daß sein Schwert auch durch die Pantzer gieng / mit welchen jhrer etliche sich unter den Kleidern verwahret hatten / biß sie /ausser zween / zur Erde stürtzeten / und er hingegen auch anfing krafftloß zu werden. Der alte Wenzesla hatte sich bißher nicht gereget / stund auff dem Gemache als ein Verzukter / und sahe diesem Wunder-handel zu; endlich trat er zurück in die Kammer / machte mit den auffgehengeten Harnischen ein grosses Geräusche / kam bald wieder / und rieff mit starker Stimme hinter sich: Ihr meine geträue Diener komt / und fahet mir die Schelmen lebendig / daß sie nicht entrinnẽ; wodurch diese höchlich erschrecket / das Gewehr von sich warffen / und der Tühr zulieffen. Aber Herkules ermannete sich / trat jhnen entgegen / und stieß jhnen das Schwerd durch die Gurgel; rieff darauff den alten Wenzesla zu sich / und befahl / daß er alsbald den WundArzt / so gegen über wohnete / herzu holen solte. Derselbe war mit zween Gesellen bald verhanden / sahe den jungen Held mit blutigem Schwerd und Kleidern zwischen so vielen Erschlagenen stehen /und kunte vor verwunderung kein Wort sprechẽ; Da Herkules zu jhm sagte: Mein Freund / da lieget mein Bruder hart verwundet / wo nicht gar erschlagen; sehet ob noch Leben in jhm sey / ich wil euch der Mühe redlich lohnen. Wenzesla gehub sich als ein Verzweiffelter / und wolte viel rüttels an jhm machen; Aber Galehn der Artzt redete jhm ein; Er solte ihm den Verwundeten helffen sanffte auffheben / und auffs Gemach tragen; Zohe jhm das Wa es als einem Todten ab / und bestrich die SchlagAdern und Naselöcher mit kräfftigem Wasser / daß er endlich noch ein Lebenszeichen von sich gab; deßwegen er jhm allerhand Blutstillung gebrauchte / und insonderheit die gefährlichste Seitenwunde wol in acht nam. Herkules / wie schwach er gleich war / wolte sich nicht verbinden lassen / seufzete / und gehub sich kläglich / biß jhm Galehn zurief; Sein Bruder lebete noch / und solte guter Hoffnung nach / geheilet werden; Worauff er zuließ / daß der eine Geselle ihm die Kleider abzohe /und seine Wunden / deren er XXIV hatte / verband /worüber er gleichwol etliche mahl in Ohnmacht fiel /weil jhm fast kein Blut mehr im Leibe übrig war. Als Ladisla zu sich selbst kam / schlug er die Augen schwächlich auff / und fragete mit liegender Zunge /ob sein Herkules lebete; und weil der Arzt seine Rede nicht verstund / noch jhm Antwort gab / entwarff er sich und sagete: Wer hat euch befohlen / mich zu verbinden / weil mein einig geliebter Bruder tod ist / und ich keine Stunde nach ihm überbleiben wil? Wenzesla kam zu allem Glück darzu und antwortete: Gnädiger Herr / euer Herkules ist nicht todt / sondern nach erhaltenem Siege stärcker als jhr. Wol! so last mich jhn sehen / sagte er / oder meinen Geist ohn ferner auffhalten ihm nachreisen. Herkules war drunten im Hause verbunden / hatte sich schon ziemlich erhohlet / uñ ließ sich die Steige hinauff leiten. So bald jhn Ladisla sahe / sagte er mit blinzenden Augen zu jhm: Mein Brüderchen / lebe / so wil ich auch bald genesen. O meiner Seelen Liebe / antwortete er / bekümmere dich nur meinet wegen nicht im geringsten / sondern laß dir helffen / ich bin GOtt Lob / ausser Todes Gefahr. Der Arzt warnete sie beyderseits träulich / sie solten den Liebes-bewägungen nicht zusehr nachhängen / sonst würden sie übel ärger machen / welches fast schon auffs höchste kommen währe; Die Gedanken müsten so wol als der Leib ruhen / solte jhnen sonst geholffen seyn. Daher Herkules seinen Ladisla erinnerte / dem Arzt folge zu leisten / wo er sonst durch seinen Tod jhn nicht zugleich mit hinreissen wolte. Also wurden sie beyde befriediget / lagen[7] gegen einander über auff Bankpolstern / uñ wurdẽ von des Arztes Gesellen fleißig gewartet. Inzwischen hatte jhr Haußwirt Sabihn sich mit seinem Gesinde wieder hervor gemacht / welche im anfange des blutigen Kampffs davon geflohen waren / und in Winkeln sich hin und wieder verstecket hatten / wo sie meynetẽ am sichersten zu seyn. Sie kunten sich nicht gnug verwundern / daß das Hauß voll Blutes stund / und mit Erschlagenen angefüllet war; und wolte der Wirt von Wenzesla fast mit Gewalt wissen / was die Ursach dieses mördlichen überfalles seyn möchte; wovon er jhn doch keinen bescheid zu geben wuste / und gleich in dem gewahr ward / daß ein Räuber noch nicht verschieden war / ließ jhn durch kräfftige sachen erquicken / und mit Dränung schwerer Peinigung befragen; welcher aber wegen seiner Wunden Schmerzen nicht viel reden kunte / baht sehr / jhm seine Pein durch schleunigen Todt zu verkürzen / und den Gefangenen vorzunehmen / der umb alles Wissenschafft trüge; worauff diesem die Seele außfuhr. Wenzesla schleppete seinen Gefangenen auß der finstern Ka er hervor / der alles angehöret / und so viel seine Schmertzen zuliessen / sich darüber gnug belustiget hatte; sagte auch / wie er die Erschlagenen sahe: O jhr nichtswerte verzagte Hudler; billich müsset jhr da gestreckt liegen / weil jhr euch vor zween jungen Kerlen nicht habet schützen können / denen ich / wann ich gesund und frey währe / allein Mannes gnug seyn wolte. Indem er aber den Haußwirt unvermutlich erblickete / hielt er die Arme vor das Angesicht / um nicht erkennet zu werden. Wenzesla dräuete jhm den abscheulichsten Todt / wo er auff seine Frage nicht gleich zu antworten würde. Er aber sagte: Lasset zuvor euren Haußwirt abtreten / alsdann gelebe ich eures willens. Sabihn gebauchte die Stimme zu kennen / reiß jhm die Arme vom Gesichte hinweg / und nach fleissiger Besichtigung / erkennete er jhn vor seinen Knecht Geta / der jhm vor zwey Jahren / da er in einem andern Hause wohnete / entlauffen war / und einen Zehrpfennig auff 200 Kronen mitgenommen hatte; erblassete demnach vor Zorn / und sagte: O du abgefeimter Bube / gerähtestu also wieder unter meine Hände? gewiß wird dir das Glück nicht so günstig seyn / daß du ungefoltert verscheidest. Erzählete darauff Wenzeslaen / wie er vor ungefehr drittehalb Jahren diesen leibeigenen getauschet / der sich anfangs sehr wol gehalten / endlich aber der Gelegenheit wahr genommen / ihm die Laden auffgebrochen / und was er an Baarschafften funden / mit weg genommen hätte. Der verwägene Geta antwortete ihm: Herr / jetzt betreffe ich euch auff einer gedoppelten Lügen; dann vorerst habe ich eure Lade nicht auffgebrochẽ / sondern mit meinem Nachschlüssel / der zu allen eurẽ Schlössern gerecht war / auffgeschlossen. Vors ander / habe ich mich an eurer Seiten nie wol gehalten / sondern allemahl abgeknappet / wie und was ich gekunt; und hätte ich gewust / daß hier eure Wohnung währe /solte mich der alte KrumReuter wol nicht über eure Schwelle gebracht haben. Mir genüget an deiner gutwilligen Bekäntniß / sagte Sabihn / werde auch desto mehr ursach haben / dir nach Verdienste abzulohnen. Aber sage mir / wer hat diß übel in meinem Hause gestifftet? Je wer anders antwortete er / als die / so diese meine feige Gesellen erschlagen haben? Wer sind aber diese deine ehrliche Gesellen? fragte Sabihn. Besehet sie / antwortete der Bube / wie jhr mir getahn /so werdet ihr eigentlich befinden / daß sie eben diese sind / welche da todt liegen. Sabihn ergrimmete des Spottes / und sagte: Ey so mustu mir heut noch anders reden / es wäre dann / daß dein Fleisch ja so steiff als dein Sinn seyn möchte. Tuht euer bestes / antwortete dieser / dz werde ich auch tuhn / und diesen Saz halten müssen. [8] Die anwesenden Knechte entblösseten ihn am gantzen Leibe / und mit scharffen Geisseln strichen sie ihn allenthalben / daß das Blut von ihm flosse; Er aber stund an der Säule als ein unempfindlicher Kloz / biß er von Schmerzen in Ohnmacht fiel. Sie labeten ihn bald mit kråfftigen Sachen / und dräueten ihn weiter zu geisseln / wo er nicht bekennen würde / durch wessen Anstifftung der mördliche überfall geschehen währe; kunten aber nicht das geringste auß ihm bringen / ohn daß er ein bitteres Gelächter anfing / und zur Antwort gab; Er müste wol ein verzagter Mensch seyn / wann er seine eigene Zunge nicht bendigen / und gute Freunde zu verrahten abhalten könte; möchten sich derhalben umb nichts bekümmern / als wie sie das wenige übrige seines Lebens mit neuen Geisseln vollends herauß peitscheten / dem er von herzen feind währe / weil es ihm so ungehorsam / und auff sein begehren nicht willig außweichen wolte. Niemand kunte sich des Frevels gnug verwundern / und sagte Wenzesla: Ich weiß nicht / ob ich heut grössere Tugend an unsern Helden / oder an diesem verwägenen Tropff steiffere Hartnäckigkeit gesehen habe; und wann ich wissen solte / daß die Bosheit in ihm könte gedämpffet werden / wolte ich ihm das Leben helffen verbitten. Worauff der verstokte Geta zur Antwort gab: Ich habe mir bißher steiff vorgenommen / nimmermehr zu tuhn / was die / so man Tugendhaffte nennet / gut heissen / gläube auch noch diese Stunde nicht / daß ich meine Flecken oder Haut endern werde. Die Haut / sagte Sabihn / wirstu ohn Zweiffel endern / da du leben solt / sintemahl die alte dir dergestalt zukerbet ist / das davon nicht viel mehr übrig scheinet. Ey so reibet mich fein mit Salz / antwortete er / und waschet mich mit Allaunwasser /damit das alte gar hinweg gebeizet werde; alsdañ möchte ich mich vielleicht etwas bessern; aber die Bosheit / wie jhrs nennet / welche gar zu tieff bey mir eingewurzelt ist / wird der Tugend in meiner Seele nimmermehr Raum gönnen; dann ich fühle / daß mein innerstes nichts als abgeschäumeter Frevel und begierige Widerspenstigkeit ist / dabey ichs dann werde bewenden lassen. Hierauff ruhete er ein wenig / ob schlieffe er / dann des Fleisches Schmerzen wahr überauß groß; ermunterte sich aber bald wieder / und sagte mit schwacher stimme: gute Nacht / ich scheide von hinnen; so erfüllet nun / bitte ich / meinen lezten Willen / und schreibet mir diesen Grabe-Reim zu ewiger Gedächtniß / gilt gleich / an die Galgen-Säule /welches ich lieber wolte / oder auff einen Marmelstein:


Hier liegt Geta / dessen Geist

Allen Frevel Tugend heist /

Der ihm Bosheit hat erkohren;


Der nie gutes hat gewolt /

Darumb ist / O schönster Sold!

Sein Gedächtniß unverlohren.


Mit dieser Rede gieng das lezte seiner Seele auß jhm /also daß kein Zeichen einiger Ungebärde an jhm gesehen ward. Wenzesla nam sein fleissig wahr / meynete nicht / daß ihm der Todt so nahe gewesen währe / als er jhn aber keinen Finger mehr regen sahe / fieng er zu den Anwesenden an: Immer schade ist es / daß dieser Mensch in seiner ersten Jugend nicht unter die Hand guter Lehrmeister gerahten ist / welche das zarte Gemüht bald anfangs zur Erbarkeit hätten angehalten; Dann währe dieses Reiß recht gewehnet / was vor herrliche Früchte solte der Baum zu seiner Zeit getragen haben. Ja / sagte Sabihn / hätte jhn mein Herr damahls gekennet / wie ich jhn bekam / würde er ihn vor den ausrichtigsten Menschen gehalten haben; dann nebest den Fleiß und Wachsamkeit wuste er sich demühtig uñ [9] diensthafft zu halten / daß ich mich glükselig schätzete / einen solchen Knecht angetroffen zu haben; wahr auch gesinnet / ihm seine Dienste dereins mit der Freiheit zu belohnen / und die Verwaltung meines Landguts zu vertrauen. Ihr würdet euch aber im Außkehrich heßlich betrogen funden haben /sagte Wenzesla / wo sonst seiner lezten Beichte / die er mit seinem Tode bekräfftiget hat / einiger Glaube beyzumässen ist. Deß wil ich jhm auch eine wirdige Urtel sprechen / antwortete Sabihn; hieß ihn damit neben den andern Leichen auf die Schindgrube schleppen / und den Hunden und Raben vorwerffen.

Unsere hart verwundete Helden wusten diesen Tag wenig umb sich selbst / insonderheit Ladisla welcher gewißlich des Todes hätte seyn müssen / wann des Arztes grosse Erfahrenheit und Träne nicht gewesen währe; dann es gieng ihm eine Ohmacht über die andere zu / daß er kaum den Odem zihen kunte; und nicht desto weniger wolte er immer seines Herkules Zustandes berichtet seyn / welcher gegen Abend etwas Speise genoß / und auf seinem Lager sich auffrichtete; welches Ladisla ersehend / eine lebendige Farbe unter dem Angesichte bekam / sich auch mit gutem Willen handeln und verbinden ließ. Des folgenden Tages besahe der Arzt Herkules Wunden / und zeigte an; er müste ohn zweifel bey den Göttern in grossen Gnaden seyn / massen unterschiedliche Hiebe so gar gefährlich gangen / und doch wunderlich abgeglitschet wehren / da er sonst ohn alle Hülffe hätte sterben müssen; Wolte jhn aber schon versichern / daß auff gebührliches Verhalten / er innerhalb drey Wochen / seine völlige Gesundheit wieder haben solte; Welches Ladisla mit sonderlicher Belustigung anhörete / der nur acht Wunden hatte / die nicht sonderlich zu bedeuten /ohn die in der rechten Seite / welche Galehn noch nicht öffnen wolte / weil er sich einer neuen Verblutung befahrete, doch weil die übrigen sich wol anliessen / fassete er auch wegen dieser eine gute Hoffnung. Nun hatte er aber noch keinen Heller / so wenig wegen des ersten Bandes / als auff das künfftige empfangen / wuste auch nicht / woher jhm seine teure Arzney-kosten / und die grosse Mühe- und Kunst-an wendung solte belohnet werden; massen sie in diesem Wirtshause etwa IX Tage sich auffgehalten / und weder Knecht noch Diener / ausser einen Leibknaben hatten / der ihnen noch des vorigen Tages entlauffen wahr / und des Wirths Haußknecht jhnen die Pferde warten muste. Daß nun Galehn gleichwol im gewissesten seyn möchte / erinnerte er den alten Wenzesla /die Kranken zu fragen / ob sie die Arzneyen selbst einkäuffen / oder jhm solche bezahlen wolten. Sie hetten sehr zarte Leiber / dergleichen ihm nie vorkommen; so wehre die Verwundung / wie sie selbst wüsten / groß und gefährlich / welche mit Haußkräutern sich nicht wolte heilen lassen; möchte also gerne wissen / wessen er sich hinfüro verhalten solte. Wenzesla solches Herkulessen auf teutsch zu verstehen / der ihm befahl / einen rohten Wetscher auß der verschlossenen Lade zu holen; redete inzwischen mit Galehn /und sagte: Mein Freund / verzeihet / bitte ich / unser gestrigen Schwachheit / welche verhindert hat / daß wir unser schuldigen Dankbarkeit nicht haben können eingedenke seyn / und lasset eure beyde Gesellen herzuruffen. Dieser holete sie selber / daß Herkules Zeit hatte / etliche Sachen zu sich zu nehmen; und als sie alle drey sich einstelleten / gab Herkules dem Meister einen schönen Ring von 50 Kronen / und so viel Baarschafft / zu jhm sagend; Sehet da mein Freund /hiemit sey euch der erste Band und der schon angewandte Fleiß vergolten / so es gnug seyn wird / und begehret jhr ein mehrers / [10] sol es euch zu allem Danke werden. Dieser war jhm solcher Freygebigkeit nicht vermuhten / wegerte sich / alles zu nehmen / und auff Nöhtigung erbot er sich / es in künfftig mit seinen geträuen Diensten zu erkennen / und allerhand nöhtige Arzneyen davon einzukauffen / boht auch jedem Gesellen eine Krone von dem empfangenen; Da Herkules ihm einredete / er solte dieses vor sich behalten /und gab ihnen XXIV Kronen / unter sich gebührlich zu teilen; Wodurch sie ingesamt dermassen zum fleiß auffgemuntert wurden / daß sie stets auffwarteten /und zu allen Diensten sich willig einstelleten. Bey spätem Abend machte sich Galehn an Ladislaen Seitenschaden / lösete jhn sorgfältig auf / und nach fleissiger Besichtigung sagte er zu Herkules: Mein Herr /euer Bruder sol mit der Götter Hülffe an dieser Wunde nicht sterben / dafern er sich nur aller Sorge und Schwermühtigkeit entschlagen / und meiner geträuen Warnung folgen wird. Davor sey Gott im Himmel Dank / antwortete er; vermahnete hernach seinen lieben Freund / sein selbst acht zu haben / damit er nicht Mörder an seinem Leibe würde; welches Ladisla also beantwortete: Mein Bruder / bekümmere dich nur meinetwegen nicht; ich wil / wie bißher geschehen /deines Willens gerne leben / unter der Hoffnung / die Götter werden unsere / kaum vor neun Wochen wie der erneuerte Freundschafft nicht so schleunig zureissen. Aber deine Gesundheit wird das heilsamste Pflaster zu meinen Wunden seyn / deßwegen / ihr mein geträuer Arzt / sagte er zu Galehn / leget nur Fleis an meines lieben Bruders Heilung / und seyd versichert /daß ich euch nicht doppelt / sondern vielfach lohnen werde. Mein Herr / antwortete dieser; ob ich wol zu euer Gesundheit sehr gute Anzeigung spüre / möchte ich doch von herzen wündschen / daß ihr erst in dem Stande währet / darin euer Bruder sich befindet / alsdann wolte ich euch beyde inwendig XIV Tagen gehen und reiten lassen / wohin euchs gelüsten möchte; wolle demnach mein Herr wegen seines Bruders sich nicht bekümmern / der in fünff Tagen vor ihm stehen und sitzen sol. Dieses erfolgete auch in der taht / massen nach solcher Zeit Herkules sich des Tages etliche Stunden von seinem Lager auffmachete / da hingegen Ladisla annoch grosse Gefahr hatte; biß nach Verlauff eilff Tagen / da Herkules schon gehen kunte / der Arzt nach Besichtigung des gefährlichsten Schadens sagete; Nunmehr habe ich / dem Himmel sey Dank / die unfehlbaren Zeichen / daß am Eingeweyde durchaus nichts verletzet / oder doch schon alles wieder geheilet ist; Wann nun mein Herr sich mehr wird zur Speise halten / damit Leib und Geist Krafft bekommen / und der angewandten Kunst zu Hülffe treten / sol durch der Götter Segen und meinen Fleiß / heut über drey Wochen diese schädliche Wunde keines verbindens mehr bedürffen. Dessen nicht allein Herkules / sondern auch Wenzesla froh ward / so daß dieser schon außrechnen durffte / auff welchen Tag er mit seinem Herrn sich auff dem Prager Schlosse finden wolte. Am siebenzehenden Tage nach der Verwundung / legte Herkules seine Kleider an / und ob gleich Ladisla der grössesten Gefahr entrunnen war / hielt doch seine Schwachheit sehr an /daher Wenzesla sich eines langwierigen Lagers befürchtend / ihn diesen Tag erinnerte / es würde die Königin seine Fr. Mutter sonder Zweifel sich hefftig bekümmern / daß sie so gar keine Zeitung von ihm hätte; wolte deßwegen / da es seiner Gn. gefällig /eine schnelle Botschafft ablauffen lassen / damit sie in ihrem Trübsal getröstet würde. Aber Ladisla wehrete ihm solches / einwendend / er hätte Schwachheit halber noch nicht Zeit gehabt / darauff zu sinnen / wessen er [11] sich erklären wolte; so bedürfte es keines anderen Bohten; Er Wenzesla selbst solte fortgehen / so bald er schwachheit halben schreiben könte. Dem Alten kam diese Antwort verdächtig vor / und hielt nochmahl an / da Ihre Durchl. es zugeben könte /wolte er deren Gesundheit abwarten / und Ihr in künfftig auff der Reise auffwärtig seyn; Aber Ladisla wolte ihm nicht Wiederspiel halten / weil er seinen Schluß bey sich schon gemacht hatte.

Des folgenden Tages / da er mit seinem Herkules allein wahr / und derselbe vor seinem Bette saß / redete er ihn also an: Herzlieber Bruder / ich halte vor unnöhtig / unser höchstvertrauliche Freundschafft und Liebe / die von dem ersten Tage unser Kundschafft her / ausser dem neulich ertichteten Unwillen / allemahl zwischen uns steiff und fest bestanden / dich weitläufftig zu erinnern; eines meyne ich / dir allerdinge unverborgen zu seyn / daß ich lieber sterben /als deiner angenehmen Gegenwart beraubet seyn wolte / daher du keines weges gedenken darffst / ich werde mein Königreich antreten / und dich von mir lassen; So ist dir gnug bekant / daß mir der Odem nach der ReichsKron nicht stinket / sondern gesonnen bin / meine blühende Jugend in ritterlichen übungen /und Erfahrung fremder Sitten / auch besuchung abgelegener Länder anzuwenden; iedoch möchte ich gerne hierüber deine Meynung vernehmen / ob du lieber mit mir zugleich gewaltiger König in Böhmen seyn / und nach deines Herrn Vaters Absterben / meiner Länder Macht / zur Eroberung deines GroßFürstentuhms anwenden; oder aber / welches ich lieber wolte / unser genommenen Abrede nach / die Welt versuchen / und deine Mannheit / der ich keine zuvergleichen weiß / in ritterlichen Tahten eine zeitlang neben mir üben und prüfen woltest. Herkules kunte ihm nicht länger zuhören / und antwortete: Davor behüte mich mein Gott /daß dein Erb-Königreich zugleich neben dir einen andern König haben und ernehren; oder ich wider meines Vaters und des Landes Willen / einen Fuß / geschweige grosse feindliche Kriegesheere in mein Vaterland bringen solte. O nein / O nein! Herkules hat so viel Gnade und Vergnügung von Gott / daß er mit gutem Gewissen lieber im Elende / ja in äusserster Armut und Dienstbarkeit sein Leben zubringen / als wider Gewissen ichtwas besitzen und beherschen wil / wie ich dessen schon anderthalb Jahr einen guten Beweistuhm abgelegt habe. So kanstu nicht gläuben /geliebter Bruder / wie höchlich ich mich freue / daß ich dich erster Zeit einen gewaltigen herschenden König wissen sol; gelebe auch der gänzlichen Zuversicht / du werdest durch solche Erhöhung / und auff deinem stolzen Schlosse deines geträuen Herkules nicht allerdinge vergessen / sondern unser geschwornen Freundschafft eingedencke seyn; Ich hingegen verspreche dir / daß mein Herz und Gemüht nimmermehr von dir absetzen sol / sondern in allen Ländern /da ich seyn und ehrlich leben werde (dann ohne Ehre verderbe ich lieber) / ich zu deiner Gedächtniß deinen und meinen Nahmen in einer füglichen Vermischung führen wil. Inzwischen wollestu / bitte ich / deiner Heilung durch widrige Gedanken keine Hinderung geben / sondern des Arztes vorgeschriebenen Satzungen dich gemäß verhalten / auff daß du desto zeitiger in dem Königreich zihen könnest; mich wird mein Gott und Heyland schon führen / wie ers gnädig versehen hat. Hiemit fiel er seinem liebsten Freunde umb den Halß / und küssete ihn auß herzlicher Gewogenheit / als einen / mit dem er sich schier letzen würde. Ladisla empfand sein Herz vor Liebe auffwallen / daß zu befürchten wahr / es möchte die gefährliche Seitenwunde / die sich ein wenig zugesezt hatte / wieder auffbrechen; sahe doch seinen allerliebsten Freund gar lieblich [12] an / und sagte mit sanffter Stimme: So merke ich wol / Herkules stecket in dem Wahn / als ob Ladisla ohn jhn König seyn / oder jhn ohne seine Gesellschafft könne reisen lassen? Ja / wann Böhmen die ganze Welt währe / dann könte ich meinem Herkules folgen mit dem Hofstabe / und meinen Stuel setzen /wo jhn zu seyn beliebete. Herkules wiederantwortete: So solte Böhmen meinetwegen unselig und ihres Königes beraubet seyn? Ladisla: So solte Ladisla umb der Böhmischen Krone willen unselig / und seines lieben Herkules beraubet seyn? Herkules: Ich bleibe der Deine nicht desto weniger; oder meynest du / Herkules könne eines Königes Freund nicht seyn? Lieber rede mir hievon nichts mehr / sagte Ladisla; ich schwöre bey dem Gott aller Götter / daß ich mit willen mich von dir nicht trennen werde; würdestu aber beschworne Träue brechen / und Zeit meiner Schwachheit heimlich von mir scheiden; sihe so wil ich mich / wie krank ich bin / zu Pferde setzen / und nicht auffhören in der Welt umbzureiten / biß ich dich außspüre; sterbe ich dañ solcher gestalt / so sol mein Geist dich allenthalben verunruhen / und deine Träulosigkeit dir vorhalten. Diese Worte redete er mit solcher Bewägung / daß jhm das Blut auß der Nasen hervor schwitzete / sahe auch Herkules mit verwendetẽ Augẽ an / als einer / der leztzügig ligt; dessen er höchlich erschrak / ihn umfing / und sagete: Herzallerliebster Bruder / was verursachet dich zu dieser hefftigen Verenderung? hältestu mich für einen meineydigen Bösewicht / der sich von dir ohn Abscheid hinweg stehlen wil / so verzeihe dirs mein Gott. Hiedurch ersetzete Ladisla alsbald seine Sinnen / drückete ihm die Hand aus innerlicher Hertzensliebe / und antwortete ihm: Habe ich mich an dir zu hoch vergiffen / so räche dich ohn schonen; kanstu aber den Fehler verzeihen / welcher auß der allerlautersten Liebe entstehet / so bleibe mein Herkules / wie ich dein Ladisla bleiben werde; und höre meines Herzen unbewäglichen Schluß: Mein Königreich sol mich durchaus nicht sehen / du geleitest mich denn dahin mit freyem und aller dinge ungezwungenen Willen und Vorsaz. So ist meine Fr. Mutter verständig gnug / die Herschafft zu verwalten / weil ich ausser Landes bin. Würde nun der Himmel es schicken / daß ich auff unser Reise etwa durch unfall das Leben einbüssen solte / und du mein Königreich anzunehmen dich wegern woltest / so ist meine Meynung / daß dein Bruder Baldrich meine Frl. Schwester Valisken (die nunmehr von XIV Jahren) heirahten / und Sie Ihm mein Königreich zur Heimsteur zubringen sol. Herkules wolte jhm hierauff Antwort geben; aber Ladisla kam ihm zuvor / und sagte; Ehe ich dir einige Antwort gönne /beschwöre ich dich zuvor bey dem wahren Gott Himmels und Erden / und bey deinem Jesus / den du täglich anbehtest / daß du dich nicht unterstehest / mich von meiner vorgeno enen Reise abzumahnen; Du weist / daß mein Königreich dein ist / und du mir keinen grössern Dienst tuhn köntest / als dasselbe mit mir gemein zu haben; sintemahl dir aber nicht gefällig ist / deine Jugend daselbst in Müssigang und üppigkeit zuzubringen / ich dir auch solches nicht rahten kan / wil ich dich forthin nicht mehr darzu reizen /sondern habe nun selbst diß mein Land auff gewisse Zeit in meinem Herzen verschworen; deßwegen sol und muß unser gemachter Schluß fest bleiben / und so bald ich genese / ins Werk gerichtet werden. Herkules sagte: Böhmen möchte wündschen / daß ich nie gebohren währe / oder du mich niemahls mit Augen gesehen hättest; dann so viel ich mercke / wird solches Land meinetwegen ohn seinen König seyn müssen /welches ich auff ein oder ander Jahr noch so groß nicht achten wolte; Wie aber / wann mir mein Gott in weit abgelegener Ferne etwa Kriegsdienste / [13] oder wol gar eine Herrschafft versehen hätte / woltestu alsdann dein Reich angeben / und bey mir bleiben? Lieber bedenke doch / mein Bruder / was unbilliche Sache du vornimst / und verschwöre nicht in deinem Herzen /wozu dich Gott selbst beruffen und verordnet hat. So wil ich nun / angesehen deine hohe Beteurung / dich in meiner Gesellschafft herzlich gerne eine zeitlang wissen / allein beschwöre mich nach diesem nicht mehr so hoch / auf daß ich nicht gehindert werde /mein geträues Bedenken dir anzudeuten. Was endlich meinen lieben Bruder Baldrich betrift / so hat derselbe durch GOttes Gnade in künfftig (weil ich ja enterbet seyn sol) so viel Länder zu beherrschen / daß er ein mehres weder verwalten noch begehren kan; Zweifele auch sehr / ob die LandStände deines Reichs damit würden friedlich seyn; Und warumb woltestu mit Schliessung solcher Heyraht zwischen deiner Frl. Schwester und meinem Bruder so schleunig verfahren? nach dem mahl dieser erst von XIIX Jahren ist /und man nicht wissen kan / ob eins dem andern von Gott versehen sey; welche lezten Worte er mit sonderlicher Bewägung vorbrachte. Ich wil alles nach deinem Gutdünken machen / sagte Ladisla / nur daß unser abgefasseter Schluß nicht gebrochen werde /ohn daß wir uns mit mehr Dienern versehen / als wir sonst willens wahren / weil auß Böhmen ich nun Mittel gnug haben kan / sie zu unterhalten. Wie es dir gefält / mein Bruder / antwortete er; doch sehe jch nicht / wie wir uns nur vor umschweiffende Ritter außgeben können / wann wir mit zu grosser Menge reitender Diener einher prangen; hätte ein jedweder einen Handfesten ädlen Diener / der uns ein gutes Leib-Roß nachführete / und einen Knaben / auff unsern Leib zu warten / währe meines ermässens / übrig gnug; und solche zu unterhalten / wie es dir ein geringes / also kan mir auch nicht mangeln / weil meine Fr. Mutter mir im neulichsten Schreiben Hoch Ritterliche Zehrungskosten versprochen hat; und wer weiß / was vor Glük uns durch Abenteuer zustossen möchte / daß wir in der Fremde mehr Gelder überkähmen / als wir auß unserm Vaterlande zugewarten haben? O daß ich nur erst recht gesund währe / sagte Ladisla / damit an Verhinderung unsers löblichen Vorsatzes ich nicht länger schuld trüge. Wir sind ja / weiß nicht wie / zu diesen Wunden kommen / antwortete Herkules / und was hätten wir vor Ruhm davon / wenn diese heillosen Diebe uns hätten gar erschlagen? Ich hatte mich meines Lebens gar zeitig erwogen / sagte Ladisla / als ich sahe / daß die frechen Buben so muhtig in unsere Schwerdter lieffen; Zweifele auch nicht / da der verwägene Geta seine Fäuste mit gebrauchen können /würde es noch gefährlicher umb uns gestanden seyn; jedoch geschehene Dinge sind nicht zu wiederbringen / nur daß sie uns zur Lehre dienen / dergleichen unlöbliche Streite / so viel möglich zu meiden / welche viel Wunden und wenig Ehre geben; Wann ich nun wissen möchte / wie bald ich völlig genesen solte /hätten wir unsere Sachen darnach anzustellen. Wenzesla saß im Neben-gemache / und hörete alle vermahnungen / damit Herkules Ladislaen zur reise nach Böhmen bewägen wolte / aber weil derselbe wegen schwachheit zu sanfte redete / kunte er dessen antwort nicht vernehmen; meinete auch / Herkules unwillige reden gingen auff etwas anders als auff eine verwegerung / nach Böhmen zu ziehen. Galehn störete ihr Gespräch durch seine ankunfft / zu welchem Herkules sagete; Gewißlich / mein Freund / wird mein Bruder schlimmer Haut zu heilen haben als ich. Ja mein Herr / antwortete er; Herr Ladisla ist flüssiger und schwermühtiger art; wiewol des Herrn wunden [14] gegen diesen Seiten-Schaden nicht zu rechnen sind; doch haben wir das gefährligste schon vorbey gebracht. Er lösete hiemit die Binde auff / und als er das Pflaster hinweg taht / drang ein zimlich teil Blut hervor; dessen er sich übel gehuhb / fing an zu schelten / und verwies ihm mit harten worten / warumb er sich so heftig bewäget / daß die Wunde einen Bruch bekommen; es dürffte leicht geschehen / daß das lezte ärger würde als das erste / und er sein lebelang ein krummer Mensch bliebe; trüge demnach bedenken / die heilung allein über sich zu nehmen / wan er seinem geträuen Raht nicht folgen wolte / damit man ihn hernähst nit der versäumnis oder des Unverstandes zu beschuldigen hätte. Herkules hatte ihm seine Geldliebe schon abgemerket / sahe gleichwol / daß eine grosse Verenderung an der Wunde wahr / dessen Ursach er wol wuste / und sagte zu ihm; hätte sein Bruder sich vielleicht übersehen /solte es hinfort nicht mehr geschehen / und möchte er gebeten seyn / allen fleiß an zuwenden / daß die heilung in kurzer zeit verrichtet würde / des wolten sie sich dankbarlich einzustellen wissen. Galehn wuste wol / daß er ein mehres nicht fodern durfte / weil er vor sich schon über 160 Kronen baar empfangen hatte; wolte sich gleichwol dieses erbietens gebrauchen / und fragete / ob ihnen daneben an der eile so groß gelegen währe / so wolte er inwendig drey wochen / von heut an zurechnen / den Schaden ganz heile schaffen; und ob sie ihm noch etwas vor seine mühe zuwenden wolten / stellete er ihrer hohen Freigebigkeit anheim. Warumb solte euch eure mühe unvergolten bleiben? sagte Herkules; thut ihr nur fleiß /daß die Wunde von grundaus geheilet werde / alsdan solt ihr vor diese drey Wochen noch XL Kronen haben. Wie aber / sagte Galehn / wann ich den Kranken vor außgang der drey Wochen gesund schaffete? Ladisla wahr dieses eine angenehme rede / und antwortete ihm: So mannichen Tag ihr mir an dieser Zeit verkürzet / so manniche Sechs Kronen solt ihr über die versprochenen haben / und würde mir nichts lieber seyn / als daß ich diesen Tag völlig gesund würde /das Geld wolte ich euch willig zahlen / und noch wol ein neues Kleid zum überschusse. Ich bedanke mich des milden erbietens / sagte Galehn; ging hin / hohlete ein neues Pflaster / und vermaß sich / dafern dieses nach seinem Willen / wie er hoffete / wirken würde /wolte er sich morgen einer kürzern Zeit erklären; Wie dann wirklich erfolgete; massen dieses so gute Hülffe taht / daß des neunden Tages hernach Ladisla gesund wahr / und das versprochene gerne erlegete. Da kunte nun Wenzesla / der mit Schmerzen diese Tage geharret / jhm keine andere Rechnung machen / als daß Ladisla mit ihm nach Böhmen reisen würde; Deßwegen er / wie unsere Helden diesen Abend im Brete spieleten / zu ihm sagete: Uber drey Wochen / geliebts den Göttern / spielen Eure Gn. mit Ihrer Frl. Schwester /welche / wie ich mir sagen lassen / in diesem Spiel sehr schlauh und erfahren seyn sol; so habe ich noch zur Zeit / wegen Traurigkeit und Kummer / meiner Gnäd. Fräulein Befehl nicht verrichten können / da sie selbst zu mir ans Pferd kam / und mich ihren Durchl. Oheim und Bruder GroßFürst Herkules schwesterlich grüssen hieß / dafern ich ihn bey ihrem Hn. Bruder Ladisla vermuhtlich antreffen würde; Das Wahrzeichen meiner Schwesterlichen Träue und Auffrichtigkeit / sagte sie / gebet ihm bey dem mir geraubeten Bande / welches er als ein Gedächtnis wieder meinen willen zu sich genommen / und so hoher Ehr nicht wirdig ist / deßwegen seine Liebe ich bitten lasse /das unter den Kleinoten eingewickelte Armband von XXV Demanten zusammen gesezt / von mir anzunehmẽ / [15] und es mir zu gefallen stets am rechten Arme zutragen. Ging hiemit zu dem Wetscher / hohlete es her / und lieferte es mit diesen Worten: Durchleuchtigster Fürst / ich wünsche daß mein Gn. Fräulein keinem Unwirdigern etwas schenken möge. Ladisla lachete des Wunsches / und sagte: Wie so mein Wenzesla? wollet ihr dañ nicht auch etwas von meiner Frl. Schwester geschenket haben? Ja / Gnädiger Herr /antwortete er / ich nehme trauen lieber als ich gebe; aber meine Reden halten eine sonderliche Heimligkeit in sich / die ich dereins deutlicher außlegen werde. Herkules ward nicht allein des übergeschikten Armbandes / sondern auch des entbohtenen unfehlbaren Warzeichens ihrer unbrüchigen träue höchst erfreuet /dann er hatte biß daher in ängstiger Furcht gelebet /sie würde wegen seines langen aussenbleibens / und daß er nie keinmahl an sie geschrieben / sein schon vorlängst vergessen haben / oder da sie seines Christenthums innen würde / ihm deßwegen nicht weniger als sein leiblicher Vater selbst / Haß und Wiederwillen zulegen; nach dem er aber dieser Furcht gänzlich enthoben ward / nam er das Armband mit sonderlicher Ehrerbietigkeit an / zog ein kleines Ringelein hohes Werts vom Finger / und überreichte es Wenzesla mit diesen Worten: Es ist mir sehr lieb / daß meine Durchl. Frl. Wase und Schwester / ihres so lange Zeit abwesenden Dieners eingedenke ist; wollet ihr demnach nähst Anmeldung meines Grusses und meiner bereitwilligsten Dienste / diesen schlechten Ring hinwieder zustellen / und daß ich mich erbiete / ihrer Liebe der eins mich mit wirdigerer bezeigung der schuldigen Dankbarkeit finden zulassen / welches mir vor dißmahl nicht der wille / sondern bloß das unvermögen verbeut. Wenzesla nam den Ring zu sich / mit dem versprechen / ihn gebührlich einzulieffern /bekam aber sehr fremde gedanken / daß er nicht vielmehr Ladisla als ihm den Ring zustellete. So bald sich Ladisla zur ruhe gelegt hatte / verfertigte Herkules in aller stille ein Schreiben an das Fräulein / und gab es Wenzesla noch desselben Abends mit diesem befehl: Sehet / dieses Schreiben / in welchem ich meine Frl. Wase umb eine mir nöhtige Werbung an meine Fr. Mutter die Königin bitte / wollet ihr in gute verwahrung nehmen / und es hochgedachtem Fräulein in höchster geheim zustellen / daß dessen kein einiger Mensch innen werde / weil auch die Fr. Königin selbst nicht wissen darff / daß ich ein solches suche; hilfft mir Gott der eins / wie ich hoffe / wieder in mein Vaterland / sol euch dieser dienst wol vergolten werden. Meldet sonst dem Fräul. wegẽ des angefoderten Bandes / es werde keines andern / als des Räubers Hand ihr solches einliefern / biß dahin sie ihr die Zeit nit wolte lange wehren lassen / und inzwischen mit versprochener Schwesterlicher hulde mir gewogen verbleiben. Des folgenden Morgens machte Ladisla auch zwey Schreiben an seine Fr. Mutter fertig / deren das eine zugleich mit an die Landstände gerichtet wahr / als in welchem er anzeigete / wie es Zeit seines abwesens mit des Reichs verwaltung solte gehalten werden; Im andern baht er von ihr vertraulich / was ihm jährlich zum unterhalt solte nach Rom durch Wechsel übergemacht werden. Und nach dem er sie wol versiegelt hatte / händigte er sie Wenzesla solcher Gestalt ein: Hier sind zween Brieffe an meine Fr. Mutter / die sollet ihr auff schneller eile überbringen /und nichts als dieses wenige vermelden; Ich verbleibe ihr gehorsamer Sohn / als lange ich lebe; dafern sie aber ein Mütterliches Herz zu mir träget / wolle sie ihr den Inhalt / wo nicht beyder / doch des grösseren Schreibens gnädigst gefallen lassen; und wann deren keines seyn könne / habe sie [16] macht / nicht allein als eine Mutter / sondern auch als eine gebietende Königin mit mir zu schalten. Wenzesla antwortete: wie dann gnädigster Herr / sol ich das Glük und die Ehre nicht haben / Ihre Durchl. nach Prag zubegleiten? was wird meine allergnädigste Königin sagen / daß von euer Durchl. ich geschieden bin / und derselben nicht auffwarte? Bekümmert euch umb nichts / sagte Ladisla / meine Fr. Mutter wird nach verlesung meiner Schreiben mit mir und euch schon zufrieden seyn; nur grüsset mir daneben meine geliebtste Frl. Schwester /und andere gute Freunde. Also muste Wenzesla von Rom hinweg voll Unmuht und mißligkeit / daß er seinen Herren nicht mit bringen solte; wie wol er noch der guten zuversicht lebete / er würde bald nachfolgen / und die Herrschafft antreten.

Nach seinem Abzuge bereiteten sich unsere Helden / ihren Ritterzug vorzunehmen. Sie hatten schon drey gute Pferde / zu denen kaufften sie noch fünffe / und vier Ritter Harnische von schlechtem ansehen / aber sehr feste / uñ in Sizilien geschmiedet / nahmen zween Leibknaben an / gutes Römischen Adels / welche Sie in roht Scharlaken mit einer güldenen Borte kleideten; Vor sich selbst aber jeder drey köstliche Kleider machen liessen / bestelleten auch zween ritterliche Diener / in Waffen wol geübet / und von den Römischen Geschlechtern / die aber in tieffen Schulden stecketen / daß sie ümb Sold dienen musten / weil sie von ihren Gläubigern hart gedränget wurden / daß sie von jhren Gütern wenig zu geniessen hatten. Sabihn ihr Wirt verwunderte sich / woher ihnen so viel Mittel kähmen / angesehen sie vor ihrer Verwundung gar kärglich gelebet / und sich keines überflusses hatten merken lassen. Weil ihm nun alles / was verzehret wahr / auff einem Bredte bezahlet wurde /hätte er solche Gäste gerne länger behalten / daher er ihnen nach Mögligkeit vorging. Des sechsten Tages nach Wenzesla Abschied / erhielt Herkules bey seinem Ladisla / daß er mit ihm in die Christliche Versamlung ging / und jhrem Gottesdienste beywohnete /so viel einem Ungetaufften zugelassen wahr; und ob er gleich alles vor Aberglauben und Kindische Gebräuche hielt / so begunte er doch den Christen etwas geneigter zu werden / weil er sahe und hörete / daß jhr Gottesdienst viel anders beschaffen wahr / und der Gottlosigkeiten sich keine befunden / deren sie von den Weltweisen und Heydnischen Pfaffen beschuldiget wurden. Nach vollendetem Gottesdienste trat Herkules zu dem damahligen Bischoff Urban / und lieferte jhm 100. Kronen / unter die nohtleidende Christen außzutheilen / mit dem Versprechen / daß / wann ihm Gott zu seiner Reise Glük geben würde / wolte er hernähst ein mehres bey den Armen tuhn; begehrete daneben / daß er jhn ins gemeine Gebeht einschliessen / und vor seinen lieben Gesellen zu Gott bitten wolte / daß er zum Christentuhm erleuchtet würde; ging mit Ladisla wieder nach der Herberge / und ließ daselbst zwölff lahme gebrechliche Christen speisen /und Tuch zu Kleidern geben / hernach besahe er den Ort / wo die beyden vortreflichsten Bohten und Jünger des Herrn / Peter und Paul / jhr Leben durch willigen Todt umb des Nahmen Jesus willen zugesezt hatten /da der heilige Peter gekreuziget / und Paul enthauptet wahr / da dann Ladisla sich in seiner Geselschafft befand. Endlich bestelleten sie ihren Wirt Sabihn zum Verweser und Auffheber aller künfftigen WechselGelder und Briefen / beydes die sie von anderwerz bekommen / und die sie an gewisse örter schreiben und übermachen würden / davor sie ihm jährlich 150 Kronen vermacheten / und auff ein Jahr vorauß bezahleten. Dem Arzt schenketen sie zum Abzuge XX Kronen / und beyden [17] Gesellen X; kaufften auch umb XX Kronen eine köstliche WundSalbe von jhm / womit man alle frische Wunden in kurzer frist heilen kunte /und nahmen des folgenden Tages gar früh Abscheid /in hoffnung / Gott würde sie an ort und ende führen /woselbst sie Ruhm und Preiß erwerben könten. Als sie über die Gasse vor Herr Zinna / Herkules gewesenen Herrn Wohnung vorbey ritten / ward dessen Tochter / Fr. Zezilia jhrer gewahr / winkete ihrem lieben Herkules / auff ein Wort stille zu halten / verwieß ihm höchlich / daß er sich so lange noch zu Rom auffgehalten / und ihr kein mahl zugesprochen hätte. Er aber entschuldigte sich sehr / daß er und sein Freund vor etlichen Wochen gefährlich verwundet / und kaum vor wenig Tagen erst genesen währen; hätte gestriges Tages Zeitung von Hause gehabt / sich eilend daselbst einzustellen / weil seine Fr. Mutter todes verblichen / und er die Haußhaltung wider seinen Willen antreten müste; bähte demnach dienstlich / ihm zu verzeihen / daß er ihr länger Geselschaft nicht leisten könte. Ich habe wol gewust / sagte sie / daß ihr noch stets zu Rom seyd gewesen / aber eure Herberge nicht erfahren können / sonst hätte ich euch diesen Denkring meiner guten Gewogenheit / durch meine Leibdienerin zugeschikt / welchen ich euch nun selbst liefern wil / mit Bitte / jhn eurer ergebenen Freundin Zezilien wegen zu tragen / und bey demselben der Engelländischẽ Geschichte (diese ist im fünften Buche zu lesen) stets eingedenke zu seyn. Hochwerte wahre Freundin / antwortete er; ich bedanke mich der annoch ferner bezeigeten Gutwilligkeit / die ich / wo ich leben sol / zu ersetzen / unvergessen seyn werde; Die Erinnerung aber der Geschichte wird sie ohn Zweifel mit solchem Herzen vorbringen / als ich sie auffnehme; und wolle / bitte ich sehr / ihre geliebte Eltern unser beyder wegen dienstlich grüssen; vielleicht gibt es die Gelegenheit / daß wir uns dereins wieder sprechen. Hieb damit sein Roß an / und rante mit seiner Geselschafft eilig fort / weil er sich befürchtete / von Herrn Zinna auffgehalten zu werden. Als er zum äussersten Tohr außritte / seufzete er / und sagte zu Ladisla: Nimmermehr werde ich das allerliebste Rom auß meinem Gedächtniß kommen lassen / ob ich gleich noch hundert Jahr leben solte; Dann ungeachtet ich hieselbst anderthalbjährige Leibeigenschafft und harte Dienstbarkeit außgestanden / muß ich doch gestehen / daß nähst Gott / ich diesem Orte allein meiner Seelen Wolfahrt / und Gewissensvergnügung zu danken habe; weil ich hieselbst endlich funden / was meinen Verstand erleuchtet / meinen Willen sättiget /mich in Traurigkeit freudig machet / und wider alle Unfälle mich kräfftiget und stärket. O glükseliger Tag / da ich im Böhmerwalde von den Pannonischen Räubern gefangen; noch glükseliger / da ich von den Römischen jhnen wieder geraubet / und in dieser Stadt verkauft ward; Dann durch diese gelegenheit bin ich zur Erkäntniß meines Gottes und Heylandes kommen / ohn welche ich ungezweifelt hätte ewig müssen verdamt und verlohren seyn. Ich weiß nicht / antwortete Ladisla / was sonderliches du doch in diesem Glauben funden hast / ohn einen vermeynten neuen Gott / der etwa vor 225 Jahren / wie du selbst gestehest / von schlechten armen Eltern im Viehstalle gebohren / in Mangel und Armut auferzogen / von seinen eigenen Freunden und Blutsverwandten verachtet / verfolget /endlich gar als ein Ubeltähter zwischen zween Mördern ans Kreuz auffgehenket ist. Nun betrachte dagegen unsere Götter; wie von grossen Leuten / ja von Göttern selbst sind sie entsprossen; wie herrliche Tahten haben sie verrichtet / und umb die ganze Welt sich so hoch verdient gemacht / dz man [18] sie daher nach ihrem Tode billich geehret / und unter der Götter Zahl auffgenommen hat. Herkules antwortete ihm: Mich ja ert dein von Herzen / lieber Bruder / daß du von geistlichen und göttlichen Sachen so gar fleischlich /und da ichs sagen darff / kindisch redest; wil demnach dir alles beydes / so wol / was du von meinem HErrn JEsus / als von deiner vermeynten Götzen Geburt /Leben und Tahten meldest / in aller Kürze und Einfalt beantworten. Und zwar vor erst gestehe ich / daß meines lieben Heylandes Geburt / seinem Fleische nach /äusserlich sehr armselig und geringe vor der Welt scheinet / weil sein Pflege-Vater Joseph nur ein Zimmerman / und seine liebe Mutter / die keusche Jungfer Maria ein verlassenes Wäyselein wahr; aber dagegen waren sie dannoch beyderseits von dem allervortrefflichsten Königlichen Geblüt und Artstamme / welches jemahl in der Welt gewesen; musten aber aus Furcht des Todes ihr Herkommen vertuschen / weil Herodes alle Nachkommen des Königs David suchte außzurotten. Betrachte aber meines HErrn JEsus Geburt nach jhrer innerlichen Treffligkeit und Wirde / dann wird mir kein Mensch derselben gleichen zeigen können; massen einmahl wahr ist / daß er ohn Zuthun eines Mannes / bloß nur durch Krafft und Wirkung des Almächtigen Gottes / von hochgedachter Jungfer Marien empfangen / und ihre Jungfrauschafft durch einigen Menschen niemahls ist verletzet worden. Sie gebahr jhr Söhnlein zwar im Viehstalle / aber zu Trost allen armseligen Menschen / daß Er / dieser Himmels König / auch der allergeringsten sich annehmen / und sie zum ewigen Leben befodern wolte. Jedoch muste seine Geburt gleichwol nicht ohn alles Gepränge seyn / sondern von dem grossen Engel und Himmels-Bohten Gabriel / den Hirten auf dem Felde angekündiget /und von der unzahlbaren menge der himlischẽ Heerscharen besungen werden; Zugeschweigen / daß auch die Weisen Weltgelehrten auß Morgenlande ihn zu verehren / sich bald nach seiner Geburt eingestellet /und mit Golde / Weihrauch und Myrrhen jhn beschenket haben. Nun wirffestu mir ein seine armselige Aufferziehung / und schmählichen Todt; aber wann du mit mir erkennen köntest / daß dieser unser Heyland /wann es ihm umb gute Tage / und treflichen Pracht währe zu tuhn gewesen / wol hätte in seiner himlischen Hocheit bleiben mögen; währe diesem Zweifel schon abgeholffen; es ist dir aber noch zu hoch und schwer in deiner heydnischen Blindheit; Dann sein Vorsaz wahr / uns sündhaffte Menschen bey seinem erzörneten Vater wiederumb außzusöhnen; und weil dessen Gerechtigkeit vor das Verbrechen auch Gnugtuhung erfoderte / ja auch vor die begangene Sünde und Missetaht Straffe erteilen wolte; und aber wir nicht-werte Menschen weder seinem heiligen Willen gnug tuhn / noch die Straffen des starken Armes unsers Gottes ertragen kunten; Als stellete sich unser Heyland zwischen Gott und uns / erfüllete durch sein unsträfliches Leben den Willen Gottes / und in aller Verfolgung und Todesangst fühlete er an unser stat die harten Schläge Gottes / wodurch wir dem himlischen Vater hinwiederumb versöhnet / und zu Gnaden auffgenommen sind / dafern wir nur auff diesen unsern Heyland uns verlassend / uns vor mutwilligen Sünden hüten / und nach dem Willen Gottes unser Leben anstellen. Du wirst dich aber auch erinnern /was ich dir ehmahls zu wissen getahn / wie daß dieser unser Helffer Jesus nicht lange im Tode und Grabe verblieben / sondern am dritten Tage als ein gewaltiger Siegsheld lebendig sich hervor gemacht / und am vierzigsten Tage hernach / sichtbarlich auf gen Himmel [19] gefahren ist / da Er sich zur Rechten Hand Gottes gesezt hat / auch von dañen am lieben jüngsten Tage kommen wird / zu richten alle Menschen / die vom Anfange der Welt biß auff die lezte Zeit gelebet haben / und noch leben werden. Und wann du fragen woltest / wie ich solches gedenke zubeweisen / wil ich dir vor dißmahl nur zu bedenken vorstellen / daß die / so mit dem Herren Jesus auff Erden gewandelt / und seine Lehre angenommen / nachgehends weder durch Pein noch Todt haben können gezwungen werden / dieses zu verleugnen / welches sie ja nimmermehr als vernünfftige Menschen würden gelitten haben / dafern sie nicht währen versichert gewesen alles dessen / warumb sie den Todt vor das Leben erwählet. Du aber /mein Bruder / zeige mir einen Heyden / der die Meynung von seinen Götzen mit seinem Blute jemahls bestetiget und versiegelt habe. Ladisla gab hier auff zur antwort; Ich höre deinen Reden zu / und zwar mit gutem willen / aber nicht anders gedeucht michs / als da meine Fr. Mutter mir in der zarten Kindheit ein Mehrlein zu erzählen pflegte. Ja mein Bruder / sagte Herkules / das äusserliche hören stehet in unserm wilkühr und freyen Willen / aber es innerlich annehmen /und den Glauben daran haben / können wir selbst in uns nicht wirken / sondern solches muß von Gott kommen; Zu dem ich der tröstlichen Hoffnung gelebe / Er werde mein tägliches Gebet und inbrünstige Seuffzer der eins erhören / und durch Krafft des Heiligen Geistes den Glauben in dir wirken. Ladisla antwortete; du weist / mein Bruder / wie inniglich ich dich liebe / aber doch biß an die Götter / die ich umb Menschen willen nicht verleugnen kan; so wirstu dich auch unser Abrede erinnern / und mich so wenig / als ich dich / des Glaubens wegen nöhtigen. Davor behüte dich und mich der Allmächtige Gott / sagte Herkules / daß wir ja keinem Menschen zugefallen ichtwas in unserm Glauben endern; O nein / diese Meynung hats durchaus nicht; vielmehr rahte ich dir selber /daß du ehe nicht abtretest von deinen Götzen / biß der wahre Gott dir den Willen darzu verleyhet; denn sonst währestu ein Heuchler und Spötter unsers Gottes. Ich muß aber das andere Stük deines Einwurffs dir nicht unbeantwortet lassen / woselbst du deiner Götter statliches Herkommen / grosse Tahten / und herliche Verrichtungen ans Bret stellest / wodurch sie sollen verdienet haben / daß man sie unter die Zahl der Götter auffgenommen. O Ladisla / betrachte / bitte ich / was du redest; Sind deine Götter von Menschen gezeuget /je so sind sie ia keine Götter; Deñ wie könten Menschen / die sterblich sind / unsterbliche Götter außhecken? Hat auch wol der Ochse jemahls einen wahren Menschen zum Sohn gehabt? Haben aber deine Götzen / zeit ihrer Menscheit / löbliche Tahten verrichtet / darzu verbindet sie die Erbarkeit / wie uns Menschen alle miteinander. Du weist aber dannoch /wie viel Untahten sie zugleich daneben begangen /und dadurch sich selbst geschändet. Jupiter / der beste unter allen / vertrieb seinen leiblichen Vater den Saturn / und legte jhm solche Schande an / welche ich nicht melden mag; Ja er nam seine Schwester Juno zum Weibe / wider die weltkündigen eingepflanzeten Rechte; trieb auch Unzucht / Ehebruch uñ andere abscheuliche Boßheiten. Dein Bacchus wahr ein Säuffer und Schwelger: Merkuhr / aller Diebe und Räuber Schuzherr; Herkules tahten sind dir bekant / beydes die ruhmwirdigen und lasterreichen. Venus wahr einer gemeinen Metzen / die mit jhrem Leibe Geld verdienet / ähnlicher / als einer tugendhaften Frauen. Noch darff man sie vor Götter angeben / ja vor Himmels Götter. O der schändlichen Gottheit / die mit Laster und Unzucht [20] sich besudelt / wovor auch die gebrechliche Menschen abscheu tragen. Eure Gelehrtẽ wissen und behäupten / daß der Himmel ein reines Wesen sey / von allem Unflat gesaubert; Und in solchem reinen Hause solten so unreine Herren wohnẽ? Sie wissen und behäuptẽ / daß die Gottheit alles gute / alle Vollkommenheit in sich begreiffe; und die Götter solten solche tugendlose Untiehre seyn? Aber ich weiß deine Entschuldigung wol / welche du noch selber nicht weissest. Man müsse der Heydnischen Tichter uñ Bücherschreiber Retten von den Göttern nicht nach dem Buchstaben / sondern nach dem innerlichen Verstande ansehen und außdeuten; man müsse durch Saturn die Unvergängligkeit; durch Jupiter die weit-breite Lufft; durch sein Weib und Schwester Juno die Erde verstehen / und durch ihren Beyschlaff oder Vermischung /die Befruchtung / welche die Erde von der warmen Lufft empfähet / und was dergleichen Auffzüge mehr sind. Höre aber / mein Bruder / ist die Lufft dein Gott? ist die Erde deine Göttin? ie warumb fluchest und speyestu dann alles in die Lufft hin? je warumb trittestu die Erde mit Füssen / und besudelst sie mit deinem unflätigen Kote? Ich sage mehr; wann die Lufft vergifftet ist / daß sie dir die anklebenden Seuchen verursachet / ist dann auch dem höchster Gott vergifftet? Und wann du die Erde mit dem Pfluge oder Grabeisen umbkehrest / schneidestu dann der vornehmsten Ober-Göttin so manniche Wunden? Zum Beschluß / daß ich dich nicht zu lange auffhalte / gibstu vor / die Menschen haben jhnen die Gottheit nach ihrem Tode zugeleget. Ey der schönen Götter / die von Menschen darzu gemacht werden! Kan auch der Mensch einem Lebendigen die unsterbligkeit und Almacht schencken / die er selber nicht hat? Mein Bruder / fodere / bitte ich / von diesen Göttermachern zum Beweißtuhm ihrer Kunst / daß sie mir auß einem Baum einen lebendigen Ochsen / aus einem Esel einen vernünftigen Menschen / ja daß sie nur aus einem vierwöchigem Kalbe / inwendig solcher Zeit eine erwachsene Kuh machen; fehlen sie aber hierin /so gläube ihnen doch nicht / wann sie rühmen / sie haben einen verstorbenẽ Menschen mit der Gottheit überkleidet / und ihn ohn Leitern in den obersten Himmel bracht. Uñ gedenkestu / derselbe sey alsbald ein Gott / der von Menschen davor erkläret wird? Ladisla antwortete: Du must zu Rom fleissig in die Schuel gangen seyn / und einen spitzigen Meister gehabt haben. Ich lasse aber alle deine Einwendungen die Pfaffheit verantworten / denen solches oblieget /und könte inzwischẽ auch sehr viel von deinem Jesus beybringen / welches gnug währe / darzutuhn / daß derselbe kein Gott sey: Streue immerhin ein / und bringe alles bey / was du kanst / sagte Herkules /wann es nur nicht mit Unwarheit und Lästerung geschihet. Jedoch weiß ich vor erst / daß du ihn keiner Sünde / oder einiges Unrechts zeihen kanst. Vors ander gestehe ich / daß seiner menschlichen Art und Wesen nach / er nicht ein Gott und Geist ist / auch nicht ewig / noch durch Eigenschafft der Menscheit allmächtig oder allenthalben gegenwärtig: sondern /weil die Göttliche Art oder Natur mit der menschlichen in einem selbständigen vernünfftigen Wesen /oder / wie die Gelehrten reden / in einer Person verknüpffet und unaussprechlicher unauflößlicher weise vereiniget ist / so ist er Gott und Mensch zugleich / so daß die Gottheit gleichwol der Menschheit ihre Eigenschafften / so viel sie derẽ kan fähig seyn / mitgeteilet hat; wie diß hohe geheimniß ich vor diesem dir einfältig erkläret habe / als viel menschliche schwachheit begreiffen / uñ in diesem tunkeln Lichte der gebrechlichen Vernunft fassen kan. Behalte dir deinẽ tunkelen uñ überverständlichen [21] Glaubẽ / sagte Ladisla / ich vor mein Häupt kan mir das Gehirn nit damit verwirren /un wil viel lieber von dir vernehmen / wie wir unsern Weg am füglichsten fortsetzen können / dz wir die vornehmsten Städte und Landschafften in Italien und Griechenland besehen mögen / ehe wir über das Syrische Meer nach dem verstöreten Judenreich zu gehen /welches du umb deines JEsus willen so gerne besuchen / und im Jordan die Tauffe empfangen wilt. Herkules wolte ihm antworten / aber sein Leibknabe Publius zeigete an / wie eine zimliche Anzahl Reuter mit verhängetem Zaum hinter ihnen her jageten / wornach unsere Helden sich umbsahen / und sich verwunderten / warumb sie ihre blanken Schwerter ümb den Kopff gehen liessen / und dabey ein wüstes Geschrey anstelleten. Herkules sagte: Diese haben wenig gutes im Sinne; müssen demnach fortreiten / das wir eine Enge vor uns einnehmen / und vor ümringung sicher bleiben. Also musten die Leibknaben vorhin / ihre Ritterliche Diener aber Klodius und Markus (denen sie nicht allerdinge traueten) folgen / und blieben sie selbst zuhinterst / da sie ihrer Verfolger geschrey endlich verstunden / daß sie halten / und sehen lassen solten / ob sie so wol ritterlich zu Kämpffen / als unbewehrte Knechte niderzumachen das Herz hätten. Worauff Ladisla zu Herkules sagte; Schicke dich mein Bruder zum KlingenSpiel; wir hören was vor leute wir bestehen sollen / ich zweiffele nicht / unsere gute Sache sol oberhand behalten. Sie foderten ihre beyden Diener vor sich / und frageten / ob sie bedacht währen als ehrliche von Adel sich zuhalten / und ihrem geleisteten Handschlage nachzukommen; Worauff sie antworteten / daß sie ihren redlichen Nahmen nimmermehr schänden / und heut diesen Tag wolten sehen lassen / was vor redliche Träue sie zu ihren Herren trügen. Unsere Helden höreten solches gerne / hiessen sie neben sich halten / und schicketen sich unerschrocken zum Streit. Ihre Verfolger / sechszehen an der Zahl / renneten eiferig herzu / und als sie sahen /daß sie die unsern nicht nach willen umgeben kunten /stutzeten sie / und ritten die vier ansehnlichsten zusammen / einen Raht zuhalten / schikten bald darauff einen Diener ab / welcher den unsern diese Anmuhtung vortrug: Meine vier Gnädige Herren / so dort mit ihren ritterlichen Leuten halten / erinnern sich billich /was gestalt ihr mit eurer gewafneten Geselschafft vor etlichen wochen ihre unschuldigen Knechte erschlagen / welches sie / als ihnen selbst geschehen / sich zu gemüht ziehen; gedenken es auch mit ihren Schwertern an eurem Leben zurächen / dafern ihr nicht vor jeden Erschlagenen ihnen 300 Kronen zahlen / eure Pferde / Harnisch und Gewehr ihnen liefern / und wegen des begangenen Frevels / demütige abbitte tuhn werdet. Wer sind aber deine Herren? fragte Herkules. Vier streitbahre Römische Ritter / antwortete er / vor deren Schwerter Schärffe / Stahl und Eisen brechen muß. So sage du ihnen hinwieder / sagte Herkules / daß ich und meine Gesellen / in betrachtung ihrer Anmuhtung / sie mehr vor Räuber und StrassenDiebe halten / biß sie bessere ritterliche tahten werden sehen lassen / als durch überfall ihrer diebischen Buben geschehen; dann was müssen dieses vor unnütze Herren seyn / die öffentliche Diebe auff der Sträu halten? Ladisla kunte seinen Zorn länger nicht meistern / und taht hinzu: sage jenen StrassenRäubern / da sie die abgefoderte Kronen empfangen wollen / müssen sie uns näher ko en; aber hiemit (das Schwerd zeigend) wollen wir ihnen die Zahlung vergnügen / und ihnen die Häuptkronen dergestalt striegeln / daß sie der Geldkronen nicht mehr gedenken sollen. Der Abgeschikte wunderte sich dieser Kühnheit / und hinterbrachte die Antwort seinen Herren / welche darauff ihre [22] Knechte (die zum Pferdestreit nicht geschikt wahren) zum frischen gefechte Auffmunterten: Sie solten nur geherzt von sich hauen / und gülte gleich / ob sie Mann oder Pferd verwundeten; diese viere / so einen grossen Schaz mit sich führeten / solten ihnen nur eine Handvoll seyn. Klodius wolte seinem lieben Herzen den ersten Beweiß seiner Ritterschafft sehen lassen / und baht instendig / ihm zu gönnen / daß er der Räuber einen zum absonderlichen Kampff außfodern möchte; der ihm aber antwortete: Mein Freund / deine Tapfferkeit gefält mir wol / könte dir auch solches zu deiner Ehre Auffnahme wol gönnen; aber sihestu nicht / daß sie Räuber und keine redliche Ritter sind? wer wil dich versichern / daß nur einer / und nicht vielmehr die ganze Rotte sich an dich machen werde? solten wir dich dann / wie billich / entsetzen / so begäben wir uns aus unserm Vortel. Aber höre meine Meinung: du sihest Handgreifflich / daß die zwölff Diener des Ritterstreits unerfahren sind; unter dieselben soltu und Marx dich mischen / und mehr mit dräuen als Wunden sie umtreiben; so wil ich und mein Bruder die vier Ritter bestehen / und sehen was hinter ihnen stecket. Hiemit legten Herkules und Ladisla ihre Speere ein / und ranten auff die viere hin /die sich nur mit Schwertern versehen hatten; huben deren alsbald zween aus dem Sattel / so daß der von Herkules getroffene / das Genik abstürzete. Bald darauff griffen unsere Helden zu den Schwertern / nahmen jeder einen vor sich / und putzeten sie in wenig streichen dergestalt / daß das Blut von allen Orten hervor drang / und sie endlich todt niederfielen. Inzwischen hatten Klodius und Marx mit ihren Speeren zween Knechte durch und durch gerennet / zogen von Leder / und fingen an scharffe Stösse außzuteilen /deren diese nicht gewohnt wahren / worffen das Gewehr von sich / und bahten mit gefaltenen Händẽ umb Lebensfristung / welches sie mit diesem Bedinge erhielten / dz sie allen jhren Pferden die Span Ader abhauẽ / und die Waffen von sich legen solten / welches sie willig verrichteten. Unterdessen sahe Klodius /daß der von Ladisla abgestochene / weil der Schwertstreit wehrete / sich wieder zu pferde machete / in Meynung / davon zu rennen; deßwegen er ihm eiferig nachsetzete / und eines von hinten zu über die Schulder gab / daß der rohte Schweiß folgete / fassete ihn hernach bey dem Arme / daß er sich ergeben / und mit ihm fortreiten muste / da derweile Markus der erschrockenen Diener hütete. Klodius brachte seinen Gefangenen herzu / gleich da unsere Helden mit ihren Feinden fertig wahren / und sagte zu Herkules: Gnädiger Herr / hie stelle ich den Außreisser wieder / der seiner Geburt nach zwar Römisches Adels / und mir leider in etwas verwand ist; nach dem er aber sich und sein Geschlecht durch Strassenraub geschändet / ist er ferneres Lebens unwirdig; bitte demnach / jhn mir zur straffe zu übergeben. Der Gefangene hatte gehoffet /Klodius würde wegen der Verwandschafft vor ihn bitten / vernam aber das Widerspiel / und hielt bey Ladisla an / umb Lebensfristung; welcher ihm antwortete: Du wirst sehen / wie du mit deinem Befreundten handeln kanst; aber zeige mir zuvor die Ursach an dieses mörderischen überfalles. Dieser ward froh /meynete durch die warhaffte Aussage das Leben zu erhalten / und meldete an / er und seine erschlagene Gesellen währen durch Wolleben in Armut gerahten /und hätten jhren Stand ohn dieses Mittel nicht führen können / daher sie ihren Knechten freye Beute / wo sie anzutreffen währe / vergönnet. Nun hätte vor wenig Wochen jhrer Knechte einer ein sehr gutes Pferd eingebracht / mit Vermeldung / sein Geselle Geta / der einen wolbespikten Wetscher ergriffen /[23] währe vom Pferde geschlagen / und gefangen hinweg geführet / und weil derselbe in Frechheit und kühnen Anschlägen seines gleichen nicht gehabt / hätten seine Mitgesellen ihn ungerettet nicht lassen wollen / damit er nicht vor die Obrigkeit gestellet / und seine verschworne zuverrahten gezwungen würde. Zwar er müste gestehen / daß den Wetscher zugleich mit davon zubringen / sie außgangen währen / nicht aber /den blutigen Kampff anzufahen. O du meynäidiger Bube / antwortete Ladisla; ist daß der Weg / worauff ädle Ritter wandeln sollen? Gnädiger Herr / sagte Klodius / man hat von dieser verschwornẽ Gesellschafft etliche Zeit her geargwohnet / und die rechtschuldigen doch nicht erfahren können / deren gleichwol eine zimliche Anzahl sein sol / und unter ihnen etliche vornehme Herren. Ich meines theils bin von unterschiedlichen etlichemahl erinnert / und von diesem gegenwärtigen selbst / warumb ich von meinen Gläubigern mich so viel plagen / und ihnen meine Güter zuverzehren frey liesse; man hätte ja Mittel /Geld zu erwerben / und die verschuldeten Güter frey zu machen / welches mir da ich nur wolte / ja so zulässig als andern währe; weil ich aber eines ungebührlichen Vorschlages mich besorgete / habe ich nie weiter nachfragen wollen: und haben meine Gnädige Herren zu bedenken / obs rahtsam sey / diesem mit unser augenscheinlichen Gefahr / das Leben zu schenken /da er ohn zweiffel durch seine verschworne sich zu rächen / allen fleiß anlegen würde. Ladisla stellete ihm frey / nach belieben zu handeln / deßwegen er dem Räuber das Schwert durch den Leib sties / daß er zu boden stürzete. Sein Geselle trieb die neun übrigen Knechte auch herzu / welche endlich angeloben musten / diesen Tag aus Rom zu bleiben / und des nähst folgenden nach Herren Sabihn Behausung zu gehen /ihm allen Verlauff anzuzeigen. Klodius und Markus hielten plünderung / nahmen den erschlagenen Rittern ihre Ringe / Armbänder und baaren Gelder / auff 1200 Kronen gerechnet / und wolten sie gar entkleiden; aber Herkules wehrete ihnen; es währe nicht ritterlich / daß man todte Leichnam so beschimpffete; sie hätten ihre zeitliche Straffe hinweg / und durch den Todt überstanden. Unsere Helden nahmen hierauff ihren Weg nach der Landschafft Etrurien / welche die ädleste in ganz Italia ist / reiseten selbe von Südẽ nach Norden durch / und besahen / was daselbst denkwirdig wahr. Aus dieser kahmen sie in Flaminien / und lagen in der Stadt Ravenna wenig tage stille. Von dannen begaben sie sich gen Mantua / eine sehr alte Stadt / 670 Jahr wie man meinet / vor Rom er bauet / und 60 Jahr älter als Troja. Von hierab gingen sie nach Verohn / und endlich nach Padua / in meynung / von dannen nach Aquileja zu reiten / und aus dem nähesten Hafen nach Korinth in Griechenland zu schiffen. Sie traffen auff der ganzen Reise keine ritterliche Ubung an / ohn in den grossen Städten sahen sie viel Fechter / die ihre ertichtete Feindschafft mit trockenen Schlägen außführeten. Als sie von Verohn nach Padua in einem Walde etwas irre ritten / höreten sie gar von ferne ein geschrey etlicher Weiber / die sich kläglich hielten / ob wolte man ihrer Keuschheit Gewalt anlegen; daher Herkules zu Ladisla sagte: Mir zweiffelt nicht / diese schreyende werden unser Hülffe hart benöhtiget seyn / wann wir nur mit unsern Pferden zu ihnen gelangen könten; Aber ihre bemühung durch das Reisich zu brechen / war umsonst / stiegen deßwegen ab / gaben ihren Dienern die Pferde zu halten / und gingen im vollen Harnisch mit Schild und Schwert dem jämmerlichen Geschrey nach / welches sich stets mehrete / nachdem es ein wenig auffgehöret hatte. Als sie nun die dornichten [24] Hecken nicht ohn Mühe durchgekrochen / kamen sie auff einen lustigen grünen Plaz / mit hohen Bäumen zimlich weit von einander besezt / daselbst erblicketen sie fünff starke grosse Männer mit blossen Schwertern / welche drey sehr schöne Weibesbilder vor sich auff der Erden liegen hatten / die sich mit Händen und Füssen umklemmeten / und wie Schlangen sich zusammen wickelten; Die jüngste unter ihnen wahr mutternacket / die zwo übrigen nur mit einem zarten Hemde bekleidet / und lagen ihre bunte Seidene mit Gold gestickete Kleider halb zurissen / etliche Schritte von ihnen. So bald unsere Helden von diesen Räubern gesehen wurden /musten sie ihr anschreihen hören / daß sie stille stehen / uñ ihrer Ankunfft ursach melden solten; auch traten ihrer viere (deren drey gepanzert wahren) alsbald zu ihnen ein / in Meynung / sie durch pochen zu erschrecken / brülleten mit scheußlicher Stimme / was vor unglük sie daher führete / ihren lezten Odem hie zu endigen. Unsere Helden hatten jhre Helme unter dem Arme / daß man ihre Gesichter erkennen kunte /und verwunderten sich die Räuber über Herkules treflicher Schönheit dermassen / daß der ansehnlichste unter jhnen zu seiner Geselschaft sagete: Ihr Brüder /ich lasse euch jenen unsern Raub zu eurem / Willen über / wann ich nur diese (auff Herkules zeigend) zu meinem Buhlen haben mag / welche ausser Zweifel von guter Kühnheit seyn / und sich meiner Art viel vergleichen muß / weil sie sich im Harnische darff finden lassen; und wie könte so trefliche Schönheit einem andern / als Weibesbilde beywohnen? Herkules gab jhm zur Antwort: Als viel ich merke / dürffte ich schier in dieser Wildniß einen zahmen Buhlen bekommen; aber du must mir meine weise nicht verübeln / daß ich keinen Liebhaber annehme / der nicht zuvor einen scharffen Streit mit mir versucht hat; setzete hiemit / wie auch Ladisla / den Helm auff / und bereiteten sich zum Ernste. Dieser aber rief ihnen zu /sie solten sich nichts widriges zu ihnen versehen; steckete sein Schwert ein / und trat ihnen näher / umb ein Liebes Gespräch mit Herkules zuhalten; der ihm aber / angesehen seiner viehischen Leibesstärke nicht trauen wolte / sondern hieß jhn zurük bleiben / oder des Angriffs gewärtig seyn. Der Räuber schätzete diese Dräuung geringe / und in dem er auff jhn zugieng / sagte er: Schönes Lieb / leget euren schweren Harnisch ab / und werdet mir in der Liebe zuwillen /weil es anders doch nicht seyn kan / ich wil mich versichert gar freundlich zu euch halten / und meine Küsse anzubringen wissen / daß euch nach mehren verlangen sol; griff auch mit der rechten Hand nach jhm / in Meynung / sein alsbald mächtig zu werden; aber Herkules schlug ihn mit seines Schwertes Fläche (dann er jhn vorsezlich nicht verwunden wolte) über die Faust / daß er sie saursichtig nach sich ziehen muste / und sagte zugleich: Du unflätiger Schelm /wiltu auch noch Gewalt brauchen? Bald nim dein Schwert in die Faust / oder ich werde dich dannoch niedermachen. Der Wüterich zog hierauff von Leder /und nam nur Herkules Hiebe aus (der ungeseumet zu jhm einstürmete) / vermahnete ihn auch noch immerzu / einzuhalten / und jhm zuvor seine Begierden zu vergnügen / alsdañ wolte er ihm hernach Streits nicht versagẽ / wann es anders nicht seyn könte. Aber Herkules achtete seiner Rede nicht / sondern traff jhn /weil er ungepanzert wahr / in die seite / daß das Blut häuffig hervor sprützete; wodurch dieser seine Liebesgedanken aufgeben / und rechtmässige Gegenwehr /mit Schwert und Schild vornehmen muste / sagte auch mit grausamer Stimme: O du elende / ob ich gleich nie kein Schwert über ein Weibesbild gezücket / so verdienet doch deine Verwägenheit / dz [25] du gezüchtiget werdest; fiel auch mit solchem Ungestüm auff jhn / daß er seiner Wuht drey Schritte weichen muste /dessen er sich vor Ladisla nicht wenig schämete; fassete doch bald wieder Stand / und nam seiner Schanze fleissig wahr; Sie trieben das Gefechte über eine viertelstunde ohn auffhören / daß die anwesende sich dessen verwunderten. Der Räuber hatte zeit seines Lebens solchen Widerstand nicht erfahren / weil er nicht allein ein Baumstarker Mann / über vierdehalb Ellen lang / sondern auch der beruffenste Fechter wahr / und niemand / der ihn kennete / ihn bestehen durffte; Daher nam ihn wunder / daß in Weibes Armen / wie er ihm gänzlich eingebildet / solche Krafft seyn solte /und sagte zu jhm: Jungfrau / ich weiß nicht / ob ich euch vor ein Gespenst halten sol / daß ihr euch meiner Gewalt so lange erwehret. So hältestu mich nun vor ein Gespenst? antwortete er; ich dich aber vor einen Räuber und Jungferndieb; werde dir auch meine Fäuste noch etwas besser zu erkennen geben. Damit gieng der Kampff wieder an / und ward Herkules oben am Halse verwundet; welches jhm aber sein gutes Herz nicht minderte / sondern trieb den Feind so lange um /biß ihm ein Unterhieb geriet / mit welchem er ihm dẽ Ellenbogẽ spaltete / dz er das Schwerd aus der Faust fallen ließ / und vor Schmerzen laut schrihe; aber Herkules doppelte den Streich / und lösete jhm damit den ganzen Arm von der Schulder / daß ihm derselbe nur an der Haut hangen blieb / womit er zu Bodem stürzete / wie ein Ochs brüllete / und sich auf dem Grase walzete / biß er die gottlose Seele mit dem lezten Blute außbließ. Die drey gepanzerte Räuber entsetzeten sich höchlich über diesen unfall / und überfielen Herkules ingesamt / daher Ladisla auch nicht feyrete / mit eintrat / und zu ihnen sagete: Ihr Ertzdiebe / dürffen euer drey sich zugleich wol an eine Jungfer machen? fassete sein Schwert mit aller Krafft / und spaltete dem einen den Kopff vonander / daß nunmehr der Streit gleich geteilet wahr. Die erschrockenen nacketen Weibesbilder höreten zwar den harten Kampff / aber wegen des fünfften Räubers / der ihrer hütete / durfften sie kein Wort reden / noch sich umsehen / weil er das Schwert in der Hand hielt / und sie zu erstechen dräuete / wo sie sich regen würden; nicht desto weniger fassete die jüngste ganz nackete einen Muht / sahe sich um / und ward gewahr / daß schon zween Räuber gestrekt lagen / und die übrigẽ beyden sich kaum mehr schützen kunten / daher sie zu ihren Gespielen sagte: Die Götter / geliebte Schwestern /wollen uns vor dißmähl gnädig retten. Ihr Hüter hatte sich auffgemacht / seinen Gesellen Beystand zu leisten / und als er diese Wort hörete / stund er / und bedachte sich / ob er sie alle drey zuvor erwürgen solte /hätte auch ohn Zweifel diese Mordtaht vollzogen /wann nicht Ladisla gleich mit seinem Manne währe fertig worden / daß er sich gegen jhn hätte wenden müssen / als welcher sich dieses Bubenstüks besorgete / und jhm zurieff; dafern er sich an diesen Weibesbildern vergreiffen würde / müste er durch alle Pein sterben. Hiedurch wurden diese elende dem Tode entrissen / dann Ladisla trieb den Räuber dergestalt umb / weil er ihn zu erschlagen noch nicht willens wahr /daß er jhn von den Weibern abzog / und er hingegen jhnen näher kam / da er sie fragete / ob jhnen auch an jhren Ehren Abbruch geschehen währe die jüngste aber zur Antwort gab; es währe ihnen die Schande zwar sehr nahe gewesen / aber durch der Götter Schuz / und ihrer beyder Hülffe abgekehret und hintertrieben. Der Räuber selbst fing zu ihm an: Ich weiß nicht / was vor Unfelde euch beyde lebendige Teuffel daher geführet / uns in unserm vorhaben zu stören / gleich da wir meyneten / am sichersten zu [26] seyn und unser Liebe wirklich zu geniessen; fassete damit alle seine Kräffte zusammen / und wagete den äussersten Fall /ob er jhm den Harnisch durchhauen könte. Immittels dieses hefftigen Streits er sahe die ganz nackete ihr zurissenes Hemdlein / lieff hin / wickelte sich drein als best sie mochte / und setzte sich wieder zu jhren Gespielen / gleich als Ladisla seinen Feind mit einem Stosse in den Unterleib zur Erden fellete / daß er mit einem Gebölke die unreine Seele samt den Mist außschüttete. Herkules wahr auch seines Gegeners Meister worden / dann weil jhm die beyden stärkesten und erfahrensten auffgestossen wahren / hielt der Kampff ziemlich an / und mattete sich sehr ab / daß nach des Räubers Fällung er gezwungẽ ward / sich nider zusetzen. Ladisla aber ging nach erhaltenem Siege zu dem Frauẽzimmer / taht seinen Helm ab / und nach freundlicher Begrüssung zeigete er sein Mitleiden wegen ihres Unfalles an / sie daneben tröstend / weil ihre Zucht und Ehre unverlezt blieben währe / möchten sie das übrige mit Geduld überwinden. Diese verwunderten sich seiner guten Gestalt und Jugend über die masse / und bahten dienstlich umb Verzeihung / daß wegen ihrer Blösse sie nicht auffstehen / noch jhn gebührlich ehren könten / wie er solches umb sie verdienet hätte; insonderheit sahe jhn die zuvor ganz nackete / nunmehr halb eingewickelte mit schamhafftigen Augen an / und baht sehr / er möchte sich so hoch verdient umb sie machen / und der Röcke einen ihr unbeschweret zuwerffen / damit sie sich bedecken könte; welches er ihr nicht versagen wolte; legte ihr auch denselben ganz höflich umb die Schuldern / unterdessen die andern einen Abtrit nahmen / und wie best sie mochten / sich in der Eile bekleideten. Ladisla vergaffete sich an der entblösseten so gar / daß er sein selbst drüber vergaß / fragete sie doch / ob sie auch meyneten / daß noch etwas Gefahr vorhanden währe; und als er vernam / daß ohn die fünff erschlagene sie keinen Menschẽ gemerket / lösete er seinen Harnisch auff / etwas Kühlung einzunehmen / da dieses Fräulein / ihren dankbaren Willen zu erzeigen /jhm die hülfliche Hand boht / und dauchte sie / nie keinen so wolgestalten Ritter gesehen zu haben / setzete auch auff sein inständiges anhalten sich zu ihm in den Schatten des Baums nider / da der gute Ladisla durch Gelegenheit und Liebe verleitet / sie freundlich küssete / und mit allerhand Liebesreden sich gegen sie zu allen Diensten anerboht; worüber das Jungfräulein verursachet ward / ihn flehlich zu bitten / er wolte doch jhrer Ehren wider sich selbst Beschützer seyn /die er auß den Händen der boßhafften Räuber so ritterlich erlöset hätte. Und ob er gleich / sagte sie / mit alle meinem Vermögen mich jhm verbunden hat /zweifele ich doch an seiner hohen Tugend nicht / die mich alles dessen versichern muß / was zu Beschützung meiner Zucht erfodert wird; ich müste sonst dem Himmel klagen / dz er mir eine kurze Freude zugeschicket / und dieselbe mir bald darauff mit der allerbitterstẽ Wermut versalzen hätte / die nichts als den gewissen Todt in mir verursachen würde / gestaltsam meinem Herrn ich zu allen Göttern schwöre / daß /dafern mir einige Gewalt solte angelegt werden / ich nach dem keine Stunde mehr leben wil. Ladisla erhohlete sich hierauff / lobete ihre Keuscheit in seinem vernünfftigen Herzen / und antwortete ihr: Schönstes Jungfräulein / ich bitte sehr / mir zuverzeihen / daß durch Liebe übernommen / ich mich zuviel unterstehen dürffen / da ich sie doch versichere / daß ich keinen Gedancken zu jhrer Ehrenkränckung gefasset /wie dann solches keinem redlichen Ritter zustehen wil / nur ist mir selbst leid / dz eure außbündige Schönheit mich dahin entzücket / wohin ich vor diesem nie kommen bin. Diese [27] ward nicht allein der Ehren versicherung sehr froh / sondern lies ihr die anmuhtige Zuneigung auch gefallen / daß sie viel freundlicher uñ kühner mit ihm sprachte als vorhin / insonderheit /weil durch Ehren bezeigung er sein keusches Herz ihr gnug zu erkennen gab. Herkules hatte sich auch wieder erhoben / zu welchem die andern beyden Fräulein traten / und ihm grosse Ehr und höffligkeit erzeigeten / mit Bitte / ihnen zu vergünstigen / daß sie ihm als ihrem Erlöser die Rüstung abzihen / und da er beschädiget währe / seine Wunden verbinden möchten. Zwar er wegerte sich dessen etwas / aber weil sie sahen / daß er der Kühlung benöhtigt wahr / nahmen sie jhm ein Stück nach dem andern ab / wiewol anfangs nur den Helm; da sie über seiner zarten Schönheit sich fast entsetzeten / auch der Halswunde gewahr wurden / welche sie bey sanffter Reinigung nicht so gar gefährlich befunden / und sie mit möglichem Fleiß verbunden. Es verwunderte sich Herkules nicht wenig / was Ladisla bey der einen sich hinter dem Baum so lange auffhielte / meynete anfangs / er würde etwa verwundet seyn / und wahr willens zu ihm hin zugehen; weil er aber von dem Frauenzimmer berichtet ward daß er keinen Schaden genommen / sondern sich des Baums zur Kühlung gebrauchte / und von ihrer Wasen mit Gespräch unterhalten würde / blieb er an seinem Orte. Nun hätte Ladisla in seiner Verliebung wol den ganzen Tag auff solche weise zugebracht / dafern er von dem Fräulein nicht erinnert währe / seinen ritterlichen Gesellen zu besuchen / ob er vielleicht verwundet währe / da sie jhn bey der Hand fassete / und zugleich baht / er möchte der schon geleisteten Woltaht noch diese hinzu tuhn / und sie nach jhres Vaters Wohnung begleiten / damit sie neben den jhren Gelegenheit hätte / die gebührliche Dankbarkeit sehen zu lassen. Zum ersten wahr er willig / weil er selbst fürchtete / es möchte seinem Herkules etwas widriges zugestossen seyn. Das andere hätte er gerne versprochen / wann ihm nur Herkules Meynung währe bewust gewesen / dem er nicht vorgreiffen wolte; deßwegen er zur Antwort gab: Wann sein Geselle / der ihm zu gebieten hätte / mit nach ihren Eltern zu reisen einwilligen würde / solte es an jhm nicht mangeln; aber meine geliebte Freundin sagte er / woselbst sind dann ihre Eltern anzutreffen? Sophia (so hieß dieses Fräulein) antwortete: Ihr Herr Vater / von dem uhralten Fabier Geschlechte wähdazu Padua über diese ganze Landschafft Römischer Käyserl. Stadthalter. Nun wuste Ladisla wol / was vor ein hohes Ampt dieses wahr / so daß auch Könige sich vor ihnen demütigen musten / deßwegen er sich tieff gegen sie neigete / und also anfing: Hochgebohrnes Fräulein; ich bitte ganz dienstlich / meiner Grobheit zu verzeihen / daß derselben ich die gebührliche Ehre nicht geleistet / in dem ich ihres Standes allerdinge unberichtet gewesen / so daß wegen meines Frevels ich ohn Zweifel jhrer Vortrefligkeit mehr widriges /als durch beschehene Erlösung / Dienst und Freundschafft erzeiget habe; wegere mich daher nicht / die Straffe / welche sie mir aufflegen wird / geduldig über mich zu nehmen / wiewol ich bey Ritterlichen Ehren beteuren kan daß mich keine Frecheit / sondern eine auffrichtige Zuneigung so kühn gemacht hat; nahm damit ihre Hand / dieselbe ehrerbietig zu küssen; dessen sie sich doch wegerte / und jhm diese Antwort gab: Mein Herr / es sey / daß mein Herr Vater dieses Orts zu gebieten habe / und vielleicht wegen Käyserl. hohen Gnade noch viel ein grösseres vermöchte / so wird er doch / seiner / ohn Ruhm beywohnenden Klugheit nach wissen und erkennen / wie viel er meinem Hochwerten Herrn und seinem tapfferen Gesellen [28] schuldig ist. Daß aber mein Herr sich bey meiner Wenigkeit über die Gebühr entschuldiget / weiß ich nicht zu beantworten / ohn daß ich denselben wol versichern kan / daß mir die höchste Vergnügung dieser Welt jezt diese Stunde begegnet ist / in dem die gütigen Götter mir gegönnet / den Erlöser meiner Ehr und Lebens in etwas zu erkennen / dessen bessere Kundschafft mir der Himmel / wie ich hoffe / zugeben wird. Ladisla machte ihm aus dieser Antwort gute Hoffnung eines glüklichen Fortganges seiner vorgenommenen Liebe; küssete jhr die Hand mit hoher Ehrerbietung /und im fortgehen gab er zur Wiederantwort: Durchleuchtiges Fräulein / die von mir beschehene Rettung ist gedenkens nicht wert / würde auch der Himmel nimmermehr zugegeben haben / daß einem solchen vollko enen Fräulein von diesen schändlichen Räubern einige Gewaltsamkeit hätte sollen angelegt werden / sondern vielmehr hätten die Bäume selbst sich auß der Erde reissen / und diese Buben erschlagen müssen; daß also ich nur bloß vor eine Glükseligkeit rechnen muß / daß die Götter meiner schlechten Dienste hieselbst gebrauchen wollen / dessen ich mich zeit meines Lebens mehr / als aller meiner vorigen Glükseligkeiten rühmen werde. Mein Herr / sagete sie; seine grosse Höfligkeit machet ihn also reden /welche ihre eigene Tahten zu preisen ungewohnt ist; mir aber wil gebühren / die empfangene Woltaht zu erkennen / dessen ich mich äusserst bemühen werde; Vor dißmahl bitte ich / meiner unwitzigen Jugend hochgünstig zu verzeihen / daß anfangs ohn gegebene Ursach / sein tugend-ergebenes Herz / welches aus seinen Worten und Tahten eben so klar / als aus seiner Tapferkeit hervor strahlet / ich in Zweifel zihen dürffen; welches wie ich hoffe / mein Herr / in Betrachtung der Jungfräulichen Zucht und Vorsorge /mir wol übersehen wird. Ladisla verwunderte sich über jhre vernünfftige Reden / und wahr willens / es zu beantworten; hielt aber zurük / da er hörete / daß sie also fort fuhr; Ich wil aber die gebührliche Abbite meines Fehlers biß auff gelegenere Zeit verschieben /und mein erstes wiederhohlen / daß mein Herr mir zu ehren sich mit mir nach Padua erheben wolle / umb /sein hochgeltendes Zeugniß / meiner / dem Himmel sey Dank / erhaltenen Keuscheit / bey meinen Eltern abzulegen; fassete hiemit seine Hand und sagete: Mein Herr / diese streitbahre Hand / wie kräfftig sie gleich ist / wil ich gefangen halten / biß sie durch des Mundes Zusage sich frey machen wird. So würde ich viel lieber ein solches nimmermehr zusagen / antwortete er / daß meine unwirdige Hand von so zarten allerschönsten Händichen immer und ewig möchte gehalten werden. Das Fräulein erröhtete vor dieser Rede / fand sich doch bald / und sagete: Meinen Herren beliebet dergleichen höfflichen Scherz mit mir zutreiben / und dafern er gedenket / mit solcher Antwort mich von meinem bittlichen Ansuchen abwendig zu machen / wird es eine vergebliche Mühe seyn / weil die schon empfangene Wolthat mich zimlich kühn gemacht / nach Art aller unverschämten und geizigen immerhin in der Anfoderung zu bleiben; deßwegen ichs dan nicht allein wil erwiedert haben / sondern auch angenehmer Antwort mich ohn ferners wegern versehen. Mein Fräulein / sagete er / ich verspreche alles / was in meinem äussersten vermögen / und ienem meinem Gesellen nicht zu wieder ist. Je mein Herr / sagte sie / ist iener dan zugleich euer Geselle und Gebieter? Ja mein Fräulein / antwortete er / darzu habe ich ihn erwählet / ungeachtet wir gleiches Standes / und ich in etwas älter bin. So mus eures Gesellen Stolz ja so groß / als eure Demuht seyn / sagte sie / wann er sich über seines [29] gleichen / und zwar älterern / der Botmässigkeit annimt. Ich habe ihm diese Gewalt so willig übergeben / sagte er / als gerne er mir ein gleichmässiges gönnet / da ich michs nur gebrauchen wolte. Wol / sagte sie / so hat mein Herr seiner bedingung den Kauff selber auffgesagt / und dafern er günstig und gewogen ist / wird er sich auffs minste in diesem Stük / seiner Freyheit gebrauchen. Mit diesem Worte gelangeten sie bey Herkules an / dem Frl. Sophia sehr tieffe Ehrerbietung erzeigete / und seine Gestalt fast vor übermenschlich hielt / so daß sie schier auff des ersten Räubers Wahn gerahten währe / und redete ihn also an: Vortrefflicher Ritter und Herr /wann wir die Heldentahten nicht gesehen hätten / die euer unüberwindlicher Arm glüklich vollenbracht hat / könten wir dem scheine nach / anders nicht Urteilen / als daß ihr mit uns eines Geschlechtes währet; weil aber nicht vermuhtlich ist / daß unter einer weiblichen Brust solche Krafft und stärke wohnen solte / müssen wir eure Manheit nicht in zweiffel ziehen; Ich und meine Gespielen schreiben es billich der himlischen Allmacht zu / welche euch meine hochwerte Herren zu unser Ehren- und lebens rettung hieher gesand hat /die unkeusche boßheit der Räuber abzustraffen; welches zu erkennen / die Erbarkeit und die eingepflanzeten Rechte selbst uns zu ruffen / dafern unser vermögen nur so weit reichen wolte; da wir dann nicht zweiffeln / die götter selbst werden unsere Stete vertreten helffen / damit diese hochrühmliche Taht mit gebührlichem preyse durch die ganze Welt verehret werde / nachdem eines Ritters höchstes Lob in dem bestehet / daß er den schwachen beystand / den unschuldigen hülffe / und den nohtleidenden rettung geleistet / welches von meinen Herren vor dißmal uns allerdinge unbekanten / so überflüssig begegnet ist /daß niemand als die unbescheidene Undankbarkeit ein wiedriges reden und zeugen wird. Aber mein Herr /sagte sie zu Ladisla / werde ich auch diese Kühnheit nehmen dürffen eine gleichmässige Bitte an euren Freund / wie an euch / zu legen? Durchleuchtiges Fräulein / antwortete er / demnach sie nicht allein in betrachtung ihres Herrn Vaters / des Hochmögenden Herrn Stadthalters zu Padua / sondern auch wegen ihrer selbst eigenen wirdigkeit uns zu befehlen hat /wird sie diese Frage vor einen überflus erkennen. Herkules / da er aus dieser Rede die Hocheit dieser Fräulein vernam / erzeigete ihr grosse Ehre / und fing an: Durchl. Fräulein / ihre vernünfftige reden zeigen leicht an / von was vortrefflichen Leuten sie müsse gezeuget und erzogen seyn; das hohe Lob aber / welches meiner geringfügigkeit zuzulegen / ihr gefallen wollen / reichet bey weitem noch nicht an meine schlechte Tahtẽ / daher dieselben weit über Verdienst sind erhoben / in dem mit ihren zierlichen reden sie sich haben schmücken lassen / gleich wie man ein unwirdiges Hölzlein mit güldenen Kleidern behänget /daß eine ansehnliche Tocke draus wird; woselbst mei nem Fräulein einzureden / ich die Kühnheit noch nicht ergreiffen kan. Daß aber dannoch der Gnädige Gott als Beschützer aller unschuld / und Rächer aller Boßheit / meinen lieben Freund und mich / zu so heilsamer Stunde in diese Gegend geführet / daß wir unser hochwerten Fräulein klägliches Geschrey ohn gefehr vernehmen / und wider die verfluchten Räuber / ihnen Beystand leisten können / rechnen wir billig unter unsere Glükseligkeiten mit; gestaltsam ein redlicher Ritter das Schwert zu dem Ende gebrauchen sol / daß den unterdrükten Hülffe / und der Boßheit eintrag geschehe; daher leicht erhellet / daß unsere jetzige Verrichtung aus blosser schuldigkeit / damit wir der Erbarkeit und allen redlichen Menschen verhafftet sind /[30] herrühret / und umb so viel weniger Dank und vergeltung verdienet / die dannoch durch meiner Fräulein hochgeneigte Lobreden uns in so häuffiger menge schon wirklich eingeliefert ist / daß wir uns derselben zu allem schuldigen Gehorsam darstellen müssen /und daher sie neben ihren hochädlen Gespielen bey uns nichts durch Bitte zu suchen / sondern durch Befehl alles auffzulegen berechtiget sind; ist also meiner Fräulein an mich getahne Foderung / die mein Geselle wissen wird / meines theils eine Schuld / wann sie dem nicht zu wieder ist / der mir zubefehlen hat. Mein Herr und Erretter / antwortete das Fräulein / ich bin viel zu ungeschikt / seine reden zu beantworten / biß ich eine geraume Zeit von sehr vernünfftigẽ Lehrmeistern darüber werde unterrichtet seyn; aber daß ich den Zweg meines vorhabens umb so viel zeitiger erreichen möge / bitte meinen Herren ich Ehrenfreundlich / mir an zu zeigen / woselbst ich seinen Gebieter /auff den er sich berufft / antreffen solle. Dieser ist es /sagte er (auff Ladisla zeigend) / der mein Fräulein aus Räubers Händen errettet hat. Ich weiß nicht mein Herr / antwortete sie mit einem holdseligen Lächeln / ob dieser euer Freund sich einiges Befehls über euch annehmen werde / als welcher meine Bitte mit eben der Bedingung eingewilliget hat; daher dann ihrem über dieser Frage vermuhtlichen Streite vorzukommen /wer unter euch beyden einer dem andern zu gebieten habe / ist mein ehrengebührliches Ansuchen / diese meine beyde Fräulein Wasen vor düchtige Richterinnen zu erkennen / ob meine Bitte der billigkeit gemäß / und meine Herren / selbe abzuschlagen befuget seyn werden oder nicht. Die älteste / so von XIIX Jahren wahr / nahmens Ursula Kornelia / fiel ihr in die Rede und sagte: Frl. Wase / wie beschimpffet ihr uns beyde so gar hoch / durch diesen euren gar zu kühnen Vorschlag? meynet ihr den Nahmen einer dankbahren allein davon zu tragen / und aus uns so verwägene zu machen / daß wir uns diesen vortreflichen Rittern und Herren solten zu Richterinnen setzen und bestellen lassen / die uns zur äussersten Schande schon verurteilete / jezt diese Stunde / durch die kräfftige sieghaffte gegenurtel ihres unüberwindlichen Schwerts davon loß gearbeitet? O nein! wir versagen euch allen gehorsam / und wollen uns viel lieber von diesen Herren vor Richterinnen wieder euch bestellen lassen / da ihr trauen eines harten Spruchs euch werdet befahren müssen / umb daß ihr unserer Erlöser willens Freyheit durch bestellete Richter einzuziehen / euch dürffet gelüsten lassen; und wer hat euch doch in so kurzer Zeit so kühn uñ beherzt gemacht / da ihr sonsten wie ein Espinlaub zittertet / uñ so bloß an Blut uñ Kühnheit /als an Kleidern wahret? Wer mit kühnen Leuten umgehet / antwortete Frl. Sophia / der gewehnet sich zu gleicher Tugend. Versichert euch aber / meine Schwester / daß ich diese mir angelegte beschimpfung zu eivern / nicht in vergeß stellen werde. Habe ich nicht schon ursach gnug / und mehr als euer keine / meine Augen schamhafftig niederzuschlagen? Und ihr dürffet mir solches durch Aufrückung noch verzweyfachen / gerade als wann ich schuld dran trüge? Nun / nun; wer borget / der gedenke / daß die Zahlwoche folgen müsse. Ich will mich aber mit euch nicht weiter zanken / sondern zu meinen Herren mich wenden / und durch Vortragung meiner Bitte / mich eurer ungütlichen Auflage loßwircken / erinnere dieselben demnach bey der hohen und schon geleisteten Bedienung /sie wollen sich großehrengünstig gefallen lassen / mit uns nach Padua zu kehren / nicht allein / daß ihre kräfftige Hand uns biß dahin sichern Schuz halte /sondern uns auch Gelegenheit gönnen / unsere Danckschuldigkeit sehen zu [31] lassen / nach dem wir mit höchsten Freuden anhören werden / daß sie wegen unser unbeflekten Zucht und Keuschheit / bey unsern Eltern gnugsame Zeugnis ablegen; wie dann mein Herr (auff Ladisla zeigend) aus des lezten Räubers eigener Bekäntnis / dessen ich mich sehr freue / verstanden hat. Herkules befand eine ungewöhnliche Verenderung an Ladisla / und daß er ohn unterlaß dieses Fräulein mit unverwendeten Augen ansahe / woraus er bald schloß / das er müste getroffen seyn; ließ sichs doch nicht merken / und gab auff der Fräulein vorbringen zur Antwort: Wann ich hätte wissen sollen / daß ihrer Durchl. begehren also beschaffen / wolte ich mich darzu unwägerlich erbohten haben / massen mein Freund und ich / uns schuldig erachten / sie nach Padua zu begleiten / und nach aller mögligkeit ihnen Schuz zu leisten; nur allein zeigete er an / daß ihre Reise der eile unterworffen / keine Verzögerung leyden wolte / und daher dienstlich baht / sie durch nöhtigung daselbst nicht auffzuhalten: auch / wo möglich / bey ihren Eltern ihrer nicht zu gedenken. Mein Herr / sagte Frl. Sophia / ich verspreche alles zu leisten / was mir möglich / und der Erbarkeit nicht zu wieder ist. Aber mein Herr (redete sie zu Ladisla) /wird er sich dann nicht mit belieben lassen / daß in seiner sichern Geselschafft ich mit fortreisen möge? vor meine Gespielen ein Wort mehr zu verlieren /halte ich vergeblich seyn / weil sie diese meine Bitte als eine grosse und straffwirdige Unbilligkeit angeklaget haben / und sie / wie ich muhtmasse / bey diesen erschlagenen / trauer- und Schildwache halten wollen / biß sie von andern ihres gleichen abgelanget werden. Verzeihet uns / geliebte Schwester / sagte Frl. Ursula / daß wir eure Bitte nicht riechẽ können / und noch wol unser guten Sache so viel trauen / sie wieder euch / jedoch vor unverdächtigen Richtern (wobey sie schmuzerlachete) außzuführen. Ob wir auff diesem Platze lange verweilen / und diese Räuber bewachen wollen / wird sich bey dem Auffbruche dieser Ritter außweisen / deren willen euch allein zu erwerben /und uns Abzuspenstigen / ihr bemühet gnug seid. Wir unsers teils zweiffeln gar nicht / es werden diese Herren zu außführung ihrer preißwirdigen Ehren / uns den Weg neben herzulauffen / und unter ihrem Schatten die angenehme sicherheits Kühlung gerne gestatten; wobey sich dann außfündig machen wird / welche unter uns die frischeste zu Fuß seyn / oder am liebesten zurük bleiben wird. O nein herzgeliebte Schwester / antwortete Frl. Sophia / ich wil meines Anspruchs wieder euch / mich gerne begeben / nur allein lasset mich nicht dahinden / weil euch bewust ist /daß meine Beine mich einen so fernen Weg nicht tragen können / wo ich nicht bißweilen ruhe nehme. Aber ihr meine Herren / verzeihet unserm kindischen Zanke / der sich umb eine Beute zweiet / ehe sie erlanget ist / und ich doch hoffe / mein Herr (auff Ladisla zeigend) werde nunmehr seine gewogene Einwilligung uns erfreulich anhören lassen. Ladisla wahr nicht allein durch ihre allerdinge vollkommene Schönheit / sondern auch nunmehr durch ihren freundlichen Verstand und vernünfftige Freundligkeit dermassen in liebe entzündet / daß / wo Herkules gegenwart nicht gewesen / er seinen begierden den Zaum so fest nicht halten köñen; aber die furchtsame Ehrerbietigkeit / die er von jugend auff gegen diesen Tugendvollen Helden trug / fesselte seines herzen Inbrunst / damit ja sein Herkules ihn keines Frevels möchte zu beschuldigen haben. Jedoch dem Fräulein seine Ergebenheit zu erzeigen / küssete er ihr die Hand und sagte: Er befünde durch ihre hohe Tugend sich verbunden / ihr zugehorsamen / auch mit williger vergiessung seines Bluts und Lebens ihr Verfechter zu seyn / [32] damit er dem schweren Laster der Undankbarkeit entginge / welches ihm billich müste zugelegt werden / wann er sich ihrem Befehl wiederspenstig erzeigen würde; bähte demnach / ihm kühnlich zubefehlen / ob er vielleicht einiges Geboht zu verrichten /tüchtig und bestand währe. Das Fräulein hatte seiner Liebes-blicke in guter Auffmerkung wahrgenommen /die durch diese reden ihr so viel annehmlicher gemacht wurden / daß nicht allein Herkules / sondern auch die beyden Fräulein den Schuß merketen / und Herkules seinem Freund zu gefallen bemühet wahr /dieser beyder Auffmerkung von den verliebeten abzuwenden / deßwegen er mit ihnen ein sonderliches Gespräch anfing / welches diesen liebes-Arbeitern nicht ungenehme wahr / massen sie daher Luft bekahmen /sich durch unterredung in bessere Kundschafft zu setzen; wie wol das Fräulein nach ihrer Verschlagenheit und Zucht / ihre schon entzündete Flammen ihm nicht so leicht scheinen lassen wolte / und die vorige Rede ihm also beantwortete: Mein Herr seine Höffligkeit /deren er sich im Erbieten gebrauchet / ist viel zu groß / daß sie von mir unerzogenen Schülerin / durch gleichwirdige Antwort solte köñen erwiedert werden. Ich habe demselben ja die allergeringste Dankbarkeit zu erzeigen / sowol wegen meiner Armut an diesem Orte / als kürze der Zeit / und mangel der Gelegenheit / nicht mächtig seyn können; So ist meinem Herrn biß daher / nicht nur mein Unvermögen / sondern auch die Willigkeit allerdinge unbekant gewesen / darff auch wol sagen / mein stand und Wesen / weil meinen Herrn jemahls vor diesem gesehen zu haben / mich nicht zuerinnern weiß; Wie solte er mir dann so hoch / wie seine Reden gehen / verbunden seyn können / da ich schon mehr gutes von seinem mitleidigẽ herzen in dieser einigẽ Stunde eingeno en / als ich zeit meines Lebens nit bezahlẽ kan / und noch den allergeringsten anfang darzu nicht gemacht habe / wo nicht mein Herr meinen guten Willen vor den ersten Grund der künfftigen Folge / da einige Mögligkeit bey mir ist / rechnen wird. Wolle demnach mein Herr der Undankbarkeit sich zu beschuldigen auffhören / als welche bey ihm / da ers gleich suchete / keine stat haben kan; Das hohe Erbieten / sich meiner nach wie vor / geträulich anzunehmen / macht wegen künfftigen Unglüks mich schon aller Furchtloß / weil unter diesen unüberwindlichen Händen / den Tugendliebenden nur Sicherheit und Schuz / den Boßhafften aber billiche Straffen begegnen können; Wie solte ich dann einigen Befehl über diesen mich anmassen / dessen Gunst und Güte meiner Ehre noch länger zu leben gebohten hat / uñ ich deßwegen ihm zur schuldigen Dankbarkeit billich in Ehren auffwärtig bin. Verzeihet / mein Fräulein /wiederantwortete er / eurem dienstergebenen Knechte / daß derselbe ihrem Vorbringen einzureden sich unterstehet / da im übrigen er in allem biß zum Tode willig und gehorsam ist. Ich wil nicht einführen / wie ein unverdientes Lob ihre holdreiche Zunge nur zuleget; nur daß ich meine gedoppelte Schuldigkeit / welche mein Fräulein auffzuheben bemühet ist / fest setzen möge / die vor erst in dem bestehet / daß als lange ich der Tugend ergebener seyn wil / nohtwendig der Unschuld mich nach allen Kräfften annehmen muß /und wann ich solches unterliesse / mich alsbald gegen den Himmel undankbar erzeigen würde / als welcher mir zu dem Ende vor aller Gefahr biß daher Schuz gehalten hat / daß ich ihm nach meiner Wenigkeit folge leisten / und so weit ichs vermag / nacheivern solle; jedoch dieses aus der acht gesezt / bin ich doch nicht minder gehalten / meiner Fräulein als ihren Verschuldeten mich darzustellẽ / würde auch in dessen Unterlassung / unter dz Fähnlein der unverschämtesten [33] undankbahren mich schreiben lassen müssen / gestaltsam mein Fräulein mir ein Loblied / ehe ichs verdienet / auß Gewogenheit gesungen / uñ einen Ruhm mir bey der Welt zu erwerben sich günstig anerbeut / dessen ich nicht fähig bin; ich darff mich weiter nicht erkühnen / mein Fräulein / eine noch viel grössere Gewalt auszudrücken / welche zu jhren diensten mich so heftig antreibet / daß ich sanffter sterben / als dessen mich entbrechen werde; und würde ich die höchste Stuhffe meines Glückes schon erstiegen haben / wann der Himmel mich nur düchtigen wolte / dessen durch Verdienst und Tugend wirdig zu seyn / was ich Geblüts halben wol suchen dürffte; auch das günstige Glük meiner gehorsamsten Auffwartung eine unablöschliche Grundfarbe anstreichen möchte / welche ihrer Vortrefligkeit die Ergebenheit meines Willens in etwas zu entwerffen scheinlich währe. Das gute Fräulein / die dergleichen hefftigen Anlauff niemahls erfahren / sintemahl sie mit Mannesbildern sehr wenig umgangen / und ihres Alters sechzehnde Jahr kaum geendiget hatte / wuste in der Eile keine Antwort zu finden / wahr ihr doch sehr angenehm / daß sie ihn hohes Geschlechtes zu seyn / vermerkete / wolte auch seine Rede nur auff eine gemeine Gutwilligkeit zihen /und dannoch so viel verdeckete Merkzeichen einstreuen / daß an ihrer Gewogenheit zu verzweifeln er nicht ursach haben solte. In dem sie aber also anfing: Treflicher Ritter / meiner Jugend Unverstand und Unerfahrenheit / weiß die gebührliche Antwort keines weges zu ersinnen; Da hörete Ladisla ein helschallendes Hörnlein / je länger je heftiger blasen / wie ers dann mit seinem Markus abgeredet hatte / daß wann er etwas wichtiges vernehmen würde / er solches durch dieses Zeichen anmelden solte; machte ihm deßwegẽ bald die Rechnung / es würde was neues vorhanden seyn / daher er etliche Schritte nach Herkules tretend, sagete: Mein Bruder / wir werden uns in die Waffen begeben müssen. Ja / antwortete er / ich gehe gleich mit den Gedanken üm; baht auch das Frauenzimmer / sich hinter den Baum zu stellen /gegen welchen sie den Rücken kehren wolten / und einen guten Muht zu haben. Guter Raht war hie sehr theur / weil die ohndas erschrockene gänzlich meyneten / es würde eine frische RäuberSchaar verhanden seyn / der jezt erschlagenen Tod zu rächen / daher sie voller Furcht und Schrecken in einander fielen / und ihr unglük mit Trähnen beklageten. Nun hatte gleichwol Markus ursach gnug / dieses Zeichen zu geben /weil er in die XI. Reuter zustreuet von der rechten seiten über das querfeld daher rennen sahe / welches er unangezeiget nicht lassen wolte; wiewol er mit seinem pfeiffen schier ein unwiederbringliches übel verursachet hätte. Dann diese Reuter folgeten der Spuhr eines Wagen / auff welchem die drey Fräulein von den Räubern hinweg geführet wahren. Als nun jhr Führer das Hörnlein hörete / rieff er den seinen zu: Auff / auff /ihr Brüder auff! Die räuberischẽ Diebe haben ihre Wachten außgesezt / und halten dort vor uns im Pusch; Lasset uns demnach ihnen den Lohn ihrer Boßheit geben. Rante hiemit in grossem Eiver dahin /woselbst Klodius und Markus in vollem Harnische mit beyden ädelknaben und vier ledigen Pferden hielten / welche / da sie merketen / daß jhnen feindlich wolte zugesezt werden / gedachten sie ihr Leben teur gnug zu verkauffen / und begaben sich in die enge / so daß die ädelknaben mit den ledigen Pferden hinter ihnen halten musten. Der Befehlichshaber jagete eines steinwurffs vor seinen Leuten her / rieff auch / die unsern solten sich ergeben / oder in Stücken gehauen werden. Klodius gab zur Antwort: Ritter / wer mich gleichwol in Stücken hauen [34] wil / muß meiner Fäuste Gewicht zuvor auch empfinden; aber was Raserey treibet euch / Fremde also anzufallen? Dieser gedachte / er wolte ihn mit vergeblichen Worten / und listiger Verstellung / biß zu seiner Mitgehülffen Ankunfft aufhalten / meynete also / er hätte die Räuber gewiß antroffen und sagte: Ihr Diebe und Räuber / wohin habt ihr die entführten Fräulein geschleppet? Klodius antwortete: Vor diesen Schimpff soltu mir gerecht seyn; Ich bin ein ehrlicher Römer / komme gleich von Verohn mit meiner Gesellschafft / und weiß von den nachgefrageten Fräulein nichts zu sagen / es möchten dann diese seyn / die wir vor etwa einer Stunde kläglich genug ruffen gehöret. Dieser schämete sich / daß er durch Zorn sich so weit vergangen hatte / wolte doch allerdinge nicht trauen / sondern sagte: Dafern ihr mich werdet dahin führen / woselbst ihr meynet /das Geschrey gewesen seyn / halte ich euch vor entschuldiget / und wil mich bemühen / meinen Fehler zu verbessern. Weil nun Klodius sahe / daß er übermannet wahr / und doch diese Schmach zu rächen ihm vorbehielt / stieg er ab vom Pferde / und sagete: Wer mir folgen wil / mag sich auf die Füsse wagen weil man reitend nicht hindurch brechen kan. Worauf dieser mit seiner halbẽ Schaar sich zu Fusse begab / und die andere Helffte bey Markus warten hieß / biß sie weitern Befehl vernehmen würden. Es wolte Klodius jhn gleichwol unterrichten / daß zween Ritter zu der Schreyenden Rettung hingangen währen / und er nicht wissen könte / ob sie gesieget oder verlohren hätten /weil der Streit als von weitem eine zeitlang gehöret worden / und nachgehends alle Zeichen des weitern ergehens sich verlohren hätten. Aber dieser wahr von Zorn taub und blind / und eilete nur fort / den Ort zuerreichen / da er die begangene Untaht rächen könte; ward auch endlich unserer Helden in vollem Harnisch gewahr / fassete sein Schwerd und Schild / dann andere Waffen hatten er und seine Leute wegen der eile nicht angelegt / und lieff auff die unsern mit diesen Worten zu: Haha ihr Fräulein-Räuber / jezt sollet jhr den Frevelmuht teur genug bezahlen. Klodius trabete neben ihn her / und wolte ihn noch seines Irtums unterrichten; aber da halff alles nichts; Er gieng wie ein erzörneter Eber hinzu / und schlug hefftig gnug von sich. Nun merketen unsere Helden seinen Irtuhm leicht / deßwegen sie der Anfallenden Hiebe nur mit den Schilden außnahmen / und anfangs niemand beschädigten / weil ihnen aber gar zu hefftig zugesetzet ward / und Klodius sich neben sie an den Baum stellete / daß sie nicht kunten von hinten zu angegriffen werden / wolten sie jhnen gleichwol zu erkennen geben / mit was Leuten sie es zu tuhn hätten / und aus höchstem Nohtzwange hieben sie jhrer sechsen die Köpffe vonander / daß sie todt zur Erde stürzeten. Ihr Führer wolte solches rächen / und setzete auff Herkules hefftig an / der auß seiner Gestalt urteilete / daß er was vornehmes seyn müste / daher er jhn nicht beschädigen wolte / sondern schlug ihn mit der Fläche seines Schwerts über den Kopff / daß er taumlich ward / gleich da Ladisla zu den Fräulein trat / und ihnen zurieff: Lieber bemühet euch diese eure ohn Zweifel bekante zu befriedigen / daß wir nicht zu mehrer Blutstürzung gezwungen werden. Erst gedachten diese / es würden ihre Leute / und wegen jhrer Rettung außgezogen seyn / deßwegen Frl. Sophia ungescheuhet hinzu lief / wie der von Herkules geschlagene sich wieder erhohlet hatte / und einen behuetsamern Kampff mit ihm angetreten wahr / so daß wenig fehlete / er hätte jhn gezwungen niderschlagen müssen / weil er mit gar zu hefftigem wüten auff ihn drang / und die bißher geschehene Verschonung der Unerfahrenheit seines [35] Bestreiters zulegete. So bald ihn das Fräulein erblickete / rieff sie überlaut; herzliebster Bruder / wiltu unsern besten Freunden keinen bessern Dank sehen lassen? thue gemach / thue gemach / du hast keine Feinde vor dir. Als ihr Bruder Kajus Fabius solches hörete / zohe er sich zurük / gab auch seinen leuten einen Wink einzuhalten / und antwortete ihr; wie dann / Schwester / ist dir durch die gewaltsame entführung eine Freundschafft erwiesen /so hüte dich / daß du nimmermehr deinen Eltern unter die Augen kommest; und wolte hiemit den Kampff wieder anheben. Aber das Fräulein / nebest ihren Gespielen / stelleten sich zwischen die blossen Schwerter / und fiel diese ihrem Bruder in die Arme / mit heissen trähnen sagend: O Bruder öffne doch die Augen deiner Vernunfft und leibes / und sihe dort die erschlagene boßhaffte Räuber / welche von diesen beyden tapfferen Helden erlegt / und wir dadurch bey Ehren erhalten sind. So bald er dieses hörete / warff er den Schild nider / nahete sich zu Herkules / und boht ihm sein Schwert mit diesen Worten: Gewaltiger Ritter / wer ihr seyd / ich bezeuge mit übergabe meines Schwerts / daß ich wider Rittergebühr mich an euch vergriffen / indem vor eure Woltaht ich euch unabgesagt und feindlich überfallen; Welches / da es von mir lebendig kan gebüsset werden / sol mein äusserstes Vermögen zu euren Diensten seyn; wo nicht; so nehmet von mir die gebührliche Rache / nach meiner eigenen Urtel. Hiemit boht er ihm sein Häupt dar / und sagete: Weil dieses Gehirn so unwitzig verfahren /muß es der Straffe sich nicht entbrechen. Fräulein Sophia währe hierüber schier in Ohmacht gerahten / nur die vermeynete Gefahr ihres Bruders erhielt ihre Krafft / daß sie Ladisla zun Füssen fiel / und hefftig weinend zu ihm sagete: Ach mein Herr / dieser ist mein leiblicher und einiger Bruder / die ganze Hoffnung seiner Eltern; bitte deßwegen demühtigst / ihm von meinetwegen zu verzeihen / deß wil ich zeit meines Lebens mich zu allen euren Diensten schuldig erkennen. Durchl. Fräulein / antwortete er / sie zuvor auffhebend; ich verbleibe ihr gehorsamer Knecht /und versichere sie / dz sie meines Gesellen Höfligkeit weder in diesem noch andern Stücken wird zu beschuldigen haben. Wie dann Herkules solches in der Taht erwieß / da er dem jungen Fabius diese Antwort gab; Mein Herr / ihr beweiset mir mit diesem zumuhten mehr Verdrießligkeit / als vorhin mit eurem überfall / nach dem ich euch nicht verdenken muß / daß ihr wegen Entführung dieses treflichen Frauenzimmers entrüstet seyd; aber nicht absehen kan / was gestalt ich das übrige entschuldigen sol; nur ist mir sehr leid / daß durch diesen Irtuhm Menschenblut hat müssen vergossen / und sechs Seelen eurer Reuter auffgeopffert werden / als deren mein Geselle und ich uns aus gezwungener Noht erwehren müssen. Mein Herr /antwortete er / meine Reuter haben nicht auff Römisch gehandelt / daß ihrer so viel ohn mein Geheiß drey Ritter angegriffen; ist ihnen darob etwz zugestanden / haben sie es jhrem Frevel zuzuschreiben; ich aber bin wol vergnüget / daß eure Leiber von mir und den meinen unverlezt blieben sind; werde mich auch befleissigen / eurem guten Willen Abtrag zu machen /so viel mein unvermögen zulässet. Er kunte sich aber über Herkules Schönheit und Stärke in dieser seiner Jugend nicht gnug verwundern / daher er ihn mit unverwendeten Augen ansahe. Hingegen wahr das Frauenzimmer von Herzen froh / daß es zum Vertrage kommen / und ein so gefährlicher Streit beygelegt wahr / und vermahnete Frl. Sophia ihren Bruder / er möchte diese fremde nöhtigen / mit nach Padua zu kehren; Worauff er antwortete: Du [36] hast der gebührlichen Bescheidenheit mich billich erinnert; dañ an stat des ersten Schwertschlages hätte ich solches verrichten sollen. Hierauff hielt er bey jhnen gar inständig an / sie möchten neben jhren Dienern mit ihm reiten /und der ganzen Freundschafft gönnen / wegen geleisteter Rettung ihre Dankbarkeit abzulegen. Die Fräulein traten mit herbey / und erhielten ihr Begehren. Fabius gieng vor seinem Abzuge hin / die erschlagenen Räuber zu besichtigen / die er alsbald / insonderheit den ersten / vor die beschrihenste Fechter erkennete / und zu seinen Leuten sagete; Er hielte fast vor unmenschlich / daß diese zween junge Ritter solche ausgeübete Fechter vor der Faust erlegt hätten. Aber Frl. Sophia / die mit jhm gieng / wuste ihm das Gefechte so zu beschreiben / daß er öffentlich sagete: Dafern er wissen solte / daß diese Helden Göttliches Herkommens währen / wolte er sie davor gerne erkennen und ehren; Kehrete wieder umb / und zeigete ihnen an / sie würdẽ schwerlich gläuben / was vor einen ruhmwirdigen Sieg sie an den Erschlagenen behäuptet / als welche XX Geharnischten nicht würden entlauffen seyn / sondern die überwindung ihnen zweifelhaftig gnug gemacht haben. Worauff Ladisla antwortete; Es könte wol seyn / daß in einer an ihrer Seiten so gerechten Sache / sie ihnen viel zu schwach gewesen währen; Weil aber die Billigkeit / sagte er /unsere Schwerter selbst führete / auch diese trefliche Fräulein mit jhrem andächtigen Wunsch uns zu hülffe kahmen / und Krafft erteileten / haben sie dem Tode nit entgehen können; massen solche leichtfertige Buben durch Göttliche Rache fallen müssen / als auff die jhr eigenes Gewissen selbst tapffer zuschlagen hilfft. Fabius schätzete seine höfliche Demuht sehr hoch / ließ seine erschlagene Reuter in die Erde verscharren / und sahe / daß noch fünfe ziemliche Wunden davon getragen hatten. Inzwischen trat Klodius zu seinem Herrn / andeutend / es hätte ihn einer dieses Hauffens vor unredlich gescholten / bähte / daß zu erster Gelegenheit er solches ritterlich außzutragen /Freyheit haben möchte; welches er ihm einwilligte; und ließ Ladisla der fünff Räuber grosse Schwerter und Schilde / auff welchen sie ihre Nahmen eingeetzet hatten / zum Siegszeichen mit nehmen; machten sich wieder durch das dicke Gesträuch zu jhrer Gesellschafft / und hinterlassenen Pferden / da Ladisla sein geliebtes Fräulein / Herkules Frl. Helenen / und Fabius seine heimlich verlobete Ursul bey der Hand hin durch führeten / Ladisla aber mit gutem Willen etwas dahinten blieb / sich durch freundliches Gespräch bey dem Fräulein besser einzudingen; fand auch allen freundlichen Willen / ohn daß auff Vortragung seiner Liebe sie allemahl eine Scherzantwort gab / oder doch sich dessen so gar fremde stellete / als hätte sie es nicht verstanden; wodurch seine erhitzete Begierden je mehr und mehr entzündet wurden. Als sie endlich mit Mühe die Hecken hinter sich gelegt / nöhtigte Fabius unsere Helden im ersten Gliede vorne an zu reiten / so wolte er als ihr Verbundener ihnen folgen; welches sie aber nicht gestatten wolten / sondern es gebrauchte sich Ladisla dieser Gelegenheit / und ordente / daß Herkules und Fabius im ersten; Er und Frl. Sophia im andern; und die andern beyden Fräulein im dritten Gliede retten solten / weil man weder Gutschen noch Sänfften vor das Frauenzimmer haben kunte / und sie deßwegen sich mit zu Pferde setzen musten. Nun ritte Fräulein Sophia Ladislaen Handpferd / welches aber von diesem leichten Reuter sich nicht wolte zwingen lassen / sondern / wie es ohn das etwas unbendig wahr / begunte es gleich im auffsteigen mit jhr außzureissen. Ladisla erwischete sie bald wieder / suchte [37] hiedurch gelegenheit / sie näher zu bekommen / und weil er den mehrenteil seiner Rüstung abgelegt hatte / erboht er sich / sie auff seinem Pferde vor sich zu führen / dessen sie sich anfangs wegerte /einwendend / sie würde jhm gar zu beschwerlich seyn; aber auff jhres Bruders / und der beyden Fräulein (welche alle ihr Liebesfeur merketen) Zuredung / ließ sie sich zu ihm hinauff heben / da zur anzeige seiner vergnügung / die er hiedurch empfing / er ihre Hände freundlich drückete / und sie es mit einem freundlichen Anblik ersetzete. Es kunte Fabius unsern Herkules nicht gnug anschauen / und empfand solche neigung in seiner Seele gegen ihn / daß ihm unmöglich wahr / selbe weiter zu verbergen / daher er diese Rede an ihn abgehen lies: Mein Herr / der von mir aus Unvorsichtigkeit begangene Frevel / hält mit der begierde zu seiner Freundschafft einen hefftigen Streit in meinen Herzen / daß / so viel diese mich zu ihm hinträget / mich jener hingegen zurük zeuhet / weil ich des gar zu groben Fehlers mich wol erinnern kan; nach dem aber auff seine freundliche verzeihung ich mich verlasse / und dieselbe meinem Verbrechen entgegen setze / hat endlich mein vertrauen der Zungen anbefohlen / die Furcht hinter sich zu legen / und des Herzen Wunsch außzudrucken. Herkules fiel ihm in die Rede / und zeigete an / daß wann er des im Gehölze auß blosser Unwissenheit begangenen / nicht in vergeß stellen / sondern mehr gedenken würde / könte er keinen Schrit weiter mit ihm reiten / dann ich versichere ihn / sagte er / daß / in seine Kund- und Freundschafft auffgenommen zu seyn / ich nur vor eine sonderliche Ehr und Glükseligkeit rechne. Fabius / nach gebehtener Verzeihung / fuhr in seiner Rede also fort: Es pflegen die Sternkündiger dem Himmel zuzuschreiben / was dem Menschen vor Glük und Unglük zustosset; ja wann etliche Gemühter sich mit einander Verbinden / muß dieser oder jener Stern solches verursachet haben. Ich vor meine Wenigkeit wolte vielmehr halten / daß eine jnnerliche Krafft der Seelen uns reize und zwinge / diesem anzuhangen und jenes gehässig zu meyden / oder wol gar feindselig zu verfolgen; und wol denen / die der Tugend-liebe nachsetzen / und durch den äusserlichen falschen Schein der Sinnen-süssen Uppigkeit sich zur verderblichen Wollust nicht verleiten lassen. Freundschafft und Liebe ist heut zu tage auff der Zungen sehr gemein / daß nichts wolfeilers mag gefunden werden / und hat die leichtfertige Jugend den bekanten schnöden Brauch / daß wann sie zusammen kommen / und einer von dem andern weder gutes noch böses nie gesehen / oder gehöret hat / sie als bald brüderliche Freundschafft unter sich auffrichten / so bald der Wein ihre Herzen mit einem Tropffen über Durst anfeuchtet; und meynen /es fliesse aus dem Glase alles her / was den Nahmen wahrer Freundschafft gebieret. Mein Sinn ist dieser Leichtfertigkeit nie hold / viel weniger zugethan und ergeben gewesen / sondern so selzam und wenig ich die Tugend bey meines gleichen jungen leuten antreffe / so geringe ist auch die Anzahl meiner erkieseten freunde; aber daß kan ich sonder sparung der Warheit wol beteuren / daß nie kein Fremder / als mein Herr /mich zu seiner Hulde so sehr gezogen hat. Zwar es möchte mañicher mich vor unbesoñen schelten / daß ich so leichtbewägig bin / einem zu wahrer Freundschafft mich zu verbinden / dessen Nahmen ich kaum zweymahl nennen hören / und gar nicht weiß / wer oder weß standes er sey. Ich aber halte vielmehr / daß mir solches zum besten Außgedeutet werden müsse /inbetrachtung / ich kein äusserliches an ihm / und was daß unbeständige Glük verleyhet / sondern seine hochbegabte Art und Tugend [38] liebe und ehre / die er heut auff einmahl durch Barmherzigkeit und mitleiden gegen daß gefangene Frauenzimmer / durch Herzhafftigkeit und stärke gegen die Räuber / und durch gütige Höffligkeit und vergebung gegen mich / mit vollem Strohme außgeschüttet und zuerkennen gegeben hat. Nun kan wol seyn / daß mein Herr von geblüte höher ist als ich und die meinen; aber solte er gleich eines Hirten Sohn seyn / würde doch seine Tugend bey mir nicht umb ein Haar weniger gelten / als wann er der mächtigste König der unüberwindlichen Teutschen währe. Diesem nach Bitte ich dienstlich / weil mein begangener Fehler mir schon gänzlich nachgelassen ist / es wolle mein Herr mich unter die Zahl seiner geträuen Freunde auffnehmen / und zwar unter diese /welche sich durchaus nicht wegern / Leib und Blut vor ihn in die Schanze zu schlagen / und vor seine Wolfahrt gutwillig auffzuopffern. Herkules gab eben acht auff seine reden / spürete auch aus allen seinen geberden / daß seine Zunge nicht vermochte so viel außzusprechen / als die Seele ihr vorzubringen befahl / weil unter den reden er seine Gestalt offt verenderte /und nach Eigenschafft der worte bald erröhtete / bald anbleichete / auch bißweilen im außsprechen etwas ansties und halten blieb. Antwortete ihm deßwegen ganz freundlich und sagete: Mein Herr / es ist freylich ein närrisches Getichte / daß man den himlischen Lichtern eine solche Wirkung in unsere Seele aufflegen wil / und damit zugleich unsern Mutwillen schmücken und entschuldigen / wann er in der Büberey sich vertieffet; gestaltsam auff diese Weise mein Geselle und ich / den boßhafften Räubern die unverantwortlichste Gewalt müsten angethan haben / als die nit aus getrieb ihrer eigenen wilkühr / sondern durch unvermeidliche Wirkung des Himmels diese züchtige Fräulein geraubet zu haben sich entschuldigen könten. Und wer siehet nicht / daß durch diesen Unweg nicht allein den Lastern Tühr und Tohr geöffnet / sondern auch die Straffe gehemmet / ja der Tugend ihr gebührliches Lob entzogen würde? Freylich mein Herr / stecket es in unser Seele / so wol was lob-als was scheltwürdig ist / nicht weniger / als eben derselben Kräffte die Gemühter verbinden / und gemeiniglich gleich zu gleichen gesellen. Wer nun ausser dieser Meynung der Freundschafft Band und Gültigkeit suchet / gibt scheinbahr an den Tag / wie wenig er derselben Art und Eigenschafft verstehe. Die vollen Becher / wie leicht sie zur Kundschafft anlocken / so leicht brechen sie auch dieselbe wiederumb /und ist nichts gemeiners / als daß solche WeinBrüder sich in einer Stunde dutzen uñ mutzen / schmatzen und kratzen / da dann die Wirkung auff beyden Blättern uns lesen lässet / was von dieser art Freundschafft zu halten sey. Daß ich nun aber etwas näher trete / so kan mit meinen Gedanken ich nicht absehen / was mein Herr an meiner Geringfügigkeit mag gespüret haben / welches eine so hohe Neigung gegen mich einen schlechten außländischen umschweiffenden Ritter und unbekanten Menschen erwecken könte. Zwar einen Liebhaber und Anbehter aller auffrichtigen Tugend gebe ich mich an; wiewol auch dieses mir zur Ruhmretigkeit möchte gedeyen / angesehen der grossen Gebrechligkeit / die ich täglich bey mir verspüre / daß also mich ein jeder billich / wo nicht auß anderm Grunde / zum wenigsten meiner Jugend halben vor frevelmühtig schelten müste / dafern ich mich grosser Geschikligkeit und Tugend rühmen wolte; weil zu Erweisung eines so volkommenen gutes /lange Zeit erfodert wird; jedoch wie dem allen / Bitte ich freundlich / mein Herr wolle / als lange er einige Liebe und begierde gutes zu thun / an mir spüret /mich in dem Gedächtnis-Buche [39] seiner Diener und Freunde angezeichnet stehen lassen; ist dann gleich mein vermögen zu schwach / grosse bedienungen zuleisten / sol doch mein ergebener Wille keine Gelegenheit durch Vorsaz verseumen / sich meinem Herrn als Freunde zu aller mögligkeit darzulegen. Weil Herkules dieses vorbrachte / sahe ihn Fabius mit starrem Gesichte an / und nach seiner Rede endigung sagete er: Mein Herr / mir genüget an seinem Erbieten /wegen angenommener Freundschafft daß übrige sey zu seinem Wolgefallen gesprochen; ohn daß ich unberühret nicht lassen kan / daß ein Verständiger die Tugend nicht aus dem Alter / sondern bloß aus der gültigen Volkommenheit urteilet; wie dann mannicher junger Baum viel gesundere und schönere Frucht bringet / als der mit mossigten ästen sich zwanzig Ellen außbreitet; und wil nicht sagen daß die Tugend sich allemahl scheinbahrer in jungen / als in alten erzeiget /weil in diesen daß löbliche aus Mangel und Abgang der Bewägungen viel leichter / als in der hitzigen Jugend / stat findet / und daher / was so gemein nicht ist / uns viel ädler als das tägliche seyn dünket; Alte Rosen sind auch roht / aber die sich erst von einander tuhn / ungleich lieblicher / auch besseren Geruchs und Krafft / welches niemand / als vielleicht zum scherze leugnen wird. Also führeten diese neuen Freunde ihr sinnreiches Gespräch / biß sie vor Padua anlangeten /und verbunden sich ihre Herzen auff so kurzem Wege in wenig Stunden dermassen fest zusammen / daß solches Band ni ermehr kunte auffgelöset noch zurissen werden. Ladisla übersahe unterdessen seine Schanze auch nicht; dann weil er sein liebstes Fräulein vor sich führete / und ihr in geheim alles reden kunte / suchete er alle Gelegenheit / eine genehme Erklärung von ihr zu erlangen; da sie dann allemahl sich gar höfflich und gewogen / doch nicht nach seinem Willen vernehmen lies / deßwegen er ihr solches unter verblümten reden abzugehen / zu ihr sagete: Mein Fräulein / es fället mir eine Geschichte ein / die sich in meinem Vaterlande zugetragen / und wann es ihr nicht zu wieder währe / ich selbige / die Zeit zu vertreiben / und des unsanfften sitzens sie vergessen zu machen / gerne erzählen wolte. Mein Herr / antwortete sie / sider dem ich aus Räubers Händẽ errettet bin /habe ich über lange Zeit nicht zuklagen gehabt / und ist mir leid / daß mein Herr wegen des unsanfften sitzens sich beschweren muß / dessen ich die einzige Ursach bin / und ihm alle diese Ungelegenheit zuzihe. Ich versichere viel mehr mein Fräulein / sagte er / daß Zeit meines lebens ich nie auff keinem Pferde bequemer gesessen; würde mich auch nicht wegern / auff solche Weise die ganze Welt durchzureiten. Das Fräulein sahe ihn an mit lieblichen blicken und sagte; Seine Höffligkeit mein Herr / ist so groß / und die mir erzeigete Woltahten so häuffig / daß ich mich erkenne in alle dem ihm schuldig und verbunden zu seyn / was ihm belieben kan und mag; meine Ehr außzunehmen halte ich unvonnöhten / weil ein so ehrliebender Mensch wider Ehre nichts begehren wird / der mit Darstreckung seines Leib und Lebens mir dieselbe beschützet / und als sie gleich solte geraubet werden /erlöset und frey gemacht hat. Aber ich bitte sehr /mein Herr wolle seinem Erbieten nachkommen / und die erwähnete Geschichte seines Vaterlandes mir zuerzählen unbeschweret seyn / weil von Kindesbeinen auff / ich meine beste Lust in Les- und Anhörung löblicher und denkwirdiger Geschichten suche und empfinde. Ladisla bedankete sich anfangs des hohen Erbietens / welches er zwar nicht verdienet hätte / und doch vor den glükseligsten Ritter sich schätzen würde / dafern sie ihn dessen wirdig hielte. Sagte hernach; die Geschichte währe kurz und vielleicht [40] unlieblich /aber die Ursach seiner Erinnerung unterschiedlich /möchte auch Wünschẽ / daß über die Menschen /deren er gedenken würde / sie ihre Urtel ohn einige Gunst oder Ungunst zu sprechen / ihr könte gefallen lassen / und zwar solcher Gestalt / als sie über sich selbst in gleichen fällen wolte gesprochen haben. Mein Verstand im Urtelsprechen / sagte sie / ist sehr schlecht und kindisch / doch meine unmaßgebliche Meynung darüber anzudeuten / bin ich meinem Herren gerne Gehorsam. Hierauff nun fing Ladisla also an: In meinem Vaterlande lag eine wunderschöne Jungfer in einem tieffen Turm gefangen / woselbst sie von gifftigen Schlangen und allerhand schädlichem Ungezieffer gar ümringet wahr / daß Menschlichem Ansehen nach / unmöglich schien / sie daraus hätte können errettet werden. Sie wahr aller ihrer Kleider beraubet / mit Händen und Füssen angeschlossen /daß sie weder weichen noch sich wehren kunte / und erwartete alle Augenblik / wann daß Ungezieffer /welches mit dem vergiffteten anhauchen ihr schon dräuete / sie anfallen und verzehren würde. Nun fügeten es die Götter / daß ein Ritter ohngefehr vorüber ging / ihr klägliches Geschrey hörete / und zu allem Glük einen losen Stein in der Untermauer des Turmes antraff / welchen er außhub / und sich in die Gefängnis hinunter ließ / machte sich an das gifftige Gewürm / zutrat sie / und führete die Jungfer frey und gesund heraus / so gar / daß sie nachgehends niemand weiter besprechen durffte / weil ihre Unschuld ans Licht kam. Die Jungfer bedankete sich mit worten höchlich gegen den Ritter / versprach auch die geleistete Rettung in der Taht zu vergelten / und nöhtigete ihn mit zu gehen / damit sie ihm seine Dienste belohnen könte. Dieser wahr hierzu willig und folgete nach /biß sie zu einem verborgenen tieffen Loche kahmen /dahinein sties sie diesen frommen gutherzigen Ritter /legte einen Stein vor das Loch / daß es kein Mensch erfahren solte / ging davon / und lies ihn elendig sterben und verschmachten. Hieselbst wolle nun mein Fräulein / gethanem Versprechen nach / ohn alles ansehen Urteilen / was der Ritter wegen geleisteter Rettung; die Jungfer aber vor ihre Dankbezeigung verdienet habe. Frl. Sophia antwortete; Mein Herr / ich entsetze mich über dieser Erzählung / und hätte nicht gemeinet / daß so grosse Boßheit bey einigem Menschen / geschweige bey einem Weibesbilde solte gefunden werden; da auch meine Urtel gelten solte /spreche ich ohn Gunst und Ungunst / wie ich über mich selbst wolte sprechen lassen / daß diese schnöde Jungfer verdienet / vor erst in die vorige Gefängnis geworffen / und mit zehenfachen Unzieffer geplaget zu werden; jedoch / dafern mein Herr mich berichten wird / ob auch der Ritter diese Jungfer nach geschehener Erlösung an ihren Ehren gekränket habe; wo nicht / muß die Urtel billig gültig seyn / wie gesagt; der Ritter aber solte nicht allein errettet / sondern zum Herren über alle ihre güter eingesezt werden; solte über daß täglich viermahl hingehen / und an der Straffe seiner Feindin sich ergetzen; auch das Gewürm reizen / daß es dieser grausamen und Undankbaren die aller empfindlichsten Schmerzen anlegete. O mein Fräulein / antwortete Ladisla; der gütige Himmel wende ja diese Urtel / und lasse vielmehr alles über mich ergehen. Sie erblassete vor schrecken über diese Worte / und sagete zu ihm; Wie so mein Herr? habe ich ihm zum Verdries geurteilet / warumb hat er mich dann so hoch dazu vermahnet? Ach ach / sagte er / ich kan dieser Urtel nicht beypflichten / weil die Jungfer mir lieber / als mein eigen Herz; der Ritter aber mir sehr verwand ist. Jezt merkete sie sein Räzel / wohin es zielete / taht aber nicht deßgleichen [41] / sondern gab zur Antwort: Eure Liebe und Freundschafft mein Herr / ist mir allerdinge unwissend; unterdessen aber halte ich meine Urtel den Rechten noch gemäß. O mein Fräulein / sagte er / viel zu stränge viel zu stränge! warumb aber zu stränge? fragte sie; ich meine / der Himmel selbst werde meinen Schluß billichen / als welcher nichts so sehr / als die Undankbarkeit hasset; möchte doch gerne von ihm hören / wie ich die Urtel anders fassen solte. Meine Meynung währe / antwortete er / es solte diese Jungfer vor erst gehalten seyn /den unschuldigen frommen Ritter aus dem Loche zu ziehen / und ihm eine bessere Dankbarkeit zu erweisen; würde hernach der Ritter zugeben können / welches ich doch nie gläube / daß sie in vorige Gefängniß gelegt würde / stünde davon zu rahtschlagen / wie /welcher gestalt / und wie lange; ja würde der Ritter nicht klagen / so bedürffte es keines weitern Spruchs. Bey meiner Träue / sagte sie / es währe eine wolbedachte / aber gar gelinde Urtel an der Jungfern Seite /und geschähe über das dem Ritter kein Genügen. Meiner Fräulein Spruch aber / sagte er / würde gar zu scharff seyn / nicht minder wider den Ritter / als die Jungfer selbst / ungeachtet der Ritter ihr zuvor kein Leid angetahn. Gegen den Ritter zu scharff; Dann es möchte seyn / daß nach seiner Erledigung er seine Liebe zu jhr / nicht ablegen könte / und wol lieber sterben / als sie unter den Würmen verderben lassen wolte. Also würde die gesprochene Urtel den unschuldigen mit dem schuldigen treffen. Gegen die Jungfer zu scharff; dann es möchte ihr das übel nachgehends leid werden; hätte über das / weil der Ritter ja erlediget währe / den Tod nicht verdienet / sondern stünde vielleicht in dessen ferner Wilkühr / mit jhr zu handeln. Mein Herr / sagte sie hierauff / ich bin viel zu schlecht und unverständig / diesen wichtigen Einwurff zu lösen; er lerne auch daher / wie ein schweres Werck das Richter Amt sey / welchem Unerfahrne keines weges sollen vorgesezt werden; Daher auch mein Herr übel getahn / daß er mich vor eine Richterin auffgeworffen hat. Wann mir aber keine Frage verarget würde / möchte ich wol wissen / ob auch jezgedachter Ritter so wol Standes als Tugendhalber wirdig gewesen / von dieser Jungfer nicht allein loßgelassen / sondern auch geliebet zu werden. Ladisla merkete ihre Verschlagenheit / daß sie seinen Vorsaz errahten hatte / und zugleich sich seines Standes erkündigẽ wolte / und gab zur Antwort: So viel mir bewust / hat dieser Ritter stets nach Ehr und Tugend gestrebet / sich aber äusserlich uñ vor den Leuten aus höchstwichtigẽ Ursachen schlecht und geringe gehalten / ungeachtet er von hohem / ja von dem höchsten Stande seines Vaterlandes wahr. Vielleicht hat dann die Jungfer / sagte sie / seines Herko ens keine Wissenschafft gehabt / sonst würde sie ohn zweifel sich so unfreundlich gegen ihn nicht verhalten haben; und dafern dem also / hätte der Ritter / meiner Einfalt nach / sehr wol getahn / wann er bald anfangs sich ihr hätte zu erkennen gegeben. Es stund wegen eines schweren Gelübdes in seiner Macht nicht / antwortete er / sonst hätte er vielleicht der Jungfer ohn einiges Bedenken sein ganzes Herz vertrauet; Und was meinem hochwerten Fräulein ich anjezt vorgetragen / kan ich anders nicht rechnen / als ein lebendiges Vorbilde meines jetzigen unfals. Sie hörete den Fuchs wol schleichen / weil er ohn das nicht so gar leise niedertrat / ließ sichs doch nicht merken / sondern fragete als mit Verwunderung; Wie mein Herr? ist ihm dann ehmahls deßgleichen auch begegnet / so erfreue ich mich seiner errettung von ganzem Herzen / weil ohn dieselbe ich nicht würde errettet seyn; Und hat er daher sich wol vorzusehen [42] / daß er nicht allem äusserlichen Schein traue / insonderheit / weil sein Verlust vielen Nohtleidenden zum Verderben gereichen würde / die sich seiner Rettung / bis lange er lebet / zu getrösten haben. Ich vor meine Wenigkeit / werde die mir erwiesene zu preisen wissen / so lange ich mich selbst kennen kan / und daneben bemühet seyn / meinem Ehren- und LebensSchützer eine bessere Dankbarkeit / als gedachte seine Landmännin / zu erzeigen. Ladisla wolte nun länger nicht unter dem Hütlein spielen /sondern fing mit bewäglicher Rede an: O mein außerwähltes Fräulein / wie so hohe Vergnügung ist es meiner Seele / daß mit meinen geringen Diensten ich ihrer Vortrefligkeit einigen beystand getahn und tuhn können; wird auch / weil ich lebe / und dessen gedenken kan / meinem Herzen die allergrösseste Freude schaffen / insonderheit / weil derselben / es zu gedenken / behäglich ist. Aber O daß entweder ich blind /oder mein Fräulein unsichtbar gewesen / und noch währe / daß ihre außbündige Schönheit mir unwissend seyn möchte / weil durch dieselbe ich leider in die grundlose Liebes-Grube gestürzet bin / in welcher ohn jhre Rettung / die allem ansehen nach / ich nicht eins zu hoffen habe / ich gewißlich umbkommen und verderben muß. Aber du gefangener Ladisla / nim den Lohn deiner Verwägenheit nur gutwillig an / weil du liebest / da du deiner Liebe keinen Grund findest /und daselbst zu lieben begehrest / wo deine Seele nicht hafften kan; jedoch versuche noch einmahl zu guter lezt / ob das vortrefliche Fräulein zur Erbarmung und Mitleiden könne erweichet werden / und sie dich auß diesem Verderbensloche loßreissen wolle /dahinein dich jhre Schönheit gestossen; wo nicht / so bitte die Götter / daß ihre selbst gesprochene Urtel sie ja nicht treffen möge / du lebest gleich mit ihr / oder stirbest ihretwegen. Hiemit endete er seine Rede / und hing auff dem Pferde als in halber Ohmacht; Welche Verenderung das Fräulein aus seiner Stille und Farbe merkend überauß hoch erschrak / drückete ihm die Hand und sagete: Begreiffet euch / mein hochwerter Herr und Freund / oder besser zu sagen / mein Ritter und Erretter von den bösen Würmẽ und gifftigen Schlangen / welche freylich mich gefangene und nackete schon anhaucheten / und zu erwürgen dräueten. Ich erkenne ja die hohe Woltaht eurer Erlösung / und billich / wolte auch lieber eines bösen Todes sterben /als einen so hochverdienten Freund in einiges UnglüksLoch stossen / oder zu seinem Verderben die allergeringste Ursach geben. Ich bitte aber ganz freundlich / mir ein widriges nicht anzutichten / welches mir / bey des Himmels Zeugniß / nie in den Sinn kommen ist. Ich verstehe zwar in etwas / wohin er mit seiner Erzählung gezielet / aber nimmermehr werde ich leiden / daß die Außdeutung auff mich könne gerichtet werden; So ist auch meine Schönheit bey weitem noch der Vortrefligkeit nicht / daß ein solcher volkommener Ritter durch dieselbe solte können eingenommen oder gefangen werden; Ist aber etwas an mir / welches ihm gefallen möchte / erachte durch seine Woltahten ich mich verbunden / solches vielmehr zu seiner Vergnügung als Verderben auzuwenden; Nur bitte ich inständig und von herzen / mein Freund und Erlöser wolle in eine annoch Unbekante nicht weiter dringen / als dieselbe sich zu erklären /Macht und Gewalt hat / auch Jungfräuliche Zucht und Scham ihr zulassen wil. Ja mein Fräulein / antwortete er: Wann hungerige Magen und durstige Herzen mit Worten könten ersättiget und gelabet werden; Was hilfft mir hungerigen die Farbe und Geruch eines schönen wolschmeckenden Apffels / wann ich jhn nur auff dem Baume sehen / und nicht geniessen sol; [43] wird nicht meine Begierde nur dadurch gepeiniget? Mein Herr / antwortete sie / was würde er dann des schönen Apffels achten / wann er jhn zuvor in den Koht getreten hätte / daß er durch und durch besudelt würde? würde er denselben nicht alsbald verfluchen / und einen Abscheu daran haben? Verflucht seyn alle /sagte er / die solchen unbillichen Vorsaz haben / und wie solte ich den lieben Apfel in Koht werffen / dessen Niessung ich umb alles mein Gut lösen wolte /meinen dringenden Hunger zu stillen? Das Fräulein antwortete: Mannicher Lusthunger ist so unordentlich und böse / daß er auch die Speise verdirbet / die durch dessen Antrieb genossen wird. Ey so sey auch der verflucht / sagte er / welcher solchen ungebührlichen Lusthunger bey sich hat; Ich beteure es / mein Fräulein / so hoch ein Ritter kan und sol / daß mit keiner anderen / als auffrichtiger geträuer und keuscher Liebe ich derselben zugetahn bin / so daß ich lieber eines grausamen Todes sterben / als einige Unbilligkeit ihr zumuhten wolte; hat aber mein Fräulein etwa schon einem andern sich selbst zugedacht und ergeben / bitte ich / mich solches wissen zu lassen / damit auff solchen Unglüksfall ich zeit meines Lebens beklagen möge / daß ich so ein liebes Täubelein einem andern zum besten / aus des Geiers Klauen habe helffen loßreissen. Nein mein Herr / fiel sie ihm in die Rede / er hat sich zu versichern / daß wie ich zeit meines Lebens von keinem Mannes bilde / als heut diesen Tag bin angesucht / also habe ich auch noch keinen zu meiner Liebe erkieset; jedoch sein Erbieten / mein Freund / nehme ich mit gutem Herzen auf; Daß ich aber ihm völlige Antwort nicht folgen lasse / wird er mir ja nicht verargen / angesehen / ihm mein und der meinigen zustand annoch allerdinge unbekant ist /und ich nicht wissen kan / ob er mit solchem hernähst werde friedlich seyn; bin auch versichert / daß mein Herr mirs dereins auffrücken würde / wann in so weniger Kundschafft ich mich so weit vergehen / und nach seiner Ansuchung ohn meiner lieben Eltern Bewilligung / die ein solches umb mich nicht verschuldet / mich in unständiger Frecheit außdrüklich erklären solte. Lasset euch / bitte ich / ein Zeichen meines guten Willens seyn / daß wie er der erste ist / von dem ich dergleichen Anmuhtungen bekommen / ich von Herzen wünsche / daß ichs von keinem in der Welt mehr hören möge; welche lezte Worte sie zu seinem Troste nicht ohn starke Schamröhte mit leiser Stimme hervorbrachte. Ladisla merkete aus dieser Antwort /daß sie nicht willens wahr / ihm ihre Liebe unbedinget zu versprechen / ehe sie seines Standes unterrichtet währe; hatte sich auch schon auff eine vernünfftige Antwort geschicket; Aber sie naheten dem StadTohr /daß das Fräulein absteigen / und sich auff ein Pferd setzen / auch böse Nachrede zu meiden / von seiner Seiten ab / sich zu ihren Gespielen begeben muste /welches sie mit solcher Freundligkeit taht / daß er ihre gute Gewogenheit wol verspürete. Ladisla und Fabius nahmen Herkules wider seinen Willen in die Mitte /und wolten gleich zur Stadt einreiten / da Klodius aus der Ordnung sich vor seinem Herrn stellete / und jhn seines heutigen Versprechens erinnerte / auch von jhm Erläubniß bekam / sein Anliegen vorzutragen; Worauff er Herrn Kajus Fabius also anredete: Ihr werdet euch besinnen / Ritter / was gestalt ihr bey eurer ersten Ankunfft / meine Ritterliche Ehr zu kränken euch unterstanden / und mich vor einen Dieb und Räuber außgeruffen; Weil ich aber solcher Untaht mich allerdinge frey weiß / und so wol ein Römischer ädelman bin als ihr / ob gleich wegen Abgang zeitlicher Güter / uñ etwas zu erfahren / ich mich / meines Adels ungeschändet / in meines Gn. Herrn Dienste [44] begeben / so bin ich bereit und erbötig / meine Ehe mit der Fast zu handhaben / umb zu erweisen / daß ihr mit Unwarheit mich vor solchen Unmann außgeruffen; sage euch deßwegen ab / und fodere euch zum Kampff / es sey mit dem Speer oder Schwert / oder beydes. Herkules ward auff seinen Diener zornig / und sagte zu ihm: Nimmermehr hätte ich gedacht / daß du mir diesen Schimpff machen würdest; so hastu mir auch den Mann nicht genennet / mit dem du es zu tuhn hättest /ich wolte diesen Spau sonst leicht entschieden haben. Fabius hielt bey Herkules umb Verzeihung an / und gab seinem Außforderer zur Antwort: Ritter / ich meyne nicht anders / als daß ich meines Irtums wegen einen Wiederuff getahn / so bald ich dessen inneworden bin; weiß auch von euch nichts unehrliches / sondern halte euch vor den ihr euch außgebet; Weil ihr aber damit nicht könnet friedlich seyn / und Lust habt / euch mit mir zu versuchen / wil ich euch gerne zu willen seyn / damit jhr hernach möget auffhören euch weiters über mich zu beschweren. Herkules wolte seinem Diener den Kampff verbieten; derselbe aber wante ein / ihre Gn. möchten bedenken / was jhm hierauß vor ein Schimpff entstehen würde / und müste er eines solchen Herrn unwirdig seyn / wann er seiner Ehren keine gebührliche Obacht hätte. So hielt Fabius selbst bey Herkules an / nicht weiter darzwischen zu reden / weil ja auff geschehene Außfoderung Ritters gebühr müste geleistet werden. Also muste ers endlich / wiewol mit höchstem Unwillen geschehenlassen. So bald Fabius seinen Harnisch und etliche Speer hatte herzu hohlen lassen / reichete er Klodius eines /und zeigete jhm den Kampffplaz / wohin er ihm bald folgen wolte; Wie dann auff dessen Ankunfft der Ernst ohn verweilen vorgeno en ward / da sie behutsam auff einander ranten / daß die Speere Splitterweise in die Lufft flogen / und keiner gefellet ward; deßwegen sie andere Speere foderten / die man jhnen mit unwillen gab / weil die Zuseher sagten; sie hätten ihren Ehren beyderseits ein Genügen getahn; welches sie aber nicht achteten / und Fabius zur Antwort gab: Die Götter behüten mich vor diesen Schimpf / daß ich so schlecht vom Platze reiten solte; viel besser / ich werde davon getragen. Wageten darauff den andern Saz / daß sie beyde hinter sich bogen; aber noch unverwendet den Lauff zu ende brachten; muste also der dritte Fall mit neuen Speeren gewaget seyn / und hielten beyderseits ihren Gegener vor einen handfesten Ritter. Sie nahmen jhnen vor / in diesem Treffen Bischoff oder Bader zu spielen / ranten auch so ungestüm auff einander / daß nach Brechung der Speere Roß und Mann mit den Leibern zusa en stiessen /und Fabius samt dem Pferde übern hauffen fiel / Klodius aber eine Splitterwunde in den Arm bekam / und vom Pferde stürzete; wahren doch beyde geschwinde auff / griffen zu den Schwertern / und wolten damit ersetzen / was die Speere nicht verrichten mögẽ. Herkules aber setzete sich zwischen sie / uñ hielt bey Fabius durch bitte an / sich des Schwertstreits zubegeben. Zu Klodius aber sagte er bedraulich; dafern er nicht einhalten würde / solte ers mit ihm zu tuhn habẽ; welcher darauf zur antwort gab: Gn. Herr / ich gelebe eures befehls; aber Fabius wird mich vor einen redlichen Ritter erkennen. Ich habe euch nie anders gehalten / sagte dieser; hättet auch wenig ursach zu diesem Streite gehabt / angesehẽ ich eine gedoppelte Verzeihungsbitte bey euch abgelegt. Ja Herr Fabius /antwortete er / ihr wisset sehr wol / dz sichs dergestalt mit Ritters Ehr nit scherzen oder spielẽ lässet. Die Scheltworte wahren öffentlich gesprochen / aber nit öffentlich widerruffen / welches ich euch auch nicht anmuhten wollen / nunmehr aber bin ich vergnüget /und gelebe hinfort euer Diener. [45] Nicht mein Diener /sagte Fabius / sondern mein Freund und Mit-Römer; und daß ihr meines Irtuhms wirkliche Erkäntniß habt / wil ich euch mit einem guten Pferde / volständiger Rüstung / und 500 Kronen verfallen seyn. Zeit wehrendes Kampffes / wahr Frl. Sophia wegen ihres Bruders sehr leidig / aus furcht / ihm möchte ein Unfall begegnen / weil solche Spiele grossen teils in Glükshänden stehen; fing auch an / vor angst laut zu ruffen / da sie jhn mit dem Pferde stürzen sahe; und kunte Frl. Ursula ihre Liebe ja so wenig bergen / so daß wenig fehlete / sie aus Ohmacht vom Pferde gestürzet währe. Nach dem aber der Streit geendiget /und Fabius ohn allen Mangel blieben wahr / ohn daß er im falle die lincke Hand verstossen hatte / die ihm alsbald wieder eingerichtet ward / legten sie jhre Angst und Sorge ab / bekahmen jhre gewöhnliche Farbe wieder / und ritten ingesampt der Stadt zu / da sie von der Bürgerschaft mit einem Freudengeschrey empfangen wurden / ihre Fröligkeit an den Tag zu geben daß der vornehmsten Herren Töchter /unverlezt jhrer Ehren wieder erlediget wahren / wie man jhnen durch einen Reuter hatte lassen andeuten. Herkules / Ladisla und Fabius ritten forne an / denen die drey Fräulein mit ihren zurissenen Kleidern folgeten / und wunderten sich alle Zuseher / wer die beyden junge Herren währen / denen Fabius (welcher schon ein Römischer Rittmeister wahr) so grosse Ehre taht /und ihnen die Oberstelle gab. Etliche sageten / es währen vornehme Römische Herren / des Stathalters nahe Anverwanten / welche nur zum Possen die Fräulein entführet hätten / ihnen einen kurzweiligen Schrecken einzulagen. Andere gaben vor; die Fräulein hätten es mit ihnen also angelegt / sie heimlich zu entführen / weil sie sich mit ihnen wieder der Eltern Willen verliebet / und dieselben nunmehr Gott danken würden / daß sie einwilligten / nach dem sie etliche Stunden mit ihnen im Pusche allein gewesẽ. Andere brachten ein anders auff die Bahn / nach dem ein jeder seinen eigenen Gedanken nachhängete / und dieselben vor Warheit angeben dürffte. Als sie vor des Stathalters Herren Quintus Fabius herlichen Hoff kahmen /und derselbe mit seinem Gemahl Fr. Sabina Pompeja biß vor das äusserste Tohr an der Gassen hervor gangen wahr / sahe der junge Fabius sie stehen / zeigete sie seinen Gefärten und sagete: Dorten warten meine Eltern auff uns / daß sie uns empfangen mögen; und als er näher kam / stieg er ab vom Pferde / trat zu ihnen hin und sagete: Diese beyde Helden haben unsere Fräulein aus den Fäusten der fünff aller verwägensten Räuber mächtig errettet / uñ bey ihren jungfräulichen Ehren sie erhalten / die ohn ihre Hülffe nicht hätte können geschützet werden; davor wir dann schuldig sind / Zeit unsers lebens ein dankbares Herz gegen sie zu tragen. Unsere Helden wahren auch schon abgestiegen / und verwunderten sich über daß herliche Ansehen des Stathalters / der ein Herr ohngefehr von 52 Jahren wahr; Er hatte einen schönen breiten Bart / welcher Anfing sich grau zu färben; hielt einen Helffenbeinen Stab in der Hand / und stunden sechs Diener hinter ihm in roht gekleidet. Er wahr mittelmässiger länge / stark von Leibe / eines kästenbraunen Haars mit etwas grau vermischet / und bräunlich von Angesicht / grosser Stirn / und scharffsichtiger Augen. Sein Gemahl vom Geblüte des grossen Pompeius / welcher ehrmahls mit Kajus Julius Käyser umb der Welt Herschaft stritte / stund ihm zur linken; eine gar schöne Frau / zimlicher länge und etwas feist / ihres Alters XLI Jahr / hatte sich ihrem Gemahl gleich in schwarzen Sammet mit güldenen [46] Blumen gekleidet / welches ihr ein treffliches Ansehen gab. Sie wahr lebhaffter Farbe / doch mehr weiß als roht / und nach ihrem Alter sehr jung anzusehen; eingezogener und stiller Sitten / und dabey zu zeiten etwas schwermühtig; begegnete ihrem Gemahl mit gebührlichem Gehorsam und lies ihr die Haußsorge insonderheit angelegen seyn / umb welche sich ihr Herr wenig bekümmerte. Als diese beyde ihres Sohns Rede vernahmen wie wol ihnen schon vorhin die geschehene Rettung angemeldet wahr / erfreueten sie sich doch von neuen / und redete der Stathalter unsere Helden / gleich da sie ihm den demühtigen Handkuß leisten wolten / also an: Hochädle mannhaffte Ritter /daß eure Tugend euch aufgemahnet hat / meine einige Tochter / und ihre Gespielen / meine Bäßlein / von den unzüchtigen Räubern zu erlösen / und sie vor Schande zu bewahren / davor bedanken wir uns billig / und von Herzen / werden auch / so weit unser Vermögen sich erstrecken wird / die wirkliche Dankbarkeit sehen zu lassen / unvergessen seyn / in hoffnung /den Abgang an unser Seite / werden die reichen Götter ersetzen. Vor dißmahl halte ich bey jhnen bitlich an / meine Wohnung durch jhr einkehren zubeseligen und mit dem / was das Hauß in der eile Vermögen wird / freundlich vor lieb und gut zunehmen / wie in betrachtung ihres sehr geneigeten willens / ich mich dessen zu ihnen ungezweiffelt versehe. Unsere Helden tahten ihm und seinem Gemahl grosse Ehre / entschuldigten sich mit ihrer unwirdigkeit / und daß sie so hohes Erbieten / Zeit ihres lebens mit keinem Wort zuersetzen vermöchten / viel weniger währen sie der wirde / daß so ein mächtiger Römischer Herr und Käyserl. Stathalter ihnen biß auff die Gasse entgegen treten / und sie daselbst mündlich Einladen und empfangen solte; bahten sehr / ihre Gn. wolten in ihren Hoff einkehren; sie als gehorsame Diener währen demselben auffzuwarten bereit und schuldig. In dessen hatte man den Fräulein ingesamt von den Pferden geholffen / da Frl. Sophia sich zu ihrer Fr. Mutter nahete / und von ihr mit freuden trähnen empfangen und geherzet ward / weil sie diese Tochter mehr als sich selbst liebete. Herr Kornelius / Frl. Ursulen; und Herr Emilus / Frl. Helenen Vater / beyde sehr mächtige und reiche Stadjunkern und RahtsHerren von Rom /die zu Padua ihre Höffe und statliche Landgüter hatten / und daselbst lieber als in Rom lebeten / kahmen darzu / und funden ihre geliebete Töchter und einige Kinder frisch und gesund wieder / dessende sich herzlich freueten / und vor beschehene Rettung sich sehr hoch erbohten; zu denen der Stathalter sagete: Geliebte Herren Schwägere und Brüder / sie werden sich gefallen lassen / mit mir einzukehren / und diesen Erlösern unserer Kinder annehmliche Geselschafft leisten /wie sie dasselbe nicht weniger umb euch / als mich verdienet haben / und wir demnach durch die erbare Billigkeit gehalten sind / ihnen eine mögliche Wiederkehr zu thun. Hieselbst wolten nun die Fräulein auff der Gasse ihren Eltern erzählen / in was grosser Gefahr sie gewesen / und durch dieser RitterMannheit erlediget währen; aber der Stathalter sagte zu ihnen: Geliebte Kinder / eure zurissene Kleider sind Gefahrszeichen gnug; aber daß einsame Lustfahren /hat wol ehemahl einer Jungfer den teuresten Kranz gekostet; und würde ich euch ein solches wol nicht eingewilliget haben / da ichs zeitiger erfahren hätte; jedoch / geschehene Dinge sind nicht zu endern / wie wol ihr eine rechtschaffene Straffe verdienet / und mein Gemahl nicht weniger / die den Töchterchen diesen leichten Willen so bald / und ohn mein Vorwissen gestattet hat. Ich mag euch aber vor diesen fremden Herren [47] weiters nicht beschämen / noch mit mehrer Züchtigung auffhalten / weil eure leere Magen ohn zweiffel rechtschaffen murren / und wird Zeit seyn /die Mahlzeit zuhalten / womit wir biß auff eure Wiederkunfft gewartet. Wann ihr nun den Madensak werdet gefüllet haben / wird noch Zeit übrig seyn / den Verlauff eurer Entführung / und erfolgeten glüklichen Rettung zuerzählen. Hierauff nam er Herkules / sein Gemahl aber Ladisla bey der Hand und führeten sie in den Vorhoff / dessen Hintergebäu von Marmel und Alabaster sehr köstlich auffgebauet / und Königlich gezieret wahr. Da sahe man an den wänden die alten Römischen Geschichte so eigentlich und Kunstreich abgemahlet / daß es Wunder wahr. Gar zu foderst im Eingange stund eine sehr grosse aus Korintischen Erz gegossene Wölffin auff einer Säule / zehen Ellen hoch / die hatte von ihren Haaren ein Nest gemacht / worinnen zwey kleine ganz nackete Knäblein lagen / und an der Wölffin Euter hingen / die mit den hinter- und förder Füssen sich in artiger Stellung hielt / das die Kinderchen hinzu reichen kunten. Frl. Sophia / die mit ihren Gespielen allernähest hinter ihren Eltern herging / trat hervor / und sagte zu unsern Helden; Ihr meine Herren / geliebt euch zu sehen die ersten Erbauer unser Stadt Rom / den Romulus und Remus / wie sie von der Wölffin sind gesäuget worden / so können sie ein wenig sich nach der Rechten umsehen. Ja mein Fräulein / antwortete Herkules / wir bedanken uns der Ehren; und ist dieser trauen nicht ein schlimmer Meister gewesen / der die Geschichte so lebhafft hat abgiessen können / deßgleichen mir zu Rom selbst nicht vorkommen ist. Sie gingen weiter durch den andern Schwibogen in den innern Hoff / da Romulus und Remus in ihren Waffen stunden / und mit erhobenen Angesichtern acht gaben / welchem unter ihnen die Vögel daß erste Glükzeichen der Herschafft geben wolten; und fing das Fräulein aber an; Sehet da / mein Herr Ladisla / zween leibliche Zwilling-Brüder; unter denen aber bey weitem so veste Vertrauligkeit und Liebe nicht wahr / als zwischen meinem Herren und seinem Freunde Herkules sich findet; massen diese sich umb die Herschafft zanken und gar erschlagen /da hingegen ihr nur suchet / wie einer dem andern sich unterwerffen / und von ihm befehliget werden möge. Frau Pompeja hörete ihren Reden zu / und gefiel ihr der Tochter Gespräch nicht übel; sagte demnach zu ihr; Geliebtes Kind / du redest mit diesen beyden Herren / als ob du sie von langer Zeit her kennetest / und ihres ganzen lebens völlige Wissenschafft trügest / du ich mich doch nicht zuerinnern weiß / daß ich Zeit meines Lebens sie gesehen hätte. Herzliebe Fr. Mutter / antwortete sie / so ist auch heut gewiß der erste Tag / daß zu meinem höchsten Glük ich ihre Kundschafft erlanget; weil aber wahre Tugend nicht lange verborgen bleiben kan / welche in diesen Helden so klar als die Sonne im Mittage leuchtet / habe ich selbe aus ihren tahten und reden unschwer vernehmen können. Herkules hörete dieses / kehrete sich nach ihr umb / und antwortete: Durchleuchtiges Fräulein / ich Bitte sehr / sie wolle uns nicht gar zu schamroht machen / als die wir durch ihre hohe Vernunfft schon übrig gelehret sind / wie wir billig beschaffen seyn müsten / da wir einiger Volkommenheit wolten gerühmet werden; weil aber eine solche unsträfliche Bildung der Tugend / welche sie in ihrem Verstande abgerissen / an menschliche schwachheit nicht bald reichen wird / hoffen wir / sie werde mit unserm Unvermögen geduld tragen / angesehen wir noch in den Lehrjahren uns befinden / und der Unterweisung fähig sind: Worauff das Fräulein antwortete: Herr [48] Herkules / ich kan so gar kein Recht mit jhm beko en / wie ichs auch anfahe / es währe dann / daß ich euch und eure ruhmwirdige Tahten lästerte / welches ich vor eine Todtsünde halte, deßwegen wil ich nichts mehr mit euch reden / ich werde dann von euch befraget / oder darzu erbehten. Mein Fräulein / antwortete er; so bitte ich eins vor alles / sie wolle dann mein stilschweigen vor ein stetes fragen / und meine Redẽ vor ein unaufhörliches bitten halten uñ auffnehmen. Je mein Herr / sagte sie mit einem holdseligen lachen; so müste ich ja immerzu uñ ohn aufhören in die Lufft hinein schwatzen / da ich dann entweder viel müste wissen / oder sehr wol tichten können. Ihre süß kluge Zunge / antwortete er / wird gewiß so viel nicht reden / daß ich nicht stets begierig seyn solte / ihren vernünfftigen Worten zuzuhören. Meinem Herrn beliebet nach seiner Höfligkeit also zu reden / sagte sie /aber mein ungeschiktes Geplauder würde seinen Ohren in kurzem so beschwerlichen Verdruß erwecken / daß er wünschen solte / mich nie gehöret zu haben. Der Stathalter sahe / daß dieses Gespräch sich lange verzihen dürffte / wann niemand darzwischen kähme / drumb / solches zu stören / er der Tochter also einredete: Ich weiß schon wol / zweifele auch nicht / diese Herren werden es zeitig an dir gemerket haben / daß dein Mund zur Klapper unverdorben ist; uñ halte ich / du wollest diese Herren mit leeren Worten speisen; gedenkestu nicht / daß sie deinetwegen viel Mühe und Arbeit außgestanden / und der Labung bedürffen? Das Fräulein erröhtete sehr / daß ihr Vater / der sie allemahl hart und unter dem Zwange hielt /sie auch in beyseyn dieser Fremden also beschämete. Herkules aber vertrat ihre Stelle mit diesen Worten: Hochmögender Herr Stathalter; es müste mir immer und ewig leid seyn / daß ein so züchtiges und verständiges Fräulein / durch meine Veranlassung einigen Unwillen von ihrem Hn. Vater einnehmen würde / da vielmehr ich selbst strafbahrer währe / angesehen ich ihrer Rede die einige Ursach bin. Mein Herr verzeihe mir / antwortete der Stathalter / und besorge sich durchauß keines Unwillens bey mir gegen mein Kind. Wir Römer halten es mit unsern Kindern also / daß sie uns zugleich lieben und fürchten / auch ohn Anzeige einiges Unwillens von uns annehmen müssen / was uns gefält ihnen einzureden / wann sie gleich im geringsten nichts verschuldet hätten; dann hiedurch wird mannicher Tochter ihr steiffer Sinn gebrochen / die sonst durch Zärtligkeit nur gastärket würde / welches hernähst im Ehestande ihnen als eine gefundene Beute ist / daß sie ihrem Ehegatten zu gehorsamen / und dessen Willen zu gelebẽ / schon gewähnet sind. Herkules wunderte sich der strängen Zucht / in anderheit /da das Fräulein hin zu jhrem Vater trat / und ihm als vor eine sonderliche empfangene Gunst die Hand küssete / sich ihres Frevels schuldig gab / und ganz demühtig umb Verzeihung anhielt; aber doch keine andere Antwort erlangete / als; Sie solte hingehen und sich bessern. Gleichwol wolte die Mutter ihrer lieben Tochter Ansehen bey den Fremden gerne wieder in Auffnahme bringen / und wahr unwillig / daß dieselbe ohn Ursach solte verhönet werden; durffte doch jhrem Gemahl / dessen Ernst sie fürchtete / nicht kühnlich einreden / daher sie mit glimpflichen Worten sagete: Geliebter Herr / ich wil nicht hoffen / daß ihr Ursach haben sollet / auff unser Kind unwillig zu seyn; massen euch nicht unbewust ist / wie wenig sie sonst in unser Gegenwart zu Reden pfleget; und halte ich / sie thue es vor dißmahl bloß euch zu erfreuen / und zugleich andern anzuzeigen / daß in ihrer aufferzihung wir unsern fleiß nicht gesparet haben. Der Vater schüttelte hierüber den [49] Kopff / und sagete mit einem lachen: Frau / ledige Magen und müde Glieder sind mit worten nicht auffzuhalten; sonst klage ich noch so groß nicht über unsere Tochter / und mag sie nach gehaltener Mahlzeit / diesen Herren zu Liebe und Gefallen immerhin reden / biß sie von ihr selbst auffhören wird; sol mir auch umb so viel lieber seyn / wann ihr guten fleiß bey ihrer Aufferzihung angewand habet. Die Mutter befahrete sich / er würde mehr zur heimlichen Beschimpfung / so wol ihrer selbst / als der Tochter / fliegen lassen / welches zu verhüten / sie Gelegenheit suchte / wegzugehen / baht Ladisla /ihren Abtrit / wegen nöhtiger Anordnung / nicht ungleich auffzunehmen / und befahl der Tochter / ihn zubegleiten; dessen diese beyderseits wol zu friede wahren / dann es dauchte sie / sie währen schon viel zu lange von einander gewesen. Also gingen sie durch den innersten Plaz nach der Steige auff den grossen Saal / der so köstlich erbanet und geschmücket wahr /daß sichs Ansehen lies / es währen des reichen Römers Krassus Schätze ein grosser Teil daran verwendet; dann wo die Schildereyen auffhöreten / da glänzeten die kostbahresten Steine mit eingeschnitzten künstlichen Bildern hervor. An der rechten Seite wahr die Belagerung der Stadt Troja so artig gemahlet / daß jedes Lager der Griechen nach gutem Unterscheid kunte gesehen werden. Dorten hielt der hochmuhtige Obriste Feldherr / Agamemnon / und sein Bruder Menelaus; dorten der listige Vlysses; hie der starcke Ajax; Am andern Orte der steinalte Nestor; das betriegliche hölzerne Pferd stund auff Rädern / und lieffen Jung und Alt aus der Stadt / es als eine sonderliche Gabe / an Stricken in die Stadt zuzihen / zu welchem Ende eine grosse Lücke in die Stadmaur gebrochen wahr / weil mans wegen seiner grösse in das Tohr nicht bringen kunte. Der Trojanischen Helden und ihrer Bundgenossen / wahr dabey nicht vergessen. Hektor / Sarpedon / Paris (dieses Unglüks Stiffter) und neben ihn die berüchtigte Helena (umb deren willen an Griechischer Seite in die 880000; an Trojanischer 686000 / also ingesamt 1566000 Seelen Auffgeopffert sind) / Eneas / Antenor / Memnon / und der Alte Priamus / hielten außwendig umb der Stadmaur her / und wahr des Kriegerischen Weibes Penthesilea Schlacht mit Achilles gar zierlich abgemahlet / da sie von ihm vom Pferde herunter geschlagen / und halb Tod ins Wasser geworffen und ertränket ward. Kurz davon zu reden / so wahr kein denkwirdiger Kampff der Griechischẽ und Trojanischen Helden außgelassen; aber EneasBildnis wahr das Ansehnlichste / über welchem diese Worte stunden:Huic parenti originem debet Roma. Das ist:Diesen hat Rom zum Vater. An der andern Seite des Saals wahr die Stadt Rom abgebildet / nach dem Pracht / wie sie ohngefehr vor 240 Jahren / zun zeiten Käysers Augustus in höchster Volkommenheit gestanden. Oben auff der Stadmaur umher liessen sich Romulus / Numa / Brutus der Könige Feind; unterschiedliche Fabier / Kokles / Skevola Kamillus / Regulus / Skivio / Pompeius / Augustus Käyser / und viel andere Römische Helden als Schuz-Götter sehen; hatten ihre Pfeile und Schwerter in den Händen / und dräueten damit den Feinden der Stad Rom. Die erschrökliche Niederlagen / welche die Römer von den Galliern / Hannibal und Zimbern erlitten / wahren hin und wieder abgerissen / insonderheit / da die 300 Fabier von den Veienten listig hintergangen / und alle erschlagen worden. Unsere Helden besahen diese treffliche Gemälde fleissig / und erinnerten sich aller dieser Geschichten / welche sie in der Kindheit beim Homerus / Livius und anderen gelesen / und schien / [50] als ob sie ihrer selbst drüber vergessen hätten / biß endlich Frl. Ursula sagete: Herr Herkules / ich meine es währe fast Zeit / die Waffen abzulegen / und der außgestandenen Mühe sich zu ergetzen / insonderheit aber bitte ich / mir zu verzeihen / daß ohn geheiß ich dem WundArzt Botschafft gethan / ihm seine Halßwunde besser / als von mir geschehen / zuverbinden. Die Anwesende / wie sie solches höreten / stelleten sich leidig wegen seiner Verwundung / welches durch beteurung / daß gar keine Gefahr dabey währe / er ihnen bald außredete / doch in einem Nebengemache sich verbinden ließ / da ihn der Arzt warnete / den Schaden nicht zu verachten /als welcher sich schon in etwas entzündet hätte / und er deßwegen vor starker bewägung und schädlichen Speisen sich hüten müste / welches aber er wenig achtete. Nach geschehener Verbindung legten er und Ladisla ihre Sommerkleider an / die von Sittichgrünen Atlaß mit silbern Blumen durchwirket / und mit ädlen Steinen reichlich besezt wahren / Strümpffe und Federbüsche wahren gleicher Farbe; Kniebänder und Schuchrosen mit silbern Spitzen besetzet / so daß ihre Kleider gleich / und ohn einigen Unterscheid / die Einigkeit ihrer Gemühter wol zuerkennen gaben. In dieser Gleichheit traten sie zum Saal hinein / und muhtmasseten die Anwesenden daher / daß sie mehr als ädle Ritter seyn müsten. Es hatten die drey Fräulein nicht minder sich zierlich angelegt / so viel in der eile geschehen mögen / und bemühete sich Frl. Sophia insonderheit / ihrem liebsten Ladisla sehen zu lassen /wie ihr die Kleider stünden. Als nun diese drey Engelchen in den Saal traten / fehlete wenig / es hätten weder unsere Helden diese / noch sie jene gekennet /und traff ein / das Frl. Sophia eben die Sittich grüne Farbe gewählet hatte. Keiner wahr zugegen / der sich an Herkules Schönheit und Ladisla anmuhtiger Liebligkeit nicht verwunderte. Sie wahren beyde zimlicher / und fast gleicher länge / schwank von Leibe und fester wolgesetzter Gliedmassen. Herkules hatte ein schön gelbes Haar / welches ihm wie krause Locken über die Schultern hing; seine Hände wahren plüßlich und schneweiß / mit blaulichten Adern / das Angesicht weiß-zart / mit rohtem vermischet / daß wer ihn sahe / nicht anders gedenken kunte / er währe ein Weibesbild in Manneskleidern / weil noch kein Häärlein an seinem Kinn erschien; die Augen stunden ihm wie den Falken / doch voller Liebligkeit und blaulicht. Die Stirne glat / und ein Zeichen seines auffrichtigen Herzen; die Nase etwas erhaben und gerade zu /fast länglicher dann kurzlecht / und strahlete aus allen seinen Blicken eine so anmuhtige Freundligkeit hervor / daß wer ihn sahe / zu seiner Liebe und Gewogenheit angereizet ward / weil alle seine Geberden insonderlicher Demuht und mannlicher freier Ernsthafftigkeit bestunden Ladisla wahr etwas bräunlicher /doch zugleich zart / hatte ein braun kraus Haar / in zimlicher dicke / und einen kleinen Bart gleicher Farbe; am Leibe wahr er etwas stärcker anzusehen als Herkules. Sein Geblüt wallete ihm in allen Adern auff / da er sein geliebtes Fräulein so zierlich herein treten sahe; wie auch ihre Liebesreizungen nicht weniger auffgetrieben wurden / daß er in solcher kostbahren Kleidung sich stellete / und sie daher beständig muhtmassete / er müste auffs wenigste FürstenStandes seyn; ihr auch gänzlich vornam / auff sein weiters Anhalten ihm behägliche Antwort zu geben / da sie seines Wesens nur in etwas Bericht haben könte / dann seine Ansträngungen hatten sie dermassen eingenommen / und die empfangene Woltaht sie bezwungen /daß sie entschlossen wahr / keinem Menschen als ihm ihr Herz einzuräumen; [51] so beredete sie auch ihre angebohrne Keuscheit uñ Zucht / dz weil er sie ganz nacket antroffen uñ gesehen / sie sich dessen zeit ihres lebens schämen müste wañ sie nit sein Ehegemahl würde. So bald die ersten speisen aufgesetzt wurdẽ /ging dz nöhtigen wegẽ des obersitzes an biß der Stathalter bey seinen Gästen / alles nach gefallen zuordnen / Freyheit erhielt; worauf er Frl. Ursulen hinter am Tische die Oberstelle nehmen hieß; welches sie vor einen scherz aufnam / bald aber / den ernst sehend / gerne gehorsamete. Den andern Plaz muste Herkules; dẽ dritten Frl. Helena; den vierden Ladisla bekleidẽ / der schon in der angst stund / sein Frl. würde ihm entfernet werden; als er aber von ihrem Vater den befehl hörete / sich zu ihm niderzulassen / hielt ers vor ein zeichen eines glüklichen außganges seiner Liebe. Diese Bank wahr nun mit den fünffen besetzet / uñ wolte der Stathalter gleichwol seinẽ Sohn von dieser liebẽ Geselschaft nit abtreñen / daher er zu ihm sagete: weil dich das gute Glük zu ihnen hin in dẽ Wald geführet hat / magstu ihres nähern Beysitzens auch allhier geniessen: weisete ihn hin vor den Tisch auf einen Stuel sich niderzusetzẽ / da er seiner vertrauetẽ Frl. an die seite kam. Dieser junge Fabius war sonst ein wolgestalter ansehnlicher Ritter seines alters von XXIV Jahren / in adelichen Sitten und ritterlichen übungen von jugend auff wol unterwiesen / worauf sein Vater desto mehr fleiß wendete / weil ihm von einẽ Geburtskündiger geweissaget wahr / er würde in seinem ersten mannlichen Alter überauß grosse Mühe und Gefahr über sich zu nehmen haben; Es wahr auch an ihm nichts zu tadeln / ohn daß er seinen Zorn nicht wol meistern kunte. Der Stathalter sahe diese junge Leute hinter dem Tische an / uñ sagte zu den andern Anwesenden: Verzeihet mir / geliebte Freunde / daß vor dißmahl ich unsere Kinder so hoch ehre / und sie über uns Eltern zu diesen fremden Herren setze; dann ich habe billich seyn erachtet / daß welche heut in der Gefahr so nahe bey einander gewesen / jezt in der Sicherheit nicht so schleunig getrennet werden / weil alle schnelle verenderung / wie man saget / gefährlich seyn sol. Ladisla gedachte / diß währe schon das andere Zeichen seines gehofften gutẽ Fortganges. Aber Herr Kornelius antwortete dem Stathalter; es währe solches von jhm sehr wol geordnet; welcher dañ aufbegehrẽ sich zu dem jungen Fabius setzete / und sein Gemahl Frau Fausta / des Stathalters Mutter Schwester Tochter / der Skipionen Geschlechts / neben jhn /gegen ihre Tochter Frl. Ursulen über. Herr Emilius folgete ihr / und sein Gemahl Fr. Julia / eine Pollionin / der Stathalterin Halbschwester von der Mutter her /welche neben ihr die Stelle nam / so daß der Stathalter zu unterst vor dem Tische alleine saß / und an der rechten Hand seine Tochter hatte / welche wegen seiner nahen Gegenwart mit ihrem Ladisla nicht reden durffte. Der junge Fabius verrichtete das Vorschneider-Amt / und nöhtigte die anwesenden höflich / so mangelte es zeit wehrender Mahlzeit am guten Seitenspiele nicht / welches Herkules und Ladisla / als die darin wol geübet / sehr liebeten. Bey dem Essen fiel mannicherley Gespräch / biß nach aufgehobenen Speisen die Stathalterin an ihren Gemahl begehrete /ihr ein Viertelstündichen ihren Willen zu gönnen; wolte hoffen / den Anwesenden ingesamt würde es nicht zuwider seyn. Der Stathalter ließ es gerne geschehen / der ihr Vorhaben schon merkete; Worauf sie die drey Fräulein anredete / und ihnen eins zu werden befahl / welche unter ihnen gleich jezt öffentlich erzählen solte / auff was weise sie geraubet / und von diesen Herren wieder errettet währen; würden sie aber sich dessen wegern / dann solten sie diesen Tag auff keinen Tanz hoffen. Frl. Ursula / als die älteste antwortete: sie wüste niemand / die solchem Befehl [52] besser gehorsamen könte / als Frl. Sophia; dann sie währe unter ihnen die geherzeste gewesen / und hätte den grausamen Kampff guten teils angesehen. Frl. Helena stimmete mit ein / und baht / daß sie die Mühe über sich nehmen möchte; welche aber zur Antwort gab: Ich erinnere mich billich / daß heut vor Essens mein Herr Vater wegen meines unnützen Gewäsches mich gestraffet / und ihr wollet mich noch in weitere Ungelegenheit setzen / daß ichs immerzu gröber mache? Auff diese weise / sagte Frl. Ursula darff unser keine redẽ weil auch unsere geliebte Eltern zugegen sind. Der Stathalter sagte lachend: wiewol mein Bäßlein Ursul / als die älteste billich das Wort führen solte / so mögen sie sich doch darüber vergleichen. So muß / antwortete diese / nit die älteste / sondern beretste solchs über sich nehmen; daher meine Schwester Frl. Sophia sich dessen nicht entbrechen wird. So höre ich wol / fing diese an / ihr ruffet mich vor die schwazhafteste aus. Ihr Vater sagte mit einem Gelächter: dz du wolgelöseter Zunge bist / kuntestu in deiner dreyjährigen Kindheit schon zimliche anzeige tuhn. Je Herzen Herr Vater / antwortete sie / ich bitte kindlich / mich in dieser Geselschaft nit so hoch zu beschämẽ. Was hastu dich mit mir zu zankẽ sagte er; ich heisse dich ja weder reden noch schweigen; uñ hastu an deiner Wafen schon Widerhalts gnug; jedoch hat meine Pompeja ein lustiges Spiel angerichtet / und gelebe ich der Hoffnung / wir werden ein acht tägiges zanken anzuhören haben / ehe uñ bevor diese jhres dinges eins werden. Fr. Pompeja wolte diesen streit aufruffen / und sagete; ob sie gleich des Verlaufs gerne möchte berichtet seyn / würde sie doch jhre begierde müssen auffschieben / biß sie mit jhrer Tochter allein währe. Aber der Stathalter antwortete: durchaus nicht / sondern weil das spiel angefangen ist / muß es auch geendiget werden / dann mich verlanget selbst nach umbständlicher erzählung. Weil dañ der Hahne auf seinem Miste am kühnlichsten krähet / uñ ich meiner Tochter zu gebieten habe / sol sie uns dessen bericht gebẽ / so gut sie kan. Ich gelebe meines H. Vaters gebohts billich / sagte das Fräulein / wie ungeschikt ich mich auch hierzu befinde / uñ schon weiß / dz meine verwirrete reden den zweg ihres begehrens nit treffen können; aber unter der hoffnung / dz meine Jugend sich ohn mein Vorwort entschuldiget / uñ meine Frll. Schwestere meinem mangel zu hülffe ko en werden /wil ich zum versuch mich erkühnen. Anfangs wird meine Fr. Mutter sich eriñern / dz wie meine Frll. Schwestere zugleich mit mir fleissig u erläubnis anhieltẽ / uns dẽ Lustweg nach unserm Vorwerke / eine grosse Meile von hiñen gelegen / zu göñen / umb dieser ersten lieblichen Frühlingszeit in etwz zugeniessen / und die schönen Merzenblumen unsers neu-angelegten Garten zubesichtigen / wir solchs endlich erhielten / und um 7 uhr ohn gefehr davon fuhren. Wir hielten uns vier stunden daselbst auf uñ machten unterschiedliche Kränze / die wir unsern Eltern mitbringẽ wolten; liessen uns Milch und Eyer zur speise kochen / uñ wahren fertig / nach gelegter Hitze uns wieder auf den Rükweg zubegebẽ; woran wir anfangs durch dz schwere Doñerwetter / welches in einen grossen Baum unsers Garten einschlug / uñ ohn zweiffel unsers bevorstehenden Unglüks Vorbotte wahr / verhindert wurden / weil der hefftige Regen drey stunde lang anhielt; nach dessen endigung wir uns auf den weg machetẽ / die Stadt vor dem Tohrschliessen zuerreichen; aber über der gar zu grossen eile / rennete der Gutscher mit der vorder Axe wieder einen im Holwege hervorstehenden Stein / dz die Stellung in stücken ging / und die Gutsche daselbst zu brochen stehen bleiben muste; Wir aber vors beste hielten / nach dem Vorwerke wieder zukehren / da wir eine Viertelmeile im glatten Koht und tieffen [53] pfützen mit grossem Ungemache zu ende brachten / eine frische Buttermilch /und was das Hauß bescherete / zur Abendspeise vor lieb nahmen / und in der Vorstuben eine gemeine Sträu machten / darauff wir uns zur ruhe legeten /auch unsern Gutscher und andere des Vorwerks jeden an seinen Ort verwiesen / weil wir allein seyn wolten /und uns keiner Wiederwertigkeit bey diesen friedsamen Zeiten befürchteten. Unsere ermüdete Füsse machten uns die Nacht hindurch schlaffen; aber als die Morgenröhte hervorbrach / schlug ich meine Augen auff / und sahe mit herzbrechendem Schrecken drey grosse gepanzerte Männer / deren Angesichter mich dauchte / mehrmahl gesehen haben / mit blossen Schwertern in die Stube tretten / da der vörderste mit leiser Stimme zu mir sagete: Fräulein / werdet ihr ein Geschrey machen / umb das Gesinde aufzuwecken /wollen wir straks Angesichts euch alle drey erwürgen; sonsten sind wir nicht willens / euch einiges Leid anzuthun / sondern werden euch in guter Gewarsam und Schnz eurer Ehr und Lebens halten / biß eure reiche Eltern / welche wir wol kennen / ein Stük Geldes vor eure Erlösung uns zustellen. In dieser äussersten Angst begriff ich mich nach Vermögen / und gedachte bey mir selbst: Ist es jhnen nur umbs Geld zu tuhn /so werden unsere Eltern hierzu Raht schaffen / und uns lösen können; antwortete ihnen auch / sie möchten mich und meine Gespielen unbetrübt lassen; ich wolte ihnen äidlich angeloben / ihnen solte das begehrte Lösegeld an ort und ende sie es haben wolten /außgezahlet werden / so bald wir nur zu Padua anlangen würden; dessen diese Buben lacheten / vorwendend / ich solte sie nicht so albern ansehen / sondern meine Gespielen / die sie bey Namen zu nennen wusten / auffwecken / oder die angebohtene Gnade würde in schwere Straffe Ehr und Lebens verwandelt werden. Es wahr zu verwundern / daß meine Schwestern von diesem Gepoche nicht erwacheten / und muste in meiner allergrössesten Seelenangst ich sie mit rütteln uñ schütteln munter machen / da sie nach öffnung ihrer Augen / vor den blossen Schwertern sich so hefftig entsetzeten / daß ihnen die Ohmacht nicht ferne wahr; Die erschröklichen Dräuungen aber / die wir höreten / machten uns geschwinde fertig / die Kleider in aller Eile anzulegen; Worauff sie uns unter die Arme fasseten / und wie Lämmer zum Hause hinaus trugen / legten uns auff einen stinkenden Wagen in rauhe Ochsenhäute / warffen eine kötigte Decke über uns / und jageten / als viel sie nachlauffen kunten / mit uns davon. Als wir auff den Wagen gehoben wurden / sahe solches ein Hirt nahe bey der Trinkrennen / und machte ein Geschrey / welches ihm sein unschuldiges Leben kostete; massen noch zween andere verhandẽ wahren / die ihn alsbald niderschlugen / daß wir zusahen / und von unsern Räubern dieses zur Lehre und Warnung bekahmen / dafern wir das Maul nicht halten würden / solten wir auff eben diese weise gestillet werden. Mit was betrübtem Herzen wir nun die vier Stunden / wie uns dauchte / in den stinkenden Fellen lagen / wird der Himmel uns Zeugniß geben; Dieses einige tröstete mich / dz sie uns unser Ehren Versicherung / wie ich meynete / getahn hätten. Ich empfand sonst an den harten Stössen wol / daß der Wagen nicht im gebahneten Wege / sondern über Stein und Blok ginge / auch die Hecken offt umb die Felle herschlugen; hörete auch endlich die Räuber / so bald hinter, bald neben dem Wagen her lieffen / etliche unzüchtige Reden führen / da unter andern der allergrösseste / so von Herrn Herkules zu erst erlegt worden / zu den übrigen sagete: Ich als euer Fürst und Herzog behalte mir des Stadthalters Tochter diesen Tag [54] zur Lust; an den beyden übrigen habet jhr beyde Obristen die erste niessung als lange es euch gefällig; hernach werdet ihr diesen euren Spießgesellen und Hauptleuten auch guten willen gönnen. Was vor Herzleid mir dieses brachte / ist unmüglich auszusprechen / und suchte ich schon mein kleines Messerchen hervor / dieser Schande vorzukommen; aber es wahr (welches ich damahls beklagete) des vorigen Abends auff dem Tische liegen blieben; doch ward ich noch in etwas getröstet / da ich den einen also antworten hörete: Ich riehte / daß man dieser Fräulein Ehre unangefochten liesse; es dürffte uns daher nichts gutes entstehen und ist zu fürchten / nicht allein unsere Fürsten / sondern auch die ganze Brüderschaft möchte drüber entrüstet werden / weil es wieder erteileten Befehl streitet. Was ihm nun zur Antwort gegeben ward / kunte ich nicht vernehmen / wiewol ichs nach meiner Hoffnungs auffs beste deutete. Endlich nahmen sie die Decke von uns hinweg / huben uns herunter / da es voller Hecken stund / und leiteten uns zu Fusse ohn einiges Gespräch durch Püsche und Dornen / fast eine halbe Stunde / biß wir auff einen lustigen Plaz kahmen / auff welchem sehr hohe Bäume zimlich weit von einander stunden / woselbst auch diese beyde Herren uns angetroffen haben. Fr: Pompeja kunte des Endes nicht abwarten / sondern fragete / wie dann unsere Helden diesen verborgenen Ort zu so gelegener Zeit hätten finden und antreffen können; Aber der Stathalter redete ihr ein; sie möchte sich biß dahin gedulden / und ihrer Tochter wolgefassete Gedanken nicht stören. Also fuhr sie weiters fort: So bald wir auff diesen Plaz kahmen / liessen sich unterschiedliche scheußliche Raben / oben von den Bäumen mit greßlichem Geschrey hören / daß auch die Räuber selbst sich davor entsetzeten / und ihr Führer /in die Höhe sehend / ihnen zurieff / sie solten über ihren eigenen Halß schreihen; Da bald ein Rabe / (ich halte gänzlich / es sey meines Hochlöblichen Anherren M. Valerius Korvinus Schuz-Rabe gewesen) vom Baum herunter flog / und schlug einen Kreiß umb dieses Räubers Häupt so niedrig / daß mann ihn mit dem Schwert hätte abreichen mögen; welches er vor ein sonderliches Glükszeichen hielt / dadurch die Götter ihm seines Vorhabens guten Verfolg anzeigeten. Mitten auff dem Platze setzeten sie uns bey einem hohen Baum nider / und trugen uns vor; Unsere Eltern müsten ihnen drey Tonnen Schaz vor unsere Erlösung zustellen / und im nähestem Dorffe / auff einen bezeichneten freyen Plaz niedersetzen lassen / so daß kein Mensch sich dabey finden liesse / der einige Rache vornehmen könte / sonst würden wir nicht wieder loß kommen. Wir höreten zwar / daß es viel und grosse Gelder betraff / tahten ihnen doch aus Furcht und Angst alle Versicherung / es solte nach ihrem Willen gelieffert werden / dafern wir nur Gelegenheit hätten / es nach Padua zuberichten. Diese Anfoderung / sagte ihr Führer / sol Morgen zeitig gnug den euren zuentbohten werden / und müsset ihr biß dahin euch unsere liebe Geselschafft an diesem Orte so gefallen lassen; habet auch wegen Speise und Trank nicht zu sorgen / dessen wir euch allen Uberfluß verschaffen wollen. Ich sahe eigentlich / daß dieser nichts gutes mit mir im Sinne hatte / wolte sich auch gar zutäppisch machen / und mit hervorgesuchten gnug unzüchtigen reden mir seine sonderliche Neigung zu verstehen geben; er währe / sagte er / ein erwählter Fürst und Herzog über viel Völker / und solte ich in kurzer Zeit seine Macht und Herligkeit schon erfahren; bähte / ich möchte ihm meine Liebe versprechen /so wolte er inwendig viertel Jahrs ungezweiffelt das offentliche [55] Beylager mit mir zu Padua auff dem Käyserlichen Schlosse halten / und mich zur Fürstin einer grossen Landschafft / daß ich nicht vermeynete / einsetzen. Ich fassete wegen der ihm gegebenen Antwort / die ich auff dem Wagen gehöret hatte / einen Muht /da ich keinen hatte / und sagte: Er würde mich mit dieser Anmuhtung verschonen / ich wüste mich nicht zuerinnern / daß zwischen Padua und Rom dergleichen Fürsten lebeten / davor er sich außgäbe; währe auch kein Fürstlicher Auffzug / unschuldige Weibesbilder zu rauben / und ums Geld zu schätzen; ich lebete in meiner lieben Eltern Gewalt / bey denen müste ein solches / und zwar auff weit andere Weise gesucht werden; ich vor mich selbst / würde mich keinem Unbekanten unter dem blossen Himmel versprechen. Diese entschuldigung achtete er aber wenig / hielt mir vor / ich könte wegen meiner Jugend Unverstand nicht erkennen / in was Gefahr ich steckete / wann ich durch Schimpff- und verächtliche reden ihn schmähen / oder seinen Fürsten Stand / welcher sich bald melden solte / in zweiffel zihen würde; müste mich demnach eines andern bedenken / und einen solchen Freyer / der noch wol ein bessers tuhn könte / nicht mit so hönischen Worten abspeisen. Zwar mein Herz schlug mir im Leibe / als wolte es zerbrechen / aber die Furcht meiner Ehre unterwieß mich doch / was ich Antworten solte / da ich sagte: Ich bin nicht der Meynung / euren Fürsten Stand zu schmälern; erkenne auch / daß ich unter euer Hand und Gewalt bin; doch sehe ich euch ingesamt vor so redlich an / daß ihr die mir getahne Versicherung / wegen meiner und dieser meiner Wasen Ehre / auffrichtig halten werdet, habt ihr aber / (sagte ich zu dem ersten) einen redlichen und keuschen Willen zu mir / und seid des Standes /wie ihr euch außgebet / so machet euch an meine Eltern / die ihr / aller anzeige nach / wol kennet / und was dieselben hierin thun und lassen werden / müssen billich ihr und ich zu frieden seyn; ein weiters wird kein Mensch aus mich bringen / noch von mir begehren / daß ich wieder der Götter und eingepflanzeten Rechte Verbot / meinen Eltern den gebührlichen Gehorsam versagen solte. Dieser / als er solches von mir hörete / und aus seiner Gesellen bezeigung ihren Mißfallen merkete; stund er auff / und foderte die zween vornehmsten absonderlich / hielt mit ihnen anfangs ein Gezänke; bald darauff eine freundliche Unterredung; kehreten wieder zu uns / und brachten ihr begehren durch ihren Führer meines Behalts / mit diesen Worten vor: Aedle schöne Fräulein; ob wir zwar zu dem Ende euch an diesen Ort geführet / daß eure Eltern uns daß bestimte Lösegeld außreichen solten; so hat doch eure Schönheit dergestalt uns eingeno en /daß wir anjezt mit euch beydes die Verlöbnis der ehelichen Gemahlschafft unter dem freien Himmel äidlich abreden / und das Beylager volziehen / über ein viertel Jahr aber das Hochzeitfest Fürstlich halten / und euch freystellen wollen / ob ihr diese Zeit über lieber bey uns bleiben / oder bißdahin in euer Eltern Gewahrsam seyn wollet / mit bem bedinge / daß ihr unser Heyraht ihnen inzwischen nicht die allergeringste Meldung thut; und werden wir also nicht allein die angemuhtete Schatzung euch gänzlich erlassen / sondern unser Herz und treffliche Schätze die wir besitzen / in eure Gewalt einliefern; Hierauff werdet ihr euch in der güte zuerklären wissen / damit wir nicht verursachet werden / durch Gewalt zuerhalten / welches wir von euch ungleich lieber aus eigener Bewägung und gutwilliger gegen Liebe annehmen wolten. Als wir diesen Antrag mit zittern und zagen angehöret hatten / fielen wir auffs flehen; sie möchten so gewaltähtig mit uns nicht verfahren / sondern [56] unsern Stand und Eltern betrachten; wir währen / die Warheit zu sagen / schon alle drey verlobete Bräute / daher wir ihnen nicht könten zuteil werden. Hier solten wir ihnen nun unsere Bräutigamb nahmhafftig machen /dessen ich mich nicht wegerte / und die drey ersten Römischen Herren / so mir einfielen / angab / aber zum Bescheide bekam; sie wolten uns versichern / ehe dann drey Wochen verlieffen / solten diese drey erschlagen und hingerichtet seyn; müsten deßwegen ihnen nicht weiters wiedersprechen / sondern so glükliche Heyrahte gerne annehmen / und den Göttern davor danken / also würden wir ihnen Anlaß geben /daß sie in künfftig uns desto herzlicher liebeten. Hiemit legten sie ihre Schwerter ab / und wolten die beyde (dann der Führer hatte keinen an) ihre Panzer von sich tuhn / uñ sich zu uns nidersetzen; welches wir merkend / das allerkläglichste Geschrey anfingen /welches unter dem Himmel je mag erhöret seyn; und rücketen wir so fest zusammen / daß wir uns mit Händen und Füssen umklemmeten; daher sie das Panzer-außzihen vergassen / und sich an uns macheten / uns von einander zu reissen. Da liessen wir uns nun zausen und trecken / hielten so fest zusammen / daß uns die Hände schmerzeten / und schrihen inzwischen /daß es einen Widerschall gab; worüber die Räuber endlich von uns abzulassen bewogen wurden / und auffs neue uns gütlich erinnerten / alle Widersezligkeit einzustellen / sonsten wolten sie uns nach angelegter Schande ihren Knechten zum Muhtwillen untergeben / mit denen wir unsere Lebenszeit im höchsten Elende zubringen solten. Wir töhrichte Kinder wolten uns auff die Fleheseite legen / und bahten mit gefaltenen Händen / so übel mit uns nicht zu verfahren; unsere Eltern solten ihnen geben / was sie begehren würden. Sie hingegen gebrauchten sich dieser Gelegenheit und trenneten uns mit leichter Mühe / rissen uns die Kleider vom Leibe ganz grimmig hinweg /und meyneten schon gewonnen zu habẽ; aber wir huben das Geschrey hefftiger an als zuvor; fielen ihnen umb die Beine / daß sie nach willen mit uns nicht schaffen kunten; und als wir uns so nahe wieder beysa en funden / liessen wir von ihnen / und umbgaben uns stärker denn vorhin. Ich kan wol sagen /daß Angst und Noht Kräffte verleihet / massen was ich fassete / dergestalt beklämmet ward / daß ich mich lieber in stücken zureissen lassen / als die Hände abzihen wollen. Wir schlungen uns durch einander / wie man die Erdwürmlein sihet sich verwickeln / und hielten an mit schreihen / so offt sie hand an uns legeten. Aber endlich würde es den Stich nicht gehalten haben / zumahl sie durch Eifer und Begierde übernommen /alle Sanfftmuht beyseit legtẽ / und durch Erbrechung unser Finger uns gar leicht trenneten / wir auch ohn alle Barmhertzigkeit und Hülffe uns der Schande untergeben müssen / dafern dieser unser Erretter glükliche / und von den Göttern selbst versehene Ankunfft den Willen der Räuber nicht gestöret hätte. Dann wir höreten anfangs das rasseln ihrer Harnische zwischen den Sträuchen / und bald darauff sahen wir sie in zimlicher Eile herzu treten; dessen sich die Räuber nicht versehen hätten / und vorerst meyneten / ihrer würde eine zimliche Menge seyn / dz ich eigentlich ihren Schrecken merken kunte / welcher sich doch bald verlohr / und sie gewisse Hoffnung eines schleunigen Sieges fasseten. Hierauff baht sie ihren Ladisla / er möchte den ersten Anfang ihres Kampffs zu erzählen unbeschweret seyn; welches er einwilligte / und biß dahin ausführete / wie Herkules seinen ersten Ansprenger gefället / und darauf von dreyen zugleich angefallen worden; woselbst das Fräulein ihre Erzählung fortsetzete / einwendend / [57] sie würde / umb die Warheit anzuzeigen / gezwungen ihm in die Rede zu fallen / weil er ihren Sieg gar zu geringe machete; beschrieb demnach so best sie kunte / die Heldentaht und wie Ladisla ihrer aller Leben vor dem letzten Räuber ihrem Hüter gerettet / da sie sonst ohn alle Gnade hätten sterben müssen / welches ihnen doch erträglicher als ihrer Ehren Verlust solte gewesen seyn. Als sie nun hiemit ihrer Erzählung ein Ende gab /sagte der junge Fabius; es möchte vielleicht dieser ruhmwirdige Sieg von denen nicht so hoch geachtet werden / welchen der Räuber Krafft und Erfahrenheit unbekant währe; Wer aber den Meister aller Fechter /den hochbeschrihenen Orgetorix / und seine Gesellen Dumnorix und Ambiorix vor etlichen Jahren gekennet / und sie fechten gesehen / der würde die Vortrefligkeit dieser überwindung wol urteilen; dann diese hätte er alle drey auf dem platze tod angetroffen / und noch zween andere ansehnliche grosse Räuber / die ihm unbekant währẽ / ihre Namen aber auf ihren Schwertern / als Fimbria und Sergius / eingeetzet stünden. Der Stathalter erschrak dieser Rede / und sagte: Ich gläube ja nimmermehr / daß diese drey unvergleichlichẽ Fechter sich in Räuber Geselschafft begeben / angesehen / sie durch ihre Kunst und Stärke viel tausend Kronen erworben / und allein durch meine befoderung ein grosses Gut bekommen. Zwar man hat fast zwey Jahr nicht erfahren können / wo sie gestecket / und ist man in dem Wahn gewesen / daß sie nach Gallien in jhr Vaterland gezogen / oder in den Morgenländern Geld zu verdienen / sich auffhielten / so höre ich nun mit Bestürzung / daß sie zu Räuber gedien sind. Den Fimbria und Sergius betreffend / sind mir dieselben nit unbekant / sondern dieser ein Mantuanischer /jener ein Ravennischer vom Adel / beyde umb Untaht willen aus dem Reiche verbannet. Die gröste Verwägenheit aber / die hierunter stecket / ist / daß der unbendige Orgetorix sich vor einen Fürsten hat angeben / und nicht allein nach meiner Tochter freien / sondern das Hochzeitfest auff dem Käyserlichen Schlosse hieselbst zu halten / sich dürffen verlauten lassen; Nun wahr er zu jener Zeit gar kein Auffschneider / sondern jederman hielt jhn vor warhafft / und von Tahten fester / als ruhmrähtig; muß also die Hoffnung mein Kind zu bereden / ihm diese Liebeslügẽ eingeblasen haben. Es sey aber wie ihm wolle / so dürfte hierunter was gefährlichers steckẽ / als man gedenken möchte; welches ich dißmahl beyseit setze; muß mich aber über euch beyden / Herr Herkules und Herr Ladisla /verwundern / daß eure Schwerter so kräfftig / und die Hände so erfahren gewesen sind / diese freche Räuber auffzureiben / welches ausser allem Zweiffel durch sonderlichen Beystand der Götter hat geschehen müssen. Alle anwesende fingen an diese Taht dergestalt zu erheben / daß das Frauenzimmer (außgenommen die Stathalterin / die eine Christin wahr) in den Wahn gerieten / ob nicht etwa Herkules der Gott Apollo /und Ladisla Merkur oder Romulus selbst währe. Diese beyde aber hatten grossen Verdruß an der häuffigen Lobrede / daß endlich Herkules sie ingesamt mit entblössetem Häupte baht / diese schlechte Taht nicht so hoch zu erheben / zumahl er billich zweifeln müste / ob der Streit mit Mördern / Dieben und MenschenRäubern / mit unter die Zahl der ruhmwirdigen zu setzen währe. Sie vor ihr Häupt würden sich dessen umb keiner andern Ursach willen erfreuen / als daß sie Gelegenheit gehabt / so vortreflichen Fräulein / als Kleinoten der Welt / Dienste / und ihren hochansehnlichen Eltern Freundschafft zu leistẽ. Das ist aller Helden Eigenschafft / antwortete der junge Fabius; nicht desto weniger aber [58] muß derselbe die Guttaht erkennen / der sie empfangen hat; wiewol ich einen schli en Anfang darzu gemacht habe. Wie so? fiel ihm sein Vater in die Rede; ich hoffe ja nicht / daß du wider Römische Sitten gehandelt / uñ durch Undankbarkeit dir und deinem Geschlecht einen Schandflek angeworffen habest. Davor behüten mich die Götter / antwortete der Sohn; Viel lieber wolte ich mich ohn Leben / als ohn Ehre wissen. Das Fräulein wolte den Vater des Argwohns benehmen / und zeigete an / was vor ein Streit zwischen jhnen sich aus Irtuhm erhoben; Worauf der Vater den Sohn erinnerte / den blinden Zorn hinfüro zu mässigen / als welcher ein Zeichen eines grossen Vernunfftmangels währe.

Die mitleidige Mütter sassen und kunten ihre Trähnen nicht stillen / in betrachtung der grossen Gefahr ihrer Töchter / biß sie von ihren Gemahlen auffgefodert wurden / einen kurzen Abtrit mit ihnen zu nehmen / da sie sich miteinander berahtfrageten; auff was Weise sie unsern Helden ihre Dankbarkeit erzeigen und beybringen wolten; liessen hernach Frl. Sophien zu sich ruffen / und nach gemachtem Schlusse / setzete sich jedweder an seine Stelle / ohn daß die Müttere nach Hause gingen / und nach Verlauff einer halben Stunde sich wieder einstelleten. Nicht lange hernach traten drey wolgeputzete Dirnen ins Gemach / deren jede ein treffliches Lädichen trug von Hebenholz mit güldenem Beschlage / künstlicher Arbeit / welche sie Frl. Sophien überreicheten; ihnen folgeten zwölff in Scharlaken gekleidete Diener / und hatte jeder ein sehr grosses güldenes Trinkgeschir / mit allerhand köstlichen Steinen außgesezt / die mit dem besten gepregeten Arabischen Golde gefüllet wahren / welche sie nach der reihe auff den Tisch stelleten / und lies keiner sich eines Worts verlauten / biß Frl. Sophia die Lädichen öffnete / einen kostbahren Schaz von güldenen Ringen / Armbändern / Halßketten und anderm Zieraht / auff 150000 Kronen geschätzet / daraus auff den Tisch schüttete / und also anfing: Ihr meine Hochwerte Herren / Herr Herkules und Herr Ladisla /die ihr billig meine uñ meiner geliebten Schwestern Schuzgötter zunennen seid / nachdem wir und ihr selbsten ja bekennen müsset / daß nähst dem Himmel wir niemand als euren kräfftigen Armen und mitleidigen Herzen unsere Ehr und Leben zudanken haben /so lasset / bitten wir drey Erlösete / euch dieses schlechte Opffer gefallen / welches zur anzeige eines dankbaren Willens / wir aus geheiß unser lieben Eltern euch überreichen / nicht unter der Hoffnung / die uns erzeigete Woltaht hiedurch zuersetzen / sintemahl Ehr und Leben mit keinem irdischen Schein zu vergleichen ist / sondern daß wir uns dem Laster der abscheulichen Undankbarkeit entreissen mögen ist / wie gesagt / dieses nicht anders / als ein geringes Zeichen eines Herzen / welches da wünschet / ein gleiches legen zu können / aber wegen der lautern Unmögligkeit zugleich seuffzet / das die reichen Götter hieselbst unsere Stelle vertreten wollen / da unser können auffzuhören gezwungen wird / und doch allemahl tichtet / mit der Zeit ein besser Mittel zu erdenken /welches den Schein dieser schlechten Kleinot übergehen möchte.

Unsere Helden erstauneten über diesem Anmuhten / und in dem einer den andern ansahe / und keiner wuste / was er dazu sagen solte / stund der Stathalter von seiner Stelle auf / und redete sie also an: Ihr ruhmwirdige / und von den himlischen Göttern hochbegabte Ritter und Herren: Ob zwar mein Wunsch die Erkäntnis eures Standes gewaltig nachsuchet / damit denselben ich die gebührliche Ehre bieten dürffte / wil ich solches doch mit [59] eurem guten Willen lieber entrahten / als demselben zuwieder / wissen / und mir genügen lassen an dem / daß die gütigen Götter euch nicht allein meinem Kinde und Bäßlein / sondern viel tausend anderen bedrångeten und durch Gewalt unterdrücketen zu hüffe und Trost an diese Welt kommen /und in Herzhaffter Tapfferkeit vortrefflich werden lassen. Wahr ist es / daß wann Gefahr von uns abgekehret wird / wir der Götter Rettung solches zuschreiben müssen; wer aber dem Werkzeuge / durch welches sie uns beyspringen / Undank zu Lohne legen / oder auch solche Guttaht und Hülffe verachten und in den Wind schlagen wolte / derselbe müste billig in aller Götter Ungnade fallen / nicht anders / als der den Göttern vor des Tages Liecht danken / und daneben der Sonnen alle Beschimpfung erweisen würde. Daß ich und diese meine bey den Freunde Töchter haben / dancken wir dem göttlichen Segen / welcher alle Geschöpff durch Mittel außhecket; hätten wir ungerahtene Töchter / müsten wirs dem Unglük zuschreiben. Daß sie aber nicht grausamer Weise durch räuberische Unzucht genoht zwänget / und hernach gar in stücken gehauen / oder den nichtigsten Hundsbuben zu aller Schande unter die Füsse geworffen sind / kan von uns keinen andern Uhrhebern / als bloß eurem recht Fürstlichen Mitleyden und daher entspringender kräfftigen Hülffe zugelegt werden / als die ihr euer Leben in dieser euer Jugend geringe geschätzet / und dem Mörderischen Schwerte dargebohten / nur daß ihr diese dazumahl aller unglükseligste Kinder retten / und mit vergiessung eures Blutes in die heutige Wolfahrt versetzen möchtet. Versichert euch / ihr meine Hochwerte Herren und Freunde / daß wir des Unverstandes nicht sind / diese eure Guttaht mit stillschweigen zu begraben / sondern es sol vielmehr durch das ganze R \mische Reich und benachbarte Herrschaften von uns außgebreitet werden / daß nehmlich die Tugend /was sie wol in hundert Jahren in mir und vielen andern schwerlich zeugen würde / bey euch in dieser eurer Jugend schon so völlig wirken und scheinen lassen / als hättet ihr nach Ablegung der ersten grauen Haare diese jezige Jugend auffs neue angenommen. Römische Auffrichtigkeit / deren ich mich / ohn unzeitigen Ruhm / alle mahl beflissen / hat einen Abscheuh an schmeichelhafften Lobreden / drumb wollen sie / bitte ich / mich dessen nicht zeihen. Was ich empfangen habe / preise ich billich / nachdem es dessen wert ist / und preise es nicht allein mit Worten / da ich Werke empfangen habe / sondern suche mit allen dankbahren / und vor dißmahl mit diesen meinen Herren Schwägern und deren Gemahlen / mögliche gelegenheit / ein wirkliches zu erklären / welches wir euch auff diese weise darzulegen verabscheidet haben; daß vor erst diese zwölff Becher jhr von unser Hand annehmen / und nach unserm Tode mit unsern Kindern zu gleicher Teilung aller unser Güter gehen wollet. Ist dann ein mehres / damit ihnen könte gedienet seyn / und von uns zu leisten möglich / wollen sie kühnlich fodern / und des gewehrens sich von uns versichern.

Herkules und Ladisla stunden als die Stummen /schlugen die Augen vor sich nider / und liessen aus jhren Geberden gnug sehen / daß sie nicht geringe Bewägung in ihrer Seele empfunden; worüber das gesamte Frauenzimmer sich hoch erfreuete / in meynung / es währe ein Zeichen grosser Freude / wegen getahner Schenkung und künfftiger Erbschafft; biß Herkules / nach dem er sahe / daß Ladisla nicht wolte / dieses antwortete: Das wolle Gott nimmermehr / daß das ungerechte Lösegeld / welches die meinäidigen Räuber [60] gesuchet / wir an jhrer stat empfangen; vielweniger das angebohrne Erbe dieser Durchll. Fräulein schwächen und mindern solten: Hochmögender Herr Stathalter / auch Römische Herren / Frauen und Fräulein; verzeihet uns / bitten wir / diese Frage / ob sie nicht unserer Ritterlichen Ehren beschirmer ja so willig seyn wolten / als wir ihnen samt und sonders zu dienen / höchstbegierig sind; Verfluchet müsten ich und mein bründerlicher Geselle seyn / wann wir andere Gedanken von ihnen fasseten / zumahl ihre hohe gewogenheit auff der allerhöchsten Vergeltungs-Stuffe sich sichtbarlich erzeiget / in dem wir wegen einer Viertelstunde Arbeit / die ohn sonderliche Gefahr gewesen / als leiblichen Söhnen / so grosses Erbe uns angebohtẽ seyn / hören müssen / daß wir unsern Ohren kaum trauen důrffen. Betrachtet aber / bitten wir / obs ohn Verletzung unser Ritterlichen Ehre von uns könne angenommen werden / weil wir nichts durchaus geleistet / als wozu uns das eingepflanzete Gesez verbindet: dann sehet doch; wir haben gewaltleiden der Fräulein klågliches geschrey vernommen; Wen solte das nicht zum mitleiden bewägen? Wir haben gesucht / dessen ursach zu erkennen / wer würde solches ohn Nachrede einer Kleinmühtigkeit unterlassen? Wir haben uns der anlauffen den Räuber erwehret / ehe und bevor wir einige wissenschaft gehabt / ob sie rechtmässige Richter der klagenden /oder boßhaffte Ansprenger währen; wer könte hier sein Schwert in der Scheide behalten / und sich niderschmeissen lassen? Sehet / hochwerte Herren / Frauen und Fråulein / was von uns vor Gegenwehr geleistet /ist bloß zu unserm besten vorgenommen / ja von uns erzwungen; Wir sind nicht außgeritten / den Fräulein Hülffe zu leisten; Wir haben sie biß zu allerlezt ohn Rettung in ihres Hůters Hand stecken lassen; Ja das ich ohn Anröhtung nicht sagen kan / ich bin so unhöflich gewesen / und habe dieses Durchl. Frauenzimmer nicht eins besuchet / sondern sie haben sich gedemühtiget / seynd zu mir kommen / meine Waffen mir abgezogen / meine Wunde verbunden / und / mit einem Worte / sich so verdient umb mich gemacht / dab ob ich gleich hundert Jahr leben solte / ich doch in ihrer Schuld sterben müste; und ich solte ihnen diesen Dank davor erzeigen / und sie ihres väterlichen Erbes zum halben Theil helffen berauben? Dieses Laster wende Gott von mir ab und von meinem Gesellen /damit wir nicht Erz Räuber über die heut erschlagenen werden / und morgen dem billichen Råcher in die Hånde fallen. Ich sage nicht / Durchll. Herren / Frauen und Fräulein / daß sie uns ein solches unter dem schein einiges Lasters anmuhten / aber / weil ihr hohes erbieten nicht ohn Laster von uns kan angenommen werden / ey so gebet unser Entschuldigung stat / damit unser Ritterstand / den wir kaum vor drey Jahren angefangen / nicht durch unverantwortlichen Geiz und Unbescheidenheit im ersten Grase ersticket werde / sondern wir von diesem Laster befreyet / sie uñ andere Woltähter frey ansehen / und so grobes verbrechens uns nicht schämen dürffen. Ein Zeichen dieser hohen ganz unverdieneten Ehre anzunehmen / wegern wir uns nicht / sondern sol uns vielmehr eine stete Erinnerung seyn / wie fest Euren Durchleuchtigkeiten wir verbunden bleiben. Nam hiemit ein zierliches Ringelein von den außgeschüttenẽ Kleinoten /steckete es auf den Goldfinger / uñ taht ihm Ladisla ein gleiches nach; hernach fuhr er in seiner Rede also fort: Ja meine hochwerte Herren / Frauen uñ Fräulein / wir wollen uns noch einer kühnern Freyheit unternehmen / uñ diese aufgesetzete köstliche Geschenke von ihrer gar zu freygebigen Hand empfahen; aber mit diesem bedinge / daß unsere gebietende Frauen / die drey Müttere sie mögen in guter verwahrung bey sich behalten / damit wir dermahl [61] eins solche alle / diesen dreyen Fräulein in künfftig zum Brautgeschenke bey ihren hochzeitlichen Ehrentagen einliefern können. Den hohen Ruhm / von unserm gnädigen Herrn dem Stathalter uns zugelegt / schreiben wir billich seiner ungezweifelten väterliche Gewogenheit zu / wollen uns auch befleissigen / daß ob wir gleich keine gebohrne Söhne / wir dannoch keine andere Herzen / so lange wir leben / unserm Herrn als Vater erzeigen. Nach geendigter Rede raffeten sie die Kleinoten wie der in die Lådichen / und lieferten sie nebest obgedachten Bechern den dreyen Frauen ein / mit bitte /dieselben in gute verwahrung anzunehmen. Die Anwesenden alle beantworteten dieses anmuhten mit einem freundlichẽ Lachen. Nur der Stathalter sagte drauff: Ihr meine Herren und Freunde; wann eurer Antwort auff meine gehaltene Rede ich mit einer neuen begegnen solte / würde solches / bekenne ich /nicht sonder Anwendung der wolgegründeten Vernunfft geschehen können; währe auch zu befahren / dz entweder meine entgegen gestellete Ursachen zurük prallen / oder ihre angeführete ausflüchte angegriffen werden müsten; gestehe sonst gerne / daß Herr Herkules uns anjetzo nicht weniger jhrer beyder hohen Verstand und wolgebildete Geringschätzung zeitlicher Güter / als unsern Kindern / ja auch unsern Feinden jhre unüberwindliche Herzhafftigkeit zu erkennen gegeben. Ich wil vor dißmahl weder ihre getahne Verehrung an unsere Töchter wieder ruffen / noch mich der geschehenen wegerung beschweren / sondern wie ihnen ich allen freyen Willen hierin lasse / also werden sie / ich müste dann gar unglükselig seyn / mir dieses mein ansuchen weder streitig noch abschlägig machen / da ich sie freundlich ersuche / nicht schleunig von uns hinweg zu zihen / sondern umb bessere Kundschafft zu machen / etliche Zeit bey und zu verbleiben. Keine angenehmere Bitte håtte dem verliebeten Ladisla können angelegt werden / und kunte dannoch über sein Herz nicht bringen / sie zu beantworten / weil Herkules Wille ihm unbewust wahr; welcher aber zu seines Freundes Vergnügung diese Antwort gab: Höchstgewogener Herr als Vater / wir müsten zumahl baurisch und unbehöfelt seyn / wann wir ohn Urlaub hinter der Tühr Abscheid nehmen würden; erkennen uns schuldig / unsern Herren / Frauen und Fräulein gehorsam und ehrerbietig auffzuwarten / und zweifeln im wenigsten nicht / sie werden auff geleistetes begehren uns zu unser nöhtigen Reise hinwiederumb beförderlich seyn.

Der Stathalter kunte sich des jungen Herren unaußsinlicher Verschlagenheit nicht gnug wundern / daß er im Augenblick so vorträgliche Antwort zufinden wuste / nicht allein daß angebohtene höfflich außzuschlagen / sondern auch daß begehrete auff solche Weise zu verheissen / daß er immerzu unverbunden bleiben / und sein Versprechen nach belieben auffruffen kunte. Sein Gemahl aber wolte weil der Abend einbrach / dieses Gespräch aufheben / daher sagete sie: Unsere Töchter / wie ich merke / solten fast mehr belieben nach einem Tanze als ferneren höfflichen reden tragen: hieß demnach die Spielleute und Diener (welche bißher einen Abtrit genommen) wieder herein gehen / und nach etlichen künstlichen stücken einen Tanz auffmachen / da Frl. Sophia mit Frl. Ursulen einen zierlichen Reihen Tanz mit gefasseten Händen; hernach jede einen absonderlich vor sich / wiewol zugleich / und nahe bey einander hielt / nach dessen Endigung diese zu jener sagete: Betriegẽ mich meine Augen nicht / Herzen Schwester / so werden die eure von Herr Ladisla nicht angefeindet; und die Götter geben euch ja nimmermehr keinen unwirdigern Buhlen. Herzliebe [62] Schwester / antwortete Frl. Sophia / ob Herr Ladisla mich nicht anfeindet / so habe ich ihm darzu auch keine Ursach gegeben / da es nicht durch Beschwerung auff dem Pferde geschehen ist. Es ist mir aber lieb / Gelegenheit zu haben / euch eure grosse Unträue vorzuhalten / welche ihr mir heut in dem Unglükswalde erzeigetet / in dem ihr mich nacket und bloß bey H. Ladisla einem Wildfremden so gar allein liesset; nimmermehr könte ich euch ein solches Bubenstük anthun. Daß ihr mir aber keinen unwirdigern Buhlen wünschet als diesen / kan ich anders nicht außdeuten / als daß ich gar keinen haben sol; dann wo würde mann sein und seines Gesellen gleichen finden? Frl. Ursula sagte hierauff; Ich sahe uñ merkete wol / mein Schwesterchen / daß euch beyderseits geliebte allein zu seyn (dann sonst währet ihr wol mit uns zugleich davon gangen) darumb wolte ich euch einen Dienst durch unser beyder abweichen thun / wie mich dann eigen gedauchte / ihr hättet mir deßwegen einen Wink gegeben. Sahe sie hierauff traurig an / und fuhr also fort: Es ist aber iezt nicht Zeit zuscherzen / sondern wann ich bey euch der Verschwiegenheit versichert währe / müste unser Freundschafft nach ich euch eine wichtige Heimligkeit offenbahren /die ihr sonst zuspät erfahren möchtet. Diese bekam grosse Begierde solches zu vernehmen / und lobete an / Hand und Mund zu halten. Worauff jene sagte: Wisset ihr auch / Schwester / daß ihr schon eine verlobete Braut seyd? Was? antwortete diese; bin ich eine Verlobete? fing aber bald an zulachen / und sagte: Haltet ihr mich dann vor so frech / daß ich mich diesem Fremden solte so leicht und bald versprochen haben? aber ich werde schon Gelegenheit finden / euch dieses Auffzuges gereuen zu machen. Leget meine Reden nicht ungleich noch vor einen Auffzug aus / antwortete jene; und seyd ihr eures eigenen Zustandes noch unberichtet / stehet es umb eure Sache so viel gefährlicher / weil ich fürchte / der Bräutigam möchte euch ungenehmer als der Tod selbst seyn; Ich verlasse mich aber auf eure Zusage / und frage in allem Ernst / wie euch der geizige Fulvius gefalle / welchen ich trauen umb aller Welt Gut nicht heyrahten wolte / ungeachtet ich keines Stathalters Tochter bin wie ihr. Frl. Sophia erinnerte sich / daß ihr Vater etliche Zeit her diesen Römischen Herren in ihrer Gegenwart zun offtern trefflich gerühmet hatte / mit vermeldung / es währe kein Römischer Herr / der ihm eine Tochter versagen würde; fassete deßwegen traurige Gedanken / und sagte: Ach herzgeliebte Schwester / ich bitte zum allerhöchsten mir zu vertrauen / von wem ihr dessen berichtet seid. Was gehet euch daß an? antwortete sie /ists nicht gnug / daß ich euch die Heimligkeit selbst vertraue? die so gewiß ist / daß wo ich fehle / ihr mir alle Freundschafft auffkündigen sollet. Ich sage euch noch mehr; Fulvius ist schon auff dem Wege / euch abzuhohlen / weil euer H. Vater / ungeachtet alles Wiedersprechens / von euer Fr. Mutter geschehen /ihm völlige uñ unbedingte Zusage getahn hat; welches ich von niemand anders habe / als der mit dabey gewesen ist. Werdet ihr mich nun verrahten / so bringet ihr mich in die gröste Ungelegenheit. Schwester /ich kan Gott Lob wol schweigen / antwortete sie /aber von dieser Heiraht werden mich die Götter / oder der Tod frey sprechen / dessen seyd ungezweifelt versichert. Ich danke euch aber von herzẽ dieser eurer träue / die ich / wo ich leben sol / unvergolten nicht lassen wil. Aber wir stehen allhier zu lange / und möchte unser Gespräch etlichen einen Argwohn bringen. Seyd aber gebehten / und führet H. Ladisla unsere Schwester Helenen zu / daß wir sehen / ob diese sonst so volkommene Ritter [63] auch den Tanzbodem besuchet haben. Was habe ich vor Ursach / sagte Frl. Ursula / ihm Helenen zuzuführen? Ihr habt selbst eines geträuen Freundes von nöhten / der euch von Fulvius loßwirke / und wisset nur / daß ichs heut wol sahe / wie kek er sich der guten Gelegenheit hinter dem Baum gebrauchete. Herzen Schwester / antwortete sie / das Gesicht muß euch mächtig betrogen haben / welches ich auff bessere Gelegenheit verfechten wil /mit dem Tanze aber möget ihrs nach eurem willen ordnen. Also bestellete Frl. Ursula einen sonderlichen neuen Tanz / und foderte Ladisla mit diesen worten auff: Hochwerter Herr / da ich sonder Unhöffligkeit ihm meine herzliebe Frl. Schwester an die Hand bieten darff / nach belieben sie bey sich niederzusetzen oder zum Tanze zufůhren / wil ich dessen nicht länger Auffschub nehmen. Ladisla bedankete sich der Ehren und fing nach Anleitung seiner Liebesbegierden einen sehr zierlichen Tanz mit ihr an / nach dessen Endigung sie zu ihm sagete: Mein Herr / ihr wisset gewißlich nicht minder beym Tanze / als bey dem Kampffe, euch ganz volkommen zu halten. Höchst geliebtes Fräulein / antwortete er; daß mir dann auch der Himmel diese Gůtigkeit zufliessen lassen wolte / bey meinem Fräulein können angenehm zu seyn / weil ohn ihre Gunst und Gegenliebe ich ausser allem zweiffel untergehen und verderben muß. Mein Herr / sagte sie / ich bitte sehr / mir dieses Fråulein nahmhafft zu machen / deren Gewogenheit er so embsig suchet; kan ich ihm dann bey derselben den gewünschten Trost erwerben / als dann sol er dabey prüffen / ob ich nicht willig bin / ihm verbeschehene Rettung tråulich zu dienen. Nun merkete sie / daß er mit einer weitlåufftigen Erklärung loßzubrechen willens wahr / welches /weil vieler Augen auff sie gekehret wahren / sie mit diesen worten abwendete: Mein Herr / ich wil noch hinte seine mir vielleicht nicht unbewuste Außlegung sehr willig anhören; aber dafern ihm beliebet / noch einen Tanz mit mir zuhalten / wird dieses Orts solches niemand verdacht. Er gebrauchte sich dieser Anfoderung / bestellete mit einer Handvol Kronen einen Tanz / und befliß sich aller Zierligkeit / damit er ja seinem Fråulein gefallen möchte. Herkules hatte unvermerket gar genaue acht auff alles sein thun; er wuste / daß er von jugend auff dieser Ubung wenig zugetahn wahr / und sahe doch vor Augen / daß die Liebe ihm die Füsse gleichsam beflůgelte; gedachte demnach / ihm nach allem vermögen zum gewünschten Zweg zuverhelffen / was ihm auch drůber zustossen möchte; nur lag ihm allermeist im Wege / daß auff solche Weise ihr Stand und Wesen müste offenbahr werden / weil so hohe leute mit unbekanten sich zubefreunden / grosses Bedenken tragen würden; jedoch / weil ihm seines Freundes Wille lieber als sein eigener wahr / setzete er alles übrige zurük / und zu Gottes versehung. Der junge Fabius ward auch vermahnet / mit Frl. Ursulen einen Tanz zuverrichten /diese aber / weil ihre Kundschafft und Vertauligkeit schon von zwey Jahrenher viel heimlicher wahr / als die im Tanze bestehet oder gilt / luden sich auff ein Abendgespråch / nach geendigter Gåsterey. Herkules /der im tanzen und springen seines gleichen nicht hatte / saß dannoch lieber stille / als daß er solcher Uppigkeit hätte nachtrachten sollen; so wolte ihn auch niemand wegen empfangener Wunde / zum Tanze nöhtigen; weil aber Ladisla merkete / daß er den andern fleissig zusahe / gab er seinem Fräulein zuverstehen /Er sähe gerne / daß Herkules ein Tanz gebracht würde; die solches zuleisten sich willig anerboht /wann sie nur wissen solte / daß sie es wagen dürffte /uñ es ihm wegen der Wunde nicht beschwerlich[64] währe. Doch führete sie ihm Frl. Helenen zu / da er anfangs sich mit seiner Unwissenheit entschuldigte /und nicht destoweniger solche Schnitsprünge /schrenkungen und andere Zierligkeiten mit seinen leichten und geraden Fůssen verrichtete / daß die Zuseher sageten / es müste dieser Herr in dem allerglüklichsten Zeichen des himlischen Gestirns gebohren seyn / weil alle Leibes und Seelen Zierde in so grosser Volkommenheit bey ihm hervorglånzeten. Aber niemand rühmete ihn höher im Herzen als eben seine Neben Tänzerin / dann sie hatte sich dergestalt an ihm vergaffet / daß sie fast sich selber nicht kennete; wie wol der Pfeil umbsonst verschossen wahr / und die Karte an iener Seite schon dergestalt verstecket / daß der guten Fråulein Gedanken sich in eine grundlose See versenketen.

Die schon halb verlauffene Nacht erinnerte nunmehr die Anwesenden / daß es Zeit seyn würde / sich dem Lager zu widmen / daher der junge Fabius es Herkules frey stellete / wie früh oder späht er Ruhe nehmen wolte; der aber seinem Freunde Raum zumachen suchete / seiner Liebe in etwas nachzuhången /weil er sahe / daß ihm nicht gefiel / so zeitig Abscheid zunehmen; daher er sich gegen Fabius vernehmen ließ / da es ihm so geliebete / wolte er noch ein halb stůndichen mit ihm sprachen. Dem Stathalter und andern Gästen wahr dieses sehr angenehm / und begunte ein jeder ihm einen Sprachgesellen außzusehen. Die drey Frauen traten zusammen / und überlegeten das grosse Elende ihrer Töchter / welches sie unvermeidlich hätten angehen müssen / dafern dieser Helden Hülffe nicht so schleunig kommen währe; und sagte Fr. Pompeja; es währe sehr gefährlich / eine mannbare Tochter in der Eltern Wohnung / und nichts sicherer /als daß man ihr einen Mann gäbe; Aber ihre Schwester Fr. Julia antwortete: Sie hielte davor / daß die Töchter in der Eltern Häusern sicherer währen / als wann man sie nach jhren Willen ausfahren liesse. Der Stathalter und seine Schwäger hatten sich an einem andern Orte zur Unterredung nidergesezt; so nam Ladisla dieser guten Gelegenheit wahr / wie imgleichen Frl. Sophia dieselbe nicht verseumen wolte; traten von den andern in einer zimlichẽ Absonderung zusammen / und brachte er seine Werbung folgender gestalt vor: Hochgebohrnes Fräulein / demnach ich schon zu unterschiedlichen mahlen ihr meine ungefärbte Liebe und herzergebene Träne angemeldet /und doch nicht die geringste Gewißheit eines Ja oder Nein erhalten mögens mir aber unmöglich ist / die über mich schlagenden Flammen ohn Kühlung länger zu erdulden / sintemahl ich ungleich gr \ssere Angst /als mein Fråulein unter Räubers Händen / in meiner Seele empfinde / so daß den Schmerzen / welchen die Erkäntniß durch den Dienst meiner Augen eingenommen in mir wirket / und ihre außbündige Schönheit einig verursachet / ich nicht ertragen mag; als bitte ich von Grund meines Hertzen / sie wolle mich nicht ohn Mitleiden verderben lassen / noch zugeben / daß derselbe durch ihre Grausamkeit getödtet werde / welcher vor jhre Wolfahrt zu sterben / sich nun und nimmermehr wegern wird; jedoch / dafern mit und bey ihr zu leben / mir nicht kan zugelassen seyn / ey so verweile sie nur nicht / mir die Urtel wegen meines Frevels zu sprechen / weil ich rundaus bekenne / daß denselbẽn ich niderzulegen weder willens noch vermögens bin; solte aber mein Fräulein sich erklären können / mich vor den ihren in ehelicher Verbindung aufzunehmen /als dañ wolle sie ihre gedanken mir nicht länger verbergen / damit ich meine unruhigen Geister stillen /und inkünfftig bedenken möge / was zu Fortsetzung meines Wunsches [65] dienen kan. Das Fråulein wahr nicht willens / länger unter der Decke zu spielen /weil die Gefahr mit Fulvius jhr zu hart anlag / deßwegen sie ihm mit dieser Antwort begegnete: Der Himmel ist mein Zeuge / mein Herr / daß ich bißher keinen Liebesgedancken in meinem Herzen empfunden /ehe und bevor ich seiner Kundschafft bekommen; habe auch noch in dem unverständigen Alter gelebet /welches von dergleichen Sachen sehr wenige Erkäntniß / viel weniger Genieß hat; so bin ich über das /Zeit meines Lebens unter so strängem Zwange von meinen Eltern gehalten / daß ich nirgend in Gesellschafften mich dürffen finden lassen / ohn wo sie mit zugegen gewesen / nur daß mir gestern mit meinen Wasen außzufahren gegönnet ward / welches / dafern euer mitleidiges Herz nicht gewesen / mir übel bekommen währe. Ich lasse mich aber bedünken / mein Herr habe in seiner Rede mir mit verdekten Worten /den entblösseten zustand wollen zu Gemüht führen /in welchem er mich angetroffen; da ich dann bekennen muß / daß / wann es mit meinem guten Willen geschehẽ währe / ich billich vor das leichtfertigste Weibesbild můste gehalten werden / die jemahls gelebet; weil es aber durch unwidertriebliche Gewalt also ergangẽ / welche doch / den Göttern sey Dank / ausser dem sehen nichts an mir gehabt / hoffe ich gnug entschuldigt zu seyn; und kan ich mich so viel besser trösten / daß die leichtfertigen Buben des an mir begangenen Frevels sich nicht rühmen können / sintemahl eure Ritterliche Faust jhnen solches wol verbohten hat. Daß ich nun auff den Zweg seiner Reden komme / so wundert mich sehr / daß mein Herr sich so verliebet anstellet / da er mich doch nicht wirdiget / mir seines Wesens etwas vertraulichere Kundschafft zu g \nnen. Er sihet und kennet nunmehr meinen und der meinigen Zustand; und ruffe ich die Warheit zum Zeugen / daß an seinem gnugwirdigen Adel und Herkommen ich vor mich nicht zweifele / sondern ihn so hoch schätze als keinẽ andern in ganz Rom; jedoch müste mirs ohnfehlbar zur unbesoñensten Leichtfertigkeit außgelegt werden / wann ich vor dieser gebührlichen Nachfrage / mich auf getahne Anmuhtung richtig erklären würde; ja wann ich mein Herz demselben ergäbe / von welchem ich noch nicht so viel weiß / ob er mir eins seinen rechten Nahmen offenbahret habe. Min Herr / fuhr sie fort / ich gestehe gerne / daß ich ihm höher verpflichtet bin / als zeit meines Lebens ich nicht vergelten kan; jedoch halte ich auch davor / daß / wie grosse Woltaht gleich ein Ritter einem Weibesbilde erzeiget / er dannoch gehalten sey / ihrer Ehren und guten Leumuts acht zu haben. Nicht rede ich solches / ob trüge ich einigen Zweifel an seiner Redligkeit / sondern bloß zu erforschen / ob auff ihn mich verlassend / ich auff festen Grund oder auff Triebsand bauen würde. Da nun mein Herr einige beständige Antwort von mir erwartet / uñ meines Herzen erklärung zu vernehmẽ / belieben träget / wird er mich seiner heimligkeiten etwz bessere Kundschafft göñen / damit ich wisse / wen ich lieben sol / uñ von wem ich geliebet werde; als dann versichere ich ihn hinwiederumb bey meinen Jungfräulichen Ehren / deren Retter er heut gewesen ist / daß alles heimliche zuverschweigen / ich mich so kräfftig befinde / daß weder Vater noch Mutter / noch ichtwas in dieser Welt durch einigerley weise dessen das allergeringste auß mir erzwingen sol. Würde aber mein Herr dieses mein anmuhten ungleich verstehen / als es von mir nicht gemeynet ist / so bedenke er doch / ob auch einige Eltern in der Welt gefunden werden möchten / die ihr liebes Kind einem allerdinge Unbekanten gönnen würden / geschweige dann diese /deren Macht so groß ist / daß sie von ihren Kindern nohtwendig müssen gefürchtet werden.

[66] Ladisla erkennete in seinem Herzen wol / daß die Erbarkeit selbst sie zu dieser Nachforschung seines Standes antriebe / und hielt die Libe zu dem Fräulein / und die seinem Herkules geschworne Verschwiegenheit einen starken Kampff in seiner Seele / ob er sich ihr gänzlich solte zuerkennen geben; doch ging er endlich in sich / gab der Vernunfft Plaz / und antwortete ihr folgender Gestalt: Hochgeliebtes Fräulein; ich erkenne euer rechtmässiges Begehren / und thut mir von Herzen leid / daß durch Aidschwur gehindert / ich ihr nicht bald anfangs meinen Stand wissen lassen dürffen / wie ich gerne gewolt hätte. Ich gestehe / daß ich eine zeitlang meinen rechten Nahmen verendert /und in nachsuchung meines Herkules / welchen ich vor wenig Monaten erst wieder angetroffen / mich Winnibald nennen lassen; anjetzo aber meinen vorigen Nahmen wieder angenommen habe / vielmehr darff ich diese Stunde nicht von mir sagen / biß mein Herkules mich des getahnen äydes erlassen wird /welches ich leicht erhalten werde Vor dißmahl nur schwöre ich bey meinen ritterlichen Ehren / daß ich ein gebohrner und Herschender König bin / über ein Reich / welches weder dem Römischen Käyser noch einigen andern / Schatzung oder pflichtschuldigen Gehorsam gestehet / sondern nähest seinen Göttern mich allein vor die höchste Obrigkeit erkennet und ehret; bitte aber / mein herzgeliebtes Fräulein diese Geheimnis noch zur Zeit vor sich allein wissen / und umb wichtiger Ursachen willen verschwiegen halte wolle. Das Fräulein erbleichete vor dieser Rede / und antwortete gar furchtsam: O ihr Götter! warumb habt ihr heut einen mächtigen König meinetwegen in Lebensgefahr stürzen wollen / dessen Verlust tausendmahl grösser als der meine gewesen währe? Ja ihr Götter /habt ihr mich eure Magd deßwegen in Råuber Hände gerahten lassen / daß ein König mich nicht allein retten / sondern dessen ich nicht fähig bin / mir seine eheliche Liebe antragen müssen? Ladisla baht sehr /ihn forthin weder heimlich noch öffentlich anders als einen Herren Standes zuhalten / und wo möglich /auff sein inbrünstiges Ansuchen ihm gewirige Erklärung wiederfahren zu lassen; dessen er von ihr mit diesen Worten gewehret ward: Ja mein Herr / sintemahl es ihm also gefällig ist / wil ich noch zur Zeit selber nicht wissen / wer er ist / und wie hoch ich ihn zu ehren schuldig bin. Wegen angetragener Liebe bedanke ich mich von ganzer Seele / und auff sein inständiges Anfodern verhiesse ich in aller beständigen Träue / so viel in meiner Macht seyn kan / als nehmlich / daß entweder Herr Ladisla allein / da sonst meiner Eltern bewilligung folgen kan / oder doch kein ander Mannesbilde eheliche Gewalt über mich haben sol; und ob durch våterlichen Zwang zur brechung dieses Gelübdes ich solte genöhtiget werden / wil ich entweder Herren Ladisla / wie ers begehren wird /durch Noht und Gefahr folgen / oder den Tod mit frölichem Herzen angehen. Auff diese Antwort küssete ihr Ladisla die Hände / und sagte: So schwöre ich hinwiederumb bey den mächtigen Göttern / daß ich ihr als meinem einig geliebten Fräulein die versprochene Träue und eheliche liebe halten / und durch kein Ding der Welt mich davon abwendigen lassen wil; so gar / daß ob sie mir durch jemand solte versaget werden / ich meines Reichs ganze Macht dran wagen / und lebendig mich ihrer nicht begeben wil. Da gingen nun die herzvergnügliche Reden erst recht an / und bemühete sich jeder Theil / dem andern sich behäglich gnug zu machen. Als aber Ladisla durch hitzige Liebesflammen überno en / umb schleunigen wirklichen Verfolg anhielt / wuste sie ihm dergestalt mit holdseliger Einrede [67] zu begegnen / und ihn der gebührlichen Mässigkeit zu erinnern / daß er seiner ansuchung sich selbst straffen muste. Mein Herr / sagte sie zu ihm; wie solte er dem überfluß seiner Liebesbegierden nicht können die billiche Masse setzen / da er doch in alle seinem Vornehmen sich der allergeringsten Ungebůhr nicht merken låsset? Es weiß ja mein Herr / und vertrauter Freund / daß ich numehr die seine bin und bleiben werde / jedoch so lange in keuscher Zusage / biß die Götter uns die eheliche Vermählung wiederfahren lassen. Wird demnach mein Seelen-Schaz selbst verhüten helffen / daß schier heut oder morgen uns kein Mensch der Leichtfertigkeit mit Warheit zeihen könne; Was aber ausser diesem ist und bestehet / damit weiß meinem Herrn ich mich unwegerlich verbunden. Nun wird aber Zeit seyn / dz ich ihm eine heimliche Gefahr offenbahre / deren ich kaum vor dreyen Stunden von einer hochvertraueten Freundin berichtet bin; Daß nehmlich mein Herr Vater mich einem R \mischen Ritter / nahmens Fulvius / sol ehelich versprochen haben / welcher zwar reich an Gütern / aber an Wiz und Tugend nicht viel zu verlieren hat; denselben nun an meine Seite kommen zu lassen / werde ich wol ni ermehr einwilligen / es sey dann / dz mich grössere Gewalt / als die heutige unter Räubers Händen / darzu unvermeidlich zwinge und vergewaltsame; vernehme zugleich / er dürffte sich erstes Tages einstellen / mich abzulangẽ /welches ich mir doch nicht einbilden kan / angesehen meine Eltern noch jemand anders / mich davon kein einiges Wörtlein haben wissen lassen. Ladisla versprach ihr / allen möglichen Zwang seiner Begierden /und sagte: Es währe jhm sehr lieb / daß er des Bulers zeitig inne würde / hielte in Betrachtung des strången Ernstes ihres H. Vaters / wol davor / daß vor geschlossener Heyraht er ihr wenig davon sagen möchte / wolte nur wünschen / daß die Götter den vermeynten Bräutigam ehist herzu führeten / als dann würde sich schon Gelegenheit an die Hand geben / sich durch einen rechtmässigen Kampff seiner zu entledigen / ob es gleich ihrem H. Vater nicht allerdinge mit währe. Ach mein Herr / antwortete sie; solte er sich meinetwegen noch in weitere Gefahr einlassen? Ich meyne ja / die heutige sey schon gar zu groß gewesen; meine meynung aber zu sagen / halte ich zwar wol etwas dran zuseyn / aber noch ungeschlossen / welches ich zu muhtmassen grosse Ursachen habe; und könte mein Herr meinem geträuen Raht folgen / solte ers kühnlich wagen / und erstes Tages mich an meine Eltern begehren; Ich hielte gänzlich davor / es wůrde ihm / in Betrachtung seiner mir erzeigeten Rettung /nicht abgeschlagen werden / insonderheit / wann mein Herr Vater seiner Königl. Würde solte berichtet seyn. Ich wil / sagte Ladisla / mich diese Nacht eines endlichen Schlusses mit meinem Herkules vergleichen /und vor dißmahl diese Beredung abbrechen / weil ich euren Bruder sehe zu uns treten. Eben dieser / sagte sie / kan in unserm Vorhaben uns sehr behülflich seyn / dessen wir uns bedienen werden.

Nun hatte aber der junge Fabius dieser beyder Liebe sich von Frl. Ursulen vertraulich berichten lassen / dessen er selbst schon argwohn hatte / wahr ihm doch nicht ungenehm / weil er nichts höhers wünschete / als ihm einen solchen Schwager mit seiner Schwester zu machen. Er wolte aber in H. Ladisla Gemüht sich unvermerkt hinein schlingen / umb zu vernehmen / ob die äusserlichen Geberden ihm von Herzen gingen; daher er ihn solcher gestalt anredete: Mein Herr /ich spüre / daß meine geliebte Schwester in gebührlicher danckbarkeit sich gerne wolte finden lassen /wañs in ihrem vermögen wäre / wird sich aber ihrer schwacheit leicht erinnern / und deßwegen durch Bitte zu erhalten sich bemühen / daß [68] mein Herr in mangel der Taht / an ihrem guten Willen keinen Unwillen tragen wolle. Ladisla wahr wegen tieffer Liebsgedanken fast nicht bey jhm selber / antwortete demnach so ungereimet / daß das Fräulein sich dessen schämete /und ihrem Bruder hernach zur Antwort gab: Herzgeliebter Bruder / mein Vermögen ist freylich viel zu geringe / diesem Herren den wirdigen Dank darzulegen /insonderheit / weil der unsern keiner noch absehen kan / durch was Mittel man solches vornehmen solte. Zwar die Ritter unsers Landes sollẽ / wie ich mir sagen lassen / keiner adelichen Jungfer ein Geschenk /aus Freundes Herzen herrührend außschlagen / wie mir und meinen Schwestern heut begegnet ist / da wir mit zimlicher Anröhtung haben abzihen / und alles angebohtene auf künfftige Verheiratung wieder annehmen můssen. Ladisla wolte Fabius antwort nicht erwarten / sondern fing an; Ich würde auch das Buch der Unhöfligkeit gar durchblättert haben / wann einigem Fräulein ich meine Gutwilligkeit / in Annehmung eines Geschenkes / das als ein Warzeichen solcher Gunst könte gerechnet werden / entziehen würde; weil aber ein solches von meinem höchstwerten Fräulein mir nicht gebohten ist / sondern ich mir ganze Laden vol habe müssen vorschütten lassen / welches kein Zeichen / sondern eine überwage zunennen / hoffe ich gänzlich / es werde meiner Fråulein Beschuldigung weder meinen Freund Herkules noch mich treffen können. Es höre ich wol / sagte sie / es důrffte der mangel endlich auff mich fallen / als die ich ein Zeichen williger Dankbarkeit meinem Herrn zu bieten /muß bekennen / unterlassen habe. Wol dann / ich gestehe den Fehler / und müste mir leid seyn / daß ich ihn nicht stündlich verbesserte / weil in beyseyn meines liebẽ Bruders ich solches noch wol leistẽ kan. Nam hiemit einen köstlichen Ring / den sie in eine Haarlocke über der linken Achsel hangend / eingeflochten hatte / zog ihn heraus / und steckete ihm denselben an seinen Finger mit diesen Worten: Mein Herr / lasset / bitte ich / dieses das erste Zeichen der Willigkeit seyn / damit wegen geschehener kråfftigen Rettung meiner Ehren / ich demselben zeit meines Lebens verhafftet bleibe; ist es dann gleich schlecht /und viel zu geringe an diesem Finger getragen zu werden / wird der Wille deren / die es liefert / den Abgang der Wirdigkeit zu ersetzen / sich nimmer faul und müssig finden lassen. Ladisla gab durch einen freundlichẽ Handkuß seine Vergnügung zu verstehen / bedankete sich der erzeigeten Ehre / und daß er dieses empfangene umb das teureste Kleinot der Welt nicht vertauschen wolte; lieferte ihr darauff hinwieder umb einen viel köstlichern Ring / dessen Demant helle fünkelte / und baht sehr denselben als ein Zeichen aller Ergebenheit anzunehmen. Das Fräulein wegerte sich wegen ihres Bruders / ein wenig / nam ihn doch zu sich / und steckete ihn in ihren Busem / daß er von andern nicht möchte gesehen werden. Sie wolte auch eine Antwort dabey geben / sahe aber / daß ihr von ihrer Fr. Mutter gewinket ward / zeigete solches an / und wünschete ihrem Vertraueten eine gerusame Nacht / auch daß er des ersten Traums / der ihm zu Padua vorkommen wůrde / möchte unvergessen seyn. Also muste er / weil es hohe Zeit schlaffens wahr /von ihr scheiden / da er mit Herkules in ein Gemach zur Ruhe geführet ward.

Der Stathalter legte sich auch mit seinem Gemahl /und schlieff das Fråulein / ihrer steten Gewohnheit nach / im Rolbetlein zu ihren Fůssen. Der Vater gedachte / sie würde wegen der heutigen Unruhe schon fest eingeschlaffen seyn / ihn aber liessen die Gedanken wegen seiner neuen Gäste kein Auge zugehen. So wahr Fr. Pompeja auch unruhig / welches er merkend / zu ihr sagete: Nun möchte ich herzlich gerne wissen / was vor junge Herren [69] wir jetzo bey uns haben. R \mische sind sie nicht; Griechen auch nicht; und zeiget ihre weisse Farbe / daß das schwarze Afrika /oder daß gelbangelauffene Asia sie nicht gezeuget hat. Geringes Standes können sie nicht seyn / weil sie Römische von Adel vor ihre Diener haben bestellen dürffen. Ihre Sitten und Geberden neben der prächtigen Kleidung und hohen Rede / geben sie vor Fürst- und Königliche Herren an / und solte ich rahten / hielte ich sie vor Teutsche / oder derselben Grenz Nachbarn; wo sie nicht gar aus den Mitternächtigen Reichen /Dännemark oder Schweden kommen. Aber diese Völker übern hauffen sind von art grob und unsittig / wie wol ich etliche Teutschen zu Rom gesehẽ / die von ihrer Jugend an / in Höffligkeiten unterwiesen wahren / welche sie dergestalt begriffen hatten / daß sie den trefflichsten Hofeleuten nichts bevor gaben. Es sey aber wie ihm wolle / so werde ich doch nicht ruhen /biß ich ihrer bessere Kundschafft habe / die unserer Töchter Ehr und Leben zu retten / sich so ritterlich gewaget / und daß äusserste dran gewendet / welches kein ander hätte dürffen gedenken. Fr. Pompeja antwortete: Wann mein liebster Herr hierzu so grosse Begierde träget / können wir in der Nachfrage niemand besser / als unsere Tochter gebrauchen / und treuget mich mein Sinn nicht / sind H. Ladisla und sie eins dem andern nicht ungewogen. Eben dieses / sagte er / hält mich schlaffloß / und kan ich mich ůber des Medchens Kůhnheit nicht gnug verwundern / welche mit ihm nicht anders umbgehet / als währe sie mit ihm aufferzogen / oder wol gar versprochen. Ich habe an ihr Beyspiels gnug / daß die eingepflanzete Regung über die Lehr gehet / massen ich weis / daß sie bißdaher mit Mannesbildern nicht umgangen ist. O hohe Zeit hohe Zeit / daß mit der geschlossenen Heyraht ehist verfahren werde / es dürfften sonst diese beyden wol gar einen neuen Kauff machen; jedoch hätte ich sie nicht schon einem andern versprochen / und dieser sie in Ehren meynete / wie ich fast nicht zweiffele /wüste ich sie ihm nicht zu versagen / im falle ers alsdann an mich begehrete / weil sie ihm doch Ehr und Leben zu danken hat; wovon aber nunmehr nicht zu sagen ist. Geliebter Herr / antwortete sie / ihr wisset /wie hart mir euer Vornehmen zuwieder gewesen / absonderlich / das unser Kind biß auff diese Stunde nichts darumb wissen müssen / und gläube ich nimmermehr / daß sie diese Heyraht mit gutem willen bestätigen werde; Solte sie dann in gezwungener Ehe leben / währe mir leid / dürffte auch nichts gutes daraus erfolgen / weil ihre angebohrne Großmühtigkeit mir viel zu wol bekant ist. Schweiget / sagte er mit sonderlichem Eyfer; sie muß ihren Vater nicht schänden / oder dessen Maul zur Tasche machen; viellieber wolte ich / sie währe schon tod. Es liegt mir aber allermeist im Sinne / daß ich mit Fulvius Abrede genommen / auf morgen diese Heyraht zu volzihen / und zweifele nicht / er werde sich zeitig gnug einstellen; weiß aber nicht / wie ichs best anschlage / daß ich ihm unsere Tochter ohn der Fremden Vorwissen zuführe und beylege; Ehrenhalben muß ich sie dazu bitten / wo ich nicht die Gesetze der gebührlichen Dankbarkeit brechen wil. Ach mein Herr / antwortete sie: solte Fulvius sich morgen einstellen / fürchte ich sehr / es werde ohn Lermen nicht abgehen; dann wo sonst Herr Ladisla unser Kind von Herzen meynet / wird er sich ihrer in diesem falle mehr / als heut im Walde /annehmen / und sein Leben nicht sparen / umb zu besitzen / was er mit Ritterlicher Fast erworben hat. Wir wollen ein bessers hoffen / sagte er / und müsset ihr mit unser Tochter reden / etliche Zeichen einzuzihen /umb dasselbe / was wir fůrchten / eigentlich [70] zu erkennen / als dann werde ich meine Sachen darnach anzustellen haben / damit ich bey Ehren meiner Zusage bleibe / und alles Unheil vermieden werde; gaben hiemit ihrem Gespräch die Endschafft / und nahmen die Ruhe ein. Frl. Sophia hörete alles an / und nam es vor eine sonderliche Schickung der Götter auff / dann sie hätte ihr nimmermehr einbilden können / daß ihr Unglük so nahe vor der Tühr hielte; doch ließ sie sich nichts merken / lag und dachte fleissig nach / wessen sie gegen ihre Fr. Mutter sich erklären wolte / wofern sie der Abrede nachkommen würde / und als sie ihres Schlusses gewiß wahr / schlieff sie frölich ein. Kurz vor der Sonnen Auffgang kam ihr im Schlaffe vor /wie ein schåndlicher Bähre sie anfiele und zureissen wolte; worůber sie in solche Angst geriet / dz sie im Schlaffe überlaut schrihe: O Herr Ladisla / errettet die eure von dem grausamen Bähren / und verlasset mich nicht in dieser äussersten Noht. Ihr Vater wahr gleich erwachet / hörete ihr Geschrey / und störete sie doch nicht / biß sie über eine kurze weile sagete: Ey Gott lob / mein Schaz / daß der Bähre tod / und ihr unbeschädiget seyd; da rieff er sie mit Nahmen / und was sie im Schlaffe zu plaudern hätte. Sie aber fuhr auf /und dankete sehr / daß er sie durch Auffweckung aus der Angst eines bösen Traums gerissen hätte / und hielte sie davor / es fiele ihr der gestrige Schrecken im Schlaffe wieder ein; wie wol ihr Vater an der rechten Deutung nicht umb ein Haar fehlete.

Als Ladisla des Morgens erwachte / fragte er seinen Herkules / wie er geruhet / uñ sich wegen seiner Wunde befünde; der ihm anzeigete / es währe zimlich schlecht bestellet / fühlete nicht geringe Schmerzen /und befahrete sich eines Fiebers / daß er diesen und etliche Tage wol des Bettes würde hüten müssen. Ladisla hatte ihm des Abends alles angezeiget / wie er sich in das Fräulein verliebet / und auff sein hefftiges anhalten ihre Einwilligung zur künfftigen Ehe erhalten / jedoch mit dem Bedinge / daß sie seines Standes und Wesens zuvor wolte berichtet seyn / hätte ihm doch ändlich angelobet / solches keinem Menschen ohn seinen außdrüklichen Befehl zu offenbahren. Welches ihm Herkules nach getahner Glükwunschung gerne Einwilligte / doch daß er von ihm nichts eigentliches melden / noch in ehelicher Ansuchung die Eltern vorbey gehen möchte. Dieser da er seines lieben Freundes Schwacheit vernommen / lies er den WundArzt alsbald hohlen / der aus Herkules Farbe ein schlimmes Zeichen nam / auch nach besichtigung des Schadens / ihm vorhielt; er hätte ohn zweiffel die gestrige Erinnerung aus der acht gelassen; machete nach Gewohnheit dieser Leute den Schaden sehr gefåhrlich; es währe leicht geschehen / daß eine Schnader anginge; die Halßwunden währen ohn daß nicht zuverachten / und könte mannicher durch eine geringe vers / hrung an diesem Orte umb seine Gesundheit / ja umb Leib und Leben kommen. Ladisla geriet hieduch in grössere Angst als er selbst / und taht den Vorschlag / er wolte einen erfahrnen hochgelarten Meister der Arzney herhohlen lassen / damit ja nichts verabseumet würde. Aber dieser / sich befürchtend / sein wort würde mehr vor einen andern als vor sich selbst gesprochen seyn / wolte ungerne darein willigen /wante vor / diese hochgelarten Leute währen den Wundärzten gemeiniglich in der Heilung zuwider /braucheten kostbahre sachen / die wenig nützeten /und nähmen ihm der Mühe Belohnung vor de Maule hinweg. Worauff Ladisla ihm zur Antwort gab: Er hätte sich darumb nichts zu bekůmmern / und solte nur alsbald sagen was er vor seine [71] mühe und arztung haben wolte; gab ihm auch XXV Kronen / da er X foderte / und wolte seinen Vorschlag ins Werk richten; Aber der Stathalter / der Herkules Schwacheit schon erfahren hatte / kam gleich darzu / zeigete seyn Mitleyden an / uñ eriñerte den Wund-Arzt / alles sein Vermögen anzuwenden; gab ihm auch alsbald eine Handvoll Kronen / deren er hoch erfreuet ward / alsbald bessern Trost gab / und selber riet / daß ein Gelehrter der Arzney herzugeholet würde; welcher da er kam / und die Wunde besahe / sagte er: Mein Herr /nach getahner Arbeit sol man ruhen / und nach empfangener Wunde sich stille und mässig halten; welches aber / wie ich merke / von meinem Herren inetwas übergangen ist; doch sol ihm ob Gott wil / noch nichts tödliches gedräuet werden / nur daß er sich etliche Tage einhalte / als dann wird dem ůbel durch Mittel schon zurahten seyn. Lies ihm hierauff die Ader springen / uñ verordnete etliche Arzneyen / die teils innerlich / teils von aussen umb den Hals und Achseln musten geschlagen werden / damit den Zufällen den Weg zu der Wunde verlegt würde. Inzwischen lag Fr. Pompeja / und sinnete nach / wie sie der Tochter hinter die Künste kommen möchte: und als sie dieselbe merkete wache seyn / fragete sie / ob sie auff den gestrigen Schrecken auch geschlaffen hätte; und bald hernach; wie nahe die Gefahr ihrer Kenscheit gewesen währe. Worauff sie anfangs anzeigete / dz Gottes Gnade und dieser Helden Muht / insonderheit Herren Ladisla eyfferiger Beystand ihre Ehre / wie wol kůmmerlich / geschützet und errettet / und wolte sie ihrer Herzlieben Fr. Mutter alles erzählen / welches bey anderer Anwesenheit vorzubringen sie gestriges Tages scheuh getragen. So wåhre nun die Schande ihr am allernähesten gewesen / in dem sie nicht allein der Kleider / sondern auch ihres Hemdes beraubet / sich des allermuhtwilligsten Bubens / welcher sich sehr unverschämt erzeiget / nicht würde länger haben erwehren können / dafern der Himmel dieses Mittel ihrer Erlösung ihr nicht zugeschikt hätte. Die Mutter fragete weiter / ob dañ Herr Ladisla sie in solcher Gestalt angetroffen; welches zu sagen sie sich schämete /und doch gedachte / es würde dieses zu ihrem Vorhaben sehr ersprießlich seyn / ob gleich die Eltern sich ein mehres / als wahr / befahren würden; demnach deutete sie an / daß er freylich sie also gefunden / jedoch / als ihre Wasen schon davon gangen / sich zubekleiden / hätte sie anfangs daß gar zurissene Hemde geholet / und er hernach ihr die Kleider gebracht /welche er ihr auch helffen anlege / dessen sie sich zwar überaus sehr geschämet / und ihm doch solches nicht verwehren können / insonderheit / weil sie ihre blösse bey der Bekleidung noch håtte am meisten sehen lassen müssen; inzwischen hätte er gegen sie sehr verliebte Reden gefůhret / und ihr mit hochbewäglichen Worten seine Inbrunst zuerkennen gegeben / jedoch auff ihr flehliches bitten sich aller Ungebühr enthalten / und doch umb versprechung der Gegenliebe immerzu angesuchet; Welches er auch auff der Heimreise / da er sie vor sich auff dem Pferde geführet / so vielfältig / und mit Seuffzen wiederhohlet /daß sie nicht gewust was sie antworten sollen / auch nicht wüste / was sie geantwortet håtte. Die Mutter nam alles gefåhrlicher auff / als es an ihm selber wahr / und fragete weiter / ob sie dann guten Willen zu ihm hätte; worauff sie diese Antwort / wie wol mit grosser Schamhafftigkeit gab; Herzgeliebte Fr. Mutter / es hat dieser Held sein Leben vor meine Ehr und Leben gewaget und in die Schanze geschlagen / da er keine einige Guttaht von mir empfangen hatte / deßhalben ich ihm euer eigenen Bekäntnis nach / biß in den Tod verbunden bin / [72] werde mich auch nicht wegern / ihm alle ehrenbillige Dankbarkeit zuleisten / so viel an mir seyn wird; Zwar ich weiß sehr wol / was vor Gehorsam ich auch meinen lieben Eltern erzeigen muß / und wieder derselben Willen mich in keine Heyraht einlassen sol; aber dieses habe ich dem Himmel angelobet /daß dafern dieser mein Erretter durch deren Willen mir zum Ehgemahl nicht werden kan / ich unser Göttin Vesta mich zur ewigen Jungfrauschafft übergeben wil / weil ich schon wol weis / das meine liebe Eltern mich wieder meinẽ Willen zu keiner Heyraht zwingen werden. Ich weiß nicht / sagte die Mutter / was geschehen dörffte / aber daß weis ich wol / daß dein Vater dich schier außzusteuren Bedacht ist / so daß du wol schon einem gnugwirdigen Römischen Herren möchtest versprochen seyn. Schon versprochen? antwortete sie; daß währe sehr Ungnädig / daß solches hinter meinem Wissen und Willen geschehen währe /und möchte ich auff solchen Fall wünschen / daß die gestrigen Räuber mich erwürget håtten / so dürffte ich nicht selbst Mörder an mir werden. Daß währe wol ein schöner Gehorsam / sagte die Mutter / und eben der / welchen du bißher deinen Eltern so artig hast verheissen können / daß wann man den Töchterchen ihren Willen nicht lassen wil / sie mit der Vesten /oder wol gar mit dem Mordmesser dräuen dürffen. Diese Wort gingen dem Fräulein dergestalt durchs Herz / daß sie des Weinens sich nicht enthalten kunte; die Thränen brachen ihr durch die Augen wie kleine Bächlein / und sagete endlich zu ihrer Mutter: Fr. Mutter / ich bin euer Kind / daß gestehe und erkenne ich; aber ihr habt mich auch zur Dankbarkeit angewiesen / deß bin ich eingedenke gewesen / welches ich nicht leugnen kan; zugeschweigen / daß ich davor gehalten habe / es währe besser / mich ehelich an einen wirdigen zu versprechen / als Gewaltsamkeit zuerwarten / wovor anfangs ich mich nicht wenig fürchtete / weil ichs ja alles außbeichten mußhättet ihr mich aber versagen wollen / wåhre nicht unbillig mir solches angedeutet / damit ich wissen mögen / was ich tuhn oder lassen sollen. Nun aber habe ich meinem Erretter auf sein inbrünstiges anhalten mich schon ergeben; solches wil ich auch halten / wanns mit meiner lieben Eltern Willen geschehen kan / oder aber mich sterbens nicht wegern; und wisset ihr / Herzen Fr. Mutter / keinen bessern Trost vor mich / als den jezt gesprochenen / alsdann sollet ihr mit der Götter hülffe nit XXIV Stunden an mir eine ungehorsame Tochter haben / als welche euch in diesem fall allen Gehorsam auffzukündigen gezwungen ist / doch nicht aus Widerspenstigkeit / welches mein unschuldiges Blut vor die Götter kommen lassen sol / sondern weil ihrs durch euer stillschweigen und hinterrükliches versprechẽ also verursachet habet. Ihre Mutter entsetzete sich zum höchsten über dieser Erklärung / erinnerte sich auch / daß mit ihrer Heyraht es nicht viel anders ergangen wahr / da sie wider ihren Willen einen alten Römischen Herren durch Zwang ihrer Eltern nehmen solte / und mit Quintus Fabius heimlich davon zog; Hieß demnach die Tochter gutes muhts seyn / mit angehängtem Troste / Gott könte es noch zum besten schicken: Es wåhre aber gleichwol eine grosse Unvorsichtigkeit von ihr / daß sie sich einem zum Gemahl versprechẽ dürffen / den sie nicht kennete / viel weniger wüste / ob er Standes halben ihrer auch wirdig währe; da sie dann ihres Vaters Einwilligung nimmermehr erlangen würde / wann er nicht ådel gnug wåhre. Aedel gnug? fragte das Fråulein; kommen wir biß an diese Frage / hätte ich zu wünschen / daß ich ihm nur ädel gnug seyn möchte; dann ob ich gleich nicht [73] eigen weiß / wer er ist / möget ihr euch doch wol versichern / daß weder König noch Käyser ihm Standes halben ein Fråulein zum Gemahl versagen würde; dann ich halte davor / er erkenne keinen Oberherrn / als den Hi el und das Schwert. Behüte Gott mein Kind /sagte die Mutter / was redestu da? auff diese weise dürffte er wol gar ein Feind des Römischen Reichs seyn. Ja warumb dann / antwortete sie / was würde er dann in Italien umher zihen / mit seinem Freunde Herkules? der ohn zweifel mit ihm gleiches Standes seyn muß. Doch lasset jhn feind seyn; könte er nicht durch meine Heyraht zum Freunde und Bundsgenossen gedeyen? welches auff solchen fall ich wol vorher zusagen dürffte. Nun ich merke wol / sagte die Mutter /daß du dich schon zu tieff mit diesem fremden Herrn eingelassen hast / und kan ich nicht absehen / wie dein Vater hiemit wird einstimmen können; dann ich melde dir in höchstem Vertrauen / daß vielleicht heut diesen Tag noch wol ein Römischer Herr / nahmens Fulvius / nicht weiß ich / ob du je von ihm gehöret hast / uns zu besuchen kommen wird / dem dein Vater deiner Heiraht halben mag etwas Hoffnung gemacht haben; Laß dich aber gegen niemand merken / daß du wissenschafft hierumb tragest / sondern stelle dich /wann er komt / ernstlich / doch nicht störrisch gegen ihn; zu H. Ladisla aber halte dich freundlicher / ob vielleicht sein Gemüht hiedurch von dir könte abgezogen werden. O des elenden Fulvius / antwortete sie; solte ich dem Sudeler / dem Unflaht zu gute von meinen lieben Eltern so sorgfältig aufferzogen / und von meinen Errettern aus Räubers Händen loßgerissen seyn? viellieber wolte ich mich diese Stunde dem Mörderischen Schwerte dieser Räuber darstellen /wann sie noch lebeten. Ja Fr. Mutter / ich ruffe dessen alle Götter zu Zeugen / daß ich meines Herzen ernstliche Meynung sage. Und wie kömt doch mein lieber hochweiser H. Vater auff diesen Unsin? fürchtet er /ich werde keinen Freyer bekommen können? oder meynet er / ich sey schon veraltet? Ich bin zugeringe /von meines H. Vaters Händeln zu urteilen; aber solte dieses unter die Leute kommen / zweifele ich nicht /es würde seinem herrlichen Ansehen keinen geringen Stoß geben; massen von diesem vergeizigten Fulvius ich zwar viel / aber durchaus nichts rühmliches gehöret habe; Versichere demnach ich meine Fr. Mutter /dafern dieser Unhold etwas tähtliches anfahen / oder steiff auff meine Heyraht bestehen würde / dürffte es ihm von H. Ladisla schwerlich zu gute gehalten werden. Ich bedanke mich aber der mütterlichen Warnung und geträuen Rahts von Herzen / uñ wil schon wissen / den vermeynten Buhler also zu empfahen / daß er zwar mit fuge über mich nicht klagen / aber gleichwol auch meine Freundligkeit zu rühmen / wenig ursach haben sol. Der Stathalter kam gleich in die Kammer getreten / er mahnete sie auffzustehen / und die Kleider ohn sonderliche Zier anzulegen / weil Herr Herkules an der empfangenen Wunde sich zimlich schwach befünde; über das hätte er Zeitung / daß der vortrefliche Römische Ritter Herr Fulvius ihn zu besuchen kommen währe / welcher von dir / sagte er zu der Tochter / in Betrachtung seiner hohen Wirdigkeit /auffs beste sol gewilkommet / und als mir selbst /Ehre erzeiget werden. Ja billich empfahe ich jhn ehrerbietig / Herzen Herr Vater / sagte sie; aber meinen lieben Eltern ihn gleich zu rechnẽ / wüste ich keine ursach / als bloß euren guten Willen / weil ich niemand als meinen lieben Eltern kindlichen Gehorsam schuldig bin / es währen dann meine allernäheste Anverwantẽ. Der Vater gab hierauff keine Antwort / ging hinauß / und hieß sein Gemahl ihm folgen / [74] welche ihm alles erzählete / in was gestalt H. Ladisla ihr Kind angetroffen / eheliche Zusage begehret / und vielleicht hefftige Liebesbrunst sehen lassen / so daß das Fräulein in Betrachtung der empfangenen Woltaht / biß auff der Eltern Einwilligung / die Zusage ohn zweifel möchte geleistet haben / welches sie vermuhtlich nicht getahn hätte / da sie ihres Vaters Vorhaben hätte wissen sollen; über das zweifelte sie fast nicht /es währe ihr dieses Herrn Stand wissend / hätte aber aus jhr nichts weiters locken köñen / als dz er ein grosser mächtiger Herr / sein selbst / und keinem Oberherrn verpflichtet währe. Dieser Rede ward er überauß bestůrzet / stund ein wenig in gedanken / und sagte nachgehends; So ist er gleichwol zu Padua kein solcher / sondern zu gehorsamen schuldig / und währen seine gar zu hohe woltahten nicht / müste das ůbrige alles mir wenig Hinderung schaffen; aber in Betrachtung derselben / muß ich säuberlich fahren /und schier gestehen / daß ich sie ihm zu ehren schuldig währe / wanns noch in meiner Gewalt stünde; ich hoffe aber / wann er vernimt / dz sie von mir schon einem andern versprochen sey / werde er sich die Tugend lassen meistern / uñ ein fremdes Gut nicht begehren. Ja lieber Herr / antwortete sie / wann unsere Tochter sich ihm vor fremde / oder einem andern vor versprochen hielte / und nicht vielmehr sich diesem ergeben hätte / wie ich nicht ohn ursach fürchte / daß wol schon ein festeres Band sie wirklich verknüpffet /welches weder Eltern noch Gesetze aufflösen können. Bedencket mein Herr / bitte ich / er hat sie an ihren Ehren vor den abscheuhlichen Räubern geschützet /die so heßlicher gestalt wahren / daß kein Weibsbilde sie ansehen / geschweige ehelichen / oder sonst dessen etwas mit ihnen pflegen k \nnen; ja er hat sie von gegenwärtigem Tode erlöset / welches auch den aller und dankbarsten Menschen zur Gutwilligkeit bewägen solte. So hat er sie nacket angetroffen / ist eine gute Zeit mit ihr allein gewesen / seine Liebe bey frischer Gedächtniß seiner Dienste ihr vorgetragen / und ihr ganz erschrockenes Herz so zu reden / in seinen Hånden gehabt; Ob seine Gestalt / Sitten und Reden ein Fräulein in solchem Zustande einnehmen / und zu seinem Willen bringen können / lasse ich euch selbst urteilen; ja ob ein Mannesbilde sich bey solcher Gelegenheit zu enthalten / mächtig gnug sey. Ich meines teils halte davor / wåhre sie von ihm noch unberühret / würde sie vor Scham kein Auge vor ihm auffschlagen důrffen. Aber ich fürchte sehr / das heimliche Gespräch / welches sie gestern mit einander hielten /rühre auß viel vertraulicher Kundschafft her. Diesem allen nach wolle mein liebster Herr die Nohtwendigkeit dem Willen vorziehen / und in dieser hochbedenklichen Sache sich nicht überschnellen / gestaltsam ich ihre Erklärung nicht ohn entsetzen angehöret / daß entweder sie ihre Zusage diesem Herrn halten; oder da wirs nicht nachgeben können / durch Verlöbniß an eure Göttin Vesten / oder ja durch einen denkwirdigen Tod sich von eines andern Heiraht loßwirken wolle; auff welche Begebniß ich vor Herzleid in die Erde sinken müste; und wer weiß / wessen H. Ladisla sich hierinnen verhalten werde? Meynet ihr /mein Schaz / daß weil er lebet / er dieses einem an dern gönnen könne / was er schon im Besiz zu haben vermeynet / oder wol gar hat? Liebet er Schönheit / so kan er mit der ihren wol vergnüget seyn; sucht er Freundligkeit / die erzeiget sie ihm häuffiger / als ich mir von jhr einbilden mögen; trachtet er nach Stand und Adel / so wird er bey allen Römern nicht höher kommen; vielleicht mag ihr Verstand ihn auch nicht wenig erfreuen. Welches alles / wann ichs zusammen fasse / gibt mirs diesen traurigen gedanken [75] auch wider meinen Willen an die Hand; Er / oder Fulvius werde dieser Heyraht wegen das Leben einbüssen / wo nicht unsere Tochter mit ihm / welches ja der barmherzige Gott allergnädigst abwende / und mich lieber aus diesem Leben abfodere. Diese ihre Rede beschloß sie mit häuffigen Trähnen / und weil sie ihren Gemahl sehr verwirret sahe / erwartete sie mit verlangen seiner Antwort / die er solcher gestalt vorbrachte: Frau /unser Töchterchen hätte nie keinen bessern Vorsprach als euch / bekommen mögen / zu deren Befriedigung zur Lüsternheit jhr fast lieber / als zur Erhaltung meines Ansehens und Glaubens dürfftet geflissen seyn; aber die Götter werdens schon nach ihrer Versehung schicken / wobey ich nicht unterlassen werde / meinen Wiz zu gebrauchen. Eins gebiete ich euch vor alles /daß ihr euch nicht unterstehet / mit ihr an einem Luder zu zihen / ich würde sonst zur Erhaltung meiner Ehren etwas tuhn / das mir gar nicht lieb wåhre.

Das Fräulein hatte sich inzwischen von dem SchlaffGemache hinweg begeben / uñ wehrete ihr die Zeit eben lange / ehe sie ihren Ladisla sahe / welcher ebenmässig sich bemühete zu jhr zu kommen; fügete sich auch von ungefehr / daß sie sich einander auff dem Gange oben unter dem Dache begegneten / da das Fräulein zur Tühr hinauß / und er hinein treten wolte; Weil er nun in tieffen Gedancken ging / und nirgend auff acht hatte / stieß er sich an ihren Leib /ehe er sie sahe. Wie nun mein Herr / sagte sie darauf; gehet man in so verwickelten Gedanken? wůnschete ihm hiemit einen guten Morgen / und fragete / wie er nach gestriger schwerer Arbeit geruchet håtte. Er aber schämete sich des Fehlers / hielt demütig umb Verzeihung an / mit angehängter Bitte / sie wolte doch sein LiebesLeiden beobachten / und die hochgewünschete Hülffe ihm nicht versagen / nachdem sie in der Taht spürete / daß er seiner Sinnen nicht mehr mächtig /und vor Liebe blind währe. Dieses brachte er mit so traurigen Geberden vor / daß sie ihren Trost ihm nicht versagen wolte / und ihm zur Antwort gab: Mein herzgeliebter Herr und Vertrauter; warum solte ich ihm einige gebührliche Hülffe versagen / da er deren benöhtiget währe / und solche von meiner Wenigkeit herrühren könte? angesehen er mir viel eine grössere wiederfahren lassen / als zu vergelten mir nicht möglich seyn wird. Nicht wolle er / bitte ich / ein solches Mißtrauen in mich setzen / sondern nachdem ich ihm Herz und Willen übergeben / hat er alles mein Vermögen in seiner Gewalt / und zu seiner Vergnügung /so weit eine Braut ihrem Verlobeten schuldig ist oder seyn kan / so gar / daß an meinem ergebenen Gehorsam er nicht ohn Sünde zweifeln würde. Solte aber mein höchstwerter Schaz / wie ich nicht hoffen wil /dasselbe schon an mich begehren wollen / was jungfråuliche Zucht verletzen könte / alsdañ bitte ich von grund meiner ihm untergebener Seele / er wolle seiner hohen Vernunfft die Meisterschafft über die Liebesreizungen und Begierden gönnen / und nicht ursach geben / daß man schier heut oder morgen anders als keusche Zucht von uns sagen solte. Ich bin die Eure /und sonst keines andern / es gehe mir drüber wie es wolle; aber diß gelobe ich an diesem nüchtern morgen / daß in eheliche Volstreckung ich nicht gehehlen wil / biß entweder er meiner lieben Eltern Willen erlanget / oder mich in seiner Gewarsam ausser meines Vaters Wohnung hat. Verspricht nun mein Herr / hierin einzuwilligen / und diesem zuwider mich auf nichts zu nöhtigen / so wil alsbald mit ihm ich mich an einen geheimen ort verfügen / in vertrauen zu berichten /was ich diese Nacht wunderbahrer weise erfahren /und zu Fortsetzung unsers Vorhabens ihm nicht länger verschweigen kan. Ladisla erkennete hieraus ihr ehrliebendes [76] keusches Herz / gab der Vernunfft Raum / und verhieß ihr begehren ohn arge List einzugehen; dessen sie sehr erfrewet ward / weil sie vor Liebesgewalt sich befürchete; ging mit ihm auff ein abgelegenes Gemach / und begehrete vorerst / jhr die eheliche Träue zu schwörẽ / welches er willig leistete / und mit abermahliger übergabe eines sehr köstlichen Ringes bekråfftigte. Darauff taht sie ein solches hinwiederum / mit versprechen / ehe den Tod zu wählen / als einen andern Bråutigam anzunehmen. Erzählete hernach alles / was ihre Eltern mit einander auff dem Bette /und hernach die Mutter mit ihr absonderlich geredet /auch wessen sie sich erkläret hätte. Aber / sagte sie /mein vermeynter Schaz Fulvius hat sich schon eingestellet / die Eheverlöbniß / oder wol gar das Beylager zu volzihen / welches ich aber mit dieser Hand abzuwenden entschlossen bin / ich treffe dañ sein oder mein eigen Herz mit dem kalten Eisen; jedoch vor Wagniß des äussersten / müssen wir der Vernunfft gebrauchen / und werde ich anfangs meine schlechte Liebe zu ihm / und die lebhafftere zu euch / jhm durch Geberden und Worten zuerkennen geben / ob die hoffnung ihm dadurch könte abgeschnitten werden; würde er sich aber dessen über mich beschweren dürffen / wil ich eine solche Erklärung fassẽ / welche weder mir selbst unehrlich / noch ihm behäglich seyn sol; nur eins tuht mir leid / daß mein Herr Vater / dem ansehen nach / schon zimlich weit mit ihm muß ein gestiegen seyn / und ich daher gezwungen werde / in diesem stük mich seinem gehorsam zu entbrechen /welches ohn sonderliche beleidigung zu tuhn / ich noch gute hofnung habe; zum wenigsten muß sein angelegtes Beylager noch auf etliche Wochen verschoben werdẽ / da wir dann inzwischen unser bestes in acht zu nehmen unvergessen seyn wollen. Ladisla erschrak der Zeitung von herzen / und fürchtete nichts so sehr / als von der eile überfallen zu werden: dem übrigen meynete er sonst wol vorzukommen; nur baht er / sie möchte ihm nichts verschweigen / wie gefährlich es gleich wåhre / damit man beyzeiten vorbauen könte.

Unter diesem ihrem Gespräch lies der Vater die Tochter suchen / da die Magd berichtete / sie hätte vor kurzem sie mit H. Ladisla auff dem Obergange sehen sprache halten / und mit einander weg gehen; dessen er sich nicht wenig bekümmerte / und nicht anders meinete / als das ihr Band feste gnug zu knüpffen sie unvergessen seyn würden; wuste doch den sachen nicht zu rahten / weil ers in seiner Heyraht nicht viel anders getrieben hatte. Sein schlimmestes wahr / daß er seiner Anverwanten Raht nicht ersuchen durffte /weil er wieder deren Willen sich mit Fulvius so weit eingelassen hatte / und zwar auff dessen Vaters Bruder Getrieb / der sein guter Freund wahr / und ihm diesen Unwirdigẽ so hoch gerühmet. Uber daß kunte ers Ladisla nicht vor übel halten / als dessen Liebe auff der Träue gegründet seyn / er nicht zweiffelte. Nur gingen alle seine Gedanken dahin / wie er entweder diesem durch vernůnfftige Ursachen die Liebe benehmen / oder des Fulvius loß werden möchte; und weil dieses ihm unmöglich dauchte / angesehen er völlige Zusage getahn / sinnete er jenem desto fleissiger nach / wozu er sehr dienlich erachtete / wann er zuvor seiner Tochter Willen brechen / oder sie auffs wenigste Zaghafft machen würde. Diese nun fürchtete sich / ihre Abwesenheit möchte ihr ungleich außgelegt werden / daher sie nach kurzer Ergezligkeit ihrer zůchtigen Liebe Herren Ladisla bey der Hand nam /vom Gemache führete / und sehr baht / ein gutes Herz zuhaben / weil sie nicht glåuben könte / daß sie ohn gefehr / und nicht vielmehr durch der Götter schickung an einander gerahlen währen / da er sie ihm erwerben müssen / ehe Er sie jemahls gesehen håtte; sie erkennete solches billig / der [77] Hoffnung gelebend / ob sichs gleich im Anfange etwas stossen würde / solte doch der Außgang glüklich und gewünschet seyn. Ladisla umbfing sie lieblich / und wahr ihm schwer /schon abzuscheiden; daß übrige schlug er von der Hand / vorgebend / es könten Ritter wol hundert Gelegenheiten finden / sich an einander zu reiben / sähe auch vor Augen / daß er Fulvius würde durch einen Kampff abtreiben müssen; auff welchen Fall er sich der Götter hülffe / und seiner guten Sache tröstete /weil er wüste / daß sie keinem andern als ihm allein /eheliche Träue verheissen / und in ihres Vaters Versprechen nicht allein nicht eingewilliget / sondern auch davon daß allergeringste nicht gewust hätte. Dessen ruffe ich die Götter zu zeugen / antwortete sie / daß mein Herz noch keinem Menschen als euch mein Schaz ist ergeben gewesen / und ich vor dieser meiner Liebe Anfang / von meines H. Vaters Vorhaben nicht daß allergeringste gewust / wie wol ich nimmermehr in solche Ehe würde gehehlet haben. Es müste mir aber schmerzlich leid seyn / wann ihr meinet wegen euch noch weiter in Gefahr setzen soltet /und ich doch selbst ein solches befürchte; verspreche aber hiemit / daß wann der Unfall / welches der Himmel abwende / euch ja treffen solte / ich als dañ keine Stunde euch überleben wil / damit unsere Seelen im Tode ungetrennet bleiben mögen / wann das herbe Glük uns dieses lebens Vergnügung nicht gönnen wolte. Er baht höchlich / sie möchte dergleichen unlustige Gedanken nicht fassen; ihm währen Fulvius gleichen wol ehe auffgestossen / denen der Himmel keinen Sieg über ihn verhänget hätte; hoffete auch diesen / wann er ihn vor der Faust håtte / redlich zu bestehen / daß er seiner unbilligen Liebe drüber vergessen / und sie nach diesem schon unverunruhet lassen solte; machte sich auff geno enen Abscheid nach Herkules / und ging sie zwischen Furcht uñ Hoffnung nach ihrer Fr. Mutter Gemache / woselbst ihr Vater gleich ankommen wahr / mit ihr zureden / wessen er sich gegen Fulvius erklären wolte / der ihm schon hatte lassen anmelden / dafern es ihm nicht zu wieder / währe er bereit ihm auffzuwarten / und daß bewuste schleunigst zuvolziehen / weil in Käyserl. hochwichtigen Geschäfften (welches doch errichtet) er stündlich auffbrechen / und eine ansehnliche Gesandschafft über sich nehmen müste; hätte aber das Beylager zuvor halten / und das Hochzeitfest zugleich bestimmen wollen / welches auff seine wiederkunfft alsbald solte gefeiret / und dabey ein Freystechen angestellet werden. Als nun der Stathalter seine Tochter sahe ins Gemach treten / empfing er sie mit diesen worten: Ich bin Herzlich erfreuet / daß du gestern vor Unehr beschützet bist; es verhüten aber die Götter / daß durch deine Rettung ich nicht höher / als durch die Entführung betrübet werde. Das Fräulein stellete sich geherzt und antwortete: Sie könte nicht absehen / was ihr H. Vater sich ihretwegen zubefahren hätte / nachdem sie ihm in seine Gewarsam wieder gelieffert währe; so währen ihre Erretter so auffrichtige redliche Ritter und Herren / hielten auch ihren H. Vater in solcher Ehr und Wirde / daß er ihretwegen keine Sorge noch widrige Gedanken haben dürffte; solten aber die Götter ein Unglük / das ihr H. Vater zuvor sähe / beschlossen haben / möchten dieselben alles über sie allein außschüttẽ / und ihrer herzlieben Eltern / auch wanns möglich währe / jhrer gütigen Erretter schonen. Ihr Vater befand sich mit der aller schweresten Traurigkeit beladen / aber sein Gemahl tröstete ihn mit diesen Worten: Mein herzgeliebter Herr / was hermet ihr euch so? unsere Tochter ist Gott Lob / so verständig / daß sie wol erkennen wird / wie sie euch zu allem Gehorsam [78] verbunden sey; und nachdem es hohe Zeit ist / ihr das bißher verschwiegene zu offenbahren / sol mans länger nicht hinterhalten. Ja / mein liebes Kind / sagte er hierauff zu dem Fråulein; du weist /mit was grosser Vorsorge wir dich erzogen / unter der hoffnung / schier Freude an dir zu erleben; können dir auch kein ander zeugniß geben / als daß du bißher uns in allem bist gehorsam gewesen / wie einem frommen Kinde wol anstehet; Nun bistu zu den Jahren kommen / daß uns Zeit deucht / dir ein Gemahl zu ersehen / der am Stande / Tugend und Gütern dir gleich sey; haben auch denselben nach unserm wunsch angetroffen / und zweifeln nicht / du werdest auch in diesem Stük / welches der rechte Beweißtuhm deines Gehorsams seyn wird / uns gerne und willig folgen / und denselben vor deinen liebsten Bräutigam und künfftigen Gemahl mit Herzenslust annehmen / welchen wir mit reiffem Raht und wolbedachter Vorsichtigkeit uns zum Sohn und Tochtermann erkohren haben / der dich auch nach deinem Stande gebührlich wird zu halten / lieben und ehrẽ wissen. Das Fräulein antwortete hierauff: Gnädige herzallerliebste Eltern; ihre bißher getragene herzliche Vorsorge vor mich / wird kein Mensch / vielweniger / die ichs genossen / in zweifel zihen; aber zu höchst erfreuet mich / daß mein Gehorsam so beschaffen ist / das er gültig und gnugsam erkennet wird /welchen dañ Zeit meines Lebens fortzusetzen / ich so willig als schuldig bin; daß aber mein Herr Vater mir so gar unvermuhtlich eine Heyraht vorträget / weis in ansehung meiner einfältigen Jugend / ich so schleunig nicht zubeantworten; bitte demnach / mein H. Vater wolle mir den Freyer nennen / und mir Bedenkzeit geben / mich wol und gnugsam zubesinnen; an welcher Vergünstigung / ich umb so viel weniger zweiffeln darff / weil ich schon weiß / daß meine liebe Eltern mich weder verkäuffen noch verschenken / noch wider meinen Willen verheyrathen werden / und ich billig mit Wissenschafft darumb haben muß / in Betrachtung dieses / den einigen Tod außgenommen /meine wichtigste und schwereste Verenderung seyn wird / da ich meinen herzallerliebsten Eltern mich entzihen / und mich einem andern untergeben sol. Ihr Vater merkete wol / daß sie auff diese Antwort fleissig bedacht gewesen wahr / und auff solche weise ihr nicht würde beyzukommen seyn; deßwegen er ihr aus einem stärkern Fasse einschenken wolte / und sie also anfuhr: Ich wil nicht hoffen / daß du vorsichtiger und klüger seyn will / als ich; oder gedenkestu / ich werde ohn Raht und Bedenken in so wichtiger Sache verfahren / und deines rahtens bedürffen? O nein? wie undüchtig du hiezu bist / so wenig werde ich dir einräumen. Du woltest aber vielleicht den Bråutigam gerne eine Zeit zuvor genennet habẽ / daß du ihn hernähst mit deines gleichen außmustern könnest / ob er dir zu schwarz / oder zu weiß / zu lang oder zu kurz / zu feist oder zu mager / zu alt oder zu jung sey / worzu etliche deiner Gespielen sich weidlich solten gebrauchen lassen / und dürffte dergestalt noch erst gebohrẽ / oder wol gar gemahlet werden müssen / der dir und jederman gefallen solte; Deßwegen antworte mir ohn Bedingung / ob du meiner väterlichen Vorsorge / und bey andern Leuten gnug geltendem Witze dich ergeben / und meinem Willen folge leisten wollest. Mein Herr und Vater / antwortete sie / ich gehorsame in aller Mögligkeit so lange ich lebe / und ohn Bedingung; aber mich einem allerdinge unbekanten und ungenanten zu versprechẽ / davor erwähle ich den Tod / weil ich in der Furcht stehe / mein Gemüht könne sich mit demselben nicht vereinigen; oder auch wol / daß vielleicht derselbe ein Ehrenkränkliches Gebrechen [79] an sich hätte / daß meinen lieben Eltern verborgen wåhre. Wolle demnach mein H. Vater / zu bezeugung väterlicher Hulde / mir den Bråutigam gnådig nennen; nicht daß ich ihn von allenthalben zu überlegen / uñ mit andern durch die Hechel zuzihen willens bin / sondern / damit ich meiner Freyheit die mir Gott und das Glük durch meine Eltern begönnet hat / mich gebrauchen möge; sonst währe heut der erste Tag / daß ich klagen müste / mein H. Vater handelte mit mir seiner einigen Tochter gar zustränge /wovor ich durch alle Götter Bitte. Fiel hiemit vor ihm nieder / küssete ihm die Hände / und netzete sie dergestalt mit Trähnen / daß sie tropffeten; welches auch mehr als einiges ander Mittel bey ihm wirkete / daß er zur Erkäntnis kam / und die Wichtigkeit ihrer Wegerung beobachtete. Gleichwol halte er noch Hoffnung /sie zugewinnen / hieß sie auffstehen / und sagete: Er könte nicht außsinnen / aus was Ursachen sie in dieses Mißtrauen gerahten währe: wolte nit destoweniger es in Bedacht zihen / und vor dißmahl sie nur des heutigen befehls erinnern / den vortrefflichen R \mischen Herren / H. Fulvius auffs ehrlichste zuempfahen. O ja mein herzlieber H. Vater ganz gerne / sagte sie / ungeachtet ich sein gar keine Kundschaft habe /auch niemahls zuhaben begehre / weil seine Ehre gar krank seyn sol / und ihm ein sehr schlechtes Loblied nachgesungen wird; welches mich doch nicht angehet / und ich einen andern gerne seyn lasse der er ist. Den Vater ward wegen dieser Rede schwinden / und fragete / ob sie närrisch währe: H. Fulvius gleichen lebete in ganz Rom nicht / und würde sie vielleicht durch Irtuhm wegen des Nahmens betrogen seyn. Den ich meyne / antwortete sie / sol Markus Aurelius Fulvius heissen / zwar ein reicher / aber filziger Mensch / von Jugend auf zu Lügen gewåhnet / großsprechern und unreines Mauls / der Unzucht ergebẽ / und daneben frech und verwågen; der durch viehische kråffte etliche Siege erstritten / weil ihn vernünftige Feinde noch nicht angegriffen; und ob er gleich von grossen Gütern / solle er doch seine Diener in der Kleidung den Schmiedeknechten gleich halten / weil er selbst kaum so viel Lust habe / renliche Kleider anzulegen. Nun wuste ihr Vater wol / daß nicht alles von ihr ertichtet wahr / wiewol das Gerüchte immerzu ein Ding grösser pflegt zumachen; wolte ihr aber durchaus nichts gestehen / dann sein Reichtuhm hatte ihn verblendet /und lebete der Hoffnung / ein Tugendsames Weib würde seinen Gebrechen wol abhelffen können; straffete sie demnach mit harten worten; wessen sie sich zeihen dürffte / einen Unschuldigen zulästern; das Gerücht währe falsch / und H. Fulvius aller Römer Zierde. Sie aber antwortete unerschrocken: meinetwegen bleibe er der er ist / wann ich nur mich über ihn nicht zu beschweren habe; ich wil meinem Herrn Vater zugehorsamen / ihm mehr Ehre erzeigen als er wert ist /aber lieber tausendmahl sterben / als nur ein Augenblik solchem Unhold geneiget seyn. Seine Gebrechen sind kündiger / als daß sie meines Beweißtuhms bedürffen / und bleibe nur mein H. Vater mir bißdahin väterlich gewogen / daß mir an Zeugen in dieser Sache gebrechen wird; ich bin / dem Himmel sey dank / von meinen lieben Eltern allemahl zur Tugend angehalten / darumb wil ich Tugendhafften folgen / so daß keiner nimmermehr Raum oder Gunst bey mir finden sol / der Tugendloß ist / und so mannichen Lastern sich zueigen ergeben hat. Dieser Außschlag gab ihrem Vater Nachricht gnug / wessen sie gegen diesem Freyer gesonnen wahr / und daß alles sein vorhaben durch åussersten Zwang zu werke gerichtet / oder gar zu Wasser werden müste / daher befahl [80] er den Göttern die Schickung / weil ihm sein Herz sagete / es würde viel anders als nach seinen Gedanken gehen /ließ die Tochter bey der Mutter / und ging hin Herkules zu besuchen. So bald er hinweg wahr / baht das Fräulein ihre Mutter mit heissen Trähnen / dem Vater diesen Vorsaz auß dem Sinne zu bringen / massen sie viel lieber den allergrausamsten Tod und alle Pein gedultig angehen / als diesem filzigen Lügener sich ergeben / oder ihm ihr Herz zuwenden wolte. Die Mutter aber gab zur Antwort: Sie wüste nicht viel gutes Rahts; Ladisla und sie müsten ein gutes Herz uñ unbewäglichen vorsaz ergreiffen / daß Fulvius Einbildung den Krebsgang gewünne / und wann es ja auffs äusserste kommen solte / möchte sie versuchen / mit Ladisla heimlich davon zuzihen; welches sie vorbrachte / umb zuerforschen / wie weit sie sich mit ihm eingelassen hätte. Und zwar hierdurch ward das gute Fräulein gefangen; dann sie fiel der Mutter umb den Halß / herzete und küssete sie / und baht / in solcher Gewogenheit fortzufahren; daher die Mutter spürete /dz der Brey schon versalzen / und das abmahnen viel zu späte währe; hieß sie deßwegen gutes muhts seyn /und daß es alles noch gut werden könte; nur müste sie ihre heutige Lehre in acht nehmen / den ohn das argewöhnischen Fulvius zum Widerwillen anzuspornen; würde dann hiedurch Ladisla mit ins Spiel kommen /daß es zum Streit geriete / welches sie doch ungerne wolte / müste er trauen sein bestes wissen / nachdem sie kein ander Mittel sähe / und ihr Vater vor sein Häupt / wegen getahner Zusage nicht anders könte /als seiner Ehre durch die Leistung ein Genügen tuhn. Ey so wollen wir die Sache der himlischen Versehung befehlen / sagte das Fräulein nach deren Schluß muß es doch den Außschlag nehmen / wir sinnen und richten was wir wollen und können; setzete sich nider /ließ von der Mutter ihr die Haar etwas zierlicher auffbinden / und redete von den hohen Tugenden der beyden Helden / mit diesem Schluß / daß sie sich vor die glükseligste schätzen würde / wann sie mit derer einem solte vermählet werden. Ladisla hatte sich zu seinem Herkules verfüget / zeigete ihm Fulvius ansuchen an / und dz allem ansehen nach er ihn mit dem Schwerte würde abweisen müssen; welches er ihm hefftig wiederriet; er solte der Vernunfft gebrauchẽ /und durch morden und todschlagen ein Gemahl zu erwerben sich nicht unterfangen; Es währe wider die Erbarkeit welches Gott nicht gut heissen / viel weniger Glük und Segen darzu verleihen könte / insonderheit /wo Fulvius mit ihr schon solte versprochen seyn. Ladisla taht ihm der Fräulein Widerwillen zu wissen /und daß sie diesem ihr Herz zuzuwenden nie währe bedacht gewesen / noch ihres Vaters Vorhaben gewust hätte. Worauff ihm Herkules antworten wolte /sahe aber den Stalhalter zur Tühr hinein treten / und gaben diesem Gespräch Anstand / weil ohn das derselbe sie erinnerte / daß des Arztes wolmeinung müste in Obacht genommen / und H. Herkules in der Ruhe gelassen werden. Also muste nur sein Leibknabe bey ihm bleiben / da im hingehen der Stathalter zu Ladisla sagete: es tuht mir sehr leid / mein Herr / dz sein Freund meiner Tochter wegẽ in diese schwacheit gerahten ist; iedoch hoffe ich zu den Göttern / es werde sich mit ihm bald zur Besserung schicken; bitte unterdessen fleissig / sie wollen bey mir sich aller Freyheit gebrauchen / als ob sie bey den ihren daheim währen. Und weil mir heut ein fremder Gast von Rom / Herr Fulvius zusprechen wird / ich aber wegen einer Unpäßligkeit / und daß wegen eines entstandenen Eckels vor der Fleischspeise / der Mahlzeit nicht beywohnẽ kan / wolle mein Herr [81] neben andern Eingeladenen sich bey derselben frölich erzeigen / ich wil nach abgetragenen Speisen mich bey ihnen einstellen /und gebührliche Geselschafft leisten. Angenehmere Zeitung hätte unserm Ladisla nicht vorkommen mögen / und gedauchte ihn / als sähe er seinen Mitbuhler schon zu seinen Füssen liegen / welches doch zu verhehlen / er antwortete: Hochwerter Herr / als Vater; ob zwar wegen schwacheit meines Freundes ich nicht wenig bestürtzt bin / und schlechte Lust habe zu frölicher Geselschafft / wil ich doch in diesem uñ allem was mir möglich seyn wird / meinem Herrn gerne und willig gehorsamen / wünsche nicht mehr / als daß meine geringe Dienste meinem Herrn nur könten behäglich seyn / und mit solchem väterlichen Herzen angenommen werden als sie aus kindlichem herrühren. Mein Herr / und geliebter Freund als Sohn / antwortete er / ich nehme diß hohe Erbieten mit solchem Herzen auff / welches sich überall vergnüget befindet / errinere mich wol / wie hoch ich ihm verpflichtet bin / uñ bitte die Götter / mir Krafft und Freyheit zu verleihen / sein gutes Herz und gewogenheit ersetzen zu können. Der junge Fabius kam darzu / uñ nam der Alte einen Abtrit nach seinem geheimen Zimmer / woselbst er sein Unglük und die instehende Gefahr beweinete / und dz durch Unbedachtsamkeit er sich so schlim verwickelt hatte.

Kaum wahr er hinweg gangen / da stellete Fulvius sich ein / hatte sich statlich herauß geputzet / und sechs wolbekleidete Diener hinter sich her treten /deren Mantel mit Sammet durchfüttert wahren / wiewol er leyden muste / er hätte sie von andern entlehnet. Er wahr groß und starker Gliedmassen / hatte ein schwaz dicke Kraußhaar / welches er selten zu kämmen pflegete / schwarzgelbe Farbe / magere Backen und lange Habichsnase / wuste sich zimlich höfflich anzustellen / aber man merkete / daß es gezwungen Ding wahr. Als dem Stathalter seine Ankunfft vermeldet ward / ging er ihm entgegen / nam ein fröliches Gesicht an / und hies ihn wilkommen seyn. Ladisla und der junge Fabius traten auch zu ihm hin / und empfingen ihn nach wirdigkeit / wiewol Ladisla über Gewohnheit sich gar ernsthafft und mit kurzen Worten vernehmen lies. Die Stathalterin kam mit ihrer Tochter / den Gast zu wilkommen / welches die Mutter mit guter Freundligkeit / die Tochter aber so kaltsinnig und mit gezwungenem Hochmuht verrichtete /daß ihr Bruder bald merkete / es müste ein angelegtes Spiel seyn / sonderlich / weil er vor wenig Tagen in erfahrung kommen wahr / daß sein Vater mit dieser Heyraht umbginge / in welchem Wahn er durch dessen Rede gestärket ward / da derselbe / wie er der Tochter Entführung vernahm / also loßbrach: O daß nun H. Fulvius verhanden währe / und die Rettung selbst verrichten möchte. Nun wahr diesem das Geschrey seiner Untugend wol bewust / nahm ihm auch vor / die Heyraht nach allen Kräfften zuhindern / insonderheit als er zu der Schwägerschafft mit Ladisla Hoffnung hatte. Fulvius / so bald er das Fräulein sahe / befand er sich verliebet / redete / ungeachtet ihrer Ernsthafftigkeit sie freundlich an / und gab ihr sein grosses Mitleyden wegen gestriger Gefahr zu vernehmen / mit bezeugung / wie bereit und willig er seyn wollen / sie loßzumachen / da er dessen einige Wissenschafft gehabt hätte. Sie bedankete sich des Erbietens gar nicht / sondern sagete: Die Götter behüten mich vor dergleichen Gefahr / und daß ich ja nimmermehr wieder in Tugendloser Leute Gewalt fallen möge; Daß ich aber bey Ehr und Leben erhalten bin /habe ich diesem meinem höchstwerten Herren und unvergleichlichen Helde zu danken / dem ich mich daher in ehren ganz verpflichtet [82] weiß und wissen muß. Fulvius sahe Ladisla an / lachete in seinem Herzen dieser hohen Benahmung / und sagte zu ihm: Herr und unbetanter Freund / daß er dieser treflichen Fräulein in ihren nöhten zu Hülffe getreten ist / dessen bedancke ich mich gegen ihn / und erkenne mich demselben hinwiederumb mit einem Ritterdienste verbunden. Herr und unbekanter Freund / antwortete Ladisla /daß wenige so etwa in Rettung dieser Durchl. Fräulein ich verrichten mögen / darzu hat mich die Pflicht meiner selbsteigenen Ehre verbunden / gebühret mir also von keinem Menschen dank davor / wiewol ich Unwirdiger von meinem Gnädigen Fräulein so hohe Vergeltung ihrer Gutwilligkeit wieder meinen Willen annehmen müssen / daß ich mich schuldig erkenne /derselben Zeit meines Lebens als ein verpflichteter Knecht und Diener ohn einige Außrede auffzuwarten. Ach mein Herr / antwortete sie / ich bitte sehr / meine geringfügige Dankbarkeit nicht so hoch zuerheben weil dieselbe viel zu schwach ist / an daß minste seiner hohen Verdienste zu reichen; dann weil ja über Ehr und Leben kein Ding in der Welt mag geschätzet werden / und aber dieses beydes euer siegreiches Schwert mir erhalten hat / muß ich die allmögenden Götter bitten / den Abgang meines unvermögens zuersetzen / und wird mir Vergnügungs gnug seyn / wann ich sehen werde / daß mein dankbegieriger Wille meinem Herren nicht wird unangenehme seyn. Mein Fräulein / wieder antwortete er; was erhebet sie ihres unwerten Dieners gar zu schlechte Dienste über allen Verdienst / daß ich vor anderen deßwegen schamroht stehen muß? Ihre ja ihre Krafft / so in ihrer Tugend und Volkommmheit bestehet / wahr nicht allein meines leichtẽ Schwertes Nachdruk / sondern benam den Råubern allẽ Muht und stärke / und stürzete sie zur Erden / daß ihnen weder Vermögen mich zubeschädigen / noch sich zubeschützen übrig blieb. Das Fräulein blickete ihn hierauff mit liebreizenden Augelein an / und sagete: Mein Herr und wahrer Freund; es beliebet ihn also / mich leichtes Federchen zu schmůcken / die ich Ungültigkeit halben wol hätte verstäuben müssen; Dann O weh mir elenden / wann sonst keine mächtigere / als meine eigene Krafft sich meiner angenommen hätte / so würde ich schon entehret / und kein Mensch mehr seyn; Wolle demnach mein Erretter mir gönnen / seinen hochverdienten Preiß außzutragen / und beydes Freunden und Feinden bekant zu machen / daß wie ich ihm alles was ich bin / zu danken habe / also auch solches zu bekennen nicht möge gehindert werden. Fulvius hörete diesen ihren freundlichen Reden zu / als ein Entzükter /kunte sie nicht gnug anschauen / die ihm doch kein Auge zuwendete / sondern / als wåhre er nicht zugegen / sich nach Ladisla kehrete; worüber der Stathalter schier in die Erde gesunken wåhre / weil er sahe /dz dieses Trauerspiel sich schon bey nüchterm Munde anspinnen wolte; suchte deßhalben Ursach davon zu scheiden / und baht Fulvius höchlich umb Verzeihung / daß er ihm / Schwachheit halber / bey der Mahlzeit nicht könte Geselschafft leisten; hoffete doch / sein Gemahl / Sohn und Tochter / neben andern erbehetenen Freunden / würden seine stelle biß nach abgetragenem Tische vertreten / da er sich willig bey ihnen wolte finden lassen. Herzlieber H. Vater / sagte das Fräulein zu ihm: Ich bitte kindlich / mir zu gönnen /daß ich euch in euer Unpaßligkeit auffwarten möge. Nein / geliebtes Kind / antwortete er / gehe du mit diesen beyden Herren zum essen / und leiste ihnen als eine Hauß Tochter gebührliche Gesellschafft / ich werde mich hernach schon finden. Es hätte Fulvius mit dem Vater gerne noch vor der [83] Mahlzeit die Ehe abgeredet / damit er sie bey Tische als eine Braut neben sich haben / uns hiemit Ladisla / den er schon neidete / höhnen möchte; weil aber der Stathalter eilig davon ging / muste er sich gedulden / und nahm ihn Fr. Pompeja bey der Hand / das Fräulein aber ihren liebsten Ladisla / biß sie den Essesaal erreicheten. Ehe die Speisen auffgesetzt wurden / spracheten sie stehend miteinander / da der junge Fabius seiner Schwester winkete / und zu jhr sagete: Weistu auch /daß man dir diesen Filz und Lügener zufreyen wil? mich würde deines Elendes ja ern / wann du in dieser Unglükspfütze soltest versinken; so sihe dich nun vor / nim deine Vernunfft zu hülffe / und halte feste /was mich dünket schon in deiner Hand zu seyn. Das Fräulein ward hiedurch herzlich erfreuet / und antwortete: Herzallerliebster Bruder / ich habe gleich diesen morgen mein unglük erfahrẽ / aber der Tod sol mich davon befreyen / wann ichs lebendig nicht meiden kan. Ich untergebe mich deinem willen / wil auch deinem Raht geträulich nachko en / nur biß gebehten /und leiste im fall der noht Herrn Ladisla beystand. Zweifele daran nicht / sagte er / ich habe schon anordnung gemacht / daß es nicht noht haben sol. Es hatte aber Fulvius / seinen Pracht sehen zu lassen / 120 Reuter auff einen Monat in Dienste genommen / mit denen er zu Padua eingerittẽ wahr. Dieses wuste der junge Fabius / gedachte deßwegen / wann sich etwa ein Aufflauff erregen solte / müste man auch Leute umb sich haben; und ließ seine bey ihm habende Ritterschafft sich schleunig / doch in aller stille wapnen /mahnete darzu 80 junge vom Adel in der Stadt heimlich auff / und gab ihnen das Zeichen / wann sie vor seines Vaters Hofe würden hören in die Tromete stossen / solten sie zur HinterTühr hinein dringen / und fernerer Anordnung gewärtig seyn. Fulvius wahr so grobes Verstandes nicht / daß er der Fräulein gute Gewogenheit gegen Ladisla nicht solte gemerket haben; Er verließ sich aber auf des Alten so münd- als schrifftliche Verheissung / und entschuldigte sie in etwas / daß sie ihn als ihren Erretter zu ehren gehalten währe; daß sie aber gegen ihn so freundlich sich nicht bezeigete / hätte er jungfräulicher blödigkeit gerne zugelegt / und daß sie so gar seiner keine Kundschaft hatte; blieb also anfangs ohn sonderlichen Eifer / welchen ihm doch sein argwöhnisches Herz alle Augenblik mehrete / daß er bald hernach vornam / ihr dieses / so bald er sie in seiner Gewalt haben würde / rechtschaffen einzukerben. Die nöhtigung sich zu setzen /ging an / und stellete der junge Fabius / diesen beyden Herren frey / einen Siz nach belieben zu erwählen. Ladisla wolte keine Unhöfligkeit gebrauchen / und nöhtigte den fremden / die Oberstelle zu nehmen / der gleichwol auch scheinen lassen wolte / daß er nicht unter den Bauren auffgewachsen währe / wegerte sich fast / uñ baht endlich / daß H. Ladisla ihm zugefallen den Obersiz bekleiden möchte / welches er dann /unter der Vorschützung eines willigen Gehorsams höflich annahm / da dieser doch einer weiteren Wegerung ihm vermuhten wahr / und jhn nicht wenig verdroß / daß er dieses Streichs sich selber nicht gebrauchet hätte; ließ auch seinen Stolz in dem sehen / daß er Ladisla nicht folgen wolte / sondern umb Freyheit /einen annehmlichen Siz zu wählen / anhielt / auch bald darauff sich auff des Stathalters seinem Wirtsstuel / gerade gegen Ladisla über setzete. Herr Kornelius ermahnete Frl. Sophien / sich zu Fulvius niderzusetzen; und dieser selbst hielt darumb beständig an / mit Einwendung / daß er eigentlich diese Reise getahn /umb ihre bessere Kundschafft zu erlangen / und[84] nähme ihn wunder / da sie solches annoch nicht wissen solte. Sie aber brachte höflich vom es wolte einer Tochter des Hauses nicht gebühren / über erbehtene Herren und Gäste sich zusetzen / sondern gar vom Tische zu bleiben oder den untersten Plaz zunehmen; das übrige währe nach seinem Gefallen / wie wol in sehr handgreiflichem Scherze geredet / und währe nichts neues / daß die einfältigen Paduanischen Medchen sich von den Römischen Herren zur Kurzweil müsten auffzihen lassen / als deren Unachtsamkeit nicht verdienete / daß man ihretwegen einen Schrit /geschweige / zehn und mehr tägige Reisen tuhn solte /wiewol sie ihres teils solches in höchster Warheit nicht begehrte / sondern ihrer geringfügigkeit sich wol erinnerte / welches Herr Fulvius / wie sie bähte / eins vor alle mahl wolte lassen geantwortet seyn. Dieser wolte solches beantworten / und umb das beysitzen weiters anhalten; aber Frl. Ursul und Helehn traten gleich in den Saal / die von Frl. Sophien empfangen und zum Tische geführet wurden; da Ladisla von seiner Stelle hervor sprang / uñ diesen beyden Fråulein selbige einräumete / sich aber neben sie niederließ /da Frl. Sophia ihm ungenöhtiget folgete / als an den untersten Ort; worüber Fulvius schier währe rasend worden; meynete / es håtte Ladisla ein solches mit ihr angelegt / und schwuhr bey sich selbst / es ungerochen nicht zu verdäuen. Ladisla merkete aus seiner Gesichtsverenderung / dz ihm das Herz gerühret wahr / ließ sich doch nichts anfechtẽ / sondern erzeigete sich gar freymuhtig. Der junge Fabius setzete sich wieder an seiner Ursulen seite; Herr Kornelius blieb bey Fulvius / dem H. Emilius / und zulezt die Stathalterin folgete. Frl. Sophia nam auf ihres Bruders Vermahnung das Vorschneideramt über sich / und reichete Ladisla das erste; welches er der Stadthalterin gab. Sie boht ihm das ander und dritte / aber die beyden Fräulein musten es von ihm nehmen. Als sie ihm nun das vierde zuhielt / baht sie ihn / es ohn fernere Wegerung zu behalten; worauff er gehorsamete. Das fünffte ůbergab sie Frl. Helenen / mit Bitte / es H. Fulvius zu reichen. Dieser hatte sich inzwischen eines andern bedacht / und den äusserlichen Zorn sinken lassen / weil er Ladislaen freymühtigkeit sahe / und ward die halbe Mahlzeit ohn denkwirdiges verrichtet /nur / da Fulvius Frl. Ursulen ein Glaß mit Wein einreichen / und die zierliche Höfligkeit gar zu groß machen wolte / schüttete er ihr solches unversehens in den Busem / daß ihr der Wein am Leibe gar hinunter biß auff die Knie lief / und sie sich des Schrekschreyens nicht enthalten kunte. Frl. Sophia hatte dieses Plumpstükchen nicht gesehen / erschrak daher über ihrem ruffen / und fragete ängstig was ihr gebräche? Sie aber antwortete: mir gebricht nichts / Herzen Schwester / nur daß ich gar zuviel bekomme. Ladisla håtte diesen Grobrunk nicht umb viel gemisset / taht doch / als såhe ers nicht / und blieb in seinem Gespräch mit Frl. Helenen / welche fleissig nachfragete /warumb Herr Herkules nicht zu Tisch kommen wåhre / und als sie seiner Unpäßligkeit bericht einnahm /ward sie dessen leidig. Der junge Fabius nam hieselbst gelegenheit / dessen Tugend zu růhmen / wünschend / dz er den Kampf mit Orgetorix hätte mögen ansehen; welches Fulvius also beantwortete: Zwar den besten sihet man nicht / massen ein jeder / wañ er in der Welt umsuchet / allemal seines gleichen findet; jedoch möchte ich eines solchen Ritters Kundschafft /wie dieser beschrieben wird / wol haben / dem das Glük sehr günstig muß gewesen seyn / daß er dem jeztge dachten guten Fechter hat anfiegen können /[85] welches ich mit rühmen wil / weil ich nicht zweifele /es werde im Kampffe auffrichtig zugangen seyn. Ladisla hörete den Spot und Beschimpffung mit grosser Empfindligkeit / begriff sich aber / und antwortete: Herr / dieses Ritters Kundschafft / der nie als auffrichtig gekämpffet / und sich mehr auff seine Tugend als auff das blinde Glük verlassen hat / wird euch unversaget seyn / so bald er Schwachheit halber das Lager wird angeben köñen. Dieser aber / weil er Ladislaen biß auff den Tod gehässig wahr / sagte nichts darauf / sondern stellete sich / als hörete ers nicht; welches jener zwar mit brennendem Zorn auffnam /und es doch verschmerzete / weil er bequemere Gelegenheit sich zu rächen hoffete. Herr Kornelius / der Fulviussen am nähesten saß / wolte ihn mit freundlichem Gespräch unterhaltẽ; bekahm aber allemahl kurze hochmuhtige Antwort / welches ihn nicht wenig verdroß / weil er in der Jugend auch Ritterschafft getrieben / und in mannichem Schimpf und Ernst guten Preiß erworben hatte; doch übersahe er ihm nach seiner Sanfftmuht / und ließ nicht ab mit ihm zu reden /weil das Frauenzimmer sich an ihn gar nicht kehren wolte / die nur mit Ladisla und Fabius ihr Gespräch fortsetzeten / da Frl. Sophia nicht unterließ / den grossen Unterscheid der Ritter einzuführen / und daß diesen Stand nichts so sehr zierete / als die Höfligkeit und Demuht / so daß ein Ritter mit diesen beyden stücken begabet / insonderheit des Frauenzimmers Gewogenheit wirdig währe weil dieselben mehr hierauf / als auff scharffe Schwerter und spitze Speere hielten. Fulvius / daß er Kundschafft mit ihr machen möchte / beantwortete dieses also: Ja mein Fräulein /die jezterzähleten Stücke stehen einem Ritter in Wirtschafften nichtübel an / wann sie bey gebührlichen Leuten angewendet werden; aber ihrer viel (ich schlieffe meiner Fräulein gleichen auß) wollen diesen Bogen gar zu stränge spannen daß er zu zeiten drüber brechen muß; weil der ritterliche Muht die unterste Stuffe ohn Verletzung seines Ansehens nicht betreten kan. Frl. Sophia aber wolte sich hierüber mit ihm nicht einlassen / welches Ursul merkend / nur dieser rede ihre stelle vertrat: Ich halte davor / Herr Fulvius /meine Frl. Schwester rede nicht von den unvernünfftigen / die Ritters Hocheit nicht beobachten / und sie biß an die unverantwortliche beschimpfliche Demuht herunter ziehen wollen / sondern ihre Meynung ist bloß auff diesen Zweg gerichtet / daß die ungefårbete Freundligkeit eine sonderliche Zier an einem Ritter /wie die Sonne am Himmel sey. Herr Komelius fürchtete sich / es möchte diese Verantwortung von ihm ungleich auffgenommen werden / mischete sich deßwegen mit ein / und sagete: Beyderseits Meynung währe recht und gut / als die nicht wider einander stritten. Welches Frl. Sophia also beantwortete: Herr Vetter Kornelius / streitẽ sie nicht / so reimen sie sich auch nicht. Aber der hölzerne Bock Fulvius merkete nicht / daß seine ungereimete Antwort hiedurch verlachet ward. H. Kornelius veranlassete ihn zum weitern Gespräch / in dem er ihn fragete / ob nicht neulicher Zeit zu Rom sich etwas denkwirdiges zugetragen hätte; wodurch er ihm die Tühr zu seinen Lügen auffsperrete / daß er bald von hier / bald von dar / ohn Ordnung und Außführung etwas hervor brachte / und allemahl seinen eigenen Ruhm einmischete / wiewol mit so handgreiflichen Lůgen / daß Ladisla der von vielen / guten bescheid wuste / sich der unwarheit seyr verwunderte. Endlich nam Fulvius ihm vor / Frl. Sophien einen verdekten streich zu versetzen / welches er durch dieses Getichte sehr artig zuverrichten meinete / da er also anfing: Es fält mir gleich iezt ein lächerlicher [86] Possen ein / der ohngefehr vor XVI Tagen sich zu Rom begeben, nehmlich / ein vermeintes züchtiges Fräulein ward einem trefflichen Römichen Herrn / meinem vertraueten Freunde / von ihren Eltern zugefreyet / deren Nahmen ich nicht nennen wil. Als nun der Ritter sich einstellete / die Heyraht zu volführen / kam er dieser guten Jungfer unvermuhtlich / und fand sie bey einem unachtsamen jungen Aedelman sitzen / mit dem sie allerhand närrischer Kurzweil und Affenwerk trieb / welches diesem ernsthafften Ritter anzusehen ungelegen wahr; hies derhalben den jungen Laffen auffstehen; und als er sichs wegerte / trieb er ihn mit prügeln auß / gab hernach der Jungfer einen guten Außwischer / und lies sie ungeheyrahtet sitzen /womit ihre Eltern zwar übel zufriede wahren / aber doch den Schimpff hinnehmen musten / weil sie der frechen Tochter gar zuviel Willen gegönnet hatten. Hiemit brach er die ungeschikte Erzählung ab / und wahr niemand zugegen / der seinen Zweg nicht verstanden hätte / nur daß sichs niemand wolte annehmen / ohn Frl. Sophia schrieb ihm gar zuviel Witzes zu / ob hätte er ihre vorige Stachelrede hiemit ersetzen wollen; gedachte endlich / es müste ihm dieses Wagstük nicht so hingehen / und fing zu den beyde Fräulein also an: Herzgeliebete Schwestern / es hat H. Fulvius uns eine Geschicht erzählet / ohn zweiffel /unsere geringe Urtel darüber zuvernehmen / und wol auch / daß sie uns zum Beyspiel diene / uns beydes vor Affenwerk / und vor solche ernsthaffte Freyer wol zuhühten; bitte demnach schwesterlich / sie wollen /die lange Zeit zuvertreiben / sich unbeschwert heraus lassen / was sie von dieses Freyers ritterlicher Taht halten. Die beyden Fräulein beredeten sich kürzlich /und gaben ihr zur Antwort: Herzgeliebte Frl. Schwester / wir haben die erzälete Geschicht nicht so eigentlich mit allen ihren umbständen in acht genommen /wollen deßwegen ihre Meynung zuvor hören / und nachgehends / wo es uns gegönnet ist / unsere Gedanken auch darüber vernehmen lassen. Ich muß euch wol zugefallen seyn / sagte das Fräulein / dann womit wolten wir sonst die Zeit hinbringen? Jedoch / wann ich zuvor wissen solte ob Herr Fulvius uns diese Kurzweil gönnen könne. Ey warumb nicht / mein Fräulein / antwortete er / massen ich solche Begebnis zu dem Ende vorgetragen habe. Daß muß mir lieb seyn / sagte sie; kehrete sich zu ihren Gespielen / und fuhr also fort: Ob ihr / meine Schwesterchen daß erzählete vor eine Geschichte / oder Getichte haltet /kan ich nicht wissen; doch stehet uns allerseits frey /unsere Gedanken davon zu haben; aber auff den fall der Warheit / sage ich / daß dieser Ritter sich als ein ungeschliffener grober Flegel hat sehen lassen / indem er diesem Fräulein ein solches zur Unzimligkeit außgeleget / welches sie zweiffels ohn auß Höfligkeit getahn / und dieser Büffelsochse wol aller Zucht mag entfernet seyn / welches er gar zu merklich an den Tag gegeben / in dem er den jungen Aedelmann nicht als ein Ritter / sondern als ein Steckenknecht überfiel /welches ich ihm nicht würde gesehenket haben /währe ich in dessen stelle gewesen. Es hat sich aber das gute Fräulein nebest ihren Eltern billich zu erfreuen / daß sie eines solchen ungehöfeltẽ Klotzes abkommen; dann sie möchte lieber tausendmal sterben / als eine Stunde sein Ehgatte seyn. Dafern ihr nun herzliebe Schwestern / mit mir eines seyn könnet / wollen wir diesem nichtwerten Ritter die Urtel sprechen / daß er vorerst des Ritterstandes sol entsetzet / und unfähig seyn / sich neben einem ehrliebenden Fräulein niderzusetzen; ja er sol auß allem adelichen Frauenzimmer in Ewigkeit verbannet seyn und bleiben. Die anwesenden lacheten / [87] daß sie dieses mit solchem Eyfer vorbrachte / ohn Fulvius begunte den Auffzug zumerken / und schwur im Herzen / ihr solches bald ersten tages seiner Heyraht mit schwerem Wucher einzubringen. Herr Emilius fůrchtete sehr / es dürffte dieser Scherz einen groben unglüklichen Ernst verursachen /welchem vorzubauen / er Fulvius zuredete; Er zweifelte nicht / seine hohe Vernunfft wůrde des Frauenzimmers kurzweilige Scherzreden im besten vermerken; fragete darauff / ob die Ritterlichen Ubungen zu Rom stark im schwange gingen / und die Strassen sicher zu reisen währen. Welches er beantwortete: Man hätte eine Zeither nichts von Mordtahten verno en / ohn daß ohngefehr vor acht oder neun Wochen vier statliche Ritter gutes Römischen Adels / von vier verwägenen Strassenräubern überfallen / ermordet /und nacket außgezogen währen; nennete sie auch bey nahmen / daß Ladisla eigendlich hörete / er redete von denen / welche er und Herkules im Kampff nidergelegt hatten / gedachte demnach / dieses fügen die Götter also zu des lügeners Straffe; gab ihm auch diese Antwort: Der Herr verzeihe mir; ich komme auch von Rom / und weiß sehr wol umb diese Begebnis / daß gedachte vier Ritter nicht von vier Råubern oder Mördern / sondern von zween fremden Rittern im auffrichtigen Kampffe / durch eine rechtmässige Nohtwehr erleget sind / weil sie diese mit räuberischer Faust angriffen / und ihnen eine Beute abzujagen sich unterstunden. Fulvius antwortete: Er währe ganz unrecht berichtet; die Sache währe ihm gar zuwol bewust /hätte auch der Ermordeten gute Kundschafft gehabt /und würde es nimmermehr gutheissen / so jemand /wer der auch währe / solche ehrliche Ritter vor Strassenräuber außruffen wolte; wüste aber ungezweifelt /daß sie von solchen unredlichen Buben schelmischer Weise ermordet währen. Herr bedenket euch was ihr redet / sagte Ladisla / es könte etwa einer in dieser ehrlichen Geselschafft seyn / der von diesen vier Räubern angefallen / und ihnen ihren Lohn erteilet hätte. Wann ich solches wissen könte / antwortete Fulvius /müste der bübische Mörder den Seelen der erschlagenen zum Versöhnopffer mit meinem Schwerte abgeschlachtet werden. Ladisla kunte den Zorn nicht länger verbergen / und sagte: Höret Fulvius / gedenket ihr dieses zu hand haben? ja / antwortete er / gegen jederman den es gelüstet. Ey wolan / sagte jener; so gestehe ich vor dieser löblichen Geselschafft / daß mein Freund Herkules und ich / von diesen vier Räubern auff freier Strasse ohn alle gegebene Ursach überfallen sind / und wir ihnen den Lohn ihres Frevels in einem offenen Kampffe zugestellet haben / welchen sie billiger von des Büttels Hand empfangen hätten. Weil ihr dañ Fulvius meinen Freund und mich ohn alle Ursach vor Räuber / Schelmen und Buben scheltet / wil ich unser beyder Ehre / dafern ihr keinen Wiederruff thut / wieder euch handhabẽ / schiebe die Schmach in euren eigenen Busem / sage euch auff Leib und Leben ab / und fodere euch zum offentlichẽ Kampff aus / auff daß ihr sehen lasset / ob ihr so wol fechten als schänden könnet. Das anwesende Frauenzimmer erschrak über die masse / als sie Ladisla so reden höreten / und seine feurige Augen sahen / die ihm im Häupte funkelten; keiner aber von den Anwesenden kunte ihm solches vor übel halten / daß auch der junge Fabius zu Fulvius sagete: Herr ihr handelt nicht ritterlich an diesem Helden / welches ich mit meinem Schwerte behäupten wil. Dieser antwortete mit greßlichem Gesichte: Ey so wapnet euch ihr junge Bratvögel / daß ich bald prüfen möge was ihr auff der Schuele gelernet habet / nur ist mir leid / das mein[88] sieghafftes Schwert ich auff solche Lassen zücken sol. Hunde können nichts als rasen; und Narren / als großsprechen / sagte Ladisla; biß aber versichert / daß ich dessen eine Reue in dich bringen werde. Frl. Sophia redete mit ein / und sagte zu Fulvius; O ihr boßhaffter ehrendiebischer Ritter / was vor Unglük richtet ihr mit eurem Lügenmaule an. Der Stathalter hatte sich in seinem nahen Zimmer biß daher stille gehalten / und alles angehöret / als er aber den Aufflauff vernam /sprang er in den Saal / und geboht Friede zuhalten /oder er würde sich seines Haußrechts nebest habender Römischer Gewalt zugebrauchen wissen. Ladisla lieff ihm entgegen / und gab zur Antwort: Mein hochwerter Herr als Vater / ich beruffe mich auff diese ehrliche Geselschafft / daß ich gezwungen werde / mit der Götter Hülffe darzuthun / daß mein Geselle und ich des Lasters unschuldig seyn / deß uns dieser Verleumder zeihet / oder eines ehrlichen todes zusterben. Ihr könnet nicht wol anders sagte der Stathalter / demnach ichs selber angehöret / wie nahe mans euch geleget hat / zweiffele nicht / die Götter werden der Unschuld beystehen.

Inzwischen wahr Fulvius hinunter gelauffen / seine Reuter zusamlen / und lies der junge Fabius das verabredete Zeichen mit der Tromete geben / da seine Leute fast im Augenblik beysammen wahren / und zum Hintertohr hinein drungen. Ladisla aber machte sich hin zu Herkules und gab ihm daß verlauffene kürzlich zuverstehen; der sich unlustig befand / daß er dem Streit nicht beywohnen / noch seine Ehre selber retten kunte. Der junge Fabius folgete ihm auff dem Fusse nach / und erboht sich gegen Herkules / vor ihm die Stelle zu vertreten; aber Ladisla gab zur antwort: Er möchte sich gedulden / den Schänder würde der Frevel in kurzem gereuen. Nun wahr ihm des vorigen Tages sein Schild und Harnisch von den Räubern übel zugerichtet / daher ließ der junge Fabius ihm trefliche gute Waffen bringen / mit welchen er sich fertig machete. Er ward aber der Reuter im Platze gewahr /und fragete / was diese wolten? da ihn Fabius berichtete: weil Fulvius mit einer starken ReuterSchaar ankommen / und ihm bald anfangs nichts gutes geträumet / hätte er auch eine Mannschafft auffgebohten /daß man im fall der noht bestand seyn könte / wie ers wählen würde. Ladisla sprang dessen vor freuden auff / weil er bübischer hinterlist sich nicht zu befürchten hatte. Sein Fräulein kam auch darzu / und klagete /wie der Schänder zum Abzuge sie vor eine leichtfertige junge Metze gescholten / und möchte sie wünschen / daß dieser Schimpf zugleich mit könte gerochen werden; Worauf er antwortete: Mein Fräulein / traget nur ein wenig Geduld / ich wil meiner eigenen Schmach vergessen / biß die ihre wird gerochen seyn; nur bitte ich / mir eine Gunst mitzuteilen / unter deren Krafft und Wirkung ich desto geherzter fechten möge. Sie sahe umb sich / und als sie merkete / daß sie viere nur daselbst wahren / trat sie zu ihm / küssete ihn freundlich / und sagete: Ich hoffe nicht / daß H. Herkules und mein Bruder mir dieses zur Leichtfertigkeit außdeuten werden. Fabius antwortete: So werde aber ich dirs nicht zugute halten / es sey dann / daß du deinem Liebsten noch einen Kuß / und äusserliches Gunstzeichen mitteilest / welches er seinem feinde aufm Helme zeigen könne. Meinem Liebsten? sagte sie; so müste ich ja meinen H. Vater küssen; jedoch /weil derselbe abwesend / mag H. Ladisla / da es ihm gefällig / dessen stelle vor dißmahl vertreten; also verrichtete sie ihres Bruders Befehl zu dreyen mahlen /und empfing gleiche Münze zur Bezahlung. Hernach spannete sie eine [89] Halßkette von den reinesten Demanten ab / wickelte sie umb den Adier / der auff seinem Helme stund / und baht die Götter / dafern sie unschuldig / möchten sie diesem Ketchen die Krafft verleyhen daß des frechen Schänders Gewissen / wann Ers sehen würde / gerühret und zaghafft gemacht würde. So bald er und Fabius gewapnet wahren /nahmẽ sie feste Speere zu sich / zeigeten ihren Reutern die Ursach ihres Streites an / und bahten im fall der Noht ihnen beyzustehen / welches von ihnen mit darbietung Leib und Lebens versprochen ward. Frl. Sophia wolte diesem Streit zusehen / setzete sich mit den beyden Fräulein auff eine Gutsche / und fuhr hin nach einem hohen Zwänger / von welchem sie die Streitbahn übersehen kunten / da das Fräulein sich gånzlich ergab / im fall ihr Ladisla das Leben verlieren würde / sich da herunter zu stürzen / und ihm im Tode Geselschafft zu leisten. Fulvius hielt schon draussen vor dem Tohr mit seinen leuten / und befand sich so gar erbittert / daß er vor Rachgier fast blind wahr. Ladisla und Fabius folgeten ihm bald mit ihren Reutern in zierlicher Ordnung / da Ladisla ädler Knecht Markus vorhin reiten / und Fulvius in seines Herren nahmen auff Speer und Schwert außfodern muste; oder da er so kühn nicht seyn würde / sich Mann an Mann zuwagen / stünde ihm frey sich seiner Leute zugebrauchen / denen gebührlich solte begegnet werden; die Wahlstat währe der grüne Anger / recht an dem Stadgraben / woselbst die Tugend den frevel abstraffen solte. Fulvius gab ihm zur Antwort: Reite hin und sage den beyden Laffen / daß sie sich nur gefasset halten / ich werde jezt da seyn / uñ ihnen die Milchzähne beklopffen. Du schändest diese Ritter /sagte Marx / als ein Verleumder / welches ich an dir behäupten wolte / da ich meinem Herrn vorgreiffen dürffte. Dieser sahe sich nach seinen Leuten umb /und fragete; ob nicht einer Lust hätte XX Kronen zu verdienen / und diesem elenden das fell zu krauen. Bald taht sich einer hervor / rante und rieff Markus nach (weil er schon hinritte / die Antwort zu bringen) er solte die Antwort zuvor recht einnehmen. Nun meynete dieser / es würde Fulvius etwas nachbieten wollen / hielt stille / und ließ ihn näher kommen; der aber an stat der Worte ihn mit dem Schwerte überfiel / daß er kaum zeit hatte / das seine zu entblössen; da er dann / wie er zum Gewehr kam / einen hefftigen Kampff mit ihm hielt / schlugen verwägen auff einander loß / und gaben mit wenig Streichen ihrem erhitzten Blute Lufft / daß sie beyderseits hart verwundet wurden / biß endlich Marx mit einem stosse / den er seinem Feinde durch die Gurgel gab / den vollen Sieg davon brachte / und seinen Weg mit verhängtem Zaume vornam / weil er merkete / daß etliche sich loß gaben / ihn anzugreiffen. Ladisla sahe ihn so blutig daher rennen / und sagte zu Fabius: das muß ein verwägener Schelm seyn / der eines Abgesandten Werbung solcher gestalt beantwortet / welches ich ihm wieder hoffe einzubringen. Als er aber von ihm alles Verlauffs berichtet ward / lobete er seine Mannheit /die er unvergolten nicht lassen wolte; stellete seine Leute in eine zierliche Ordnung / mit Befehl / kein Gewehr zu zücken / biß Fulvius Hauffe sich regen würde / und setzete er sich auff die Bahn / seines feindes mit verlangen erwartend; welcher auff einem grossen schwarzen Hengste daher trabete / und seinen Reutern geboht / sich des Streits nicht anzunehmen /es währe dann / daß sie darzu gefodert oder gezwungen würden. Er aber schickete sich zum Treffen / und begegnete ihm Ladisla sehr eifrig; hielten doch so feste / dz keiner den andern im Sattel bewägen mochte / ungeachtet die Speere in stücken [90] zersprungen / und Fulvius schon erkennete / daß er kein Kind vor sich hatte. Sie nahmen neue Speere zur hand / wiewol Fulvius das Schwert lieber gebraucht hätte / mit welchem er rechtschaffen zu wüten pflegete / weil es ihm weder an Verwägenheit noch Leibeskräfften mangelte. Aber der andere Rit muste gewaget seyn / da sie als blinde allerseits nebẽ hin stachen / und doch mit Pferden und Leibern einander dergestalt rüreten / daß Roß und Mañ beyderseits übern hauffen fiel / und alle Zuseher meyneten / es währe unmöglich / daß sie unbeschädiget blieben währen / dann ihre Pferde zappelten und verschieden in weniger zeit. Sie aber arbeiteten sich ungeseumet hervor / dann sie wahren unverletzt blieben / wiewol sie des harten falles beyde wol empfunden / nahmen Schwert und Schild zur Hand / und hoffeten beyde den Sieg zu erstreiten / der nur einem zu teil werden kunte. Es wahr ein grausamer Kampf an zusehen / massen sie einander zuhämmerten / daß es funken bey hellem Tage gab; dann Fulvius wahr in Waffen lange Zeit geübet / und wolte seinem feinde keinen fuß weichen / sondern da er über vermuhten dessen festen Stand sahe / mehrete er seine Wuht je länger je hefftiger. Ladisla hingegen ging im anfange behuhtsamer / dann er merkete / daß hinter seinem feinde kräffte stecketen / auf welche er die seinen sparẽ muste; schützete deßwegen sich mehr / als er seinen feind verletzete / der ihm solches vor eine Zagheit außlegte / da er zu ihm sagete: Gilt mein Kerl / es ist sicherer spielen unter den Metzen / als unter dem Schwerte; über welchen Schimpf er sich dergestalt eiferte / daß er seiner behuhtsamkeit vergaß / und so hefftig auff ihn ging / daß wie ungerne Fulvius wolte /er ihm etliche Schritte weichen muste / und darüber eine zimliche Wunde in die linke Schulder bekam. Das Fräulein wahr anfangs sehr traurig auff der Zinnen; als sie aber Ladisla vermehrete Kråffte spürete /ward sie von herzen froh / und empfing Hoffnung zum Siege; wiewol Fulvius / ungeachtet seiner Wunde / sich bald wieder erhohlete / und mit solchem nachdruk anfiel / daß Ladisla hernach offt gestund / ihm währen seines gleichen wenig vorkommen. Sie trieben dieses eiferige Gefechte eine halbe Stunde ohn auffhören / biß sie genöhtiget wurden Odem zu schöpffen; stunden und sahen einander mit verwunderung an /und wie hefftig Fulvius die Wunde schmähete / so höchlich freuete sich Ladisla derselben. Nach kurzer Erhohlung munterten sie ihre fäuste wieder auff / und sagte Fulvius: Mein Kerl / was wird die Metze sagen /wann sie dich tod vor ihren füssen sehen wird? Je du Schänder / antwortete er / hastu dann schon so grossen fortel erstritten / daß du mir den Tod ansagen darffst? fielen hiemit auffs neue an einander / ob håtten sie noch keine Arbeit verrichtet; aber Ladisla brauchte sich der Vorsichtigkeit / und ließ jenen sich abmatten / dessen unerhörtes wüten doch so viel durchdrang / daß jener eine fleischwunde ins rechte Oberbein bekam / welches das Fråulein ersehend / vor angst den Nahmen Ladisla überlaut rieff. Er vernam ihre stimme gar eigen / schämete sich fast / und in dem er seine Hiebe verdoppelte / sagte er: Ich werde ja dein rasen noch endlich brechen / wo mir sonst die Götter nicht ungnädig sind / brachte ihm auch mit dem Worte einen streich über das linke Bein / daß er strauchelte / und keinen festen Trit mehr setzen kunte; worüber niemand so hoch / als das Frl. erfreuet ward. Fulvius sahe nunmehr / daß er dem Tode nicht entgehẽ würde / worin er sich unwillig gab / meynete auch /auffs wenigste seinen Bestreiter mitzunehmen / und warff ihm seinẽ Schild wider die Brust / daß er strauchelte / und des falles sich kaum enthalten kunte; jedoch erhohlete [91] er sich / und sagte: Bistu Bösewicht ein Ritter / und wirffst den Schild mutwillig von dir? trat ihm ein / und nach etlichen Hieben / deren er keinen außnehmen kunte / schlug er ihn mit vollen Kräfften über das Helmgesichte / daß es sich aufftaht / führete darauff einen andern streich / und hieb ihm die Zunge im Maul hinweg / daß zugleich beyde Kinnebacken abgelöset wurden / und der Unterteil des Angesichtes nur an der Haut behangen blieb / daß er alsbald tod zur Erden stürzete / da ihm Ladisla mit einem bittern Spotte zurieff: Höre nun auff zu rasen und zu buhlen. Das Fräulein / solchen fall ersehend /sprang vor freuden auff / und sagte: Ey dem Himmel sey Dank / daß ich von diesem grimmigen Bähren erlöset bin / der mich hinte im Schlaf zureissen wolte; ließ auch alsbald einen Diener hin lauffen / ihren Eltern des Kampfs außgang anzumelden.

Der junge Fabius rennete hin zu Ladisla / wünschete im Glük zum Siege / und meynete / er würde alsbald nach der Stat zureiten / dessen er aber nicht willens wahr / sondern ihm sein ander Leibroß zu führen lies / zu Fulvius hauffen ritte / und mit starcker Stimme sie also anredete: Ihr Ritter / sagte er / deren jeden ich ehrlicher als euren gewesenen Herren den Ehrenschänder halte; ich habe nun an diesem Trotzer ein hohes Fräulein gerochen / die er in höchster Unschuld geschmähet hat; bin aber an ihm noch nicht vergnüget / sondern weil er noch eines redlichen Ritters / und meine selbst eigene Ehre boßhaffter Weyse angegriffen / suche ich einen unter euch / der etwa solche schändung gut heissen wolte / auff daß derselbe des erschlagenen Stelle wieder mich vertrete / und ich Gelegenheit habe / meines Freundes / und meine selbst eigene Ehre zu schützen; dem ich auff den fall meines Sieges / Lebens Freyheit verspreche / wann er Fulvius Boßheit bekennen wird. Dieser ganze Hauffe hatte seine Krafft und Erfahrenheit gesehen / meineten / er würde sich so gar abgemattet haben / daß er weitere Bemühung nicht suchen dürffte; als sie aber ihn noch so frisch reden höreten / wolte ihm niemand Antwort geben; biß endlich ein junger frischer Ritter / nahmens Messala / des ertödteten Anverwanter aus der Ordnung hervor sprengete / und zu ihm sagte: Ritter /ob ihr redlich seid / weil ich nicht wieder fechten /weil ich euer keine Kundschafft habe; daß ihr aber den redlichen Herren Fulvius vor unredlich scheltet /dem wiederspreche ich so weit / daß ich dessen von ihm nie ichtwas vernommen; nehme demnach / seine Ehre zuverfechten auff mich / weil er bißher den Ritterstand nicht geschändet / sondern gezieret / auch durch feindes Hand sein Leben unerschrocken geendet hat. So bistu der Mann / sagte Ladisla / der böse Buben from sprechen wil? kehrete damit umb / und erwartete seines feindes mit dem Speer / da sie bald unmenschlich stränge auffeinander zusetzeten / auch zu beyden seiten traffen / wiewol mit ungleicher Wirkung / massen dem Messala daß rechte Bein durchstochen ward / das daß halbe Speer drinnen stecken blieb / und er halb ohmächtig vom Pferde stürzete. Ladisla sprang ihm nach / reiß ihm den Helm ab / und sagete: Nun erkenne Fulvius Boßheit / oder stirb. Dieser schlug die Augen auff / und antwortete: Mein Leben stehet in deiner Hand / und sage noch wie vorhin / daß ich von Fulvius nichts unredliches weis /ohn daß du ihn dessen jetzo zeihest / welches wegen meiner Unwissenheit / ich weder bejahen noch leugnen kan / und da dem also ist / als dann werde ich keine Warheit zu lügen machen; Ihr seid kein unhöfflicher Ritter / sagte Ladisla / deßwegen lasset euch heilen und lebet; schwang sich bald auffs Pferd / und wolte nach Fabius reiten; [92] welcher aber nach Fulvius leuten sich hin begeben hatte / und ihnen dieses andeutete: Er hätte einen lieben Freund / dessen Ehre ihr Führer unredlicher Weise gescholten / und da einer ihres mittels des erschlagenen Stelle behäupten wolte / solte er sich melden / und sein Leben an seines wagen. Bald ritte ein kurzer unansehnlicher Ritter hervor / und antwortete: Mein Herr / ich lasse euren Freund so redlich als er ist / aber wann mir jemand wiedersprechen wolte / da ich gestehe / das Fulvius ein Großpraler gewesen / währe ich gesoñen / es mit meinem Speer zuerhalten. Was bistu dann vor ein Ritter sagte Fabius / daß du in eines solchen Dienste dich begeben hast? dieser antwortete: Ich habe es erst erfahren / nachdem ich mich bestellen lassen / sonsten wolte ich wol einen andern Herren gefunden haben. Aber ich sehe / daß ihr gerne ein Speer brechen wollet / drum bin ich euch zugefallen / nicht aus Feindschaft / sondern meine Mañheit gegen die eure zuversuchen /sage euch auch weiter nicht ab / als auff ein Schimpffspiel. Dieser wahr froh / daß er nicht gar ohn Streit abzihen solte / ranten beyde auffeinander / daß die Speer in die Lufft flogen / und doch keiner beschädiget noch im Sattel bewäget ward / dessen Fabius sich fast schämete. Sie legten zum andern mahle ein / mit gleichem Außgange; aber im dritten Satze gingen ihre Pferde beyderseits übern hauffen. Fabius machte sich bald loß / und erinnerte seinen Gegener /welcher Kurzius genennet ward / er solte sich auff die Füsse machen / und den Streit verfolgen; aber er gab zur Antwort: Mein Herr / alles was möglich ist / bin ich euch gerne zuwillen / aber dieses ist unmöglich; begehrete auch / daß man ihm auffhelffen möchte / da alsbald erschien das er nur einen Fuß hatte / und das eine unter Bein ihm biß zur helffte mangelte / welches er im Streit wieder die Parther verlohren hatte; sagte demnach zu Fabius; da sehet ihr mein Gebrechen; ich sol auf die füsse treten / und habe nur einen; überdas bin ich euch / krafft meiner Bedingung mehr streitens nicht geständig; begehret ihr aber meiner Dienste /sintemahl ich vernehme / daß ihr ein R \mischer Ritmeister seyd / sollet ihr mich nach eurem Willen und nach meinem Verdienste haben / der ich schon vor acht Jahren ein UnterRitmeister gewesen bin. Fabius ließ ihm solches gefallen / und gab ihm Bestallung /welches die andern sehend / alle umb Dienste anhielten / dessen er sich sehr freuete / weil seine ReuterSchaar neulicher zeit durch feindes überfall sehr geschwächet wahr; ließ sie alle seinem Fähnlein schwören / und unter Kurzius befehl nach dem Lager zihen /da er ihnen ein Monat Sold vergnůget hatte / und Messala sich verpflichten muste / ihnen 2500 Kronen zu schaffen / welche Fulvius ihnen hatte versprochen.

Die unsern kehreten wieder umb mit dem hocherfreueten Frauenzimmer nach des Stathalters Hofe /welcher von Herzen betrübt wahr / daß wegen seiner unbedachtsamen Zusage Fulvius das Leben einbüssen müssen; erkennete doch Gottes Versehung / und sagte zu seinem Gemahl: Dieser Römische Herr und erster Bräutigam unser Tochter ist zum dahin / und hat umb ihret willen / man kehre es wie man wil / unter feindes hand erliegen müssen / da hingegen ich gemeynet wahr / ihm mein Kind diesen Abend beyzulegen. Jedoch doch wil ich gleichwol in diesem stük meinen freyen Willen haben / und ihr noch vor morgen einen /den ich mir dieses Augenblik in meinem Herzen erkohren / an die hand geben / und ehelich zuführen /damit ich des Unwesens abkomme / und weitere Unlust verhütet werde; Ich erinnere euch aber / so lieb euch meine Huld ist / daß ihr mir im geringsten nicht dawider [93] redet / dann ich wil / wie gesagt / durchauß meinen Willen haben. Sie erschrak zwar dieser Rede auffs hefftigste / durffte aber nicht widersprechen /nur daß sie zur antwort gab: das Fräulein währe seine Tochter / und würde er nach seiner Weißheit und angebohrnen Güte wol mit ihr verfahren. Ja / sagte er; sie hat ein trotziges halsstarriges Gemüht / wie ich heut zum ersten mahl erfahren; aber ich werde versuchen / ob das Reiß mir schon entwachsen sey / daß ichs nicht mehr beugen könne. Der Diener meldete ihm H. Ladisla wiederkunfft an / der auch ungefodert hinauff trat / und nach beschehener Ehrerbietung zu dem Stathalter sagete: Mein Herr / nachdem ich Ehrenhalben anders nicht gekunt / als dem Schänder Fulvius das Haupt zubieten / die Götter auch der Unschuld sich angeno en / uñ mir den sieg verlihen; als bitte dienstlich / mich des ungebührlichẽ Aufflaufs großgeneigt entschuldiget zu nehmẽ. Mein Herr / antwortete er / ich habe euren harten Kampf durch ein klares Durchsicht / oben auf meinem Turm gar eben angesehen; kan wegẽ geschehener Ehrenrettung ihm nichts verübeln / nur daß mir leid ist / daß Fulvius sich so mutwillig in sein Verderben gestürzet / an dem gleichwol Rom nicht einen verzagten Ritter verlohren hat. Baht hierauff Herrn Kornelius und Emilius / sie möchten ein halb stündichen allein zu seyn / sich nicht verdriessen lassen / weil Ladisla nach Herkules ging / und er mit seinen Kindern und Gemahl etwas zu reden hätte / daß ihm gleich jetzo unter die Hand gefallen währe; ging alsbald mit denselben auf ein besonderes Gemach / und nam die Tochter also vor: Liebes Kind / du hast diese beyden Tage sehr grosse Widerwertigkeit und Anfechtung ausstehen müssen / und solches doch nicht umb Missetaht / sondern um deiner Tugend und Gaben willen. Gestern haben dich die Räuber in ihren händen gehabt; heut ist der treflichste Ritter aus Rom / Herr Fulvius deinet / ja bloß deinet wegen erschlagen. Nun bin ich aber nicht bedacht /solcher gefahr hinfüro mehr gewärtig zu seyn; viel weniger noch / meinen einmahl gefasseten Schluß zu endern / sondern was ich in meinem Herzen geschworen habe / sol und muß diesen Tag erfüllet werden /nehmlich daß du diesen Abend einem / den ich mir alsbald nach geendigtem Kampffe außersehen / ehelich beygeleget werdest; ist dann der Bräutigam gleich nicht auß Rom / so finden sich auch noch zu Padua gnug-ådle Herren / die dein wert sind / und ich denselben schon weiß / welcher dir gefallen sol und muß; hüte dich aber bey straffe meiner Ungnade / daß du mir mit deiner heutigen Leir nicht wieder aufgezogen kommest / mit welcher du dir selbst diesen Tanz gefidelt hast / und ich sonst so eilig mit dir zu verfahren nicht gemeynet war. Hier befand sich das Frl. in den höchsten nöhten / dariñen sie jemals gewesen war /und kunte vor Herzensprast kein Wort sagen / deßwegẽ er also fort fuhr: jezt wil ich in deiner Mutter uñ deines Bruders gegenwart kurzum von dir wissen / ob du gehorsamen wollest; wo nicht / werde ich schon mein Vaterrecht mit zu hülffe nehmen. Nicht viel fehlete / ihr wäre vor Angst geschwundẽ; sie stund zitternd vor ihm / weil er sie ohn unterlaß zur antwort antrieb / da sie endlich ihren Bruder kläglich ansahe /uñ mit einem Wink zuverstehen gab / er möchte ihre Stelle zur Antwort vertreten; wie er dann von ihm selber schon des willens wahr. Aber der Vater hies ihn schweigen / und sagete: Was hastu dich weiter einzumischen / als ich dichs heisse? hat sie selber nicht Mauls gnug? heut über Tische kunte sie ja den ansehnlichen Herrn Fulvius trotzig gnug / und mit höhnischen reden über das Maul fahren / daß mich dessen Geduld groß Wunder nahm; wie ist [94] sie dann nun so sprachloß / da sie ihrem Vater den schuldigen Gehorsam versprechen sol? Als das Fräulein diesen hartnäckigen Vorsaz sahe / überging sie der kalte Schweiß /setzete sich nieder auff die Bank / und fiel in tieffe Ohmacht / daß die Mutter sie schon vor Tod hielt. Aber der Vater risse ihr die Kleider auff / rüttelte sie /und befahl der Mutter Krafftwasser zu hohlen / welches sie im Augenblik verrichtete / daß also das Fräulein wieder zu rechte gebracht ward; die aber ihre Mutter baht / sie möchte doch den angenehmen Tod ihr nicht hindern / weil sie unter keinem gnädigen Vater mehr Leben könte. Er aber sagte / was heissestu einen gnädigen Vater? einen solchen / der dir allen eigenen Willen gönnen / und deine Wolfahrt nicht betrachten sol? O nein / daß heisset nicht ein gnädiger /sondern ein unvernünfftiger Vater. Oder meynestu /ich habe nicht höchstwichtige Ursachen dieses meines vornehmens? traue mir / dein Vater bedenket wol dieses / was dir nicht eins zu sinne steigen mag; deßwegen sihe dieses mein beginnen nicht anders an / als welches die dringende Noht erfodert und haben wil. Ach mein allerliebster Herr und Vater / antwortete sie / ich wil folge leisten / wanns nur nicht so eilig ist. Ey wanne / sagte er; so wiltu mir gehorchẽ / aber nicht wanns mir / sondern dir gelegen ist? sehet doch die gehorsame Tochter / von der alle Paduanische billich ein Beyspiel nehmen solten. Ach ihr Götter / fuhr sie fort / benehmet meinen H. Vater diesen gefasseten Zorn / oder gebet meiner Seele den gewünschten Abscheid von ihrem Leibe. Du antwortest mir hiemit auff meine frage nicht / sagte er; und was gedenkestu mich mit leeren Worten abzuspeisen? geschwinde und sage mir / wessen du gesonnen seyst / und erinnere dich / daß nicht allein VatersRecht / sondern auch Römischer habender Gewalt dich zwingen kan. Ach mein Herr und Vater / antwortete sie / ist dañ euer väterliches Herz nicht zu bewägen / daß mir nur ein einziger Tag Bedenkzeit gegöñet würde? Was Bedenkzeit / sagte er; nicht ein halb viertel stündichen; dann was hastu nöhtig dich zu bedenken / ob du mir wollest gehorsam seyn? oder hastu etwa einen Rükhalter ohn meinen Willen erkieset / auff welchen du dich steurest? O der vergeblichen Gedanken! Aber auch O des elenden Römischen Stathalters / der sich dieser gestalt von seinen eigenen Kindern hintergehen liesse! Nur noch eins / mein Herr Vater / sagte sie; betrachtet bitte ich ob ihr euer liebes Kind in einer gezwungenen Ehe werdet können sehen auß verzweifelung dahin sterben. Dahin sterben? antwortete er; ich wil dz du es nit vor eine gezwungene / sondern gutwillige Ehe haltest. Doch was zanke ich mich lange mit dir? sprich bald ohn ferner bedenken / ob du gehorsamen wollest oder nicht. Hieraus merkete sie / daß alle ihre Hoffnung vergebens / uñ ihr die Zuflucht zu Ladisla vor der faust abgeschnitten wahr; daher erwog sie sich zusterben / und gab diese Antwort: Nun dann mein Herr Vater / ihr habt euch schon gar zu lange über den Ungehorsam eurer Tochter beschweret / welches keinem Menschen hefftiger als mir selbst zuherzen gehet; wil demnach mich dieser beschuldigung entbrechen / und euch eben den Gehorsam leisten / der keinen höhern zulässet / auch die Götter selbst keinen grösseren erfinden können; als nehmlich / ich wil eures willens geleben / oder da ich nicht kan / durch willige Todesstraffe der Anklage des ungehorsams entno en seyn. Recht so / antwortete er; daß wil ich auch haben von allen meinen Kindern / wann ich ihrer gleich tausend hätte / daß sie mir entweder gehorsamen / oder den Tod drum leyden sollen; und solches hat mich mein Uhr Anherr T. Manlius Torquatus schon vor 562 Jahren [95] gelehret. Dann so wenig dieser seinem Sohn den freyen willen zu streiten gönnen wolte / eben so wenig werde ich zugeben / daß du deines gefallens einen Bråutigam wåhlen / sondern den ich dir geben werde /annehmen solt / ob er gleich in deinen Augen der allerverächtlichste seyn würde. Jaja mein Herr Vater /sagte sie / ich bin viel zugeringe / eurem Willen zu widerstreben / wovor auch ohn das die Götter mich wol behüten werden; deßwegen ordnetes mit mir / wie es euch best dünket. Der Vater stellete sich / als verstünde er ihre redẽ nit / und sagte: Warumb kuntestu mir nicht bald anfangs diese einwilligung in die Heyraht geben / daß ich mich mit dir zuvor überwerffen muß? Ich aber / sagte er zu seinem Gemahl / gehet hin / und machet die Kleider fertig; der Bräutigam wird bald verhanden seyn / und in unser dreyen einsamen Gegenwart meiner Tochter verehlichet werden / nach dem sie mir nunmehr den gebührlichen Gehorsam verspricht / daß ichs ordnen möge / wie michs best dünket. Ja Herr Vater / sagte das Fräulein / ich bleibe beständig dabey / machets nach eurem Gutdünken /ich wil mich der zugelassenen Wahl nicht begeben /sondern weil ich nicht gehorsamen kan / gerne sterben. Ihr Vater kunte sich dieser Beständigkeit nicht gnug verwundern / meynete gleichwol noch / sie zu beugen / und sagte: So viel ich höre / gehestu wieder hinter dich wie der Krebs, und meynest du etwa ein Scherzspiel drauß zu machen? Nein O nein / sondern wiltu wählen so wähle; dann ehe eine Stunde vergehet / soltu verheyrahtet / oder kein Mensch mehr seyn; alsdann kan ich erst rühmen / daß ich eine gehorsame Tochter gehabt habe. Die Mutter kunte den Ja er länger nicht ansehen / begab sich auffs weinen und flehen / und muste auff ernstlichen befehl ihres Gemahls weg gehen. Er aber kehrete sich nach der Wand / und besahe etliche Schwerter / die daselbst bloß aufgehenket wahren; daher das Fräulein ihr keine andere Rechnung / als zum gewissen und schleunigen Tode machete / und ihrem Herzen nichts so wehe taht / als daß sie von ihrem Ladisla nicht eins Abscheid nehmen solte. Da nun ihr Vater zu ihr trat / und sie abereins erinnerte / sich im Augenblik zu bedenken / weil nach einmahl geschehener Wahl er die Enderung schwerlich zulassen würde; setzete sie sich vor ihm auff die Knie / küssete und netzete ihm die Hände mit Trähnen / dz sie auf die Erde stelen / begriff sich bald darauf / und fing diese Rede an: Herzallerliebster Herr uñ Vater; die Götter habẽ mich unglüklich gemacht / dz ich eures väterlichen begehrens / wie ich billig solte /nicht geleben kan; aber dannoch mir diesen Gnadenblik dagegen verlihen dz ich meinen Ungehorsam mit meinem Blute bůssen und bezahlen mag. Ich erkenne die hohe väterliche Gnade / Liebe und Vorsorge /deren ich Zeit meines lebens so überflüssig genossen /daß ich derselben weiters nicht wert bin; uñ ob ich zwar mir gänzlich vorgenommen hatte / nimmermehr ichtwas wieder meines Herrn Vaters Willen zu wollen oder wågern / so hat doch der kleinste Gott von allen mich davon abgeleitet / welches ich / viel einen grössern zu können / nicht getrauete. Ich erkenne meine Schuld / mein Herr Vater / und ist mir / sage ich nochmahl / Lieb / daß sie kan gebüsset werden; bedanke mich (eure Gütigkeit nicht länger zumißbrauchen) der mir bißher erzeigeten Liebe und Hulde /wünsche meinen Eltern langes Leben / beständige Gesundheit und immerwehrendes wol ergehen / insonderheit / daß die Götter ihnen eine gehorsamere Tochter an meines lieben Bruders künfftigem Gemahl geben mögen / als ich leyder nicht seyn kan; bitte /meinen Erettern; O ja meinem höchstverdienten Ladisla / den lezten Gruß meiner unbrüchigen [96] Gewogenheit und Träue anzumelden / welches mein Bruder mir nicht abschlagen wird / und wähle mir hiemit einen schleunigen Tod / aber von dessen Händen / der mir das Leben gegeben hat. Hierauff rieff sie den Himmel an / er möchte ihrer Seele die Geselschafft der seligen nicht mißgönnen. Der Vater lies sie gar außreden /und sagte hernach: So wählestu dir den Tod? hastu dann etwa verredet / ehelich zu werden? dieses nicht Herr Vater / antwortete sie. Wie kanstu dann / fragete er / dir den Tod schlechter Dinge wählen / ehe und bevor du vernimst / welchen ich dir außersehen habe; jedoch / damit ich weder dich noch mich länger auffhalte / sondern die Volstreckung / wie ich geschworen ehistes leiste / wil ich dir den Bräutigam zuvor nahmhafft machen / dem du diesen Abend hättest sollen beygelegt werden / wie wol ich anfangs nicht bedacht wahr / dir ihn wissen zu lassen / welcher gleichwol /so bald du wegen deines Ungehorsams abgetahn bist /den gebührlichen Brautschaz / und nach meinem Tode die helffte aller meiner Güter heben sol; diese nun /gib acht / ist eben der / welcher gestern und heut deiner ehren verfechter gewesen / Herr Ladisla; trat hiemit nach der Wand nam ein Schwert in die Hand /und stellete sich / als wolte er ohn Wortsprechen ihr das Häupt herunter schlagen. Das Fräulein / ihres Vaters letzten Worte hörend / fiel vor freuden in Ohmacht / und lag gestrekt auff ihrem Angesicht. Der Sohn trat zwischen den Vater und die Schwester / und sagete: Herr Vater / ist euch mit meiner Schwester Blute dann so wol gedienet / wann es durch eure selbst eigene Hand auff die Erde geschüttet wird / so vermischet das meine mit dem ihren / ob eure Vergnügung hiedurch könte vermehret werden; dann ich verschwöre dessen Vaters lebendiger Sohn länger zu seyn / der eine so gehorsame Tochter tödten wil / und mir viel ungehorsamern das Leben lässet; ists aber möglich / daß meine kindliche Bitte mag angenommen werden / so verzethet doch mir und ihr diesen fehler / dessen ursach ich die blosse Unwissenheit halte / weil ich nicht zweifele / sie werde nunmehr sich dem schuldigen Gehorsam nit entbrechen. Der Vater legte das Schwert von sich / und sagete: So merke ich wol / daß du umb ihre Heimligkeit mit weissest / und hast mir solches verschweigen können? Herr Vater / antwortete er; ich beruffe mich auch die Götter / daß ich ausser ungewisser Muhtmassung nicht das allergeringste habe / wie vielleicht mein Herr Vater auch nicht / daher ich wol entschuldiget seyn werde. Das Fräulein lag noch in tieffer Ohmacht / aber ihr Bruder rüttelte sie / daß sie wieder Lufft bekam / richtete sich gemehlich auff / und stritte Schahm und freude dergestalt in ihrem Herzen / daß ihr Wiz und Vernunfft / ja alle Gedanken stehen blieben; endlich / da der Bruder sie der Dankbarkeit erinnerte / fiel sie dem Vater mit unzåhligen Küssen und Trähnen umb den Halß / und fing also an: O mein herzgeliebter Herr und Vater / jezt komme ich zur Erkäntniß / wie hoch ich mich versündiget / indem ohn euer Vorwissen ich mir einen zum Bräutigam belieben lassen; ich schwöre aber bey den himlischen Göttern / daß weder Vermässenheit noch leichtfertige Bewägungen / sondern bloß die vermeynte Schuld der Dankbarkeit mich darzu verleitet hat / und zwar zu keiner weiteren Verheissung / als biß auff das väterliche bewilligen; auff welche Verwegerung zwar Herrn Ladisla zu meiden / aber auch keinen andern ni ermehr auzunehmen / ich mich bey der Götter Ungnade verlobet habe; Dieses ist meine begangene Sünde /die hernähst mit allem kindlichen Gehorsam zu ersetzen / mich befleissigen wil. Ich könte zwar Herrn [97] Ladislaen überauß hefftiges anhalten / und meine Unwissenheit / schon verlobet zu seyn / zu meiner Entschuldigung anführen / wann ich mich nicht ganz gerne vor allerdinge schuldig angeben wolte. Ich verzeihe dir dein Verbrechen / sagte der Vater / und bekräfftige dein Versprechen / doch daß du zuvor hingehest / und dich bey H. Ladisla selbst seines eigentlichẽ Standes und Wesens erkündigest / damit ich wisse / wovor ich ihn halten sol / und ob er vor der Heyraht Käyserlicher Gnade bedürffe; aber mit dieser ernstlichen Verwarung / daß wo du ihm auch nur den allergeringsten Wink dieser meiner Einwilligung geben wirst / ehe ich dichs heisse / du bey mir verfluchet / und von aller meiner Hulde verbannet seyn sollest; wil auch alles wiederruffen / uñ dich als eine mutwillige ungehorsame zu straffen wissen. Das Fräulein lobete beständig an / alles nach seinem Willen zu verrichten / ließ Ladisla von der Gesellschafft fodern / unter dem schein / als wolte der Vater selbst ihn sprechen; Als er nun kam / und sie mit ihm gar allein wahr / sagte sie zu ihm: Mein Herr und wahrer Freund / mir zweifelt nicht / seine mir hochbeteurete Liebe stehe auf unwankelbahren füssen / und habe er das vertrauen zu mir / ob ich eine verborgene frage /aus höchstzwingender noht an ihn würde abgehen lassen / die ihm (welches ich äidlich angelobe) nit sol schädlich seyn / er werde solches von mir nicht ungleich auffnehmen. Er durch Liebe bezwungen willigte ihr alles ein; Und fuhr sie weiter also fort: So ist nun meine herzliche Bitte / mir in Vertrauen zu sagen / wer / und auß was Landschaft er eigentlich entsprossen sey; sonst ist unmöglich / daß ich euer Liebe trauen / oder auff geschehene Zusage mich verlassen kan. Nun hatte er mit Herkules schon abgeredet wie weit er sich herauß lassen solte; wunderte sich aber nicht wenig des ernstlichen nachforschens / und gab zur Antwort: Sie wüste ja / daß sie sein Herz und Seele in ihrer Gewalt zu ihrem Willen hätte / deßwegen wolte er ihr / als seiner Vertraueten diese Heimligkeit gerne offenbahren / wie auch zum teil schon geschehen / dafern sie nur solches verschwiegen halten könte. Was zweifelt mein Schaz an meiner träue / sagte sie / meinet er / ich werde ursach seiner Ungelegenheit seyn wollen? doch nehme ich dieses auß / wann mein Herr Vater von euch dereins wegen meiner Heyraht besprechẽ werden solte / meynet er alsdann / demselben dieses zu verbergen / und gleichwol seinen Willen zuerhalten? Nein / sagte er / auff solchen fall werde ich mich ihm eben so kund geben / wie ich anjezt meinem höchstgeliebeten Fräulein in reiner Warheit zu wissen tuhe / daß mein Herr Vater vor neun Monat ohngefehr / todes verblichen / der ein herschender König in Böhmen wahr / uñ hat durch diesen seinen Todes fall mir seinem einigen Sohn das ganze Reich verlassen / welches ich meiner Fr. Mutter / Herkules Vaters Schwester biß auff meine Wiederkunfft zu geträuen Händen befohlen; Ja mein Schaz / ich habe unter dem Nahmen Winnibald in Römischen Käyserl. Diensten mich in die anderthalb Jahr zu Felde gegen die Pannonier gebrauchen lassen / und durch Niederlegung eines Pannonischen Kämpfers verdienet / daß man mir das Römische BürgerRecht angebohten. Sonst habe ich eine einzige Schwester von ohngefehr XV Jahren / mit welcher mein Schaz dereins Schwesterliche Liebe wol wird halten können. Das Fräulein bedankete sich herzlich / und zum Zeichen ihrer Vergnügung küssete sie ihn etliche mahl / dessen er sich in hoher Belüstigung verwunderte / massen sie noch nie in der Einsamkeit sich gegen ihn dergestalt bezeiget hatte. Nachgehends fragete sie / wie es mit seiner Wunde beschaffen währe; und da sie [98] vernam / daß er selbst köstliche Salbe mit von Rom gebracht / uñ sie damit verbunden / auch keine Schmerzen noch einige Hinderniß daher empfünde / baht sie umb Verzeihung ihres nöhtigen Abscheidens / und brachte ihrem Vater die Antwort; welcher zu ihr sagte: Nun den Göttern sey Dank / daß du dergestalt versorget bist / wiewol ich lieber sehen möchte / daß er eines Königes Bruder / als ein herschender König währe. Befahl hierauff /daß Mutter / Sohn und Tochter auff ein Gemach gehen / und was sie auch vernehmen würden / von dannen nit weichen solten / biß er sie würde fodern lassen; dem sie auch gehorsamlich nachkahmẽ. Er verfügete sich darauf nach einem andern / von diesem weit abgelegenẽ Zi er / in welchem nichts als die vier Wände / und oben in der Höhe / kleine vergitterte Fenster zu sehen wahren. Auff dieses lies er Ladisla zu sich fodern / welcher willig erschien / fand den Stathalter in tieffen Gedanken gehen / und in der Hand zwey grosse Schreiben halten mit dem Käyserlichen Pitschafft. Auff seine Befragung / was der Herr Stathalter so tieff nachsinnete / bekam er zur Antwort: Es währen ihm von seinem allergnådigsten Käyser Alexander / etliche Schreiben / unterschiedliches Inhalts zukommen / welches er teils gerne / teils mit höchster Wiederwertigkeit verrichtete / weil er fürchtete / es möchte grosse Unruhe verursachen. O mein Herr / taht er hinzu / es ist höchlich zubeklagen / daß mein allergnädigster Käyser nicht nach seinem Willen schaffen darff / sondern offtmahl sich von andern gezwungen muß beherschen und nötigen lassen. Er hatte diese Worte kaum geredet / da erhub sich ein grosses Getümmel auff der Gassen / und im Plaze des Hoffes / auch zugleich ein Geschrey; es hielten sich Römische Feinde in der Stat auff / welche gegriffen / und nach Rom zu gebührlicher Straffe solten hingeführet werden. Sie höreten dieses eigendlich / aber der Stathalter nam sich dessen gar nicht an / sondern baht Ladisla umb verzeihung wegen eines geringen Abtrittes /daß er vernehmen möchte / auß was Ursachen sie bey ihrem Vorhaben so unbendig schriehen; ging hiemit von ihm / und zog die eiserne Thür nach sich zu. Nun hörete Ladisla das Geruffe sich stets vermehren / auch endlich einen mit harter Stimme sagen; suchet fleissig ihr redlichen Soldaten / daß wir den andern Schelmen und verrähterischen Bösewicht auch sahen mögen; der eine ist schon auff dem Bette in seiner ertichteten Krankheit ergriffen / und sol sein Geselle allhie vor einer Viertelstunde auch gesehen seyn / daher er ohn zweiffel dieses Orts sich muß verborgen halten. Hierüber erschrak er so hefftig / daß ihm das Geblüt zum Herzen lieff: Römische Feinde? sagte er bey sich selbst; Römische Feinde? und derselben zween? vielleicht bin ich und Herkules verrahten / daß man uns wegen der Verstellung vor Feinde oder Kundschaffter hält; ja vielleicht ist mein Herkules wol schon gefangen. Lieff hiemit zur Thür / zu sehen / wie es seinem Freunde ginge; aber er fand dieselbe so fest versperret / daß ihm unmöglich wahr / sie zu öffnen. Jezt gedachte er / der Stathalter hätte ihn in diese Gefängnis gelocket / daß er ihn den Außspehern lieffern möchte /und fiel ihm ein / wie beschweret er sich befunden /dem Käyserl. Befehl nachzukommen. Bald hörete er einen zum andern mahl ruffen; und dauchte ihn des Stathalters Stimme seyn; man solte nur fleissig suchen / alsdann würde sich der Verrähter schon finden / weil sein Geselle selbst Anzeige getahn / daß er noch auff dem Hofe seyn müste. Hierauff schlug er allen Zweifel auß / und machete ihm die unfehlbare Rechnung /er und kein ander würde gesuchet; und wie er etwas jachzornig [99] wahr / lieff er voll Galle / und fieng an sein Unglük zu verfluchen; durffte auch die Gedanken fassen / ob jhm etwa durch Fräulein Sophien nachgestellet würde / und sie zu seinem Unglük mit listigen Worten seinen Zustand außgeforschet hätte. O ich Unglükseliger sagte er / nun muß ich entwender mein Leben verlieren / oder den Römern mein Königreich zinßbar machen / wo nicht gar in die Hände liefern; doch wil ich lieber sterben / als mein liebes Vaterland verrahten / oder dessen Freyheit übergeben. Aber rühme dich nun / Ladisla / du habest zu Padua Heyraht gesucht / und dein Leben drüber zugesetzet. O Fräulein Sophia / ist dieses die Liebe und Träue / welche ihr mir versprochen? Ist diß der Lohn / daß ich euret wegen mein Leben so liderlich geschätzet / und zu euer Rettung gewaget? doch ergehe mirs nach der Götter Schluß; Dieselben erhalten nur meinen lieben Herkules / der wird mich schon rächen / und nicht unterlassen / mein Reich zu schützen / auch wann er seines wieder erlanget hat / den Römern ein solches Blutbad anrichten / daß mein Tod ihnen teur stehen sol / wo sie nicht gar drüber zu grunde gehen müssen. Nun dann mein Herkules / so bewahre dich dein GOTT / und lasse diß Ungewitter über mich allein ergehen. Aber was rede ich? habe ich doch mit meinen Ohren angehöret daß man dich gefangen / und wie sie meynen / in ertichteter Krankheit angetroffen hat. O was gedenkestu / wo ich stecken möge? daß ich dich in deiner äussersten Noht verlasse? und wie wird dein unüberwindliches Herz diese Schmach immermehr erdulden können? daß du von den Schergen dich must schleppen und stossen lassen. Ich fürchte / ja ich fürchte / deine Großfürstliche Seele habe den allerädlesten Leib schon verlassen / und solches vor grossem Unmuht. Nun mein Herkules / Geduld / Geduld! bistu dahin / so wil ich dir bald folgen / es sey dann / daß ich mein Leben / dich zu rächen fristen könne; alsdann wil ich diese Stadt schleiffen / und ein Erbfeind des Römischen Nahmens leben und sterben; ja ich wil alle meine Nachbarn umb mich her / samt den Nordischen Reichen auffwiegeln / und ganz Italien als eine fluht überschwemmen / biß dein unschazbares Blut durch ganze Blutströme gerochẽ sey. Es rief aber zum dritten mahle einer im Platze / an der Stimme Herrn Kornelius nicht ungleich: Habt ihr dann den Bösewicht noch nie ertappet? Er liegt ohn zweifel dieses Orts verborgen; so bemühet euch nun / daß wir sein mächtig werden / alsdann sol es jhm ergehen gleich wie seinem schelmichten Gesellen. Ey sagte er hierauff; so gnade dir dein Gott / liebe Seele / du unvergleichlicher Held in Verstand und Tugend; aber pfui mich / daß ich mein Schwert von der seite gegürtet habe; könte dann dieser Buben ich mich nicht länger erwehren / so hätte ich ja zum wenigsten / damit ich mich selbst entleiben / und dieser Schmach entgehen könte / daß ich dir / O mein geträuester Freund und Bruder im Tode Geselschafft leistete / weil das feindselige Glük uns diese Lufft länger nicht gönnen wil. Aber O ihr unsinnigen Römer / ist das euer hochberůhmter Verstand / daß jhr dieselben alsbald wegen ihres Herkommens vor Feinde haltet / die euch nie kein Leid getahn / sondern alles gutes gewünschet haben? Hier hörete er endlich die Trommete blasen /und alles Volk verlauffen / welches jhn wunder nahm.

Nun wahr der Stathalter allemahl haussen vor der Tühr stehen blieben / und hatte [100] seine Reden venommen / wornach ihn nur einig verlangete; als er aber hörete / daß er mit wütigen Gedanken umbging / und der Verzweifelung nicht ferne wahr / fiel ihm ein / er möchte in Mangel des Schwerts etwa mit dem Kopffe wider die eiserne Tühr lauffen / oder das Brodmesser hervor suchen / sich zuentleiben; öfnete deßwegen die Tühr gar sanftmühtig / nam sich durchauß keines dinges an / sondern trat mit gewöhnlichen Geberden zu jhm hinein / und sagte: Verzeihet mir. Ladisla aber fiel ihm alsbald in die Rede / sahe ihn mit überauß greßlichen Augen an / und sagte: Was verzeihen; saget mir Herr Stathalter / wie es meinem Bruder Herkules gehe / und gedenket nicht / daß ich seinen Schimpf lebendig werde ungerochen lassen. Ey wie so mein Herr / anwortete er gar sanfftmühtig; es gehet ja dem frommen Helden nicht anders als wol / ohn was die empfangene Wunde betrifft. Was vor Wunde / fragete er; wer hat dañ das unschuldige Herz verwundet? Mein Herr begreiffe sich / antwortete der Stathalter /es ist ja Herr Herkules wegen gestriger Wunde etwas schwach. Wie? sagte dieser; träumet mir dann / oder ist mir das Gehirn verrükt? Ich meyne ja nicht anders / es haben sich etliche hören lassen / wie sie ihn auff dem Bette in ertichteter Krankheit ergriffen. Da begunte nun der Stathalter sich überauß leidig anzustellen / und antwortete: O mein lieber Herr und Freund /es ist mir sehr leid / dz durch die unvorsichtige Tühr versperrung ich ihm so ungenehme Gedanken erwecket habe. Aber dieser stund annoch im zweifel / lieff nach der Tühr / und kuckete hinauß / ob einige Verrähterey verhanden währe; und wie stille er gleich alles sahe / lag ihm doch die Einbildung so stark im Gehirn / daß er sagete: Mein Herr / wie unschuldig ich mich gleich aller Untaht weiß / kan ich mich doch nicht wol bereden / daß ich weit irre / es werde mir dann angezeiget was vor ein Getümmel unten im Hofe gewesen / und was vor verstekte man gesuchet. O mein werter Herr / antwortete er / ists wol möglich /daß er daher einige widrige Gedanken schöpffen mögen? so muß ich mich selbst anklagen / daß durch meine Unvorsichtigkeit er darzu veranlasset ist. Er weiß / daß ich zweyer Käyserl. Schreiben gedacht /deren wichtigstes eine ungewöhnliche durchgehende Schatzung fodert / welche / wie ich fürchte / grosse Unruhe verursachen wird. Das andere betrifft das jezt ergangene / und werde ich befehlichet / fleissige Nachsuchung auff dem Lande und in den Städten zu tuhn / ob nicht etliche Auffrührer von der Besatzung zu Rom / welche außgerissen / sich hieherumb auffhalten möchten / auff dieselben solte ich ein gewisses Geld schlagen / und wann sie ergriffen würden / lebendig gen Rom liefern lassen. Als solches durch den Schreiher kund worden / hat man alsbald einen Feldwebel und Fähndrich außgespüret / die zwar angepacket / aber bald wieder außgerissen / und sich auff meinem Hofe verstecket hatten / find doch / einer im Pferdestalle auff meines Reit Knechts Bette / der ander gleich hierunter im Waschhause wieder ergiffen worden.

Ladisla erhohlete sich hierauff / stund als währe er vom Schlaffe erwachet / und wolte das Mißtrauen noch nicht allerdinge weichen / sondern hielt an / dz ihm möchte vergönnet seyn / nach seinem lieben Herkules zu gehen. Je warum nicht / sagte der Stathalter /nur allein bitte ich / mein Herr wolle ihm ja nichts widriges von mir einbilden / oder meine Träue in Zweifel zihen. Davor behüten mich die Götter / antwortete er / dz solche Gedankẽ [101] meinen Siñ einnehmen solten; aber ich bin die zeit meines Lebens in so grosser Angst nicht gewesen / als diese halbe Stunde / und ist mein bestes / daß ich kein Schwert bey mir gehabt / ich hätte sonst vielleicht / Schimpf zu meiden / mir das Leben abgekůrzet / da ich ruffen hörete / der eine währe schon gefangen / und nach Verdienst zugerichtet / und hielte sich der ander auch dieses Orts auff. Ob nun wol ich mir durchauß nichts böses bewust bin / dessen ich meinem eigenen Gewissen Zeugniß abfodere / ist doch die Verrähterey und Hinterlist so groß /daß man der Welt nicht trauen darff; und machte ich mir die Gedanken / ob nicht etwa Fulvius Freunde solchen Lerm erwecketen / und durch unbillige Rache mein Verderbe sucheten; welches unter falschem scheine / daß ich ein fremder bin / sie leicht hätten zu werk richten mögen. Als der Stathalter dieses hörete /ließ er sein betrübtes Angesicht sehen / uñ sagte: Es möchte eine blosse Unvorsichtigkeit niemahls so grossen schrecken erwecket haben / als aniezt leider geschehen währe / welchen aber durch ein angenehmers zuersetzen er ihm wolte lassen angelegen seyn. Führete ihn auch mit sich über den Plaz nach einem köstlichen Gemachẽ / da ihm Herkules Leibknabe begegnete / und von demselben seiner übrigen Sorge gänzlich entlediget ward.

Inzwischen hatte die Mutter ihre Tochter als eine Fürstl. Braut außgeputzet / da sie wie ein gemahletes Bildichen glänzete. Ihr langes gelbes Haar hing ihr auff dem Rücken nieder; oben auff dem Häupte hatte sie einen grünen Kranz mit schönen Blumen und köstlichen Kleinoten durchsetzet; jhr Oberkleid wahr ein schneweisses Silberstük / mit eingewirketen Blumen; der Unterrok ein Tyrischer Purpur mit einer Perlenschweiff / und forne herab mit vierdoppelter Reihen Demanten verbremet; aber dz scheinbahreste an ihr wahren die verliebeten Aügelein / welche die übermachte herzens Freude dañoch so völlig nit entwerffen kunten / wie sehr auch die lebhaffte Farbe des nach wunsch gebildeten zarten Angesichts sich bemühete / ihnen die hülffliche Hand zu bieten. In beyden Ohren hatte sie zwo Perlen hangen als eine grosse Haselnus / die auff 6000 Kronen geschätzet wurden. Ihr Halßketchen wahr von eingefasseten Demanten fünffdoppelt umb den Halß / und hing zu unterst dran recht zwischen ihren Brüsten ein Kleinot in Gestalt des kleinen Liebegottes / grosses werds. Auff dem Daumen trug sie einen grossen güldenen Ring mit einem Demant / der seiner grösse und reinigkeit wegen hoch geschätzet wahr / mit welchem sie ihrem liebsten solte vermählet werden. Der Stathalter wahr kaum mit Ladisla auff das zierliche Gemach getreten /da kam ein kleines Mägdelein / und zeigete an / man wartete auff nichts / als auff seinen Befehl; da er alsbald Ladisla also anredete: Mein hochgeliebter Herr und Freund; billig müste ich von den Göttern gehasset / und von allen redlichen Menschen geschändet werden / wann ich unbemühet bliebe / etwa eine Gelegenheit zu ergreiffen / wodurch die treflichen Dienste / unter Lebensgefahr mir und den meinen erzeiget / in etwas erkennet würden. Nun weiß ich schon vorhin wol / daß mein Geld und Gut / ob ich dessen gleich /den Göttern sey Dank / zur zeitlichen Notturfft übrig habe / der Gültigkeit eurer Woltahten die Wage nicht halten kan; ja von meinen Herren uñ Freunden nicht eins wil angenommen werden / wie insonderheit sein Freund Herr Herkules sich dessen am meisten wegert; so habe ich doch unter andern ein mir sehr beliebtes /bißher wol verwahrtes / und meinem bedünken nach /zimlichen werdes Kleinot / welches ich vielleicht [102] aus sonderlicher Neigung höher als ein ander schätzen mag; Dieses meinem Herrn / als der insonderheit sich meiner Tochter angenommen / einzuliefern / habe ich mir gänzlich vorgesetzet der Hoffnung gelebend / er werde mir solches nicht / wie das gestrige / verächtlich außschlagen / sondern von meiner Hand unwegerlich annehmen. Ladisla antwortete ihm: Mein hochwerter Herr; ich bitte sehr / meine geringschätzigen Dienste nicht so gar über ihre Wirdigkeit zu erheben / als die gestriges Tages mit wenigen Schwertschlägen verrichtet sind / und mein Freund Herkules mehr als ich dabey geleistet hat. Wie solte dann mit gutem Gewissen / uñ Verletzung meines Ritterstandes ich davor so hohe Belohnung annehmen / und ein so liebes hochwertes Kleinot ihm abhändig machen können? gnug ist mirs / und über gnug / daß ich die Ehre gehabt / den unschuldigen hochbetrübten Fräulein in ihrer gefahr beyzuspringen / als durch welches mittel ich in meines Herrn kundschaft gerahten bin. Dafern nun mein Herr einigen guten willen zu mir tråget /bitte ich von herzẽ / mich mit weiterer nöhtigung / das Kleinot anzunehmen / günstig zuverschonen. Nun mein Herr / sagte der Stathalter / so schlaget ihr mir auch dieses mein Erbieten vor der Faust rein abe? wol dañ / so muß ich gleichwol versuchen / ob meiner Tochter hände geschikter uñ glükseliger sind / euch solches beyzubringen. Ladisla wolte nochmahls umb verzeihung seines wegerns anhalten; aber das Fräulein trat gleich zur Tühr hinein / welche diesen Weg mit so erschrockenem Herzen ging / als solte sie einem ganz unbekanten zugeführet werden / daß sie schier nicht wuste / ob sie gehen oder verzihen solte; endlich straffete sie sich selbst / daß sie Ursach der Verzögerung ihrer Vergnügung währe / machte sich mit geraden Füssen fort / und trat nach ihres Vaters Anordnung ein kleines Mägdlein mit einem kleinen vergüldeten Schrein hinter ihr her. Es schwebeten aber so viel und mannicherley Gedanken in ihrem Gehirn umbher / daß sie als eine trunckene wankete / und mit dem Fusse / da sie ins Gemach trat / wieder die Unterschwelle sties / daß der Kranz auff ihrem Häupte loß ward / und sie denselben herunter nehmen / und in der Hand tragen muste. Ihr Vater aber stellete das kleine Mägdlein ihr an die Seite / und redete sie also an: Geliebtes Kind; die Vergeltung / so ich Herren Ladisla heut / wie du weist / vor seine hohe Dienste zugedacht habe / kan ich ihn nicht bereden / daß ers annehme /wie fleissig ich auch bey ihm anhalte / und mich dessen doch nicht würde unterstanden haben / wann du mich nicht viel eines andern berichtet hättest. Sie aber ward dieser Rede schamroht / und lächelte / in Meynung / ihr H. Vater wolte sie noch weiter auffzihen /daher sie nichts antwortete. Ladisla wahr sehr betrübet / daß er so hart genöhtiget ward / hätte auch schier Eingewilliget / in Betrachtung / daß er das Geschenke in andere wege mit gleichem Werd ersetzen könte; aber Herkules Widerwille / und der übelstand fiel ihm zu stark ein / daß jhm unmüglich wahr / sich zu erklären / uñ ja so stille als das Fräulein schwieg; die jhn mit höchster Verwunderung ansahe / und nit wuste /wessen sie sich verhalten solte; endlich aber antwortete sie ihrem Vater also: Solte Herrn Ladisla sein stille schweigen oder Verwegerung ungetichtet seyn / als dann würde ich mich in die Welt nicht zuschicken wissen / sondern hätte ursach / mich dessen zubeschweren. Durch diese Hefftigkeit ward Ladisla bewogen in des Stathalters Begehren einzuwilligen; welches derselbe merkend / ihm mit dieser Rede zuvorkam. Nun wolan Herr Ladisla / es haben gewißlich ihrer wenig sich zu rühmen / daß ich ihnen gegenwärtiges mein [103] liebstes Kleinot angebohten; weil er mir aber solches lieber / als ihm selber gönnet / wil ich ihn weiters nicht bemühen / sondern es einem andern vorbehalten / und doch auff andere Mittel bedacht seyn / ihm seine Freundschafft und Dienste zuvergelten; aber dein wundere ich mich / sagte er zu der Tochter / daß du mich viel eines andern berichtet hast. Wem wahr lieber als Ladisla / daß er wieder seinen Willen nichts nehmen solte? er fing an sich zu bedanken / daß er der Anmuhtung mit gutem Willen überhoben währe / heffete auch / sein hochgewogenes Fräulein / welche vielleicht seine Gedanken nicht recht möchte gefasset haben / würde ihm solches zum ärgesten nicht außdeuten / weil er sich einer so teuren Vergeltung unwirdig schätzete / er auch seine Dienste nicht in solchem Vorsatze angewendet hätte; und währe ihm lieb daß dieselbe einem wirdigern vorbehalten würde / er hätte an der blossen Gutwilligkeit und angebohtenen Ehre übrig gnug; jedoch / wann er die Kühnheit brauchen dürffte; wolte er umb die freye Wahl eines Geschenks bitten / da es sonst zugleich mit der Fräulein Willen geschehen könte. Der Stathalter hätte der Antwort gerne gelachet / da er seiner Tochter braungefårbeten Eyfer sahe / der sich bald in eine bleiche verenderte / und sie ihn schon von der Seiten sehr saursichtig anblickete / ihr gänzlich einbildend / Er würde wegen daß ihr Vater sie ihm angebohten / wiedrige Gedanken jhrer Ehren und guten Leumuts geschöpffet / und des Kauffs Reue bekommen haben. Ladisla harrete inzwischen auff des Stathalters Einwilligung wegen seines anmuhtens / welcher zu ihm sagete; Mein Herr / er weiß ja ohn daß /welche Freyheit ich ihm zugestellet / nach seinem Willen zu fodern und zubegehren; daher mir nichts liebers seyn kan / als wañ er sich dessen kühnlich gebrauchen würde; weil ich aber befürchten muß / daß er umb ein so geringes anhalten möchte / welches ohn meine Beschimpffung den nahmen eines Geschenks nicht haben könte / wird er mir verzeihen / daß ich biß auff daß ergangene Anheischen / die Einwilligung auffschiebe. Ich wil nicht hoffen / antwortete er / daß ich meinem Herren zuwieder etwas wählen werde /sondern meine Bitte reichet nur biß an daß köstliche Krånzlein / welches mein Fräulein auff ihrer Hand träget / und ich auff Einwilligung vor eine mehr als überflüssige Belohnung meiner geringfügigen Dienste rechnen würde; trat hiemit zu ihr hin / in hoffnung /den Kranz ohn Wegerung von ihr zu empfangen. Aber er ward heßlich betrogen; massen sie auff seine näherung zu rük trat / und mit verächtlicher Rede sagete: O nein ihr falscher Ladisla / ist es euch so ein geringes / Götter und Menschen zu täuschen und eine Kunst / ein einfältiges Fräulein auffzuzihen / werdet ihr trauen von mir unwirdig geschätzet / die geringste Blume / ich geschweige diesen Kranz zuerhalten. Der arme Ladisla erschrak über ihren unfreundlichen Anblicken und sauerer Rede so hart / daß ihm unmöglich wahr / ein wörtlein vorzubringen / oder einen Fuß aus der Stelle zusetzen endlich fing er an: Nun nun mein Fräulein / hat euer gehorsamster Knecht / welches er doch nicht weiß / sich an euch versündiget / so nehmet / zur bezeugung seiner Unschuld diese letzte entschuldigung von ihm an. Er wolte weiter reden / aber die Zunge versagete dem Willen weitern Gehorsam /und suchte die Ohmacht das übrige zu volstrecken; welches der Stathalter ersehend / ihn bey dem Arme schüttelte / und zu ihm sagte: Nicht also mein geliebter Herr / nicht meiner Tochter Kranz / sondern wer denselben / weil es ihr Brautkranz ist / von ihr begehret / muß sie darzu nehmen; und zwar diese [104] meine liebste einige Tochter ist eben das Kleinot und Geschenk / welches ich ihm zu lieffern willens bin / und er mir solches / ohn zweiffel auß Irtuhm und Unwissenheit außschläget / und nichts mehr als diesen elenden Kranz an ihre Stat fodert. Dieses nun brachte ihm eine so gelinge Verenderung / daß er vor freuden sein selbst vergaß. O mein hochgeneigter Herr und Vater /sagte er; ich verfluche meiner Jugend Tohrheit / in dem ich unbedachtsamer Weyse mich eines dinges wegere / daß mir lieber als meine Seele ist; küssete ihm die Hände aus grosser Liebe / und fuhr also fort; Ich hätte nimmermehr gedacht / daß so grosse Hulde euer Vaterherz eingenommen / die dieses volkommene Frl. mir zur Vergeltung würde folgen lassen; sonsten müste ich schandwirdig seyn / wann ich mich hierzu solte lassen bitten / warumb ich so inständige Ansuchung getahn; Es ist aber meine Vergnügung viel grösser / als daß ich sie mit Worten oder Geberden solte können an den Tag geben / daher mein Herr und Vater keiner andern Danksagung gewärtig seyn wolle / als welche in steter Bereitwilligkeit stehet /dessen Gebohten und Befehlen Tag und Nacht zugehorsamẽ / als lange meine Seele in mir wird rege seyn. Geliebter Herr und Sohn / antwortete er; mein Wort ist gesprochen / weil ich in heimliche Erfahrung /nicht ohn sonderbahre Herzensfreude kommen bin /daß mit dieser Vergeltung ich euch den angenehmsten Willen erzeigen wůrde / wie ihr dessen nicht allein wirdig seyd / sondern ich auch erkennen muß / daß jhr sie gedoppelt mit dem Schwerte gewonnen / jhre Ehre und Leben gerettet / und durch eure herrliche Tugend sie euch verbunden gemacht; daher mirs billich zum höchsten Unglimpf müste außgeleget werden / wann ich sie seinem Willen eine Stunde vorenthielte; Ist demnach mein ganzer Vorsaz / daß sie diesen Abend meinem Herrn Sohn ehelich vertrauet und beygelegt werde / welches die Götter mir zur freude auf meinen Geburstag also schicken; und kan das HochzeitFest nach seinem belieben erstes Tages folgen / so bald Herr Herkules völlig wird genesen seyn. Da ging nun Ladisla verliebte Seele in vollen sprüngen / als er hörete / daß er seiner Liebe den freyen Zaum dürffte schiessen lassen.

Das Fräulein hatte sehr ungleiche Gedanken von ihm geschöpffet / vernam aber nunmehr den Irtuhm /und hermete sich überauß sehr / wegen der außgestossenen Reden / daß sie weder jhren Vater noch Liebsten ansehen durffte. So hatte auch Ladisla das Herz nicht / zu ihr hinzutreten / biß der Vater zu ihm sagete: Ich weiß nicht / Herr Sohn / warumb er anjetzo weniger / als vorhin sich zu meiner Tochter nahet / da sie doch schon seine ist? Worauff er antwortete: Seine Liebe währe zwar im höchsten Gipfel / aber die Glükseligkeit so groß / daß sie von seinen Gedanken nicht könte abgefasset werden. Ey / sagte der Vater / so wil ich durch meinen Abtrit euch Raum geben / eure Gedanken recht zu samlen. Du aber / sagte er zu der Tochter / schicke dich auff eine gebührliche Abbitte /deiner begangenen Grobheit; ging also davon / und ließ H. Kornelius und H. Emilius mit ihren Gemahlen und Töchtern anfodern / auff sein Geburts Tages-Fest in feyerlicher Kleidung zu erscheinen / wie sie darzu schon erbehten währen. Nach seinem Abtrit umbfing Ladisla sein Fräulein gar lieblich / und rühmete sein Glük / daß er nunmehr die Freyheit haben würde /sich an seiner Hochgeliebten zu ergetzen / wiewol er nicht absehen könte / was vor Bewägung den Vater zu so hoher Begünstigung angetrieben håtte. Sie aber fing mit demühtiger Rede an / den begangenen frevel jhr nicht zu verargen / dessen ursach er selbst erkennen würde / erboht [105] boht sich nach diesem zu allem Gehorsam / als viel einem Gemahl zu leisten möglich währe / und sagte hernach: Wir haben den Göttern hoch zu danken / vor ihre uns erzeigete Gnade / aber die jetzige freude ist mir vor einer Stunde dergestalt besalzen / dz ich des schreckens in einem Monat nicht vergessen werde / angesehen ich mich dem Tobe schon ergeben / und den Halß dem Richtschwerte willig dargebohten hatte; erzählete hiemit kürzlich / wie der Vater mit ihr geberdet / und nach Anzeige ihrer Frau Mutter / bloß allein zur straffe / daß sie ohn der Eltern Vorwissen und Bewilligung so kühn gewesen /sich ehelich mit ihm zu versprechen. Ladisla klagete ihr sein übergestandenes auch / welches ohn zweifel jhm auß eben der Ursach begegnet währe / und er doch gerne verschmerzen wolte / ungeachtet er dem Tode sich nie so ängstig als dißmahl ergeben hätte; aber / sagte er / diß sind gar zu traurige Gespräche /und reimen sich nicht zu unser Wollust. Das Fräulein erinnerte ihn / sie würden vor dißmahl nicht lange zeit zum Gespräch haben / sondern er würde sich gefallen lassen / die täglichen Kleider abzulegen / weil ihre Verwanten sich bald zur Vermählung einstellen würden; daher er nach freundlich genommenem Abscheide hin zu Herkules ging / und ihm seinen Zustand zu wissen taht / der ihm Glük und Gottes Segen darzu wünschete. Inzwischen wählete er aus seinen vier Kleidern eines von Silberstük gemacht / daß er dem Fräulein möchte gleich gekleidet seyn; steckete einen langen schneweissen Federbusch auff den Huet / an dem ein Kleinot in Gestalt eines Löuen der ein Schäfflein im Rachen trug / gehefftet wahr. Das Feldzeichen / in welchem er einen leichten vergüldeten Degen trug / wahr purpurfarbe / mit schönen morgenländischen Perlen hin und wieder als mit Trähnen behefftet. Er legte auch eine köstliche Demant Kette umb den Huet / und ein par Armbänder / von gleicher Art umb die Arme; wickelte zwölff stücke der zierlichsten Kleinot in ein schneweisses seidenes Tüchlein / und sendete sie dem Fräulein bey Tullius seinem Leibknaben / welche sie in Gegenwart ihrer Eltern empfing / und sich sämptlich verwunderten / daß ein umbschweiffender Ritter solche sachen bey sich führete. Bald darauff stelleten sich die erbehtenen Anverwanten ein / denen es fremde wahr / daß in ihren besten Kleidern zu erscheinen sie ersuchet wahren.

Der junge Fabius baht seine Schwester / daß sie mit Frl. Ursulen auff ein Nebengemach gehen möchte / woselbst er mit ihr absonderlich zu reden hätte; Wie er dann folgender gestalt sich daselbst herauß ließ: Herzliebe Schwester / wie heffrig mir deine heutige Angst zu Herzen gangen / so hoch erfreue ich mich deines jetzigen Glückes / worauß ich dieses zur Lehre fasse / daß die Götter uns Menschen wunderselten eine Vergnügung gönnen / bevor sie uns den bittern Leidensbecher zu trincken geben; wünsche dir aber Glük und den himlischen Segen zu deiner instehenden Heyraht / und kan nicht umb hin / dir meine bißher verschwiegene Heimligkeit zu entdecken / wie ich nunmehr in die zwey Jahr mit meinem herzgeliebten Fräulein gegenwärtig / in vertraulicher Liebe gelebet /so daß wir nicht als durch den Tod mögen gescheiden werden; Wann du nun bey unsern Eltern durch deine Vorbitte erhalten köntest / daß unser Beylager zugleich mit deinem fortginge müsten wir dir deßwegen höchlich verpflichtet seyn. Frl. Sophia sahe ihre Wasen an uñ lächelte; welche Fabius Reden gerne geleugnet hätte; weil sie aber keine Zeit zum langen Gespräch übrig hatten / bekam der Bruder die Verheissung von der Schwester / sie wolte sein Beylager [106] ihr eben so hoch als ihr eigenes lassen angelegen seyn /hoffete auch / durch Ladisla Vorbitte wol durchzudringen. Sie verfügeten sich also wieder nach dem Saal / gleich wie der Bräutigam durch eine andere Tühr hinein trat / und der Stathalter jhn nach freundlichem empfahen dem Fräulein zuführete; welches die anwesende nicht wenig befremdete / aber durch des Stathalters Vorbringen bald unterrichtet wurden / welcher also anfing: Geliebte Herren und Freunde; da sehet ihr den vortreflichen Ritter und Herrn / Herrn Ladisla / dem zwar viel ein höher EhrenNahme zustehet / welchen ich doch / weil es ihm also gefället /gerne ungemeldet lasse. Dieser Herr / was massen er meiner liebsten einigen Tochter Ehr und Leben gestern und heut geschützet / ist niemand unter euch unwissend. Als ich nun gemerket / daß eine brünstige wiewol zůchtige Liebesfla e sich zwischen ihnen angezündet / daß sie lieber allein / als in anderer Gegenwart mit einander schwatzen wollen / und aber in meiner Jugend an mir selbst und meiner Pompejen erfahren / daß wann die Vogel beginnen zu nisten / sie sich schon vergesellet haben / und auff weiteres gedenken /so habe ich das rahtsamste zu seyn gemeynet / jhnen den Zweg umb so viel näher zu stecken / damit allerhand Ungelegenheit und Verdacht möge abgewendet werden; bin demnach entschlossen / ihnen diesen Abend das Beylager zu machen / damit nicht morgen ein ander ko e / der / wie heut geschehen / meiner Tochter halben des Lebens ohn werde / oder es einem andern nehme. Was diesen Ritter und Herren betrifft /dafern ich nicht wüste / ihn meiner Tochter gnug wirdig zu seyn / hätte ich ein so wichtiges Werck in langwieriges Bedenken gezogen / ohngeachtet er meine Tochter ihm selbst erstritten hat; Wollen demnach meine Herren und Freunde dieser Schleunigkeit sich nicht verwundern / oder einige ungleiche Gedanken darauß schöpffen / nachdem ich sie bey meinen Ehren versichern kan / daß der H. Bräutigam und die Braut dieses mein Vorhaben kaum vor anderthalb Stunden selbst erfahren. Die Anwesende gaben ihm recht / nur daß H / Kornelius / der ihm am nähesten stund / ihm heimlich ins Ohr raunete; Er wünschete von herzen Glük und Heil zu der Heyraht / hätte daran durchauß nichts zu tadeln / wann es nur von andern im besten auffgenommen würde / daß man so geschwinde verführe / und gleichwol fein stünde / daß man Herrn Ladisla ehe vor einen Freyer als Bräutigam erkennete. Aber der Stathalter gab zur Antwort: Es hinderten ihn böser Leute Mäuler nicht / die viel zu geringe währen / seinen heiligen Vorsaz wanken zu machen. Indessen fing Ladisla also an: Hochmögender Herr und Vater /auch Gn. Fr. Mutter / und sämtliche werte Herren /Frauen / Fräulein und Freunde: Das eigenwillige Glük / welches mir / ungeachtet meiner Jugend / manniche Tük erwiesen / hat sich heut so überflüssig günstig erzeigt / dz ich alles vorige hiedurch tausendfach ersetzet halte / indem es meinen Herrn Vater beredet / das Durchleuchtige mit allen jungfräulichen Gaben und Tugenden außgezierte Fräulein / seine herzvielgeliebte Frl. Tochter mir nicht allein zu versprechen / sondern alsbald darauff an die eheliche Hand zu geben. Wie ich nun hiedurch den inniglichen Wunsch meiner Seele erhalten / also befinde ich mich schuldig / vor erst meinem Herr Vater und Fr. Mutter / Dank und kindlichen Gehorsam / meiner herzgeliebten Frl. Braut eheliche Träue und Ergebenheit; und der gesamten hochansehnlichen Freundschafft / gebührliche Ehre zu leisten. Weil aber solches in einem oder wenig Tagen von mir gebührlich nicht verrichtet werden kan / bitte ich sehr / mir die Zeit zu gönnen / [107] welche mein Gemüht allerwerts erzeigen / und mich ihren nicht allerdinge unwirdigẽ Sohn / Ehegemahl /Schwager und Freund erweisen könne. Der Stathalter antwortete: Geehrter Herr und Sohn / es ist sein Gemüht und Wille uns durch eine solche Taht erzeiget und kund getahn / daß man an dem künfftigen durchauß nicht zuzweifeln hat. Wir an unser seite erklären uns hinwieder zu aller Elterlichen und Schwägerlichen Freundschaft und Liebediensten / hoffen daneben / mein geliebtes Kind werde von uns dergestalt aufferzogen und unterrichtet seyn / daß sie jhren Herrn und Ehegemahl wird gebührlich zu ehren und lieben wissen / worzu sie nochmahls in Gegenwart dieser Gesellschafft von mir väterlich ermahnet wird. Hierauff befahl er / den Römischen Vermählungsgebräuchen den Anfang zu machen. Aber die Braut trat hin zu ihrem Vater / vorgebend / ehe alles vorginge /hätte sie mit ihren lieben Eltern ingeheim zu reden /wobey sie Herrn Ladisla / auch H. Kornelius und dessen Ehegemahl als Zeugen erbähte; und als ihr solches eingewilliget ward / gingen sie in das näheste Gemach / da sie also anfing: Herzgeliebete Eltern; es müste mir sehr leid seyn / daß nach meiner Verheyrahtung / mein allerliebster und einiger Bruder noch ferner im ledigen Stande leben / und meiner Eltern Hoffnung / wegen der nachkommenden Fabier / weiter außsetzen solte; möchte demnach von herzen wünschen / dz meine Eltern seine Heyraht gleich diesen Abend mit fortsetzen wolten / weil ich in gewisse Erfahrung kommen bin / daß er vor zweyen Jahren sich mit einem ehrlichen / schönen und seines Standes gemässen Fräulein verbunden / auch vielleicht mit derselben schon weiter eingetreten ist / als daß sie k \ñen getrennet werden / daher dann auß fernerer Auffschiebung ihres öffentlichen Beylagers nichts als Ungelegenheit erfolgen möchte. Der Vater gab ihr zur Antwort: Ich merke wol / nun dir geholffen ist / wiltu deinem Bruder wieder helffen; Du solt aber gemach tuhn / und nicht alles nach deinem Willen und Gefallen ordnen; oder meynestu etwa / es würden auff zwo unterschiedliche Hochzeiten gar zu viel Kosten gehen / und wilt demnach mit einem Feur zwo Stuben hitzen? nim du vor dißmahl dein glük vorlieb / und laß dir genügen; ich werde Zeit nehmen / mich hierauff zu bedenken. Ach Herzen H. Vater / sagte sie / euer Verstand fodert so lange Bedenkzeit nicht / welches an dieser meiner Heyraht gnug erscheinet; die andere Entschuldigung ist nur zum Scherze vorgebracht. Kehrete sich hernach zu H. Kornelius und dessen Gemahl / sie höchlich bittend / ihr bey ihren Eltern zu hülffe zu kommen / daß ihrem Bruder gerahten würde / welches sie neben ihn zu verschulden / stets wolte geflissen seyn; Sie hätte zwar ihren Herrn und Bräutigam mit herzu gebehten / aber dessen Unterhandlung wolte sie zum lezten Stichblade behalten / wann ihres Herrn Vettern Vorbitte nicht würde zureichen können / welches sie doch nicht meynen wolte; Daß sie aber ihr Vorsprach Amt desto kühner auff sich nehmen könten / wolte sie ihren Glauben verpfänden / dz eines des andern wert währe. H. Kornelius gab ihr zur Antwort: Herzliebe Frl. Wase und Tochter / ich bitte /mich mit dieser anmuhtung zu verschonen / daß ich heimliche Verlöbnissen / so hinter den Eltern her geschehen / billichen / ja befodern solte; Ich habe nie dergleichen Winkelheyrahten gut geheissen / bin auch noch nicht willens / mich dabey gebrauchen zu lassen. Zwar euer H. Bruder ist ein Ritter und KriegsBeampter / der seine mänliche Jahr erreichet / und mit gutem fuge solche Ehrensachen vornehmen / auch seiner Eltern Meynung darüber hören kan; aber dem[108] Fräulein halte ich sehr vor übel / daß dieselbe sich von ihm bereden lassen / und nicht zuvor Nachforschung getahn / ob seine Eltern auch einwilligen würden; Und da auch ihre Eltern oder Anverwandten keine Wissenschafft drum haben / währe sie andern zum Beyspiel harter Straffe wirdig / daß sie eurem Bruder / wie eure Reden fast gehen / sich so leicht gegöñet hat. Mein Herr Vetter / antwortete sie; das Alter hat leider diesen gebrechen an sich / daß es der Jugend Tohrheit nit erkennen kan / welcher in den frischen Jahren / alle jetzige graue Håupter sind unterworffen gewesen / und nach ihrer festgegründeten Weißheit / die der Jugend doch nicht beywohnet / alle Menschen wollen gerichtet haben. Mein Herr und Vetter rede doch / bitte ich / von meinem Bruder / und seinem ganz geheimen Fräulein / wie ihr euch dazumahl wünschetet / da ihr meine hochgeliebte Wase Fr. Fausten zum ersten mahle mit Liebes-Augen anblicketet; alsdann werdet ihr diesen verliebten beyden /viel eine billichere Urtel sprechen; Wegert ihr euch aber ferner / so wil ich meinen Liebsten bitten / daß er solches an euch begehre / dem ihr / in betrachtung seiner geleisteten Dienste / es nicht werdet abschlagen köñen. Frl. Wase / sagte er hierauf; Ihr dürfftet auf solche weise alles leicht erhalten / was euch gelüstet /und uns zu leisten möglich währe; aber ist eures H. Vaters Sinn dadurch schon erstritten? doch wil ich euch endlich zu willen seyn; fing damit an / dem Stathalter zu gemühte zuführen / was vor Unraht aus verzögerung dieser Heyraht entstehen könte / die allem ansehen nach schwerlich würde zu hintertreiben seyn /in Betrachtung / daß sein Sohn schon in Römischen Diensten währe / und seines willens geleben könte /ob gleich die Eltern Hinderung machen wolten / insonderheit / weil seine Tochter diesen Grund setzete /daß er ein Standes-mässiges Fräulein liebete. Fr. Fausta kam mit darzu / und redete das beste zur Sache; es hätten sich wol ehe junge Leute hinter der Eltern Wissen eingelassen / und eine gute Ehe gehabt. Der Stathalter merkete seiner Tochter Auffzug / dessen er gleichwol gewiß seyn wolte / und fragete sie / ob seinem heutigen Befehl gelebet währe; und als sie sich keines Befehls zuerinnern wuste / rief er sie absonderlich / und sagte zu jhr: Offenbahre mir mit wenigem /ob du nicht von Fräulein Ursulen redest. Ja Herr Vater / sagte sie; aber ich bitte kindlich / euren väterlichen Willen drein zu geben; sonst hat mein Bruder mirs etwa vor einer Viertelstunde geoffenbahret / und mich zu dieser Unterhandlung vermocht. Gnug / sagte der Vater / ich habe diese Heyraht selbst vorgehabt. Sie traten wieder hin zu der andern Geselschafft / und gab der Vater Herrn Kornelius diese Antwort: Es befremdet mich eure Vorbitte in etwas / weil ihr von dieser Sache redet / als müste ich nohtwendig einwilligen / und euch die vermeynte Braut gnug bekant währe; Werdet demnach mir dieselbe auch nennen /daß ich mich zuerklären wisse. Dieses Verdachtes antwortete er / befahrete ich mich gleich anfangs / und ist mir leid / daß ich meiner Frl. Wasen gehorsamet; kan aber bey meinen Ehren erhalten / daß ich von der angemeldeten Braut nicht das geringste weiß. Der Stathalter fragete sein Gemahl: Was gebet ihr aber vor eine Stimme? könnet ihr ein Fräulein zur Töchter annehmen / ehe ihr sie kennet? Mein Raht ist der geringste / antwortete sie / doch währe sie ein solches Fräulein / wie mein Kind sie beschreibet / und sie unserm Sohn gefiele / der verhoffentlich keine unwirdige zum Gemahl außsehen wird / müste ich mirs mit gefallen lassen. Ich aber nicht also / sagte der Vater /sondern wil zuvor etwas mehr drumb wissen / und zwar / ob sie unter andern auch von guten Mitteln sey / welches ich mir nicht einbilden kan. Zwar vor sich /sagte Frl. Sophia / [109] hat sie einen gar geringen Brautschaz / aber ich hoffe Herrn Kornelius zuerbitten / daß er seine milde Hand aufftuhe / und als ihr Unterhändler ein par Tonnen Schatzes zuschisse /weil er grosses Vermögens ist / und nur eine einzige Tochter hat. Nein geliebte Wase / antwortete er; daß wird Kornelius wol nicht tuhn / welcher mit dieser Anmuhtung wil verschonet seyn. Ey / sagte das Fräulein; die Braut ist dem Herrn Vetter verwand / drumb wird er ihr seine Hülffe nicht so gar versagen. Verwand? sagte er; daß ist kein ander Mensch / als Kajus Salvius Tochter / die springfüssige Agnes. O du leichtfertiges Tihrichen / hastu schon zwey Jahr her dich der Liebe beflissen / und bist kaum XVI Jahr alt? ich habe nicht ersinnen können / worauff dein Vater und du so pochest in der äussersten Armut / so ists dieses / daß ihr Herren Fabius und Kornelius güter miteinander verprassen wollet? aber geliebte Wase / wer hat doch euren Bruder an diese Heyraht gebracht? zwar unehrliches weis ich nicht von ihr / ist auch schön genug und gutes Standes / aber wie wird man doch ihren auffgeblasenen Geist vergnügen können? Ach mein H. Vetter / sagte sie / mein Bruder ist des viel zuwitzig / mit diesem Fräulein sich einzulassen; Aber H. Vater / wann ihr nun an dem Fräulein nichts zu tadeln wüstet / und ihre Eltern auch einwilligten / könte es dann nicht alsbald fortgesetzet werden? Der Vater antwortete; tadele ich sonst nichts an ihr / so tadele ich doch mit H. Kornelius / daß sie ohn ihrer Eltern Vorwissen sich meinem Sohn weiter / als einer Fräulein gebühret / gegönnet hat; doch wil ich mich väterlich heraus lassen / wann du mir das Fräulein nunmehr nennen wirst. Ich bedanke mich kindlich der genehmen Antwort / sagte sie / und muß gar ein Wunderding seyn / daß meine geliebte Eltern meines Herrn Bräutigams und meine Liebe / so zurechnen /im Augenblik außgespüret / aber durchaus nicht merken können / daß mein Bruder nicht ohn Ursach abends spät und morgens früh / zwey ganzer Jahr her / wann er daheim gewesen / sein geliebtes wirdiges Fräulein / meine herzallerliebste Schwester / Frl. Ursul Korneliin besuchet hat. Kornelius und Fausta erschraken / daß ihnen die Sprache verging / und als sie sich erhohlet hatten / dräueten sie der guten Tochter / weiß nicht was vor lächerliche Straffen / welches sie mit sonderlichem Ernste vorbrachtẽ / und die Anwesende sich dessen wol zulacheten; biß der Stathalter sagete: Wie nun Schwager Kornelius / ist meine Tochter Ursul noch eine solche / bey welcher ihr eurem täglichen Vorgeben nach / so gar keine eheliche Begierde merken könnet / daß ihr euch befürchtet / sie habe sich etwa unser Vesten verlobet? gewißlich hat mein Kind euch jezt redlich vergolten / was ihr mir vorhin ins Ohr raunetet. Aber daß wir zur Sache schreiten / hoffe ich ja / mein lieber Sohn habe bißher sich also verhalten / daß er dem Römischen Adel und seiner Freundschafft kein Schandflek sey; und gelebe daher der Zuversicht / ihr werdet meiner Bitte Plaz geben / und euch unser Kinder Heyraht gefallen lassen / mit welcher mein Gemüht über ein Jahr schon umbgangen ist / und ich daher auff ihr tuhn und lassen so viel weniger acht gegeben. Kornelius antwortete: Hochwerter Herr Schwager; ich bedanke mich der hohen Gewogenheit gegen mich und meine Tochter /und weil ich mir einen liebern Sohn nicht wünschen kan / stelle ichs zu seinen Händen / und vermache dem Bräutigam zur Heimsteur die Helffte aller meiner liegenden und fahrenden Haabe / und nach meinem Tode das übrige alles. So recht mein Herr Vetter /sagte Frl. Sophia / ich wuste vorhin wol / daß ihr [110] dem Fräulein die Außsteur nicht versagen würdet. Also wahr dieser Kauff geschlossen / und wurden die junge Leute nach Römischem Gebrauch ehelich vermählet. Bey der Abendmahlzeit gingen allerhand kurzweilige Unterredungen vor / da Frl. Ursul sich rechtschaffen leiden muste; dann Frl. Sophia / umb ein Gelächter zu machen / sagte zu ihr: Herzliebe Schwester / ihr meynet nun aller Gefahr entrunnen seyn / weil ihr mit eurem Liebsten vermählet seyd / aber die euch von den Eltern angedräuete Straffen werden euch den Kitzel rechtschaffen vertreiben / massen euer H. Vater euch frische Ruhten gebunden / und die unbarmherzige Mutter euch in die finstere Kammer sperren wil /daß euch in vier Wochen kein Tagesliecht bescheinen sol; den Brodkorb wird sie euch so hoch hången / daß ihr täglich nur einmahl essen / und die ganze Zeit über das klare Wasser trinken / auch kein weiß leinen Gerähte anlegen sollet. Was gebet ihr mir nun / daß ich meinen Bruder bitte / euch in der Finsterniß Geselschafft zu leisten? Ich kenne ohn das euer furchtsames Herz / und daß ihr vor grauen in der Einsamkeit würdet müssen des Todes seyn. Frl. Ursul hatte einen breiten Rücken / achtete des Gespöttes und entstandenen Gelächters nicht groß / sondern gab mit höflicher Antwort so viel zu verstehen / daß sie ihr Glük und Heil zu verschlaffen nicht währe gesinnet gewesen; dann / sagte sie / meine Fr. Mutter hätte mein sechzigstes Jahr abgewartet / ehe sie mir von heyrahten das allergeringste gesaget. Muß ich nun die Schuld tragen? antwortete ihre Mutter / die etwas einfältig wahr; hastu dich doch kein mahl nicht verlauten lassen / daß du zu heyrahten willens währest; Welches noch vor das kurzweiligste auffgenommen ward / und der Stathalter es also beantwortete: So hat mein Sohn wol getahn / daß wie er der Mutter verseumniß / und der Tochter Blödigkeit verspüret / er durch seine gutwillige Anbietung nicht allein den Mutterplatz vertreten /sondern auch der Tochter Ansuchen zuvor kommen ist; gleich wie aber H. Kornelius und sein Gemahl sich heut als Vorbitter meines Sohns haben gebrauchen lassen; also wil ich hinwiederumb mich ihrer Frl. Tochter annehmen / und die scharffen Ruhten und stokfinstere Kammer von ihr abzuwenden / gefliessen seyn.

Nach abgehobenen Speisen erklang das Seitenspiel in drey unterschiedlichen Verteilungen / und fehlete nichts bey dieser Lust / als Herkules Gegenwart / umb dessen Abwesenheit Frl. Helena sehr traurig wahr /weil sie sahe / daß ihre Gespielen den Zweg ihres Wunsches erreichet / sie aber ohn allen Trost in ihrem verborgenen Feur sich selbst verzehren muste. Hingegen wahr Frl. Sophia so voller Lust / daß sie meynete / alles Unglük währe nun überwunden / und hätte niemand mehr Ursach traurig zu seyn; doch wahr Helenen Unmuht ihr unverborgen / welchen zu vertreiben sie schon alle gedanken anwendete; setzete sich vor dißmahl zu ihr nieder / und fragete nach der Ursach ihrer schwermühtigen Traurigkeit / ob derselben nicht raht zu schaffen wåhre. Diese / nachdem sie einen tieffen Seuffzer aus dem verborgenstẽ ihres Herzen her vorgesucht / gab zur Antwort: Ach herzliebe Schwester / die Ursach meiner Traurigkeit ist wichtiger / als daß ihr durch andere Mittel ohn durch den Tod solte können abgeholffen werden; Bitte deßwegen / dieser Nachfrage euch zubegeben / und meine Bekümmernis ungestöret zulassen. Ey daß währe Wunder / sagte Sophia / daß mein Vermögen so schlecht / und euer Ubel so unheilbar seyn solte; lasset mich / bitte ich / euer Anliegen wissen / vielleicht habe ich noch ein Kunststükchen in [111] meinem Arzney Buche / dessen ihr mir zudanken hättet. Ach nein /antwortete sie; Unmögligkeit ist viel zuschwer; eure Arzneykunst mit allen ihren Kräutern und Wurzeln reichet noch lange nicht so weit. Es kan seyn / sagte jene / daß mein Vermögen geringe ist / aber der Wille sol mir nimmer mangeln / euch zu dienen; und wann ihr mirs nicht vor übel hieltet / wolte ich euer Gebrechẽ noch wol errahten. So müstet ihr / antwortete diese / sehr gescheid seyn / wann ihr wissen köntet /was ich meinem Herzen selbst nicht offenbahren darff. Daher erkenne ichs desto leichter / sagte Frl. Sophia; und höret nur die rechte reine Warheit; ihr liebet / ja ihr liebet was vortreffliches. Ja sagte jene /den Himmel liebe ich / oder vielmehr den allerschönsten Stern des Himmels / die mit aller klar- und Volkommenheit angefüllete Sonne; diese behte ich in meinem Herzen an / und verehre sie mit unablässigem Seuffzen. Ach nein / antwortete diese; es ist die Sonne nicht; es ist ein vortrefflicher mit aller Tugend und Schönheit hochbegabter Ritter; der hat euer Herz eingenommen / mit den Strahlen seiner Volko enheit mit dem Schein seiner unvergleichlichen Strahlen. Wie entsetzet ihr euch so / herzliebe Schwester? was wil die Verenderung eurer Farbe? habe ich euch am rechten Orte getroffen / so leugnet mirs nicht / daß ich Raht schaffe; wonicht / so verzeihet meinem wolgemeinten Irthum. O weit weit gefehlet / herzliebe Schwester / antwortete sie; Mannes Liebe hat bißher mein Herz wol můssen unbelåstiget lassen / an welcher ich mir nichts anmuhtiges einbilden kan. Nein o nein du gifftige Todseuche / dich wil ich gerne meiden; und was solte mir Mannes Joch? O die Freiheit die Freiheit ist der Knechtschafft weit weit vorzuzihen; jezt lebe ich meines gefallens; jezt stehe ich auff und lege mich nieder / wie und wann ich wil. Solte ich mich binden lassen / da mir aller Wille vergönnet ist? diesen Unsin wird mir kein Mensch beybringen; Frl. Sophia mag immerhin sich unter das Joch zwingen lassen; Helena wil ihr eigen Herr seyn und bleiben. Verschonet mich deßwegen herzen Schwester mit dieser Aufflage / und versichert euch / daß Helena viel witziger ist / als daß sie muhtwillig ins Feuer lauffen /oder sich ins Meer stürzen wolte. O Schwester Schwester / sagte Sophia hierauff; wie kan doch das Herz der Zungen solchen Muhtwillen übersehen / daß sie wieder Wissen und Gewissen reden darff? bedenket / bitte ich / wie offt ich und andere an euch dieses Laster gestraffet / daß ihr stets widrige Gedanken und reden führet. Meine Last wil ich mit der Götter Hülffe noch wol tragen / könte auch vielleicht helffen / daß eure Seele eben so wol befriediget würde; aber wer seine Krankheit halßstarrig verhehlet / dem kan nimmermehr geholffen werden. Sie wolte mit dieser Verweißrede fortfahren / ward aber von Ladisla zum Tanze aufgefodert / nach dessen endigung sie ihm anzeigete / wie verliebet Frl. Helena sich gegen Herkules befünde / und es gleichwol aus Scham nicht gestehen dürffte; dessen er nicht wenig betrübt ward / und sie nach kurzem Bedenken fleissig baht / ihr diese Gedanken zubenehmen / dann es wüde zu keiner Wirkung gelangen / massen ein wichtiges (er verstund aber sein Christentuhm) im wege täge / welches solche Heyraht nicht zulassen würde. Worauff sie auch ihr Vorhaben enderte / und doch groß Mitleyden mit dem Fräulein hatte. Als nun die Zeit zur Ruhe verhanden wahr / wurden die neuen Eheleute zu Bette geführet / da Ladisla den mehrenteil der Nacht mit seinem Fräulein in freundlichem Gespräch zubrachte / biß sie gegen den Morgen einschlieffen. Umb sieben Uhr / da die Sonne ihre helle Strahlen [112] auff ihr Bette warff / ermunterten sie sich / und wahren mit diesem Himmes Lichte nicht aller dinge zufrieden / das es nicht etwas länger mit seinem Anbruch verweilete; stunden auff /und nahmen ihre Kleider zur Hand / da das Fräulein einen zierlich geschriebenẽ Brief unter ihrem Brusttuche fand / welchen sie öffnete / und folgendes Hochzeit Gericht laut daraus her lase:

Herzlicher Glückes-Wunsch
An Fräulein Sophia Fabia.
1
O Fräulein! deren Tugendschein
So wenig kan verborgen seyn /
Als im Mittage Sonnenstrahlen /
Wann alle Lufft ist Wolken-loß /
Und sich daß Himmel blau läst bloß
Ohn alle schwarze Striemen mahlen.
2
O Fräulein! euren klugen Wiz /
Der seinen unverrükten Siz
In euer Seel' hat wollen wählen /
Kan mein geringes Reimgeticht
In dieser Sterbligkeit gar nicht
Nach wirdiger Gebühr erzählen.
3
Ja wann des Glückes falscher Neid
Von eurem Leben sich so weit
Abhielt' / als Tugenden beywohnen;
Dan würd euch diese grosse Welt /
Und was darin sich Erbar hält /
Mit allen Glückes Gaben lohnen.
4
Euer' allerschönsten Augelein /
Die wol zwo klare Sonnen seyn /
Der Rosen-Mund / die vollen Wagen /
Des wolgeschaffnen Leibes Zier
Bricht alles dergestalt herfür /
Daß ichs und keiner wird ablangen.
5
Wann euer süsses Zünglein spricht /
Schafft sie / daß Feindes wüten bricht /
Sie kan die Helden niderschmeissen;
Sie kan dem schwarzen Zornes Grim
Und allem groben Ungestüm
Die Waffen auß den Händen reissen.
6
Glükselig lebet dieser Held /
Dem eure Gunst wird zugestelt /
Dem ihr euch ehlich habt ergeben;
Ich spreche / daß derselbe Mann
Ihm besser Glük nicht wünschen kan /
Wie hoch ihn Ehr auch mag erheben.
7
Mein teurer Wunsch ist diß allein /
Daß ihr mögt beyde frölich seyn /
Als lang in euch das Blut kan wehren;
Was aber eurer Tugendpracht
Betrifft / weiß ich / daß keine Macht
Des Alters solche wird verzehren.

Das Fräulein lobete der Reimen (dann sie wahren in Lateinischer Sprache geschrieben) Anmuhtigkeit /aber der Inhalt / sagte sie / ist auff eine viel volkommenere angesehen; halte mich doch diesem Tichter hoch verpflichtet seyn / daß er mich so wol unterrichtet / wie ich geartet seyn müste / wann ich seines Lobes fähig / und euer Liebe / mein Schaz / wirdig seyn wolte. Aber ich kan nicht wissen / auff was weise dieser Brief mir hieher geliefert ist / es währe dann / daß meine Leibdienerin ihn schon gestern Abend mit den Kleidern herein getragen hätte. Ladisla besahe die Hand gar eigen / kunte aber nichts darauß erkennen / und erboht sich / da er den Tichter erfahren würde / ihm die Kunst und Mühe mit ein paar hundert Kronen zu ersetzen; Dann / sagte er / ob die Arbeit sich gleich gering ansehen lässet / auch der Meister es in weniger Zeit mag auffgesetzet haben / ist doch zubetrachten / wie lange Zeit / Kosten und fleiß er angewendet / ehe er zu dieser fertigkeit kommen ist. Als sie nun ihre Kleider gar angelegt hatten / und Ladisla den Huet auffsetzen wolte / fiel ihm eine gleichmässige Schrifft herauß / welche er auffhuhb / und dem Fräulein vorlase.

[113] Herzlicher Glückes-Wunsch
An Herrn Ladisla.

(Sophia heisset Weißheit)

1
Wann sich Glük uns wil verbinden /
Müssen wir in Sträuchen auch
Unsers Herzen Labsaal finden.
Seht Herr Bräutigam / der Rauch
Der Euch gestern angewehet /
Ist in lauter Lust verdrehet.
2
Eures festen Herzen Stärke
Träget euch zur Weißheit hin /
Deren Tugend / wie ich merke /
Euren unbestritnen Sin
Ihr ganz eigen hat gemachet /
Dessen ihr vor Freuden lachet.
3
Wann der sch \nen Weißheit Flammen
Und ein ungezwungner Muht
Sich ohn arge List zusammen
Halten / muß des Unfals Wuht
Seinen Neid vergeblich tragen /
Und sich durch sich selber schlagen.
4
Ladisla Eur blanker Degen
Welchen ihr so herzhafft führt /
Hat der Weißheit Gunst und Segen /
Wie ein jeder gnugsam spürt /
Durch die Tugend eurer Sitten
Im Pusch und Gehölz' erstritten.
5
Jezt geniest ihr aller Lüste /
Welche Weißheit schaffen kan /
Ihre nimmer-leere Brüste
Nähren euch jezt umb und an /
Die durch ihrer Milch außfliessen
Eur Herz durch und durch begiessen.
6
Nehmet es zu gutem Danke /
Daß die Weißheit Euch so wol
Ist gewogen; Wann der Kranke
Wird genesen; alsdann sol
Seine Stimm' und Lautenklingen
Euer Glük noch mehr besingen.

Nach verlesung lachete Ladisla vor freuden und sagete: Höret ihr den Tichter / herzgeliebter Schaz / den kranken Tichter nicht? kein Mensch als mein bester Herkules hat diese Reimen auffgesezt / und durch einen fremden abschreiben lassẽ? dann seine Art ist mir ohn daß mehr als zuwol bekant; hat auch ohnzweiffel sie in allerstille herein geschafft / da mein Tullius gestern Abend mir das Kleid nachbrachte. Ey so müssen wir den allerliebsten Freund in seiner Schwacheit besuchen / und ihm vor diese Ehre gebührlich danken / sagte sie; gingen mit einander hin /und funden den Stathalter schon bey ihm vor dem Bette sitzen / und die beyden Aerzte zur Seite stehen /die nach auffgelösetem Schaden guten Trost gaben /daß inwendig zehen Tagen er völlig solte genesen /dafern er sich nicht mit schwermühtigen Gedanken plagen / sondern der Heilung in ungestöreter Ruhe auff seinem Lager fein abwarten würde; welches ihnen allen sehr angenehm zu hören wahr. Der junge Fabius kam auch zu ihnen / und als sie ingesamt von ihm Abscheid nahmen / baht er Ladisla und den jungen Fabius / ihm noch ein Stündichen Geselschafft zutuhn / worzu sie willig wahren.

Nun hatte ihm der Stathalter des vorigen tages auff sein Begehren etliche Bücher zustellen lassen / vor die lange Weile darin zulesen / unter welchen des Plinius Schrifften wahren von der Welt Geschichten; aus dessen andern Buche hatte Herkules die Gotteslästerlichen Worte angemerket / welche er führet von Gottes Allmacht / die er außdrüklich leugnet. Es fielen ihm gleich dazumahl solche lästerungen ein / schlug den Ort auf / und gab ihn Ladisla zu lesen / mit Bitte /ihm ungescheuet zu sagen / was er von dieses hochgelahrten Mannes meynung hielte. Dieser nahm das Buch / und lase diese Worte laut uñ deutlich:Die vornehmesten Tröstungen der Unvolkommenheit am Menschen sind diese: daß auch Gott selbst nicht alles könne; dann er kan ihm selbst den Tod nicht antuhn / ob er gleich wolte / welches er doch dem Menschen als sein bestes / in den so grossen Lebensstraffen mitgeteilet hat. Daß er auch nicht könne die Sterblichen mit der Ewigkeit begaben / noch die Verstorbenen wieder zum Leben hervor ruffen; noch [114] machen / daß der gelebet hat / nicht solte gelebet haben / der Ehrenämpter verwaltet hat / sie nicht solte verwaltet haben. Habe auch über vergangene Dinge kein Recht / als das Recht der Vergessenheit; könne endlich auch nicht machen / daß zweymahl zehne nicht zwanzig währen.

Nach verlesung bedachte er sich ein wenig / und bald darauff sagete er: Gilt Bruder / dieser hochgelehrte Man wird dich in die Schule führen / und dir deinen Glauben (er redete aber Bömisch / daß Fabius es nicht verstehen solte) zur Tohrheit machen; massen ich mit aller meiner Vernunfft nicht begreiffen kan /wie dieses zu wiederlegẽ sey. Lieber Bruder / antwortete er auff Lateinisch / es ist mir lieb / daß du mir deine Blindheit fein gerade zu bekennest / und mit diesem Lästerer Gottes Allmacht in zweiffel zuzihen gestehest / welches mir doch nicht lieb ist. Aber Herr Fabius / was haltet ihr von dieser Meynung? Ich halte meine Urtel hieselbst billig zurük / sagte er / weil es über meinen Verstand gehet / habe auch wol ehemahls etliche davon reden hören / die am Ende ihres Gesprächs weniger wusten / als im Anfange. Sie sind darin zuentschuldigen gewesen / sagte Herkules; Ursach; sie haben den Felsen nicht erkennet / auff welchem Gottes Almacht unbewäglich gegründet ist / und wider das toben dieses wütigen Hundes auch wol in Ewigkeit fest bleiben wird. Ich würde mich vor glükselig schätzen / sagte Fabius / wann ich dieses Felsens Erkäntniß hätte / und des Plinius angeführte Worte auß dem Grunde zuwiderlegen wüste. Mein Herr / antwortete er; Er gebrauche sich nur der gesunden Vernunfft / so wird er beydes die ungezweifelte Allmacht Gottes erkennen / und des Plinius kindische / ja viehische Einwürffe mit leichter Mühe umstossen. Weil sie nun beyde von jhm gute Anleitung hierzu begehreten / fing er also an: Demnach der Mensch auß dem grossen Weltbuche sehen und lernen kan / daß ein Gott sey / und nohtwendig ein Gott seyn müsse /so wird er zugleich auch daher erkennen / die Allmacht Gottes des HErrn / als des grossen Schöpffers /oder nur Erhalters der Welt. Ja besinnen wir uns ein wenig / so gibt uns die Vernunfft alsbald an die Hand / daß Gott ein Allmächtiges Wesen sey. Dann solte es ihm an einiger Krafft oder Macht mangeln / so würde er nicht Gott / das ist / er würde nicht der kräfftigste noch mächtigste seyn / sondern einen noch kräfftigern und mächtigern über sich haben / und also währe er nicht Gott / dann über Gott kan und muß nichts seyn. Wer dann nun erkennet / dz Gott Gott ist / der sihet und erkeñet zugleich / daß er allmächtig ist / und alles tuhn kan / was er wil / im Himmel / auff Erden / im Meer und in allen Tieffen; ja daß durchaus kein ding bey ihm unmöglich ist. Dann also schleust unsere Vernunfft ohn Anstoß und Zweifel / da sie richtig zugehet. Alle vernünfftige Heyden haben einen Gott gegläubet / und die denselben gegläubet haben / die habẽ ihm zugleich auch die Allmacht zugelegt; Daher spricht Homerus(Odys. XVI.) Gott kan alles. Und was ist bey den Lateinischen Tichtern / Virgilius / Horatius /Ovidius und andern mehr / gebråuchlicher / als eben ihr Jupiter omnipotens / daß sie jhren höchsten Gott den Allmächtigen nennen? Zizero bekennet Gottes Allmacht mit klaren Worten / wann er im dritten Buch von der Götter Art spricht:Nichts ist / das Gott nicht solte tuhn können / und zwar ohn alle Mühe. Der uhralte Linus / des Orpheus Lehrmeister hat solches mit diesen Worten gestanden:Gotte ist alles leicht zu tuhn / und nichts ist ihm unmöglich. O ja / wer nur das einige Geschöpff Gottes / das unvergleichliche Sonnenliecht ansihet uñ betrachtet / muß sich freylich ůber des Schöpffers Allmacht zum höchsten verwundern. [115] Die Himmelsverständige haben durch ihre Rechnung abgemässen / daß die Sonnenkugel CLXVI mahl grösser / als die ganze Meer- und Erdenkugel ist. Hat nun die Erde in ihrem Umkreiß 5400 Teutsche Meilen / so muß ja die Sonnenkugel in ihrem Umkreiß 896400 Teutscher Meilen haben; welches zwar den Ungelehrten aller dinge ungläublich vorkomt weil sie ihnen / dem ansehen nach kaum so groß als eine Klaffter scheinet; aber wer da betrachtet ihre sehr weit abgelegene Höhe von der Erden / als von deren mitteltippelichen sie 1039500 / das ist / tausend mahl tausend / neun und dreyssig tausend und fünffhundert Meilen entfernet ist / der wird ihm der Sonnen Grösse nicht unmöglich vorkommen lassen. Bey welcher Grösse / wann wir zugleich ihren schnellen Lauff erwägen / haben wir wol ursach mit dem weisen Jüdischen Lehrer Syrach zu sprechen:Das muß ein grosser HErr seyn / der sie gemacht hat / und hat sie heissen so schnell lauffen. Doch zu unsem Zweg näher zu zielen / wann wir Gottes Allmacht eigentlich erkennen wollen / müssen wir zuvor wissen und verstehen / was Allmächtig sey und heisse.Allmächtig seyn / heisset nicht / beydes das gute und böse verrichten können. Allmächtig seyn / heisset nicht / sich selbst nicht allein erhalten / sondern auch verderben und vernichten können. Allmächtig seyn / heisset nicht / die ewige /bey Gott selbst bestehende / und dem Geschöpff nach seiner masse mitgeteilete wesentliche Warheit auffheben; oder daß ichs kurz sage / was einmahl wahr gewesen ist / zu falsch und Lügen machen können. Massen / wer böses tuhn kan / der ist nicht allerdinge Gut / vielweniger wird er Gott seyn. Verstörete er dann sein Wesen / so währe er nichts mehr. Leistete er aber das lezte / so machte er falsch / was er zuvor selbst wahr gemacht hat / uñ sündigte also wider sich selbst. Was heisset dann / Allmächtig seyn? Gutes / und lauter gutes / auch alles gute / nichts aber wider sich selbst tuhn können / und zugleich von aller Zuneigung uñ Gefahr des bösen / des Schaden / der Sünde /und des Verderbens aller Dinge / und durch sich selbst befreyet seyn. Sehet / das heisset Allmächtig seyn. Hätte nun der in diesem Stük unverständige Plinius diesem etwas besser nachgedacht / würde er / in Verleugnung der Allmacht Gottes seinen mehr als kindischen Unverstand nicht mit eigener Feder verrahten haben. Betrachten wir aber seine obangezogene Worte / so ist dabey anzumerken / daß er sie in dieser Andacht vorträget / umb zu behäupten / daß Gott nicht ein selbständiges Wesen ausser der Welt / sondern eben die Krafft sey / die im Wesen / oder (wie die Gelehrten reden) in der Natur Himmels / Erden und anderer Geschöpffen ist und stecket / wie er solches außdrüklich hinzusetzet. Aber O der verwägenen / O der blinden Tohrheit! Hier muß trauen Plinius /einer von den Allerweltweisesten / mit seinem Beyspiel bekräfftigen / daß es wahr sey / was ein Christlicher Lehrer saget: GOtt habe die Weißheit dieser Welt zur Tohrheit gemacht. Und abermahl: Die Welt habe durch ihre Weißheit Gott in seiner Weißheit nicht erkennet. Er ist ja in seinem tichten eitel worden / und sein unverständiges Herz ist verfinstert; Da er sich vor weise hielt / ist er zum Narren worden. Dann vorerst zweifelt er auff gut Epicurisch / ob auch ein Gott sey; was solte er dann wol gesundes von Gottes Wesen und Allmacht vorbringen? jedoch lasset uns vernehmen / obs gleich der Mühe nicht wert ist / was hinter seiner vermeyneten Weißheit sonderliches stecke / damit dieser ohmächtige Erdwurm den allmächtigen Gott anhauchen darff. Anfangs meynet er;Es gereiche den Menschen zum sonderlichen Troste / daß Gott nicht allmächtig sey. Aus [116] des elenden / des faulen und nichtigen Trostes! solte es auch wol einem Kinde Trost bringen / daß sein Vater ihm weder rahten noch helffen kan / wañ es in schwerer Krankheit darnieder lieget? Kein Witziger redet so unwitzig. Oder solte einem Untertahnen es tröstlich seyn / daß seine Obrigkeit ihn vor seinen Feinden / die sein Verderben suchen / nicht schützen kan? das muß auff gut Plinisch freylich ein sonderbahrer Trost seyn. Wer aber den Sachen vernünfftig nachsiñet / wird ohn zweifel gerade das Gegenspiel vor wahr halten, nehmlich / der vornehmste Trost des Menschen in allen seinen Nöhten sey / daß sein liebreicher Gott alles könne / und ihm durchauß kein Ding unmöglich sey. Dann wer an Gottes Allmacht zweifelt / wie kan derselbe ichtwas vertraulich von Gott bitten? muß er nicht auff gut beraht behten / unter der Furcht / obs auch in Gottes Macht stehe / ihm zugeben was er bittet? Also hat dieser elende Mensch ihm einen Trost gemacht auß eitelem Schrecken / und wie ein alter Jüdischer König von den Gottlosen spricht:Sie fürchten sich da nichts zu fürchtẽ ist; Also tröstet sich dieser / da nichts weniger als Trost sich eräuget. Zwar ein gottloses Weltkind / möchte vielleicht auß Gottes Unmacht einen Trost fassen / und sagen: Was schadet mirs dann endlich / oder was sol ich mich groß drum bekümmern / daß ich dieses oder jenes gute / welches mir zwar wol anstünde / nicht leisten kan? Kan doch Gott selbst nicht alles / wie solte ich dann alles können? Aber was dieser Trost ihm nützen werde / wird sein künfftiges Ach und Weh offenbahr machen / in welches er durch diesen greulichen Lästerungstrost sich selbst stürzet. Höret nun weiter / auß was Gründen der Lästerer Gottes Allmacht bestürme:Gott kan ihm selbst den Tod nicht antuhn / ob er gleich wolte; spricht er vorerst: Ist eben so viel gesagt: Der Demant verbrennet nicht im Feur / wie Stoppeln; schmelzet nicht / wie Butter an der Sonnen; vergehet nicht / wie der Rauch; derwegen ist er nicht so standfest / hart und daurhafft als diese Dinge. Ja ein tiefersinneter Schluß! Oder / als wann ich sagen wolte: Die Sonne verleuret sich nicht wie der Staub / darumb ist sie nicht so kräfftig. Wer solte diese Blindheit nicht beklagen / daß eben auß der grössesten Macht Gottes /dieser unwitziger / Gottes Unmacht und Gebrechen erzwingen wil? Je könte Gott sterben / so währe er nicht Gott / so währe er nicht allmächtig / sondern der Tod wäre mächtiger dann er / währe sein Gott und sein Meister. Weil es nun eine allerdinge lautere Unmögligkeit ist / daß Gott sterben könne / so solte Plinius vielmehr also geschlossen haben: Gott kan nicht sterben / deßwegen ist er allmächtig; nehmlich / es ist keine äusserliche noch innerliche Macht / welche Gott den HErrn könte zu nichte machen. Das Drachenschwänzlein / so er hinan hånget / da er spricht:Ob Gott gleich wolte / könne er ihm doch den Tod nicht antuhn; Ist nicht eine geringe Lästerung; Dann wie wolte das allerhöchste und vollkommenste Gut wollen / daß es stürbe; und wie kan das sterben wollen / das von Ewigkeit her / und das Leben selber ist? Es ist aber dem Plinius noch nicht gnug an diesem Unwitze / sondern tuht noch hinzu:Der Mensch in seinem grossen Lebensunglük habe diß / als das beste Mittel von GOTT / bekommen / daß er sich selbst entleiben kan. O der Gottlosigkeit! Hat dann GOTT dem Menschen die wirkliche Sterbligkeit anerschaffen / oder ihm gut geheissen und befohlen / sich selbst des Lebens zuberauben? Nein / O Nein! Die Sünde / die Sünde hat ihm dieses Leid zur harten Straffe zu wegen gebracht.[117] Dann håtte der erste Mensch nicht gesündiget / sondern an Gottes Gebot sich fest gehaltẽ / würde er nimmermehr in den Tod gerahten seyn / sondern so lange in dieser jrdischen Welt gelebet haben / biß ihn Gott nach seinem gnädigen Willen in die Ewigkeit auffgenommen håtte. Ist demnach die Unsterbligkeit den Menschen von dem leidigen Teufel durch die Sünde geraubet und der Tod beygebracht. Doch hat man dieses mit Plinius als einem Heyden nicht zu streiten /als welchem diese geoffenbahrete Glaubenslehre / von des ersten Menschen anerschaffener Unsterbligkeit unbekant ist. Aber auch / wann der Mensch den Vorsatz und Willen nimt / sich selbst zuermorden / das rühret trauen nicht her von GOtt / sondern von des Teuffels eingeben / als der von Anfang ein Mörder ist. GOtt setzet ja in seinen heiligen zehen Gebohten / hat es auch den Menschen ins Herz gepflanzet /Du solt nicht tödten; so wenig dich selbst als einen andern. Wie solte dann Gott den Menschen das heissen oder eingeben / was Er ihm so ernstlich verbohten hat? Kan die Obrigkeit ihren Untertahnen auch wol gebieten / wieder die Gesetze zu sündigen / welche sie durchaus wil gehalten haben? was haben wir dann vor Ursach / dem allergerechtesten und heiligsten Gott mehr Ungerechtigkeit und Sünde / als den Menschen anzurichten? Nun währe es aber Sünde / wann Gott dem Menschen gäbe was Sünde ist. Aber O nein! kein witziger Mensch wird Gott einiger Sünde zeihen. Andere vernünfftige Heyden haben viel heiligere Gedankẽ von Gott geführet: Plato spricht in seinem Buche von den Gesetzẽ:Gott sey eine Ursach alles guten /und keines bösen. Aristoteles spricht im neunden BuchMetaphys: Bey dem ewigen Wesen ist weder böses /noch Verderbung / noch Sünde; Und in seinem siebenden Sitten Buche an Nikomachus schreibet er:Gleich wie dem unvernünfftigen Vieh kein Laster beywohnet /also auch Gotte nicht. Ja sprichstu; Es hat aber Plinius nach Stoischer Meynung die ansich selbst-Handanlegung vor eine Helden Tugend gehalten / und daher Gott keiner Sünde geziehen / oder daß er an der Sünde Wolgefallen hätte. Antwort: Er hat aber daran sehr geirret / welches er aus anderer Heyden Schrifften / insonderheit des Aristoteles herlichen Sittenbuche erlernen sollen / da er im fünfften Buche schreibet:Die Gesetze verbieten / daß jemand sich selbst tödte; dann spricht er;Daß Gemeine Beste werde dadurch beleidiget / und werde demnach ein solcher nach seinem Tode billig durch Schmach gezeichnet / und vor Ehrloß gehalten. Zum wenigsten hätte Plinius von diesem schändlichen Irtuhm durch die abscheuliche Folge / so dannenhero entstehet / sich sollen abschrecken lassen; dann ist / sich-selbst-entleiben-können / eine Krafft /ein sonderliches Vermögen / und ein gutes Ding / und zwar ein solches / welches Gott dem Menschen verlihen / und ers doch selber nicht hat; je so wird ja folgen müssen I das Gott dem Menschen einige Krafft gegeben / die er selber nicht hat; und also 2 Gott den Menschen mächtiger gemacht habe / als er selber ist /zum wenigsten in diesem Stücke. Worzu 3 noch dieses kömt / daß des Menschen Glükseligkeit auch wol in seinem Verderben / in seinem tode und Untergange bestehen kan. Wer hat solche unbesonnene Tohrheiten von einem vernünfftigen Menschen je gehöret? Noch dannoch fähret er fort / Gottes Allmacht aus einem andern faulen Grunde anzufechten / nehmlichdas er die Sterblichen mit der Ewigkeit nicht begaben könne. Diesen eiteln Wahn zu hintertreiben / ist zu merken / daßdie Ewigkeit auff zweyerley Art verstanden werde. Erstlich heisset Ewig; daß ohn Anfang gewesen ist / und ohn auffhören bleiben wird. [118] Hernach; daß zwar in der Zeit / oder ja mit der Zeit einen Anfang genommen /aber doch kein Ende nehmen wird. Nach dem ersten Verstande ist allein Gott / und kein ander Ding Ewig; nach dem andern / ist die Ewigkeit allen Engeln uñ vernünfftigen Seelen von Gott mitgeteilet / wird auch nach dieser Sterbligkeit in der Aufferstehung von den Todten / unsern Leibern zugeleget werden. Von den Engeln ist unnöhtig / alhier zu handeln / weil deren Erkäntnis aus dem Lichte der Vernunfft sehr geringe ist. Der Seelen Ewigkeit wird von den verständigen Heyden gerne gegläubet und vor wahr gehalten / welches auch von Plato und Aristoteles durch wolgesezte Gründe bewehret ist. Der trefliche Römische Bürgemeister M. Tullius in seinem Buche von den Gesetzen schleust also: Weil die (heydnische) Gesetze wollen /daß etliche von den Menschen / als Herkules und andere / sollen vor Götter geehret werden / sey solches ja eine Anzeigung / daß die Seelen unsterblich seyn. Und ob dieses gleich kein bündiger Beweißtuhm ist /so folget doch daher / daß der Seelen Unsterbligkeit sey von den Gesezgebern vor gewiß gehalten worden. Am andern Orte (lib. I. tusculan. quæstion.) beweiset er der Seelen Unsterbligkeit daher / daß alle Menschen / was sich nach dem Tode zutragen werde /ihnen lassen angelegen seyn. Ovidius sagets rund und dürre heraus / und spricht im XV Buche seiner Verwandelungen: Morte carent animæ. Die Seelen sterbẽ nicht. Daß aber unsere Leiber nach diesem Leben auß dem Staube der Erden dereins wiederumb werden hervor ko en / ist zwar der Vernunfft ein verborgenes Geheimniß / und allein den Glåubigen auß Gottes Worte offenbahr; jedoch hat Plinius noch lange nicht ursach gnug / so verwägen zu leugnen / daß Gott die Sterblichen mit der Ewigkeit nicht begaben könnte /ob er gleich dessen kein Beyspiel gesehen hatte; dann was solte Gott verhindern / dasselbe ewig zuerhalten /was er aus nichts erschaffen hat / wann es nur sein Wille währe? Ja möchte jemand zu Plinius seiner Entschuldigung einwenden; so kan gleichwol Gott keinem Geschöpffe die erste Art der Ewigkeit mitteilen. Ist gar ein ungereimter Einwurff. Dann ist dieses oder jenes ein Geschöpff; das heisset; ist es gemacht worden / so muß es ja einen Anfang genommen haben; hat es aber einen Anfang genommen / so kans ja nicht von Ewigkeit stets gewesen seyn. Daß nun GOtt nicht kan machen / daß ein Geschöpf von Ewigkeit her sey; solches gibt seiner Allmacht keinen Abbruch / sondern weil es / wie die Gelehrten reden /Contradictoria / widersprechige Dinge sind;Von Ewigkeit her seyn. Und:Nicht von Ewigkeit her seyn; oder einen Anfang gehabt haben; so währe es wider Gottes ewige Warheit / auß dem einen das andere / nemlich auß demJa / Nein; und auß demNein / Ja machen; und würde also Gott seine Warheit selbst auffheben; welches an ihm keine Almacht sondern grosse Unbestendigkeit und Falscheit seyn wůrde. Was Plinius weiter herauß köcket;Gott k \nne die Abgelebeten nicht wieder zurük ruffen; das ist: Er könne die Todten nicht wieder zum Leben aufferwecken / solches wird er dereins am jüngstẽ Tage viel anders / wiewol mit seinem grossen Schaden / ja mit Ach und Weh erfahren / da er wegen dieser Verkleinerung der Allmacht Gottes /sehr schwere Hellenstraffen wird über sich nehmen müssen / deren Vorschmak er schon in diesem Leben empfunden / als ihn der Dampff des Feur und Schwefels / welches der Berg Vesuvius außwarff / erstickete / wie hefftig er sich auch bemühete / demselben zuentgehen. O hätte er nur ein wenig nachgefraget / was etwa XLIV Jahr zuvor / als er diese seine Geschicht Bücher dem Römischen Bürgemeister [119] Titus Vespasianus zuschrieb / sich im judischen Lande hatte zugetragen / da der welt Heyland Jesus / etliche verstorbene zum Leben aufferweckete / alsdann würde er seine gar zu verwägene Feder nicht so leichtfertig wieder Gottes Allmacht geschärffet haben. Seine übrigen Einwürffe / da er vorgibt / Gott könne nicht machen.Daß der gelebet hat / nicht solte gelebet haben; der Ehrenämter bedienet hat / sie nicht solte bedienet haben; oder; das zweymahl zehn nicht zwanzig machten; sind auß obigem leicht zu entscheiden. Dann machte GOTT solches / so machte er aus der Warheit Lügen und Unwarheit. Daß müste aber wol ein feiner GOTT seyn /der sich in seiner Warheit selbst zum Lügner machte! So wenig nun Gottes Almacht dadurch verletzet wird / daß er sich selbst nicht würgen kan; eben so wenig tuht es seiner Allmacht schaden / daß er sich selbst nicht zum lügner machet; noch was einmahl wahr gewesen / heisset eine Lügen uñ Unwarheit seyn; noch die nohtwendige Folge (zweymahl zehn sind zwanzig) / welche er der Vernunfft als eine unvermeidliche Warheit eingepflanzet / auffhebet und fälschet. Eines ist noch ůbrig zuberühren / daß er hinzu tuht:Gott habe nullum in præterita jus, præterquam oblivionis. Kein Recht über die vergangenen Dinge / als das Recht der Vergessenheit; ist etwas dunkel geredet; Und heisset entweder so viel / daß Gott die vergangenen Dinge vergessen könne / oder daß er sie nicht vergessen könne. Verstehet er daß lezte / so lasse ichs in so weit lauffen / daß Gotte die vergangenen Dinge freylich stets vor Augen stehen / aber er dannoch viel ein grösser Recht ůber dieselben habe / als nur allein /daß er sie nicht vergessen könne. Nimt er daß erste; so ist er gedoppelt gottloß; massen die Vergessenheit keine Stat noch Raum findet bey Gott / als welchem nichts vergangen / nichts zukünfftig / sondern alles gegenwärtig ist / welches Aristoteles bekennet /(lib. de bon. fortun.) da er spricht:Gott sihet gar wol das Gegenwärtige / vergangene und Zukünfftige. Und Homerus(Odys. IV) Die Götter wissen alles Und was wolte das wol vor ein Gott seyn / dessen Gedächtnis die Vergessenheit beschleichen könte? Es ist fast eine unnütze mühe / und vergebliche Arbeit / sich in Wiederlegung eines so handgreifflichen Irtuhms länger auffzuhalten / insonderheit / weil meine Herren und Brüderliche Freunde ohn zweiffel ihre gedanken am andern Orte haben; zu beklagen aber ist es / daß in andern Künsten und Wissenschafften ein so hocherfahrner fast unvergleichlicher Man / in diese tieffe und unsinnige Finsternis gerahten ist / daß er die augenscheinliche Allmacht Gottes anzufechten / und ein grösser Himmelsstürmer / als des Ovidius seine / zu werden / sich nicht gescheuhet hat; da andere verständige Heyden nie gebilliget haben / was Gott zur Beschimpffung gereichen kan; dz dem nach des vorgedachten M. Tullius Warnung ihn von solcher gottlosigkeit hätte billig abhalten sollen / welcher im andern Buche von der Götter Art / also schreibet:Es ist eine böse und Gottlose Gewohnheit / wieder die Götter zureden / es geschehe gleich aus Ernst / oder nur zum Scherze. Hiemit gab er seiner rede die Endschafft / und weil der junge Fabius alle seine Worte in sein Handbüchlein schrieb / sagte er zu ihm: Mein Herr / ich bitte sehr / er wolle meine Reden keinem verständigen zeigen / damit seine Schrifft nicht ein Zeuge sey meines geringen Verstandes. Ich werde diese Unterrichtung vielmehr tåglich durchlesen / sagte er / damit ich mich befleissige / den Göttern ihre gebührliche Ehre zugeben / und mich vor deren Läster- und Beschimpffung zu hüten. Herkules wolte sie nicht länger aufhalten / baht nochmals / daß sie es / als unter der [120] Rose geredet / verschweigen möchten / und lies sie damit von sich; da auff dem Wege Fabius zu Ladisla sagte: Er hielte vor gewiß / daß wo nach etlicher Meynung die Seelen der verstorbenen in andere Leiber gegossen würden / müsten die Götter drey unterschiedliche / als die verständigste / herzhaffteste und freundligste zusammen verknüpffet / und diesen Helden damit volkommen gemacht haben; und dürffte ich fast wähnen /sagte er / es sey Herr Herkules dem Christlichen Glauben zugetahn. Ist mein Herr Schwager und Bruder der Meynung / sagte Ladisla / so ist mein fleissiges Ansuchen / er wolle solches vor sich allein meinen; welches er dañ gerne versprach. Die zehen Tage über / daß Herkules sich in seiner Kammer halten muste / dauchten der Geselschafft länger als ihm selbst / weil er ihrer aller Herzen ihm fast eigen gemacht hatte. Am eylfsten Tage legte er seine Kleider an / und ging mit den andern zu Tische / da der Stathalter eine fröliche Gästerey / und dabey ein herliches Seytenspiel anstellete. Weil dann Ladisla seiner liebsten / Herkules anmuhtige Spiel- und Singekunst gerühmet hatte / suchte dieselbe alle Gelegenheit / wie sie ihn hören möchte / merkete aber / daß er bey so grosser Geselschafft kein belieben darzu trug daher sie solches bey spätem Abend / als die Fremden alle hinweg wahren / von ihm erbaht / da er die Laute nahm / und weil es zwischen Ostern und Himmelfahr wahr / dieses Teutsche Osterlied / welches er selbst gesezt hatte / sang und spielete:


1
Nun hat das heilge Gottes Lam /
Dem man am Kreuz das Leben nam /
Den schönen Sieg an Hell' und Tod
Behäuptet als ein wahrer Gott.
2
Sein Ferßensi ich gibt nicht mehr Blut /
Verschwunden ist der Schlangen Muht;
Ihr Häupt ist nun zerknirschet gar /
Das bey dem Kreuz so freche wahr-
3
Der Drache hat sich eingehůlt /
Sein Troz und Frevel ist gestilt /
Sein Gifft macht ihm selbst angst und Pein /
Und dringet auff sein Herz hinein.
4
Wo ist O Tod / dein Stachel jez?
Wo habt ihr Teuffel euren Wiz?
Wo ist der Hellen Macht und Sieg?
Wer führet wieder uns den Krieg?
5
Das Lam / daß der Welt Sůnde trägt /
Hat eure Macht in Koht gelegt.
Es herschet kräfftig dort und hier /
Und eur Leid wehret für und für.
6
Ja liebster Heyland / deine Krafft
Hat uns nun Fried und Ruh geschafft;
Die Feinde die uns drångten sehr /
Sind mat und gelten fort nicht mehr.
7
Was murret ihr / ihr Teuffel noch?
Was sperret sich der Hellen Loch?
Und dürffen Gottes seiner Schaar
Noch Marter dräuen und Gefahr.
8
Das Lämlein daß erwürget wahr
Bricht eure Wuht und Rachgier gar.
Der Löu' aus Juda steht uns bey /
Und macht von eurem Zorn uns frey.
9
Der Simson bricht der Hellen Tühr /
Der kühne David trit herfür.
Der Goliath liegt schon gestrekt /
Und die Philister sind erschrekt.
10
Du Heyland / du geherzter Held
Hast aller Feinde Macht gefelt /
In dem du aus dem Grab auffstehst /
Und wieder ein zum Leben gehst.
11
Was wolten wir dann fürchten sehr
Des Todes Macht / das hellisch' Heer?
Las toben was da wil und kan /
Trit nur den Kampff mit ihnen an.
12
Ist deine Macht O Mensch / gleich schwach /
So hebt dein Heyland hinten nach.
Durch dessen Krafft wirstu bestehn /
Und dein Feind muß zu Boden gehn.
13
O Heyland hilff zu aller Frist /
Der du vom Tod erstanden bist;
Trit her zu uns in aller noht /
Führ' uns ins Leben durch den Tod.

[121] Die Anwesenden höreten der lieblichen Gesangs-weise zu / weil sie von den Worten nichts verstunden / ohn allein Ladisla / der es aber wenig achtete; Und weil sie wusten / daß Herkules alles gegenwärtige Lob sehr zuwider wahr / sagten sie nichts darzu / ohn daß Frau Sophia sich der geschehenen Ehre höchlich bedankete / nebest dem Wunsche / daß sie deßgleichẽ offt zu hören m \chte gewirdiget werden; welches doch selten geschahe. Diesen Abend bestimmete er mit Ladisla die Zeit zum Hochzeitfeste / und daß er seiner Fr. Mutter die Heyraht durch eigene Botschaft zu wissen tuhn wolte / damit sie ihm nöhtige Gelder zu seinem Vorhaben übermachen / und er der ansehnlichen Freundschafft sein Vermögen und Herligkeit sehen lassen könte.

Am ein und zwanzigsten Tage nach seiner Verwundung / da er allerdinge gesund uñ stark wahr / bekam er Lust ein wenig außzureiten / und erbohten sich Ladisla und Fabius / ihm Geferten zu geben. Der Stathalter solches hörend / sagete: So lasset uns mit einander nach meinem Vorwerke reiten / und den Ort in Augenschein nehmen / woselbst meine Töchter von den Räubern auffgefangen und hinweg geschleppet sind. Die Stathalterin wolte mit / und ihre beyden Töchter bey sich haben / deßwegen eine Gutsche vor sie zugerichtet ward; aber die Herren setzeten sich ingesamt zu Pferde / und liessen Klodius uñ Marx samt andern XXXVI wolbewapneten Reutern mit zur Begleitung zihen. Sie ergetzeten sich den Tag über im grünen / und hatte das Frauenzimmer ihre Kurzweil bey der fliessenden Bach / die durch den Lust Garten lief / und voll herlicher Fische wahr / deren sie mannichen mit dem Angel herauß fingen / und auff die Abendmahlzeit spareten / genossen auch sonst der schönen Sommerzeit (massen es der erste Tag des Mäi Monats wahr) mit guter Fröligkeit. Herkules kunte nicht lange stille seyn / hieß Klodius / sein Pferd und Brust Harnisch samt Schild und Helm herbringen / nam ein Strik Winde zu sich / die Klodius führen muste / und ritte hinauß auffs Feld / etwa einen Hasen / oder (wo das Glük wolte) Hirsch auffzutreiben. Er wahr kaum eine Viertelmeile vom Vorwerke /da sahe er von ferne eine Gutsche von Violenbraunen Sammet / mit breiten güldenen Schnüren besetzet /welche umbher zugemacht wahr; ritte näher hinzu /und fragete den Gutscher / ob er nicht wissen dürffte /wer in der unbegleiteten Gutsche sässe? der jhm zur Antwort gab: Wann er vor einer Viertelstunde kommen währe / würde er eines vornehmen Römischen Herrn Tochter drinnen angetroffen haben / die von dreyen vermummeten Räubern mit gewalt davon gerissen / und hinweg getragen währe / daß er nicht wissen könte / wohin man sie geschleppet hätte. Wie fährestu dann mit dem Wagen davon / antwortete er / und låssest die Geraubete im stiche? Was kan ich ihr helffen? sagte dieser; es ist mir noch lieb / daß ich Pferde und Wagen gerettet habe / als welche mir anvertrauet sind. Das währe ein schlechter Verlust / sagte Herkules; Du must aber ein Pferd außspannen / und mich des Weges fůhren / ob ich auff die Spuhr kommen /und dem Fräulein Hülffe tuhn könte. Darauff stehet grosse Gefahr / sagte dieser; doch weil ihr michs heisset / wil ich gehorsamen; ritte also mit ihm fort / und funden nach Verlauff einer halben Viertelstunde /einen mit Gold und Perlen gestikten Schuch / welchen Klodius auffheben muste / und sie leicht urteileten /die Geraubete würde ihn vor angst haben fallen lassen; und weil sie der Spuhr eigentlich nachsehen kunten / liessen sie den Gutscher zurük reiten / und nach Padua fahren; Sie aber renneten [122] noch eine Viertelmeile weiter fort / und merketen an der Räuber Fußstapffen / daß sie vom gemeinen Wege abgewichen / und nach der Rechten zu sich in einen Pusch begeben hatten / sahen auch / daß auff ihre Ankunfft ein Ungewapneter von einem Baume stieg / uñ die Hecke suchte / eileten ihm nach / und vernahmen auß ihrer Hunde bellen / daß etwas wachsames verhanden wahr. Herkules / so bald er den Pusch erreichete / rief mit starker Stimme hinein / dafern einiger Mensch daselbst verborgen låge / und sich nicht melden würde / solte es ihm sein Leben kosten; aber niemand wolte sich kund geben; biß Klodius auff fleissiges umsuchen /einen geharnischten Ritter hinter einer Nebenhecke daher traben sahe / und es seinem Herrn anzeigete /welcher ihm gerade entgegen ritte. Dieser solches sehend / rief ihm mit starker Stimme zu / was er hie suchete oder begehrete. Herkules merkend / daß er seinen Mann gefunden hatte / gab zur Antwort: Es håtten etliche boßhaffte Schelmen ein Römisches Fräulein auß ihrem Wagen hinweg geführet / die er zu retten willens währe. Der Ritter / welcher Silvan hieß / fragete weiter / was ihn dieses Fräulein anginge? Er meynete ja nicht / daß er Ansprache an sie hätte. Es sey wie ihm wolle / antwortete er / so bin ich dannoch willens / jhr in Nöhten beyzuspringen / wie alle redliche Ritter dem ehrlichen Frauenzimmer verbunden sind. Beyspringen? sagte dieser; hat sie euch doch keinen Bohten geschikt; und was wisset ihr / ob sie nicht mit gutem Willen / oder auffs wenigste zu jhrem guten Glük entführet ist? Zankens ist hier nicht Zeit /sagte Herkules; ob sie mir aber gleich keinẽ Bohten geschicket / so hat sie ohn zweifel die Råuber zu diesem Bubenstük auch nicht eingeladen; und habt ihr Wissenschafft hierumb / so saget mirs / dz ich mich darnach zu richten habe. Silvan antwortete: Ob ich Wissenschafft drum hätte / wer wolte mich zwingen es zu sagen? Auff welchen Troz er antwortete: trauen Ritter / eure Höfligkeit ist klein / wie groß jhr sonst von Leibe und Hochmuht seyd; wann ich aber wissen solte / daß ihr an diesem Raube schuldig wäret /würde ich versuchen / des übels eine Reue in euch zubringen. O du elender / sagte Silvan / darffstu mir noch darzu dräuen / und währest eines Unterhåndlers und Vorbitters so hoch benöhtiget / wann du ohn Straffe entgehen woltest? fassete alsbald sein Schwert / und rante mit vollem Grim auff ihn zu / der meynung / ihn eines Hiebes zu fellen. Aber Herkules / der des Schimpffs auch gewohnet / weich ihm auß dem Streiche / setzete ihm nach / daß er sich wenden muste /und fingen einen so heftigen streit mit einander an /daß Silvan sich darůber entsetzete / und zu seinem Gegener sagte: Du must gewißlich in einer guten Schuele gelernet haben / und jammert mich dein / daß du so früh sterben must. Ja wann du mich mit dem Maule überwinden köntest / antwortete er / würde es an deinem Willen nicht mangeln / wie aber / wann du Rechnung ohn den Wirt gemacht hättest? doppelte hiemit seine Hiebe / daß jener zu weichen gedrungen ward / weil er schon etliche Wunden empfangen hatte. Herkules aber ließ nicht nach / sondern trieb jhn / biß er ihm endlich unter das Schwert kam / ihm den Helm vom Häupte riß / und den Tod dräuete / wo er sich nicht ergeben würde; Weil er nun merkete / daß er außzureissen willens wahr / warff er jhn vom Pferde /sprang ihm nach / sezte ihm das Schwert an die Gurgel / und sagte: Bald laß mir das Fräulein kommen /oder du must sterben. Ritter / ihr seyd der erste / antwortete er / vor dem ich mich demühtigen muß; Ihr fodert aber einen Schatz von mir / welcher mir eben so lieb als mein Leben ist. Daran lieget nichts / sagte er / und hastu [123] Recht darzu / sol sie dir schon bleiben /aber du must durchauß und ohn verweilen schaffen /daß ich mit ihr rede Ja / antwortete Silvan / ihr solt sie sprechen; ließ sich auch von Klodius biß an den Pusch leiten / und rief überlaut: Sosius führe das Fräulein her. Dieser kennete die Stimme / und trat mit ihr daher / die einer Leiche ähnlicher als einem lebendigen Menschen wahr; doch wie sie Silvan wehrloß sahe / fiel sie vor Herkules nieder / und sagte: O ådler Ritter und Herr / rettet mich elende auß dieses verfluchten Räubers Händen / deß wil ich euch zeit meines Lebens verpflichtet seyn. Stehet auff mein Fräulein / antwortete er / und beschimpffet mich nicht solcher gestalt / sondern zeiget an / ob euren Ehren Gewalt angelegt sey. Nein mein Herr / sagte sie / eure Zukunfft hat die Schande von mir abgekehret. Silvan /der vor Liebe brante / sahe / daß er diese Beute solte fahren lassen / wolte aber lieber sterben / und da er Gelegenheit sahe / rückete er Klodius das Schwert aus der Faust / und setzete mit grossem wüten auff Herkules an; der ihm aber tühnlich begegnete / und weil jener ohn Schild und Helm wahr / zerspillete er ihm das Häupt biß auff die Zähne / womit der Kampff sein Ende nahm. Das Fräulein ward dessen hoch erfreuet /empfing ihren Schuch von Klodius / und baht Herkules mit überauß bewäglichen Worten / er möchte ihrer Ehren Hühter seyn / und sie nach Padua bringen / woselbst jhm seine Dienste solten vergolten werden. Er erboht sich darzu willig / und fragte Silvans Knecht /ob noch Ritter in diesem Pusche währen / davon er bey straffe des Todes die Warheit sagen solte; welcher durch die Gefahr geschrecket / gutwillig bekennete: Es hielten eine geringe halbe Meile XL Reuter und XXX Fußknechte von hinnen / zu welchen seine Mitknechte schon hingelauffen währen / sie zu hohlen. Herkules befahl / es solte Klodius auffs geschwindeste hinreiten / umb Ladisla anzumelden / daß er mit seinen Völkern ihm zum Entsatz eilete. Setzete sich nach dessen Abschied auch zu Pferde / und das Fräulein vor sich / weil ruhens zeit nicht seyn wolte.

Nun hatte Herkules seinen Helm biß daher noch nicht geöffnet / betrachtete doch dieser Fräulein Schönheit vor sich auff dem Pferde / und weil ihn dauchte / daß ihr Angesicht mit seiner herzgeliebten Fräulein Valißken Gestalt in etwas überein kähme /ließ er auß herzlichem Verlangen einen tieffen Seuffzer gehen / setzete den Helm ab / und drückete ihr die zarte Hand mit diesen Worten: Hochgebohrnes Fräulein / ich habe heut ein unschatzbares Glük gehabt /indem ich von Gott gewirdiget bin / ein so trefliches Fräulein zuretten / und ob derselben ich gleich unbekant bin / hoffe ich doch / sie werde meine geringe Gesellschafft ihr nicht lassen zuwider seyn / und mit mir auff das näheste Dörflein reiten / weil wir Padua heut nicht erreichen mögen; Ich wil sie / wils Gott /zu einer Gesellschafft bringen / deren sie wird sehr wilkommen seyn. Das Fräulein / so noch voller Schrecken wahr / verwunderte sich über seiner Schönheit und Jugend / baht / umb der Gefahr willen / sehr zu eilen / und weil er sich so freundlich gegen sie mit Reden / Geberden und Handdrücken erzeigete / geriet sie in furcht einer unbillichen Liebe / und gab ihm diese Antwort: Vortreflicher Ritter / und hochwerter Herr; mein Vermögen wird nimmermehr bestand seyn / ihm die gebührliche Vergeltung vor geleistete Hülffe abzulegen; weil einig und allein durch seine Tapfferkeit ich vor dem gräulichen Silvan geschützet / und der Unehr entrissen bin; gelebe auch zu meinem Herrn der tröstlichen Zuversicht / er werde sich meiner Ehre ferner annehmen / [124] damit ich unbeflekt bey meinen Verwanten zu Padua anlangen möge; alsdann wil ich nicht allein seine Mañheit / sondern auch sein Tugendergebenes keusches Herz zu rühmen nicht unterlassen; und da jhm mit einer guten Anzahl Gelder gedienet ist / sol er dessen nach seinem Willen von den Meinen empfangen. Herkules wolte ihre Zucht etwas besser prüfen / welches ihn hernach offt gereuete / und gab zur Wiederantwort: Schönstes Fräulein /ich wundere mich nicht / daß jhretwegen die Ritter sich vergehen / und zu StrassenRäuber werden / insonderheit / wann sie Standeshalben ihrer Hulde und Liebe können fähig seyn; massen die Strahlen ihrer anzündenden Augelein / dergestalt kräfftig und durchdringend sind / daß auch das allerhärteste Herz dadurch solte erweichet / und zu ihrer Liebe angestränget werden; bitte demnach dienstlich / mir nicht zu verdencken / daß ich nichts mehr wünsche / als ihr Knecht und Diener genennet zu werden; ob ich dann gleich in jhren Diensten sterben und untergehen solte / würde ich diesen sanfften Tod vor ihre Ungunst erwählen; deßwegen wolle sie an meiner Wenigkeit nicht zweifeln / daß ich nicht alles mein Vermögen dran strecken werde / sie in gute sicherheit zu führen. Mit welchen Worten er ihr die Hand freundlich küssete / uñ zugleich von der Heerstrassen ab / das quer Feld einnam / nach einer Grund zu / da ihn dauchte es der näheste Weg nach dem Vorwerke währe. Das Fräulein aber urteilete darauß / er wolte sie gar entführen / und zu seinem Willen nöhtigen / daher sie also anfing: Ach mein Herr / warumb meidet er doch die rechte Strasse? Ich bitte und ermahne ihn bey seiner Ritterlichen Krafft / die er heut in Rettung meiner angewendet / er wolle nichts ungebührliches wider mich vornehmen / noch durch eine solche Taht seine selbst eigene Ehre beschimpffen / welches ihm kein Meer abwaschen könte. Uber das bin ich von solchen Leuten / welche ihm nicht allein die erzeigete Rettung / nach seinem Willen vergelten / sondern auch / da er einigen Mißbrauch an mich legen würde / eine sehr schwere Rache wider ihn außzuführen måchtig gnug sind; doch wie dem allen / so rede ich solches nicht aus Hochmuht oder Ruhmrätigkeit / sondern bitte demühtig / er wolle mit mir dergestalt verfahren / daß ich ursach haben möge / ihn zeit meines Lebens / als meinen Erretter zu ehren und lieben / sonsten da seine Gedanken mit anderm Begiñen solten schwanger gehen / müste ich seine Rettung nur vor einen Raub halten / dessen ich mich zu seiner Auffrichtigkeit nicht versehen wil. Trefliches Fräulein / antwortete er / sie hat sich meinetwegen nichts arges zubefahren; aber würden ihre Eltern und Anverwanden mirs auch verargen können / da ich meiner erstrittenen Beute bessere Kundschafft mir wünschete? ich bin ja unverheyrahtet / und sie lebet auch ohn Gemahl. Ach mein Herr / sagte sie / er wolle seinen Begierden nicht selber schmeicheln / noch vor zulässig halten / was in aller Welt vor unbillich gescholten wird; solte er aber seinen worten nach / nichts als bessere Kundschafft begehren / kan ihm darinnen wol gewilfahret werden /nur wolle er von diesem verdächtigen Wege abkehren / und der Strasse folgen / damit ich meinem Hn. Vetter / dem Römischen Käyserl. Stathalter zu Padua ohn Schmälerung meiner jungfräulichen Zucht und Ehre möge geliefert werden; alsdann wird diese seine Taht zu Rom nicht geringer geschätzet seyn / als der vortreflichen fremden Herren / die meine herzgeliebte Wase und Schwester Frl. Sophia Fabia aus Räuber händen erlediget / und ihrer einer dieselbe auff gebührliches Ansuchen zum Gemahl erhalten hat; ich auch mich [125] außdrüklich zu dem Ende auff diese Reise begeben / daß ich meiner Frl. Schwester bey ihrem Hochzeitfest möge auffwärtig und bedienet seyn. Hier bekam nun Herkules grosse Reue / seiner ertichteten Anmuhtung / küssete ihr die Hand und sagete: Durchleuchtiges Fräulein / ist dann Fr. Sophia Fabia ihre so nahe Anverwantin? Ja mein Herr / antwortete sie; Wir sind zweer Brüder Kinder / und ist mein Nahme Sibylla Fabia. Hochgebohrnes Fräulein / sagte hierauff Herkules: Der wahre Gott Hi els und Erden ist mein Zeuge / daß Zeit meines Lebens ich keinem einigen Weibsbilde Ungebühr zugemuhtet / auch gegen ihre Durchl. dessen im allergeringsten nicht gesinnet bin /sondern meine Reden sind eines teils zum Scherze /andern teils dahin gemeinet / daß weil ich lebe / ich euer Vortrefligkeit ergebener Knecht und Diener seyn und bleiben wil; und ist mir herzlich leid / daß sie meine Worte ungleich auffgenommen / oder wegen dieses Abweges Argwohn gefasset hat / welchen ich aber bloß / der Gefahr zuentgehen / und sie in Sicherheit zu angenehmer Geselschaft hinzuführen / vorgenommen habe / weil ich befürchte / des erschlagenen Miträuber dürfften dem gemeinen Wege bald folgen; weil ich mich auch unwirdig erkenne / ein so hohes Fräulein vor mir auff dem Pferde zu führen / wil ich willig absteigen / und neben ihr zu fusse herlauffen. Ach nein / mein Herr / antwortete sie; so währe ich das unhöflichste Weibesbild / wann ich meinen Erlöser vom Pferde stossen / und an seine stelle mich drauff setzen würde. Ich bedanke mich aber von herzen vor das hoheerbieten / vernehme daher sein ehrliebendes Gemüht / welches ich weit höher als seine Tapfferkeit schätze / und ich die meinen auch dahin vermahnen wil / ihm alle mögliche Dankbarkeit zu erzeigen. Aber mein Herr / vielleicht ist er selbst deren einer / die meine Fr. Schwester von den Räubern erlöset habẽ. Ich bin meiner Fräulein / wie auch ihrer Fr. Schwester stets ergebener Knecht / antwortete er; uñ jenes Gebäu / welches dort vor uns liget / ist der ort /woselbst mein Frl. in Geselschaft eines hochädlen Frauenzimmers zur Nachtherberge großgünstig vorlieb nehmẽ wird.

Frr. Ursul und Sophia gingen haussen vor dem Vorwerke / umb zu sehen / ob Herkules mit dem fremden Fräulein / wovon ihnen Klodius gesagt hatte / bald kommen wůrde; Und als sie ihn von ferne erblicketen / lieffen sie ihm frölich entgegen / da ihm Fr. Sophia zurieff: Mein Herr Bruder / Herr Herkules / was vor ein schönes zahmes habt ihr gefangen / und seid nur dem Wilde nach gerittẽ? Das Fräulein erkeñete alsbald ihre Stimme / und sagte zu Herkules: Ach mein Herr / warumb hat er sich mir nicht wollen zuerkennen geben / daß ich ihm die gebührliche Ehre geleistet hätte / nachdem sein hochberümter Nahme aus meiner Fr. Schwester Schreiben mir wolbekant ist? Er aber stieg vom Pferde / und huhb sie herab /über welche die beyde Frauen sich zum höchsten verwunderten / sie freundlich umbfingen / und zu ihr sageten: O Herzen Schwesterchen / wie sehen wir euch so unvermuhtlich / und ohn Geselschafft? diese antwortete: Sie währe vor wenig stunden von dem schnöden Silvan geraubet / håtte auch ohn zweiffel Ehr und Leben einbüssen müssen / wann dieser tapffere Ritter und Herr sie nicht errettet und den Räuber erschlagen hätte. Worauff Fr. Sophia sagte: Muß dann Herr Herkules den Fabier Töchtern zum Heyl und ihrer ehren Rettung gebohren seyn? O wie hoch ist ihm Herr M. Fabius hierumb verbunden / weil er nur dieses einige Kind hat / durch deren Verlust alle seine Freude zugleich mit würde verschwundẽ seyn. Herkules antwortete; seine schlechte Dienste währen [126] dessen nichts wirdig; aber hat mein Klodius / sagte er / sich noch nicht eingestellet? O ja / sagte sie / er hat meinen Gemahl und Bruder mit der ganzen Reuterey auffgemahnet / sind auch biß auff meinen H. Vater und IV Reuter alle fortgangen. Herkules hörete solches gerne /lies ihm ein geruhetes Pferd und das hinterstellige seines Harnisches geben / und setzete ihnen frisch nach. Der Stathalter und sein Gemahl empfingen das Fråulein / als ihr eigen Kind / und frageten / wie ihre Eltern sie so einsam hätten reisen lassen / freueten sich nicht minder ihrer Zukunfft / dann ihr Vater H. Markus Fabius wahr des Stathalters einiger Bruder / ein trefflicher Herr zu Rom / der die höchsten Ehrenämter bedienete / und am Käyserlichen Hoffe viel vermochte / auch bey des Käysers Mutter Fr. Mammea in sonderlichem Ansehen wahr. Ihre Mutter Fr. Plazida /Herren Cassius Apronianus / gewesenen Römischen Bürgemeisters Tochter / hatte sie zu allen jungfräulichen Tugendẽ erzogen / daß ihres gleichen zu Rom wenig gefunden ward. Als nun die Geselschafft zu wissen begehrete / wie sie von Herkules gerettet worden / der vor wenig stunden von ihnen geritten wåhre; antwortete sie. Hochwerter Herr Vetter; nachdem mein H. Vater der glůklichen Heyraht meiner Fr. Schwester ist berichtet worden / und daß das Hochzeitfest in weniger Zeit folgen würde; habe ich der Zeit nicht können erwarten / sondern bey meinen Eltern bitlich angehalten / daß ich alsbald herüber reisen / und meiner Fr. Schwester Geselschafft und auffwartung leisten möchte / welches sie mir endlich bewilliget / und mit XVI Reutern mich auff meiner Gutsche begleiten lassen; wie ich nun in guter Sicherheit fortgezogen bin / hat ein Hetrurischer Herr / nahmens Silvan mit seiner grosse Geselschaft mich heut überfallen / meine Reuter alle erschlagen / und mich noch eine Stunde fortfahren lassen / jedoch mir etliche Räuber nach geschicket / welche mich und meine Dienerin aus der Gutsche in einen Pusch getragen / und mich dem Silvan / welcher sich daselbst allein befand / eingelieffert. Dieser Räuber hat vor sechs wochen bey meinen Eltern umb mich angehalten / und als er abschlägige Antwort bekommen / sich hefftiger Dräuungẽ vernehmen lassen / wie hart er diesen vermeinten Schimpff zurächen / und dannoch meiner /wo nicht zu ehren / doch zu seinem Willen mächtig zuwerden / Raht wüste; hätte auch ohn zweiffel seine Boßheit an mir volstrecket / wo nicht Herr Herkules durch mächtige Erl \sung mich von ihm loßgemacht hätte. Der Stathalter tröstete sie / wegen überstandener Gefahr / und daß sie diesen Unfal nicht zu sehr solte zu herzen nehmen / weil noch alles durch der Götter schickung wol abgelauffen / und ihre Ehr und Gesundheit unverletzet blieben währe. Inzwischen hatten Silvans abgelauffene Knechte seinen Völkern angedeutet / daß ihr Herr von einem Ritter angesprenget / und schon so weit gezwungen wåhre / daß er ihm das Fräulein zustellen müssen / dürffte auch wol gar Lebensgefahr außstehen / wo man ihm nicht zu Hülffe kähme. Worauff Silvans Schwester Sohn / nahmens Vinius / ein verwägener frecher Mensch / mit der ganzen Reuterey sich auffmachete / und den Fußknechten zu folgen / Befehl erteilete. Er kam bald bey Silvans Leichnam an / und verstund von Sosius / wie sichs begeben hatte; bekümmerte sich doch wenig wegen des Unfals / weil er ihm alsbald Hoffnung machte /das Fräulein vor sich wieder zuerstreiten / ging also fort / und folgete Klodius seiner Spuhr nach / da er der Fräulein Magd antraff / und sie bey sich behielt /umb / wie er sagte / sie dem Fräulein wieder zuzuführen. Ladisla setzete mit [127] seinen Leuten auch frisch fort / und wahr kaum bey der Heerstrasse angelanget / da er von ferne den Staub vor sich sahe; hielt darauff stille / und stellete die seinen in Ordnung dafern man ihn rechtfertigen würde. Vinius stach vor seinen Reutern her / und so bald er der unsern gewahr wurde / rante er zu ihnen hin / und fragete; ob ihnen nicht ein Ritter aufgestossen währe mit einem Fräulein in lichtrohter Kleidung. Klodius muste ihm auff Befehl antworten /und fragen / was er auff das Fräulein zu sprechen hätte; es währe ihnen ja ein solcher Ritter begegnet /dem sie Schuz und Beystand auff allen Fall leisten wolten. Dieser gab hönisch zur Antwort: Er hätte anjezo nicht Zeit / sich bey ihnen auffzuhalten / damit ihm das Fråulein nicht entführet würde / möchten sich deßwegen gedulden / biß auf seine Zurükkunfft / als dann wolte er ihnen Fuß halten; auff was Weise sie es begehren würden. Schwenkete hiemit seine Schaar /und wolte neben ihnen weg reiten; aber Ladisla stellete sich ihm in außgebreiteter Ordnung entgegẽ / und fragete nochmal / was vor Recht er zu dem Fräulein hätte / nebest der Bedrauung / er solte sich der Nachfolge begeben / oder ihn zum Feinde haben. Dieser sahe daß ihm der Weg verleget wahr / zweiffelte zwar am Siege nicht / weil er die unsern an Mannschaft übertraff; nur besorgete er / dz auf diese weise das Fräulein ihm möchte entrücket werden / versuchte deßwegen noch einmahl / in güte zuerhalten / daß er seinen Weg ungehindert möchte fortsetzen / mit åidlichem Versprechen / er wolte hernach den unsern gedoppelt zuwillen seyn; dafern sie ihm aber sein Glük würden verhindern / müsten sie es alle mit dem Halse bezahlen. Ladisla wolte ihm darauff nicht antworten / sondern beredete sich mit Fabius / wessen er sich zu seinen Reutern zuversehen hätte / es tähten ihm die schmåhliche Dräuworte sehr wehe / die er auff sich nicht könte ersitzẽ lassen / und hätten sie sich billich zuschämen / daß sie solchen Troz erdulden müsten / da sie an der Zahl ihm beynahe gleich währen. Fabius redete hierauff seine Reuter an / und als sie sich erbohten / ihrer Pflicht biß in den Tod eingedenk zu seyn / sagte Ladisla zu Vinius / er solte des Nachjagens / oder seiner Freundschafft sich begebẽ /man hätte seinẽ stolzen Dräuungen schon viel zuviel ůbersehen. Wolan / antwortete dieser; dein lezter Tag ist kommen / welcher dir so viel unerträglicher fallen sol / weil du mir an meiner höchsterwünscheten Glükseligkeit verhinderlich bist. Womit sie von einander zogen / und die ihren zum Treffen ordneten. Herkules kam gleich hinzu gerennet / vernam von Ladisla allen Verlauff / und wahr des gänzlichen vorhabens / die Blutstürzung abzuwenden / schickete alsbald seinen Klodius an Vinius / und lies ihm sagen; der so das Fråulein gerettet / und schon in Sicherheit gebracht /währe gleich jezo wiederkommen / und liesse ihm sagen / daß wann er etwas auff ihn zusprechen hätte /solte er solches mit seinem Schwerte wieder ihn außfechten / und zu weiterm Mord keine Ursach geben /und stünde ihm frey / mit ihm oder Ladisla den Kampff anzutreten. Der Räuber sol wilkommen seyn /antwortete Vinius / und sage ihm / das er sich fertig halte. Klodius hies ihn einen Lügener / und das er auff seine Schanze acht gäbe; hinterbrachte die Antwort /und machete Ladisla traurig / daß er ohn Streit abzihen solte / muste doch einwilligen / und fielen die beyde ganz eiferig mit den Schwertern aufeinander /da Vinius durch seine erste Wuht zimlich Stand hielt; aber Herkules ward bald sein Meister / lähmete ihm vor erst den rechten Arm / und gab ihm also fort einen Stoß in die Gurgel / daß er Tod niderstürzete. Seine Reuter erschraken der schleunigen Niderlage / [128] und auff Ladisla Befragung / ob sie umbkehren / oder gleicher Belohnung wolten gewärtig seyn / bahten sie umb schön Wetter / gaben der Fråulein Magd von sich / uñ auf Vergůnstigung führeten sie den Erschlagenen mit sich davon. Herkules dankete Gott / daß ohn weiteres Blutvergissen der Streit geendiget wahr /und befragete die feindlichen Reuter / auff was vor einen Anschlag sie eigendlich außgezogen währen; welche zur Antwort gaben; es hätten ihre beyde Erschlagene Herrẽ nebest andern gewaltigen Rittern sich verschworen / Herren Fulvius Tod an den beyden fremden Herren zu Padua zu rächen; weil nun Silvan von Rom vertrauliche Nachricht bekommen / daß das Fräulein auff dem Wege nach Padua währe / hätte er solche aufffangen / und sie ihm ehelichen wollen. Herkules gab zur Antwort: Ich bin einer von den fremden zu Padua; weil dann eure beyde Herrẽ eine unverdiente Feindschaft mir zugeworffen / haben sie durch Gottes Rache den Lohn schon hinweg; Kehrete mit seiner Geselschafft wieder um nach dem Vorwerke / und wurden daselbst frölich empfangen.

Bey der Abendmahlzeit saß Herkules auff Fr. Sophien Anordnung bey dem Fräulein / redete aber wenig mit ihr / weil er sich seines gebrauchten Frevels nicht wenig schämete. Die Nacht ruheten sie auff zwey gemeinen Lagern / und wahren früh morgens mit dem Tage wache / da Fr. Sophien eine sonderliche Lust ankam / den Platz im Walde zu besichtigen / da sie auß Räubershänden erlöset / in ihres lieben Ladisla erste Kundschafft gerahten wahr / welches ihr so hefftig anlag / daß sie nicht ruhen kunte / ihn zu bitten / daß er die Geselschafft vermögen möchte / mit zureiten / dann sie währe willens / an dem Orte eine sonderliche Gedächtniß zu stifften / welcher sie seiner Liebe zu allererst wirdig gemacht hätte. Ladisla kunte ihr ohn das nichts versagen; so wahr es auch ein kurtzer Weg / der in zwo Stunden mit ihren schnellen Pferden kunte erreichet werden; begrüssete demnach seinen Herkules und den jungen Fabius / ihm Geselschafft zu leisten. Der Stathalter erboht sich / selbst mitzuzihen; auch wolte seine Gemahl den Ort besichtigen / daß also sie ingesamt in den ersten Frühstunden sich auffmachten / und den Weg vor sich nahmen; wolten zwar anfangs ohn Waffen reiten / aber auff des Stathalters anmahnen / legten sie dieselben an / weil man nicht wissen könte / was vor Unfall sich zutragen möchte. Als sie den Pusch erreicheten / musten sie die Pferde unter der Verwahrung etlicher Reuter Jungen hinter sich lassen / und zu fusse durch die Hecken brechen / welches dem Frauenzimmer nicht eine geringe Beschwerung gab; wiewol sie gute Gehülffen bey sich hatten; massen der Stathalter sein Gemahl / wie auch Ladisla und Fabius die ihren mehrenteils schleppeten und trugen. Herkules führete Frl. Sibyllen mit ihrer guten Vergnügung / der sich doch noch immerzu fůrchtete / sie würde wegen seiner gestrigen Reden einen heimlichen Unwillen auff ihn geworffen haben /daher er auch vor dißmahl zu ihr sagete: Durchl. Fräulein / wann ich an mein gestriges Verbrechen gedenke / da ich so ungebührlichen Schertz mit ihr treiben dürffen / schäme ich mich fast / sie kühnlich anzusehen / und wundere mich ihrer hohen Gütigkeit /daß sie meinem Muhtwillen so leicht verzeihen können / und mich ihrer Gefährtschaft noch wirdiget; versichere sie aber / daß zeit meines Lebens ich mich äusserst bemühen wil / diesen Frevel durch ein bereitwilliges Herz jhr zudienen / abzutragen / und wünsche nicht mehr / als daß ich des beschehenen v \llige Verzeihung bitten dürffte. Das Fräulein / die an seiner [129] Zucht und Schönheit überauß grosses Gefallen trug /antwortete ihm: Ach mein Herr / ich bitte freundlich /er wolle sich allerdinge Unschuldigen nicht anklagen /gestaltsam ich von jhm ja nichts als alles gutes empfangen; hätte auch vielmehr umb Verzeihung zu bitten / daß ich sein ehrliebendes Gemüht in zweifel zihen /und mich ůber ihn beschweren dürffen / wovor ich gerne Abtrag machen wolte / wann ich nur des Vermögens währe. Er hingegen wendete ein / es währe seine höchste Vergnůgung / wann sie sein Verbrechen übersehen und vergessen wolte; huhb sie auch über alles Gesträuche mit anmuhtigen Bezeugungen seines ergebenen Willens / dessen sie mit guter Auffmerkung wahr nam / weil sie ohn das eine Schuldigkeit der Vergeltung vor geleistete hohe Dienste in ihrem Herzen empfand / daher sie ihm alles gutes / wie ihr selbst / gönnete; betrachtete auch nicht allein seine Tugend mit den Gedanken ihrer hochvernünfftigen Seele / sondern sahe sein liebreiches Angesicht ohn alle Einbildung der Genießwilligen Liebe zum oftern an / und hütete sich nicht vor dem Gifft / welcher durch der Augen und Zungen Bedienung sich biß in das innerste des Herzen hinein zu senken pfleget /weil sie nicht allein noch jung / und im XVI Jahre ihres Alters / sondern auch von ihren Eltern in höchster Zucht aufferzogen / und von allerleichtfertigen Geselschafft abgehalten wahr / welche offters der zarten Jugend viel schädlicher / als die gifftigsten Schlangen sind. Die holdseligen Unterredungen kůrzeten ihnen des Weges Länge / und machten sie des mühseligen gehens wenig empfinden / daß ehe sie sichs versahen / sie sich schon auff dem Platze befunden / und nicht ohn Bestürzung sechs auffgerichteter herlicher Mahlzeichen gewahr wurden / daher sie anfangs meynetẽ / sie hätten den rechten Ort nicht angetroffen / eileten doch nicht destoweniger / die erhabenen außgehauenen Steine zubesichtigen / unter denen der eine sechs Ellen lang und drittehalb Ellen breit /ganz glat gehauen wahr / an dem sie diese Messinges künstlich eingegossene Schrifft lasen:Stetswehrendes Ehren Gedächtniß der treflichen Helden / welche auff diesem unseligen Platze von vierzig R \mischen Rittern unredlicher weise angegriffen / und nach langem ernstlichen Gefechte übermannet und erschlagen sind; deren Todt an den M \rdern und ihren Helffers-Helffern zu rächen / die löbliche verschworne Gesellschafft ihr vorbehalten hat.

Unten am Steine wahr die Jahr-Monat und Tagezahl solcher Niederlage abgehauen. Der Stein so diesem am nähesten stund / wahr ein grosses Mannesbilde / welches in der Rechten ein Schwert / und in der Linken einen Schild hielte / und lase man zu oberst auff einem Getäffel diese Schrifft:Orgetorix der grosse von Leibe / Gemüht / Kunst und Kräfften / aller Fechter Ehr und überwinder / bestalter Herzog über 38000 Mann / lieget unter diesem Steine begraben / von XV geharnischten Rittern schelmisch überfallen / deren er vor seinem Tode zwey nidergehauen; dessen Blut umb Rache schreyhet. Nähest ihm stund ein gepanzertes Bilde mit gleichem Gewehr / und mit dieser Uberschrifft:Herr Dumnorix Obrister über 4000 lieget unter diesem Steine / von acht Rittern unredlicher Weise erschlagen. Das folgende Bild gleicher Gestalt / wahr unter dieser Schrifft zuerkennen:Herr Ambiorix /Obrister über 3000 / hat allhier seinen kühnen Geist aufgegeben / von acht Rittern nidergemacht. An den zweyen übrigen auffgerichteten Steinen / in nicht so hoher grösse / lasen sie diese Worte; als am ersten:Fimbria / Herren Dumnorix Obrister Wachtmeister / von fünff Rittern ermordet / hat seinem Obristen im Tode Geselschafft leisten wollen. An dem lezten:Sergius / Herren Ambiorix Häuptman über ein Freyfähnlein / ist alhie von vier Rittern erleget worden. Sie verwunderten sich dieser [130] Begebniß zum höchsten / und sagte Herkules. Die Nahmen und Zeitbenennungen geben gnug an den Tag / daß den von uns erschlagenen Räubern diese vermeynete Ehren Gedächtnis auffgerichtet worden; warumb man aber solche Taht XL Rittern zuschreiben wollen / ist mir unwissend / es geschåhe dann aus großpralerey / den Buben ein so viel grösser Ansehen zu machen / welches ich doch wenig achte / und nur nachsinne / wer immer und ewig so verwägen seyn dürffen / diese Steine herzusetzen / und zwar ohn Vorwissen der Landes Obrigkeit; muhtmasse daher /es müsse eine grosse Menge der verschwornen Räuber obhanden / und vielleicht wol gar in der nähe seyn; angesehen / daß in so kurzer Zeit dieses alles nicht allein geschwinde verfertiget / sondern auch auffgerichtet ist. Ich weiß nicht / antwortete der Stathalter / ob dieses ein verzaubertes oder wahrhafftes Werk ist; dann Römische Untertahnen haben diese Bilder ja nit öffentlich hauen / vielweniger die Dräuung der Rache hinzusetzen dürffen; daher ich wähne / dem Römischen Reiche stehe eine grosse annoch verdeckete Gefahr vor / welches etlicher massen aus des Orgetorix reden gegen meine Tochter / erscheinet. Der junge Fabius sahe ohngefehr an einem grossen Baume eine weisse steinerne Taffel blänken /ging hinzu / und lase daran folgenden Inhalt:Diß sind die sechs unehrliche Ritter / welche durch die Hände der Helden vor ihrem Tode auffgeopffert sind. Er rief die andern herzu / es zu lesen / sahe über sich / und ward sechs auffgehenkter Leichnam gewahr / die endlich vor seine Reuter erkennet wurden / welche Herkules und Ladisla bey seinem unvorsichtigen Anfall erschlagen hatten / und nachgehends in die Erde verscharren lassen / welche wieder außgegraben / und an diesen Baum geknüpffet wahren. Als Ladisla sie besahe / sagte er: Ohn zweifel haben die Uhrheber dieses Werks ihre Auffmerker in Padua / welche ihnen alle Beschaffenheit wol werden eingebracht haben /daß also der blosse Hochmuht ihnen diese Lügen eingeblasen hat. Niemand wahr bestürzter hierüber / als Fr. Sophia / und gedauchte sie / die Steine müsten in der Nähe gearbeitet / und heimlich herzugebracht seyn / worüber sie zu ihrem Vater sagete: Jezt erkenne ich erst meine grosse Gefahr / in welcher ich dazumahl gestecket; dann solte ein grösser Hauffe Räuber den damahligen Verlauff erfahren haben / und ihnen Hůlffe geleistet / hätten wir alle das Leben einbüssen müssen. Sie ging aber fleissig umher / ob sie nicht irgendwo ein Merkmahl antreffen möchte / wodurch man der Sache bessere Kundschafft einzöge; und ward endlich nach fleissiger Nachspürung gewahr /daß nach der linken seite des Gehölzes inwarz / das Graß sehr zutreten wahr / und eine Wagenleise / die fast gar zugescharret / sich etlicher massen vernehmen ließ; welches sie jhrem Ladisla anzeigete / und bey ihm anhielt / etliche von den Reutern außzusenden /die dem Wege nachgingen / und bericht einhohleten. Aber Herkules / der mit gleichmässigen Gedanken umging / sagte: der Sinn trüge ihm etwas sonderliches zu; wolte demnach die ganze ritterliche Geselschafft freundlich ermahnet haben / ihr Gewehr zu beobachten / und redete den Stathalter also an: Hochmögender Herr / mir zweifelt nit / diese ganze Landschafft / wo nicht der Käyserliche Stuel selbst / sey einer grossen råuberischẽ Geselschafft zur Beute außerkohren / so daß erster Zeit / ehe und bevor der Rauch auffgehet /ein hellbrennendes Feur Städte und Dörffer verzehren möchte; und wer weiß / ob dasselbe nicht alhier in der Nähe unter der Asche glimmet / daß mans durch gute Vorsicht dämpffen könte / ehe es hervor gescharret würde; und ob gleich unsere Geselschaft klein und geringe [131] ist / sind wir doch mit Waffen so wol versehen /daß wir uns eines räuberischen Sturmes mit der Hülffe des Allmächtigen Gottes wol erwehren können; deßwegen auff des Herrn Stathalters Vergünstigung /ich wol der Meynung währe / einen kurzen Weg ins Gehölz zu nehmen / ob sich einiger Räuberhauffe wolte blicken lassen. Der Stathalter ließ ihm solches wolgefallen / und erboht sich / selbst mitzugehen /nahmen das Frauenzimmer zwischen sich / und gingen in guter Ordnung den getretenen ungleichen Weg eine ganze stunde lang / ehe sie etwas gewahr wurden; Daher Fr. Pompeja wegen Müdigkeit anhielt /wieder umzukehren; Ihre Tochter aber hingegen sie baht / noch ein wenig fortzugehen / weil der Weg je länger je gebahneter fiele. Der junge Fabius trat eines guten Steinwurffs vorauß / und ward dreyer gepanzerter grosser Männer innen / die unter einem schattichten Pusche schlieffen / und ihr Gewehr neben sich liegen hatten. Er wendete sich umb / winkete der Geselschafft stille zu seyn / ging mit grossen Schritten dem Pusche zu / stieß den einen mit dem Fusse in die seite / daß er erwachete / und fragete ihn / wie er den rechten Weg nach Padua wieder antreffen möchte / weil er im Walde irre ginge. Dieser verwunderte sich neben seinen Gesellen / woher dieser gewapnete Ritter so einig zu fusse herkähme / und gab ihm zur Antwort: Du gehest nicht irre / guter Geselle / sondern bist auff dem Wege deines guten Glüks; stund hiemit auff /und griff nach seinem Schwerte; Fabius aber / der seinen mörderischen Vorsaz merkete / ließ ihm so viel Zeit nicht / sondern wie er sich bückete / das Gewehr auffzuheben / versetzte er ihm eines in den Nacken /daß jhm der Kopff vor seine eigene Füsse fiel; wodurch die übrigen beyde auffgemuntert / ihn mit grossem wüten anfielen / deren er sich ritterlich erwehrete / biß Herkules und Ladisla ihm zu hülffe eileten /und den ganzen Hauffen folgen liessen; daher die Räuber als ungeharnischte mit leichten Sprüngen sich davon machten / und zueilen nicht auffhöreten / biß sie vor einer mit Dornhecken umgebenen Höhle anlangeten / und sich daselbst verkrochen.

Die unseren verfolgeten sie / so viel wegen Verhinderung der Waffen geschehen kunte / biß sie bey diesem Orte ankahmen / des verdeckten Loches sich verwunderten / und näher hinzu traten / auch ein grosses Getümmel und Waffen-geråusche unter der Erden vernahmen / worüber Herkules sich hoch erfreuete / rieff die ganze Gesellschafft herbey / und fügete ihnen zu wissen; hie wåhre ohn Zweifel das gefährliche Raubnest / welches sie durch GOTtes Hülffe gedächten zustören / dafern sie als ehrliche Rittersleute geträuen Beystand leisten / ihre Schwerter frisch gebrauchen /und dieser unsterblichen Ehre mit teilhafftig seyn wolten; welches sie ihm alle schwuren. Wie geherzt sich nun unsere Helden erzeigeten / so erschrocken stellete sich das kleinmůhtige Frauenzimmer / insonderheit Fräulein Sibylla / ungeachtet Herkules sie tröstete /und ihnen drey Hüter vor einen ungewarneten überfall zuordnete. Frau Pompeja begunte mit ihrer Tochter zu schelten / daß sie die einige Ursach dieser Gefahr währe / in welcher sie vielleicht alle umkommen müsten / die sich aber bester massen entschuldigte; es währe ja alles ohn jhr wissen geschehen / und möchte die Mutter sich zu frieden geben. Der Stathalter wahr ohn Waffen / und hatte nur sein leichtes Seiten-Gewehr bey sich / daher Ladisla ihn vermahnete / bey dem Frauenzimmer zu bleiben / biß man bessere Kundschafft eingezogen hätte. Welches er also beantwortete: Wie mein geliebter Herr [132] Sohn / seyd ihr dann diesem Lande mehr schuldig als ich / daß ihr fechten /und ich in der Sicherheit verborgen liegen solte? fing hierauff an / die anwesende Reuter also anzureden: Nun lasset sehen / ihr meine Söhne / wie träulich ihrs mit dem Vaterlande meynet. Hier ist Ehre / Ruhm und Belohnung zu erstreiten / so daß euch das Glük mit beyden Händen zur Niessung ihrer Gaben herzuwinket; Lasset euch nur eine geringe Gefahr nicht abschrecken / noch eine kurtze Arbeit verdrießlich seyn; Ich verspreche euch bey meiner Redligkeit / höhere Vergeltung als ihr selbst nicht gedenken möget; tuht nur die Augen und Ohren auff / und folget euren Führern / welche / ungeachtet sie Fremdlinge sind / dannoch sich willig vor die Wolfahrt unsers Landes darbieten / in welchem sie nicht einen fußbreit eigenes haben. Dafern nun die feindselige Räuber sich werden hervormachen dürffen / so greiffet sie frisch und tapffer an / ich wil vor eines jeden Feindes Häupt hundert Kronen erlegen. Uber dieses erbieten wurden sie dergestalt beherzt gemacht / daß sie versprachen / ritterlich zu siegen oder růhmlich zu sterben.

Herkules blieb inzwischen immer fleissig vor der Höhle stehen / und nach tiefsinniger Horchung merkete er / daß das Getümmel sich immer weiter hinein zohe / deßwegen er X Reuter wählete welche den Harnisch ablegen / und umbher gehẽ musten / zuvernehmen / ob die H \hle etwa mehr Eingänge hätte; besetzete dieses Loch mit drey Mann / und stellete die Völker in gute Ordnung / mit Befehl / wessen sie auff Begebenheit sich verhalten solten. Es stund nicht lange an / da kahmen die außgeschikten wieder herzu / und brachten Kundschafft ein / daß sie noch eines Loches gewahr worden / aus welchem sich gepanzerte Männer hervor tåhten / und zum Streit fertig macheten. Nun dann geschwinde auff / sagte Herkules; trat zwischen Ladisla und den jungen Fabius vorne an / und hies Klodius mit XIV Mann folgen; die übrigen aber unter Markus Befehl sich gefasset halten. Sie funden /daß sich schon XX Räuber aus der Höhle hervorgemacht / und das Loch ringsumher besetzet hatten /daher Herkules sagte; man müste allen Fleis anwenden / daß nur der Eingang erstritten / und die Feinde davon abgetrieben würden; tahten hiemit den Angriff / und funden wieder vermuhten starke Gegenwehr /weil jene den äussersten Fleiß anwendeten / des Lochs Meister zubleiben; dann also ward ihr Hauffe immer gemehret / so lange sie Freyheit hatten heraus zu steigen. Herkules lies Markus mit XII Mann zu sich fodern / gieng neben Ladisla mit ungläublicher Krafft auff die Räuber / und kunte doch ihrer keinen weichen machen / sondern auff dem Platze ihres ersten Standes liessen sie sich niederhauen; welchen Verlust die lebendigen nichts achteten / weil ihr Hauffe stets gemehret ward. Klodius merkete daß auff der andern Seite des Loches der Feind so festen Stand nicht fassen kunte / deßwegen er selbst sechse durch die Hecken brach / und nach kurzem Gefechte das Loch dieses Orts erstritte / dessen Herkules sich freuete / und seine Tapfferkeit rühmete / weil dem Feinde das Außsteigen hiedurch schon benommen wahr; muhtigte daher seine Leute auff / und das mit Abschneidung der Råuber-Köpffe sie sich nicht hindern solten / er wolte ihres wolverhaltens ihnen schon Zeugnis geben / und ihnen das versprochene Geld zehnfach verschaffen. Darauf ging das schlachten grausam fort / und wurden XXXVI Räuber hieselbst erschlagen / das nur ein einziger [133] davon außreiß / welchen sie zwar leicht håtten nidermachen können / aber Herkules wehrete solches / und befahl / ihn lauffen zu lassen / jedoch zu verfolgen / daß man sähe / wohin er sich wendete / würde alsdann ohn zweifel ihnen an stat eines Spürhundes dienen können. Er aber besetzete dieses Loch mit drey Mann / und vernam nicht ohn schmertzen / daß er bey dieser Schlacht drey Reuter eingebůsset hatte. Seine Völker musten alle zusammen treten / ohn die das Frauenzimmer und die beyden Löcher bewahreten / und befand / daß sie noch drey und dreissig Mann stark fechten kunten; hielt eine kurze Vermahnung / in welcher er ihre schon erzeigete Tapfferkeit rühmete / und zur Standhafftigkeit sie ermahnete / welches ihnen mit statlichen Schenkungen solte vergolten werden. Der Stathalter nahm eines entleibeten Räubers Schild und Schwert zur hand / hatte bißher nur mit worten geholffen / und wolte nunmehr selbst mit fechten / dann er hörete / daß die / so dem flüchtigen gefolget wahren / die Zeitung brachten / sie hätten noch ein Loch angetroffẽ / wobey sich etwa XVI Mann / und zween in vollen Ritterharnische sehen liessen. Da wolte nun nicht lange harrens Zeit seyn / gingen also frisch fort /und funden / daß schon XXIV Räuber in fester Ordnung stunden / und teils mit langen Spiessen umb das Loch hielten / daß sie keinen Schrit sich von ihrer Stelle begaben / sondern das Loch zubeschirmen /willens wahren. Ein grosser ansehnlicher Räuber aber trat aus ihrem Mittel in vollem Harnische hervor / und rieff über laut; ob ein redlicher beherzter Ritter unter den unsern währe / solte derselbe mit ihm einen absonderlichen Kampff annehmen; und dürfte einer es nicht wagen / möchte er selb ander kommen. Herkules aber sagte zu Ladisla; mein Bruder; dieser suchet nichts / als Zeit zugewinnen / daß sein Hauffe vermehret werde / deßwegen greiff nur die Räuber frisch an / mit der ganzen Macht / ich wil mit Gottes Hülffe diesem verwägenen den Troz bald legen / und dir hernach beyspringen. Der junge Fabius wolte ihm den einzelnen Kampff wiederrahten / und als solches nicht hafftete / boht er sich ihm zu beystand an / weil das Ungeheuer es selbst also begehret håtte. Aber Herkules sagte zu ihm: Mein Freund / dort wird eure Hülffe nöhtiger seyn / hier gilt nicht nöhtigens / gehet hin /ich wil geliebts Gott schier folgen. Trat hiemit unerschrocken auff seinen Außfoderer ein / nach dem er sich mit seinem gewöhnlichen Gebet Gott also befohlen hatte:HErr Gott / du starker Schuz aller / die auff dich hoffen; stehe mir schwachen bey mit deiner Krafft /und gib gnädig / daß dieses verwägenen Menschen sein Frevel gebrochen / und seine Boßheit gestraffet werde; mir aber verleyhe den Sieg / weil ich nicht aus Liebe /Menschenblut zuvergiessen / sondern auß unvermeidlicher Noht / dieses Kampffs mich unternehmen muß. Sein Feind ging mit Wuht und rasen auff ihn loß / dann er hatte fast Riesenstärke / daher Herkules ihn sich anfangs abarbeiten ließ / weich ihm mehr aus / als daß er die Hiebe mit dem Schilde abgewendet hätte; endlich da er sich sehr verhauen hatte / lieff er ihm ein und verwundete ihn am linken Arme / daß er vor Schmerzen den Schild fallen ließ / jedoch auß grossem Eifer i er hefftiger von sich schlug / worüber er aller Beschützung vergessend / sich in der Bemühung gar bloß gab / daß ihm Herkules einen geraden Stich in das rechte Auge anbrachte / und bald darauff einen unter dem Brustharnische in den Leib / einer halben Ellen tieff; worauff er zurük trat / und sich in ein wolgemässenes Lager stellete. Der grosse Ruland fühlete / daß er tödlich verwundet wahr / wolte doch seinẽ Feind gerne mit in den Tod nehmen / lieff unsinnig ein / und taht einen solchen kräfftigen streich / [134] welchen kein Stahl hätte mögen auffhalten / aber er fiel zu kurz / und traff ihm doch etwas an der seite auff den Helm / daß ihm das straucheln nicht ferne wahr; erholete sich doch bald / und sahe seinen Feind vor Ohnmacht wanken / und bald darauf in die Knie schiessen; trat zu ihm und sagte: Nun wirstu mir den MeisterSatz halten / riß ihm den Helm hinweg / und schlug ihm das Haupt von der Schulder. Der andere geharnischte Räuber / so bald er seinen Gesellen straucheln sahe / gab sich auß der gemeinen Schlacht / und rieff Herkules zu / gleich da er den lezten Hieb taht: Ritter halt ein / oder du must sterben; welches er aber nicht achtete / sondern nach vollbrachtem Schlage antwortete: Dieser hat seinen Lohn hinweg / und wird Gottes Hand dich auch bald finden. Sie hielten kein langes Gespräch / sondern fingen an so grausam auff einander zu schlagen / daß die Zuseher sich darob entsetzetẽ; und ob zwar der Räuber an Leibeskrafft den Vorzug hatte / so ging ihm Herkules doch mit seiner Geschikligkeit weit vor / indem er jhn von allen seiten anfiel / den schweren Hiebẽ außtrat / und im Augenblik wieder loßging / wann jener sich verhauen hatte / daß er ihn daher in kurzer Zeit an vier Orten verwundete. Der Stathalter hatte bißher seinem Gefechte mit höchster Verwunderung zugesehen / und fing an zuruffen: Ihr Götter haltet diesem Helden Schutz / wie ers durch seine Frömmigkeit verdienet. So bald Herkules seine Stimme hörete / dauchte ihn /er empfinge neue Krafft / wolte die Zeit mit diesem nicht so lange zubringen / sondern warff sein eigen Schwert von sich / und riß dem Räuber seines aus der Faust; welcher sich des Schimpfs schämete / warff den Schild hinweg / uñ suchte Gelegenheit mit ihm zu ringen / fühlete aber sein eigen Schwert gar zu bald in den Rippen / dz er zu bodem fiel / mit händen und füssen zappelte / uñ kein wort mehr sprach. Herkules riß jhm dẽ Helm herunter / schlug ihm dz Häupt ab /und reichte dem Stathalter den Helm mit diesen worten: Da mein Herr / setzet um gefahr willẽ diesen auf /dz ihr bessern schirm habẽ möget. Dieser nam solches mit Dank an / uñ traten mit einander den ihren zu hülffe / da inzwischẽ Ladisla seine Leute geherzt anführete / und eine heftige Schlacht gehaltẽ hatte / so dz der feinde schon XX an diesem Ort erlegt waren /uñ kunten doch den Eingang nit erstreitẽ. Herkules rieff überlaut; man müste durchdringen / sonst währe alle Arbeit vergebens; dann er sahe daß der Feinde Anzahl sich immerzu mehrete / uñ eines erschlagenen Plaz geschwinde wieder ersetzet ward. Die Räuber empfunden Herkules Fäuste bald / und hatten mit grosser Bestürzung angesehen / was Gestalt er ihre beyde Oberste Vorsteher hingerichtet; deßwegen sie auff ihn als eine Fluht stürmeten; aber Ladisla und Fabius leisteten ihm redlichen Beystand / biß er aus diesem Gedrånge sich loß arbeitete / und mit acht Mann / unter denen Klodius wahr / auff der ander Seite einbrach / woselbst er in kurzerzeit IX Räuber mit seiner Faust erlegete. Die andern feireten auch nicht / weil der Feinde Geschrey in der höhle sich nur immerzu hören lies / beschützet den Außgang; ja sie drungen so häuffig hervor / dz ihrer etliche der Schilde vergassen / und nur mit den Schwertern auff ihre Fechtkunst sich verlassend / den Streit auffnahmen /daher sie weidlich einbüsseten / daß das Loch umbher mit den erschlagenen umbschanzet ward / und die Feinde sich des Gewehrs nicht mehr gebrauchen kunten / weil die unsern ohn Ruhe auff sie angingen. Ein ansehnlicher Räuber / da er den Stathalter / den er wol kennete / gegenwertig sahe / überlieff er ihn ganz verwägẽ und sagte: So mustu dich dañoch nicht rühmen /daß du die bißher so glükliche Geselschaft [135] zustöret /und ihren Schaz erstritten hast; führete damit einen gewaltigen Hieb / in Meynung / ihn in der mitte von einander zuschlagen; er aber weich ihm aus / trat wieder nach / und schlug ihm das Häupt fast gar herunter; doch wahr ihm die Gefahr so nahe / daß ihm nicht allein das Wammes vorne auffgehauen / sondern auch der Bauch geritzet wahr; Ladisla und seyn Sohn sahen dieses erst nach verrichteter Taht / wolten ihn nicht weiter allein lassen / sondern nahmen ihn zwischen sich / und hielten ihm kräftigen Schuz / weil sie sahẽ /dz schon mehr Räuber sich an ihm reiben wolten. Herkules unüberwindliche Faust drang endlich Sieghafft durch / das er einen freien Gang zu der Höhle machte / die er vieren zuverwahren gab; er aber mit den übrigen schlug von hinten zu in die Feinde / daß sie endlich verzageten / und sich wie das Vieh hinmätschen liessen; ohn ein junger frischer Råuber hielt sich wol / dem Herkules Gnade anboht / wo er sich willig geben würde; dessen er sich nicht lange bedachte / Schwert und Schild von sich warff / und sich erboht / alles was er könte / willig zu leisten. Herkules fragete ihn alsbald / ob die Höhle noch mehr als drey Außgänge hätte. Nein antwortete er / sie sind ihnen nun alle versperret / und währet ihr nicht so glükselig gewesen / sie so zeittig außzuforschen /wůrde euer ůbel gewartet seyn; dann ich versichere euch / daß bey eurer Ankunfft unsere Geselschafft 194 Mann stark gewesen. Mich betreffend / bin ich erst vor zehen tagen durch List und Gewalt von meiner Anverwanten einem hieher gebracht / und zu einem Häuptman ůber 400 Mann gesetzet; ist mir aber sehr lieb / daß diese Räuber vor erfüllung ihrer angelegten Grausamkeit den verdienten Lohn empfahen; und muß eine sonderliche schickung Gottes seyn / daß ihr gleich jezo kommet / da alle ihre Kriegsamten bey einander sind / welches sonst selten geschihet; zweiffele nicht / die auffgerichtete Ehrengedächtnis werde euch darzu veranlasset haben / welches die Verstendigsten befürchteten / und doch / als überstimmet /nicht abwehren können. Ladisla lies inzwischen die erschlagenen Räuber zählen / deren bey diesem Loche LVI wahren / und sie daher außrechneten daß noch C in der Höhle seyn musten; woruber der Stathalter nicht wenig erschrak / aber durch Herkules Freihmutigkeit getröstet ward / der seine Geselschafft also anredete: Ihr redlichen Brüder / sehet wie eine Menge der Schelmen wir schon abgeschlachtet / und deren gleichwol noch so viel in der Höhle sich auffhalten; aber lasset euch vor denselben nicht grauen; die stärkestẽ sind erleget; ihre beyde Führer dürffẽ vor Häuptweh nichts mehr gebrauchen / die Gottes Allmacht durch meine schwache Hand abgestraffet hat. Freuet euch aber / daß wir der Höhle Meister sind /und sie ohn unsere Vergünstigung nicht heraus kriechen können. Wiewol ich willens bin / ihnen ein Loch zu machen / daß wir sie locken / und zur gebührlichen Straffe zihen; dann ich bin des gänzlichen vorsatzes /diesen Ort nicht zuverlassen / biß der herliche Sieg völlig wird erstritten seyn. Seine Leute rieffen / er möchte nach seiner Weißheit ordnen / sie wolten alles gerne bey ihm und bey ihrem Ritmeister auffsetzen. Darauff lies er sie Odem schöpffen / zählete sie / und befand / daß er bey diesem andern treffen vier gute Kerle zugesetzet hatte / und ihrer sechse zimlich verwundet wahren / welche er nach dem Frauenzimmer schickete / da man sie verbunden hatte / und die außgeruheten von dannen abfoderte / das sein Häufflein noch in dreissig bewehrten bestund / dieselben mitgerechnet / welche die Außgänge verwahren musten.

Es lieff aber ein Reuter herzu von der ersten Höhle / und schrey über laut / Waffen [136] Waffen? Herkules ging ihm mit den seinen entgegen / und vernam daß seine beyde Gesellen mit pfeilen aus der Höhle verwundet / und dieser entrunnen wåhre / der Feinde außsteigen anzumelden; eilete deßwegen fort / und sahe / daß schon drey und zwanzig hervorgekrochen wahren / denen das Gewehr auß der Höhle zugerichtet ward. Er überfiel sie mit ganzer Macht / und wůrgete mit den seinen immer vor sich weg / daß sie auff den Erschlagenen stehen und fechten musten. Der junge gefangene Räuber wolte sein Leben wieder verdienen / stritte gewaltig / und erlegte drey Feinde in kurzer Zeit; welches Herkules sehend / zu ihm sagete: Halte dich wol mein Kerl / du solt dessen geniessen / davor wil ich dir Bürge und Schuldmann seyn. Die gewapneten Reuter sahen dieses Tapfferkeit zu ihrer Erinnerung an / daß sie sich selbst auffmunterten / und eiferiger als vorhin fochten / daher sie in einer halben Stunde LII Råuber dieses Orts erlegeten / hingegen an ihrer Seite drey nider gehauen / und viere verwundet wurden; und kam den unsern sonderlich zu statten /daß Ladisla den Feind gar zeitig vom Loche trieb /und sie sich weiters nicht herauß wagen durften. Nun hielten sich doch nach des Räubers Anzeige / noch XLII darinnen auff / da hingegen ihrer nur zwey und zwanzig gesunde übrig / und zwar zimlich mat wahren / weil sie des Tages weder Speise noch Trank genossen hatten. Ladisla gab acht / daß die Außgänge fleissig besezt würden / und als er zimliche Sicherheit vernam / ging er zu dem Frauenzimmer / die vor Angst schier verschmachteten / weil sie hinter dem Gepüsche das klappern der Waffen / das schreihen der kämpfenden / und das Geheule der sterbenden höreten. Seine Ankunfft gab ihnen grossen Trost / insonderheit / weil sie vernahmen / daß er ohn wunden war. Sie fragten alle zugleich / ob der grausame Streit sich nicht schier geendiget / und die Räuber erschlagen währen. Denen er zur Antwort gab: wann sie ein anderthalb hundert todter Leichnam sehen / und die annoch übrigen Räuber erwürgen helffen wolten / müsten sie nicht lange seumen; tröstete sie in ihrem zagen / uñ machte sich wieder zu seiner Geselschaft /welche durch des jungen Räubers Anleitung einen lustigen Brunnen antraffen / und sich zimlich labeten /weil es ein heisser Tag wahr. Unsere Helden aber hielten Raht / wie es weiter anzugreiffen seyn würde; Sie wahren an Mannschafft schwach / und fast ermüdet; hingegen die in der Höhle frisch und in grosser menge; daher wolte der Stathalter / daß man auff die nähesten Dörffer schickete / und Bauren herzu ruffen liesse. Aber Herkules wendete dagegen ein / die Dörffer währen zimlich weit abgelegen / und würde ihre ohn das geringe Mannschafft dadurch geschwächet; wie bald könte sichs zutragen / daß die in der Höhle sich auß Verzweifelung ermanneten / und einen verwägenen Außfall hielten: Seine Meynung währe / daß man bey einander bliebe / und in Gottes Namen das Werk zum Ende brächte; setzete den Helm auff / und redete sein Häuflein also an: Wie wollen wirs nun weiter halten / ihr lieben Brüder? sollen wir den Lauff einstellen / da wir den Zweg auf einen Sprung nahe ergriffen? ja sollen wir als die flüchtigen zurük lauffen / und etwa den schlimmen Bauren die Ehre und den Ruhm des Sieges abtreten / den wir biß auf wenig Hieben in der Faust haben? ich meines teils bin viel anders gesinnet; bedenket / wie treflich Käyserl. Hocheit / und die Stad Rom / ja das ganze Römische Reich euch růhmen werden / euch Segen und Wolfahrt zuruffen; und denen unter euch mit Gelde gedienet ist / sollen dessen volauff empfangen; ja wer weiß / was vor ein treflicher Schatz hieselbst verborgen [137] ist / dessen ihr billich mit geniessen müsset; blösset nur die Schwerter zu guter letzt noch dißmahl / und fechtet behutsam / ich hoffe euer keinen mehr zu verlieren; und jene unsere Brüder / die dort erschlagen liegen /haben höhern Preiß durch ihren ruhmwürdigen Tod erworben / als die grössesten Hauptleute / die in der Schlacht wider einen öffentlichen Feind ihr Leben einbüssen. So erkläret euch nun / wessen ihr gesonnen seyd / ich weiß / daß ihr schon alle an meiner Seiten stehet. Ja / rieffen sie einhellig / wir wollen sterben oder siegen / da wir nur die Feinde herauß locken können.

Die in der Höhe hielten auch Raht / ob sie sich ergeben / oder den Streit fortsetzen solten; weil sie aber meistentheil Römische / und wegen Missetaht verbannete wahren / hatten sie durchaus keine andere Hoffnung / als daß sie alle müsten gekreuziget werden; wolten also lieber im Kampff als durch schwere Pein sterben; daher sie durch einen guten Trunk Wein sich beherzt macheten / und im andern Außgange dergestalt mit Pfeilen von sich heraus schossen / daß die Hühter zuweichen gezwungen wurden. Herkules bekam dessen frühe Nachricht / ging mit der gesamten Mannschafft dahin / wie schon zwey und zwanzig mit ihrem Gewehr sich umb daß Loch gestellet hatten /und mit verwägenem Trotze seiner Ankunfft erwarteten. Ladisla taht mit neun Mann den ersten Angriff /aber es wahr ihm unmöglich durchzubrechen / ob sie gleich viel Blut vergossen. Fabius trat ihm selb viere zu / da ging es noch schårffer daher. Aber ein Räuber von grosser Krafft / muhtigte die seinen / und rieff überlaut: Stehet fest ihr Brüder / was weichet ihr /fechtet getrost; was solte uns diese elende handvol Reuter angewinnen? bedenket eure Wolfahrt / welche im Siege oder Tode bestehet / und lasset euch nicht von dem Loche abtreibẽ. Ladisla trat diesem Schreier näher / und traff ihn dergestalt / daß er im dritten Hiebe zur Erden stürzete. Herkules uñ der Stathalter setzeten mit den übrigen an / da ging es über die Råuber / welche als halbtrunkene ganz verzweiffelt fochten / und sich selbst wenig beschützeten / wann sie nur den unsern eine Wunde anbringen kunten; daher wahr dieses daß allerhefftigste treffen / in welchem die unsern meist verwundet / aber nur zween erschlagen wurden. Endlich drang unser Helden Schwert noch durch / das die Feinde abgetrieben / die Höhle außwendig wieder besezt / und die draussen sich befunden / alle erlegt wurden / ohn daß vier verwundete sich ins Gesträuche verstecketen / und ihr leben retteten / die nachgehends Frau Sophien und ihre Geselschafft in grosse Angst brachten / wie im anfange des sechsten Buches wird zuvernehmen seyn. Der Räuber kahmen in diesem Treffen XX umb ihr Leben. Hingegen wahr Ladisla / der junge Fabius / Klodius / Markus und die anderen alle verwundet / ohn Herkules /der Stathalter uñ drey Reuter; wiewol Ladisla uñ Fabius jedweder nur zwo Fleischwunden an Armen und Beinen empfingen. Herkules wahr über die masse betrübt / als er die seinen dergestalt zugerichtet sahe /ging deßwegen vor das Loch / umb zuversuchen / ob er die übrigen / an der Zahl XIIX zu williger Ergebung bewegen möchte / und rieff hinein / dafern sie sich auff Gnade stellen / und ohn Gewehr hervorgehen würden / solte ihnen das Leben geschenket / und sie auffs höchste mit der Landesverweisung gestraffet werden; dessen sie sehr froh wurden; dann ihre Häupter wahren erschlagen / und wusten diese nicht / wie stark sie draussen wahren; ergaben sich also mit gutem Willen / und stiegen ihrer zehne nach einander heraus. Herkules hies die ůbrigen in der Höhle verharren / biß diese gebunden [138] wåhren / dann er wolte sich ihrer versichern / daß sie nicht rükfällig würden / und seine Leute in ihrer Schwacheit erwürgeten; diese aber bedingeten sich dessen anfangs / und als Herkules sie wolte angreiffen lassen / gingen sie von einander / ergriffen der ertödteten Schwerter / und überfielen die unsern mit grosser Verwägenheit; schriehen auch den übrigen in der Höhle zu / sie solten hervor steigen / und den Sieg erstreiten helffen. Aber ihre Freude wehrete nicht lange / dann Herkules und Ladisla hieben alsbald ihrer fünffe danieder; der Stathalter und sein Sohn neben den dreyen gesunden Reutern traten auch herzu / daher die annoch lebendige zum teil verwundete das Herz fallen liessen / sich ergaben / und gebunden angenommen wurden; welches die übrigen achte in der Höhle ersehend / die schon ergriffene Schwerter von sich legten / und sich der vorigen Gnade ergeben wolten; Aber Herkules sagte; sie solten hervor gehen und sich keiner Bedingung verlauten lassen / wo sie nicht alsbald sterben wolten. Die geringe Hoffnung der gnade beredete sie / daß sie einwilligten / und sich binden liessen / wahren also XIII gefangene / uñ der begnadete junge Räuber von der ganzen Menge übrig / und erfreueten die unsern sich des herlichen Sieges / weil nur zwölffe von ihrer Anzahl erschlagen / und XXV verwundet wahren. Herkules ging darauff ein wenig beyseit / taht seinen Helm ab / und mit gefaltenen Händen und trähnenden Augen richtete er dieses Gebeht kniend zu Gott.Mein Helffer Jesus Christ / wie kan ich dir gnug danken vor deinen Schutz und mächtigen Beystand / über welchen sich alle Welt verwundern wird; möchte wünschen /daß sie ihn nur erkenneten. O stehe mir ferner bey / du mein geträuer Heyland / und gib / daß ich ja nicht unschuldig Blut vergiesse / sondern die Boßheit straffen /und die Gerechtigkeit beschützen helffen möge. Dir mein Gott sey Lob / Ehr / Preiß und Herligkeit / von nun an biß in Ewigkeit / Amen.

Nachgehends befahl er / daß die Reuter sich alle entwapnen und Lufft sch \pffen solten; ging zu den Gefangenen / und fragete / ob nicht Wundsalbe in der Höhle zubeko en. Der älteste Räubersgenosse / nahmens Servilius / ein Mann von LXV Jahren / antwortete: Mein Herr / schenket mir Leben und Freyheit /ich bin ein Wundarzt / und habe allerhand köstliche Wundsalben in der Höhle / wil auch allen geträuen fleiß anwenden / daß nicht allein euren Wunden raht geschaffet / sondern auch überfluß an Speise und Trank aufgetragen werden sol. Ja Alter / sagte Herkules / ihr solt Leben und Freyheit / darzu eine sonderliche Gnade haben / da ihr eurem versprechen redlich nachkommet. Hieß ihn alsbald loßbinden / und sprach ihn der Stathalter frey; wofür dieser auff den Knien und mit Trähnen dankete; hohlete bald sein Bindezeug hervor / und baht / daß dem einen Gefangenen auch Gnade wiederfahren möchte / weil er nichts übels getahn / und ihr Koch währe / würde jhnen auch Speise gnug schaffen. Diesem ward gefolget / und Ladisla samt Fabius / Klodius und Markus vorerst / hernach auch die andern alle verbunden / deren XXI wahren. Servilius vertröstete sie alle der folgenden Gesundheit / ohn dz ihrer viere hinkend / einer an beyden Beinen / und fůnffe an einer Hand lahm bleiben würden / welches auch erfolgete; der Stathalter aber ihnen die Verheissung taht / daß sie zeit ihres Lebens reichlichen Unterhalt haben solten. Herkules ging unterdeß ungewapnet nach dem Frauenzimmer /die wegen des lezten Streites sich mehr als vorhin entsetzet hatten; dann die halbtrunkenen führeten ein grausames Geschrey / daher sie durch seine Ankunfft sehr erfreuet wurden / und wahr ihre erste frage / ob die ihren noch alle lebeten / und das blutvergiessen schier ein ende genommen [139] hätte. Ja / sagte er / dem ewigen allmächtigen Gott sey Lob und Preiß; die geschwornen Feinde dieser ganzen Landschafft sind gedämpffet / und viel tausend unschuldige Seelen von dem Verderben befreyet; und ob schon von unser Geselschafft etliche das Leben ritterlich zugesetzet /haben sie doch einen unsterblichen Nahmen erstritten / der ihnen / weil Padua stehet / bleiben muß. Er wolte weiter reden / aber Fr. Ursul hielt gänzlich davor / jhr Fabius würde drauff gangen seyn / fiel ihm in die Rede / und sagete: O Herr Herkules / hat etwa mein Gemahl das Leben verlohren? O ihr Götter! Behüte Gott / antwortete er / warumb gedenket meine Freundin ein so unglükliches? ich komme zu dem ende / daß ich sie abhohlen / und auff eine Feldmahlzeit einladen wil / womit sie vor dißmahl vorlieb nehmen werden. Dem Allerhöchsten sey hievor Lob und Dank gesaget / antwortete die Stathalterin / der wolle umb seines lieben Sohns willen die meinen ferner schützen und bewahren. Sophia / Ursula und Sibylla fasseten sich bey den Händen / und gingen voran /Herkules aber begleitete die Stathalterin mit sonderlicher Herzensfreude / und sagte zu ihr Hochwerte Fr. Mutter; grössere Vergnügung habe ich zu Padua nicht funden / als daß ich anjezt mit sonderlicher freude vernehme / daß sie eine Christin ist / dann diesem Glauben bin ich auch / Gott Lob / von herzen zugetahn und ergeben. Mein geliebter Sohn / antwortete sie / ich habe es zu unterschiedenen mahlen aus seinen Reden gemuhtmasset / und erfreue mich seines Christentuhms sehr / möchte wünschen / daß mein Sohn H. Ladisla auch darzu könte gebracht werden /alsdann würde meine Tochter sich leicht bereden lassen / ihm zu folgen. Ich gelebe der tröstlichen Zuversicht zu Gott / sagte er / daß ich ihn mit der Zeit gewinnen werde / aber so schleunig wird es nicht geschehen / weil er der Abgötterey gar zu sehr anhanget. Gott wird es nach seinem gnädigen Willen schicken /sagte sie / wann nur einige Hoffnung übrig ist; Ich aber wil nicht unterlassen / in meinem täglichen Gebeht bey Gott anzuhalten / daß der Heilige Geist der meinigen Herz erleuchten wolle. Herkules fragete / ob nicht ein Christlicher Lehrer sich zu Padua auffhielte; und als er von ihr vernam / dz die Christliche Gemeine des Orts über 1500 Getauffte / und 3000 Ungetauffte stark währe / auch ein treflicher Lehrer alle Woche den Glauben außlegete / verhieß er ihr / in erster Versamlung mit zuerscheinen. Als sie bey der Höhle anlangeten / und das Frauenzimmer das geronnene Blut auff der Erden stehen / auch die abscheuhlichen Todten sahen / welche das bedrauliche Gesicht noch nicht abgelegt hatten; erschraken sie über alle masse / insonderheit / da sie Ladisla und Fabius Wunden inne wurden. Der alte Servilius trug ihnen die kalte Küche auf von allerhand Gebratens und anderen niedlichen Speisen / schenkete ihnen daneben einen Wein ein / deßgleichen der Stathalter selbst im Keller nicht hatte / wodurch sie allesamt erquicket und gelabet wurden.

Nach gehaltener kurzen Mahlzeit foderte Servilius Herrn Herkules auff einen Ort allein / und sagete zu ihm: Gn. Herr / nach dem Eure Gn. mir Leben und Freyheit gnådig versprochen / wolte derselben ich mich gerne dankbar erzeigen / und ihr ingeheim solchen Schatz die Hand spielen / der einen Fürsten vor Armut wol befreyen sol. Er aber wolte ihm hierauff nicht antworten / sondern foderte Ladisla und den jungen Fabius herzu / und in deren gegenwart sagete er zu jhm: Höret Alter / was ihr jezt mir allein zuwenden woltet / das zeiget uns zugleich an / dann ich trage bedenken / mit euch absonderlich hievon [140] zuhandeln. Servilius taht solches ungerne / hielt auch zurük / nur daß er bat / sie möchten mit ihm in die Höhle steigen / da könte er seine worte wirklich leisten. Sie gingen samt den Stathalter und Frauenzimmer hinein / und verwunderten sich zum höchsten ůber der Zierligkeit dieses verborgenen Gebäues / in welchem alles so renlich und sauber wahr. Zu unterst wahr es mit Steinen ůbersetzet / und ganz durch und durch gewölbet; der gemeine Platz drinnen war so weit begriffen / daß 500 Mann sich daselbst auffhalten kunten. Das Gewölbe lag auff herlichen Pfeilern / welche fünff Ellen lang / und wahr mit dicker Erde überschüttet / und mit dornichten Hecken / welche mit fleiß darauff gepflanzet / so dichte bewachsen / daß kein Hase hindurch kriechen mögen / daher man die runden Klaffter-weiten Löcher / durch welche von oben herab das Liecht hinein fiel / von aussen gar nicht sehen kunte. Die drey Eingänge wahren rund und zwo Klaffter weit / in welchen starke Leitern stundẽ / darauff man ein und auß steigen kunte. Inwendig wahr ein gegrabener Brunnen von klarem lieblichen Wasser / worauß man mit der Hand schöpffen kunte. Vorne im ersten Eingange hing eine Messinges Taffel / deren eingegossene Schrift meldete dieses Gebäues Alter / daß es vor etliche und dreyssig Jahr / nemlich im zwölfften Jahre Käysers L. Aurelius Commodus / da zu Rom die Friedes- wie auch die Vesten-Kirchen abgebrant war / erbauet wåhre. Die unsern besahen alles gar genaue /verwunderten sich / daß dieses Gebäu in solcher stille hätte können verfertiget werden / daß kein Mensch dessen inne worden. Da Servilius ihnen anzeigete / es währe über Menschengedenken eine Mördergrube /aber nit dergestalt außgeführet gewesen / biß man sich nach Außsage der Taffel unterwunden / das Gemåuer zu legen; die Steine währen mehrenteils mit händen bey Nachtzeit herzugetragẽ; Bauleute hätte man hin und wieder auffgefangen / mit verbundenen Augen herbey geführet / und zeit wehrender Arbeit sie mit guter Speise und grossen Verheissungen auffgehalten / aber nachgehends sie alle im Schlaffe erwürget. Ich / sagte Servilius / bin nunmehr 38 Jahr in dieser Geselschafft gewesen / und drey Jahr vor Außführung dieses Gebäues zum WundArzt / vor XX Jahren aber zum Schazmeister von ihnen bestellet; habe zwar ihrer Beute / so viel das Maul verzehret / mit genossen / aber nie keinen Mord oder Raub volbringen oder befodern helffen / dessen ich die Götter zu Zeugen ruffe. Herkules fragete ihn / ob nicht Nebengemächer währen / in welchen die Räuber ihre Waffen und Speisen håtten / weil man in diesem grossen Platze dessen nichts fünde. Ja mein Herr / antwortete er / wir wollen alles besichtigẽ; führete sie an die seite ostwerz / und öfnete eine Tühr zu einem langen und weiten Gemache / woselbst ein solcher Vorraht an Früchten / Meel / gesalzenem Fleisch und gedorreten Fischen / auch an Wein uñ eingewürzeten köstlichen sachen war / dz 4000 Mañ etliche Jahr damit zu aller Notturft wären versorgt gewesen / sintemal er auß den Rechnungẽ darlegete / dz dieser Vorraht sich auf 5 Toñen Goldes belief. Hernach führete er sie nach der seite gegen Westen; öfnete ein Gemach gleicher grösse / uñ zeigete ihnẽ die treflichsten Harnische und Schwerter in so überflüssiger menge schi ern / dz sie ein entsetzẽ darob hattẽ; dañ ein Kriegsheer von 6000 Reutern uñ 44000 zu fusse kunte alhier außgerüstet werden; uñ erstreckete sich seiner anzeige nach / dieser Waffen ihr wert auf IX Toñen Goldes. Nun mein Gott / sagte Herkules / wer hat jemahls eine solche Rüstung in Räuberhölẽ gesuchet? aber ist man auch willens gewesen / solche unter einer Mañschaft außzuteilẽ? [141] Ja mein Herr / antwortete Servilius; währe diese Höhle noch ein viertel Jahr verborgen blieben /würden 50000 Mann sich in einer Woche eingestellet / und das Gewehr empfangen haben; und werden eure Gefangene unter scharffer frage wol bekennen müssen / was vor ein Anschlag über ganz Italien gemacht worden. Der Stathalter foderte Dinten und Papier /schrieb einen Brieff nach Padua / und begehrete an den Raht / daß sie 1500 Mañ mit 200 oder mehr Wagen / straks Angesichts herschicken solten / und muste der eine unverwundete Reuter nach eingenommener gnugsamer Labung das Schreiben überbringen / da Servilius ihm anleitung gab / er würde im nähestẽ Dorffe ein Pferd in der Schenke mit allem Zubehör finden / das solte er nur im Namen Klaudius Bessus (welches ein ertichteter Nahme währe) abfodern / und auffs schnelleste fort reiten; Er aber ging mit unser Geselschafft in der Höhle sudwarz / öffnete ihnen eine grosse Kammer / die mit seidenen Waaren / Purpur /Silber und Güldenen Stücken dermassen erfüllet wahr / daß man eine kleine Messe damit håtte auffschlagen mögen. Sehet meine Herren / sagte er / hie werdet ihr auff zwanzig Tonnen Goldes die allerköstlichsten Waaren finden / die von allen Ecken her zusammen geraubet und gestohlen sind. Das Frauenzimmer entsetzete sich über dieser Menge / aber Herkules befahl Servilius von den schönsten Sachen alles vierdoppelt außzusuchen / welches dem Frauenzimmer zur ersten Außbeute eingeliefert ward / so daß ein jeder seinem Gemahl / Herkules aber Frl. Sibyllen solches einhåndigte / die sich dessen allerseits bedanketen. Hier machte sich nun der Alte abermahl an Herkules allein / und sagte: Mein Herr / ich erachte das bißher gelieferte gnug zu seyn / wobey eure Gesellen zu gleicher Teilung gehen / deßwegen / da es euch geliebet / so gehet mit mir unvermerket an einen Ort / woselbst euer Glük vorbehalten wird. Er aber antwortete: Eure Gewogenheit / mein Freund / habe ich gnug verspüret / ist aber noch etwas übrig / so lassets diese Herren zugleich mit wissen; dann ich werde hinter ihnen her mir nichts zuwenden lassen. Mein Herr bedenke sich /sagte er; rieff die andern herzu / und baht / mit ihm Nordwerz zugehen / und ihm eine Tühr helffen zu öffnen / welche mit acht dicken eisern Stäben verriegelt /mit so viel starken Mahl Schlössern verwahret / und mit groben Brettern außwendig überzogen wahr / daß kein Mensch sich daselbst eines Gemaches hätte können vermuhten seyn. Sie hatten Mühe gnug / dieselbe auffzumachen / und da sie hinein traten / funden sie zwölff mit grobem Eisen beschlagene Kasten / die mit gemünzetem Silber und Golde gefüllet waren / und trug dieser Schatz sechzig Tonnen Goldes auß; wobey Servilius berichtete / daß vor zwölff Wochen den Werbern zehn Tonnen Goldes zugestellet währen / die anjezt in Teutschland / Pannonien / Gallien / Spanien und Griechenland Reuter und Fußvolk bestelleten. O ihr Götter / rieff der Stathalter / wie kan das Römische Reich euch vor diese gnädige Rettung gnug danken / oder diesen Helden gebührliche Vergeltung legen? Freylich gebühret den Göttern Dank / antwortete Ladisla / aber unser Vermögen ist zu geringe /daß man sich deßwegen umb einige Vergeltung bekümmern wolte. Ja meine Herren / sagte der Stathalter / ich zweifele nicht / Rom werde noch Leute vom Verstande haben / davon wir dißmahl weiters nicht reden wollen.

Nach dieser Besichtigung setzeten sie sich nieder zum Trunke / hielten mannicherley Unterredung von dem grausamen Vornehmen dieser Räuber / und verfügete sich Servilius [142] zu Frl. Sibyllen / zu ihr sagend: Gn. Fräulein / wo ich nicht irre / so ist der junge Herr entweder ihr naher Anverwanter / oder ihr liebster /dem ich gerne ein Glük vor andern gönnen möchte /aber bißher solches von ihm nicht erhalten können /daß ers annehme; seid demnach gebehten / und beredet ihn hierzu / welches ohn zweiffel zu eurem besten mit gereichen wird. Frl. Sibylla antwortete ihm schamhafftig; es währe dieser Herr zwar ihr guter Freund von gestern her / aber nicht weiters / jedoch wolte sie sein Begehren durch andere versuchen; ging zu Fr. Sophien / und taht es ihr zu wissen. Dieselbe nun baht Herkules in Ladislaen Gegenwart / er möchte sich dessen ferner nicht wegern / damit kein Schaz untergeschlagen würde; zu geschweigen / daß sie als die einige wahre Uhrheber dieses fast unglåublichen Sieges / der Beute von rechts wegen zu geniessen hätten. Er aber entschuldigte sich / um Geizes Verdacht zu meiden / wolte auch nicht antwortẽ / biß der Stathalter und sein Sohn zuvor Wissenschafft drumb hätten. Hernach ging er hin zu Servilius / und sagte; Alter / ihr habt euch wol vorzusehen / daß ihr ja durchaus kein verborgenes oder beygelegtes verschweiget / unter der Hoffnung / ihr wollet solches schier heut oder Morgen nachhohlen; dann ich versichere euch / daß nicht allein dieses Raubnest erstes tages aus dem Grunde verstöret / und ihr nicht wieder hieher gelassen werden sollet; sondern da sich ichtwas finden wird / dürffte euch solches zu grosser Gefahr gereichen / welches mir dann euret wegen Leid seyn würde / und ich euch doch im geringsten nicht retten könte. Gn. Herr / antwortete er / diese Rechnung habe ich mir leicht zu machen / uñ müste meiner Sinnen wol beraubet seyn / wann ich etwas zuverhehlen mich unterstünde; sondern ich suche Gelegenheit / daß annoch ungemeldete euer Gn. absonderlich einzuhändigen. Euer Wille mag wol gut seyn / sagte Herkules /mir aber ist er nicht angenehm / weil ich nichts in dieser Welt habe / welches ich mit diesen meinen Freunden nicht gerne teilen wolte. So mag ich euch / sagte Servilius / in diesem Stücke mit unsern gewesenen dreyen Fürsten / Orgetorix / und den beyden / so im Ritterharnische gestritten / wol vergleichen; massen dieselben ihres dinges so einig wahren / daß keiner vor dem andern Gewalt / Reichtuhm oder Ehre begehrete / sondern alles gemein hatten / auch vor einen Mann stunden. Aber doch folgen ihre Gn. mir allein /bitte ich sehr / ob nicht ein oder etliche Stücke seyn möchten / die er zu sich nehmen / und einem guten Freunde oder Freundin zum Beutpfennige liefern könte. Gingen also beyde hin / öffneten ein verborgenes Tührlein / welches außwendig mit Brettern wunderlich vermacht wahr / daß kein Mensch dessen inne werden mögen. Sehet / sagte Servilius / heut lebet kein Mensch als ich / der dieses heimliche Gemach weiß; Ja unsere drey Fürsten und ich haben nur Wissenschafft darumb gehabt; führete ihn hinein / uñ zeigete ihm zwanzig Laden / mit Kleinoten so reichlich außgefüllet daß ein König zu diesen zeiten es nicht wůrde bezahlen können / und fuhr er in seiner Rede also fort: Hier liefere meinẽ Herrn ich vorerst die gemeinen Kleinot / vor Ritmeistere / Häuptleute uñ Fähndriche hingelegt / als 680 par Armbänder / jedes par zu 140 Kronen am Wert; gleich so viel Halßketten / jede von 125 Kronen; und so viel Ringe / jeder zu 60 Kronen; auch 680 Kleinot auf dem Hute zu tragen / jedes von 150 Kronen. Dabey liefere ich vor ihre Weiber dergleichen Sachen / in eben der Zahl und dem Wert. Welches alles sechs Toñen Goldes uñ 46000 Kronen außtråget. Vors ander vor XII Obristen zu Roß / deren jeder 1000 Reuter; und [143] vor XXII Obristen zu Fuß / deren jeder 4000 Knechte; unter X Fähnlein führen solte / stelle ich meinem Herrn zu 34 Degen Gefäß mit Demanten außgesezt / jedes zu 4000 Kronen; so viel Ringe / jedẽ zu 2000; so viel par Armbänder / jedes par zu 3000 Kronẽ; so viel Demanten Halsketten / jede von 6000 Kronen; und gleich so viel Kleinot an Hüten zutragen / jedes auff 4000 Kronen; schließlich so viel Kleinot an die Halsketten zu hefften / jedes auch 4000 Kronen gerechnet; Und dann vor ihre Gemahlen in gleicher Anzahl und Kostbarkeit eben so viel weibliche Stücke / da an Stat der Gefäß Leibgürtel geleget sind / tragen XV Tonnen Schatzes / und darüber 64000 Kronen aus. Drittens sind alhie zu empfahen drey Degen Gefäß und drey Weibergürtel / jedes Stük in guter geltung eine Tonne Schaz; sechs Kleinot / halb Weibliche und halb Mänliche / jedes Stük 50000 Kronen; so viel Halsketten von Demanten / jede eine Tonne Schaz; sechs par Armbänder von Demanten / jedes par eine Tonne Schaz; so viel Ringe; jeder 34000 Kronen; so viel par Ohren gehänge / jedes par 20000 Kronen; drey Messerscheiden / und Demantketchen dran / jede zu 12000 Kronẽ; träget XXIV Tonnen Goldes 60000 Kronen aus / welches nur unsern dreyen Fürsten und ihren Gemahlen hingeleget ist. Uber das finden sich noch allerhand ungefassete ädelgesteine und Perlen vor VI Tonnen Goldes / und endlich allerhand gemeine Ringe / Ketten / Armbänder und Kleinoten zum Pferdeschmuk / in die IV Tonnen Goldes am wert; daß also mein Herr in diesem einzigen Gemache fast LVI Tonnen Goldes an Kleinoten findet; und daß bißher gezeigete ingesamt über CL Tonnen Goldes / oder XV Millionen außträget / welche dem Römischen Käyser so bald auffzubringen / schwer genug fallen würde. Hernach nam er einen vollen Schmuk Fürstlicher Weiberkleinot / und einer Obristin ganzes Gepränge / wickelte es in zwey Bündlein zusammen /und hielt es ihm mit diesen Worten zu: Gn. Herr / wer weis ob des Käysers / oder ja seiner Mutter Geiz euer Gn. von diesen kostbahren Sachen viel zuwenden wird? deßwegen nehme er auffs minste doch diese wenigen Stücke zu sich / ob er etwa dermahleins seiner liebsten etwas schenken wolte / umb deretwillen ich umb gnådige Einwilligung anhalte. Herkules gedachte / es möchte vielleicht also ergehen / hätte doch dessen nichts geno en / aber weil er seiner höchstgeliebeten Frl. Valisken eingedenke ward / sagte er: Wolan; daß ihr gleichwol meinen guten Willen sehet / wil ich euch solches nicht abschlagen / und hernähst eures besten eingedenke seyn. Es hat sich aber der günstige Leser über der grossen Menge dieser Schätze nit zuverwundern / wann er vor erst betrachtet / das Italien zu der Zeit mit Reichtuhm fast über schwemmet wahr / als dahin alle Länder ihre Schatzungen so geraume Zeit hatten einlieffern müssen / daher man ädle Bürger zu Rom fand / die vor sich mehr als Königliche Schätze besassen; dann daß ich des überaus reichen Krassus geschweige / so meldet der Römische Geschichtschreiber Kassius Dio / welcher Zeit dieser Begebnis gelebet / daß etliche zwanzig Jahr vor dieser Geschichte / ein Römischer Bürgemeister / nahmens L. Septimius Plautianus / dem Antoninus Karakalla (welcher nachgehends an seines Vaters / Käysers Severus Stelle / das Reich bekommen) seine Tochter verheyrahtet / und ihr solche Außsteuer mit gegeben /welche funffzig Königinnen währe gnug gewesen. Nun aber hatten die Räuber nicht allein so lange Jahr her geraubet und gestohlen / sondern mehr als hundert vertribene reiche Bürger aus Rom und andern grossen Städten hatten sich zu ihnen geschlagen / und ihre Gelder mit sich genommen.

[144] Klodius / wie verwundet er auch wahr / gedachte ohn Beute nicht zu scheiden; dann als er einen erschlagenen besuchte / ward er nicht allein geldes /sondern auch Ringe und Armbänder bey ihm gewahr /zeigete solches seinem Gesellen Markus an / und ersuchten sie ihre Herren / ob ihnen könte gegönnet werden die erschlagenen zuplündern / da ihn Herkules an den Stathalter verwies / welcher zu ihm sagte: Mein guter Freund Klodius; ihr und euer Geselle Markus habt vor eures Vaterlandes Wolfahrt redlich gefochten / und euer Blut nicht gesparet / dessen ihr unfehlbare Vergeltung zu hoffen habet; gehet aber hin mit eurem Gesellen / und suchet euch den vierdenteil aller erschlagenen aus; was ihr bey denselben findet /sol euer seyn; ohn das eurem Herren Herkules die beyde Geharnischte vorbehalten werden; die übrigen drey Teile sollen meines Sohns Reuter zur Beute haben. Diese sagten davor grossen dank / nahmen den jungen Räuber zu sich der ihnen die vornehmsten zeigen muste / und schleppeten der erschlagenen XLIII auff einen Ort allein / bey denen sie XIV Halßketten /ingesamt 5000 Kronen am wert; XXXII par Armbänder / auff 4500 Kronen geschätzet; C Ringe auff 8000 Kronen; und an Baarschafft 15000 Kronen erschnappeten / welches sie aller Schmerzen vergessen machte / und sie meineten / ihre Mühe währe ihnen schon zehnfach ersetzet. Bey den übrigen erschlagenen /deren CXXXII wahren / funden die Reuter an Geschmeyde und Baarschafft 66400 Kronen wert. Und weil die unsern sich verwunderten warumb diese Räuber so grosse Baarschaften an Gold bey sich hätten; zeigete Servilius ihnen an / weil es alle / Obristen und vornehme Hauptleute währen / hätten sie solches Geschmeyde täglich am Leibe; die Baarschaften aber währen nichts als Spielgelder / weil sie mit Würffeln und Karten die Zeit pflegeten zuzubringen; Und ob zwar viel unzüchtige Buben mit drunter gewesen /håtten doch ihre Fürsten nie zugeben wollen / dz einiges Weibesbilde herein gebracht würde. Nun hielt Herkules sich viel zu ädel / die erschlagenen zuentwapnen / und ließ Fabius solches durch den jungen Räuber thun / welcher ihre Kleider von güldenen Stücken gemacht / und mit 1000 Zahlperlen (deren jedes Stük 100 Kronen kostete /) gestikt / herzu brachte / nebest zwo Demanten Halsketten und so viel par Armbänder gleicher gattung / auff zwo Tonnen Goldes an wert. Sechs Ringe wurden von ihren Fingern gezogen / gleicher Schatzbarkeit / daß also diese stolze Räuber V Tonnen Goldes kostbarkeiten an ihrem nichtwerten Leibe trugen. Dieses alles lieferte Fabius seinem Vater / welcher es Herkules mit diesen Worten einreichete: Hier ist das Zeichen eures herlichen Sieges / da der Himmel euch die Ehre gegönnet hat / die grössesten Feinde des Römischen Reichs mit eurer siegreichen Faust zuerlegen / welches Käyserl. Hochwürde / und der Raht zu Rom schon erkeñen wird. Was nun diese Buben vor hohe Gedanken geführet haben / ist auß diesem Pracht in etwz abzunehmen / und wird mein geliebter Herr sich nicht wegern / dieses Siegzeichen anzunehmen / da ihm sonst seine angewante Mühe nicht gereuet / welches ich nimmermehr hoffen wil. Herkules / nachdem ers zu sich genommen hatte / antwortete hierauff: Hochwerter Herr und Vater; dem grossen Gott sey Dank vor seine unaußsprechliche gnade und kräftigen Beysand / durch welchen ich diese Wüteriche hingerichtet / dann sonst würde meine geringe Krafft viel zu schwach gewesen seyn / ihren Streichen zuentgehen; der Allmåchtige wolle meinen Wunsch bestätigen / daß an ihren Häuptern aller mitverschwornen Frevel [145] zugleich mit abgehauen sey; und ob dieses Kleinot-geprånge gleich mehr vor eine Belohnung als Gedenkzeichen könte gerechnet werden / wil ichs doch unter beyderley Benenung annehmen; jedoch daß meinen lieben Freunden auch ein Stük davon werde / wobey sie sich dieses unsers Glüks erinnern können. Hiemit teilete er die vier Armbänder unter das Frauenzimmer aus; dem Stathalter und seinem Sohn steckete er einen Ring an / uñ warff Ladisla eine Kette umb den Halß; das übrige samt den abgeschnittenen 1000 Perlen / nahm er zu sich / und mahnete die Geselschafft an / den Abzug zubeschleunigen / weil man der verschriebenen Wagen Ankunfft vernahm. Servilius trat hervor / und zeigete an; Es währe noch das silberne und güldene Geschir / samt den gearbeiteten Kleidern (welches er vergessen) nicht gezeiget; schloß einen grossen Kleiderkasten auff / in welchem XXX Fürstliche Mannes-und Frauenkleider hingen / die nicht unter V Tonnen Schaz gezeuget wahren; Allernähest dabey wahr die Silberkammer / in welcher auf drey Fürstliche lange Speisetische alles beyeinander wahr; und hierüber viel ander silber und gülden Geschir / ingesamt auf zwo Tonnen Goldes gerechnet. Der Stathalter nahm vier kleine köstliche Goldbecher davon / und stellete sie dem Frauenzimmer zu; zeigete daneben an / daß er gesinnet währe / alle eroberte Sachen nach Padua zu schaffen / und biß auff Kåyserl. Hocheit fernere Anordnung in Verwahrung zu nehmen; welches ihnen allen wolgefiel. Wurden demnach LXXX Wagen mit gemünzetem Silber / XXV mit gemünzetem Golde; XVI mit Kleinoten und Geschirren / und LXXIIX mit köstlichen Waaren beladen; und weil man die grossen Geldkasten nicht erheben mochte / ward das Meel auß den Tonnen und ledern Säcken geschüttet / und das Geld dahinein gepacket. Jedem angekommenen Soldaten und Wagenknecht wurden durch die Bank hin zwo Kronen verehret / und musten 500 Kriegsknechte diese Nacht die Höhle bewachen / auff daß man folgender Tage die Essewaaren und Gewehr abführen könte / da dann bey Lebensstraffe keiner in die Höhle solte gelassen werden / ohn Servilius und etliche ihm zugegebene / den Völckern Speise uñ Trank nach Notturfft außzureichen. Die Verwundeten und Gefangenen wurden mit auffgeladen / und des nähesten Weges nach der Stad geführet. Auf V Wagen fuhren die Unsern / unter der Begleitung 50 Kriegsknechte /daher sie kommen wahren / da sie die auffgerichteten Steine zerschlugen / die erhenketen in die Erde scharreten / und den beschwerlichen Weg durchs Gepüsche nach ihren Pferden zu fusse vor sich nahmen. Ladisla und Fabius hatten wegen ihrer Wunden mit sich selbst zu tuhn / daher sie etlichen Kriegsleuten befahlen / ihren Gemahlen durchs Gehecke zu helffen / und Herkules ehrenhalber nicht vorüber kunte / sich der Fräulein wieder anzunehmen / und sie über Püsche und Sträucher zu heben / welches sie zwar vor lieb nahm / jedoch schamhafftig zu ihm sagete: Mein Herr / es tuht mir sehr leid / daß ich leider ihm zu nichts diene / als nur Ungelegenheit zu machen; Gestern war ich ihm beschwerlich auff dem Pferde; jezt muß er mich gar tragen und schleppen / wo ich sonst mit fort sol; nur möchte ich von Herzen wůnschen / daß meine Eltern Gelegenheit finden könten / seine mir bezeigete hohe Dienste wirdig zu vergelten / welches doch nimmermehr geschehen wird / weil ich sehen und erfahren muß / daß / da ich schuldig bin / er noch zum überfluß ein so köstliches Kleinot mir umb den Arm gespannet / welches gnug wåhre / der Käyserin selbst vor ein wirdiges Geschenk darzulegen. Also sperret mein Herr mir nur [146] den Weg / daß ich ja nur immer tieffer in die Schuld gerahten / und alle Gedanken zu einer Wiederkehr ablegen muß. Herkules gab zur Antwort: Hochgebohrnes Fräulein; es gefält ihr ja so /meine schlechte Bezeigungen dergestalt zu erheben /da doch ich und jederman die Geringfügigkeit derselben längst erkennet; Dann was etwa gestern mag vor gangen seyn / so hat mein Frevel das gute weit überwogen / daß ich mehr umb Verzeihung zubittẽ / als Vergeltung zugewarten habe; des heutigen weiß ich mich nichts zuerinnen / als wovor ich doppelt und dreyfach danken muß / in dem mein Fräulein mir unwirdigen die Ehre ihrer Begleitung gegönnet / und die schlechte Gedächtniß des heutigen Streits von mir annimt; erkenne ůberdas noch meine Schuld / daß von Rechtswegen ich gehalten bin / großgeneigete Verzeihung des bey ihr erwecketen Schreckens zu bitten /welche / da ich sie nebest der gestrigen gebehtenen erhalten werde / habe ich tausend Ursachen schon /Eurer Durchl. zeit meines Lebens davor in allem Gehorsam auffzuwarten. Ach mein Herr / antwortete sie /wie gar weit überwieget doch seine Höfligkeit die Erkäntniß / und sein erbieten mein Unvermögen; Kan dann einem Fräulein höhere Woltaht begegnen / als daß sie auß Räubers Händen gerissen / und bey Ehren erhalten wird? Ich bitte aber sehr / sich einiger Unbilligkeit nicht anzuklagen / deren ich ja nicht die allergeringste von ihm eingenommen / ohn was seiner angebohrnen Freundligkeit zu reden beliebet / und mir durchauß nit schädlich; ja / nachdem ich sein ehrliebendes Gemüht verspüret / durchauß nicht zuwider gewesen; deßwegen / wo mein bitliches ansuchen etwas bey ihm zuerhalten wirdig ist / wolle er dessen nicht gedenken / sondern mir nicht weniger das nach sinnen einer gebührlichen Dankbarkeit / als die Betrachtung der empfangenen Rettung und Guttaht frey und ungehindert gönnen; alsdann werde ich in der Taht erkennen / daß sein guter Wille ohn Tichtung /und seine Höfligkeit ohn eitele Entschuldigung mir zugetahn und in Ehren gewogen ist. Ich weiß nicht /antwortete er / warum mein Fräulein meine Erkäntniß zu binden / uñ die wahre Erzählung meines Verbrechens auffzuheben / so bemühet ist / es sey dann / daß hie durch der helle Strahl ihrer treflichen Tugend /mein versuchen der Nachfolge / durch den ersten Anschein straks überleuchten und verfinstern sol / welches ohn das wol geschiehet / angesehen meine Unmacht mich schon gnug hindert / höflich zu seyn / und der schwere Stein der bäurischen Ungeschikligkeit mir an den Füssen hanget / der mein bemühen nicht über sich steigen / viel weniger ihrer Volkommenheit zur seiten schweben lässet; jedoch / weil auß jhrem Verboht ich die Vergebung meiner Unbescheidenheit hervorblicken sehe / wil ich / dafern sie nur kan / solches der Vergessenheit mit stets dankbegierigem Herzen gerne übergeben / demühtig bittend / meinem schlechten Vermögen mit ihrem überfluß außzuhelffen / als lange sie mich Tugendbegierig kennen und halten wird / welches / da ichs selbst nicht kan / wil ich suchen / durch meiner Fr. Schwester Fr. Sophien kräfftige Vorbitte es zuerhalten. Ja mein Herr / sagte sie; eben diß sind die Beweißtumsreden / die ihn mehr höflich als (um Vergebung zu sagen) warhafftig angeben; dann vor erst wil er durch eine Arbeit zugleich den Glanz seiner Sonnen mit den Wolken der nichtigen Beschuldigung verbergen / und die kaum glimmende Funken meiner unrühmlichen Asche über alle Himmel erheben; wiewol mit keinem glüklichern Verfolg / als daß er mich erstlich an seinem guten willen zweifeln machet / und hernach / weil ich stets schamroht vor ihm stehen muß / mich von seinem [147] Gespräch gar abschrecket / welches dañ nohtwendig folgen muß / weil ich weder die warheit zubekennen /noch die Gebühr zubeobachten freyheit haben sol; Sehet mein Herr / wie gerne wolte er mir einbilden /er währe in meine Schuld durch seine mir erzeigete Woltaht gerahten / und weil er meiner Dienste keine zu finden weiß / tichtet er / daß ichs recht sage / eine Finsterniß / da nicht ein Schatten ist; nehmlich / er wil sich als ein Verbrecher beschuldigen / und hat dessen nicht den allergeringsten Schein / oder hat er den Schein / so ist es mein falscher / welchen er mir durch seine äidliche Entschuldigung / deren ich mich wol erinnere / so gar benommen hat / daß ich mich meines bäurischen Irtuhms recht schåmen muß; also /mein Herr / habe ich vor dißmahl auß dringender Noht unhöflich seyn / und ihn erinnern müssen / mit mir hernähst dergestalt nicht zuspielen / und vielleicht durch gar zu grosse Höfligkeit in den Mund zu fühlen / ob der Hoffart Zähne mir außgebrochen oder eingesenket seyn; möchte zwar mit einem so Tugendliebenden Herrn gerne umgehen / wann ich nur durch den unverdienten Ruhm davon nicht abgeschrecket würde. Herkules küssete ihr die Hand auß ehrliebender Gewogenheit / und gab zur Antwort: Ich gestehe mein Verbrechen / hochgebohrnes Fräulein / daß ich derselben zuwider geredet habe / welches doch von mir nicht kan wiederruffen werden / nur daß ichs in ihrer Gegenwart nicht hätte alles vorbringen sollen / weil ich dadurch einiger Schmeicheley / derẽ ich doch ferne bin / kan beschuldiget werden; bitte demnach demühtig umb Vergebung / und verspreche hiemit /daß ich hernähst des sichersten spielen / und nachdem ich jhren Willen erkennet / demselben wissentlich nicht zuwider reden wil.

Sie brachten ihren gang mit solchen höfflichen geschwätzen zu / biß sie bey ihren Pferden anlangeten /da der Fräulein Gutscher sich eingestellet hatte / weil er von dem abgeschikten Reuter ihre Rettung vernommen / und daß sie bey dieser Geselschafft währe /daher sie sich auff ihre Gutsche setzete / und Fr. Sophien baht / ihr Geselschafft zu leisten; welche ihr gerne zu Willen wahr / weil sie ohn daß Beliebung trug / etwas vertraulich mit ihr zu redẽ / nachdem sie in jahresfrist einander nicht gesprochen hatten. Es fiel ihr aber das Liebesgespräch ein / welches Ladisla mit ihr auff diesem Wege nach geschehener Erlösung geführet / welches sie dem Fräulein nach der länge erzählete / und bald darauff der beyden Helden Tugend /Frömmigkeit und höffliche Zucht dergestalt rühmete /daß das Fräulein sich nicht enthalten kunte zu fragen /wer doch dann eigentlich diese Herren / und aus was Landschafft sie währen; bekam aber zur Antwort / sie müsten ohnzweiffel sehr hohes Standes feyn / ungeachtet sie sich davor nicht außgäben / und doch aus allen ihren Werken erschiene / insonderheit / weil sie grosse Gelder und statliche Kleinoten bey sich führeten / und alles was man ihnen schenken wolte / verächtlich außschlügen; man hätte aber gemerket / daß sie noch zur Zeit nicht wolten erkennet seyn / daher man sie mit vieler Nachfrage gerne verschonete. Das Fräulein merkete / daß ihre Frage zukühn gewesen /baht dessen verzeihung / und gedachte doch in ihrem unbetrieglichen Herzen / es währe nicht minder kühn /sich einem allerdinge unbekanten so gar schleunig in ehelicher Liebe zuergeben / wie wol sie muhtmassete / daß sie mehr wüste als zu bekennen willens währe. Als sie mit dem spätesten Abend zu Padua anlangeten / nahmen sie eine kurze Mahlzeit ein / und legten sich zur Ruhe / da Herkules und Ladisla bey einander blieben / und Frl. Sibylla Fr. Sophien Schlaffgesellin seyn muste; [148] der Stathalter aber gieng nach seinem absonderlichen Gemache / und verfertigte an den Käyser folgendes Schreiben:

Allergroßmächtigster unüberwindlichster Käyser / alzeit mehrer des Reichs / allergnädigster Herr; Ihrer Käyserl. Hoheit berichte ich hiemit in untertähnigstem Gehorsam / was Gestalt zween fremde Ritter und Herren / nahmens Herkules und Ladisla / deren Herkommen und Vaterland uns von ihnen verschwiegen wird / vor drey wochen alhier bey mir angelanget / und meine Tochter neben andern Römischen Fräulein auß der allerfrechesten fünff Räuber Händen durch die Krafft ihrer einzelnen Schwerter erlöset / auch bald darauff der eine / nehmlich Herr Ladisla / meine Tochter geheyrahtet. Als wir nun heut früh XLII bewehrter Reuter stark / mit wenigem Frauenzimmer hinauß zogen / den Ort der geschehenen Rettung zu besichtigen / werden wir daselbst fünff aus Steinen gehauener / und den erschlagenen Räubern zum Gedächtniß auffgerichteter Bilder gewahr / deren vornehmster / Fürst Orgetorix (der ehmahls beschriehene Fechter) / Herzog über 38000 Mann genennet ward /daher wir muhtmasseten / es müste ohn zweifel eine sehr gefährliche Bůndniß vieler Räuber wider das Römische Reich obhanden seyn / welche auszuspüren unser einiger Wunsch wahr / da meine Tochter Sophia unterdessen eines heimlichen Weges durch fleissige Nachsuchung gewahr ward / und deßwegẽ anhielt / denselben zugehen /welches unter dem Getrieb und Anführung obgedachter beyden Ritter stündlich zu fusse verrichtet ward / deren hochrühmliche Klugheit ein gefährliches wolerbautes Raubnest unter der Erden außkundschaffete / mit 194 Mann besetzet / deren keiner geringer als eine Häuptmanschafft bedienete / und durchgehend außgeübete Fechter wahren / aber durch der Götter Hülffe und obgedachter fremder Ritter preißwürdigen Heldenmuht / sind sie mit so geringem Beystande meines Sohns und XXXIIX Reuter / biß auff XIV so gefangen / und IV so außgerissen /alle mit einander in öffentlicher Schlacht vor freyer Faust erleget / ihre beyde Fürsten Kajus Azerius und Markus Trebellius in vollem Ritterharnische von Herkules in absonderlichem Kampfe nidergeschlagen / und endlich der Sieg völlig erhalten / wie Zeiger dieses / so mit gefochten / weitläufftig erzählen kan. Währe nun diese schädliche Verbündniß uns noch XII Wochen verborgen blieben /würden wir ganz Italien mit 100000 Feinden überschwemmet gesehen haben / welche in Teutschland /Pannonien und andern Ländern schon auff den Beinen stehen / und die helffte auß gedachter Höle solte bewaffnet worden seyn. Denn Römischen Schutz Göttern sey Danck vor diese Errettung / welche ausser zweiffel diese beyden Helden (also mag ich sie / ungeachtet ihrer Jugend / mit Recht nennen) uns zu hülffe gesand haben /die werden wie bißher / ihnen unsere Wolfahrt ferner lassen befohlen seyn / uñ wird Ihre Kåyserl. Hocheit mir allergnädigst anzeigen / wie ichs mit der grossen erstrittenen Beute halten / auch was sonst obgedachten beyden Herren / die sich umb uns so hoch verdient gemacht / ich anmelden sol. Befehle mich dero Käyserl. beharlichen Gnaden / verbleibend / weil ich lebe / meines Allergnädigsten Herrn und Käysers alleruntertähnigster Knecht Quintus Fabius.

Hiebey ward aller Gefangenen beständige Urgicht /welche man inzwischen von ihnen nam / geleget / und machte er ein kurzes Denkzettel an seinen Bruder M. Fabius / bey Kåyserl. Hocheit zuvernehmen / wie es mit den Gefangenen / deren Beschaffenheit und unterschiedlichen Zustand der Bohte berichten würde /auch mit der treflich- uñ kaum vor XXXV Jahren erbaueten Råuberhöhle solte gehalten werden. Absonderlich schrieb er ihm / was gestalt Herkules des Tages zuvor seine Tochter Sibyllen auß des Räubers Silvans händen gerissen / und ihre Ehr errettet / bähte demnach / er möchte fleissig befodern helffen / daß diesen beyden unvergleichlichen Helden gebührlicher Dank möchte bezeiget werden / deren Tapfferkeit mit seiner Feder nicht könte beschrieben werden / und würde seines ermässens löblich seyn / wann man ihnen die erstrittene Beute zuspräche / wodurch andere fremde angelocket werden könten / dem Römischen Reiche Dienst und Hülffe zuleisten. Dieses alles [149] stellete er dem einen unbeschådigten Reuter zu / mit Befehl / allenthalben auf sein Freybrieflein frische Pferde zu fodern / uñ aufs allerschnelleste nach Rom zu reiten / damit er der erste Zeitungs-bringer wäre / welches ihm kein geringes Geschenk eintragen würde; den wahren Verlauff solte er nach allen Umständen erzählen / und insonderheit der beyden fremden Herren gebůhrliches Lob kühnlich und wirdig vortragen. Also muste dieser in der Nacht auffbrechen / seumete sich auch nicht / biß er das anbefohlene verrichtet hatte / dessen ihm zu Rom von dem Käyser und andern grossen Herren an die 12000 Kronen zum Botenbrod geschenket wurden. Umb Mitternacht kahmen die beladene Wagen an / welche biß an den Morgen bewachet wurden / uñ vertröstete der Stathalter die verwundeten Reuter / sie soltẽ sich wenig Tage gedulden / ihre wundenfleissig verbinden / und sich aufs beste speisen lassen / welches er alles bezahlen / und ihnen von Käys. Hocheit reiche belohnung verschaffẽ wolte.

Des Morgens ging Herkules in die Christliche Versamlung / und hörete den zehnden Saz des XXVII Psalms:Mein Vater und Mutter verlassen mich / aber der Herr nimt mich auff; sehr tröstlich außlegen / welches der Lehrer so artig deutete / als hätte ers eigentlich auf ihn gerichtet; dann weil etliche unter den zuhörern junge Leute wahren / die den Glauben wieder ihrer Eltern Willen angenommen / und deßwegen von denselben sehr gehasset wurden / tröstete er sie; man müste Gott mehr als den Menschen gehorchen / und wegen der Eltern Unwillen die Wahrheit nicht verlassen / noch die Seligkeit in die Schantze schlagẽ; es hätte zwar Gott gebohten / die Eltern zu ehrẽ und ihnen zu gehorchen / aber Gottes Ehr und Gehorsam ginge noch weit vor / der währe der höchste Vater / so daß man die leiblichen Eltern auch hassen müste /wann dieselben uns von Gott abwendig machen wolten; ja wann wir umb der himlischen Warheit willen der Eltern und Anverwanten Hulde uñ Gunst verlöhren / tråte Gott zu / und ersetzete alles tausendfach an deren Stat. Herkules hielt es vor ein sonderliches Zeichen göttlicher Gnade / daß er ohn gefehr / diese Predigt anzuhören kommen wahr / trat nach verrichtetem Gottesdienste zu dem Lehrer (der schon wuste / was vor Tahten er gestriges tages verrichtet) und stellete ihm 500 Kronen zu / unter die Armen zuverteilen /nebest dem Versprechen / nach diesem ein mehres zu tuhn; ging wieder hin nach Ladisla / und sagte; wir sind freylich schuldig / dem wahren Gott zu danken /daß er uns gestern so grossen Sieg verlihen / und vor sonderliche Gefahr beschirmet hat; zweiffele nicht /wir werden ohn hohe Vergeltung nicht bleiben / so wol an seiten Käyserl. Hocheit als auch dieser umbliegenden Landschafft. Fr. Sophia kam auch darzu gangen / zu sehen / wie es mit ihres Gemahls Verwundung beschaffen währe / und vernam mit freuden /daß nicht allein Servilius ihm erläubete zu gehen wie er wolte / sondern auch inwendig neun tagen völlige Heilung versprach. Sie sagete aber zu Herkules; mein Herr Bruder / ich freue mich von Herzen / daß er von dem Räuberischen Schwerte dißmahl unverletzet blieben / und möchte dannoch zugleich mit wünschen /daß er auch ein Wündichen in Geselschafft empfangen hätte. Ladisla fragete sie / warumb sie ihm übels anwünschen könte / welches ihm trauen wenig freude brächte / und ob sie meinete / der Sieg währe nicht rühmlich gnug / wann man ungeschlagen davon kähme. Sie aber gab zur Antwort: Versichert euch /mein Schaz / ob ihr euren Herkules als einen geträuen Bruder liebet / daß ich ihn nicht weniger als eine ergebene Schwester meyne und Ehre; aus welchen Worten er [150] ihr Räzel bald verstund / daß sie von einer Liebes-Wunde redete / und auff Frl. Sibyllen zielete; so wahr auch Herkules nicht so einfältig / daß er eines Dolmetschers bedurfft hätte / wie wol er sichs nicht merken lies / sondern antwortete; Ich gebe meiner herzgeliebten Fr. Schwester nicht unrecht / gestaltsam ich wol bekennen muß / daß ich mit meinem täglichen Muhtwillen Straffe gnug verdiene / weil mich aber mein Gott vor Wunden und Wündichen bewahret hat / werde ich schuldig seyn / ihm davor zu danken. Sie wåhre ihm gerne näher getreten / aber weil Ladisla ihr einen heimlichen Wink gab / zohe sie die Pfeiffe ein /damit sie ihm nicht zuwieder handelte / und zeigete an / der Schneider håtte ihre weisse atlassen Sommer-Kleider fertig gemacht / da sie dieselben in dieser Hitze anlegen wolten; welches sie nach ihrem Abtrit verrichteten / und bald darauff von dem Stathalter nach dem Saal erbehten wurden / da die vornehmsten Herren der Stat bey ihm wahren / die mit grosser Ehrerbietung ihnen entgegen traten / und nach verrichteter gewöhnlicher Höffligkeit Herr Fabius anfing: Hochtapffere Herren und hochgeliebte Söhne Herr Herkules und Herr Ladisla / billich bedanke wegen Römischer Käyserl. Hocheit / und des Römischen Rahts uñ Volkes ich mich gegen euch gebührlich /daß ihr gestriges tages zu eurem unsterblichen Preiß und Ruhm / nicht allein dieser Stad / sondern ganz Italien / bloß aus liebe zur Gerechtigkeit / so grosse Dienste erwiesen / in dem ihr durch eure ritterliche Klugheit und unverzagte Helden Krafft / Brand /Mord / und verwüstung / und mit einem Worte / daß unvermeidliche algemeine Verderben abgekehret /und glüklich hintertrieben habet / welches wir und unsere Nachko en / weil die Welt stehet / rühmen müssen. Ich bedenke mit höchster Erschutterung / was vor ein Jammer in dieser Stad und Gegne / über XII wochen / ist eine geringe Zeit / sich würde zugetragen haben / wan eure Vorsichtigkeit nicht gewesen / ja wann nicht der Himmel aus sonderlicher Gnade euch zu uns hergeschicket håtte / gleich an dem Tage / da die Räuber an meiner lieben Tochter und ihren Gespielen den Anfang macheten. Vor dißmahl habe ich nicht mehr vorzubringen / als daß meine hochgeliebte Herren und Freunde / eine kleine Verzögerung nicht verunwilligen wollen / welche zwischen euren Verdienst und billiche Erkåntnis nur biß dahin eingeschoben wird / daß mein allergnädigster Käyser und die Stad Rom mir Befehl erteilen / ihre Dankbarkeit euch wissen zu lassen. Als der Stathalter diese Rede geendiget hatte / fing ein ansehnlicher Paduanischer Herr /nahmens Zezilius Antenor / der vortreflichste unter dem Adel selbigen Ortes / und der Stad oberster Vorsteher / jm Nahmen der Stad also an: Durchl. Herren /Herr Herkules und Ladisla (vielmehr Theseus zunennen) / ihr warhaffte Schützer und Erretter unsers Vaterlandes; Was massen unsere Stad Padua und ihre Einwohner / ja alle umliegende Landschafften und Stådte euch nähst Gott alle Wolfahrt und das Leben selbst zu danken haben / als die ihr das augenscheinliche Verderben von uns allen abgewendet / solches hat der hochansehnliche Römische Stathalter Herr Fabius anjetzo nicht ohn ursach eingeführet; weil aber Euren Durchll. der eigentliche Bericht des mörderischen vorhabens noch so außführlich nicht entdecket ist / gebe denselben ich zu vernehmen / daß nach angestelleter peinlicher Frage / wir von ihren Gefangenen diesen einhelligen Bericht eingezogen / womit Servilius gutwillige Bekäntniß allerdinge einstimmet / daß nehmlich M. Trebellius / K. Azerius / beyde verbannete Römische Herren / und Orgetorix ein Gallier / [151] jener beyden Drittes-Mañ / mit ihrem grausamen vorhaben schon drey Jahr schwanger gangen / und inwendig vier Monat auffs höchste solches ins werk zu richten /entschlossen gewesen; Sie wolten mit 100000 Mann in dreyen unterschiedlichen Kriegsheeren diese Stad Padua / Mantua und Ravenna zugleich anfallen / den ganzen Adel und alle verheyrahtete / auch unmanbahre Töchter ohn einige Verschonung erwürgen / die mannbahren Fräulein und Jungfern zu ihrer Heyraht und unkeuschen Willen behalten / ja alle freye Menschen erwürgen / den Leibeigenen von allenhalben her / Freyheit und das Bürgerrecht schenken / und nach dem Vorbilde Romulus und Remus ein neues Reich anrichten / da dann jeztgenante drey Städte ihre drey Fürstlichen Sitze hätten seyn sollen; Ihre geworbene blutdürstige Völker hätten die Anreitsgelder schon empfangen / lågen hin und wieder in Feindes Ländern verstreuet / und warteten nur auff Befehl ihrer Fürsten / wann sie aufbrechen und die Waffen empfangen solten; Es ist vor Menschen Augen unmöglich / daß man die Gefahr hätte können abwenden / gestaltsam sie uns würden über den Halß ko en seyn / ehe wirs inne werden mögen / und wahr der eine Sammelplatz uns so nahe / nehmlich die erstrittene Höhle / daß viel 1000 Mann in einer Nacht daselbst die Waffen hätten ergreiffen / und mit dem frühzeitigen Tohr auffschliessen uns in den Betten überfallen können. Sehet ihr Durchll. Herren / dieses Verderben hat eure glükliche Außforschung und herlicher Sieg von unsern Hälsen hinweg gerissen / unser Leben bestehet durch eure Hand / unsere Weiber und Kinder ruffen und frohlocken / daß die unvergleichliche Helden Herr Ladisla und Herr Herkules zu ihrer Rettung erschienen sind; Unsere manbahre Töchter rühmen / daß sie nicht dürffen den Räubern auffwarten und zu dienste stehen / ja daß sie jhrer Eltern leibeigene Knechte zu heyrahten nicht gezwungen werden; So sind wir ja nun schuldig / so vielfältige Guttaht zuerkennen; so müssen wir ja billich ein williges Herz darbieten zur Dankbarkeit. Und deßwegen sind wir von dem Raht und Gemeine dieser Stad abgeordnet / sie als unsere sonders geehrte Herren und Schützer freund- und dienstfleissig zu bitten / daß sie auß dieser Stad nicht weichen wollen /ehe uñ bevor sie an Römische Käyserl. Hocheit diese ihre höchstrümliche Taht eilig gelangen lassen / und wessen sie sich hierin verhalten sollen / unterrichter sind; inzwischen stehet alle unsere Haabe und Vermögen / ja unser Leib und Leben zu ihrem Dienste / werden auch nicht unterlassen / uns zubemühen / damit unser guter Wille in der Taht möge erscheinen können.

Unsere Helden hatten dieser hohen Ehr sich nicht versehen / denen ohn daß kein Ehrgeiz beywohnete /uñ antwortete Herkules folgender Gestalt: Durchleuchtiger Herr Stathalter / Hochansehnliche Herren Abgeordnete / sonders gnädiger Herr Vater und geneigete Herren; Mein Brüderlicher Geselle und ich schätzen uns vielzugeringe die von eurer Gn. und Herrligkeiten jezt gehaltene Lob- und Dankreden auff uns zuzihen; ja wann unsere Nahmen von ihnen nicht außdrüklich gemeldet währen / würden wir der Antwort uns nicht erkühnen / angesehen / wir so hohen Ruhm und Dank zuverdienen uns gar zu unbestand und geringe achten / daß wir vor Schützer dieser mächtigen Stad uns solten angeben lassen / ohn deren Ankunfft ihre Wolfahrt nicht hätte können erhalten werden. O wer weis nicht / daß Padua durch der Inwohner Vernunfft und Vermögen wol königlichen Gewalt und Anlauff hintertreiben / geschweige / eine Handvol Räuber dämpffen solte / insonderheit [152] / da sie unter den Schuzflügeln des Allergroßmächtigsten Römischen Käysers / unsers allerseits gnädigsten Herren /Sicherheit und Schirm gnug haben kan und hat; müsten demnach der unsinnigen Verwägenheit in- und außwendig uns gewidmet haben / wann wir solches nicht erkennen / oder nur in zweiffel zihen wolten. Zwar wir danken es der gnädigen himlischen Versehung / daß wir das Glük gehabt / nicht allein durch des Orgetorix und seiner boßhafften Gesellen Bestreitung die erste Ursach dem gestrigen Siege zugeben /sondern daß wir auch diesem ohn zweiffel herlichen Werke beyzuwohnen beseliget gewesen / weil dannoch der Räuberische Frevel viel Ungelegenheit machen können / da er nicht in der Aschen würde gedämpffet seyn; aber / hochansehnliche Herren / was schreibet man uns beyden einzelnen / die glükliche Verrichtung allein zu? warumb hinterhält der hochmögende Herr Stathalter seine eigene Tahten / die nicht geringer / sondern grösser als die unsern zu schätzen sind? dann seine geleistete Gegenwehr ist den Räubern so schädlich / als seyn heilsamer kluger Raht uns nüzlich gewesen; zu geschweigen / daß seine blosse Gegenwart jene zu schrecken und uns zu muhtigen kräfftig gnug wahr / daß also demselben der höchste Preiß und Dank / da sonst einiger erstritten ist / von Gott- und Rechts wegen gebůhret. Aber Durchleuchtiger und Wolgebohrne Herren / warumb muß der tapffere Held / Herr K. Fabius / es Herrn Stathalters an Muht und Tugend gleich gerahtener Sohn /seines verdienten Lobes beraubet seyn / und uns alles gar abtreten / der trauen seine Sinne und Fåuste hiebey nicht umb daß geringste weniger gesparet als wir? Ja wo bleibet seiner Reuter löbliches Wolverhalten /ohn deren Hülffe und Beystand wir unser Leben nicht hätten mögen davon bringen / und wir ihnen deßwegen Dank und Vergeltung schuldig sind. Muß also diese Taht dem Herrn Stathalter und seinem Sohn billig beygemässen werden / weil dieselben nicht allein das Amt unverzageter Streiter / sondern auch vorsichtiger Befehlhaber geleistet / uñ die Mañschafft hinzugeführet / durch derẽ Schwerter schärffe die Feinde hingerichtet / und dem Henker entwichen sind; uns beyden aber ist es gnug / wann unsere schlechte Nebenhülffe und Beystand hat angenehm und ersprißlich seyn können; wodurch aber die uns angebohtene Ehre wir so gar nicht verdienen mögen / daß auch ohn unsere Gegenwart der völlige Sieg ihnen hätte bleiben müssen. In erwågung dessen alles bitten wir sehr /uns über unser Verdienst und Wirdigkeit nicht zuehren / damit uns nicht mehr Ursach / uns zu schämen /als sie zu lieben / gegeben werde; unser stets begieriger Wille / ihnen samt und sonders mögliche Dienste zu leisten / sol auff alle Begebenheit sich bereit halten und finden lassen / deren gute Gewogenheit unsere Verrichtungen schon mehr als zu viel vergolten hat /wovor wir zugleich uns höchlich bedanken / und / wie gesagt / hinwiederumb zu aller Mögligkeit uns verbinden. Der Stathalter gab zur Antwort: Ihr meine hochgeliebete Herren und Freunde / was habe ich doch bey diesem grimmigen Kampffe mehr tuhn / als euch glüklichen Fortgang und Sieg wünschen können? bin ich nicht als ein überflüssiger Stummer in diesem Spiel gewesen? hingegen habet ihr / Herr Herkules / nicht geordnet / versehen / die unsern angeführet / gestärket / entsetzet / ja die beyden Fürsten und Führer der Räuberischen Verbündniß / einen nach dem andern mit eurem Schwerte im absonderlichen Kampffe erleget / und mich hernach mit ihren Waffen außgerüstet? Mein Herr Schwieger Sohn aber mit seiner Hand beschützet / und [153] den feindlichen Anfall von mir auff sich selbst gezogen / daß ich unbeleidiget bliebe? Meinen Sohn betreffend / was könte mir ergetzlicher seyn / als daß er die Ehre gehabt / euch in diesem rühmlichen Werke beystand zu leisten / und unter eurer Anführung das seine zu tuhn / welches aber an eure Verrichtungen bey weitem nicht reichet. Hat er dann gleich mit gefochtẽ / so habt doch ihr die stårkeste Feindesmacht gebrochen; hat er den Räubern sich entgegen gesezt / so ist ers als einheimischer dem Vaterlande schuldig. Ihr aber als fremde / und uns allerdinge unverbundene habt euch nit gewegert /eure Leiber unter so grosse menge der Räuber zustellen / und allen ihren Anfall auff euch hinzurichten /nur daß deren über uns beschlossener Mord auffgehaben / Landesverwüstung abgewendet / und wir allesamt der Sicherheit und Ruhe geniessen möchten. Dieser euer Ruhm / ihr unvergleichliche Heldẽ muß nicht verschwiegen werdẽ / dafern wir nicht durch Undankbarkeit der Götter Ungnade und gebührliche Straffen über unsern Halß zihen wolten / wovor die Ewarkeit selbst uns bewahren wird. Hernach wendete er sich zu den Abgeordneten / und baht sie / nachdem sie unserer Helden Antwort würden hinterbracht haben / sich bey ihm zur Mahlzeit einzustellen / und jhnen Geselschafft zu leisten. Es hatte aber der Raht zu Padua allen Verlauf nach Mantua und Ravenna /auch andern Städten geschrieben / und der gebührlichen Dankbarkeit sie erinnert / welche sich alsbald bemüheten / eine mögliche Vergeltung sehen zu lassen. Fr. Sophien wehrete inzwischen die zeit lange /ehe sie mit jhrem Ladisla allein zu reden kam / ließ jhn nach der Abgeordneten Abtritt zu sich in den Garten fodern / und nach kurzer Unterredung fragete sie /wie ihm jhre Wase Frl. Sibylla gefiele; und als er sich vernehmen ließ / daß sie gar ein züchtiges und schönes Fräulein währe / dergleichen er wenig gesehen; antwortete sie / jezt lässet sie sich auff ihr Römisch schmücken / weil ihre Kleider ihr auff der Gutsche unverrücket blieben sind; Ich aber habe diese Nacht wenig geschlaffen / sondern an ihrem anmuhtigem Gespräch mich erlustiget; sonsten gefiel mir gestern sehr wol / daß Herr Herkules sich ihrer im Gepüsche so fleissig annam / dann anfangs befurchte ich / er würde ohn Freundligkeit mit ihr fortgehen / wie vor diesem mit Frl. Helenen / aber ich merke wol / daß er ein guter Erkenner in Unterscheid der Schönheit ist; dañ ob ich gleich an dieser wenig zu tadeln habe / kan ich sie doch mit jener nicht vergleichen. Ladisla merkete jhr Vorhaben / und antwortete: Euer Vorsaz /mein Herz / währe wol gut / aber sehet zu / und machet euch nicht Ungunst an der andern Seite. Ey /sagte sie / ich handele nach Recht und Warheit / und nicht nach Gunst / drum werde ich nicht sündigen; Aber sehet dorten Herr Herkules hertreten / welcher schon meynet / gar zu lange von euch gewesen seyn; Lieber gönnet mirs / ein wenig mit ihm zu scherzen /ich weiß wol / wo ich zukehren sol; Sie gingen mit einander ihm entgegen / und sagte sie zu ihm: Mein Herr Bruder / wie gehet seine Liebe so einsam und ohn alle Geselschafft? Darumb / antwortet er / daß niemand mit mir gehen wil / und ich daher Gesellschafft suchen muß. Ja / sagte sie / vielleicht wollet ihr niemand bey euch haben / sonsten fünde sich die Geselschafft wol ungesucht. Meine Anmuhtigkeit ist so schlecht / sagte er / daß meiner wenig begehren /weiß auch fast selber nicht / woher meine Schwermuht entstehen mag. Sie antwortete: Mancher kan auch in der Demuht stoltz seyn / welches ich vor den grössesten Stoltz halte; und daß dieses auff euch geredet sey / wil ich nicht leugnen / dann ihr meidet die fröliche Geselschafft mit fleiß / und [154] leget hernach die Ursach eurer Einsamkeit auff andere / die doch gerne mit euch umgingen. Ob die Schuld an mir liege /sagte er / daß ich gemieden werde / kan wol seyn / gestehe es auch selber / wann mir nur zugelassen ist /des beschuldigten Stoltzes mich zuentledigen / dessen ich ungerne wolte teilhaftig seyn; findet aber meine Fr. Schwester dieses oder andere unzimliche Laster an mir / wolle sie meiner nur nicht verschonen / weil ich meine Gebrechen nicht allemahl von mir selbst erkennen kan; deßwegen sind dieselben meine allerliebesten Freunde / welche sich meiner Besserung annehmen / und selbe fortzusetzen bemühet sind / zweifele auch nicht / da meine Fr. Schwester täglich mit ihrem Verweißtuhm fortfahren wird / solle es sehr viel bey mir fruchten. Ach ja freylich / antwortete sie / mit dergleichen spitzigen Pfeilen muß man auff träuherzige Freunde zuschiessen / damit man abgeschrecket wird /dz man kein Schertzwort mit euch reden darff. Ladisla lachete / daß ihr gefiderter Bolzen so zeitig zurük prallete / wie sie dann weiters nicht vorzubringen wuste / und Herkules schon auf eine Antwort bedacht wahr; aber sie fiel jhm ein / und sagte: Nun sehet euch umb / Herr Herkules / jhr seyd schon tähtlich wiederleget / als wolte niemand eure Geselschafft haben /dann dort lässet meine Frl. Schwester Frl. Sibylla sich von meiner Fr. Mutter herleitẽ / damit sie eure Einsamkeit breche / deren sie ohn zweifel wird wahr genommen haben. Es gingen aber diese beyden frisch fort / dann sie nahmen jener hinter dem Rosenpusche nicht wahr / biß sie in den offenen Weg traten / welches das Fräulein ersehend / alsbald stutzete / dann sie kennete unsere Helden nicht so bald. Aber Fr. Sophia rieff ihr zu: Geliebte Frl. Schwester / komt mir doch zum Beystande / dann ich bin zu wenig und schwach / diesen beyden Herren allein zu antworten. Herkules trat ihr höflich entgegen / empfing sie mit einem Handkusse / und nach Wünschung eines frölichen Morgen fragete er / ob sie nach dem eingenommenẽ Schrecken wolgeruhet hätte. Sie hingegen baht um Verzeihung / dz sie durch ihre Ankunfft ihre Unterredung störete / sahe jhn unterdessen in diesem dünnen Kleide an / und verwunderte sich so gar über die volkommene Zierligkeit seines Leibes und aller Gliedmassen / daß sie fast erstummete; und als Fr. Sophia jhre Verenderung sahe / kam sie ihr zu Hülffe / und sagete: Herzgeliebete Frl. Schwester / meynet sie wol / daß dieser Herr noch eben derselbe sey /welcher gestriges Tages ein solches Gemetze unter den Räubern hielt / dz wir Ohren und Augen zudrücken musten? Ach nein / sagte Frl. Sibylla / wann mir das Angesicht nicht bekant währe / würde ichs schwerlich gläuben. So geliebet meiner Frau Schwester es gar offt / sagte Herkules / mich bey fremden stum zu machen. Bey fremden? fragete sie; je wer ist dann alhie fremde? Meine Fr. Mutter / euren Ladisla und mich / werdet ihr ja nicht vor fremde schelten; ist euch dann meine Frl. Schwester so frembde / und habet schon unterschiedliche Reisen zu Pferde und zu fusse mit ihr gehalten? da werdet ihr ja mit einander etwas Kundschafft gemacht haben. Es ist mir leid gnug / antwortete er / daß das Durchl. Fräulein ich vom gehen so ermüdet sehen muste; weil ichs aber nicht endern kunte / hoffe ich deßwegen entschuldiget zu seyn. Mein Herr / antwortete das Fräulein / weil mein eigener Vorwitz mich zu dieser Reise getrieben /habe ich das ritzen und stechen der Dornen billich er litten / und halte / meine Frau Schwester werde das ihre auch empfunden haben. Ich? sagte Fr. Sophia; trauet mir sicher / herzgeliebtes Schwesterchen / daß diese Dornen mich so gar nicht gereuen / daß ich sie vielmehr liebe / weil unter denselben [155] ich meine allerliebste Rose (auff Ladisla zeigend) gebrochen / und möchte in Warheit euch wol ein gleiches Dornen-oder vielmehr Rosenglük wündschen und gönnen. Das Fräulein ward hierüber schamroht / begriff sich aber bald / und gab zur Antwort: Ich bedanke mich alles guten / und daß meine Fr. Schwester so grosse vergnügung zwischen den Dornen empfangen / erfreue ich mich ihretwegen billich; mich aber betreffend / habe ich nie grössere Angst als in den Dornen gehabt / aus welchen Hn. Herkules sieghaftes Schwert mich vorgestern loßgewirket / wovor meine geliebte Eltern dankschuldige Gemühter erzeigen werden /weil ichs nicht als mit geflissener Ehrerbietung zuersetzen weiß. Herkules hatte grosses gefallen an den züchtigen Reden dieser überausfrommen Fräulein /und antwortete hierauff: Durchl. Fråulein / ich bitte Gott / daß er euer Wirdigkeit gleichmässiges Glük zuschicken / und wahre Tugend mit erwünscheter Erstattung beseligen wolle; betreffend meine geringe /und des gedenkens nicht werte Dienste / sind solche tausendfach in dem ersetzet / daß sie mit ihrem belieben und vergnügen geschehen / und wer mit so reicher Erstattung nicht friedlich seyn kan / währe meiner Urtel nach unwirdig / von redlichen Leuten geliebet zu werden. Hiemit kan vielleicht mein Herr sich befriedigen / antwortete sie / aber meine Schuld sich nicht loßwirken / dann das empfangene fodert mehr Pflicht / als die Worte Leistung / und währe trauen gar eine schlechte Dankbarkeit / die sich nur unter diesem erbieten finden liesse / daß die Woltahten angenehm währen; O nein / mir ist gar zu häuffige Gutwilligkeit erzeiget / welche mit Worten nicht kan abgetragen werden / sondern auffs minste den steten Willen verdienet / so weit das Unvermögen keinen wirklichen Abtrag zulassen wil. So můste ich ein glükseliger Mensch seyn / sagte Herkules / wann mit einem Schwertschlage ich solchen Dank erfechten könte; jedoch weil mein Fräulein ja einige Schuld und Verhafftung alhie an ihrer Seiten fodert / und ich Unhöfligkeit zu meiden / ihr nicht widersprechen darff /so bitte ich dienstlich / dieselbe wolle ihre Schuld seyn lassen daß sie mir befehle / und in ihren Diensten mich gebrauche / damit in der Zahl ihrer minsten Diener zuverbleiben / ich die grosse Ehre haben möge; welche lezten Worte nicht allein bey Fr. Sophien / und ihrer Fr. Mutter / sondern bey Ladisla selbst einen Argwohn entstandener Liebe verursacheten. Und die Warheit zu sagen / empfand Herkules grosse zuneigung in seinem Herzen gegen dieses Fråulein / daß / dafern solches noch frey und unbewohnet gewesen / er vielleicht die stete unverrückete Wohnung derselben darinnen gegönnet håtte; aber seiner Beståndigkeit und Tråue / die er einmahl von sich gegeben / wahr viel ein fester Schloß vorgehenket / als daß es durch einigen Menschen hätte können gebrochẽ werden / insonderheit / weil er noch an keiner andern sahe / daß seines Herzens Schatz in etwa einer Volkommenheit übertroffen hätte / nur daß seine Erndte noch nicht in reiffer Saat schnitte / sondern annoch im blühenden Grase wahr / welches aber doch so unfehlbare Hoffnung der allervolkommenstẽ Früchte zeigete / daß weder ein besseres hätte können gewünschet / noch dieses von einigem andern hintertrieben werden; daher Fr. Sophien Hoffnung bloß in der Einbildung sich kitzelte / indem sie eine Ehestifftung zwischen ihm un diesem Fräulein anzurichten vorhabens wahr. Als sie nun dißmahl sahe /daß das Fräulein auff Herkules lezte Reden zuantworten zückete / wolte sie etwas darzwischen einschiessen / und sagete zu ihm: H. Herkules / meynet Eure Liebe dann / daß meine Frl. Wase eine gantze [156] Stad voll Diener halte / daß er nur unter die geringsten wil eingeschrieben seyn? O nein / ich halte nicht / daß sie jemahl einen einzigen in Bestallung genommen habe. Ich widerspreche diesem gar nicht / antwortete er / uñ merke dañoch mit freuden / daß / ob das Frauenzimmer gleich keine Diener bestellet / sie doch geträue Dienste nicht ausschlagen / die aus gutem Herzen fliessen. Ein solches erfodert die Erbarkeit und unsere Notturfft / die vieler Hůlffe und Beystandes benöhtiget ist / sagte Fr. Sophia / aber dannoch glåube ich nicht / daß meine Frl. Schwester sich von vielen bedienen lasse. Sibylla wolte die angebohtene Dienstwilligkeit selber beantworten / und fing also an: Tapferer Herr Herkules / seine mir erzeigete Woltaht ist so beschaffen / daß ich deren weniger als meiner selbst vergessen werde / ich auch keine andere Ursach habe / als ihn an die seite meiner allernähesten Blutsverwanten hinbey zusetzen; dann weil Ehr und Leben in gleichem Gewicht hangen / weiß ich schon /daß ich jhm nähst meinen Eltern verpflichtet bin. Er nam diese Antwort mit sonderlicher Ehrerbietung auff / und wünschete / das Vermögen der Erkäntniß so hohes erbietens von Gott zuerlangen. In dem wurden sie zur Mahlzeit gefodert / da im hingehen Fr. Sophia jhre Wasen fragete / wie jhr Herkules nach seiner Art und Leben gefiele; sie aber seine freundliche Geberden / artige Geschikligkeit und demůhtige Reden so hoch rühmete / daß sie auch wůnschete / die Götter ihr einen solchen Bruder hätten gönnen mögen.

Diese und folgende Tage wurden mit fröligkeit zugebracht / biß am sechsten nach bestürmung des Raubnestes sich der obgedachten dreyen Städte abgeordente angeben liessen / eine schöne Dank- und Lobrede an unsere Helden ablegeten / und hernach bahten / sie möchten sich hochgünstig gefallen lassen mit ihnen in den Unter Plaz zugehen / woselbst drey treffliche Gutschen von Blauen / Grünen und Purpur Sammet mit güldenen Borten verbremet hielten / und vor jeder acht muhtige Pferde in gleichem Zeuge / wie die Gutschẽ / bespannet wahren / hinter denen hielten XXIV treffliche ReitPferde mit köstlich gesticketẽ Satteln und Silbern Gebiß / deren jedes von zween freygegebenen Leibeigenen / in Blauen / Grünen / und Purpur Sammet gekleidet / geleitet ward; welches alles Herr Zezilius Antenor im nahmen der zehn nachbar Städte also überliefferte: Hochberühmte Herren und grosse Freunde / Herr Herkules und Herr Ladisla; vorerwähneter Städte Raht und Bürgerschafft haben sich gescheuhet / mit blossen uñ leeren Worten die gebührliche Danksagung / wegen des zu störeten Raubnestes abzustatten; übersenden diese Gutschen /Pferde und LIV Teutsche Leibeigene freygekauffte Knechte / mit dem was dabey mag gefunden werden /zum Zeichen ihrer Dankbegierigkeit / unter der ungezweiffelten Zuversicht / sie werden solches von ihrer Hand gutwillig annehmen / da ihnen zugleich alhie zu Padua / Mantua und Ravenna eine Herren Wohnung sol erbauet / und inwendig jahresfrist fertig überlieffert werden / mit diesem Anhange / daß sie vor die höchsten Geschlechter dieser Städte / und nähesten Beysitzer des herschenden Bůrgemeisters öffentlich erkläret / und außgeruffen werden sollen; auch / so bald Römische Käyserl. Hocheit ihre weitere anordnung allergnädigst einkommen lassen wird / werden die Städte ein mehres von ihnen als hochgewogenen Herren zu bitten / Kühnheit nehmen. Unsere Helden entsetzeten sich der Liefferung nicht so viel / als des angeheffteten Erbietens / und gab ihnen Ladisla zur Antwort; Hochansehnliche Herren; die gar zu starke Uberladung ihrer Freygebigkeit / benimt [157] uns dz Vermögen zu antworten / nachdem uns unverdienten so grosse Fürstliche Schenkungen auffgedrungen werden / denen dz allergeringste zuerwiedern wir gar zu wenig sind. Ob wir nun gleich sehen / daß wir das Gegenwärtige anzunehmen uns nicht werden entreissen können / damit wir keine Unhöffligkeit über uns laden / so bitten wir doch von Herzen / sie wollen das übrige gar zu unmässige Erbieten nur auff den Willen beruhen lassen / und sol uns mehr als gnug seyn / daß wir in die Bücher ihrer ädlen Geschlechter verzeichnet werden. Grosse prächtige Gebäu und Wohnungen bey ihnen zu besitzen stehet uns nit an / die wir des Vorhabens sind / die Welt zu versuchen / vielweniger /daß wir junge unerfahrne Ritter in ihres hochweisen Rahts Versamlungen nieder sitzen solten. Bedanken uns demnach nicht weniger vor das hohe erbieten / als vor die herzugeführete Geschenke ganz dienstlich /und verpflichten uns hinwiederumb zu ihren Diensten ingesamt und insonderheit; die Anwesende unsere hochwerte Herren gebührlich ersuchend / sie wollen diesen und folgenden Tag uns hieselbst Geselschafft leisten / und ihre bessere sehr angenehme Kundschafft uns ungewegert gönnen. Hierauff musten die bestelleten Diener zwo grosse und ein kleines Lädichen von jeder Gutsche abheben / die auff den Saal getragen wurden / und unsere Helden sich sehr ungeduldig bezeigeten / daß ihnen noch ein so verborgenes geliefert ward / dann in den sechs grossen Laden wahren drey Tonnen Schaz gemüntzet Gold eingehämmert / und die Kleinot in den dreyen kleinen Laden / trugen auch so viel auß. Die Gutschen Wagen- und Reitpferde samt dem Zeuge und erkåufften Leibeigenen / wahr alles mit einer Tonne Schaz bezahlet / und wurden insonderheit die Gutschen (doch nicht der Schaz darauff) im nahmen der offtgeneñeten dreyen Städte eingelieffert. Zulezt kahmen zween ansehnliche frey erkauffte Teutschẽ auff zwey schneweissen wolgeputzeten Pferden / führeten auff dem linken Schenkel ein grüngemahltes Ritterspeer mit ganz güldenẽ Spitzen /in der rechter Hand ein Schwert / dessen Gefäß von Demanten glänzete / Sattel und Zeug schimmerte von Gold und Perlen / und der ganze Ritterharnisch wahr stark übergüldet; den Schild hatten sie auff dem Rücken hangen / in deren jedem ein Löue stund / welcher in der rechten ein Schwert / in der linken Tatzen einen Schild hielt mit dieser Umschrifft:Peregrini Leones Aquilam liberarunt prudenter et fortiter ab Ursorum rabie. Das ist:Die fremden Löuen haben den Adler von der Bähren Wuht klüglich und herzhafft erlöset. Auff ihrẽ Helmen stund ein Adler und Löue / die sich mit Tatzen und Klauen freundlich umbfingen / und lase man an einem Täfflein diese Schrifft:Quam benè conveniunt! Das ist:Wie vertragen sich diese so wol miteinander! Als diese Geharnischte zu unsern Helden naheten / tahten sie beyde den Helm ab / und weil sie Teutsche Herren Standes / und vor sieben jahren auf einem Streiff gefangen und Leibeigen verkaufft wahren / wusten sie sich wol zuschicken / hatten auch die Sprache wolgefasset / und fing der eine diese Rede an: Hochberühmte Helden; wir ehemahs gefangene /der Geburt Teutsche ädle / sind von unsern Ober Herren der dreyen Städte gnädig befehlichet / ihnen uns mit Pferd und Gewehr untertähnig einzulieffern / hoffen auch / angenommen zu werden / und durch getreue Dienste dereins die Freyheit wieder zuerlangen. Unsere Helden kenneten diese alsbald / dañ sie wahren in ihrer jugend am Großfürstlichen Hofe in Teutschland schon erwachsene Hoffjunkern gewesen / deren einer Lutter / der ander Friedrich hieß / und gab ihnen Herkules zur Antwort; [158] Sie bedanketen sich gegen die hochlöblichen Städte ihrer gar zumilden Güte / könten eines so Rittermässigen Geschenkes sich nicht wegern / und wolten ihr voriges erbieten hieselbst wiederholet haben. Als Friedrich seine Sprache hörete /uñ beyder Gesichte erwog / sagte er zu seinem Gesellen auff Teutsch: Bruder ich habe nit geirret / es sind in Warheit die Königliche Fürsten; stiegen hiemit voller freude von den Pferden / und wolten sich vor ihnen niderlegen; aber Herkules der solches merkete / sagte mit Teutschen worten zu ihnẽ; sehet ihr uns vor bekante an / so lasset uns ungemeldet; daher diese zwar ihr Vorhaben enderten / aber die Sache wahr schon verrahten / dann weil sie zu Ravenna beyde dieneten /und unter den Nahmen Herkules und Ladisla ihre Heldentaht rühmen höreten / sagte Friedrich zu seinem Herren daselbst / er hielte gänzlich davor / sein Landes Fürst und dessen Verwanter der Königliche Fůrst auß Böhmen würden diese Helden seyn / welche nit allein diese Nahmen führeten / sondern schon in der kindlichen Jugend gewisse anzeige ihres unvergleichlichen Helden Muhts hätten sehen lassen. Dieser machete dem ganzen Raht daselbst solches zuwissen / die es weiter außtrugen / das ein gemeines Geschrey sich erhub / die Teutschen Könige währen kommen / und hätten Italien von den Räubern erlöset. Den andern Städten wahr eben dieses zugeschrieben /daher man aus solcher Mutmassung die obgedachten Schilde und Helme gebildet hatte. Als sie nun sahen /wie die beyde geharnischte das abgeredete Wahrzeichen der Ehrerbietung unterliessen / geriet der meiste teil in zweiffel / ob sie die Fürsten währen; aber Friedrich berichtete seinen Herren / der zugegen wahr / er hätte nicht gefehlet / aber sie wolten noch zur Zeit durchauß nicht erkant seyn / daher ward in allen Städten bey Leibesstraffe verbohten / von den fremden Helden / was ihren Stand uñ Vaterland beträffe / einige Meldung und Nachfrage zutuhn.

Diese beyde Tage nun wurden in fröligkeit verzehret / und bekam Herkules hohe Begierde / an sein herzgeliebtes Fräulein zuschreiben / sagte deßwegen zu Ladisla; dafern es ihm gefällig / wolte er alle ihnen geschenkte Teutschen nicht allein frey lassen / sondern sie wolbegabet nach Haus schicken / die jhm heut oder morgen grossen Vorschub / sein GroßFürstentuhm zuerhalten / tuhn könten; welches er nicht allein gerne bewilligte / sondern zugleich anhielt / daß sie jhren Weg auff Prag nehmen möchten /dann er währe gesonnen dahin zu schreiben / ungeachtet er schon / wie er wüste / vor eilff Tagen einen eigenen Bohten dahin gesendet; machten also jhre Schreiben fertig / und foderten jhre Leibeigene / an der zahl LVI Mann / unter denen XXX gutes Adels /die übrigen versuchte teutsche Reuter wahren / vor sich / welche Herkules auff teutsch also anredete: Gewißlich habt jhr euch meines Gesellen und meines Glückes mit zuerfreuen / weil jhr durch dieses Mittel uns überliefert / und von eurer vorigen Knechtschafft loßgemacht seyd / dann jhr sollet wissen / daß gegenwärtiger mein Herr Bruder / der Großmächtigste König aus Böhmen / und ich / eures herschendẽ GroßFürsten / Herrn Henrichs Erstgebohrner Sohn Herkules bin / welches jhr gleichwol in diesen Ländern bey Leibesstraffe nicht melden sollet. Wir wollen euch nach angebohrner milden Güte / nicht allein in vorige Freyheit setzen / sondern mit nöhtigen Zehrungskosten versehen / daß ihr wieder in unser Vaterland zihen / und des euren abwarten könnet / wovor ich von euch weiters nichts heische / als dz ihr dereins dessen eingedenke seyd / und bey meinen Eltern und angebohrnen Untertahnen meiner im besten gedenket; sollet auch nicht [159] verschweigen / was jhr alhie gesehen und erfahren habet. Hernach rief er Friederich und Lutter absonderlich zu sich / und sagete: Wann ich an euer Träue zweiffel trüge / würde ich euch diese eingemachte kostbahre Kleinot nicht anvertrauen; gab hiemit Friedrichen ein Schreiben an seine Fr. Mutter /dieses Inhalts:

Herzallerliebste Fr. Mutter; Ich euer gehorsamer Sohn Herkules / füge Euer Gn. zu wissen / was gestalt mein gnädiger allein wahrer Gott mich nicht allein meiner anderthalbjährigen Knechtschaft entrissen / sondern so hoch begnadet / daß ich in meinem vertriebenẽ Stande mehr Ehr und Gelder erstritten / als ich mir in Teutsch land vermuhten seyn könte / wie Zeiger dieses berichten wird. Was ihre verteufelte LügenPfaffen von mir låstern /wollen sie ja nicht glåuben / sondern sich versichern / daß ich einem so heiligen und reinen Gott diene / welcher durchaus keine üppigkeit und Unzucht / oder was dem anhanget / dulden noch ungestraffet lassen kan. Bitte kindlich / meinen allerliebsten / wiewol / als ich vernehme / ungnädigen Herrn Vater / zugrüssen / dessen abgeneigter Wille mich mehr als andere Unlust schmertzet; Meinem geliebeten Bruder Baldrich überschicke ich sechs Reitpferde mit allem Zubehör / auch einen köstlichen Harnisch / und nebest sechs Kleinoten 20000 Kronen gemünztes Goldes zum Beutpfennige / hoffe / er werde aller Fürstlichen Tugend und der löblichen Ritterschafft eiferig nachsetzen / und sich durch falsche Verleumdungen von Brüderlicher Gewogenheit und Träue nicht abwenden lassen. Was meiner herzlieben Frl. Schwester absonderlich versiegelt ist (dieses wahren acht herliche Kleinot) wird meine Gn Frau Mutter derselben schon einliefern lassen. Befehle sie hiermit alle meines wahren Gottes und Heylandes Obacht geträulich / lebe auch und sterbe Ihr biß an Gott gehorsamer Sohn Herkules.

Nach Einhändigung dieses Briefes stellete er jhm die Kleinot in einem ledernen Beutel zu / und wurden die Baarschafftẽ auff die sechs Pferde gebunden / mit erteiletem gnugsamen Bericht / wie es mit allem und jedem solte gehalten werden. Hernach ging er mit Luttern auff sein Schlaffgemach / und sagete zu ihm: Sihe da / erinnere dich der Gnaden / die ich dir heut erzeige / uñ reise nicht von Prag hinweg / biß du dieses Schreiben samt beygefůgeten Sachen selbst / uñ in möglicher Geheim dem Königlichen Fräulein daselbst / zu sicheren Händen wirst gestellet haben / als welches alles jhr von Fr. Sophien ihrer Schwågerin zugeschicket wird; Was du aber zu liefern hast / ist ein stoltzes Handpferd mit köstlichem Zeuge / eine Gutsche mit sechs Pferden / (wahr die geschenkete blaue) und eine verschlossene Lade auff derselben. Dieser versprach / alles geträu und fleissig in acht zunehmen und zu bestellen. Darauff teileten Herkules und Ladisla unter den XXX ådelgebohrnẽ 21000 Kronen aus /und den übrigen XXVIgen / 7800 Kronen / daß sie sich davon růsten uñ beritten machen solten; aber Friedrich und Lutter bekahmen jeder ein wolgerůstetes Pferd / guten Ritterharnisch / und noch 1500 Kronen über das vorige / und als sie von Ladisla ein Schreiben an seine Fr. Mutter empfangen hatten / gingen sie in aller Eile fort.

Es wahr dieser der ander Tag / an welchem unsere Helden der Städte Abgeordnetẽ zu Gaste hatten / und sich gar frölich erzeigeten / insonderheit Herkules /welcher viel uñ offt an sein Fräulein gedenkend eine sonderliche Vergnůgung spůren ließ / und daher mit Frl. Sibyllen so viel freundlicher umging; worüber Frl. Helena einen starken Eifer in ihrer Seele empfand / weil sie in der furcht stund / sie würde von jener außgestochen werden; ja / sagete sie in ihrem Herzen /wer weiß / was unter ihnen schon abgeredet ist / oder sonst vorgangen / weil er sie im freyen Felde allein gefunden / und einen guten Weg mit sich geführet [160] hat; kunte demnach vor dißmahl ihren Mißgunst nicht bergen / sondern da sie mit Frau Sophien nach dem Garten / die angenehme Kühlung zu empfahen / gangen wahr / sagte sie zu ihr: Es würde ihr bestes seyn / daß nach diesem sie daheim bliebe / weil ihre Hellerchen hieselbst nicht mehr geltẽ wolten. Diese hatte nun schon etliche Zeichen ihrer Unwilligkeit angemerket /weil sie nicht allein Frl. Sibyllen wenig Freundschafft erzeigete / sondern zuzeiten ihr auch gnug gramselige Anblicke verlihe / dessen ursach sie leicht erriet / aber sichs nicht merken ließ / sondern zur Antwort gab; Sie wolte nicht hoffen / daß sie ursach hätte / dergleichen von jhr zu argwohnen; währe jhr aber etwas zuwider geschehen / bähte sie / jhr solches zuoffenbahren / alsdann wolte sie an ihrer Bemühung nichts erwinden lassen / daß es nicht allein abgestellet / sondern auch verbessert wůrde. Frl. Helena wahr schon leidig / daß durch Eiversucht verleitet / sie sich so weit bloß gegeben hatte / wolte gleichwol nicht angesehen sehr / als klagete sie ohn ursach / und fuhr also fort: Es kähme jhr zu Ohren und Gesicht / daß zuzeiten sie von Frl. Sibyllen verächtlich und hönisch gehalten würde / wüste doch dessen ja keine Ursach /es währe dann / daß die von Rom so frisch ankähmen und neue Kleiderart mitbrächten / sich vor andern was sonderliches einbildeten; doch bähte sie / hievon nichts zugedenken / dann sie wolte nicht gerne ihre Feindschaft haben / sondern ungleich lieber nachgeben / und die geringste seyn. Ach nein / antwortete Fr. Sophia / warumb soltet ihr ohn ursach nachgeben /und unbilligkeit verschmerzen / sintemal ihr ja beyde eines Standes und Wirden seyd / und euch Alters halben noch ein Vorzug gebühret; saget mir nur / bitte ich / in welcher Sache jhr euch beleidiget haltet / und lasset mich vor das übrige sorgen und antworten. Diese bedankete sich des guten willens / und gab vor /sie hätte jhr steiff vorgenommen das ergangene zu verschmerzen / und keinem Menschen zu melden / nur daß sie gleichwol so einfältig nicht angesehen wůrde /ob währe sie allerdinge merkloß / wolte sie nit unterlassen / die erstkünfftige Beleidigung jhr anzudeuten. Fr. Sophia wolte dieses feur lieber dämpffen als schüren / und sagte zu jhr; es könte seyn / daß falsche Mäuler sucheten / einiges Mistrauen zwischen jhnen anzurichten / oder eine ungegründete Einbildung könte sie verleiten; und wann ich nicht wissen darff /sagte sie / wessen sich meine Frl. Schwester eigentlich zubeschweren hat / währe viel besser geschwiegen / als nichts gewisses sagen; sonstẽ kan ich wol äidlich bekräfftigen / daß Frl. Sibylla der Art nicht ist / einigen Menschen / geschweige jhre so nahe Anverwantin zuverhöhnen; ja Herr Herkules selber verwundert sich jhrer frommen unbetrieglichen Einfalt /daher er auch mit jhr mehr als mit einiger andern gerne umgehet / welches doch nicht aus Liebe zu jhrer Schönheit / sondern wegen jhrer aufrichtigkeit geschihet / als der schon an einem andern sehr hohen Orte verbunden ist. Helena währe dieser lezten Rede schier zur Erden nider gesunken / sie verlohr alles jhr Geblüt unter dem Angesichte / daß sie einer neulich verschiedenen Leiche nicht unåhnlich wahr / und Frau Sophia sie fragete / was dieser gelingen Verenderung ursach währe; worauff sie antwortete: Ich weiß selber nicht wie mir geschihet / es můste mich dann ein gifftiger Wurm aus diesem Rosenpusche anhauchen. Fr. Sophia merkete jhr Anliegen / taht doch nicht deßgleichen / sondern fassete sie beym Arme / und führete sie in die Läube / da sie bald wieder zurechte kam / und jhr voriges Gespräch folgender gestalt wieder anfing: Es kan seyn / daß von meiner Wasen Sibyllen ich mir ein mehres eingebildet / als an sich selbst ist / und da solches [161] aus jhrer folgenden Bezeigung erscheinen wird / wil ich allen Unwillen ablegen / und als eine Freundin jhr Unglük beklagen helffen. Unglük? sagte Fr. Sophia; stehet jhr dann ein Unglük vor / so helffets nicht beklagen / sondern abwenden / und offenbahret es mir / daß man demselben vorbaue / ehe es loßbricht. Ja wann sichs nur wolte lassen vorbauen /antwortete sie; die Liebe ist blind und eigensinnig /wo nicht wol gar unsinnig / und lässet jhr nit rahten wie die geübten zu klagen pflegen; nun kan ich aber aus allen jhren Geberden und Vornehmen nicht anders schliessen / als daß sie wegen Herrn Herkules Heyraht nicht geringe Hofnung gefasset / worin sie ohn zweifel sich wird heßlich betrogen finden / als viel ich auß eurer jetzigen Erzählung verstehe. Ach nein / sagte Fr. Sophia / jhr jrret in eurer Urtel sehr weit / und kan ich euch dessen wol versichern / massen ich weiß / daß sie jhren Anteil zu Rom schon hat / ob sie mir gleich solches nicht gestehen wil. Ja / Fr. Schwester / antwortete sie / warumb wil sie es aber nicht gestehen? Je / daß sie dessen gerne wieder abseyn wolte / weil jhr dieses Leckerbißlein ungleich besser gefält. Ey ey / geliebte Schwester / sagte sie / wie habt jhr so unehrbare Gedanken von diesem überauß frommen und keuschen Fråulein; ich habe euch ja nie von einer fremden viel geringern so verächtlich reden hören /und wolte nit ein grosses drumb nehmen / daß sie solches erfahren solte; darumb verschonet sie mit dergleichen ungebührlichen Aufflagen / weil sie dessen gantz unschuldig ist / und gebet nicht ursach / daß sie sich gegen meine und eure Eltern über euch zubeschweren habe. Diese fing an sich zuschämen / und es vor einen halben Scherz außzugeben; aber Fr. Sophia wolte sie von solchem Unwege abführen / und sagete; es währe diese Entschuldigung zumahl unerheblich /und müste man trauen von solchen hohen Standes Fräulein dergleichen schlimmen und ehrenverkleinerlichen Schertz nicht tichten / vielweniger über die Zunge lauffen lassen; Sie vor jhr Håupt wolte die ursach jhres Widerwillens zum teil schier errahten /welches aber alles in einem falschen Wahn bestünde /wolten demnach dieses Gespräch auffruffen / und dessen nimmermehr wieder gedenken. Gingen darauff wieder nach der Geselschaft / uñ funden Herkules mit dem Fräulein ein liebliches Gespräch halten / welches in diesem Herzen den Eiver auffs neue anzündete / so dz sie aus Mißmuht nach hause ging.

Des folgenden tages wurden auff Fr. Sophien Angeben / die vornehmsten jungen von Adel / nebest den ådlen Jungfern / jene im nahmen Herkules / diese im namen Frll. Sibyllen / und Helenen auff eine Maalzeit und Tanz eingeladen / deren eine zimliche Menge fast in gleicher Anzahl erschiene. Herkules muste auff Fr. Sophien Anhalten sich zu dem Frauenzimmer setzen /da er seine stelle bey Frl. Luzilla Antenoria nam / und sie ingesamt nebest fleissiger nöhtigung zum essen /mit einem freundlichen Gespräch ergetzete / durch welches ihrer viel / ungleich vergnůglicher / als mit den Speisen gesättiget wurden. Nach der Mahlzeit gieng der Tantz an / und ward dadurch ein bundter Reihen-Sitz veranlasset / da ein Paduanischer ädler Jůngling / Nahmens Avonius Priscus sich zu Frl. Helenen fand; er wahr gutes herkommens / reich / und in ritterlichen Ubungen wol unterwiesen / der auch seinen Mann wol stehen durffte / nur das er von Gesicht etwas Ungestalt / und in der Welt wenig versucht wahr / wovon seine Eltern ihn als ihren einzigen Sohn durch Zwang abgehalten hatten. Er hatte durch seinen Vater bey der Fräulein Eltern schon unterschiedliche mahl Ansuchung getahn / auch biß auff der Tochter Erklärung gute vertröstung [162] erhalten / jedoch allemahl unter der Verwahrung / daß sie ihrer Tochter allen freyen Willen in Heyrahtsachen lassen wolten / deren Einwilligung zuerlangen er sich zubemůhen hätte. Sie aber wahr ihm spinne feind / daß sie ihn nicht ansehen mochte / verdroß ihr auch höchlich / daß er noch weiter sich bey ihr angeben durffte / da sie doch bey seiner eigenen Schwester / Jungfer Pulcheria ihm außdrüklich hatte sagen lassen / sie bedankete sich gegen ihn wegen der zu ihr tragenden guten Gewogenheit /und bähte daneben sehr / er wolte nach diesem sie mit solchen Anmuhtungen verschonen / uñ sonst seines freyen gefallens sich nach einer liebsten umbtuhn /weil kein einiges tröpflein der liebes Neigung sich in ihrem Herzen befünde. Als er vor dißmal sich zu ihr nidersetzete / baht er anfangs um verzeihung uñ lies aus seinen Worten gnug spüren / dz ob sie ihm gleich bey seiner Schwester eine solche Antwort zuentbohten / die nichts als Abweisung nach sich führete / so erinnerte er sich dannoch / daß einem getreuen Liebhaber obläge / auff erstmahlige Verwägerung inständiger anzuhalten / auff daß daher erschiene / daß die Liebe nicht nur auff der äussersten Borke / sondern in dem tieffestẽ des Herzen hafftete; bähte demnach dienstlich / ihm sein kühnes Vornehmen hochgünstig zuverzeihen / und mit seinem übel ein Mitleiden zu tragen. Dieser stund ohn der Kopff nicht recht / weil Herkules sich zu Frl. Sibyllen nidergesezt hatte / und verdroß sie hefftig / daß sie einen so ungleichen Auffwarter haben solte / daher sagete sie zu ihm; nachdem er den Worten seiner Schwester nicht trauen wolte / müste sie / seiner auff einmahl abzukommen / eine Erklärung fassen / deren sie sonst gerne möchte überhoben seyn / und solte er demnach wissen / daß seine Auffwartung ihr allerdinge unangenehm wåhre / auch unmöglich / daß sie in seinen Willen gehehlen könte /solte deßwegen ihrer hinfůro allerdinge müssig gehen / und ihm eine andere Beysitzerin erwählen / damit sie nicht gezwungen würde / ihre Stelle zuverlassen / und nach hause zugehen. Der gute Mensch entsetzete sich zum höchsten / und fragete sie / ob ihr dann mit seinem Tode gedienet währe; worauff sie zur Antwort gab: Er möchte ihret halben immerhin leben / so lange es den Göttern gefiele / nur solte er festiglich gläuben / daß wann sie auff andere Weise sich seiner nicht entbrechen könte / wolte sie ihr den Tod wünschen /wie lieb ihr sonst das leben währe. Wol mein Fräulein / antwortete er / so sehe ich nunmehr / das mein Herz Feur / und das eure Wasser ist; daß auch meine Neigung weiß und die ihre schwarz ist / welche nimmermehr vereiniget werden können / muß also ihr als einem Fräulein die freye Zunge ungehe et lassen /und mich bemühen / dasselbe zuverachten was mich vor nichts hält; stund hiemit von ihr auff / und taht einen zierlichen Tanz mit einer recht schönen und wolerzogenen ädlen Jungfer / nahmens Urbina. Es hatte aber Fräulein Luzilla Antenoria / des Avonius Mutter Schwester Tochter das obgesetzete Gespräch alles angehöret / taht es auch Avonius Schwester alsbald zuwissen / welche ohn daß hitzig vor der Stirne wahr / und auff Gelegenheit tichtete / ihres Bruders Schimpff zu rächen / welches sie also ins Werk richtete: Als sie mit einem Paduanischen ädlen Jüngling /nahmens Fulzinus / der ihr heimlicher Buhle wahr /einen Tanz hielt / und bey Helenen hertanzete / trat sie derselben vorsezlich / doch als ohngefehr auff den Fuß / daß ihr solches hefftig schmerzete / und sie deßwegen vor eine grobe unvorsichtige außschalt / welche dieses biß nach geendetem Tanze unbeantwortet ließ; hernach aber sich zu ihr nidersetzete / und daß das beysitzende Frauenzimmer [163] es eigentlich vernehmen kunte / sie also anredete: Helena Emilia von Rom / wz vor eine freche Freyheit bildet ihr euch ein /daß wann ihr unter dem Tanze die Füsse weiter außstrecket / als unsers gleichen geziemet / und man alsdann unversehens dieselbe berühret / ihr eine ehrliche Jungfer / die allerdinge eures gleichen ist / und ja so gut als ihr / vor eine grobe unvorsichtige dirne /vor einer solchen adelichen Geselschafft außschelten dürffet? trauen ihr habt hiedurch eure Römische Höffligkeit wenig blicken lassen / und bedürfftets besser als ich / daß man euch das grobe abhöfelte; wil euch aber diesen schlimmen Streich auff dißmahl zu gute halten / und werdet mir zu danken haben / daß ich euch hiedurch anlaß gebe / eure Fůsse hernähst etwas züchtiger einzuzihen. Die so es höreten / erschraken dieser rede / und Helena selbst erstarrete vor Zorn und Eyver; endlich da ihr die Vernunfft und Sprache wieder kam / sagte sie: Wer Pech angreifft der besudelt sich damit. Und wer auff Koht trit / antwortete jene /der macht in flissen und sprützen; sind euch aber die Paduanische ädlen Jungfern als Pech / so könnet ihr euch ja derselben enthalten / daß von ihrer groben unvorsichtigkeit ihr unbesudelt bleibet; wisset aber / daß wir unsere vier Viertel ja so lang rechnen als ihr eure Elle. Fr. Sophia ward dieses Zankes inne / trat hinzu /und sagte als im scherze; Sie wolte nicht hoffen / daß man diesen Jungfern Streit mit scharffen Schwertern beylegen müste. Nein / antwortete Avonius Schwester / nur wolle ihre Gn. meine Beysitzerin abmahnen /daß sie hernähst nicht mehr ehrliche ädle Jungfern in solchen hochansehnlichen Geselschafften vor grobe unvorsichtige Dirnen außschelte / oder man wird ihr solche vorsichtige Höffligkeit nicht allemahl zu gute halten; vor dißmahl aber / weil ich Gelegenheit gehabt mich gebührlich zuverantworten / sol ihr verzihen seyn. Fr. Sophia wolte keinem Teil zu oder abfallen / sondern erinnerte sie beyderseits / ihren Jungfråulichen Wolstand zubeobachten / damit nicht die anwesende junge Aedelleute einen Spot mit ihnen trieben; welches die Paduanische mit einer sonderlichen Freymühtigkeit auffnam / und sich davor bedankete / mit der Beteurung / daß wann diese Erinnerung ihr zeitiger währe vorgehalten / wolte sie die hohe Beschimpffung verschmerzet haben. Helena aber / welche meynete / es solte Fr. Sophia mit jener anlegen und sie vertreten / ward hierüber so entrüstet / daß sie zur Antwort gab / wann ihre Fr. Wase sie noch weiters hätte beschimpffen wollen / währe solches am fůg- und leidlichsten ohn anderer beysein geschehẽ; stund damit auff und ging mit ihrer Leibdienerin davon / welche schon mit der andern ihrer folge Magd angebunden hatte / und wenig fehlete / daß sie ihrer Jungfern Ansehen zu schützen / ein artiges Haarzausen angefangen hättẽ / dem einig nur hiedurch vorgebauet ward. Die Fehde wahr gleichwol hiemit gestillet / und machte der gute Avonius so gute Kundschafft mit gedachter Jungfer Urbinichen / daß er Helenen der Vergessenheit übergab / und bald hernach mit dieser Verlöbnis hielt.

Es wurden die übrigen Tage mit allerhand ehrliebender Kurzweile zugebracht / biß der Stathalter von seinem Bruder durch schnelle Botschafft berichtet ward / dz die Käyserlichen Schreiben / nach allem Wunsch auffgesetzet / ihm des folgenden tages wůrden eingelieffert werden; und hätte zwar Käyserl. Hocheit dieselben mit zuzihung des Römischen Rahts verfertigen lassen / aber von allen Anwesenden den Aid genommen / nichts davon anders wohin zuberichten / biß die Volstreckung zu Padua geschehen währe. Diese [164] Zeitung hielt er in geheim / und stellete auff denselben Tag eine weitläufftige Gästerey an / worzu alle Rahtsherren und ädle / samt ihren Frauen und Töchtern eingeladen wurden. Nach abgetragenen Speisen stund der Stathalter an seiner stelle auff / entblössete sein Häupt / nam einen grossen Brieff in die Hand (welchen er vor einer Stunde empfangen) und redete unsere Helden also an: Durchleuchtige Herren /hochgeliebete Freunde / Herr Herkules und Herr Ladisla; Mein allergnädigster Käyser / Herr Aurelius Alexander Severus / dann auch der Raht und Gemeine der Stad Rom / lassen meinen Herren durch mich jhren Gruß / geneigten Willen und Freundschafft an melden. Diese stunden alsbald an jhrem Orte gantz ehrerbietig auff / neigeten die Häupter biß zum Tische nider / und bedanketen sich der hohen Käyserlichen Gnade / imgleichen der grossen Gewogenheit der Stad Rom / deren keines sie fähig währen / noch zuersetzen wüsten. Ihr meine Herren / fuhr der Stathalter fort; es ist mir jetzt diese Stunde eine Käyserliche und Römische Versehung allergnädigst in diesem Schreiben auffgetragen / welches eigentlich sie beyde betrifft /und mir der Inhalt annoch verborgen ist / hoffe / sie werden mir verwilligen / solche alhie öffentlich zu verlesen / und durch günstige Einwilligung alles gut heissen. Herkules antwortete / jhr Allergnädigster Käyser hätte mit jhnen zuschaffen volkommene Gewalt / dessen Hocheit sie in aller Untertähnigkeit zu gehorsamen bereit stůnden; Worauff er das Siegel brach / und folgende Worte lase:

Dein / und der Stadt Padua Schreiben / lieber Quintus Fabius / sind bevorab Käyserl. Hocheit / hernach dem Raht und Gemeine der Stad Rom wol eingeliefert / in welchem Bericht getahn wird / was massen die Römischen gůtigen Schutz Götter durch Klug- und Hertzhafftigkeit der beyden teuren fremden Ritter und Helden /Herrn Herkules und Herrn Ladisla / das vor Augen schwebende Verderben / dem gantzen Römischen Reiche / insonderheit den Städten Padua / Mantua und Ravenna /von der boßhafften Räuberischen Verbündniß angedräuet / gnädig abgewendet / den verborgenen Ort der schnöden Versamlung wunderbahrer weise kund gemacht / und eine so grosse Menge der Redlensführer abgestraffet /welche / da sie wenig Wochen hätten leben sollen / die Wolfahrt des Römischen Reichs ungezweifelt wůrden zurůttet / Italien verheeret / und ein grosses Blutbad vieler unschuldigen angerichtet haben. Wann dann Käyserl. Hocheit / als auch der Raht und Gemeine der Stadt Rom /diesen augenscheinlichen Beystand der Götter erkennen /und die Heldentaht obgedachter guten Ritter hoch preisen / Als haben sie schuldiger Dankbarkeit zu folge / beydes Göttern und Menschen / davor gebůhrlichen Abtrag zumachen / ernstlich nachgesinnet / auch jene alsbald durch ein dreytågiges Dankfest und vielfältige Opffer verhoffentlich begnüget / nachgehends einhellig beliebet / und auff Kåyserl. Hocheit allergnädigsten Vortrag beschlossen / gesetzet / und bestätiget; schliessen / setzen und beståtigen auch hiemit und krafft dieses öffentlich / daß wolgedachten Heldmuhtigen Rittern und Freunden des Römischen Reichs folgender gestalt dankbarlich sol begegnet werden: Als vorerst wird ihnen und allen ihren Nidersteigenden- und Seiten-verwanten das Römische Bůrgerrecht mit allen Freyheiten geschenket / und werden sie II. in den höchsten Adelstand auffgenommen. Folgends wird jhnen III. jedwedem eine güldene Kron /als sieghafften Uberwindern zugesand; und sol IV. jedwedem eine Ehren-Seule zu Rom auff dem Marsplatze mit der überschrifft: Liberatores Antenoridum, Protectores Italiæ, & Imperii amicissimi, (das ist: Diese sind der Stad Padua Erretter / des Italienlandes Schützer / und des Römischen Reichs liebeste Freunde); auffgerichtet werden. V. Dafern sie freye Herrschafften besitzen / oder in Erbschafft zu gewarten haben / sol ihnen solche Freyheit bestätiget / und alle deren Inwohner / wann sie es begehren / Freunde des Römischen Reichs genennet werden. VI. Würden aber ihre Herschafften verpflichtet seyn / sol ihnen zehnjährige Schatzung erlassen werden. [165] VII. Hätten obgedachte Ritter Lust / Römische Kriegsbestallung anzunehmen / sollen jedem sechs Legionen (36000 Mann) untergeben / und ihnen vor ihr Häupt / als lange sie dienen / doppelter Sold vermachet werden / neben freyer Wahl / wider was Feinde des Römischen Reichs zu kriegen / ihnen belieben würde. IIX. Haben sie Krieg wider ihre eigene Feinde / so nicht Römische Bundgenossen oder Untertahnen sind / sol ihnen die Römische Reichshülffe biß auff 120000 Mann zuzihen. IX. Ihre aus dem besten Korinthischen Ertz gegossene Bildnissen zu fusse / und ihre Pferde hinter ihnen stehend (welches die Ehre ist / daß sie zu fusse gesieget) sollen zu Padua /Mantua und Ravenna vor dem Rahthause / mitten auff den Marktplaz gesetzet werden / mit dieser schriftlichen Ehrengedächtniß: Hercules & Ladislaus, peregrini, nunc cives & amici, Rempublicam nostram ab interitu vindicarunt. Dz ist: Herkules und Ladisla die fremden /jezt Bürger und Freunde / haben unsere Herschaft vom Verderben errettet. X.Die in der Höhle eroberte Beute / Silber / Gold / Kleinot / ådelgestein / Waaren /Waffen / Speise / Trank / alles groß und klein / nichts ausgenommen / sol ihnen als ihr Eigentuhm eingeliefert werden / daß ohn jemands Einrede sie damit schalten und walten mögen nach freyen belieben. XI. Die vorgenommene Dankbarkeit der Städte wird gut geheissen / auch daß die Fürstliche Häuser auffgerichtet / und jedes mit einem vor selben Städten belegenen Landgute eigentühmlich versehen werde / deren jedes zum wenigsten jåhrlich 6000 Kronen auffbringen kan / und sollen dieselbẽ halb aus der Stådte gemeinen Seckel / halb aus unser Rentkammer daselbst erkaufft werden. XII. Alwo sie im Römischen Gebiete reisen würden / sol jeder auff XII Diener oder Gefårten und XXIV Pferde kostfrey gehalten werden. XIII. Geliebet ihnen endlich in der Stad Rom zu wohnen / wird ihnen eine Rahtsstelle / und freyer Zutrit zu allen Ehrenämtern angebohten / und sollen sie bey Kåyserl. Hocheit ihren täglichen Speisetisch auch allernähest der Burg ihre wirdige Wohnungen haben / dann sie werdẽ von nun an geheissen Imperij filij & Imperatoris fratres; Das ist / des Römischen Reichs Söhne / und des Käysers Brüder.Sonsten da ihnen mit etwas annehmlichers solte können an die hand gegangen werden /es sey zu Wasser oder zu Lande / wird ihnen solches freywilliger geleistet werden / als sie es fodern oder begehren können.

Nach endigung dieses Vortrages bedanketen sich unsere Helden der überaus hohen Gnade untertåhnigst / wünscheten Käyserlicher Hocheit glückliche Herschung / der Stad Rom dem Häupte der Welt stetes auffnehmen / dem ganzen Römischen Reich Gottes Schuz wieder ihre unbillichen Feinde / allen Inwohnern glükliches Gedeien / und dem H. Stathalter zeitliche und ewige Wolfahrt / mit dem erbieten / der Römischen Käyserl. Hocheit und des Römischen Reichs geträueste Diener und Freunde / biß an ihre und der ihren Freyheit zu seyn und bleiben. Der Stathalter setzete ihnen die übergeschicketen Kronen auff ihre Häupter / und hieß alsbald künstliche Mahler kommen / welche sie nach Lebens grösse eigentlich abreissen musten; wornach Gießzeug gemachet werden solte / in welchem sie von aus oberwähnetem kostbahren Zeuge ganz geharmscht / doch mit blossem Angesicht abgegossen wurden. Bald nach geschehener Bekrönung liefferte er ihnen die Schlüssel zu den Gemächern / auff welchen die Råuberbeute verwahret ward / welche sie auch wieder ihren Willen zu sich nehmen musten. Die anwesende Gäste wůnscheten ihnen Glük und stete Vermehrung ihrer ehren / wovor sie sich höflich bedanketen. Der Stathalter hörete /daß seine Tochter bey dem Kunstmahler bestellete /ihr Angesicht abzubilden / und in ihres Gemahls Abrisses linke Seite zusetzen / mit dieser umbschrifft:Hoc in corde quiescit Sophia Fabia. Das ist:in diesem Herzen ruhet Sophia Fabius Tochter / welches er sich zwar nicht übel gefallen lies / und doch zu ihr sagete: Ich merke wol / du währest auch alhie zu Padua gerne [166] mit im Spiel / lässet sichs aber auch verantworten? und ist dirs nicht gnug / daß zu Rom deine Ehren Seule neben deinem Gemahl auffgerichtet ist? Worauff sie antwortete: Gn. Herr Vater / ist dieses euer Ernst / so lassets mich / bitte ich / recht wissen. Er streich ihr über das Häupt und sagete; Ich weis schon wol / daß du angebohtene Ehre nicht außschlågest, nam den Brieff wieder hervor / und lase überlaut folgende Worte daraus:Die erste Rahtgeberin Sophia Fabia welche ohn zweiffel durch eingeben der Götter getrieben /die Nachsuchung der Räuber befodert hat / sol vor erst ihrem Gemahl auff dem Marßplatze zur linken stehen / mit dieser Gedåchtnis-Schrifft: Romanarum mulierum decus, SOPHIA FABIA, das ist: Sophia Fabius Tochter ist die Zierde der Römischen Frauen.Vors ander wird ihr ein güldenes Krönichen gesand / und Zeit ihres lebens zutragen erläubet. Wird dann drittens geheissen eine Schwester des Römischen Kåysers. Als ihr nun das Krönichen auffgesetzet ward / ging sie auff die Knie sitzen /bedankete sich alleruntertähnigst gegen Römische Käyserliche Hocheit / Raht und Gemeine der Stad Rom / wünschend / die Götter wolten ihr liebes Vaterland hinfüro mit solcher Gefahr gnädig verschonen / und dessen Auffnehmen ihnen lassen anbefohlen seyn; stund wieder auff / und baht ihren Vater / er möchte der Geselschafft ohn weiteres Auffschieben anzeigen / was vor ein Ehrengedåchtnis ihm selbst zugesprochen währe; worauff er zur Antwort gab; es ist mir Ehre gnug / daß dem rechtschuldigen alles nach meinem Wunsch begegnet ist / und hat man dannoch meiner hiebey nicht vergessen wollen / sondern mir zwischen Herren Herkules und Ladisla eine Ehrenseule zu Rom erkennet / an welcher diese löbliche Taht zum stetswehrenden Gedächnis geschrieben worden /und zu oberst diese Worte: Q: FABIVS, FELIX, PIVS, VICTOR GLORIOSVS. Das ist:Q. Fabius der Glůkselige / Gottfürchtige / Sieghaffte / Preißwirdige. Hier wartete nun Fr. Ursul mit Verlangen / was jhr liebster K. Fabius doch zu hoffen hätte / weil er ja im Streite nicht geschlaffen / sondern sein äusserstes biß auff Vergiessung seines Bluts mit angewendet. Der Schwiegervater merkete ihren Ehrgeitz / uñ stellete sich / als ob nichts mehr übrig währe / worůber sie fast betrůbet ward / daß sie zu sagen sich nicht enthalten kunte: Gnådiger Herr und Vater / mein Liebster hat sich zwar des Sieges mit zuerfreuen / aber vielleicht keinen Teil an der ausgeteileten Römischen Gnade. Worüber er lachete / und zur Antwort gab: Es ist der Weiber gemeine Krankheit / daß sie ihre Männer gerne geehret sehen. Hieß damit seinen Sohn auffstehen / und Kåyserl. Gnade und Willen vernehmen; Zohe das Schreiben wieder hervor / und lase daraus:Den jungen K. Fabius / Römischen bestalten Ritmeister /sol I auff dem Marsplaze eine etwas nidrigere Seule vor des Vaters Fůssen gesetzet werden / mit eben der Uberschrifft / die den Helden gegeben ist. II Sol er zum Obristen über eine Römische grosse Geschwade oder Legion bestellet werden / und III über den gewöhnlichen Sold auß der Rentkammer jährlich als lange erlebet / 6000 Kronẽ heben / auch IV In der ersten Wahl zum Rahtsherren in Rom gekieset werden Dieser erbleichete vor solcher Ehre / sagte vorerst Römischer Käyserl. Hocheit und der Stad Rom in tieffster Untertähnigkeit Dank / erinnerte sich gerne / daß es eine blosse freygebigkeit währe / zu welcher er durchaus nicht hätte Anlaß geben können / rechnete es dahin / daß man ihm hiemit anzeigen wolte / was er dem Vaterlande schuldig / und er alle Belohnung vorher einnehmen müste / ehe er einige verdienet.

Des folgenden Morgens ließ der Stathalter alle Reuter / so dem Streite beygewohnet hatten / vor sich ruffen / erzählete ihnen / wie er ihr Wolverhalten nach Rom berichtet / [167] und darauff eine Käyserliche Gnade einkommen währe / welche er ihnen vorlesen wolte /und also lautete:Die so dem Streite wieder die Räuber beygewohnet / uñ zu Beschůtzung des Vaterlandes ihr Blut und Leben nicht geschonet haben / sollen jedweder ohn unterscheid 8000 Kronen auß der Rentkammer empfahen / nebest einem Ritterharnisch / Pferde / und allem Zubehör / auff 400 Kronen geschätzet / und so etliche von ihnen das Römische Bürger Recht nicht haben / sollen sie selbst erscheinen / oder ihre Namen einschicken /und ins Stad Buch eingeschrieben werden; auch da sie weiter begehren zu dienen / sollen sie nach belieben / zu Roß oder zu Fuß / alle miteinander vor Unterhäuptleute hiemit bestellet und angenommen seyn / und solchen Platz zuerlangen sich zu Rom anfinden. Die aber / so in dem Gefechte ihre Gesundheit eingebüsset / und einige Lähmniß an Händen oder Fůssen bekommen / sollen über obgesetzete Verehrung jährlich / so lange sie leben 300 Kronen zu ihres Lebens unterhalt / von den dreyen Städten Padua / Mantua und Ravenna zuempfangen haben. Die so ihr Leben vor das Vaterland in diesem denkwirdigen Kampffe eingebüsset / weil sie vor sich selbst der Vergeltung nicht geniessen können / sollen zu Padua an dem ehrlichsten Orte begraben / und ihnen gehauene Grabe Steine auffgerichtet / ihren nähesten Erben aber 6400 Kronen aus gemeinen Reichs Aufkunfften abgefolget werden. Und weil die beyde Römische vom Adel / Klodius und Markus ihres tapfferen wolverhaltens / vor andern gerühmet werden / sol ihnen alles dreyfach gege ben werden / auch / dafern sie ihrer jetzigen Herren Dienste mit gutem Willen können erlassen seyn / vor Römische Ritmeister alsbald bestellet werden. Nach Verlesung ließ er jhnen die Gelder baar außzahlen / und die versprochene Waffen und Pferde einhändigen / neben der Erinnerung / es würde jhnen zum besten gereichen /wann sie alle mit einander nach Rom reiten / und Käyserlicher Hocheit alleruntertähnigst danken würdẽ / worzu sie dann alle sehr willig waren. Schließlich wurden alle Gefangene herzu geführet / und ihnen dieses vorgelesen:Die erschlagene vermeynete Räuber-Fürsten / auch der außgegrabene Orgetorix sollen gevierteilet / und umb Padua / Mantua und Ravenna auff freyer Heerstrasse auffgehenket / die andere getödtete an Kreuze umb die Räuberhöhle gehefftet werden. Die annoch lebendige Räuber stehen in ihrer Uberwinder freyen Händen / und mögen sie nach belieben deren etliche begnaden / und die andern entweder selbst straffen / oder hieher nach Rom senden. Weil nun unsere Helden deßwegen mit dem Stathalter schon Abrede genommen hatten / daß der junge Räuber / welcher sich im Gefecht ergeben / samt Servilius und dem Koche nur allein solten begnadet seyn / wurden die übrigen eilfe auff Wagen geschmiedet und nach Rom fortgeschicket.

Es foderten Herkules und Ladisla ihre beyden Ritterlichen Diener Klodius und Markus vor sich / und zeigeten ihnen an / daß sie nicht gemeynet währen /ihnen ihr Glük uñ Befoderung zu hemmen / sondern solten hiemit jhrer Dienste erlassen seyn / nach belieben hinzureisen / und die angebohtene Ritmeisterschafft zu behäupten / wolten nicht hoffen / daß sie einiger ungebühr sich über sie würden mit fuge beschweren können / und währen sie erböhtig / jhnen allerhand Befoderung bey Kåyserl. Hocheit zubeweisen. Klodius aber fing mit betrübeter Rede vor sich also an: Durchleuchtiger Gnädiger Herr / Ihre Gn. haben mich auff zwey Jahr in Dienste genommen / so lange dero ich mich auch verbunden / und ruffe ich mein Gewissen zum Zeugen / dz ich biß daher in dieser Welt nichts mehr gewünschet / als Ihrer Gn. in meiner untertähnig-gehorsamsten Auffwartung gefallen zu können; gelebe demnach der tröstlichen Zuversicht /Eure Gn. werden mich nicht so schleunig aus ihrem Dienste verstossen / sondern die versprochene Zeit mich aushalten lassen / dann ich bin des gänzlichen vorhabens / in Euer Gn. Lehr Schuele erst recht zu fassen / wie ich [168] dermahleins eine Häuptmanschafft mit Ruhm verwalten alten könne. Markus gab eben dieses vor / und hielten an / daß ihnen nur gnådig vergönnet werden möchte / mit der Reuter Geselschafft nach Rom zureiten / umb / jhre erworbene Gelder überzubringen / und ihre verpfändeten Güter damit grösten teils frey zu machen / welche von den geitzigen Gläubigern durch gar zu schweren Wucher außgesogen / würden. Sie verwunderten sich dieser Erklärung / spüreten daher ihre Träue und Liebe / und vermacheten ihnen wegen der künfftigen Dienste dreyfachen Sold / hielten auch jedem einen Leibknecht / der jhnen die Pferde versehen muste / daß sie fast wie Spießgesellen von jhnen gehalten wurden; Die Reise nach Rom / sageten sie / könte ihnen nicht gehindert werden / solten nur zuvor alle Reuter / so dem Streite beygewohnet / herzu fodern; und als dieselben ankahmen / redete Herkules sie also an: Ihr redliche Spießgesellen / wir erinnern uns billich eures ritterlichen Beystandes und gutwilligen Gehorsambs / welchen jhr in neulicher Bestürmung des Raub Nestes uns geleistet / und weder Blut noch Mühe gesparet / sondern durch solche Tapfferkeit uns die empfangene hohe Ehre erstreiten helffen; Hievor erkennen wir uns in eurer Schuld seyn / wollen uns auch bemühen / euch deßwegen in etwas zu ergetzen / nicht zweifelnd / jhr werdet unsere Gutwilligkeit annehmen / und so bald jhr zu Rom ankommet / Römischer Käyserl. Hocheit und dem Raht unsere alleruntertähnigste Dienste / Gehorsam und Gruß anmelden / auch / daß wir inwendig eines Monden frist uns selbst einstellen wollen / vor empfangene Gnade zu danken. Die Reuter wünscheten jhnen zu jhren Ehren Glük / wendeten ein / Römische Käyserl. Hocheit hätte jhre Mühe und Wunden satsam vergolten / währe also unvonnöhten / daß Ihre Gnn. sich deßwegen einige Gedanken macheten; Jedoch / da dieselbe jhnen ein geringes Gedächtniß hinterlassen wolten / wobey sie sich der Ehre erinnern könten / daß unter ihrer glücklichen Anfůhrung sie gestritten / solte jhnen solches von hertzenlieb und angenehm seyn; erböhten sich sonsten zu allen möglichen Diensten uñ Gehorsam / und solte jhr Befehl nicht auß der acht gelassen werden. Darauff musten Klodius und Markus jhrer jedem 4000 Kronen zur Verehrung / und 200 Kronen zum neuẽ Kleide austeilen / welches anzunehmẽ sie sich anfangs sehr wegerten / aber doch durch Nöhtigung sichs nicht entbrechen kunten; da dann die drey Städte sie auch nicht wolten unbegabet lassen / sondern einem jeden Reuter 2000 Kronen / Klodius und Markus aber / jedem 8000 Kronen einreicheten. Als nun diese beyde auff Abfärtigung nach Rom warteten / fragete Herkules seinen Klodius / wie es mit seinen Gütern zu Rom beschaffen währe / und ob er davon etwas zu heben hätte. Er schämete sich anfangs solches zu sagen; Daher begehrete Ladisla von Markus zu wissen / was vor einen Zustandes mit seinen Gütern hätte; welcher ohn weiters bedenken anzeigete / seine liegende Gründe / Hauß und Hoff / wåhren auff 85000 Kronen angeschlagen / und hafftete wenig über die helffte / als 46000 Kronen Schulden darauff / welche aber nicht allein alle jährliche Auffkünffte verzehretẽ / sondern den Schuld Hauptstuel stets grösser macheten; Die Gelder währen nicht aus üppigkeit oder Mutwillen erborget / sondern von seinen Eltern / die vor zwey Jahren gestorben / und zwölff Jahr beyde krank gelegen /auff Arzte gewendet; Weil er aber diese wenige Zeit so grosses Glük gehabt / und schon ein mehres / als er schuldig währe / erworben håtte / wolte er sie frey machen / und seinen Anverwanten auff etliche Jahr austuhn. Klodius [169] legete die unzeitige Scham auch ab /und deutete auff abermahlige Erinnerung an / seine Güter währen 112000 Kronen an Wert; Nun hätte sich aber sein Vater Seel. vor seiner Mutter Bruder (welcher durch Unglük hernach umb alles seine kommen) auf 40000 Kronen in Bürgschafft eingelassen /und seine drey verheyrahtete Schwestern hätten jede wegen 6000 Kronen Hauptstuel / die übrigen besten Stücke zugeniessen / daß er jährlich kaum 150 Kronen einnehmen könte; wolte nun gleich wie Markus sich von der Bürgschafft loßwirken / und mit jhm sich auffs geschwindeste wieder einstellen. Herkules antwortete ihm: es ist dir nicht zurahten / daß du aller deiner Baarschafften dich entblössest; lege sie hin /daß du sie dereins findest / wann du zu heyrahten gedenkest; sihe da / weil du aus Lust / in meinen Diensten länger zuseyn / deine Befoderung außschlågest /wil ich dir meinen guten Willen wiederumb sehen lassen / und strecke dir 40000 Kronen vier Jahr ohn Zinsen vor / so bistu nach deinem Stande dein lebelang geborgen / und lebe nur der Zuversicht / daß nach Befindung deiner künfftigen Dienste ich sie dir gar schenken kan. Ladisla bezeigete sich gegen Markus desgleichen / und empfingen dagegen auffs neue Verheissung in jhren Diensten weder Blut noch Leben zusparen. Sie schicketen aber jhrem Arzt Galenus 400 /seinen beyden Gesellen ingesamt 100 Kronen zum Beutpfennige. Dem Römischen Bischoffe machte Herkules 12000 Kronen über / auff Rente zulegen /und die Auffkünffte in dreyen gleichen Teilen auff Armen / Kirchendiener / und SchuelLehrer zu verwenden. Die in der Räuber Höhle gefundene Waffen schichteten sie gleich / und sendeten dem Käyser die Halbscheid nach Rom zum Gedächtniß / nebest allem Pracht von Kleinoten / Silbern und Gülden-Geschir auch zierlicher Růstung / die einem RäuberFürsten beygelegt wahr; daneben 50 Wagen mit Meel / 20 mit Wein / 24 mit eingesalzenem Fleisch uñ Fischwerk /und drey Tonnen Schaz an gepregetem Golde und Silber. Weil jhnen auch Frau Mammcen des Käysers Mutter Geitz wol bekant wahr / schicketen sie derselben zwo Tonnen Schaz an Gold und Silber; Eine Tonne an allerhand Kleinot / vier schwerbeladene Wagen von Purpur / Seiden / Silbern und Gülden-Stücken / und den ganzen Schmuck auff eine Räuber Fürstin beygelegt / schrieben daneben an den Käyser und seine Fr. Mutter hohe Danksagungs Briefe / und erbohten sich / nach Verlauff vier oder fünff Wochen sich einzustellen / woran sie doch durch einen merklichen Unfall verhindert wurden.

Des fünfften tages nach solcher Abfärtigung stelleten sie eine grosse Gästerey an / worauff 670 Rahts Herren und Aedle / aus Padua / den umbliegenden Städten / und vom Lande; und über dieselben noch 30 Herren Standes / mit ihren Gemahlen und Mannbaren Töchtern eingeladen wurden / die sich alle willig einstelleten. Die Speisen und herlichsten Weine wurden in grossem überflusse auffgesetzet / und alles Fürstlich angerichtet / dann sie spareten weder Kosten noch Mühe / uñ hatten auff dem weiten schönen Anger / woselbst Fulvius erleget wahr / eine sehr grosse Läube machen lassen / in welcher 2300 Menschen / als 700 Männer / und 1600 Weibesbilder an 130 langen Tischen gespeiset wurden. Nach gehaltener Mahlzeit ward von dem Frauenzimmer ein zierlicher Tanz gehalten / wobey unsere Helden und andere junge Herren sich finden liessen / biß umb ein nidersitzen angehalten ward / da Herkules und Ladisla aufftraten / und etliche Laden bey sich nidersetzen liessen / auch Ladisla also anfing: Hochmögender Herr Stathalter und Fr. Stathalterin / Wolgebohrne[170] Herren / Frauen und Fräulein / Hochädle Herren /Frauen und Jungfern: Mein brüderlicher Freund Herr Herkules und ich / bedanken uns sehr dienst und freundlich / daß auff unsere einladung sie alhier erschinen / und ihre angenehme Kundschafft uns gönnen wollen / welches Zeit unsers lebens zu růhmen wir Ursach haben werden. Es wissen sich aber unsere anwesende Herren und Freunde / ohn unsere Anzeige zuerinnern / was Gestalt Römische Käyserl. Hocheit /unser allerseits allergnädigster Herr / uns beyde dermassen hoch begnadet / daß wir solches nicht eins recht begreiffen / geschweige ersetzen werden / uñ deßwegen uns in stäter Verwunderung stillschweigend bezeigen / weil wirs mit wirdigen Worten nicht außreden können; dann nicht allein die angetahne Ehr ist zu groß und ůberschwänglich / sondern auch die gelieferten Schätze und Reichtuhm mehr als Königlich. Wir unsers teils sind nicht Willens / so hohe Gnade zuverschweigen / sondern davon mit Mund /Herzen und bezeigungen zu reden / auch denen die es nicht recht wissen / anlaß zugeben / daß sie es etlicher massen begreiffen und neben uns rühmen mögen; geleben demnach der gänzlichen Zuversicht / unsere sämtlich Anwesende hochgeneigete Herren / Frauen /Fräulein und Jungfern werden ohn Wiederrede unser Vornehmen sich gefallen lassen / und ein geringes Dankzeichen / welches wir einliefern wollen / mit günstigem Willen / als ein schlechtes Pfand unsers bereitwilligen Herzen zu ihren Diensten / von uns auff und annehmen. Niemand wahr / der hierauff antworten wolte / biß der Stathalter auffstund / und dieses vorbrachte: Durchll. Herren / Freunde und Schwigersohn; es hat Römische Käyserl. Hocheit und der Raht zu Rom sich noch allemahl wol vorgesehen / daß sie weder die empfangene Woltahten undankbarlich vergessen / noch Unwirdige groß ehren / daher dañ kein Mensch an eurer Wirdigkeit zweiffeln muß noch kan /welche durch so klare Zeugnissẽ uns vor Augen leuchtet / daß ein Maulwurff-blinder sie sehen und Fühlloser sie greiffen solte; gnug aber ist es Käyserl. Hocheit und dem Raht zu Rom / auch uns allen Herzerfreulich / daß eure Liebden die beschehene Dank-ehre vor wichtig und genehm halten / und sich der stäten Gedächtnis anerbieten / welche auch an dieser Seite nicht sol in vergeß gestellet werden. Das Denkzeichen / welches unsere allerseits hochwerte Herren uns anbiete / währe ganz unvonnöhten / massen viel ein kråfftigers schon in unsern Herzen stecket / welches nur der Tod heraus reissen / die Dankbarkeit aber auff die Nachkommen fortsetzen uñ unsterblich machen wird; jedoch / daß wir nicht vor unhöfliche mögen angesehen werden / lassen wir uns ihr Vornehmen nohtwendig gefallen / aber mit dem bedinge /daß es vor erst nicht einem Geschenke als Denkmahl ähnlicher sey; vors ander / daß es wegen der grossen Menge dieser Anwesenden / nicht auff einzelne Häupter / sondern Städte und örter möge angeschlagen werden. Durchl. Herr Stathalter / Gn. Herr als Vater /antwortete Herkules / wie auch Wolgebohrne und hochädle anwesende Herren / Frauen und Jungfrauen; mein geliebter Bruder Ladisla und ich bedanken uns Dienstlich ihrer hohen Gewogenheit / und beschehener Einwilligung / wollen auch des Herrn Stathalters erste Bedingung gerne in acht nehmen / und daneben hoffen / die andere könne uns wol erlassen werden /wañ sie unsers Vorhabens werden berichtet seyn; Als nemlich / es haben die vermeinte Räuber-Fürsten auff XXXIV Obristen und deren Weiber / dañ vor 680 Häuptleute und ihre Weiber etliche Kleinot unterschidlicher Gattung beygelegt / von denen wir nur etliche dieser [171] hochlöblichen Geselschafft außteilen wollen / nit als ein Geschenke / sondern blosses Denkzeichen des ergangenen. Als nun niemand dawieder redete / wurden vor erst den Anwesenden 540 ädlen Frauen so viel Häuptmans Weiber Ringe außgeteilet /deren jeder 60 Kronen galt; den ädel Jungfern an der Zahl 850 wurden so viel Haupmans Weiber Armbänder gegeben / jedes zu 70 Kronen. Darnach wendeten sie sich zu den Herrẽ Standes Frauen / deren 100 wahren / und lieferten ihnen so viel Häupmans Weiber Halsketten / jede zu 125 Kronen; den Frey Fräulein aber / deren 106 anwesend / jeder ein Hauptman-Weiblich Kleinot / jedes zu 150 Kronen. Nach diesem legte Ladisla Frl. Helenen eine Obristin-Halskette mit angeheffteten Kleinot umb den Halß / am gewehr 10000 Kronen. Herkules gab Frl. Sibyllen ein gleichmåssiges / und überdaß einen Ring und par Armbånder / jener 2000 diese 3000 Kronen wert. Fr. Ursul aber ward von Ladisla mit einem vollen Obristin-Schmuk / auff 23000 Kronen / und die Stathalterin mit gleichmässigem / überdaß noch mit einer Hauptmann in ganzem Zieraht von Herkules beleget; welches alles zusammen gerechnet 176705 Kronen außtrug. Nach solcher Verrichtung wurden 560 Rahtsherren und ädlen Rittern so viel Hauptmans Ringe; noch 130 Rahtsherren / so Herren Standes /Hauptmans Ketten; Herren Kornelius / Emilius / und Zezilius Antenor auch den beyden Burgemeistern von Mantua uñ Raveña / jedem ein ganzer Hauptmansschmuk; dem jungen Fabius eines Obristen volståndiges / und endlich dem Stathalter eines Obristen und Hauptmans Zieraht gegeben; daß alles unter die Männer verteilete sich auf 101130 Kronen belief. Alle Anwesende namen diese grosse Freygebigkeit mit höchstem Unwillen auff / daß auch der Stathalter sich darüber ungeduldig erzeigete; musten es doch geschehen lassen / und erbohten sich / Gelegenheit zusuchen / daß es verschuldet würde. Es wahr aber hiemit noch nicht geendet / sondern unsere Helden liessen 150 Reuter Harnische und 3000 Rüstungen zu fusse auff den Platz führen / welche sie in drey gleiche Teile legeten / und den drey Stådten solche zum stets wehrenden Gedächtniß zustelleten / mit Bitte / eigene kleine Zeughäuser auffzubauen (dero behnef bey jedem Teil 6000 Kronen gelegt wahren) und es alle darin verwahrlich zubehalten; bey jedem Teil wurden V Fuder Meel / IV Fuder Wein / und VI Fuder Fleisch und Fische / nebest 6000 Kronen wert silbern Münze geleget / solches alles unter die Armut in den dreyen Städten / weß Glaubens sie auch seyn möchten / außzuteilen. Dem Stathalter und seinem Sohn stelleten sie jedem 20 Ritterwaffen und 50 Fußknechte Gewehr zu / und fing darauff Herkules an / diesen beyden folgende Anmuhtung zu tuhn: Durchll. Herren /Herr Vater / und Herr Bruder; ist es / daß dieselben meinen Bruder Ladisla und mich / wie wir dann nicht zweiffeln / Väter- und Brüderlich lieben / werden sie nicht allein unsere Bitte in gutem auffnehmen / sondern auch gelten lassen / so daß sie alle übrige Beute mit uns gleich teilen / und willig zu sich nehmen wollen / welches wir Zeit unsers Lebens Kind- und Brüderlich růhmen / und daher ihre ungefärbete Neigung verspüren wollen; weil ihnen ja solches von rechtswegen schon zugehöret / als welche gleiche Arbeit mit uns überstanden haben. Niemand kunte sich dieses Erbietens gnug verwundern / aber der Stathalter gab darauff diese Antwort: Durchll. Herren / hochgeliebte Freunde als Söhne; ihr gewogenes Freunde herz gegen mich und meinen Sohn / ist durch so hohe Bezeigungen schon kund gemacht / daß wir ohn [172] Sünde daran nicht zweiffeln könen / daher wir in allẽ mögligkeiten ihrem begehren nachzusetzen / hinwiederumb schuldig und verbunden sind; betreffend die geschehene Anmuhtung / ob sie gleich ihnen nicht anders als zur rühmlichsten Tugend der hohen-Freygebigkeit außgeleget werden kan / müsten wir an unser Seiten dagegen vor die unbesonnesten Menschen gescholten werdẽ / dafern wir dieselbe eingingen; dañ vorerst wollen sie bitte ich / ihrer mir ehmahls gegebenen Antwort sich erinnern / als vor ihre hohe Bedienungen / ich nebest meinen Anverwanten ihnen gleiche Erbschafft mit unsern Kindern anboht / und ich diese ihre Entschuldigung muste gelten lassen / Gott möchte ja verhüten / daß unser Kinder Erbteil durch sie nicht geschwächet würde; warumb solte dann ihr Gut durch uns gemindert werden? Daß ihr aber meinen an Kayserl. Hocheit getahnen Bericht (wie ich in Erfahrung komme) beschuldiget / ob hätte ich eure verhalten zu groß / mein uñ meines Sohns aber zu geringe gemacht / und das währe die ursach / daß man euch die Beute allein zugesprochen / welches ich hie nohtwendig erwåhnen muß / so kan solcher Auflage ich mich gedoppelt entbrechen: Vorerst / bin ich und mein Sohn Römer / und in Römischen Dienstẽ / und ob wir gleich allein diesen Schatz erstritten hätten / welches doch gar nicht ist / währe solcher nicht uns / sondern der höchsten Obrigkeit heimgefallen; welches sie unbeschwert bedenken wollen; Hernach ist der abgefårtigte Reuter vor dem versamleten Römischen Raht über den wahren Verlauff äidlich abgehöret /und mir ein zimlich harter Verweiß zugeschrieben /den ich aufflegen kan / warumb ich diese herliche Taht nicht mit mehren ümständen in meinem Briefe erzählet håtte; daß also dieses Verdachtes ich mich gnug entschuldiget weiß / und sie daher nit gedenken dürffen / als wůrde Käyserl. Hocheit ein anders in der Sache geschlossen haben / wañ ich schon eure und unsere Tahten (das mit unwarheit geschehen müssen) gleich gehalten hätte. Jedoch / damit unser Streit auffgehoben werde / und wir ja so wenig unhöflich seyn mögẽ / als sie bey Annehmung unsers ersten anmuhtens wahren / sehet da / meine liebe Herren Söhne / so nehmen wir die richtige Halbscheid aller annoch unverschenketer Beute an / aber solcher gestalt / daß ich verfluchet seyn wil / wofern ich nicht alles / klein und groß / derselben Fräulein zum besten verwahre / die meinem hochwerten Herrn Sohn / Herrn Herkules /nach des Himmels Versehung dereins ehelich sol zugeführet werden. Ich aber / fing der junge Fabius an /bedanke mich zufoderst der gar zu grossen Ehr und Schenkung / wovor ich meinen beyden Herren und brüderlichen Freunden ohn einige Bedingung zu dienste verbunden bleibe / schlage das angebohtene nicht auß / dafern meine Fr. Schwester Sophia / es mit diesem Vorbehalt wieder von mir annimt / daß sie dessen meinem Gemahl nicht eines Hellers wert zuwende /deren ich hiemit alles annehmens ernstlich untersagen wil / und da ich solches nicht erhalten solte / werden meine Herren eine ganz abschlägige Antwort mir nicht verdenken / und nicht desto weniger mich vor ihren geträuen Knecht und Diener halten; Dann warumb solte ich mich mit der schon viel zu grossen von Käyserl. Hocheit empfangenen Gnade nicht begnügen lassen? Ja / warumb solte ich ohn einigen Verdienst /da meine Herren selbst keine ursach anzeigen können / ein solches mir zuwenden lassen / welches zeit meines Lebens ich nicht allein nicht vergelten / sondern auch vor ehrliebende / insonderheit vor Käyserl. Hocheit nicht verantworten könte? Diesem nach bitte ich dienstlich / meine Herren wollen ihre hohe Neigungen [173] mir dergestalt sehen lassen / daß ohn Verletzung meiner Gebühr ich dieselbe zulassen und annehmen könne / und wiederhohle hiemit mein voriges auffrichtiges Erbieten. Unsere Helden stelleten sich über diese Wegerung traurig / aber der Stathalter sagte mit einem scherzhafften Lachen: Sehet ihr nun /meine Herren / daß man zuzeiten den Kauffman mit seiner Waare bezahlen kan? Ihr habt mir vor diesem den Peltz auch gewaschen / und nicht naß gemachet /deßwegen verdenket mirs ja nicht / dz mein Hündi chen-Gedenks / ein gleichmässiges Gebelle von sich giebet; dann ich beteure hoch / daß ichs von niemand anders / als von euch Herren gelernet / und meiner Meynung nach diese Kunst gar zu gelegener Zeit angebracht habe; solte jhnen solches nun unangenehme seyn / da ich doch das gar zu hohe Erbieten in keine wege verdienet / so werden sie nun erst erkennen / wie hefftig mich ihre ehmahlige Wegerung muß geschmerzet haben; wollens aber zugleich auffruffen /und Zeit unsers Lebens einander Träue und Freundschafft / ja alles können und vermögen schuldig bleiben / je länger wirs leisten und sehen lassen / welches die Volkommenheit der auffrichtigen Freundschafft ist. Hierauff hieß er die Spielleute frisch auffmachen /und fing Herkules Römischer Käyserl. Hocheit Gesundheit / Ladisla aber des Römischen Reichs Auffnehmen an zu trincken / welches mit entblösseten Häuptern stehend verrichtet / und zur sonderlichen Ehrerbietigkeit auffgenommen / auch nachgehends dem Kåyser mit seiner hohẽ Vergnügung erzählet ward. Fr. Ursul / da sie dieses sahe / trat sie mit Frl. Sibyllen zu unsern Helden / bedanketen sich im Nahmen des ganzen Frauenzimmers / wegen der ausgeteileten Kleinot / und wünscheten ihnen stäte Auffnahme ihrer Ehren / langes Leben und beständiges Wolergehen / damit sie noch mannichem bedrängeten zur Hůlffe und Rettung sich gebrauchen lassen könten; liessen hernach zwey güldene Becherlein mit Wein füllen / welche das ganze Frauenzimmer auff der teuren Helden Gesundheit außtrunken. Es wehrete diese Gästerey biß in die sinkende Nacht / und wahr von unsern Helden bestellet / dz auff diesen Tag alle Arbeiter an den dreyen Fürstlichen Gebäuen in den dreyen Städten / auff ihre angerichtete Kosten musten gespeiset und mit gutem Wein beräuschet werden; liessen auch aller geladenen Gäste Dienern und Mågden /jedem eine Krone / und des Stathalters seinem Gesinde / jedem X Kronen zum Beutpfennige zustellen /worauf 4000 Kronen verwendet wurden. Des folgenden Morgens foderte Herkules von dem Christlichen Lehrer des Ortes die Zahl der armen Christen / deren sich 400 alte unvermögende / 200 Wåiselein / 150 Lahme und Krüppel / und 300 arme Schüler angaben / welche er alle mit Kleidern und Schuhen versehen ließ / auch den Vorstehern 150000 Kronen zustellete /daß sie beleget / und die Auffkünffte zum Unterhalt der Armen angewendet würden. Die Städte Padua /Mantua und Ravenna stelleten auch trefliche Gästereyen an / nur unsern Helden zu ehren / welche dahin ritten / und mit Fůrstlichem Gepränge empfangen wurdẽ.

Des zwölfften Tages nach dem Käyserlichen angelangeten Befehl / wurden die gegossene Bilder auff eine Stunde in allen dreyen Städten auffgerichtet / da alle Einwohner hinzudrungen / und gerne Hand mit anlegen wolten. Alle Häuser umb den Markt her /wahren mit Menschen angefüllet / biß endlich einer herzu trat / der mit seiner Geselschafft einen runden leeren Kreiß umb die Bilder machete / in welchem zwanzig Spielleute mit Pauken und Trometen ein lustig Feldstük hören liessen / daß die ganze Stad erschallete / [174] nach dessen endigung kahmen zwanzig andere an ihre stelle mit sanfftem Seitenspiel / grossen und kleinen Lauten / Geigen und Harffen / stimmeten sehr artig mit einander ein / biß nach Verlauff einer halben Stunde drey zierliche Knaben zu ihnẽ traten /und mit unterschidlichen Stimmen nach der Singe-kunst gesetzet / folgendes Lob- und Danklied in dz Seitenspiel erschallen liessen.


1
Last die Helden uns besingen /
Ja die Helden / deren Preiß
Keiner gnug zu rühmen weiß /
Die uns Heyl und Leben bringen;
Ja die Helden / denen wir
Schuldig bleiben für und für.
2
Ihre Klugheit / die den Jahren
Trefflich vor gewachsen ist /
Hat der frechen Räuber List /
Und verfluchten Bund erfahren;
Ihre Klugheit / deren wir
Schuldig bleiben für und für.
3
Ihre Kühnheit / zu beschützen /
Die in Noht und Trübsal stehn /
Hat uns Rettung lassen sehn /
So daß wir noch sicher sitzen;
Ihre Kühnheit / denen wir
Schuldig bleiben für und für.
4
Herkules ist unser Leben /
Ladisla ist unser Geist /
Die man billich Schützer heist /
Denen / weil sie vor uns streben /
Unsre Kinder und auch wir
Schuldig bleiben für und für.
5
O ihr Götter unsrer Mauren /
O vergeltet diese Taht /
Lasset sie nach eurem Raht
Dieser Welt noch lange tauren /
Biß ihr sie durch freye Wahl
Uberschreibt in eure Zahl.

Nach Endigung dieses Liedes nahmen die drey Sänger Abtrit / und stelleten sich sechs Paduanische Frauen /halb Adel / halb Bürgerstandes / auch drey ädle Jungfern (unter denen ein Frey Fråulein wahr) und so viel Bürgers Töchter an ihre stäte / schlugen einen engen Kreiß umb die auffgerichteten Bilder / und hielten einen zierlichen Tanz; hernach fingen sie mit einander bey dem Lautenspiel dieses Lied mit sehr anmuhtiger Stimme an:


1
Kompt ihr Paduansche Frauen /
Und ihr Fräulein komt herbey /
Daß wir uns zum Lobe zauen,
Derer / die uns wieder frey
Und von neuen Leben machen /
Komt ihr Jungfern / singt zugleich /
Dann die vor den Ehstand wachen /
Sorgen eben wol vor euch.
2
Unser' Ehr und Leben stunden
Schon in frecher Räuber Hand /
Die sich dort zusammen funden;
Ihr Grim / über uns entbrand /
Wahr schon an der Schwerter Spitzen /
An den Spiessen auffgestekt /
Da wir solten Blut nur schwitzen /
Biß wir lägen außgestrekt.
3
Herkules der Uberwinder /
Ladisla / der Sieges Held /
Wolten nicht daß unsre Kinder /
Eltern / Männer / Häuser / Feld /
Gar zu scheitern solten gehen /
Ihr unüberwindlich Schwert
Ließ so schleunig Straffe sehen /
Wie der Bliz vom Himmel fährt.
4
Sie verwehten das Gewitter /
Eh man dessen Wuht empfand /
Eine kleine Hand vol Ritter
Hielt den Fechtern Wiederstand /
Sie bestürmten ihre Gänge /
Sie zubrachen ihren Schluß /
Daß sie lagen nach der länge /
Recht wie Boßheit sterben muß.
5
Schreibet dieses an die Wände /
Schreibet dieses in das Herz /
Herkules Siegreichen Hände
Treiben alles hinterwerz
Was uns suchet zu verhehren /
Ladisla hält unsern Geist /
Daß er noch muß lange wehren /
Und nicht wie der Strohm verscheust.
[175] 6
Nun ihr Helden / last euch preysen /
Wie ihr solches wol verdient /
Euer Lol sol nicht vergreisen /
Weil die hohe Tanne grünt /
Weil die Hirsch' in Auen weiden /
Massen eure Siegeshand /
Hat Raub / Mord / Angst / Noht und Leyden
Von uns allen abgewand.

Nach dem Gesange hielten sie den andern Tanz umb die Bilder / und nahmen mit tieffen Neigungen einen höflichen Abtrit; darauff kahmen allerhand Blase-Trommel und Seitenspiel in grosser Anzahl in dem Kreisse beyeinander / und macheten ein Stük / welches zwar in ungleichem Klange / aber Singe-künstlicher Gleicheit einstimmete / die Pauker hatten wie auch die Blaser und Pfeiffer ihr Zeug so viel möglich /gedämpffet / welches aber doch das Seitenspiel zimlich überschallete / und dannoch nicht unlieblich anzuhören wahr / insonderheit daß die Heerpauker die küstlichen Abteilungen der Schläge / so artig in acht nahmen / uñ nicht allein nach Gelegenheit bald hart bald sanffte / sondern bey den ganzen und halben Schlägen ein zierlich-buntes Gehacke macheten / und hingegen / wann die Trometer züngelten / die Pfeiffer und Seitenspieler auch ihre künstlichen Läuffchen verblümeten / sie sich langsam / als ob sie die Masse hielten / vernehmen liessen. Als dieses eine Stunde gewehret / kahmen drey unterschiedliche Hauffen von zwölff Männern / zwölff Knaben und Mägdlein gleicher Teilung / und zwölff Frauen und Jungfern / auch jedes zur Halbscheid in den Plaz / stelleten sich in die drey Ecken des Kreisses / und in dem alles Spielzeug auff das sanffteste ging / fingen sie ihr Pindarisches Lied an / in welchem der Manneshauffe den ersten Saz also anstimmete:


1
So müssen wir der teuren Helden Preiß
Gebůhrlich und mit vollem Munde singen
Auff auff! und last das Seitenspiel erklingen /
Wer Pauken nach der Kunst zu rühren weiß /
Muß seinen Dank mit geben; blaset frisch
Auff Zinken / auf Posaunen und Schalmeyen /
Das Orgelwerk bestimmet wol und risch /
Trometer auff! mit her an diesen Reihen;
Ihr Sänger ihr / verblümlets krauß und bund /
Ihr Männer komt / last hören Herz und Mund;
Ihr Kinder solt die zarte Stimm' erheben;
Ihr Weiber auch / und reine jungfern Zucht /
Dann eure Ehr stund schon auff Windesflucht /
Daß nur ein Schrit wahr zwischen Tod und Lebẽ.

Diese Außfoderung beantworteten die Knaben und Mägdlein im Gegensatze mit so erbärmlicher und zugleich anmuhtiger bewäglicher Stimme / daß allen zuhörern die Tråhnen auß den Augen hervor drungen /indem sie also sungen:


Herr Herkules / der grosse Sieges Held /

Herr Ladisla der trefftlich' Uberwinder /

Beschützen uns arm' und elende Kinder /

Ihr blankes Schwert besichert Vieh und Feld.

Drum nehmen wir noch füsse Nahrung ein;

Sie haben sich vor diesen Riß gestellet /

Durch welchen wir ermordet solten seyn /


Die freche Schaar ist bloß durch sie gefellet.

O Padua! wo währestu wol iez /

Wann Herkules und Ladislaen Wiz

Das heimliche Gebäu nicht hätte funden?

Du währest schon Asch' und ein Lösche-brand /

Und deine Mark ein durchauß Wůstesland;

Wem sind wir dann als diesen / mehr verbunden?


Den Nachsaz hielten die Frauen und Jungfern / so daß das sanffte Flöht- und Seitẽspiel auff Geigen und Harffen mit einstimmete / wie folget:


Herr Herkules / Herr Ladisla /

Wir Frauenzimmer sind jetzt da /

Eur teurerworbnes Lob nach Mögligkeit zu preisen.

Eur Ehr und Nahme sol alhier

Bey Jung- und Alten für und für

Voll blühen / und zu keiner Zeit vergreisen.

So opfern wir an können-stat

Das wollen / das euch zuerheben


Ihr Helden / diß Geticht

Verschmähet uns doch nicht /

Gönnt uns das freye rühmen;

Ob unser Mund

Es gleich so bund

Nicht kan noch mag verblümen;

[176]

Noch niemahls sich gewegert hat /

Dann ihr seyd unser' Ehr und Leben.


Als dieses ausgesungen / und der Kinder / auch Frauen und Jungfern Tantz gehalten / und zulezt noch ein mahl mit volstimmenden Zeuge auffgespielet wahr /trat ein Redener auff / und meldete den Anwesenden an / was gestalt Römische Käyserl. Hocheit die Auffricht- und Einweihung dieser Bildnissen der Durchll. Herren und unüberwindlichen Ritter / Herrn Herkules und Herrn Ladisla / allergnädigst befohlen und angeordnet hätte; zeigete daneben die ursach an / rühmete die Weißheit / Tapferkeit und freundliche Demuht unserer Helden / wünschete ihnen Glük / Heil / Gesundheit / langes Leben / und ståte Auffnahme jhrer Ehren und Preises / stellete sie zum Vorbilde der Römischen Jugend vor / uñ vermahnete dieselbe zur möglichen Nachfolge. Fr. Sophia und Ursul / mit Frl. Sibyllen /stunden oben auff dem Rahthause / sahen die Auffrichtung der Bilder / und was dabey vorging / alles an / liessen sich auch der Gesånge Abschrifft geben /und brachten sie den unsern hin; welche solches alles mit grosser Ungeduld lasen und erzählen höreten /daß auch Herkules sagte; wann er hätte wissen sollen / daß man ihn solcher gestalt schier zu einem Abgott machen wollen / wolte er nach erhaltenem Siege keinen Tag in Italien blieben seyn; dann wer wolte sich nicht schämen / sagte er / eine solche ganz unverdienete und übermenschliche Ehr anzunehmen / insonderheit / wann sie durch gemeinen Schluß geleistet wird. Aber der Stathalter redete ihm solches auffs beste aus dem Sinne; es könten dankwillige Gemühter ja nicht anders / als ihre Freude wegen geschehener Rettung an den Tag geben / vornemlich / weil sie versichert währen / daß Käyserl. Hocheit daran ein gnädigstes Gefallen tragen wůrde / welche / sagte er /grosse Begierde haben sol / euch gegenwärtig zu sehen / allermeist / weil er vernommen / daß ihr / Herr Herkules / mit ihm fast eines Alters seyd. Unter diesem Gespräch trat ein Diener in den Saal / und meldete an / daß eine grosse Menge Spielleute und Sänger /klein und groß / Mannes und Weibesbilder / umb Erläubniß anhielten / daß sie in den innersten Platz des Hofes möchten gelassen werden / woselbst sie den beyden Helden zu ehren auch wolten hören lassen /wie ihre auffgerichtete Bilder eingeweihet wären. Herkules durffte nicht widersprechen / weil der Stathalter alsbald ja sagete / fürchtete sich auch / es möchte ihm sein Mißfallen ungleich ausgeleget werden / uñ stellete sich mit Ladisla vor ein versperretes Fenster / durch welches sie alles sehen / aber nicht wieder kunten gesehẽ werden; als auch alles in gleicher Art und Stellung / wie vorhin auff dem Marktplatze verrichtet wahr / liessen sie den Spielleuten / deren an der Zahl 80 wahren / 4000 Kronen austeilen / den Frauen /Jungfern / Knaben und Mägdlein aber / wie auch den Månnern / so das singen mit einander verrichteten /ward Seiden Gewand zu Kleidern / und jedem klein und groß durch die Bank hin 50 Kronen dabey gegeben / auch über das dem Frauenzimmer güldene Ringe /jeder 50 Kronen wert. So ließ Ladisla den Spielleuten in ein Wirtshauß zwey Faß Wein bringen / und Mahlzeit anrichten / bekahmen aber des folgenden Morgens die Zeitung / der Wein währe gar zu kräfftig gewesen / welcher die ohndas halbnärrischen Spielleute vollends der Sinne beraubet / daß sie sich wol abgeschmissen / und vor etliche hundert Kronen Spielzeug zuschlagen hätten. Der Christliche Lehrer aber zu Padua / schickete diesen Morgen ein Schreiben an Herkules / in welchem er den XXXIII und XLVI[177] Psalm des Geistreichen Königes David nach Tichterkunst in Griechischer Sprache geschrieben hatte / also auff teutsch lautend:

Der XXXIII Psalm.
1
Ihr Gerechten freuet euch
Uber GOttes hohe Güte /
Preist ihr Frommen ihn zugleich /
Und erhebet eur Gemühte;
Lasset eure Harff' erklingen;
Lasset uns sein Lob besingen.
2
Stimmet stimmet freudig an
Alle zehen Psalter-Seiten /
Lasset uns bey jederman
Singend GOttes Lob ausbreiten /
Machets gut ihm zu gefallen /
Daß die Seiten frisch erschallen.
3
GOttes Wort das treuget nicht /
Amen ist was er verheisset;
Rechte liebt er und Gericht /
Und den der sich deß befleisset;
Seht wie seine Güte quillet /
Die den Erden Kreiß erfüllet.
4
Alles was man Himmel heist /
Ist durch Gottes Wort gemachet /
Und durch seines Mundes Geist
Das Heer das am Himmel wachet /
Das der Welt in diesem Leben
Klarheit muß und Wärme geben,
5
Er hat aller Wasser Macht /
Die wir in den Meeren sehen /
Als in einen Schlauch gebracht /
Daraus sie nicht müssen gehen
Und der Abgrund hohe Tieffen
Sind ungreiflich einbegrieffen.
6
Fürchte Gott du gantze Welt /
Richte hin zu ihm dein Schreyen /
Und was sich auff Erden hält /
Müsse seine Hocheit scheuhen /
Dann sein Wort kan alle Sachen
Durch Gebieten fertig machen.
7
Aller stoltzen Heyden Raht
Stürzet unser Gott in Schanden /
Was das freche Volk vorhat
Ist aus und nicht mehr verhanden /
Aber Gottes Raht muß bleiben
Und sein Vorsatz wol bekleiben.
8
Wol dem Volk und aber wol /
Das in Gott recht kan genesen /
Und sein Eigentuhm seyn sol /
Wie ers ihm hat auserlesen /
So daß er durch Glaubens werben
Sol den Himmels Saal beerben.
9
GOtt besiht von oben her
Aller Menschen Kinder tichten /
Was auff Erden der und der
Sich vermisset auszurichten /
Kan vom Stuel an ihren Werken
Alles böß' und gute merken.
10
Was des Reichs Vermögen schafft
Kan den König nicht vom bösen /
Noch der Glieder starke Krafft
Keinen Riesen nicht erlösen;
Starke Rosse / wie sie springen /
Können doch nicht Hülffe bringen.
11
Sihe GOttes Augeschaut
Hin auff diese die ihn ehren /
Deren Hoffnung auff ihn baut /
Die zu seiner Güte kehren /
Auff daß er dem Tode wehre /
Und in Teurung sie ernehre.
12
Drumb wil unsre Seel an Gott
Fest ohn alles wanken hangen /
Weil von ihm in aller Noht
Wir gewissen Trost erlangen /
Als der unsern Schild sich nennet /
Und uns seine Hülffe gönnet.
13
Unser Herz ist voller Lust /
Weil wir seiner Gunst geniessen /
Und sein Nahm ist uns bewust
Dem wir zu vertrauen wissen.
O laß deine Güt uns offen /
Wie wir HErr Gott auff dich hoffen.
Der XLVI Psalm.
1
GOtt ist unser festes Schloß /
Unser Hülff' und gantze Stärke /
Ob die Noht noch eins so groß
Währ' / als ich sie jetzund merke /
Das sie uns schon troffen hat /
Ist doch unsre Furcht geringe /
Ob die Welt gleich unterginge /
Dann wir wissen Trost und Raht.
[178] 2
Solten auch die Berg' hinein
In der Fluten Abgrund sinken /
Wolte das Meer rasend seyn /
Und von eitel Wellen blinken /
So daß seine Macht und Wuht
Nichts als hohe Bülgen währen /
Tahl und Berge zu verheeren /
Bleibt uns doch der freye Muht.
3
Dann des grossen GOttes Stad
Muß frisch / fest und lustig bleiben /
Und die Brünlein die sie hat /
Immer süsses Wasser treiben /
Da der Heilgen HüttenBau
Des Allmächtigen bestehet /
Welcher nimmer untergehet /
Nimmer schwach wird oder grau.
4
GOtt hat drinnen das Gezelt
Seiner Wohnung auffgeschlagen /
Der sie immerzu erhält /
Drumb bleibt sie ohn Furcht und Zagen /
Dann bey früher Tages Zeit
Wil ihr Gott Heil lassen spüren /
Sie aus Ungewitter führen
Unters Dach der Sicherheit.
5
Heyden müssen Herz und Sinn /
Händ' und Füsse sinken lassen /
Königreiche fallen hin /
Wissen keinen Stand zu fassen /
Ja die gantze weite Welt
Muß in einem Nuh vergehen /
Wann er seinen Zorn läst sehen /
Und gerichtlich Sprache hält.
6
Dieser HErr und starcke Gott
Ein Beherscher der Heerscharen
Trit zu uns her in der Noht /
Jakobs Gott wil uns bewahren.
Komt und schauet wie er fährt /
Der die Erd' erschreklich zwinget /
Und in grosses Schrecken bringet /
Ja das oberst unterst kehrt.
7
Der die Krieger nidersticht /
Und macht Fried an allen Enden /
Der die Bogen gar zubricht /
Daß sie nicht mehr Pfeile senden /
Der des Spiesses Schafft zuschlägt /
Der die grossen Heereswagen /
Wann er sie nicht kan vertragen /
Durchs Feur in die Asche legt.
8
Stille seyd / und denket dran /
Daß ich Gott stark bin von Tahten /
Dann ich wil bey jederman
Meiner Ehr schon selber rahten /
Und auff Erden weit und breit.
Mit uns ist der HErr der Schaaren /
Jakobs Gott wil uns bewahren /
Der uns schützet jeder Zeit.

Herkules lies diese geistreiche Gerichte ihm wol gefallen / lase sie mit sonderlicher Andacht / und unterlies nicht / so offt die Christen zusammen kahmen /sich bey ihnen anzufinden / wie wol in solcher Geheim / daß der Stathalter dessen nicht gewahr ward /welcher doch aus seinen reden wol merkete / daß er dem Christlichen Glauben zugetahn wahr / und sich dessen doch nicht vernehmen lies. Sonsten brachten sie die übrigen Tage biß zu der angesetzeten Hochzeit in allerhand zugelassener Kurzweil zu / und entstund durch die tägliche Beywohnung eine wahre brüderliche Freundschafft zwischen Herkules und Frl. Sibyllen / daß sie nicht wol kunten lange vonander seyn /so daß der Stathalter und Ladisla selbst in den wahn gerieten / sie müsten sich ehelich versprochen haben /welches sie umb so viel mehr gläubeten / weil Herkules einesmahls über Tische sich bey ihr anmeldete /dafern sie willens währe / ihre liebe Eltern schier zubesuchen / wolte er sie nach Rom begeiten / dessen sie dann wol zufrieden wahr. Inzwischen quälete sich Frl. Helena mit ihrem heimlichen liebes Leyden / das ihr Fleisch und Farbe entging / worzu der Eyver wieder Frl. Sibyllen nicht wenig halff / und ob sie gleich durch mannichen tieffen Seuffzer gnug zuerkennen gab / wie unruhig ihre Geister wahren / wolte sie doch dessen nicht daß allergeringste gegen einigen Menschen gestehen / sondern wendete allemahl ein / es läge ihr der eingeno ene Schimpff von Avonius Schwester so hefftig an / daß sie eine stetswehrende Unruhe in ihrem Herzen [179] empfünde / welche ihr ohn zweiffel in kurzem den Lebensfadem brechen würde. Fr. Sophia fragete sie / wodurch sie dann meynete /daß ihre Seele in Ruhe könte gesetzet werden; worauff sie antwortete: Durch süsse Vergnügung / oder durch den Tod. Sehet so / mein Schwesterchen / gab sie zur wiederantwort; also habt ihr freilich ein ander heimliches Leyden als daß aus Beschimpffung entstehet / massen dieses nicht durch süsse Vergnůgung /sondern durch andere Mittel müste vertrieben werden. Jene hatte sich verhauen / und sagte: Man müste einem geängsteten Herzen nicht verůbeln / wann es zu zeiten ungereimete reden führete / und währe ihr nichts angenehmer / als daß man Sie über ihr Anliegen nicht zu scharff befragete / insonderheit / wann man nicht wolte oder nicht könte raht und Enderung schaffen. So muß ich mich dann nach eurem Willen richten / sagte Fr. Sophia / wann ihr mich aber in dem Verdacht habet / daß ich zu eurem besten mich nicht wolle gebrauchen lassen / tuht ihr mir daß grösseste Unrecht von der Welt / welches ich doch auff den unverhoffeten Fall gerne verschmerzen / und nicht destoweniger eure geträueste Freundin und Schwester seyn und bleiben wil; womit sie zu diesemmahle beschlossen / weil Fr. Ursul zu ihnen trat / und anmeldete /daß der morgende Tag zur Lustfahrt berahmet währe; welches Frl. Helena beantwortete; so můsten nur die Lust-vollen ihre Geselschaft vermehren uñ die Angst-traurigen daheim bleiben; wie man sie auch darzu nicht vermögẽ kunte / daß sie mit gefahren währe; Und wann Herkules abscheid (davon im anderen Buche) sich nicht hätte zugetragen / würde sie ausser allem zweiffel ihr Leben eingebüsset haben.

Es wird nunmehr Zeit seyn / daß wir dem Alten Wenzesla dereins nachfragen / wie es ihm auff der Rükreise von Rom nach Prag ergangen / auff welcher er XV wochen zu brachte; eilete zwar anfangs / so viel sein Pferd ertragen kunte / aber da er in einem Dorffe nicht weit von Salzburg benachtete / und nach dem Heu auff einer alten Leiter stiege / fiel er oben herunter / und taht einen so schweren Fall auff das Hinterhäupt / daß er als ein Todter Mensch liegen blieb / ward doch von den frommen Leuthen endlich wieder erquicket / aber er lag als ein Vernunfft-loser /und kunte sich durchaus nicht begreiffen / so gar / daß er zehn Wochen ohn Verstand wahr / hätte auch in solchem Elende sterben müssen / wann ihm nicht von einem alten Weibe Raht geschaffet wåhre / welche ihn mit Kräutern auß- und inwendig heilete / daß er algemach wieder zu sich selber kam / und seinen Wirt vor rasend hielt / wie derselbe jhm die lange Zeit seiner Schwacheit zu wissen taht; dessen der gute Mann lachete / und ihm zum unfehlbaren Zeichen gab / er möchte nur sein Haar / Bart und Nägel an Händen und Füssen beobachten / die würden ihm ansagen /wie neulich ohngefehr er sich hätte putzen lassen. Er hermete sich hierüber gewaltig / meynete vor gewiß /sein König würde zu Prag schon gekrönet seyn / und wolte sich alsbald auff den Weg machen / aber auff Raht seiner Artztin muste er noch acht Tage außhalten. Nun hatte ihm sein Wirt alle Sachen fleissig verwahret / ohn daß er sein Pferd im Pfluge und vor dem Wagen gebraucht / daß es nunmehr besser zum zihen als reiten wahr; welches er aber nicht achtete / sondern weil er ZehrGelder gnug bey sich hatte / machte er alles richtig / und kam XV Wochen nach seinem Abzuge aus Rom im Königreich Böhmen wieder an /da er allenthalben nach seines Königes Wiederkunfft fragete / und mit Schmerzen vernam / daß kein Mensch die allergeringste Zeitung von ihm wüste; worüber er desto hefftiger nach Prag [180] eilete / wahr auch der Königin sehr angenehm / da er sich bey jhr angeben ließ / so daß sie ihn straks angesichts anredete: Wie mein guter Wenzesla? was bringet ihr mir vor Zeitung von meinem Sohn eurem Könige? die übrigen Ausreiter sind schon vorlängst mit keiner Antwort wieder kommen / und hat meine Hofnung sich einzig und allein auf euch gegründet; so saget mir nur bald /ob ich noch eines Sohnes Mutter bin. Ich weiß nicht anders / sagte er; dann wie ich meinen Gn. Herrn leztmahl gesprochen / wahr er frisch und gesund. Ey so sey den Göttern dank / antwortete sie; aber warumb bringet ihr jhn nicht mit euch? Dieser wuste nicht / was er vor erst anzeigen solte / weil sein Häupt ohn das noch nicht allerdinge richtig wahr / sagete endlich: Eure Hocheit wollen mir gnädigst verzeihen /wann derselben wegen ausgestandener langwierigen Krankheit und Håuptes Verwirrung / ich alles der gebühr nicht vortragen kan; ich bin vor XV Wochen bey meinem Gn. Herrn Ladisla zu Rom gewesen / habe auch fleissig bey jhm geworben / mit überzukommen /aber solches keinerley weise erhalten / ja nicht eins erfahren können / ob er willens währe zu folgen oder nicht; aber so viel merkete ich an beyden / daß sie eilfertig wahren zu einer Reise / wohin / kan ich gar nicht wissen / nur daß ich nach wiedererlangeter Gesundheit die Hoffnung fassete / mein Gn. Herr würde vorlångst sich schon eingestellet haben. Wie seyd jhr närrisch Wenzesla? fragete die Königin; ihr schwätzet mir ja Sachen vor / die weder gehauen noch gestochen sind. Ja was sol ich anders melden / antwortete er /weil ich selber nichts gewisses weiß / als daß seine Ankunfft gar ungewiß ist. Wisset jhr mir dann keinen bessern Trost zu geben / als diesen / sagete sie / so habe ich an euch den rechten abgefärtiget. Ach / gnädigste Königin / antwortete er / die Götter sind meine Zeugen / daß aus seinem Munde ich keine andere Antwort bringen mögen / als daß Eure Hocheit mit jhm und mit mir wol friedlich seyn würde / so bald sie nur seine Schreiben würde gelesen haben. Nun sehe ich eigen / sagte sie / daß euer Witz zurük blieben sey /dann ihr saget mir von Briefe-lesen / und habt mir noch keinen gezeiget. Er schämete sich dessen sehr /baht umb Verzeihung / und gab ihr beyde Schreiben gebührlich ein / deren grösseren sie alsbald öffnete /und ihn mit fleiß durchlase / aber der Inhalt wahr ihr allerdinge zuwider / wie höchlich sie gleich seiner Gesundheit sich erfreuete. Frl. Valißka kam gleich von der Jagt zu hause / da ihre Fr. Mutter dem Briefe nachsinnete; Als sie nun den alten Wenzesla neben ihr stehen / und das Schreiben in ihren Händen sahe /fragete sie ihn alsbald / ob er ihren lieben Bruder angetroffen håtte; da die Mutter ihr zur Antwort gab: Er hätte ihn zwar gefunden / brächte aber nichts als lauter ungewisses von ihm. Das kan nicht wol seyn / antwortete sie; ob gleich seine Ankunfft mag ungewisse seyn / dessen ursach ohn zweifel seines Herkules Verlust seyn wird. Den hat er schon wieder funden / antwortete die Königin / welches ich vorhin aus meines Bruders Schreiben wol habe muhtmassen können /wann er nur auch sein Königreich wieder finden könte. Wie dann mein guter Wenzesla / sagte das Fräulein / wisset ihr uns dann nicht zu berichten / wie es eigentlich umb meinen Herr Bruder beschaffen sey? Dieser gab zur antwort: Er währe nach seinem Abscheide von Rom in eine Häuptverstörung gerahten / erzählete auch solchen Unfal gar umständlich / und sagete hernach; der Königin starkes nachfragen hätte ihn so verwirret gemacht / weil er den Schaden noch nit allerdinge überwunden hätte / wann ihm aber etwa ein halb stündichen Bedenkzeit gegönnet würde /wolte er [181] sich wol wieder erhohlen. Das Fräulein hatte / weiß nit was vor Hoffnung guter Zeitung von ihrem Herkules / daher sie zu ihm sagete: Ey so gehet mit mir auff mein Gemach / und erhohlet daselbst eure verstörete Gedanken; ging mit ihm hin / uñ wie sie allein wahren / fragete sie / wie es dann eigentlich umb ihres Bruders Wolergehen beschaffen währe. Er aber antwortete; Durchleuchtigstes Fräulein / ich bitte untertähnigst mir etwas Bedenkzeit zu gönnen; nam hiermit Herkules Schreiben hervor / und lieferte es mit diesen Worten ein: An Ihre Durchl. habe ich nicht allein von ihrem Herr Bruder / sondern auch von dem tapfersten und schönsten Fürsten der Welt / Herrn Herkules / einen brüderlichen Gruß anzumelden / und von diesem zugleich ein sehr geheimes Schreiben /welches Ihrer Gn. in höchster geheim einzuliefern ich befehlichet bin / nebest Anzeigung / Ihre Gn. würde /ungemeldet / daß sie dieses Schreiben beko en / den Inhalt bey ihrer Fr. Mutter wol verrichtẽ. Es ist mir sehr lieb / sagte sie / daß ich solches allen unwissend empfangen / dann ich kan ohn das schon errahten /was der Inhalt seyn wird / welches zwar nicht heimlich ist / oder ichtwas sonderliches auff sich hat / nur daß es gleichwol von keinem als von mir kan verrichtet werden / und dannoch meine Fr. Mutter nicht wissen darff / daß ichs auff sein Vorwissen treibe; steckete hiemit das Briefelein in ihren Busem / und fragete weiter / ob er ihrem Oheim auch das übergeschikte Armband eingeliefert / und das abgenommene Bändichen gefodert hätte. Er aber antwortete: das Schreiben würde vielleicht anzeigen / daß es von jhm fleissig verrichtet wåhre / und hätte Herr Herkules ihm dieses Ringelein hinwieder zugestellet / Ihrer Durchl. seinetwegen es einzuhändigen / aber das Bändichen nicht von sich geben wollen / vorwendend / er wäre willens sein versprechen zu halten / und Ihrer Gn. es selbsten wieder einzuliefern. Sie nam den Ring mit grosser Herzensbewägung zu sich / und sagete zu ihm: Verunruhet euch weiter nicht in euren Gedanken / damit ihr die Erzählung eures Verrichtens bey meiner Fr. Mutter gebůhrlich leisten möget / ich wil inzwischen in mein Nebenkämmerlein treten / und des Briefes Inhalt durchsehen; Denselben fand sie nun dieser gestalt:Durchleuchtigstes Fräulein / die gröste Pein meines bißher außgestandenen Unglüks ist das langwierige Abwesen von der vergnůglichẽ Gegenwart eurer untadelhaftẽ Volkommenheit / welche je länger je mehr sich in meine Sinnen einwickelt / und ohn durch den Tod nicht verjaget werden kan. O wolte Gott / daß meine Frl. Schwester ihres ergebenen Knechtes auch zuzeiten eingedenk währe / dessen / der nunmehr anderthalb Jahr sich als ein verkauffter Leibeigener hat müssen zu Rom drücken und schmiegen / nur daß er des prügelns und anderer Straffen möchte enthoben seyn / und dannoch in dieser schweren Dienstbarkeit etwas funden hat / welches ihm lieber als Eltern und alle Welt ist / nehmlich die Erkäntniß des einigen wahren Gottes / die nach diesem sterblichen Leben uns allein allein zur himlischen Seligkeit bringen kan. Also ist meine geistliche Liebe zu Rom / meine leib liche zu Prag unverrücket gewesen / und kan jene nunmehr allenthalben frey / diese aber nur auff dem Königlichen Böhmischen Schlosse seyn / als lange jhre Liebe solches nicht verlässet; verlässet sie es aber / so wird meine Seele folgen / und verlässet sie es umb Liebe willen zu einem andern / werde ich dannoch nicht zurük bleiben / sondern zum wenigsten dem Geliebeten mißgönnen / daß er den unvergleichlichen Schatz erlanget /welcher meiner Seele so gar eingebildet / und in das innerste meines Herzen gegraben ist. Verzeihet eurem unwirdigsten Knechte / mein Fräulein / daß er als gewesener Sklave eines Sklaven der Untugend / noch hoffen darff /was ihm kindliche Kühnheit einbilden dürffen / uñ versichert euch daneben / daß er der Welt und allen Fürstlichen Gedanken anderthalb Jahr abgestorben / bloß ihretwegen solche wieder annimpt / sonst / da ihre Vortrefligkeit nicht währe / er kein Fürstliches [182] Blutströpflein behalten würde / welches er dann inkünfftig noch alles aufzuschütten / gänzlich bedacht ist so bald ihm die Zeitung kommen solte / daß er sey außgetahn bey derselben / die er weit über sich selbst liebet / und vor allen jrdischen Menschen der Welt erhebet. Es erhält jhn aber bißher noch / ihre ihm bekante auffrichtige Tugend und Redligkeit / welches umb ein grosses vermehret hat der übergeschikte Gruß und das höchstangenehme Armband / welches von seinem Arme nicht kommen wird / es sey dann / daß er noch weitere und festere Versicherung habe dessen das da hoffet und inniglich wünschet / Ihrer unvergleichlichen Volkommenheit untergebenster Knecht /bißher Oedemeier / jetzt wieder genant Herkules. Geschrieben aus Rom am XXII Tage des Jenners / im Jahr nach meines Heylandes Geburt CCXXVI.

Das verliebete Fråulein ward ůberauß hoch erfreuet / da sie dieser Bestendigkeit innen ward / vermerkete aber doch zugleich zweyerley; als daß vor erst er diese Zeit über in schlimmer Dienstbarkeit müste zugebracht haben / welches ihre Seele zum trähnenden Mitleyden bewägete; hernach / daß er gleichwol ein sehr angenehmes Laabsal in diesem Unglük / in Erkäntnis Gottes bestehend / funden / worüber sie sich herzlich erfreuete; dann ob zwar sein Herr Vater ihrer Fr. Mutter hatte zugeschrieben / wie sein Sohn Herkules nicht allein seine alten Götter schändete / sondern einen neuen gekreuzigten angenommen / und in eine abscheuhliche Geselschafft / die Christen genennet /sich begeben / welche aller Keuscheit und Tugend abgesagete Feinde / in heimlichen Sünden uñ Schanden sich wälzeten / und daher von der Obrigkeit allenthalben durchåchtet und gestraffet würden / kunte doch weder sie noch ihre Fr. Mutter ein solches dem züchtigen fro en Herkules zutrauẽ / insonderheit / weil nur die Teutschen Pfaffen solches ohn Grund redeten /die in dergleichen Sachen sich ohn daß wieder andere Götter gerne gebrauchen liessen / daß sie die ihren desto höher erheben / und sich selbst dadurch ein Ansehen machen möchten; doch dachte sie dißmahl diesem lezten gar wenig nach / sondern trug sehnliches Verlangen / des widrigen außgestandenen Unglüks Wissenschafft zuhaben / ging demnach wieder hin zu Wenzesla / der sich unterdessen fein bedacht hatte /wie er alles ordentlich vorbringen wolte / welches er ihr rühmete / und nach der Königin mitzugehen anhielt; sie aber zuvor von ihm zu wissen begehrete / ob ihm Herkules Begebnissen / in was Stande er bißher gelebet / nicht bewust wåren; welches er ihr alles anmeldete / wie er von Pannonischen Räubern im Bömischen Walde weggeführet / durch andere Römische denen abgenommen / und nach Rom gebracht / woselbst er einem Geizigen Herren / vor Leibeigen verkaufft worden / dem er die Pferde putzen und abrichten / auch andere schwere Arbeit über sich nehmen můssen / und dannoch davon frey zu werden nicht begehret / weil er sich in eine neue Lehre verliebet gehabt / davon er weder mit güte noch bedräuung des allerschåndlichsten Todes könte abgebracht werden /sondern hielte sich noch vor glükselig / wann er umb solcher Lehre willen sein Blut zuvergiessen solte gewirdiget seyn; wie ich dann / sagete er / solche Leute auff meiner hinreise in Italien selbst gesehen / welche sich lieber lebendig auffs Feur setzen liessen / als dz sie den Römischen Göttern ein wenig Weir auch hätten auff die Kohlen streuen wollen. Das übrige wuste er nun aus Ladisla Munde zuerzählen / der ihm solches alles umbständlich kundgetahn / auch wie er nach fleissiger Nachforschung / seiner Leibeigenschafft endlich währe inne worden / und ihn wieder loßgemacht. Sie fragete / ob dann ihr Herr Bruder nicht allezeit bey Herkules zu Rom gewesen? Nein sagte er; er hat sich / weiß nicht wo / in [183] Kriegsdiensten auffgehalten / da er vermeynet / seinem Herkules am besten nachfragen zu können / auch daselbst endlich so viel außgekundschaffet / daß er seines zustandes berichtet worden / selbst nach ihm gereiset / und durch seines Feldherren Vorschrifft ihn loßgemacht hätte. Ey / antwortete sie / so werden sie noch wol an ihr Vaterland gedenken / und zu rechter Zeit sich einstellen; aber wir wollen nach meiner Fr. Mutter kehren / und meines Herren Bruders Erklärung vernehmen. Diese aber saß in schweren Gedanken / überlegte den gelesenen grösseren Brieff auffs genaueste / biß sie endlich an den andern auch gedachte / welchen sie eben durchsahe / als das Fräulein wieder zu ihr kam /und diesen Inhalt lase:Gnädigste Fr. Mutter und Königin; daß mir eine lautere unmögligkeit sey / die schwere Last der Kron und Herschafft in dieser meiner Jugend über mich zu nehmen / ehe und bevor ich ein Königreich zuverwalten gelernet / welches aber nicht hinter dem Ofen / sondern durch Erfahrung muß gefasset werden /hat mein grösseres Schreiben gemeldet; wann dann solche Schuelen zimliche Kosten erfodern / zweifelt mir nicht / sie werde aus můtterlicher Bewägung gegen meinen Herkules und mich / hierzu gerne Raht schaffen /daß aus meinem ErbReiche ich ohn sonderliche Beschwerung der Untertahnen / nöhtige LebensMittel haben möge; wie viel oder wenig / stelle ihrer mütterlichen Anlage ich anheim / als welche meinen Stand wol beobachten / und mich nicht schimpfflich stecken lassen wird. Wir werden ehist auffbrechen / unsere Reise vorzunehmen / und zu Padua uns umb ein Schiff bemühen /woselbst / die nach Rom an Herren Sabinus / bey Janus Kirche wohnend uns etwa Schreiben oder Wechsel überbringen würden / unter dem Tohre nachfragen können /ob wir vielleicht unsern Verwalter daselbst bestellẽ möchten / daß nicht nöhtig währe nach Rom zuzihen. Verlasse mich hierzu Kindlich / und nach vermeldung eines herzlich gemeyneten Grusses an meine Fr. Mutter und Frl. Schwester von meinem Herkules und mir / empfehle ich sie der geträuen Obacht aller frommen gütigen Götter /verbleibend / weil ich Lebe / meiner herzgeliebten Fr. Mutter und Königin gehorsamster Sohn Ladisla / bißher Winnibald geheissen.

Als sie den Brieff verlesen hatten / hielt ihr das Fräulein ihren Goldfinger zu / und sagete: Sehet gnädige Fr. Mutter / wie ein artiges Ringelein hat mein Oheim und Bruder Fürst Herkules mir zugeschicket; ja liebes Kind / antwortete sie / er schenket dir einen Ring / und raubet dir deinen einzigen Bruder. Ich wil dem nicht wiedersprechen / gab sie zur wiederantwort; dann kunte Ladisla in der Kindheit seine Eltern hindan setzen / nur daß er seinen Herkules haben möchte / wird er nach befestigter Freundschafft schwerlich von ihm abzubringen seyn. Was abzubringen / sagte die Königin / sie möchten immerhin beysammen seyn / wann nun Herkules ihn nicht in die weit abgelegenen Länder / umb Ritterschafft zu üben /verlockert / sondern mit ihm sich hieher machete /damit wir nicht zuklagen hätten / daß er unsers Wåysentuhms Ursach währe. Aber Wenzesla / habt ihr euer Gehirn schier wieder gesamlet / daß euch entflossen wahr? Ja / allergnädigste Königin / antwortete er / ich weis iezt wiederumb / daß ich zu Prag auff dem Schlosse bin / und werde doch von neuen wieder wankelmühtig und irre gemacht / in dem eure Hocheit ich ůber Fürst Herkules klagen höre / und gleichwol nimmermehr nicht gläuben kan / daß die ůbergebrachten Schreiben solches verursachen solten / angesehen ich mit meinen Ohren gehöret / wie herzlich er meinen Gn. Herrn anmahnete / sich auff den Weg zumachen /und sein Königreich anzutreten / dessen Antwort aber wegen Schwacheit seiner Sprache ich nicht vernehmen kunte / dann er lag damahls noch an seinen Wunden hart danieder; Ja ich habe des Fürsten freywilliges Erbieten lauschend gehöret / daß er mit ihm ziehen /und eine zeitlang sich [184] bey ihm zu Prag auffhalten wolte. Die Königin kunte ihm långer nicht zuhören /sondern fiel ihm also ein: Was saget ihr mir von Wunden? Ist dann mein Sohn verwundet gewesen? Ja freylich / antwortete er / und zwar so hart / daß wir ihn schon vor todt handelten. Und sein Herkules kunte zugeben / sagte die Königin / daß er solcher gestalt verwundet würde? O der geträue Herkules / antwortete er; Hätte sein unvergleichlicher Muht nicht getahn / würden wir keinen lebendigen König haben /wiewol er auch XXIV / aber nicht so gefährliche Wunden bekam. Erzählete hierauff von anfange / wie er sie ohngefehr auff der Gassen angetroffen / das Pferd verlohren / und sie nachgehends von den Dieben im Hause überfallen währen / so daß er dessen nichts vorbey ging / was Zeit seiner Anwesenheit sich zu Rom zugetragen hatte. Nach Endigung seines vorbringens sagete das Fräulein lächelnd zu jhm: Als viel ich aus eurer Erzåhlung vernehme / habt ihr meinen Herren Brüdern im Gefechte wider die gottlosen Diebe tapfern Beystand geleistet. Was solte ich geleistet haben / antwortete er / mit lachendem Munde; Mein stumpffes Schwert galt an dem Orte nichts / so würden die tapffersten Helden der Welt meine Hülffe nicht haben angeno en; ja mich zubeschůtzen / hätten sie nicht lassen würden; und hatte endlich meine Gnädigste Königin mich nicht außgesand zu fechten /sondern ihrem Herr Sohn nachzufragen / daß also Euer Gn. ich vier Entschuldigungen vor eine anmelden kan / da ich noch die fünffte uñ wichtigste verschweige. Die wolte ich leicht errahten / sagte das Fräulein / wann ihrs von mir begehretet. Nimmermehr / antwortete er / reichen Euer Gn. Gedanken so weit. So weit? sagte sie; gilt Wenzesla / ihr habt euch euer Haut gefürchtet. Nein / antwortete er / Eure Gn. schiessen zwar sehr nahe / aber sie treffen das Ziel nicht; ich furchte noch mehr meines Fleisches und meiner Knochen / als der Haut. Dessen die Königin samt dem Fräulein hefftig lachen musten. Diese nun kunte nicht länger harren / ihrer vertraueten Leibjungfer Libussen solche fröliche Zeitung mitzuteilen / foderte dieselbe nach ihrem absonderlichen Gemache /fiel ihr frölich umb den Halß / und sagte zu ihr: Herzliebes Kind / was habe ich hinte diese Nacht einen ůberaus erfreulichen Traum gehabt / welchen ich dir nicht muchte nüchtern ansagen. Ja / ja / antwortete sie; gilt Gnädigstes Fräulein / wo nicht der alte Wenzesla / welchen ich gleich jetzt gesehen / solchen Traum mit sich als eine sicher warheit hergebracht hat. Du hasts recht errahten / sagte sie / und höre; Mein Herkules / mein allerschönster Herkules lebet noch / und bleibet in meiner Liebe fest und beständig. Die Jungfer zohe jhrer Art nach / sie auff jhre Schoß /herzete und drückete sie / und antwortete: Mein herzallerliebstes Fräulein / wird Ihre Gn. mir dann nun schier danken / daß ich sie von dem hartnäckigten Vornehmen zu sterben / abgehalten / und ihren steiffen Unsin nach Mögligkeit gebrochen habe? sehet /sehet / bitte ich / was Eure Gn. diesem ihren ergebenen Fürsten vor ein Herzleid wůrde gemacht haben /wann sie in ihrer Meynung fort gefahren währe; hätte ers auch erdulden können / wann er vernommen / daß umb seinet willen die unvergleichliche Valißka ihr den Tod angetahn? Schweige mit deiner unvergleichlichen / sagte das Fräulein / sie sanffte auff die Backen schlagend / du weist / wie abhold ich diesem Nahmen und deiner Schmeicheley bin. Das gewähnet Ihre Gn. mir nimmermehr ab / antwortete sie / biß dieselbe mir zuvor ihres gleichen zeigen wird; daß ich mich aber der Schmeicheley muß beschuldigen lassen / solches geschihet wider Euer Gn. Wissen und [185] Gewissen; dann Schmeichler und Fuchsschwäntzer sind keinem Menschen träue / sagen auch niemand unter Augen / was sie meynen unangenehm zu seyn; Ob nun mit Euer Gn. ichs bißher auch also gehalten habe /werden sie am besten wissen. O wie viel sind wol meines gleichen zu finden / sagte das Fräulein / ob ich sie dir gleich nicht zunennen weiß; und höre nur einen; übergehet mein Herkules / der volkommene Herkules mich nicht in allen Stücken? Ich vermische Eure Gn. mit Fürst Herkules nicht / antwortete jene: Er ist der unvergleichliche / und sie die unvergleichliche / die sich / O des Glüks! mit einander auffs allerähnlichste vergleichen werden. Und O daß der unvergleichliche jetzt an meiner Stelle sitzen / und die unvergleichliche solcher gestalt / wie ich / auff seiner Schoß erst halten möchte / oder daß zum wenigsten er nur Euer Gn. erwachsener Manbarkeit solte berichtet seyn / alsdann würde ohn zweifel er nicht lange seumen / dieselbe zubesuchen. Er wird schon zu rechter Zeit kommen / da er leben sol / sagte sie / und da ihm dieses solte geraubet werden / wil ich meiner einmahl gefasseten Beståndigkeit nach / ihm im Tode folgen; aber mein Kind / sihe / das ist (auff den Ring zeigend) die Gedächtniß meines Herkules / und dieses (ihr den Brieffreichend) die Versicherung seiner beständigen Liebe. Libussa lase jhn alsbald durch / und sagte: betrachtet nun / Gn. Fräulein / wie hoch jhr euch an eurem ergebenen Schatze vergriffen / indem jhr wegen seines Nicht-schreibens / seine Träue und Beständigkeit in zweiffel gezogen / und tuht dessen alsbald gebührliche abbitte / welche an seine stat ich annehmen / und weil ich seinen Sinn wol weiß (dann ich habe auch ein Schreiben von ihm empfangen) Euer Gn. die von ihm bestimmete Busse aufflegen wil. Das Fråulein meynete nicht anders / sie hätte wahr geredet /und fing an gantz inniglich zu begehren / daß ihr das Schreiben gezeiget / oder zum wenigsten nur der Inhalt gesaget würde; Aber Libussa saß und lachete der Liebe Leichtgläubigkeit / zohe sie auch noch besser auff / und gab vor / Herkules begehrete von ihr / sie möchte unvermerkt befodern / daß ihm das Fräulein mutter-nacket abgemahlet überschicket würde; wodurch sie sich etwas beleidiget befand / daher Libussa jhr diesen Irtuhm bald wieder benam / und daß alles ihr ertichteter Schertz wåhre; Herkules Zucht währe jhr ja bekant / welche sie nicht in zweifel zihen würde; Aber / sagte sie / wolte oder könte Ihre Gn. ihm nicht gönnen / euer nacketes Bildniß zusehen / da sie ihn doch nicht allein nacket beschauet / sondern des schändlichen Pannoniers Blut von seinem blossen Leibe abwaschen helffen? Solches geschahe / antwortete sie / aus kindlicher Einfalt uñ schwesterlicher Liebe / weil ichs vor sein selbst eigen Blut hielt / und die vermeynete Wunde suchete. Meynestu Nårrin aber wol / daß ich mich einem schlimmen Mahler würde nacket vorstellen / mich abzubilden. Ich kan die Kunst selber / sagte Libussa / drum komme Eure Gn. mit mir / so wil ich den Pinsel alsbald ansetzen. Halt ein mit deiner Thorheit / antwortete sie / und wiltu ein abgemahletes Weibesbild haben / so laß dich abschildern / und öffentlich aushängen / ob einer währe dem du gefallen köntest; Höre aber liebes Kind / ich wil nun meine Klage- und Traurlieder alle mit einanderverbrennen / und nach diesem der Hofnung und Beständigkeit Gesänge tichten / wañ ich nur bald Gelegenheit hätte / ihm sein Schreiben zu beantworten. Es wahr dieses Fräulein vor ohngefehr einem ViertelJahre in das sechszehende Jahr jhres Alters getreten /aber schon so manbar / daß man sie vor siebenzehnjährig schåtzete; ihrem großmůhtigen Hertzen und geschiklicher Vernunfft taht kein [186] ander ich was bevor /daß jederman sie vor ein Wunder der Welt / uñ volkommenes Meisterstück des Himmels hielt / ward auch nach jhres Herrn Vaters Hintrit nicht viel minder von den Landständen / als eine herschende Königin geehret. Der Himmel hatte sie mit einer überschwenglichen Schönheit begabet / daß wer sie sahe / sich an jhr vergaffete / als an dem volkommensten Kunstwerk dieser Irdischeit. Von Art und angebohrner Eigenschaft wahr sie frisch und ohn Schwermühtigkeit /aber sider Herkules Entführung ganz umgekehret /daß man sie immerzu traurig sahe / und zu keiner frölichen Geselschafft bringen kunte. Ihre einige Vergnügung wahr Jungfer Libussa / welche jhr Herz in Händen hatte / uñ aller ihrer Heimligkeit Wissenschafft trug / so gar / daß das Fräulein die allerinnersten Gedanken ihr nicht verbergen kunte / und währe diese nicht gewesen / würde sie ohn Zweiffel drauff gangen seyn. Ihrer Fr. Mutter zu gefallen / muste sie bißweilen sich frölich erzeigẽ / aber so gezwungen ding es wahr / so selten geschahe es auch / da dañ die Trauertråhnen sich gemeiniglich mit einmischeten / dessen zwar die Mutter offt wahr nam / aber deren eigene Ursach aus ihr nicht bringen kunte / sondern da wante sie anfangs ihres lieben Bruders Abwesenheit / nachgehends auch des Vaters elenden fall und Untergang ein; Ja / wann sie ihre Mutter traurig und betrübt sahe / wuste sie solches als eine quelle ihrer Trähnen anzugeben / weil ihre Schwermuht nicht abe- sondern biß an Wenzesla Ankunfft täglich zunam / welche sie zuzeiten durch Tichtung allerhand Klage Lieder suchte zuvertreiben / und wahr doch nicht anders als wann man Oel ins Feur schüttet. Ausser diesem einigen Verlust ihres liebesten Herkules / wahr nicht leicht etwas / welches sie zur sonderlichen Gemühtesbewägung håtte antreiben können / dann ihr Herz wahr so frisch / ihre Seele so gar ohn Furcht / ihre Geister so munter und zageloß / dz schon in der Kindheit bey eiteler Nacht ohn alle Geselschafft sie von einem Gemache auff das ander ging / und dieselben verlachete /welche vor Gespensten sich so hart fürchteten; dann ob sie wol zugab / daß solche gefunden würden / und zu Nachtzeiten ihr Wesen und Gepölter trieben /můste doch ein Mensch sich vielmehr auff der Götter Schutz und sein gutes Gewissen verlassen / als dergleichen Begebnissen fürchten. Sie wahr so großmühtig / daß sie offt sich verlauten ließ / wann sie dereins eines herschenden Fürsten Gemahl werden solte /wolte sie nit zugeben / daß die Töchter nur bloß zur Hausarbeit gewåhnet würden / sondern anordnen /daß sie täglich etliche Stunden sich im schiessen /werffen und andern Waffen ůbeten / daß in zeit der Noht sie sich nicht in Kellern verstecketen / sondern dem Vaterlande zu hülffe kåmen / und ihre Ehemånner nicht im stiche liessen. Weher aber kunte ihr niemand tuhn / als wann man ihr in diesem das Wiederspiel hielt / und weibliches Geschlechts Untůchtigkeit einwendete / dessen ausser ihren Eltern sich keiner durffte unterstehen. Ihres Leibes beschaffenheit betreffend / hat wol kein Mensch ein volkommener Liebreitzungs-Bilde in dieser Welt gesehen; an ihrem gantzen Leibe wahr nicht ein ungestaltes Flecklein /die Gliedmassen zart und gelenke / die Haut Milchweiß / das Fleisch weich aber nicht welk oder hangend / die Knochen klein aber fest / und jhre Sehnadern so stark und rege / daß sie im vierzehnden Jahr jhres Alters den arbeitsamsten Mägden den Arm mit einer Hand so fest halten kunte / daß jhnen unmöglich wahr / denselben ohn jhre willige Erlassung loßzureissen. In jhrer zarten Jugend wolte man sie in weiblichen Künsten / als nähen / stricken / Klöppeln / Goldspinnen und dergleichẽ [187] unterrichten / aber sie verachtete solches / vorgebend / es währe Mägde Arbeit / die sich damit ernehren müsten; ging viel lieber nach der Schule / dann ihr Herr Vater hielt ihr einẽ gelehrten Römer zum Lehrmeister; doch da sie etwas älter ward / sahe sie bißweilen den Kunstlerinnen zu / die mit der Nadel und zarter Seide das zierliche Mahlwerk nicht allein nachmacheten / sondern wol übertraffen /nam auch wol das Werk selbst zur hand / und nach kurtzer Unterweisung gab sie den Meisterinnen nichts bevor. Die Lateinische und Griechische Sprache fassete sie sehr wol / daß im dreyzehnden Jahre ihres Alters sie den Römischẽ Livius und Griechischen Herodotus fertig lesen und verstehen / auch ohn Hülffe einiges Wort-Buches auslegen / die Griechischẽ Geschichte Lateinisch / diese hinwieder Griechisch / und beydes auff gut Teutsch und Böhmisch erzählen kunte / welches in ihrem folgenden Unglük ihr bester behelff und Vortel wahr. Ihre beyden Leib Jungfern Libussen und Brelen führete sie zur Lust mit an / daß sie solche beyde Sprachen lernen musten. Ovidius Schrifften rühmete sie wegen des anmuhtigen sehr artigen Lateins und fliessender Tichter Kunst / aber weil er zu unzüchtig von Göttern und Menschen schrieb / meidete sie alle seine verdächtige Bücher; über Horatius Flackus kurzgezwungener Art verwunderte sie sich / und lase seine Oden- oder Lieder-bücher gerne / aber Virgilius Maro / sagte sie / ist der Lateinischen Tichter Adler / dem der Griechen Ruhm Homerus es lange noch nicht gleich tuht / dann er ist gar zu lůgenreich / und weiß ihm die Farbe nicht so wol als jener anzustreichen / hat auch den Göttern gar zu ungereimete Sachen zugelegt / als ob dieselben umb der Menschen willen unter sich Krieg und Streitigkeiten anfingen / und Gottloser meinäidiger Leute Bübereyen verfechten wolten; sonsten hielt sie die Geschichte von der Griechischẽ Helenen Entführung /von Alexander Pariß geschehen / vor ein Getichte; dann / sagte sie / wie solte ein ehrliches Weib ihren Gemahl verlassen / und so weit über Meer sich mit Willen als eine Ehebrecherin entführen lassen? Ist sie aber so ehren-vergessig gewesen / und hat ihr Königliches Herkommen dergestalt geschändet / was hätten dann die Gerecht- uñ Frömmigkeit-liebende Griechen nach diesem schändlichen Weibe gefraget / es währe dañ / daß sie / Rache zu üben / und ihre Unkeuscheit zu straffen / den Zug in Asien vorgenommen hätten; aber hiemit stimmen die Schreiber nicht zu / sondern Menelaus habe sie als ein Gemahl wieder gefodert / ja sie nach erhaltenem herben Siege als ein frommes Weib wieder zu sich genommen / welche Narren-Liebe ich straffbahrer als Helenen Leichtfertigkeit achte / und rühme des streitbaren Helden Ajax Raht weit vor des Ulysses / da er dieser Ehebrecherin den Tod sol zugesprochen haben / worüber er dann sein Leben durch Verrähterey und Meuchelmord einbüssen müssen. Wann man sie dann fragete / wovor sie solche Tichtereyen hielte / wendete sie ein / wann es nicht gar erlogen währe / wolte sie unter der Helenen Nahmen etwa ein schönes fruchtbahres Eiland in dem Egeischen Meer verstehen / welches die Trojaner den Griechen in des Beherschers Abwesenheit durch der Inwohner Verrähterey und Gutwilligkeit entwendet /und darüber in diesen schweren Krieg sich gestürtzet hätten; pflag sich gleichwol dabey zu bedingen / ein jeder möchte hierin seines Glaubens leben / sie hätte ihre Meynung vor sich. Solcher gestalt sinnete sie den Sachen schon in der Jugend nach / welche sie bey den alten Schreibern lase / und verfluchete der Teutschen und Böhmen Unverstand / daß sie ihrer Vorfahren Heldentahten aufzuschreiben [188] so gar nicht achteten. Jedoch wahren die Bücher nicht ihre gantze Lust / sondern Waffen und Rüstung / Schwerter und Bogen /Pferde und Sturmzeug liebete sie überaus sehr / aber in nichts übete sie sich so hefftig / als im schiessen und reiten / wiewol die Pferde / als lange ihr Herr Vater lebete / ihr nicht allemahl bewilliget wurden. Im zwölfften Jahr ihres alters lies sie leichte Fechtschwerter machen / und in solcher Kunst sich unterrichten / welches neben dem schiessen ihr von den Eltern wol gegönnet wahr / und sie daher in beyderley überauß fertig ward. Als ihr Herr Vater sein Reich gesegnet / gebrauchte sie sich des reitens freier / daß man sie selten auff der Gutsche fahren sahe / wann sie es nicht ihrer Fr. Mutter zur Geselschafft tuhn muste. Im jagen übete sie sich fast täglich / führete ihre Pfeil und Bogen zu Pferde / und befliß sich nur das Wild reittend zu fellen / worüber sie so gewiß von freier Faust ziehlen lernete / daß sie auch in vollem rennen die Hasen niederschoß / und selten fehlete. Zu Pferde saß sie so geschikt und feste / daß ihres gleichen im ganzen Königreiche nicht wahr; die Muhtigen ritte sie am liebesten / dann sagete sie / das Herz nimt bey mir zu / wann ich sehe das Tihr / welches ich beschreite /einen sonderlichen Geist haben. So lange lag sie ihrer Fr. Mutter an / da sie XIV Jahr alt wahr / daß sie ihr endlich gönnete einen Reitharnisch machen zu lassen / welchen sie täglich anlegete / und etliche Stunden darin auff dem Gemache umbher ging / auch wol inwendig in dem verschlossenen Burgplatze also bewapnet ihr Pferd tummelte / das Schwert an der Seite / und das Ritter Speer auf dem Schenkel führend / daß ihre Fr Mutter offt zu sagen pflag; bildestu dir ein /liebes Kind / durch diese Ubungen vielleicht ein Mannesbilde zu werden? Sie aber allemahl zur Antwort gab; sie möchte wünschen / daß solches möglich währe / oder doch zum wenigsten der Brauch seyn möchte / daß das Weibliche Geschlecht den Ritterlichen Ubungen nachzöge; so gar hatte die Tapfferkeit ihr Gemüht eingeno en / und wahr doch daneben ohn alle blutgierig- und grausamkeit. In Sitten und Geberden bezeigete sie sich nach aller Menschen Wunsch; man hörete sie weder fluchen / noch schelten / man sahe weder leichtfertig Ding noch ůppigkeiten an ihr /darumb liebete und ehrete sie jederman; dem Stolz und der Unfreundligkeit wahr sie von Herzen feind /und wan sie sich gegen jewand von Herzen freundlich und gewogen stellete / als dan wahren ihre Aügelein und ganzes Angesicht so voller Reizungen / daß auch das Frauenzimmer selbst sich in sie verliebete / daher es kam / daß ihre Eltern / wann sie recht bewäglich umb etwas anhielt / ihr solches nicht bald abschlagen kunten. Im Tanzen übete sie sich gerne / aber nach Herkules Verlust lies die Bekümmernis ihr diese Lustübung nicht zu / nur wann Jungfer Libussa ihr zuzeiten die Schwermühtigkeit außredete / und sie nicht weniger seines Lebens als standhaffter Träue durch allerhand bewägliche muhtmassungen versicherte /dann lies sie sich bereden / insonderheit / wann diese Jungfer nach ihrer beywohnenden Anmuhtigkeit sie baht / auff des allerliebsten Fürsten Herkules Gesundheit diesen oder jenen Tanz zutuhn / welchen die Jungfer auff der Laute dann zuspielen pflegte: Sie liebete überdaß die Singekunst und das Seitenspiel überaus hoch / dann ihr Stimmichen wahr so rein / helle und hoch / auch die Kehle der allerkrausesten verblümlungen und bald gebrochenen bald überhüpffenden schnellen läuffchen dermassen gelernig / daß keine Faust ihr solches auff Geigen oder Flöhten nach machen kunte; doch hatte die durchdringende Art /langsam und mit [189] bebender Verweilung die wichtigen Wörter außzudrücken / noch die allerlieblichste / Anmuhtigkeit in ihrem Gesinge. Die Stimme allein lies sie nicht gerne hören / sondern schlug selbst entweder die Laute oder Harffe / und lies alsdan die Liederchen erschallen / deren Reimen und Singeweisen sie selbst setzete / massen sie nicht allein zierliche Teutsche /sondern auch Griechische und Lateinsche Verse schrieb. Ob nun gleich alle ehrbare Menschen dieser Tugendergebenen Fräulein hold und günstig wahren /lies doch das boßhaffte Glük ihr in der Jugend zu unterschiedlichen mahlen sehen / dz es weder Schönheit noch Frömmigkeit achtet / wie ihr dann sehr früh geweissaget ward / daß sie Glückes Tücke würde erfahren müssen; Acht Stunden vor ihrer Geburt / taht ihre Fr. Mutter einen gefåhrlichen Fall / daß man in grossen furchten stund / es möchte die Frucht schaden genommen haben; und gleich da sie gebohren ward /ritte der König ihr Herr Vater von der Jagt nach seinem Schlosse / da ihm ein Balke von einem alt verfallenen Hause auff der Burgstrasse seinen Leibdiener /welcher allernähest hinter ihm her ritte / erschlug; welches beydes also außgeleget ward / daß das liebe Fräulein nicht ohn wunderselzame und lebensgefährliche Fälle bleiben würde; welches dann zimlich früh an ihr erfüllet ward; massen als sie kaum neun Wochen alt wahr / nam ein Affe (der auff dem Schlosse /als gezähmet umbher lieff) / sie unvermerket aus der Wiege / und trug sie auff ein hohes Gebäu / so daß /wann Gottes Engel nicht ihr Schuz gewesen währe /sie ohn zweiffel das Leben hätte einbüssen müssen /uñ ward sie mit grosser Mühe wieder herunter gelassen / worüber doch zween Dachdecker den Hals abstürzeten. Wann ihre Fr. Mutter sie des nachtes an der Brust liegen hatte / und sie drüber einschlieff / tråumete ihr unterschiedliche mahl / als wann sie eine Schlange neben sich hätte / worüber sie erwachend /das liebe Kind zu dreyen mahlen von sich weg aus dem Bette warff / welches doch immer ohn Schaden blieb. Als sie im zehnden Jahr ihres alters wahr / und mit etlichen des Frauenzimmers nach der Stadkirchen ging / den gemeinen Opffern beyzuwohnen / worzu sie dann sonderliche Lust hatte / da lieff ein ergrimmeter wůtiger Ochse in vollen sprüngen und mit außgestrecketem Halse ihr entgegen. Ihre zugegebene Geselschafft sahen ihn zeitig daher kommen / rieffen dem Fräulein / die ein wenig vor ihnen herging flohen davon / und verstecketen sich im nähesten Hause / in meynung sie würde / ihrer geradigkeit nach / mit lauffen / und ihrer Rettung selbst acht haben; aber sie weich nicht umb einen Schrit / sondern / wie er mit allermacht auff sie zustürmete / sprang sie ihm gerade auff den Halß / hielt sich mit der Linken am Horne /wie sie best kunte / und mit der Rechten zohe sie ihr Messerlein hervor / welches sie an der Seite in einer silbern Scheide trug / uñ als sie ihn nirgend besser zuverwunden wuste / sties sie ihm solches ins Auge so tief sie kunte / machte sich ringfertig wieder herunter /und lies ihn immerhin rasen / dañ er kehrete sich nicht mehr an sie / sondern lief wegen empfindender Schmerzen die quere uñ breite / und in dem er das Messer an einem hervorstehenden Holze außreiben wolte / sties ers nur tieffer hinein / biß er endlich mit hefftigem gebrülle zur Erden stürzete / und mit allen vieren von sich schlug. Ihr Frauenzimmer höreten solches und misseten das Fräulein / durfften doch nicht aus der Tühr hervor gehen / sondern kucketen durch ein Loch / und sahen sie mit schimmernden Augen und zornigem Angesicht stehen / daß die rechte Hand und Ermel ihr mit Blute gar besprützet wahr; fingen deßwegen ein klägliches geheule an / daß [190] die Leute des Hauses herzu gelauffen kahmen / und ihres Geschreies Ursach nachfrageten. Das Fräulein trat zu ihnen hinein / straffete sie wegen ihres weglauffens /und sagete: So viel ich merke / dürfftet ihr mich leicht im Stiche lassen / und nur eures Heils warnehmen /wann sich die Gefahr eräugete / daß nach diesem ich nicht Mädchen / sondern Kerle zu meiner Auffsicht haben müste; erzåhlete ihnen hernach / wie es ihr mit dem Ochsen ergangen währe. Der König erfuhr solches zeitig / foderte sie vor sich / und mit halbnassen Augen sagte er zu ihr: Mein Herzen Valißken / wie daß du nicht vor dem wütigen Ochsen dich scheuhetest / und ihm gar auff den Hals springen durfftest? Gnädigster Herr Vater / antwortete sie / freilich scheuete ich mich vor ihm / aber weil ich der Flucht nicht trauete / muste ich mich ja retten / als best ich kunte / sonst hätte er mich gar zu Tode gestossen. Er aber straffete sie / neben der erinnerung / die jungen Fräulein müsten sich so verwägener Kühnheit nicht gebrauchen / die wol den herzhafften Männern misglücketen. Sie hingegen wante ein / sie währe so wol gesinnet / ihr Leben durch allerhand Mittel zu retten / als ein Mann; und wer weis / sagete sie / ob ich nicht habe sollen ein Knabe werden / weil meine Seele viel lieber mit männlichen als weiblichen Sachen umbgehet; hätte ich nur meinen Bogen bey mir gehabt / ich wolte ihm die Augen beyde auß dem Kopffe geschossen haben / ehe er mir so nahe kommen währe / dz er mich mit den Hörnern erreichen können; wil mich auch hernåhst wol besser vorsehen /daß ich meine Rettung nicht mit einem Brodmesser vornehmen dürffe. Ihr Herr Vater kunte vor verwunderung ihr keine Antwort gebẽ / streich ihr etlichemahl über das Häupt und sagete: Die gütigen Götter steuren allen wiedrigen Fällen / und behüten dich / dz ihre Versehung an dir zu allem guten vollendet werde. Sonst taht sie mannichen hohen Fall / welches doch immer ohn sonderlichen Schaden abging; insonderheit hatte sie kein Glük auff dem Wasser / daher sie auch selten sich der Schiffart vertrauete. Drey Tage vor ihres Herr Vaters Verlust / ging sie mit einer kleinen Dirne abermahl hin / dem Gottesdienst in der Stad und den gewöhnlichen Opffern beyzuwohnẽ / da lieff ihr ein sehr grosser toller Hund entgegen / vor dem sie zu rücke hinter eine Brunnenseule weich / und da sie ihn eigentlich auff sich zu springen sahe / fassete sie mit der Linken einen zimlichen Stein / mit der Rechten aber ihren Dolch / welchen sie nach erlegung des Ochsen stets / wo sie auch ging / zu sich nam; als nun der Hund ihr nach dem Gesichte sprang / sties sie ihm den Stein in den Rachen / und stach ihm zugleich die Kehle ab / daß er zu ihren Füssen nieder fiel; lies sich doch hiedurch von der Beywohnung des Gottesdienstes nicht abschrecken / sondern hielt bey den Pfaffen an / daß sie vor ihres Herren Vaters Wolfahrt ein Opffer schlachten möchten / welches auch geschahe / da nach fleissiger Besichtigung der Leber und des Herzen ein alter Pfaffe ihr zuschrie: Durchleuchtigstes Frl. meldet / bitte ich / eurem Herr Vater / unserm allergnädigsten Könige an / dz seine Konigl. Hocheit sich in VI Tagen nicht von ihrem Schlosse begebe /noch falscher Lockung folge / dañ es stehe deroselben ein nahes Unglük bevor / welches viel unleidlicher als der Tod / oder auffs wenigste der Tod seyn wird; Euer Gnaden wil das gute Glük auch noch nicht geträulich beystehen / sondern dräuet derselben unsägliche Noht und Gefahr / welches aber noch weiter zurücke stehet. Das Fräulein hielt viel auff dergleichen Opfferzeichen / da hingegen ihr Herr Vater sich nicht sonderlich dran zu kehren pflegete / schlug auch vor dißmal [191] alles in den Wind / wie bewäglich gleich das Fräulein ihm solches vortrug / auch zugleich den Unfall mit dem wütigen Hunde hinzusetzete; da dann der elende Verlust bald drauff erfolgete / wodurch das gantze Königreich in grosses Hertzleid gesetzet ward / und sein Gemahl die fromme Königin seinen unglüklichen Tod eine geraume Zeit beklagete.

Wir wenden uns aber wieder hin zu dem Fräulein /sie in ihrer hohen Vergnügung anzuschauen / welche sie aus Herkules Schreiben empfing / und ihrer Seele unmöglich wahr / die innigliche Freude recht außzudrücken; dessen Libussa wol wahr nam / und ihr Herz durch ein anmuhtiges Liebesgespräch je mehr und mehr auffwallete / daß sie endlich eine Schreibfeder ergriff / und von freyer Hand ein Liedlein auffsetzete /auch demselben eine frische anmuhtige weise gab / da inzwischen Libussa ihr die Laute (welche in guter Zeit nicht gebrauchet wahr) ganz neu bezog / die begehrete Stimmung einrichtete / und mit Verlangen erwartete / was vor Einfälle dem Fräulein vor dißmahl fugen wolten; welche bald darauff dieses sang und spielete:


1
Nun Seele / nim nun sanffte rast /
Nachdem du wieder funden hast /
Den du vorlängst erkohren;
Mein Herz / nim die erquickung an /
Dann der dich völlig trösten kan /
Ist nicht so gar verlohren.
2
Der allerschönste dieser Welt /
Der dich vor seine schönste hält /
Bleibt nach wie vor dein eigen;
Wie weit er dir entrissen ist /
Wird er dannoch zu keiner frist
Sein Seelchen von dir neigen.
3
Du schönster Stern am Himmels Saal /
Hab' ich das Glük zu deiner Wahl?
Sol ich dein noch geniessen?
Du Strahlen-helles Sonnen-licht /
Vor dessen Schein der meine bricht /
Und fält zu deinen Füssen.
4
Wann wirstu meine wolken dann
Vertreiben / daß ich sehen kan /
Wie deine Tugend spielet?
Die bloß nur auff Volkommenheit /
Mehr als die Jugend deiner Zeit
Ertragen kan / hinzielet.
5
Du Ebenbild der keuschen Zucht /
Betrachte deiner Jahre flucht /
Sey nicht so gar vermässen
Im Streiten wieder Frevelmuht /
Dann wer im Treffen alles tuht /
Wird endlich doch gefressen.
6
Fälst aber du / so fall' ich auch /
Dich wehe Lufft an oder Rauch /
Ich wil mit dir nur stehen /
Nicht ohne dich / du bist allein /
Was meinem Leibe Geist kan seyn /
Dein Tod ist mein vergehen.
7
Solt' aber meine Seele noch
Mit deiner daß gewünschte Joch
Der keuschen Liebe tragen;
So hab ich was mein Herz begehrt /
Und wann mir solches wiederfährt /
Wil ich nicht weiters klagen.

Ach mein tausend schönstes Fräulein / sagte Libussa nach des Gesanges endigung; daß doch der allerliebste Fůrst dieses Liedchen von so anmuhtiger Stimme gesungen / anhören möchte; aber eure Gn. tuhe ihm diese Gunst / und sende ihm dessen Abschrifft zu / ich weis / es wird die Krafft haben / ihn von dem ende der Welt nach Prage zu treiben. Bey leibe schweig mein herzen Kind / antwortete das Fräulein / würde er mich nicht vor eine leichtsinnige halten / wann er dessen inne würde? ich nähme nicht daß halbe Rom drum /daß ein ander Mensch als du / dieses Lied sähe oder hörete; dann ob ich gleich wol leyden kan / daß er meiner geträuen Liebe inne werde / muß es doch weder durch mich noch durch meine Reimen dergestalt geschehen / dz michs einiger weise in ungleiche Nachrede stürzen könte; [192] ein freundliches Brieflein an ihn zu schreiben wil ich mich nicht wegern / aber von solcher worten Gattung muß es trauen nicht gestellet seyn. Ja ja / sagte Libussa / liebet eure Gn. so bedachtsam / so liebet sie noch in so flammichter Hitze nit / als ihre Schwermütigkeit michs eine zeitlang hat bereden wollen / doch rühme ich dieses an euer Gn. billich / und bitte die gütigen Götter / daß sie ihre Gedanken vor außgang eines Monats befriedigen. Befriedigen? antwortete das Fräulein; doch ja / es heisse also / dañ ich bin noch zur Zeit befriediget / wann ich nur offt Schreiben von ihm haben / oder (ach Glük erfreue Hoffnung) seine liebreiche Augen gegenwärtig schauen möchte. Diesen Wunsch wird der Himmel bald erfüllen / sagete Libussa; aber eure Gn. wünschet schon mehr Schreiben / uñ hat dieses durchzulesen kaum Zeit gehabt; wer weiß was folgen kan? geduldet euch mein Fräulein / nichts wächset und reiffet auff einen Tag; gebet dem lieben Fürsten Ruhe / daß er die Schreibfeder aus der Hand legen / und andere Nohtwendigkeiten verrichten möge. Auff diese Weise reizete sie das Fräulein / biß sie zur Mahlzeit gefodert ward / da ihre Fr. Mutter mit ihr abredete / daß sie alsbald einen Landtag außschreiben / und den Reichsständen ihres Königes Gesundheit und Vorhaben aus seinem eigenen Schreiben anzeigen wolte.

Des folgenden tages gab sich vor dem Stadtohr ein Königlicher Gesanter aus Gallien oder Frankreich an /120 Pferde stark / und begehrete von der Königin und dem Königlichen Fräulein / im Nahmen und von wegen seines Königes / gehöret zu werden. Die Königin ließ ihn in der Stad mit seinen Leuten verlegen /und setzete ihm den dritten Tag zur Verhörung an /unter welcher Zeit er nicht allein sich der Fräulein Wesens und Eigenschafften erforschete / sondern sie einsmahls auff die Jagt ausreiten sahe / und in seinem Hertzen gestund / daß er nie etwas volkommeners gesehen hätte. Es ließ aber die Königin alsbald etliche vornehme Herren / als den Reichs Kantzler / Herrn Bretisla / Herrn Pribisla / Herrn Krokus / Herrn Stanisla und Herrn Bugesla zu sich nacher Prage fodern /in deren Gegenwart die Königliche Gesandschafft solte abgelegt werden. Dem verliebeten Fräulein schwanete nichts gutes / massen sie wuste / daß der Sikamber König in Gallien (welches ein Teutsches Volck wahr) zimlich schwach war / und einen tapfferen hochberühmten Sohn hatte / so noch unverheyrahtet / uñ nach des Vaters Hintrit in der Herschafft folgen wůrde; foderte demnach ihre Libussen zu sich /und sagete zu ihr: Mein Kind / was sol ich nun beginnen? gilt wo diese Gesandschafft nicht bloß meiner wegen angestellet ist? Wie aber / wann meiner Fr. Mutter diese Heyraht gefiele / und die Reichs Sassen mit zurieten? Ich weiß nicht / wodurch ich das leidige Glük dergestalt mag wider mich erzürnet haben / daß mirs so gar keinen frölichen Tag gönnet / der nicht mit Unruhe und Angst solte versalzen seyn? Jedoch mag dieser Gesandter bringen was er wil und kan / so sol und muß ich meinem Herkules vorbehalten seyn /oder allein durch einen schmerzhafften Tod von ihm abgeschieden werden. Ich stehe mit Eurer Gn. in gleichen Gedanken / sagte Libussa / wil auch nimmermehr rahten / daß dieselbe ichtwas eingehe / welches dem allergeträuesten Liebhaber Fürst Herkules könte nachteilig seyn / weil ich ohndas wol weiß / daß mein Gn. Fräulein in diesem Stük keinen Wechsel oder Tausch nimmermehr bewilligen wird; nur allein muß die Sache auffs vorsichtigste und klüglichste gehandelt / und entweder abgelehnet / oder unter lauter Ungewißheit auffgeschoben werden / auff daß die Zeit[193] verlauffe / und wir Fürst Herkules von allem gute Nachricht geben können / welcher auff solchen fall schon wissen wird / wie er seine Bände fest legen /und diesen MitBuhler abweisen sol. Das Fräulein stund in tieffen Gedanken / und gab zur Antwort: Je länger ich dem dinge nachsinne / je gefährlicher mir alles vorkomt; Dann vorerst muß nohtwendig meiner Fr. Mutter / und allen andern / meine Fürst Herkules geschehene Verheissung verborgen bleiben / und darff ich mich im geringsten nicht verlauten lassen / daß ich nicht mehr frey bin. Hernach werde ich solche Ursachen müssen einführen / durch welche des schlauhen Kantzlers Raht und Meynung (dann vor diesem fürchte ich mich am meisten) hintertrieben werde; und schließlich muß ich dannoch gegen den Gesandten mich also bezeigen / daß ich weder vor eine stoltze /noch unfreundliche / noch verwägene in seines Königes Lande außgeruffen werde. Wie aber / sagete Libussa / wann dieser in andern Geschäfften abgeschikt / und alle unsere Furcht und Sorge umsonst und vergebens währe? wie dann sehr offt geschiehet / daß wann ein König etwa willens ist / einen andern zu bekriegen / versichert er zuvor durch Gesandten sich anderer Landschafften / damit dieselben sich nicht einmischen / und an seinem Vorhaben ihm hinderlich seyn mögen. Nein / mein Libuschen / sagte sie / dz Hertz saget mir eigen / daß eine Freywerbung vorhanden ist / solte ich aber solches umsonst fürchten /werde ich dessen froher als kein ander seyn. Weil es nun der näheste Tag wahr vor der Verhörung / nam sie jhre Zuflucht zu der instehenden Nacht / welche ihr einen heilsamen Fund an die Hand geben würde. Des Morgens da sie auffstund / war sie ziemlich frölich / und ziegete Libussen an / wessen sie sich in ihrem Hertzen erkläret hätte / nicht zweifelnd / es solte solches von Einheimischen und Fremden wichtig gnug geachtet werden / daß man den Gesanten gleich so klug wieder hinzihen liesse / als er kommen wahr. Sie ließ sich auch von Libussen treflich ausputzen /und solte diese ihr bey der Gesandschafft auffwarten. Die Königin hatte jhre Traurkleider angelegt / zu ihrer Rechten stund ein Königlicher Stuel / mit einer güldenen Decke behänget / auff welchem die Königliche Kron / der Reichs Apfel und ein blosses Schwert lage; Allernähest saß sie / uñ zu ihrer linken das Königliche Fräulein. An der linken Seite des Gemachs sassen obgedachter Kantzler und die vier Böhmische Herren / und wahr zur Rechten des Gemachs ein schöner Stuel vor den fremden Gesandten hingesetzet; welcher / als er zur Tühr hinein trat / ehrete er die Königin und das Fräulein gebührlich / und ließ anfangs der Königin einen Begläubigungs Schein einhändigen /welchen sie erbrach / und folgenden Inhalt lase:Hilderich / der alten Teutschen Sikambrer GroßFürst /König der Franken in Gallien / wůnschet der Großmächtigsten unüberwindlichsten Königin und Frauen / Frauen Heidewieg / gebohrner GroßFürstin der Teutschen anjetzo herschender Königin in Böhmen / seinen Gruß und alles Liebes; Dero Liebe hiemit anzeigend / daß der Einbringer dieses / der ådle Klogio / von uns und unserm freundlichen lieben Herr Sohn / GroßFürst Markomir /unsers Reichs und Stuels kůnfftigen Besitzer / ausdrüklich aus unserm Reich nach Prage an Eure Liebe gesand sey / eine unter Königl. und GroßFürstlicher Träue und Glauben gemeynete Werbung bey Euer Liebe und dem Durchleuchtigsten Königlichen Fräulein in Böhmen /Fräulein Valißken anzutragen / und bitten Eure Liebden freundlich / dieselben wollen geneñeten unserm Gesanten Freyheit geben / die Werbung abzulegen / auch demselben / als uns selbst / vollkommenen Glauben zustellen.


Hilderich der K \nig.


Nach Verlesung sahe die Königin / daß ihr muhtmassen (welches sie bißher niemande [194] offenbahret hatte) sie nicht triegen würde / meynete aber / das Fräulein würde dessen nicht die geringsten Gedanken tragen / und gab ihr den Brief zulesen; welche ihrem Vorsatze nach / sich noch allerdinge frey und unwissend stellete. Dem Kantzler ward darauf der Brieff von der Königin zugeschikt / und befohlen / mit dem Gesanten in ihrem Nahmen gebührlich zu reden; welcher auch nach Verlesung den Gesanten fragete / wie sein Nahme währe; und als derselbe sich Klogio /einen Ritter und Königlichen geheimen Raht und Oberkammer-Herrn nennete; fuhr der Kantzler also fort: Wolgebohrner Herr Klogio; es hat euer allergnädigster König / und dessen Herr Sohn / der Großmächtigste Unüberwindlichste König und GroßFürst der Sikambrer uñ Franken in Gallien / uñ der Durchleuchtigste Königliche Fürst und gebohrner Großfürst Herr Markomir / an die auch Großmächtigste Unůberwindlichste Königin der Böhmen / gebohrne GroßFürstin der Teutschen / meine allergnädigste Königin / und an das Durchleuchtigste Königliche Fräulein /beyde gegenwärtig / euch abgefertiget / Ihrer Königlichen Hocheit und dero Frl. Tochter einige Werbung vorzutragen; und weil Ihre Hocheit und Durchleuchtigkeit dieselbe freundlich anzuhören bereit und willig sind / ist von allerhöchstgemelter Königin euch hiemit Freyheit gegeben / dasselbe / warumb ihr gesendet worden seyd / anzumelden / und darauf freundlicher Antwort gewärtig zu seyn. Der Gesandte neigete sich hierauff sehr tieff und ehrerbietig / und fing also an: Großmächtigste Unüberwindlichste Königin / auch Durchleuchtigstes Fräulein; Der auch Großmächtigste Unüberwindlichste König und Großfürst der Sikambrer und der Franken in Gallien / und Ihrer Königl. Hocheit Herr Sohn / der Durchleuchtigste GroßFůrst Herr Markomir / entbieten Eurer Königl. Hocheit und Durchleuchtigkeit / jhren freundlichen Gruß und alles Liebes / durch mich unwirdigen / ihren gevolmächtigten Gesanten; und geben Ihrer Hocheit und Durchl. Oheimb- und freundlich zuvernehmen / was gestalt höchstgedachter mein allergnädigster König wegen allerhand Leibesschwacheiten / allergnädigst gewilliget sey / die Herschafft abzulegen / und selbe seinem freundl. lieben Herrn Sohn völlig auffzutragen; Weil nun dessen Durchleuchtigkeit annoch unverheyrahtet ist / und Königl. Hocheit nichts so hefftig wůnschet uñ begehret / als daß höchstgedachter sein Herr Sohn mit einem wolwürdigen Königlichen Gemahl möchte versehen seyn / welche mit demselben zugleich gekrönet und eingeführet würde / und aber Ihrer Königl. Hocheit Fräulein Tochter / die Durchleuchtigste Frl. Valißka / meinem Könige und dessen Herrn Sohn /als die allerpreißwirdigste und vortreflichste Fürstin dieses Erdbodems / von unterschiedlichen Orten her gerühmet wird / als wünschet und begehret mein König in dieser Welt nichts höhers und liebers / als einer solchen mit Königlichen Tugenden volbegabten Fräulein Vater; dessen Herr Sohn aber / deroselben Bräutigam und Gemahl zu werden; Da auch solcher ihr Wunsch und Begehren zur glüklichen Endschafft solte können gebracht werden / erbieten sich Ihre Königliche Hocheit und Großfürstl. Durchleuchtigkeit /gegen das Durchl. Königl. Fräulein / Fräulein Valißka sich dergestalt zuerzeigen / daß grössere väterliche Liebe und Hulde / als bey dem Könige / und mehr ergebene eheliche Träue / als bey dem Durchl. Großfürsten / Herrn Markomir / dero Durchleuchtigkeit in dieser gantzen weiten Welt nicht antreffen noch finden werden. Die Königin nam diese Werbung mit grosser Ehrerbietung an / foderte den [195] Kantzler zu sich / und nach kurtzer Beredung mit dem Fräulein (welche sich so gar ohn alle Bewägung und Verenderung bezeigete / als ginge sie solches nicht an) sagte die Königin dem Kantzler / was er antworten solte; wie dann derselbe alsbald also anfing: Gegen den Großmächtigsten König der Sikambrer und Franken /als auch dessen Herr Sohn den Durchleuchtigsten Großfürsten Herrn Markomir / bedanket ihre Königl. Hocheit und dz Durchleuchtigste Fräulein sich Wase-und freundlich / wegen der geschehenẽ huldreichen Anwerbung / erklären sich auch gegen den Herrn Gesanten gnädigst / demselben ihrer jetzigen gelegenheit nach / auff morgen umb diese Zeit / eine auffrichtige wolgemeynete Antwort zuerteilen; und wird der Herr Gesanter gnädigst ersuchet / auff den Mittag sich bey Königlicher Mahlzeit anzufinden. Also nam Klogio hiemit seinen Abtrit / voller Hoffnung / er würde seinem Könige und dem verliebeten Fürsten eine behågliche Antwort überbringen / insonderheit / weil er auff sehr fleissige Nachfrage / ob das Fräulein schon Freywerber gehabt / einerley Antwort bekam / daß man davon noch zur Zeit nicht das allergeringste vernommen hätte. So bald dieser Gesante weggangen wahr /begehreten der Kanzler und die andere Böhmische Herren / es möchte die Königin und das Fräulein sich gnädigst heraus lassen / wessen in dieser hochwichtigen Sache sie gesonnen währen. Das Fräulein gab ihrer Fr. Mutter an / sie möchte nach des fremden und ihr gantz unbekanten Königes und seines Sohns Wesen Nachfrage tuhn / damit man vor allen dingen wissen könte / ob sie auch der Wirdigkeit währen /sich mit ihnen einzulassen. Diese Frage stellete die Königin den anwesenden vor / worauff der Kanzler antwortete; es währe ihm dieser Franken Könige Zustand zimlicher massen bekant / und hätte er in seiner Jugend vor XXX Jahren sich eine zeitlang an des jetzigen Königes Herrn Vaters Hofe auffgehalten / welcher Hunno geheissen / ein vortreflicher berühmter Herr / der unterschiedliche herliche Siege von den Römern / wie auch von den Galliern erhaltẽ / uñ seine Herschaft statlich erweitert; der jetzige König Hilderich / wäre zu der Zeit ein junger Herr von X Jahren gewesen / an dem man eine hohe Geburtsart verspüret hätte; doch würde Herr Bugesla ohn zweifel von demselben ein mehres erzählen können / weil dessen Sohn / wie ihm gesagt währe / vor etlichen Wochen aus demselben Königreich zu Hause kommen. Ja / fing Bugesla an / mein Sohn Nostriz / welcher nunmehr VI Jahr in fremden Landen sich auffgehalten / und Ritterschafft gepflogen auch vor wenig Tagen wieder fortgezogen ist / hat mir von diesem Könige viel lobwirdiges gesaget / als welcher ein sehr Weltweiser verständiger Herr sey / unerschrocken und glükhafftig /ein Schrecken aller seiner Feinde / werde auch von seinen Untertahnen wegen seiner sanfftmühtigen Herschung dergestalt geliebet / daß sie alle bereit und willig sind vor ihn zusterben; Er hat schon XII Jahr nach seines Vaters Königes Hunno Absterben das Reich löblich verwaltet / und sol einen schlimmen Schaden bekommen haben / daran er befürchtet / das Leben einzubüssen / wiewol die Aerzte gutẽ Trost zur Gesundheit geben sollen; Er hat ein junges Gemahl /welche ihm schon IIX Söhne gezeuget / die aber auf den einzigen Markomir alle hingestorben sind; dieser junge Herr ist erst von XIIX Jahren / aber sehr tapffer und streitbar / dessen er beydes in- und ausserhalb Reichs einen grossen Nahmen erworben hat / sol vor einem halben Jahre stillschweigend mit wenig geträuen Dienern aus dem Lande gezogen / und nach Verlauff XV Wochen wieder kommen seyn / [196] aber voller Traur- und Schwermühtigkeit / so daß er weder bey frölichẽ Geselschaften noch bey ritterlichen übungen sich findẽ lässet / welches doch sider der Zeit er wiederum mag geendert habẽ. Mutter uñ Tochter höreten dieser Erzählung fleissig zu / uñ begehrete darauf die Königin / das Fräulein solte sich vernehmen lassen /wessen sie in dieser Sache gesiñet wäre; welches sie aber züchtig von sich ablehnete; es wolte ihr als einer jungen Tochter nicht gebühren / ihrer gnädigsten Frau Mutter hierin vorzugreiffen / zweiffelte nicht / dieselbe würde mit den gegenwärtigen Herren es reifflich überlegẽ / damit sie wüste / was in dieser Sache sie weiters vornehmen / und ihrem Herr Bruder / der nunmehr auch ihr gebietender König währe / davon überschreiben solte / massen sie nunmehr gezwungen würde / ihrer Gn. Fr. Mutter / uñ anderen guten Freunden zu offenbahren / was Gestalt ihr Herr Bruder / da er hätte hinreisen wollen / seinem verlornen Herkules nach zu forschen / er sie des Abends zuvor zu sich allein in den Königlichen Lustgarten gefodert / und mit höchstbewäglichen / teils freundlichẽ / teils bedraulichen worten von ihr begehret / sie solte ihm als eine geträue Schwester äidlich angeloben / daß als lange er lebete / sie in keine Heyraht gehehlen / vielweniger dieselbe schliessen wolte / ehe und bevor sie ihn dessen berichtet / und von ihm brüderliche Einwilligung erhalten hätte. Nun hätte sie zwar anfangs sich gegen denselben gewegert / icht was von Heyrahtsachen zu reden / weil sie noch ein Kind / und daran nie gedacht håtte / aber weil er sie solcher Anfoderung nicht erlassen wollen / hätte sie seinem Willen ein Genügen getahn / welches sie auch / umb Meynäid und der Götter Ungnade zuverhüten / auffrichtig halten und leisten wolte. Ihre Fr. Mutter / welche nicht wuste / ob dieses ertichtet / oder wahr währe / hatte daran ein gutes Wolgefallen / wie wol / sich dessen nicht merken zu lassen / sie zu ihr sagete; sie hätte nicht wol getahn / daß sie mit solcher Verheissung sich überschnellet / und es nicht alsbald ihren Eltern angezeiget / welche damahls solche Zusage und äidliche Verbindung hätten auffruffen und abschaffen können / welches nunmehr nit würde geschehen dürffen / zweiffelte auch sehr / ob einiger von den gegenwärtigen Herren darzu rahten / und ihres Königes Ungnade würde auff sich laden wollen. Dieses wahr alles das rechte Wasser auff der Fräulein Mühle / stellete sich doch / als währe ihr die getahne aidliche Verheissung leid / und sagte; Es würde gleichwol nicht destoweniger ihrer Gn. Fr. Mutter frey stehen / es mit den anwesenden Herren zu berahtschlagẽ / ob diese Heyraht anzunehmen währe oder nicht / welches sie alsdan ihrem Herr Bruder zuschreiben wolte / dessen Sin und Meynung ihr allerdinge unbewust wåhre /ober diese Werbung würde belieben oder verbieten; und da es ihnẽ ingesamt also gefiele / wolte sie mit ihrer vertraueten und verschwiegenen Leib-Jungfer Libussen gerne einen Abtrit nehmen / und ihnen freyheit geben / nach belieben zuhandeln. So bald sie in ein abgelegenes Gemach sich begeben hatte / fing die Königin zu den anwesenden an; liebe geträue; ob ich zwar bald anfangs der Meynung gewesen bin / diesem jungen Fürsten der Sikambrer und Franken mein liebes Kind zuversprechen / insonderheit / weil Herr Bugesla demselben ein so gutes Zeugnis nachredet / welches ich weder vor errichtet noch vor falsch halten kan / so stosset mich doch daß jetzige Vorbringen meines Kindes gewaltig vor den Kopff / daß ich demselben durchaus nichts gewisses zuzusagen weiß /sondern ihn hinweisen muß / biß mein lieber Herr Sohn seinen Willen hierüber erklären wird. Der Kanzler Herr Bretisla antwortete; [197] er müste bekennen / daß der Fräulein Vorbringen ihm über alle masse fremd vorkähme / dem er zuwiedersprechen sich wol nimmermehr erkühnen würde; nur allein befürchtete er sehr / es möchte der Franken König / ein sehr gewaltiger und mächtiger Herr diese Einwendung vor ein Getichte und verdeckete abschlägige Antwort halten /woraus dem ganzen Königreiche nichts gutes erwachsen könte. Die Königin / der diese Heyraht im hertzen allerdinge zuwieder wahr / weil sie mit viel andern Gedanken umbgieng / antwortete ihm darauff; sie vor ihr Håupt wüste ihre Frl. Tochter von allen lügenhafften Tichtereyen sehr ferne seyn / hätte auch ein kräffliges Zeichen / dz sichs also verhielte; massẽ als ihr Herr Sohn von ihr und dem Fräulein heimlichen Abscheid genommen / hätte er dieselbe einer getahnen Verheissung erinnert / worauff sie zur Antwort gegeben / daß sie lieber sterben als aidbrüchig werden wolte. Ob aber der Franken König solches vor ein Geticht achten wolte oder nicht / stünde nicht bey ihr /es zu verhindern / als durch ein aufrichtiges bejahen; doch wie dem allen / so hoffete sie ja nicht / daß sie eben schuldig währe diesem König zum Gehorsam zu stehen; Und was wolte er machen / sagte sie / wann mein Kind diese Heyraht / ihrer Freyheit nach / gar abschlüge / wanns mit gebührlicher Höfligkeit geschähe? Der Kanzler / dem vielleicht grosse Verheissungen mochten geschehẽ seyn / bedachte sich hierauff eines andern / brachte vor / es währe seine Rede nicht so gemeynet / auch nit so weit bedacht / wolte auch hernähst es dergestalt wissen zu überlegen / daß seine gnädigste Königin daran ein gnugsames Wolgefallen haben würde. Herr Pribisla / welcher unserm Herkules das Fräulein in seinem Herzen schon zugedacht hatte / gab diese Stimme: Die geschehene Werbung währe ehrlich und dankens wert / aber dem Fräulein durch brechung ihres getahnen äides / ihr Gewissen zu verunruhen / wolte er nun und nimmermehr rahten; Ja / sagte er / wer weiß / was vor hochwichtige und dringende Ursachen unser gnådigster König gehabt / diese hochbeteurliche Verheissung von seiner Frl. Schwester zunehmen / welche ich /weil ich sie ohndas nur muhtmasse / in meines Hertzen innersten lieber vertuschen als loßdrücken wil. Die Königin merkete / daß dieser mit ihr einerley Gedanken führete / wolte doch kein Wort darzu reden /sondern der übrigen Meynung auch vernehmen; welche aber mit Pribisla gantz einig wahren / auch einen festen Schluß macheten / was vor eine Antwort dem Gesandten solte mitgeteilet werden / welche dem Fräulein vorher anzumelden / ihre Fr. Mutter auff sich nam. Unterdessen erfreuete sich das Fräulein mit jhrer Libussen / daß jhr diese Erfindung so wol gerahten war / und / wie sichs ansehen liesse / der Fr. Mutter Herz schon gewonnen hätte; da endlich die Jungfer zu ihr sagete: Gn. Fräulein / wie komt es doch / daß ein Warheit liebender Mensch zeit der Noht so glüklich liegen kan? Ich halte / es komme daher / weil man sich der Unwarheit zu einem solchen nicht versiehet. Du loser Balg / antwortete sie / schiltestu mich so kühnlich vor eine Lügnerin? Weistu nit / daß man die Nohtlügen mit unter die Warheiten rechnet? Doch sihe / habe ich nicht die lautere reine Warheit / ja noch viel zu wenig geredet / nur daß vor Herkules ich meinẽ Bruder genennet habe / welcher aber ja auch mein Bruder / ach ja mein herzallerliebstes Brüderchen und Tausend Schätzchen ist / mit welchem zehnmahl hundert tausend mal tausend mahl tausend Markomiren / und wann ihr gleich noch eins so viel währen / ich mit nichten vergleichen vielweniger vertauschen kan? Die Königin trat gleich zu jhr in das Zimmer / [198] machete jhr den Schluß zuwissen / und befahl jhr / daß gegen den Gesandten sie sich freundlich bezeigen solte / dessen sie sich willig erboht. Bey der Mahlzeit geschahe demselben nun alle Ehre / und wahr er gleich als verzukt über der Fräulein Volkommenheiten / kitzelte sich auch dergestalt in seiner Hoffnung / daß er schon festiglich gläubete / er würde seinem jungen Großfürsten die rechte Arzney mitbringen. Nach geendigtem Mahle hielt er bey dem Frl. an / ihm die Gnade eines absonderlichen Gesprächs zu verleihen; welches sie mit freundlicher Höfligkeit ablehnete / biß die Antwort auff seine Werbung ihm würde erteilet seyn. Des folgenden Morgens ward er wieder vor gefodert / da der Kanzler im nahmen der Königin die Danksagung vor geschehene ehrliebende Anwerbung wiederhohlete; und darauff anzeigete / ob zwar ihre Königl. Hocheit nichts liebers wünschete /als dz ihrem freundlichen lieben Oheimben / dem Großmächtigsten Könige der Franken und Sikambern / uñ dessen Herrn Sohn dem Durchleuchtigsten GroßFürsten Herrn Markomir / sie eine völlig klare Antwort erteilen und zuentbieten könte / so verursachete doch ihres freundlichen lieben Herrn Sohns Herren Ladislaen Abwesenheit ein wiedriges / und zwar aus diesem Häuptgrunde / daß das Fräulein demselben /als ihrem Herrn Bruder / vor mehr als anderhalb Jahren die äidliche Verheissung tuhn müssen / daß ohn dessen bewust und Einwilligung sie keine Heyrahtshandelung anstellen / vielweniger bestätigen oder schliessen wolte; Krafft deren äidesleistung man nun gehalten währe / die getahne wirdige Anwerbung demselben in fremde Lande eiligst zuzuschreiben /und gelebete man der gänzlichen Zuversicht es würde an anderer Seiten nicht allein solche verzögerung nit ungleich auffgenommen / sondern auch geduldet werden / wann etwa über verhoffen (wovon man doch daß allergeringste nicht wüste) der Großmächtigste König in Böhmen / Herr Ladisla / seine geliebete Fräulein Schwester schon anderwerts solte versprochen haben. Dem Gesanten wahr dieses eine unvermuhtliche Erklärung / ward auch so dutzig / daß er nicht ein Wort darauff antworten kunte; endlich zeigete er an / daß er alles wol verstanden / hätte doch gehoffet / eine glüklichere Verrichtung zu leisten / und mit einer höchstannehmlichen Gewißheit seine gnädigste Herren zuerfreuen. Worauff die Königin selbst zur Antwort gab; Geleistete äide verknüpfeten gar zu hart / welches vor dißmahl eine nähere Erklärung ganz nit zulassen wolte / solten aber die gütigen Götter diese Heyraht versehen haben / an welcher sie ihres teils auff ihres Herrn Sohns Einwilligung ein gutes Genügen haben könte / währe hernähst weiters hierüber zuhandeln /welches ihm vordismahl zur schlißlichen Antwort müste angemeldet seyn / würde es seinen Gnädigsten Herren bescheidentlich zuhinterbringen / vor geschehene gewogene Werbung zu danken / und ihren Gruß hinwie derumb anzumelden wissen. Hierauff muste Jungfer Libussa ihm eine statliche schwere Kette / mit angebundenen Kleinot einreichen und an den Hals legen / welche er mit untertähnigster Danksagung annam / hörete auch gegenwärtig an / daß die Königin ihrem Reichs Kanzler befahl eine gehörige Antwort auff den eingelieferten Begläubigungs-Brieff auffzusetzen / und dem Herrn Gesanten nach Verlauff einer Stunde einhändigen zulassen / damit derselbe an seiner Reise nicht gehindert noch auffgehalten würde. Klogio hörete solches ungerne / und zeigete an / es bestünde seine Reise nicht auff solcher Eilfertigkeit /und baht umb Freyheit / noch etliche Tage sich hieselbst auffzuhalten; welches jhm dann ganz willig gegönnet [199] ward. Diesen ganzen Tag schlug dieser sich mit Grillen / lies sich auch entschuldigen / bey der Königlichen Mahlzeit zuerscheinen / aber des folgenden Morgens hielt er abermahl umb ein absonderliches Gespräch bey dem Fräulein an / welches auff ihrer Fr. Mutter Bewilligung sie ihm gönnete. Da er nun auf ihr eigenes Zimmer zu jhr kam / und daselbst keinen weiblichen Zierraht / sondern Bogen / Pfeile /Schwerter / Harnisch und allerhand Pferdezeug sahe /wunderte er sich dessen nicht wenig / nam auch daher ursach / das Fräulein also anzureden; Wann ich nicht so eigen wüste / Durchleuchtigstes Fräulein / daß ich auff dem Königlichen Böhmischen Schlosse zu Prage bin / würde ich dieses Zimmer vor meines gnädigsten Großfürsten des unvergleichlichen Helden Markomir seine Gewehrkammer halten / auff welcher von seiner Durchl. ich Abscheid nam / als er mich hieher sendete / umb dieselbe Arzney jhm zusuchen / ohn welche seine fast ausgehellichte Seele ausser allem Zweiffel den wolgebildeten Leib bald verlassen wird; Ja /Durchl. Fräulein / gläubet / bitte ich / meiner Rede /welche derselben vorzutragen ich stark befehlichet bin / daß nemlich höchstgedachter mein gnädigster Großfürst durch das allerdurch dringendeste Feur eurer wunderschönen Aügelein in seiner Seele und allen Empfindligkeiten dergestalt entzündet ist / daß die hitzige Glut ihn bald verzehren und zu Asche verbrennen wird / dafern ihm nicht durch eben dasselbe raht geschaffet werden solte / was ihn so hart verletzet hat. Ach gnädigstes Fräulein / gebet / bitte ich / nicht zu /daß derselbe der Würmer Speise werde / der sich zu ihren gehorsamsten Diensten verlobet hat / und gebrauchet euch eurer angebohrnen Freyheit / welche eurem Herr Bruder keine Herrschafft über Eure Durchl. gegeben hat; ob dann gleich mein gnädigstes Fräulein in ihren kindlichen Jahren demselben aus Unverstande einen solchen äid geleistet haben möchte / so ist doch dieselbe meines ermässens daran mit nichten gebunden / insonderheit / da derselbe in fremden abgelegenen Landen sich auffhält / so daß man nicht eins weiß / an was Ort und Enden dessen Durchl. mag anzutreffen seyn. Er hatte diese Worte kaum ausgeredet / da klopffte eine des Frauenzimmers an die Tühr welche das Fräulein / weil sie gar allein bey jhm wahr / aufmachete / und etliche fremde Diener stehen sahe / so vier schwere Laden herzu getragen hatten / lieferten auch dieselben / als hätten sie dessen gute Freyheit / gar auff das Gemach; welche Kühnheit jhr nicht wenig zu hertzen ging / so daß sie sich nicht enthalten kunte / zu fragen / auff wessen Geheiß sie solches zu tuhn sich unterstünden. Welches Klogio der Gesandte also beantwortete: Durchl. Frl. es übersendet mein gnädigster Großfürst / Herr Markomir deroselben ein geringes Zeichẽ seiner Ergebenheit / untertähnig bittend / dieselbe solches mit gnädiger Gewogenheit annehmen / und dadurch sein nohtleidendes Hertze was beruhigẽ wolle. Herr Gesanter / antwortete sie mit einem Ernste / seyd ihr auff euer erstes Anbringen einer Antwort von mir gewärtig / so lasset alsbald diese eure unhöflichen Diener alle herzugetragene Sachen wieder hinweg in eure Herberge bringen biß auff weiteren Bescheid / dann es müssen solche unhöfliche Gesellen wissen / dz jhnen nicht erläubet sey / ohn meine ausdrükliche Zulassung / dieses mein Zimmer zubetreten / vielweniger mich so verächtlich zuhalten / daß auff meine Frage sie mich nicht eins einer Antwort gewirdiget; Werdet ihr aber solches nicht schaffen / werde ich schon die rechte Zeit wissen / mich dessen bey eurem Großfürsten zu beschweren. Klogio entsetzete sich hierüber / und mit einem Wink gab er seinen Dienern zuverstehen /[200] daß sie ohn Auffschub mit allen Sachen wieder hingehen musten / daher sie kommen wahren. Hernach fiel er in die flehe / und baht mit einem Fußfalle umb gnådige Vergebung / einwendend / daß er den groben Tölpeln solche Frecheit nicht befohlen hätte / er auch dieselben / da Ihre Durchl. es begehreten / deswegen am Leben straffen wolte. Das Fräulein richtete ihn freundlich auff / und antwortete ihm: Aus seinen Reden erkennete sie seine Unschuld / und solte hiemit alles vergeben und vergessen seyn; bald hernach gab sie ihm zu vernehmen / wie sie nicht unwillig wåhre sein Vorbringen zubeantworten / nur möchte sie zuvor von ihm gerne berichtet seyn / ob sein Großfürst Herr Markomir sie dann gesehen hätte / wie aus seinen Reden sie nicht anders muhtmassen könte. Ja /gnådigstes Fräulein / antwortete er / es wolle / bitte ich / Eure Durchl. sich gn. erinnern / daß vor ungefehr neun Wochen deroselben ein junger Ritter mit einem Purpur ReitRocke und langem weissen Federpusche im Gehöltze auff der Jagt ohngefehr begegnet / sie freundlich gegrüsset / und gefraget / ob sein Weg recht nach Prag zuginge; Worauff sie jhm mit einem kurtzen Ja geantwortet / und ohn verweilen dem Wilde nachgeeilet. Es kan seyn / antwortete sie / wiewol ich mich dessen kaum erinnere. Ist aber derselbe euer Großfürst gewesen? Ja / sagte er; und hat dessen Durchl. sich darauff XII Tage in Prag als ein schlechter Ritter auffgehalten / auch täglich Gelegenheit gesucht / ihr allerliebreizendeste Angesicht zusehen /worüber er vor unleidlicher Liebeshitze in eine gefährliche Krankheit gerahten ist / daß er sich also schwach hat müssen lassen nach seiner Heymat hinführen / ist auch sider dem nicht genesen / sondern des steiffen Vorsatzes verblieben / seinem Kummer durch den Tod die Endschaft zugeben; biß der König sein Herr Vater durch einen jungen ädelman / welchen der junge Großfürst hefftig liebet / die Ursach seiner Schwacheit in Erfahrung gebracht / und ihn heissen gutes muhts seyn / unter der verheissung / durchaus nichts zu sparen / biß er ihm diese wirdige Heyraht hätte zuwege gebracht / ob er gleich sein gantzes Vermögen dran setzen solte. Sehet / Gnädigstes Fråulein /einen solchen inbrünstigen Liebhaber hat dieselbe an meinem Gnädigsten Großfürsten / welcher meines ermässens verdienet / daß durch Euer Gn. Begünstigung sein Leben gerettet und dem frühzeitigen Tode entrissen werde. Es müste mir sehr leid seyn / antwortete das Fräulein / daß ein so ruhmwirdiger Fürst meinet wegen einiges Ungemach erleiden solte / weiß auch wol / daß meine ganz' geringe Schönheit der Wirkung nicht ist / einen solchen Fürsten in LiebesLeyden zu stürzen / sondern eine falsche Einbildung / oder sonsten ein schädlicher Zufal muß dieses bey ihm verursachet haben. Doch wie dem allen / so vernehmet /Herr Gesanter / meine Gewissens nöhtige Antwort auff euer erstes vorbringen. Ihr rahtet mir / ich solle meiner angebohrnen Freyheit mich gebrauchen / und wollet mir zugleich einbilden / der meinem Herr Bruder von mir geleistete äid verbinde mich nicht zum gehorsam dessen / was ich so teur versprochen habe. Zwar es mag der Herr Gesandter / angesehen meine Jugend und weibliches Geschlecht / mich vor so unverständig halten / als wüste ich diesem seinen Vorbringen nicht mit gültiger Wiederlegung zu begegnen; und gestehe ich gerne / daß meine Einfalt vielleicht nicht sihet / was verständigere sehen; aber daß ich gleichwol nicht gar in der Maulwurffs-blindheit liege / wird verhoffentlich meine kurtze Antwort in etwas Anzeige tuhn. Der Herr Gesanter erinnert mich meiner Freyheit / die ich Gott Lob von meiner Geburtsart habe; Ja [201] ich erinnere mich derselben ohndas selbsten /wolte sie auch nicht umb aller Welt Gut vertauschen /aber dieselbe heisset mich nicht / meines Herrn Bruders (welche nunmehr auch mein gebietender König ist) wolgemeyneten recht brüderlichen Willen (dessen ich gantz gewiß bin) zuverachten / oder vor nichts zu schätzen / sondern meine Vernunfft heisset mich vielmehr meine angebohrne Freyheit allemahl mit dem Zucht- und Tugendstabe zu mässen / und ausser derselben keine freyheit zu begehren. Ja Herr Gesanter / ich gebrauche mich meiner freyheit recht und gebührlich / indem ich mich von demselben nicht bereden lassen wil / etwas zubegehren / das nicht aus freyheit / sondern aus frecheit entspringen würde / wañ ichs tähte. Dann sehet weiter / ihr woltet mir gerne /weiß nicht durch was vor einen nichtigen blauen Dunst / einbilden / ich währe nicht schuldig meinen geleisteten hoch beschwornen äid zu halten; dann es währe in kindlichen Jahren geschehen / es währe aus Unverstande geschehen / und mein Herr Bruder und König währe nicht anheimisch / sondern in fremden Landen. Gnug lasset ihr euch dadurch vernehmen /daß ihr mich vor eine unverständige haltet / davor ihr mich ausdrüklich scheltet / und ich eurem Verstande zu gute halte; Aber heisset nach diesem eure Kinder die äide brechen / welche man Göttern aus wolbedachtem Muhte schwöret / und nicht mich / die ich von Jugend auff von meinen lieben Eltern zur Gottesfurcht angewiesen bin / keiner Götter zu spotten /sondern lieber zu sterben / als wider dieselben zu sündigen; Ja wagets vor euch selbst / und brechet die Gelübde den Göttern getahn / ich werde euch in dieser Lehre nimmermehr folge leisten; Habe ich dann in kindlicher Jugend den äid abgestattet / so habe ichs doch / ohn Ruhm zu melden / wol verstanden / was ein äid nach sich führet / und hätte ichs aus Unverstande getahn / so würde gleichwol diese Zeit her derselbe in etwas verringert seyn / da ich jhn noch diese Stunde vor verbindlich halte / und biß an meines Lebens Ende halten wil. Daß aber mein Herr Bruder nicht hier bey uns ist / so würde mich ein solches von dem Meinäide nicht befreyen / so lange ihr mir nicht dartuhn könnet / daß die Götter auch nicht bey uns seyn / bey welchen ich geschworen habe. Klogio wahr durch diese Antwort dergestalt beschämet / daß er kein Wort dawider reden kunte; endlich noch fing er an: Durchl. Fräulein / ist etwa ein verflogen unbedachtsam Wort aus meinem Munde mir entwischet /daß ich aus Kummer über meines Durchl. Großfürsten elenden Zustand nicht alles so genaue überlegen kan / bitte ich untertähnigst / mir solches gnädigst zu verzeihen; Und nachdem ich einen solchen hohen Verstand bey Eurer Durchl. Jugend finde / welcher in wenig grauen Häuptern zu suchen ist / so flehe dieselbe ich durch alle Götter an / vor meinen fast leztzügigen Großfürsten eine heilsame Arztney mir gnädigst mitzuteilen. Solte euer Großfürst meinet wegen in einige Ungelegenheit gerahten seyn / solches würde mich nicht wenig bekůmmern / sagte sie; und ist es euch ein Ernst / bey mir Raht zu suchen / so wil nach meinem geringen Verstande ich euch einen solchen mitteilen / welchen verhoffentlich kein Verständiger tadeln / und kein Mensch verbessern wird. Unterrichtet euren Fürsten / oder führet jhm zu Gedächtniß / daß ein jeder / er sey Fürst oder Baur / seinen Willen in der Götter Willen hinstellen / und mit deren Schickung allemahl friedlich seyn müsse / so daß wider deren Versehung er nichts begehren sol; Hat nun der Himmel mich diesem euren Großfürsten zum Gemahl ausersehen / als dann werden die Götter es fügen / daß mein Herr Bruder sich dagegen nit sperre; [202] würden aber die Götter mit eurem Großfürsten / wie auch mit mir ein anders vorhaben / alsdann wird unser keiner den Himmel stürmen / noch den Schluß der allwaltigen Versehung brechen können; ich meines teils versichere den Herrn Gesanten / daß kraft meines getahnen äides ich nicht anders fahren kan noch wil /sondern lieber tausend Seelen / wann ich sie hätte /mit meinem Blute außspeyen / als mich in der Götter schwere und unvermeidliche Ungnade stürtzen. O ein guter und heilsamer Raht vor einen vernunfftmächtigen Menschen / antwortete Klogio / aber wo die Liebesbegierden die Herschaft führen / da hilfft er zu nichts / als zum schleunigen Verderben. So muß auch ein Mensch lieber verderben / als wider die Götter sich aufflehnen / antwortete sie / und ist dieser Raht eurem Großfürsten nicht behäglich / müsset ihr euch nach einem bessern umtuhn / aber danebẽ wissen /daß wann eures Königes von euch angeführete Reden / zur Bedräuung solten gemeynet seyn / nehmlich / er wolle sein gantzes Vermögen dran setzen / mich seinem Sohn zu liefern; sage ich euch zu / daß eures Königes Vermögen / ja der gantzen Welt Macht nicht stark gnug sey / mich von der Götter gehorsam abzuschrecken / als lange ich solcher Gottlosigkeit durch einen ruhmwirdigen ehrlichen Tod vorkommen kan; und wil auff solchen unverhoffeten fall euch gewißlich nicht bergen / daß gleichwol hinter dem Berge auch Leute wohnen. Wil nun euer König weißlich handeln / wie er ja wegen seiner vorsichtigen Klugheit hochberühmet ist / so wird er meines Herrn Bruders Erklärung erwarten / ob gleich dieselbe sich in etwas verweilen dürffte / insonderheit / weil wir beyderseits noch so zu rechnen Kinder sind / und zu heyrahten Zeit genug vor uns haben; Dieses ist meine Erklärung / dabey bleibe ich beständig biß in den Tod. Ich muß mich damit befriedigen lassen / antwortete er / wie wenig Trost auch mein Fürst daraus zuschöpffen hat /nur wolle Eure Gn. meines Königes erbieten gegen seinen lieben Sohn nicht gefährlich ausdeuten. Eines aber hoffe ich noch zuerhalten / daß Eure Durchl. dieses von dero ergebenem Knechte geschriebene Brieflein gnädig anzunehmen jhr werde gefallen lassen; mit welchem Worte er solches einzuliefern bedacht wahr; dessen sie sich aber also wegerte: Es wil einem züchtigen Fräulein nicht anstehen / hinter ihrer Fr. Mutter Wissen von jungen verliebeten Fürsten / Briefe zu nehmen / aber wann er mir solchen in dero Gegenwart darbeut / und ihr Befehl mit zustimmet / bin ich darzu willig. Muste also der gute Klogio auch hieselbst einen blossen schlagen / und das Schreiben zurük halten / weil er ausdrüklichen Befehl hatte / es ihr in geheim beyzubringen; Und als er sahe / daß durch weitere Ansträngung er die Sache nur verderben würde /brach er nach kurzgenommenem Abscheid des folgen den Tages auff / voll Unmuht / daß er weniger als nichts verrichtet hatte. Sein Abzug wahr allen angenehm / und geboht die Königin auf der Fräulein begehren / den Böhmischen Herren / welche hierumb Wissenschafft trugen / ganz ernstlich / daß sie keinen Menschen davon sagen solten. Auff den angesetzeten Reichstag erschienen die Stände willig / denen die Königin durch Herr Bretisla ihren Kanzler vortragen ließ: es hätte ihr lieber geträuer Wenzesla ihren Sohn Herr Ladisla ohngefehr zu Rom angetroffen / da er desselben Tages neben seinem brüderlichen Freunde Fürst Herkules einen gefährlichen Kampff wieder XVI Räuber angetreten / aber durch ihre Mannheit /wiewol nicht ohn empfangene Wunden sich loßgearbeitet. Zwar sie hätte an ihren Herr Sohn inständig begehret / daß er sich eh ist einstellen / [203] und die Herschafft antreten möchte / aber die Ursach seines aussenbleibens würden sie aus seinem Schreiben selbst vernehmen. Hierauff zohe die Königin das grössere Schreiben hervor / und reichte es dem Kanzler / welcher es überlaut lase / daß alle Anwesende es deutlich vernehmen kunten:

Ladisla / Erbkönig in Böhmen / entbeut der Großmächtigsten Fürstin und Frauen / Frauen Heidewieg / gebohrner Groß-Fürstin aus Teutschland / gekr \neter verwittibter Königin in Böhmen / seiner Gn. Fr. Mutter / Kindliche Liebe und Träue bevor. Herzgeliebte Fr. Mutter /euer Schreiben neben übergeschikten Kleinoten und Wechselbriefen habe ich von Zeigern Wenzesla wol empfangen / bedanke mich kindlich der geleisteten mütterlichen Träue / und ist mir herzlich leid / daß mein Gn. Herr Vater / Herr Notesterich / König in Böhmen / diese Welt gesegnet / und durch einen leidigen Unfall seinen Untertahnen / Gemahl und Kindern von der Seite hinweg gerissen ist / empfinde doch daneben einen sonderlichen Trost aus obgedachtem Schreiben / daß das gantze Königreich der Woltahten meines Herrn Vaters höchstseel. eingedenke / mich ihren angebohrnen Reichs Erben von Herzen wünschẽ / und zu ihren König zu krönen begierig sind /welches zeit meines Lebens mit sonderlichen Gnaden zu erkennen ich mich schuldig befinde. Als ich aber ein hartverbindliches Gelübde in meinen äussersten Nöhten dem höchsten Gott Jupiter geleistet / daß zur Dankbarkeit vor die erwiesene Hülffe ich seine Kirche in Libyen zum Jupiter Hammon genennet / besuchen wolte / und daher in meinem Gewissen nicht ruhig seyn kan / biß ich mein versprochenes Opffer daselbst gegenwärtig geleistet / so zweiffelt mir nicht / es werde meine Fr. Mutter und die sämtlichen löblichen Stände meines Erb Königreichs ihnẽ solches gefallen lassen / insonderheit / weil der Durchl. Großfürst Herkules auff mein bittliches Ansuchen mich dahin begleiten wird. Weil ich dann nicht wissen kan /wie bald meine Reise möchte geendiget werden / und dannoch inzwischen das Königreich ein gegenwärtiges Häupt haben muß / als wird meine Fr. Mutter mit Zuzihung der grössesten Landes Herren (die im eingeschlossenẽ Zettel nahmhaftig gemacht) die Reichsverwaltung biß dahin geträulich handhaben / daß auff meine (so die Götter wollen) Wiederkunfft / dem gantzen Reiche deßwegen gebůhrliche Rechenschafft könne gegeben werden; im fall aber der Tod mich übereilen solte / ist meine geliebte Frl. Schwester / Frl. Valißka / die näheste Erbin /dessen sie mit keinem Rechte mag beraubet werden. Jedoch getraue ich den gütigen Göttern / sie werden inwendig zweyer Jahre frist mich wiederumb nach Hause bringen. Die mächtigen Rükhalter unsers Königreichs (da innerliche Empörung oder äusserlicher Krieg entstehen würde) weiß meine Fr. Mutter ohn mein erinnern / nehmlich den Großmächtigsten GroßFürsten der Teutschen /Herrn Henrich / wie auch den Großmächtigsten König in Schweden Herrn Haron / welche auff begehren ihnen keine Hülffe versagen werden. Empfehle hiemit mein geliebtes Reich / Fr. Mutter und Frl. Schwester dem Schutz aller Götter. Gegeben in Rom am XXIX Tage des Jenners / an welchem Tage vor XXV Jahren meine Eltern ihr Königliches Verlöbniß auff dem Schlosse zu Prag gehalten.


Ladisla.


Nach verlesung lies die Königin den Brieff in der Versamlung umbher reichen / nicht allein die Hand und das Pitschafft / zuerkennen / sondern es auch selbst durchzulesen / dessen sie sich alle wegerten /als welche an der Königin Aufrichtigkeit nicht zweiffelten / ausser einer / nahmens Herr Ninisla / besahe es hinten und fornen / lase und wiederlase es / und stellete sich dabey zimlich ungeberdig / welches den meisten Anwesenden sehr übel gefiel / daß endlich Herr Krokus / der ihm am nähesten saß / zu ihm sagete, Ob er etwas Zweiffel hätte / möchte ers ihm nur in vertrauen andeuten. Dieser antwortete / es könnte solches hernach geschehen / nur möchte man den Nebenzettel sehen lassen / auff welchem die ReichsRähte verzeichnet stünden. Es ward solches alsbald geleistet / und befunden sich diese Nahmen: Herr Bretisla wiederbestätigter Reichskanzler / Herr Zeches / Herr Wlodimir / Herr [204] Vorich / Herr Bela / bestätigte Land-Kriegs- und Schaz Rähte; Herr Krokus / Herr Bugesla / Herr Stanisla / Beysitzer. Ninisla hatte gehoffet / mit unter dieser Anzahl zu seyn / und als er ein wiedriges befand / hielt er an / daß etliche von der Ritterschafft /welche er mit Nahmen nennete / einen Abtrit mit ihm nehmen möchten. Es ward ihm solches gerne erläubet / weil die benenneten sich nur auff XIV Håupter ersträcketen / unter welchen seyn Sohn Urisla mit wahr. Als diese von den andern abgesondert stunden /fing Ninisla also an: Ihr meine liebe Herren und Anverwanten / was dünket euch bey dem abgelesenen Schreiben? Es ist zu Rom geschrieben / bey unsern und aller freien Königreichen abgesageten Feinden; es ist ein Befehlschreiben an alle Stände von einem der noch nicht zur Kron befodert ist; der Urschreiber setzet nach freiem Willen Vorsteher des Landes / und fraget die Stände nicht eins / da er selbst noch zur Zeit weder Stand noch Håupt ist. Uber daß komt mir das Schreiben an sich selbst sehr verdächtig vor / und klinget in meinen Ohren nicht anders als hätte Bretisla der stoltze Mann es selbst auffgesetzet; welches ich umb so viel mehr vor wahr halte / weil vor wenig Tagen mir ein reitender Bohte auß Rom begegnet /welcher auff meine Nachfrage nach neuen zeitungen /mich unter anderen berichtete / es währen zween junge fremde Ritter vor weniger Zeit in Rom von XVI Häschern nidergemacht / welche von dem Käyser befehlichet gewesen / dieselben als feindliche Kindschaffter gefänglich anzunehmen / weil sie aber sich nicht ergeben wollen / währen sie also nidergestossen. Was wollen wir nun tuhn / ihr meine Freunde / wollen wir schweigen oder reden? wollen wir das Vaterland verrahten oder retten? Zwar unsere Macht ist geringe /aber gebet mir Volmacht zu reden / und stehet fest bey mir / was gilts / wir wollen den Strik zureissen /damit man uns fesseln wil. Ninisla wahr bey dieser Rotte in grossem Ansehen / und däuchte sie sein Vorbringen der Wahrheit gemåß / daher sie ihm allen Beystand verhiessen; er aber alsbald Freyheit zu reden von der Königin begehrete. Der Kanzler wuste daß er ein Unruhiger und Ehrgeiziger Mensch wahr / redete mit der Königin / und auff deren Gutheissen antwortete er also: Ihr begehret gehöret zu werden / Herr Ninisla / und seid so kühn gewesen / in gegenwart unser allergnädigsten Königin und der Durchl. Fräulein / etliche eurer Anverwanten auffzufodern / und mit denen einen absonderlichen Rahtschlag zu halten / noch ehe dann unsere allerseits höchstgebietende Königin alle Notturfft vorgetragen hat. O sehet euch ja vor und machet euch nicht selbst Ungelegenheit; habt ihr aber etwas anzumelden / so lasset zuvor alles ungestöret geschehen / was unsere gnädigste Königin zu handeln willens ist. Also muste dieser ruhen / und zuvor anhören was der Alte wenzesla auff der Königin Befehl mündlich vortrug; er hätte auff gut Glůk seinen Weg auff Rom genommen / weil ihm sein Herz zugetragen / sein König würde daselbst anzutreffen seyn / welcher ihm auch bey seinem Einzuge in der Stad / auff der Gassen nebest Fürst Herkules begegnet / und ihn mit sich in ihre Herberge geführet / da sie bald darauff von XVI Dieben mit Schwertern überfallen währen /hätten sie aber durch ihre Krafft alle nidergeschlagen /und durch fleiß eines berühmten Arztes nahmens Galenus / währen sie an ihren Wunden geheilet / welche ganze Zeit ůber er ihnen auffgewartet / biß sie ihre völlige Gesundheit erlanget / und zu einer weiten Reise sich fertig gemacht hätten; ihr damahliger Römischer Wirt hiesse Sabinus / wohnete nicht weit von der Kirche [205] Pantheon / woselbst alles vorgelauffen währe; bey dem könte man sich erkunden / und stünde er hieselbst / den abscheuhlichsten Tod zu leiden / wo sichs anders verhielte. Ninisla begunte von seinem Gewissen geängstet zu werden / welches ihm Krokus rührete / da nach Wenzesla gehaltener Rede er ihn träulich warnete / sich wol vorzusehen / um weitern Verdacht zu meyden; er wüste daß ihm schon ungleiche Nachrede erwachsen währe / darumb daß er den König auff die Jagt gelocket / woselbst er erschlagen worden. Ninisla sagte zu ihm / er wolte ihm bald Genügen tuhn; stund auff und meldete dem Kanzler an /er und andere mit ihm / währen ihres zweiffels durch des alten Außreiters Erzählung entnommen / daß er nichts vorzutragen hätte / nur dz er hoffen wolte / man würde einen redlichen Freund des Vaterlandes seiner Freyheit nicht berauben / bey Reichsversamlungen etwas vorzutragen / dann ob er gleich in keinen Reichsamtern sässe / liesse er dannoch ohn Ruhm zumelden / ihm des Landes Wolfahrt ja so eiferig / als ein ander / angelegen seyn. Daran handelt ihr recht und löblich antwortete der Kanzler / und wann mit etliche tausend Kronen ich mich von meinem mühseligen Ampte loßkäuffen könte / wolte ich solches mit freuden tuhn. Jener taht / als ginge ihn diese Rede nicht an / sondern wendete sich zu Krokus / und gab vor; daß er seinen Weyland gnädigsten König auff die Jagt geruffen / währe auff dessen außdrüklichen Geheiß geschehen / und da jemand deßwegen ichtwas auff ihn zu sprechen hätte / solte er solches mit recht tuhn / als dan wolte er demselben redlich zubegegnen wisse; könte aber dannoch nicht unterlassen / es seuffzend zu beklagen / daß das Reich einen / und doch keinen König hätte; doch was die gesamten Stände vor gut achten würde / solte ihm mit gefallen. Dieselben nun / nach kurzer beredung / befahlen der Königin die oberste Auffsicht / und den acht genenneten Herren die Mitherschafft; als sie auch vernahmen /daß vielleicht ihr König noch wol zu Padua seyn möchte / oder zum wenigsten daselbst unter den Tohren Nachricht verlassen hätte / welchen Weg er eigentlich genommen / beschlossen sie / etliche ihres mittels dahin zu senden; zu welcher Reise dann Herr Ninisla sich gutwillig anerboht / aber den Bescheid bekam / die Königin mit zuziehung der Herren ReichsRähte wůrden schon wählen / welche sie darzu düchtig erkenneten da es ihn so bald als einen andern treffen könte. Als nun die ganze Versamlung voneinander gehen wolte / deutete ein alter vornehmer Herr /nahmens Pribisla an / er hätte der hochansehnlichen Versamlung etwas guter Meynung vorzutragen / da er sonst könte gehöret werden; und auff erläubnis fing er also an: Hochädle Herren und Freunde / wir tuhn recht und wol / daß wir unserm Erbkönige / dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herren / Herren Ladisla / durch Abgesanten unsern Gehorsam und untertähnigste Dienste anmelden wollen / welches auch seine Durchl. ohn zweiffel gnädigst annehmen und außdeuten wird; aber ihr meine Herren / auff was Art und Weise wollen wir solches verrichten? ists etwan gnug / daß die künfftige Herren Abgesanten / wer sie dann seyn werden / ihre Werbung mündlich vortragen /oder etwa ein Schreiben / von unser allerseits gnädigsten Königin / und den hochansehnlichen Herren ReichsRäthen versiegelt und unterzeichnet / zum Beweißtuhm mit sich nehmen? Solches wird ja niemand vor gut halten / der nur bedenket / daß unser Herr und König nit zu Prag auff dem Schlosse / noch in Teutschland bey seiner Fr. Mutter Herr Bruder dem Großmåchtigsten Großfürsten / sondern in der Wildfremde sich auffhålt / wo selbst seine [206] Durchl. eben so viel eigenes hat / als der geringste von unsern Dienern; warumb wolten wir ihn dann hůlffloß lassen /und nicht mit gebührlichen Königlichen Lebensmitteln versehen? Währe es anderst zurechnen / ihr meine Herren / als daß er sich mit unserm guten Willen aus seinem Eygentuhm verbannete / und dessen nicht eins zu seiner Notturfft zu geniessen hätte? Die Vernunfftlosen Bienen unterhalten ja ihren König / fliegen auß / uñ hohlen ihm daß allersüsseste ein; und wir wolten unsern König / da er / dem Böhmischen Nahmen Ruhm zuerwerben außfleuget / und uns als faule Hummeln im Stocke zehren lässet / ohn Mittel / ohn Gelder / und nöhtige zehrungskosten / darben und verderben lassen? Ich schäme mich / das Beyspiel der unflätigen Ratzen einzuführen / von denen die Mäusefänger melden / daß sie ihrem Könige den besten überfluß zuschleppen. So lasset uns nun die unvernünfftigen Tihre fragen / was Gestalt unsere Abgesanten vor unserm Könige erscheinen müssen / die werdens uns schon sagen / die werden uns dieses in die Ohren ruffen; eurem Konige ist weder mit süssen worten / noch bundgemahleten Brieffen / noch darstellung etlicher Bömischen Untertahnen gedienet; schaffet ihm / daß er seinem Stande gemäß leben könne / alsdan werdet ihr als rechtschaffene Untertahnen bey eurem Könige handeln. Damit ich aber nicht vor einen Großsprecher angesehen werde / der viel rede / und wenig tuhe / wolan / so habe ich zwar zween Erben / einen Sohn und eine Tochter / aber dieselben wil ich vor erst also versorgen / meinen Sohn Leches vermache ich meinem gnädigsten Könige zum Leibdiener / und meine Tochter untergebe ich meinem gnädigsten Königlichen Fräulein zur Magd und auffwärterin; hernach biete ich alle meine fahr- und liegende Haabe / Lehn und Erbe aus zukauffe / daß die Herrn Abgesanten das Geld davor meinem gnädigsten Könige mit übernehmen / damit seine Durchl. in der fremde nicht mangel leyde / sondern sich noch Bömischer Zusteuer zuerfreuen habe / und warte ich auff nichts anders / als daß sich ein Käuffer angebe / die lieferung sol auff erlegung der Gelder stündlich folgen. Die Versamlung schämete sich nicht wenig / daß sie dieses nicht zuvor bedacht / rühmeten Herren Pribisla Vermahnung / und erkenneten / sich ihm deßwegen verbunden seyn / traten zusammen / beredeten sich einer freywilligen Steuer / und wie hoch dieselbe sich erstrecken solte. Ninisla gab sein Bedenken / es möchten die Untertahnen sehr ůbel empfinden / daß man der gleichen ungewöhnliche Nebenschatzung ansetzen wolte / die Königliche Kammer würde ausser zweiffel wol mit so vielem versehen seyn / als ihr künfftiger König mit etlichẽ wenig Dienern verzehren würde / der vielleicht nur als ein schweiffender Ritter zu reisen gesonnen währe; jedoch könte er ihrem Gut dünken sich nicht wiedersetzen / nur dz er hoffete /man würde ihn damit verschonen / weil die Pannonischen Räuber ihn nit allein abgeplündert / sondern sein Gut reinweg gebrand / auch sein Weib / Kinder (ohn den ältesten Sohn) und alles Gesinde nidergeschlagen / ja ihm nichts als seine liegende Gůter und außstehende Gelder / übrig gelassen / davon er mit genauer Noht seinen Stand führen könte. Herr Bugesla gab ihm zur Antwort; es währe auff keine gezwungene Schatzung angesehen / sondern es solte Herrẽ /Aedlen / Bürger und Bauer frey gestellet werden / was sie tuhn oder nicht tuhn wolten; und solten redliche Leute aus allen Ständen erwählet werden / die alles /was eingebracht würde / auffheben / und dagegen einen Schein von sich geben solten. Hiemit wahr diesem wiederwertigen das Maul / aber nicht [207] der Unsin gestopffet / und schlossen sie / daß ihrem Könige / als lange er ausserhalb Landes seyn würde / jährlich 100000 Kronen / dieses erste Jahr aber alsbald eins so viel nach Padua solte übergemachet werden / auff daß er sich zur Reise desto besser außrüsten könte; macheten auch die drey erwähleten Beysitzer / als Herren Krokus / Bugesla und Stanisla aus / der Königin und dem Fräulein solches anzudeuten / doch daß Herr Pribisla als der erste nachsinnige Rahtgeber mit ihnen ginge. Die Königin erfreuete sich des erbietens höchlich / und versprach Pribislaen / ihr Herr Sohn solte es / wo nicht an ihm selbst / zum wenigsten an seinen Kindern zu verschulden wissen / dz er nicht allein den ersten Vorschlag getahn / sondern alle seine Güter dieser Behueff freywillig zukauffe außgebohten / und wolte sie ihn hiemit vor ihren geheimen Raht und Drosten erkläret / angenommen uñ bestätiget haben. Dieser aber antwortete hierauff: Allergnädigste Königin / ich wil nimmermehr hoffen / daß ihre Hocheit im sechs und siebentzigsten Jahre meines alters mich mit dieser unerträglichen Bůrde belegen wird; ich habe nunmehr XLVI Jahr aneinander dem Vaterlande unter bedienungen auffgewartet / uñ mir die unfehlbahre Hoffnung gemacht / ihre Hocheit würden mich anjezt aller solchen beschwerden gnädigst erlassen / weil ich mir gänzlich vorgenommen /hierumb untertähnigst anzuhalten; dann meine Schuldern sind nunmehr unvermögen / die Beine wanken /und ist nichts an mir / als der blosse Wille / welches nicht der Ruhe begehren solte. Ich habe aber einen Sohn / wie eure Hocheit weiß / der ist jung und stark /und hat fünff Jahr lang den ritterlichen übungẽ nachgesetzet / denselben wil ich meinem Könige zusenden / ihm auff der Reise auffwärtig zu seyn / oder da er schon fortgezogen ist / ihm zu folgen / auff daß er in der fremde einen angebohrnen Untertahnen zum Diener habe / dem er kühnlich trauen dürffe. Mein guter Pribisla / antwortete die Königin / ich erlasse euch /weil ihr lebet / meiner Dienste nicht / jedoch trage ich sie euch auch nicht auff / ob soltet ihr mit ungemach hieselbst arbeiten und aufwarten / sondern ihr sollet alle eure freyheit haben / und nach belieben / wie und wann ihr wollet / zu Hofe seyn / aber nicht desto minder eure Bestallung haben; und ob ihr solches nicht gerne annehmen woltet / müsset und könnet ihr mirs doch nicht versagen. Als die Königin ausgeredet hatte / trat das Fräulein mit der allerbewäglichsten freundligkeit zu ihm / hatte ein schönes Kleinot vorne an der Brust auffgehefftet / welches sie abreiß / und es ihm mit diesen Worten einreichete: Mein guter Freund Pribisla / hie wil ich euch dieses Pfand zu verwahren geben / als eine Handschrifft dieser Verheissung / daß wo mein Herr Bruder die Vergeltung eurer heutigen Träue zu leisten nicht erleben solte / ich an dessen stat treten / und das von meiner Fr. Mutter versprochene erfüllen wil. Der Alte bedankete sich der hohen Gnade / nam das Kleinot willig zu sich / und gab zur Antwort: O jhr Götter / lasset mich nur so lange leben / daß ich mit meinen dunkelen Augen dieses unvergleichliche Fräulein mag sehen zur Traue fůhren / und schicket ihr den wirdigen Bräutigam zu / alsdann wil ich nicht allein dieses Kleinot gebührlich wieder einliefern / sondern auff Ihrer Durchl. Beylager zwanzig Fuder Wein mit meinen Kosten aus Italien herbeyschaffen. Wie nun Pribisla? sagte sie hierauf / meynet jhr / daß ich euch dieses geringe auff so schweren Zinß leihen wolle? O nein / mein Freund / solchen Schacher-Handel treibe ich trauen nicht. Behüten[208] mich ja die G \tter vor solche Gedanken / antwortete er; es ist Euer Durchl. freygebigstes Herz mir gar zu wol bekant / nur bitte ich untertähnigst / dieselbe wolle ihres unwirdigen allen Knechtes Erbieten nicht verstossen / wie zu deren Gn. ich in aller Untertähnigkeit die feste Zuversicht trage. Wolan / sagte sie / so nehme ichs auff meiner Fr. Mutter Bewilligung gerne an / aber mit dem bedinge / daß wann nach der Götter Willen ich dereins verheyrahtet seyn werde / ich eure Tochter / wo sie noch ledig seyn wird / von dem meinen außsteuren / und sie nach Standes Wirde mit einem Gemahl versehen wil / dessen euer Adel uñ Freundschafft sich nicht schämen sol / dann mir ist nicht unwissend / daß sie ihrer Mutter wegen mir noch etwas verwand ist; solte sie aber schon verheyrahtet seyn / sol ihrem Liebstẽ das erste grosse Lehn in dem Lande verfallen seyn / in welchem ich wohnen werde. Pribisla bedankete sich untertähnigst dieses hohen Erbietens / und sagete: Jezt erfahre ich des alten Sprichwortes Gültigkeit / daß wer auff fruchtbaren Acker säet / zehnfachen Gewin zuerwarten habe. Euer Gn. aber ergebe ich mich samt allen den meinen zur beståndigen Gewogenheit / als lange sie uns untertåhnig-getråu spüren werden. Weil diese so redete /hielt die K \nigin Raht mit den gesamten ReichsRähten / was vor Gesanten zuerwählen wären / und hielt gänzlich davor / es wůrde den Ständen angenehm seyn / wañ man diese drey Herren darzu verordnete / nehmlich Krokus / Bugesla und Stanisla / welche sie als jetzige ihre Abgeschikten darzu gleichsam vorgeschlagen hätten; wie sie dann solches vor ein Zeichen sonderlicher Gnade auslegeten / und ihnen Volmacht gaben / hin und wieder zuschreiben / daß die gewilligte Geldhůlffe auffs schleunigste bey einander gebracht würde / weil man nohtwendig damit eilen müste / und auffs höchste nach Verlauff XII Tagen die Reise geschehen solte. Inzwischen verfertigte die Königin samt den Landständen ein Schreiben an Ladisla /wobey sie als Mutter noch ein absonderliches legete. Frl. Valißka wolte diese Gelegenheit nicht versäumen / setzete sich mit jhrer vertraueten Libussen auff ihr verriegeltes Gemach / daselbst muste sie ihr etliche Haar von ihrem Häupte schneiden / und weil sie mit dergleichen Arbeit wol umbzugehen wuste / ein mit Perlen durchseztes Armband machen; unterdessen nam sie die Feder zur hand / und setzete ein Brieflein an ihren Herkules auff / welches ihr nimmer gut genug dauchte / daher sie es wol dreymahl enderte /und endlich auff diese weise abschrieb.

Durchleuchtigster GroßFürst / hochwerter Herr Oheim und Bruder; wie schmerzlich euer Liebe außgestandenes Unglůk mich gequälet / so hoch bin ich durch dessen Endigung ergetzet worden / insonderheit / daß dieselbe dannoch mitten in dem Leyden der unverschuldeten Knechtschafft einige Vergnügung durch die Erkäntnis des einigen wahren Gottes eingenommen / welche zu fassen / ich hohes Verlangen trage. Der von zeigern dieses Wenzesla / übergebrachte schöne und sehr angenehme Ring ist mir wol eingelieffert / werde mich durch dessen stätiges anschauen euer Liebe geträues auffrichtiges Herz täglich vorstellen / und daß zur gebührlichen Dankbarkeit derselben ich mich schuldig halten muß / so daß / wie geschehener teurer Verpflichtung an meiner Seite noch kein Häärlein entgangen / ich hinfüro auff so fest beschwornen Grund / weder Werke noch Worte / noch Gedanken baue / als die euer Liebe können behäglich seyn. Dieses zu leisten / dessen mein Gewissen mir Zeugnis gibt / habe ich mich bißher beflissen / und wird sein einiger wahrer Gott / der auch mein Gott seyn sol / mir die Krafft verleyhen /diesem bestendigen Vorsatze so wenig Abbruch zu tuhn /als wenig ich mich selbst zu hassen oder zu schänden gesonnen bin. Die Kühnheit meines Schreibens wird eure Liebe durch meine Jugend entschuldigen lassen / welche ohndaß frevelkůhn ist / wie dessen daß geringschätzige beygefügete [209] (welches angenehm zu seyn ich wünsche) noch stärker bekräfftigen kan. Daß ich mich aber hierzu selbst bereden können / machet einig / daß ich seyn und bleiben muß / meinem höchstwerten Herkules / dem teuren GroßFürsten / zu ehren stets verbundene Valißka.

Dieses stellete sie dem alten Wenzesla in grosser Geheim mit diesen Worten zu: jhr wisset mein Freund / daß jhr mir neulich ein vertrauliches Schreiben von Fürst Herkules übergebracht / und habe ich seinem Begehren / so viel ich gekunt / gnug getahn / wie er aus diesem Brieffe sehen wird / welchen jhr jhm ohn einiges Menschen Beyseyn oder Anmerkung einhändigen sollet. In diesem versiegelten Büchslein aber ist ein Ring der in Blutstillung oft bewehret ist / welchen jhr jhm / also vermachet / einreichen / und meinetwegẽ jhn erinnern werdet / daß wo möglich / er meinen Herrn Bruder von der gefährlichen weiten Reise abmahne; dafern sie aber schon würden fortgangen seyn / alsdann stellet dieses alles Ritter Leches zu / daß ers in seiner Nachfolge mit übernehme. Nun hatte sie aber nicht allein gedachten Ring / sondern auch das köstliche Armband mit hinein vermachet / deswegen sie jhm solches so fleissig zu geträuen Händen befahl; nam hernach ein eingewickeltes sehr köstliches Brust Kleinot hervor / von 48. Demanten in gestalt eines Habichts gemacht / welcher in der rechten Klaue ein Täublein / in der linken / ein Zettel hielt / mit diesen Buchstaben: S.F.C. welche bedeuteten:Secura facilè capitur. Eine sichere wird leicht gefangen. Dieses solte jhrem Bruder H. Ladisla mit übergebracht werden /und daß ers wirdigen möchte / nicht allein brüderlich anzunehmen / sondern auch dereins schier seiner Liebesten zu schenken / welches / daß es bald geschehen möchte / jhr höchster Wunsch währe. Wenzesla bedankete sich der hohen Gnade / daß jhre Durchl. jhn solches zu verrichten wirdigte / versprach allen untertähnigen Gehorsam und Fleiß / und wie er nicht allein kurzweilig wahr / sondern sich einer heimlichen Liebe zwischen Herkules und dem Fräulein vermuhtete /fing er an denselben der gestalt zu rühmen / und nicht allein seine Tapferkeit / sondern auch seine Freundligkeit und Gestalt zu erheben / daß sie leicht merkete /zu was Ende dieses angesehen währe / ließ sich aber nichts vernehmen / sondern gab zur Antwort; es ist mir lieb / daß mein Herr Oheim und Bruder lobwirdig ist / möchte nur wünschen / daß er die weiten Reisen einstellete / und vielmehr sich nach Schweden erhöbe / damit sein verlobetes Königliches Fräulein / Frl. Schulda jhn schier wieder zusehen bekähme; welches sie so ernstlich vorzubringen wuste / daß diesem seine vorige Muhtmassung gänzlich benommen ward.

Es hatten die sämtlichen Landstände sich zimlich angegriffen / und drey Tonnen Schaz zusammen gelegt / welche auff Wagen geladen / und des folgenden Morgens / nachdem das Fräulein dem Alten das Schreiben eingehändiget / in Begleitung 500 Reuter /biß an die Römischen Grenzen fortgebracht wurden /und folgeten die drey Gesanten nebest Leches und Wenzesla / mit acht Dienern bald hernach. Gleich da sie das Römische Gebiet erreitheten / liessen sie jhre Manschaft wieder zu rücke gehen / zeigeten jhren Schein Brieff von der Königin auf / in welchem gebehten ward / diese jhre Leute samt bey sich habenden Wagen und Sachen frey und sicher nach Padua ziehen zu lassen / und gingen ohn Hinderung mit grossen Tagereisen fort / biß sie in einem Dörfflein / eine Meile von Padua gelegen / anlangeten / woselbst sie in ein Wirtshauß einkehreten / sich von Koht und Staub zureinigen / auff daß sie in gutem Ansehen den Einzug in die Stadt halten möchten. Sie frageten diese [210] einfåltigen Leute nach neuen Zeitungen / und empfingen Bericht / es würde folgendes Tages des Römischen Stathalters Tochter zu Padua mit einem fremden Herrn Hochzeit machen / wobey ein Ritterliches Stechen solte gehalten werden / und allen / so wol fremden als jnheimischen Rittern die Rennebahn erlåubet seyn; den Dank würde die Braut selbst neben anderen Römischen Fråulein austeilen / doch hielte es jederman davor / wann der Bräutigam und sein Bruder mit stechen solten / hätte kein ander Hoffnung / den Preiß zuerwerben, erzähleten daneben / was wegen Zerstörung des RaubNestes sich zugetragen / nur daß sie unserer Helden Nahmen dabey nicht meldeten. Hieraus verstunden die Gesanten / daß jhnen an der Eile würde gelegen seyn / damit jhnen die Herbergen nicht berennet werden möchten. Unter dem Tohr frageten sie nach der Königin geheiß / ob nicht fremde Ritter bey dem Tohrhüter verlassen hätten / daß / wann etliche Schreiben oder andere Sachen ankähmen / sie an bestimmete örter abgeleget werden solten; weil aber unsere Helden dieses aus der acht geschlagen / ward jhnen mit einem kurzen Nein geantwortet / womit sie auch zu frieden wahren / in Hoffnung / unter andern Tohren bessere Nachricht zu finden; ritten also die Gasse hin / biß sie auff den Markt kahmen / und der aufgerichteten Bilder gewahr wurden / ümb welche die kleinen Knaben und Mägdlein von drey biß zu sieben Jahren in grosser Menge als an einem Reihen tanzeten / und dieses Kinderliedlein sungen:


Die Helden haben Trost und Leben

Uns armen Kinderlein gegeben /

Und Räubers Frevel abgekehrt;


Drum wollen wir sie stets besingen /

Und lassen unser Lied erklingen

So lange Welt und Himmel wehrt.


Herr Krokus befahl Wenzesla näher zu reiten / ümb diese Bilder recht zu beschauen / welcher nicht allein aus der überschrift / sondern auch aus den bekanten Angesichtern die Warheit bald fassete / aber wegen Verwunderung hielt er als ein gehauenes Bild stokstille / wiewol sein Pferd anfing zuspringen / worüber die Kinder erschrecket wurden / daß sie mit einem Geschrey davon flohen. Etliche vornehme Bürger stunden auf dem Platze / und stelleten jhn zu rede / warümb er die Kinder so verjagete / uñ von jhrem wolzugelassenen Spiele abschreckete; woran er sich aber wenig kehrete / sprengete hinter sich nach seiner Geselschafft / und sagte zu jhnen: Ihr meine Herren / ich bringe euch das grösseste Wunder zur neuen Zeitung /dann entweder ist unser König und der junge Teutsche Großfürst in jene Bilder verwandelt / oder sie sind jhnen zu sonderlichen und unsterblichen Ehren auffgerichtet / dañ sie heissenHerkules und Ladisla die Fremden; Sie ritten ingesamt dahin / fundens also /und frageten die Anwesenden mit sonderlicher Freundligkeit / ob die Ritter / von denen dies. Bildnissen geno en währen / sich in der nähe auffhielten. Ward jhnen aber geantwortet / dieselben müsten aus abgelegener fremde kommen / denen solches unbewust wåhre; das grosse angelegete Werk gegen dem Stadhause über / würde auff Käyserliche Anordnung jhnen zur erblichen Burg erbauet / biß zu deren Verfertigung sie vieleicht bey dem Römischen Stathalter Herrn Fabius sich auffhalten würden; gaben jhnen auch Nachricht / welche Gasse sie reiten müsten. Aber Wenzesla hielt nicht vor rahtsam / unangemeldet bey ihnen einzukehren / weil sie vielleicht unerkennet seyn wolten / welches er muhtmassete / weil jhres Standes und Vaterlandes bey der Oberschrifft nicht gedacht ward zogen demnach diese Gasse zwar hin / aber sie wolten in eine Herberge nicht weit von des Stathalters [211] Wohnung einkehren / da jhnen doch der Einzug / mit vorwenden / das Hauß währe von andern Rittern besprochen / abgeschlagen ward; doch so bald Wenzesla anzeigete / sie wåhren Herrn Ladisla Diener / wurden sie mit sonderlicher Ehrerbietung auffgenommen. Ehe sie jhre Ankunfft anmeldeten / ersuchete Leches die Geselschafft / sie möchten seine Gegenwart verhehlen / er währe willens / sich als ein Unbekanter auf der Morgenden Steche-Bahn finden zu lassẽ / ob er etwa in seines Königes Gegenwart seine Ritterschafft zu prüfen Gelegenheit haben könte; welches sie jhm nicht allein gerne zu liessen /sondern auch Mittel zur nöhtigen Außrüstung gaben /mit Ermahnung / alles sein Vermögen anzuwenden /damit sein ganzes Vaterland durch jhn geehret würde / worauff er Abscheid von jhnẽ nam / und in eine abgelegene Herberge sich legete. Wenzesla aber ritte nach des Stathalters Hoff / ob er seinem K \nige jhre Ankunfft in geheim andeuten könte / traf einen prächtig-gekleideten ädel Knaben vor der Pforten an / welcher Tullius wahr / denselben baht er / die Mühe auff sich zu nehmen / daß er Herrn Ladisla eigenen Diener könte zusprechen bekommen; Derselbe / mein Herr /bin ich / sagte er / und wann bey seiner Gn. jhr etwas wollet bestellet haben / möget jhr mir solches befehlen. Es ist mir sehr lieb / antwortete er / und zeiget nur eurem Gn. Herrn in höchster geheim an / es sey einer / Nahmens Wenzesla / der jhn gerne sprechen wolte. Dieser lief geschwinde hin / fand jhn bey dem Frauenzimmer / uñ machete jhm das anbefohlne zu wissen worüber er sich entfårbete / in meinung / er würde so einsam von seiner Fr. Mutter und den Landständen auff das Hochzeitfest abgeschicket seyn; nam einen Abtrit / einwendend / Herr Herkules liesse jhn fodern / zu welchem er ging / und mit jhm abredete /daß sie Wenzesla einen Wink geben wolten / in etwa eine Herberge zu reiten / welches auch geschahe / und sie jhm auf dem Hueffschlage zu Fusse nachfolgeten. Die Gesanten hatten sich auff ein absonderliches Gemach gelegt / und wahr Wenzesla allein unten im Hause / der sie ehrerbietig empfing. Ladisla fragete jhn / wie er so einsam kähme / und ob niemand von den Ständen abgeschicket währe / auf seinem Hochzeitfeste zuerscheinen. Hochzeitfest? sagete dieser: ich versichere eure Gn. daß weder deren Fr. Mutter /noch einiger Mensch des allergeringstẽ von dieser hocherfreulichen Zeitung ichtwas vernommen; beklagete hernach sein Unglük / daß er so lange Zeit auff der Reise von Rom nach Prage zubringen müssen /und meldete der dreyer Gesanten gegenwart an / welche sich alsbald würden einstellen / wann sie nur wüsten / wovor jhre Durchl. sie bey andern ehren solten. Sie sollen / antwortete Ladisla / uns beyde gleich ehren; dann wer ich bin / ist nunmehr den Vornehmsten bewust / aber Herkules Vaterland sol aus gewissen Ursachen verschwiegen bleiben. Der Alte meldete jhnen solches an / daher sie alsbald mit gebührender untertähniger Ehrerbietung zu jhnen traten / und freundlich empfangen wurden / da Krokus also anfing: Unsere allergnädigste K \nigin / und gnädigstes Fråulein entbieten jhren Durchll. beyderseits Mütter-und Schwesterlichen Gruß / die såmtlichen Landstånde aber untertähnigsten Gehorsam; haben jhrer Durchl. höchstbeliebtes Schreiben / wiewol etwas späte empfangen / dero Gesundheit auch mit Freudenthränen verno en: und als die Landstånde berichtet sind / daß jhr Gnädigster König willens / sich eine Zeitlang in der Fremde aufzuhaltẽ / haben sie in untertähnigstem gehorsam damit friedlich seyn müsse /ob uns gleich in dieser Welt nicht liebers / als unsers Königes leibliche Gegenwart wåhre. Dieses jhrer[212] Durchl. anzudeuten / sind wir von höchstgedachten /unser Fr. Königin und dem Königl. Fräulein / dann auch den sämtlichen Landständen abgefertiget / und daneben dieses Schreiben nebest 300000 Kronen freywilliger Landsteur / behuef jhrer Durchl. Königlicher ausrüstung zu vorgenommener Reise / unterthänigst einzulieffern. Ladisla bedankete sich des übergebrachten Grusses / nebest angedeuteter Freude über der Landstände Gutwilligkeit / erkennete daraus jhre gewogene Herzen / welche zu vergelten / er stets wolte gefliessen seyn; brach das Schreiben / und fand dariñen / was gestalt sie alle mit einander seiner vorgenommenen sehr beschwer- und gefährlichen Reise halber gantz unmuhtig währen / und die Königin vor andern inständig anhielt / sich deren zu begeben / und durch abgeordnete das Gelübde abzulegen / damit sie der můhseligen Reichsverwaltung benommen / ihr angehendes Alter in Ruhe setzen / und den angebohrnen Erbherren erstes Tages möchte die Herschaft führen sehen. Nachgehends rühmete sie der Untertahnen Gutwilligkeit wegen der aufgebrachten Gelder / insonderheit was der alte geträue Pribisla dabey verichtet / und zu seines Königes Unterhalt alle seine Güter loßschlagen wollen / welches die Stände nur verhindert /und ihrem Könige / als lange er in der fremde seyn würde / jährlich 100000 Kronen überzumachen sich anerböhten. Die vorgeschlagene ReichsRähte währen alle beliebet / die Herschafft in gutem Wolstande /und so wol innerlich als äusserlich Friede und Ruhe. Als er alles gelesen / lieferte ihm Wenzesla wegen der Fräulein das Brust Kleinot mit eben den befohlenen Worten; Worauf er zur Antwort gab: Meine Frl. Schwester wird vielleicht einen WarsagerGeist haben / daß gleich diesen lezten Tag vor der Hochzeit sie mir solches anbefihlet / welches nach jhrem Begehren fleissig sol verrichtet werden. Inzwischen wartete Herkules mit grossem Verlangen / was vor Zeitung er von seinem Fräulein haben würde / und ob er schrifftlicher Antwort gewirdiget währe; hatte aber noch keine Gelegenheit / Wenzesla abzufodern / dann es wahr Ladisla in voller Erzählung seiner Heyraht begriffen / dem sie alle fleissig zuhöreten / und ihm darzu Glük und Segen wünscheten. Nun wolte gleichwol der Alte seine Werbung bey Herkules gerne ablegen / darumb gab er vor / er währe von der Königin befehlichet / etwas absonderlich mit jhm zureden; ging auch mit ihm aus dem Gemache / nam das Schreiben nebest dem versiegelten Schächtelchen hervor / und sagete zu ihm: Durchl. Fürst / das mir anvertrauete Schreiben habe ich an gebührlichen Ort nebest beygefügetem Ringe geträulich eingeliefert / und wird ohn zweiffel das Fräulein alles seinem begehren nach / verrichtet haben / krafft dieses Schreibens Anzeige; sonsten habe ich gnädigsten Befehl / ihre Durchl. von meinem Gn. Fräulein freundlich zugrüssen / und daneben anzudeuten / daß sie in diesem versiegelten Büchslein derselben einen Ring übersende / dessen Krafft in der Blutstillung treflich bewähret sey; schließlich auch / daß das Durchl. Königl. Fräulein in Schweden höchlich wünschen solle / ihren verlobeten Fürsten / Herrn Herkules schier zu sehen; möchte daher seine Reise auffschieben / uñ dieselbe vorher zu besuchẽ unbeschweret seyn. Wie erfreulich ihm das empfangene Schreiben wahr / so fremde kahmen ihm die lezten Reden vor / merkete doch bald /daß sie selbst unter dieser Bemäntelung jhre eigene Begierde ihn zu sehen / hätte anzeigen wollen / daher er sich ihrer Beständigkeit übrig schon versicherte /stellete sich doch allein in einen Winkel / uñ nach Verlesung des Briefes / als mit inniglichster Vergnügung überhäuffet / gab er zur [213] Antwort: Mein Freund Wenzesla / eure fleissige Verrichtung hat meine Frl. Schwester mir gerühmet / welche zu seiner Zeit ich unvergolten nicht lassen werde; der meiste Inhalt dieses Briefes ist / daß die Fr. Königin samt dem Fräulein mich hart ansträngen / ich möge meinen Bruder Herrn Ladisla von der gefährlichen Reise abwendig machen / welches ich schon auff einen guten fuß gesetzet / und seine Heyraht zu dem ende aus allen Kräfften befodert habe; zweifele auch nicht / ich werde ihn endlich bereden / meinem ansuchen stat zu geben. Eben dieses bey Euer Durchl. zuwerben / sagte er / hat mein Gn. Fräulein / und Königl. Hocheit selbst mir anbefohlen / unter welchem Scheine Eure Durchl. ich auch abgefodert habe. Gingen hiemit wie der hin zu den andern / und hielten mannicherley Unterredung / da die Gesandten / Herkules / der Königin / der Fräulein / und gesamten Landstände Gruß und untertähnigste Dienste anmeldeten / uñ dz er in ihres Königes geträuer freundschafft wie bißher / beständig verbleiben möchte / dann würden sie dereins bey Beherschung ihrer Reiche keine ausländische Macht zu fürchten haben. Auff welches Vorbringen er wegen des beschehenen Grusses sich anfangs kind-brüder-und freundlich bedankete / hernach anzeigete / wie er seinem geliebeten Bruder Herrn Ladisla durch so unzähliche brüderliche Bezeigungen dergestalt verpflichtet währe / daß er Gottes Straffen billich zubefürchten hätte / wann durch einige Widerwärtigkeit oder Furcht er sich von seiner Freundschaft anwendig machen liesse. Aber / sagte er / es wundert mich höchlich / daß unsere Fr. Mutter die Königin meines Bruders Heyraht noch allerdinge unberichtet ist / angesehen vor sieben Wochen schon deroselben es bey eigener reitender Botschafft zuwissen gemacht worden / und wir über das zum andern mahl geschrieben /welches / da es recht zugienge / auch schon bey eurem abreisen müste eingeliefert seyn. Wenzesla antwortete / sein eigen Beyspiel lehrete / wie leicht einem einzelnen Bohten auff so weiten Reisen / langwierige Verhindernissen einfallen könten / und möchte vielleicht wol alsbald nach ihrem Abzuge der Bote angelanget seyn; wie er auch hieran nicht fehlete; dann Ladisla erster Abgeschikter wahr mit dem Pferde auff der Reise gestürzet / und hatte ein Bein und einen Arm zubrochen / daß er sich etliche Wochen verbinden lassen müssen; jedoch kam er des andern Nachmittages nach der Gesanten Abreise / zu Prag an / ließ sich bey der Königin angeben / und lieferte ihr diesen Brief von ihrem Sohn Ladisla ein:

Herzgeliebte Fr. Mutter; ich kan nicht ümhin / euch mit frölichem Herzen zu vermelden / was gestalt durch sonderbahre Schickung unser gütigen Götter mit dem Durchleuchtigen Hochgebohrnen Fräulein / Frl. Sophia Fabiin / des Hochmögenden Herrn / Herrn Q. Fabius /Römischen Stathalters zu Padua Frl. Tochter / auff jhrer Hochansehnlichen Eltern und meines lieben Bruders Herkules Bewilligung ich mich ehelich eingelassen und versprochen / auch willens bin / auff schier kůnfftigen XVII Tag des Brachmonats / das Hochzeit fest Fürst- und gebührlich anzustellen; wann denn ich nicht zweifele /eure Mütterliche Hulde werde hierin gerne einwilligen /und dieses Fräulein / in betrachtung jhrer Tugend und sehr hohen Römischen Geblütes / vor eine künfftige Schwieger Tochter unwegerlich auff und annehmen /und aber zu bevorstehendem Ehrenwerke nicht geringe Kosten erfodert werden / als gelanget an die Fr. Mutter mein Kindliches ersuchen / mir mit etwa 150000 Kronen beyrähtig zu seyn / damit ich mein Vermögen der hochansehnlichen Freundschafft meiner herzgeliebeten Fräulein / dartuhn / und nicht nötig haben möge / daß aus derselben Beutel (deren Heyrahtsgelder sich über 1200000 Kronen erstrecken) alles bezahlet werden dürf fe; k \nte ich dann daneben das Glük haben / daß meine herzgeliebte Fr. Mutter / oder auffs wenigste (woran ich nicht zweifeln wil) meine Frl. Schwester [214] auff angesetzetes Heyrahtfest allhier erscheinen würde / solte mir ein solches die höchste Vergnügung bringen. Ich gelebe der Zuversicht / meine Fr. Mutter werde mich keine Fehlbitte / wo i er möglich / tuhn lassen / welche nebest meiner auch herzgeliebeten Frl. Schwester von meinem Herkules Kind- und Brüderlich gegrüsset wird; dessen Vergnügung über meine Heyraht / aus beygelegeten Beylager-Getichten (wahren die / welche am 113 und folgendem Blade stehen) kan erkennet werden. Geschrieben zu Padua am XXII. Tage des April Monats / von Eurer Mütterlichen Gnaden gehorsamstem Sohn Ladisla.

Die Königin ward dieser Zeitung überauß hoch erfreuet / ließ die ReichsRähte und Herren Pribisla vor sich ruffen / und sagete zu ihnen: Geliebte Freunde /ich habe von eurem künfftigen Könige meinem herzliebhen Sohne ein beliebtes Schreiben empfangẽ /welches allen Schrecken des kaum vergangenen grausamen Donnerwetters mir benommen hat / möchte zwar wünschen / daß unsere Gesanten noch alhie währen / doch werden wir sie nicht dürffen zurük fodern / wann sie nur der verspochenen Eyle sich erinnern möchten; reichete ihnen hiemit das Schreiben /dessen Inhalt ihnen grosse Vergnügung brachte / und fragete Pribisla / warumb das Fräulein nicht gegenwärtig währe. Ach / sagete die Königin / ihre Abwesenheit machet / daß meine Freude nicht recht loßbrechen kan / massen sie heut früh mit etlichen Jägerknechten und Reutern hinaus auff die Jagt geritten /und noch nicht zu Hause kommen ist; fürchte sehr /daß sie etwa von dem Gewitter beschädiget / oder sonst zu Unfal kommen sey; das leidige Jagen ist ihr ja von ihrem höchst Seel. Herr Vater leyder angeerbet / wovon sie nicht kan abgehalten werden / dessen ich mich nicht wenig bekü ere. Niemand wolte sie mißtrösten / nur daß sie alle wünscheten / ein Mittel zu erfinden / daß das Fräulein von dieser Ubung könte abgezogen werden / und hielt der Kanzler vor rahtsam / dz etliche außgeschickt würden / ihr nachzuforschen / ob sie irgend wegen des harten Donnerwetters sich in einem Dorffe verspätet haben möchte. Als sie noch hievon redeten / trat sie mit ihren pfützenassen Kleidern ins Gemach / und gab durch ihre todten-bleiche Farbe gnug zu verstehen / daß es nach ihrem behagen nicht ergangen wahr. Die Mutter empfing sie mit zimlich harten worten / und sagte; Geliebtes Kind / wie machestu mir doch so mannichley Angst und herzleyd mit deinem verfluchten Jagen; bedenke doch daß mein geliebter Sohn Herkules auff der Jagt gefangen / ja dein Herr Vater gar drauff umbkommen / und sein Leben elendig eingebüsset hat; drumb so laß doch ab von dieser / meines erachtens / unlustigen und gefährlichen Lust / damit ich nicht mehr Bekümmernis daher einnehmen dürffe. Das Fräulein ward bestürtzet / daß in der ReichsRähte gegenwart die Mutter ihr so hart zuredete / daher sie anfangs bedenken trug / ihre außgestandene grosse Gefahr zuerzählen; die Königin aber fuhr also fort: Wie sehe ich dich so bleich / naß und Ungestalt / mein Kind? gilt wo du nicht in Lebensgefahr gestecket hast / und mit grosser Mühe erhalten bist? davor ich dann den Göttern billich danke. Ich weiß fast selber nicht / herzliebe Fr. Mutter / antwortete sie / ob ich den heutigen Tag / unter die Glüklichen oder Unglüklichen schreiben sol; sonst muß ich wol gestehen / daß mir Zeit meines Lebens / Wetter und Menschen nie so hefftig / als eben heut zugesetzet / so daß ich mich wundere / wie ich der grausamẽ Verfolgung habe entgehen können. Die Königin entsetzete sich vor solcher Rede / hub die Hände auff gen Himmel und sagete; Nun ihr hülffreichen gütigen Götter / ich danke euch vor diese heutige Rettung /und daß ihr der unbedachtsamen Jugend eure kräfftige [215] Hand habt bieten wollen; wirstu mir aber nach diesem das Reiten und Jagen so hefftig treiben / soltu nicht sagen / daß du mein Kind seist / dann du gönnest mir ja fast keinen ruhigẽ Tag / daß ich deinet wegen nicht in Sorgen stehen müste. Ach / Gn. Fr. Mutter / sagte sie / eyfert euch nicht so sehr / und verzeihet mir die bißher begangene Fehler; ich wil nach diesem schon wissen mich zumässigen / zweiffele auch nicht / der Himmel selbst / und meine ärgesten Feinde zugleich /haben mich hievon heut diesen Tag abschrecken wollen. Die Anwesende sämptlich bahten solches zuerzählen / sie aber ging zuvor nach ihrem Zimmer / und muste Libussa ihr ganz andere Kleider anzihen / welche auff ihrem zarten Leibe noch zimlich viel Koht sehend / zu ihr sagte; wie gehet diß zu Gn. Fräulein? hat dieselbe sich mit den Säuen im Mistlachen gewälzet? O mein liebes Kind / antwortete sie / was vor einem unsäglichen Unglük und verderben bin ich heut entgangen! Himmel / Erde und Wasser haben mich vertilgen wollen / so daß ichs vor ein Wunder rechne /und mir selbst kaum trauen darff / daß ich lebendig alhier wieder angelanget bin. Diese wolte alsbald alles verlauffs berichtet seyn; aber sie befahl ihr mit nach ihrer Fr. Mutter Zimmer zugehen / da sie alles vernehmen würde / wo sonst der Schrecken ihr so viel Verstand und Worte übrig gelassen hätte / daß sie alles in die Nachdanken fassen und außreden könte. Als sie nun zu ihrer Fr. Mutter sich nidergesetzet hatte / fing sie also an: Hat der Himmel mich heut gerettet / so hat er mich nicht weniger geschrecket daß ich gänzlich davor halte / die Göttliche Versehung habe mir zeigen wollen / wie hart sie dieselben angreiffe / die ihrem Grimme unterworffen sind. Als ich heut früh mit meiner Geselschafft außritte / warnete mich ein alter Pfaffe / ich solte zwar Hasenart nicht hindan setzen / aber doch der Entvogel Weise fleissig in acht nehmen; welches ich nicht verstund noch groß achtete / biß die Noht michs rechtschaffen gelehret /und an die Hand gegeben hat. Vor erst wolte mein Pferd sich weder satteln noch zäumen lassen / biß ichs zum Gehorsam prügelte; und als ichs ůber die Brücke ritte (hie warnete mich der Pfaffe) sträubete es sich hefftig / stund als ein verschüchtertes Rehe / und hielt sich nicht anders / als ob es über ein Feur hätte gehen sollen, ich hatte fast immer an ihm zu stossen und schelten / biß ichs ihm endlich můde machete / daß es Gehorsam leistete. Etwa eine halbe Meile von der Stad sties ich auff ein artiges Rehe / dem ich mannichen Pfeil nachschikte / ehe sichs legen wolte / und wie es den Tod im Herzen fühlete / fiel es mit so erbårmlichen Geberden nider / daß michs höchlich jammerte. Bald darauff ward ich etlicher Reuter gewahr /die mit verbundenen Maul und Wangen / daß man sie nicht keñen solte / zerstreuet umbher ritten / worůber ich in Argwohn eines Auffsatzes geriet; wie auch meinen Reutern und Jägerknechten nicht wol dabey wahr / und mich warneten / ich solte mich wieder zurük zihen / weil sichs ohn daß zum schweren Wetter ansehen liesse; taht ihnen auch folge / hies das Rehe auff den mitgeführten Karren legen / und nach der Stad eilen; aber ehe ich michs versahe / wahr ich umbgeben / und zählete XII auff vorgemeldete Weise vermummete Reuter / welche mir nach schrihen / ich möchte stille halten / und so hart nicht eilen / sie wolten meine geträue Begleitsleute seyn / und mich an Ort und Ende führen / da mir besser bey einem jungen Bräutigam / als bey der altẽ Mutter seyn würde. Meines lachens wahr hie nicht viel übrig / insonderheit /als ich sahe / daß ihrer sechse auff meine Leute zusetzeten / und sie alle in stücken hieben. O mein herzen Kind rief die Königin / schweige [216] schweige / und laß mich ja bey leibe kein grösser Unglük hören. Aber Pribisla redete ihr ein / Ihre Hocheit möchte sichs gefallen lassen / daß das Fräulein alles anzeigete / weil sie durch der Götter Hülffe entrunnen / und alhie frisch und gesund wieder ankommen währe. Meine Reuter und Jägerknechte / fuhr das Fräulein fort /wahren hiemit auffgeopfert / und hatte ich noch drey Pfeile im Vorraht / deren ich mich zugebrauchen bedacht wahr; weil sie aber den Weg nach der Stad zu /gar verlegeten / und zugleich mir auff den Leib rücketen / zog ich von Leder / und suchete mit Gewalt durchzubrechen / wie ich dann ihrer drey also zurichtete / daß sie es nicht nachsagen werden / bekam auch hiedurch so viel Lufft / daß ich aus ihrem Gedränge mich loßwickelte / und das freye Feld einnam / der Hoffnung / ich würde nunmehr gewonnen / und meine Seele gerettet haben / und ob gleich das grausame Donnerwetter schon angangen wahr / daß der Blitz alles feurig scheinen machete / liessen doch jene so wenig nach / mich zuverfolgen / als ich mich bemühete auszureissen; doch hatte ich diesen Vorzug / daß mein Pferd schneller von Schenkeln wahr / und einen guten Vorsprung in kurtzer Zeit gewan. Aber umb Verzeihung / sagte sie / daß ich mein mattes Hertz zulaben genöhtiget werde; stund auff / und taht einen guten Trunk aus ihrer Fr. Mutter Becher / da die Königin unterdessen sagete: O Kind / Kind / wann der Hi el sich dein nicht erbarmet håtte / würdestu ohn zweifel schon tod oder geschändet seyn / und hat wol niemand als dein Schutz Gott deinem Pferde so gerade Füsse gemacht. O nein Herzen Fr. Mutter / antwortete sie / der Himmel hat mich in das grösseste Unglük gestürzet / massen wie ich in vollem rennen wahr / und mein gutes Pferd nicht anders als ein Vogel daher flohe / taht der Himmel einen hefftigen Doñerschlag / daß der feurstrahlende Keil in eine hohe Eiche fuhr / und dieselbe mitten voneinander spaltete / wandte sich hernach zur seiten / und ging dergestalt unter meinem Pferde her / daß ihm das rechte Vörder- und linke Hinter-Bein ober dem Knie glat abgeschlagen ward / und ich mit ihm zur Erden stürzete / dessen meine Verfolger sich höchlich freueten / überfielen mich auch / weil ich unter dem Pferde mich nicht loßarbeiten kunte / und nahmen mich /wiewol mit zimlich freundlichen Worten gefangen. Mein Schwert / Bogen und Köcher ward einem zur Verwahrung eingeliefert / mich aber nam ein ander vor sich auffs Pferd / und begunten mit mir fortzuzihen / da wir inwendig einer Stunde an die Molda kahmen / und ich auff meine frage / wohin sie mich dann zu führen willens währen / keine andere Antwort bekam / als / mein Bräutigam (welches sie aus auffrichtiger Einfalt erzählete) würde diese Nacht sich so freundlich gegen mich erzeigen / daß mich von ihm zu scheiden kein Verlangen tragen würde. Es wahr mir solches eine verdächtige Rede / daher ich alle meine Gedanken anwendete / wie ich mich loßmachen könte. Nun sahe ich von ferne VI ledige Baurenpferde in der Weide gehen / und ritten wir in einem tieffen Wege /da nur zween bey einander her zihen kunten / hatten uns auch schon von der Molda hinweg gewand und die Heerstrasse erreichet / da mein Führer stille hielt /und von seinem Gesellen ein Leilach foderte / in welches er mich ganz einhüllen wolte / damit ich unerkäntlich währe; ich aber ward meines heimlichẽ Dolches eingedenk / zog ihn unvermerket aus / drückete ihm denselben ins Herz / daß er ohn Wortsprechen vom Pferde stürzete / und schwang ich mich glüklich auff das hohe Ufer des engen Fahrweges /daß mir kein Pferd folgen kunte / lief darauf / so schnel ich muchte / [217] nach den obgedachten Bauren Pferden / setzete mich auf deren eines / und rante Spornstreichs gleich auf die Molda zu. Die hintersten Reuter wahren meiner Flucht zeitig inne worden / hatten sich ümgewand / und bearbeiteten sich / mir den Weg abzuschneiden; mir aber fiel zwar zum gefährlichen / aber doch gutem Glücke des alten Pfaffen warnung ein; und da ich nach der Hafen art durch das Feld davon zufliehen keine mögligkeit sahe / nam ich der Entvogel gebrauch an mich und setzete gerade auf die Molda zu. Am Ufer kam mir ein erschrekliches grausen an / dann der schnelle Strohm bildete mir nicht allein den gewissen Tod vor die Augen / sondern das hohe Ufer / von welchem ich etliche klafter hinab sahe / machte mich verzaget / daß ich den Sprung nicht wagen durffte / hielt also stille / biß die leidigen Verfolger sich naheten / denen ich zurief / sie solten mich meines weges ziehen lassen / oder ich wolte mich ins Wasser stürzen; welches sie auch ein wenig stutzen machte / daß sie anfingen mir gute Worte zu geben / vorwendend / sie sucheten ja mein Verderben nicht / ich hätte mich des allergeringsten nicht zu befürchten / meine Wolfahrt bestünde in diesem / wann ich mit jhnen unwegerlich fortzihen würde; aber dieses wahr noch lange die rechte Lokpfeiffe nicht / sondern ich fragete besser nach / was vor einen Bräutigam sie mir dañ vorschlügen / solten sie mich wissen lassen / alsdañ würde ich mich erklären können. Dieses anzudeuten wahr jhnen ungelegẽ /ümsetzeten mir meinen Weg / daß ich weder zur seiten noch hinterwarz fliehen kunte / sondern bloß nur der tieffe Fluß mir offen stund. Die übrigen Reuter kahmen auch angestiegen / deren einer von ferne rief /sie solten mich anfassen / es hätte nichts zu bedeuten /daß ich mich in das Wasser stürzen würde. Nun muß ich bekennen / daß ich sehr zweiffelmühtig wahr /dann weil ich des Schwimmens aller dinge unerfahren / sahe ich auff solchen Fal / daß ich mich in den Tod stürzen würde / jedoch / weil jhrer viere zugleich von den Pferden stiegen / und auf mich zudrungen / fassete ich eine kurze Erklärung / sahe gen Himmel und rief mit andächtigem Herzen; du warhaftiger Gott /wie du auch heissest / hilf mir aus der Wassers Noht /wie du mich von dem Donnerkeil und diesen Räubern hast erlöset; und als diese Buben gleich nach mir griffen / wagete ich den sprung frisch zum Ufer hinab / da der Wind und unter meine Kleider mich fassete / und mich wol VI grosser Schritte hinein führete / daß ich schon daher schwam wie ein Entvogel / wiewol die augenblikliche Wasserkälte auf den heissen schweiß mir gar ungewohne taht. Es dauchte mich ein Spielwerk seyn / so lange meine Kleider trocken wahren /und der Strohm mich nicht fassete / aber hernach galt es trauen todes Angst; ich hatte wol ehmals schwimmen gesehen / aber es wolte mir nicht fugen / massen wann ich mit den Füssen zuschlagen anfing / zogen sich meine durchnetzeten Kleider zusammen / daß ich nur drinnen verwickelt ward. Bald darauf geriet ich in den Strohm / der mich über und über purzelte / und ich mich dem Tode gutwillig er gab / nur daß ich mich scheuhete / das unreine Wasser zu trinken / und daher meinen Mund feste zuhielt / biß ich das Häupt ausserhalb Wassers merkete / dañ schöpfete ich Lufft / und durch dieses Mittel entging ich dem hefftigsten Strom / in dem ich mit den Füssen unterwarts / und mit den Händen nach dem andern Ufer zu arbeitete /biß ich an einen Sandhügel geriet / da mir das Wasser nährlich an den Leib reichete / und ich fein aufrecht stund mich auszuruhen. Meine Verfolger hielten am Ufer und rieffen mir zu / ich solte mich ja nicht durch die Flucht von dem gefasseten Stande lassen abtreiben / das [218] Wasser währe an der noch übrigen seiten unergründlich / darinnen ich ohn alle Hülfe ersauffen müste; es hätten jhrer etliche sich fast ausgezogen /die mir nach schwimmen / und mich retten solten. Als ich diesen unangenehmen Trost hörete / rief ich die himlische Hülfe zum andern mahle an und sagete; du Gott / der du bißher mein Schiff / Ruder und Steurman gewesen bist / gib nicht zu / daß die mehr als halb geleistete Rettung an mir vergeblich sey. Wagete mich also mit Trost vollem Herzen wieder fort /arbeitete auch auf die vorige weise / daß mir der Mund stets ausserhalb Wassers blieb / daher ich Gottes unfehlbaren Beystand spürete / und nichts höhers wünschete / als daß dieser mein hülfreicher Gott mir bekant seyn möchte / ümb jhm meine Dankbarkeit sehen zu lassen. Es wehrete mein after schwimmen zwar noch eine gute weile / doch ehe ich michs versahe / stieß ich mit einem Fusse wieder den Grund /daß ich den übrigen Weg im Wasser gehend endigte /und Gesund ans trokne Ufer trat. Hie sahe ich mich erst kühnlich umb / und ward gewahr / daß die langen nassen Kleider mir am Lauffe sehr hinderlich seyn würden / und ich doch einen weiten Weg zu Fusse wandern muste / warf deswegen das Oberkleid gar hinweg / ruhete ein wenig auf die Schwimme-Müdigkeit / und dankete dem Gott inniglich / der mir so weit in sicherheit geholffen hatte. Bald naheten sich zween Buben / welche weit obenwertz des Flusses sich ganz nacket hinein gewaget / und die Schwerter ins Maul gefasset / ohn zweifel des Vorhabens / mich zuerschlagen / da sie mich lebendig nicht würden über bringen können; weil mich aber Gott vor dißmahl retten wolte / traf ich VI bequeme Werfsteine an / deren ich mich getröstete / ließ den fördersten zu mir ankommen / welchem ich / da er das Ufer fast erreichet hatte / die Stirne mit einem / und bald darauf das Maul mit dem ander stein der gestalt küssete / daß er niderstürzete; ich behende zu jhm hin / nam sein Schwert zu mir / und erwartete des andern ohn alle Furcht / nur daß ich abscheuh an dem nacketen und unflätigen Buben hatte / welcher ganz verwägen auf mich anging / rüffend; weil jhr / schönstes Fräulein /nicht habt glüklich leben wollen / müsset jhr unglüklich sterben; ich schätzete sein Dräuen gar liederlich /mich nähst Gott auff meine zimliche Fechter-Erfahrenheit verlassend / stellete mich in ein bequemes Lager / und sahe der Unflat daraus / daß ich mich meiner Haut erwehren würde / welcher von der Fechtkunst wenig vergessen hatte / daß ich vor jhm mich leicht beschützete / jhm auch Gnade und Leben anboht / dafern er sich mir ergeben / und die Anstiffter dieser Freveltaht nahmhafft machen wolte; weil er dessen sich aber wegerte / und endlich als ein rasender anfiel / ließ ich jhn in mein Schwert lauffen / daß jhm das Herz durchbohret ward. Nicht desto weniger ritten die übrigen jenseit des Ufers auff und nider / ob sie mit den Pferden durchsetzen könten / daher ich mich eines neuen überfalls befürchtend / meine Füsse auffmunterte / und mit rischen Sprüngen das blutige Schwert auff allen Nohtfall in der Faust haltend /mich nach der Stad kehrete / da ich mein Niderkleid biß an die Knie auffheben muste / dz ich am lauffen nicht verhindert würde; es dauchte mich nicht raht seyn / am Ufer hinzulauffen / damit ich den Schelmen nicht allemahl im Gesichte bliebe / sahe von ferne eine Hecke / hinter dieselbe begab ich mich / und lauschete / wz sie anfahen würden merkete auch / daß sie sich unter einander nidermacheten; doch wolte ich ihr leztes nicht abwarten / sondern nach andenrthalbstündigem irrelauffen traf ich ein altes Weib an / die ihrer Sage nach / Graß vor ihre Kuh samlete / und fragete sie / ob ich den [219] nähesten Weg zur Stad vor mir hätte; welche mich sehend / beyde Hände zusa en schlug / und zu mir sagete; O allerschönste Jungfer / wie kommet ihr an diesen Ort? Ich gab ihr zur Antwort / sie solte hiernach nicht fragen /sondern mir Anleitung geben / wie ich hinweg kommen möchte. Ja wol / sagte sie / der Weg ist viel zuweit / welchen euch eure zarten Beine nicht tragen können. Ich aber hätte mich schier über der Vettel erzürnet / bekam doch endlich noch einen so verwirreten Bescheid / daß ich ungewisser von ihr ging als ich kommen wahr / dann sie beschrieb mirs so kunterbund durch einander / ich müste erst Hotte / hernach wieder Schwade / dann etwas gleich vor mich hin /den ungebahneten Weg gehen / sonst würde ich in die Pfützen biß über die Ohren gerahten; welches ich zwar mit einem Gelächter beantwortete / aber rechtschaffen zufunde kam / indem ich biß an den Leib durch dẽ weichgefahrnen Koht waden / und hernach mich in einer Bach dabey wieder abwaschen muste. Kaum wahr solches geschehen / da stieß ein Reuter auff mich / den ich vor einen verwägenen Puschklöpffer hielt / sahe mich von ferne kommen /stieg ab von seinem Pferde / band es an eine Staube /und blieb stille stehen / als er merkete / daß ich gerade und ungescheuhet auff ihn zuging / ihn auch fragete / ob diß der rechte und näheste Weg nach der Stad währe; worauff er mir zur antwort gab / es nähme ihn groß wunder / wie so eine ådle schöne Jungfer mit blossem Schwerte in diesem weiten Felde so einsam ginge / griff auch nach mir / uñ sagete zugleich / er hätte nie das Glük gehabt dasselbe anzutreffen / was ihn vergnügete / ohn vor dißmahl; Ich wiche hinterwarz / boht ihm die Spitze und warnete ihn / sich wol vorzusehen / und nicht weiter zu gedenken als mein guter Wille währe; woran er sich doch wenig kehrete /sondern mich baht / seine Liebe mir gefallen zu lassen / und mich hinter die Hecke zu ihm niderzusetzen; suchete auch / wie er mir das Schwert ausschlagen / und sich meiner bemåchtigen könte; worauff ich zu ihm sagete: Du schändlicher Bube / weiche und laß mir dein Roß / oder wehre dich meiner; schlug ihn auch flächlings über die Ohren / daß er dessen wol empfand; noch wolte er sich nicht warnen lassen / und drang immer hefftiger zu mir ein / worüber ich ihm eine Wunde über die linke Faust gab / daß er schrihe /und sich seines Schwerts zugebrauchen anfing / da ich ihm nach kurtzem Gefechte das Eisen durch die Gurgel stieß / und mir hiedurch ein Pferd erstritten hatte /auff welches ich mich setzete / des Ert \dteten Schwert an meine Seite hing / und von einem Bauren auf den rechten Weg gefůhret ward / welchen ich bald kennete / und auffs schnelleste fortjagete / die Stad schier zu erreichen. Es begegneten mir aber zween andere / die mich frageten / wie ich zu dem Pferde und Schwerte kommen währe; denen ich gleich zu antwortete / wie es ergangen wahr. Diese aber darauff sagten / ich würde meine Leute bey mir gehabt haben / welche ihren redlichen Gesellen abgesetzet / oder wol gar ermordet hätten / und begunte der eine schon sein Schwert zu zücken / dem ich doch / ehe er sichs versahe / einen Schnit über die Kehle gab / dz er die Erde suchete / auch den andern / wie er sich an mich machte / dergestalt abfertigte / daß sein Pferd / wie des vorigen / ohn seinen Reuter davon lief / ich aber nach eilferley Gefahr / und Niederschlagung neun gottloser Schelmen / (dem Himmel und dem wahren Gott / der drinnen herrschet / sey dank) gesund und frisch dieses Schloß wieder erreichet habe / und ist mir nicht unangenehm / daß ich die Zubereitung des Abendessens sehe / wobey ich mein Frühstücke einnehmen wil. Es hatten ihre Fr. Mutter und alle anwesende die Erzählung [220] mit Verwunderung angehöret / daß die Königin zu unterschiedlichen mahlen darüber erstarrete / und alle lebendige Farbe verlohr / fingen auch an zu überlegen / wer doch i ermehr des ersten überfalles Stiffter seyn möchte / da etlicher Muhtmassung recht zutraff / wiewol sie es nicht durfften melden / und erst lange hernach an Tageslicht kam. Bey der Mahlzeit sagete die Königin zu dem Fräulein: Herzallerliebstes Kind / sol ich dich nach abgelegetem Schrecken mit einer gewünscheten Zeitung erfreuen? O ja / Gn. Fr. Mutter / antwortete sie / habt ihr etwa von meinem Herr Bruder etwas gutes / so teilet mirs mit. Siehe da / sagte sie / lise dieses / so weistu so viel als ich und wir alle mit einander. Aber die gute Mutter wuste nicht / wie hoch sie ihre Tochter hiedurch erfreuete /welche auch jhre Hertzensvergnügung nicht verbergen kunte / da sie nach Verlesung saget: Ach mein Gott /der du mir heut so gantz gnädig geholffen hast / gib doch / daß ich diese meine Fr. Schwägerin und Schwester ja eh ist sehen und umfahen möge / weil ich schon wol weiß / daß mein Herr Bruder kein unwirdiges Fräulein heyrahten wird; fassete auch alsbald die Gedanken / wie sie erhalten möchte / die Reise auff das Hochzeitfest erstes Tages vorzunehmen / und wahr ihr sehr leid / daß sie ihr heutiges Unglük so umständig erzählet / und dadurch ihrer Mutter Sorge und Bekümmerniß rege gemacht hatte. Nach der Mahlzeit ging sie mit Libussen ein halbstündichen auff ihr Zimmer / da sie mit betrübeten Worten zu jhr sagete: Ich habe heut überaus grosse Angst in meiner Seele empfunden / aber wann mein Herkules mich mit einem Briefelein begrüsset und erfreuet hätte / wolte ichs alles vor gedoppelt ersetzet rechnen; meynestu aber nicht / geliebetes Kind / daß ich nicht ursach gnug habe / mich über ihn zubeschweren / weil er bey meines Bruders eigenem Bohten mir nicht schreiben wollen? O wie könte ich doch ein solches über mein Herz bringen / daß ich so gute Gelegenheit verabseumete? Libussa lachete deß / und gab zur Antwort: Gn. Fräulein / ich hätte nicht gemeynet / daß der Liebe eine solche Vergessenheit solte beywohnen; bedenket Eure Gn. nicht / dz ihr Antwort-Schreiben gestern früh erst fortgeschicket / und dem lieben Fürsten noch nicht geliefert ist? oder meynet sie / er habe solches so lange vorher riechen können? muß er nicht zuvor wissen / ob seine Schreiben auch angenommen werden oder nicht? Was würde sie doch von jhm halten oder urteilen / wann er sie mit seinen täglichen Briefen ůberstürmete / ehe und bevor er einige Antwort bekommen? Wolle demnach Eure Gn. dieser Bezichtigung ihn schwesterlich erlassen / biß er jhrer Antwort kan habhafft seyn / und verabseumet er alsdann einige Gelegenheit / ists doch noch früh genug ihn anzuklagen. Mein Herkules muß dir ohn zweifel Jahrsbestallung geben / sagte sie / daß du allemal wider mich sein wort redest / oder hastu etwa so gute Kundschafft mit ihm gepflogen / so sage mirs / daß ich dich wegen seiner gewirdigten Liebe gebührlich ehren möge. So muste die Geige gestimmet werden / antwortete jene /wo sie sonst scharff klingen sol / und hat der Eifer mein Gn. Fräulein schon eingenommen / so ist mirs halb leid / dz ich mich nicht zutähtiger bey ihm gemacht habe / vielleicht hätte ich auch noch eine bessere / als gemeine Gunst von ihm erhalten / dann ich getraue durch meine Gestalt und Freundligkeit noch wol einen Fürsten zu meiner Nebenliebe zubewägen / ob er mir gleich nicht werden kan. Dem Fräulein wahren ihre lustige Schwänke und ehrliebendes Herz bekant /sonst würde sie ihr diesen Streich schwerlich zu gute gehalten haben; doch sagte sie zu ihr; Kind Kind / fidelstu nicht zu grob auff kleinen [221] Seiten? wie würde dir solches ein ander als ich / zum besten außdeuten köñen? Sihe dich aber wol vor / daß du ja nicht aus unbedacht in anderer Leute Gegenwart dergleichen Scherz treibest / du dürftest dir sonst Ungelegenheit ohn dein Verbrechen verursachen. Ja mein Fräulein ja / antwortete sie / da Scherz keinen Käuffer hat / lasse ich ihn wol unaußgebohten; ihre Gn. haben mich ja viel anders geprüfet; daß aber bey derselben ich solche Kühnheit gebrauche / ist die einige Ursach / daß vor übermässiger herzens Liebe ich nicht weiß / auff was Art euer Gn. ich Lust und anmuht erwecken wil /und wann ich wissen solte / daß dieselbe ich hiedurch verunwilligte / wolte ich mir lieber die Zunge abbeissen / als ein Wörtlein ihr zu wieder reden. So magstu immerhin plaudern / sagte sie / wann wir allein sind. Diese Erläubnis / fuhr jene fort / wolte ich gerne haben / und kan nunmehr nicht verbergen / wie lieb mirs ist / daß eure Gn. heut mit zween nacketen hat fechten müssen. Je / antwortete sie / du wirst ja nicht gar aus der Erbarkeit Schranken loßbrechen. Lasset michs doch zuvor alles aussagen / wieder antwortete jene; dann hätten die frechen Buben volle Ritterharnische angehabt / samt Schild und Helm / důrffte umb Eure Gn. es gefährlich gestanden seyn. Ich aber /sagte das Fräulein / möchte wünschen / daß ein ieder drey Harnische angehabt hätte. Wie so? fragte iene. Bistu nicht eine Närrin? sagte sie / dann unter solcher Last hätten sie ja im Wasser ersauffen můssen. Libussa schämete sich der Fehlfrage / und fing an: Was habe ich mich dann auch groß umb diese Buben zu bekümmern? viellieber fahre ich fort in des allertrefflichsten Fürsten Verteidigung / und wage eine Wette /ob nicht innerhalb kurtzer Zeit Eure Gn. Schreiben von ihm hat; und nicht allein nur Schreiben / sondern wegen des Haaren Armbandes zehnfache Erstatung; aber wie dann Gn. Fräulein / wann ich Arbeitslohn ihm angefodert / und zuwissen getahn hätte / daß ich die Künstlerin gewesen bin? O du dumkühnes Tihr /antwortete sie / du wirst ja so unverschämt nicht seyn. Unverschämt? sagte Libussa; heisset man das unverschämt / wann der Arbeiter seinen Lohn fodert? Du loser Sak / antwortete sie mit einem lachen / ich habe noch nicht viel Briefe gesehen / in welchen er deine Arbeit angefodert; wiltu aber Arbeitslohn haben / so fodere ihn von mir / und nicht von meinem Herkules. Ich wil schon wissen / ihn von beyden auff einmahl zufodern / sagte sie / aber daß euchs schwer gnug fallen sol / mich zu befriedigen. Ey dräue so hart nicht /anwortete das Fräulein / können wir dañ den Häuptstuel so geschwinde und auff ein mahl nicht abtragen /wollen wir die Zinsen richtig machẽ / Gott gebe nur /daß die Zeit schier komme / daß du uns beyde in einem Gemache mahnen könnest. Also führeten sie ihr ehrliebendes Gespräch / und wuste diese Jungfer dem Fräulein so genehm vorzuschwätzen / daß sie offt ja so befriediget sich befand / als wann sie auff ihres Herkules Schosse gesessen währe.

Des nähstfolgenden Morgens ward auff dem Königlichen Schlosse angemeldet / es währe eine Geselschafft von LVI Reutern / in lauter Sammet gekleidet vor dem Stadtohr / welche vorgäben / sie kähmen von jhrem Könige Ladisla aus Italien. Die Königin ließ das Fräulein solches wissen / daß sie nach angelegetem Schmuk zu ihr kähme / und der Gesanten Werbung mit anhörete / welche dann alle eingelassen /und in die besten Herbergen verlegt wurden / von denen Friederich und Lutter allein sich nach Hofe verfügeten / und nach abgelegetem Kind- und Brüderlichen Gruß von Ladisla und Herkules an die Königin und [222] das Fräulein / reicheten sie Ladisla Schreiben ein also lautend:Gnådigste Fr Mutter; ich wil nicht zweiffeln / jhr werde mein Schreiben / in welchem ich meine sehr glükliche Heyraht angemeldet / wol eingelieffert seyn; Mein Hochzeitliche Freudenfest wird auff bestimmete Zeit / da ich lebe / vor sich gehen / möchte meiner Fr. Mutter und Frl. Schwester gegenwart von Herzen wůnschen / damit nicht allein ich jhnen mein allerliebstes und mit allen Fürstlichen Tugenden begabtes Fräulein /sondern zugleich auch andere Ehren-Begebnissen zeigen möchte / deren wir von Käyserl Hocheit noch viel mehr gewärtig sind / wie zeigere dieses / Friederich und Lutter werden berichten könnẽ / denen sie vollen Glauben zustellen wollen; und weil ich willig gestehen muß / daß mein Herkules aller meiner Ehren die einige Ursach ist /dessen Heldenmuht und Tugend zubeschreiben ich undüchtig bin / wird meine Fr. Mutter leicht erkennen /wie hoch wir demselben verpflichtet sind. Die begehreten Gelder wolle meine Fr. Mutter nur zurük behalten: weil deren ich über Notturfft habe / und in kurzem eines grösseren Schatzes mir vermuhten bin; möchte nochmahls von Herzen gerne jhre und meiner Frl. Schwester Anwesenheit / wo möglich / hieselbst wissen und sehen. Gegeben zu Padua am XII. Tage des Mey Monats / von ihrem gehorsamen Sohn Ladisla.

Mutter und Tochter lasen es zugleich mit einander /und ging dieser ihres Herkules Ruhm dergestalt durchs Herz daß sie sich / von ihm geliebet zuwerden / viel zugeringe schätzete Weil sie dann verlangen trugen Ladislaen Glük zu erfahren / muste Friederich solches mit allen umbständen erzählen / welcher dabey vermeldete / es zweiffelte niemand / die eroberte Beute in der Räuber Höhle würde Herkules und Ladisla von dem Römischen Käyser ganz und gar geschenket werden / ungeachtet dieselbe sich ůber die CL Tonnen Goldes belieffe / welches die Königin vor ungläublich hielt. Lutter wahr vielfältig drauff bedacht / wie er dem Fräulein die Sachen neben dem Schreiben heimlich beybringen wolte / daß er von seiner Geselschafft sich nicht trennen / sondern zugleich mit ihnen nach Teutschland gehen möchte / hatte nun schon vernommen / wie gute Lust sie zu schönen Pferden trüge / daher er die / so Herkules seinem Bruder schickete / hoch zurühmen anfing / nebest anzeige / daß dem Durchl. Fräulein von Fürst Herkules er auch eines zu liefern hätte / dafern dieselbe ihm gnädigst befehlen wolte es herzuhohlen. das Fräulein verstund alsbald / daß er sie allein zusprechen Gelegenheit suchete / sagte demnach zu ihm / er möchte sie alle bringẽ / daß sie dieselben beschauete / als dann wolte sie biß in den grösten Vorplaz folgen; welches dann alsbald geschahe / da die sechs nach Teutschland übermachte zur Seite gestellet wurden / deren mit Gold und Perlen gestickete Sättel und Zeug nach abgezogenen rohten ledernen ůberzügen statlich hervor blicketen; der Fräulein schneweisses / mit langer liechtrohter Mähne und Schwantze ward von zween Teutschen absonderlich geleitet. Lutter hatte die zu Padua empfangene ganz güldene Huefeisen ihm zu Prag mit silbern Nägeln unterlegen lassen. Naseband /Gebiß / Stangen Steiffbügel und Spangen wahr alles klammer Gold mit ädlen Steinen außgesezt / vor dem Häupte hatte es ein Kleinot hangen in gestalt eines halben Monden / welches von Demanten schimmerte; Zaum / Sattel / Vor- und hinderzeug wahr mit Gold und Perlen auffs reichlichste gesticket / uñ die Decke so auff dem Pferde lag / und an beyden Seiten den Steiffbügeln gleich hing / wahr ein gülden Stük in grün / daß desgleichen Pracht daselbst nie gesehen wahr. Ober dem Kleinot vor der Stirn wahr ein zartes weisses Leder angehefftet / und auff demselben der Nahme VALISCA, mit gůldenen Buchstaben. Hinter dem Pferde folgete die blaue Sammete Gutsche mit sechs muhtigen Blänken im güldenen Zeuge / welches alles das Fråulein mit [223] Verwunderung ansahe / und Lutter ihr solches also einlieferte: Durchleuchtigstes Königliches Fräulein / der auch Durchleuchtigste Fürst und siegreiche Held / Großfürst Herkules / hat mir gnädigst anbefohlen / ihrer Durchl. dieses Pferd /welches in dem Eilande Sizilien geworffen und abgerichtet ist / in seiner Durchl. Nahmen untertähnigst einzuhändigen / mit Bitte / solches an Stat eines geraubeten Bandes unbeschwert anzunehmen / und mit schwesterlicher Gewogenheit im stets zugetahn zu verbleiben. Die Gutsche samt auffgesetzeter Lade wird gleicher Gestalt euer Durchl. von höchstgedachtem Fürsten zugeschicket / wobey ich den Befehl habe / deroselben dieses Schreiben / und dabey gefůgeten /zu der Lade gehörigen versiegelten Schlüssel / ohn anderer auffmerkung zuzustellen / welches ich hiemit an diesem bequemen Orte wil geleistet haben / und wird eure Durchl. mir göñen / daß die Lade alsbald auff ihr eigenes Zimmer getragen werde. Mein Herr Oheim und Bruder / der Durchl. Großfürst / antwortete sie / hat gar zu übrige Kosten an den Pferdeschmuk geleget / welches ich nit zu vergelten weiß / als nur mit einem schwesterlichen Willen / der zu keiner taht gelangen kan. Die Lade werdet ihr hintragen lassen wie ihr befehlichet seid / und wil ich schon sehen wohin dieselbe etwa weiters sol fortgeschicket werden. Ihrer andern Leib Jungfer Brelen befahl sie nach ihrem Zimmer mit Luttern zu gehen / denselben biß auff ihre Ankunfft mit unterredung auffzuhalten / und die Lade in ihr absonderliches Kämmerlein niderzusetzen. Sie aber ging mit Libussen nach der Königin /rühmete den überauß kostbahren Schmuk des von Herkules geschikten Pferdes / und die wolgemachte Gutsche / zeigete daneben an / der Uberbringer wolte von wegen ihres Herrn Bruders und dessen Frl. Braut sie gerne absonderlich sprechen / wolte ihn deßwegen auff ihr Zimmer führen / dafern es die Fr. Mutter vor gut hilte; machte sich auff Bewilligung mit Libussen dahin / hieß Brelen einen Abtrit nehmen und bey der Königin auffwarten / aber in Libussen Gegenwart taht sie bey Luttern allerhand Nachfrage / und merkete /daß ihm ihre und Herkules Liebe unbewust wahr /daher sie ihn abfertigte / mit dem Versprechen / daß sie seine fleissige Verrichtung dereins zu seiner Befoderung wolte zu rühmen wissen; gab ihm damit urlaub / ging mit der Jungfer in die absonderliche kleine Nebenkammer / in welcher die Lade nidergesetzet wahr / machte den Schlůssel loß / und wolte alsbald auffschliessen / da sie von der Jungfer erinnert ward /den Brieff erst zu lesen. Ach / sagte sie / aus übermässigen freuden habe ich dessen gar vergessen; zog ihn hervor / und sagete weiter: Kom doch mein Kind /und hilff mir meines Herkules Schreiben lesen / ich darffs allein nicht-erbrechen / aus furcht / es möchte etwas wiedriges darinnen stehen. Etwas wiedriges? antwortete sie; wisset ihr auch mein Fråulein / warumb er euer Gn. daß köstliche Pferd und die schöne Gutsche geschicket hat? nirgend umb / als daß ihr darauff sollet zu ihm nach Padua reiten oder fahren. O meine Herzen Libussa / sagte das Fräulein / nun liebe ich dich erst recht / weil du so gar meine Gedanken sehen kanst / welche mich diese ganze Nacht schlaffloß gehalten / ob ich nicht ein Mittel / diese reise bey meiner Fr. Mutter zuerhalten / außsinnen möchte / ist aber alles vergeblich gewesen / biß das Glük mir solches ohngefehr jezt diesen Morgen an die Hand gegeben / und ich darzu schon den ersten Anfang gemacht. O behüte Gott behüte Gott / sagte die Jungfer: Eure Gn. werden ja diese meine Scherzrede nicht in ernst auffnehmen; dann wer wolte zu dieser gefährlichen Reise rahten [224] können / angesehen ihre Gn. kaum vorm Stadtohr sicher ist / und ihrer Schönheit wegen so hefftige Nachstellung erfahren muß? Was? antwortete sie / woltestu mir nicht bessern Trost geben / und in meinem Vorhaben mir hinderlich seyn? glåube mir bey meinen Ehren / daß ich dir mein Lebelang nicht trauen / noch dich lieben wil / wo du mir ein Wörtlein hierin zuwieder redest; mein Schluß stehet feste / ich muß auff meines Herren Bruders Hochzeitfest / es gehe auch wie es wolle. Libussa sahe ihren Ernst /und gab zur Antwort; ihre Gn. wüste ja wol / daß sie mit willen ihr nicht zuwieder tuhn noch reden könte /und wañ sie meynete sicher durchzukommen / wolte sie es nicht allein gar nicht hindern / sondern untertähnigst ansuchen / daß sie in ihrer Geselschafft bleiben möchte. Ja meynestu / sagte das Fräulein / ich werde ohn dich fortzihen? ich muß ja einen geträuen Menschen bey mir haben / und wen wolte ich zwischen Herkules und mich gebrauchen können / als dich meine andere Hand? Diese kunte ihren Scherz noch nicht einzihen / uñ sagte; ich wundere mich ůber euch / Gn. Fräulein / daß sie den Wagen schon anspannet / ja daß in Gedanken sie sich schon zu Padua befindet / willens / mich an den Fürsten hinzuschicken / da sie doch noch nit eins weiß / ob auch Fürst Herkules sie des Orts / wissen wil; eure Gn. lese doch zu vor das Schreiben / dann hat sie noch Zeit gnug übrig / sich zuerklären. Sie erbrach dasselbe zwischen Furcht und Freude / und fand diesen beliebten Inhalt:Mein Schöpffer / der allerhöchste und einige Gott / gibt meinem Gewissen und diesem Schreiben Zeugnis / daß in diesem jrdischen mich nach nichts so sehr verlanget /als zu erfahren meiner Durchl. Frl. Schwester Wolergehen / und ob sie ihres unwirdigen / doch Herz- und Seelen-ergebenen Knechtes Herkules in Schwesterlicher Gewogenheit und versprochener Liebe zuzeiten könne eingedenke seyn. Das Fräulein brach hieselbst ab / uñ sagte; O du mein höchstgeliebtes allerwirdigstes Herz / warumb magstu doch an meiner träue zweiffeln /oder dich selbst vor unwirdig schätzen uñ schelten /da doch mein unvolkommenes Wesen an deinen Ehrenpreiß noch lange und bey weitem nicht reichet? Geträue Liebe wanket zwar nicht / anwortete Libussa / aber in langer Abwesenheit und weiter Ferne fürchtet oder eifert sie noch wol / insonderheit / wann man von dem so gar keine Zeitung hat / daß man so hefftig liebet. Wie leicht kan euer Herkules ihm diese Gedanken machen; daß treflichste Königliche Fräulein der Welt / ist nunmehr in die mannbahren Jahre getreten; ihre Schönheit leuchtet allen andern vor; Dännenmark / Schweden / Wenden / und andere Königreiche (des neulichen Markomirs hätte ich schier vergessen, haben ihre junge erwachsene Fürsten / deren keiner sich wegern solte / ein solches Kleinot der Welt mit seinem Blute zuerstreiten. Ists dann Wunder / mein Fräulein / daß der teure Liebhaber / der beständige Anbehter eurer Vortrefligkeit / die wahrhaffte Wissenschafft eurer Gegenliebe wünschet? Ich sage vielmehr / tähte ers nicht / ja fürchtete er das oberwähnete nicht / so währe er entweder kein Erkenner eurer Schönheit / oder liebete nur oben hin auff ein gut beraht. Lasset ihn demnach / Gn. Fräulein / wünschen und wiederwünschen / biß er nach erhaltener Besitzung nicht mehr wünschen noch fürchten / sondern nur trauen und geniessen darff. Es mangelt mir jezt gm kleinen Gelde / sagte das Fräulein / sonst müste ich dir einen Heller schencken / welchen das in Gegenwart gesprochene Lob verdienet; aber ich wil durch dein Geplauder mich im lesen ferner nicht stören lassen; fuhr auch also aus dem Schreiben fort.Verzeihet / Durchl. Fräulein / meiner Verwågenheit / und schreibet sie / bitte ich / [225] derselben Krafft zu / die solche in mir wirket; eurem volkommenen Geiste / der nichts als Tugend bläset; euren durchbrechenden Augelein / die alle Hertzen durchdringen; eurer unvergleichlichen Schönheit / die sich bemühet / den Leib zur wirdigen Herberge einer so auserlesenen k \stlichen Seele zu machen.

Recht so / Fürst Herkules / recht so / fing Libussa an; straffet mich nun nach diesem mehr / mein Fräulein / wann ich eure Wirdigkeit preise; sehet / euer Herkules / dem jhr vielmehr trauen müsset / sagets nicht allein in die vergengliche Lufft / sondern er schreibets aus wolbedachtem Vorsaz auff ewigwehrende Blätter / daß es bekleiden und bleiben sol. O Fürst Herkules / wie einen breiten Schild gebet jhr mir in die Hand / welchen ich allen Straff-pfeilen meiner Gn. Fräulein vorwerffen / und sie unbeschädiget auffangen kan. Sprechet nun auch / mein Fräulein; Herkules du Fuchs Schwänzer / du Schmeichler / du Liebkoser; Ja suchet eure kleine Gelderchen hervor /und bietet ihm einen Schårf zum Schreibelohn / oder ist Schreiberey kostbahrer als mündliches Vorbringen / so bietet ihm zween. Ey ey / sagte sie mit einem Handklitschen / wie einen bewehrten Zeugen habe ich nun ohn alles gefehr bekommen / den ich um viel nicht missen wolte. Frl. Valißka muste des Vorbringens laut lachen / sagte endlich: es ist mir leid / daß ich den Brief nicht allein gelesen / und dich nit davon gelassen habe; Nun könte ich dir deine Ruhmrätigkeit mit einem Worte umbstossen / wann ich bloß allein sagete; Mein Herkules wisse aller unverständigen Kinder art uñ weise / daß sie niemand günstiger seyn /als der sie lobet; aber ich wil mich nicht immerfort mit dir katz-balgen / und gebiete dir / daß du mich vor Verlesung dieses allerliebsten und herzerquiklichen Briefes ungestöret lassest. Nur noch ein Wort / mein Fräulein / sagte sie / ist es der allerliebste und herzerquikliche Brief / so ist er auch mit lauter Warheit an gefüllet / dann Lügen und Unwarheit haben Euer Gn. noch nie gefallen. Unterscheide die Lügen vom höflichen Scherze / antwortete sie / so wirstu bald hinter die rechte Meynung kommen; lase damit weiter folgenden Anhang:Diese Volkommenheiten / beteure ich / wirken allein / daß ich wünschen darff / dessen ich nicht fähig bin / und doch auff ihre beywohnende Güte mich verlassend / noch nicht gar von der Hoffnung abtrete /des so köstlichen Gutes / welches die Welt kaum wert ist / und dem der eins völlig geniessenden mehr Neider als Gönner machen wird. O Wunder dieser Welt! setzet /bitte ich / meiner flatternden Seele einen festen Grund /welches nur mit diesen Worten geschehen könte / wann ihre holdselige Zunge ihrer Feder diß zu schreiben anbefehlen wolte: Frl. Valißka erinnert sich des versprochenen unwidersprechlich. O des süssen Klanges / O des erquiklichen Trostes! Nun mein Fräulein / werde ichs schier erhalten / so bin ich genesen; verfehle ich aber des Wunsches / so geniesse ein wirdiger und glükseliger als ich nicht bin / wanns nur ohn meinen Willen geschihet /der sich unterstehen wird (wo möglich ohn meiner Fräulein Verletzuug) ihm so hohe Vergnügung zu mißgönnen; umb dessen Abwendung ich meinen Gott täglich anruffe / und bey demselben nicht minder Erhörung / als bey meinem Fräulein Beständigkeit zu finden hoffe. Beygefügetes Reitpferd nebest bespanneter Gutsche und auffgesetzeter Lade / wolle mein Fräulein von ihrem Diener Herkules als ein mögliches Zeichen seiner unbewäglichen Untergebenheit auffzunehmen unbeschweret seyn /und verbleibe ich Zeit meines Lebens / Meiner gebietenden Fräulein gehorsamster und ganz eigen-ergebener Knecht Herkules.

O Fürst Herkules Fürst Herkules / sagte sie hierauff / warumb mag eure gar zu zweifel spitzige Feder mir die Seele so durchstechen; oder was vor Ursach habt jhr / mich vor träuloß und unbestendig zu argwohnen. Nichts / durchaus nichts / antwortete Libussa / als nur / was dieser Brieff anzeiget / eure Volkommenheit / deren zugeniessen er so hoch wünschet /[226] und sie zu verlieren sich befürchtet: wie er dann wol gedenken mag / daß mehr junge Fürsten als er und Markomir das schönste wählen. Und bedenket nur /mein Fräulein / ob jhr dieser Steknadel so acht habet /als eures kostbahresten Kleinots; jene stecket jhr in ein Nadelküssen / bleibet sie; gut; wo nicht / macht jhr euch weiter keine Gedanken; dieses aber verschliesset jhr nicht allein in feste / mit eisen beschlagene Truhen / sondern setzet es auff das wolverwahrteste Gemach / und dannoch fürchtet jhr euch noch wol vor Dieben. Warumb gönnet jhr eurem Herkules nicht eben diese gebührliche Freiheit / sich der Diebe zu besorgen / die euch so heftig nachstellen? Dieser Vorsorge verdenke ich jhn nicht / antwortete das Fräulein / wann er nur meine Träue nicht in zweifel zöge / die ich bey Markomirs anwerbung / und noch gestern / meiner Meynung nach / völlig dargelegt / in dem ich seinet / ja bloß seinetwegen mich dem wütigen Strohm anvertrauet / ob ich jhm zu gute uñ zu seiner Vergnügung mein Leben retten könte / welches ich mir sonst im troknen lieber hätte durchs Schwert kürzen lassen / solte es auch mein eigenes verrichtet haben / da mirs zur Hand gewesen währe. Wol / sehr wol getahn / sagte die Jungfer; eure unvergleichliche Seele / eure geträueste Bestendigkeit flammet aus dieser Taht Sonnen-klar hervor: aber gönnet doch / mein Fräulein / gönnet dem durch hin verliebeten Fürsten dessen zuvor Wissenschaft / ehe jhr seinen Zweifel /der doch so gar Zweiffelmuhtig nicht ist / anklaget und entgegen feindet Aber wil dann jhre Gn. die gelieferte Lade auch unbesehen wieder hinweg tragen lassen / wie des Markomirs seinen geschahe? das wirstu bald erfahren / antwortete sie / ergreif den Schlüssel / öfnete das wol verwahrete Schloß / und fand anfangs ein seidenes Tuch / als eine Hülle; nahm dasselbe hinweg / und zohe etliche Stük der besten Güldenen Stük Tücher hervor dreyerley Gattung / jhr zu Kleidern; Unter diesen stund eine helffenbeinen Schachtel in welcher zwölf trefliche Stük allerhand Häupt- und Brust-Kleinote lagen; noch ein schwarzes Schåchtelchen mit Gold belegt / welches da es geöfnet ward / blitzeten die Strahlen von den kostbahresten Demanten hervor / dann es wahr der ganze Räuber-Fürstin Schmuk / welchen Servilius jhm in der Höhle unvermerket eingehändiget hatte. In beyden Schachteln lag ein kleines Brieflein / welches andeutete / daß solches alles dem Fräulein von Herkules geschicket würde / zur Vergeltung der jhm ehmals erzeigeten abwaschung des unsaubern Pannonischen Blutes. Die dritte und vierde Schachtel fand sich auch / da in der einen eine köstliche Halßkette von Rubinen und Smaragden üms ander geheftet / gedoppelt drey Ellen lang / ein par Armbänder fünffdoppelt gleicher Art / ein Leib Gürtel und Messerketchen eben derselben Arbeit / zwey Ohrengehänge und sechs Ringe mit grossen Rubinen / gelegt wahren / auch ein beygefügetes Zettel anzeige taht / daß es als ein Beutpfennig der Königin von Herkules solte eingereichet werden. In der lezten lagen zehn par güldene Armbånder und zehn Ringe / vor das adeliche Frauenzimmer der Königlichen Fräulein / so daß jene schwarz und weiß verblümet / und auff jedem Schlosse ein schöner Rubin eingefasset wahr / diese aber drey Rubinen in gestalt eines Kleeblades hatten; noch zwey par Armbänder von Rubinen und Schmaragden / und zween Ringe von köstlichen Demanten / vor der Fräulein zwo Leib Jungfern; und endlich XII köstliche Ringe von allerhand Steinen vor das Fräulein selbst / welches alles auch ein Zettel anzeigete. Als Libussa nun die schönen Tücher zu den Kleidern besahe / fiel ein kleiner praller Beutel [227] heraus / von silbern Stük gemacht / uñ oben darauf zwo sehr schöne Korallen an stat der Knöpfe / welchen sie ofnete / und tausend Stük ZahlPerlen darinnen fand / (welche von der Räuber Fürsten jhren Kleidern abgeschnitten wahren) über deren volkommener Reinigkeit / Grösse und Runde sie sich verwunderte / und den überschlag machete / daß sie über eine Tonne Schaz austrugen. Hiemit wahr die Lade / dem Ansehen nach / ledig / und doch sehr schwer zu heben / merketen auch das ein Mißscheid in der Lade wahr / weil sie den Bodem fast in der Mitte sahen / funden bald / daß derselbe kunte hinweg getahn werden / und traffen unter demselben 15000 eingepackete Kronen an / dabey dieses Zettel lag:Der Königlichen Fräulein Valißka Handpfennig auff ein Jahr 15000 Kronen. Nach kurzer Betrachtung sagete das Fräulein; iezt klage ich meines Herkules Verschwendung mehr an / als seinen vorigen Zweifel; dann lebet er ohn Gewißheit meiner Liebe / warum schenket er mir dann mehr als mein ganzes Heiraht Gut anträget? Sie stellete Libussen ihrẽ Anteil zu / welche davor dankete / legte ihren ganzen Schmuk an / und nam der Königin überschiktes mit sich in der Schachtel. Als dieselbe nun jhre Tochter mit solcher Kostbarkeit zu jhr treten sahe / entsetzete sie sich darüber / und sagte: Hatte der fremde dieses bey dir zu werben? Sage mir doch / liebes Kind / von wannen komt dir ein solcher fünkelnder Schaz? Ich wil meiner Gn. Fr. Mutter den jhren zuvor auch anlegen / sagte sie / und hernach die Zettel zeigen / welche uns den milden Geber kund machen sollen. Die Königin stund als im Traum / als ihr so viel Stücke von dem Fräulein gelieffert wurden / sahe auch aus den Bey Brieffen Herkules Freygebigkeit / und gingen jhr die Augen vor Freude über / da sie zu jhrer Tochter sagte: Du bist wol eine teure Bademagd; doch die Götter geben dir keinen unwirdigern zu waschen / als meinen Sohn Herkules / und weil derselbe dich mit einem so reichen Handpfennige versehen / wirstu mir nichts mehr abfodern. Diese Worte durchgingen der Fräulein Mark und Seele / daß ihr unmöglich wahr / ihre Liebesveränderung zu verhehlen / dessen auch die Mutter wahr nam / und die Gedanken zufassen begunte /diese beyde würden schon ein mehres als Brüderschafft gemacht haben / welches dann ihr einiger Wunsch wahr / uñ sichs doch nicht merken ließ. Libussa muste der Fräulein adeliches Zimmer herzu hohlen / denen die übergeschikte Sachen eingereichet wurden / und Jungfer Brela als die andere / und nähst Libussen die geheimeste Leib Jungfer / den andern Teil des vornehmsten bekam; nach deren Abtrit fing das Fräulein also an: Herzallerliebste Fr. Mutter / ob gleich der heutige fremde mir im Nahmen Fürst Herkules alle erwähnete Sachen eingeliefert hat / ist doch dieses nicht seine Häupt- sondern nur Nebenwerbung gewesen / dann er wahr eigentlich von meinem Herr Bruder Ladisla und dessen Frl. Braut befehlichet / mir anzudeuten / daß wo einige Schwester- und Schwägerliche Liebe ich gegen sie trüge / würde ich nicht unterlassen / auff ihrem Hochzeitfeyr zuerscheinen /da sie mir den wolverwahrten Beutpfennig selbst einliefern wolten / der nicht geringer als der übermachte seyn solte; und hätte Fůrst Herkules bey dieser Gelegenheit solches verrichten wollen / weil er nöhtiger Geschäfte wegen nach Rom reisen müste / und dem Beylager nicht beywohnen könte; Zwar sie wünscheten beyderseits nichts liebers / als zugleich auch der Fr. Mutter Gegenwart; weil aber die Landschafft unser beyder Reise schwerlich einwilligen würde /hätten sie darauff so hart nicht dringen dürffen. Nun wolte ich meiner herzgeliebten künfftigen Fr. Schwester [228] ihr erstes Begehren nicht gerne abschlagen /wanns immer mensch- und möglich bey der Fr. Mutter zuerhalten währe / warumb ich dann kindlich und demühtig bitte. Die Königin erschrak der Werbung /und gedachte sie eins vor alles abzuweisen / gab ihr demnach diese Antwort: Herzliebes Kind / sage mir davon ja kein Wort mehr; ich bin schon diese Nacht in so grosser Angst wegen deines gestrigen Unglüks gewesen / daß mich alle mahl gedauchte / du währest mir von der Seite gerissen; Ja wann du hinaus vor das Tohr reitest / verlanget mich / daß ich dein Angesicht wieder sehe / uñ ich solte dich einen so langen gefährlichen Weg reisen lassen? bedenke / ob ich solches vor dem Himmel und der Welt verantworten könte /wann durch diese Zulassung ich dein Unglük und Verderben befoderte? Dein Bruder wird ohn zweiffel mit seinem Gemahl hieselbst bald ankommen / dañ hastu noch Zeit genug / dein Schwesterliches Hertz jhnen zu erzeigen; daß sie dir aber solches zumuhten /geschihet nur Ehrenhalben / dann sie selbst würden mirs verdenken / wann ich dich dergestalt hinzihen liesse. So entschlage dich nun solcher Gedanken / und betrachte dein gestriges Unglük / als dañ wird dir dieser Vorsaz selbst mißfallen. Diese abschlägige Antwort trieb dem Fräulein die Trähnen aus den Augen /welches die Königin sehr befremdete / und daher in ihren vorigẽ Gedanken / wegen ihrer Verliebung gegen Herkules gestärket ward / dann sie kennete jhren festen Sinn / und daß jhr Herz zuvor bluten muste / ehe das Augenwasser hervor brach / hörete auch diese Rede der Fräulein mit sonderlicher bewågung an: Gnådigste Fr. Mutter / es tuht meiner innigen Seele leid / und ist ihr fast unerträglich / daß ich meinem einigen Herr Bruder auff seinem gewünscheten Beylager nicht Geselschafft leisten sol; Ja wann etwa Kriege oder andere Unruhe währen / die mich hievon abhielten / dann hätte ich Entschuldigung einzuwenden; sol ich aber mein nicht-erscheinen bloß hiemit beschönen / daß meine Fr. Mutter mir solches nicht gönnen wollen / weiß ich nicht / ob redliche Leute daran ein genügen haben werden. Mein Herr Bruder ist gleichwol ein berühmter und mächtiger König / aber auff seinem eigenen Beylager wird er ein verlassener ohn-freund seyn / absonderlich / weil sein Herkules ihm keinen Beystand leisten kan; jedoch muß ich meiner Fr. Mutter billich gehorsamen /wie schwer mirs auch in diesem Stücke fället / wiewol ich noch der festẽ Zuversicht gelebe / sie werde sich eines andern bedenken / uñ in einer so schlechten Sache meinen Herrn Bruder nicht schimpflich stecken lassen. Ein Baur folget ja seinen Verwanten von einem Dorffe zum andern; ein Bůrger von einer Stad zur andern / warumb solten dann Königliches Standes Schwester uñ Brüder einander diese Freundschafft nicht leisten? Ich habe ja des Meers wüten nicht zubefürchten / dann die Gutsche kan mich dahin tragen; so sind auch noch so viel Reuter wol in Böhmen / die mich sicher begleiten können / wann es nur meiner herzallerliebsten Fr. Mutter gefallen wolte / welche noch dieses bedenken wird / wie ungleich die Frl. Braut / und jhre Eltern es ausdeuten werden / daß kein Anverwanter auff dem Beylager erscheinet. Freylich werden sie argwohnen / als achte man diese Römische Braut / und ihre Eltern zu geringe; welches wol immerzu ein schlimmes Mißtrauen verursachen dürffte. Die Königin hatte sie ůberaus lieb / hörete nicht allein ihre wehmühtige Reden und nachdenkliche Ursachen /sondern sahe daneben ihre Trähnen herunter fliessen /welche sie länger nicht reitzen kunte / daher sie antwortete: Gedulde dich liebes Kind / ich wil noch weder ja noch nein gesagt haben / [229] sondern es vorhin mit den ReichsRähten in bedacht zihen / dann es ist nicht so ein geringes / wie deiner Jugend nach du es von der Hand schlägest; Wann du noch ein unmanbahres Fräulein währest / hätte ich so viel weniger zubedenken; nun du aber schon ansehnlicher bist / als dein Alter mit sich zubringen pfleget / muß ich so viel mehr und grössere sorge vor dich tragen. Ey herzen Fr. Mutter / sagte sie / hindert mich sonst nichts an der Reise / so könte ich mich leicht mit einem Mañeskleide verstellen / uñ euch dieser angst mit einem par Hosen benehmẽ. Die Königin lachete des anschlags /uñ gab zur antwort: O mein Schätzgen / meinestu dz dich iemand wegẽ eines par Hosen vor einen Jungling haltẽ werde? Nein o nein! deine Zartheit / uñ dz du zimlich schon gebrüstet bist / würde dich viel zu bald verrahten. Meinen Busem / sagte sie weiß ich wol zuvermachen; so war jensmal meines Bruders Fürst Herkules Zartheit nicht viel geringer als die meine. Seine Sitten und Geberden / sagte die Königin / auch die Gliedmassen / gingen der Mannheit näher als deine. Ich wil mich in solchem allen auch wol zwingen / antwortete das Fräulein / und ob ihr meine Haar mir vorwerffen würdet / sol ein leichter Helm dieselben bald unsichtbar machen. Du hast es schon gar fleissig übergeleget / sagte die Mutter / gehe hin und heiß mir den Kanzler herkommen / daß ich seine Gedanken hierüber vernehme. Das Fräulein seumete sich nicht / redete ihn mit höchster Freundligkeit an / er möchte sich vor dißmahl als ein rechtschaffener Freund sehen lassen / und ihre Reise befodern / welches nicht allein sie / sondern auch ihr H. Bruder verschulden solte; wer ihr aber hierin zuwieder seyn würde / nachdem sie ihre Fr. Mutter schon gewoñen hätte / an dem wolte sie sich schier heut oder Morgen / als an ihrem ärgesten Feinde rächen; welche Dräuung er nicht unbillich zu herzen zog. Sie hingegen wahr so schlauch / daß sie die versamleten ReichsRähte / bey denen auch Pribisla wahr / stehendes Fusses besuchete / und eben die Verheissung und bedraulichen Trozworte ihnen vorbrachte / worauff dieselben ungefodert nach der Königin gingen / es mit ihr zu berahtschlagen / da das Fräulein vorher Pribislaen seiner getahnen Zusage erinnerte / und mit diesen Worten beschloß: In diesem Stük wil ich euch redlich prüfen / ob ihr ein Werk- oder Mund-Freund seid. Sie alle aber / wie auch zuvor der Kanzler versprachen ihr alle Befoderung ihrer Reise / und liessen ihr doch die Gefahr nicht unangezeiget; welches sie mit einem Gelächter und dieser Rede beantwortete: Gott hat mich gestern nicht zu dem Ende im Wasser erhalten / daß ich Morgen oder übermorgen zwischen hie und Padua sol erschlagen werden. Vielmehr sollen die Herren ReichsRähte betrachten / daß ich durch diese Gelegenheit sie der schweren Last grossenteils entheben /und ihren König mit mir überbringen werde. Als die ReichsRähte bey der Königin anlangeten / und dieselbe ihnen ihrer Frl. Tochter heftiges und mit Trähnen vermischetes begehren vorgetragen hatte / antwortete Herr Bretisla als Reichskanzler also: Ihrer Königl. Hocheit Vorbringen ist von uns untertähnigst angehöret / und schon von dem Durchl. Fräulein an uns fast hefftig begehret worden / daß wir in diese Reise einwilligen möchten. Meine Meynung nun hierüber zu eröffnen / so gestehe ich / daß ich zwischen Tühr und Angel so klam nie gestecket / als eben jezt; dann diese gefährliche Reise zu rahten / und die Verantwortung auff mich zu nehmen / da ihrer Gn. einiger Unfal zustossen solte / ist mir nicht tuhnlich / dann es würde /wie billich / bey mir gesucht werden; dem Fräulein aber steiff zuwiederstehen / wil ich lieber die [230] Kanzley Bedienung auffruffen / weil ihren gewissen Zorn und schwere Rache ich über mich zihen würde. Die andern wahren alle der Meynung / aber niemand betrübeter als Pribisla / daß er auff sich selbst ungehalten wahr / umb / dz er nicht von Hoffe gezogen währe. Endlich ward der Schluß gemacht / die Königin möchte das Fräulein absonderlich vornehmen / ob sie von der Reise könte abgebracht werden / wo nicht /solte man sie auff der sämtlichen Landstände Bewilligung hin weisen / so verflösse inzwischen die Zeit /und würde das Beylager oder Hochzeitfest gehalten. Die Königin ließ sich alles wolgefallen / ohn daß sie der ReichsRähte Gegenwart dabey wissen wolte; foderte das Fräulein vor / und nach wiederhohlung der grossen Gefahr / vermahnete sie dieselben mit gütigen Worten / von diesem Vornehmen abzustehen / dann /sagte sie / es könte kein verständiger solches gut heissen. Als sie diesen unbedingeten Abschlag hörete /überging sie zugleich ein Herzbrechendes Leyden und rachgieriger Eyfer / und gab mit gebrochener Rede diese Antwort; Nun wolan / du liebe Geduld / ergib dich deiner Fr. Mutter Gebot in gehorsam / nach dem deren Wille / meinem Herr Bruder dem Könige / und mir des Königes Schwester / zu wieder gemacht ist; sihe dich aber nach diesem vor / Valiska / wem du trauest. Kehrete hiemit umb / und wolte davon gehen /aber der Zorn übermeisterte sie / daß alles ihr rohtes in eine bräune verendert ward / und sie im hingehen mit einem bitteren Lachen anfing: Ich hätte der gebührlichen Dankbarkeit schier vergessen / damit ich den Herren Rähten samt und sonders verbunden bin /umb daß ihr versprechen sie so fleissig ins Werk gerichtet; sie sollen aber dannoch wissen / daß wann sie keinen andern Vorsaz gehabt / sie ihr reiches Erbieten wol sparen / und andere als ein Königliches Fräulein mit leeren Worten speisen möchten. Nun nun / die Geduld / wie schon erwähnet / muß hie Meister spielen / aber biß dahin. Unmöglich wahr ihr / ein mehres vorzubringen / oder weiter fortzugehen / setzete sich deßwegen auff den nähesten Stuel nider / der Hoffnung / sie würde bessern Bescheid erhalten. Es erschraken aber die Rähte dergestalt über ihre spitzige Reden / daß sie nicht umbhin kunten / durch den Kanzler ihr also zu antworten. Durchleuchtigstes Fräulein / unsere untertähnigste Bitte ist / uns des Argwohns gnädigst zuerlassen / und ihren Zorn von uns abzuwenden / die Götter wissen das wir bereit und erbötig sind / auch unser Blut vor ihrer Durchl. Wolfahrt auffzuopffern; ist dann ihre Gn. mit der Frau Königin Antwort nicht friedlich / so geruhe sie doch gnädigst / es den versamleten Landständen vortragen zu lassen / damit hernähst uns wenigen es nicht in die Schuch möge gegossen werden / und man / welches ja der Himmel abwende / uns nicht vor Verrähter des Königlichen Geblüts angeben und straffen möge. Die Königin redete ihr auch ein / was diese Verwågenheit solte / daß sie denen dräuen dürfte / die an Stat des Königes herscheten; sie hätte sich vorzusehen / und des ergangenen Abtrag zu machen. Gn. Fr. Mutter /antwortete sie / wann die Herren ReichsRähte also anstat des Königes herscheten / daß sie dessen redlichem willen sich gemäß bezeigeten / währe ich straffwirdig; weil sie aber wieder ihren König und dessen willen (der ihnen aus des Königes einladungs Schreiben bekant ist) herschen wollen / werde ich ihnen nimmermehr gut heissen / viel weniger der König; doch habe euer Mütterlichen Gn. ich zu hefftig geredet / so bitte ich dessen herzliche verzeihung; dz aber der Kanzler sich unterstehen darff / mich über dz noch auffzuzihen / sage ich nochmahls / [231] ich müsse es biß dahin der Geduld befehlen. Dieser wuste vor Angst nicht zuantworten / endlich entschuldigte er sich mit grossen verfluchungen / daß ihm solch bübisches Vornehmen nie in den Sin gestigen währe. Worauff sie zur Antwort gab: Herr Reichskanzler / ich nehme eure Entschuldigung an / wann ihr mir dagegen den Wahn abnehmet / daß euer Vorschlag wegen der Landstände Versamlung auff nichts anders gemeinet ist / als mir ein Näsichen anzudrehen / und durch diese Verzögerung die Zeit des Beylagers vorbey zuspielen; wisset ihr nicht / daß am XVII dieses / das Fest bestimmet ist? oder meinet ihr / ich könne ohn federn hinüber fliegen? Doch / ich wil dieses alles nicht so hoch treiben / sondern sage nur so viel: Ist eure Entschuldigung euch ernstlicher / als daß heutige Versprechen / so machets also: Gebet unterschiedlichen Außreitern einen offenen Brieff; traget in demselben den vornehmsten Ständen des Königes Willen und mein Ansuchen redlich vor / und hohlet also ihre Stimmen ein / als dann wil ich euch vor unschuldig halten / und sonst keines weges. Diesen Vorschlag /dessen sie sich wunderten / musten sie eingehen / und wiederhohlete der Kanzler seine Abbitte und Entschuldigung / welche das Fräulein mit hohem Erbieten annam. Ihre Mutter merkete wol / was vor ein Hake sie so hefftig nach Padua zohe / lies sichs aber nicht vernehmen / und fragete doch / was sie bewöge /diese Reise so unablässig zu begehren; welches sie beantwortete; Vor erst währe daß grosse Verlangen /ihrem Herrn Bruder und künfftiger Fr. Schwester zu gehorsamen; hernach bildete sie sich gänzlich ein /wer ihr die Reise hemmen wolte / würde ihres Glüks verhinderung seyn / weil vor einem viertel Jahre ihr im Traume vorkommen / als ob sie in Italien in der Stad Padua (welche sie nicht als aus den GeschichtBüchern kennete) aus einem grossen Dornpusche /eine treffliche güldene Kron / wie wol nicht ohn Mühe hervorgezogen / da zwar die Dornen sie gestochen /und doch nicht blutig gemacht; die gifftigen Schlangen unter dem Pusche sie vielfåltig angehauchet / und doch nicht vergifftet hätten. Die Königin gab zur Antwort; Ob sie sich dann vor solchen Dornen und Schlangen nicht fürchtete? es währe ja leicht geschehen / daß ein Fräulein zuschaden und schanden kähme; solte demnach vielmehr sich durch diesen Traum von solcher Reise abschrecken lassen. Nein Gn. Fr. Mutter / sagte sie; wer den Kern essen wil /muß zuvor die Schale zubrechen; die Kirschen oben im Gipffel werden zwar mit Gefahr abgebrochen /aber sie schmecken doch am süssesten; so lasts nun seyn / ob mich Dornen stechen / wann sie mich nur nicht verwunden; daß mich Schlangen anhauchen /wann sie mich nur nicht vergifften. Biß zu frieden /antwortete die Königin / die Außreiter sollen Tag uñ Nacht mit schnellen Pferden eilen / und der Landstände Meynung einhohlen / aber deren Schluß soltu dich unterwerffen. Also wurden die Schreiben schleunigst verfertiget / in welchen alles nach der Fräulein begehren angeführet ward / neben angehengter Frage / in wie starker Bekleitung sie fortgehen solte / dañ es wolte der Kanzler sich alles verdachts entbrechen. Nun wolte aber Frl. Valiska des gewissesten spielen /machte in aller stille ein kurzes Nebenschreiben /darin sie umb Vergünstigung / und des Königes Willen zu geleben anhielt / auch sich aller Dankbarkeit erboht; welches dann so wol wirkete / daß sie alle einwilligten / und die Anzahl der Begleitung den Reichs-Rähten heimstelleten / ohn allein Herr Ninisla lobete nicht allein der Fräulein Vornehmẽ / sondern taht hinzu / es würde ein sonderlicher Wolstand seyn /wann sie als ein frisches Frl. [232] etwa mit V oder VI Reutern fortzöge / gleich ob sie eine Amazonin währe. Die Reichs-Rähte gaben ihr biß an die Römischen Grenzen 250 Reuter zu / deren hernach 110 umbkehren / und 40 gar mit ihr fortgehen solten. Frl. Valiska seumete sich nicht / sondern / nachdem sie umb der Braut anverwanten willen eine Tonne Goldes an Baarschafft / uñ treffliche Kleider vor sich und den Bräutigam / wie auch eine gute Anzahl Kleinot in Wetscher gepacket und auff MaulEsel geladen hatte /setzete sie sich mit Libussen und Brelen auf eine Gutsche / lies ihr gewöhnliches PrunkRoß ihr nach führen / uñ eilete den Weg in guter Sicherheit frölich fort /biß sie an einem Abend zimlich späte in einem offenen Flecken vier kleine Teutsche Meile von Padua einkehrete / der Meynung / am folgenden Morgen unbekanter weise den Einzug zu halten / und anfangs keinen / ohn den alten Wenzesla ihre Ankunfft wissen zu lassen. Weil sie aber zu dem Hochzeitfest zu späte / und zu ihrem Unglük viel zu früh kahmen / sparen wir ihre Begebniß biß dahin / und wenden uns nach Padua ins Wirtshauß / woselbst Herkules und Ladisla / wie oberwähnet / bey den Böhmischẽ Gesanten sich etliche Stunden auffhielten / hernach Abscheid von ihnen nahmen / und dem Stathalter ihre Ankunfft zuwissen macheten / der dessen froh wahr / und sie auff seiner Leib-Gutsche zum Abendessen einhohlen ließ /verwunderte sich ihres herlichen Ansehens / und ehrete sie als Königliche Gesanten. Die übergebrachten Gelder ließ Ladisla von des Stathalters Rentschreiber annehmen / uñ seinem Gemahl Fr. Sophien einliefern / ob sie gleich nicht zur Hochzeit / sondern zur Reise geordnet wahren. Diesen Abend feyrete Ritter Leches auch nicht / sondern kauffte eine gute Rüstung nach seinem Willen / damit er auff der Stechebahn erscheinen wolte.

Es trug sich aber des Abends gar späte zu / daß der Stathalter / indem er die Steige hinunter ging / einen Brief mit dem Wischtuche unversehens auswarff /welchen Fr. Sophia / die hinter ihn herging / auffhub /und unwissend des Inhalts ihn in den Busem steckete; Weil auch unsere Helden die Vornacht bemühet wahren / zum morgenden stechen alles anzuordnen /muste Frl. Sibylla bey ihr schlaffen / da / indem sie die Kleider von sich legeten / der gefundene Brief / an welchen sie nicht mehr gedachte / ihr aus dem Busen auff die Erde fiel; dessen das Fräulein inne ward / und sie fragete / von wannen er kähme. Jene aber zur Antwort gab: sie hätte ihn ohngefehr gefunden / wüste nicht / wer ihn verlohren / oder was ermeldete. Ey so lasset uns zusehen / sagte das Fräulein / ob vielleicht etwas dran gelegen währe / daß mans seinem rechten Herrn wieder zustellen möge. Als sie ihn nun auffalzeten / sahen sie / daß Herr M. Fabius der Fräulein Vater ihn von Rom an den Stathalter geschrieben hatte / legeten ihn deswegen wieder zusammen / weil sie nicht begehreten ihrer Eltern Heimligkeiten nachzuforschen; aber das Fräulein machte sich allerhand gedancken / daß ihr Vater nicht an sie geschrieben /auch ihr Vetter ihr nicht eins den Elterlichen Gruß angemeldet; daher sie sagete: Ich wil ja nicht hoffen /daß etwa böse Zeitung in diesem Schreiben begriffen sey; meine Fr. Mutter wahr nicht zum besten auf / uñ wird mein H. Vater an seiner Zipperleinsplage niderliegen / sonst währe er schon hie; einmahl weiß ich wol / daß Klodius und Markus die Botschafft brachten / er währe etwas unpaß gewesen. Fr. Sophien selbst wahr nicht gar wol dabey / wolte sie doch nit mißtrösten / sondern gab vor / sie würde ja auch etwas drum wissen / wann ein sonderliches Unglük sich zugetragen [233] hätte; aber diese ward nur in ihrer furcht gestärket / daß sie endlich nicht umhin kunte /sie zu bitten / den Inhalt ein wenig nachzusehen; worin sie ihr gern zuwillen wahr / und diese Worte heimlich lase:

Herzlieber Bruder / aller der deinen gutes Wolergehen habe ich beydes aus jetzigem und vorigem Schreiben ersehen; und wirstu Käyserlicher Hocheit sonders-gnädigste Gewogenheit gegen die beyden fremden Helden wol erfahren haben / deren ehiste Ankunfft man sich dieses Orts mit Freuden vermuhtet. Wann dann deiner Meynung nach / der Ritterliche Held Herr Herkules eine züchtige ehrliche Liebe zu meinem Kinde tragen solte /wollestu unbeschweret seyn / mit ihnen überzukommen /und unsere beyden Töchter mitzubringen / da dann wolgedachter Herr ohn zweifel die gebührliche Anwerbung vor die Hand nehmen / und alles nach Standes Erhei schung vollenzihen wird. Daß aber meine Sibylla ihm so geheim seyn / und vielfältige Unterredung mit ihm pflegen sol / ungeachtet ich an beyderseits Zucht / krafft deiner Vergewisserung nicht zweifele / so nimt michs dannoch nicht wenig wunder / weil bißdaher man sie / mit Mannesbildern umzugehen / nicht hat bereden können; doch ist sie Fleisch und Blut / hat auch eine dankbare Seele / die ohn zweifel eine Gegenliebe in ihr wirket /weil sie von diesem Helden Ehr und Leben hat. Wollest mich demnach eure Ankunfft etliche Tage zuvor wissen lassen / daß ich auff so wirdige Gäste / unangesehen meines Zipperlein / mich in etwas schicken möge. Gehabe dich wol / und biß neben den deinen gegrüsset von deinem Bruder M. Fabius.

Das Fräulein kunte des Endes kaum erwarten / aber auff ihre Frage gab Fr. Sophia ihr zur antwort: Es kähme ihr die Hand unleserlich vor / deswegen sie ihr einhelffen möchte. Meines Herr Vaters Hand / sagte sie / ist mir gar leicht zu lesen / trat hinzu / uñ lase frisch weg / biß sie an die geschriebene Liebe kam /da die Schamhafftigkeit sie dergestalt überfiel / dz sie kein Auge auffschlagen durffte / sondern zu Fr. Sophien sagete: Geliebete Fr. Schwester / was vor Lust hat sie doch an dieser Aufftreiberey? ich habe ja solches um euch wissentlich nicht verschuldet. Sie hingegen beteurete ihre Unschuld hoch / daß sie weder umb diese Sache noch des Schreibens Inhalt ichtwas gewust hätte / biß auff ihr Anhalten sie dessen inne worden; und was werffet ihr mir Aufftreiberey vor? sagte sie / ist es eures Vaters Hand / werdet ihr wissen. Ach ja / antwortete das Fräulein / es ist freylich dessen Hand / aber wie mag er doch immermehr auff solche Gedanken gerahten seyn? Lasset uns den Brief vollends durchlesen / sagte Fr. Sophia / so finden wir vielleicht / das uns aus dem Zweifel helffen kan. Weil sich aber das Fräulein weiteres lesens wegerte / lase sie ihr das übrige fein deutlich vor / worüber sie vor Scham nicht mehr bey ihr bleiben kunte / sondern legete ihre Niderkleider ab / und machte sich nach dem Bette; und als Fr. Sophia ihr alsbald folgete / fing jene an: Ach herzgeliebte Fr. Schwester / was vor Unglük doch / hat euch diesen Brief in die Hände gebracht? nun sind ja die Götter meine unfehlbare Zeugen / daß weder Herr Herkules dergleichen Liebe je an mich gesoñen / noch ich gegen einigen Menschen mich dessen verlauten lassen; aber das Schreiben gibt mir ausdrüklich so viel an die Hand / daß mein Herr Vetter der Stathalter uns beyde in Verdacht halten muß / worin er uns gewiß das gröste Unrecht tuht /weil wir dessen aller dinge unschuldig sind; aber dieses gestehe ich euch / daß auff sein ehrliebendes Anhalten ich ihm Schwesterliche Liebe und Träue verheissen / welches ich umb so viel lieber getahn / weil ich des Vorsatzes bin / daß / wann mir der Himmel einen solchen leiblichen Bruder gegeben hätte / ich an andere Mannes- als Vater- und Bruder-Liebe nimmermehr gedenken wolte. Fr. Sophia antwortete: Herzen Schwester / warumb machet ihr euch deßwegen so bekü erte Gedanken? Dann vorerst ist ja nichts [234] im Schreiben / das euch zu Schimpff oder Unehr könte ausgedeutet werden / und währe über das diese Ehe ja so uneben noch nicht angeleget / in Betrachtung /mein Herr Bruder Herr Herkules hohes Fürstenstandes ist / wie ihr wol gläuben möget / und ihr eins des andern wol wert währet; Ist nun mein Herr Vater durch eure freundliche Unterredung uñ sonst bißher gepflogene Freundschafft in diese Gedanken gerahten / das lasset euch ja nicht wundern / dann ich wil euch bekennen / daß ich eben der Meynung gewesen bin /aber dessen mich gegen niemand verlauten lassen /weil euer keiner mir dessen ichtwas vertrauet hat. Saget mir aber eure herzliche Meynung / wann Herr Herkules umb Heyraht anhielte / woltet ihr ihm solches abschlagen? Darzu ist er viel zu verståndig / antwortete sie / daß er solches nicht bey mir / sondern bey denen / die über mich zugebieten haben / suchen würde; bitte deßwegen / die Fr. Schwester wolle dieses Faß zuschlagen / und von ungefangenen Fischen keine Mahlzeit anrichten; ich habe ihr schon mehr /als meine Scham ertragen kan / zugehöret. Fr. Sophia solte aus der Fräulein Reden billich gemuhtmasset haben / daß Herkules keine eheliche Liebe gegen dieselbe trüge / aber ihre Einbildung wahr so starck auff diese Ehe gerichtet / daß sie noch immerzu einen guten Ausschlag hoffete; brach doch vor dißmahl ab /und begab sich zur Ruhe. So bald der Sonnen Vorbohte den Hi el Bleichroht / und die Erde süß-feuchte gemacht / wahren diese beyde schon wache / und liessen sich auffs allerbeste ausputzen. Fr. Sophia merkete / daß das Fräulein nie so grossen fleiß auff ihren Schmuk / als dißmahl angewendet / uñ daß ihr einfältiges frommes Herz immer zutähtiger ward /daher sie umb so viel mehr ihr Vorhaben ins werk zurichten sich entschloß / so bald einige Gelegenheit sich eräugen würde. Es wahr gar ein schöner lustiger Tag / und weil die Stechebahn nahe vor der Stad wahr / wolten sie sich der Gutschen nicht gebrauchen / sondern zu fusse hinaus gehen / da der Stathalter und sein Gemahl voraus traten / und folgeten nach der Ordnung / Ladisla mit seinem Gemahl / Herkules mit Frl. Sibyllen; der junge Fabius mit Fr. Ursulen / und hinter ihnen die Böhmischen Gesandten. Herkules wahr wegen versicherter Liebe seiner Frl. Valißken so voller Vergnügung / daß er sich nicht mässigen kunte; und weil er Frl. Sibyllen in so treflicher Zierde neben sich sahe / lag ihm die andere so viel stärker im Gedächtniß / daher er mit dieser sich desto freundlicher geberdete / dessen Fr. Sophia fleissig wahr nam. Auff der SchauBühne nahmen sie den Sitz nach der Ordnung des Ganges / aber Frl. Helena / da sie Herkules nicht zum Begleiter haben solte / sondern Frl. Sibylla ihr vorgezogen ward / stellete sie sich krank und ging nach Hause. Die drey Geschenke / so den Uberwindern solten eingereichet werden / wahren ein Halßband am Wert 3000; ein Armband 1600; und ein Ring 1000 Kronẽ, welche Fr. Sophia / Frl. Sibylla und Fr. Ursul austeilen solten; auch waren so viel grüne / mit treflichen Perlen durchzogene Krånze dabey gelegt. Die Gesetze wurden abgelesen / und offentlich auffgehenkt; alsI. solte weder scharff noch feindselig / sondern mit stumpffen Speeren gestochen werden. II. Der Gefellete solte seinen Gegener nicht weiter bemühen. III Schwertstreit währe allerdinge verbohten. Hierauff hielten die Ritter ihren Einzug in die Schranken / CXXV an der Zahl; Der erste wahr ein ansehnlicher Herr / der auff seinem Helm einẽ Engel führete / in dessen Rechten ein Schildlein hing mit dieser Schrifft:Benè si honestè. Gut genug / wanns erbar ist. In seinem Schilde stund ein Ritter / da einen Riesen umbrachte / [235] und diese Worte dabey:Robur cedat fortitudini. Leibeskrafft muß der Hertzhaftigkeit weichẽ. Seine Feldbinde wahr Karmesihn roht mit treflichen Perlen durch und durch gesticket / und die Pferdedecke gleicher Farbe mit Silber durchwircket; sein Harnisch blau angelauffen / mit silbern Sternichen / und sein Pferd weiß mit braunen Flecken / als mit Aepffeln beworffen. Wie er auff die Bahn ritte /schlug er den Helm auff / und erwieß den Zusehern grosse Ehr und Höfligkeit im grüssen / daß niemand zweiffelte / er müste ein grosser Herz seyn / wie er dann sechs wolgeputzete reitende Diener hatte; unter dem Angesicht wahr er schwarzbraun / doch lieblicher Gestalt / seines Alters ohngefehr von XXIIX Jahren.

Nach ihm kam ein Ritter in schwarzem Harnische /und überal schwarzem Zeuge / welches so artig gemacht wahr / als kröche es vol kleiner Würmlein. Im Schilde stund eine Jungfer / die einen Ritter umbfangen hielt / und ein ander zohe sie / wie wol vergebens und wieder ihren Willen zu sich; die Umbschrifft wahr:Aut tu meus, aut ego vermium cibus; Du must meine / oder ich der Würmer Speise seyn. Auff dem Helm hatte er den Tod mit der Sichel / der diesen Spruch in der Linken führete:Præstat mori quam sperni: Besser Tod als verachtet seyn. Es wahr dieser ein vornehmer Römischer Herr / gegen Frl. Sibyllen mit Liebe verhafftet / daher trug er gegen Herkules einen starken Eyfer / weil er ihn vor ihren Bräutigam hielt / dz wo er sich vor dem Käyser nicht gefürchtet / er ihn gewiß zum Kampf außgefodert hätte. Der dritte wahr mit einer lichtblanken Rustung gezieret / mit schwarzem Blumwerk; Feldzeichen und Pferdedecke wahren auch weiß / mit schwarzen Korallen gesticket / und das Pferd glänzend schwarz. Im Schilde stund ein Uberwundener mit frölichem Angesicht / ungeachtet ihm Helm / Schild und Harnisch zuschlagen / und das Blut im aus den Wunden floß / mit diesen Worten rings umbher:Victus sæpè Victore fortior. Der Uberwundene ist offt herzhaffter als der Uberwinder. Auff dem Helme lies sich ein nidergelegter Löue sehen /und diese Worte auff einem Nebentäflein;Succumbo Sorti. Ich unterwerffe mich dem Glücke. Nach ihm folgeten die übrigen in feiner Ordnung; aber der lezte hatte die meisten Anschauer / dessen Harnisch mit fleiß geetzet wahr / als ob er ganz restig währe. Feldbinde und Pferdedecke wahr Himmelblau / aber mit Seide artig durchwircket / als obs mit Koht hin und wieder beworffen währe / daher etliche ihn den Kotigten / andere den rostigen Ritter nenneten. Im Schilde führete er einen Hinkenden mit diesen Worten;Pedis vitium me fecit ultimum. Meines Fusses Mangel macht daß ich der lezte bin. Auff dem Helm stund ein heßlicher Mann / welcher die linke Hand vor die Augen hielt / und in der Rechten ein Täflein mit diesem Spruche:Nocte latent mendæ. Bey Nachtzeit sihet man den Mangel nicht. Als die Schranken geschlossen wahren / stellete sich ein unbewapneter Reuter vor die Schaubühne / und fragete: Ob von dem Römischen Stathalter ihm vergünstiget währe / eine Frage vorzubringen. Und als ihm von demselben mit ja geantwortet ward / sagte er: Es währe ein vornehmer Herr unweit von hinnen / welcher vor etlichen Wochen einen sehr lieben Freud / nahmens Silvan der Großtähtige / durch unfal verlohren hätte; weil dann derselbe willens währe / den Tod seines Freundes an dem Tähter zurächen / und aber er denselben nicht ausforschen könte / als bähte er diese hochlöbliche Versamlung durch Rittersehre / da ihrer einem solcher Tähter kund währe / und wo er anzutreffen / ihn dessen zuverständigen / damit er seinem Vorsaz ein genügen tuhn [236] könte. Herkules hörete bald / daß es eine errichtete Frage wahr / baht den Stathalter umb urlaub zu antworten / und sagete zu dem Abgeschikten: Mein Freund / ich erinnere mich / mit einem Silvan Händel gehabt zu haben / welcher aber kein Großtähtiger /sondern ein StrassenRäuber und gewalttähtiger Menschen Dieb wahr / auch besser des Büttels als eines Ritters Schwert verdienet hatte / welchen demnach kein redlicher Ritter zurächen vornehmen wird; jedoch / wann dein Herr gleichwol solch unsauber Blut seiner Rache wirdig achten solte / kan er sich melden / und sein Heyl versuchen / welches in solchen ungerechten Sachen sehr geringe pfleget zu seyn. Dieser gab zur Antwort; es würde seinem Herren sehr lieb seyn / daß er seinen Mann angetroffen / und wann derselbe bey dem Stathalter könte erhalten / daß er sich weder vor noch nach dem Kampffe nennen und sein Angesicht zeigen dürfte (es währe dann daß sein Feind ihn dazuzwünge) wolte er sich inwendig zwo Stunden einstellen / und seiner Verpflichtung ein Genügen tuhn. Herkules antwortete: Er könte sich mit keinem Ungenanten schlagen / es währe dann daß ein Bürge sich stellete / welcher bezeugete / daß sein Außfoderer kein Ubeltähter oder Unmann / sondern ein redlicher Ritter währe. Jener wiederantwortete darauff; Sein Herr währe hohes Adels und ritterlicher Redligkeit / aber daß er nicht wolte erkennet seyn /währe bloß die Ursach / daß er seines Feindes gar zu grossen Freund den Römischen Käyser fürchten müste; wåhre doch des steiffen vorsatzes auff unverhoffete abschlägige Antwort nicht zuruhen / biß er den Todschläger seines allerbesten Freundes / auff was Weise es auch geschehen möchte / nidergeworffen hätte. Herkules lachete dessen und sagte; Mein Kerl / wann ich vor diesem Trotzer mich fürchtete / würde ich dich mit gutem Recht und fuge lassen auff die Folter legen / biß du mir deines Herrn Schlupffwinkel meldetest / welcher mir vor Käysl. Hocheit Rede und Antwort geben müste; aber daß ich in seiner Vermässenheit ihn nicht steiffe / so nehme ich den Kampff an mit samt der bedingung / welche ihm redlich sol gehalten werden. Zwar der Stathalter wolte einsperrung machen / mit beteurung / es solte dieser Bube / weil er eine gewaltsame Räubertaht verfechten wolte / am Leben gestraffet werden; aber Herkules Wille ging vor / und muste ihm Klodius sein Pferd und Rustung / die er ihm bezeichnete / aus der Stad hohlen / da Ladisla und Fabius die ihre auch bringen liessen. Inzwischen ging das Stechen in den Schranken an / da die vornehmsten ruhig wahren /und die Unachtsamere sich dergestalt tummelten / daß sie mehrenteils die Erde küsseten. Silvans Rächer blieb nicht gar eine Stunde aus / und hatte Herkules sich kaum mit Ladisla und Fabius ins Feld gesetzet /da er einen sehr grossen Ritter in ganz schwarzer Rustung sahe über das quer Feld mit sanfftmühtigem Schritte daher kommen. Derselbe wahr von seinem Abgeschikten berichtet / mit was vor einem unbärtigen schwanken Jüngling ers würde zutuhn haben; dessen er dann so unmuhtig wahr / daß er vermeinete / lauter Schande an demselben zu erstreitten. Nun wolte Herkules vor dem Kampff mit seinem Wiedersacher sprache halten / und als er solches einwilligte /ritten sie gegen einander / da Herkules seinen Helm auffschlug / und zu ihm sagete: Ritter / ehe ich mit euch Kämpffe / möchte ich von euch gerne berichtet seyn / ob ihr eigentlich wisset / in was vor schändlicher Taht ich den Silvan ertappet / und nidergelegt habe. Silvan der Großtåhtige / antwortete dieser / hat nie was schändliches begangen / sondern er als ein Außbund der löblichẽ Ritterschafft [237] verdienet / daß hundert tausend Ritter sein ådles Blut rächen / welches ohn allen zweiffel unredlicher Weise muß vergossen seyn; kan auch nimmermehr glåuben daß von eurer Federleichten Hand er auff Ritters Weise im wenigsten habe können beschädiget werden / wovon ich weiters nicht reden noch hören / sondern also mit euch handeln wil / daß ihr dem tapffern Silvan zum Opffer geschlachtet werdet. Mein Kerl / sagte Herkules / ich höre schon das ein Räuber den andern lobet /möchte aber wünschen daß du dein dräuen einstelletest / damit ich Ursach hätte / mit dir etwas freundlich umbzugehen; weil du aber nur schlachten wilt / ob währestu ein Metscher und ich ein Schaff / so muß ich mich bemühen / dessen eine Reue in dich zubringen. Ja antwortete dieser / wann deiner ein par Dutzet währen / möchtestu dräuen; daß du aber mit wenigem wissest / wornach du dich zu richten habest / zeige ich dir hiemit an / daß dieser Streit seyn sol ein Kampff ohn Gnade. Wolan / sagte Herkules / ihm sey also /wo du nicht bald dich eines bessern bedenkest; kehreten hiemit beyde umb / und auff den ersten Trometen Schal renneten sie mit eingelegten Speeren so grimmig auffeinander / daß die ganze versamlete Ritterschafft und alle andere Zuseher dessen sich entsetzeten / auch ins gemein dem Fremden den Sieg zulegeten. Sie traffen beyderseits wol / doch weil Herkules grosse Krafft anwendete / muste der Fremde im Sattel schwanken / daß ihm der Fal sehr nahe wahr / und er hingegen unbewägt vorbey rennete. Weil auch die Speere gar zusplittert wahren / griffen sie zu den Schwertern / wiewol der Fremde sich nicht wenig entsetzete / daß sein Feind ungefellet blieben wahr / und noch den Vortel erhalten hatte. Ihr Schwertgefechte ging an / so bald sie sich erreichen kunten / und meinete der Rächer añoch / mit Herkules bald fertig zu werden / deßwegen er als ein Rasender auff ihn anfiel / daß er anfangs gnug zutuhn hatte / seine grimmigen Streiche teils auszunehmen / teils durch außweichen abzulehnen / wozu dann sein Pferd wol abgerichtet wahr. Endlich / wie dieser ohn auffhören fortstürmete / brach Herkules weidlich loß mit seinen Doppelhieben / daß der vor erst nur wütete / nunmehr sich schützen muste / und wehrete dieser Kampff über eine halbe Stunde / ehe man an ihnen einige müdigkeit vernam; aber endlich gingen des Rächers Hiebe langsamer und schwächer / dessen sich Herkules zum Vortel gebrauchete / und ihm dergestalt zusetzete /daß ihm das Blut an unterschiedlichen Orten seines Leibes hervor sprützete / uñ er selbst zweiffelte / ob er unserm Helden in die Harre würde können zu Pferde außhalten. Weil er dann / angesehen seiner gewaltigen Leibes grösse / den Sieg zu Fusse ihm gänzlich einbildete / gab er Herkules Pferde eins in die linke Seite / daß es ganz undüchtig zum Gefechte ward. Dieser ergrimmete über solchem Schelmstůcke /sprang geschwinde herunter / hieb seines Feindes Pferde das Maul enzwey / und zwang ihn / gleicher gestalt herunter zu steigen; worauff der Kampff von neuen / und gar auff eine andere Art anging; dann hier wolte Herkules weder weichen / noch einigen Schlag unbezahlt lassen / sondern taht seinem Feinde so gedrange / daß er etliche Schrit hinter sich zuweichen gezwungen ward. Es wolte aber Herkules demselben kein Wort / weder böses noch gutes zu reden / sondern je mehr derselbe an Kräfften abnam / je hefftiger er ihm zusetzete; worüber er ihm mit dem Schwert hinter den Schild kam / und ihn am linken Arm so hart verwundete / daß er den Schild fallen lies / daher dieser ihm die Rechnung einer kurzen Niderlage leicht zu machen hatte / verwunderte sich aber / als er sahe /[238] daß sein Feind den Schild auch von sich legete / und zwar bloß nur darumb / daß er keinen Vortel vor ihn haben wolte; noch dannoch wahr der Rächer so frevelmühtig / daß er kein Wort reden wolte / weßwegen Herkules ihm dergestalt umb die Ohren ging / daß ihm geschwand / welches er merkend / zu ihm trat /ihm den Helm vom Kopffe reiß / und zu ihm sagete: Nun habe ich dich gezwungen / mir dein Angesicht sehen zulassen / und melde mir ja bald deinen Nahmen / oder unser Streit muß ein Kampff ohn Gnade seyn. Der Rächer bisse die Zähne im Kopffe / und weil er bey dem Käyser keine Gnade zuhoffen hatte /setzete er stilschweigens auff Herkules mit höchster Wuht / welches aber einen kurzen Lauff hatte / massen er gar bald einen Stoß ins rechte Auge bekam /daß er zu Bodem fiel. Er fragete ihn also liegend / ob er lieber seinen Nahmen von sich geben / oder den Kopff verlieren wolte; Und als dieser an stat der Demuht noch schmäheworte vernehmẽ lies / schlug er ihm das Häupt mit einem Streiche herunter / wischete sein Schwert / und ging ganz unverwundet nach seinem Ladisla zu / welcher ihm mit einem ledigen Pferde entgegen rante / worauff er sich setzete / und den Stathalter baht / daß er den Reutern ihres todten Herren Leichnam wegzuführen gönnen möchte; welches er leicht erhielt. Die Anwesende Ritterschafft verwunderte sich zum höchsten über Herkules Tapfferkeit /und rieffen ihm alle Glük zum Siege zu / denen er mit blossem Häupte / und frischen freundlichen Angesicht dankete; baht auch den Stathalter / daß das Stechen alsbald seinen Fortgang wieder gewinnen möchte /nachdem er seine übung geendiget / deren er sich nicht vermuhten gewest währe. Der Einrit in die Schranken geschahe nach der erstgehaltenen Ordnung / und versuchten sich noch etliche Ritter / die kein sonderliches Zeichen löseten; biß der zum ersten eingerittene sich auff die Bahn setzete / seinen Helm auffschlug / und ins gemein redete: da einer oder der ander ihn eines Rittes wirdigen wolte / währe er solches zuerkennen willig. Der schwarze Ritter gewehrete jhn des Ansuchens / traffen zu beyden seiten wol /uñ liessen sich keines Wanks merken; im and'n Ritte entwischete dem Schwarzen der rechte Stegreif / aber im dritten muste er gar herunter / da doch jener stets fest sitzen blieb / auch bald ümkehrete / und den gefelleten üm Verzeihung baht / indem er zugleich dessen Manheit preisete / und den Fall bloß auff das Gluk legete; welche Höfftigkeit unseren Helden wolgefiel. Nach diesem Verlauf stellete sich der blanke Ritter ein / und baht ümb einen Versuch; worauff ein starker ansehnlicher aus dem Hauffen hervorsprengete / und diese Antwort gab: Ritter ich bin euch zugefallen / dafern ich nicht zu dem andern treffen genöhtiget werde. Dem Blanken dauchte diese Anmuhtung etwas stolz seyn / und sagete: Ritter / wir wollen zuvor den ersten Gang versuchen / und den andern auff gut Glük aussetzen. Es führete sein Gegener einen Uhr Ochsen im Schilde / welcher mit den Hörnern wieder einen grossen Baum lief / mit dieser ümbschrifft;Ne quid nimis. Vermiß dich nicht zu viel. Auf dem Helme stund das Glückes-Bilde / und diese Worte dabey:Per me succumbit fortior. Wañ ich wil muß der Stärkere unterliegen. Sie nahmen beyde einen langen Lauff /traffen nicht allein mit den Speeren / sondern auch mit den Pferden und Leibern dergestalt / daß sie ůbern hauffen fielen / und jederman gedachte / sie hätten unter jhren Pferden das Herz im Leibe zubrochen; arbeiteten sich doch loß / und sahen mit Verwunderung / wie jhre Pferde alle riere von sich strecketen und verschieden / daß man sie muste hinweg schleppen lassen; bekahmen [239] aber von den Zusehern ein gutes Lob jhrer Manheit / und ward jhnen gegönnet / andere Pferde hohlen zu lassen. Nachgehends renneten noch manniche zusammen / und empfingen einander zimlich rauch; da Frl. Sophia Gelegenheit nam / mit jhrem Ladisla zu reden wegen Herkules und Sibyllen Heyraht / nachdem sie aus jhren freundlichen Gesprächen eine heimliche Liebe / jhrem Vorgeben nach /muhtmassete; worauf er zur Antwort gab; er wüste nicht / was er in diesem Stük von jhm gedenken solte; sie würde aber von dem Fräulein zu vernehmen haben / ob er bey jhr dessen etwas geworben håtte / dann wo solches nicht solte geschehen seyn / hätte man kein Wort deswegen zu verlieren; welche Antwort sie fast aller Hoffnung beraubete. Der erste Ritter mit dem Riesen ward von einem ansehnlichen Herrn ausgefodert / welches jhn doch bald gereuete / weil er im ersten Ritte springen muste. Der Kotigte wolte sich biß daher an nichts kehren / hielt gar am Ende / ob währe er ümb zusehens ankommen / daß man schon einen gemeinen Spot aus jhm machete / und ein stolzer Ritter / welcher im Schilde einen Sperber führete / der eine gefangene Taube hielt / sich offentlich verlauten lies / er müste mit diesem Rostigen eine kurzweil anrichten; ritte auch zu jhm / und sagte: Ritter / ich meine / jhr seyd auch erschienen / ein Speer zu brechen / welches ich mit euch gerne versuchen wolte. Dieser hatte gleich seine Gedanken am anderen Orte /und betrachtete Herkules tapferes Gefechte / desgleichen er nie mit Augen angesehen hatte / daher gab er auff solche Rede keine Antwort; welches jener jhm vor eine Furchtsamkeit auslegete / und in dem er jhn beym Arme fassete / also fort fuhr: Ritter jhr haltet in tieffen Gedanken; oder wegert jhr euch meines Ansuchens / so muß ich weiter gehen. Dieser schämete sich des Fehlers / und gab zur Antwort: Gewißlich Herr Ritter / ich habe nicht gemeinet / daß seine ehrliche Anfoderung an mich gerichtet wåhre / sonst würde ich gebührlich geantwortet haben. Es ist noch Zeitig gnug / sagte jener / wañ ichs nur gewehret werde. Ganz gerne / antwortete dieser; dann wer einen Rit scheuhet / muß warlich ausserhalb Schranken bleiben. Nahmen hierauf ohn ferner Wortwechseln die Bahn ein / und warteten alle Anwesende mit Verlangen / was dieser Kotigte gutes verrichten würde. Sie sahen daß er im Sattel sich sehr wol hielt / das Pferd artig zu tummeln uñ sein Speer geschiklich zu schwenken wuste; aber sein Gegenteil versprach jhm selbst dẽ Sieg so gewiß / als hätte er jhn schon in Fåusten gehabt; wiewol das Treffen viel einanders auswieß; dañ er ward von dem Kotigten so unsanft auff die Erde gesetzt / daß jhm sehen und hören verging / und man jhn mit zubrochenem Arme von der Bahn hinweg tragen muste / da doch jener sich im geringsten nicht bewägete / und aller Zuseher Gunst bekam / welche sageten / dem Hochmuht währe recht gelohnet. Des herabgestochenen Bruder wolte diesen Schimpf rächen / welcher im Eifer zu jhm ritte und also redete; Rostiger; das Unglůk hat meinen Bruder durch eure unwirdige Hand abgesezt / der sonst eurer dreyen solte Fuß gehalten haben; ich aber werde nach endigung dieses Schimpffspiels wissen / euch deswegẽ zu besprechen. Dieser gab jhm zur Antwort; Glänzender und Wolgepuzter / ich habe eurer Zungenkraft schon erfahren /was aber euer Arm vermag / muß ich biß dahin aussetzen / und sollet jhr mich nach alle eurem Begehren finden. Der Stathalter und unsere Helden höreten diesen Zank und verdroß sie nicht wenig / daß der Außfoderer solchen Frevel gebrauchen durfte / daher jhm der Stathalter selbst geboht / sich als ein Schänder seiner Gesetze bald zupacken / oder der straffe [240] gewärtig zu seyn; Aber der Rostige antwortete darauff; Gnädigster Herr Stathalter; es geliebe eurer Durchl. diesem Ritter gn. zu verzeihen / und uns beyden zu erläuben / daß wir alsbald unsern Span ausser den Schranken mit Speer und Schwert schlichten mögen. Der Stathalter beredete es kürzlich mit unsern Helden / und gab jhm zur Antwort: wol an Tugendhafter Ritter / ich willige in euer Begehren. Sie wurdẽ des beyderseits froh / machten sich hinweg und nahmen jhre scharffen Speere zur Hand / da der Ausfoderer an der rechten Schulder hart verwundet / zur Erde geworffen ward; daher der Obsieger abstieg / den Schwertstreit zu Fusse mit jhm antrat / jener aber wegen empfangener Wunde schlechten Wiederstand taht / daß dieser ihn leicht hätte niderschlagen könnẽ; Er wolte aber nicht / sondern sagte zu jhm: Mein Freund / könnet jhr von der ganz unbillichen Rache abstehen / wil ich euch des Streits gerne erlassen / weil ich sehe / daß die empfangene Wunde euch an weiterm Gefechte sehr hinderlich ist. Dieser wolte solches ehrliche Erbieten nicht ausschlagen / und gab zur Antwort: Ritter ich erkeñe eure Höfligkeit / die mich euch zu aller freundschaft verbindet; gaben darauff einander die Hände / und schieden wol vergnüget; wiewol der Rostige sich wieder in die Schranken begab / da sich alsbald fünff Ritter nach einander an jhm rieben / welche alle springen musten / daß seine vorige Verachtung in den höchsten Ruhm verwandelt ward. Nun meinete der Schwarze Ritter an diesem zuerlangen / was er an dem ersten verlohren hatte / traffen auch zweymahl mit gleicher Standhaftigkeit / aber im dritten Satze ging es mit jhm wie vorhin. So hatte der Blanke auch ein Pferd wieder bekommen / und versuchte sich mit jhm / hielt auch zween harte Püffe aus / aber im dritten ging er über und über. Der mit dem Uhr Ochsen wagete sich an den ersten / und ward gleicher gestalt im dritten Treffen nidergeleget. Es hütete sich aber der Rostige mit fleiß / diesem ersten kein Anlaß zum ansfoderen zu geben / und tummelte sich mit andern weidlich herum / die ihm alle denunwilligen Fußfall tahten; wie gleicher weise jener erste sich auch nicht säumete / und ebenmässige Krafft sehen ließ / daher alle wünscheten / daß diese beydẽ es mit einander auffnehmen möchten / damit man den besten kennete; uñ hoffete zwar dieser / es würde der Rostige ihm die Spitze bieten; weil es aber nicht geschahe / machte er sich zu ihm / uñ sagte: Ritter / ihr seyd in diesem Spiel offt ausgefodert / aber allemahl zu euren Ehren /welches ich eurer Tapfferkeit wol gönne / und schier nicht wagen darff / euch ein mehres anzumuhten; hätte demnach wünschen mögen / daß unsere Speere sich einander auch gegrüsset hätten / welches zwar das meine noch gerne leisten wolte / wann ichs ohn Unhöfligkeit bitten dürffte. Der ander merkte wol /daß dieser ein grosser Herr seyn müste / und antwortete ihm mit demühtigen Worten: Er achtete sich dieser Ehr unwirdig / mit dem weiter noch zu stechen /welcher ausser allem Zweiffel den höchsten Preiß schon erworben / wolte auch sein begehren / wann es ohn Verletzung Ritterlicher Ehr geschehen könte /gerne von sich lehnen / weil er aber hoffete / ihm durch Wilfåhrigkeit einen Dienst zu tuhn / währe er bereit ihm zugehorsamen. Herkules hörete ihn reden /und sagte zu Ladisla: Dieser Ritter zeiget inner- und äusserlich seine Demuht an / hält sich vor Rost- und kötig / und ist der wolgeputzeten einer / dessen Kundschafft ich wol haben möchte. Dem Ausfoderer gefiel seine Höfligkeit nicht weniger / baht / mit dem unverdienten Lobe sein zu verschonen / und würde ihm /sich mit jhm zuversuchen / angenehmer seyn / als alles übrige schon geleistete. Worauff [241] jener abermahl seine Willigkeit anboht. Sie foderten feste Speer / begegneten einander zierlich und herzhafft / daß die Speere splittersweise in die Lufft flogen / und keiner im Sattel bewäget ward. Diese beyde stechen umb den ersten Preiß / sagte der Stathalter zu Ladisla / wo sie ihn nicht beyde gewinnen. Ich fürchte eben dasselbe /antwortete dieser / schikte deßwegen nach der Stad /ein Halsband / dem ersten gleich / herzuhohlen. Die Stecher foderten neue Speere / und wurden auff sich selbst unwillig / daß sie im andern Ritte beyderseits fehleten / weil jeder sich bemühete / dem andern aus dem Stosse zuweichen / und seinen anzubringen; tahten darauff den dritten so viel hefftiger und gerade zu / da sie beyde hinter sich bogen / auch der Rostige einen Stegreiff verlohr / dessen doch niemand innen ward; und weil die Speere abermahl zubrochen wahren / nahmen sie nochmahls andere / ranten als blindling / und traffen sehr wol / auch ohn alles wanken; im vorübertraben aber griffen sie einer nach dem andern / zogen sich von ihren Pferden / sprungen bald auff / und fingen an mit einander zu ringen / in welchem der Rostige schier solte Meister worden seyn; weil aber die Richter auffklopffen und sie warnen liessen / traten sie voneinander / und lieffen ihren Pferden zu. Bald darauff ward das Stechen auffgeruffen / und den Rittern ins gemein Dank gesagt / welche auff den folgenden Tag wieder eingeladen wurden. Die Richter / Herren Kornelius und Emilius traten mit Fr. Sophien / Frl. Sibyllen und Fr. Ursulen zusammen / und urteileten / daß der erste und lezte in gleichem Wert den höchsten Preiß verdienet hätten; den andern legten sie dem Blanken / und den dritten dem Schwarzen zu. Da ließ nun Fr. Sophia die ersten beyden vor sich fodern / und redete sie also an: Manhaffte /hochädle Ritter / wie selten es geschihet / daß zween zugleich den höchsten Preiß verdienen / so hoch verwundert man sich über euer beyder gleichmässigem Wolverhalten / und daß man ihre Tapfferkeit so gar nicht zu unterscheiden weiß / ohn daß der eine hat müssen scharff fechten. Der erste entschuldigte sich der Ehren / und legete dem Rostigen das höchste Lob zu; dieser gab dagegen vor / sein Stechen währe mit dieses seinem nicht zuvergleichen / welches alle anwesende würden bezeugen müssen. Aber Fr. Sophia sagte: Ihr Herren Ritter / werdet ja unserer Herren Richter Urtel nicht ungültig machen / sondern dieses unwägerlich als einen wolverdienten Gewin annehmen; reichte damit einem jeden das Halsband ein /und daß sie dabey sich ihres Wolverhaltens allemahl zuerinnern hätten. Der Rostige aber taht seinen Helm ab / dann er wahr der Böhmische Ritter Leches / ging ungefodert nach Ladisla auff die SchauBühne / setzete sich vor ihm auf die Knie / und sagete überlaut: Durchleuchtigster / gnädigster Herr; daß gestriges Tages Euer Durchl. ich die Hände untertähnigst zuküssen unterlassen / bitte ich umb gnädigste Verzeihung / bin sonst mit den Königlichen Herren Gesanten herüber kommen / keiner andern Ursach wegen /als Ihrer Durchl. untertähnigst auffzuwarten / und in meines Königes Diensten zu sterben; Zog sein Schreiben hervor / und übergab es seinem Herrn / welches die Königin ihm absonderlich mitgegeben / und darinnen seines Vaters des alten Pribisla Träue überschrieben hatte; begehrete auch / diesen guten Ritter in geheime Dienste zunehmen / und als einen Königlichen Verwanten zu halten. Ladisla wahr nicht allein seiner Ankunfft froh / sondern freuete sich insonderheit / daß er sich im Kampff und Stechen so ritterlich verhalten hatte / hieß ihn auffstehen / boht ihm die Hand (welche er küssete) und versprach ihm alle, Gnade und Gewogenheit. [242] Inzwischen stellete Frl. Sidylla dem Blanken / und Fr. Ursul dem Schwarzen Ritter das andere und dritte Geschenk zu / und gingen nach Vollendung wieder hin nach des Stathalters Hof. Bey dem Abendtanze ging alles lustig zu / wobey Frl. Helena Ehrenhalben sich muste finden lassen / deren Eifer gegen Frl. Sibyllen Herkules gemerket hatte /und jhm übel gefiel / insonderheit / weil er schon andere Unarten an ihr spürete / welche nirgends als aus ihrer Eltern Nachlässigkeit herrühreten / massen dieselben wegen gar zu grosser Liebe jhre Gebrechen nicht sahen / viel weniger abgewehneten; Weil dann Herkules dergleichen Unvolkommenheiten nicht kunte zugetahn seyn / enthielt er sich ihrer mit fleiß / und näherte sich Frl. Sibyllen umb so viel mehr / weil er sonst keine Geselschafft hatte / und Fr. Sophien ihren Ladisla gönnen muste. Dieses verursachete / daß man ihn vor verliebet schätzete / welches doch in sein Herz nicht kommen wahr / hütete sich auch fleissig / kein Liebes-Gespräch mit ihr zuhalten / weil er merkete /daß ihr Herz eines mehren / als der brüderlichen Freundschafft sich gerne hätte bereden lassen / wann er Anlaß darzu geben wollen. Frau Sophia hermete sich sehr / daß sie nichts gewisses von ihm erfahren kunte / taht ihr auch leid / daß das liebe Fräulein bey ihren Eltern selbst in diesem Verdacht seyn / und vielleicht durch vergebliche Hoffnung auff Herkules /alles andere Glük verscherzen solte: zu geschweigen /daß ihr solche Kundschafft mit ihm / übel ausgedeutet / und von andern gemeidet werden möchte / daß sie wol gar darüber dürffte sitzen bleiben. Dieses wo möglich / abzukehren / setzete sie sich zu Herkules an die ander Seite / und fragete / ob sie den dritten Sprachmann geben dürffte; baht ihn hernach / er möchte helffen die heutigen Ritter beobachten / unter welchen etliche vornehme Römische Herren währen /aus denen sie die Wirdigsten hervor suchen / und sie ihren beyden Frll. Wasen / als Frl. Helenen und Frl. Sibyllen freyen wolte. Sibylla aber die solches hörete /auch ihren Vorsaz wol verstund / dessen sie sich doch nicht merken lies / gab zur Antwort; sie gedächte noch auff kein heyrahten / wolte auch nicht hoffen /daß man Ursach hätte / sie so freygebig außzubieten; zweiffelte daneben / ob sonderliche vornehme Römische Herren bey dem heutigen Ritterspiel sich angefunden / massen sie kein sonderliches Wolverhalten von ihnen gesehen hätte. Herkules gab ihr Beyfal /und rühmete an ihr / daß sie ihres Glüks abzuwarten willens währe. Dessen Fr. Sophia lachete / und zu ihm sagete; wie wann dann etliche sich bemüheten /dem Herr Bruder auch eine an die Hand zubringen? was gilt / wo er alsdan einen so geträuen Beystand an meiner Frl. Schwester haben würde? Daß hat mit mir nichts zu bedeuten / antwortete er / massen meine Sachen noch zur Zeit also beschaffen sind / daß ich an heyrahten oder Liebe nicht gedenken muß / wann gleich meine Jugend nicht währe; mit ernst aber von meiner hochgebohrnen Frl. Schwester zu reden /möchte ich wünschen Gelegenheit zu haben / ihr dereins auff ihren hochzeitlichen Ehrentagen auffzuwarten / und sehe ich dieselbe vor so verständig an / daß sie sich nicht wird überschnellen lassen; meines teils muß ich mit derselben bekennen / daß sonderlicher Herren Gegenwart ich heut nicht verspüret / und ob mir gleich nicht geziemen wil einigen Menschen verächtlich zu schätzen / so kan ich doch nicht umbhin /meines Herzen Gedanken zu offenbahren / daß unter der heutigen Ritterschafft (wann ihrer gleich XII in einander geschmolzen würden) ich keinen gesehen /der meiner Frl. Schwester Liebe zur Heyraht wirdig währe. Ach mein Herr / antwortete das Frl. ich hätte solches Lobes mich billich zubedanken / wanns nicht gar zu hoch währe / nach dem [243] meine geringfügigkeit mir wol bewust ist / und ich von den hohen Tugend-volkommenen Rittern und Herren mir keine Hoffnung zu machen habe. Der Tanz verstörete dieses Gespräch / weil Herkules ein vornehmes Paduanisches Fräulein zugeführet ward / mit welcher er einen zierlichen Tanz hielt / kam hernach mit dem Stathalter ins Gespräch / welcher von ihm zu wissen begehrete / wie bald er die Reise nach Rom fortsetzen würde; dem er zur Antwort gab; er wolte inwendig acht Tagen mit schnellen Pferden fortgehen / Käyserl. Hocheit untertähnigst auffzuwarten / und bald darauff eine höchstnötige Reise vornehmen; welche Antwort den Stathalter nicht wenig befremdete / als welcher ihm viel andere Gedanken eingebildet hatte. Herkules redete ihm zwar die Warheit seines Vorsatzes / welchẽ er diese Nacht bey sich beschlossen hatte / dz nach abgelegter Reise nach Rom / er Ladisla (unter dem Schein einen Christlichen Ort seinem Gelübde nach / allein zubesuchen) zu Padua verlassen / und in geheim nach Böhmen reiten wolte / in dem nähesten Städlein bey Prag sich auffhalten / seine Anwesenheit dem Fräulein zuwissen machen / und durch seine Gegenwart uñ mündliche Unterredung einen festen Schluß ihrer künfftigen Ehe setzen / welche er nach zweier Jahre verlauff (die er in den Morgenlåndern durch Ritterschafft zubringen wolte) zu volzihen Hoffnung fassete. Aber Gott schikte es viel anders / wie in folgenden Büchern wir werden zuvernehmen haben.

Diese Nacht erhub in unserer Helden Marstalle sich ein gräuliches gepölter / daß die Pferde vor Angst strampfeten / und die Knechte aus Furcht sich verbergeten; welches des folgenden Morgens angemeldet /und daraus gemuhtmasset ward / es würde heut beym Stechen scharff daher gehen; welches aber nicht erfolgete / sondern gelinder als das vorige wahr / ohn das zween Ritter im herunter fallen das Genik abstürzeten / und einer von seinem Pferde geschleiffet ward / daß er des dritten Tages hernach die Seele ausbließ. Die Preißträger des vorigen Tages / liessen sich heut nicht gebrauchen / daher jener mit dem Uhr Ochsen den ersten Dank / eine Huhtschnur von Demanten auf 1000 Kronen; Klodius den andern / einen Federpusch mit einem Kleinot / auf 800 Kronen; Und Markus den dritten / ein Käyserl: Brustbilde mit Demanten eingefasset / auf 600 Kronen / davon brachten. Diese Nacht hielt die Spükerey in dem Marstalle an / und wahr heftiger dann vorhin so daß die Pferde sprungen /schlugen uñ wrinscheten / daß kein Diener hinzu nahen durfte / welches Herkules anfangs vor ein solches Werk des Teufels hielt / durch welches derselbe ihm eine mißgläubige Furcht einjagen wolte; Verfůgete sich auch zimlich früh nach dem Obristen Christlichen Lehrer daselbst / es mit jhm zu bereden / welcher es auf gleiche Weise auslegete / und sich erbot / mit der ganzen Christlichen Gemeine es in sein andächtiges Gebeht zu nehmen / und Gott den Herrn inbrünstig anzuruffen / daß er des Teufels Werk zerstören /und alles Unglük gnädig abwenden wolte. Ladisla nam es auch sehr zu Herzen / und durch Fr. Sophien lies er die heidnischen Pfaffen ersuchen / den Göttern Opfer zu schlachten / welche nicht allein solches über sich nahmen / sondern auch ohn Herkules Vorbewust (der es sonst nicht wůrde eingewilliget haben) allerhand Räuchwerk und andere abergläubische Dinge in dem Stalle verrichteten / mit dem vorgeben / dafern diese Nacht sichs nicht enderte / müste man auff vier Wochen den Stal räumen / das Pflaster ümkehren und das Dach mit neuen Steinen belegen.

An diesem dritten Tage ward ein Ringel rennen gehalten / bey welchem sich Herkules [244] in prächtiger Kleidung finden lies / tummelte sein Pferd dermassen / daß aller anwesenden Augen sich nach jhm kehreten. Bey dem Rennen bedingete er sich / zwar zur Lust und in Geselschaft mit zumachen / aber keinen Teil am Gewinn zu haben. Weil ers dann allen andern weit zuvor taht / schikte jhm das Frauenzimmer einen schönen Blumen Kranz mit köstlichen Perlen und ädlensteinen ümbwunden / welchen er mit höflicher Ehrerbietung an den rechten Arm steckete. Der ordentliche Siegesdanck ward dem fremden zuerkennet /welcher des ersten Tages nebest Leches den höchsten Gewinn erhalten hatte; nehmlich / eine güldene Speer Spitze mit Rubinen eingelegt / ein par güldener Sporen / und ein par Steig Bůgel auff gleiche art gezieret /ingesamt am Wert 4000 Kronen. Dieser håtte unsers Herkules Kundschafft gerne gehabt / weil er jhm über die masse gewogen wahr; nachdem er aber eine schleunige Reise fortzusetzen hatte / ritte er nach geendigter übung zu jhm hin / und redete jhn also an: Hochberümter Ritter und Herr; ich dieses Orts ein Fremder auch Ausländischer / möchte wünschen / die Gelegenheit zu haben / mit demselben in bessere Kundschafft / und da ichs wert seyn könte / vertraulichere Freundschafft einzutreten / als welcher vor RittersEhr und Zier nicht unbillich von jederman geschätzet wird; weil aber die Nohtwendigkeit mir befihlet / meine Reise straks Angesichts fortzusetzen /bitte ich sehr / mein Herr wolle mich / Nahmens Pharnabazus aus Persen / unter die Zahl seiner auffrichtigen Diener und geträuen Freunde auffnehmen / und bey diesem schlechten Ringe (welchen er jhm reichete / uñ über 3000 Kronen wert wahr) meiner stets eingedenke seyn / da dañ meine höchste Vergnügung seyn würde / meinem Herrn der eins angenehme Dienste leisten zu können. Herkules bedankete sich dessen mit sonderlicher Freundligkeit / und sagete: Mein Herr /ich schätze mich ganz unwirdig des gesprochenen Lobes; Die verheissene Freundschafft ist mir tausendmahl angenehmer / trage meinem Herrn ein gleichmässiges aus redlichem Herzen auff / uñ möchte sich wol begeben / daß ich die abgelegenen Morgenländer besuchete / da seinem lieben Nahmen nachzufragen /ich unvergessen seyn werde / wann ich nur des Orts etwas genauere Nachricht haben könte; reichete jhm auch einen Ring ein / köstlicher als der empfangene /und nöhtigte ihn / bey dem Stathalter mit einzukehren. Dieser nam die Gedächtniß mit hohem Dank zu sich /dabey anzeigend / sein Nahme währe bey den Fürsten Höfen in Assyrien / Susiana / Persen / Meden / uñ andern mehr / auch in der Parthischen Hauptstad selbst zimlicher massen bekant / wann man nur fragete nach Pharnabazus des Persen Artaxerxes Oheim. Nachgehends meldete er ihm vertraulich an / es würden in kurzer Zeit solche Verenderungen und Begebnissen in den Morgenländern vorgehen / dergleichen in mehr als 400 Jahren nicht erhöret währen / und dafern er /Herkules / belieben trüge / in fremden Kriegen / Lob /Ehr und Gut zuerstreiten / wůrde in der ganzen Welt ihm bessere Gelegenheit nicht zustossen / wolte ihn auch bey seiner Redligkeit versichern / daß an Persischer seiten ihm seine Kriegsdienste dergestalt solten ersetzet werden / als er würde wünschen können. Daß er aber nach seinem begehren mit ihm vor dißmahl nicht einkehrete / verhinderte seine höchste Eile /worauff vieler tausend Seelen Wolfahrt hafftete / und er sich hieselbst / bloß aus Begierde seiner Kundschafft / schon zu lange auffgehalten hätte / welches er mit Nachtreisen einbringen müste; nam hiemit Abscheid / baht / das eröffnete ingeheim zuhalten / und den Durchleuchtigsten Fürsten Herrn Ladisla untertähnig grüssen. Herkules kunte ihn wider seinen Willen nicht auffhalten / [245] wünschete ihm Glük zu alle seinem wichtigen Vorhaben / versprach auch / inwendig Jahrs frist / da er lebete / mit einer kleinen Ritterlichen Schaar / bey welcher er vor Räuber Anfall gesichert seyn könte / sich in Persen finden zu lassen /welches diesem Herrn überaus angenehm wahr / auch zuvernehmen gab / je stärker er kommen würde / je angenehmer würde er seyn / ungeachtet man auff allen fall zum überfluß Völcker hätte. Also begab sich Herkules nach Hofe / woselbst über Tische von diesem fremden Herrn viel geredet ward / und schätzete ihn der Stathalter vor einen Parthischen Gesanken / der irgend bey dem Käyser nöhtige Werbung zuverrichten hätte / worin er doch irrete / massen er von andern Morgenlåndischen Fürsten abgesendet wahr. Des Abends nach der Mahlzeit bey dem Tanze / überfiel Herkules eine ungewöhnliche Traurigkeit / deren er sich durchaus nicht entschlagen kunte / wie sehr er sich gleich der Fröligkeit annahm. Ladisla merkete solches an ihm / und fragete / ob er sich nicht wol befůnde; dem er antwortete: Ich weiß fast selber nicht /wie mir ist; mein Gemüht in mir ist als zerschlagen /mein Herz ligt mir im Leibe als ein Kiselstein / und weiß dessen doch nicht die allergeringeste Ursach; darumb bitte ich meinen Gott / dz er von uns alles schädliche gnädig abwenden wolle. Mir ist nicht viel besser zu sinne / sagte Ladisla / weiß nicht / ob etwa die vielfältigen Gåstereyen solchen Ekel und Widrigkeit erwecken mögen; sähe demnach gerne / daß du dich zur ruhe legtest / so wil ich dir bald folgen. Ich bin gleich des willens / antwortete er; rief Klodius zu sich / und befahl ihm / daß er 1000 Kronen morgen gar früh dem Christlichen Lehrer bringen solte / dieselben unter die Armẽ auszuteilen; schrieb auch / da er in seiner Schlaffkammer angelanget wahr / ein Brieflein an denselben / offenbahrete ihm sein trauriges Anliegen / und begehrete / daß gegen morgen früh er sich auff eine Trostpredigt schicken möchte / nach deren Anhörung er willens währe etwas auszureiten. Richtete hiemit seine herzliche Andacht zu Gott / und sprach unter andern dieses Gebeht:Gnädiger Helffer! mein Heyland JEsus Christ; verzeihe mir gnädig die bißher begangene grosse üppigkeit / und daß ich schier ohn einigen rechtschaffenen Gottesdienst / diese Tage in der Weltpracht und nichtigen Fleischeswerken zugebracht habe; Du weist / HErr mein Gott / daß ich wider meinen Willen mich dabey finden lassen muß / und viel lieber in stiller Einsamkeit dir dienete / dein heiliges Wort zubetrachten; allein ich lebe ja leider in der Welt / in der heydnischen Welt / da ich manniche Abgötterey und Boßheit anzuhören gezwungen werde / und mich solchem unbillichen Wesen nicht widersetzen darff. HErr sihe mich an mit den Augen deiner väterlichen Barmhertzigkeit; wende von mir des Herzen Traurigkeit / uñ gib mir einen ruhigen FreudenGeist / welcher von der welt sich abzihen und dir in beharlicher furcht dienen möge. Solte aber etwa ein schweres Unglük wegen meiner vielfältigen Sünde mir bevor stehen; O HErr so wende es in Gnaden von mir / und stehe mir zur Rechten / daß ich darunter nicht erliegen möge; alsdann wil ichs durch deine Hülffe gerne tragen / und deine Züchtigung zur heilsamen Besserung annehmen; dann ich weiß HErr /daß des Fleisches Wolergehen mich auff dem Wege zum Himmel nicht erhalten kan / sondern deine Gläubigen dir durch viel Trübsal nachfolgen müssen. Erhöre mich HErr mein Gott umb deiner Barmherzigkeit willen / und laß deine Güte über mich walten / wie ich auff dich hoffe.

Nach geendigtem Gebeht legte er sich und schlug alle weltliche Gedanken auß dem Sinne. Ladisla wolte samt seinem Gemahl mit Herkules in einem Gemache schlaffen / weil er seine Traurigkeit sahe; folgete ihm auch bald nach / und funden ihn schon in voller Ruhe / da er einem Engel Gottes ähnlicher als einem Menschen sahe. Die Arme hatte er nacket aus dem Bette liegen / und die Hände gefalzet / dann über dem Gebeht (welches stets seine Gewonheit) wahr er eingeschlaffen. Sie wolten ihn in seiner Ruhe nicht stören / legten [246] sich auch so sanffte nider / daß er ihrer Anwesenheit nicht inne ward. Als es gegen den Morgen ging / ließ er einen schweren Seufzen im Slaffe hören / worüber Ladisla erwachete / und ihn bewäglich fragte / ob er sich nit wol befünde. Er vernam nun erst / daß er mit ihm auff einem Gemache schlieff /und gab zur Antwort; Ey dz Gott walte / wie schrecken mich die leidigen Träume und einbildungen; Gott behüte mich und alle die meinen vor schwerem und unerträglichem Unglük. Fr. Sophia baht ihn / sein Anliegen zu melden; welches er ihr nicht versagen wolte / und zeigete an / es währe ihm vorkommen / als hätte ein listiger Fuchs einen grossen hauffen hungeringer Wölffe auff ihn gehetzet / welche ihn grimmig angefallen / und das Herz ihm aus dem Leibe gerissen /welches er zwar endlich / aber mit unaußsprechlicher Mühe und Lebensgefahr wieder bekommen / da er sich zu Wasser und Lande darnach wagen müssen. Ladisla sagete darauff; alle böse Deutungen gehen über unsere Feinde; aber Fr. Sophia / welche ihnen die traurigen Gedanken benehmen wolte / machte einen Scherz daraus / gab vor / sie könte daher anders nichts schliessen / als das ein schönes verständiges Fräulein ihn verliebet machen / und der Liebes Gott seine Pfeile mit hauffen auff sein Herz zuschiessen würde / biß er sein ander Herz erlangete und in seine Gewalt bråchte; welches er mit wenigem beantwortete / uñ sie darauff / weil es noch sehr früh wahr / bald wieder einschlieffen / ohn Herkules / der ohn unterlaß in seinem herzlichen Gebeht zu Gott anhielt / daß er doch die allerschärffesten Straffruhten ihn nicht wolte fühlen lassẽ / sondern als ein gnädiger Vater mit ihm handeln. Behtete darauff den XXV, XXXI, CXXI, CXXX, und andere Psalmen Davids mehr / und verrichtete seine Christeiferige Andacht nicht ohn Trähnen. Als er nun eine Stunde also mit Gott geredet hatte / fuhr Ladisla aus dem Schlaffe und sagte; Die Götter behüten dich vor allem übel. Wen mein Schaz / wen sollen die Götter behüten / fragete ihn Fr. Sophia. Ich rede es wegen meiner Frl. Schwester / antwortete er / die mich dauchte in grosser Ohmacht liegen / an Händen und Füssen gebunden / da sie zu mir sagte: Mein Bruder / wilt dann weder du noch Herkules eure Schwester Valißken retten / die umb euret willen dem grimmigen Drachen sol vorgeworffen werden? Sein Gemahl redete ihm ein / man müste auff Träume nicht achten / als durch welche die Menschen gemeinlich betöhret würden. Aber Herkules ward hiedurch noch leidiger; dañ er deutete sein geraubetes Herz schon auff nichts anders aus auf sein allerliebstes Fräulein; daher baht er Gott inständig / er möchte sie gnädigst bewahren / daß sie nicht im Heydentuhm unterginge; hernach sagte er zu Ladisla: Mein Bruder / ich fürchte sehr / es werde zu Prag nicht am besten zugehen / oder doch ein feindlicher Anfal nit weit seyn / welchen zu hindern uns ohnzweiffel die Träume anreizen wollen; und wer weiß / was der Pannonier im Schilde führet / welcher schon bey deines H. Vaters Lebzeiten Ursach und Gelegenheit zum Kriege suchete; währe demnach nicht undienlich / dz du mit deinem Gemahl dich nach deinem Königreiche erhöbest /und deines Heyls wahr nähmest. Ja mein Bruder / antwortete er; Mein Gemahl und ich sind darzu bereit und fertig / nur mangelts bloß an dir / ob du dich erklären könnest / mit uns fortzuzihen / alsdañ sol der erste Tag mir der liebeste seyn. Herkules erseufzete über diesem anmuhten / und sagte; wann ich dir sonderlich nütze in deinem Königreiche währe / wolte ich dir ein solches nicht versagen. Er wolte weiter in der Rede fortfahren / aber Klodius klopfete an / uñ als ihm Herkules befahl hinein zu tretẽ / meldete er an /es währe diese Nacht ein solches Unwesen in ihrem Marstalle [247] gewesen / dz das vorige nur ein Kinderspiel dagegen zu rechnẽ währe / und wañ sie die wirkung des ergangenen übels sehen wolten / stünde solche zu jhrem belieben / nachdem nun mehr vor einer halben Stunde sich alles gestillet hätte. Herkules wuste nicht / was er daraus machen solte; und Ladisla fing an ungeduldig drüber zu werden; ob dann der Teufel auff jhren Pferden Ritter werden wolte. Sie machten sich bald dahin in den äussersten Vorhoff / da jhr Marstal wahr / und sahen nicht allein / daß XXIV statliche /teils Gutsch-teils ReitPferde daselbst im Platze tod lagen / sondern auch acht übel zugerichtete Pferdeknechte / denen Arm uñ Beine entzwey geschlagen wahren. Das ganze Dach war über die Statmaur hinweg geführet / und das Pflaster des Stalles wahr dergestalt ümbgewühlet / daß kein Stein an seinem vorigen Orte lag. Ladisla rief einen Gutscher herzu / und fragete / wie es zugangen währe; welcher diese Erzählung vorbrachte: Gleich üm die Mitternacht ging das vorige Unwesen an da die Pferde prausteten und trampfeten / biß ein heftiges peitschen gehöret ward /worauff die Pferde jhre Halfter zurissen / loß wurden /und ein solches wrinschen / schlagen und beissen unter sich anfingen / daß wir alle miteinander nicht anders gedenken kunten / als das sie alle drauf gehen würden; Unser etliche machten sich auf / ümb den Stal zu öffnen / worüber jene arme Kerle von den Pferden so elendig zugerichtet sind; mir aber fugete das Glük daß ich zu der Stal Tühr nahete / und sie auffstieß / worauff die Pferde als wild und tol hinaus sprungen / auch so bald sie unter den blossen Himmel kahmen / ganz stille und ruhig wurden / als währen sie auff der Weide gangen. Im Stalle aber wahr ein solches Wesen / als hätte man ihn gar ümwerffen wollen / biß endlich ein starker Sturmwind das Dach fassete / und es in einem Stücke durch die Luft hinweg führete / da dann diese XXIV Pferde drüber zu nicht kommen / die übrigen aber / ohn vier verwundete /Gesund blieben sind. Herkules sagte zu Ladißla; wir wollen dem Teufel zu Troz dieses alles verachten /verlachen / und kein Wort davon reden / er mag i erhin sich in dem stinkenden Pferdestal lustig machen; ging mit jhm hin in den LustGarten / und als sie vor einem Rosenstocke vorbey traten / ward Herkules gewahr / daß unter den weissen Rosen eine rohte oben im Gipfel saß / dessen er sich wunderte / und es Ladisla zeigete. Frl. Sibylla machte sich zeitig nach Fr. Sophien / und wahr jhre erste Frage / warumb Herr Herkules des vorigen Abends so schwermühtig gewesen / uñ wieder seine Gewonheit stilschweigens Abscheid genommen hätte; worauff sie antwortete: Er hätte sich etwas übel befunden / währe aber schon besser mit jhm. Als sie gekleidet wahren gingen sie nach dem Garten / da jhnen Herkules die Blutrohte Rose unter den Schneweissen zeigete / welches Fr. Sophia vor ein sonderliches Unglüks-Zeichen hielt /und das nöhtig währe / durch Opfer die zornigen Götter zu versöhnen. Aber Herkules / der solche Abgötterey nicht stärken wolte / gab zur Antwort: man müste kein aberglåubisch Ding aus den Gewåchsen machen; es trüge sich desgleichen an den Zwiebelgewächsen zu / daß sie wol alle Jahr jhre Farbe enderten. Dieses brachte er zwar mit dem Munde vor / aber sein Herz legte es viel anders aus / und baht Gott u abwendung alles übels. Sie hatten abgeredet / heut zur Lust auszufahren / aber Fr. Sophia wiederriet es bey dem Frühstücke / welches sie zu dem Ende hatten zurichten lassen / dann sie befürchtete sich / es möchte jhnen auf so mancherley Zeichen etwa ein Unglük zustossen.


Ende des Ersten Buchs.

2. Buch
[248] Anderes Buch.

Die Böhmischen Gesanten hatten gleich diesen Morgen unter sich abgeredet / ihren Herrn und König umb gnädigste Erlassung zur Heimreise untertähnigst zubegrüssen / und wo möglich / folgendes Tages ihren Rükweg vorzunehmen / der ungezweifelten Hoffnung / es würde ihr König nunmehr seine Gedanken und Vorsaz geendert / und der fernen Reise sich begeben haben / so daß er entweder mit seinem Gemahl eine zeitlang zu Padua verbleiben / oder in kurzen nach Böhmen folgen / und die vollige Beherschung antreten würde. Herkules wahr die Mahlzeit über mit gleichmässigen Gedanken beladen / und wuste nicht /wessen er sich hinfüro zuverhalten hätte. Zwar er kunte ihm nicht einbilden / daß sein lieber Ladisla weiters noch mit ihm zureisen solte gesonnen seyn nachdem er sein herzgeliebtes Fräulein sich hatte trauen und ehelich beylegen lassen; jedoch weil er sahe /daß diese Verenderung ihm nicht das allergeringeste von der alten eingewurzelten Freundschafft benam /kunte er nichts gewisses schliessen / vielweniger ersinnen / auff was weise er sich würde von ihm trennen können / daß es mit seinem guten willen geschähe; dann er wahr des steiffen Vorsatzes / keines weges zu Padua ober in Böhmen seine Jugend zuzubringẽ / ehe er die Welt / insonderheit die beschrihenen Reiche /Griechenland und Asia / auch wo möglich / Egypten besucht / und daselbst Ritterschafft geübet hätte. Weil er aber hierin so bald keinen gewissen Schluß machen kunte / befahl er seinem Gotte die Sache / der ungezweifelten Hoffnung / er würde alles nach seinem gnädigen willen schaffen und zum besten schicken. Als er in diesen Gedanken begriffen wahr / trat sein Leibknabe Publius vor den Tisch / und meldete an /es währe ein verwundeter blutiger Reuter in fremder Kleidung haussen vor dem Hof-Tohr / dessen Reden und Seufzen niemand verstehen könte / ohn daß er die Nahmen Wenzesla und Ladisla offt widerhohlete. Der Stathalter hatte dem Wenzesla die Ehre angetahn /und ihn mit zur Mahlzeit gefodert / und sagte Herkules zu ihm: Lieber gehet doch hin / und vernehmet /obs etwan der Herren Gesanten Diener einer sey; dann ich mache mir die Gedanken / sie werden entweder unter sich selbst / oder mit andern in Zänkerey Wunden gewechselt haben. Der Knabe antwortete: es währen ihm der Herren Gesanten Diener alle miteinander sehr wol bekant / dieser aber währe gar ein fremder /und führete zween zimlich schwer beladene Maul Esel an der Hand. Wenzesla ging eilends hinaus / umb die eigentliche Warheit zuvernehmen / und sahe über alles vermuhten in höchster Verwunderung seines Bruders Sohn Neklam vor dem Tohr halten / ganz blutig / schwach und erschrocken / welchen er alsbald fragete / wie dieses zuginge / und was vor Unglük ihn also zugerichtet hätte. Dieser ließ einen tieffen seufzer aus seinem Herzen / schlug die Hände zusammen /und sagete: O Verlust über Verlust / Elend über Elend! fing hiemit an so bitterlich zu weinen und sich zu geberden / daß er kein Wort aussprechen kunte. Wenzesla erzitterte hierüber / dann es wahr ihm Neklams fester Muht und steiffe Hartnäckigkeit wol bekant / redete ihm dannoch ein / das weibische weinen zumässigen / und den schweren unfall zuerzählen; Welcher darauff diese Worte als mit einer [249] stürmenden Fluht heraus brach: Ach ach! ach des Jammers! unser Fräulein Valißka! ach unser Fräulein Valißka ist diesen Morgen gefangen hinweg geführet / und alle ihre Leute erschlagen. Kein Donnerschlag hätte den Alten härter treffen mögen / als diese elende Zeitung / gestaltsam er im Augenblik auff sein Angesicht zur Erden stürzete / und in harter Ohmacht liegen blieb. Der Thorhüter ersahe dieses hohlete eine Schale mit kaltem Wasser / legte ihn auff den Rücken / und netzete ihn unter dem Angesichte; wodurch er sich wieder ermunterte / stund auff / und fragete Neklam / ob er irgend seinen Wiz verlohren hätte. Ja wol verlohren / lieber Vetter / sagte dieser; was ich leider nicht allein mit meinen Augen angesehen / sondern dabey drey zimliche Wunden empfangen habe / kan ich wol bezeugen; und wolte Gott / ich redete aus Aberwitz. Der Alte wuste nicht / was er vor Traurigkeit und Herzensangst taht oder redete / und fragte weiter / wo dann das Fräulein währe. Ach / sagte er / wann ich wüste / wohin sie von den Räubern geführet worden /könte man umb so viel besser jhnen nachsetzen. Wo aber / und wann ist dieses geschehen? fragete Wenzesla weiter. Heut morgen sehr früh / antwortete er /in einem offenen Flecken / vier Meile von hinnen. Wie komt dann das Fräulein daher? sagte der Alte; und antwortete ihm Neklam: Sie ist im Begleitung XL Reuter herüber gereiset / dem Hochzeit Feste ihres Herrn Bruders beyzuwohnen. O ihr Götter / sagte Wenzesla / warum lasset ihr über die volkommenste Blume dieser Welt ein solches Unglük aus? die euch doch nie mit keinem Worte zuwider gelebet. Befahl hierauf dem Tohrhüter alsbald einen Arzt herzuhohlen / damit dieser Reuter / welcher Herrn Ladisla Diener /verbunden / und mit Speise und Trank gelabet würde; Er aber fassete selbst sein Pferd beym Zügel / führete ihn samt den MaulEseln in den Vorhof / und ließ etliche anwesende Diener die Wetscher abheben und auff den Esse-Saal ihm nachtragen / da er vorhin ging tod-bleich und zitternd / als ein verurteileter Mensch /dem der ScharffRichter das Schwert über dem Kopffe hält. Ladisla sahe ihn hinein treten / und sagte: Was Zeitung bringt ihr Wenzesla? wie sehe ich euer Angesicht so bleich und erschrocken? nimmermehr gehet dieses recht zu. O gnädigster; antwortete er; mit welchem Worte er abermahl in Ohmacht fiel / und alle viere von sich streckete. Die Fråulein und andere anwesende entsetzeten sich über alle masse / hiessen die Diener ihn auffheben / und Erquickung beybringen; welche allen fleiß anwendeten / biß sie jhn wieder zurechte brachten. Herkules empfand unsägliche Angst in seiner Seele / und sagte zu Ladisla in Teutscher Sprache: Mein Herz hat mir ohn zweifel vorher angedeutet / welches wir schier vernehmen werden / und fehlet nicht / es muß sich ein sehr schweres Unglük zugetragen haben / welches eigentlich uns angehet; deßwegen lieber Bruder Ladisla / fasse ein standfestes Herz / und laß deinen Muht nicht sinken. Herzlieber Bruder / antwortete er / ich fürchte sehr böse Zeitung von Hause / wo die unsern nicht wol gar von unvermuhtlichen ReichsFeinden / Pannoniern oder andern gefänglich hinweg geführet / oder erschlagen sind. Wir wollen so gar ein unglükliches nicht hoffen / sagete Herkules / wie wol es nicht viel besser seyn möchte. Wenzesla kam wieder zu sich selbst / wrang die Hände / rauffte das Haar / und rieff alle Götter umb Rettung an. Herkules kunte auff seiner Stelle nicht bleiben / trat hin zu ihm und erinnerte ihn / anzudeuten / aus was Ursachen er sich so kläglich geberdete. O so erbarme es die Götter / sagte er darauff /daß ich dieser leidigen Zeitung anbringer [250] seyn muß; sahe hiemit Herkules sehr traurig an / und auff Teutsch sagte er mit leiser Stimme zu ihm: Ach Fürst Herkules / unser Fräulein Valißka / unser Frl. Valißka! damit verging ihm die Rede und der Odem zugleich. Als Herkules diesen allerliebsten Nahmen hörete / erstarreten alle seine Gliedmassen / das Geblüt aus allen Adern lieff ihm zum Herzen / daß ihm ein kalter Schweiß außbrach / und er nur diese Worte sagte: O du allerliebstes Seelichen! o wo bistu / wo bistu? womit er sanfftiglich zur Erden niderfiel / uñ unbewäglich liegen blieb. Frl. Sibylla stund ihm allernähest / sahe ihn sinken / und ward dadurch so bestürzet / daß ihr gleiche Ohmacht überging / und sie auff ihn dahin fiel. Der Stathalter sahe den grossen Jammer / schlug die Hände zusammen / und wünschete ihm selber den Tod. Ladisla stund wie ein Stein /kunte weder reden noch schweigen / biß ihm der grosse Herzensprast diese Worte heraus drängete: Sol es dann also aus Angst und Trübnis gestorben seyn /werde ich gewißlich nicht der lezte überbleiben. Der junge Fabius tröstete ihn / er solte sich seines unüberwindlichen Gemühts erinnern / dem Unglük geherzt das Häupt bieten / und nicht mit todes Gedanken umbgehen / sondern anordnen helffen / daß sein Freund gelabet würde. Damit trat die Stathalterin hinzu / risse Frl. Sibyllen den Busem auff / und besprützete sie mit kühlem Wasser. Ladisla rüttelte und schüttelte seinen Herkules / wischete ihm den Angstschweiß ab / und bestreich ihn mit Krafftwasser / zu ihm sagend: Mein Bruder / hastu Ursach gnug zusterben / so nim deinen Ladisla mit / der dich nimmermehr überleben wird. Fabius taht ihm geträuen Beystand / daß er endlich zu ihm selber kam / und mit einem tieffen Seuffzer und halb verschlossenen Augen wieder zu Teutsch anfing: O du allerliebstes Seelichen? o du unvergleichlicher Weltschaz! sol ich dich dann in der ewigen Seligkeit nicht sehen? O du allerliebstes Seelichen / o wo bistu? Ladisla trat hin zu Wenzesla / (der wieder zun Füssen kommen wahr /und neben den Gesanten diß grosse Unglük beklagete) und fragete ihn / ob dann seine Frl. Schwester todes verblichen währe. Nein Gn. Herr / antwortete er / aber sie ist gefangen und in Räuber Händen. Nun dann sagete er / so stehet ihr ja noch zu helffen; ging wieder zu Herkules / und sagte zu ihm: Mein allerliebster Bruder / unsere Schwester Valiska lebet. O Bruder o Bruder / antwortete er / ertichtete Hoffnung zergehet bald; und sagte weiter: O du ädle Seele / du außbund menschliches Geschlechts / währestu doch nur vor deinem Ende zur erkåntnis deines Heylandes kommen; o so důrftestu die ewige Verdamnis nit ertragen. Wenzesla trat auch zu ihm / sprechend: Gewißlich Gn. Herr / eure Frl. Swester lebet und ist gesund / nur daß sie von etlichen Räubern gefangen gehalten wird. Hierauff besan er sich / fürchtend / er hätte etwa in dieser Angst sich etlicher Reden vernehmen lassen / wodurch seine Liebe könte geargwohnet werden; stund auff und sagte: Ich bin meiner Frl. Wasen uñ Schwester ohn zweiffel mein Leben schuldig / welches zurächen / sie vor zwey jahren so bereit und willig wahr / da es die Noht erfodert hätte; in betrachtung dessen / muß ihre Gefängnis oder meines Lebensfadem gebrochen werden / welches ich in keinem wirdigern Dienste anzuwenden weiß. Er nahete sich zum Tische / mit einem Trunk Wein seine matten Geister zu laben / sahe aber das Fr. Sophia deren niemand acht hatte / auff ihres H. Vaters Stuele in der tieffsten Ohmacht saß / und kein Lebenszeichen sehen lies / welches vor seinem Ladisla zu verbergen / er ihr den Busem öffnete / und den Wein unter das Angesicht [251] streich / daß sie zur empfindnis kam / und zu ihm sagete: Herzgeliebeter Herr Bruder / ich gedachte / wir währen alle mit einander verschieden; O saget mir doch / was vor eine hellische Unholdin hat uns unschuldige so hefftig erschrecket? Ach meine Fr. Schwester / antwortete er; meine Fräulein Wase und Schwester / Frl. Valißka ist gefangen und in Räuber Hände gerahten. O ihr Götter! o du bitteres Verhängnis! sagte sie; verlohr die lebendigen Geister zum andernmahle / und hatte Fr. Ursul mit ihrer erquickung gnug zu tuhn. Herkules rieff seinem Knaben / befahl sein Pferd und Rustung ungeseumet zubringen / und fragete Wenzesla / woher er doch eigentlich wüste /daß sie noch im Leben / und nur gefangen währe. Der Bohte / sagte er / welcher mir die leidige Zeitung bringet / hat mirs also erzählet. Und wo ist dann dieser unselige Bohte? fragete Herkules. Draussen im Vorhofe / antwortete er / da ihm seine Wunden verbunden werden / die er bey dem grossen Unglük empfangen hat; dann wie ich vernehme / ist er von XL allein übrig blieben. Wie? fragte Herkules / ist es dann in der nähe geschehen? Ja / sagte er / es hat der elende Unglůksfal sich drey oder vier Meile von hinnen in einem Flecken zu getragen. Ladisla fiel ihm in die Rede / und sagte zu ihm: Wie raset ihr etwa Wenzesla / oder habt ihr euch von einem Possenreisser aufftreiben lassen? O daß ich biß an mein Ende immerhin rasete / antwortete er und nur dieses Unglük erlogen währe! Das Fräulein hat euer Gn. auff ihrem hochzeitlichen Ehrenfeste Geselschafft zu leisten / sich herüber gewaget / und ist drüber gefangen / dessen jene Wetscher Zeugnis gnug geben / die mit dem Bömischen Reichswapen bezeichnet sind / uñ vor den Räubern erhalten worden / werden ohn zweiffel mit der Fräulein Schmuk und Kleidern angefüllet seyn. Ey Gott lob / sagte Herkules / daß es dannoch in der nähe geschehen ist / und wir verhoffentlich ihr desto ehe können zu Hülffe kommen.

Die Gesanten stunden in höchster Betrübnis als die ausgehauene Bilder / und wahr ihrer keiner der eines Wörtleins hätte mächtig seyn können; biß endlich Herr Stanisla sagete: Es ist meiner Meinung / ein liderliches beginnen / daß man dem jungen frischen Fräulein diese Reise entweder angemuhtet oder gegönnet hat / da man weiß / daß jhr unterschiedliche mahl solche Unfälle aufgestossen sind / die man vor rauberische Nachstellung hat halten müssen. Der Stathalter lies alle junge Manschafft auffbieten / mit jhrem Gewehr alsbald fertig zu seyn / wohin man sie seinem Schwieger Sohn zu Dienste führen würde; die sich dann hiezu willig finden liessen / und schwuhr Herkules allen Anwesenden / in Padua nicht wieder zukommen / noch seine Seele zu befriedigen / biß das Fräulein erlöset währe / da sie sonst noch lebete; solte sie aber verschieden seyn / wolte er ihren Tod an den Räubern der gestalt rächen / daß die ganze ümliegende Gegend davon solte zu sagen wissen. Die Pferde wahren gesattelt / Herkules / Ladisla und der junge Fabius mit jhren ritterlichen Dienern sassen auf / und liessen dem verwundeten Zeitungs bringer / nachdem er verbunden und gelabet wahr / ein geruhetes Pferd geben / umb jhnen den Weg zu zeigen. Es folgeten jhnen 200 Reuter und 2000 zu Fusse nach / aber weil Herkules die geringe Zahl der annoch übrigen Räuber von Neklam verstund / hieß er die Völker ümkehren /und behielt nur 50 wolberittene / du jhm folgen musten. Sie ranten aus allen Kräften fort / was die Pferde lauffen kunten / biß Fabius zu ihnen sagete; jhr Herren bedenket / bitte ich / daß wir vier Meile vor uns haben / solten wir nun also fort fahren / würdẽ die Pferde zeitig ümfallen; [252] ihr sehet schon wie unsere Reuter dahinden bleiben. Herkules merkete wol / daß jhm alles an der Eile würde gelegen seyn / muste doch den Pferden luft gönnen / damit sie deren länger gebrauchen könten / und rieff Neklam zu sich / daß er ausführlich erzählete / wie es in raubung des Frauleins ergangen währe; welcher darzu willig wahr / und also anfing: Gnädigste Herren / als unser gnädigsten Frauen der Königin / jhres Herrn Sohns Heiraht zu wissen gemacht ward / hielt das Fräulein ganz inständig ümb Erläubnis an / derselben beyzuwohnen / welches doch jhre Hocheit vor jhr Häupt / wie auch die Herren Reichs-Rähte nicht einwilligen wolten / biß endlich die gesamten Landstände mit darzu gezogen /und von dem Fräulein auf jhre Seite gebracht wurden / welche jhr 40 Reuter zur Begleitung mitgaben. Das Fräulein hatte jhre zwo vertrauete ädle Leibjungfern /Libussen und Brelen bey sich in der Gutsche / und etliche Wetscher auff zween MaulEseln / welche ich /ausser einen / gerettet / und zu Padua unversehret überlieffert habe. Unsere Reise ging nach allem Wunsch schnelle und glüklich fort / biß wir in dem unseligen Flecken ankahmen / und in zwey nahe beyeinander gelegene Wirtshäuser einkehreten / die Speise einnahmen / und uns zeitig an die Ruhe legeten /weil das Fräulein Anordnung machete / folgendes Tages sehr früh auffzuseyn. Sie wolte anfangs sich zu Padua ungemeldet auffhalten / und niemand als meinem alten Vetter Wezesla ihre Anwesenheit zuwissen tuhn; hatte einen sonderlichen kurzweiligen Auffzug vor / in welchem ich des Narren spielen solte; Sie mit ihren beyden Jungfrauen wolten die drey Göttinnen der Freundligkeit seyn; ihr angemasseter Name wahr Aglaia / Libussa solte Thalia / Brela aber Euphrosyne heissen / und solte diesen Abend solche Mummenschanze ihrem Herr Bruder und dessen Gemahl gebracht worden seyn / neben einem sonderlichen von ihrer Gn. selbst erfundenem neuen Tanze / in welchem sie sich alle Abend und Morgen auff den Herbergen dieser gantzen Reise fleissig übeten. Ihre Durchl. selbst hatte einen kleinen zierlichen Handbogen mit einem Köcher voll kleiner güldenen Pfeilichen / an denen fornen eine kleberige Salbe geschmieret wahr / daß sie hafften blieben / worauff man sie schoß. Mit diesen / sagte sie / wil ich allem Frauenzimmer auff der Hochzeit eine furcht einjagen / und ihnen die Pfeilichen in den Busem schiessen / da man ein lustiges Schreckgeruffe hören sol; und wer weiß /ob nicht etliche gar schreyen uñ klagen werden / daß sie verwundet seyn; befahl auch ihren beyden Jungfern ihre kleine mit rohter Farbe gefüllete Spritzichen frisch zugebrauchen / und ihnen den Busem damit zu netzen / damit sie in den Wahn gerieten / es währe ihr eigen Blut. Herkules wie betrübt er wahr / muste der lustigen Erfindung lachen / und sagte: Wolte Gott /daß ihr dieser Possen angangen währe / sie solte dessen schleunige Vergebung erhalten haben; Aber wie bezeigete sich das Fräulein sonst auff der Reise? Gnädigster Fürst / antwortete er; Ihr Herz wahr mit freuden erfüllet / weil sie schon alle Gefahr meynete überwunden haben / und hatte / weiß nicht wz vor ein heimliches Gespräch mit Jungfer Libussen / die ihr überaus geheim war / daß sie sich auch mannichmahl mit ihr herzete; sie hatten einen kleinen Brief / welcher kreuzweise zusammen gefalzet wahr / denselben lasen sie offt durch mit sonderlicher Belustigung. Herkules hörete an diesem Zeichen / daß es sein leztgeschriebenes Brieflein wahr / und erkennete daher unfehlbar / sie währe eigentlich durch die herzliche Liebe gegen ihn zu dieser Reise bewogen worden / welches er in seinem Hertzen ängstiglich beklagete. Neklam [253] fuhr inzwischen in seiner Erzählung fort / und sagete: Als wir die letzte Tagesreise nach dem Flecken fortsetzeten / ging es uns etliche mahl gar selzam: Ihre Gutsche schlug auff ebener Erde umb / daß kein Mensch die Ursach solches Unfals ergründen kunte; und ob gleich dz Fräulein samt den beyden Jungfern aus dem Wagen über und über tummelten /bekam doch ihrer keine einigen Schaden. Kaum hatten sie sich mit lachendem Munde wieder auffgesetzet / da wolte unsers Führers Pferd nicht aus der Stelle gehen / und als es rechtschaffen gestriegelt ward / geriet es in ein rasen / daß es mit ihm querfeld einlieff /und ers durchaus nicht zwingen kunte; bald darauff erging es uns ingesamt gleich also / da wir im Felde so wunderlich durch einander hersprengeten / als währen wir alle mit einander toll gewesen / und währete solches ohngefehr eine gute Viertelstunde / da liessen sich die Pferde wieder nach unsern Willen lenken. Das Fräulein ward froh / da sie sahe / daß wir wiederumb eine richtige Ordnung schlossen / und fragete uns / ob wir oder unsere Pferde vom Tolkraut gefressen hätten; aber ein Reuter unsers Mittels rieff überlaut: Ihr Brüder schieket euch auff eine redliche Abendteur / die ohn Blut und Wunden nicht abgehen wird. Wir gedachten ein jeder das seine / und zogen fort / biß wir den Flecken erreicheten / und wie oberwähnet / uns daselbst einlegeten. Es wahr die ganze Nacht zimlich stille / ohn dz die Hunde ein erschrekliches Geheule trieben / wobey sich die Eulen weidlich mit hören liessen / daß auch etliche an das Ka erfenster geflogen kahmen / wo dz Frl. schlief / und war uns trauen hiebey nit so gar wol / dz wir auch die ganze Nacht gewaffnet blieben / uñ die Schildwachtẽ außsetzeten / welche kurz vor Morgens ein Geschrey machtẽ / der Flecken währe erstiegen / uñ voller Feinde. So bald das Frl. dessen gewahr ward / rief sie mir / weil ich auf ihrer Ka er wachen muste / und sagete: Geschwinde auff Neklam / und trage mir diese Wetscher etwa in einen Kühe- oder Schweinstall / verbirge sie unter die Streu oder sonst in heimlichen Winkeln / und wann sichs ja zutragen solte / daß alles über und über ginge / so bemühe dich / diese Sachen nach Padua zu bringen. Gnädigstes Fräulein / antwortete ich / die Götter werden uns behüten / und alle Feindseligkeit von uns abwenden. Nach weniger Zeit höreten wir ein mächtiges gestürme und brechen an der Haußtühr / welche endlich mit Gewalt auffgetreten ward / unterdessen ich empfangenem Befehl nach / die Wetscher hinweg trug / ohn einen sehr schweren / den ich wegen des starken gefechtes im Hause /nicht fortbringen kunte. Es funden sich zu unserm Unglük nur XIIX unser Geselschafft bey dem Fräulein die übrigen wahren in der andern Herberge zur nähesten Wand; noch stritten wir mit den Räubern eine gute Stunde / und erlegten ihrer etliche und zwanzig /biß ich sahe daß meine Geselschafft fast alle erschlagen / und die wenige übrige biß auff den Tod verwundet wahren / empfing auch meine Wunden in diesem Gefechte / und hatte mich erkläret / mit meinen Brüdern ehrlich zusterben / biß mir endlich der Fräulein Befehl zu Gedächtnis kam / da ich aus der Hintertühr in den Hoff sprang / nach dem Kuhstalle (in welchẽ ich mein Pferd und beyde MaulEsel gezogen hatte) mich zu verbergen / eilete / und daselbst alles vernehmen kunte. Unsere Geselschafft in der nähesten Herberge / währen dem Fräulein gerne zu hülffe kommen / wurden aber von den Räubern so warm gehalten /daß ihnen unmöglich wahr durch zubrechen / und hörete ich ein solches gemätsche und Winseln der Sterbendẽ / daß mir die Haar zu berge stunden. Das Fräulein lies ihr anfangs ein Schwert und [254] Schild / neben ihren scharffen Pfeilen und Bogen auff die Kammer reichen / und zohe nachgehends die angesezte Leiter zu sich hinauff. Die ganze Reise hatte sie Mannskleider unter ihrem Rok angeleget / welche sie auch zu Nachtzeit gar selten abzohe. Endlich sahe ich mit grossem Schrecken / daß in solchen Manneskleidern sie mit ihren beyden Jungfern zugleich auff die Gutsche gesetzet und zum Flecken hinaus geführet ward / nach dem die Räuber alle unsere Pferde aus den Ställen gezogen / und mit sich hinweg nahmen. Als ich nun in meiner Gewarsam merkete / daß alles stille wahr / wie sie dann gewaltig hinweg eileten / kroch ich hervor /und hatte mich zimlich verblutet / wagete mich ins Hauß / und sahe den abscheulichen Anblik der Erschlagenen / unter denen die unsern mutternacket außgezogen wahren / welche aber so redlich gefochten hatten / daß die Räuber etliche siebenzig in beyden Häusern eingebüsset / dagegen auch die unsern sämtlich dz Leben zugesetzet hatten. Zu meinem sonderlichen Glücke wahr ein Pannonischer Knecht in unserm Wirtshause / mit welchem ich reden kunte / der zeigete mir an / daß die Räuber über 100 Mann anfangs stark / kaum mit etlichen und zwanzigen wieder abgezogen währen / zu denen ausserhalb des Flecken noch XX gestossen / welche denselben außwendig besetzet gehalten / hätten den Einwohnern kein Leid getahn /noch ihnen einigen Hellerswert entwendet / und vorgeben / Sie hätten ihre und des Reichs Feinde zuerschlagen von der Obrigkeit Befehl / da sie sich nicht gutwillig ergeben würden; währen sehr betrübet /wegen des grossen verlustes der ihrigen / davon gezogen / ohn daß über die Gefangene und einen grossen Wetscher / in dem viel Gold und etliche Kleider gewesen / sie sich höchlich erfreuet hätten. Auff mein fleissiges nachfragen berichtete er mich ferner / daß wie alle die unsern erschlagen / währe das Fräulein in Manneskleidern an die Kammertühr getreten / und mit ihren Pfeilen dermassen von sich geschossen / daß fünffe davon niedergefallen und umbkommen / welche ich auch liegen sahe / und die Pfeile in ihren Leibern stecken. Die Räuber hierdurch höchlich erzürnet / hätten eine Leiter angeschlagen / und zu ihr hinauff klimmen wollen; sie håtte aber dem ersten und andern den Weg mit dem Schwerte dergestalt zurük gewiesen /daß sie Tod hinunter gepurzelt / uñ sich keiner mehr zu ihr machen dürffen; ja es währe eine solche furcht unter ihnen entstanden / da sie die übertrefliche Schönheit dieses vermeyneten Jünglings / und dessen feur brennende Augen erblicket / daß der gröste Teil in dem Wahn gestanden / er währe etwa ein Gott / biß endlich einer unter ihnen geruffen / man solte feur herbringen / und die Kammer anzünden / dafern er sich nicht ergeben würde; wolte er aber mit seiner Geselschafft herunter steigen / solte ihnen sämtlich / Lebens- und ehren- sicherheit äidlich versprochen werden. Hierauff währe der trefliche Jüngling in die Kammertühr getreten / und sie mit herzhafften Worten angeredet; er könte nicht außsinnen / was Feindseligkeit man ihm und den seinen angelegt / und so viel unschuldig Blut vergossen hätte / da er doch keine Ursach oder Anlaß darzugegeben / noch einigen Menschen beleidiget; so währe er ja kein Feind noch verrähter / vielweniger ein verurteileter / sondern ein grosser Herr / und des Römischen Käysers Anverwanter / möchten sich demnach wol versichern / dafern ihm oder dem bey sich habenden ädlen Frauenzimmer Schimpff angeleget wůrde / es an ihnen sehr schwehr würde gerochen werden. Könte es nun seyn / daß man ihn mit den seinen nach Padua frey und ungehindert abzihen liesse / wolte er ihnen hiemit eine hohe Anzahl [255] Geldes äidlich versprechen / und ohn List und gefährde ehistes einliefern lassen; meineten sie aber /hiedurch noch nicht gnug versichert zu seyn / wolte er samt seinen Jungfern sich ihnen ergeben / und mit ihnen in ihre Gewahrsam zihen / biß ihnen die Lösegelder gezählet währen / auch zugleich verheissen /daß es an ihrer keinem solte geeifert noch gerochen werden; jedoch solten sie zuvor ihm einen leiblichen äid schwören / und zuhalten angeloben / dz ihm und den seinen / wie sie sich anjezt erbohten hätten / an Ehr und Leben nichts widriges solte angelegt werden; wo nicht / wåhre er gänzlich entschlossen / sich viel ehe mit Feur verbrennen zulassen; alsdann habt ihr nicht allein unserer euch gar nicht bemächtiget / hatte er gesagt / sondern werdet keinen Heller Lösegeld zugeniessen haben / da ich euch aus freyem Willen hundert tausend Kronen zu geben / mich hiemit anerbiete. Fabius der weder Böhmisch noch Teutsch verstund /hätte auch gerne den Verlauff gewust / deswegen Herkules jhm alles kürzlich erzählete / und darauff von jhm gefraget ward / wie alt dann dieses Fräulein währe; er aber zur Antwort gab: Den Jahren nach kan sie sich keines hohen Alters rühmen / gestaltsam sie vor wenig Monaten ins sechzehnde Jahr jhres Alters getreten ist; jhre Tugend aber leuchtet der Welt schon dergestalt vor / daß wann sie bereit graues Haar trůge / man schwerlich ein mehres von jhr fodern könte. Aber berichtet uns nun weiter / sagte er zu Neklam /ob die Räuber den gefoderten äid auch geleistet haben. Ja gn. Herr / antwortete er / sie sind einträchtig vor die Kammer getreten / und haben solchen äid /wie er jhnen von dem Fräulein vorgesprochen worden / mit ausgerekten Armẽ und erhobenen Fingern nachgesaget / worauf das Frl. ganz beherzt / die beyden Jungfern aber sehr betrübt und mit weinenden Augen herunter gestiegen wahren / und verwunderte ich mich / sagte der Pannonische Knecht zu mir / wie mänlich es dem ertichteten jüngling anstund / welchen ich zwar des vorigen Abends in weiblichen Kleidern und langen schönen Haaren gesehen hatte / die jhr aber jezt als einem jungen Gesellen abgeschnitten wahren. Ich bat den Knecht / daß er mir vergönnete auf die Kammer zusteigen / woselbst ich unter der Bettestet ein zusammen gewickeltes Bündlein jhrer Haar / uñ diese vier guldene Ringe daneben fand / welches alles ich zu mir nam / üm meinem gn. Könige es einzuliefern. Ladisla nam es zu sich / uñ als Fabius das Haar so glänzender Goldfarbe sahe / sagte er: Kömt die übrige schönheit dieser Fräulein mit diesem Haar überein; so muß sie keine gleichen haben. Herkules sahe dasselbe mit betrübten Augen an / und fehlete wenig /er währe vom Pferde gesunken / erhohlete sich doch /und baht Ladisla / jhm des Haars ein wenig zum Gedächtnis zu verehren / der jhm das ganze Bündlein reichete / welches er alsbald von ander machete / und seinen an das Fräulein geschriebenen Brief darinnen fand / den er allen unvermerket zu sich nam / nachgehends das Haar in drey Teile legete / gab deren zween Ladisla und Fabius / den dritten und grösten behielt er vor sich / und mit sonderlichem Eifer sagte er: Gebe mir Gott das Glůk / dieser Schelmen mächtig zu werden / welche das Fräulein in die äusserste Noht / jhr schönstes Haar abzuschneiden / gestürzet haben / sie sollens gewißlich mit dem Halse / und zwar nicht ohn Pein bezahlen. Von den Ringen behielt Ladisla der Fräulein kleines Pitschier / in dessen schwarzen Stein ein Löue mit einem zweyfachen Herzen geschnitten wahr / und umher der Nahme VALISCA. Die übrigen drey überlieferte er Herkules / welcher nach Beschauung alsbald denselben darunter fand / den er ihr bey[256] Wenzesla geschicket hatte. Der ansehnlichste / ihr DaumenRing hatte einen grossen feurrohten Stein /worauff zwo zusammen geschlagene Hände stunden /zwischen deren Fingern ein Pfeil durchflochten war; innerhalb des Ringes lase er diese Buchstaben:HVEARLCIVSLCEAS; die er etliche mahl besahe /und seiner Spizfindigkeit bald innen ward / daß sein und der Fräulein Nahme durch einander versetzet wahr / so daß die ungeraden / HERCVLES, die geraden aber VALISCA musten gelesen werden. Im dritten Ringe wahr ein trefflicher Rubin / und in demselben ein Greif geschnitten / der ein Lämlein zwischen den Klauen führete / mit dieser ümschrifft: LVBENS FEROR. Ich lasse mich gerne also führen. Er hätte sie gerne alle drey behalten / muste aber ehren halben Fabius einen bieten / zu welchem er / den lezten hinreichend / sagete: Mein Herr Bruder / jhr werdet dem Fräulein zu Liebe diesen FingerReiff tragen / und jhn nicht von euch lassen kommen / biß sie selbst jhn wied' abfoderen möchte. Dieser bedankete sich hoch /uñ gelobete / daß kein Mensch / ohn das Fräulein selbst diese allerliebeste Gedächtnis von jhm bekommen solte. Herkules redete Neklam an / und sagete: Guter Geselle / nach dem jhr diese eure Träue erwiesen / und diß Haar neben den Ringen uns eingehändiget / auch sonst als ein redlicher Diener euch in dieser Gefåhrligkeit bezeiget habt / wil ich euch dessen dergestalt zuergetzen wissen / daß jhr euch Armut nicht sollet zu befürchten haben / und wird mein Bruder euer Herr und König Ladisla sich auf meine Vorbitte nicht wegern / euch wegẽ eures wolverhaltens in den Böhmischen Adel- und Ritterstand aufzunehmen. Ladisla antwortete: Sey du nur gefliessen Neklam / daß wir die Räuber antreffen mögen / was ohn meines Bruders Vorbitte / ich die zugedacht habe / sol dir nicht entwischen / dessen du dich wol versichern magst. Dieser wuste nicht / wessen auff so hohe angebohtene Gnade er sich verhalten solte / und antwortete: Ihr meine gnädigste Herren / ich bin ja euer Durchll. gar zu unwirdiger Knecht / habe auch nicht das minste der überflüssigen Gnade Verdienen mögen / und wolte Gott / daß ich die mörderischen Råuber ausspüren könte / wolte ich mein Leben gerne dabey zusetzen / nur daß mein gn. Fräulein gerettet würde, uñ sehet da vor uns den unseligen Flecken dieses so grossen Verlustes. Herkules wallete das Blut in allen Adern auff / hoffete noch / das liebe Fråulein loßzumachen / weil ja fast unmöglich währe / daß man einem so grossen Hauffen zu Pferde nicht solte nachspüren können / und begehrete von Neklam / er solte in seiner Erzählung fort fahren / da ers bey Einlieferung der Ringe gelassen håtte. Ja Gn. Fürst / antwortete er; es berichtete mich der Pannonische Knecht endlich / daß wie unser vermummeter Jüngling samt den Jungfern herunter gestiegen / er die Räuber / als währe er ihr Befehlichshaber gewesen / ermahnet hätte / sich an seinen Jungfern nicht zuvergreiffen /und ihres äides eingedenke zu seyn; welches sie ihm auffs neue versprochen / und mit ihnen also davon gezogen währen. Herkules erseuffzete hierüber / und sagte: Erbarme es Gott / daß diese allerädleste Seele /welche / so viel ihre Vernunfft und Wissenschafft vermag / sich aller Tugend befleissiget / unter den Hånden dieser schnöden Räuber sich muß zwingen lassen! Ladisla sagte: Ich hoffe / es sol ihre Ehr und Leben des Himmels ungezweifelten Schutzes geniessen / insonderheit / weil sie sich vor einen Jüngling ausgibt / und ihren angenommenẽ Stand wol wird zu spielen wissen. Unter diesem Gespräch langeten sie in dem Flecken an / und funden die Inwohner bemühet /Gruben zu machen / in welche sie die Erschlagenen ohn [257] Unterscheid verscharren wolten; aber Fabius /den sie wol kenneten / verboht ihnen solches / hieß die Böhmischen ehrlich begraben / und die Räuber alle an Kreuze hefften. Stiegen von ihren Pferden /denen sie Futter geben liessen / und forscheten fleissig nach / wer diese Räuber seyn möchten / und wohin sie sich gewendet hätten; wovon ihnen anfangs niemand Bericht zugeben wuste / nur daß der Wirt anzeigete /es währe ein fremder unansehnlicher Mann / welcher Würffel und Karten feil trüge / und sich offters bey ihm finden liesse / kurz vor der fremden Ankunfft bey ihm eingekehret / die Nachtherberge zunehmẽ / hätte sich aber / da er diese fremden gesehen / und genaue acht auff alles ihr Tuhn gegeben / fast im Augenblik verlohren / möchte wol seyn / daß er ein Kundschaffer und Verrähter währe / und alles dieses Unglüks Stiffter; würde er sich nun schier heut oder morgen wieder hieselbst finden lassen / solte er handfeste gemacht /und der Obrigkeit eingeliefert werden; vielleicht er führe man von jhm / an was Ort und enden diese böse Rotte sich auffhielte; es musten aber etliche bekante unter diesen Räubern seyn / sagte der Wirt / weil ihrer sechse sich vermummet hatten / und ihre Gesichter nicht wolten sehen lassen; und diese / wie sie gnug zu verstehen gaben / hatten den andern zugebieten / nahmen auch die Beute zu sich / und halte ich gänzlich davor / es müsse zu ihrem Verderben ausschlagen /daß sie so viel Pferde mit genommen haben / dann der Huefschlag wird sie nohtwendig verrahten. Zum gutes glük kam gleich ein Baur in dieses Wirtshaus / und begehrete einen Trunk Wein umb Geld. Herkules sahe ihn / und fragete alsbald / woher er kähme / und was neues er wüste. Dieser antwortete / er kähme von einem Dorffe zwo Meile von hinnen / und währe ihm eine reitende Schaar auffgestossen / welche drey schöne junge Leute / als einen fast Göttlichen Jüngling /und zwo Jungfern mit garstigen Lumpen behänget /zwischen sich auf Pferden geführet / und da ich nicht weit von ihnen gangen wahr / sagte er / fand ich eine gar schöne Gutsche im Felde ledig stehen / welche sie zweifels ohn abgeplündert und verlassen haben; ich meines teils möchte wünschen / daß die Räder davon auff meinem Hofe stünden / und ich sie bezahlet hätte. Die unsern vernahmen aus des Bauren Rede / daß das liebe Fräulein annoch lebete / verspüreten auch der Räuber List / daß sie Argwohn uñ Erkäntniß / oder Nachforschung zu meiden / ihre Gefangene so elendig behänget hatten. Herkules fragete fleissig nach / ob er den Gefangenen nahe gewesen / und ihres tuhns wahr genommen hätte. Ja / sagte dieser / ich hatte einen alten lumpichten Rock an / den kaufften sie mir abe umb IIX Groschen / legtẽ ihn dem Jünglinge über die Schulder / und bedecketen damit in etwas sein Angesicht / desen er sich übel gehuhb / und sich etlicher Dräuworte vernehmen ließ / sahe auch so frisch uñ unverzaget aus / als hätte er sie alle gehöhnet / da hingegen den Jungfern es an Trähnen nicht mangelte /und wahren ihnen die Augen roht von vielem weinen. O du furchtlose Seele / sagte Herkules / der Almächtige Gott bewahre dich / daß dein unüberwindlicher Muht dir ja nicht schaden möge; begehrete darauff weiter zu wissen / ob sie dem Jüngling etwa leid angetahn / und wie bald man sie wol erreichen könte. Der Baur antwortete / ausser daß man ihn mit Lumpen behänget / hätte er nicht gemerket / daß ihm leid solte geschehen seyn; ob man sie auch vor Abends erreichen würde / zweifelte er sehr / massen er verno en / daß die meisten von ihren Pferden abgestiegen /und sich dermassen verteilet hätten / daß nit über fünffe bey einander blieben währen / ohn daß etwa jhrer zehne die gesamten Pferde gekoppelt / [258] und mit der ansehnlichsten Jungfer die Heerstrasse gezogen /der Jüngling und die andere Jungfer aber währen zu fusse mit in das Gehölz geführet; als er ihn nun nachsehẽ wollen / håtten sie ihm zugeruffen / er solte seines weges ohn umsehen fortgehen / ob' der Hals würde ihm gebrochẽ werdẽ. Herkules ward hierüber sehr betrübt / bedachte sich ein wenig / uñ hielt nit vor rahtsam / dz seine ganze Geselschaft mit ritte. Aber Ladisla redete ihm ein / er möchte sie auf allen fall mit zihen lassen / ob man ihrer zugebrauchen hätte; wo nit / köntẽ sie allezeit frühe gnug wieder umbkehren; die Begebnissen währen selzam / und ni er also beschaffen wie man sie ihm selbst einbildete. Also lies sichs Herkules gefallen / hies den Bauren ein geruhetes Pferd auß dem Flecken nehmen /gab ihm zwo Kronen / uñ sagte zu ihm; er würde sich gefallen lassen / mit ihm an den Ort zu reiten / wo er diesen hauffen zulezt gesehẽ / dann er müste wo möglich / den geraubeten Jungling sprechen / woran ihm viel gelegen währe. Der Baur wahr des Geldes froh /und willig mit zu reiten / versprach auch inwendig einer Stunde frist / sie an den Ort zubringen; ritten ingesamt eilig fort / und kahmen vor erst nach des Bauren anßsage an die leere Gutsche / hernach in das Gehölze / da der Baur ihnen anzeigete / diß wåhre die Stelle / da er die Reuter leztmahls gesehen / würden sich demnach bemühen / bey ihnen anzulangen / weil er seinem Versprechen gnug getahn / und ein mehres nicht zu leisten wüste. Herkules hies den Bauren etwas warten / weil er zweiffelte / ob ihm auch zutrauen stünde / sendete Leches / Klodius und Markus mit der meisten Reuterey den geraubeten Pferden nach /mit dem Befehl / alle wiederspenstigen niderzuhauen /und die übrigen gefangen zunehmen / insonderheit sich zu bemühen / daß sie den Führer lebendig bekähmen / welcher nachricht würde geben können / wohin die übrigen sich gewendet hätten. Diese ritten alsbald fort und folgeten dem frischen Hueffschlage / unter der Hoffnung etwas nüzliches außzurichtẽ. Nachgehends ermahnete Herkules den Bauren / er müste etwas besser außbeichten / wie und wo er die Räuber gesehen sich verteilen; welcher aber mit hohen Schwüren bekräfftigte / daß er davon nicht daß geringste zu sagẽ wüste / weil sie ihm gar zu hart verbohten / zuzusehen; jedoch gedäuchte ihn / man hätte den schönen Jüngling samt der Jungfer nach der rechten Hand hingeführet / und dürffte ich schwören /sagte er / eben der Jüngling währe euer leiblicher Bruder / so gar åhnlich ist er euch. Herkules antwortete ihm: Freund / ihr habt vielleicht so gar unrecht nicht gesehen; lies ihn von sich / und hielt mit den andern Raht / wie es forthin anzugreiffen. Diese wahren sehr betrübt und stunden ihnen die Augen vol Wasser /daß Herkules sagete: O wolte Gott daß ich mich mit den Räubern drum schlagen solte / aber mit der Unwissenheit zu kämpffen / daß ist über mein vermögen. Doch ich wil meinem Gott trauen / und nicht zweifeln / er werde mich leiten und führen / daß ich erfahre /und finde / was ich suche. Stieg hiemit vom Pferde /und wolte von Ladisla und Fabius abschied nehmen /umb allein in den Wald zugehen / und zu vernehmen /wohin die Räuber sich gewendet håtten. Aber Ladisla zohe ihn zurük / sprechend: Liebster Bruder / meinestu ich werde dich allein lassen? es ist meine leibliche Schwester / der ich so wol und mehr nachzusuchen schuldig bin / als sonsten niemand. Doch währe mein Raht / wir sendetẽ zuvor unsers mittels etliche durch dẽ Wald / etwas Kundschafft einzuhohlen / und erwarteten alhie Leches Ankunfft / ob er uns Zeitung brächte / worauff wir ohn Irtuhm fortgingen; dann die Zeit unnüzlich verzehren / wird [259] meiner Frl. Schwester am schädlichsten seyn. Fabius sagte; auff euer verbessern ihr Herren / währe meine Meynung daß wir Leches nachfolgeten / das Werk desto glüklicher zubeschleunigen / dann hätten wir nur einen gefangenen von den Räubern / wolten wir schon erfahren / wohin man sich wenden müste. Herkules wahr so verwirret /daß er seiner Vernunfft fast nicht mächtig wahr / hielt endlich diesen Raht vor den besten / und in dem er sich wieder auff das Pferd setzete / sagte er: Nun so lasset uns in dem Nahmen des Almächtigen Gottes reiten und Leches folgen / vielleicht bedürffen sie unsers rahts und Hülffe; ordente doch zuvor zehne aus ihrer Geselschafft / welche den Wald hin uñ wieder durch reiten solten / ob sie etwas außforschen möchten; er mit den übrigen folgete Leches Spuhr / kunten ihn doch nicht erreichen / weil er einen grossen Vorsprung vor ihnen hatte; dann er jagete mit seinen leuten immer fort biß an den späten Abend / da sahe er ein Dörflein vor ihm liegen / worauff die Råuber nach außweisung des Hueffschlages / zugezogen wahren. Er baht Klodius voraus zusetzen / und in der Stille nachzuforschen / ob sie in diesem Dorffe blieben /oder weiter fortgezogen währen; welcher dann schnelle forteilete / und die andern der weil sich hinter einer Hecken verborgen hielten / traff eine erwachsene Bauren Dirne an / welche der Kälber hütete / und fragete sie / ob nicht Reuter mit ledigen Pferden daher geritten währen. Ja sagte sie / es währen Reuter und ledige Pferde dahergezogen / ob sie aber alle geritten / oder etliche zu fusse gangen / hätte sie so eigentlich nicht acht gehabt. Klodius wie betrübt er wahr / muste doch der Einfalt lachen / und fragete ihn die Dirne / ob er zu den andern gehörete / und sie gedächte zuerreichen / müste er nicht lange Gefatternsprache halten / dann sie währen sehr eilig fortgezogen / und hätte sie im vorüber reiten von ihnẽ gehöret / daß sie in dem Flecken / welcher eine Meile von hinnen låge / ihr Nachtlager halten wolten. Klodius winkete seinen Gesellen / welche bald herbey rücketen / nahmen einen Bauren aus dem Dorffe mit sich ums Lohn / ihnen den rechten Weg zuzeigen. Zwischen einer guten Viertelstunde kam Herkules mit den seinen eben bey demselben Dorffe an / rieff einem Bauren zu / ob nicht eine zimliche Schaar Reuter hieselbst durch gezogen währe. Ja / antwortete dieser / sie sind kurz vor euch hinweg /und haben meinen Nachbar gedinget / ihnen den Weg zum nähesten Flecken zuzeigen / vorgebend / sie folgeten ihrer Geselschafft / die vor drittehalb Stunden mit vielen ledigen Pferden hindurch gezogen sind /und daselbst benachten werden. Er ward der Zeitung froh / uñ sagte zu ihm: Mein Freund / da habt ihr eine halbe Krone; lieber seid gebehten / und führet uns auch dahin / daß wir zu unsern Leuten kommen mögen / weil uns daran gelegen ist. Behüte Gott / antwortete der Bauer: solte ich so viel Geld davor nehmen? ich bin euch gerne zu dienst / aber umb die gebührliche Billigkeit / als drey Groschen / ein mehres nehme ich nicht. Lieber Gott / sagte Herkules / daß alle Welt dieser Genügsamkeit möchte ergeben seyn /wie mannicher unnützer Streit würde alsdann unterwegen bleiben; hieß den Bauren ein Pferd hohlen /und vor ihnen her reiten / weil sie eilen müsten; die Belohnung solte ihm nach seinem Willen werden. Sie seumeten sich nicht lange / und traffen Leches mit den seinen an / da sie gleich von den Pferden gestiegen /und den Flecken zuersteigen sich fertig gemacht hatten. Als sie nun der Reuter hinter ihnen gewahr wurden / meyneten sie / es währen Räuber / lieffen ihren Pferden zu / und wolten auffsitzen; welchen Irtuhm Fabius merkend / allein zu ihnen [260] hin ritte / und diese Worte redete:Herkules ist verhanden; Worauff sie alsbald stille wurdẽ. Der Flecken ward außwendig mit XV Mann besetzet / mit den übrigen ging Herkules zu fusse nach dem Tohr / und spürete / daß es inwendig nicht sonderlich fest verriegelt wahr / setzeten deswegen ihre Schuldern ingesamt dagegen / und schoben es auff / gingen hin / und traffen einen alten Mann auff der Gassen an / welchen Herkules mit freundlichen Worten fragete / in was Herberge die Geselschafft mit den ledigẽ Pferden eingekehret währe. Dieser gab zur Antwort: Herr / sie liegen dort gleich vor euch in jenem Hause / da ihr die Liechter scheinen sehet. Ladisla fragete weiter / ob sie alle bey einander in einem Hause währen / auch wie viel ihrer wol seyn möchten. Mich deucht / antwortete er / ich habe ihrer zehne gezählet / haben wol 50 Pferde bey sich / und gar ein schönes Weibesbilde / welche sie ohn zweifel geraubet haben / nachdem sie sich sehr trostloß bezeiget. Ja sagte Herkules / freylich habẽ sie das gute Mensch gewaltsam entführet / welches ihnen übel bekommen sol. Wol wol ihr Herren / sagte er /sie werden reiff seyn zur Straffe / wiewol sie hieran wenig gedenken / sondern mit ihrem Wirte / der nicht umb ein Haar besser seyn mag als sie / sich lustig machen / teilen auch einen treflichen hauffen schönes Goldes unter sich / wie ich jezt gesehen / da ich vor dem Fenster hergangen bin / und gebe euch Gott das Glük / diese Buben zuertappen / welches durch eure Vorsichtigkeit leicht geschehen kan. Gebet euch zu frieden / sagte Herkules / wir sind von dem Römischen Stathalter zu Padua ausgeschikt / sie zu fahen /uñ zur gebührlichen Straffe zu zihen / deßwegen / da sich etwa über vermuhten ein Aufflauff erregen solte /so machet es den Inwohnern zuwissen / daß sie ruhig und ohn furcht seyn / auch sich keines dinges annehmen / damit sie nicht in Ungelegenheit gerahten / dañ haussen vorm Tohr haben wir eine gute Anzahl Völcker stehen. Ging hierauf mit den seinen gerade fort und in aller stille / besetzete das Haus rings umher /trat hernach selb viere hinein / öffnete die Stubentühr / und wünschete der Geselschafft einen glůklichen Abend. Die Räuber sassen am Tische / hatten schon Mahlzeit gehalten / und zecheten weidlich herumb: Der vornehmste unter ihnen / den sie vor ihren Häuptman scholten / saß oben an / hatte die Jungfer neben sich / und suchte durch allerhand freundliche Reden sie zur Fröligkeit zubewägen / welche ihre Zeit mit stetem seuffzen und weinen zubrachte / und ihr nur den Tod wünschete / weil sie wuste / daß sie dieses frechen Räubers boßhafften Willen zuersättigen / vor behalten ward. Herkules sahe die Jungfer / und erkennete sie alsbald vor dieselbe / welche er stets dey dem Fräulein zu Prag gesehen hatte / wolte sich aber ihr nicht alsbald offenbaren / noch die Räuber überfallen / sondern redete sie freundlich an; er såhe / daß eine erbare Geselschaft bey einander währe / uñ weil er samt seinen Gefärten von der Reise ermüdet / uñ unter dem schweren Reuter harnische / welches er zu fusse trüge / etwas matt worden / hätte er lust ein Stündichen frölich und guter dinge mit ihnen zu seyn / insonderheit / weil es hie so schönes Frauenzimmer gäbe. Die Råuber hatten ihr Gewehr neben sich liegen / verwunderten sich ihrer stillen Ankunfft / da sie doch von fuß auff gewapnet wahren / und ungeachtet ihres widrigen vorgebens / ausser Zweifel zu Pferde müsten ankommen seyn; stutzeten daher anfangs /endlich antwortete der vornehmste: er und die seinen hätten in diesem Hause nicht zu gebietẽ / und wann sie dem Wirte wilkommen währen / müsten sie auch friedlich seyn. Der Wirt aber redete alsbald darzwischen / er hätte sein Haus voll Gäste / welche alle reisende Kauffleute [261] währen / und sie umb anderer willen nicht ausweisen könte; wer ehe kähme der mahlete ehe; müsten also nach einer andern Herberge sich umsehen / deren es im Flecken gnug gäbe. Herkules aber sagte zu ihm: Gebet euch zufrieden / guter Freund /ich kan hinte nicht weiter gehen / und wollen wir noch vor schlaffens gut Geschir machen; zeigete ihm hiemit eine Hand vol Kronen / und sagete weiter: Diese müssen verzehret seyn / ehe ich aus dieser Herberge gehe /doch mit dem bedinge / daß mir Raum bey der schönen Jungfer gemacht werde; dann ich sehe schon / ihr Buhler gefället ihr nicht / ob ich mich etwa zutähtiger machen / und ihr Herz besser gewinnen könte. Zu dem Räuber aber sagete er: Guter Freund / stehet nicht mit euch zuhandeln / daß mir die Jungfer zu teil würde / nachdem / wie ich merke / sie euch ihre Gunst nicht geben wil. Dieser merkete unraht / und stellete sich gleichwol zornig; was er ihm die Jungfer anzufodern hätte? dieselbe währe sein / und hätte sonst niemand Ansprache auff sie / hoffete auch vor sich allein Freude mit ihr zu haben. Herkules antwortete: wie aber / meine liebe Jungfer / wollet ihr nicht lieber mir beywohnen? Sehet da / ich versichere euch Ehr und Leben / und alles was ihr wünschet / das in meinen Händen stehet. Die Jungfer ward inniglich seuffzen /empfing doch etwas Hoffnung aus dieser Rede / und durffte gleichwol vor Angst kein Wort sprechen; dann ihr nähester Beysitzer machte sich schon zum Gefechte bereit / greiff zum Degen / und ermahnete die seinen / geherzt und frisch drauff zuschlagen. Aber Herkules zog von Leder samt die bey ihm wahren / und sagte: Ihr meinäidigen ehrvergessenen Bösewichter /bald ergebet euch dem Römischen Stathalter zu Padua / oder ihr sollet alsbald in stücken zerhauen werden; rief auch zur Tühr hinaus: Herein / und packet mir diese leichtfertigen Schelmen an / daß ihrer keiner entrinne. Worauff Leches mit etlichen ungestüm zur Tühr hinein drang / welches die Räuber sehend / sich nach den Fenstern kehreten / in Meynung hinaus zuspringen / sahen aber nach Eröffnung / daß alles mit Bewapneten besetzet wahr. Herkules foderte ihnen die Schwerter ab / welche sie willig von sich gaben / und vor Angst kein Wort sprechen kunten. Leches / so bald er die Jungfer sahe / deren er sein Herz schon etliche Jahr / aber bißher umbsonst angebohten hatte /kunte seine Flammen länger nicht bergen / trat mit entblössetem Häupte vor den Tisch / damit sie ihn kennen möchte / und sagte: Jungfer Libussa / hochgeliebte Wase / wie gehets euch alhier? habt ihr auch irgend Schande und Schmach von diesen Buben erleiden müssen? Die geängstete Jungfer kennete ihn alsbald / und antwortete: O herzlieber Vetter Leches, wie kommet ihr mir zu so gelegener Zeit zuhülffe! sprang hiemit über den Tisch zu ihm / und sagte weiter: Meine Ehre ist GottLob añoch unverletzet / wañ nur unser Gn. Frl. möchte gerettet seyn. Herkules befahl /dz man die Räuber samt dẽ Wirte festbinden solte /zohe den Helm ab / und ümfing die Jungfer gar freundlich / boht jhr auch einen Kuß / und sagte zu jhr: Ich freue mich sehr / daß ich meine geliebete Freundin gesund und ungeschmåhet antreffe / und an jhr einen guten Anfang der Erlösung gemacht habe. O Durchl. Fürst / antwortete sie / hat jhre Gn. üm mich unwirdige so grosse Mühe über sich genommen? Nun nun / die Götter retten nur unser allerliebstes Fräulein; was ich dann zu vergelten zu unvermögen bin /werden andere zuverschulden jhnen lassen angelegen seyn. Wolte jhm hiemit die Hand küssen / welches er doch nicht zugebẽ wolte / sondern zeigete jhr Ladisla / zu dem sie ganz ehrerbietig nahete / und von jhm wol empfangen ward. [262] Inzwischen kehrete Herkules sich zu den Gefangenen / und sagete zu dem Vornehmesten: Geschwinde / und sage mir / wo sind deine Gesellen mit dem gefangenen Junglinge und der andern Jungfer blieben? Dieser antwortete: Mein Herr /schenket mir das Leben / so wil ich euch dahin führen / und den Jüngling wieder liefern / sonst wird euch unmöglich seyn jhn anzutreffen / viel weniger zu erretten. Wissen dann diese deine Mitgesellen auch /sagte Herkules / wo sie sich auffhalten? Ja / antwortete er / wo sie hinte diese Nacht bleiben werden / ist jhnen bewust / aber nicht / wohin man sie morgen führen wird. Nun dann / sagte Herkules zu Fabius / so wird mein Herr Bruder wissen / sie nach Römischen Recht abzustraffen als gewaltsame Räuber und Mörder. Dieser nam sie an / übergab sie seinen Reutern wol zuverwahren / und schwuhr / er wolte sie in dem Flecken lebendig kreuzigen lassen / woselbst sie den Mord und Raub verübet hätten; über welcher Urtel sie dermassen erschracken / daß sie jhre Gesellen glükselig preiseten / die im Streit ümkommen wahren. Der Wirt durfte viel Entschuldigung einwenden / aber die Räuber begunten schon darüber zu murren / und redete Herkules den Vornehmesten unter jhnen / welcher Gallus hies / also an: Ob du wol dein Leben so wol /und vielleicht mehr als diese anderen verwirket hast /sol es dir dannoch geschenket seyn / dessen du mir wol trauen magst / dafern du mich zu dem Jünglinge führest / wo er ist / damit ich denselben meinen geliebten Bruder wieder überkommen möge; aber sage mir ohn einige Falscheit: träget der Wirt auch Wissenschafft ümb diese Taht? Herr / sagte Gallus / die gröste Schuld dieser übeltaht haftet auff jhm / gestaltsam er den Anschlag gemacht / und uns auf getrieb eines fremden unbekanten Ritters / Nahmens Victor /fast wieder unsern Willen darzu verleitet hat / massen unser Frevel vor diesem nie so groß gewesen ist / die Leute in beschlossenen Flecken zu überfallen; ja sein ganzes tuhn ist anders nichts / als daß er uns bißher ausgespüret hat / wo in der nähe ein Raub zuerhaschen ist. Bistu dann derselbe / fragete jhn Herkules /der gestern Abend in jener unseligen Herberge die Würffel und Karten feil getragen hat? Ja eben derselbe ist er / sagte Gallus / welches sich leicht ausfündig machen wird / wañ meine Herren jhn nur werden dahin bringen lassen. Hierauff sagte der Wirt zu jhm; O du meinäidiger Verrähter / ist das mein Dank und Lohn / daß ich dir so mannichen Dienst zu Tag und Nacht geleistet habe? Fabius lachete des / und sagte: Gib dich zu frieden du gotloser Schelm / ich werde dir schon davor lohnen / und in Padua eine solche Rache von dir nehmen / daß andere deines gleichen sich daran zu spiegeln haben. Herkules wahr willens / alsbald wieder auffzusitzen / und sein allerliebstes Fräulein zuretten; weil er aber sahe dz seine Leute mat und müde wahren / überdas auch von Gallus vernam / daß die Eile ihnen zu nichts dienen / und die helle Tageszeit ihnen vorträglicher seyn würde / den Anschlag ins Werk zurichten / hieß er die Wirtin essen aufftragen /so gut sie es zuschaffen wüste / und einen TrunkWein dabey / welches ihr richtig solte bezahlet werden. Die gemachte Beute brachte Gallus alles wieder bey / so wol an Gelde als Kleidern / welches Ladisla geliefert ward / und funden sich an Baarschafft etliche tausend Kronen / auch köstliche Weiberkleider / die dem Fräulein zustunden. Des Goldes teileten sie etwas unter ihre Reuter aus / daß jeder XII Kronen bekam /wodurch sie so gutwillig gemacht wurden / daß sie alle sich erbohten / das Leben vor sie zu lassen. Die Wirtin schaffete Wein gnung / der sehr gut wahr /aber die Speise wolte anfangs nicht zureichen [263] biß sie aus der Nachbarschafft so viel zusammen brachte /daß sie alle gesättiget wurden. Nach gehaltener Mahlzeit begehrete Herkules die Rechnung von der Wirtin / und weil dieselbe gar leidlich gestellet wahr / zahlete er ihr ein übriges; welche Freygebigkeit ihr gar wol gefiel / und sie immerzu fleissig auffwartete. Sie wahr feiner Gestalt / und etwa ihres Alters von XXVI Jahren / taht als bekümmerte sie sich um nichts / so daß sie auch anfangs sich ihres Mannes im wenigsten nicht annam / biß sie mit Herkules etwas Kundschafft gemacht hatte / da fragete sie denselben mit halblachenden Worten: Ob dann nicht gnade vor ihren Mann übrig währe. Er aber antwortete ihr / es währe davon nichts zu reden / weil es in seiner Macht nicht stünde; in andern dingen wolte er ihr gerne zu gefallen seyn. Ey mein Herr / fuhr sie fort / und zwar mit gleichmässigen frölichen Geberden: Ihr köntet gleichwol noch ein gut Wort vor ihn einlegen / weil er selber nicht gemordet oder geraubet hat. Hehler und Stähler sind gleiche gut / antwortete er / und ist diese Taht viel zu böse / welche keines weges ungestraffet hingehen kan / sondern muß mit dem Leben bezahlet und gebüsset werden; ihr aber habt euch nicht zubefürchten / sondern sollet bey dem euren geschützet werden / es sey dann / daß einer oder ander kommen /und sein geraubetes Gut wieder fodern würde. Die Frau wendete sich zu ihrem Manne / und sagte: Da sehet ihr noch mein gutes Herz / welches ich zu euch trage / indem ich vor euer Leben bitte / welches ihr nimmermehr tuhn würdet / da ich in eurer stelle stehen solte. Ja / antwortete ihr Mann / dz mögen die Götter wissen / wie deine Vorbitte von Herzen gehe /welches dein leichtfertiges Lache-Maul schon mehr als zu viel verräht / und behüte mich nur der Himmel /daß ich deiner Gnade oder Vorbitte nicht bedürffe. Diese taht / als hörete sie solches nicht / sondern fragete mit etwas betrübtem Angesicht / ob dann ihr Mann gewißlich sterben müste; und als ihr mit beständigem Ja geantwortet ward / dz sie daran nit mehr zu zweifeln hatte / kehrete sie sich abermal nach demselben um / und fing mit erblassetem Gesicht also an: Nun so gebe Gott / dz dich der Henker vor deinem Ende so peinigen und quälen möge / wie du boßhaffter Mörder / Dieb uñ Ehebrecher mich armes unschuldiges Weib diese zwey Jahr geängstet hast / und ich erfahre / dz dir mit vollem masse gelohnet sey. Dieser beiß vor Eifer die Zähne im Kopfe zusa en / uñ deutete an / er währe ihm gar keine andere Vorbitte bey seinẽ frechen gottlosen Weibe vermuhten gewesen /wolte auch gerne sterben / wañ er ihr nur den Lohn ihres verdienstes geben solte; bekeñete daneben er währe des vorigen tages daran verhindert worden /sonst solte sie sein Unglük nit erlebet haben. Herkules uñ seine Gefärtẽ höreten mit Verwunderung zu /und begehreten von dem Weibe die Ursach ihrer so hefftigen Feindschafft / und unversöhnlichen Widerwillens zu wissen; worauff sie antwortete: Mein Herr / wañ ich mein Unglük und Widerwärtigkeit alles erzählen solte / welches ich von diesem Gottlosen ehrvergessenẽ Buben habe annehmen und außstehen müssen / würde ichs im Sommerlangen Tage nit können zum Ende bringen. Der Mann wolte ihr einreden /und seine entschuldigung tuhn; aber sie sagte zu ihm; schweig du Verrähter / du hast keine Ehre zusprechen. Es merketen die unsern was vor ein Kraut sie vor sich hätten / und liessen sie immerhin waschen / da sie also fortfuhr; Meine Herren; zwey Jahr habe ich mit diesem Laußhunde in der Ehe gelebet / aber keine friedliche noch fröliche Stunde bey ihm gehabt / da er mir doch alle seine Wohlfahrt zu danken hat; er wahr nacket und bloß / und wann [264] ichs ja sagen sol / vol Unziefer / da ich mich sein erbarmete / und ihn zu mir nam. Ach was hatte ich vorhin einen feinen frommen Mann / sagte sie mit erdichteten Trähnen; des Abends brachte er mich zu Bette / und verrichtete noch etliche Stunden die nöhtige Arbeit; des morgens stund er auff und lies mich schlaffen. Dieser leidige böse Schelm ging nach meines Mannes Tode mir so listig nach /daß ich mich sein nicht länger erwehren kunte / und ihm die Ehe versprach; und als ich ihm bald darauff mehr gönnete / als mir jezt lieb ist / muste ich hernach stets seines Willens Leben / welches ich dann taht /umb einen guten Grund zur friedsamen Ehe zulegen; aber ich meine er hat mirs vergolten; er ging mit meinen Gütern umb als die Prasser pflegen; vor muste er mit Wasser und Brod vor lieb nehmen / jezt wahr ihm der Landwein zu herbe / und die Haußspeise zu unverdäulich; doch hätte ichs noch alles verschmerzet /und fünffe gerade seyn lassen / nach Art meiner angebohrnen Frömmigkeit (welches ruhms die ganze Geselschafft lachete) wann er mir nur währe geträu gewesen / aber ungeachtet ich / ohn Ruhm zu melden die schönste Frau des ganzen Flecken bin / mitete er doch allemahl die hübschesten Mägde / die zubekommen wahren / hohlete sie über etliche Meileweges her / hielt mit ihnen als ein Ehebrecher zu / und lies mich armes Weib gehen / als hätte er mich etwa hinter dem Zaune auffgeraffet. Wañ ich mich dann dessen beklagete / und mich an den leichtfärtigen Ehebrecherischen Huren rächen wolte / so muste ich mich so elendig von ihm stossen und prügeln lassen / daß es einen Stein in der Erden hätte erbarmen mögen; aber ich hoffe / es sol ihm schier vergolten werden / dann der Himmel hat mein Elend nicht länger ansehen können /die Erde ist zu müde solchen Unflaht zu tragen / und die Lufft sehnet sich daß er in ihr ehröhet / das Angst-wasser schwitze / und das Angst-feur im Herzen fühle. Kehrete sich hiemit zu ihrem Manne / und sagte: Kanstu noch nicht erkennen / daß die Götter müde sind meinen Jammer zuerdulden / welchen du Wüterich und greulicher Bluthund mir zugefüget hast? fahre hin an den Galgen und an das Rad; ich wil wol einen Kerl haben / wann du schon am Kreuze verdorret bist / der mich besser in ehren halten / und meine Wirdigkeit erkennen sol / als du nacketer Bettelbube nie getahn hast! Sie wolte in ihrer rede fortfahrẽ / aber Ladisla hies sie schweigen / und fragete den Wirt / warumb er sich so hart und undankbar gegen sein Weib verhalten / die Zeit seines elendes ihn auffgenommen hätte. Ach mein Herr / antwortete er / gut ists / daß ihr das schwäzhaffte Weib habt schweigen heissen / es würde ihr sonst unmöglich seyn das Ende ihrer Rede zu finden / und dürffte ihr gehen wie einer Art Vogel / davon man saget / daß sie sich zu tode singen sollen. Sie wolte dieses nicht unbeantwortet lassen / aber Herkules hielt vors beste /daß man sie hinaus schaffete; welches abzuwenden /sie versprach stille zu seyn. Worauff ihr Mann also fortfuhr: Ob ich gleich weiß / daß ich zu einem grausamen Tode behalten werde / gläube ich doch nicht /daß des Henkers Peinigung schwerer seyn könne / als dieses heillosen Weibes. Ich kan wol sagen / daß ich die zweijährige Helle schon an ihr versucht / aber auch mit ihr gebauet habe; Ich habe diese ganze zeit über nicht ein gutes Wort von ihr gehabt / sondern lauter schnarchen / murren uñ schelten / und kunte ichs ihr nimmer zu danke machen / ich griffe es gleich link oder recht / oben oder unten an; trunk ich ein Maaß Wein mit meinem Nachbar / oder einem andern / dabey ich wol fünffe verdienete / so muste ich ihr Verbringer seyn; lag ich bey ihr auff dem Bette / so[265] muste ich ihr fauler Schlüngel seyn; stund ich dann auf / so hieß es / ich schleppete mich mit den Mägden; Dieses stieg mir endlich zu Kopffe / daß ich auff Mittel bedacht wahr / sie zu zwingen / und den bösen Teufel aus ihr zu treiben; und muß bekennen / daß ich sie offt gar übel zugerichtet habe / insonderheit /wann sie die jungen frischen Gåste in ihrer Völlerey durch unzüchtige Schandreden zu allerhand Unzimligkeit reizete / und ohn scheuh sich mit ihnen herzete und zausete / einwendend / die Wirtinnen müsten freundlich seyn / wann die Gäste das Geld bey ihnen verzehren solten; und was mir endlich daran abginge /behielte ich doch alles was ich schon hätte; Ja ich darff vor züchtigen Ohren nicht erzählen / wie sie in Reden und Geberden sich offt erzeiget hat; darauff legete ich dann wol die schwere Hand / aber alles umbsonst und vergebens / daher ich mir endlich vornam /sie im Schlaffe zu erwürgen / und solte mein gröster Trost seyn / wann es nur geschehen währe. Ladisla antwortete: als viel ich aus euer beyden Rede vermerke / ist garstiger Spek umb stinkende Butter vertauschet / und bedürffte ein Richter guter Leute Raht /umb zu entscheiden / wer unter euch mit der grösten Schuld behafftet währe. Die Wirtin sagte: O ihr lieben Herren / helffet ja / dz er nicht wieder loß kömt /sonst müste ich elendes Weib es verlauffen. Herkules verdroß bey so gestalten Sachen dieses langwierige Narrenwerk / geboht der Frauẽ ruhig zu seyn; es würde dieser ihr Mann sie förder nicht weiter belästigen; Er wolte ihr aber diese Lehre geben / wann sie den dritten nehmẽ würde / solte sie sich sein demühtig züchtig und gehorsam gegen ihn verhalten / und nicht ursach zu Zorn und Widerwillen geben. Ja mein Herr / sagte sie / bedenket aber / daß ich gleichwol Frau des Hauses bin / und diesen Schlüngel aus Erbarmung zu mir eingenommen habe / solte ich dann mein Recht und Herschafft so gar abtreten / und mich ihm zur Magd geliefert haben? doch wann diesem die Raben nur erst die Augen möchten ausgehacket / und sein faules Fleisch verzehret habẽ / solte der dritte Bräutigam sich wol bald finden. Herkules sahe / was vor ein Unkraut in ihr steckte / wolte ihr nicht zu fernerem Geschwätze Gelegenheit geben / sondern befahl seinen Leuten / die Ruhe zu nehmen / und gegen frühzeitigen Auffbruch sich gefasset zu halten / vor allen Dingen aber die Gefangenen wol zu verwahren / daß ihrer keiner entwischete / der ihnen den ganzen Handel durch Verraht leicht verderben würde. Den Wirt /sagete Ladisla / wollen wir der Wirtin zu hüten geben / die wird ihn nicht entlauffen lassen. Das Weib hörete es / und sagete: Wol meine Herren / gebet mir Gewalt über ihn / so wil ich ihm die Daumen und grosse Zee kreuzweise zusammen binden / uñ ihn diese Nacht in meiner Kammer auff die blosse Erde legen /mit welcher Peinigung er mich wol zwanzig mahl beleget hat / auff daß er nur empfinden möge / wie mir ein solches bekommen ist / und ich noch zu guter lezt meine Augenweide und Herzenslust an ihm haben möge. Fabius sagte zu Ladisla: behüte der Himmel einen jeden redlichen Mann vor solchen Ehegatten; ich halte nicht / dz dieses Weibes gleichen je gebohren sey. Sie stund nicht weit davon / hörete es / und gab zur Antwort: Ja wol mein Herr / so můsten meine beyde Nachbariñen / oben und unten / nicht seyn /welche mir offt verweißlich gnug vorwerffen / was ich mich von so einem lausichten Hunde dermassen verachten und schmähen lasse; dann ihre Männer / die ungleich grösser / stärker und ansehnlicher sind / als mein Hudler / müssen ihnen in allem Gehorsam seyn /und tanzen / wann sie nur die Pfeiffe stimmen / wollen sie aber nicht / so treiben sie die Esel aus [266] dem Hause / schlagen ihnen die Tühr vor der Nasen zu /und lassen sie lange gnug um schön Wetter bitten; aber dahin habe ichs mit diesem Aur Ochsen nicht bringen können. Herkules sagte zu Fabius: Geliebter Bruder; je mehr man den Zunder bläset / je weiter er glimmet. Freylich mein Herr / sagte das Weib / und hätte ich meinem Kerl nicht bald anfangs so viel Wind gegeben / solte er so stark nicht geglimmet haben; aber geschehene Dinge sind zu beklagen /nicht zu verbessern. Niemand wolte ihr antworten /weil ihr Blasebalg dadurch nur gefüllet ward. Dem Wirte aber taht seine Gefängniß nicht so weh / als die verächtliche Reden seines frechen Weibes / gedachte aber fleissig nach / ob er nicht vor seinem Abscheide sich an ihr rächen könte; sprach sie an umb einen Trunk Wein / sein mattes Herz zu laben / stellete sich auch / als währe ihm herzlich leid / was er ihr bißher zu leide getahn / uñ baht sehr umb Verzeihung / weil er doch nun sterben müste; wünschete ihr langes Leben uñ allen glüklichen Fortgang in ihrer Nahrung / und hielt an / sie möchte alles vergessen / und guten Abscheid von ihm nehmen / auch gedenken / daß sie gleichwol Eheleute mit einander währen. Das Weib nahete sich zu ihm / und begunte sich mitleidig zu stellen / da er sie eriñerte / etwas weiter mit ihm von der Geselschafft zu treten / weil er ihr vertrauen und offenbahren wolte / was vor ansehnliche Schulden er in dem Flecken hin und wieder ausstehen hätte /davon er ihr bißher nichts sagen wollen. Sie wahr ihm gerne zu willen / und ging mit ihm in den Winkel hinter die Tühr stehen / da er sie fein an die Wand drängete / daß sie ihm nicht entweichen kunte / und weil ihm die Hände auff dem Rücken gebunden wahren /drückete er sie mit seinen Knien und dem Leibe fest an die Wand / fiel sie mit den Zähnen an / uñ bisse ihr / Nasen / Ohren und beyde Lippen abe / zureiß ihr auch die Wangen dergestalt / daß sie keinem Menschen ähnlich sahe. Das Weib sträubete sich zwar mit den Händen und schriehe jämmerlich / aber er zauete sich so eilig mit seiner Rache / daß ehe jemand zu ihrer Errettung nahete / er sie schon also zugerichtet hatte / daß ihn selbst dauchte / es könte gnug seyn; ließ auch von ihr ab / und sagte: Nun meine Herren /ich wil nun gerne sterben / nachdem ich den Schimpff etlicher massen ersetzet und gerochen habe / den ich von ihr einnehmẽ müssen / hoffe auch / dieses schandlose Weib sey nunmehr unter ihrem Gesicht dergestalt zugerichtet / dz ihre ehebrecherische Buhler / deren sie nicht wenig hat / forthin so häuffig nach ihr nicht mehr lauffen sollen. Das Weib lag in tieffster Ohmacht / biß ihre Magd sie erquickete / fand sie aber dermassen zerbissen / daß jederman abscheuh daran hatte. Herkules gab Befehl / sie nach dem Arzt zubringen / und straffete den Wirt mit harten Worten wegen des begangenen Frevels; weil aber geschehene Dinge nicht zu endern stunden / mustẽ sie damit zu frieden seyn; dann sie ingesamt bekenneten / es håtte das Weib mit jhrem frechen Maul ihr dieses Unglük selbst muhtwillig zu wege gebracht. Jungfer Libussa hätte mit Herkules gerne allein geredet / und ihm der Fräulein lezten Willen angezeiget / weil es aber sehr späte wahr / und jeder die Ruhe begehrete / muste sie es biß auff näheste bessere Gelegenheit auffschieben.

Die meiste Zeit der Nacht brachte Herkules mit behten zu / und rieff Gottes Barmherzigkeit an / jhm die Gnade zu verleihen / daß er das Fräulein aus der Räuber Händen erlösen möchte / insonderheit / daß Gott jhre Ehr und Zucht in seinen Schuz nehmen /und sie vor allem unfal bewahren wolte; befahl sich endlich selbst seinem Erlöser / und schlieff ruhig [267] ein. Kurz vor Tage erschien jhm im Schlaffe ein Gesichte /nehmlich ein sehr ansehnliches schönes Weibesbilde zeigete jhm eine köstliche güldene Kron / mit dieser ümschrifft:Hoc Emolumentum Redimit Christiana Virtus Labore Et Spe Zu Teutsch:Diesen Nutzen löset die Christliche Tugend durch Arbeit und Hoffnung. In der anderen Hand führete sie eine Fahne / in welcher die Wollust wieder die Gottesfurcht streitend gemahlet wahr / und stunden diese Worte über jhren Häuptern:Volentibus Adest Levamen Jehovæ, Sistit´q; Coronam Aeternitatis. Das ist:Gottes Hülffe stehet den Willigen bey / und stellet jhnen die Kron der Ewigkeit zu. Unten zu den Füssen der Gottesfurcht lase er diese Teutsche Reimen:


1
Laß das Unglük immer wüten /
Laß die Weltergrimmet seyn;
Gott wird Unschuld wol behůten /
Was schafft dir dann Glückes schein?
Wer den bösen wil gefallen /
Hat durchaus nicht festen Fuß /
Er bleibt wol des Glückes Ballen /
Biß er gar verderben muß.
2
Einer ist / der wird dich führen /
Du kennst seinen Nahmen schon;
Dessen Rettung wirstu spüren /
Biß er dir den Gnaden-Lohn
Der Unsterbligkeit wird schenken.
Ey so brich durch Noht und Pein /
JESUS wird an dich gedenken /
Drum mustu gerettet seyn.

An der Gottlosigkeit oderWollust seite / wahr dieser Reim mit rohten (die vorigen aber mit güldenen) Buchstaben gesetzet:


Fleisches Lust kan Gott nicht ehren

Tügend fält durch Fleisches Lust;


Was die Straffen sol abkehren

Komt aus einer reinen Brust.

Neben der Gottesfurcht stunden diese Worte:

Wann der Teufel noch so wütet /

Wann gleich alles uns gebricht /


Und die Welt nur Unglük brütet /

Läst doch Gott die seinen nicht.


Sonst gedauchte jhn / das trefliche Bilde hätte ihn etlichemahl ganz freundlich angelachet / und diese Worte jhm zum drittenmahl zugeruffen / da sie die beyden vördersten Finger jhrer rechten Hand aufrecht hielt:


Was du suchest soltu finden /

Doch mustu im Glauben fest


Dich auff Gottes Beystand gründen /

Der die seinen nicht verläst.


Als dieses Gesichte hierauff verschwand / erwachete Herkules / empfand einen sonderlichen Trost uñ geistliche Freude in seinem Herzen / und sprach dieses Gebeht zu Gott:O du Schöpfer und Erlöser des menschlichen Geschlechtes / gib mir wahre Beständigkeit / deinem heiligen Willen folge zu leisten / und die schnöde Wollust der üppigen gellen Welt zufliehen / auff daß ich durch wahren Glauben auff dein Verdienst gerechtfärtiget / die himlische Kron der Gerechtigkeit / welche du allen Auserwählten von Ewigkeit bereitet hast / aus deiner Gnaden Hand empfahen / und durch keine Boßheit mich deren verlustig machen möge. Er verrichtete ferner sein gewöhnliches Morgen Gebeht / und so bald die Sonne die hohen Berges-Spitzen der Finsterniß entreiß / befahl er die Pferde zu satteln / und so wol die von den Räubern entführete / als ihre eigene fertig zuhalten / des gewissen Vorsatzes / sein herzgeliebtes Fräulein auffs fleissigste zu suchen / ob jhm gleich Ketten und Bande / ja der Tod selbst drüber zustossen solte. Fabius lies die Gefangenen fest binden und auff Pferde setzen / macheten sich auff und nahmen den Rükweg nach dem Gehölze wieder vor sich / da die Jungfer zwischen Herkules und Ladisla reiten / und ihnen erzählen muste / was sich irgend zu Prag sieder jhrem Abwesen denkwirdiges zugetragen hatte / biß Ladisla wegen enge des Weges hinter sich zu Fabius ritte / und sie Gelegenheit [268] hatte mit Herkules in geheim zureden / an dessen Finger sie ohngefehr den obgedachten Ring mit den eingeschlossenen Händen sahe / und zu jhm sagete: Durchl. Fürst / ich erinnere mich / diesen Ring mehr gesehen haben / und nimt mich wunder woher er euer Durchl. sey zu teil worden. Nach dem sie aber von jhm Bericht empfing /was gestalt Neklam denselben nebest anderen Sachen überbracht hätte / nam sie daraus gute Hoffnung / es würde das Fräulein dieser Gefahr entrinnen / und mit dem Fürsten verehelichet werden; fing demnach an /und sagete zu jhm: Ich habe von gestern Abend her Gelegenheit gesuchet / mit euer Gn. in geheim zu reden / hoffe zuerst dieselbe werden mir gnädigst verzeihen / daß ümb deren heimligkeit ich gute Wissenschafft von anfang her getragen / auch die einige Ursach gewest bin / daß mein gn. Fräulein euer Gn. Brieff bey Wenzesla beantwortet / halte auch / dafern meinem gn. Fräulein ich zu Zeiten mit Trost nicht beygesprungen währe / sie würde schwerlich euer Gn. Verlust lange ůberlebet haben; wolle demnach mein gn. Fůrst sich vor mir nicht verbergen; ich wegen Pflicht und Schuld / damit meinem gn. Fräulein verhafftet bin / kan nicht unterlassen / euer Gn. jhren lezten willen zu eröffnen / nehmlich / als im Geh \lz sie hat müssen von mir scheiden / wahr sie mehr auf jhres allerliebsten Fürsten als auff ihre eigene Wolfahrt bedacht / befahl mir deswegen / alle M \gligkeit anzuwenden / daß jhrer Gn. ich jhren Verlust / durch alle Mittel alsbald zu wissen tähte / und dabey andeutete /daß ja dieselbe sich jhretwegen in keinerley Gefahr einliesse / sie währe dann mit solcher Hülffe versehẽ /daß sie den Räubern bestand gnug seyn könte. Herkules antwortete: es ist mir sehr lieb / ädle Jungfer / daß ich solches alles von jhr vernehme / wil auch / da mir das Leben übrig bleibet / allen Fleiß anwenden / die Dienste / welche sie meinem Fräulein uñ mir getahn /nach Vermögen zuverschuldẽ; betreffend aber deren Warnung / werde nach gestalten Sachen ich mich schicken und verhalten müssen / auch meinem Gott trauen / er werde mir in Unglůk und Gefahr beystehen. Ich möchte aber gerne sehen / daß sie zu Padua verbliebe / und von dannen nicht wieche / biß sie von dem Fräulein oder von mir gewisse Zeitung hätte /müste ich ihr dann in fremde Lånder folgen / dahin sie geführet würde / wie ich doch nicht hoffen wil / werde ich an euch nach Padua zuschreiben / nicht unterlassen; erfahret ihr aber wo ich bin / und gehet etwas /mir nöhtig zu wissen / vor / kan sie bey eigenem Bohten solches verrichtẽ; doch als lange ich meinem Fräulein nachsuche / wird mein Name nicht Herkules /sondern Valikules seyn; sonsten daß unsere Liebe noch zur Zeit gegen jedermännig müsse verschwiegen gehalten werden / wird unnöhtig seyn / euch zu erinnern. Aber lieber saget mir / da ichs wissen darff /was doch mein höchstgeliebetes Fräulein eigentlich bewogen / diese schleunige Reise auff sich zunehmen? Ach mein Durchl. Fürst / antwortete sie / wie hat mein Gn. Fräulein Tag und Nacht auf Gelegenheit getichtet / Eure Gn. zu sehen / und etwa nur ein Stündichen mit derselben zu sprachen / umb zuerfahren /ob dieselbe dann ihre hochlöbliche Art durch den neuen Glauben so gar verendert / wie man in Teutschland hat vorgebẽ dürffen; mag demnach Eure Gn. sich kühnlich versichern / dz weder ihr Herr Bruder noch dessen Gemahl sie von Prag nach Padua würde gelocket haben / wann Eure Durchl. nie daselbst gewesen wäre. Ach ach mein Frl. sagte Herkules / das leidige Glük hat uns biß daher diese Ergezligkeit nicht göñen wollen / dz wir durch mündliche Unterredung unsere Liebe erneuert hätten; einmahl ist es ein Schwert in meinem Herzen / dz ein solches Fräulein [269] meinetwegen in diese Angst und Gefahr gerahten ist; doch / hilfft mir der allmächtige Gott / wil ich nicht ruhen / biß sie gerettet / und die Bosheit gestraffet sey; vor dißmal wil ich euch den Brieff in Verwahrung geben / welchen ich in ihren allerschönsten Haaren funden / ob mein Fråulein ihn wieder fodern würde. Libussa nahm ihn zu sich / mit Erbietung / ihn wol auffzuheben /ungeachtet das Fräulein ihn so offt gelesen hätte / daß sie ihn fertig herzusagẽ wüste. Indem sie also fort ritten / ersahe Herkules etliche Reuter stark auff sie ansetzen / uñ ward bald innen / daß es die außgeschikte Speher wahren / welche Zeitung brachten / daß sie zwar etliche Mäñer mit Holzaxten im Walde hin und wieder zerstreuet angetroffen / welche aber von keinen Räubern zusagen gewust. Gallus zeigete ihnen an /eben diß währen die rechten / und möchte wünschen /daß sie entweder ihr Nachsuchen gar unterlassen /oder deren einen gefangen mit sich gebracht hätten /alsdann würde man einige Nachricht von ihnen haben einnehmen können / welches nun schwer zugehen dürffte / dafern man ihnen nicht biß in ihre heimliche zimlich-abgelegene Schlüpff-winkel nachsuchen würde. Herkules sahe wol / daß ihm kein Mensch als dieser Räuber zu seinem Vorhaben könte behülflich seyn / und fragete ihn / ob er dann ihrer abgelegenen Höhlen Wissenschafft hätte. Ja / bekennete dieser / er währe ihrer vornehmsten Häuptleute einer / und hätte aller Heimligkeiten durchgehende Kundschafft / wolte es auch mit Worten dahin bringen / daß der gefangene Jüngling neben der Jungfer solte loßgelassen werden; zwar die versamlete Herren möchten wol gedenken /er redete solches / sich etwa loßzuwirken / und hernach davon zulauffen; aber seyn Vorsaz währe nicht also beschaffen / welches sie ihm wol trauen möchten. Herkules nam ihn darauff absonderlich vor und redete ihn also an: Höre Gallus / uñ erinnere dich der Gnaden daß ich dich vom Kreuz loßgewirket / an welchem du sonst in grössester Pein sterben müstest /und betrachte / daß du mir davor verhafftest seist; wiltu mir nun träue und redligkeit beweisen / dein Leben hinfüro in besserung stellen / und in meinem Vorhaben mir nach aller mögligkeit beyrähtig seyn /so verspreche ich dir hinwiederumb / bey meinen ritterlichen Ehren / welche zu schänden ich nicht bedacht bin / daß ich dich hernähst dergestalt begütern und erheben wil / mehr als du jemahls hättest hoffen oder dir einbilden können. Gallus antwortete mit einfältigen Geberden: Gn. Herr / der Gott der über alles herschet / ist mein Zeuge / daß aus höchstdringender Noht / und mein Leben zu retten / ich mich in die Räuber Geselschafft begeben / massen ich fünff Jahr ein Römischer Feldwebel gewesen / biß ich beim Trunke wegen eines Spieles / darin mir Unrecht geschahe / meinen Fåhndrich erstochen / und deßwegen außreissen müssen; und weil ich nirgend sicher wahr /habe ich mich drey Jahr in den Wildnissen auffgehalten / und zu Zeiten geraubet / wovon ich das Leben erhalten / biß vor vier Jahren ich in diese Räubergeselschafft gerahten bin; ich gelobe aber ihrer Gn. bey dem höchsten Gott / dz dero getreuester Knecht biß an meines lebens Ende ich seyn und bleiben wil /nicht so viel wegen jeziger gar zu hoher Zusage /deren ich nicht fähig bin / als daß dieselbe mich der Kreuzespein enthoben / und mir dz Leben geschenket / welches durch meine Untahten ich hundertfach verwirket habe. Herkules sagte zu ihm: Nun / du beruffest dich auff den wahren Gott / der würde dich auch mit harter Straff-hand angreiffen / wann denselben zu täuschen du gesinnet währest / welches ich dir doch nicht zutraue / sondern nehme dein Erbieten als fest und redlich gemeinet an / [270] und versichere dich hinwiederumb / daß deine kunfftige Dienste ich dir nach getahnen versprechen vergelten wil; kehrete sich hiemit nach Fabius / und begehrete von ihm / er möchte als ein von dem Römischen Stathalter gevolmächtigter /ihm zu Liebe und Freundschafft diesen seinen neuen Diener Gallus frey und ehrlich / auch aller Straffe loß und ledig sprechen. Dieser wahr hirzu willig / lies ihm die Bande an Händen uñ Armen entzwey schneiden / und erklärete ihn ehrlich / frey / uñ aller Anklage enthoben; worüber der recht büssende Mensch höchst erfreuet / auff seine Knie niderfiel / und mit trähnenden Augen vor beschehene Gnade dankete; sagete; er währe nun reich und glükselig genug / und wolte in ihren Diensten gerne und mit freuden sterben. Sie ritten frisch fort / biß sie endlich an die Stelle kahmen / da die Räuber sich geteilet hatten / woselbst Herkules seine lieben Freunde allein zu sich foderte /umb zu bereden / wie die Sachen am tuhnlichsten anzugreiffen seyn möchten; aber da wahr mancherley und keine beständige Meynung / weil niemand etwas gewisses hatte / darauff er fussen kunte / daher Herkules zu ihnen sagete; Ich merke wol / daß mein Gallus hierin der beste Rahtgeber seyn wird / rieff ihn herzu /und befahl ihm seine Gedanken hierüber frey und ungescheuhet zueröffnen. Dieser aber baht sehr / seine Gñ. Herren wolten doch nach belieben rahten / er wolte alles nach Vermögen ins Werk richten helffen /ob er gleich das äusserste darüber außstehen solte; dann würde ich einen Anschlag machen / sagte er /und es geriete zum ärgesten / wie ich doch nicht hoffen wolte / möchte ich einiger Verrähterey verdacht werden. Mein Gallus / antwortete Herkules / wann ich diese Gedanken von euch hätte / würde ich euch so ledig und loß neben mir nicht reiten lassen / drumb lasset hören was euch dünket. Gn. Herr / sagte er / so bitte ich untertähnig / mir zu verzeihen / wann irgend mein Vorschlag nicht beliebet seyn könte / ausser dem wir aber unser Vorhaben schwerlich erreichen werden / dann die außspehung eurer Reuter hat mir die Sache sehr verwirret / und die Räuber aus der nähe in ihre heimliche Gewahrsam getrieben; dahin /währe ich der Meynung / mich zu begeben / und einen geträuen Menschen eures mittels zu mir zunehmen /welcher sichs nicht würde müssen verdriessen lassen /mit mir durch Hecken und Püsche zu fusse zu krichen / und sich zu stellen / als währe er von mir vor einen Räuber-Landsknecht geworben; solte man dann nach seinem zustande fragen / könte er irgend vorgeben / er hätte einen Todschlag hie oder da begangen / daß er flüchtig seyn müste / und sich im verborgenen zuhalten gezwungen würde; währe uns dann Gott beyständig / wie ich gänzlich hoffe / daß wir den geraubeten Jüngling anträffen / solte er euch Zeit / Ort / und Weise eurer Ankunfft und überfals berichten / wie ichs finden würde / am sichersten und bequemesten zu seyn / im falle ich sie in der Güte nicht bereden könte / die Gefangenen neben der Beute von sich zugeben. Sie hielten diesen Raht alle vor gut / lobeten seine vernünfftigen Anschläge / und reizeten ihn mit grossen verheissungen zur bestendigkeit. Und als man darüber rahtschlagete / wer Gallus zugegeben werden solte / schlug Ladisla seinen Leches vor / Fabius stimmete auff Klodius; Herkules aber baht / man möchte ihm die Wahl gönnen / welchen er darzu würde düchtig erachten / und nach bewilligung stieg er vom Pferde / sprechend: Ich werde mich zu dieser Abenteur selbst gebrauchen lassen / und traue meinem Gott ungezweiffelt / er werde mir Glük und guten fortgang verleyhen. Ladisla und Fabius bahten ihn sehr / von solchem Vorhaben abzustehen / angesehen der [271] grossen Gefahr / wann er erkennet würde. Gallus selbst riet ihn träulich ab / allermeist / daß die andern nicht in ungleiche Gedanken gerahten möchten / ob suchete er an diesem Herren einige Verrähterey zu üben. Herkules aber fragete ihn / ob neulich etliche von den Räubern zu Padua gewesen / und als er dz Wiederspiel vernam / sagte er; so bringet mich niemand als Gottes Gewalt von diesem Vorsatze; legte sein Harnisch abe / ging mit Klodius hinter eine Hecke und nam dessen ledernes Kleid vor sein Scharlaken / suchte die kostbahren Kleinot / die darin vermacht wahren / zusammen / und nach kurz genommener Abrede / lies er sich als einen geworbenen Räuber hinleiten. Ladisla aber kehrete mit der Geselschafft umb nach dem Flecken / da das Unglük sich zugetragen hatte / und erwartete daselbst seines lieben Herkules Wiederkunfft. Derselbe nun eilete geschwinde fort / damit er sein geliebtes Fräulein schier aus Räuberhänden frey machen möchte / so dz Gallus kaum mit ihm fortkommen kunte / welcher ihn aber baht / er möchte gemachsam fahren / es währe das Schlupffloch nicht so nahe / daß mans mit einem lauffe erreichen würde / hielte auch vor sicherer / späte als früh bey ihnen anzulangen / dann sie würden ohn zweiffel sehr verschüchtert seyn / und wegen seiner unvermuhtlichen Ankunfft sich nicht ein geringes verwundern / welches er ihnen doch bald benehmen wolte. Herkules lies sich weisen / befahl sich Gott seinem Erlöser in grosser Andacht / und lies Gallus vorhin gehen / weil er seiner Träue noch nicht aller dinge versichert wahr / ob er ihm gleich zimlichen Glauben zustellete. Sie kahmen an eine Bach / bey welcher ein dickes Gesträuche stund / in welches Gallus ohn Verzug hinein kroch / und bey einer Viertelstunde darinnen verzog / daß Herkules nicht wuste / ob er verrahten oder verlassen wahr; als er nun wieder hervor kam / hatte er sein Angesicht dermassen unkäntlich gemacht / daß Herkules anfangs meynete / es währe ein ander. Gallus merkete solches / und sagte zu ihm: Gnädiger Herr / Eure Gn. kennen mich zweiffels ohn wegen dieser Verstellung nicht mehr. Die Kleider /antwortete er / sind mir neben der Rede nicht unbekant / aber seyd jhr der vorige Gallus / so werdet ihr etwa euren Kopff in diesem Pusche vertauschet haben. Dieses sagte er nicht ohn ursach / dann er wahr ganz anders gestalt als vorhin; Sein Haar und Bart wahren sonst gelbröhtlich / das Angesicht weißroht und wol gebildet; jezt aber wahr sein ganzes Haar schwarzbraun / und sein Gesicht als währe es von der Sonnen schwarzgelb gebrant. Gallus lachete der Rede / und sagte zu ihm: Gnädiger Herr / eben diese Kunst sol ob Gott wil Eure Gn. eben so unkäntlich als mich selbst machen / und wann mir dieses Mittel nicht bewust währe / hätte Eure Gn. ich nimmermehr mit mir genommen / massen euer Angesicht der gewisse Verrähter seyn / und des Jünglings Bruder kund machen würde. Bey leibe / sagte Herkules / lasset diese hohe Ehren Nahmen / mich Eure Gn. zuheissen / unterwegen / und nennet mich bey meinem Nahmen schlecht hin / und ob euch derselbe unwissend ist / so heisse ich Valikules. Unterdessen / als er dieses redete / greiff er ihm nach dem Häupte und Angesicht / dann er meynete gänzlich / er hätte eine Haarhaube und falsches Gesicht angeleget / nachdem er aber die blosse Haut fühlete / entsetzete er sich in etwas / und hielt es vor eine Zäuberey; welches Gallus merkend / ein Wandläplein nahm / und damit sein Angesicht rieb / wie auch Haar und Bart / da ward alles wie vorhin / daß auch nicht das geringste Fleklein übrig blieb; sagete darauff: Mein hochgeehrter Herr / hier offenbare ich ihm die erste Heimligkeit der Räuber / [272] welche nur unser dreyen wissend ist; nam ein Büchslein mit graugelblichem Staube gefüllet /schüttete es in ein Gefäß / und dessen gar wenig / rührete es mit Wasser ümb / netzete jhm damit sein Gesichte / Haar und Hände / und lies es an der Sonnen trocken werden / da bekam er angesichts die schwärzlichte Farbe / und weil er einen alten Spiegel mit aus der Höhle gebracht hatte / hielt er ihm denselben vor /und sagte: Wann meines Herrn seine Gesellen jhn jetzo sehen solten / würden sie ihn schwerlich kennen. Herkules besahe sich selbst mit Verwunderung / und wahr ihm zu dieser Verstellung sehr liebe / begehrete auch an Gallus / wo des Kunst-Staubes mehr verhanden währe / möchte er einen guten Anteil zu sich nehmen / ob sie dieses Weges nicht wieder gehen würden / dann er wolte dessen hernähst zu seiner Lust gebrauchen. Aber / sagte er / lässet sichs nicht mit Wasser oder Lauge abwaschen? Nein / antwortete er / je mehr mans wäschet / je mehr es färbet / aber sonst verleuret sichs innerhalb zwölff Wochen allgemach / kan doch /wie mein Herr gesehẽ / mit einem geringen Läplein /welches mit einem gemeinen Dinge bestrichen wird /und man dessen allenthalben habhafft seyn kan /leicht abgerieben werden / so daß die Haut klärer wird dann vorhin. Kroch darauff zum andern mahl in das Gepüsche / nam des Kunst-Staubes einẽ zimlichen ledern Beutel voll zu sich / brachte auch Brod uñ Käse zum Frühstücke mit / welches sie assen / und einen Trunk aus der klaren Bach darzu tahten. Nach gehaltenem kurzẽ Inbiß begab er sich abermal ins Gesträuche / und hohlete zween unansehnliche zimlich lange Springstecken hervor / deren einen er Herkules mit diesen Worten reichete: Sehet da mein Herr / dieses wird ihm hinfüro eine zeitlang an stat des Schwerts vor ein Gewehr dienen müssen / wollen derweile sein Schwert in diesem Pusche wol verwahren / hilfft uns dann Gott wieder zurük / wie ich hoffe / sol mein Herr dasselbe unversehret wieder nehmen. Herkules wahr nicht bedacht das Schwert von sich zu legen / und sagete: Ich folgete euch zwar gerne / aber womit wehren wir uns / wann wir irgend Anfechtung haben solten /nam gleichwol den angebohtenen Stab zu sich / und dauchte ihn derselbe viel schwerer seyn / als dessen grösse mit sich brachte. Gallus sagte zu ihm: Diese Stäbe werdẽ uns schon Schwert und Spießverschaffen; zohe unten am Stabe ein kleines Häklein loß / da sprang ein vierecketes spitziges Eisen einer Ellen lang hervor / welches einer Hellebarten nicht ungleich sahe. Mein Gott / sagete Herkules / gehet doch die Bosheit heimlich zu schaden / mit mehrer Verschlagenheit umb / als auffrichtige Gegenwehr Klugheit anwenden mag. Ja mein Herr / sagte Gallus / diß ist das erste Gewehr / da man sich frey wenden kan /solte dieses aber unnüzlich zugebranchen seyn / dann werffe ich den ganzen Stab hinweg und behalte nur dẽ obersten Handgriff. Indem er dieses sagete / zohe er ein trefliches Schwert heraus / hatte eine runde Plate bey sich / die er mit aus dem Pusche gebracht / steckete sie an stat eines Gefässes daran / daß die Hand dahinter sicher und beschirmet wahr / und reichete Herkules eine gleichmässige. Der besahe nun seinen Stab eigentlich / fand ihn auff gleiche Art zugerichtet / und legte das Schwert willig ab; Sie gingẽ miteinander die Räuber-Bahn fort / da sie offt durch verwachsene Hecken kriechen musten / welche Zeit über Herkules ohn unterlaß mit seinem Gott redete / und mit vielen Seuffzen baht / ihm die Gnade zu verleihen / dz er sein geliebtes Fräulein zum Christlichen Glauben bringen möchte. Gallus sahe ihm unvermerket fleissig zu / und spürete / daß er in seiner Andacht den Nahmen Jesus offters nennete / [273] woraus er erkennete / daß er ein Christ wahr / seuffzete daher inniglich und sagete: O mein Herr / es stosset mir gleich jezo meine allergröbeste Sünde ans Herz / die ich ehmal begangen / und fürchte sehr / sie werde mir nimmermehr vergeben werden. Herkules antwortete: ist sie euch von Herzen leid / so bittet den wahren Gott um Verzeihung / und hütet euch hinfüro vor dergleichen. Wie gerne tähte ich solches / sagte er / wañ ich nur wüste /wie ichs anfahen solte. Dafern ihr nicht beschweret seyd / mir die Sünde wissen zu lassen / sagte Herkules / wil ich euch meinen geträuen Raht gerne mitteilen. Ach mein Herr / antwortete er / ich bin in der Jugend von meinen Eltern fleissig zur Schuel gehalten /und habe einen frommen Lehrmeister gehabt / der mich träulich in der Gottesfurcht unterwiese / unter andern mich einen Gott anbehten lehrete / welcher JEsus Christus heisset / und vor der Welt Sünde im Judischen Lande sol gestorben seyn; in dem Glauben blieb ich etliche Zeit / biß Käyser Septimius Severus vor XXIV Jahren die grausame Verfolgung wider die Christen anstellete / und alles was diesen Glauben bekennete / peinigen und tödten ließ: Ich wahr dazumahl von ungefehr XIV Jahren / und verrieten mich meine gewesene Mitschüler / daß ich ein Christ währe /ward deßwegen hingeführet / entweder lebendig verbrennet zu werden / oder den heydnischen Göttern zu opffern / und den Christen Gott zu verleugnen. Zwar eines gelindern Todes währe ich umb des Christlichen Glaubens willen gerne gestorben / aber vor des Feuers Hitze erschrak ich so hefftig / daß ich mich durch Fleisch und Blut verführen ließ / den HErrn JEsus verleugnete / und dem heydnischen Gott Jupiter Weyr auch auff die Kohlen schüttete. Dieses halte ich vor die einzige Ursach alles meines Unglüks / und peniget mein erschrockenes Gewissen so hefftig / daß ichs keinem Menschen klagen kan. O wolte Gott / ich hätte meines Heylandes Gnade wieder / welchen ich bößlich verleugnet habe / wie gerne wolte ich mich zehn und mehr mahl verbrennen lassen. Dieses / mein Herr / habe zu offenbahren ich nicht umhin köñ n /weil aus seiner Andacht ich gespüret / daß er ein Christ seyn muß / dann wir elende Heyden haben ein solches Vertrauen nicht zu Gott / daß wir in Nöhten uns solcher gestalt begreiffen / und mit GOttes Barmhertzigkeit uns trösten könten. Herkules sahe ihn freundlich an / und sagte zu ihm: Mein Gallus / ist diese Busse euch ein rechter Ernst / und gedenket ihr euch wieder zu dem Heylande der sůndlichen Welt zubekehren / so danket vor erst Gott / daß ihr anfangs in meine Hafft / hernach in meine Gesellschafft kommen seyd / dann ich bin ein Christ / und gehe gleich jetzo in meiner Andacht / welche ich zu diesem meinem Heylande gerichtet. Ich habe solches dabey vermerket / sagte Gallus / daß mein Herr den süssen Nahmen JEsus so offt nennete / vor welchen ich mich bißher ungleich mehr / als vor alle Waffen gefürchtet habe; dann mein Herr weiß und muß gestehen / daß er der warhafftige Gottes Sohn ist; Was mir nun dasselbe vor eine Seelen-Angst gebieret / so offt ich dran gedenke / ist der Zunge unmöglich auszusprechen. Ja mein Gallus / sagte er / ihr habt in Warheit eine erschrekliche Sünde begangen / nicht allein / in dem ihr euren Heyland verleugnet / welcher euch zu gute Mensch worden / und umb eurer Seligkeit willen sein heiliges unschuldiges Blut am Stamme des Kreuzes vergossen hat / und ihr habt euch gescheuhet / umb seines Nahmens willen das eure wieder zu vergiessen / oder im Feur verzehren zu lassen; Dieses / sage ich /ist nicht allein eine überaus schwere Sünde / sondern daß ihr überdas noch eine so geraume Zeit / XXIV[274] Jahr lang in solcher Gottlosigkeit verblieben / und euch nicht wieder durch herzliche Reu angemeldet /und zur Christlichen Kirchen begeben habt; trauet mir / daß alle eure Boßheit / die ihr mit Stehlen / Rauben /Morden oder sonsten begangen / gegen diese Sünde nicht eins zurechnen sey / dann jenes beleidiget eigentlich die Menschen / dieses aber ist schnuhr gerade wieder GOtt im Himmel selbst gerichtet. Jedoch; ist es euch von Herzen leid / und habt jhr den steifen Vorsaz / diese Sünde der Verleugnung nimmermehr wieder zu begehen / sondern bey eurem Heylande in Schande und Ehre / in Glük uñ Wiederwärtigkeit fest zu halten / so das weder Feur noch Schwert / Wasser noch Strik / Angst noch Pein euch davon scheiden sol; daneben auch aller Boßheit / so viel mensch-uñ möglich / euch hinfüro zuenthalten / und mit wahrem Glauben dem Sohn Gottes anzuhangen / auch ein Christliches Gottseliges Leben zu führen gesonnen seyd / so verspreche ich euch / daß Christus solche und alle andere Sünde / keine ausgenommen / euch gnädig verzihen / und in die tieffe des Meers versenket hat. O wolte Gott / sagte Gallus / daß ich dieses gläuben / und in mein Herz fassen könte / wie gerne wolte ich mich selber bey den Richtern vor einen Christen angeben / und zu aller zeitlichen Pein und Straffe meinen Leib frölich darbieten. Dieses müsset jhr gläuben sagte Herkules / und was hält euch abe /daß jhrs nicht in euer Herz bringen könnet? Gallus antwortete: O der schwere Stein meiner Sünden / welcher mich hinunter biß in die unterste Helle drücket! Eure Sünde? sagte Herkules / wisset jhr nicht / das Jesus in die Welt kommen ist / nicht üm der Frommen oder Gerechten / sondern ümb der Sünder willen? Spricht er nicht selber / er sey kommen / zu suchen was verlohren wahr? Ja / lässet er nicht ümb eines einzigen verlohrnen Schaffes willen die ganze Herde in der Wüsten / und gehet diesem nach / biß ers finde / leget es hernach auff seine Achseln mit Freudẽ / und träget es wieder hin in seinen Schaffstal / da es das Leben uñ volle Gnüge habẽ muß? Was saget jhr mir dañ von euren Sünden? Solte die den Gnadenbrun der Barmherzigkeit Gottes wol ausgetroknet haben? Lasset jhr nur abe vom bösen / bereuet eure übertretung /eure verleugnung und übeltahten / und kehret euch wieder hin zu dem / welchen jhr aus Fleisches Schwacheit / nicht aus frevelmühtiger Boßheit verleugnet habet; Wann dann eure Sünde gleich Blutroht sind / sollen sie doch Schneweis werden / wann sie sind wie Rosinfarbe / sollen sie wie die weisse Wolle werden. Dieses spricht Gott selber / der Mund der unstråflichen Warheit / der nicht liegen kan / und unmöglich ist / daß er liegen solte. Höret höret / wie Christus Jesus euch und eures gleichen ruffet: Kommet her zu mir alle die jhr mühselig uñ beladen seyd /ich wil / nicht allein ich kan / sondern ich wil / ich wil euch erquicken. Zweifelt jhr ferner / ob der Sohn Gottes eine solche Sünde / eine solche Verleugnung euch vergeben wolle? Sehet an die den HErrn selbst gekreuziget haben / wie hart sündigeten die? Noch dannoch vergab er jhnen nicht allein gerne und willig /noch ehe sie jhn darumb ersucheten / sondern er baht auch vor sie zu Gott seinem himlischen Vater. Und deucht euch auch dieses noch nicht gnug? Ey so nehmet vor euch den Apostel und Jünger des HErrn den Petrus: wahr derselbe nicht etliche Jahr mit dem HErrn ümher gereiset? Hatte er nicht seine Zeichen und Wunder gesehen? Ja hatte er nicht bekennet / du bist Christ der Sohn des lebendigen Gottes? Vermaß er endlich sich nicht gar / mit jhm in Gefängnis und in den Tod zu gehen? Gallus sagete: Mein Herr / ich [275] erinnere mich sehr wol / dieses alles in meiner Jugend gehöret zu haben. Je wisset jhr dañ nicht / fuhr Herkules fort / daß eben dieser Petrus seinen HErrn und Meister verleugnete? Nicht aus furcht vor dem Feur /wie jhr getahn / sondern da er durch einer armen Magd stimme vom Feur / dabey er sich wärmete / hinweg getrieben / und nur bloß gefraget ward / ob er deren einer währe / die dem JEsus von Nazareth zu folgen pflegeten; sehet was vor ein Fall wahr dieser. Nicht desto weniger nam jhn der HErr stündlich wieder zu Gnaden an / da er seine Sünde herzlich beweinete; ja noch ehe dann er sie beweinete. O du grundgütiger Gott / sagte hierauff Gallus / so biß doch auch mir armen Sünder / mir boßhaftigen Verleugner / mir Råuber und Mörder / gnädig und barmherzig / und laß meine Beichte und Busse dir zu herzen gehen /wie du des Mörders seine / welcher mit dir gekreuziget ward / dir zu herzen gehen liessest; fing damit an so bitterlich zu weinen / daß Herkules ein grosses Mitleiden mit jhm trug / und zu jhm sagete: Seyd versichert / mein Gallus / daß JEsus der Sohn Gottes diese eure Trähnen durch den heiligen Geist in euch wirket / uñ trauet Ihm nur gewiß / daß Er euch alle eure Sünde aus Gnaden verzihen uñ vergeben hat /laut Seiner teuren Verheissung / Er wolle deren keinen hinaus stossen / die durch wahre Reu und Busse in wahrem Glauben zu Ihm kommen. O ja mein Herr /antwortete er / mein Herz empfindet schon die Gegenwart der Barmherzigkeit Gottes / daher mir eine solche Freudigkeit entstehet / als ob ich von neuen gebohren wåhre / und in der allergrösten Himmels-Freude schon sässe. Dieses / sagte Herkules / ist eben das Zeugnis / daß wir Gottes Kinder sind / wann unser Geist durch den Geist Gottes also auffgerichtet / und aus dem Sumpfe der Verzweifelung hervorgerissen wird / dann ein jeder der wirklich in den Bund Gottes auffgenommen ist / uñ in wahrem Glauben seinem Erlöser anhanget / dessen Herz kan durchaus / auch in der allergrössesten Wiederwertigkeit / der geistlichen Freude nicht beraubet werden / massen alles was die Weltweisen oder Irdisch-Gelehrten von dem höchsten Gute schreiben / und dessen doch das allergeringste nicht geniessen / daß findet sich alles bey eines Christen Seele / die in Gott gestärket ist / welches aber nicht aus unser Krafft und Erwerbung / sondern einzig und allein aus dem Gnadenschaz Gottes herrůhret. O das muß ein überaus gnädiger Gott seyn / sagete Gallus / der die groben mutwilligen Sünder ümsonst wieder zu Gnaden annimt ja antwortete Herkules / wann es an unser seite nicht ümsonst geschähe / so geschähe es nimmermehr; gestaltsam nichts düchtiges an uns ist / welches Gottes Güte erwerben könte; daher meldet auch die Heilige Schrifft / der Sohn Gottes sey vor uns gestorben / da wir noch Sünder / ja da wir noch seine Feinde wahren / anzudeuten / daß das Werk unser Begnadigung ohn alles unser Zutuhn geschehen sey. Gallus sagete; mein Herr / ich habe mich nach meiner Verleugnung allemahl vor Gottes gesträngem Recht gefürchtet / und nicht gewust / daß seine Barmherzigkeit demselben begegnen und selbiges stellẽ könte. Billich furchtet sich ein Mensch vor Gottes Gerechtigkeit / sagete Herkules / als oft er seine unwirdigkeit betrachtet; aber daß jhr euch darein recht zuschicken wisset / so nehmet diesen kurzen Bericht ein / der euch nun in einer kindlichen Furcht stärken / uñ die knechtische schüchternheit abnehmẽ wird; es ist freylich Gott der HErr beydes eingerechter und zugleich ein barmherziger Gott / bleibet auch in alle Ewigkeit so wol gerecht als barmherzig; Und weil wir Menschẽ alle miteinander die Gerechtigkeit Gottes mit unsern Sünden [276] hoch beleidiget und zu Zorn gereizet hatten / muste trauen derselben Gerechtigkeit Gottes ein genügen / und zwar ein völliges Genügen geschehen / sonsten währe Gott nicht gerecht; als aber in keines Menschen Vermögen wahr / diese Gerechtigkeit durch seine Werke zubegütigen / und dannoch die barmherzigkeit Gottes aller Menschen Verdamnis nicht zugeben kunte / da erweckete diese Barmherzigkeit den ewigen Sohn Gottes / die andere Person des einigen ewigen göttlichen Wesens / daß dieselbe sich freywillig erboht / der Gerechtigkeit gnüge zuleisten /und zwar in unserm menschlichen Fleische / als welches dem Zorn unterworffen wahr; solches zuerfüllen / nam dieser ewige Sohn Gottes vor 227 Jahren (nach der wahren Rechnung) unsern menschlichen Leib und Seele in dem Leibe der keuschen Jungfrauen Marien an sich / lag / wie andere Menschen / XL Wochen unter dem gereinigten Herzen seiner lieben Mutter /lies sich hernach von derselben als einander Mensch in armseliger kindlicher Gestalt an diese Welt gebehren / sich mit seiner Mutter Brüsten speisen / mit Essen und Trank aufferzihen / unterwarff sich allen menschlichen Gebrechligkeiten / ausser der Sünde /lebete allerdinge heilig und nach allen Gebohten Gottes unsträfflich / wie es die Gerechtigkeit Gottes schnur gleich und nach der höchsten stränge erfodert /uñ als er das männliche Alter erlanget hatte / trat er in sein Messias- oder Erlösungs Amt / lehrete und predigte / verrichtete allerhand göttliche Wunder / in dem er die Blinden sehen / die Tauben hören / die Lahmen gehen / die Aufsätzigen rein / die Kranken gesund / ja die Todten lebendig machte / biß die Zeit kam / daß er vor unsere Ubertretung leyden uñ sterben muste / da lies er sich von seinem eigenen Volke den Juden /sahen / verspeyen / höhnen / geisseln / kreuzigen uñ tödten. Sehet nun Gallus / alles was der ewige Sohn Gottes in seinem angenommenen Fleische gutes taht und böses litte / daß geschahe einzig und allein zu dem Ende / daß er der Gerechtigkeit Gottes ein Genügen tuhn möchte / damit dieselbe gestillet / der Barmherzigkeit hinfüro über uns die Herschafft und freie Hülffe gönnete. Weil dann nun unser Heyland an unser Stelle Gottes Gerechtigkeit erfüllet / und uns bey derselben außgesöhnet hat / können und dürffen wir getrost und freydig vor seinen Gnadenstuel treten / und auff Christus Gnugtuhung uns verlassend / ja dieselbe Gott dem Vater vorstellend / umb vergebung aller unser Sünde kühnlich und in fester Zuversicht anhalten / dann so wil er / in ansehung dieses völligen Gehorsams uns seine Barmherzigkeit und daß ewige Leben nicht versagen. Ja er ruffet uns selber zu sich /wir sollen durch wahre Busse uns zu ihm bekehren /dann wolle er sich unser erbarmen wie grob wirs auch mit unsern Sůnden gemacht haben. Gedenket deßwegen ja nicht / als fodere Gott etwa einige Gnugtuhung von euch; Nein / nichts mehr als ein williges Herz /daß wir der Wirkung Gottes des Heiligen Geistes nicht wiederstreben / sondern uns von ihm zihen und lenken lassen / und unsere Gerechtigkeit auff Jesus den Sohn Gottesbauen. Daher lehret uns Paulus / daß derselbe schon vor Gott gerecht sey / der an den Sohn Gottes gläubet; ein solcher habe schon das ewige Leben / nemlich in der Hoffnung / zur unfehlbahren künfftigen Erteilung / spricht unser Heyland selber /und er wolle ihm am jüngsten Tage zu desselben volkommener Niessung aufferwecken / dafern er sonst seinem Willen / weil er alhie auff Erden wallet / folge leistet / den Kampff wieder den Teuffel / die Welt /und sein eigen Fleisch und Blut antrit und außführet /so daß er nach der heiligen Lehre in guten [277] Werken der Christlichen Liebe sich fleissig übet. In diesem Vorsatze müsset ihr nun forthin beständig verbleiben /alsdann werdet ihr erfahren / wie gnädig sich Gott wird finden lassen; und ob wegen begangener Sünde er euch etwa hier zeitlich mit dem lieben Kreuz heimsuchen / daß ist / mit seiner väterlichen Zuchtruhte stäupen würde / daß ihr in Krankheit / Gefängnis /Armut / ja in den zeitlichen Tod selbst gerahten soltet / wird euer Herz doch immer freudig bleiben / und alle Pein und Angst dieses Lebens verachten. So komt nun her / setzet euch mit mir auff die Knie / und sprechet mit herzlicher Andacht mir folgendes Gebeht nach. Gallus wahr darzu willig / fiel auff die Erde ganz nider / lehnete sich auff die Arme / und mit gefaltenen Händen und heissen Trähnen sagte er ihm dieses Gebeht nach:O du barmherziger HErr JEsus Christ / du Liebhaber der Menschen / du Erlöser der Sünder / du Bekehrer der Unbußfertigen / du Heyland aller Welt; ich bitte dich durch deine heilsame Menschwerdung und Geburt / durch dein Leyden / Kreuz und Tod /ja durch deine siegreiche Aufferstehung und Himmelfahrt / du wollest mich armen elenden Sünder mit den Augen deiner grundlosen Barmherzigkeit ansehen / wie du angesehen hast die bußfertige grosse Sünderin / den Verleugner Petrus / den Räuber uñ Mörder am Kreuz. HErr mein Gott / ich bin nicht wert / daß ich vor dir erscheine / noch meine Augen und Stimme zu dir erhebe /weil ich dich meinen Heyland mutwillig verleugnet /auch nachgehends in solcher Verleugnung viel Jahr ohn Wiederkehrung zugebracht / da ich unterdessen durch des bösen Feindes Verleitung und meines eigenen Willens Getrieb / mein ganzes Leben in allerhand Sünden und groben Lastern zugebracht habe. Dannoch aber /weil du grundgütiger HErr allen Sündern ohn Unterscheid zur Busse ruffest / und ihnen Vergebung umbsonst / und himlische Freude ohn Entgeltniß anbeutest /O HErr / so halte ich dir dein Wort vor / ich erinnere dich HErr deiner Einladung; komme in solcher Zuversicht zu dir / erkenne und bekenne meine Sünde / und kehre mich zu deiner tröstlichen Gnade und Barmherzigkeit. O Gott Vater / und HErr meines Lebens / biß mir armen elenden Sünder gnädig und barmherzig umb deines lieben Sohns JEsus Christ willen / ach heilige und reinige mich mit deinem Heiligen Geiste in meinem ganzen Leben / mache aus mir ein heilsam und nüzliches Werkzeug zu Lobe deinem Nahmen / und zu meiner Seelen Seligkeit erhalte mich zum ewigen Leben; Dann sihe O Gott mein Heil /ich komme ja zu dir / nicht auff meine Gerechtigkeit /welche auch nichts als Unflaht ist / sondern auff deine grundlose Barmherzigkeit mich verlassend / deßwegen handele doch mit mir nicht nach meiner Sünden / und vergilt mir nicht nach meiner Missetaht / sondern wie sich ein Vater erbarmet über seine Kinder / so erbarme dich HErr über mich / auff daß ich deiner Gnade teilhafftig werde / und so wol hier zeitlich als dort ewig dich davor loben / rühmen und preisen möge / Amẽ.

Nach endigung dieses Gebehts / sprachen sie den Algemeinen Christlichen Glauben und das heiligeVater Unser / stunden hernach von der Erden wieder auff / und rühmete Gallus mit freudigem Angesicht /wie er so einen kräfftigen Trost in seiner Seele empfünde / und Gottes Barmherzigkeit eigentlich spürete. Herkules antwortete / es ist mir sehr lieb / daß ihr durch meine Anleitung / die Gott gewirket hat / wiederumb ein wahres Gliedmaß der algemeinen Christlichen Kirchen worden seid; aber bittet Gott / daß durch seinen guten Geist er euch in diesem wolangefangenen Werke stärke und erhalte; und sehet zu / lasset euch durch Fleisch und Blut ja nicht verführen /daß ihrs wieder anfangen woltet / wo ihrs gelassen habt. Unterrichtete ihn hernach weiter in den Häuptstücken des Christlichen Glaubens / deren er sich alle wieder erinnern kunte / wie er ohn daß einen scharffen Verstand uñ gutes Gedächtnis hatte. Schlißlich ermahnete er ihn / er solte bey des Glaubens Einfalt bleiben / und durch die vorwitzig- Gelehrten sich nicht irre machen lassen / insonderheit [278] müste er der Ketzer Gift meiden / welchen der leidige Teuffel in Simon dem Zäuberer außgehecket / und der Christlichen Kirchen zu grossem Schaden erwecket; als da währen / die des Menander / Zerinthus / Ebions / Basilides / Karpokrates / Zerdon / Marzion / Tazianus /Montanus und dergleichen ungereimten Schwarm in der Kirchen Gottes außzubreiten sich bemüheten. Gallus gelobete träulich an / diesem allen nach vermögen nachzusetzen; und da es meinem Herrn geliebet / sagte er / werden wir etwas stiller gehen / massen wir unsern mühseligen Weg schier zum Ende bracht / und bald daselbst anlangen werden / wo die gottlose Geselschafft ihre verborgene Höhle hat. Wie gar vergeblich aber aller eurer Reuter Nachsuchung würde gewesen seyn / hat mein Herr gnug abzunehmen / weil unmöglich ist / daß ein unbewanderter diesen Weg finden / vielweniger zu Pferde hindurch kommen solte. Herkules erkennete solches wol / und ging in aller stille mit ihm fort / biß sie unter einen grossen Baum kahmen / zwischen dessen dicken Aesten Gallus hinauff in die höhe sahe / und als er niemand darauff sitzen fand / nam ihn solches wunder / und sagte: Mein Herr / es gehet alhie nicht recht zu /sonst sässe eine Schildwache auff diesem Baume. Valikules (also werden wir Herkules eine Zeitlang nennen) fragete / obs dann ein böses oder gutes Zeichen wåhre. Ich kan mich nicht drein schicken / antwortete er / und gläube ja nicht / daß nach empfangener so grosser Schlappe / sie sich von dem vorigen Ritter zu einem andern Wagstücke haben verleiten lassen / welcher uns mit grossen Verheissungen zu dem gestrigen angetrieben hat / unter dem Vorgeben / der Jüngling währe des Römischen Käysers Feind / und hätte statliche Gelder und Kleinot bey sich / welche wir alle zum Raube behalten solten / wann wir nur den Jüngling zu seinen Händen liefern würden. Doch / wahren sie gleich außgezogen / so håtten sie dannoch die Schildwache unbesetzet nicht gelassen. Sie gingen weiter fort / und pfiffe Gallus dreymahl in ein helles Pfeischen die Lose / stund und horchete / vernam aber nichts als eine ungewöhnliche stille; worauff er sagete: Nun weis ich nicht was ich gedenken sol / daß mir nicht geantwortet wird; es muß sich in Warheit etwas sonderliches zugetragen haben / welches wir bald erfahren werden. Sie gingen ein wenig fort / da funden sie drey tode Leichnam in ihrem Blut ligen. Gallus besahe sie und sagete: Diß sind Räuberbursche / wer mag dieses Nest immermehr verstöret haben? Und als sie etwas weiter gingen / sahen sie bald hie bald da /bey die hundert erschlagene zerstreuet liegen / worüber sie sich höchlich entsetzeten / und sagte Gallus; als viel ich merke / muß eine Räuber Zunft über die andere bekommen seyn / dann ich sehe unser Volk und Fremde durch einander liegen. O so sey es Gott geklaget / sagte Valikules mit einem tieffen Seuffzen; ich fürchte sehr / mein geliebter Bruder sey mit erschlagen / oder von andern Räubern gefangen hinweg geschleppet; O wo sol ich dich nun suchen / O du meiner Seelen werdester Freund? O mein Bruder /wolte Gott / ich solte an deine Stat die Ketten und Banden tragen / weil du sie nur meinetwegen tragen must. Gallus stund als ein Verzucketer / wuste nicht was er antworten solte / endlich sagete er: Komt mein Herr / lasset uns die Todten durchgehen / vielleicht finden wir noch einen Lebendigen unter jhnen; pfiffe auch noch einmahl überlaut / da wehrete es nicht lange / daß ein verwundeter aus dem Pusche hervor kroch welcher zu Gallus sagete: O Herr Häuptmann /wo kommet jhr her / dieses grosse Unglük anzusehen? Geschwinde / sagte Gallus / und zeige mir an / was dieses vor [279] eine Niederlage sey? Ach / antwortete dieser / es ist vor ohngefehr acht Stunden eine starke Geselschafft SeeRäuber uns unvermuhtlich über den Hals ko en / welche wir anfangs etwa XX Mann stark schätzeten / funden ihrer aber über hundert; Diese haben unser Volk in die 50 Mann alles niedergehauen / wiewol sie nicht ungerochen gestorben sind. Gallus fragete / wo dann der gestriges Tages gefangene Jüngling währe. Ja sagete er; Dieser / dieser Jůngling / der rechte Wunder-mensch? davon möchte ich euch wunder über wunder erzählen: Als die SeeRäuber mit uns stritten / gedachte dieser anfangs / es wåhren Leute zu seiner Rettung ausgeschicket / saß demnach mit seiner Jungfer stille in der H \hle / uñ nam sich keines dinges an; da er aber eines andern berichtet ward / foderte er Schwert / Schild und Helm /gab sich mit ins Gefechte / und trieb durch seine Behändigkeit solch Wunder / daß / wo seiner zehne bey uns gewesen / der Sieg uns nicht solte entno en seyn. Die SeeRäuber verwunderten sich des schönen streitbaren Jünglings und bohten ihm Leben und Sicherheit an / dafern er sich ergeben würde / im widrigen solte er auffs äusserste gehöhnet werden / und eines grausamen Todes sterben. Als er nun sahe / daß zuentkommen jhm unmöglich wahr / antwortete er jhnen; wann jhr mir euer versprechen redlich zu halten gesiñet seyd / wil ich mich euch ergeben / weil die Götter es also fügen; seyd aber höchlich gebehten / und nehmet meine Wase mit in diesen Schluß / welche neben mir gefangen ist / und durch der Götter Schuz jhre Ehre bißher erhalten hat; dieses alles verhiessen sie jhm /nahmen sie beyde mit sich / und gingen davon. Valikules fragete / ob sie irgend dem Jünglinge Leid angetahn / nachdem er sich ergeben håtte. Nein sagte dieser verwundete Råuber / sie nahmen ihn ungebunden mit sich / weil er äidlich angelobete / nicht von jhnen zuweichen / es währe dann / das Stärkere über sie kåhmen / und jhn zum drittenmahl gefangen nähmen. Gallus wolte wissen / was vor Sprache diese Meer Räuber sich gebraucht hätten; und berichtete jener / es hätte niemand kein einziges Wort von jhnen vernehmen mögen / ohn daß sie einen Dolmetscher bey sich gehabt / der mit dem Jünglinge bald Latein bald Griechisch geredet. Valikules wahr in zwischen in tausend ängsten / welche durch diese Zeitung nur vermehret wurden / weil er nicht wissen kunte / in was Landschafft sein geliebtes Fräulein geführet würde / fragete endlich / welchen Weg dañ diese Räuber vor sich genommen; dessen jhn der Verwundete nicht berichten kunte / ohn daß der Dolmetscher dem Jünglinge gesagt / sie hätten jhr Schiff nicht weit von hinnen stehen / wohin sie mit einander gehen würden / biß sie jhre Wagen anträffen / welche den Raub zusammen fuhreten / worauff er jhn samt der Jungfer setzen / und nach dem Meer bringen wolte. Ach mein Gott / sagte Valikules / iezt habe ich deiner Hülffe mehr von nöhten / als vorhin / deswegen stehe mir gnädig bey / daß ich die Unschuldigen erretten / und zur Erkäntnis deiner Warheit bringen möge; nun nun du mein Gott / wirst mich leiten und führen / ich wil folgen durch Arbeit und Ungemach / und nicht auffhören / biß ich bessere kundschafft habe / solte ich auch graue Haar drüber zeugen. Sagte hernach zu Gallus / dafern jhm der Weg nach dem Meer bekant währe / möchte er jhn dahin bringen / uñ hernach seines gefallens gehen wo er wolte / doch daß er zu Padua bey seinem Freunde Ladisla sich angåbe / und von jhm 6000 Kronen abfoderte / die er jhm unfehlbar auszählen würde / und könte er sich mit solchem Gelde wol ernähren / biß er etwa wiederkähme / dann solte jhm ein [280] mehres gefolget werden. Als Gallus solches hörete / fiel er vor jhm in die Knie / und baht ůmb Christus willen / er m \chte jhn nicht von sich stossen / dann sein höchster Wunsch währe / bey jhm zu leben und zusterben; er wolte sich in seinen Diensten dergestalt verhalten / daß er ob Gott wil / damit könte begnüget seyn. Valikules hatte Zeugnis gnug seiner Träue / weil er ungeachtet des grossen Geldes jhn nicht lassen wolte / uñ sagete zu jhm: Mein Gallus / ich habe gezweiffelt / ob jhr mir über Meer zu folgen bedacht währet / weil ich nun eure Meinung verstanden / sol mir zu dieser Reise kein Mensch lieber seyn als jhr / weil ich euch als einem Christen am sichersten Trauen kan; also wil ich euch nun meiner Heimligkeitẽ mehr vertrauen / als ich meinen allerbesten Freunden nicht tuhn würde / und wisset demnach / daß der gefangene Jüngling inwarheit ein gebohrnes Königliches Fräulein / mir nicht allein mit Blutfreundschafft verwand / sondern auch meine verlobete Braut ist / und Herrn Ladisla / von dem ich heut geschieden bin / leibliche Schwester; die Jungfer welche bey jhr ist / wie auch die erlösete / sind zwar hohes Adels / aber nur jhre Leibdienerinnen; woraus jhr abnehmen möget / ob ich nicht Ursach habe / mich jhrer Erlösung anzunehmen. Gallus erschrak dessen / verstund hieraus / wes Standes sein Herr wahr / und sagte: Durchleuchtigster Fürst / eure Durchl. bitte ich untertähnigst ümb verzeihung / daß derselben die gebührliche Ehre nicht geleistet habe; betreffend die anvertrauete Heimligkeit / sol dieselbe bey mir sterben. Ich bin mit eurem Erbieten gnug zu frieden / antwortete er / sol euch auch in seiner zeit vielfåltig vergolten werden; ich befehle euch aber vor dißmahl / daß jhr mich durchaus nicht höher ehret / als einen schlechten Herrn Standes / und weil es euch gefålt in meinen Diensten zubleiben / werden wir uns im Namen unsers Gottes / uñ dessen Schuz und Anführung auff den Weg begeben. Wie es euer Gn. beliebet / sagte er / wiewol mein geringer Raht währe / wir gingen zuvor in die H \hle / und nähmen etwas Speise zu uns / unsere Kräfte zustärken / ümb / den bevorstehenden Weg desto frischer wanderen zukönnen. Er lies sich hierzu bereden / weil es schon weit nach Mittag wahr / funden etliche gebratene kalte Speisen /davon sie mit guter Begierde assen; hernach durchsuchete Gallus alle bekante Winkel / sahe wol daß sie rechtschaffen ausgeplündert wahren / fand aber doch noch ein verborgẽ Loch / in welchem er 800 Kronen antraff / welches Zehrpfenniges er sich nicht wenig freuete / brachte alles seinem Herrn / und sagte: Er zweiffelte nicht / Gott hätte jhnen dieses auff die bevorstehende Reise bescheret. Herkules aber versicherte jhn / er solte wegen der Zehrungs kosten jhm keine Gedanken machen / sein heimlicher Schaz den er an Kleinoten bey sich führete / währe zehnmal grösser /als dieses gefundene / wiewol es jhnen auch zustatten kommen könte; solte jhnen aber ein mehres nöhtig seyn / könte er durch Wechsel von Padua haben / so viel er wünschete / obs gleich etliche Tonnen Goldes austrüge. Hierauff rief er den verwundeten Räuber zu sich / hieß jhn Speise nehmen / stillete jhm das Blut mit seinem köstlichen Steine / verband jhm seine Wunden / uñ sagte zu jhm: Guter Freund / nim jezt deines Glückes wahr / welches dir blühet / und verrichte mir einen kleinen Dienst / der sol dir zu statten kommen; Laß dich deine Schwacheit nicht aufhalten /und gehe nach dem Flecken / woselbst der Jüngling gestern geraubet ist / da wirstu etliche Herren antreffen / denen bringe Bericht zu / alles was sich hieselbst zugetragen hat / und daß Gallus mit seinem Gefårten alhie wol ankommen / auch albereit nach dem Meer gangen sey / da sie auf ein [281] Schiff sich setzen und den Seeråubern folgen / auch nicht ümkehren werden / biß sie gewisse Kundschafft wegen des Jünglings eingezogen haben. Dem Vornehmsten aber unter ihnen soltu sagen / mein Begehren an ihn sey vor erst / daß /wo er mein Freund ist / er mir nicht folge / biß ich ihm schreibe / welches geliebts Gott / in weniger Zeit geschehen sol; dieses solt du keines weges in Vergeß stellen. Hernach / daß ich dir Leben / Freyheit und so viel Gelder versprochen / als mein ädler Diener Vierteljahrs Bestallung hat / welches er dir alsbald einreichen wird; und sihe da / nim dieses Trinkgeld mit auf den Weg / und laß dich an deiner Mögligkeit nichts irren; doch soltu eben nicht eilen / sondern kömst morgẽ noch zeitig gnug daselbst an. Hiemit reichte er ihm X Kronen / und nam von ihm äidliche Zusage /daß er alles auffs träulichste verrichten wolte. Nach dieses Abfertigung begaben sie sich auff den Weg nach dem Meere zu / und hatten mancherley Gespräch von geistlichen Sachen / gingen fast biß Mitternacht /ehe sie Leute antraffen / weil sie wegen der SeeRäuber ausgewichen wahren; endlich höreten sie ein Gemurmel hinter einem Gehäge / wohin sie sich in aller stille wendeten / und eine zimliche Rotte Bauren ansichtig wurden / welche ihren Verlust höchlich beklageten / daß ihnen alle Speise und Baarschafft samt dem besten keinẽ Gerähte hinweg geraubet währe. Valikules trat hin zu ihnen / grüssete sie freundlich /uñ fragete / warumb sie bey so später Nacht in solcher Versamlung unter dem freyen Himmel lägen? Diese Leute sahen ihn stillschweigens an / und hielten ihn anfangs vor einen Ausspeher und Räubergenossen; welchen Argwohn ihnen zubenehmen / er sich unerschrocken bezeigete / und gab vor / er währe neben diesem seinen Gefärten von dem Römischen Stathalter zu Padua ausgeschicket / umb zuerforschen /wohin die SeeRäuber sich gewendet hätten / von deren Einfall das Geschrey schon erschollen währe /und würde man nicht unterlassen / ihnen nachzusetzen / es geschähe gleich zu Lande oder über Meer. Der älteste unter diesem Hauffen antwortete: Ach ja! so pfleget mans ins gemein zumachen / daß man den Brunnen zuleget / wann das Kind ersoffen ist; Hielte man gebührliche Auffsicht bey dem Meer / so kähmen wir armen Leute nicht so schlimlich umb das unsere. Valikules stellete sich ernsthafftig / und gab zur Antwort: Ey mein Freund kan dann die Obrigkeit von solchen und dergleichen unvermuhtlichen fällen Rechenschafft geben? müsten nicht vielmehr des Meers Anwohner acht haben / nicht zu sicher seyn / sondern der Obrigkeit es andeuten / wann etwa Gefahr zubefürchten währe? Ihr sprechet aber / es sey ohn euer vermuhten geschehen. Aber hats dann die Obrigkeit können riechen? oder kan dieselbe allenthalben gegenwärtig seyn? Sol man aber den ganzen Meerstrand besetzen /und zwar in Friedeszeitẽ? das würde euch guten Leuten erst verdrießlich seyn; dann hie würdet ihr durch so unerträgliche Dienste oder Unkosten gar zu hart belastet werden. Doch hievon haben wir mit einander nicht zu zanken / sondern man muß darauff bedacht seyn / wie man sich an den verwägenen Buben am besten rächen möge; da ihr nun geträue Leute und Untertahnen eurer Obrigkeit seyd / werdet ihr mir unwegerlich zuwissen tuhn / wohin die SeeRäuber sich gewendet / welche zuverfolgen alsbald Anordnung sol gemacht werden. Vorgedachter Baur entschuldigte sich / wegen seiner unvorsichtig-ausgelassenen Reden / und hätte er aus Betrübniß wegen seines nicht geringen Verlustes etwas ungebührliches vorgebracht /möchte es nicht im argen auffgenommen werden. Ein ander frecher Baur redete darzwischen; [282] was er sich viel zuentschuldigen hätte; wer das seine verlieren und zusetzen müste / empfünde des übels / und hätte noch wol so viel Freyheit / daß er sein Unglük beklagete. Und wer weiß / sagete er / ob dieser junge Kerl nebest seinem Gesellen nicht suchet / uns noch weiters Ungelegenheit zumachen? Der mehrerteil begunten mit zu grießgramen / und liessen sich vernehmen /sie solten sich bald packen / oder man würde ihnen Füsse machen. Valikules hielt nicht vor rahtsam / sich mit diesem Lumpengesindle in Handgemenge einzulassen / wo er sich sonst auff andere weise vor ihnen retten könte / sagte demnach zu ihnen: Ihr guten Leute / hütet euch ja vor weitere Ungelegenheit / das rahte ich als ein Freund; es liegen dort im Pusche über 300 bewehreter Mann / denen ich mit einer Pfeiffe bald ein Zeichen geben wolte / euch alle mit einander niderzumachen. Gallus nam bald sein Pfeiffchen hervor / und begunte es schallen zu lassen; worauff die Bauren ingesamt / ausser den ersten Alten / davon lieffen / als hätte ihnen der Kopff gebrant / daß er drüber lachen muste / befahl auch Gallus / alsbald zurücke zulauffen / und der Völcker Auffbruch zu verhindern; wendete sich zu dem Alten / und begehrete von ihm weiteren Bericht wegen des Abzuges der MeerRäuber. Welcher zur Antwort gab: Er håtte es mit Augen angesehen /daß sie mit samt ihrem Raube währen zu Schiffe gangen / und auff das hohe Meer gefahren; hätten ein treflich festgebauetes Schiff gehabt / darauff in die 200 bewehreter Mann sich sehen lassen. Valikules fragete / ob sie auch Menschen geraubet hätten? Ja / antwortete er; sie nahmẽ XII starcke Baurknechte mit sich /an den Rudern zuzihen / führeten auch einen sehr schönen Jüngling nebest einer wolgestalten Jungfer mit sich auff einem Wagen / welche sie ohn zweiffel geraubet hatten / muste ihnen aber Blut gekostet haben / weil nicht allein viel unter ihnen verwundet wahren / sondern über das auch nicht mit so starker Manschafft zurük kahmen / als sie hingezogen wahren. Die Gefangenen / sagete Valikules / werden nicht gelassen werden / weil sie dem Stathalter zu Padua nahe befreundet sind; Aber könnet ihr mir nicht sagen / wohin sie ihren Lauff genommen haben? So gar eigentlich weiß ich davon nicht zuberichten / antwortete er / nur daß sie gewaltig fort ruderten / biß sie unter den Wind kahmen / und man sie in kurzer Zeit nicht mehr sehen kunte; meinem bedünken nach gingẽ sie nach Griechenland / dann ihr Lauff wahr Sud Ost /wiewol ich sie nicht vor Griechen / sondern vor Barbaren halte / aus den Asiatischen Morgenländern; dann ich hörete etliche die Parthische Sprache reden /die mir von XXX Jahren her bekant ist / da ich unter dem Käyser Severus als ein FreyReuter die Parther und Adiabener bestreiten / und unter dz Joch bringen helffen. Valikules wunderte sich / daß solche von dem Mittel Meer so weit abgelegene Völker sich auff SeeRåuberey begeben solten; verstund doch aus diesem Bericht / wie gefährlich es umb sein Fräulein stünde / und wie unmöglich es wåhre / ihr zu helffen /wo nicht Gottes Barmherzigkeit ihm den rechten Weg zeigen würde. Insonderheit bekümmerte er sich hefftig / daß kein Schiff verhanden wahr / worauf er sich setzen und den Räubern folgen könte; Wie er aber in den grösten Gefährligkeiten sich allemahl auf Gottes Hülffe und Beystand verließ / also gelebete er der Christlichen Hoffnung / sein Heyland würde sein Vorhaben noch beseligen / und alles nach seinem gnädigen Willen ordnen und schicken. Weil er dann durch das ungewöhnliche stränge gehen sehr ermüdet wahr /legte er sich unter einen Baum / und ruhete etliche Stunden gar sanffte / biß die helle Sonne über [283] dem Erdboden stund / da inzwischen Gallus immerzu wache blieb / und ein wenig davon mit dem Alten sein Gespräch hielt / welchen Valikules durch verheissung eines Geschenkes darzu vermocht hatte. Nachdem er wieder erwachet wahr / rühmete er / wiewol er geschlaffen hätte / und von der gestrigen Ungelegenheit des gehens ausgeruhet / redete mit dem Alten /und baht ihn / ein Schiff im nähesten Hafen auszuhören / wovor er ihm ein gutes Trinkgeld vergnügen wolte. Der Baur berichtete ihn / er währe vor zween Tagen bey einem Hafen / zwo Meile von hinnen / vorübergangen / da er zwey Kauffmansschiffe gesehen /Wein und andere Waaren einladen / deren das eine zweiffelsohn abgefahren; das andere hätte noch auff Ladung gewartet / und da er nit irrete / würde dasselbe nach Griechenland fahren. Mein Freund / sagete Valikules / dahin müsset ihr mich geleiten; gab ihm VI Kronen / und macheten sich ohn ferner Auffhalten fort / traffen auch das Schiff an / welches schon fertig wahr abzulauffen / da der Schiffherr anzeigete / daß er in unterschiedlichẽ Hafen Griechenlandes anhalten /etliche Waaren ausladen / und dagegen andere wieder einnehmen würde. Weil nun dieses ihm sehr gewündschet fiel / dingete er sich neben Gallus auff das Schiff / und fuhren in Gottes Nahmen davon / der gewissen Hoffnung / jhr Helffer würde seinen Beystand ihnen scheinlich sehen lassen.

Dieses Tages / wiewol gegen den späten Abend /gelangete der verwundete Räuber bey dem unseligen Flecken an / woselbst er eine grosse Menge nacketer Männer an Kreuze gehefftet sahe / deren annoch etliche lebeten / und überaus grossen Jammer trieben /und da er jhnen nåher kam / ward er gewahr / daß sie alle seiner vorigen Geselschaft wahren; dessen er so hart erschrak / daß er nicht wuste / ob er förder gehen / oder zurük weichen solte; endlich wagete ers in seiner Mattigkeit / und ging der Herberge gleich zu. Ladisla und Fabius wahren in grossem Kummer / daß jhnen von Herkules keine Zeitung zukam / und gerieten auff die Gedanken / er möchte von seinem Führer hintergangen / den Räubern überliefert / oder wol gar erschlagen seyn; biß dieser sich angab / uñ alles berichtete was jhm befohlen wahr; dessen sie nicht wenig erschraken / und fleissig nachfrageten / wie zeitig er meinete / daß Herkules bey dem Meer anlangen würde; als sie nun vernahmen / daß er solches schon diesen Morgen würde erreichet haben / ward Ladisla über die masse betrübet / daß jhm die Augen übergingen / und zu sich selber sagete: So hat Herkules ohn seinen Ladisla sich auff das Meer begeben / und jhn verlassen können? O du mein allerbester Freund / O du mein allerliebester Bruder / wo suche ich dich dann nun? Wo finde ich dich wol wieder? Fabius wahr nicht viel anders zu muhte / dann erliebete Herkules mehr als sich selbst / hatte auch bey sich beschlossen / da es möglich währe / seiner Geselschaft sich nimmermehr zu åussern. Ladisla / wie spät es gleich wahr / befahl eilends sein Pferd zusatteln /daher Klodius / Markus und Leches sich auch fertig machten / wiewol es diesem sehr hart einging / daß er Jungfer Libussen so bald lassen solte / nachdem er in Hoffnung stund / die so lange gesuchte Liebe nunmehr zubefestigen / ümb welche er am Bömischen Hofe schon ins dritte Jahr angehalten hatte / aber mit schlechter Hoffnung gespeiset wahr / nicht; daß sie ihm so ungewogen währe / sondn weil sie sich von seiner Schwester durch schimpfliche Reden beleidiget fand / welche diese Heyraht zu hindern / alle Mühe anwendete. Hier in der Fremde aber stellete sie sich geneigter / und nam Leches die Gelegenheit in acht /daß er diesen und vorigen Tag [284] sehr hart an sie setzete / und sich vernehmen lies / dafern sie seine ihr bißher erzeigete Liebe und Träue nicht erkennen wolte / hätte er noch ein Mittel vor sich / wodurch er seinen Wunsch hoffete zuerhalten. Die Jungfer begehrete solches von ihm zu wissen / sagte im Scherz (massen sie jhr schon vorgenommen hatte / sich mit jhm zuversprechen) sie könte nicht ersinnen / was mittel dieses währe / sintemahl sie ja frey und jhres eigenen willens lebete. Leches antwortete: Er gedächte auch auff keinen Zwang / oder was dem ähnlich währe / nur vor erst wüste sie / in was grossen Gnaden sein Vater bey der Fr. Königin stünde; so hätte er auch einen ganz gnädigen Herrn an seinem Könige Ladisla / und gleicher gestalt eine gnädige Frau an dessen Gemahl /welche ihm nach geendigtem Speerbrechen eine güldene Kette / und ein Kleinot auff 6000 Kronen wert geschenket. Libussa hörete schon wo er hinaus wolte /taht doch nicht desgleichen / sondern mit einem Gelächter sagte sie; es währe jhr seinetwegen lieb / daß er in diesen Gnaden stünde; aber sagte sie / was tuht solches bey dieser Sache / die in meinem freyen Wilkühr stehet / so viel das lassen betrift? Ich höre aus dieser eurer Rede / mein Vetter / daß jhr etliche Nachte wenig müsset geschlaffen haben / weil eur Gehirn sich etwas verwirret befindet. Dem guten Leches wahren jhre Schwänke wolbekant / und daß in solchem scherzen jhr am besten beyzukommen wahr / antwortete jhr demnach: Er gestünde gerne / daß er bißher nun etliche Jahr schon / mannicher ungereimter Reden sich gebraucht hätte / die aus Unruhe des Gemühts herrühreten / nicht wegẽn mangel des Schlaffes / sondern daß sein höchstes Gut je länger je mehr vor ihm flöhe / und aller niessung jhn beraubete. Vetter / antwortete sie / jhr gerahtet aus dem Tropfen gar in den Schlagregen; dann wie reimet sich euer vorbringen? Ihr berühmet euch eines höchsten Gutes / welches ihr das eure nennet / und gleichwol klaget ihr / es fliehe vor euch / ja ihr seyd dessen Niessung gar beraubet; kan es aber wol das eure seyn / wann ihrs weder besitzet noch geniesset? Meine höchstgeliebete Jungfer sagte er; es ist mein höchstes Gut im wünschen / aber nicht im geniessen. Auff solche weise / sagte sie /wird es keinem Menschen an seinem höchsten Gute mangeln / weil ein jeder ihm solches wünschet; doch lasse ich euch dieses hingehen / ob ich gleich nicht weiß / von was grossem Gute eure Rede eigentlich zuverstehen sey; aber ich merke wol / ihr suchet ausflüchte / mir auff das vorige bescheid zugeben. Dem guten Leches wahr schon entfallen / was seine vorige Rede wahr / baht auch jhn deren zuerinnern; worüber die Jungfer lachens sich nicht enthalten kunte / und zu ihm sagte: Habe ich nun nicht wol und wahr geredet /daß mein Vetter noch nicht ausgeschlaffen / weil er ohn Verstand und im Schlaffe geredet hat? Wollet ihrs aber ja wissen / so frage ich zum andern mahle /was die großgerühmete Gnade / die ich euch doch gerne gönne / zu dieser Sache tuhn könne. Meine wahre Freundin / antwortete er; die Götter wissen /daß ihre Liebe und deren Niessung / ich nicht gerne einem andern / als ihr allein danken wolte. Die bißher geleistete / sagte sie / ist nicht sonderliches dankens wert; aber antwortet / bitte ich / auff meine Frage; ich werde sonst gedenken müssen / ihr schlaffet noch immerhin. Leches antwortete: Weil ihr mir dann gebietet / daß ichs sagen sol / muß ichs nach gebehtener Verzeihung ausdrücken / daß ich des gänzlichen Vorhabens bin / an meinen Vater zuschreiben / daß er umb unsere Heyraht bey unser gnädigsten Königin anwerben möge; inzwischen werde ich nit schlaffen / bey meinem Könige und dessen Gemahl umb eben dasselbe inständigst anzuhalten. [285] Nun / sagte sie / gehet mein Vetter mit solchen Gedanken schwanger / werden ihm dieselben kein höchstes Gut / wie ers ja tåuffel / zuwege bringen; dann was währe ihm mit einer gezwungenen Liebe gedienet? Gezwungene? sagte er; davor wolte ich eines schnöden Todes sterben; Ich suche ja keinen Zwang / sondern nur eine kräfftige Vorbitte. Ach ja doch / sagte sie; gleich als wann ihr nicht wüstet / daß der Könige Bitte an ihre Untertahnen ein lauter Zwang ist; wil demnach nimmermehr hoffen / daß ihr solcher gestalt / und zwar in der Fremde mit mir verfahren werdet / da ich gar keinen Beystand habe. Hier fing nun Leches an / alle seine Wolredenheit außzuschütten / und ihr so viel liebliches dinges vorzuschwatzen / wie er ihr so träulich dienen / auch niemand als sie in sein Herz auffnehmen wolte; daß sie endlich sich erklärete / er möchte sich gedulden / biß auff ihrer Gn. Fräulein Wiederkunfft; wann dann dieselbe gnädigst darein gehehlen könte /solte ihm seine bißher erzeigete Gewogenheit und Träue ehrengebührlich vergolten werden. Leches nam dieses vor eine unbedingete Erklärung an / bedankete sich höchlich / und steckete ihr einen schönen Ring an den Finger / welchen anzunehmen sie sich anfangs wegerte / und ihn endlich noch behielt / wiewol mit vor angezogenem Bedinge / welches sie doch selbst nit in zweiffel zog / weil das Fråulein / deren Leches Liebe bewust wahr / sie schon etlichemahl vermahnet hatte / diese gute Heyraht nicht außzuschlagen / als wodurch sie in Königliche Verwandschafft auffgenommen würde. Gleich als diese Beredung geschehen wahr / erging Ladisla Befehl zum Auffsatteln; muste also Leches von dem liebes Gespräch abbrechen / und sich umb ander ding bekümmern. Fabius aber redete Ladislaen ein / in dieser Späte nicht so eilig auffzubrechen / sondern zuvor eine kurze Bedenkzeit zu nehmen zu einer beständigen Erklärung; und wohin wollen wir reiten? sagte er / da wir keinen Weg wissen / auch Herr Herkules / in betrachtung seiner eile nach dem Meer / sich zweiffels ohn schon wird auff ein Schiff begeben haben. Ladisla gab zur Antwort; er hoffete nicht / daß einiger Mensch ihm an der Nachfolge seines Freundes würde hinderlich seyn. Eben des sinnes bin ich auch / sagte Fabius; aber die finstere Nacht / der unbekante Weg / und daß ich zum ersten melden sol / die Unbesonnenheit / werden uns zu unserm Vorhaben wenig dienen. Und ob wir den Zeitungsbringer zu uns nehmen wolten / so weis er ja so wenig / wo Herr Herkules zu suchen ist / als wir selbst; zu geschweigen / daß er wegen seiner Wunden und tödlichen Schwacheit auff der Streu lieget / und nicht weiter fort kan. Libussa kam darzu / mit vermeldẽ / der sehr schwache Bote hätte an König Ladisla eine sonderliche Werbung abzulegen; deßwegen er bald zu ihm ging / und fragete / was sein Anliegen währe. Mein Herr / sagte dieser; der so mich hergeschicket / hat mir sehr ernstlich eingebunden /dem Herren anzumelden / daß wo er ihn liebe / er ihm ja nicht folge / biß er Schreiben von ihm haben wird /welches in kurzen geschehen solle / und weil ich leider bekennen muß / daß ich von der Räuber Geselschafft bin / hat euer Freund mir Leben und Freyheit /auch von euch eine Viertel Jahrs Bestallung seines ädlen ritterlichen Dieners versprochen / da ich diese Werbung abzulegen fleiß anwenden würde. Ladisla fragete den Wund Arzt / der ihn gleich verbunden hatte / ob er genesen würde; Und als derselbe guten Trost gab / sagte er weiter zu dem Kranken: Guter Geselle laß dein wolpflegen / wozu ich dir alsbald XXX Kronen einreichen wil; und nach erlangeter Gesundheit gib dich zu Padua bey mir an / [286] da soltu das Versprochene schon finden. Kehrete sich drauff zu Fabius und sagte: Ich werde meinem Herkules müssen gehorsamen / und die Nachfolge etliche Tage einstellen / wil inzwischen mich bedenken / wie ichs best anzugreiffen habe; und halte vor gut / daß wir stündlich uns nach Padua erheben / den unsern Zeitung zubringen. Fabius ließ alsbald den Reutern ansagen /sich fertig zuhalten / dessen sich niemand so sehr freuete als Leches / welcher seiner geliebeten so viel in den Ohren lag / daß sie ihm eine Stelle auff der Fräulein Gutsche neben sich gönnete / und ward sehr geeilet / weil sie gegen Mitternacht zu Padua bey den ihren zu seyn bedacht wahren; woselbst eine überaus grosse Traurigkeit und Angst entstund / so daß wenig fehlete / Fr. Sophia hätte sich selbst umbs Leben gebracht; Dann es ward desselben Tages eine fliegende Zeitung / die aus Irtuhm herrührete / in der Stad außgesprenget / wie eine Reuter Schaar / welche sie meineten aus Padua geritten seyn / in einem Flecken angegriffen / und alle miteinander erschlagen währen /ohn daß ein einziger junger Ritter / mit gelben Haaren und zartem Angesicht / durch seine ungläubliche Mannheit sich so lange gewehret / biß ihm Lebensfreyheit zugesaget wåhre; worauff er endlich sich gefangen hinweg führen lassen. Dieses erzählete Herren Emilius Haußhalter in beysein Frl. Helenen / wie ers auff der Gasse gehöret hatte. Selbe hinterbrachte es ihrem Vater / welcher den Haußhalter eigentlich befragete / und ging bald hernach zu dem Stathalter /ihm anzeigend / es gingen böse Zeitungen umb / und fürchtete / die Außgerittenen hätten einen Anfal erlitten; wolte ihn zwar ungerne betrüben / könte aber nicht umb hin / es zu melden / daß eine SchaarReuter von XI. Pferden in einem Flecken gänzlich / auff einen einzigen nahe / solten erschlagen seyn. Herr Fabius entsetzete sich darüber zum hefftigsten / fragete nach dem Zeitungs-bringer / und sendete alsbald etliche Diener aus / dem Geschrey nachzuforschen; welche bald wieder kahmen / und berichteten / daß die ganze Stad davon redete. Inzwischen ging Frl. Helena hin / ihre Wase Fr. Sophien zu besuchen / und da ihr diese Zeitung zukommen währe / sie in ihrem Unglük zu trösten; fand aber / daß sie dessen noch unberichtet wahr / biß Herr Fabius in das Frauenzimmer trat / und mit gelinder Stimme anfing; lieben Kinder / ich finde / das ein Geschrey in der Stad erschollen / ob solten unsere Leute angegriffen seyn / und etwas Niderlage erlitten haben; wird demnach rahtsam seyn / daß man Reuter außschicke / umb eigentlich nachzuforschen /ob sichs also verhalte oder nicht. O Herzlieber Herr Vater / sagete Fr. Sophia mit zitternden Gliedern; vielleicht sind sie alle miteinander erschlagen. Solches wollen wir nicht hoffen / antwortete er / vielweniger ohn Ursach muhtmassen; dann das Geschrey pfleget solche und dergleichen Lügen offtmahl auff die Beine zusetzen. Ging damit hinweg / und lies stündlich 500 zu Pferde auffbieten / vermochte auch Herren Kornelius / daß er ihr Führer ward / welcher mit seinen Leuten schleunig auffbrach / und die gemeine Landstrasse nach dem Flecken vor sich nam. Fr. Ursula wahr damahls auff ihrem Zimmer allein /und hatte ihre Leibdienerin außgesand / ihr etliche Goldfädem einzukäuffen; diese vernam das Geschrey auff der Gassen / lieff ganz unbesonnen zu ihrer Frauen mit grossem geheule / und sagte; es währe ihr Gemahl samt Herren Ladisla und allen Reutern erschlagen / und Herr Herkules gefangen; worüber sie dermassen erschrak daß sie in starke Ohmacht niderfiel /und weder Hand noch Fuß mehr regete. Die Magd entsetzete sich hierüber / lieff nach Fr. Pompeien /[287] und taht ihr solches zuwissen / welche alsbald kräfftige Sachen zur Hand nam / und mit Fr. Sophien und Frl. Sibyllen zu ihr ging / funden sie als eine Todtenleiche / und bestrichen sie so lange / biß sie wieder zu sich kam / und mit gar schwacher Stimme und trähnenden Augen sagte. Ach warumb lasset ihr mich meinem allerliebsten Fabius nicht folgen! oder gedenket ihr / daß ich nach seinem Tode lust habe länger zu leben? Fr. Sophia ward hierüber ängstig zittern / daß sie sich nieder auff die Erde setzen muste / und sagte: O Herz liebe Schwester / was habt ihr dann neues von meinem Bruder? Ich hoffe ja nimmermehr / daß ihr traurigere Zeitung wisset / als wir alle mit einander; Fr. Ursula aber fuhr fort mit ihrer Klage; Ach mein Fabius! ach Herr Ladisla! was vor grausame Fäuste haben euch erschlagen können? und was vor Gewalt hat den Handfesten unüberwindlichen Herkules gefangen? Als Sophia diß hörete / rieff sie mit hartweinender Stimme, O ist dann mein liebster Ladisla schon dahin? O ist meine einige Freude und Wollust ermordet? Mein Erretter! mein allerbester Schaz! mein einiges-Al? O du allerliebste Seele / warumb bistu nicht alsbald nach deinem Abschiede hieher geflogen / daß du mich auffgemuntert hättest / mit dir zuzihen? Ja warumb kömstu noch nicht / und foderst die meine ab / zu dir / nach dem sie mit dir unaufflößlich verknüpffet ist? Nun nun / unsere Freude ist dahin / unsere Wollust ist zum Ende gelauffen / aber leichter als der Wind / schneller als der Schein eines außgelöscheten Lichtes; geschwinder als die Gedanken selber. O du liebreiche Seele / hastu deine schöne Herberge / den wolgestalten Leib schon außgezogen? Bistu dieses Lebens bereit müde gewesen / und hast mir so offt beteuret / es däuchte dich solches in unser Liebe erst recht angehen? Zwar du hast die Eitelkeit abgelegt /und bist wol ohn zweiffel schon in der Götter Zahl angeschrieben; was solte dich dann bewägen / diese Gebrechligkeit länger zu tragen? Aber biß eingedenke / bitte ich / biß eingedenke der inniglichen Liebe und Gewogenheit / womit meine Geister dir verbunden sind / und laß mich in deinem Himmels Stolze doch nur zu deinen Füssen ruhen / und mich an deiner allerliebsten Gegenwart ergetzen. Bistu noch eine MenschenSeele / so wirstu die meine nicht beschämen /wann sie zu dir nahet; bistu eine göttliche Krafft worden / O so nim die meine als deine geträueste Dienerin an / die dich anzubehten nicht wird unwillig seyn /dann ich kan durchaus nicht von dir geschieden bleiben / so wenig jezt im Tode / als vorhin im Leben /nachdem ich dich einmahl gekennet habe. Schließlich hoffe ich / man werde unsern Leibern diese Freundschafft tuhn / und sie in einen Sarg beyeinander legen. Hiemit nam sie ihr kleines Messerchen von der Seiten / und sties es gleich auff ihre Kehle zu / des gänzlichen Vorsatzes / ihrer Seele daselbst den leichtesten Weg zu öffnen. Aber Frl. Sibylla / welche neben ihr auff der Erden saß / uñ aus ihren Reden ihr Vorhaben leicht abnahm / gab eben acht auff ihre Hände / sahe den Stich / und warff mit einem grossen Geschrey ihre zarte Hand vor / welche sie ihr nicht allein gar durchstach / sondern auch noch ein zimliches Löchlein ihr selbst neben der Kehle machte. Das Fräulein empfand der Wunde / und riß die Hand mit Gewalt zu sich /daß das Messer drinnen stecken blieb. Der Stathalter trat gleich ins Zimmer / sahe ihre blutige Hand / und der Tochter den rohten Schweiß vom Halse die Brust hinab lauffen / auch sie zugleich nebest ihrer Mutter und Fr. Ursulen in tieffer Ohmacht liegen / zog vorerst dem Fräulein das Messer heraus / ließ alsbald einen Wund Arzt hohlen / und fragete / was [288] dieses Unwesen bedeutete. Ach Gott / sagete das Fräulein /ich merkete / daß meine Frau Schwester ihr selbst aus Unmuht die Kehle abstechen wolte / welches Unglük abzuwenden / ich meine Hand vorwarff / und den Stich aufffing / sehe aber leider / daß sie auch noch eine Wunde bekommen hat. Fabius verfluchte sein Unglük / und nachdem Fr. Ursula sich erhohlete /auch Frl. Helena darzu kam / brachten sie die Stathalterin / und endlich Fr. Sophien wieder in etwz zurechte / welche ihres Blutes im Busem / aber keiner tödlichen wunde empfindend / zu dem verwundeten Fräulein sagte: Ihr unbarmherzige Feindin / und Hinderung meines billichen Vorhabens; warum mißgönnet ihr mir meinẽ Ladisla / bey dem meine Seele nun bereit schweben würde / wann eure grausame Hand nicht währe; sahe sich hiemit nach ihrem Messer umb / und gedachte den Mord noch zu vollenden. Aber der Vater setzete ihr mit harter Rede zu; wessen sie sich zeihete / daß sie so unbesonnen wütete / uñ den Tod suchte? man hätte ja noch keine gewisse Zeitung ihrer Niderlage / sondern das blosse lügenhaffte Geschrey währe nur da; jedoch / gesezt / daß ihm also wåhre /solte man dann alsbald Mörder an seinem eigenen Leibe werden? wåhre es aber erlogen / wie ers gänzlich davor hielte / was würde sie dann ihren Eltern und Verwanten / ja ihrem Ladisla selbst vor Herzleid machen; solte sich demnach zur Ruhe begeben / biß man Gewißheit hätte. Fr. Sophia antwortete ihm: O mein herzallerliebster Herr Vater / ohn allen zweifel habt ihr hievon gewissere Zeitung / als euch lieb ist /und gedencket mich nur mit leeren Worten zu unterhalten. Fing darauff an / sich von neuen über den vermeynten Verlust ihres Ladisla so kläglich zustellen /daß sie alle anwesende zu weinen bewägete. O mein allersüssester Schatz / sagte sie / dessen volkommene Zucht und Tugend auszusprechen mir unmöglich ist; mustu dann deinen Lauff so schleunig zum Ende bringen / uñ in der ersten Blüte schon untergehen? Aber weder ich noch die Welt sind deiner reiffen Früchte würdig gewesen; der Himmel der Himmel sucht das seine / und gönnet der undankbaren Welt solche Volkommenheit nicht. Gewißlich wird die klare Seele ein neuer Stern am Hi el seyn / welchen die Sternseher bald spüren werden. O Ladisla Ladisla / sollen wir uns mit deinem Bildniß / dir zu Ehren auffgerichtet /vergnügen lassen? Ja das wird uns nicht schůtzen; Ja das wird uns nicht erfreuen / noch den Räubern erschreklich seyn. Fraget nun nach / was das Gespenst in meines Ladislaen Marstalle bedeutet habe; das Dach ist weg gerissen / die Seele meine ich; das Pflaster ist umgewühlet / den Leib verstehe ich. Die Pferde sind erschlagen / seine Kräffte / O seine Kräffte haben müssen erliegen unter der wütenden Räuber Händen. Fraget nach / was die einige blutrohte Rose unter so vielen weissen bedeutet habe; Ach ihr Götter / schicket es ja / daß niemand anders / als ich / dadurch möge bezeichnet seyn. Drey Nachte hat das Gespenst angehaltẽ / fragestu / wie diese drey Nachte heissen? Fabius / Ladisla / Herkules! O ihr drey klare Lichter / seyd ihr so geschwinde Nacht worden? dann wer wird michs überreden / daß Herkules noch im Leben sey / oder nach Ladislaen Tode noch länger darinnen zubleiben begehre? So seyd ihr nun verschwunden / ihr Lichter; so hat uns nun überfallen eine dreifache Nacht! O du stokfinstere Nacht / wer wil deine Dunkelheit vertreiben? O ihr hellen Lichter / wann wird eures gleichen wieder angezündet werden? Der Vater ließ sie ihre Klage ausführen / und ward Frl. Sibylla inzwischen verbunden / welche nachgehends sich wieder zu ihr setzete / und sie freundlich ermahnete / sie [289] möchte doch gemach tuhn /und ihres Lebens schonen; dann solte es gleich wahr seyn / müste man ja mit den Göttern nicht streiten /welche durchaus ihren Willen haben wolten / wie hart wir uns auch dawider sträuben möchten; währe es aber nicht wahr / wie dann ihr Sinn ihr ein solches allerdinge zutrüge / was stellete sie sich dann einer Unsinnigen ähnlicher als einer Witzigen? Ja ihr habet wol ursach mich zu trösten / sagte Fr. Sophia / da ich bald Mörderin an euch worden bin / daß ihr Zeit eures Lebens bey dieser Narbe an mich gedenken könnet /welches mir doch herzlich leid ist. Und O hättet ihr doch dem Stich seinen Weg gegönnet / so wåhre ich nun aller Pein ab / und ginge meine Seele suchen /wie sie mit ihrem Ladisla entweder umherschweben /oder in Ruhe sitzen möchte. Das Fräulein / ungeachtet der Schmerzen / zeigete ihr mit einem frölichen Angesicht die verbundene Hand / und sagete: O wie sol Herr Ladisla noch dieser meiner Hand danken / daß sie seiner herzgeliebeten Sophien das Leben erhalten hat. Ach mein Schwesterchen / antwortete sie / meynet ihr / daß mein Ladisla noch leben solte? O ihr Götter / wie wol währe mir dann! aber leider leider! die Zeitung gibt es viel anders; dein Leben ist gebrochen / O du unvergleichlicher Held! O du allerfreundlichster Liebhaber! Was vor Unsiñigkeit treibet euch dann / sagte das Fräulein / daß ihr euren Ladisla mit Gewalt tod wollet haben? Ich halte / stünde er hie vor euch / ihr legetet Hand an ihn / daß nur euer widersinniger Kopff recht haben möchte; sehet da / ich gebiete euch im Nahmen und von wegen eures Ladisla / der ohn zweifel noch frisch und gesund lebet / daß ihr nicht allein eure Klage mässiget / sondern euch straks angesichts verbinden lasset; dañ was meynet ihr wol /das er gedenken würde / wann er diese Wunde an eurem Halse / und das geronnene Blut in eurem Busem sehen solte? Rieff hiemit dem Arzte / uñ hieß ihn die wunde besichtigen. Fr. Sophia ward hirüber dermassen bestůrzet / daß sie vor Furcht kein Wort reden kunte / saß nur und sahe sie an / weil der Arzt die Wunde betrachtete / endlich sagte sie zu ihr: O ihr harte Zuchtmeisterin! traget jhr dañ gar kein Mitleiden mit mir elenden? Ich wil euch nicht hören / antwortete sie / biß die wunde verbunden ist / und gebiete euch nochmahl / von wegen Herrn / Ladisla / daß ihr euch verbinden lasset. Ach ja mein Schwesterchen / antwortete sie / ich bin ja gehorsam; hielt auch dem Arzt die Kehle zu / und ließ ihn nach allem Willen machen. Der Stathalter verwunderte sich der Fräulein treflicher Vernunfft / daß sie dieses Mittel / sie zubereden / so klüglich hätte erfinden können. Aber so bald die Verbindung geschehen wahr / da ging der Ja er von neuen wieder an; die Trähnen schossen ihr dermassen häuffig aus den Augen / daß sie in ihre Schoß fielen. O ihr Götter / sagte sie / kan auch der Baum grünen / wañ er die Wurzel verlohren hat? Ja ja / man stellet ihn ins Wasser / und erhält seine Blätter etliche Tage auff mit solcher gewaltsamen Anfeuchtung; aber es bestehet nicht lange / dann fallen sie abe / und vergehen / ehe mans inne wird. Gleich also kan man mich durch falsche Hoffnung auch ein wenig laben / auch ein wenig erhalten; aber unmöglich ist es / daß es lange bestehen solte; dann die Wurzel / auff welche ich gegründet wahr / ist abgehauen; Ach ihr Götter / sie ist abgehauen und dem Stam entzogen /der von ihr allen Safft und das Leben selbst hatte. Frl. Sibylla kunte wegen Mitleiden und Empfindligkeit der Wundenschmerzen / ihr nit zureden / deswegen fing der Vater an zuversuchen / ob er durch Gelindigkeit etwas bey ihr ausrichten könte / und sagte zu ihr: Herzgeliebtes Kind; du weist / mit was grossem fleiß ich [290] und deine Mutter dich aufferzogen / und uns deiner angenommen haben / weil wir deinen Gehorsam gegen uns allemahl gespüret / und du dir sehr wol hast können rahten lassen; Warumb entsagestu mir dann jezt alle folge / und kündigest mir den Gehorsam gar auff / dessen ich mich zu dir nimmermehr versehen håtte? O mein Gn. herzallerliebester Herr und Vater / antwortete sie; mein Unfal ist ungleich schwerer / als daß er von mir schwachem Kinde solte geduldig können ertragen werden; und wann ihr empfinden möchtet / was vor Pein und Angst meine hochbetrübete Seele in ihrem Fleische leidet / nachdem mir derselbe durch den Tod geraubet ist / welcher mein Leben wahr / zweifele ich nicht / ihr würdet mir willig gönnen / mich der Qual loßzumachen / und aus diesem Kummer meine Seele außzuspannen. O Ladisla! O mein Schaz! hätte eure Freundligkeit mir doch unbekant bleibẽ mögen; währe ich dann gleich nimmermehr glükselig worden / so würde ich dannoch zum wenigsten ohn-unglükselig blieben seyn. Mein Kind /sagte der Vater / hastu dann etwa gewisse Zeitung von deines Gemahls Tode / so mache es mir auch kund / ob ich zum wenigsten seinen Tod rächen möchte / wie er dann auff solchen fall ungerochen nicht bleiben würde; trauestu aber nur dem blossen Gerüchte / so höre mich doch in so weit / und enthalte dich aller Tähtligkeit / biß wir unbetriegliche Zeitung haben werden; muß es dann hernach gestorben seyn; wolan / ich wil dir Schwert und Messer selbst in die Hand geben; besinne dich nur inzwischen / wie du es vor den Göttern / ja vor Ladislaen Seele / wann er tod seyn würde / verantworten wollest / daß du mit einem Stiche / dich und deine Eltern zugleich / als eine Erzmörderin umbringest. Diese Worte durchdrungen ihr Herz dermassen / weil sie dabey ihres Vaters Trähnen sahe / welche ihr bißher unbekant wahren / daß sie angelobete / sich einzuhalten / und ihrer Seele Aufflösung anderer gestalt zuerwarten; worüber ihr Vater höchlich erfreuet ward / unter der Hoffnung / die Zeit würde den Schmerzen lindern / wañ nur der erste Sturm in etwas gestillet währe. Ihre Fr. Mutter wahr zeitig hinweg gangẽ in ihr Kä erlein / woselbst sie als eine gottfürchtige Christin ihr andächtiges Gebet zu Gott auf ihren Knien verrichtete / daß derselbe das schwere Unglük in gnaden von ihrẽ Kind'n abwenden / uñ sie nit im Heydentuhm wolte hinsterbẽ lassen; ging hernach in zimlicher Freidigkeit zu ihnen hin /da sie ihre Tochter etwz beruhiget fand / zu welcher sie sagete; vertraue dem wahren Gott / mein Kind / ob du ihn gleich nit keñest / und zweiffele nit / mein Gott wird dich meiner Vorbitte geniessen lassen / uñ in kurzen dein Leid in freude verkehren; dañ mein Herzsaget mirs / ohn zweiffel aus Gottes Wirkung / dz meine Söhne alle drey noch im Leben / und das Gerücht allerdinge falsch sey. Aber der Trost welchen sie daher schöpffete / war sehr geringe / doch versprach sie ihrer Mutter / sie wolte alle mögliche Geduld ergreiffen / biß die Götter dem Leyden wůrden ein Ende machen / und verblieben sie in diesem leidigen Stande / biß umb Mitternacht / daß sie weder an Essen noch Ruhe gedachten. Der Tohrhůter vernam umb diese Zeit ein hartes Geklopffe vor dem äussersten Tohr des Hoffes / und fragete / wer sich so ungestüm erzeigete. Was fragestu viel / antwortete der junge Fabius / bald öffne mir das Tohr. Dieser kennete die Stimme / und sagte; Ach Gn. Herr / seid ihrs selber / oder ists euer Geist? Er aber begunte unwillig zu werden / und dräuete ihn zu prügeln / wo er nicht bald auffmachen würde. Worauff jener sagete; ja wie gerne wolte ich mich biß auff den Tod prügeln lassen / wann nur eure Gn. noch im Leben währen. Ladisla [291] lachete der Rede / und meinete / dieser Mensch währe aberwitzig / redete ihm deßwegen gütlich zu / und sagte; Ja mein guter Pförtner / dein Herr Fabius lebet noch / wie du ja hörest / mache uns nur auff. Helfft ihr Götter / rieff dieser vor freuden / da höre ich ja Herren Ladislaen Stimme auch noch; machete geschwinde auff / und sagete: O ihre Gnn. sein wilkommen; wie hoch und schmerzlich wird deren Tod von dem Frauenzimmer beweinet. Ladisla fragete / was die Ursach währe. Die ganze Stad ist des geschreies vol / antwortete er / als ob sie alle Tod / und Herr Herkules gefangen sey; daß wol keine Gasse oder Hauß in der Stad ist / darinnen euer Tod nicht solte beweinet seyn; aber eure Gn. halten mich länger nicht auff / daß ich die gute Zeitung anmelde / wovor ich ein reiches Botenbrod gewärtig bin. Daß soltu ohn daß wol haben / sagte Ladisla /aber weil es also beschaffen ist / wollen wir uns selbst melden; stieg auch mit Fabius / Leches / und Libussen im Vorhoffe ab / und gingen in allerstille durch den Hoff die Stiege hinauff nach dem EsseSaal / woselbst der Stathalter mit den seinen gar allein wahr /und untereinander allerhand Gespräch führeten; da Fr. Sophia des Kato Tochter Fr. Porzia / Herren Brutus Gemahl hoch rühmete / daß nach ihres Ehe Herren Tode sie nicht långer im Leben bleiben wollen / uñ ob man ihr gleich alle Mittel des Todes aus dem Wege geräumet / hätte sie auff eine zuvor unerhörete Weise durch verschluckung glüender Kohlen / ihre Seele aus dem Leibe getrieben / und sie ihrem allerliebsten Brutus nachgeschicket. Worauff ihre Fr. Mutter antwortete; Ob gleich solche und dergleichen Gewalttähtigkeit an sich selbst begangen / von etlichen Weltgelehrten gebilliget und gerühmet würde / so hätten doch andere aus der Vernunft sehr wol geurteilet / daß solches Unrecht währe / und der wahren Tugend allerdinge zuwieder lieffe / daher auch solche Gesetze gefunden würden / Krafft deren alle so sich selbst ermorden /vor unehrlich erkläret werden / und daß man ihren todten Leichnam mit einem Schandmahle zeichnen solle. Hat dann die keusche Lukrezie des Kollatinus Gemahl auch unrecht gehandelt / sagte Fr. Sophia /als sie von Sextus Tarquinius dem frechen Buben genohtzüchtiget / ihr keusches Gemüht durch einen freywilligen Tod zuerkennen gab? Daß wahr eine andere Sache / antwortete ihre Mutter / welche nach deinem Vernunfft-Glauben etwas scheinlicher kan behäuptet werden / wie wol ichs leicht dartuhn wolte /daß ihre Taht mehr aus verzweiffeltem Unmuht / als rechtschaffener Tugend geleistet ist / dañ ein Mensch hat von Gott nicht Gewalt bekommen über sein eigen Leben / sondern er muß solches so lange behalten /biß Gott dasselbe von ihm fodert. Der Stathalter gab seinem Gemahl recht / und daß er in dieser Frage mehr dem Aristoteles als den Stoischen Lehrern beypflichtete / wolte auch nicht / daß man davon weiters reden solte / daher Frl. Sibylla (welche zum hefftigsten bemühet wahr / ihre Wase zu begütigen) das tieffe ihres verstandes hervorsuchete / mehr als vor nie /und fing an zu reden / von des Glückes unbeständigem Wechsel / und wie man dessen Wütereien begegnen müste / da sie zu Fr. Sophien also anhub: Herzgeliebte Fr. Schwester / ich halte vor ganz gewiß / euch nicht unbewust zu seyn / was vor Beschaffenheit es umb uns Menschen in dieser Welt habe / da das umbwalzige Glük nicht anders / als das Gewitter sich erzeiget. Früh Morgens blicket das allerschönste Himmel-roht nach höchster Lust hervor / und darff der Sonnen selbst troz bieten; dessen der Wandersman wahrnehmend / ihm die Rechnung machet / er wolle noch diesen Tag [292] seine Reise gar leicht enden; ehe aber der Sonnen Rad sich mit allen seinen Speichen ůber der Erde sehen lässet / k \mt ein Sturmwind / und treibet die Wolken zusammen / aus welchen ein grosser Plazregen fället / daß der Wandersman gezwungen wird / unter eine Schamhütte zutreten / und des folgenden Tages zuerwarten; ist er aber so närrisch / und läufft unbesonnen im Regen fort; dann wird er nicht allein durch und durch naß / sondern er geråht an eine Bach / worüber ein schmaler Steg lieget / eilet hinüber / und weil er schlipferig worden ist / glitschet er hinab / fält in daß auffgelauffene wasser / und ersäufft gar drinnen. Was hat dieser Unbesoñener nun vor nutzen / meine Fr. Schwester / als ein muhtwilliges verderben? Ja was hat er vor Ehre davon / als Spot und Hohn vor aller Welt? Sehet / das Ungewitter hat uns leider auch getroffen / wie ihr davor haltet / da doch des Tages Anfang in eurer Heyraht sich nach allem Wunsche sehen lies. O erzeiget euch doch dem närrischen Wandersmanne nicht gleich / damit ihr nicht umb Lob und Leben auff einmahl kommet. Ist diese das Fräulein / würde jederman sprechen / welche wir auff dem Marsplatze zu Rom / als einen Spiegel und Außbund der Weiblichen Klugheit sehen müssen /und kunte das Ungewitter (ja vielleicht nur ein bloßvermeinetes) nicht über sich hinwehen lassen / sondern stürzete sich muhtwillig selbst in den Sumpff des verderbens? wir haben ihren Wiz höher geachtet / als er wert ist. Diesem Ubel vorzubauen / meine Fr. Schwester / lasset uns doch hinte etwas Schirm nehmen; vielleicht wird MorgenSturm und Hagel gelinder / oder verschwindet wol gar. Ein frisches Herz in guten Tagen / kan auch der feigeste erzeigen; ja ich getraue mir / ein Schiff wol zu steuren / wann der Wind mich führet / wohin ich gedenke; und wer könte solches nicht? Wann man aber zwischen Schwertern uñ Spiessen stecket / da hinten und fornen die Pfeile umb uns her fliegen / dañ zeiget sich der Furchtsame schon selber / und stürzet zur Erden ehe er getroffen wird; und ich im Sturme müste als eine unerfahrne gewislich mit samt dem Schiffe verderben. Ey so ergreiffet ein Herz meine Fr. Schwester / und lasset blicken / daß euer Muht nicht nur auff der Zungen /sondern viel tieffer und fester sitze / als daß ein falsches Geschrey ihn stürzen und fellen könne; und trauet mir / daß keine Last so schwer sey / welche durch Vernunfft nicht solte können gehoben und fortgebracht werden. Fr. Sophia antwortete ihr; Herzliebste Schwesterchen; ihr seid bey meiner träue auß der Zunfft dieser KriegsObersten / welche ihren Soldaten zwar einen Muht einsprechen / und des feindes Macht mit Worten zuverkleinern wol abgerichtet sind / aber in die Schlacht kommen sie nicht / sondern stehen nur von ferne / und fechten in Gedanken / da wo ihnen weder Pfeil noch Schwert schaden kan; meinet ihr aber / daß Reden und Tuhn ein Ding sey? O wie wolte ich einem so geherzt zusprechen / wann ich selbst ausser der Gefahr währe! O wie wolte ich einem der aus Kreuz gehefftet ist / die Geduld einpredigen / wann die Schmerzen mich nicht rühreten! Ist dann der Mensch ein unverständiges Tihr / welches ihm nichts zu Gemüht zeuhet? oder ist ein schwaches Weibsbild ein unempfindliches Holz / wann ihr daß geno en wird / welches sie ungleich höher liebet als sich selbst? Ich weiß zwar wol / daß meiner Tapferkeit wegen ich nicht auff den Marsplaz gesetzet bin / sondern auß blosser Gnade; aber versuchet zuvor / was es sey / ein mehres als sich selbst verlieren / ehe ihr mich richtet uñ verdammet; doch die Götter behüten euch davor. Frl. Sibylla wolte ihr nicht zu hart wiedersprechen / [293] sondern dieses schmerzliche Geschwer auffs sanffteste außdrücken / und antwortete also: Meiner Schwacheit / hochgeliebte Fr. Schwester / habe ich sehr gute Kundschafft / und wie leicht mich Unglük niderdrücken kan; weil mir aber eure Großmühtigkeit bekant ist / nimt mich wunder / daß dieselbe so schleunig / und durch ein blosses Geschrey erlieget; habe demnach versuchen wollen / ob mirs glücken würde / daß wie ein kleiner recht angeschlagener Hebebaum einen grossen Block leicht umbwälzet / ich durch mein geringfügiges Einreden euer Herz bewägen möchte / daß sichs an den gewöhnlichen Ort setzete / daraus es getreten ist / und der Wiederwertigkeit troz böhte / welche die Herschafft suchet. Ach mein teures Schwesterchen / sagte jene; meinet ihr dann / daß mein Herz nur aus seiner Stelle gesetzet /uñ noch in mir sey? Ach nein! ich habe es gar verlohrẽ / es ist verschwunden und erloschen wie eine Flamme vom Wasser; dann alles was muhtig in mir wahr /ist mit meinem Ladisla schon Tod und erstorben; ja derselbe wahr mein Muht und mein Herz. Mit welchem Worte ihr eine Ohmacht zustieß / daß man gnug mit ihr zuschaffen hatte / sie wieder zuerquicken; da sie auffs neue anfing / eine solche Trähnenbach zuvergiessẽ / daß allen anwesenden die Augen übergingen; und endlich das Fräulein abermahl anfing: Hilff Gott /was wird dann endlich draus werden? wollet ihr dann dem Lebendigen die Leichbegängniß halten? sehet da / eine närrische Magd hat euch eine ungegründete Zeitung gebracht / und die muß bey euch mehr gelten /als eure Eltern / und alle die es gut mit euch meynen; In Warheit / ihr verdienet hiemit / daß Herr Ladisla auf seine glükliche Wiederkunfft euch hart genug angreiffe / weil ihrs doch nicht besser haben wollet. Ich meyne / ihr hättet uns versprochen / biß auff eingebrachte gewisse Zeitung ruhig zu seyn / und überhäuffet das Klageleid je länger je hefftiger. Nun nun / antwortete sie / ich muß geduldig seyn; aber wie habt ihrs doch mit mir im Sinne? ruhe ich durch Ohmacht (dann anders weiß ich nicht zu ruhen) so rüttelt /schüttelt und begiesset ihr mich so lange / daß ich wieder unruhig werden muß / und also sol ich wider mein Vermögen / und eure Bemühung ruhig seyn; so gönnet mir nun die Ruhe / die meinem elenden Zustande gleichmässig ist / so lasset mich (in der Unruhe / welche ich weder einzwingen noch verjagen kan) wolte sie sagen / aber Ladisla mit seiner Geselschafft trat gleich zur Saal Tühre hinein / gegen welche Fr. Sophia gerade ůber saß / daß sie seiner alsbald gewahr wurde / und mit lauter Stimme rief: O mein Ladisla komt daher! fiel auch vor grosser Freude auff den Tisch mit dem Häupt / und blieb unbewäglich liegen. Die andern stunden alle auff / da Fr. Ursul ihrem Fabius / die Stathalter in ihrem SchwiegerSohn umb den Hals fiel / das Fräulein aber zu Frau Sophien nahete / und ihr einen grossen Becher vol kühles Weins in den Busem schüttete. Ladisla lieff zu ihr hin / und fragete die Anwesenden / warumb sein Gemahl über seiner Ankunft sich dergestalt bewägete / daß ihr alle lebendige Geister entgingen; sie aber erhohlete sich bald / umfing ihn mit beyden Armen / und sagte: O mein trauten Schatz / haben euch die Götter mir vor dißmahl noch wieder gönnen wollen? O ich erkenne meinen grossen Fehler / welchẽ ich begangen / indem ich umb ein Haar durch die Wunde meiner Kehle euch nidergestochẽ hätte. Ladisla verstund diese Rede nicht / biß Fr. Ursul ihn des ergangenen berichtete / uñ das Frl. Sibylla ihr das Leben erhalten / aber auch darüber eine zimliche Wunde beko en håtte. Ladisla hatte biß daher seinem liebẽ Gemahl noch nie hart zugeredet / aber dißmal kunte [294] er sich nicht enthalten / jhr einen zimlichen Filz zu lesen; es stünde trauen zumahl verwågen / daß ein vernünftiger Mensch wegen zufallenden Unglüks jhm selber gewaltsame Hand anzulegen fertig währe / gestaltsam dieses einen frechen Mutwillen wieder die Götter und ihre Versehung anzeigete; dann niemand könte dieses anders auslegen /als suchete man hiedurch / an den Göttern Rache zu üben / uñ wo möglich / sie selbst zuermorden / weil es aus blosser Wiederspenstigkeit gegen jhre Verhängnis vorgenommen würde. Sie hingegen sahe jhn mit etwas Schamhaftigkeit an / mehr willens / ihre untertähnigkeit blicken zu lassen / als weitläuftige Entschuldigung einzuführen; bekennete demnach / daß sie gesündiget / und jhren heftigen Bewägungen die Herschaft über die Vernunfft gegönnet hätte; weil es aber aus Liebe gegen jhn geschehẽ währe / hoffete sie desto leichtere Verzeihung; welche er jhr aber so leicht zu geben nicht willens wahr / damit sie auff einandermahl von dergleichen vornehmen abgeschrecket würde / daher antwortete er ihr: Ob sie dieses so schlecht von der Hand schlagen könte? Sie möchte nur bedenken / was vor eine Wunde sie zumachen vorgehabt / wodurch jhre und seine / vielleicht auch wol jhrer lieben Eltern Seele zugleich ausgangen wäre; er vor sein Häupt hielte es nicht vor eine Liebeswirkung / sondern vor eine verzweifelte Raserey /welches jhre Seele dermassen unwert und abscheuhlich würde gemacht haben / daß die seine in jener Welt sich nimmer zu ihr genahet hätte. Das verliebete Herz empfand diese Züchtigung fast todes masse; gefiel aber den Eltern sehr wol / insonderheit /daß / wie sie sich zu jhm nahete / ihn zu ümfangen /er sich dessen ausdrüklich wegerte / dafern sie jhm nicht an äidesstat versprechen würde / solcher unmenschlichen Gedanken forthin allerdinge müssig zugehen / ob gleich sein ertödteter Leib vor jhren Füssen läge; dann / sagte er / ich bin kein Gott / daß ihr euch mir zum Opfer darstellen woltet; über das seyd jhr mir Tråue und Beywohnung schuldig (wie ich euch im gleichen); aber im Tode sollet ihr mir trauen keine Geselschafft leisten / biß so lange es den Göttern gefält; Und möget ihr wol den Göttern und dieser eurer heutigen Schuz Göttin (auf Frl. Sibyllen zeigend) danken / die ein so grobes Laster uñ unverantwortliche übeltaht von euch abgekehret habẽ. Ists nicht überal leichtsinnig / fuhr er fort / daß man auff ein blosses Geschrey / da kaum ichtwas nichtigers in der Welt seyn kan / man ihm selbst den Todesweg mit dem Messer öfnen wil? In der warheit / wann euch dieser Sinn währe vor dem Kopf geschrieben gewesen / würde es kräftig genug gewesen seyn / mich von eurer Liebe abzuschrecken; dañ / könte mannicher gedenken / wessen solte ein solches erzürnetes Weibsbilde verschonen / die mit ihr selber kein Mitleiden träget? Er wolte weiter fortfahren / sahe aber / daß sie mit thrähnenden Augen sich zum Fußfalle zubereitete / daher er ihr aus einem gelinderen Fasse einschenkete / und nachdem er sie bey der Hand gefasset hatte / zu ihr sagete: Nun ich trage dieses Vertrauen zu euch /ihr werdet meinem Begehren nach / mir eine äidmässige Verheissung tuhn / daß zeit eures Lebens ihr dessen euch nit mehr unternehmẽ wollet / aber wo ich lebe / sollet ihr meiner Frl. Schwester gestochene Handwunde schwer gnug büssen. Sie kam hieselbst erst recht zur Erkäntnis ihres groben Irtuhms / gelobete träulich an sich solcher Untaht hernähst allerdinge zuenthalten / und empfing darauff völlige Vergebung; nach welchem Vergleich er zu dem Fräulein trat / küssete sie freundlich / und baht seines Gemahls wegen ümb Verzeihung / neben dem Versprechen / er wolte es dereins auff ihrem Beilager dergestalt [295] zuerkennen wissen / daß seine Dankbarkeit daher solte gespüret werden. Fr. Sophia selbst fiel ihr üm den Halß / herzete und küssete sie / und schwuhr / diese ihre grosse und überschwesterliche Träue nun und nimmermehr aus jhrem Gedåchtnis kommen zulassen. Inzwischen fragete der Stathalter seinen Sohn / ob nicht Herr Kornelius auff sie gestossen währe; und vernam / daß sie denselben nicht angetroffen / weil sie nicht die Heerstrasse / sondern einen richtigern Nebenweg genommen hätten. Ich danke den Göttern / sagte der Vater weiter / daß eure Niderlage bloß ertichtet ist; aber wer mag doch lust haben / dergleichen schändliche Lügen auszusprengen? Ladisla antwortete; seines Erachtens wåhre es ein Irtuhm / und rührete daher / daß seine Frl. Schwester in Gestalt und Kleidung eines Jünglinges sich håtte lassen gefangen nehmen / welchen etliche vor Herkules möchten gehalten haben. Erst ward Fr. Sophia durch Frl. Helenen anzeige / der fremden Jungfer gewahr / und fragete Ladisla / wer sie währe. Er gab zur Antwort; Sie währe hohes Adels aus seinem Königreiche / und die Vornehmste des Frauenzimmers seiner Frl. Schwester / welche sie vorgestriges Tages aus etlicher Räuber Händen erlöset hätten. Darauff trat sie zu ihr hin / ümbfing sie freundlich /und hieß sie sehr wilkommen seyn / baht auch üm Verzeihung / daß man sie so lange unangeredet stehen lassen; dessen die ergangene Verwirrung Ursach währe. Diese bedankete sich untertåhnigst / wiewol mit etwas anderen Geberden und Leibesneigungen /als in Italien bräuchlich wahr / schätzete sich unfähig der hohen Ehre / die ihr einer unwirdigen angetahn wůrde / sintemahl sie sich bloß vor ihrer Gn. Dienerin erkeñen müste; möchte aber von Herzen wünschen /daß ihr gnädigstes Frl. selber glüklich ankommen /und ihre geliebte Fr. Schwester und Schwägerin küssen und ümfangen mögen; baht hierauff / ümb Verzeihung ihrer ungeschikten Rede / weil sie die lateinische Sprache zureden ungeübet währe / und ihr weniges durch Unterrichtung ihrer gnädigsten Fräulein gefasset hätte. Fr. Sophia bezeugete mit ihren Tränen / wie herzlich leid ihr der Fräulein Verlust währe / hoffete doch zu den Göttern / sie würden sich ihrer gnädig annehmen / und sie vor Lebens- und ehren-Gefahr beschützen. Die Bömischen Gesanten wahren nicht allein wegen der Fräulein Verlust sehr betrůbet / sondern weil ihnen auch die Zeitung von ihres Königes Tode zu Ohren kommen wahr / hielten sie sich nicht anderst als verzweiffelte Leute / und hatten sich kurz vor Ladisla Ankunfft ungessen und ungetrunken zur Ruhe gelegt. Der Stathalter aber lies ihnen andeuten /sie möchten ihren grossen Kummer mässigen / nach dem ihr König gesund und ohn alle zugestossene Gefahr wieder angelanget währe; Worauff Bugesla sagete: Ey Gott lob / so sind wir ja noch nicht gar zu Wäysen worden / weil unser König noch im Lebẽ ist. Die Verwirrung und Freude der Geselschafft war so groß / daß sie nach Herkules zufragen eine gute Zeit vergassen / biß Sibylla ahnete / wo sie ihn gelassen hätten; Und Fabius darauff anzeigete / er währe auff gut Glük mit einem gefangenen Räuber Häuptmann als ein neugeworbener Räuber Bursche von ihnen geschieden / das verlohrne Fräulein außzukundschaffen /und nachdem er vernommen / daß sie schon in ander Räuber Händen / und nach dem Meere auff ein Schiff gebracht währe / hätte er sich mit dem Räuber Häuptmann auch zu Schiffe gesetzet / ihr zu folgen. Alle Anwesende hatten Herkules Liebe gegen das Fräulein aus seinen damahligen Geberden zur Gnüge verspüret / ob sie gleich dessen sich nicht merken liessen. Und als der Stathalter hörete / [296] daß er allein der geraubeten nachgezogen währe / sagete er: es gibt dieser Held gnugsam an den Tag / wie hoch er dieses Fräulein schätze; und weil er in allen stücken so gar volkommen ist / auch nichts unvolkommenes hoch achtet /muß ausser zweiffel dieselbe über viel andere mit treflichen Gaben des günstigen Himmels gezieret seyn. Libussa / aus getrieb übermässiger Liebe gegen ihr Fräulein / kunte nicht umbhin / derselben Ruhm zusprechen / und gab dem Stathalter diese Antwort: Ja Gnädiger Herr; mein gnädigstes Königliches Fräulein / Frl. Valißka / mag ich wol mit höchstem Fuge die treflichste Zucht der Welt nennen / welchen Ehren-Nahmen ihr kein bekanter Mensch mißgönnen wird; dann ihre Tugend / Verstand und Schönheit übersteiget die gemeine Art sehr hoch; ihre Fertigkeit im schiessen hat noch keiner übertroffen; ihr Herz ist so gar ohn Furcht / daß sie lieber stürbe / als dessen einiges Zeichen blicken liesse / da sie doch vor weniger Zeit das funffzehnde Jahr erst hinter sich geleget hat. Mein Herr Fabius wird zeugen / daß sie sieben streitbahre Räuber / teils mit Pfeilen / teils mit dem Schwert erleget hat / uñ jhren ganzen Hauffen getrotzet / als ob sie jhre Gebieterin währe. Mein gnädigster König weiß selber / das Verhalten ihrer kindlichen Jugend / welches nicht kindisch wahr / da sie einen grimmigen Ochsen mit ihrem Brotmesserchen bestanden uñ ertödtet hat; wil aniezt geschweigen / was vor unaussprechliche Gefahr sie neulicher Zeit nach der Herrn Gesanten Abzug ausgestandẽ / und sich aus den Händen vieler Räuber nicht ohn grosses Blutvergiessen und erschrekliche Wassersgefahr loßgearbeitet hat. Das Vornehmste aber / welches alle so sie kennen / am höchsten an ihr lieben und loben /ist jhre überaus demühtige Freundligkeit und keusche Zucht / wodurch sie aller Menschen Herz dermassen an sich zeuhet / daß jederman ihr biß in den Tod muß gewogen seyn; daher auch der Durchl. Fürst Herr Herkules / als ein nähester Blutfreund bewogen ist /sie brůderlich zulieben / wiewol ihre Kundschaft sehr geringe / sie auch in langer Zeit eines von dem andern nichts gewust noch erfahren haben. Allen Anwesenden kamen die lezten Worte fremde vor. Der junge Fabius antwortete darauff: Ich hoffe zu den Göttern /das Glük der Kundschafft dieser Konigl. Fråulein zuerlangen / die ohn allen zweifel ganz unvergleichlich seyn muß; und ist mir schon dieses Glük zugestossen / daß ich ein gedoppeltes Gedechtnis von ihr habe. Zohe damit seinen Anteil Haar hervor / wickelte sie von ander / und im hinreichen sagte er zu seiner Schwester; sihe da / diß allerschönste Haar / desgleichen ich nie gesehen / ist auff dieser Fråulein Häupte gewachsen / welches sie ihr selber abgeschnitten /damit sie vor ein Mannesbilde m \ge angesehen werden; und ist dieses kaum der vierde Teil. Ladisla gab ihr seines darzu / welches sie alle mit Verwunderung besahen / Fr. Sophia es auch küssete / und diesen Wunsch hinzu taht; O ihr Götter / seyd gnädig diesem euren treflichen Geschöpf / und gönnet mir diese Vergnügung / daß ich meine höchstwirdige Frl. Schwester ehist ümfahen / und an ihrer lieben Gegenwart mich ergetzen möge. Sie sassen fast biß an den Morgen beyeinander / liessen ihnen kalte Kůche auftragen / und legten sich darauff zur Ruhe / da Frl. Sibylla Jungfer Libussen zur Schlaffgesellin wählete / welche solches gerne bewilligte. Des folgenden Tages lies der Stathalter die Urtel wider den räuberischen Wirt ergehen / daß er erstlich mit Ruhten solte gestrichen / hernach ans Kreuz gehenket werden; doch ehe solches volzogen ward / trat der alte Fabius mit seinem Schwieger Sohn und Sohn zusammen / umb zubetrachten / [297] wie man in der Fräulein Nachsuchung Herkules am besten beyspringen könte. Ladisla war willens / eine zimliche Schifffart auszurüsten; aber der Stathalter gab sein bedenken / es währe sehr gut /wann man Nachricht haben könte / an was ort uñ enden sie zusuchen währe / dann biß dahin würde alles vergeblich seyn / wie fleissig man auch das Meer durchstriche; zugeschweigen / daß die Räuber nicht seumen würden / sie in Sicherheit zubringen; wüste man nun / sagte er / aus was Landschafft sie währen /als dann hätte man vorerst sich zuerklären / was vor Hafen zubesuchen seyn würden. Ladisla antwortete: Ja wann aber inzwischen mein Herkules selbst in Unglük geriete / und keine Gelegenheit hätte / an uns zu schreiben? Und zwar kenne ich seinen Sinn aus der Erfahrung gar zu wol; massen als vor ohngefehr zwey Jahren und drey Monaten er gefangen / und als ein Leibeigener zu Rom verkaufft ward / hätte er leicht an mich schreiben / und mir seinen Zustand berichten köñen / daß ich mich bemühet hätte / ihn frey zu machen; aber da ließ er sich lieber anderthalb Jahr als ein Sklave halten / daß er seinen Eltern und mir keinen Unmuht machen möchte; wiewol eine andere Neben-ursach darzu kam; daher weiß ich / wann er gleich in Ketten und Banden läge / würde er michs unberichtet lassen / wie gute Gelegenheit er auch haben möchte / an mich zuschreiben / weil er immerzu fürchtet / mich zu hoch zuerschrecken / oder dz seinetwegen ich mich etwa in Gefahr wagen würde. Ja ich mache mir fast die Gedanken / er habe mich / ihm zufolgen / bloß deßwegen abmahnen lassen / damit ich nicht in Ungelegenheit gerahten möge. Mein geliebter Herr Sohn / sagte der Stathalter; es ist nicht ohne / daß / die wenige Zeit ihr bey mir gewesen / ich euer beyder tuhn und lassen zimlich angemerket und erfahren / daß wie ihr euren Herkules lieber und ehret / also lässet er ihm eure Wolfahrt und Vergnügung von Herzen angelegen seyn. Herr Vater / antwortete er; Ich weiß selber nicht / wie ihm eigentlich ist; dann wie geheim und bekant wir gleich einander sind / so treibet mich doch eine innerliche Krafft / ihn zu ehren / ungeachtet er sich dessen täglich gegen mich beschweret. Vor dißmahl fürchte ich / er werde durch diese Gelegenheit / meine Frl. Schwester zu suchen /mich gar verlassen; Dann weil er weiß / daß zeit meines Lebens ich mit willen mich von ihm nicht scheide / und er aber mir nicht gönnen wird / mit ihm umher zureisen / hätte er bessere Gelegenheit nicht haben mögen / sich von mir abzuzihen; Und O wie mag er wol etliche Zeit schon darauff gesinnet haben / wie er sich heimlich hinweg machen könte / wiewol er vor dißmahl nicht unterlassen wird / meiner Frl. Schwester fleissig nachzuforschen. Ausser allem zweiffel wird er alles Vermögen dran strecken / sagte der Stathalter / in Betrachtung seiner hohen Neigung gegen dieses Fräulein / wovon aber zu reden / mir vielleicht nicht gebühren wil. Ladisla lachete deß / und versicherte ihn / daß seines wissens keine andere Gewogenheit zwischen ihnen beyden währe / als die aus der nahen Verwandschafft herrührete / in Betrachtung /sie in zwey Jahren und länger / einander nicht gesehen / und die erste Jugend ihnen jensmahl keine Liebe einbilden mögen / da Herkules mit mir nur VI Wochen zu Prage wahr / sagte er / und mit ihr wenig und selten umging / auch er nur XIX Jahr / sie aber kaum XIII Jahr alt wahr / und mag mein Herr Vater mir wol gläuben / daß mein Herkules erst vor zween Monat in das XXIIste Jahr eingetreten ist. Was saget ihr mir von XXII Jahren? sagte der Stathalter / ist es dann möglich dz bey solcher Jugend ein so treflicher Verstand / eine solche Stärke / Erfahrenheit / Vorsichtig-und [298] Höfligkeit gefunden werde? Und als Ladisla solches bestendig bejahete / mit dem Anhange / daß er drey Jahr weniger vier Wochen und vier Tage älter als Herkules wåhre; sagte Herr Fabius: O ihr Götter / so erhaltet doch dieses Wunder der Welt / daß es nicht in der ersten Blüte vergehen / sondern der Erdbodem seiner herlichen Früchte noch manniche Zeit geniessen möge. Ladisla kam auff sein voriges / und ließ sich heraus / daß er auff Herkules versprochenes Schreiben zum längsten noch zehn Tage warten wolte. Weil solches dieses Orts vorging / wolte Libussa ihrer / Herkules getahnen Zusage nachkommen / welches sie durch Frl. Sibyllen Vorschub hoffete ins Werk zurichten / deren sie sich gar diensthafft und ehrerbietig erzeigete / und aus allen ihren Reden spürete / daß sie eine sonderliche Neigung gegen ihn trug; gab ihr demnach zuvernehmen / wie dieser Fürst es vor gut angesehen / daß sie zu Padua verbliebe / biß sie von seiner Durchl. oder von dem Königl. Fräulein schrifftliche Zeitung hätte; nur wüste sie nicht / ob ihre gnådigste Königin Frau Sophia darein gehehlen würde. Aber diese gab zur Antwort: Machet ihr euch deswegen wol einige Gedanken? ich versichere euch / meine Freundin / daß meiner Frau Schwester nichts angenehmers begegnen wird / als wann sie hören sol / dz sie euch in ihrer Geselschaft mag behalten / umb von der Königl. Fräulein bessern Bericht einzunehmen.

Die Böhmischen Gesanten / als sie desselben Morgens mit ihrem Könige viel und mannicherley geredet hatten / hielten untertähnigst umb Abfertigung an /mit Bitte / ihre Gn. gegen ihre Fr. Mutter sich schrifftlich erklären möchte / wie es mit des Reichs Beherschung ferner solte gehalten werden. Ladisla willigte in ihren Abzug / und berichtete die Königin im Briefe auffs glimpflichste / wz gestalt seine Frl. Schwester durch etliche Räuber entführet währe / denen aber Herkules schon gefolget / sie zu retten; und daß solches um so viel gewisser geschehen möchte / währe er willens / mit einer ansehnlichen Manschafft auch fortzugehen / weil sie gewisse Kundschafft hätten / daß sie nicht allein annoch im Lebẽ / sond'n auch als ein verstelleter Jüngling ausser Gefahr ihrer Ehren währe. Endlich meldete er / daß bey Zeigern Ihren Gesanten er 600000 Kronen überschickete / wovon 400000 Kronen denen / welche aus gutem Herzen die zu seiner Reise verordneten Gelder zusa en geschossen /solten ausgeteilet werden / so daß ein jeder den vierden Pfennig überschuß zugeniessen hätte; dz übrige würde sie zur Besserung der Festungen anzuwenden wissen. Ehe er den Brieff endigte / gaben die Gesanten sich bey ihm an / und brachten vor / was gestalt vor weniger Zeit der junge Königliche Großfürst der Franken und Sikambern in Galliẽ / umb Frl. Valisken Heyraht sehr inständige Anwerbung getahn / worin sie aber durchaus nicht einwilligen / noch einige Geschenke von dem Gesanten annehmen wollen / alles unter dem Vorschutz / sie håtte ihrem Herr Bruder äidliche Verheissung getahn / ohn sein Vorwissen und ausdrükliche Bewilligung sich weder zuverheyrahten noch zuverloben / dz demnach der Gesanter mit solcher Antwort hätte müssen abzihẽ / welcher ohn zweiffel sich bald wieder einstellen würde / umb bessere Erklärung zu hohlen. Ladisla verwunderte sich über dieser Erzählung / und weil das Fräulein solche Verheissung nicht getahn / er sie auch von ihr nie begehret hatte / muhtmassete er daher gänzlich / sie würde mit Herkules in heimlicher Liebe stehen / und sich zu ihm versehen / daß er sie demselben am liebsten göñete; sagete demnach zu den Gesanten: Meine Frl. Schwester hat löblich gehandelt / daß sie ihres mir teurgeleisteten [299] åides eingedenk gewesen / und solcher Heyraht sich noch zur Zeit entbrochẽ hat; solte nun deswegen in ihrer Abwesenheit weitere Anwerbung erfolgen / müste er mit lauter zweifelhafftiger Antwort abgespeiset werden / biß auff seine und der Fräulein Gegenwart zu Prage / massen er gleicher gestalt seiner Frl. Schwester beteurlich verheissen hätte / sie an niemand wider ihren Willen zuverheyrahten. Und daß solches nicht aus der acht gelassen würde /taht er dessen in seinem Briefe an die Königin / Erwähnung. Wahr sonst aus hofnung künfftiger Heyraht zwischen ihr und Herkules so vergnüget / daß er aller Traurigkeit vergaß. Nach Schliessung des Schreibens führete er die Gesanten mit sich zu Tische / uñ da sie im EsseSaal versamlet wahren / sahe Libussa ihrer Fråulein annoch verschlossene Wetscher stehen / und fragete / ob sie nicht währen besichtiget worden. Fr. Sophia antwortete / sie währen zeit wehrender angst wegen der Fräulein Verlust herauff getragen / und hätte sider dem kein Mensch weiter dran gedacht / wie sich dann ohn das nicht gebührete / anderer Leute verschlossene Sachen zuöffnen. Ladisla hieß sie auff Libussen anhalten auffmachen / auch das Seiden Gewand / welches den Räubern wieder abgenommen wahr / herbey bringen / und sunden sie allerhand köstliche Kleinot / damit er beydes sich und sein Gemahl ausschmücken solte. Die güldene und silberne Tücher zur Kleidung wahren gar fremder Art / mit allerhand schönen Blumwerk / auch Bildern mancherley Tihren durchwirket / welches alles er seiner Liebsten mit betrübtem Herzen einreichete / wünschend / dz solches alles nebest den in der Räuber Höhle gefundenen Schätzen in Abgrund des Meers möchte versenket /und hingegen nur das Fräulein gerettet seyn. Fr. Sophia nam es mit weinenden Augen an / und sagete: Ach wer weiß / in was wilder Fluht das allerliebste Herzchen jetzo unter den SeeRäubern daher fähret? Sie fehlete auch hieran gar nicht; dann so bald die Räuber mit ihr zu Schiffe gangen wahren / seumeten sie sich nicht / sondern gebraucheten sich des guten Windes / und segelten Tag und Nacht auff dem Adriatischen Meer Sudost werz / strichen an Griechenland her / und legten zuerst bey dem Eylande Kreta an /welches jezt Candia genennet wird. Sie hielten aber diesen ihrẽ vermeynten Jüngling / welcher sich Herkuliskus nennete / neben Jungfer Brelen sehr wol /und durffte sich niemand an ihnen vergreiffen / meyneten auch / es währe grosser Schade / daß der Himmel nicht ein Weibsbild aus ihm gemacht hätte /nachdem er mit so volkommener Schönheit begabet währe; insonderheit wahr der Dolmetscher den beyden Gefangenen sehr gewogen / hatte sich auch in Brelen hefftig verliebet / uñ hoffete durch Herkuliskus Befoderung sein Vornehmen zum gewůnscheten Ende auszuführen / und sie endlich zu ehelichen. Er wahr ein gebohrner Grieche / hohes Adels von Athen / nahmens Alexander / und hatte in seinem Vaterlande schon unterschiedliche Ehrenämpter bedienet; weil er aber einẽ Rahtsherren daselbst / der ihm den meisten Teil seiner Güter wider Recht vorenthielt / aus Zorn entleibet hatte / muste er die Flucht ergreiffen / da er umb desto mehrer Sicherheit willen in die abgelegenen Morgenländer ausser Römische Grenzen sich begeben / und in Kundschaft dreyer vornehmer streitbahrer Parthischen Herren gerahten war / welche in ihrer Jugend ihr väterliches Erbe unnüzlich verschwendet hatten / daß ihnen an Standes Unterhalt schon begunte abzugehen. Alexander sahe / daß sie beherzt und guter Fäuste waren / deshalben schlug er ihnen beym Trunke ein Mittel vor / daß wann sie etwa eine Tonne Schaz baar [300] wüsten auffzubringen / wovor man ein festes Schiff käuffen / auch Schiffleute und Soldner bestellen könte / wolte er neben ihnen sich auff das Mittelmeer begeben / und in kurzer Zeit einen solchen Schaz erwerben / daß sie forthin sich der Armut nicht zubesorgen håtten; massen des Orts umbher guter Friede wåhre / und die Kauffhandelung stark zur See fortginge / daß wann das Glük es fügete / man offt auff einem Schiffe etliche Tonnen Goldes wert anträffe. Diese drey liessen ihnen den Vorschlag wol gefallen / richteten auch mit ihm einen schrifftlichen Verbündniß-Schluß auff / daß ihm der vierde Teil aller Beute / nach Abzug ihres vorschusses und angewanden Kosten / und was die bestelleten Völker nehmen würden / geträulich solte außgefolget werden; verschwurẽ sich mit einander auffs allerhöchste / brüderliche Träue und einigkeit fest und unbrüchig zuhalten; einer den andern in keiner Noht zuverlassen /noch wegen künfftiger Teilung Streit oder uneinigkeit anzurichten; solte auch niemand unter ihnen macht haben / die Verbündnis oder Geselschafft zuverlassen oder auffzuruffen / biß nach vollendeter Schiffart sie wieder zu Lande getreten / und die Parthischen Grenzen erreichet hätten / es geschehe dann mit ihrer aller guten Bewilligung / und solten hieselbst nicht die meisten Stimmen gelten / sondern ohn arge List alles gehalten werden. Diesem nach richteten sie ihr Vorhaben eiferig ins Werk / kaufften zu Seleuzien in Syrien ein fest-gebauetes Schiff / nahmen bey 300 Boßknechte und Soldaten an / vorgebend / sie währen Kauffleute / und gedächten umb Affrika hin nach dem Indischen reichen Eylande Taprobana zu sägeln / und daselbst ihre Handelung fortzusetzen. Als sie das Fräulein raubeten / hatten sie ihre Seeplackerey schon anderthalb Jahr getrieben und manniches Schiff geplundert / in den Grund gebohret / und einen grossen Schaz zusammen gelegt / daß sie schon auff der Wiederkehr wahren / und nach Parthen zugedachten / weil sie so wol in Afrika als Spanien und der Ends es so grob gemacht hatten / daß man ihnen begunte nachzutrachten. Sie hatten aber beschlossen / unsern Herkuliskus und Brelen wegen ihrer vortreflichen Schönheit dem grossen Parther Könige Artabanus zum sonderlichen Geschenk einzuliefern / als welcher von allenthalben her schöne Jungfern außspüren / und in sein Frauenzimmer versperren ließ / seinen geilen Mutwillen zuersättigen / uñ wurden die schönẽ Knaben nach abscheuhlichem heidnischem Gebrauch / ihrer Mannheit beraubet / und des Frauenzimmers zu hůten abgerichtet / und daß ich mich zumelden scheuhe / zur Sodomitischen Unzucht gebrauchet. Alexander hatte diesen Vorschlag der Verschenkung selber getahn; nachdem er aber seine Liebe auff Brelen geworffen / gereuete ihn solches / trachtete auch nach Gelegenheit /sie entweder mit seiner Gesellen gutem Willen zu erhalten / oder nach gemachter Teilung sie an einem Orte heimlich zuverstecken / da er nur hierzu der Jungfer Willen erhalten könte. Herkuliskus merkete seine gute Zuneigung gegen sie / ließ ihm solches wolgefallen / und hoffete / es solte zu seiner Erlösung guten Vorschub tuhn; massen er gnugsam spürete /daß allein durch seine anordnung ihnen so viel gutes wiederfuhr. Als sie / wie obgemeldet / bey Kreta anlangeten / uñ er merkete / daß sie daselbst außsteigen würden / baht er Alexander umb Urlaub / mit an Land zutreten: er währe des Meeres ganz ungewohnet und befünde sich nicht allerdings wolauff; doch solte er nicht argwohnen / als suchete er Gelegenheit zur Flucht; dañ er wolte sich äidlich verbinden / nicht von ihnen zuweichen noch einige Ungelegenheit zuerwecken / sondern [301] sich etwa ein Stündichen unter dem Schatten jener lustigen Bäume zuerquicken. Alexander wolte ihm solches nicht abschlagen / und warb es bey seiner Geselschafft auffs beste; welche es aber nicht vor rahtsam hielten / angesehen es sich leicht begeben möchte / daß einer seiner bekanten ihnen auffstiesse / worüber sie umb Gut und Leben kommen dürfften. Dieser antwortete; es wåhre diese Furcht vergeblich / massen die Gefangene dieses Orts ganz unbekant / und aus weit abgelegenen Westnordischen Ländern währen; würden auch nur unter den nåhestẽ Bäumen sich ein wenig aufhaltẽ / da man ihnen gnugsame Huht uñ Wache zu geben könte; man můste ihnen ein wenig Willen und Freyheit gönnen / und ihre zarten Leiber betrachten; wie leicht könte es geschehen / daß ihnen wegen Unmuhts und des Meers Ungewohnheit / einige Krankheiten / ja der Tod selber zustiesse; was ihnen alsdañ mit den todten Leichnamben würde gedienet seyn; hielte demnach vor rahtsam / ihnen dieses begehren einzuwilligen. Hiemit bewägete er sie / daß sie endlich zu frieden wahren /und sie mit sich auffs Land führeten; gaben ihnen doch zehn Hüter zu / und liessen sie an der Heerstrasse eine halbe Welsche Meile vom Meer / unter etlichen Nußbäumen ihre Ruhe halten. Herkuliskus sahe der Båume einen am Wege stehen / so noch jung wahr / ging hinzu / und schnitte mit einem kleinen Messer folgende Lateinische Worte mit Böhmischer Schrifft gar zierlich hinein:Valisca, nunc Herculiscus, in Parthiam ducta. Das ist:Valiska / iezt Herkuliskus genennet / ist nach Parthen geführet. Und ob man gleich diese Buchstaben nicht lesen kunte / zweiffelte sie doch nicht / daß sie in wenig Tagen sich öffnen und gnug außwachsen würden. Weil er nun mit Jungfer Brelen allein / und von den Hütern zimlich abgesondert wahr / daß sie ihr Gespräch nicht vernehmen kunten / welches sie ohn daß nit würden verstanden haben / wolte er diese Gelegenheit nicht lassen vorbey gehen / und sagete zu ihr: Herzliebes Kind / ich sehe aus Alexanders beginnen / daß er eine sonderliche Liebe zu euch träget / welches auch die einige Ursach ist / daß man uns so schön tuht; so haltet euch nun nicht unfreundlich oder störrisch gegen ihn / damit uns nicht ärgers wiederfahre. Er hat mir seinen Stand zuwissen gemacht / und ist von gutem Adel; dafern nun seine Liebe gegen euch auff Ehre und Treue gegründer wåhre / wie ich nicht zweiffele / und ihr mit ihm köntet friedlich seyn / würde solches zu unserm besten erspriessen. Ihr habt vernommen / wie man willens ist / uns dem Parther Könige zuzuführen /welches trauen auff Ehre nicht kan angesehen seyn; dann die groben Morgenvölker sind vor anderen der Unkeuscheit ergeben; offenbahret mir derwegen euer Herz und Willen / daß ich wisse / wie ich auff allen Fal mich gegen Alexander zu verhalten habe. Brela wahr eines vornehmen Bömischen Herren Tochter /wiewol Elterlos / und von Jugend auff im Königlichen Frauenzimmer erzogen / hatte nunmehr das XIIXde Jahr erreichet / und wahr eine sitsame schöne Jungfer. Als sie das Fräulein also reden hörete / lachete sie anfangs darüber / und zeigete an; allem muhtmassen nach würden ihre Gn. sich in diesen Gedanken irren /und fürchtete sie gar sehr / Alexander hätte ihre Verstellung etwa gemerket / und in sie selbst sich verliebet / welches daher zuschliessen / daß er sich ungleich mehr ihrer Gn. als ihrer geringfügigkeit nahete. Herkuliskus bedachte sich hierauff ein wenig / uñ bald sagete er zu ihr; Nein mein Kind / du bist ganz unrecht dran / und erinnere ich mich anjezt etlicher Reden / so ich von ihm gehöret / und daraus versichert bin / daß er sein ganzes Absehen allein auff dich hat. [302] Die Jungfer solches hörend / fing an inniglich zu weinen / und gab zur Antwort: Solte diesem also seyn / wolte ich wünschen / ich währe entweder von den ersten Räubern im Fleckẽ / oder von den andern im Walde erschlagen / oder würde noch von ihnen ins Meer gestürzet. Herkuliskus antwortete: O du meine liebe und geträue Brela / du sihest ja / daß weinen und wünschen uns zu nichts helffen kan / sonst wolte ich auch noch wol Trähnen und Worte finden; sondern weil Gott uns in diese Noht hat fallen lassen / müssen wirs gedultig ertragen / und unsern Wiz gebrauchen /insonderheit unsern Willen zwingen / und annehmẽ /was uns werden kan / wann wir nit haben mögen /was wir begehren; ich vor mein Häupt sehe trauen nicht / was an Alexandern zu tadeln währe / ohn daß ihn Unglük zum Seeräuber gemacht hat. Ach mein Fräulein / antwortete sie / ich bitte / mir gn. zuverzeihen / daß derselben ich meine Heimligkeit offenbahre; Es weiß ihre Gn. daß Ritter Neda / Herr Krokus Sohn sich eine zeitlang zu Prag am Königlichen Hofe /wider seine Gewohnheit hat finden lassen; mit demselben bin ich in vertrauliche Freundschafft gerahten /weil ich mich seiner strängen Anläuffe länger nicht erwehren mögen / und endlich / da meine Verwanten und seine Eltern es bewilligen würden / ich ihm eheliche Träue versprochen habe / welche ich nicht werde brechen können. Du hast recht getahn / antwortete sie / dz du dieses geträuẽ Liebhabers Neigung hast erkennet / und ersetzen wollen / uñ bin ich selbst mit dieser Heyraht schon etliche Zeit umgangen; wann es dir nun frey stehet / ihm das verheissene zu halten / tuhstu recht und wol; aber / so viel ich merke / gedenkestu /du sitzest zu Prag in meinem Zimmer; weist du nicht /daß wir gefangene Leute sind? weistu nicht / wohin man uns führet? wird auch der Parther König nach Böhmen senden / und dir deinen Ritter Neda hohlen lassen? oder wird Neda mit zehnmahl hundert tausend Mann kommen / dich abzuhohlen? O nein / dieses ist vor dißmahl die Frage nicht / ob du lieber Ritter Neda als Alexander heyrahten wollest; sondern / ob du / da es dir so gut werden kan / lieber eines Griechischen reichẽ ådelmans eheliches Weib seyn / und mit ihm in Böhmen / oder wo es dir geliebet / ein freyes Leben führen; oder aber des Königes der Parthen Kebsweib /und da er deiner müde / der andern Magd seyn / ja auch wol gar einem unflätigen Stallbuben zum Mißbrauch dich verschenken lassen wollest. Brela antwortete: Ach ihr Götter! jezt sehe ich erst / in was unglük ich gerahten bin; und wolte Gott / dz ich unter diesem Baume mein Leben endẽ solte! O hätte ich doch so viel herzens / mir selbst den Tod anzutuhn! weil aber meiner schwacheit solches unmöglich ist /muß ich aus der Noht eine Tugend machen / und wil Euer Gn. alles heimstellen / nur daß ich mag Gelegenheit haben / mich in euren Diensten gebrauchen zulassen / und eure Freyheit und Erlösung zubefodern. Wolan / sagte das Fräulein / so ist uns schon mehr als halb gerahten; aber eines erinnere ich euch / dz ob wir schon allein beysammen seyn würdẽ / ihr mit mir /auch in unser Sprache / nicht anders reden sollet / als mit einem Mannesbilde / und eures Vaters Bruder Sohne. Brela gelobete solches / und baht / daß wann Alexander sich zu ihr nahete / sie nicht weit von ihr seyn wolte / daß er nicht etwa Gewalt an sie legete /und nachgehends der Ehe vergässe. Davor lasset mich sorgen / sagete Herkuliskus; Er ist eines ehrliebenden freyen Gemühtes / und wird seine Begierden wol in den Schrankẽ der billichẽ Zucht zu halten wissen. Die Seeräuber brachten zimlich lange in der Stad zu / da sie einẽ teil ihrer geraubetẽ Waaren zu gelde machtẽ /nöhtige [303] Speisen uñ viel köstliche Weine einkauften /weil sie im Lande nit raubẽ durften / demnach sie im verwahreten Hafen lagen. Nach verrichtung ihrer geschåfte gingẽ sie wied' zu Schiffe / und segelten gegen Osten nach Zypern zu / da sie auf halbẽ Wege eines Raub Schiffes gewahr wurden / auff welchem in die hundert wolbewehrte Griechen sich mit ihren Waffen sehen liessen. Die unsern machten sich alsbald gute Hoffnung zur Beute / stelleten sich anfangs furchtsam / als wolten sie die Flucht nehmen / die ihnen durch brechung des Steuers gehindert würde; liessen auch niemand oben auff dem Schiffe sehen / als etliche wenige in Kauffmans Kleidung. Den Griechen gefiel das starke grosse Schiff / merketen / daß es schwer geladen wahr / und eileten mit grosser Unsinnigkeit auff dasselbe zu / in meinung / es alsbald zu überwältigen / und die Beute ohn streit zuerhalten; schrihen ihnen demnach zu / sie solten sich ergeben / oder alle in das Meer gestürzet werden. Diese hingegen bahten ü Gnade / wolten ihnen alles gutwillig einliefern / wann jhnen nur Leben und Freyheit übrig bleiben möchte; worffen auch ihre Anker aus / und legten das Schiff feste. Bald wahren die Griechen fertig / hefteten die Schiffe zusammen / legten das Gewehr nider / und wolten das andere besteigen; diese aber / da ihnen Zeit dauchte / drungen wolgewapnet hervor / fielen mit aller Macht in das Griechsche Schiff / und weil sie an Manschafft uñ guter Ordnung ihnen viel überlegen wahren / erhielten sie den Sieg mit leichter Mühe in kurzer Zeit / erschlugen alles was lebendig wahr / und funden so überaus grosse Schätze an ädlen Steinen / Gold / Silber / und köstlichen Kauffmans Waaren / daß sie einen ganzen Tag gnug hatten auszuladen; dann es wahren diese Griechen lange Zeit ausgewesen / und hatten in den reichen Indischen Morgenlåndern allerhand köstliche Sachen / teils durch Handelung / teils durch Raub an sich gebracht. Als das Schiff ganz ausgeleeret wahr / senketen sie es in den Grund / überschlugen den Reichtuhm / und funden / daß er etliche viel Tonnen Goldes austrug /und ihr Geiz völlig ersättiget ward; wolten demnach auff Zypern nicht fahren / daher sie sonst noch den lezten Raub zuhohlen willens wahren / sondern gingen in das Syrische Meer / und lendeten zu Tyrus an /woselbst sie ihr Schiff und Waaren zu Gelde macheten / ihren Knechten doppelten Sold zahleten / und auff Gelegenheit warteten / daß sie in Sicherheit biß an den Eufrat kommen möchten.

Der verliebete Valikules wahr / wie oberwähnet /mit Gallus zu Schiffe getreten / ümb sein verlohrnes Fräulein zusuchen / wuste doch nicht eigentlich /wohin die SeeRåuber ihren Lauff genommen hatten; nur daß er seinem Got vertrauete / welcher ihn leiten /und sein Vornehmen beglükseligen würde. Ihr Schiff ländete in unterschiedliche Hafen Griechenlandes an /aber niemand wuste ihnen von den SeeRäubern einige Nachricht zugeben. Als sie nun nicht weit von Peloponnesus schiffeten / vernam Valikules / daß sie willens wåhren vorüber zusegeln / und den Lauff gerade nach Zypern zunehmẽ / trat zu dem Schiffherrn und fragete / ob ihm nicht gefallen könte / ihn in dem nåhesten Hafen bey Korinth auszusetzen / wovor er ihm gerecht seyn wolte. Der Schiffherr gedachte / er könte daselbst vielleicht Handelung antreffen / ließ sich bereden / und gegen Zahlung XX Kronen wahr er ihm zuwillen. Er wahr dessen froh / massen er wuste / daß die Christliche Lehre daselbst von den Bohten Gottes Paulus fest gepflanzet / und eine herliche Gemeine Gottes anzutreffen währe; stieg in dem nähesten Hafen aus / uñ begab sich mit Gallus in die Stad. [304] Sie kehreten bey einem Wirte ein / welcher sich gar freundlich bezeigete / und ihnen allen guten Willen anboht / fragete auch fleissig nach woher sie kähmen /ob sie hieselbst bekant wåhren / und was vor Geselschafft sie mit sich gebracht håtten. Valikules trauete ihm viel / blieb des ersten Tages zu Hause / und ruhete von der Schiffart ungelegenheit aus. Des andern Morgens zohe er in des Wirts gegenwart ein Kleinot auff 1500 Kronen wert hervor / und gab es Gallus zuverkauffen / welcher bald wieder kam / und die baaren Gelder auff ihre Kammer niedersetzte. Bald vernam er ein Getümmel auff der Steige / trat der Tühr näher /und hörete den Wirt zu seinem Haußknecht sagen; biß lustig / Kallias / der Braten wird hinte statlich trüpfen / wann jhm nur das Feur recht geschüret wird; ich habe diesen Morgen gut Schmehr bey ihm gesehen / welches mir zwar entflossen ist / er aber dessen ohn zweifel mehr bey sich haben muß; erzählete hiemit /was vor ein köstlich Kleinot er heut früh aus seinen Kleidern hervor gezogen håtte. Der Knecht antwortete ihm: Herr es währe immer und ewig schade / daß ein so schöner junger Mensch solte ermordet werdẽ. Was schade / was schade / sagte er; was haben wir von der Schönheit! Das Weib im Keller wahr auch nicht heßlich / und hat doch herhalten müssen. Biß du nur fertig; ümb Mitternacht soltu gute Beute haben / als vor nie. Gallus entsetzete sich über diesen mörderischer Anschlag / und hatte nicht lange nachzudenken / auff wen er eigentlich gerichtet wåhre / ließ sich doch nichts merken / sondern nach des Wirts abtrit machte er sich zu seinem Herrn / und vermeldete ihm / was er gehöret hatte / welcher nicht wenig erschrak / nachgehends sagete: So muß ich des gemeinen Sprichworts gültigkeit gar zeitig erfahren / daß Griechische Träue nicht weit reichet; wir wollen uns aber nichts merken lassen / sondern Mahlzeit mit ihm halten / wie sie dann tähten. Der Wirt wahr sehr geschäfftig / ging seinen Gästen gütlich vor / und baht / vorlieb zunehmen / es solte gegen Abend ein bessers erfolgen. Nach genommenen Speisen ging Valikules mit Gallus hin und kaufte zween gute Reitharnische / glinzend Schwarz / und mit güldenen Striemen eingelegt; auff seinen Helm ließ er einen erzörneten Lönen setzen /und in dessen Tatze ein Schildlein mit diesen Worten; Donec invenero, non conquiescam. das ist;Ehe ich werde wiederfinden / wil ich nicht ruhen. Auff seinem Schilde stunden diese fünff Wort mit silbernen Buchstaben / deren fünff erste Buchstaben gůlden wahren: Inops Est Solatium Virtus Simulata. Ertichtete Tugend ist ein armseliger Trost. Hierzu kaufte er zwey trefliche Pferde zu Agrigent in Sizilien geworffen und abgerichtet / beyde schwarz und gar starkes Leibes; kehrete nachgehends wieder in seine Herberge / und foderte von dem Wirte mit freundlichen Worten die Rechnung / daß er wissen möchte / was er gestern und heut verzehret hätte / wolte auch die bevorstehende Mahlzeit mit eingeschlossen haben. Dieser wolte zum erstenmahle Bescheidenheit gebrauchen / weil er ohn das die Hoffnung hatte / in wenig Stunden aller seiner Gelder Herr zu seyn / da ihm dann Gallus auff Befehl ein übriges zahlete / und ihm anzeigete / sein Herr håtte an einem Orte nöhtig zuverrichten / daß man mit der Mahlzeit auff ihn nicht warten dürfte / wann er etwa nicht zu rechter Zeit sich einstellen würde; welches ihm / als dem das Gewissen drückete / verdächtig vorkam / uñ doch nicht dawieder reden durfte; verdroß ihn gleichwol / daß er die Rechnung nicht höher angeschlagen hatte. Im hingehen begegnete ihm ein alter Erbarer Mann / welchen er nach freundlicher Begrüssung baht / ihm eine gute [305] Herberge zuzeigen / da er um sein baares Geld zehren / und mit zwey Pferden und einem Diener Unterhalt haben könte. Mein Herr /antwortete dieser / ich nehme selber gerne gute Leute ein / wann ich weiß / aus was Landes Art sie sind /und die mit vorlieb nehmen können. Und als Valikules hierauff anzeigete / daß sie Römisch / und etliche Tage sich hieselbst auffzuhalten bedacht währen / sagete er zu ihnen: So kehren die Herren nur kühnlich bey mir ein / und nehmen mit andern Gästen vor gut /da es ihnen beliebet. Führete sie selbst mit sich in sein Hauß / und hieß sie wilkommen seyn. Es wahren zwölff hůbsche Jünglinge alda bey einander / die in köstlichen Kleidern auffzogen / und in Höfligkeit wol abgerichtet wahren; Diese verwunderten sich des fremden Gastes / und woher ein so ůberaus schöner ansehnlicher Jüngling kähme; Daß er kein gebohrner Grieche wahr / gab die Zunge an den Tag; Dann ob er zwar die Sprache fertig und ohn Anstoß redete / nach Art und Renligkeit der Gelehrten / so dauchte sie doch die Ausrede etwas schärffer seyn als des Landes Art mit sich brachte. Aus seinen Sitten urteileten sie bald / daß er nicht unter gemeinen Leuten aufferzogen wahr / wiewol seine Kleider etwz geringer / doch ritterlich schienen; ehreten ihn auch daher nicht umb das geringste minder. Valikules stellete sich gegen sie alle gleiche freundlich; und gewan ihre Herzen / daß ein jeder mit ihm sprachen / und der näheste um ihn seyn wolte. Bey der Mahlzeit huben sie eine gelehrte Unterredung an / massen sie zu Athen etliche Jahr den freyen Künsten obgelegen wahren / und brachte einer diese Frage vor: wie es die Vernunfft-Geister (welche sieintelligentias nenneten) anschlügen / wann sie die grosse Himmels Kugel umtrieben. Bald ließ ein ander hören / ob drey unterschiedliche / oder nur eine einzige Seele in des Menschen Leibe wåhre. Ein ander stieg mit höhern Sachen auf; Worinnen des Menschen höchstes Gut bestünde; Obs in wolzugelassener Seelen Wollust; oder in der Ehre; oder in der Wissenschafft und Fertigkeit / oder Besitz der Tugend; oder aber im Gebrauch der Tugend zu gründen währe; Und hatten sie von solchen Fragen ein weitläufftiges Geplauder; Dieser foderte von seinem Gegener eine gewisse Schlußrede; Jener brachte sie auff die Bahn /und ließ sich verlauten / stünde auff allerdinge gewissen Füssen / so daß sie unhintertrieblich währe. Valikules saß und hörete ihrer Zänkerey geduldig zu /sahe wol / daß sie geschikter wahren von der Tugend zu reden / als nach deren Anweisung zu leben; biß endlich der eine ihn in seiner Streitigkeit zum Scheidsman wählete / und also anfing: Mein Herr /ich bitte freundlich / er wolle sich belieben lassen /unsere Uneinigkeit durch einen Vernunfft-Machtspruch beyzulegen / weil mir nicht zweifelt / er darzu gnugsam gelehret sey. Mein Herr / antwortete er; hierzu befinde ich mich nicht geschikt genug / massen ich meine Jugend in dergleichen Sachen nicht angewendet / sondern / nachdem ich das XVIde Jahr erreichet /habe ich das Pferd beschritten und die Waffen angelegt / auch darinnen schon zimliche Püffe ausgehalten; jedoch währe mirs sehr leid gewesen / daß ich die Bücher solte unter die Bank geworffen haben / ob mir gleich viel Hinderniß vorgefallen ist / dieselbe nach willen zugebrauchen; Wann nun meine Herren leiden können / daß ich als eine Gans unter den Schwanen /oder wie ein Sperling bey den Lerchen mit schnattere oder zwitzere / wil ich / umb die Zeit zuvertreiben /ihnen gerne zu willen seyn. Drey vorgebrachte Fragen habe ich / wo mir recht ist / angehöret; Vorerst / auff was weise die Engel sich mit der Himmelskugel geberden / wann sie dieselbe umzutreiben bemühet [306] sind; Vors ander / ob der Mensch nur eine / oder mehr Seelen habe; schließlich / worinnen des Menschen höchstes Gut in diesem Leben eigentlich bestehe. Betreffend die erste Frage / habe ich mich ehmahls berichten lassen / wie mannicherley Meynungen bey den gelehrten Himmelskündigern hievon gefunden werden. Die so dem Pythagoras und Plato folgen / bilden ihnen einen sonderlichen sehr anmuhtigẽ Klang ein / welchẽ die unterschiedliche HimmelsRäder oder Kreisse durch ihre Bewägung anstimmen sollen; ob ihrer einer nun diese grosse Leir jemahls habe spielen hören /stelle ich dahin / und muß derselbe wol rechtschaffen dünne Ohren gehabe haben. Andere / diesem durchaus zuwider / haben vorgeben dürffen / der Himmel und die sämtliche Sternen bleiben unbewäglich stehen / uñ lauffe hingegen die Erde mit uns geschwinde herumb /wie man etwa einen Keusel umbdrehen möchte; deren Meynung mir gar ungereimet vorkömt. Aristoteles tichtet etwas zierlicher; Er sahe daß der Himmel oder vielmehr die Sternen in gleichlauffender Bewägung bleiben / und ohn unterlaß sich ringsumb drehen; da kunte er ihm nun nicht einbildẽ / daß eine solche Bewägung der Himmel von ihm selbst treiben solte; stellete daher demselben eine vernünfftige Krafft neben zu / welche durch GOttes Ordnung dieses verrichten müste. Aber O wir vermässene Menschen! warumb tichten wir etwas in Sachen / die unser Vernunfft gar zu hoch und entsessen sich? warumb leugnen wir /daß der Himmel sich selbst bewägen solte / als ob dem allmächtigen Gott unmöglich währe / ihm solche Kraft uñ Art einzugiessen? Muß darumb einer stehen und wälzen den Himmel umb / weil Aristoteles nicht glåuben kan / daß Gott durch ein einziges Wortsprechen ihm solches zugebieten hat? Aber ich möchte nur gerne wissen / warumb ein ander / und nicht Gott selbst den Himmel umtreibe? fürchtet man sich etwa /es gebe zu grosse Mühe? das sind elende kindische Gedanken; Oder stehet es der Göttlichen Hocheit besser an / daß er hierzu seine Diener halte? Ey dieses ganze Rund und alles was drinnen schwebet und lebet / dienet ihm ja. So müssen wir auch von Gott nicht solche nichtige Einbildungen fassen / als schlage er Hand an / und arbeite uns Menschen gleich; Nein O nein! sondern mit einem Winke kan er alles verrichten was er wil; Und trauet mir / meine Herren / wann Gott nur språche: Hi el und Erden sollen einen zierlichen Tanz mit einander halten / und das Meer darzu auffspielen / müste solches alsbald geschehen / so gar muß alles der Allmacht Gottes gehorsam seyn. Warumb sol ich dann einen Engel tichten ohn Noht / da mir weder Gott / noch die Vernunfft / noch die Sinne denselben zeigen? Alles was mir nun Aristoteles hieselbst einwirft / kan ich mit schlechter Mühe auflösen / als lange er mir denselben nicht zeigen kan / welchen er dem Himmel als einen stäten Umtreiber durch eitele Spitzfindigkeiten angebannet hat. Fraget aber einer / woher Aristoteles der hochgelehrte Mann in dieser Vernunfftfrage so gröblich geirret; gebe ich ihm zur Antwort: Seines Irtuhms Ursach ist die Unwissenheit von Gott und dessen Wirkungen. Er gedachte; gleich wie ein König in seinem Reiche die mannicherley Geschåffte durch unterschiedliche Bedieneten verrichten muß / also auch Gott dort oben im Himmel. Aber hätte er sich nur besonnen / was Gottes Allmacht heisset und vermag / würde er solche Umtreib-Geister nicht vor eine Nohtwendigkeit erachtet haben; dann Gott vor sich allein ist genug darzu / daß Himmel / Erde / Meer und alles in seinem Wesen /Bewägung / und Eigenschafften erhalten werde / und bedarff darzu [307] ganz keines Gehülffen. So sage ich nun; Die Sonne / der Monde / die Sternen alle mit einander halten ihren Lauff in gewisser masse und unfehlbarem Schritte / weil es Gott also haben wil / und derselbe ihnen dieses eingepflantzet hat / gleich wie die Bäume von sich selbst müssen zu ihrer Zeit grünen / blühen /und Früchte bringen. Aber ich halte mich in dieser Frage gar zu lange auff / und berühre mit wenigen /was des Menschen Seele sey; ist sie schlecht oder dreyfach? Zwar die unterschiedlichen Wirkungen zeigen überflüssig an / daß ihre Kräffte mannicherley sind; dann eine andere Krafft ist / wodurch ich lebe und wachse; eine andere / wodurch ich fühle / sehe uñ höre; eine andere / wodurch ich verstehe / uñ von einẽ dinge Urtel abfassen kan. Dieses wird mir nit bald einer leugnẽ; Ob aber dieses drey unterschiedliche Seelẽ / od' drey unterschiedliche kråfte einer einigẽ Seelẽ in mir wirken / warum zanken wir darüber so eiferig? lasset uns vielmehr zusehen und fleiß anwenden / dz wir diese Kräfte recht / nemlich zu Gottes Lob uñ Ehren / auch zu unsers Nähestẽ Besserung uñ unser selbst eigenen Erbauung gebrauchen / dann haben wir die rechte Weißheit schon ergriffen. Zwar ich kan wol leiden / daß ein und ander davon so lange katzebalget als er wil; wann er aber sich so müde geplaudert hat / daß ihm der Odem stehen bleibet / was hat er mehr davon / er wird nicht umb ein Haar besser dadurch. Die lezte Frage gefält mir noch am besten /dann deren Erkäntniß lehret mich / was Tugend oder Schande / gut oder böse / erbar oder lasterhafft ist. Nun habe ich eines jedweden Meynung vielleicht nicht recht eingenommen / und deßwegen mir keine Urtel darüber anmasse; jedoch meine Gedanken davon zu eröffnen / spreche ich / daß freilich die ehrliche Seelenwollust ein treffliches Gut sey / als welche nirgends seyn kan / wo nicht die Tugend die Herschafft führet; aber sie dünket mich mehr der Glükseligkeit Begleiterin / als die Glükseligkeit selber seyn; massen ein Tugendhaffter ihm die Wollust nicht zum Ziel stecket / sondern ein tugendhafftes Leben und Wandel / welches diese Wollust ohn das schon geben wird / als die Gott zu dem ende der Glükseligkeit zugeordnet hat / daß sie uns reizen sol / dem guten desto hitziger nachzustreben. Sehet; die Messung der Speisen / ist wegen des LeibesErhaltung / und hat unser Gott solcher Niessung deswegen eine angenehme Wollust beygefüget / daß wir dadurch gereitzet werden / unsere Leiber durch Speisen zuerhalten; nicht /dz wir umb dieser Wollust zugeniessen / essen oder trincken solten. Daß aber die blosse Besitzung der Tugend / da nemlich einer weiß uñ gelernet hat gutes zu tuhn / noch die grösseste glükseligkeit nit sey /möchte ein Kind urteilen; massen auch der Schlaffende solches bey ihm hat / aber im Schlaffe der wahrẽ Glükseligkeit nit geniessẽ mag. Bleibet demnach eins vor alles / dz die zeitliche oder weltliche Glükseligkeit in der übung und gebrauch der Tugend bestehe /uñ niemand seliger möge geschätzet werden / als wann er von den Lastern abgesondert / sich der herlichẽ Tugend befleissiget / und nach derselben sein Leben anstellet. Hier håtte ich nun wol von einer weitbesseren Glükseligkeit zu reden / welche einem Menschen in dieser Welt kan zu teile werden / und durch welche er zu der künftigen ewigen und himlischen Glükseligkeit befodert wird; weil aber ich damit meinen Herren und lieben Freunden nur möchte verdrißlich seyn / und ohn daß anlezt keine gute einfälle habe / meinen Reden eine Zierligkeit anzubringen / bitte ich sehr / so wol ins gemein / als einen jedẽ insonderheit / mir meine Kühnheit uñ grobe Einfalt freundlich zuverzeihen. Die ganze Geselschafft zeigete an / sein Gespräch währe ihnen sehr angenehm [308] gewesen / m \chten wünschen / daß sie Gelegenheit hätten / von dergleichen Fragen sich offt mit ihm zu bereden / weil sie gar eine andere Art der Auflösung und Beantwortung bey ihm merketen / als in ihren Schuelen üblich währe. Nach endigung dieses / machete Gallus draussen mit dem Wirt bessere Kundschaft /bezeichnete ihm ihre vorige Herberge und fragete nach desselben wirts Gelegenheit. Dieser antwortete ihm; es währe vor wenig Jahren daß vornemste Wirtshauß gewesen / aber eine Zeit her hätte man dem guten Manne etwas nachgeredet / dessen er verhoffentlich unschuldig währe; nicht destoweniger tähte es ihm nicht geringen Schaden / und wolte fast niemand bey ihm einkehren. Herr Wirt / sagte Gallus / ich halte euch vor einen Bidermann / und hoffe / da ich euch etwas vertraue / werdet ihr mich nicht in Unglük bringen; mag euch also nicht bergen / daß ich heut diesen Morgen angehöret / wie derselbe Wirt mit seinem Knechte anlegte / meinen Herren diese Nacht zuermorden; vernam auch so viel / daß sie noch eine erschlagene Frau im Keller liegen håtten; wollet deßwegen redliche Leute vor dieser Herberge warnen helffen. Der Wirt erschrak dessen höchlich / und erinnerte ihn / ob er irgend aus alter Feindschafft ihm solches nachredete; Und als er vernam / daß er vor diesem ihn niemahls gesehen noch ichtwas von ihm gehöret hätte / baht er ihn / solches niemand mehr zuvertrauen; suchte auch Gelegenheit von ihm zu gehen / weil solche Taht zu verschweigen wieder sein Gewissen lieff /nachdem er ein Rahtsverwanter wahr; machte sich demnach / ungeachtet es schon gegen den Abend ging / nach dem Rahtsmeister / ihm anzeigend / was er gehöret hatte. Derselbe sendete als bald etliche seines Mittels zu dem träulosen Wirte / mit begehren / er möchte dem Raht seinen Keller auff wenige Zeit verheuren / sie wolten etliche Weine dahin legen / welche in kurzer frist solten weiter fortgeschiffet werden. Dieser wegerte sich / den Keller zu öffnen / weil er ihn / seinem vorgeben nach / schon an etliche Kauffleute vermietet / und Gelder darauff empfangen hätte. Nachdem aber diese der Gemeinen Stad vorzug ihm vorhielten / kunte er sich länger nicht wegern / und baht sie / nur ein wenig zuverzihen / biß er ihn durch seinen Haußknecht hätte außräumen lassen; Und weil diese Außflucht auch nicht helffen wolte / ging er nach dem Hintergebäu / vorgebend / den Schlüssel zu hohlen; da ihm zween gleich auff dem Fusse nachfolgeten / und inzwischen der dritte einen Schlösser gleich gegen über wohnend herein rieff / den Keller zu öffnen; ging mit seinem Gefärten hinein / und funden eines nacket außgezogenen Weibes Leichnam / traten bald wieder heraus / und liessen die Bewehrete / so haussen auffwarteten herein ruffen / folgeten dem Wirt / der in nachsuchung der unverlohrnen Schlüssel noch bemühet wahr / und sageten; es wåhre ihnen eilig / und weil die Schlüssel verlegt / möchte er seinem Haußknecht ruffen / daß derselbe ihnen in der Nachbarschafft einen andern Keller verhörete. Dieser ward dessen froh / ließ seinen Kallias bald kommen /und erzeigete sich frölich; aber die Gewapneten traten zu ihm / und redete der Vornehmste von den Abgeordenten ihn also an: Akusilaus / ihr müsset euch samt eurem Knecht der Obrigkeit stellen / nachdem man mit euch etlicher Sachen halber zu reden hat / die sehr wichtig sind. Dieser fühlete sein nagendes Gewissen /stellete sich doch geherzt / nur daß er zuwissen begehrete / was man mit ihm so spät und eilig wolte /und was solche Gewapnete Schaar zu bedeuten hätte; warum man ihm nicht nach Stad Gebrauch einen Rahtsdiener geschikt / und ihn [309] als einen Bůrger / welcher allemahl sich gehorsam bezeiget / aufffodern lassen? Dieser beantwortete es mit wenigem; er würde dessen alles vor dem gemeinen Raht gnugsame Ursachen zuvernehmen haben; worauff er ganz vewågen mit ging / und sich nicht dran kehrete / daß sein Knecht gefangen geführet / und in den Turm geleget ward. So bald er vor den Raht trat / grüssete er sie nicht sonderlich / stund und schwieg stille / umb zuvernehmen was man ihm vortragen würde; da der Rahtsmeister ihn freundlich anredete / sich über so spåter Vorfoderung nicht zu verwundern / und nur ein kurzes zu beiten / biß noch ein oder ander sich einstellen würde / so der Beredung mit beywohnen müste; worauff er zur Antwort gab; es nehme ihn höchst wunder / daß man ihm das Verwundern über solcher ungewöhnlichen gewaltsamen Vorfoderung noch verbieten wolte; ja daß man überdaß noch seinen Knecht gefänglich hinweg schleppete / ehe man ihm als dessen Herren einige Ursach anzeigete; doch müste er solches dahin lassen gestellet seyn / könte auch noch zur Zeit nichts dawieder vornehmen / als daß er sich durch nohtwendige Bedingung aufs aller beste verwahrete. Bald ward das ermordete Weib mit Tüchern bedecket / ihm vor die Füsse gelegt / welche der Rahtsmeister zuentblössen befahl / und zu Akusilaus sagete; Guter Freund / ihr habt euch nicht so hoch zu beschweren / noch wieder eurer Obrigkeit Vornehmen euch groß zubedingen / sondern sehet diesen Stummen und Blinden an / welcher ob er gleich kein Wort mehr zu machen weiß / klaget er euch doch auff Leib und Leben an. Dieser stellete sich ganz fremde /wüste nit / was dieses Schauspiel bedeutete / daß man todte Leichnam daher schleppete; ob er sich mit todten zanken solte oder könte: Aber der Richter redete ihm härter zu; er solte das erschlagene Weibsbild etwas eigentlicher betrachten / die aus seinem Keller daher getragen würde / wovon er ja billich rede und Antwort geben müste. Dieser hielt sich noch / als wolte er vor verwunderung aus der Haut fahren; da jener fortfuhr in seiner rede; es währe umsonst / dergleichen blinde auffzüge zumachen / und viel besser /die Warheit zu bekeñen: Und was wollet ihr viel leugnẽ / sagte er; dieser Diener gegenwårtig bringet bericht ein / daß euer Knecht die mördliche Taht schon gutwillig bekennet hat; wird euch demnach viel zuträglicher seyn / Gnade zu bitten / als die Richter zuverbittern. Was höre ich / ihr meine Herren / sagte dieser; solte mein Kallias wol einen solchen schändlichen Mord begangen haben? Ich habe ja dergleichen Boßheit noch nie an ihm gespüret; bedachte sich ein wenig / und sagte weiter; doch ich dürffte schier in den Argwohn gerahten / massen ich mich erinnere /daß vor wenig Tagen ich ein frembdes Weib beherberget / von welcher mein Knecht vorgab / wie sie des folgenden Tages sehr früh / ehe ich auffgestanden /davon gezogen / lind ihm das verzehrete Geld zugestellet håtte / welches er mir auch geliefert hat; fuhr darauff fort; es möchten die Herren fleissig nachforschen / und wann sein Knecht gemordet / solte man ihn nur geschwinde am Leben straffen / wann man ihn nur aus solchem Laster-Spiele liesse; Er hätte von Jugend auff sich aller Tugend und auffrichtigkeit befliessen / wie ihm dessen die ganze Stad würde Zeugnis geben müssen; bähte demnach / ihn des Argwohns zuerlassen / viel weniger zugläuben / da etwa über verhoffen sein Knecht zum doppelten Schelm werden / und wañ er schuldig wåhre / ihn als einen Mitschuldigen aus Hoffnung gelinderer Straffe angeben würde. Die Rahtsherren hiessen ihn darauff einen Abtrit nehmen / verwunderten [310] sich über des listigen Fuchses Boßheit / und beschlossen / ihn in eine ehrliche Gefängnis zulegen; biß man ihm den Mord besser überbringen könte. Ward auch der Knecht aber eins befraget / welcher dann beständig dabey verblieb / daß sein Herr den Todschlag mit eigener Faust verrichtet /nachdem er sie vorher mit hoher Bedräuung zu seinem schnöden Willen genöhtiget / und ihr bald darauff solchen Lohn gegeben; Sie hätte am Gelde und Kleinoten einen guten Vorraht bey sich gehabt / welches er alles zu sich genommen / uñ ihm jhre Kleider samt XXX Kronen davon gegeben håtte; gestund über das auch / daß er den Anschlag über Valikules gemacht /wie es Gallus seinem andern Wirte erzählet hatte; welcher nach solcher Befragung bey spätem Abend wieder nach Hause ging / seine Gäste noch beysammen fand / und bey dem Schlafftrunke mit ihnen allerhand Unterredung pflegete / da er auff die Boßheit etlicher Wirte zureden kam / und ihnen anzeigete / was gestalt gleich diesen Abend ein Wirt eingezogen währe / dem schuld gegeben würde / als hätte er ein fremdes / ohn zweifel vornehmes Weib nach angelegter Schändung auff dem Bette ermordet / deren Leichnam man auch in seinem Keller gefunden håtte / und würde darauff das Recht zur abscheuhlichen Straffe billich ergehen müssen. Valikules erschrak der Rede /und sagte zu ihm: Herr Amyntas (so hieß dieser Wirt) vielleicht ist es mein gewesener Hauswirt / von dem ich solche übeltaht durch sonderliche Schickung Gottes erfahren / uñ ümb deswillen diese Herberge verlassen habe. Ja mein Herr / antwortete er / eben derselbe ist es; wil aber durchaus nicht gestehen / daß er einige Wissenschafft davon habe / sondern legt es alles auff seinen Knecht / dafern die Taht wahr seyn solte. Ich danke meinem Gott / sagte er / welcher mich diese Nacht so Våterlich behütet hat / da ich über meine Gewonheit fest geschlaffen / und bitte denselben / er wolle diesem Sünder seine übeltaht vergeben / ungeachtet er schon den Anschlag gemacht hatte /mich diese instehende Nacht zuerwürgen / wie mein Diener angehöret. Amyntas wahr ein Christ / wiewol nach Nikodemischer Art / heimlich / damit er seines Ehrenstandes nicht entsetzet würde / merkete auch aus Valikules Reden / daß er kein Heide wahr / welches besser zuerfahren / er zu ihm sagete: Mein Herr; wolte Gott / daß alle Menschen also gesinnet währen / ihren Beleidigern und Feinden so gerne und leicht zuverzeihen; aber nicht alle Gesez lehren uns diese Tugend /und da sie es gleich lehreten / stecket doch der Nachdruk nicht dahinter / daß sie in uns den Gehorsam wirken möchten. Valikules verstund seine Christliche Rede bald / und gab ihm zur Antwort; Er hätte recht geredet / wolte auch daher Ursach nehmen / bessere Kundschafft mit ihm zumachen. Ein ädler Jüngling aus Sizilien saß jhm am nähesten / und fragete ihn /ob er vielleicht eben der Ursachen hie währe / welche sie nach Elis zureisen auffgemahnet hätte; dem er antwortete; jhm währe jhrer Reise Ursach allerdinge unbewust; seine betreffend / hätte er jhm vorgenommen /das hochbeschrihene Griechenland in etwas zu besehen / und nachgehends seinen Weg weiters vorzunehmen / welcher weit ůber Meer und Land ginge; dafern es jhnen aber nicht zu wieder / bähte er / jhm zumelden / warumb eine so ansehnliche Geselschafft ädler Jünglinge sich hie beyeinander hielten. Dieser sahe jhn an / und lächelte / sagte bald darauff: Er hielte nicht / daß die Ursach ihrer Gegenwart jemand dieses Orts unwissend seyn könte. Ja antwortete er / solches kan wol seyn; mir aber der ich gestern dieser örter erst angelanget bin / und Griechenland sonsten nie gesehen habe / wird solche Unwissenheit [311] wol können verzihen werden. Warumb nicht? sagte dieser; berichtete ihn darauff / es wůrden über acht Tage / die Olympischen Spiele hochfeyrlich gehalten / auff welchen sie sich zu üben willens wåhren. Nun hatte Valikules von diesen Spielen viel gelesen / und wahr froh / daß er denen zuzusehen Gelegenheit bekam; baht demnach /da es ihnen nicht zuwieder / jhn mit in jhre Geselschaft zunehmen; und ob er gleich als ein Spieler sich dabey finden zulassen nicht geübet wåhre / håtte er doch Lust / einen Zuseher zugeben; welches sie jhm dann gerne bewilligten / und zur Nachtruhe freundlich voneinander schieden. Des folgenden Morgens sehr früh / foderte Valikules den Wirt zu sich / und gab ihm zuvernehmen / wie er aus gestrigem Gespräch verstanden / daß er des Christlichen Glaubens nicht unberichtet währe; bähte daher / jhm anzudeutẽ / wo /uñ zu welcher Zeit die Christliche Versamlung zum Gottesdienste angestellet würde / weil er solche zubesuchẽ willens wåhre. Amyntas hatte sein auffrichtiges Herz schon gespüret / wölte sich deswegen vor jhm nicht verbergen / sondern bekennete / er währe ein Christ / wiewol heimlich; und da es jhm gefiele /könte er gleich jezt mit jhm gehen / eine Christliche Predigt anzuhören. Er wahr dessen sehr froh / gingen miteinander / und traff er eine grosse Gemeine an /welche den Gottesdienst in herzlicher Andacht verrichteten. Er hörete der Predigt fleissig zu / und blieb bey dem Gottesdienst / biß das heilige Abendmahl solte gehalten werden / ging hernach zu dem Christlichen Lehrer / gab jhm 50 Kronen / unter die Armen auszuteilen / und baht / daß man seiner im gemeinen Gebeht wolte eingedenke seyn / daß ihm Gott beystehen möchte / ein Weibsbild seines Geblütes von den Räubern entführet / wieder zuerlösen; mit dem Versprechen / dafern er solches von Gott würde erhalten /solte die Christliche Kirche zu Korinth von jhm so viel belegte Baarschafft haben / davon jährlich 3000 Kronen Zinse / zur unterhaltung der Lehrer und Armen könte gehoben werden. Der Lehrer bedankete sich sehr / beydes wegen des empfangenen und versprochenen / und sagte zu jhm: Christlicher Jüngling /eure Andacht bey dem heutigen Gottesdienste / ist mir nicht verborgen gewesen / wodurch ihr euer Herz dem allerhöchsten Gott in wahrem Glauben und rechtschaffenem Gehorsam geopfert habet; jetzo aber lasset jhr euren lebendigen Glauben durch grosse Almosen / deren wir alhie ungewohnet sind / vor den Menschen erscheinen / wodurch euer Vater im Himmel gepreiset wird / welcher euer unvergånglicher Lohn /und kräftiger Schild seyn wil. Unser Gebeht sol euer nicht vergessen / ob uns gleich euer Stand und nahme unbekant ist. Mein Nahme / antwortete er / ist anjetzo Valikules / sonst in Vertrauen gesagt / bin ich Fürsten Standes / uñ durch sonderliche Gnade zum Christentuhm bekehret / worüber meine Eltern mich enterbet; dessen ich doch wenig achte / und vielmehr es vor einen Gewinn rechne / weil ichs ůmb meines Herrn Christus willen leide; wollet mir demnach verzeihen / daß ich mich nicht allerdinge offenbahre. Der Lehrer wünschete jhm Beständigkeit im Glauben /und Gottes gnädigen Beystand / mit Verheissung / es würde der Sohn Gottes jhm ohn allen Zweifel in jenem Reiche hundertfältig vergelten / daß er ümb seines Nahmens willen ein irdisches Fürstentuhm hindansetzete / und seinen Heyland über Vater uñ Mutter liebete; die Christliche Gemeine hier / und in anderen ümliegenden Orten solten ihn in allen Versamlungen /auch die verlohrne Fürstin / in das gemeine Gebeht gerne und willig einschliessen. Nach getahner Danksagung vor solches erbieten / nam Valikules abscheid / und ging mit seinem [312] Wirte nach Hause / da derselbe bald darauff von seinen Mitherren zu Rahthause gefodert ward / woselbst er zween grosse ansehnliche Ritter fand / welche bey dem Raht ümb Gehör anhielten; Und als sie vorgelassen wurdẽ / redete der Ansehnlichste / und brachte vor / wie sie gestern bey spätem Abend hieselbst zu Korinth angelanget währen / unter andern Befreundeten / ihren nähesten Blutverwanten und Mutter Bruder / Herrn Akusilaus zu besuchen /vernähmen aber mit Schmerzen / daß derselbe einer Mordtaht fålschlich angegeben wåhre / die sein Hausknecht / ihm unwissend / aus anderer eingeben und getrieb möchte begangen haben. Nun währen sie Ritter / uñ keine Zungendröscher / könten demnach nicht viel Zänkerey machen / aber mit dem / was sie an der Seite führeten / wolten sie behäupten / daß jhr Vetter unbillich und mit höchster Unwarheit angeklaget währe. Der Raht achtete ihr anbringen nicht groß /antwortete: Sie möchten jhre Ritterschafft und gutes Herz ausbieten und anwenden da es gelten wolte / so gut sie immer könten / und jhnen rechtswegen frey stünde; sie ihres teils würden als eine bestalte Obrigkeit sich durch ihre Schwerter gar nicht abschrecken lassen / Recht und Gerechtigkeit zuhandhaben; So wåhre jhr Anverwanter von keinem eigentlich angegeben / sondern die himlische Rache hätte seine Boßheit an den Tag gelegt / und währe die erschlagene Frau ohngefehr in seinem Keller gefunden; auch håtte man grosse Muhtmassung aus des Knechts freywilliger Bekäntnis / daß er Wissenschafft darumb trüge. Der ander Ritter fing an; es möchten die Herren wol zusehen / was sie tähten / dann er hätte gute Nachricht /daß in jhres Vettern Hause zween fremde Kerle eingekehret / deren einer ein rötliches Haar / der ander ein zartes Angesicht gehabt / und noch jung von Jahren gewesen / auff deren Anreizung håtte der Knecht das Weib erschlagen / welches er beweisen wolte / wann er nur erfahren könte / in was Herberge dieselbe anzutreffen währẽ; massen er wüste / daß sie sich noch in dieser Ringmaur befünden. Amyntas stund im Rahte auff / und baht ümb Vergünstigung / einen Abtrit zunehmen / weil er zu Hause etwas nöhtiges zuverrichten / aus der acht gelassen / wolte sich bald wieder einstellen. Ging hin und erzählete Gallus dieses alles /welcher es seinem Herrn hinterbrachte in Beyseyn der Griechischen Jünglinge. Der verwunderte sich nun höchlich über solche Lügen / ließ den Wirt herein fodern / und als derselbe jhm solches aufs neue erzählet hatte / sagte er ihm Dank; kehrete sich zu der anwesenden Geselschaft / und baht sie / mit jhm vor den Raht zutreten / ümb seine Zeugen zu seyn / dessen /was er mit diesen ehrendiebischen Verleumdern und falschen Rittern handeln würde. Sie gingen miteinander fort / und zeigete Amyntas dem Raht an / daß die beyden fremden / deren diese Ritter meldung getahn /verhandẽ währen / und / ümb gehöret zuwerden /fleissig anhielten. Sie wurden durch den Rahtsdiener bald vorgefodert / und folgeten die Griechischen Jünglinge mit hinein; da Valikules nach freundlicher Begrüssung also redete: Hochweise / ansehnliche Herren; jch / Nahmens Valikules / ein Römischer Ritter / neben gegenwärtigen meinen Diener Gallus / bin vorgestern ümb den Mittag bey dem gefangenen Akusilaus zur Herberge eingekehret / und haben wir beyde sonst keinen Menschen bey uns gehabt / auch niemand fremdes / weder Mannes noch Weibesbilder in der Herberge angetroffen / wie solches alles der mitgefangene Knecht uñ das andere Gesinde werden bezeugen müssen; als ich nun meinete / ich währe bey einem ehrlichen Manne / und in guter Sicherheit / so hat zu meinem sonderlichen Glücke dieser [313] mein Diener ohngefehr angehöret / wie daß gestern derselbe mein Wirt mit seinem Knechte einen gefährlichen Anschlag auff mein Leben gemacht / mich in folgender Nacht zuerwürgen / damit er der Kleinot / deren er bey mir vermuhten wahr / habhafft werden möchte. Zwar ich habe davon gar kein Wesen machen wollẽ /sondern es Gott befohlen / bin auch deswegẽ nach geschehener übrigen Bezahlung in ein ander Wirtshaus eingekehret. Ich vernehme aber mit höchster Verwunderung / daß ein und ander sich sol finden lassen /und mir als Uhrhebern einen begangenen Mord zumässen dürfen. Nun könte ich diese schändliche Lüge und ehrendiebische Verleumdung mit unbewåglichen Gründen gar leicht hintertreiben / uñ solche mutwillige Lästerer schamroht machẽ; nachgehends bey der Obrigkeit es treiben / daß sie mit eben der Straffe beleget werden müsten / welche sie mir zuzurichten bedacht und bemühet sind; weil ich aber vernehme / daß dieselben so stark auf jhr Faustrecht pochen / und ihres Seiten Gewehrs sich getrösten / bin ich bereit /meine Unschuld nach Ritters-art zuverfechten / und des gerechten Gottes seiner Urtel gerne zuerwarten. Der ganze Raht sahe ihn starre an / kunten sich seiner Schöne / Höfligkeit und unerschrockenen Herzens nicht gnung verwundern / und befahlen den beyden Klägern / ihre zuvor angebrachte Beschuldigung in des Beklagten gegenwart zuwiederhohlen / uñ mit gebührlichem rechtmässigem Beweißtuhm sich gefasset zuhalten; wie sie dessen sich anerbohten hätten. Der erste Ritter aber gab mit hochmühtigen Geberden zur Antwort: Weil dieser Knabe (so nennete er Valikules) die Klage albereit wüste währe die Wiederhohlung unnöhtig / vielweniger ein wortreicher Beweißtuhm nachdem sich dieser ohn das lieber dem Ritter- als Henker-Schwerte zur Straffe untergeben wolte / welches ein unhintertreiblicher Beweißtuhm währe / daß er öffentlich gestünde / den Tod verdienet zu haben; nur währe ihm sehr leid / und fast schimpflich / daß ers / so zu rechnen mit einem Kinde solte zuthun haben / und währe wol zu frieden / daß er seinen Diener zu Hülffe nähme / der ihm den Schild vorwerffen könte / dafern er so beherzt währe / morgen früh auff dem Platze zuerscheinen / da das Gericht solte gehalten werden / woselbst sich bald ausfündig machen würde wer die Warheit oder Lügen geredet hätte. Der versamlete Raht wolte sich darzwischen legen / uñ Valikules vom Kampffe abmahnen / weil sie nit zweifelten / er würde ohn das seine Unschuld mit gnugsamen Gründen behäupten können; Er aber antwortete: Er währe ein Ritter / und könte diese ehrenrührige Beschuldigung des Mords nicht auff sich ersitzen lassen; langwieriges Rechten gäbe seiner Reise Eilfertigkeit auch nicht zu; und daß er vor ein Kind / und vor einen Knaben von diesem hochmuhtigen Verleumder und Ehren Diebe gehalten würde / müste er dahin lassen gestellet seyn / wolte nicht desto weniger lieber mit ihnen beyden zugleich den Kampf antreten / als vor einen Mörder sich ausruffen lassen; bähte daher instendig / ein Hochweiser Raht wolte ohn fernere weigerung ihnen des Kampfes Freyheit gönnen / welches ihm als einem Römischen Bürger und Freyen Ritter ohn das nicht könte gehindert werden; Dieses alles brachte er mit so ernstlicher Rede vor / daß alle anwesende es wunder nam; wiewol es den beyden Klägern mächtig verdroß / daß er sie so verächtlich hielt / und so kühnlich ausschalt; daher sagete der ältere / Nahmens Demetrius mit einem Gelächter: es meynete dieser Knabe etwa / man würde mit Stecken oder Bradwürsten fechten / welche zuverschlucken er vielleicht möchte gelehret seyn; Aber er antwortete [314] ohn Bewägung: man müste unbendigen Zungen übersehen / biß es Zeit währe sie zu hemmen / dann er hätte in dieser seiner Jugend schon die Erfahrung / daß eine ruhmrätige Zunge allemahl von einem feigen Herzen angetrieben würde; Worüber diese beyde sich dergestalt entrüsteten / daß sie auff der Rahtstuben sich schier an ihm vergriffen hätten / da ihnen solches nicht bey Leibesstraffe währe verbohten worden. Der Rahtsmeister suchte nochmahls / unsern Valikules von dem Kampffe abzumahnen / aber als er merkete /daß alles vergebens und umsonst wahr / gönneten sie ihm endlich seine Freyheit / welches er mit höflichem Dank annam / und seine Kläger erinnerte / sich gegen Morgen früh zum tähtlichen Beweißtuhm ihrer Schandlügen gefasset zu halten; Welches sie vor Eifer nicht beantworten kunten / sich auch nicht anders als wahnwitze Untihre bezeigeten / daß ihnen der Geifer zum Maule ausfloß. Amyntas und alle seine Gäste waren sehr leidig wegen der getahnen Ausfoderung; auch Gallus selbst bekümmerte sich dermassen / daß er weder essen noch trinken wolte / dann er hatte seinen Herrn noch nie kämpften gesehen; welcher ihm geboht / er solte schaffen / daß sein Harnisch auff bestimmete Zeit zum Kampffe fertig währe; erzeigete sich sonst den ganzen Tag durch immerzu frölich / als wüste er nichts von dem morgenden Kampffe; und wann die Geselschafft dessen Erwähnung taht / und wegen der künfftigen Gefahr sich leidig bezeigete /baht er sie / nicht daran zugedenken / wanns ihnen sonst einige Bekümmerniß machete: ja er vermahnete sie / gutes muhts zu seyn / und sagete: Man müste nicht allein von der Tugend reden und sinreiche Gespräch führen / sondern sich auch befleissigen / sie Zeit der Noht in rechtschaffene übung zu bringen /und der wirklichen Glükseligkeit beyzeiten einen Anfang zu machen; so hätte ers biß daher gehalten / und wie jung er währe / schon mannichen harten Streit mit angesehen / auch wol gute Stösse mit nach Hause getragen. Einer von der Geselschafft antwortete darauff; es währe zwar alles sehr wol und weißlich geredet; jedoch müste man die Herzhaftigkeit allemal der Vernunfft zur Einzäum- und Beherschung unterwerffen /und nichts über Vermögen oder Alters Kräffte vornehmen / damit dieselbe nicht über die Schnuhr hiebe / die Tugend-art verlöhre / und in eine verwägene Kühnheit verwandelt würde / welches er doch auff ihn nit wolte geredet haben. Mein Freund Urteilet recht und wol / antwortete er; und ist freilich dieses die rechte Klugheit und Vernunfft / daß unsere Handelungen in der Mittelwage bleiben / so daß sie weder nach der Linken / nach dem Mangel; noch nach der Rechten / das ist / nach der übermasse außschlagen; nicht desto weniger aber muß unser ehrlicher Nahme und guter Leumut uns lieber als das Leben seyn / und wird niemand die Schranken der Tugendhafften Kühn- und Herzhafftigkeit überschreiten / wann er sein Blut zur verteidigung seiner Redligkeit vorsichtig anwendet /da er dann eben nicht seinen Leibeskräfften oder seiner Erfahrenheit / sondern vielmehr seiner guten Sache / am meisten aber dem gerechten Gott vertrauen muß / welcher die Stolzen und Gewalttähter stürzet /und dagegen die Demühtigen und Nohtleidenden kräfftiget und erhält. Mein Herr / gab ihm ein ander zur Antwort; es müssen die gütigen Götter demselben Menschen höchst gewogen seyn / welchen sie so frühzeitig in diese Tugendschuele schicken / in welcher mein Herr aufferzogen und unterrichtet ist / wo selbst er nicht allein die Erkäntnis / sondern zugleich die Erfahrung uñ fertigkeit tugendhaft zu handeln beko en hat. Meine Erfahrung / sagte Valikules [315] ist viel geringer / als daß sie einiges Lobes wert währe / aber damit ich die Erfahrung mir durch mañiche Ubung zuwege bringen möge / muß ich deren keine verseumẽ /welche ich ohn verletzung meiner Ehre nicht unterlassen kan; aber auch fleissig zusehen / daß ich nicht Ursach zum Streit und Kampff suche / weil solchen Blutgierigen und Zanksüchtigen der Almächtige Gott seinen Beystand enttzeuhet / und sie anlauffen lässet /daß sie fallen müssen ehe sie recht stehen. Sie brachten diesen Tag mit solchen Gesprächen zu / daß diese Jünglinge außdrüklich bekenneten / aller ihrer Lehrmeister Unterweisung zur Tugend / währe lauter Wasser gegen dieses jungen Ritters köstlichsten Wein /von welchem sie stärckere anreizungen zum guten anhöreten / als ihre Lehrer selbst noch nicht begriffen hätten. Des folgenden Tages wapnete sich Valikules nach seinem Willen / sahe selber zu dz sein Hengst recht gesattelt ward / und ritte in begleitung aller Jünglinge hinauß / da Gallus instendig bey ihm anhielt / er möchte ihm den Kampff wieder diese starke hochmuhtige Ritter gönnen; er ihm aber anzeigete /daß / weil seiner eigenen Bekäntnis nach / er in solchen Streiten ungeübt währe / könte er ihn nicht so leicht in die Schänze schlagen. Als er auff den Kampffplaz kam / traff er keinen von seinen Wiedersachern an / erwartete ihrer aber ganz freudig mit auffgeschlagenem Helme. Die ganze Stad hatte in erfahrung bracht / daß ein frischer Jüngling mit zween starken Rittern umb Leib und Leben kämpffen würde / lieffen demnach groß und klein hinaus / dem Streite zuzusehen. Der Raht hatte eine Schaubühne auffschlagen lassen / darauff sie stiegen / und nachdem die beyden Ritter gebrüdere auff grossen Pferden er schienen / teileten die Richter des Kampffes ihnen Wind und Sonne gleich / und gaben ihnen die Macht zu treffen / weil sie sahen / daß Valikules nicht nachlassen wolte / sondern sich auff seine Römische Freyheit berieff. Darauff sendeten die hochmuhtigen Ritter einen Diener an ihn / uñ liessen fragen / wem unter ihnen er die Ehre des Sieges am liebsten gönnen wolte / wie schlecht auch dieselbe währe / die man an Kindern erlangete / deß wolten sie ihm die Wahl geben /weil sie sich selbst nicht wol darüber vergleichen könten. Der gefangene Akusilaus wahr auff seiner beyden Oheime hefftiges anhalten unter starker Huht mit herauß gelassen / welcher dann mit solcher Frecheit zusahe / daß er öffentlich rieff / daß / wo einer von seinen Oheimen unterliegen würde / wolte er sich selbst vor schuldig anklagen und über sich Straffe fodern; Valikules aber erzürnete sich über der Ritter schimpflichen Worten dergestalt / daß er überlaut zur Antwort gab; packe dich bald und sage den schlimmen Tropfen / es sey mir eben eins / ob ihrer einer allein / oder sie alle beyde mir zugleich begegnen; und fürchten sie ihrer Haut / so nehmen sie nur den dritten auch zu sich; welche Außfoderung ihm alle Anwesende vor einen Wahnwiz außlegeten. Er aber schloß den Helm zu / und tummelte sein Pferd sehr art- und freidig / biß er sahe / daß der Jüngere / nahmens Dionysius sich zum Treffen schickete; da begegnete er dem selben mit solcher Krafft / daß er ihm den Arm durchbohrete / und ihn als einen Strohwisch auß dem Sattel warff / daß er alle viere von sich streckete. Sein Bruder erschrack des Falles / da hingegen die Zuseher ein fröliches Geschrey ergehen liessen / dessen doch Valikules wenig achtete / sondern kehrete bald umb / und winckete diesem / daß er auch treffen solte; der sich dann zwar bemühete seines Bruders Unfal zu rächen /aber da sie mit den Speeren aneinander gerieten / traff ihn Valikules wieder die Brust / daß er ein lautes Geschrey gehen [316] ließ und mit samt dem Pferde übern hauffen fiel. Da hätte man ein Frolocken der Zuseher hören sollen; die Götter könten weder Unrecht noch Frevel dulden / und würden die Unschuld bald an den Tag bringen. Valikules sahe dz der erste sich auff die Füsse gemacht / und der andere noch unter dem Pferde zappelte / rennete mit verhengetem Zügel zu jenem hin / sprang herunter auff die Erde / und in dem er zu ihm trat / sagete er; du frecher Tropf / wirstu dich noch weiter umb daß erste Treffen zweien / oder sihestu schier / daß dein Leben in meiner Hand stehet? doch ich wil dirs so lange schenken / biß ich sehe /wie du das trotzige Schwert zugebrauchen gelernet hast; damit führete er so gewaltige Hiebe gegen ihn /daß er gar früh Blutrustig ward; ließ ihn deßwegen stehen / ging zu dem andern / riß ihn unter dem Pferde loß / und sagte; auff du lange Schläffer und erwähre dich des Kindes / welchen dein Bruder schon vor keinen Knaben mehr hält. Dieser schämete sich so hefftig / daß ihm das Blut vor die Augen schoß / stellete sich zwar zur Gegenwehr / aber die Blut-zeichẽ erschienen bald an ihm / und trieb ihn Valikules ohn auffhören / daß er gar Athem-leß ward / rieff auch dem andern herzu und sagte; wie lässestu deinen Bruder so im stiche / da ich euch doch beyde zugleich außgefodert habe? Dieser sahe seines Bruders Noht /und wolte ihn nicht länger darinnen stecken lassen /weil es ihm frey gestellet war; aber da Valikules zween Feinde über den Halß bekam / die sich trauen äusserst bemühetẽ / ihr Leben teur gnug zuverkäuffen / wañ sie es nicht retten köntẽ / wuchs ihm nur sein gutes Herz dadurch / verdoppelte seine Streiche / und schlug in kurzer Zeit dem ältern das Häupt von der Schulter hinweg / dz es ihm zun Füssen fiel; trat hernach dem and'n ein / reiß ihm Schwert und Schild aus den Fäusten / und warff ihn wider die Erde / da er ihm den Tod dräuete / wo er seines Vettern Mord nicht bekennen / und seine ertichtete Lügen wiederruffen würde. Dieser baht / er möchte nur bald mit ihm verfahren / sintemahl er in solcher Schande nicht länger zuleben begehrete. Aber er antwortete ihm: O nein /so kömst du Verleumder nicht davon / sondern du must öffentlich meine Unschuld bekennen / oder mit der Folter darzu gezwungen werden. Dieser fürchtete sich vor solcher Dräuung / und bekennete willig / daß er solches bloß seinen Vettern zuretten / aus dessen Eingeben vorgeschützet hätte. Indem nun Valikules die umstehende baht / ihm dessen Zeugniß zugeben /ergreiff dieser seines Bruders Schwert / und meynete unsern Held an den Beinen zu verletzen / dann es hatte sich dieser Meuchelmörder auff die Knie gerichtet / jener aber weich ihm aus mit einem Sprunge / trat bald wieder ein / und stieß ihm das Schwert durch die Gurgel / da er sagete: Ich merke wol / daß du eines långern Lebens unwirdig bist / welches ich dir sonst wol gegönnet hätte / und wird Zeit seyn / daß der löbliche Ritterstand von einem so unwirdigen Buben befreyet werde. Zog hernach seinen Helm ab / legete das Schwerd und den Schild nider / trat vor die Bühne /und redete mit heller und leichter Stimme / als ob er sich durchaus nicht bemühet hätte: Hochweise Herren / sagte er / ich bedanke mich gegen dieselben samt und sonders / daß auff mein Anhalten sie mir diesen Plaz gegönnet / meine Unschuld zuverfechten / und die Bosheit meiner Verleumder an den Tag zubringen / damit ich meinen Ehren alhie zu Korinth keinen Schandfleck anschmitzen lasse / welche ich bißher /ohn Ruhm zumelden / vor übeltahten bewahret / aber auch vor unbefugten Feinden geschützet habe. Solte ich nun bey meinen Herren mich meiner Kühnheit gebrauchen dürffen / an [317] dieselben etwas zugesinnen / so ist meine fleissige Vorbitte / dieselben wollen den beyden armen Sündern Akusilaus und seinem Knechte so viel Gnade erzeigen / und da sie ihre übeltaht erkennen werden / ihnen den gelindestẽ Tod antuhn /von welchem sie durch kein Recht werden können loßgesprochen werden. Der Raht trat auff der Schau Bühne zusammen / unter welcher Zeit Akusilaus zu guten Gedanken greiff / seine begangene Mordtaht öffentlich bekennete / und mit einem wehmühtigen Fußfalle umb Gnade baht; da der Rahtsmeister unserm Valikules mit entblössetem Häupte antwortete: Trefflicher Ritter / wir alle mit einander müssen bekennen /daß bey Menschen Gedenken eine solche Heldentaht zu Korinth und in ganz Griechenland nicht begangen ist / welche wir so hoch schätzen / daß wir unsern Augen kaum trauen dürffen. Eure Ehr / ädler Ritter /wird vor dergleichen Lästerer wol ungekränket bleiben / welche zuerheben wir nicht unterlassen sollen. Betreffend die Gefangenen / müssen sie euer kräfftigen Vorbitte geniessen / wie wenig sie es auch umb euch verdienet haben / und da ihnen sonst die Kreuzigung erkennet wahr / sollen sie mit dem Schwerte begnadet werden. Valikules bedankete sich der hohen Gewogenheit / und verpflichtete sich zu ihren Diensten / nam sein Schwert und Schild zu sich / und schwänkete sich in vollem Harnische so ringfertig auff sein Pferd / daß die Zuseher sprachen: es währe des Ritters gleichen in aller Welt nicht zufinden. Gleich da er auffgestiegen wahr / ersahe er unter den Umstehenden einen ansehnlichen Mann / welchen er aus seinen Geberden vor einen Christen hielt / wie er auch wahr; denselben baht er / die beyden Pferde der Erschlagenen zu sich zunehmen / sie zu verkauffen /und das Geld unter die Armen auszuteilen / welcher /wegen der Armut dankend / ihm solches verhieß. Seines Sieges aber freuete sich niemand so herzlich / als sein ergebener Gallus / welcher nunmehr sahe / was vor einem Herrn er aufwartete. Die Jünglinge kahmen auch zu jhm geritten / wünscheten jhm des erhaltenen treflichen Sieges wegen Glük / und verbunden sich /jhm willig zudienen. Valikules gebrauchete sich seiner gewöhnlichen Freundligkeit gegen sie / baht ümb jhre gute Gewogenheit / und verpflichtete sich nach Vermögen zu jhrem guten Willẽ. Nach jhrem Abzuge erging alsbald das Gerichte über die armen Sünder /da der Knecht Kallias sich anfangs vor die Begnadung bedankete / und anzeigete / er hätte nie den Willen gehabt / solche Mordtaht zubegehen / aber sein Herr / dem es die Götter vergeben möchten / hätte jhn mit Gewalt und durch Bedräuung darzu gezwungen /daß er hätte müssen mit Hand anlegen / und jhm an die zwanzig fremde Gäste helffen ümbringen. Die Rahtsherren entsetzeten sich über solcher Bekåntnis /und wahr jhnen die erteilete Begnadigung schon leyd /welche sie doch Valikules zu Ehren nicht wieder auffruffen wolten / ward also dieser zu erst hingerichtet. Akusilaus gestund dessen Bekäntnis / baht sehr / daß die erteilete Gnade in jhrer Kraft verbleiben möchte /und fing zu der ümstehenden Bürgerschaft diese Rede an: Ihr Bürger von Korinth / die jhr zugegen / und abwesend seyd / wendet eure Augen her auf mich / und stellet euch den boßhaften mörderischen Wirt Akusilaus vor zum Beyspiel / daß jhr nicht dermahleins /wie er / des Henkers Schwert / als eine sonderliche Gnade euch selbst bitten dürfet. Die erste Grund Ursach aller meiner begangenen Boßheit ist / Hoffart /Wollust / und Faulheit; Meine Güter hatte ich in der Jugend verprasset / welche meine Eltern durch Mühe und Schweiß / ja auch wol durch Betrug und Vervorteilung [318] zusammen getrieben hatten / damit ich Lebensmittel haben möchte; jch wahr des Wollebens gewohnet / und hatte nichts gelernet wodurch ich mein Brod gewiñen mögen; so wahr ich auch guter Tage begierig / hatte aber den Beutel ausgeleeret / und wolte doch nicht Mangel leiden / daher suchte ich eine Räuber-Geselschaft / fand sie auch in dieser Stad an etlichen meines gleichen / und erhielt mich eine Zeitlang durch solche Untugend; endlich gedauchte mich diese Hantihrung zu grosse Gefahr auff sich haben /brachte auch nicht allemahl so viel ein als ich mir wol Hoffnung gemacht hatte / deswegen zog ich mich davon abe / und ward ein Gastwirt / nirgends anders ümb / als daß ich nicht mehr dürffte nach dem Raube ausgehen / sondern fremde Gäste mir denselben ins Hauß bringẽ möchtẽ. Dieses hat mir etliche Jahr geglücket / aber endlich sind meine Haus Götter solcher Untaht müde worden / und haben mich in dieser meiner Boßheit an das Tage-Liecht hergestellet. So sehet nun auff mich / Junge und Alte / damit jhr nicht mit mir vor der Welt zu Spot und Schanden werdet. Ihr Jungen / lernet beyzeiten etwas redliches / daher ihr euch ernähren könnet / und gewähnet euch nicht zum Müssiggange. Ihr Alten verzehret nicht mehr als jhr erwerbet / und lasset euch genügen an der Notturft. Ich weiß wol das es meines gleichen unterschiedliche in Korinth gibt / so wol nach meiner lezten als ersten Betreibung / und möchte wünschen / daß sie alle hie bey mir stünden den Lohn zuempfahen / damit die Stad von solchem Unflaht gesaubert würde; weil solches aber ein vergeblicher Wunsch ist / hoffe ich dannoch durch diese meine Vermahnung etliche von solcher Boßheit abzuzihen / und an meines Lebens Ende dem lieben Vaterlande einen guten Dienst zutuhn /vor die mir anjezt erzeigete Gnade. Das erschlagene fromme Weib liegt mir gewaltig auff der Seele / dann ich habe sie anfangs ümb die Ehre / hernach ümbs Leben gebracht / und hat sie mir es geweissaget / der almächtige Gott / der sie ümb jhrer Sünde willen in diese Noht gerahten lassen / würde meine Ubeltaht in kurzer frist an den Tag bringen / so daß mein eigen Maul mich verrahten würde; welches ich auch halte geschehen seyn / und Herr Amyntas leicht erfahren kan. Ich sage nochmahl / daß dieser Mord mir das Herz gewaltig drücke; aber mein lezter noch vielmehr / welcher dreyfach ist; dann wer kan es leugnen / daß ich nicht solte diese meine beyden Oheimbe / und diesen meinen frommen Knecht Kallias ermordet haben. Ich ich bin eine Ursach jhres Todes; jene beyden habe ich durch meine Lügen verleitet; diesen habe ich gezwungen übel zutuhn / dagegen er mich von anfang her geträulich von solcher Boßheit abgerahten / mir auch Mittel vorgeschlagen hat / wodurch ich mich ehrlich ernähren möchte; weil ich aber nicht habe folge leisten wollen / so trit her du Henker und erteile mir den Lohn / welchen ich doch vor die höchste Gnade erkeñe / so Zeit meines Lebens mir wiederfahren ist / dann ich habe über die 50 Menschen teils selbst ermordet / teils Raht und Taht darzu geleget. Wie es nach dem tode meiner armen Seele ergehen werde / muß ich gewärtig seyn / und wann alle von mir ermordete sich an mir rächen wolten / wie ich fürchten muß / werde ich des Leidens so viel finden /daß mir die Haar davor zu Berge stehen. Hiemit endigte er / setzete sich auff die Knie / und ließ sich einer Spanne kürzer machen. Amyntas ging nachge haltenem Gericht nach Hause / und erzählete seinen Gästen allen Verlauff; worüber Valikules seuffzete /und zur Antwort gab: O weh o weh dieser armen Seele des verzweiffelten Akusilaus! er hat sich vor die Seelen der von ihm [319] erschlagenen gefürchtet / welche ihn wol ungepeiniget lassen werden / aber der Gerechte Gott / mit welchem ihm das fromme / ohn zweiffel Christliche Gottselige Weib gedräuet / hat ihm andere Peiniger / die bösen Teuffel in der Helle zugegeben /welche ihm grössere Angst werden zubereiten / als Menschen Verstand nicht ergründen / und keine Zunge außsprechen kan. Des folgenden Tages bereiteten sich die Jünglinge zu der Reise nach der Stad Eliß / weil die Olympischen Spiele in derselben gegend gehalten wurden. Diese sind mit unter den ältesten ritterlichen Ubungen / deren bey den Geschichtschreibern meldung geschihet. Pelops / des Phrygischen Königes Tantalus Sohn / hat sie dem Jupiter Olympius zu ehren gewidmet / im Jahr nach erschaffung der Welt 2634 / da Ehud die Kinder Israel richtete; vor König Davids herschung 256 Jahr; vor zerstörung der Stad Troja 133 Jahr; vor erbauung der Stad Rom 564 Jahr; vor Christus unsers Heylandes Geburt 1314 Jahr. Und als sie mit der Zeit in abgang kahmen / erneuerten sie die Gebrüder Atreus und Thyestes / zum ehrengedächtnis des ersten Stifters Pelops / nachdem sie vor 95 Jahren den ersten Anfang genommen hatten. Uber 19 Jahr hernach ersetzete und bestätigte sie der Griechische Herkules Alkmenen Sohn / abermahl / wie vor ihm Atreus; sie fielen aber wieder / biß endlich im 427sten Jahr nach Herkules (wahr das andere Jahr nach Romulus Geburt) Iphitus sie dem Herkules zu ehren wieder anrichtete / von welcher Zeit her sie in steter Ubung geblieben sind. Sie wurden aber allezeit nach verlauff vier ganzer Jahr gehalten / und zähleten die Griechen ihre Zeit nach diesen Spielen in ihren Geschicht Büchern. Dasselbe / welches vor dißmahl solte gehalten werden / wahr von Iphitus her zurechnen / das 251ste Olympische Spiel. Die versamleten Jünglinge ehretẽ unsern Valikules auff der Reise nach vermögen / und hielten bey ihm an / daß er bey den Spielübungẽ sich mit finden lassen möchte; welches aber wieder sein Gewissen und Glauben lieff /massen er wuste / daß es den Heidnischen Götzen zu ehren angefangen wahr; entschuldigte sich demnach höfflich / einwendend / er währe in solchen Spielen nicht unterrichtet / hätte auch derselben teils wenig /teils gar nicht versuchet / daher wolte er diesen Plaz denen gerne gönnen / welche hoffeten daselbst Ehre zuerwerben; jedoch wegerte er sich nit / die Zeit des Feiers über / alda zuverbleiben / und der Lust zuzusehen / dann er vorlängst gewünschet hätte / des Spiels eigenliche Erkäntnis zu haben. Auff der Reise nach Elis sties ihnen nichts sonderliches zu / ohn als sie etwa noch anderhalb Meile dahin hatten / begegneten ihnen vier geharnischte Ritter / welche Valikules / ihn so zart und jung in seinem Harnische reiten sehend /mit höhnischen Worten zu Rede setzeten / wer ihn so kühn gemacht hätte / daß er einen Ritter Harnisch anlegen dürffen / und nicht / wie die andern Jünglinge in seinen Kleidern ritte. Denen er zur Antwort gab: Er hätte noch bißher seine Waffen mit Ehren getragen /vermeynete auch nicht / daß einiger Mensch in der Welt lebete / welcher Ansprach darzuhätte; und kähme ihm zumahl fremde vor / daß sie ihn als einen unbekanten dergestalt auff freyer Landstrasse rechtfertigten. Diese macheten sich näher zu ihm / und sageten mit spöttischer Rede: Sie wolten ihm die schwere Rüstung abnehmen / daß er nicht drinnen erstickete. Als auch einer ihm nach dem Helme griff / ihm denselben abzulösen / traff er ihn mit dem Schilde dergestalt vor das Maul / daß ihm die Zähne knirreten / und das Blut aus den Lippen hervor floß; ergriff darauff sein Speer von Gallus / und fragete [320] sie / ob sie Ritter oder Räuber währen; und da sie ihn keiner Antwort wirdigten / setzete er sich ins Feld / und rieff ihnen zu; dafern sie ihm wegen des angelegten Schimpffs nit wolten abtrag machen / solten sie sich vor ihm hüten. Diese hatten ihre Speer von den Dienern auch schon zur Hand genommen / und nach kurzem Zank / welcher unter ihnen den ersten Angriff tuhn solte / machte sich der dritte in der Ordnung hervor / traff mit Valikules / und ward von ihm dergestalt auff die Erde gesetzet / daß er im Falle das linke Bein entzwey brach. Der andere solches sehend / erschrak über seines nahen Anverwanten Unfall / und wolte ihn rächen; aber Valikules / der sein Speer annoch unzerbrochen hatte / begegnete ihm mit grossem Eifer / traff ihn auch so unsauber / daß ihm das Speereisen zur Helffte in den Leib ging / und er tödlich verwundet in den Sand stürzete. Als die beyden übrigen solches sahen /wahr ihnen das zittern nicht weit / sonderlich dem /welcher die erste Maulschelle davon getragen / und sich im Häupte nicht gar wol befand / setzeten deswegen zusammen / und wolten auff Valikules zurennen /welches Gallus zuverhindern bedacht wahr / und sich mit einmischen wolte / bekam aber von seinem Herrn Befehl / er solte sich an nichts kehren / und ging derselbe nach zubrochenem Speer mit entblössetem Degen ihnen entgegen / hütete sich auch / daß sie beyde fehl stechen musten / hingegen traff er den blutigen im vorüberhauen auf die rechte Schulder / daß derselbe Arm biß auff den Knochen abgehauen ward /und er selbst aus Ohmacht niderstürzete. Den lezten ermahnete er / sich zuergeben / oder des Todes zuerwarten. Weil nun derselbe der wehrhaffteste unter allen wahr / dauchte ihn die Bedingung zu herbe / zog von Leder / und erwehrete sich seiner Haut nach Vermögen / bekam aber nach kurzem Gefechte etliche tieffe Wunden / welche ihm an fernerer Gegenwehr hinderlich wahren / dessen Valikules doch nichts achtete / sondern ohn aufhören ihm so gedrange taht /daß er endlich suchete auszureissen / währe auch schier entwischet / wann nicht sein Pferd unter ihm gestrauchelt hätte / daß er drüber gar absatteln muste /da ihm Valikules so nahe auf der Haube wahr / daß er ihm den linken Arm fast gar vom Leibe ablösete / und der Verwundete mit einem harten Geschrey niderstürzete. Also lagen diese vier freche Trotzer im Felde /als währen sie mit der Schleuder dahin geworffen /und kunte ihrer keiner / weder sich selbst / noch den andern helffen / da dann Valikules sich weiter nicht an sie kehren wolte / sondern seine Geselschafft / welche XXXI Mann stark wahr / freundlich baht / sie möchten auff den fall / da es nöhtig seyn würde / ihm das Zeugniß geben / daß er aus Noht gezwungen währe / diesen Kampff anzugehen / dessen er viellieber hätte wollen geübriget seyn. Diese alle hatten sein Gefechte mit höchster Verwunderung angesehen /wünscheten ihm Glük zu seinem heldtähtigen Siege /und verfluchten den übermuht der nidergelegeten Ritter / ermahneten jhn zugleich / sie vollends hinzurichten / damit sie nicht schier heut oder morgen ihm mördlich nachstelleten; er aber gab zur Antwort: währen sie des Lebens wirdig / wolte ers ihnen gönnen /wo nicht / würde ihnen Gottes hand schon den Tod zuschicken / und zogen darauf ihres Weges fort. Nach verlauf einer guten halben Stunde stiessen ihnen drey andere Ritter auff / welche frageten / ob ihnen nicht vier Ritter mit so viel reitenden Dienern begegnet währen; Valikules antwortete freundlich: Ja / sie währen ihnen unlängst begegnet / und da es ihnẽ nit zuwider / möchten sie ihm unbeschweret anzeigen / was sie ihnen wolten. Es sind vier hochmühtige Trotzer /antwortete der [321] eine / und haben mir einen solchen Schimpff bewiesen / welchen ich mit diesen meinen Gehülffen suche zu rächen. Dieser Rache wird mein Herr nicht bedürffen / sagte Valikules / massen ich ihm darinnen zuvor kommen müssen / nachdem sie mir als einem unwirdigen meine Waffen abnehmen wollen. Was vor Hülffe hat dann mein Herr gehabt? fragete der vorige. Währen meine Herren so viel zeitiger kommen / antwortete er / hätte deren Beystandes ich mich höchlich zuerfreuen gehabt / weil ich aber gar allein in diesem Kampf gewesen / habe ich dem lieben Gott und meiner guten Sache trauen müssen /da mein Speer mich an den beyden ersten / und mein Schwert mich an den beyden lezten gerochen / daß sie übel verwundet und zubrochen im Sande liegen blieben sind / wo sonst ihre Diener sie nit in Gewahrsam führen. Die ganze Geselschafft bezeugete / daß es also ergangen währe; Worauff dieser zu Valikules sagete: Gott nehme euch / tapfferer Ritter in seinen Schuz / und müssen diese sehr glükselige und tugendhaffte Eltern seyn / welche einen solchen Held an diese Welt gezeuget haben; Jene freche Buben aber müssen mit dem Leben nicht davon kommen / wo ich sie sonsten noch ertappen kan / nachdem sie mich an meiner Liebesten und an mich selbst dergestalt beleidiget haben / daß sie mir nicht anders als mit dem Leben bezahlen können. Mein Herr / antwortete Valikules / ich bedanke mich beydes des Gottseligen Wunsches und des unverdienten Lobes / und verpflichte mich zu seiner Freundschafft und Diensten. Also ritten sie von einander / und renneten diese drey hin / die ihnen bezeichnete Wahlstatt zubesehen / funden die vier Diener in voller Bemühung / wie sie ihre hart verwundete Herren fortbringen möchten / welche in grossen Schmerzen lagen / insonderheit der ander /so mit dem Speer im Leibe verwundet wahr / als welcher schon mit dem Tode rang. Die drey Ritter jächeten alle Diener / dz sie mit blutigen Köpfen das Hasen-panier auffwurffen / macheten sich hernach zu den Verwundeten / und fragete sie der Beleidigte: was vor ein redlicher Zuchtmeister hat euch verlogenen gottlosen Schelmen den schändlichen Hochmuht und Frevel so statlich eingetrieben. O verzeihet uns / mein Herr / antwortete der zum ersten mahl verwundete / so wir euch heut und eure versprochene Liebste beleidiget haben / wovor wir dann Abtrag zumachen uns willig anerbieten / uñ erbarmet euch über uns / die wir von zehn Rittern ungewarnet überfallen und schelmischer weise also zugerichtet sind. O du verwägener Lügener / antwortete dieser; kanstu noch nicht auffhören großzusprechen / daß du dich über zehne beklagest / und ein einziger junger Ritter euch nach Verdienst geputzet hat / welchen du noch vor einen Schelmen ausruffen darffst / da er gezwungen hat müssen eine Noht wehre tuhn. Jedoch hättestu gestriges Tages samt deinen Gesellen dich an meiner Beschimpffung begnügen lassen / und der ehrlichen ädlen Jungfer geschonet / wolte in diesem euren Elende ich euch Hülffe zubeweisen / mich nicht wegern /aber der Geistliche und Jungfern schändet / ist beydes des Ritterordens und des Lebens unwirdig. Hieß darauff seinen Diener absteigen und die Rache volstrecken / welcher ihnen allen die Gurgel abstach / und sie also liegen ließ. Die eigentliche Ursach / daß dieser Ritter so eiferig verfuhr / wahr diese: Es reisete derselbe auff jenseit Elis gar allein / so daß er seine verlobete Braut eine Hochädle Tugendhaffte und schöne Jungfer neben sich auff einem Zelter führete / da er seine beyden Diener voraus nach der Stad hatte reiten lassen / ihm gute Herberge auszurichten. Diese vier Freveler begegneten ihm in einem lustigen Walde /[322] und gebohten der Jungfer / ihre Angesichts Verhüllung hinweg zu tuhn / und sehen zu lassen / ob dann ihre Haut so zart währe / daß sie vor der Sonnen Hitze müste verdecket werden; Ihr Bräutigam vermahnete sie / sich aller Tähtligkeit und Beschimpffung zuenthalten / und ehrliebende Jungfern ihres Weges reiten zu lassen; aber ehe er sichs versahe /macheten sich drey über ihn her / nahmen ihm Schild / Schwert und Helm / warffen ihn vom Pferde / und bunden ihm Hände und Füsse fest zusammen. Der vierde hatte sich inzwischẽ an die Jungfer gemacht /sie vom Zelter vor sich auff sein Pferd gezogen / das Angesicht ihr entblösset / und als er sie so zart und schön sahe / sich ungebührlich gnug gegen sie bezeiget; weil sie dann sich sträubete / und ein hefftiges Geschrey trieb / naheten die andern auch herzu / rissen ihr alle ihre Kleider biß auffs Hemde vom Leibe /legeten sie auff die Erde / und stäupeten sie mit frischen Ruhten / daß das Blut begunte hernach zufolgen / hernach schleppeten sie dieselbe fest gebunden samt dem Ritter ins Gehölze / und ritten der Stad zu. Nach ihrem Abschiede wirkete sich der Ritter loß /entband seine Liebste desgleichen / und dankete nebest ihr den frommen Gott / daß ihre Ehre noch unverletzet blieben wahr / funden ihre zerrissene Kleider am Wege / in welche sie sich verhüllete so best sie kunte / traffen ihre Pferde auch im Gehölze grasend an / denen die Zügel abgestreiffet wahren / die sie auch wieder funden / sich beritten macheten und nach der Stad zueileten. Ihre beyde Diener däuchte ihr aussenbleiben lange seyn / ritten nach bestelleter Herberge ihnen entgegen / und erfuhren / wie es ihnen ergangen wahr; worauff sie anzeigeten / daß sie solche vier Ritter hätten sehẽ zur Stad Elis einreiten. Also bemühete sich nun der Beleidigte nach Hülffe / traff zween bekante Ritter an / denen er den Schimpff klagete /und sie zum Beystand vermochte / da er dann die Rache / wie zuvor gemeldet / vollstreckete. Valikules ritte inzwischen mit seiner Gesellschafft fort / und als sie zu Elis ankahmen / musten sie sich in unterschiedliche Herbergen verteilen / weil sie mehrenteils schon bezogen wahren. Die Blume der Griechischen Ritterschafft wahr hieselbst versamlet / welche dem Spiele teils als Einverleibete / teils als Zuseher beyzuwohnen bedacht wahren. Es gingen aber daselbst mannicherley übungen vor; Etliche hielten einen Wette-lauff /welches nicht unlieblich zu sehen wahr; Andere befliessen sich die weitesten Sprünge zu tuhn. Dort wolte einer dem andern mit dem jähen Stein- und eisern Ballenwurff überlegen seyn. Hie traten unterschiedliche Kämpffer / wie sie das Loß gefüget hatte /mit Schwertern; dort mit Streitkolben zusammen / und teileten gute Püffe aus. Etliche wolten mit Ringen sonderlichen Preiß erwerben; andere rungen und fochten zugleich / die man Pankratisten nennete / weil sie alle Kräffte anwendeten / die sie hervor zusuchen wusten. Und diese übungen geschahen alle zu fusse /welche dann ihre gewisse Tage hatten. Nachgehends sahe man das Rennespiel anstellen / da man teils mit zwey / teils mit vier vorgespanneten Pferden den Wagen nicht allein schleunig fortzurollen / sondern auch artig zu wenden fleiß anlegete. Es funden sich über das Reuter / die den Pferdẽ den Zügel schiessen /und sie mit möglichster Schnelligkeit dem gestekten Zweg zulauffen liessen. Nach welchen Leibesübungen / andere ihrer Zungen Beredsamkeit hören zulassen aufftraten / welches Valikules dann insonderheit wolgefiel / weil ihn dauchte / er hätte aus dieser übung dißmahl den besten Nutzen gehabt. Der Preiß / welcher den Uberwindern ausgeteilet ward / wahr weder Silber noch Gold / noch einiges Kleinot / sondern nur ein [323] Kranz von grunen Oelzweigen / eines sonderlich darzu gewidmeten Baumes / dessen Blätter viel anders / als der andern Oelbäume / gestaltet waren; welche Vergeltung ihres wolverhaltens sie höher als allen Reichtuhm schätzeten / und ward des Siegers Nahme in ein Gedächtnis-Buch eingeschrieben / und ihm auch wol eine Ehren Seule auffgerichtet. Nach geendigten Spieltagen / wahr Valikules willens / sich auff die Reise zugeben / und sagete zu Gallus: Was rahtet ihr? gehen wir zu Lande nach Bisanz fort / oder setzen wir uns zu Korinth auff ein Schiff / und fahren alsbald den Morgenländern zu? Gallus antwortete: Mein Gn. Herr hat meines Rahts hierin nicht von nöhten; doch meine unvorgreiffliche Meynung währe /daß wir über Meer gingen / weil die Reisen zu Lande viel und mannicherley Verhinderungen geben können / und ein Ritter offt Anfall hat / wie solches Eure Gn. diese kurze Zeit her schon zur gnüge erfahren. Eben dieses / sagte Valikules / liegt mir auch im Kopffe /und sehe ich / daß die Rittersleute hier zu Lande ihnen die Freyheit suchen / fremde zubeschimpfen /deßwegen ich mich noch heut erklären werde / was ich tuhn wil. Es lag aber ein vornehmer Griechischer Herr / Nahmens Parmenio mit ihm in einer Herberge /welcher in des Persischen GroßFürsten Artaxerxes Kriegsbestallung war / von dem er grosse Gelder gehobẽ hatte / etliche Geschwader Griechisch Kriegsvolk zuwerben. Mit diesem währe er zwar sehr gerne fortgezogen / merkete aber an ihm eine sonderliche Ungewogenheit / und hatte albereit unterschiedliche Stachelreden bey der Mahlzeit von ihm eingefressen; doch / Ungelegenheit zuverhüten / sie allemahl neben sich hinstreichen lassen / weil er nicht mit Nahmen genennet wahr. Dieser Parmenio wahr sonst ein sehr verwågener handfester Ritter / und wolversuchter KriegsObrister / aber überaus ruhmrätig und stolz /der sich von seinen Dienern mehr als Fürstlich auffwarten und ehren ließ / und wahr übel zu frieden / daß ihm von Valikules / seiner Meynung nach / nicht Ehre gnug angetahn ward / welcher ihm doch mehr Höffligkeit erzeigete als er schuldig wahr / ohn / daß er ihn nicht seinen Gn. Herren nennete / noch ihm nach Willen redete / weil sein Gemüht viel zu ädel wahr /einem Tugendlosen Menschen zuschmeicheln. Als sie dieses Tages sich zu Tische setzeten / nam Parmenio seiner Gewonheit nach / ohn einige nöhtigung die Oberstelle ein / durffte auch die andern anfodern / wie sie sitzen solten. Es wahr ein ansehnlicher Rahtsverwanter / von Athen mit am Tische / dem gefiel Valikules sitsames Leben sehr wol / trachtete auch allemahl / ihm am nähesten zu sitzen / und durch vielfältiges fragen / gab er ihm offt Ursach zu antworten / welches er doch allemahl mit kurzen Worten taht. Parmenio führete stets das grosse Wort über Tische / und suchte allerhand Gelegenheit / ihn zubeschimpffen / welches er merkend / sich fleissig vorsahe / daß er seinen Willen nit füglich zu werke richten kunte; endlich fing jener eine Rede an von der jetzigen Jugend verwägener Kühn- und Grobheit / wie dieselben alte und hocherfahrne Leute wenig ehreten; meineten / ihr glatter Schnabel und unbärtiges Maul dürffte sich so wol hören lassen / als andere; uñ währe nunmehr so weit ko en / daß wann einer den Sattel beschreiten / und in ein Stük Harnisch sich verstecken lassen könte / er alsbald in den Ritterstand wolte auff genommen seyn / welchen er entweder mit Gelde /oder unzüchtiger Freundschafft erlangete / und könte mannicher zum feinen Manne und guten Landsknecht gedeien / wañ er der Jahre erwartete; weil man aber so zart und jung sich unter die scharffen Schwerter wagete / [324] würde ihnen das gelbe Haar darüber also gestrählet / daß sie vor grauen befreiet / sterben müsten / ehe sie recht angefangen zu leben. Niemand wahr über Tische / der nicht handgreiflich merkete /daß Valikules damit gestochen wahr / der sich doch nicht anders stellete / als ging: es ihn im wenigsten nicht an / und deßwegen mit seinem Beysitzer von Athen immerfort redete. Parmenio legete ihm solches vor eine blöde Furcht auß / sahe auch / daß keiner von den Anwesenden sich daran kehrete / sondern durch stille schweigen und ernsthafftiges Gesicht merken liessen / daß sie an seinen Reden gar keinen gefallen trugen; und dannoch wolte er nicht ablassen / sondern redete Valikules an / und sagete; junger Herr / von wañen seid ihr? Dieser sahe ihn zwar nicht saur / jedoch ernsthafftig an / und sagete: Mein Herr / ich bin vor weniger Zeit über Meer aus fremden Landen alhier angelanget / umb einen guten Freund zu suchen /welcher / wie ich berichtet worden / sich dieser örter auffhalten sol. Mein / antwortete Parmenio / ihr seid noch jung / und dürffet euch schon über Meer wagen /uñ unbekante Landschafften durchzihen? fürchtet ihr euch nicht / daß ihr euch in der Fremde verlieren möchtet? aber saget mir / da ichs wirdig bin / was vor eine Landschafft ist es / in welcher so herzhaffte und zierliche Jünglinge erzogen werden? Valikules sahe /daß er sich in die Harre mit Höfligkeit nicht würde schützen können / wolte doch so viel möglich / über sich gehen lassen / und antwortete auff solchen groben Spot: Mein Herr / ob ich irre ritte / müste ich des Weges bey andern nachfragen; meine Zierligkeit betreffend / ist dieselbe gar schlecht; jedoch bitte / wo möglich / mein zuverschonen / als der ich ihn im wenigsten nicht beleidiget / auch sehr ungerne mit jemand unwillen haben möchte. Dieser rede entrüstete sich jener / und sagte; feiner Herr / da ihr mein Diener währet; müstet ihr etwas mehr Höfligkeit lernen / sonsten würde ichs euch schwerlich zu gute hälten. Ja /antwortete er / alsdann müste ich mich freilich nach seinem Willen schicken / wozu ich ohn daß mich erbiete / so viel ohn Nachteil und Verkleinerung meiner Ritterlichen ehren geschehen mag. Parmenio fragete; ob er dañ sich wegerte / ihm zu dienen. Freundschafft Dienste / antwortete er / bin ich einem jeden schuldig / aber in Knechtschafft mich einzulassen / noch zur Zeit nit willens. Ich bin dessen zu friedẽ / sagte jener /dañ ich begere solches stolzen Dieners nit. Wol dann / antwortete er / so werden wir geschiedene Leute seyn / weil ich solchen Herren noch nie gesucht habe; daß er mich aber vor einen stolzen angibt / darinnen irret er weit. Hiemit wahr dem hochmuhtigen Freveler viel zu nahe getreten / brüstete sich demnach wie ein Pfau / und hies ihn die Pfeiffe einhalten / oder er müste sie ihm mit dem Prügel stopffẽ lassen. Welchen Schimpf er nicht anders empfand / als ob ihm ein Schwert durchs Herz gestossen währe; mässigte doch seinen Zorn / wegen der ansehnlichen gegenwärtigen Geselschafft / die er mit folgenden Worten anredete; Ihr meine Herren und werte Freunde; ich halte ja / daß Römische Käyserl. Hocheit dieses Orts gebührlich beobachtet werde; Und als sie solches mit Ehrerbietung bejaheten / fuhr er also fort: Nun bin ich aber ein Römischer Ritter / und von meinem allergnädigsten Käyser unter die höchsten Geschlechter zu Rom angenommen / darzu ädel / und rittermässig gebohren /habe auch / als lange ich das Schwert führen können /mich fleissig gehütet / niemand vorsezlich zubeleidigen. Was mir aber diese Mahlzeit über vor schmählicher Schimpf wiederfahren / beruffe ich mich auff meiner Herren Zeugnis. Zwar ich hatte mir steift vorgenommen / alles vorüber gehen [325] zulassen / so viel immer tuhnlich währe; weil ihr aber (euch rede ich an Parmenio) weil ihr mich als einen Sklaven mit Prügeln dräuet / ungeachtet ihr meines Standes und Wesens ganz unberichtet seid / ich euch auch durchauß nicht beleidiget habe / so schiebe ich alle eure außgelassene Schmähungen in euren Busem / begehre von euch Abtrag / und in dessẽ Wegerung fodere ich euch aus zum Kampffe / es sey in Kleidern oder im Harnisch; es sey zu Roß oder zu Fusse; daß ihr alsbald auff dem Plaze erscheinet / wo diese Tage die Spiele sind gehalten worden; daselbst wil ich euer wahr nehmen / wo ihr mir sonst nicht zuvor kommet / umb zuvernehmen / ob eure Tugend so groß als euer Hochmuht sey. Parmenio Lächelte hierüber / und fragete ihn / obs dann sein Ernst währe; er wolte nimmer hoffen / daß er so stränge mit ihm verfahren würde. Die Anwesende Herren bahten ihn / er möchte diesen jungen Herren nicht so gar hönisch halten / zumahl er Römisch währe / und sein Geld gleich andern verzehrete; es könte ihnen dermahleins zum nachteil gereichẽ / wañ sie darzu allerdinge würden stille schweigẽ. Gallus der mit zu Tische saß / hatte bißher noch kein Wort darzu geredet; als er aber vernam / daß andere sich mit einmischeten / kunte er länger nicht einhalten / und sagte zu Parmenio; höret ihr Großsprecher / ich bin schon vor XII Jahren ein Römischer Befehlichshaber unter einer Legion gewesen / und habe ohn Ruhm zu melden zehn Feldschlachten beygewohnet /noch schäme ich mich nicht / diesem meinen Gn. Herren aus freien Willen als ein Diener auffzuwarten /dem ihr dz Schwert nachzutragen nicht wirdig seid; und wolte Gott / daß ich meinem Gn. Herren vorgreiffen dürffte / ihr müstet mir diesen euren tolpischen Frevelmuht mit dem Leben bezahlen / oder mir daß meine nehmen. Valikules redete ihm ein; er solte sich des Streits nicht annehmen / uñ würde Parmenio ihn dessen kaum wirdigen / weil er kein Ritter währe; er selbst wolte sich schon bemühen / seine Ehre zu handhaben. Aber Parmenio nam Gallus erbieten willig an / und sagte; er selbst wolte ihn hiemit vor einen Ritter erkläret haben / und ihn vor einen düchtigen Kämpffer halten / weil er sich vielmehr schämen müste / daß er sich mit einen Unbärtigen jungen in Streit einliesse; währe ihm also lieb / daß ers mit einem Manne solte zu tuhn haben. Valikules nam diese Rede mit einer sonderlichen Freimuhtigkeit auff / und sagete; Parmenio / gebrauchet euch eures zungendröschens frey über Tische / seid ihr aber so kek /daß ihr euch auff dem Platze finden lasset / werde ich schon euch so nahe treten / daß ihr Ursach haben sollet beyder Fäuste zugebrauchen. Dieser Rede meinete Parmenio zu bersten / sprang hinter dem Tische auff und sagete; weil du junger Lecker dañ nit anders wilt / muß ich dich nach verdienst straffen; zohe gleich damit die Faust / und wolte ihn ins Gesicht schlagen. Er aber wiche ihm aus / daß er fehl schlug / und drüber hinter dem Tische etwas ausglitschete / dessen Valikules wahr nam / und ihm mit der lincken Hand eine Ohrfeige reichete / daß es im Gemache erschallete / und diesem der rohte Schweiß aus der Nase floß /daher er sich hinter dem Tische nicht anders geberdete als ein wilder Ochse / fassete das Messer / und warff es ihm nach / da er schon vom Tische auffgestanden wahr / fehlete aber / daß es nebenhin in die Stubenthür fuhr; worüber er sich hefftig eiferte / daß er zu ihm sagete; Du unbehöfelter Ochse / ist dieses dein ritterliches Fechten / daß du mit blossen Fäusten und Brodmessern umb dich schlägest und wirffest? zwar mir stünde frey / dir dein Messer durch den Wurff wieder zuzusenden / da ich dein gewißlich nicht fehlen [326] wolte / aber damit in solchem mördlichen Vorhaben ich mich dir nicht gleich stelle / soltu mir diesen Schimpff vor freier Faust bezahlen / wo ich lebe; ging hiemit nach seiner Kammer / und ließ ihm von Gallus die Waffen anlegen / aber das Pferd beschickete er selber / damit nichts daran versehen würde. Der Unhold tobete nach seinem Abtrit noch immerfort / und dräuete / daß er ihn durch seine Landsknechte in Stücken wolte zerhacken lassen; welches zween ädle Jünglinge / die mit ihm von Korinth kommen wahren / höreten / geschwinde hinlieffen / und es den andern ihren Gesellen sageten; welche dann alsbald ausgingen / einen bewehreten Hauffen zu Pferde zuversamlen / damit ein solcher überfall abgekehret würde. Etliche von denen wahren in einer Herberge / vor welcher Valikules vorüber reiten muste / sahen ihn mit Gallus daher kommen / und frageten / wohin er so eilig gedächte. Ihr meine liebe Herren und Freunde antwortete er; es ist ein verwägener hochmuhtiger Ritter in meiner Herberge / der mich ohn alle Ursach zuprügeln dräuet; mit dem werde ichs versuchen / ob ihm solcher Frevel in eine Reue könne verkehret werden. Diese bahten ihn sehr / ein wenig zuverzihen; ihnen währe bewust / daß Parmenio über LX neugeworbene Knechte in dieser Stad hätte; daß ihm nun von denselben keine Unredligkeit bewiesen würde /währen sie schon bemühet eine Schaar zuversamlen /die auf solchen fall ihm schutz halten könte. Er bedankete sich dieser Vorsorge / stieg derweile ab / uñ kehrete bey ihnẽ ein / da inzwischen die anderen nicht feireten / ihnen einen Anhang zumachen. Es wehrete nicht lange / daß Parmenio vorüber ritte / welchen Valikules durchs Fenster ersehend / zu den Anwesenden sagete: Was dieser hochmuhtige Ritter mir heut und etliche Tage vor Schimpff erwiesen / kan ich nicht sagen / und da ichs ungerochen liesse / dürfte ich mein Vaterland nimmer wieder betreten. Etliche so zugegen wahren / kenneten Parmenio / sahen Valikules traurig an / und gaben zur Antwort: Sie möchten wünschen daß ers mit einem andern zutuhn hätte /rühmeten zwar sein gutes Herz / aber dafern er diesen Ritter besser kennen solte / würde er zweifels ohn auff andere Wege sich mit ihm vergleichen. Der jungen ädelleute einer / der ihn zu Korinth und auff dieser Reise hatte kämpfen sehen / antwortete; Er vor sein Häupt kennete zwar den Parmenio nicht / doch zweifelte er an Herrn Valikules Siege so wenig / daß er 500 Kronen verwetten wolte / jener gleichete diesem weder an Kräften / noch an Erfahrenheit zu kämpfen. Der Wirt wahr ein haabseliger Mann / und sagte: wann Herr Valikules sichs nicht zum Schimpffe zöge / währe er willens die Wette in so weit anzunehmen /daß jener diesem in beyden Stücken zum wenigsten nicht ungleich währe. Valikules baht sehr / der erste möchte sein erbieten wiederruffen / mit anzeigung /wie sehr jhm solches zu wider währe; welcher aber sich daran so wenig kehrete / daß ers auff ein doppeltes setzete. Der Wirth nam es an / mit der Bedingung / daß er jhm Versicherung der Bezahlung schaffete /im falle er unten ligen würde; da Valikules zu dem Wettesetzer sagete; weil jhr dann so gute Hofnung zu mir traget / ob ich gleich weniger bin als jhr mich haltet / ich mich auch bloß nur auff GOtt und meine gute Sache verlassen muß / wil ich doch nicht / daß ihr meinetwegen in Schaden gerahtet / und setze euch daher ein Pfand vor / womit ihr auff mein Unverhalten werdet bezahlen können. Zohe hiemit ein köstliches Kleinot hervor / welches die Anwesende über 2000. Kronen schätzeten / und stellete es dem Wirt zu. Die gantze Gesellschafft wunderten sich sein / wünscheten jhm Heyl [327] und Sieg / auch selbst der / welcher die Wette wieder jhn auffgenommen hatte / und beteurete hoch / daß er lieber eins so viel verlieren / als jhm Lebens Unfall gönnen wolte; und die Götter / sagte er /wollen meinem Herren Glück verleihen / auff welchen fall er mir versprechen wird / heut mein Gast zu seyn. Valikules bedanckete sich dessen / und gab zur Antwort; es möchte Gott seinen gnädigen Willen schaffen. Weil auch die Jünglinge mit jhrer ansehnlichen bewehreten Gesellschafft verhanden wahren / setzete er sich zu Pferde / dankete jhnen höfflich wegen jhrer Gewogenheit / und folgete seinem Feinde gantz gehertzet nach. Als er nun mit Gallus auff das Feld kam / fand er so eine grosse Menge der Zuseher / dz er Mühe hatte hindurch zu brechen / dann es war die Fehde in der gantzen Stadt erschollen / und hatten sich nicht allein Männer und Knaben / sondern auch Weiber und Jungfern hinaus gemacht / die sonst bey den Olympischen Schauspielen / vermöge der Gesetzen / sich nicht durften finden lassen. Parmenio sahe jhn herzu nahen / schlug seinen Helm auff / uñ sagete überlaut: O jhr Götter / muß ich nun zu einem ewigen Schimpfe mit einem Jungen streitẽ / der mir seinen Frevel nicht bezahlen kan / ob er gleich zehn Hälse hätte! doch der Römische Nahme / welchen er vorwirft / machet / daß ich jhn meinen Stalbuben nicht unter die Hände geben kan. Sendete alsbald sei nen Reitknecht ab / uñ ließ jhm ansagen; weil er sich wirdig hielte / den Tod von eines Ritters und KriegsObristen Hand zuempfahen / dessen er doch zugering währe / wolte er ihm denselben bald mitteilen / durchaus aber zuvor mit Gallus ein Treffen tuhn. Wolan /sagte Valikules / reitet hin / und saget dem stolzen Narrn / mein Gallus solle jhm zuwillen seyn / das übrige wil ich mit der Faust beantworten. Gallus ward dessen froh / und höffete grosse Ehr einzulegen / welches er ihm nicht zutrauete / massen er wol sahe / daß er zu Pferde wenig geübet wahr; unterrichtete ihn deswegen in aller kürze / wie er sich verwahren / und in rennen sich verhalten solte; welches er fleissig in acht nahm / stellete sich mit frischem Muht gegen Parmenio / den er schon daher sprengen sahe / und brachte seinen Stoß wolan / vermochte ihn aber im Sattel /nicht zubewägen / da er doch hingegen unsanft ausgehoben ward / daß er im Falle einen Arm verrenkete /und an der Schulter etwas verwundet ward. Parmenio trabete hochmuhtig vorbey / nicht anders als hätte er mit einem Stosse sie alle beyde nidergeworffen / nahete sich zu Valikules / und sagete; Schelm / was gäbestu iezt drüm / daß ich dir Lebensfristung verhiesse /uñ wegen deines Verbrechens dich täglich zweymahl peitschen liesse. O du Hund / sagte Valikules / kunte vor Zorn kein Wort mehr sprechen / sondern warf das Speer von sich / weil er der Zeit nicht erwarten kunte /grif zum Schwert / und schlug mit solchen Kräften auff ihn loß / daß alle Zuseher sich der ungeheuren Streiche verwunderten. Dieser hatte sich des schnellen Angrifs nicht versehen / weil er aber ein streitbahrer Ritter wahr / verlohr er so bald das Herz nicht / sondern brauchte sein bestes / daß sie eine geraume Zeit einander ümtrieben / biß endlich Parmenio aus Müdigkeit etwas nachließ / und zu jhm sagete: Ich bekenne / daß ich dir ungleich getahn / in dem ich deine Manheit so liederlich geschätzet. Er aber antwortete: Trift dich die Furcht schon so zeitig / und ist kaum der Anfang gemacht! O nein! bitten ist zu früh / und reue zu spät. Darauff schlug er von neuen mit solchen Kräfften auff jhn loß / daß er mehr / sich zu schützen /als seinen Feind zuverletzen / fleiß anwenden muste /weil jhm schon etliche / wiewol geringe Wunden geschlagen / aber der Schild fast gar zerhauen [328] wahr /und nachdem er sich nicht getrauete / in die länge auszuharren / schwänkete er sich / uñ hieb seines Bestreiters Pferde die Sehne ab / am linken Hinterschenkel /daß es zur Erden stürzete / sein Reuter aber gleich damit herunter sprang / und zu ihm sagete: Du heilloser Tropf / da begehestu keine Ritterliche / sondern Meucheltaht / daß du mir das Pferd muhtwillig erlegest. Gallus hatte sich erhohlet / stund und hielt sein Pferd beym Zügel / und führete es seinem Herrn zu /welcher sich darauf setzete / und den Feind mit einem frölichen Geschrey angrif. Dieser sahe ihn kommen /getrauete sich nicht mit dem Schwert länger zuschützen / sondern ließ ihm sein Speer reichen / und sagete: Höre Ritter (wo vor ich dich nunmehr erkenne) ich muß dich mit dem Speer auch prüfen / nachdem ich halte / wir die Schwerter einer dem andern gnug haben zuerkennen geben. O du feiger Großsprecher /antwortete er / was vor einiges Zeichen hat dein Schwert dann wol gelöset? suchestu etwa ein wenig frist / daß wird dich gar nicht schützen. Jedoch daß du nicht gedenkest / ich fürchte mich vor deinem Speer /so halte dich nur wol damit / und gedenke nicht / daß wir beyde lebendig von diesem Platze kehren werden. Diesem kam die Reue gar stark / daß er ihn so schimpflich gehalten hatte; Weil es aber nicht kunte wiederbracht werden / muste er das äusserste dran setzen / legte das Speer ein / und hoffete damit seinen Feind zu fellen / weil er den Ruhm hatte / daß er nie aus dem Sattel geworffen wahr. Valikules begegnete ihm unerschrocken / da dann die Zuseher sich immerzu mehreten / und doch eine solche Stille bey jhnen wahr / daß jhrer keiner einigen Laut von sich gab. Unsere Kämpfer ranten aufeinand' / und ward Valikules auf die Brust getroffen / nahm aber keinen Schaden / weil der Stoß abglitschete; hingegen fassete er jenen gleich oben am Sattelknauffe / und warff ihn so ungestüm zuboden / daß er mühe hatte / wieder aufzustehen. Der Sieger sahe sich umb und ward gewahr /daß jener auf der Erden gestrekt lag / sprang auch vom Pferde / uñ weil Parmenio sich inzwischen auffrichtete / und zum Fußstreite sich fertig machete / trat er jhm nahe gnug / uñ sagete: Nun wirstu mir das Pferd nicht zum andernmahle niderhauen; fürchte auch nicht / dz du mir entlauffest. Damit schlug er so hurtig auf ihn / als hätte er noch keinẽ Streich geführet / und den Zusehern unschwer wahr / von dem Ausgange dieses Kampfs zuurteilẽ. Parmenio wendete allen fleiß an zuwiederstehẽ / aber es fiel ihm endlich zu schwer / weil er empfand / daß seines Feindes Kräfte je länger je mehr zunahmen. Weil er dann nicht wolte vor überwunden angesehen seyn / und gleichwol den Kampf gerne aufgeruffen hätte / sagte er zu jhm: Ritter / ich meine / ihr habt nicht Ursach / euch weiter in Lebensgefahr zuwagen / sondern nachdem jhr eure Manheit gnugsam erwiesen / spreche ich euch frey von diesem Streite / und nehme euch auff in die Zahl meiner guten Freunde. Haha du ruhmrätiger Narr / antwortete er; meinestu mir so zuentwischen? Schlug unterdes i er frisch auff ihn zu / daß er endlich gezwungen ward / hinter sich zuweichen / eilete auch mit gutem Willen hin / woselbst er den grösten Teil seiner geworbenen Knechte beyeinander sahe; uñ als er nahe zu ihnen kam / rief er; rettet euren Obristen von diesem Teufel / und hauet ihn kühnlich zustücken. Diese wahren nicht faul / traten auff den Kampfplaz / und wolten ihn überfallen; aber die Griechischen Jünglinge mit ihrem Beystande sprungen von ihren Pferden / mischeten sich mitein / und dräueten allen den Tod / die sich unterstehen würden diesen Kampf zutrennen; wodurch diese Knechte mit leichter Mühe abgetrieben wurden / [329] deren Valikules schon zween mit so viel Streichen nidergehauen hatte. Als Parmenio solchen Beystand seines Feindes sahe /merkete er / daß sein letztes Ende nicht ferne wahr /doch weil er sein Leben sehr lieb / und vor dem Tode ein grosses Schrecken hatte / sagte er: Trefflicher Ritter / ich meyne nicht daß unsere Feindschafft weiter als auff die Ehre des Sieges gehe; weil dann solche ich euch selber zuspreche / so lasset / bitte ich / euch damit begnügen / und rühmet / daß ihr den bißher steten Uberwinder überwunden habet. O du verzagete Memme / antwortete er / hat dich mein Schwert nunmehr ein wenig Bescheidenheit gelehret? jezt erzeigestu / wie wenig rechtschaffener Tugend dir beywohne / und dz dein ruhmrätiges Maul und blödes Herz nicht aus einerley Fleisch gemacht sey / sonsten stürbestu lieber redlich / als daß du schändlich zuleben suchest. Jedoch / hättestu noch zulezt nicht so gar bübisch gehandelt / indem du deine Schelmen-Knechte auff mich gehetzet / möchte ich aller vorigen Schmach vergessen / und mich über dich erbarmen / dessen ich nun keine Ursach habe / insonderheit wann ich bedenke /daß du nur zu meinem Verderben leben / und nit ruhen würdest / biß du mich meuchlischer weise hättest ermorden lassen. Parmenio verzweifelte wegen dieser Rede an seines Feindes Gnade / samlete alle seine Kräffte zusa en / und überfiel ihn mit solchem Wüten / daß seine gewogene etwas Hoffnung schöpften; aber es wehrete kurze Zeit / weil seiner Glieder Krafft durch das hefftige bluten hinweg geflossen wahr. Valikules hatte Verdruß / so lange Zeit mit ihm zuzubringen / lief ihm unter / fassete ihn beym Leibe /und warff ihn als einen Klotz zur Erden; und als er ihm den Helm vom Häupte gerissen / sagte er: Hinfort soltu keinen redlichen Ritter mehr beschimpfen. Dieser warff sein Schwert hinweg / und baht mit gefaltenen Händen umb Gnade / weil er sich über alle masse vor dem Tode entsetzete / und dabey fest angelobete /ihn nimmermehr zu beleidigen oder verfolgen; wodurch er sich bewägen ließ / daß er willens wahr / ihm das Leben zuschenken / schlug seinen Helm auff / und sagete zu ihm: Weil du dann den Tod höher als die Schande fürchtest. Indem er dieses redete / ward er gewahr / daß Parmenio einen kleinen Dolch heimlich hervor zückete / welchen er bey der Spitze fassete /und ihn denselben ins Gesicht werffen wolte; aber er kam ihn mit einem Streiche zuvor / mit welchen er ihm das Häupt von der Schulder schlug / und diese Worte hinzu taht; Wer solche Buben und Meuchelmörder leben lässet / versündiget sich an der Welt. Ihr aber / sagte er zu seinen geworbenen Knechten / da habt ihr eures Obristen Leichnam / dann nach dem Tode suche ich keine Rache mehr; darumb verscharret ihn in den Sand / weil seine verwägene Zunge ihn in Gefahr / und sein meuchelmörderisches Herz in den Tod gestürzet hat; sehet aber zu / dz ihr nach diesem ehrlicher handelt / als ihr bey mir zuhandeln willens gewesen seyd. Der grösseste Teil der Zuseher / insonderheit das Weibervolk / die sich über seiner Gestalt verwunderten / fingen ein Freudengeschrey an / wünscheten dem Uberwinder Glük / und freueten sich /daß die Götter den Hochmuht zu stürzen / sich offt selber im Streit finden liessen. Valikules bedankete sich des guten Willen gegen alle Anwesende / mit tiefgebogenem Häupte / setzete sich auff Gallus Pferd / und hies ihn Parmenions reiten; baht auch die Griechischen Jünglinge / mit ihm in seine Herberge einzukehren / und diesen Abend seine Gäste zu seyn. Aber der so die 1000 Kronen verwettet hatte / erinnerte ihn seiner getahnen Zusage / und führete ihn samt den Jünglingen in sein Haus / taht ihnen gütlich / und zahlete [330] die Wette willig aus / sprechend / es währe ihm leid / daß er eines solchen Helden Mannheit aus Unwissenheit in Zweifel gezogen hätte. Des andern Tages / weil er wegen Gallus Verwundung ohn das nicht reisen kunte / lud er diesen Mann neben den Jünglingen zu sich / und ließ nichts mangeln / kauffte hernach ein Pferd wieder / dem vorigen gleich / und schikte sich zum Auffbruche / da die ädlen Jünglinge /in der Stunde seines Abzuges einen ihres Mittels an ihn sendeten / und ihm folgendes Ehrengeticht einliefern liessen.

Pindarisches Lied.
Zum unsterblichen Ruhm der mannhafften Tugend des treflichen Ritters und Helden / Herrn Valikules.
Erster Saz.

Ihr Musen / die ihr auff dem Helikon
Der wahren Tugend Ruhm und Lohn
Zu tichten pfleget.
Besinget unsern Held /
Den das Olympsche Feld
Zun Wolken träget.
Last eure Seiten klingen /
Stimt eure Lauten an /
Die unsern Sinn durchdringen
Mehr als die Trummel kan.
Erkennet ihm den Dank
Der allerschönsten Tugend /
In welcher seine Jugend
Fest steht ohn allen Wank.
Erster GegenSaz.

Ja freylich! dem gebühret Lob und Preiß /
Der Tugendhafft zu leben weiß.
Ihm sol gelingen.
Dir O du Glückes-Sohn
Sol auff dem Helikon
Ein Ruhm-Lied klingen.
Wer üppigkeiten liebet
Empfähet dieses nicht /
Was unser Lob dem giebet /
Der in der Tugend Pflicht
Ohn Eitelkeit besteht;
Dann wer boßhafftig fähret /
Macht / daß er ungeehret
In Schanden untergeht.
Erster NachSaz.

Wer kan O Tugend dann
Dein Lob dir nach gebũhr
Mitteilen? Jederman
Such' alle Krafft herfür.
O Tugend! O dein klarer Schein
Läst seine Strahlen
Viel tausendmahl noch heller seyn /
Als Sonnen Pracht /
Die alles klarweiß kan bemahlen.
Dein wird gedacht
Selbst in der Götter Raht /
Die nichts als Tugend nur belohnen.
Ja wer die Tugend hat /
Kömt in der Götter Schaar zu wohnen.
Nun dann / so wollen wir dein stolzes Lob erheben /
Als lang uns unser Geist vermögen gibt uñ Lebẽ.
Anderer Saz.

Valikules / des Ritterstandes Ehr /
Führt seinen Degen / Schild und Speer /
Zu Troz den bösen.
Sein Vorsaz fähret frisch /
Daß er die Unschuld risch
Nur mag erlösen.
Er hat bißher der Frommen
Und ihrer Schwacheit sich
Geträulich angenommen.
Auff daß der Bosheit Stich
Sie nicht erwürge gar.
Des muß ihm hie auff Erden
Der schuldige Dank werden
Und bleiben immerdar.
Anderer GegenSaz.

Valikules / der teure Musen Sohn
Empfähet billich diesen Lohn
Von Phöbus Händen.
Den wird das falsche Glük
Ihm wol kein Augenblik
Mit recht entwenden.
[331]
Sein Nahme sol stets blühen /
Sein Lob nicht untergehn /
Weil Musen Söhne zihen /
Er sol den Kranz schier sehn /
Der ihm bereitet ist /
Der ewiglich sol wehren /
Weil Vogel Körner zehren /
Und der Wolff Schaffe frisst.
Anderer NachSaz.

So recht! damit die Welt
Auch noch erkennen mag /
Daß Kunst auff Tugend hält /
Daß ihr ein lieber Tag
Gewidmet wird. Valikules
Hat wol gesieget /
Drum lebet er / da unterdeß
Der Praler fält /
Und hat sich in den Sand geschmieget.
O teurer Held /
Wir singen euren Ruhm /
Den ihr erstritten
Zu eurem Eigentuhm;
Habt ihr dann gleich den Hohn erlitten /
So ist er tausendfach durch eure Rach' ersetzet /
Dañ eure Tugend wird durch Pochers falergetzet.

Nach Verlesung dieses / bedankete er sich der unverdienten Ehre und gar zu hohen Lobes / das an seine Wenigkeit nimmermehr würde reichen können; befünde sich demnach gar zu hart verbunden / daß er nicht sähe / wie er so grosser Schuld sich loßwirken solte /insonderheit zu diesem mahle / da er gleich auffsitzen / und seinen nöhtigen Weg vor sich nehmen müste; Dafern ihm aber das Glük so günstig seyn würde /daß bey seiner Rükreise er sie antreffen möchte /wolte er seine Dankbarkeit nach vermögen sehen lassen. So bald dieser abgefertiget wahr / setzete er sich mit Gallus zu Pferde / nam seinen Weg nach Korinth zu / und hatte sich seinem GOtt diesen Morgen in fleissiger Andacht befohlen / weil ihm eine Schwermühtigkeit zugestossen wahr / deren ursach er doch nicht ersinnen kunte. Des Abends zuvor / ehe er sich auff den Weg machete / kam ein unbekanter Ritter in seine Herberge / und fragete den Wirt weitläufftig / ob ihm nicht bewust währe / wohin Valikules zureisen willens / und als er vernahm / daß er nach Korinth gedächte / sagte er: Weil sein Weg auch dahin ginge /währe ihm lieb / in dieses berümten Ritters Geselschafft zu reisen / und seine angenehme Kundschafft zuerlangen. Dieser nun / der sich von den unsern nicht hatte sehen lassen / nam des Morgens ihres ausreitens wahr / und folgete ihnen von ferne; erreichete sie doch zeitig / und indem er sich stellete / als wolte er vor über hauen / grüssete er sie freundlich / ward ihm auch von Valikules gebührlich gedanket / der ihn fragete / wohin er so eilig gedächte. Er zeigete an / daß er zu Korinth nöhtig zu verrichten hätte / und wann er wissen solte / daß sie einen Weg reisen wolten / bliebe er gerne bey guter Gesellschafft / da es ihnen nicht zuwider. Gesellschafft ist mir allemahl angenehm /sagte Valikules / und können wir also mit einander reiten.

Wir wollen sie aber zihen lassen / weil sie zu ihrem Unglük noch viel zu früh kommen / und uns nach Padua kehren / woselbst Ladisla mit schmerzen seines lieben Herkules Schreiben erwartete / und wehreten ihm die zehn Tage / die er dem Stathalter zu harren versprochen hatte / länger / als nie keine vorhin / ungeachtet sein liebes Gemahl ihm allerhand Kurzweil zumachen / und die Traurigkeit zu benehmen / sich äusserst bemühete. Als der zehnde und lezt versprochene Tag herbey kam / verfügete er sich zu seinem Schwager Fabius / und sagte zu ihm; Geliebter Bruder / ihr wisset / wie ihr mir verheissen / allen Vorschub zu tuhn / daß ich meinen lieben Herkules suchen / und wohin er seine Reise genommen / erfahren möge; [332] nun ist heut der lezte Tag unsers verzuges /und zweifele nicht / so viel länger wir uns auffhalten /so viel beschwerlicher unsere verrichtung fallen wird; Wann euch nun gut däuchte / wolten wir zwey starke Schiffe mit gutẽ Kriegsknechten besetzen / uñ unterschiedliche Wege vor uns nehmen; ich begehre vor mich kein grösseres / als welches 50 Kriegsknechte auffnehmen kan / dann hiemit werde ich das Meer desto geschwinder durchstreichen / und gleichwol in der Noht mich gnugsam zur Gegenwehr gebrauchen können. Fabius antwortete; Hochwerter Herr Bruder /unserer Abrede erinnere ich mich sehr wol / und hat mich die Zeit eben lange gedaucht / ehe sie verflossen ist. Der Vorschlag ist mir sehr angenehm / und bin ich willens / ein Schiff mit 100 Kriegsknechten außzurüsten / damit ich mich umb so viel sicherer in die wilde See wagen mag. Ich habe schon vor etlichen Tagen ans Meer geschikt / und können wir unter XXVgen die freie Wahl haben; sonst währen sie alle zu unsern Diensten. Nur eines besorge ich / wie eure Liebe von ihrem Gemahl wird Abschied erhalten / und werde ich mit meiner Ursul auch gnug zu schaffen haben. Mein liebes Gemahl / sagt Ladisla / wird sich hierin schon zu schicken wissen; werde demnach zuvor hingehen /und unserm Herren Vater ferner anzeigen / wessen wir gesinnet seyn; machten sich auch stündlich zu ihm hin / erinnerten ihn der genommenen Abrede / uñ bahten umb befoderung ihrer Reise. Dieser erschrak dessen; er wüste sich solcher Abrede durchaus nicht zuentsinnen / sondern hätte stets gemeinet / Leches und andere geträue Leute solten dem Fräulein mit einer Anzahl Schiffe nachforschen / und Herren Herkules zuhülffe geschicket werden. Ladisla aber antwortete; O mein Herr Vater / habt ihr dann die Gedanken fassen können / daß ich meinen Herkules von wegen meiner Frl. Schwester würde in der Irre herumb zihen lassen / und unbemühet bleiben / sie zu suchen / und ihnen mögliche Hülffe zuleisten? Solches kan ich euch nicht gänzlich verbieten / sagte er / nur daß zuvor von anderen Kundschafft eingehohlet werde / wo sie möchten anzutreffen seyn. Ja mein Herr Vater / antwortete er / wann jemand zu finden währe / der in Herkules Nachsuchung gedächte grössern fleiß anzuwenden /als ich / dañ so wolte ich mir diesen Vorschlag willig gefallen lassen; weil ich aber hieran sehr zweiffele /habe ich Dienst- und Kindlich zubitten / mich in meinem Vorhaben nicht länger auffzuhalten. Der Stathalter diesen Ernst sehend / und über die masse sehr betrübt / sagte zu ihm; O mein geliebter Sohn / wollet ihr dann von eurem Gemahl und von mir so schleünigen Abscheid nehmen? Herzlieber Herr und Vater /antwortete er; nicht Abscheid / als nur auff wenig Monat / welches er mir schon gönnen wird / weil ich lieber sterben / als meinen Herkules lassen wil. Ja mein geliebter Herr Sohn / sagte er; Schiffarten und Feldzüge stehen nicht in unser Macht / wie sie gerahten sollen. Ich leugne dieses nicht / antwortete er; aber hingegen haben die Götter in den grösten Nöhten auch die gröste Obacht über uns; so nehme ich ja diese Schiffart nit aus Leichtfertigkeit / sondern höchstgezwungener Noht vor / uñ dafern mein Herr Vater mich liebet / wird er ohn ferner einreden mein Vorhaben bewilligen. Wie aber / sagte der Alte /wann mein Sohn Kajus diese Mühe auff sich genommen hätte? Ich bedanke mich dieser väterlichen Bewilligung / sagte der Sohn / weil ich ohn daß Herren Ladisla versprochen habe / ihm in dieser Nachsuchung Geselschafft zu leisten. Der Vater währe hierüber fast niedergesunken und sagte mit traurigen geberden; sol ich dann meiner [333] beyden Söhne auff einmahl beraubet werden / so erbarme es die Götter. Aber Ladisla tröstete ihn / mit bitte / solche unselige Gedanken ihm nicht einzubilden; es hätten die Götter ihn nicht deßwegen aus so mannicher Noht und Gefahr gerettet / daß er in dieser geringeren verderben solte; währe demnach sein Vorsaz / so bald ein Schiff außzurüsten; so würde sein geliebter Bruder auch eines nehmen; wolten ihre Fahrt teilen / und mit der Götter Hülffe ihr Vorhaben bald zum Ende bringen. Ja wann es nicht anders seyn kan / sagte der Alte /muß ich mich wol gedulden; ihr werdet aber es noch acht Tage ansehen / weil die Schiffe vorher außgebessert / und alle Notturfft zum fügligsten muß herbey geschaffet werden; inzwischen möget ihr euch bemühen / eure Gemahlen zu bereden / daß sie damit friedlich seyn / oder nehmet sie lieber gar mit; dann ich wil die Gefahr zum andernmahl nicht stehen / die mir schon begegnet ist. Daß sey ferne / sagte Ladisla / daß mein liebes Gemahl dieser Gefährligkeit solte teilhafftig werden; viel lieber wil ich sie in mein Königreich senden / woselbst ihr nicht anders / als einer herschenden Königin sol auffgewartet / und von meiner Fr. Mutter alles liebes uñ gutes erzeiget werden. Ich stelle meiner Tochter frey / sagte der Stathalter / zu wählen was ihr gefält / nur daß sie mir dergleichen Auffzüge nicht mehr mache / wie bereit geschehen /da etwa eine wiedrige Zeitung entstehẽ würde. Ladisla bedachte sich / wie er von seinem Gemahl gute Einwilligung erlangen möchte / wolte sie doch desselben Abends nicht verunruhen noch betrüben / sondern da er früh Morgens mit ihr vom Schlaff erwachete /sagte er zu ihr: O mein allersüssester Schaz / bey welchem ich zu Leben und sterben begehre; ich habe eine Bitte bey euch abzulegen / welche meiner gänzlichen Hoffnung nach / ihr mir nicht versagen werdet. Fr. Sophia sahe ihn gar lieblich an / und begehrete / ihr mit solchem bitten zuverschonen / dann weil sie sein ehelich Gemahl währe / erkennete sie sich schuldig /ihm zugehorsamen. Ich nehme dieses Erbietẽ von ganzem Herzen an / sagte er / und zweiffele nicht / ihr werdet eine kurze Reise / die ich nohtwendig tuhn muß / euch nicht lassen zuwieder seyn / weil mir un möglich ist / dieselbe zurük zusetzen. Mein allerliebstes Herz / antwortete sie; meinet ihr / daß nicht vor acht und mehr Tagen schon / ich mich dieser Reise vermuhtet? ich weiß mehr als zu wol / daß ihr nit unterlassen werdet / euren Herkules zusuchen / könnet auch / vermöge eurer Freundschafft nicht wol anders /angesehen er ohn daß umb eurer Frl. Schwester willen aussen ist; deßwegen / wie herzlich gerne ichs gleich anders sähe / müste ich wol grob seyn / wann hierin ich euch wiedersprechen solte; reiset ihr nur in dem Nahmen aller Götter / und bringet euren Herkules neben dem lieben Fräulein bald wieder her; ja bin ich euch nicht hinderlich / so nehmet mich mit euch / es sey zu Wasser oder zu Land / es sey zum Leben oder zum tode / weil ich nunmehr mich also geschicket habe / daß ich der Götter Gunst und Glük nicht außschlagen / und ihre straffen / auch den Tod selbst geduldig leiden / und dawieder nicht murren wil. Ladisla hatte sich solcher angenehmen Erklärung nicht versehen / nam es vor ein Zeichen künfftigen glüklichen außschlages auff / und umbfing sie / sprechend: Mein außerwähltes Herz; niemahls habe ich einen grösseren Beweißtuhm eurer Liebe und träue gegen mich verspüret / als jetzo; daher verspreche ich euch / daß nach vollendeter dieser Reise ich mit willen ni ermehr von euch scheiden wil / biß der Tod den Riß machet: Mein Schätzchen / antwortete sie / jch nehme solches Versprechen an / uñ wil euch nicht verhehlen / warumb [334] ich in diese Reise so leicht willige; vor erst weiß ich / dz euch unmöglich ist / euren Herkules zu verlassen / der auch mir / nach euch / der liebste Freund in der Welt ist. Hernach würde ich mit meinen Trähnen und wiederspenstigen Bezeigungen euch nur betrüben / wo nicht gar erzürnen / welches ich nimmermehr zu tuhn gedenke. Endlich habe ich bey den Sternsehern mich des außganges dieser vermuhtlichen Reise erkündiget / und daneben die Götter nicht vorbey gehen wollen. Wisset ihr euch nicht zuerinnern /daß heut vor sechs Tagen ich einen fremden Mann /mit einem langen Rocke und Barte bey mir hatte / und durch Bitte bey euch so viel vermochte / daß ihr ihm eure Hand zeigetet / womit fast eine halbe Stunde hinging / und ihr schier unwillig währet drüber worden. Dieser hocherfahrne Handdeuter berichtete mich eures künfftigen ergehens in etwas / zeigete an / daß euch eine Reise zu Wasser und Lande bevorstünde / mit wunderbahrem Glük und Unglük vermischet / würde doch endlich zum gewünschten Ende außschlagen /und wären insonderheit die Ehren- und Glückes-Striche in euren Händen dermassen beschaffen / daß er deßgleichen nie gesehen / könte auch nicht fehlen / ihr müstet ein König seyn / oder schier künfftig ein Reich erlangen / weil er eine gedoppelte Kron in eurer Hand fünde. Ladisla gab auf solche Alfanzerey sehr wenig; weil aber sein Gemahl daher so gute Hoffnung geschöpfet hatte / wolte er nicht dawieder reden / sondern zu ihrem Trost rühmete er die Kunst / nam auch Gelegenheit daher / sie zuvermahnen / da ein falsches Geschrey seines Todes oder Unfalles entstehen würde / sich daran nit zukehren / sond'n Gott und seinem Glük zutrauen; ja weil er verstünde / daß sie auch die Götter mit ihrem Opfer versohnet hätte / möchte er gerne wissen / wz hofnung ihr dañenhero gemacht währe. Ich habe / antwortete sie / an unterschiedlichen orten grosse feiste Ochsen zum Opfer gegebẽ / uñ die Warsager-Priester bittẽ lassẽ aus dem Eingeweide uñ anderen zeichẽ zu erforschẽ / ob eine wichtige reise /welche schier dürfte vorgeno en werdẽ / glüklich ausschlagen / uñ das begehrte wieder gesunden / uñ erhalten werden solte; da ich dann von allen einerley Antwort bekommen; man hätte nach fleissiger Forschung erlernet / daß zwar ohn Gefahr und grosse Mühe diese Reise nicht seyn / aber doch einen gewünschten Ausschlag nehmen würde; und damit ihr sehet / sagte sie weiter / daß ichs nach Mögligkeit getrieben / wil ich augenscheinlich Zeugniß bringen; stieg hiemit aus dem Bette / und hohlete ein Zettel aus ihrem Handlädichen / legte sich wieder nieder / und sagete: hierinnen stehet einOraculum oder Göttliche Antwort / welche ich mit schweren Kosten zuwege gebracht; weil mirs aber zuverstehen noch zur Zeit unmöglich ist / wil ichs fleissig / biß zum Ausgange verwahren / ob ich alsdann bessere Erkäntniß daher nehmen möchte; gab es Ladisla / und baht / es bedachtsam und nachdenklich durchzulesen weil ihrem vermuhten nach etwas wichtiges darinnen begriffen währe / welches zum wenigsten die Zeit entdecken würde. Ladisla nam es zu sich / und fand diese Worte:


Der mischte Nahme wird an beyden Seiten müssen /

Eh daß er einfach stehe / im Vnglük zimlich büssen /

Doch Ehr und Leben bleibt / nur daß sich Glük und Stand

Gar krauß und bund verkehrt / eh das gewünschte Band

Vnd Rettung folgen kan. Die Sucher sind geschäfftig /

Gehn über Meer und Land / bemühen sich sehr hefftig

Durch Leiden und Gefahr; Der Himmel ist ihr Schild /

Da wo ihr Herz und Faust nicht wirket oder gilt.


Wie geht es hie so scharff! Wie manches Blut muß rinnẽ /

Wie mancher stolzer Held verleuret Krafft und Sinnen /

Eh alles wird volbracht! eh daß der grosse Schaz

Wird völlig ausgeteilt / und der genehme Plaz

Nach Wunsch erstritten ist; Das lezte dieser Sachen

Mag ich vor unmuht nicht den fragenden kund machen /

Weil es mir schädlich ist; nur dieses meng ich ein /

Sie werden nach der Angst und Arbeit frölich seyn.


[335] Ladisla sahe diese dunkele Reimen etlichemahl gar fleissig durch / kunte aber den eigentlichẽ Verstand nicht fassen / und sagte zu ihr; was insonderheit alhie gemeldet wird / werden weder ich noch ihr / noch jemand anders errahten; aber dieses sehe ich gleichwol /daß wir / zwar nicht ohn Mühe und Gefahr / aber doch gleichwol hindurchkommen werden / welches mir auch gnug ist; es sey dann dieses alles ertichtet /wie man dessen wol Begebnissen hat / daß die geizigen Pfaffen sich eines Dinges ingeheim erkündiget /uñ hernach solche verschraubete Worte gesetzet haben / die einander nicht errahten / sie aber solche hernach ihres gefallens drehen und deuten können; jedoch kehre ich mich nicht groß daran; dann wie ich die Götter nicht verachte / also gläube ich nicht leicht / was in Göttlichen Sachen mit Gelde erkaufft wird. So wil ichs aber gläuben / sagte sie / weil es mich zum wenigstẽ in guter Hofnung erhalten kan. Ich muß euch aber / ehe wir die Federn verlassen / noch eins erzählen; ohngefehr vor zwo Wochen / hat sich ein treflicher Sternseher bey mit angeben lassen / mir meines Lebens-Laufs-Beschreibung / aus des Himmelswirkung herrührend / nach anleitung des Gestirns zustellen / und mein vergangenes und zukünfftiges Glük und Unglük anzudeuten. Ich hatte von diesen Leuten unterschiedlichemahl reden hören / da etliche ihre Kunst lobeten und vor gewiß hielten; andere aber sie verachteten und verlacheten; ließ ihn deswegen zu mir fodern / und begehrete / er solte nicht allein mir /sondern euch / Herrn Herkules / und Frl. Sibyllen die selbe stellen / wovor ich ihm wolte gerecht seyn. Er verhieß mir solches / begehrete aber zuvor unser aller Geburt-stunde / und den Ort zuwissen / da wir gezeuget währen; und als ich ihm solches nicht von allen sagen kunte / nam er einen Stab / machte einen Kreiß ümb sich / und murrete viel Dinges / kritzelte auch selzame Züge in den Sand. Bald stund er auff dem linken / bald auf dem rechten Fusse; hing den Kopff /rieb die Stirn; zopffete das Haar / und hielt sich einem Narren nicht ungleich; endlich däuchte mich / wie ich einen mit ihm reden hörete / dessen Worte er in ein Schreibtäfflein fleissig auffzeichnete / und sahe ich aus allen seinen Geberden / dz er ein Schwarzkünstler seyn muste. Da nun sein Affenspiel geendiget wahr /sagte er zu mir: Gn. Frau; ihr fodert auff vier Menschen / ihres Glüks und Lebens Bericht von mir: nun wil ich euch in dreyen gerne zu willen seyn / dafern mir die Mühe vergolten wird; aber mit dem vierden haben weder ich noch die Götter zuschaffen. Ich gab ihm zur Antwort: Der Zahlung halben solte er unbekümmert seyn / weil mein Geldbeutel zimlich groß und schwer wåhre; hoffete aber nicht / daß unter uns vieren einer solte gefunden werden / auf welchen die Götter einen Unwillen und feindlichen Zorn gefasset hätten; müste demnach wissen / wer unter uns gemeinet währe / sonst könte ich mich mit ihm in keine weitere Handlung einlassen. Dieser wahr willig es anzuzeigen / da ich ihm versprechen würde / es inwendig XII Tagen nicht zuoffenbahren: Und als ich ihm solches verhieß / berichtete er mich; Herr Herkules währe derselbe / von dem seine Götter ihm weder gutes noch böses anzeigen wolten. Ich ward hierüber sehr bestürzet / und baht ihn / mich zuberichten / auff was weise doch dieser fromme und meines wissens unschuldige Herr / den Göttern könte versöhnet werden; vermochte aber ein mehres aus ihm nicht zubringen / als daß er seinen Göttern hart angelegen / hätte doch nichts erhalten / ohn daß Herkules die Ursach schon wüste / uñ niemand besser als er selbst / es anzeigen könte / würde auch den ernstlichen Nachfragern es nicht verhehlen. Ladisla antwortete ihr mit[336] einem Lächeln; geliebtes Herz; ihr sollet euch in diesem falle wegen Herkules durchaus keine Gedanken machen; dann ich versichere euch / daß wie er dieses Sternguckers und Zäuberers Götter nichts achtet / sie ihm hingegen auch keinen schaden tuhn werden; dann er lebet nicht ohn Gottesfurcht / wie ihr wolgespüret /und ob er gleich alle andere Götter verachten würde /die wir ehren / halte ich doch / es sey ein ander Gott /der ihm Schuz hält / und sich seiner gewaltig annimt; dañ sonst könte es nicht möglich seyn / er müste schon vorlängst unter der Erde stecken. So irret auch mein Herr Vater nicht sagte sie / von dem ich neulich lauschend vernommen / daß er zu meiner Fr. Mutter sagete; es stünde ihm klärlich vor Augen / daß Herr Herkules ein Christ währe / massen man von ihm keine leichtfertige scherzrede hörete / ginge oft und viel in andächtigen Gedanken / höbe seine Hände auff gen Himmel / schlüge an seine Brust / und liesse sich in allem sehr Gottfürchtig merken; insonderheit währe er seinen Feinden zuverzeihen so willig / meidete allen überfluß in essen und trinken / und / welches allein Beweißtuhms gnug währe / hörete man ihn niemahls von Göttern / als von vielen reden / sondern nur von einem einzigen / welchen er den Allmächtigen nennete; nun ist mein Herr Vater der Christlichen Lehre eben nicht auffsätzig / sagte sie / wie ins gemein die Römischen Beamten sonst zuseyn pflegen /sondern kan sie wol leiden; verhindert auch ihre Verfolgung / als viel ihm möglich ist / weil er wisse / sagt er / daß die heimliche Unzucht und Schande / welche sie in ihren Versamlungen treiben sollen / von ihren widerwertigen ihnen aus Haß und Neid fälschlich auffgedrungen / und mit höchster Unwarheit nachgelogen werde. Ich wil euch auch unverhalten seyn lassen / daß meine Fr. Mutter in der Christlichen Lehre von jugend auff erzogen ist / und kam sie auff keinerley wejse davon gebracht werden / wie bund und wunderlich es mein H. Vater auch vor diesem versuchet hat; lässet ihr aber nunmehr ihren freyen Willen. Doch wird es in gröster Geheim gehalten; dann solte es auskommen / dürften bald etliche hinter meinem H. Vater her seyn und ihm als einem Christen Freunde zusetzen / daß er wol gar aus seinem Ehrenstande gehoben würde; massen die höchsten Nebenhäupter des Reichs diesem Glauben sehr zuwieder sind / und manniche Verfolgung / bald hie bald da anrichten / ob sie gleich der ietzige Käyser wol leiden kan. Ladisla antwortete ihr; Euer Herr Vater mag vielleicht es schier errahten haben / welches ich doch eigentlich nicht sagenkan; seine Eltern weiß ich wol / sind keine Christen / sondern diesem Glauben sehr zuwieder; wir beyde aber achten solches nicht unter uns / dann weil man des Glaubens halber nur den Göttern rechenschafft geben darf / sol es unsere Freundschafft nicht brechen; und halte ichs nach meiner Einfalt davor /die Götter werden sich aller deren ohn des Glaubens unterscheid erbarmen / die ein frommes unsträfliches Leben führen; wiewol mein Herkules gar einer wiedrigen Meinung ist. Aber daß ich auff eure vorige Reden komme; hat euch dann der Sterngucker den begehreten Bericht erteilet? Nein / sagte sie / er hat acht Wochen zeit bestimmet / und mir daneben angedeutet /daß inwendig solcher Zeit eine wundersame Verenderung bey uns sich zutragen würde / woran er dann nicht gelogen hat. Der Narr wird euch viel Fratzen bringen / sagte Ladisla / dem ihr ja nicht trauen dürfet; es ist aber Zeit / daß wir uns von dem Lager erheben / und ich anordnung zu meiner Reise mache. Nach eurem belieben / sagte sie; aber nachdem ich dieselbe so gerne bewilliget habe / wird mein Schaz mir diese Gunst erzeigen / [337] und etwa noch acht oder X Tage bey mir verharren / damit der gar zu schleunige Abscheid mich nicht zu sehr betrüben möge. Ladisla wuste wol / daß die Schiffe so geschwinde nicht kunten zugerichtet werden; versprach deswegen noch IIX Tage zubleiben; dessen sie sich höchlich bedankete. Gleich nun / da sie sich bekleideten / und ihr Gespräch hievon hatten; trat der junge Fabius zu ihnen ins Gemach / umb zuvernehmen / wessen seine Schwester sich wegen der Reise erkläret hätte. Ladisla fragete die Ursach seiner so frühzeitigen Ankunft / die er wegen der Schwester gegenwart nicht melden wolte; welches jener merkend / zu ihm sagete; da es etwa ihre Reise beträffe / möchte er kühnlich reden /nachdem sein liebes Gemahl schon gerne darein gewilliget hätte. Fabius ward dessen froh / und sagte: Ey so muß mir meine Ursul auch heute noch anders reden / und meiner lieben Schwester den Gehorsam ablernen; erzählete darauff / was Mühe er diese Nacht mit ihr gehabt / daß er schier närrisch drüber worden; insonderheit hätte sie ihre Wase Sophien beklaget / als welche keine Stunde leben würde / da sie vernehmen solte / daß Herr Ladisla eine solche Reise auf sich zunehmen gesinnet währe; und habe ich mich selber dessen nicht ein geringes befahret; weil ich aber deren guten Willen vernehme / wolle dieselbe ihr nur hart gnug zureden / dann sie wird sich hieselbst bald anfinden. Kaum wahr dieses geredet / da trat sie zur Tühr hinein / und da sie ihrer Wasen nahete / schossen ihr die Trähnen in die Augen; welche alsbald fragete / was ihr kümmerliches anliegen währe; Und als sie es nicht bekennen wolte / sagte sie; Ich zweifele nicht / ihr weinet darümb / daß mein lieber Bruder eine zeitlang von euch hinweg zihe wird / und ihr etliche Wochen oder Monat allein schlaffen sollet; seyd ihr dann in so kurzer Zeit verwähnet / daß ihr nicht mehr könnet ohn einen Beyschläffer seyn? Aber dz ich ernstlich mit euch rede; Ich hätte / geliebte Schwester / wol so viel / wo nicht eine gute Hand vol mehr Ursachen zu weinen / als ihr; Wann ich mich aber erinnere / daß ich meinem allerliebsten Gemahl zu gehorsamen schuldig bin / muß ich meinen Willen wol in den seinen schliessen / unter der Hoffnung / die Götter werden uns dereins wieder zusammen fügen /nachdem sie ihrer Versehung nach / uns gnug werden geprüfet und im Gehorsam bewehret haben; inzwischen wollen wir mit den Gedanken und stätem glükwünschen ihnen alle Tage folgen / ja ohn unterlaß umb und bey ihnen seyn / biß wir sie mit den Händen wieder erreichen / und mit beyden Armen umfassen können. Fr. Ursul hörete ihr mit Verwunderung zu /und entfielen ihr alle Reden / welche sie (unter der Hoffnung / diese würde mit ihr einstimmen) ihr vorgenommen hatte / ohn alle Scheuh heraus zustossen; endlich fing sie also an: Geliebte Schwester; ich bin von Jugend auff mit euch umgangen / aber in euren Sinn weiß ich mich so wenig zuschicken / als hätte ich euer gar keine Kundschaft; Vor X Tagen woltet ihr gar verzweifeln / daß ihr euren Ladisla in XXIV Stunden nicht gesehen; jetzo mahnet ihr ihn fast selber an / daß er von euch zihen sol / und wisset doch nicht / ob ihr ihn jemahls werdet wieder zusehen bekommen. Ach Schwester / antwortete sie / die Götter kennen mein Herz / und wie hoch ich wünsche / nimmermehr von meinem Liebsten getrennet zuwerden; aber was seyn muß / und von dem unwandelbahren Raht der Götter selbst beschlossen ist / dawider hilfft alles mein beginnen weniger / als wolte ich das überlauffende Meer mit einem Strohalm zurücke schlagen; geschweige / daß ich meinen Liebsten nur unwillig und betrübt machen würde. Fr. Ursul antwortete: Seyd ihr dann / Frau [338] Schwester / in der Götter Rahtstube gewesen / und habt daselbst ihren unwandelbahren Schluß von ihnen gehöret? Was saget ihr mir von der Götter ihrem Raht? Es ist eures Ladisla und meines Fabius freygewähl er Wille / sind vielleicht ihrer Weiber schon müde / und suchen eine Verenderung; sehet / das nennet ihr den Götter-Raht. Ihr Fabius gab ihr einen Wink / sich im reden zumässigen; aber sie sagte durre heraus / sie wolte und müste Herrn Ladisla die Warheit sagen / damit er sie nicht vor gar zu einfältig hielte; Dann ihr / ihr Herr Ladisla / sagte sie / seyd die einige Ursach / daß ich von meinem Liebsten mich muß trennen lassen; worüber sie hefftig anfing zuweinen. Er hingegen wahr so bestürzt / daß er ihr so bald nicht zuantworten wuste; Endlich sagte er: Die Götter wissen / daß ich euren Liebsten zu dieser Reise nicht beredet habe / sondern es ist sein freyer Wille / mit mir fortzugehen / wil auch gerne sehen / daß er seinen Vorsaz endere; mich aber betreffend / müste ich Ritters-Ehre unwirdig seyn / wann ich meine Frl. Schwester / so umb meinet willen in Räuber Hände gefallen ist / ungesuchet liesse / und mich gegen dieselbe träger und verzagter als mein Herkules / der nur ihr Oheim ist / bezeigete. Fabius ward auch ungehalten / uñ sagte zu ihr: dafern sie gedächte in seiner ehelichen Hulde zubleiben / solte sie sich in solchen Reden mässigen / sie würde sonst eines grössern übels Ursach seyn; dann könte sie sich nicht in güte lassen bereden / wie seine geliebete Schwester / würde er gezwungen / mit Unwillen von ihr Abscheid zu nehmen; sagte hernach zu Ladisla: Er wolte hingehen / und ihre Pferde satteln lassen. Als er hinweg wahr / fing Sophia an / ihre Wase zustraffen; es währe nicht das rechte Mittel / eines Ehegatten Huld und Liebe zuerhalten / wann man dessen steiffen Vorsaz durch noch steiffere Hartnäckigkeit zu brechen sich unterstehen wolte; so würden die Ritter offt durch Ehre gezwungen / etwas vorzunehmen / daß sie sonst wol unterliessen / und könte sie wol erkennen /daß ihr Gemahl schuldig währe / nicht allein seiner Frl. Schwester / sondern auch seinem geträuen und liebsten Freunde Herkules zu folgen. Da treffet ihr den rechten Zweg / antwortete sie / und hättet ihr ungleich besser getahn / sagte sie zu Ladisla / daß ihr euch mit eurem Herkules / als mit meiner Fr. Schwester hättet ehelich trauen lassen / weil ihr so gar von demselben nicht könnet geschieden sein / daß mich auch wunder nimt / daß ihr nicht mit Herkules und eurem Gemahl stets auff einem Bette schlaffet. Ladisla lachete darüber / wie ernstlich sie gleich solches vorbrachte / und sahe wol dz mit dieser aus Liebeseifer erzörneten Frauen nicht zu handeln wahr / biß der erste Schiefer würde vorüber seyn / daher gab er zur Antwort / er wolte seiner herzlieben Fr. Schwester dieses auff gelegenere Zeit beantworten / jetzo aber seinem Bruder Herr Fabius folgen. So gehet hin /sagte sie / und benehmet ihm den Unwillẽ / welchen er über mich gefasset hat. Ja gar gerne / antwortete er / wann sie nur den ihren von mir abwenden wil. Der wird euch zu nichts schaden / sagte sie / weil ihr ohn daß nur euren Spot damit treibet. Er entschuldigte sich dessen / boht ihr einen freundlichen Kuß / und ging hin / seine Waffen anzulegen / ritte mit Fabius nach dem nähesten Hafen des Adriatischen Meers / in welchem eine gute Anzahl Römischer Kriegsschiffe lagen / wähleten jeder eines daraus / welches ihm am gefälligsten wahr / und liessen sie iñerhalb sechs Tagen mit aller Notturfft versehen. Die Kriegs- und Ruderknechte wurden unter den versuchtesten ausgelesen / und wolte ein jeder diesen ritterlichen Zug mit tuhn. Des dritten Tages vor ihrem Abscheide / ritten sie aber hin / die [339] Schiffrüstung zubesichtigen / und da sie einen zimlichen Weg bey dem Meeres Ufer sich mit reiten erlustigten / begegnete ihnen ein alter Mann / welchen sie frageten / was er neues wüste. Dieser antwortete: es währe fider dem nähesten überfall der Meer Räuber stille uñ sicher gewesen. Was ist das vor ein überfall davon ihr redet? fragete Ladisla. Welcher vor XVI Tagen ohngefehr / von den Meer Räubern uns leider begegnet ist / antwortete der Alte. Ladisla sagte zu Fabius: gilt Bruder / dieser ist uns von den Göttern zugeschikt / uns etwz Nachricht zugeben / und hoffe / er solle uns ein besser Wahrsager seyn /als auff dessen Ankunfft mein Gemahl so grosse Hoffnung gesetzet hat; fuhr gegen den Alten fort / und forschete / ob dieser Räuberhauffe nicht gefangene Leute mit sich geführer hätte. Ja / sagte er / einen sehr schönen Jüngling und eine adeliche Jungfer; denen des folgenden Tages ein junger Herr im ledern Kleide / mit einem ansehnlichen Diener / der ein röhtliches Haar hatte / nachfolgete. Ladisla sprang vor Freuden vom Pferde / und sagte: Guter Freund / ihr müsset uns hievon etwas mehr sagen; dann dieses zuerforschen /sind wir ausdrüklich hieher ko en so lasset uns nun wissen / wohin segelten diese Räuber? Meiner Meynung nach / sagte er / richteten sie ihren Lauff straks in das Meer hinein / etwa an die äussersten Ende Griechenlandes / oder wol gar vorbey zu fahrẽ / welches ich daher muhtmasse / weil sie Barbaren / und aus den Asiatischen Morgenländern / ja wo ich recht habe / gar aus Parthen wahren. Freund / sagte Ladisla / könnet ihr dann die Parthische Sprache? Nicht gar /mein Herr antwortete er / sondern ich verstehe sie nur zimlich / weil ich vor diesem im Parthischen Kriege gedienet habe. Was vor Gelegenheit aber hatte der junge Herr / den Räubern zu folgen? fragete Ladisla weiter. Ich brachte ihn / sagte jener / auff ein Kauffmans Schiff / dessen er mich ehrlich lohnete; und dieses nam seinen Weg nach Griechenland / Handlung daselbst zu treiben. Ladisla gab ihm VI Kronen / und sagte: Mein Alter / währet ihr alsbald nach Padua kommen / und hättet dieses bey dem Stathalter gemeldet / wolte ich euch das beste Meier gut vor der Stad geschenket haben. Sie kehreten hierauff bald wieder umb / und berichteten den Stathalter / was sie erfahren hatten; Welcher daraus leicht abnam / was vor eine beschwerliche Nachsuchung diese seyn würde; Dann sagte er / wofern Herkules vorsezlicher weise sich heimlich halten wird / sollet ihr etliche Jahr zubringen / ehe ihr ihn auskundschaffet; dann Griechenland ist sehr weitläufftig / und die umbligende Eylande mannigfaltig. Die Götter mögen euch sonderlich führen / sonst sehe ich kein außko en. Uber das höre ich / er sey gewohnet / fremde Nahmen an sich zunehmen darumb fraget nit so viel nach / wie er heisse /als wie er gestalt sey / und sein Diener genennet werde. Jungfer Libussa wolte Herren Ladisla vor seinem Abscheide etwas Nachricht geben / und zeigete an / Fräulein Valiska liesse sich Herkuliskus nennen. Bey meiner träue / sagte hier auff Ladisla zu seinem Gemahl; diese Jungfer dürffte eine gute Dolmetscherin eurer verborgenen Reimen sein / und mich den Götter-Spruch in etwas treffen lehren; dann sehet den Anfang desselben / welcher also lautet:Der mischte Nahme; das ist / der vermischete; dañ aus Herkules und Valißka / ist der Nahme Herkuliskus gemacht; und wird er gewißlich es mit seinem Nahmen auch also spielen. Und zwar hieraus nahm er noch den grösten Argwohn / es müste eine vertrauliche Liebe zwischen ihnen beyden seyn / davon er nichts wüste. Vor seinem Abscheide redete er sonst mannicherley mit seinem Gemahl / schrieb auch an [340] seine Fr. Mutter und die sämtlichen Landstände; zeigete ihnen seine Reise an / und weil er nicht wissen könte / wie bald er dieselbe zum Ende bringen / und was ihm begegnen möchte / verordnete er / da die Götter verhoffentlich sein Gemahl mit Leibesfrucht gesegnet hätten / daß sie solchen künfftigen Erben ihnen solten lassen befohlen seyn / als dem nach seinem ableiben die Krohn Böhmen unstreitig zu stehen würde. Sein Gemahl solte auff diesen Fal in das Königreich nicht mit lediger Hand ko en / sondern über LXX Tonen Goldes hinein bringen; worauß sie gnug urteilen könten / daß er von der Krohn keines Unterhalts bedürffte. Als er diesen Brieff gleich versiegelt hatte / trat sein Gemahl zu ihm ins Gemach / und lieferte ihm ein Schreiben /welches von Rom an Herkules haltend / gebracht würde. Ladisla sahe des umschlages Aufschrifft / uñ erkeñete / dz ihn Sabinus ihr alter Wirt daselbst / geschrieben hatte; reiß den Umschlag davon / und lase die Auffschrift des ingelegten Briefes:Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Herkules / geborñe Großfürsten / meinem herzlieben Sohne. Er bedachte sich / ob ers brechen / oder ungelesen verschlossen lassen solte; endlich / weil er fürchtete / es möchte einer Antwort bedürffen / öffnete ers / und lase folgenden Inhalt:Herzlieber Sohn; dein Schreiben / neben dem übergemachten Beutpfennige / Pferden und Harnisch an deinen Bruder Baldrich / und Frl. Schwester Klaren / ist alles geträulich eingeliefert / und erfreuen wir uns deiner Ehr und Wolergehens; wundert auch deinen Herrn Vater nicht wenig / daß unsere Götter / die du so verächtlich hältest / dich so weit übersehen / und nach unser Pfaffen Dräuung nicht alsbald in die tieffste Pfütze alles Unglüks stürzen. O wie hermet sich dein Herr Vater / daß er dein / mit höchstem Schaden des ganzen Vaterlandes / entbehren / und seinen ärgesten Feinden / den Römern zum besten / dich so fleissig muß auferzogen haben. Sey ja vorsichtig / und laß dich von ihnen nicht auff dein Vaterland hetzen / dessen Verderben sie mehr als einigem Dinge nach trachten. Dein Bruder und Frl. Schwester grüssen dich herzlich / nebest freundlicher Danksagung vor das übergeschickete. Unsers Sohns Ladisla Heyraht komt uns allen sehr verdächtig vor / sehet zu / und vertieffet euch nicht zuweit mit den listigen Römern / welche unser Freyheit Stricke zulegẽ / nimmer auffhören werden / damit Kindeskinder nicht ursach haben / euch nach dem Tode zuverfluchẽ. Lebe wol / und grüsse deinen Ladisla. Geschrieben von deiner geträuen Mutter Gertrud / GroßFürstin der Freyen Teutschen.

Nach verlesung legte er den Brieff in seiner Gemahl Gegenwart wieder zusa en / und damit er ihr keinen bösen Argwohn machete / sagte er; es würde bloß nur vor dz übergeschikte nach Teutschland / gedanket / und währe von Herkules Fr. Mutter geschrieben; redete nachgehends mit ihr von unterschiedlichen Sachen / und versprach ihr / innerhalb sechs Monaten auffs längste / sich zu Padua wieder einzustellen /oder wegen seines außbleibens schriftliche Anzeige zu tuhn; würde sie dañ unterdessen von Herkules oder seiner Frl. Schwester / Zeitung haben / solte sie solches an Sabinus nach Rom schrifftlich gelangẽ lassen / der ihm solches auff Begebenheit zusenden würde; dann weil von allenthalben her nach Rom Botschafften gingen / wolte er dahin an obgedachten Sabinus offt schreiben / da er nicht inzwischen seinen Herkules solte außforschen können. Sie verhieß ihm alles fleissig in Obacht zu nehmen / und hoffete zu den Göttern / es würde auff jetzige traurige Scheidung eine abermahlige / und zwar bestendige zusammenfügung erfolgen. Aber eines Bitte ich sehr / sagte sie /mir in Vertrauen zu offenbahren; hat Herr Herkules sich mit euer Frl. Schwester ehelich versprochen / so verberget es nicht vor mir / weil ich nicht ohn Ursach darnach frage. Gewißlich mein Schaz / antwortete er /ich weiß hiervon durchauß [341] nichts mehr / als was ich beginne zu muht massen; möchte auch von herzen wünschen / daß etwas daran währe / dessen ich doch keinen Grund zu finden weiß; es währe dann / daß vor zwey Jahren sie ihre Sachen mit einander abgeredet hätten / wovon aber meine Fr. Mutter eben so wenig weiß als ich und ihr; so hat mein Herkules mir dessen nicht die geringste Anzeigung getahn / welches mir den grösten Zweiffel verursachet / inbetrachtung / er sehr wol weiß / das beydes ich und meine Fr. Mutter sie niemand in der ganzen Welt lieber gönnen / als ihm; doch habe ich numehr Muhtmassung gnug / dz meine Frl. Schwester eine Liebe zu ihm trage / und ihr nicht geringe Hoffnung mache / ihn zum Gemahl zu beko en. Aber mein Herz / saget mir doch / warumb ihr so fleissig hiernach fraget. Fr. Sophia lachete / und gab zur Antwort; mir solte gleich so wol als euch nichts liebers seyn / wann diese Heyraht vorwähre; jm widrigen gönnete ich ihm keine lieber / als meine geliebte Schwester Frl. Sibyllen. Mein liebster Schaz /sagte er / so bald uns das Glük zusammen bringet /wil ich mich dessen bey ihm erkündigen / auch auff wiedrigen Fal allen fleiß anwenden / euer Vorhaben zubefodern / wie wol dem lieben Fräulein keine Hoffnung zu machen ist / dann ich gar nicht zweiffele /daß wo er meine Frl. Schwester in der Wilden fremde erretten / und in seine Gewarsam überkommen wird /dürfften sie noch wol schliessen / was annoch ungeschlossen ist. Der junge Fabius kam gleich darzu /und meldete / daß die Schiffe fertig stünden / und ein sehr guter Wind ihrer wartete; deßwegen ließ Ladisla seine Leibgutsche bringen / auff welche er sich mit seinem Gemahl setzete; Fabius wahr mit seiner Ursul auch auff einer allein / die sich nunmehr eines bessern bedacht / und in sein Vorhaben eingewilliget hatte; auff der dritten wahr der Stathalter und sein Gemahl /und auff der vier den Frl. Sibylla und Jungfer Libussa / als welche ihnen das Geleite biß an die Schiffe gaben. Klodius ritte zu Ladisla an die Gutsche / uñ bat sehr / ihre Gn. möchte ihn mit auf sein Schiff nehmen / dann da er mit Herr Fabius fahren solte / fürchtete er sich / es möchte ihm dereins zu Häupte steigen / daß er ihn ehemahls so unbedachtsam außgefodert; versprach auch / sein Leib und Leben bey ihm willig auffzusetzen; bekam aber zur Antwort; er solte sich deßwegen gar nicht bekümmern / weil er so wol ihn als Markus der Dienste zu erlassen gesinnet währe /daß sie hinfüro ihres Willens leben solten / und nicht destoweniger vier Jahrlang ihren volkommenen Sold empfangen / als ob sie wirklich dieneten; befahl auch seinem Gemahl / dessen eingedenke zu seyn. Er aber ward wegen solcher Antwort sehr betrübet / und zeigete mit traurigen Geberden an; er und sein Spießgeselle Markus wolten nit hoffen / so unträulich gedienet zuhaben / daß sie dergestalt auff stehendem Fusse solten beurlaubet werden; bähten demnach untertähnigst / da sie in vorigen Diensten nicht könten gelassen werden / sie nur vor Schiffsoldaten zubestellẽ /weil sie durchaus nicht bedacht währen / ihre Herren vor Außgang der versprochenen Jahre zuverlassen / es währe dann / daß dieselbe sich vor der Zeit in sicherem Stande befünden / und ihre Herschafften anträten. Wolan / sagte Ladisla / weil ihr so redlich seid; und euren Herren zu Liebe / viel lieber die Gefahr wählen / als auff euren Gütern in guter Ruhe sitzen wollet / so sol euch hinfüro euer Monatlicher Sold doppelt außgezählet werden; und wer weiß / womit ihrs verdienet / daß euch alle vorgeschossene Gelder gar geschenket werden? Klodius entschuldigte sich / es håtte diese Meynung nicht; die schon erzeigete Gnade und Woltahten währen ohn dz [342] viel wichtiger / als sie Zeit ihres Lebens ersetzen könten; Und weil Ladisla wol erkennete / daß dieser gnugsame Ursach hatte / sich Fabius Geselschafft zu entäussern / wiewol ihm derselbe von herzen gewogen wahr / behielt er ihn bey sich / und ordente Leches und Markus auf Fabius Schiff / der sie willig und mit Dank annam / auch alsbald Leches zum Befehlichshaber über das ganze Schiff / und Markus zum Häuptman über die Kriegsknechte ernennete / jedoch dz dieser Leches Befehl gehorsamen solte. Ladisla gab Klodius auch die Häuptmanschafft über sein Schiff / und wahr ihm sonderlich liebe / daß er schon vor dieser Zeit zur See gefahren / und ihm die Griechischen Meerhaffen und vornehmsten Eyländer bekand wahren. Als sie dem Meer naheten / und die auff dem Schiffe ihrer ansichtig wurden / liessen die Boßknechte samt den Soldaten einstarkes Freudengeschrey gehen / und hiessen ihre Herren mit den Trometen wilkommen. Der Stathalter lies alle Schiffknechte und Soldaten schwören / dem Römischen Reich geträue zu seyn / und diesen ihren beyden Obersten allen Gehorsam biß in den Tod zu leisten. Es wahren alle außerlesene Knechte / und des Meers überal erfahren / unter denen eine zimliche Anzahl ädler wahren / welche sich unterhalten liessen / in diesem löblichen Zuge etwas zu sehen. Am Ufer des Meers nahmen die Söhne vor erst Abscheid von ihren Eltern / und befahlen sich ihrer steten Gunst und Liebe. Fr. Pompeja kunte vor betrübnis kein Wort reden / sagete endlich mit vielen Trähnen; der almächtige Gott Himmels Erden und Meers sey euch gnädig; der schütze / leite und führe euch / daß ihr nach wol verrichtetem Vorhaben frisch und gesund wiederkommet / und nach dieser Bekümmernis die euren wieder erfreuet. Hernach trat Ladisla zu seinem Gemahl / uñ in dem er sie anreden wolte / belieff ihm das Hertz / daß er kein Wort sprechen kunte; ermannete sich doch bald / und mit einem lieblichen umbfahen sagete er; Mein außerlesenes Herz / ich hoffe euch ehe wieder zu sehen / als ihr möget Glauben haben; unterdessen befehle ich euch dem Schuz aller Götter / zweiffele nicht / ihr werdet meine geträue Liebe allemahl im frischen Gedächnis führen und verwahren. Sie hingegen empfand solche innigliche Schmerzen in ihrer Seele / daß ihr nicht anders zu muhte wahr / als solte ihr das Herz im Leibe bersten; endlich brachen die Trähnen häuffig loß / wodurch sie etwas Lufft bekam / daß sie antwortete: O mein außerwählter Schaz / an dem ich alle meine Wollust und Ergezligkeit habe; ich bitte euch herzlich und umb unser Liebe willen / waget euch nicht zu kühn in Gefahr / und ohn Beystand; und da euch andere umb Hülffe ansuchen / so entbrechet euch dessen / als viel ritterliche Ehre immermehr zulassen kan / in betracht / daß ihr nicht allein der eure / sondern auch der meine seid. Schreibet mir ja bald / wann ihr an Land kommet / oder euch ein Schiff auffstosset welches dieses Orts anländen wolte / und seid dem Schuz aller Götter befohlen. Sehe ich euch wieder / so bin ich vergnüget; wo nicht / muß ich gedenken / ich bin eines so grossen Glüks nicht wirdig gewesen. Mit diesem Wort fiel sie in Ohmacht nieder zur Erden / daß das Frauenzimmer herbey zu treten / und sie zuerquicken genöhtiget ward. Ladisla erinnerte sie ihrer bißher erzeigeten und so teur angelobeten Beständigkeit /welche sie nicht beyseit setzen / sondern eine geringe Wiederwertigkeit geduldig außhalten möchte; worauff sie sich erhohlete / küssete ihn freundlich zur Glükwünschung einer guten Reise / und sagte; Nun so fahret unter Glücks begleitung / und eilet mit eurer Wiederkunfft / damit dieselbe grössere Vergnügung /als der Abscheid [343] Schmerzen bringe. Stieg hiemit auff ihren Wagen / und nam Sibyllen samt Libussen zu sich. Diese lezte nun wahr diese Tage über von ihrem liebstẽ Leches so wol bedienet / daß sie etlichemahl vornam / sich mit ihm auff den Weg zubegeben /unter dem Schein / als wolte sie dem Fräulein folgen; dann es ging ihr hart ein / ihn so bald von sich zihen zu lassen; jedoch umb verdachts willen zohe sie sich allemahl wieder zurücke. Leches hielt unterschiedlich bey ihr an / das Beylager vor ihrer Reise zuvolstrecken / kunte es aber nicht erhalten / sondern bekam diese Zusage: so bald ihn die Götter glüklich wieder zu Lande bringen würden / solte in sein Begehren unwegerlich eingewilliget werden; womit er sich sehr ungern abspeisen ließ. Der junge Fabius / da er von seinem Gemahl / die sich kaum wolte trösten lassen /Abscheid genommen hatte / trat hin zu seiner Schwester an die Gutsche / gesegnete sie / und befahl sich ihrer Schwesterlichen Gewogenheit / mit Bitte / sie möchte sein Gemahl nicht verlassen / sondern sie in ihre Geselschafft auffnehmen. Sie hingegen vermahnete ihn träulich / der guten Vorsichtigkeit sich zugebrauchen / und allerunnöhtigen Gefahr müssig zu gehen / damit er durch seine gesunde Wiederkunfft die seinen ingesamt wieder erfreuen möchte. Darauff liessen sie ihre Pferde zu Schiffe bringen / und weil das Weinen Zeit ihrer Gegenwart bey dem Frauenzimmer nicht nachlassen wolte / eileten sie nach den Schiffen / hiessen die Anker lichten / und die Segel auffspannen / wünscheten allen hinterbleibenden glükliches Wolergehen / und fuhren frölich davon /liessen auch die Tromete blasen / als lange sie die ihren am Ufer sehen kunten; welche die Seekante auch nicht verlassen wolten / so lange sie die Schiffe im Gesichte hatten; hernach kehreten sie umb / und fuhren in grosser Traurigkeit nach Padua / da Fr. Sophia erst bereuete / daß sie bey ihrem Gemahl nicht fleissiger angehalten / sie mit zunehmen; und hätte sie ohn zweiffel ihr Leben durch grämnis geendet / dafern die stete Geselschafft Frl. Sibyllen und Jungfer Libussen nicht gewesen währe; dann diese insonderheit kunte ihr so lustige Schwänke vormachen / daß sie darob sonderlichen Gefallen trug / und ihr vornahm / sie nimmermehr zu verlassen. Ladisla hatte mit Fabius Abrede genommen / er wolte etwas nidriger Nordwarz an Griechenland fahren / und möchte er sich besser nach Suden in einem Hafen des Landes Peloponnesus anfinden. Sie hatten beyderseits ungemässigte schrifftliche Volmacht / als Römische Gesanten bey sich /denen allenthalben / wo Römischer Nahme gültig /auff begehren solte gewilfahrt werden / welches vor Römischer Käyserl. Hocheit allemahl zuverantworten / sich H.Q. Fabius als Stathalter / in solchen Briefen erboht. Ehe und bevor diese beyden Schiffe sich scheideten / sahen sie von ferne drey auff dem Meer hin und wieder schwebende Schiffe / welches ihren Steurmannen verdächtig vorkam / insonderheit / weil sie keine Flaggen bey ihnen sahen / aus welchen sie hätten urteilen mögen / was vor Leute oder Landesart sie währen / daher sie solches ihren beyden Herren anzeigeten / welche ihre Kriegsknechte hiessen das Gewehr fertig halten / und auf Begebenheit ihren Führern frisch nachsetzen; sie hielten vor gut / daß ihre Schiffe nahe bey einander bliebẽ / damit nit etwa eines von jener zweien zugleich angetastet würde. Als sie näher zusa en kahmen / sagte Fabius Schifman; ohn Streit werden wir diesen nit entweichen / dañ ich sehe / daß es Pañonische Schiffe sind / welche uns Römern mañichen schadẽ auf dem Meer tuhn / wañ sie gelegẽheit darzu haben. Ladisla ward dessen auch berichtet / daher sie ihrer Schanze um [344] so viel fleissiger wahr nahmen. Nu hatten jene nicht allein die unsern sehr früh ins Gesicht bekommen / sondern auch oben von den Mastkörben ihre Flaggen / daß sie Römisch wahren erkennet / und weil sie auf jedem Schiffe 80 bewehreter Mann hatten / auch bald inne wurden daß die unsern bey weitem nicht so stark währen /nahmen sie ihnen vor / sich ihrer zubemächtigen /nicht allein daß sie ihren damahligen öffentlichen Feinden abbruch tuhn / sondern auch verhoffentlich gute Beute erstreiten möchten; und damit den unsern bald anfangs eine Furcht eingejaget würde / stelleten sie alle ihre Volker oben auff die Schiffe in gute Ordnung mit vollem Gewehr / sendeten bald darauff in einem Jagtschiffe an sie / mit befehl / ihr Gewehr niderzulegen / alle Güter so sie bey sich führeten / ihnen als ihr eigen Gut zuliefern / und sich selbst ihnen auff Gnade und Ungnade zuergeben. Ladisla ließ den Abgeschikten anhalten / und nach kurzem Kriegsraht sendete er einen verständigen Bootsknecht ihnen wieder zu / welcher nach kurzer Wiederhohlung / was an sie geworben wahr / diese Antwort geben muste. Meine Herren in jenen beyden Schiffen / so ädle Römische-Ritter sind / des Vorhabens ohn einiges Menschen Beleidigung nach Griechenland zusegeln / begehren von euch zuwissen / was vor Leute ihr seyd /von wannen ihr kommet / und welcher schändliche Frevel euch muhtige / ein solches Begehren an sie abgehen zulassen / welches nicht menschlich / sondern viehisch / ja recht teuflisch ist / behalten ihnen auch vor / es gebührlich an den Redlensführern zurächen. Der Häuptmann des ersten Schiffes sagte darauf mit einem Gelächter; die Antwort wollen wir ihnen geben / doch nicht / daß sie dieselbe hören / sondern mit betrübeten Augen sehen sollen; hieß auch ohn ferneres Bedenken diesen Bohten an den Mastbaum aufhenken / und zwar mit dieser Trostrede; weil seine ganze Geselschaft doch sterben müste / solte er die Ehre haben / der erste zuseyn. Dieser Schifknecht sehend / daß er sein Leben nicht retten kunte / reiß sich loß von denen die ihn hielten / stieß dem Håupmann sein Brodmesser ins Herz / sprang aus dem Schiffe ins Meer / und weil er ein sehr guter Schwi er wahr / glückete es ihm / daß er davon kam / massen die unsern seinen Sprung in das Meer ersehend / ihm alsbald ein Bötchen entgegen schicketen / in welches er trat / und den unsern seine Verrichtung meldete. Worüber hoch und nidrig so entrüstet wurden / daß sie sich äidlich verbundẽ / die Schmach zurächen oder zusterben / nahmen auch den Pannonischen Abgeordenten / und knüpfeten ihn alsbald auf / welches die Feinde wol sahen / und sich des Frevels / wie sie es nenneten /nicht gnug verwundern kunten / setzeten sich alsbald zusammen / und verfluchten sich hoch / den Tod ihres Abgeschikten grausam zuråchen; Es wahren an Feindes seite in jedem Schiffe X Geharnischte / die übrigen alle Gepanzert; aber bey den unsern wahren nicht allein die Häupter / als Ladisla / Fabius / Leches /Klodius und Markus / sondern auch alle ädle so unter ihnen wahren / an der Zahl XLV mit guten Harnischen / die übrigen mit Panzerhemden / Sturmhauben und Brust stücken oder Krebsen wol versehen. So bald sie sich erreicheten / wahren sie von beyden seiten bemühet / wie sie der Feinde Schiffe an die ihren mit starken Haken fest anheften möchten. Der unsern Schiffknechte hielten an / daß jhnen erläubet würde mit zufechten / welches ihnen Ladisla verhieß / daß sie zum Entsaz solten gebraucht werden / daher ihrer XXXVI sich mit ihren Waffen fertig hielten. Der erste Angrif wahr über allemasse ernstlich und herbe / dann die Pañonier meineten es solte ihnen nicht fehlen mit ihrer ersten Wuht durchzudringen / [345] und diesem Spiele eine kurze Endschafft zugeben / aber sie funden über verhoffen Schuch vor ihre Füsse; dann Fabius / Leches und Markus / in dem einen / Ladisla aber und Klodius im andern Schiffe drungen dergestalt zu ihnen ein / daß sie keinen Fußbreit gewinnen kunten. Weil auch Fabius Schiff das gröste / und mit der meisten Manschaft besetzet wahr / machten sich zwey Feindes-Schiffe an dasselbe / eines von fornen her /das ander von der seite / deswegen Fabius mit 50 Mann den Vörderteil / Leches aber und Markus die seite mit gleicher Manschafft schützeten. Ladisla munterte die seinen anfangs mit freidigen worten /hernach mit tapferem Gefechte auf / dann er wütete nicht anders als ein Löue / und rieff überlaut; ihr Räuber und Mörder / gedenket ihr dañ / das redliche Ritter sich von euch als zur sonderlichen Gnade alsbald wollen henken lassen? Es ging an allen dreyen Orten zimlich früh über des Feindes geharnischte / nach deren Erlegung die Zeichen des Sieges sich an der unsern seite spüren liessen; dann Ladisla drang der gestalt durch / daß er in des Feindes Schiff übersprang /und folgete ihm Klodius samt XII streitbahren ädlen frisch nach / denen immerzu mehr folgeten / daß endlich Freund und Feind alle in dem einen Schiffe wahren; Die Pannonier hieselbst wahren übermannet / und begunten schon das Gewehr von sich zuwerffen / rieffen umb Gnade / und begehrten Lebensfristung; welches ihnen aber nicht verheissen ward / sondern Klodius muste mit XX Mann hie bleiben / und den Gefangenen / deren XLV wahren / Ketten anlegen /wozu die angeschmiedete Bootsknechte / welche gefangene Römische wahren / tapffer holffen; Mit den übrigen ging Ladisla fort nach Fabius / der einen harten Stand hielt / und dem Feinde schier hätte weichen müssen / dann die allertapffersten fochten gegen ihn; Auf Ladisla Ankunfft aber enderte sichs bald / massen derselbe sich an den Häuptman einen starken verwägenen Kämpffer machete / und ihm den rechten Arm lähmete / daß er muste ruhig seyn; Fabius schämete sich / daß er seiner Hülffe bedurffte / und ging daher so eiferig loß / daß er zu den Feinden übersprang / da ihm Ladisla und Markus folgeten; Die Feinde aber wolten nicht so leicht hinter sich weichen / daß sie den ihren Raum gemacht hätten / nachzusetzen / daher sie immer schlagen und stechen musten / daß sie nach gerade etliche wenige Helffer bekamen / welche auch so frisch hinein drungen / daß die Feinde ihnen Raum genug geben musten / und endlich / als übermannet /das Gewehr niderlegen; Daher auch Markus hieselbst mit XXX Kriegsleuten blieb / die angeschmiedeten losmachte / und die freien in Bande legete. Da drungen nun Ladisla uñ Fabius mit ihrer ganzen Macht auff das dritte Schiff / auff welches Leches schon selb zwölfen festen Fuß gesetzet hatte; Diese der ihren Niderlage ersehend / hätten sich gerne durch die Flucht gerettet / aber sie kunten das Schiff nicht losmachen; so kam ihnen auch der Entsatz gar zu zeitig über den Hals / daß sie sich gleich den andern ergaben / und die Bande annahmen. Es wahren an Feindes Seiten in allen dreyen Schiffen LX erschlagen / und 180 gefangen. Da hingegen an unser Seite nur V ädle IIX unädle tod; auch XVI ädle uñ XXII unädle verwundet wahren. Bald nach erhaltenem Siege wurden die Pannonischen Häuptleute und alle Befehlichshaber auf Fabius Schiff gebracht / welche Ladisla in Pannonischer Sprache also anredete: Finde ich euch nun in solcher gestalt / ihr trotzige uñ verwägene Schelme und Mörder / die ihr mir und meinen redlichen Gesellen und Kriegsleuten den Strang zur höchsten Begnadung anbieten dürffen / da unser keiner euch jemal [346] beleidiget hat; Ja / waret so gottlos / daß ihr wider aller Völker Rechte meinen Abgeschikten zur Kurzweil woltet henken / welchen doch der Hi el augenscheinlich aus euren Händen errettet und lebendig erhalten hat? Da sehet ihr (nach dem Mastbaum zeigend) euren Abgeschikten am Strange bammeln / weil ihrs mit Gewalt also habt haben wollen; Und sollet mir straks angesichts anzeigen / ob der mir und den meinen angebohtene Troz nur von etlichen / oder aus algemeiner Bewilligung herrühre. Es wolte anfangs keiner vor dem andern antworten / biß Fabius einen beym Arme fassete / und zu ihm sagete: Bald gib Bescheid auff die Frage / oder du solt die Folter bescheissen. Dieser durch die Warheit Gnade zuerlangen hoffend / bekennete: es währe von den dreyen Oberhäuptleuten also angestifftet und von ihnen allen hoch und nidrig also beliebet werden. Wolan / antwortete Ladisla / so sol euch allen widerfahren / was ihr andern unschuldigen habt tuhn wollen. Klodius und Markus wahren inzwischen an die zuvor angeschmidete / nunmehr freygemachte Ruderknechte abgeschikt / bey ihnen zu erkündigen / wessen sich diese Pannonier bißher auff dem Meer verhalten hätten; Da ihrer etliche andeuteten: sie hätten inwendig eines halben Jahrs frist XIIX Römische Kauffmans Schiffe überwältiget / alle Güter zur freyen Beute gemacht / und die Menschen ohn Unterscheid / ob sie sich gleich willig ergeben /dannoch nach hefftiger Prügelung an ihre eigene Mastbäume aufgeknüpffet / und nachgehends die Schiffe treiben lassen / wie sie der Wind geführet. Die unsern entsetzeten sich vor solcher unmenschlichen Grausamkeit / und sprachen ihnen die Urtel / daß ihnen allen ein gleiches solte angeleget werden; Wurden demnach anfangs die Häuptleute und Befehlichshaber von den Ruderknechten aus allen fünff Schiffen ohn alle Barmherzigkeit biß auf den Tod geprügelt / und nachgehends an ihre eigene Masten / weil sie noch lebeten / angeknüpffet. Weil solches die Pannonischen gemeinen Knechte ansahen / trieben sie ein jämmerliches Geheule / weil sie wusten / daß es ihnen gar bald gleich also ergehen würde / wie dañ geschahe / biß sie alle mit einander auff solche weise hingerichtet wahren / und die drey Mastbäume von unten auff mit solchen Buben behänget wurden. Die Beute /welche sie bey ihnen antraffen / wahr überaus groß /wovon den Kriegsleuten und Schiffknechten in gleicher Teilung / doch nach Unterscheid der Aempter ein statlicher Beutpfennig gegeben ward / so daß jeder gemeiner Knecht 800 Kronen bekam / die erlöseten aber / deren über hundert wahren / jeder 400 Kronen. Es ward von Fabius ein grosser Brief gemacht / und an den grösten Mastbaum des ersten Schiffes geschlagen / worin aller Verlauff kürzlich berichtet ward / uñ musten die erlöseten Ruderknechte äidlich angeloben / dz sie die Schiffe überbringen / uñ sich zu Padua bey dem Stathalter angeben solten. Weil auch XXVI unter diesen wahren / welche umb Kriegsbestallung bey den unsern anhielten / wurden sie willig angenommen / und dadurch der erschlagenen Stelle gnug ersetzet. Des andern Tages schieden Ladisla uñ Fabius / gemachtem Schlusse nach / von einander / und eilete Ladisla sehr / dann sein Hertz wahr ihm schwer /daß er zu Klodius sagete: Mir muß etwa ein Unglük bevorstehen / oder meiner besten Freunde einer leidet noht. Dieser baht ihn / nicht zu stränge zu segeln /dann es gäbe alhie viel verborgene Klippen / welche mannichen Schiffbruch verursacheten. Der Steurman trat auch hinzu / und meldete: man müste sich wenden / und die Höhe wieder ergreiffen / damit das Schiff und ihr aller Leben nicht in Gefahr kähme; welches ihm Ladisla [347] nicht wehren durffte / dann er sahe selbst / daß man zu weit gangen wahr; Daher sie etliche Tage zwischen den Klippen zubrachten / und nicht geringe Gefahr ausstunden / biß sie endlich in einen Hafen / gegen Korzyra über / einlieffen / woselbst er sein Schiff ausbessern ließ / und sich wieder auffs Meer begab / da er wegen Windes Widerwertigkeit hin und wieder schwebete / biß er in den nähesten Hafen bey der Stad Patræ in Peloponnesus einlieff /und also sein erstes Vorhaben nicht erreichen kunte. Fabius hatte nicht viel besser Glük / dann er lieff wider den Wind / und brachte fast drey Wochen zu /ehe er Peloponnesus erreichen kunte; und da er umb die Gegend dieser Landschafft ankam / wahr er zweifelhafftig / ob er einländen / oder weiter nach dem Eylande Kreta schiffen solte; endlich beschloß er / nach Korinth zu segeln / ob er daselbst Ladisla antreffen /oder sonst etwas zu seinem Vorhaben dienlich erforschen könte.

Umb diese Zeit / als die drey Böhmische Herren von Padua wieder zu Prag angelanget wahren / und etwa vor zween Tagen der Königin den Verlust ihrer liebsten Frl. Tochter auffs glimpflichste vorgetragen hatten / worüber sie sich über alle masse hermete /ließ sich daselbst vor dem Stad Tohr eine starcke Reuter Schaar 1600 Pferde stark / anmelden / daß sie von einem grossen Herrn abgesand währen / bey der Großmächtigsten Königin in Böhmen etwas in aller Freundschafft zuwerben. Die Reichs Rähte / welche wegen der Fräulein Verlust überaus betrübt wahren /insonderheit / weil die Königin sich so gar nicht wolte trösten lassen / hielten nicht vor rahtsam / daß auff solches ungewisse Angeben der Gesante solte eingelassen werden / und liessen ihm in der Königin Nahmen andeuten: Er solte wissen / daß er in einem freyen Königreich währe / und schuldig / sich zuvor mit so vielen Reutern von ferne anmelden zulassen / ehe und bevor er vor dem Stad Tohr anklopffete; würde ihm also kraft dieses ernstlich gebohten / seine ganze Reuterey biß auf XII Mañ / straks angesichts zurük gehẽ zulassen biß auf eine halbe Meile von der Stad /oder man würde ihnen bald Füsse machen. Der Gesante wolte diesen Befehl unwillig empfinden / und mit grossen Bedingungen aufftreten / aber ihm ward zum endlichen Schlusse gesagt / die Völker hinter sich zu schicken / oder eines Angriffs gewärtig zuseyn / weil man ohndas nicht wüste / ob er von Freunden oder Feinden abgeschikt währe; Welcher Ernst ihn bewog /dz er nähern Kauff gab / die Reuter schleunig von sich gehen ließ / und von neuen anmeldete / er währe ein Gevollmächtigter Gesanter des gewaltigen Königes der Franken und Sikambrer / uñ zweifelte nit /man würde ihn von wegẽ seines Königes unbeschimpffet lassen. Herr Gesanter / antwortete ihm H. Stanisla / welcher an ihn geschicket war: Euer König bleibt an diesem Orte wol unbeschimpfet / meinet ihr aber / man köñe es in Böhmen riechẽ / oder den Leuten vor dem Kopffe lesen / von wannen sie kommen /uñ wem sie zustehẽ? warum habt ihr solches nit bald anfangs gemeldet? habt ihr dasselbe aus Königl. befehl verschwiegen / so hat man euch nit allerdinge zu trauen; habt ihrs aber vor euch selbst getahn / müsset ihr einẽ schlechten Gesanten Verstand haben; wie wol ich solches mit euch nit streiten / sondern höchstgedachtem Könige zu ehren euch gebührlich empfangen und in die Stad begleiten wil. Der unbesonnene Mensch wuste dieses nicht zubeantworten / nur dz er vorgab / er meinete nicht anders / als daß er bald anfangs seines Königes Meldung getahn hätte; wo nicht / währe es ohn versehens unterlassen. Welches aber Stanisla mit einem stilschweigen [348] beantwortete. Es hatte der erste Gesante des Königes Hilderich aus Franken (wie im ersten Buche gemeldet) nahmens Klogio / einen blossen zu Prag geschlagen / als er vor seines Königes Sohn dem jungen Fürsten Markomir umb eine Heyraht mit Frl. Valißken Anwerbung taht; Als er nun von solcher Reise bey seinem Könige und dem jungen Fürsten wieder anlangete / und die gegebene Erklärung zurük brachte / ward er schlecht gewilkommet / insonderheit / daß er dem Fräulein weder die Geschenke noch das geheime Schreiben hatte gewust füglich beyzubringen; endlich / als sie die Antwort recht bey sich erwogen / hielten sie es gänzlich davor / es währe nichts / als eine höfliche Abweisung; und ob gleich die Reichs Rähte dagegen vorbrachten /daß solche Antwort eine grosse Wichtigkeit hinter sich hätte / insonderheit weil der Fräulein Herr Bruder zugleich nunmehr ihr gebietender König währe / uñ sie ohn dessen Einwilligung nicht würde eine Heyraht schliessen dürffen; so wolte doch solches bey dem Könige nicht hafften / wie ein kluger und vernünfftiger Herr er auch wahr. Vielweniger wolte der junge Fürst sich damit befriedigen lassen / und warff derselbe einen solchen Unwillen auff seinen sonst so angenehmen Klogio / daß derselbe sich heimlich davon machen / und als verborgen Leben muste. Inzwischen ging der junge Fürst in steter Schwermühtigkeit / daß ihm Farbe und Fleisch / endlich auch alle Lust zur Speise entging; worüber sein Herr Vater / welcher ihn überaus liebete / sich hart grämete; und mannicherley Mittel bey sich überlegte / wie er die hefftigen Begierden seines Sohns befriedigen möchte / und beschloß endlich auff seiner Rähte gutheissen; er wolte eine abermahlige Geselschafft nach Prage abgehen lassen /umb das Fräulein zuwerben / also und dergestalt / daß wañ man sich nicht offenherzig mit ja erklären / sondern entweder unter einer Vermu ung spielen / oder abschlägige Antwort geben würde / man alsbald einen Ernst zur Sache tuhn / und das Fräulein mit gewaltsamer Hand wegnehmen solte / dero behueff man auff allen Fal ein starkes Kriegsheer zu Roß und Fuß so nahe es geschehen könte hin an Böhmen führen / und in der Bundsverwanten Land so stiller / so besser /einlegen müste / welche auff empfangenen Befehl in zween Tagen und Nachten gar hinan rücken / die Stad Prag ersteigen / und das Fräulein davon führen könten. Niemand gefiel dieser Anschlag besser / als dem jungen Fürsten Markomir / welcher emsig wahr / daß in wenig Wochen 40000 zu Roß / uñ 80000 wolversuchte Fußknechte / welche mañichen Sieg von den Römern und Galliern erhalten hatten / zusammen gebracht und auß Gallien nach dem alten Frankenlande geschikt wurden. Der König hätte zwar gerne gesehen / daß der junge Fürst daheim blieben währe / aber derselbe hielt so inständig umb erläubnis an / als ein Unbekanter und Auffwarter des Gesanten mit zuzihen / daß der Vater ihm solches nicht wegern kunte; jedoch ihm und allen hohen Kriegs Beamten ganz ernstlich einband / keine Gewalt zugebrauchen / wann keine Hoffnung währe / das Fräulein dadurch zuerlangen; solten auch keinen Inwohner deßselben Landes beleidigen / als die sich ihnen tähtlich wiedersetzen /und ihr Vorhaben zuhindern sich unterstehen würden. Mit dem obgedachten starken und wolgewapneten Heer ging nun beydes der junge Fürst Markomir /doch in unbekanter Gestalt / und des Königes Gesanter / nahmens Herr Dagobert fort / nahmen auch 1600 Pferde mit sich biß nach Prag / und hatten auff dem ganzen Wege / biß an den Ort / da ihr Heer liegen blieb / etliche hundert einzelne Reüter verleget / welche [349] mit schnellen Pferden (die stets gesattelt stehen musten) einer zum andern rennen / und auff den Fal /das Heer herzu fodern solten; welcher Anschlag dann so weißlich angelegt wahr / daß wann das Fräulein daheim währe gewesen / würde sie unmöglich ihren Händen entgangen seyn. Der Gesanter wahr vor sich selbst so unvernünfftig nicht / als er obgedachter Art sich vor dem Tohr zu Prag anmeldete / sondern der junge Fürst / welcher als sein Ritterlicher Diener hinter ihm her ritte / ordente es so / wieder dessen Willen und gutheissen / daher er ihm auch hernach solches in der Herberge verweißlich vorhielt / mit Bitte hinfüro solcher anschläge müssig zugehen / durch welche man dem Könige böse Nachrede / und ihm selbst einen schlimmen Nahmen zuzöge; welches er ihm auch angelobete. Auff Befehl der Königin ward dieser Gesanter in der Herberge wolgehalten / und musten ihm Stanisla und Krokus Geselschafft leisten / welche dann auß seinen Reden befunden / daß er verständiger wahr / als sie ihn anfangs geschätzet hatten; sie hüteten sich aber / ihn zu fragen / was seine Anwerbung währe /gedachten auch der verlohrnen Fräulein mit keinem Worte / sondern erbohten sich / da es ihm also gefallen würde / bey der Königin anzuhalten / daß er des folgenden Tages vor ihre Hocheit zutreten Freyheit haben solte. Herr Krokus Sohn / ein tapfer Ritter /und neulich bestelleter Hauptman über die Schloß-besatzung / auch Verweser der Königlichen Rüstkammer / nahmens Neda / ward mit 60 Reutern hinaus geschikt / die mitgebrachten Reuter auff die umbliegende Dörffer zuverlegen / welcher solches fleissig verrichtete. Er traff unter diesen Franken einen Ritter an /welcher ein gebohrner Dähne wahr / und vor dreyen Jahren mit ihm / da er in Dännemark Ritterschafft übete / gute Kundschafft gemacht hatte / derselbe gab ihm in geheim vertraulich zu vernehmen / was vor eine grosse Macht die Franken in bereitschafft hätten /und daß wol gnug gefährliche Anschläge möchten obhanden seyn / denen man nicht als durch Macht würde begegnen können. Neda dankete ihm im Nahmen seiner Königin vor solche Warnung / hinterbrachte es alsbald und ward darauff in beyseyn der Königin geheimer Raht gehalten / auch nach kurzer Unterredung den Außreitern schrifftlicher Befehl erteilet / durch das ganze Königreich die Ritterschafft auffzumahnen / welche sich nach den Grenzen / daher die Franken kommen wahren erheben / und auff alles gute acht haben / auch die außgesetzeten Postreuter (dann von denen hatte der Dähne auch meldung getahn) ohn unfreundligkeit auffhalten / und sie nicht allein fortreiten lassen solten. Uberdaß ward in Prage diese Nacht eine solche Menge wolgewapneter Völker eingelegt / daß sie nicht alle Raum darinnen hatten / sondern ein Lager vor der Stad vor 6000 Mann abstechen / und darinnen wol verschanzet sich auffhalten musten. Der Frankische Gesanter drang nicht auff eine schleunige Verhörung / sondern meinete / noch etliche Tage es auffzuschieben / und alle Gelegenheit / wie man die Stad am besten überrumpeln könte / abzusehen / welcher Vorsaz ihm aber des folgenden Morgens aus zweien Ursachen verging; erstlich / weil die seinen ihm auff dem Lager die Zeittung brachten / daß diese ganze Nacht ein Getümmel in der Stad auff allen Gassen gewesen / uñ man allenthalben nichts als bewehrete Soldaten sähe; hernach / weil die Königin frühzeitig zu ihm schickete / und ansagen ließ / wann er Verhörung begehrete / solte er sich in vier Stunden darzu gefasset halten; wo nicht / würde sie umb nöhtiger Geschäffte willen / auff ihn länger nicht warten können / nach dem sie eine Reise nacher [350] Teutschland zu ihrem Herr Bruder dem Großmächtigsten GroßFürsten der Sachsen und anderer Freien Teutschen / vorhätte / umb höchstwichtige Sachen die Beschützung ihres Reichs wieder alle meuchel Feinde betreffend / mit demselben abzuhandeln. Auß diesen beyden Ursachen muhtmassete so wol der Gesanter /als der junge Fürst selbst / ihr vorhaben müste verrahten seyn / hatten doch nicht Zeit sich lange zu bedenken / sondern gaben zur Antwort; Ob zwar der Gesante von der zimlich langen Reise / welche er Tag und Nacht fortgesetzet / noch müde währe / und auff eine zierliche Rede sich nicht geschicket hätte / müste er doch billich Königlicher Hocheit untertähnigst gehorsamen / und auff angesetzte Stunde erscheinen / vor sein Häupt untertähnigst gesinnend / daß er Freyheit haben möcht / mit seinem geheimen Schreiber (welcher alle Handlung in die Feder nehmen würde) vorzutreten. Dieses ward ihm gerne eingewilliget / und schickete sich Dagobert der Gesante auffs beste darzu / wie er dann schon vor der Reise seinen Vortrag wol gefasset hatte. Es sahe aber die Königin vor gut an /daß die Zeitung von der Fräulein Raubung / wie wol ohn Benennung / wo solches geschehen / in der Stadt / sonderlich in der Herberge / wo der Gesante lag /kund gemacht würde / welche man bißher allerdinge hatte verborgen gehaltẽ. Der Frankischen Diener einer hörete bald davon reden / uñ brachte es dem Gesanten vor / welcher nebest den jungen Fürsten (dieser wahr der angegebene geheime Schreiber) es vor ein Getichte hielt / auß groben Unverstand herrührend / weil mans eben so auff den Stuz außsprengete / kehreten sich auch nichts daran / sich stellend als ob sie davon nichts erfahren hätten. Herr Krokus hielt mit der Königlichen Leibgutsche vor der Herberge / auf welche sich Herr Dagobert samt seinen verstelleten Secretarius oder geheimen Schreiber setzete und eine lange Gasse / die mit ansehnlichen Kriegsleuten angefüllet wahr / hinfuhr / welches ihn nicht wenig irre machete / insonderheit / da er auff dem Schlosse über einen hohen Lustgang geführet ward / von welchem er hinaus ins freye Feld sehen kunte / und daselbst gewahr ward daß über die 12000 junger Mannschafft getrillet und im Gewehr geübet wurden. Doch lag ihm dieses nicht so hart an / als die ausgesprengete Zeitung von dem verlohrnen Fräulein / wie wol er sich dessen auch begab / weil ihm Krokus auff dieser Fahrt nichts davon gemeldet hatte. Die Königin / welche diese Tage über in stetem klagen und weinen zugebracht /ergriff sich auff der Rähte bewägliche Ermahnung /sich gegen den Gesanten keiner übermässigen Traurigkeit vernehmen zu lassen / daher sie ein gezwungenes freymuhtiges Gesicht annahm / als Herr Dagobert mit seinem Schreiber in die Verhör Stube trat / und dieser nach geleisteter demühtiger Neigung sich an ein Neben-Tischlein setzete / fertig / alles was geredet würde / auffzuzeichnen; daher drey Böhmische geheime Schreiber an einem andern Tische ein gleiches vornahmen. Dagobert / nachdem er seine Königliche Glaubens-Bescheinigung schrifftlich eingereichet hatte / und solche von dem Herrn Reichs Kanzler vor gnugsam erkläret wahr / brachte darauf vor; Es würde die Großmächtigste Königin in Böhmen ungezweiffelt añoch in unverruktem Andenken haben / was gestalt unlängst der auch Großmächtigste König der freyen Franken und Sikambrer in Gallien / Herr Hilderich /an vorhöchstgedachte ihre Königl. Hocheit eine ansehnliche Gesandschafft abgehen lassen / und solches aus aufrichtigem Herzen / ümb durch eine wirdige Heyraht zwischen seinem Herr Sohn dem Durchleuchtigsten [351] Königlichen Großfürsten und künfftigen Kron-Erben seines freyen Reichs / Herrn Markomir / und der auch Durchleuchtigsten Königlichen Fräulein aus Böhmen / Frl. Valisken / eine nahe Verbündnis und ewigwehrende Freundschafft zustifften; wie dann gedachter Königlicher Gesanter / Klogio / solches gebuhrlich geworben zuhaben / man die Hofnung trüge /welches er ja mit gegebener schriftlicher Antwort bescheiniget hätte. Weil aber die Erklärung auff vorgetragene Anwerbung / an Königl. Böhmischen seiten sehr tunkel und ungewiß währe / und aber Königl. und Großfürstl. Hocheit an Fränkischer seiten gerne den gewissen und unwandelbahren Schluß dieser so hochbegehreten wirdigen Heyraht wissen und haben möchten / als währe im Nahmen und von wegen seines Allergnädigsten Königes / und Gnädigsten jungen Großfürsten / sein freund-inniglichstes Ansuchen und Gesinnen / daß an Königl. Böhmischer seite solche aus sonderlicher Gewogenheit / Freundschafft und Liebe herrührende Heyrahtswerbung freundlich möchte beliebet / gut geheissen / und geschlossen werden /wie man an Königl. Frankischer seiten das feste Vertrauen hätte / man würde dessen künftigen Kron-Erben nicht unwirdig solcher Heyraht schätzen / insonderheit / weil dessen Durchleuchtigkeit dem vortreflichen Böhmischen Königl. Fräulein mit Herz /Seele / und allem Vermögen sich so gar zu eigen ergeben hätte / daß ihm ungleich leichter seyn würde /sich seines Lebens / als dieser Seelenfesten Liebe zuverzeihen; und daher leicht zuermässen währe / was vor ein hochschädliches und beiden Völkern grundverderbliches Unheil aus der unverhoffeten Heirahts Verweigerung entstehen dürfte / welches zuverhüten /die Königliche Böhmische Kron ihr schon würde lassen angelegen seyn / worzu das frey Frank-Sikambrische Reich sich mit auffrichtigem Herzen anerböhte. Schließlich hielt Dagobert bittlich an / daß das Königliche Fräulein / wie bey voriger Gesandschaffts-Verhörung geschehen / selbst gegenwärtig seyn / und die Königl. Böhmische Erklärung hiedurch so viel angenehmer / süsser und gültiger machen möchte. Die Königin ließ auff die letzten Worte einen tieffen Seufzer aus / daß ihr schwer fiel / sich des weinens und klagens zuenthalten / nur der Königliche Wolstand /welchen sie über allesschätzete / hielt sie davon abe; Sie redete aber kein Wort / sondern Herr Bretisla als Reichskantzler / gab dem Gesanten mit entblössetem Häupte (dann also bezeigete sich dieser auch) zur Antwort: Es hätte die Großmächtigste Königin in Böhmen / die / im Nahmen des auch Großmächtigsten Königes der Freyen Franken und Sikambrer in Gallien / abermahlige Anwerbung / eine wirdige Heyraht zwischen dem Königl. GroßFürsten und der Königl. Fräulein betreffend / wol verstanden / und dafern dem Herrn Gesanten nebest seinem geheimen Schreiber gefallen würde / einen kurzen Abtrit zunehmen /wolte man sich an dieser Seiten ohn Verzug also herauslassen / daß höchstgedachter König und der Durchl. Königliche Großfürst daran ein satsames Genügen würden haben können. Diese leisteten solches gerne / unter der Hoffnung / es würde alles nach ihrem Wunsch ergehen / bildeten ihnen auch ein / das Geschrey von der Fräulein Entführung / währe ihnen zum höfflichen Auffzuge getichtet / nachdem ihr Vorhaben der Raubung ihnen möchte verkundschaffet seyn; Also pflegen des Menschen Begierde sich allemahl zu kitzeln / als lange sie durch Hofnung unterhalten werden. Die Königin und der Reichs Raht hatten vorhin schon die Muhtmassung gefasset / was das Frankische Vorbringen seyn würde / und sich einer Erklärung [352] beredet / wobey es auch vor dißmahl schlechter dinge gelassen ward / daher Krokus nach Verlauf einer halben Stunde / den Gesanten mit freundlicher Bezeigung wieder einfoderte / welcher von Herrn Bretisla also beantwortet ward: Hochansehnlicher Herr Gesanter; die im Nahmen und von wegen des Großmächtigsten Königes der Franken und Sikambrer in Gallien / und dessen Hochheit Herrn Sohns des Durchleuchtigsten Königlichen Großfürsten / Herrn Markomirs / angetragene / und aus sonderlicher Gewogenheit / Freundschafft und Liebe herrührende Heyrahtswerbung / hat die auch Großmächtigste Königin in Böhmen / allergnädigst gegenwärtig / teils mit hocherfreulichem / teils auch mit inniglichstbetrübetem Herzen angehöret und wol verstanden / erkennet daraus den recht freundlichen hohen Willen höchstgedachten Königes und dessen Herrn Sohns Liebden gegen sie und ihre herzgeliebte Fråulein Tochter / welchen an dieser seite zuersetzen /weder Fleiß noch Auffrichtigkeit / ja weder Mühe noch Kosten zuersparen / man sich redlich und Königlich anerbeut; in betrachtung / daß eine nähere und sicherere Freundschafft und Verbündnis nicht kan noch mag zwischen Königen erdacht werden / als die durch Heyraht gestiftet uñ befestiget wird. Daß man nun zu der vorgeschlagenen wirdigen Heyraht (dann wem ist die Macht und Hocheit des Frankisch-Sikambrischen Reichs nicht bewust?) an dieser seite bald anfangs ein satsames genügen / und darzu einen ganz guten Willen getragen / ist dem vorigen Königlichen Herrn Gesanten Herrn Klogio / nicht durch eine tunkele und ungewisse / sondern klare und offenherzige Erklärung zu aller möglichen Gnüge angezeiget worden / und bestehet dieselbe hierinnen / daß / weil das Königliche Fräulein ihrem Herr Bruder und nunmehr gebietenden Könige / dem Großmächtigsten Könige in Böhmen / Herrn Ladisla / auff dessen Hocheit stränges und brüderliches Ansuchen / diese äidliche /und also höchstverbindliche Zusage getahn / ohn dessen Vorwissen und Einwilligung / sich schier heut oder morgen in kein eheliches Gelübde einzulassen /könte auf Königliche Frankische Anwerbung / die wirdige Heyraht betreffend / nichts schließliches geantwortet werden / ehe und bevor höchstgedachtem unserm Erbkönige solches vorgetragen / uñ seine beständige Meinung darüber vernommen währe; wobey man sich aber zugleich hat erbohten / unserm Könige diese Anwerbung eiligst zuzuschreiben; endlich auch angezeiget / man gelebete der gedoppelten Zuversicht an dieser Seiten / daß an anderer Seite solche Verzögerung nicht allein nicht ungleich würde auffgeno en / sondern auch geduldet werden / wañ etwa über verhoffen (wovon man doch das allergeringste nicht wüste) das Fräulein von ihrem Herr Bruder und Könige schon anderwerts solte versprochen seyn. Sehet Herr Gesanter / das ist die erste redliche und auffrichtige Erklärung gewesen / und eine nähere hat man wegen verbindlichen Gewissens an der Fräulein Seite nicht geben können / wie solches ein jeder Biderman gerne gestehen wird; und zweifelt man nicht / dafern dieselbe eurem Könige und dessen Herrn Sohn geträulich hinterbracht ist / werde der Herr Gesanter durchaus nicht ursach haben / sie vor eine dunkele uñ ungewisse anzugeben. Daß man aber der gegebenen Erklärung an dieser seiten redlich nachgesezt habe /wolle der Herr Gesanter sich weiters berichten lassen. Es hat unsere Allergnädigste Königin kurz nach Herrn Klogio Abreise von ihrem höchstgemeldeten Herr Sohn die erfreuliche Zeitung bekommen / daß dessen Hochheit sich zu Padua in Italien mit des Hochmögenden Käyserl. [353] Stathalters daselbst / Herrn Q. Fabius Fräulein Tochter ehelich versprochen / und dadurch mit Römischer Käyserl. Hocheit (diß sagte er den Franken zum Schrecken) sich in ein festes Verbündnis eingelassen; worauff das Durchl. Fräulein sich unter gnugsamer Begleitung straks auffgemacht /dem Beylager ihres Herrn Bruders daselbst Schwesterlich beyzuwohnen / da dann nicht die geringste Ursach gewesen ist / daß mit oft höchstgedachtem ihrem Herr Bruder sie von der angetragenen Frankischen wirdigen Werbung mündlich reden / und mit dessen Liebe einen Schluß darüber fassen wolte; Aber das leidige Glük (hier fing die Königin an zuweinen) hat ihrer Durchl. solches leider leider! nicht göñen wollen / massen sie in einem Flecken vor Padua von einer grossen Räuber Schaar bey der ersten Morgenschimmerung überfallen / alle ihre Reuter / ausser einen einzigen erschlagen / und sie selbst in verstelleter Jünglings Gestalt samt ihren beyden Leibjungfern gefangen hinweg geführet ist; über welche Räuberschaar des andern Tags eine stärkere anzahl Meer Räuber kö en sind / welche jene erschlagen /und das Fräulein ihrer beharlichen Jünglings-Verstellung neben einer Leibjungfer / nach dem Adriatischen Meer geführet / sie auff ihr grosses Raubschiff gesetzet / und mit ihr davon gesegelt sind / uns allen unwissend / wohin sie gebracht worden sey; nur allein /daß wir die Zuversicht zu den gütigen HimmelsGöttern tragen / dieselben werden sie vor Ehren- und Lebensgefahr gnädiglich bewahren / und ihr kräftige Rettung zusenden / wie sie dañ alsbald den vortreflichen und hochberühmten Held Herrn Herkules / gebohrnen Großfürsten und Erbnehmen des TeutschenReichs / auffgemahnet haben / daß er dem geraubeten Fräulein nachgesegelt ist / und ihr Herr Bruder nunmehr auch schon wird gefolget seyn. Aus welcher Erzählung nun der Herr Gesanter zur gnüge wird verständiget seyn / warumb das Durchl. Fräulein sich vor dißmahl bey dieser Verhörung nicht anfinde / welches dero Durchl. sonsten keines weges würde unterlassen habẽ. Es wird derselbe weiters hieraus / seiner beywohnenden rühmlichen Weißheit nach / schon merken / wie und warumb man auff die vorgetragene abermahlige / und der Großmächtigstẽ Königin in Böhmen sehr angenehme und gnug wirdig geachtete Anwerbung / sich mit weniger Gewißheit / als bey erster Gesandschafft heraus lassen könne / weil man nicht allein unsers Gnädigsten Königes Meinung hierüber ganz unberichtet ist / sondern auch das Durchl. Fräulein selbst in der Irre (Gott mag wissen / wo) herumb schwebet.

Der Gesante verwunderte sich zum höchsten / wie man einem (seiner Meynung nach) falschem Getichte /solches zierliche Färblein anstreichen könte / begehrete mit seinem Schreiber einen kurzen Abtrit uñ beredete sich mit demselben / was doch auf solches Vorbringen würde zu antworten seyn. Derselbe nun wahr über die masse betrübt / ging auch aus grosser Liebeswuht mit lauter gefährlichen weit außsehenden Vorschlägen umb / welche doch unmöglich wahren ins Werk zu richten. Dagobert aber zeigete ihm Augenscheinlich / daß dergleichen Vornehmen zu keiner Wirkung gelangen möchten / und gab ihm zu bedenken / obs nicht eine Sache währe / daß man sich merken liesse / man trauete solchem Vorbringen nicht /auch daneben bähte / solche stellungen fahren zulassen / und sich sein Teutsch zuerklären. Weil dann Markomir nichts bessere zuersinnen wuste / hielt er solches vor gut und nüzlich. Nun hatte Herr Krokus diese beyden Zeit ihrer Beredung von ferne belauret /ihre Reden zwar nicht verstanden / aber doch aus den äusserlichen Geberden [354] gesehen / daß der jüngling mehr als der Gesante selbst währe / welches er alsbald der Königin und den andern Rähten anmeldete /die daher vor gewiß schlossen / es würde dieser Schreiber der junge GroßFürst selber seyn; worauff Krokus zu sagen sich nicht enthalten kunte; Es scheinet wol auß dieses errichteten Schreibers Geberden /daß er muhtig und verschlagen sey / aber wann ich meines herzen Meynung sagen solte / halte ich gänzlich davor / aus tausend Markomiren könne man nicht einen einzigen Herkules schmieden / welches ich zu dem Ende andeute / weil aus GroßFürst Herkules wehemühtiger bezeigung wegen des verlustes der Fräulein / ich einer starcken Liebe vermuhten bin; worin mich seine ungeseumete Nachfolge bekräfftiget / und gebe der Himmel / daß er sie antreffe / rette / uñ heyrahte / dann besser kan sie in dieser Welt nicht versorget werden. Die Königin / wie betrübt sie auch wahr / kunte sich nicht enthalten / hierüber zu lachen /wolte doch ihre Gedanken so klar nicht an den Tag legen / sondern sagte zu ihm. Mein Krokus / es ist euch mein lieber Sohn Herkules wegen des gesprochenen Lobes verpflichtet / und da ihr recht wähnẽ soltet / währe er euch zwiefach schuldig / was wolte es dan werden / wañ euer lezter Wunsch wahr würde? Je was wolte es werden / gnädigste Königin? sagte er / lauter Freude und Vergnügung an allen Seiten. Ey so bestätigen die Götter euren Wunsch / antwortete Stanisla / und haben wir diesen Franken schon mehr als zuviel geheuchelt. Es hat aber mein Sohn Herkules mich hierumb noch nicht begrüsset / sagte die Königin / und gedenke ja nicht / daß wann er mein Kind antreffen solte / er mit ihr heimliche Verlöbniß machen werde. Krokus wahr zu zeiten kurzweilig / und antwortete darauf; Ich tähte es / gnädigste Königin /wann ich Herkules währe. Die andern alle mit der Königin lacheten / und diese sagte: Seyd ihr noch so arg / mein Krokus / was wisset ihr aber / ob ichs euch gut heissen würde? Gnädigste Königin / antwortete er; Wer der Tochter Herz gewoñen hat / bekomt der Mutter Hand auch wol. Wir wollen hiervon zu gelegener Zeit mehr handeln / sagte die Königin / und vor dißmahl des Gesanten Vortrag vernehmen / da eurer etliche fleissige acht haben werden / auff des verstelleten Schreibers Geberden / in welchem / wann er das Alter erreichet / noch wol ein guter König stecket. Jene bey den traten wieder ins Gemach / da der Schreiber seine vorige Stelle bekleidete / und Dagobert also anfing: Großmächtigste Königin / die Erklärung / daß meine vorgetragene Anwerbung beliebet sey / wird meinen allergnädigsten König / und den Durchl. jungen Groß Fürsten höchst erfreuen / aber auch zugleich dero Hocheiten in die allertieffeste Verwunderung / wil nicht sagen Nachdenkligkeit stürzen / daß gleich in der Stunde meiner Verhörung (welches mir vor Ohren kommen / ich aber vor ein Getichte geachtet) solcher Verlust der Königlichen Fräulein in der Stad erschollen ist / welches mir überdas auch hieselbst als eine unfehlbare Warheit wil vorgetragen werden; Großmächtigste Königin / Ihre Hocheit / bitte ich / gläuben ja solchẽ fliegenden falschen Gerüchte nicht; sondern trauen den Göttern / daß dero Frl. Tochter ausser Zweifel in solchem gefährlichem Stande nicht begriffen ist / und wird dero Durchl. von Padua / nach gehaltenem Beylager sich schon wieder einstellen; wiewol ich ganz nit gemeynet hätte / daß dieselbe ausser Landes solte verreiset seyn / nachdem vorgestriges Tages mir unterschiedliche zu Pferde und zu Fuß begegnet / welche auff meine Nachfrage anzeigeten / sie kähmen von Prag / und lebete Ihr Gn. Königin samt der Königl. Fräulein annoch [355] in guter Gesundheit / liesse sich auch diese täglich in den offenen Feldern sehen / uñ stellete dem Wilde nach mit ihren Pfeilen; Da nun dieses sich also verhalten solte / getraue Eurer Königl. Hocheit ich untertähnigst und zuverlässig /dieselbe werde allergnädigst geruhen / mir eine bestendigere Erklärung mitzuteilen / und zwo Königliche Seelen durch einen kräfftigen Heyraht-Schluß zuerfreuen; welches so wol zu des einen als zu des andern Wolfahrt gereichen wird; und mag Ihre Königl. Hocheit ich wol versichern / ihr jezt gesprochenes Wort von überaus grosser Wichtigkeit und Wirkung seyn werde; Und damit solches zuvernehmen ich das gute Glük haben möge / wil ich mit meinem Gefärten zuvor gerne einen abermahligen Abtrit nehmen / und ihnen eine Unterredung zur erfreulichern Erklärung gönnen. Die Königin winkete dem Reichs Kanzler /welcher den Gesanten warten hieß / empfing darauff einen kurzen Befehl mit wenig Worten / und fing hernach also an: Herr Gesanter; Er hat seine Rede mit einem zierlichen Mantel der scheinbahren Höfligkeit bedecket / welche / da sie etwa ein ander vorgebracht hätte / würde er gesagt haben / meine Allergnädigste Königin tichtete ihrer Frl. Tochter Rauberey zum Schein / damit sie des Herrn Gesanten loßwerden möchte; dann eben dieses träget dessen Rede auff ihrem Rücken. Stehet ihr aber in den unzimlichẽ gedanken / so hat man euch schon viel zu viel übersehen; und würdet ihr mehr zuverantworten bekommen /als in allen euren Kräfften nicht ist. Das unser Durchl. Fräulein in Warheit / auff erzählete Art und weise geraubet sey / verhält sich leider viel zu gewiß also /massen in dieser Versamlung drey ReichsRähte sitzen / welche gleich dazumahl in Padua gewesen / als der einige überbliebene hart verwundete Reuter daselbst die hochbetrübte Zeitung angemeldet / sie auch hernach das Haus selbst besichtiget / in welchem solches Unglük sich zugetragen hat; und wer dieses nicht gläuben wil / der reite hin und frage nach / wird ers dann nicht also finden / so hat er ursach zu sagen / die Großmächtigste Königin in Böhmen gehe mit Getichten umb. Lügener sind es gewesen / welche gesagt haben / das Fräulein sey neulich in dieser Feldmark herumb geritten / und Schelme sind es / die solches tichten. Enthaltet euch deswegen Herr Gesanter / solcher unverantwortlichen Auflagen / und befleissiget euch / einer herschenden Königin auff ihrem Schlosse bessere Ehre anzutuhn / damit man sich nicht bey eurem Könige über eure Unvernunfft zubeschweren habe. Und weil euch die lautere und klare Warheit ist vorgetragen / so werdet ihr mit der wolgemeyneten Erklärung friedlich seyn / oder euch heraus lassen /was vor eine andere ihr bey so gestalten Sachen begehren köntet. Der Gesante erschrak der harten Rede /begunte das vorgebrachte vor die Warheit zuhalten /und baht u gnädigste Vergebung dessen / was er nicht aus Bosheit / sondern ihm gemachten Argwohn vorgebracht hätte; wolte vor dißmahl an gnädigster Verhör und Antwort ein genügen haben / nur daß Ihre Königl. Hocheit ihn morgendes Tages noch einmahl hören möchte. Welches ihm dann gerne eingewilliget war. Als er nun hiemit einen Abtrit nehmen wolte /und nach seinem Schreiber sich umsahe / ward er gewahr / dz derselbe in steiffer Ohmacht saß / und in einem Winkel sich angelehnet hatte; dessen er zitternd erschrak / ging zu ihm hin / und rüttelte ihn / daß er endlich wieder erwachete / und mit einem tieffen Seufzen sagete: O du elender und trostloser Markomir; nun liget ja alle deine Hoffnung gar in des Meeres Tieffen! Dagobert raunete ihm ins Ohr / sich nicht zuverrahten / da gleich Herr Krokus [356] zu ihnen hin trat /und den Gesanten fragete / was seinem Schreiber vor ein Unfall begegnet währe? Welcher zur Antwort gab: Er hätte diese Schwacheit an sich / daß wann er über die gewöhnliche Zeit fastete / er darüber in Ohmacht geriete / würde sich aber bald wieder stillen. Wie er sich dann stark machete / und mit Dagobert davon ging / welcher ihn mehrenteils beym Arme führete; Die unseren aber sich bezeigeten / als ob sie dessen nit acht hätten; wiewol die Königin ihnen alsbald allerhand kräfftige und kostbahre Stärkungen nachschickete / und muste Herr Vorich der ReichsRaht mit ihnen nach der Herberge fahren / und mit ihnen Mahlzeit halten / da ihnen Königlich aufgewartet ward. Vor dem Essen nahm Dagobert mit Markomir einen Abtrit / und ward dieser von jenem gemuhtiget / sich wegen der Fräulein Entführung nicht zu hart zubekümmern / nachdem sie ja noch im Leben / und ihm unversaget währe. Worauf er sich in etwas erhohlete / und die Unterstelle am Tische nam. Bey dem Essen fiel wenig wichtiges vor / und nach abgetragenen Speisen hielt Dagobert an / daß der Herren einer / so neulich von Padua kommen / und die leidige Zeitung mitgebracht / sie besuchen / und bessern Bericht ihnen mitteilen möchte; welches Herr Vorich bey der Königin warb / und Krokus darauff befehlichet ward / zu ihnen zu fahren / und alles geträulich zuberichten / ohn daß er seine Gedanken wegen GroßFürst Herkules bey sich behielte / und vielmehr dem jungen Fürsten eine geringe Hoffnung machete / damit er in der übermässigen Liebe nicht gar verginge. Krokus hätte dieses lieber einen andern verrichten lassen /dann er wahr den Franken nicht sonderlich gewogen /muste doch den Befehl über sich nehmen / und solches leisten / da er dann an Dagobert einen fleissigen / an seinem Schreiber aber einen nachgrüblenden Zuhörer hatte / welcher nicht unterließ / das vornehmste in sein Hand-Büchlein auffzuzeichnen. Nach geendigter Erzählung gab Krokus ihnen den Raht / daß sie über wenige Zeit etliche ihrer Leute nach Padua schicketen / ob etwa gewissere Zeitung von dem geraubeten Fräulein einkommen währe / wohin man sie geführet / und auff was Weise sie best könte erlöset werden. Welches sie ihnen sehr wol gefallen liessen /und ihr Zweiffel hiedurch ihnen allerdinge benommen ward. Nun kunte doch Markomir sich nicht einzwingen / seine Gedanken zu eröffnen / und sagte in beysein Herren Krokus zu Dagobert; Wie meinet ihr Herr Gesanter / solte unser König und sein Sohn der junge Fürst nicht wol auff die Gedanken gerahten / bald nach erforschung / wo dieses unvergleichliche Fräulein auffgehalten wird / ein Kriegsheer von etlichen hunderttausenden dahin zuschicken / und durch die allergröste Reichsmacht einen solchen köstlichen Schaz frey zu machen? Ich halte wol / antwortete er / daß ihre Königl. Hocheit sich darzu verstehen dürffte /wann der junge tapffere Held / der Königl. GroßFürst ihn dazu anreizen würde. Dessen feurbrennende Liebe gegen dieses Königl. Fräulein / ist mir zum teil bewust / sagte der verstellete Schreiber / und zweiffele ich nicht / dessen Durchl. werde Tag und Nacht / ohn Rast und Ruhe darauff sinnen / wie solche Rettung zum füglich- und heilsamsten ins Werk gerichtet werde. Worauff Krokus antwortete: Wir an unserm Orte wollen hoffen / es solle solcher weitläufftigkeit nicht bedürfen / sondern der Himmel werde unserm König und seinem Oheim GroßFürst Herkules das Glük verleyhen / unser allerliebstes Fräulein (welche ihr aller Untertahnen Herz verbunden hat) anzutreffen / und in freien Stand zu setzen. So wolte ich unserm jungen GroßFürsten [357] wünschen / sagete der Schreiber /daß dessen Durchl. bey eurem Könige sein möchte /nicht allein dessen gewünschete Kundschafft zuerlangen / sondern nebest dessen Hocheit in erlösung der Königl. Fräulein sein Blut und Leben anzuwenden /welches / weiß ich / seine allerhöchste Vergnügung seyn würde. Mit solchen und dergleichen Unterredungen ward der Tag zugebracht / und befand sich der junge Fürst der Sachen Gelegenheit nach / zimlich getröstet. Des folgenden tages ward dem Gesanten erläubet / wieder vorzutreten / und was er annoch zusuchen haben möchte / kühnlich anzudeuten; welcher dann nicht unterließ mit seinem Schreiber / welcher den gestrigen Tisch bekleidete / sich einzustellen; ließ sich vor dißmahl sehr demühtig vernehmen / baht umb allergnädigste Vergebung seiner gestrigen Unbesonnenheit / und hielt inständig an / ihre Königl. Hocheit wolten der geschehenen Anwerbung gnädigst eingedenke seyn / auff glükliche Wiederkunfft der Königl. Fräulein die so hochgewünschte Heyraht durch ihre mütterliche Gewalt und kräfftig-geltende Unterhandlung zubefodern und in Richtigkeit zu stellen / solches würde der junge GroßFürst Zeit seines Lebens mit kindlichem Gehorsam erkennen / und nach ihrer Hocheit Willen sich verhalten. Die Königin wahr froh / daß ein so guter Abscheid vor dißmahl solte genommen werden / und gab durch den Kanzler zur Antwort; Sie bedankete sich nochmahls sehr /beydes gegen den König / und den jungen GroßFürsten / des guten willens / welchen ihre Liebden gegen sie und ihre Frl. Tochter trügen / bähte / in solcher Gewogenheit zu verbleiben / und nicht zuzweiffeln /daß sie alles dz vornehmen und leisten wolte / was zu der angetragenen wirdigen Heyraht könte gedeilich seyn / dafern nur die Götter ihre Frl. Tochter wieder zu Lande brächte / und ihr Herr Sohn dieselbe nicht unterdessen etwa einem andern verheyrahtet hätte /welches sie dann nicht hoffen wolte; befahl / den König und GroßFürsten zugrüssen / und zeigete an /daß nach verlauff zwo Stunden der Kanzler ihm ein Schreibẽ an seinen König zustellen würde. Hiemit nahmen sie abscheid / und zeigeten an / sie hätten beydes von dem Könige und dem jungen GroßFürsten Geschenke bey sich an das Königliche Fräulein / welche sie aber wegen des leidigen Unfalles würden müssen mit sich wieder zurük nehmen / es währe dann /daß ihre Königl. Hocheit dieselben verwahrlich bey sich behalten / und auff glükliche Wiederkunfft sie dem Fräulein einliefern wolte; ward aber geantwortet /weil der Fräulein Wiederkunfft in der Götter Händen und Gewalt stünde / würde daß beste seyn / daß der Herr Gesanter solche Sachen bey sich behielte. Ward ihnen also Glük auff die Reise gewünschet / und so wol dem Gesanten als Schreiber eine statliche güldene Kette mit angehengetem Kleinot verehret; welche sie mit Danksagung annahmen / und Markomir dabey blicken ließ / daß viel eine grössere Höfligkeit / als eines Schreibers / bey ihm währe. Sie eileten selbst fort zuzihen / legeten allen Vorsaz des feindlichen überfalles ab / und gingen in möglicher eile fort /unter der Hoffnung / es würde diese Heyraht noch einen Fortgang gewinnen. Als sie bey dem grossen Kriegsheer anlangeten / muste die Reuterey mit ihnen geschwinde fort / und die Fußvölker nach mögligkeit folgen / ruheten auch keinen Tag / biß sie bey dem Könige ankahmen. Der junge GroßFürst hatte auff der Reise mannicherley einfälle / welche auff der Fräulein Erlösung gerichtet wahren / und zieleten alle dahin /wie er solche mit seiner Faust und Völkern verrichten / und durch solchen Dienst ihre Liebe erwerben möchte / so daß sie sprechen müste / [358] sie währe sich ihm schuldig; aber wann er sich erinnerte / daß ihm der Teutsche GroßFürst Herkules (dessen Tapfferkeit ihm Herr Krokus so hoch gerühmet hatte) / wie auch der Fräulein Bruder selbst im Vorfange wahren / und sie antreffen möchten / ehe er erführe / wo sie auffgehalten würde / gab ihm solches lauter Schwermühtigkeit / so daß er wünschete / sie möchten ihr Nachsuchen vergebens tuhn / oder gar im Meer ersauffen / damit ihm die Ehr und das Glük dieser Rettung von ihnen nicht entrissen würde. Zu zeiten traff eine hefftige Verzweiffelung sein Herz mit scharffen Anfechtungspfeilen / ob sie auch noch lebete / und ihre Ehre annoch unverletzet hätte; Und wann ihm Dagobert (welcher viel bey ihm vermochte) diese Zagheit benommen hatte / brach eine andere loß / ob er ihr auch gefallen würde / weil sie sein so gar nicht geachtet hatte / als er sie vor Prag im Walde angeredet / und alle seine Freundligkeit hervorgesucht. Wann dann die erinnerung darzu kam / daß sie weder sein geheimes LiebeSchreiben / noch die übergeschikten Geschenke von Klogio hatte annehmen wollen / brachte ihm solches eine solche Raserey / das er sich nicht anders geberdete / als wolte er vor Zweiffelmuht vergehen; und muste hieselbst Dagobert allen Wiz zusammen suchen / ihn wieder in Ruhe und Hoffnung zustellen; über welche Herz-fressende Einbildungen er sehr von Leibe / und kräfften kam / daß seine Eltern / da er zu Hause anlangete / sich darüber entsetzeten / uñ seine Fr. Mutter zu ihm sagete: Den Göttern sey dank /mein Sohn / daß sie dich so bald wieder hieher begleitet haben / zum Trost deinen Eltern und dem ganzen Lande; und ob dich gleich die Liebe in etwas an deinem Fleische gemindert hat / hoffe ich doch / deine Göttin (wie du sie nennest uñ schätzest) werde dein Gemüht gelabet und erquicket haben. Markomir ließ auff solche Rede einen herzbrechenden Seufzer aus /und gab damit den Anwesenden schon zuverstehen /daß seine Reise ümsonst gewesen währe; fing auch bald darauff an: Gnädigste Fr. Mutter / ich möchte von Herzen wünschen daß ihr Rätzel eintreffen solte; aber ich muß ihr aus betrübter Seele klagen / daß meine ehemalige Wald Göttin leider leider zur Meer Göttin worden ist. Ich verstehe dein Rätzel nicht / lieber Sohn / sagte sie. Darumb last uns schweigen /sagte König Hilderich / damit wir wissen mögen /was vor eine Wirkung diese andermahlige Gesandschafft gehabt habe / nach welcher wir unsere Anschläge richten werden; dann solte an Böhmischer seite Beschimpfung mit unterlauffen / würde ich gezwungen ihnen sehẽ lassen müssen was die zusammen gesetzete Frankische Sikambrische Macht kan und vermag; wird demnach mein Gesanter Dagobert anzeige tuhn alles dessen / was vorgangen ist. Dieser wahr darzu bereit / erzählete alles mit volkommenen Umständen / und legte der junge Fürst seine träulich gehaltene Schrifft dabey. Worauff der König dieses antwortete: Der Anschlag das Fräulein durch Kriegsmacht zuerhalten / ist ausser zweifel gleich bey eurer Ankunfft zu Prag verrahten; darauff haben sie ihre Grenzen mit Reuterey / und die Festung mit Fußvolk klüglich verwahret. Daß man sich bey Ankunfft vor der Stad nicht hat teutsch und auffrichtig melden wollen / ist ein schlimmes Versehen / / unlöblich / und eine gnugsame Ursach zum hochstschädlichen Mißtrauen / welche zugeben / ein jeder Vernünfftiger sich hüten muß. Redliche Erklärung hat die löbliche Königin gegeben / aber eine unverantwortliche Grobheit ist es / daß Dagobert dieselbe aus eigener Einbildung hat dürfen lügen straffen / ehe uñ bevor er einigen gewissen Fuß falscher stellung gehabt / daher er billich von Böhmischer [359] seite ausgehechelt ist / woselbst man doch mehr Höfligkeit gebrauchet hat / als man schuldig gewesen. Der Fräulein räuberische Entführung ist ein Werk der Götter / die solches nicht ohn Ursach verhänget haben / und ist ein wolgemeinter Vorschlag / mit der Nachfragung zu Padua / woselbst ich einen heimlichen Kundschaffer halten wil / welcher von dannen nicht weichen sol / ehe und bevor er von dem verlohrnen Fräulein gewisse Zeitung hat / wo sie sey /und wie sie gehalten werde; stehets dañ in Frankischer Macht / sie loßzumachen / und zur Heyraht zuerhalten / sollen weder Kosten / noch Mühe noch Blut daran gesparet werden. Nur liegt mir des jungen Teutschen einzige Nachsuchung mehr im Sinne als ihr Verlust selber; und da die Götter ihm das Glük würden verleihen / sie anzutreffen uñ loßzumachen / bedarff man keines Dolmetschers darzu / was zur Dankbarkeit ihm auff sein instendiges begehren dürfte geliefert werden. Ich wil aber den Göttern vertrauen / sie werden es dahin nicht lassen kommen; jedoch / wann ihr Schluß also gehen solte / wird an unser Seiten nichts übrig seyn / als in deren Willen sich zuergeben / und wil nimmer mehr hoffen / daß ich einen Sohn werde gezeuget haben / der so verwägen / unvernünfftig und gottloß seyn wolte / sich dem Himmel selbst zuwidersetzen / oder der grossen Krafft / deren sich die ganze Welt willig unterwirfft / entgegen zustürmen; Doch / wie gesagt / stehe ich annoch fest in der Zuversicht / die gütigen Götter / welche bißher noch allemahl mein Vornehmen gesegnet / werden uns einen angenehmen Ausschlag erleben lassen / als welche in dieser kurzen Zeit mich von meiner / äusserlichem Ansehen nach / unheilsamen Krankheit über alles verhoffen befreyet / und bessere Gesundheit verliehen / als ich vor nie gehabt. Also redete dieser hochvernünftige König / welcher zu seiner Zeit an Tapferkeit / kluger Weißheit und auffrichtiger Gerechtigkeit sehr wenig seines gleichen hatte. Aber sein Sohn / welchen die übermässige Einbildung der aller volkommensten Schönheit der Böhmischen Königlichen Fräulein / zu der unbezwinglichen Begierde der wirklichen Niessung / je länger je mehr anhetzete /kunte solche wolgegründete Ursachen nicht zuherzen nehmen / weil die starke Liebes-Bewägung seine Vernunft ganz übermeistert und nider geworffen hatte; deswegen er darauf sinnete / wie er den Vater / der ihn mehr als sich selbst liebete / auff andere Gedanken bringen möchte; wie er dann vor dißmahl dessen Vortrag also beantwortete: Gnädigster Herr und Vater; ich bin von Kindesbeinen auff von ihrer Gn. darzu angehalten / daß der Götter Schickung ich mir gefallen lassen / und denen nicht wiederstreben sol; welches ich auch so fest in meine Seele gedrukt / daß / wo es nicht eine grössere Kraft heraus treibet / als die es hinein gesenket hat / mir wol biß an mein Ende unverrükt verbleiben wird. Ich halte aber davor / die himlischen Götter wann sie uns ein überköstliches Gut zeigen / wie mir geschehen ist / fügen sie alsbald eine grosse und wichtige Schwerheit zur äussersten Bemühung dabey / ümb uns zuversuchen und prüfen /ob wir auch so viel Muht und Herz haben die Mühe anzutreten / und unsere Nachstrebung ihrer Gütigkeit beyzulegen. Werden wir dañ diesem nach / an unser seiten müssig sitzen / uñ lauren / ob die Götter uns dieses Kleinot in die Schoß hinein schütten / werden wirs mit unserm unwiederbringlichen Schaden erfahren / daß solches nicht anders sey / als seine Wolfahrt verseumen. Mein Gn. Herr Vater erinnere sich / bitte ich / seines gedoppelten Lebens-Spruches / dessen zwar der erste ist;Alles nach der Götter Willen und Schickung; der andere aber:Die Götter verkauffen uns ihre Güter ü unsere Arbeit. [360] Das allerkostbahreste Gut der Götter vor mich / ist die himlische Valiska / welche ich billich die Sonne der Unterwelt nenne; Was ists dann Wunder / daß sie auch anjezt in ihrem Lauffe nach der Götter Willen begriffen ist / nachdem die Sonne nimmer stille stehet? wer ihr nachläufft / wird sie ohn Zweiffel erlangen; wer aber stille sitzet / und wartet biß sie von ihr selbst zu ihm lauffe / wird einen blossen schlagen. Diesem nach / gönne mir mein Gn. Herr Vater / daß ich ihr nachlauffe / damit nicht der Sachsische Läuffer mir gar zu einen grossen Vorsprung abgewinne. Du trägest gute Speisen auff /mein Sohn / antwortete der Vater / aber das Salz mangelt / welches ich daran schütten muß; nehmlich die vorsichtige Klugheit. Du wilt lauffen / aber wohin? Du wilt suchen / aber an welchem Orte? Du wilt einem andern vorkommen / aber auff welcher Bahn? Sihestu was dir fehlet? Dein Seiger ist verrukt / der muß gestellet werden; aber durch Vernunfft / nicht durch blindes zuplatzen. Der Teutsche junge GroßFürst Herkules läufft; wir wollen auch lauffen / ja wir wollen lauffen. Herkules läufft ohn zweifel auffs ungewiß; das wird ihn nicht zum Ziele bringen; Markomir sol gewisser lauffen / so wird er dem Herkules vorkommẽ. Und schätze dich nicht geringer / mein Sohn / als jenen Herkules; dann was bey den Sachsen Herkules heisset / das heisset bey den Sikambern Markomir. Mein Uhr Anherr der allererste König der Sikambrer führete diesen Nahmen / und wahr des hoch berühmten Trojaners des Antenors Sohn / welcher vor 673 Jahren den ersten Grund dieses Reichs geleget hat / uñ wir denselben unter der Zahl unser Götter verehren. 216 Jahr nach seinem Tode herschete / der Neunde in der Ordnung / der Ander Markomir /und zwar eben so viel Jahr lang als der erste / nehmlich XXIIX Jahr / welchen wir als ein Wunder halten wegẽ seiner hochgelehrten Klugheit und Wissenschafft in den freyen Künsten. Der dritte Markomir kam 335 Jahr nach ihm / hat vor 97 Jahren das Reich angenommen / und demselben XXI Jahr lang überaus löblich vorgestanden; massen die Franken unter ihm an Reichtuhm und Kräfften mehr zugenommen / als unter keinem andern vor ihm; und da es den Göttern nit zuwider ist / gelebe ich der Hoffnung / du werdest der Vierde Markomir von unsern Nachkommen gezählet werden; Helffe der Himmel / daß du nicht geringer noch unbenahmter werdest als der vorigen einer. Aber mein Sohn / wollen wir in dieser Hoffnung unbetrogẽ seyn / müssen wir in alle unserm Vornehmen die Vernunfft vorne an setzen / als eine vollkommene Beherscherin aller unser Begierden; und wo wir uns in diesem Stük übersehen / wird die folgende Zeit uns entweder in das Buch der Vergessenheit /oder (welches noch schlimmer) der Verachtung einschreiben. Drumb ehe und bevor wir lauffen / wollen wir uns zuvor des Weges erkundigen / daß wir nicht nach Westen zurennen / wann wir gegen Osten sollen. Muß demnach ein geträuer und verständiger Diener zu Padua vernehmen / ob er daselbst / unser Wegweiser zu seyn / könne geschikt gemacht werden; sonsten wo ich dich zeitiger lauffen liesse / würde ich dich meinen einigen Sohn und gewissen Reichs-Erben ins Verderben jagen / dessen ich vor der ganzen Welt müste verachtet / und von allen meinen Untertahnen verfluchet seyn. Wie aber / mein Herr Vater / sagte Markomir / wann mir der Herkules vorlieffe? So tuht ers durch der GötterWillen und ihrer sonderlichen Schickung / antwortete er / denen wir durchaus nicht können widerstreben; Drum so du mich und dich / ja wo du die köstliche WeltPerle Frl. Valisken recht und vernünfftig [361] liebest / so gehorche mir / stehe in Geduld / als einem tapffern Herzen gebühret / und laß uns vernünfftig fahren / welches nicht seumen heisset /alsdann wird das Glük uns beyrähtig / und der Himmel uns behülfflich seyn. Dieses wahr zwar der Beschluß dieser Unterredung / aber gar kein Löschewasser auff Markomirs flammichte Brunst. Ein verständiger Frankischer Ritter / in der Lateinischen und Griechischen Sprache wol erfahren / nahmens Farabert /ward alsbald erwählet / selb dritte nach Padua zureiten / sich daselbst als ein schweiffender Ritter auffzuhalten / und an des Römischen Stathalters Hofe daselbst Kundschafft zusuchen / damit er sich beydes des geraubeten Fräulein und des GroßFürsten Herkules Zustandes erkündigte / und alle Wochẽ fleissigen schrifftlichen Bericht tähte. Dieser / als er daselbst ankam / und den Ruhm der unvergleichlichen Tapfferkeit des Teutschen Herkules von jungen und alten hörete / dann auch / daß derselbe über der Fräulein Verlust sich mehr / als über kein Ding in der Welt entsetzet hätte / und ohn alles seumen ihr als ein geworbener Räuberknecht gefolget währe / auch wie man davor hielt / schon in Erfahrung gebracht / an was Ort und Enden er das geraubete Fräulein antreffen könte; überschrieb er dieses an den König / wie es an sich wahr / und schickete es bey seiner Diener einem über; welcher zwar von Farabert befehlichet wahr / es niemand als dem Könige einzuliefern / aber Markomir hatte seine Leute bestellet / welche ihm des Klodimirs (also hieß dieser Diener) Ankunfft zuwissen tahten /noch ehe er zu dem Könige kam; begehrete demnach /er solte sich straks angesichts zu ihm auff sein Gemach verfügen. Dieser / den jungen Fürsten so ungestalt / bleich und mager sehend / als welcher in steter Wehmuht sein Leben zubrachte / entsetzete sich darüber / und wolte ihm allerhand Trost einsprechen; Er aber fragete also bald nach / ob er ein Schreiben an seinen Herr Vater hätte? Ja / antwortete er; bin aber schuldig / solches niemand als dem Könige selbst zuliefern. Umb so viel schlimmer vor mich / antwortete er; doch wolte er ihm das Schreiben nicht mit Gewalt abnehmen / sondern ging mit ihm hin nach dem Könige / umb / den Inhalt desselben zuvernehmen. Der König sahe ihn ungerne dabey / merkete auch schon aus Klodimirs Gesichte / daß noch zur Zeit wenig Trostes vor seinen Sohn würde verhanden seyn / und durffte ihm doch das übergeschriebene nicht hinterhalten. Welches sie beyde mit einander lasen / und der König alles zum guten auszudeuten bemühet wahr /aber die Muhtmassung wahr viel zustark vor den so hochgerühmten Herkules; daher Markomir also mit betrübetem Herzen anfing: Nun ihr Götter / dann euch allein muß ichs zuschreiben; Ihr habet mich vor unwirdig erkant / diesen Schatz zubesitzen / der über eines Menschen Wirdigkeit gehet / dann sonst hättet ihr meinem Herr Vater die Gedanken eingeblasen /daß er mir gegönnet hätte nachzufolgen / da vielleicht auch noch ein mitleidiger Gott mir den Weg zu dem Fräulein gezeiget hätte / daß ich ehe als Herkules /oder mit ihm zugleich angelanget währe / und auffs minste aus ihrem Munde meine letze Urtel angehöret hätte; Weil aber nun ein solches verseumet / und unwiderbringlich ist / würdet ihr Götter dem elenden Markomir keine höhere noch angenehmere Gnade erzeigen können / als daß ihr seine mühselige trostlose Seele aus der ungenehmen Herberge des schon abgematteten Leibes abfodertet; fürchte aber sehr / ihr werdet ihn noch länger zuquälen Lust tragen. Der Vater wolte ihm Trost einreden / aber er baht denselben / sein zuverschonen / weil seinem Herzen unmöglich währe / dessen ichtwz [362] anzunehmen / und währe ihm nichts liebers als die Einsamkeit. Es brachte dieses dem Könige die Trähnen aus den Augen / und hielt vor rahtsam / ihn vorerst ihm selber zu gönnen /nur fürchtete er am meisten / er möchte aus Verzweifelung sich selbst entleiben / welches abzuwenden / er allerhand Gewehr und Messer von ihm abnehmen ließ / welches er geduldig erlitte / unter der Hoffnung /man würde daher desto weniger Aufsicht auff ihn haben / dann sein ganzer Vorsatz wahr / seinem Leben ein Ende zumachen. Zween ädle Frankische Jünglinge / welche mit ihm aufferzogen / und von ihm sehr geliebet wurden / musten auff des Königes Befehl ihm auff seinem Gemache Geselschafft leisten /welches ihm der gröste Trost wahr / weil er keinen andern Menschen umb sich leiden mochte. Nach eingenommenen wenig Speisen und starken Trunk gewässerten Weins / legte er sich diesen Abend früh zur Ruhe / lag etwa ein halb stündichen ganz stillschweigens auff dem Bette / trieb etliche Gäukeley mit den Händen / und lächelte zuzeiten dabey ein wenig. Der eine ädelknabe wolte mit ihm reden / und ihm von seiner Stuterey (wozu er sonderliches belieben trug) etwas vorsagen; Er aber sagte zu ihm: Mein Walther (also hieß dieser) was hastu dich zwischen zwey verliebete Fürsten-bilder einzumischen? meynestu daß meine Gnade gegen dich grösser sey als daß sie könte gebrochen werden? Sihe da / ich gebiete dir / wo du mich noch einmahl verstörest mit der zu reden / deren ich ganz eigen bin / wil ich dich lassen an den lichten Galgen hencken. Ach ihr Götter / fing dieser mit Trähnen an / was wird hieraus werden? Der andere Jüngling / Nahmens Anther / trat zu ihm / und sagete: Durchleuchtigster GroßFürst / kan mir dann wol erlaubet seyn / mit euch zuschwätzen? Ja / sagte er /wann du weist wer ich bin. Wie solte ich solches nicht wissen? antwortete dieser; Eure Durchl. ist ja unser GroßFürst Markomir. Was? sagte er / bin ich der verfluchte Markomir? Wie solte ich mich wünschen ein solcher unglüklicher Liebhaber zuseyn; Mein Nahme ist Herkules / gebohrner GroßFürst der unüberwindlichen SachsenVölker; und werde ich nach Verlauff vier Monat das Beylager mit meinem vertrauten Fräulein halten. Walther lieff auff solche Rede hin nach dem Könige / und zeigete ihm solches wahnwitzige Vorbringen mit Trähnen an; Welcher ihm zur Antwort gab: Dieses ist später kommen als ich michs befürchtet habe; Die Götter wollen sich mein und meines lieben Sohns erbarmen; gehe du aber wieder hin / und gib nebest deinem Gesellen gute acht auff deinen Herrn / dz ich bald erfahre / wie sichs weiter mit ihm schicket / dann ich fürchte noch viel ein schlimmers. Inzwischen wolte Anther ihm einreden / und solche Einbildung ihm benehmen; aber er sahe denselben mit verwendeten Augen und greßlichem Gesichte an / und dräuete ihn zu fressen / wodurch er geschrecket / ganz stille schwieg. Der König ließ seinen Leib Arzt zu sich fodern / gab ihm das Unglük zuverstehen / und fragete / was vor Raht hie seyn würde / des jungen Fürsten Witz zuretten. Dieser machte sich alsbald fertig zu ihm zugehen / und wo möglich / ihm die Ader springen zulassen / fand ihn aber im harten unruhigen Schlaffe ligen / welcher ihn als im Augenblicke überfallen hatte; und sahe er aus allen Zeichen / daß ihm das Gehirn schon verrücket wahr / auch nach geendigtem Schlaffe er eine tobende Wuht würde sehen lassen; daher riet er dem Könige /welcher ihm gefolget wahr / daß man ihn also schlaffend mit dem Bette auff ein festes Gemach brächte /damit er nicht loßbrechen könte / welches ohn seumen geschahe. Gegen den Morgen erwachete er / fing ein hartes Geschrey an / [363] welches einer Ochsen- als Menschen-Stimme ähnlicher wahr / sprang aus dem Bette / und zureiß sein Hemde in kleine Läplein / stund ohn alle Schahm ganz mutternacket / und rief / man solte ihm seine ritterliche Rüstung bringen / es müste sein Erzfeind der Frankische Markomir diese Stunde von seinen Händen sterben / als welcher ihm seine vertrauete unredlicher weise abspenstigen wolte. Walther und Anther waren bey ihm auff dem Gemache / und hatten sich aus Furcht verstecket / dann sie gedachten nicht anders / er würde sie erwürgen; endlich schliech der erstgedachte heimlich nach der Tühr / und klopffete leise an / daß die haussen stehende Diener ihm auffmachen solten / welches zwar geschahe / aber Markomir ward dessen zu früh innen / sprang so nacket hinter ihm her wie ein Hirsch / daß er zugleich mit ihm aus der Tühr kam / erhaschete ihn im Platze /und hätte ihn ausser Zweiffel erwürget / wann nicht sechs starke Knechte herzugelauffen währen / und ihn gerettet hättẽ / welche auch des jungen Fürsten endlich / wiewol mit grosser Mühe und Arbeit / mächtig wurden / und ihn bey Armen und Beinen wieder nach seinem Gemache schleppeten. Seine Eltern sahen an ihm sehr grosses Herzleid / und kunte seine fro e Mutter sich anfangs nicht zufrieden geben; dann er blieb in solchem Wahnwitz eine geraume Zeit / biß ihm noch endlich durch einen erfahrnen Arzt raht geschaffet ward / wovon zu seiner Zeit Meldung geschehen wird.

Unser Valikules / wie droben gesagt / reisete mit Gallus in der Landschafft Achaja / in willens nach Korinth sich zu begeben / und stellete sich der fremde Ritter sehr freundlich gegen ihn / welchen er meinete ohn gefehr in seine Geselschafft kommen seyn. Sie redeten miteinander von neuen Zeitungen / und wuste dieser von so mañicherley Sachen zu schwäzen / daß Valikules ihm sehr gewogen wahr; unter andern trug er ihm diese Geschichte vor / welche sich vor etwa X Wochen zugetragen hätte; Es wohneten nicht weit von Korinth / sagte er / zween Ritter in einem Flecken /einer schon zimliches Alters / von LVI Jahren / welcher nie Lust zum Frauenzimmer gehabt / und seine Anverwanten ihn zur Heyraht nimmer haben bewägen können; der ander XXX Jahr jünger als dieser / hat schon vor IV Jahren eine adeliche frische / wie wol ehrliebende Jungfer geehelichet / aber mit ihr nie keinen Erben gezeuget / ohn daß sie vor XIIX Wochen eines jungen Söhnleins genesen / welcher nicht allein dem vorgemeldeten alten Ritter sehr ähnlich wahr /sondern hatte auff der linken Hand ein Schwert-mahl /gleich wie derselbe Ritter auch; wo durch der Jüngere in hefftigen Argwohn gerahten ist / es habe sein Weib diesen Sohn mit jenem im Ehebruch gezeuget / welches ihm auch kein Mensch hat können aus dem Sinne bringen / dann er allemahl beständig vorgegeben / die Götter hätten durch solches Zeichen seines Weibes Unträu wollen offenbahr machen; und würde er sie schon ermordet haben / wann nicht ihre Eltern sie in den Sechswochen heimlich entführet und in Gewarsam gebracht hätten / welches doch wieder der Frauen Willen geschahe / sich befürchtend / sie würde sich dadurch der Schuld verdächtig machen. Ihr Ehe Junker / als er sahe / daß die Gelegenheit sich an ihr zurächen / ihm benommen wahr / nahm ihm vor sich an dem Ehebrecher zuerhohlen / welches er also anschlug; Es hatte derselbe seinen Reiten den Diener /umb einer Unträu willen abgeschaffet / welchem er allemahl viel vertrauet hatte / nunmehr aber in erfahrung brachte / daß er ihn vielfältig betrogen; diesen nahm der jüngere Ritter / nahmens Timoleon / [364] in Dienste an / hielt ihn wol und fragete ihn / warumb sein voriger Herr von XLIV Wochen her / sich weder von anderen hätte wollen lassen besuchẽ / noch andere ansprechen. Dieser gab zur Antwort; er möchte die Ursach nicht melden / weil derselbe es sehr heimlich hielte / und nunmehr sich bald wiederumb würde unter die Leute machen. Dieser aber hielt so hart bey ihm an / daß er endlich es offenbahrete; nemlich / als dieser sein voriger Herr dazumahl bey ihme währe zu gaste gewesen / währe er nach Mitternacht zu hause kommen / und hätte gar nichts mehr von seinem Barte gehabt / welchen er sonsten zimlich lang zutragen pflegete / hätte vorgeben / es währen ihm etliche vermumete Buben auf der Strasse begegnet / welche ihn angefasset / und mit einer Scheren ihm den Bart reine hinweg geschnitten; und weil er sich in solcher Gestalt nicht möchte sehen lassen / wolte er daheim bleiben / auch wann mann nach ihm fragete / sich lassen verleugnen / biß der Bart ihm guten teils würde wie der gewachsen seyn. Timoleon dachte diesem ernstlich nach / und erinnerte sich daß Phorbas / (so hieß der alte Ritter) ihn dazumahl gewaltig zum Trunk genöhtiget / und von ihm erhalten / dz sein junges Weib hätte mit zechen müssen; weil dann Timoleon noch sehr wenig vom Bart hatte / gedachte er; was gilts /wo nicht dieser alte haberstolz von unbilliger Lust gereizet / durch abschneidung des Barts sich mir hat etwas ähnlich machen wollen / daß er da durch mein unschuldiges Weib hintergangen / und ihr unwissend solche Schande angefüget hat; und dieses bildete er ihm so fest ein / daß er gar nicht mehr daran zweiffelte / insonderheit / weil er sich erinnerte / daß er in der Trunkenheit jensmahl / wüste nicht wie / währe entkleidet / und in das Nebenbette gelegt worden. Sein grosser Eifer trieb ihn / nicht lange zuruhen / taht seinem neuen Diener grosse Verheissung / da er ihm helffen könte zu Phorbas auff sein Gemach zukommen /wann er allein währe / weil er ihm etwas anzuzeigen hätte / daran ihnen beyden viel gelegen. Dieser gedachte nicht / daß Timoleon mit gefährlichen Sachen umbginge / wahr ihm zu Willen / und ging mit ihm hin nach Phorbas Hoff gleich umb die Zeit / wann derselbe in seinem Lustgarten pflegte allein umbher zugehen / und an den mañicherley selzamen Gewächsen sich zuerlustigen; woselbst ihn auch Timoleon antraff / da er in der Sommerlaube saß / und in des Homerus Schrifften lase. Phorbas entsetzete sich / als er ihn sahe / und meldete ihm sein Gewissen alsbald /was die Ursach seiner Ankunfft seyn würde / gleich da er ihn hörete also reden: Du Erzverrähter und bübischer Ehebrecher / warumb hastu mir mein Weib geschändet / als du unter dem Schein redlicher Freundschafft mich besuchetest? leugne nur nicht warumb du den Bart selbst abgeschnitten / dann es ist mir viel zukund worden / und schicke dich zum tode / dann du must sterben. Phorbas gab zur Antwort: Mein Freund / ich habe mich an euch und eurem ehrliebenden Gemahl durch antreibung unziemlicher begierden hart vergangen / und bin willig den Tod davor zu leiden /nur schonet eures Gemahls / welche allerdinge unschuldig ist / und von dieser meiner Untaht nicht das allergeringste weiß. Timoleon hatte auff solche Bereuung sich bedacht / was er mit ihm vornehmen wolte /doch endlich durch Eifersucht übermeistert / hat er ihm das Schwert durchs Herz gestossen und ist davon gangen. Es wahr aber des PhorbasLeibdiener gleich darzu kommen / umb seinem Herren anzumelden /daß sein Bruder Philotas nebest seiner zwo Schwester Männern Jason und Hyllus kommen währen ihn zubesuchen; Dieser als er den Timoleon gesehen [365] sein blutiges Schwert abwischen / hat er gleich die Wahrheit gewähnet / und den dreyen jeztgemeldeten es weinend geklaget / welche alsbald zu ihm hinein gedrungen /und mit vielen Stichen und hieben ihn nidergemacht haben; sind darauff davon geritten / und haben die Sache über dz anhängig gemacht / da Timoleons /sonst ehemahls des Phorbas Knecht alles hat müssen außsagen / welcher auch darauff des Landes verwiesen ist. Timoleons tugendreiches Weib / als sie allen Verlauff erfahren / hat sie ihres Ehe Junkern Tod heftig beweinet / ist bald hernach auffgefahren / und hat anfangs ihrem eigenen Kinde / aus Eifer wieder den Betrieger Phorbas / den Hals umbgedrehet / und hernach sich selbst von der Höhe herunter zu tode gestürzet; welches ihrer Mutter so sehr zuherzen gangen / daß sie in der Ohmacht verschieden ist. Aber hiemit hat diese Streitigkeit noch kein aufhören / sondern Timoleons Schwiegervater hat sich mit einer Gegenklage wieder die Mörder seines Schwiegersohns gesetzet / und gibt diese Sache den Richtern nicht wenig zuschaffen / wie sie darin sprechen sollen / daß der heiligen Gerechtigkeit ein Genügen geschehe. Valikules gab zur Antwort / es währe ein zumahl kläglicher Fal / und dafern nicht kluge Richter denselben zuerörtern bekähmen / könte der Gerechtigkeit leicht eintrag geschehen. Da es umb den Mittag kam / sahen sie einen Weg nach der Rechten zu / von der Landstrasse auff ein Gehölze gehen / welchen der Ritter vor sich nam /vorgebend / er ginge viel richtiger nach Korinth / und läge ein kleiner Flecken hinter dem gehölze / in welchem sie Mahlzeit halten / und die Hitze etwas vorbey gehen lassen könten. Valikules sagete; er hielte sich allemahl lieber auff der Heerstrasse / weil die Nebenwege von Mördern und Räubern nicht so gar sicher währen / jedoch wolte er ihm folgen. Als sie vor das Gehölze kahmen / sträubete sich sein Pferd mit ganzer Gewalt / und wolte nicht hinein; uñ wie ein guter Reuter er sonst wahr / muste er doch dem Pferde vordismahl seinen Lauff gönnen / biß ers mit Sanfftmuht lenkete. Das Pferd wegerte sich abermahl / aber er gab ihm die Sporn und zwang es mit Macht fortzugehen / sagte auch zu ihm: Harre bistu da zubrochen /daß du dich vor den Bäumen entsetzest / werde ich dich bald abschaffen und ein anders an deine Stelle kauffen. Aber es wahr des Pferdes Schuld nicht / sondern ein Zeichen des bevorstehenden Unglüks. Sie ritten unter den lustigen Bäumen im gewünschten Schatten fort / uñ gedachte Valikules an keine Verrähterey /sondern hielten ihr Gespräch immer fort / und da sie des Waldes Ende schier erreichet hatten / sahen sie einen Bauren mit einem fuder Holz quehr durch den Wald daher fahren / und ihnen nachfolgen / da sie in einem engen Fahrwege ritten / welcher an beyden Seiten hohe Ufer hatte. Valikules sagte zu dem Ritter; hie ist gar ein schlimmer Ort / und wann noch ein Wagen auff uns zu stossen solte / könten wir weder hinter noch vor uns kommen. Der Ritter gab ihm zuverstehen / es währe ein kurzer Weg / da diese Enge auffhörete / und weil es ein schattigter Ort wahr taht er den Helm ab / sich zuerkühlen / vermahnete auch Valikules der frischen Lufft sich zu blössen; dessen er sich wegerte / weil man in solchẽ Schlupflöchern nicht zu sicher seyn dürffte. Er hatte die Worte kaum außgeredet / da hörete er ein geklapper der Waffen / und sahe bald darauff in die 50 Mann / teils geharnischt / teils gepantzert / mit Hellebarten und Schlacht Schwertern in zimlicher Ordnung gegen sie daher treten. Valikules fragete den Ritter / was dieses bedeutete; es ginge ja keine öffentliche Fehde in dieser Landschafft vor; bekam aber so kalte [366] Antwort / daß er an des Ritters Auffrichtigkeit zweifeln ward. Hierzu kam / daß der Baur seinen Holzwagen forne im Wege stehen ließ /die Pferde abstrickete / und mit denselben davon rennete; sagete deswegen zu Gallus: Wir sind gewißlich verrahten; kehrete sich hernach zu dem Ritter / und fragete / warumb er ihn an diesen gefährlichen Ort geführet hätte; welcher sich aber gar trotzig erzeigete /und mit höhnischem Gelächter fragete: warum er ihm gefolget währe? Er hätte ihn ja nicht gezwungen noch genöhtiget, wolte er aber guten Raht erkennen / solte er sich ja sonder Sperrung ergeben / sonsten dürffte ers nicht lange machen. Ey du schändlicher Verrähter / sagte Valikules; wie lange ichs machen werde / stehet bloß allein bey Gott; du aber solt dich deiner Verrähterey nit lange rühmẽ; zog hiemit sein Schwert aus / uñ spaltete ihm das Häupt mittẽ von ander. Das herzudringende bewafnete Gesinde sahen dieses / uñ schrihen ihm zu: Ey du mein äidiger Ritter / waru tödtestu diesen vornehmen Herrn? Mit welchen Worten sie feindlich auff ihn zulieffen. Valikules sahe /daß es ihm gelten solte / weil aber daselbst kein Ort zum Pferdestreit wahr / und sie zu Fuß auff ihn ansetzeten / stieg er samt Gallus ab / uñ stelleten sich vor den Wagen an beyden seiten der Deichsel / daß man weder von hinten noch von der seite her ihnen beyko en kunte. Bald traten zween mit Hellebarten vor dem Hauffen her / und begehreten mit trotzigen Worten / sie solten sich gefangen geben. Valikules fragete ihn / in wessen Nahmen er solches an ihn begehrete. Du wirst es noch mehr als zu früh erfahren / sagte dieser / und jemehr du dich wiedersetzest / je härter wird die Straffe seyn. Ich weiß mich keiner übeltaht schuldig / antwortete er / daher mir kein Mensch straffe zudräuen hat. Dieser meinete ihn zugreiffen / und rief /man solte ihm einen Strik reichen; aber Valikules schlug ihm die Hellebarte zur seite aus / und stieß ihm das Schwert durchs Gerippe / daß er ungeredet zur Erden stürzete. Die anderen dieses sehend / stürmeten einmühtig auff ihn zu / daß sie ihn mit ihren Leibern zu bodem stiessen / fasseten ihn bey Händen und Füssen / und bunden ihn / daß er kein Gliedmaß regen kunte; worüber er sich dermassen erzürnete /daß ihm das Blut aus den Lippen sprang. Gallus ward auf gleiche Weise gefesselt / welches er ansahe / uñ diesen verwägenen Hauffen nochmahls fragete / was vor Ursach oder Befehl sie hätten / ihn dergestalt zuüberfallen. Sie möchten ihm sein Leben bißdahin fristen / daß er vor die Obrigkeit dieses Orts treten / und seine Unschuld dartuhn könte. Ja / antwortete ihm der Führer; vor die Obrigkeit soltu freylich gestellet werden / uñ begehrete dieselbe dich nicht lebendig / würdestu schon kalt seyn. Er kunte ihm nicht einbilden /was man dieses Orts auf ihn zusprechen hätte / biß ihm einfiel / es müste entweder wegen der beyden zu Korinth erlegeten Ritter / oder wegen des auff dem Wege nach Elis gehaltenen Kampfs / oder wegen Parmenions seyn; ward doch froh / daß ihm Lebens Sicherheit biß dahin versprochen wahr / und redete dieses Gesinde gar beherzt an / da er zu ihnen sagete: Weil es dann Gott also schicket / daß ich euer Gefangener seyn muß / so gehet mit mir ümb als mit einem hochädlen Römischen Ritter / und machet die Bande loß / damit ihr mich gefesselt habet. Ja / sageten sie /die Beine sollen dir gelöset werdẽ / daß du aber keinen Mord mehr begehest / werden wir dir die Fäuste schon verwahrẽ; bunden ihm auch dieselben ganz unbarmherzig auf den Rücken / daß die Stricke ins Fleisch schnitten / welches er geduldig erlitte / und geschwinde mit ihnen fortging / nachdem sie ihm den Harnisch und alles Gewehr abgenommen hatten. Als sie in dem Flecken anlangeten / [367] führeten sie ihn auf das Schloß / welches gar zierltch gebauet wahr / und in dem er in das Thor hinein trat / begegnete ihm ein Diener / und sagte zu ihm: Bistu da du Verrähter uñ Mörder? Ey das leugestu / antwortete er / ich bin ein ehrlicher Ritter. Der Bube zohe die Faust / schlug ihn ins Gesichte und sagete: Darfstu noch viel trotzen? Jedoch gib der Zungen urlaub / weil du sie gebrauchen kanst / iñerhalb wenig Stunden sol sie schon ruhig seyn. Valikules litte diese Schmach geduldig /sahe gen Himmel / und baht seinen Erlöser inniglich /daß er ihm wolte gnädig seyn / und da es sein Väterlicher Wille währe / ihn nicht so schändlich ümkommen lassen / damit die teuflischen Pfaffen in Teutschland nicht Ursach zu lästern hätten / ob währe ihm solches wegen Verleugnung der falschen Götzen begegnet. Etliche von dem Hauffen gingen zu dem Herrn des Schlosses / welcher Charidemus hieß / und zeigeten an daß der Verrähter gefänglich hergebracht währe / welcher / ehe er gegriffen worden / seinen Oheim / Ritter Nikokles erschlagen hätte; worüber er sich von neuen eiferte / und hinunter sagen ließ / man solte den gefangenen Doppelt-Mörder hierauf schleppen; welches alsbald geschahe / und Valikules verlangen trug / zuvernehmen / was vor Mordtahten man ihm vorhaltẽ würde. Er ward auff ein zierliches Gemach geführet / in welchem ein alter ansehnlicher Herr auf einem schwarzen Sa eten Stuele saß / und neben ihm ein schönes junges adeliches Weib. Dieser empfing ihn mit einem grimmigen Angesichte / uñ redete ihn also an: Bistu da / du mörderischer Bösewicht / der du den treflichen Held und Kriegs Obersten / Herrn Parmenio / meinen leiblichen und einigen Bruder so verrähterlich ermordet hast? Valikules sahe ihn wiederumb ganz feurig an / und antwortete: Herr seyd ihr Ritterstandes / und haltet etwas auff Ritterliche Hocheit / so lasset mich ungebunden mit euch reden / dann ich bin ein Römischer Ritter von hohem Adel / und habe durchaus nicht verdienet / daß ich so schändlich gebunden / und als ein übeltähter geschleppet werde. Die Frau sahe ihn mitleidig an /kunte sich seiner vortreflichen Schönheit nicht gnug verwundern / empfand auch eine solche Erbarmung gegen ihn in ihrem Herzen / daß ihr die Trähnen aus den Augen stiegen / dessen sie sich doch nicht durfte merkẽ lassen. Charidemus antwortete ihm gar höhnisch: Bistu ein Römischer Ritter? Ja / sagte er / als lange mir Gott das Leben göñet. So soltestu auch Römische Ritterliche Tahten begehen / antwortete er /wañ du nicht woltest gebunden seyn. Ich weiß mich durchaus keiner unredlichen Tahten schuldig / antwortete er / welches ich vor allen uñ jeden redlichen Richtern dartuhn wil; aber seyd ihr Ritterlichem Stande jemahls hold gewesen / so erlasset mich der Bande / biß ich mich verantwortet habe. Die Frau wagete es /und baht ihren Herrn / ihn nur bißdahin auflösen zulassen / welches er endlich verwilligte / sprechend: Ob du gleich billich diese Bande trägest / biß dir nach Verdienst gelohnet werde / wil ich dannoch aus lauter Barmherzigkeit dir so viel Gnade erzeigen / deren du doch nicht wirdig bist. Als ihm die Stricke abgelöset wahren / und er sahe / wie ihm die Arme zugerichtet /ging ihm diese Schmach mehr als der Tod zuherzen /fing seine Rede mit höflichen unerschrockenen Geberden an / und sagete: Herr; euer Stand uñ Nahme ist mir unbekand / daher wird mir leicht zuverzeihen seyn / daß ich mit euch / als mit einem Unbekanten rede. Ihr habt mir vorgeworffen / als hätte ich eurẽ Bruder verrähterlich ermordet; nun sind ja so viel tausend Menschen zugegen gewesen / die unsern Kampf angesehen / daß ich mich nicht unbillich verwundere / wie ich einiger Verrätherey [368] könte beschuldiget werden; ich habe ja mit ihm in offenem Felde gestritten / ohn alle List und Verrähterey / wozu er mich durch unerhörete Schmach genöhtiget hat. Kan diesen meinen Worten nicht gegläubet werden / so haltet mich in gnugsamer Verwahrung / und fraget die ganze Stad Elis. Sonst sehe ich euch als einen trefflichen Herrn /vor einen redlichen Rittersmann an / und mache mir die gänzliche Hoffnung / ihr werdet mit mir ritterlich und ohn Gewalt verfahren; ist aber einer oder ander zu gegen / welcher mich einiger Verrähterey beschuldigẽ wolte / wider denselbẽ erbiete ich mich / bloß ohn Harnisch / mit dem Schwert zu streitẽ / ja wañ ihrer gleich drey oder vier wären; dañ ich getröste mich meiner Unschuld / und bin versichert / mein Gott werde dieselbe retten. Charidemus antwortete; Ich habe dich nicht fahen lassen / daß du alhier mit mir zanken / oder mir zur Lust einen Kampff halten sollest / sondern daß du meinen Bruder ermordet hast / der ungleich besser wahr als du / davor ist mir dein Leben verfallen / wann du auch zehn Hälse hättest; und was wiltu dich viel entschuldigen und durch Lügen weiß brennen? Hastu nicht gleich jetzt eine mördliche Taht an meinem Oheim einen trefflichen Ritter begangen / worüber du von meinem Volk ertappet bist? sprich auch / das dieses nicht mördlich gehandelt sey. Valikules antwortete; Ich gestehe / daß ich diesen Ritter aus gerechtem Eifer nidergehauen /weil er mir ungescheuhet ins Gesichte sagete / daß er mich verrahten / uñ euren Dienern listiger Weise überliefert hätte / da er doch anfangs als ein sonderlicher Freund sich anstellete; und als er hierüber noch willens wahr mich anzugreiffen / bin ich ihm mit meinem Schwerte zuvorkommen; habe also nach aller Völker Recht gehandelt / welches unser selbst verteidigung zur Nohtwehr nicht unrecht heisset: jedoch /kan dieses / weil es euch zuwieder / mit Gelde gebüsset werden / so fodert getrost; ich wil nicht von hinnen begehren / biß solches erleget sey. Charidemus sagete; ich bedarff deines Geldes nicht / dessen ich mehr habe als du / sondern dein Häupt ist mir die rechte Bezahlung / das muß vor mir auf der Schüssel stehen / ehe und bevor drey Stunden vorbey gangen sind / wovor dich kein Gott schützen sol. Valikules hörete diese Gotteslästerung viel ungeduldiger / als die Dräuung an / erinnerte ihn gleichwol / er solte sehr wol bedenken was er tähte; er währe ein Römischer Herr / und des Käysers naher anverwanter / welcher ohn allen zweiffel seinen Tod an ihm und seinem ganzen Geschlechte sehr hart und schwer rächen würde. Gut gut / sagte Charidemus / das du mir solches anzeigest / dañ desto weniger werde ich dich loß geben / damit du hernähst der Rache entübriget seist. Rieff hiemit seinen vier Schergen / die vorm Gemache auffwarteten / und sagete: Nehmet diesen gefangenen Buben / uñ führet ihn an die Stätte / wo er heut meinen lieben Oheim erschlagen hat / daselbst hauet ihm das Häupt von den Schultern / reisset ihm das schelmische Herz aus dem Leibe / und zerstücket ihn in XXIV teile / deren eines jedwedem meiner Freundschafft zur billigen Rache über meines Bruders Tod sol zugestellet werden; hernach enthäuptet auch sei nen Diener / und weil er nichts böses getahn / so verscharret seinen Leib in die Erde. Die vier Henkers Buben wahren von Leibe sehr stark; jeder hatte ein grosses Richtschwert an der Seite / uñ einen Strik in der Hand / welche mit einem Häuptwink ihren Gehorsam zur Volstreckung anzeigeten. Valikules entsetzete sich vor dieser Urtel nicht / enderte seine Farbe nicht im geringesten / sondern stund wie ein Engel mit frölichem Gemüht mid sagete: Herr; euer Recht muß [369] warlich mit MenschenBlut geschrieben seyn; und hätte ich nie gegläubet / daß grössere unbarmherzigkeit und Grausamkeit in Griechenland als in der Skytischen Barbarey solte geübet werden; jedoch / dafern diese Urtel unwiederrufflich ist / wil ich mich willig drein geben; Bittet ihr aber Gott / daß er mein unschuldiges Blut an euch nicht in kurzen räche; Ich verzeihe euch von Herzen alles / was ihr durch Gewaltsamkeit an mir tuht; nur eines bitte ich euch: lasset mich ungebunden hinführen / daß man gleichwol diesen geringen Unterscheid zwischen Rittern und gemeinen verurteileten Leuten halte; Ich bin ja ohn alle Waffen / und haben sich diese vier starke Männer meinetwegen im geringsten nicht zubefürchten. Ihr aber / wolgebohrne Frau / sagte er zu Charidemus Gemahl / seyd von mir ehrendienstlich gebehten / und erhaltet mir dieses bey eurem Herrn; kan ichs sonst nicht vergelten / weil mein Leben daran muß / und ich mich dem Tode ergeben habe / so nehmet dieses schlechte von mir anstat einer geringen Vergeltung. Mit welchem Worte er ein köstliches Kleinot hervor zohe / und ließ es der Frauen durch einen anwesenden ädelknaben einreichen. Die Frau fragete ihren Herrn demühtig / ob ihr erlaubet währe solches anzunehmen; welcher antwortete: Was solte der Bettelbube vor köstliche Kleinot haben? nehmet hin und besehet es. Der Frauen gefiel dasselbe sehr wol / und weil sie davon guten verstand hatte / sagte sie ihm heimlich: es währe ein Fürstliches Kleinot von hohem Wert; fing hernach an / ihren Herrn mit furchtsamer Rede zubitten / wann es ihm gnädig gefallen könte / möchte er ihn ungebunden hinführen lassen / nachdem er unbewehret währe / und die Schergen ihn wol würden verwahren können. Charidemus sagete zu Valikules: nicht allein du / sondern dieses Kleinot / welches du etwa magst gestohlen haben / ja alles was in deiner Gewalt seyn mag / ist mir heimgefallen / daher du es nicht verschenken kanst; jedoch weil mein Weib vor dich eine Bitte einleget / soltu dessen zugeniessen haben / und ungebunden hingeführet / auch also abgetahn werden. Ihr aber / sagete er zu den Henkern, sehet zu / daß er euch nicht entwische / und verrichtet an ihm was euch befohlen ist / oder ihr sollet an seiner stelle stehen. Der gröste unter ihnen antwortete: Gnädiger Herr / ich wil euch sein Häupt liefern / welches ich wie eine StekRübe hinweg hauen wil; und gefält es Euer Gn. so übergebe sie mir dieses Bübichen allein; Er müste mir warlich nicht entrinnen /wann seiner gleich ein halb dutzet währe; dann mein kleinester Finger ist kräfftig gnung ihn zu erwürgen. Valikules hatte schon diese Erklärung gefasset / daß da man ihm die Freyheit der Hände würde gewegert haben / einem Schergen das Schwert zunehmen / und im Gemache sich mit ihnen herumb zuhauen; weil er aber Charidemus Einwilligung mit Herrenfreuden vernam / enderte er sein Vorhaben / und rieff seinen Heyland in höchster Andacht an / Er möchte ihm Stårke und Krafft verleihen / sein Vorhaben zuvolbringen /gedauchte ihn auch / nach ausgelassenen Seuffzen /ihm würde ein sonderlicher Trost und innigliche Freudigkeit ins Herz gegossen. Als er zur Tühr hinaus treten solte / sagte er: Hochädle Frau / ich bin schuldig /euch vor die erzeigete Gunst und Vorbitte demühtig zu danken / zweifele auch nicht / der allerhöchste Gott werde es euch reichlich vergelten / daß ihr einem ehrlichen Ritter die schimpflichen Bande abgenommen habt / welche ich in Warheit mehr als die gesprochene Urtel gescheuhet habe / weil in meinem Vaterlande Ketten und Bande ungleich mehr schänden als das RichtSchwert. Der Frauen stunden die Augen [370] voll Wasser / kunte vor mitleiden kein Wort sprechen /durffte auch wegen Charidemus gegenwart nicht /welcher sie hart und verächtlich hielt; Wiewol sie nicht unterließ / ihm eine sehr freundlichen Blik zuverleihen / und hiemit zuverstehen gab / wie geneiget sie ihm währe. Also ward er zwischen zween Henkersbuben hingeleitet / welche viel Gespöttes und unkeusche Reden gegen ihn trieben / daß ihm das Herz im Leibe blutete. Charidemus ließ im ganzen Flecken bey Lebensstraffe verbieten / daß kein Mensch mit hinaus gehen / uñ die Volstreckung des Gerichtes ansehen solte / ohn die darzu verordnet währen; dann ihm wahr leide / Valikules würde ihnen anzeigen wer er währe / da einer oder ander aus Hoffnung eines Geschenkes es nach Rom an den Käyser berichten dürffte / und er darüber in Ungelegenheit kähme. Als sie von der Steige in den Schloßplatz kahmen / nahmen die beyde übrige Schergen den gebundenen Gallus zwischen sich / welcher bißher in seinem Gebeht zu Gott gestanden wahr / und denselben mehr umb Herkules als seine eigene Erlösung anrief / weil er bekennete / eine solche Straffe durch sein voriges übeltuhn wol verdienet zu haben; jetzund aber fragete er /wohin man mit ihnen wolte; da sein Herr ihm antwortete: Mein frommer geträuer Knecht / unsere Zeit ist kommen / der halben laß uns ein Herz fassen / daß wir willig und gerne sterben; Wir haben ja noch die Ehre / daß wir von diesen vier tapfferen geherzten Männern / und nicht von schlimmen schwachen Buben den Tod annehmen werden. Diese vier Schelmen dauchten sich groß / da er ihnen dieses Lob erteilete / und sagte der vornehmste zu ihm: Nun junger /du solt dieses Worts geniessen / daß ich dich nicht lange peinigen / sondern so bald wir auff den Platz kommen / dir im Augenblik davon helffen wil / daß du Todesschmerzen nicht empfinden solt. Charidemus hatte IIX Dienern befohlen / mit hinaus zugehen / und dem Gerichte zuzusehen / unter denen auch dieser wahr / welcher unsern Held ins Angesicht geschlagen hatte; Sie gingen aber auff die 50 Schritte hinter ihnen her / daß sie nicht hören kunten / was er mit den Schergen redete / da er zu ihnen sagete: Ihr guten Leute habt mir versprochen / ohn Peinigung mich niderzuhauen / davor ich mich dankbar erzeigen wil /massen ich ein geldreicher Herr bin / und grosse Baarschafften habe; Vor dißmahl ist mir aber nichts übrig blieben / als dieser köstliche Ring / welchen ich euch schenke / und zu allem Danke vor 800 Kronen verkaufft werden kan / welche Gelder ihr unter euch brüderlich teilen sollet; lasset aber bald nach meinem Tode entweder einen eures Mittels / oder sonst einen geträuen Menschen nach Padua an den Stathalter ablauffen / und ihm nur mündlich sagen: Der junge Ritter mit den gelben Haaren / welcher sich eine zeitlang bey ihm aufgehalten / liege bey etlichen Räubern gefangen / die ihn ohn Erlegung 6000 Kronen nicht loß geben wollen; habe deswegen diesen abgeschikt / solche Gelder alsbald zuhohlen; Zum Wahrzeichen; daß er ihm bey seinem lezten Abscheide einen köstlichen Ring verehret hätte; ich versichere euch / sagte er / es wird auff dieses Wort das Geld stündlich ausgezahlet werden. Die Schergen wahren arme Bettel Buben /hatten bey ihrem Herrn kaum das liebe Brod; Sie sahen den glänzenden Ring / und gefiel ihnen derselbe wol / wurden auch der übrigen Verheissung so froh /daß sie vor Freuden auffsprungen. Sie traten zu ihm /bohten ihm die Hand / und bahten / er möchte ihnen verzeihen / daß sie gezwungen würden / ihn und seinen Diener hinzurichten. Ich vergebe es euch gerne /sagte er / wann es nicht anders seyn kan; doch möchte ich euch wol einen [371] Vorschlag tuhn / wann er euch gefallen könte: Höret / wie dünket euch / wann ihr mir das Leben geschenket / und in aller Eile mit mir nach Eliß gelauffen währet / da wolten wir vor eurem unbarmherzigen Herrn schon sicher seyn / und daß er unser Flucht nicht so bald inne würde / wolten wir unsere acht Nachfolger durch Zwang vor uns hintreiben / daß sie mehr als den halben Weg mit uns lauffen solten; währen wir dann zu Elis / so währẽ wir schon sicher / und wolte ich darauff euch zu reichen Herren machen / dessen ihr mir wol trauen möget. O nein /sagte der ansehnlichste / das sind Dinge von nichts /wir können so nicht davon lauffen / und unsere Weiber und Kinder zur Straffe hinter uns lassen; überdas ist unser Herr so mächtig / daß er nicht ruhen würde /biß er dich und uns durch den schändlichsten Tod hingerichtet hätte; must demnach solche Gedanken nicht fassen / sondern bey deiner freimühtigen Erklärung zum bevorstehenden Tode verbleiben. Er gedachte in seinem herzen: Wolan / ich habe dein Leben zu retten gnug getahn; wolte auch umb Verdachts willẽ nicht weiter darum anhalten / sondern sagete: Ihr guten Leute sehet wol / dz das Leben lieb ist; wann euch aber mein Anschlag nicht gefallen wil / muß ich wol zufrieden seyn / und den Tod annehmen / wie ich mich demselben schon ergeben habe; Vergesset nur nicht die versprochenen Gelder zu Padua abzufodern /und tuht mir noch diesen Gefallen / dz mein Diener auch auffgelöset werde / und ohn gebunden sterben möge; ich wil euch gut davor seyn / daß er euch nicht entlauffen sol / dann er ist ohn das übel zu fusse. Es sol die Einfoderung nicht vergessen werden / sagete der vorige Scherge / und daß du sehest / wie günstig ich dir bin / wil ich deinen Diener alsbald auflösen; seines entlauffens befůrchte ich mich ganz nit / massen ich dergestalt hinter ihm anklopffen würde / daß ihm das lauffen schon vergehen solte; dann wie groß und schwer ich bin / habe ich doch mannichem guten Pferde mit lauffen angewonnen / und mannichen Groschen damit verdienet; schnitte unter diesen Reden die Stricke von Gallus Armen loß / und ließ ihn also frey zwischen den beyden andern Schergen gehen. Dieser merkete schon / mit was Vorsatz sein Herr umging /empfand eine grosse Freude in seinem Herzen / und gab genaue acht / wie ers angreiffen würde. Hingegen ließ Valikules sich im geringsten nichts merken / sahe sich etliche mahl nach den folgenden Dienern umb /und ward gewahr / daß nur ihrer zween SeitenGewehr / die übrigen weisse Stäbe hatten. Er sahe die stelle /da er den Ritter erschlagen hatte / nicht weit mehr seyn / uñ sagte zu den Schergen: Ich merke wol / je näher man dem Tode ist / je mehr man sich vor ihm fürchtet. Dieser wolte ihm ein Herz einsprechen / und sagte: Ey der Tod ist so bitter nichtbleibe du nur fein beständig in deiner Herzhaftigkeit / ich wil dir geschwinde davon helffen / daß du des Todes nicht mehr als eines geringen Dornstiches empfinden solt. Das wil ich tuhn / sagete er / und meinen einmahl geno enen Vorsaz nicht brechen; aber wie mag es kommen /daß euer Herr so wenig Zuseher verordnet hat? Das können wir nicht wissen / antwortete der Scherge / es möchte dann seyn / daß er dieses Gerichte nicht wolle ausgebreitet / sondern verschwiegen haben. Ich bin dessen auch zufrieden / sagte Valikules; kehrete sich damit umb nach Gallus / welcher hinter ihm her geleitet ward / und sagete zu ihm: Mein ehrlicher Diener /entsetze dich nicht vor des Schwertes Schärffe / sondern nim von mir ein Beyspiel / weil es mir doch zum ersten gelten sol. Sie gingen hierauf etwa noch XXX Schritte fort / da ersahe Valikules seine Gelegenheit /und sagte: Nun ihr guten Gesellen; [372] hie wird die städte seyn / da man ohn blutvergiessen nit bleiben kan; aber was wollen dorten unsere Zuseher anfangen? Dieses sagte er zu dem Ende / daß die Schergen sich darnach umbsehen solten / wie auch geschahe / daher Herkules einen freien Griff hatte / reiß dem vornehmsten / der ihm zur rechten Hand ging / das Schwert von der Seite / und hieb den andern / der seines zuzücken anfing / im Augenblik nider; ergreiff dessen Schwert / und machte sich nach Gallus Gleitsleuten /deren einem er den Kopff spaltete / und seinem Gallus das ander Schwert reichete. Der vornehmste Scherge entsetzete sich hierüber / daß er sich nit besiñen kunte / der vierte aber taht einen Sprung zurücke / entblössete dz Schwert / und sagete; O ihr Schelmen / sind daß eure gute Worte? fing hierauff an / mit Valikules sich umbzutreiben / und bekam der vornehmste des andern ertödeten Schwert auch / damit er auff Gallus ganz gri ig und verwägen ansetzete; es erschraken aber die acht Nachfolger über diesem Gefechte dergestalt / daß sie weder hinter sich lauffen noch vor sich gehen kunten. Valikules sahe / daß Gallus seinem Manne nicht gewachsen wahr / und demselben nur stets außweichen muste / ward mit seinem aber bald fertig / und trat dem vierden entgegen / da er Gallus befahl / die acht Diener wol in acht zunehmen / dz ihrer keiner entrüñe. Dieser wahr gehorsam / ging zu ihnen hin / und rieff ihnen zu / da ihrer einer fliehen /oder sich regen würde / solten sie alle sterben. Wodurch sie geschrecket / stille stunden / und auf seinen Befehl sich nider auff die Erde legeten. Der übrige Scherge hatte einen Muht gefasset / und ging mit unmenschlichen Hieben auff Valikules loß / der ihm anfangs nicht beschädigen wolte / sondern nur außweich / und ihm Gnade anboht; wovon aber dieser durchaus nicht hören wolte / sondern ihn erschreklich schmähete / nebest Dräuung / wie grausam er mit seinem Leichnam geberden wolte; welches er aber wenig achtete / und ihm zur Antwort gab; ich sehe wol / daß dich Gott nicht långer wil leben haben / noch dir gönnen / daß du dich berühmen sollest / einen Fürsten unter deiner Gewalt gehabt zu haben; Und als ersahe /daß dieser mit einem quehrhiebe sich verhauen / und allerdinge sich bloß gegeben hatte / taht er einen Schlag mit aller Macht auff ihn / und hieb ihn mitten im Leibe ab. Gallus sahe diesen Streich mit höchster Verwunderung an / zu dem sich Valikules alsbald verfügete / und die acht Diener unter harter Bedräuung befragete / zu was Ende sie mit heraußgangen /uñ ob sie von ihrem Herren eigentlich darzu befehlichet währen. Der furchtsameste unter ihnen fing an: Mein Herr / es hat H. Charidemus diesem im ledern Kleide befohlen / selb achte mit heraus zugehen / welcher uns darzu beruffen / daß wir uns an diesem Schauspiele ergetzen solten. Valikules kennete den gezeigeten / daß er eben von demselben ins Gesicht geschlagen wahr / ergrimmete über ihn / und sagte: Du ehrvergessener Schelm / warumb schlugestu mich / da ich gebunden wahr / und ich dich doch im geringsten nicht beleidiget hatte? ich hoffe aber nicht / daß du dich dessen lange berühmen solt / du habest einen Fürsten so hoch beschimpfet. Trat mit Gallus ein wenig abseit / und sagte: Lassen wir diese Buben leben / so lauffen sie alsbald hin / und verrahten uns /da wir von Reutern bald möchten eingehohlet und ergrieffen werden; ist also besser daß sie sterben / als unsers todes eine neue Ursache seyn; tuht demnach zur Sache / und richtet sie hin / meinẽ schlimmen Zuchtmeister aber am ersten / und die zween blödesten lasset Leben. Gallus verrichtete dieses in kurzer Zeit / und ließ sich durch kein bitten bewägen / dann er trug die gröste Erbarmung [373] mit ihm selbst. Zu den beyden übrigen aber sagete Valikules; geschwinde auff / und lauffet mit uns / sonst müsset ihr sterben. Diese wahren hierzu willig / uñ hüpffeten vor ihm her des Weges nach Eliß zu. Gallus sahe seines Herren Ring an des abgehauenen Schergen Finger stecken /nahm ihn zu sich / und folgete nach; sie hatten sich aber mit der erschlagenen Diener ihrem Seitengewehr versehen / weil sie bequemer wahren / sich im nohtfalle damit zu schützen / und lieffen das Gehölze auffs schnelleste hindurch / daß die beyden Knechte endlich aus grosser Mattigkeit niderfielen. Gallus sties sie an / noch weiter zu lauffen; aber Valikules sagte / lasset sie immerhin liegen / ich spüre es an meinen Beinen wol / daß sie so geschwinde nicht sollen zurük eilen. Wir aber haben Gott unserm Heylande wol zu danken / welcher uns vor dißmahl so ganz gnädig und wunderlich errettet hat. Sie höreten nicht auff zu lauffen /als lange sie des vermögens wahren / biß sie an eine Bach kahmen / in welcher sie die Hände abkühleten /und nachgehends einen Trunk daraus tahten. Gallus riet / sie wolten sich mit ihrem Kunststaube verstellen / daß man sie nicht kennete / welches er ihm wol gefallen ließ / strichen ihre Hände / Haar und Angesicht an / und die weil solches trocken ward / und die Farbe von der Lufft und Sonne empfing / verrichteten sie ihre herzliche Danksagung zu Gott / und bahten / daß er ihnen ferner behülfflich seyn wolte. Nach geendigtem Gebeht traten sie wieder auff ihre ermüdeten Füsse / und höreten nicht auff zu gehen / biß sie in ihrer Verstellung bey einem unbekanten Wirt einkehreten / und durch Speise und Trank ihre matten Geister labeten. Den mehrenteil der Nacht brachte Valikules mit Gebeht und Danksagung zu Gott hin / legte hernach fleissig über / wie ers weiter anzuschlagen hätte. Zwar sein Vorsaz / das Fräulein zu suchen /kunte nicht gebrochen werden; hingegen wahren die Lebensmittel fast vergriffen / und würde nicht viel übrig blieben seyn / wann zwey gute Ritterpferde und andere gebührliche Rustung solte eingekaufft werden; daher ward er zu Raht / seinen Gallus in angestrichener Gestalt alsbald nach Padua zu senden und etwa 10000 Kronen von Libussen ingeheim abzuhohlen /welche Herr Kornelius auff sein Schreiben wol verschiessen würde. Dieses ward desselben Morgens ins Werk gerichtet / da Gallus in Kauffmans Kleidung auff einem Klöpper sich nach Korinth machete / daselbst mit dem ersten Schiffe fortzugehen / oder eines vor sich zu dingen. Als er nun daselbst sich am Hafen befand / sahe er ohngefehr Fabius und Leches am Ufer gehen / dessen er erschrak / und sich zuverbergen suchete; weil ihm aber einfiel / daß er verstellet wahr / ritte er kühnlich zu ihnen hin / und nach gebehtener Verzeihung fragete er / ob das Schiff bald nach Italien fahren würde. Fabius antwortete: wann es ihm eilig währe / muste er nach anderer Gelegenheit sich umbtuhn; fragete ihn hernach / woher er kähme / und was gutes neues er hätte. Dieser antwortete: Er kähme gleich her aus der Landschafft Eliß / jenseit der Hauptstad desselben Landes / welche auch Eliß geneñet würde / und hätte wegen seiner Handelung in Italien hochnöhtig zuverrichten / da ihm auff der Eile alle seine Wolfahrt stünde; Neues währe nichts sonderliches / ohn dz neulich die Olympischen Spiele gehalten / und er vor wenig Tagen ein elendes Gericht gesehen / etliche wenig Meilẽ disseit der Stad Eliß /woselbst ein überaus schöner junger Mensch mit langẽ gelben Haaren im Ritterlichen Kleide / nebest noch einem Manne der ein röhtliches Haar gehabt /zum Tode währen hinaus geführet worden / dessen er noch diese Stunde nicht vergessen [374] könte; die Ursach hätte er nicht erfahren mögen / als daß ihm gesagt währe; der junge Ritter hätte einen überaus streitbahren Griechschen Herrn im offentlichen Kampfe erleget / und währe nachgehends durch List gefangen worden. Fabius erschrak hierüber daß er zitterte / und sagete zu Leches: Die Götter verhüten gnädig / daß es nicht Herr Herkules gewesen sey / dann Gallus wahr solcher Farbe / wie sein Geselle beschrieben wird. Er fragete alsbald diesen vermeinten Kauffmann / woher er dieses wüste / und wovor er diesen jungen Ritter hielte. Wer er eigentlich gewesen / antwortete er /weiß ich nicht / nur daß gesagt wird / er währe vor weniger Zeit aus Italien mit einem Kaufmanns Schiffe kommen / hätte auch einer weiten Reise gedacht die er vorhätte / ümb einen verlohrnen sehr lieben Freund zusuchen; Daß ich aber die Warheit sage / dürfen meine Herzen nicht zweifeln / weil ichs mit Augen angesehen / daß sie von vier Schergen zur Gerichtsstat geführet wurden / wahr auch willens des Endes zuerwarten / welches mir aber von den Schergen mit höchster Bedräuung verbohten ward / und durffte kein Mensch / als etliche darzu bestellete Diener zusehen. Fabius gehub sich als ein verzweifelter Mensch / ließ einen schweren Seuffzen aus / und flossen ihm die Trähnen über die Backen herunter. O ihr Götter /sagte er / es ist bey meinem äyde niemand anders gewesen / als Herr Herkules. O du Ausbund des ganzen menschlichen Geschlechtes! hat dich ein nichtiger Henkersbube tödten / uñ dein Hochfürstliches Blut auff die Erde schütten müssen? so erbarme es die Götter! die ich schier der Ungerechtigkeit anklagen dürfte. Ich wil aber deinen Tod / du unvergleichlicher Held / mit solchem Grimme rächen / daß ganz Griechenland davon sol zusagen uñ singen wissen. Gallus kehrete Zeit solcher Klage sich von ihm / und wolte hinweg reiten; aber er rieff ihm nach uñ sagete: Guter Freund / ich werde euch nicht von mir zihen lassen; ihr müsset nohtwendig mit mir ümkehren / und mir den Ort dieses unseligen und verfluchten Gerichts zeigen / auff welchem ein mehres haftet / als ihr nicht gedenken möget. Dieser entschuldigete sich hoch / seine Wolfahrt wolte ein solches nicht leiden; es währe ein Kauffmann zu Ravenna ihm und andern / viel tausend Kronen schuldig / von dem gesagt würde / daß er ein Bänkchen machen wolte. Vor diesen Verlust wil ich haften / sagte Fabius; und das ihr wisset / mit wem ihr redet; Ich bin ein Römischer Gesanter / mit habender Volmacht / nach gut Befindung / nicht allein einzelne Leute / sondern ganze Gemeinen auffzufodern; weil nun dieser ermordete Ritter mir nahe verwand ist /werde ich gebührliche Straffe über seinen unschuldigen und hoch betraurlichen Tod ergehen zulassen /nicht ümhin können. Gn. Herr sagte Gallus / ich befinde mich schuldig zugehorsamen / bitte nur / daß die Reise nicht lange auffgeschoben werde. Hieran wird nichts mangeln / sagte er; befahl auch / daß Leches und Markus alle Kriegsknechte stündlich mit ihrem Gewehr und dreytägiger Speise aus dem Schiffe führen solten; welches ungestumet geschahe / und sich auff den Weg macheten / weil Fabius und seine Geselschaft mit ungläublicher Betrübnis und vorgenommenen Eifer der Rache eilig fortzohẽ. Gallus wuste den eigentlichen Weg nicht / führete sie gleich nach Elis zu / biß sie an den Nebenweg kahmen /wohin der Ritter unsern Held in den Wald geführet hatte / denselben nahmen sie vor sich / zogẽ durchs Gehölze / biß sie an die Stelle kahmen / wo die Schergen wahren nidergehauen / uñ etliche blutige Zeichen sich noch merken liessen; da Gallus zu Fabius sagete: Gn. Herr / dis ist der Ort / da die Henkersbuben den[375] jungen Ritter führeten. Dieser ward des Bluts auff der Erden gewahr / daher ihm die hellen Zehren aus den Augen schossen / und des lauten Weinens nebest Leches und Markus sich nicht enthalten kunte; nachgehends mit wehemühtiger Stimme klagete: O du ädles /frommes und keusches Blut / hastu an diesem verfluchten Orte durch Henkers Schwert müssen vergossen werden? Nun du bist leider dahin / und lässest allen deinen Freunden ein immerwehrendes Trauren dahinten; aber ich wil dir alle dieselben zum Opfer schlachten / die Ursach und Hülffe zu deinem Tode gegeben haben; und müsse diese Gegend ewig verfluchet seyn / in welcher der ruhmwirdigste Held / den iemahls die Sonne beschienen / sein Leben so elendig hat zusetzen müssen / dessen die ganze Welt kaum wirdig wahr. Hernach fing er an / Ladisla zubeklagen / und wie derselbe immermehr den Tod seines einiggeliebtesten Freundes würde erdulden können / den er weit über seine Seele schätzete.

Charidemus dauchte die Zeit lange / da seine Schergen über die angesetzete Stunde ausse blieben /klagete seinem jungen Gemahl / wie ihm so angst ümb das Herz währe / und befahl / daß ein Diener hinauslauffen / und wie es mit dem Gerichte ergangen / Zeitung einhohlen solte; welcher / als er anfangs die sechs erschlagenen Diener / und bald darauff die vier Schergen entleibet sahe / bey denen ihre Schwerter lagen; entsetzete er sich / und wuste nicht was er gedenken solte; kehrete doch bald wieder ümb / solches anzumelden; aber wie er den halben Weg schon zurük gelauffen wahr / fiel ihm ein / er wolte wieder ümkehren / und zusehen / ob er nicht etliche Gelderchen zur Beute bey den Erschlagenen finden möchte / da er kaum etliche Groschen bekam; in dem er nun fortgehen wolte / ward er der beyden Diener von ferne gewahr / welche nach Valikules Abzug sich nach Mögligkeit erhoben / und geeilet hatten / aus Furcht / es möchte Gallus ümkehren / und sie erschlagen / wie er dañ willens gewesen wahr. Der ausgeschikte erwartete ihrer / machten sich nach Charidemus Schlosse /und kahmen üm Abendessenszeit an / da sie alles ümständlich berichteten / und wie sie mit lauffen müssen / damit ihre Flucht nicht so bald angemeldet würde. Hierüber entsetzete sich Charidemus so hart / daß er das Messer aus der Hand fallen ließ / und den halbgeschlukten Bissen aus dem Maule speiete / zu der Frauen sprechend: Nun muß ich mich in kurzer frist aus dem Staube machen / oder eines schändlichen Todes sterben / dafern der junge Mörder derselbe ist /vor welchen er sich angegeben hat; O des verfluchten Kleinots / welches ihm die mörderischen Fåuste hat frey gemacht! Die Frau stellete sich sehr traurig / aber ihr Herz wahr voller Freude / als sie vernam / daß dieser unschuldige Herr das Leben davon gebracht; daß aber solches an ihr nicht gemerket würde / fragete sie / als mit sonderlichem Eifer / wie es dann möglich währe / daß der junge wehrlose Mensch ein solches hätte verrichten mögen. Mich dauchte / antwortete dieser / daß ich sahe / wie er den Schergen etwas schenkete; dann daß sie ihm mit gegebenen Händen danketen / sahe ich eigentlich. Sie löseten auch dem andern die Hände auff sein begehren auff / ehe sie an den Richtplaz kahmen / woselbst der Jüngling dem grösten Schergen das Schwert von der seite reiß / und sie alle niederhieb / wie ich schon gemeldet habe. Ja Gn. Frau / sagte er weiter / hätten eure Gn. gesehen /wie dem jungen Menschen die Augen vor Zorn und Rachgier im Häupte fünkelten / sie hätte vor Furcht sterben mögen; ich zwar habe mir gänzlich eingebildet / er müsse ein Gott / oder doch ihres Geschlechtes seyn. Die Frau nam aus dieser Erzählung ihr bestes /[376] und sagete: Hieraus erscheinet / daß ob mein geliebter Herr gleich den Schergen nicht zugelassen hätte / ihm der hånde freiheit zu gönnen / wůrde er solches doch durch seine listige Schmeichelreden leicht bey ihnen erhalten haben / weil ers so gar vor seinen Diener hat erlangen können. Charidemus fragete den Diener / ob man ihnen mit schnellen Pferden nit nachsetzen / und sie ereilen könte; und als er vernam daß sie schon zu Elis würden angelanget seyn / sagte er zu Fr. Euphrosynen (so hieß sein junges Gemahl); hier ist weder Raht noch Rettung / dafern wir uns nicht in wenig Tagen von hinnen machen / und dem Unglük aus dem Wege zihen. Mein herzgeliebter Herr / antwortete sie / ich gläube nimmermehr und der Sinn träget mirs nicht zu daß es mit uns so grosse Noht habe; Dann wie wolte ein so grosser Herr nur mit einem Diener in fremden Landen umher reisen? Lassets aber geschehen / daß er ein solcher sey; Er muß ja zuvor nam Rom / und daselbst umb Hülffe ansuchen; inzwischen können wir unsere sachen darnach richten / wie uns best däucht; jedoch währe mein unvorgreifflicher Raht / man sendete einen Diener nach Eliß / umb in geheim nachzuforschen / ob er bey der Stad umb Hülffe und Rache anhalte / daß man durch gute Freunde (deren wir daselbst unterschiedliche haben) vorbauete / und zum wenigstẽ nur aufschöbe / biß wir unsere Baarschafften in Sicherheit gebracht hätten. Der Unhold pflag der Frauen sonst wenig Gehör zugeben / aber in dieser Angst dauchte ihn ihr Raht der beste seyn; daher er nicht stark eilete / insonderheit / weil er erfuhr / daß zu Elis alles stille / und kein Mensch von den entlauffenen zusagen wuste; wiewol er dannoch bey der Sache nit schlieft sondern sich bemühete /Parmenions Gelder (die er bey sich hatte) nebest den seinen nach Persen auff Wechsel überzumachen / und daselbst die Werbungen seines Bruders fortzusetzen /weil er noch stark an Leibeskråfften wahr; Daher er auch in voller Bereitschafft wahr zum Auffbruch / als Fabius den Flecken mit 70 Mañ besetzete / und gleich unter dem Mittagsmahl mit den übrigen dreissigen auff das Schloß drang / und den Tohrhüter fragete /ob der Herr daheim währe; welcher ihm zur Antwort gab: Er hielte Mahlzeit / und würde alsbald verreisen. So kommen wir noch zu rechter Zeit an / sagte er /dann wir gedenken ihn auf der Reise zubegleiten; Ließ sich den EsseSaal zeigen / uñ ging mit seiner wolbewehreten Schaar die Steige eilend hinauf. Charidemus hörete das Getümmel / lieff selbst zur Tühr /und fragete / was vor ein Aufflauff da währe? Aber Fabius setzete ihm das Schwert auff die Brust / und sagete mit starker Stimme: Gib dich gefangen / du schändlicher Bluthund und verrähterischer Erzbösewicht! Dieser wolte zur Seite neben ausdringen / da Leches auff ihn sprang / und ihn alsbald zur Erden niderreiß / übergab ihn hernach den Kriegsknechten zuverwahren und zu binden / und ging mit Fabius auff den EsseSaal / da sie das gute Weibichen in harter Ohmacht auf dem Boden ligen funden / welche von ihnen so viel gerüttelt und mit Wein besprützet ward /daß sie sich erhohlete / uñ Fabius ganz grimmig zu ihr sagete: Frau / habt ihr in eures Mannes Mordtaht gehehlet / uñ seine Verrähterey gebillichet / so müsset ihr ohn alle Gnade mit ihm eines schändlichen Todes sterben. Ach mein Herr / sagete sie / wie hefftig ist mir diese böse Taht zuwider gewesen / welches die Götter wissen / und dieser liebe junge Herr selbst bezeugen wird / daß ich schier die einige Ursach seiner Errettung gewesen bin. Ach meine liebe Frau / sagte Fabius mit freudigem Herzen: Ist dann dieser junge Herr gerettet / und annoch im Leben? Ja mein [377] Herr /antwortete sie / er ist / den Göttern sey Dank / frisch und gesund davon kommen / wiewol zu meines Eheherrn äusserstem Verderben; doch wolte ich lieber sterben / als erfahrẽ / daß dieses ädle und unschuldige Blut umkommen währe; Wollen aber meine Herren mir nicht trauen / gönnen sie mir nur / einem Diener zuruffen / der mit dabey gewesen / und von allem gute Nachricht geben kan. Ey so bin ich völlig genesen /sagte Fabius; ließ den Knecht alsbald herkommen /der ihm geträulich erzählete / wie es ergangen wahr. Charidemus hörete draussen seiner Frauen Entschuldigung / und daß sie vor eine Erreterin des entlauffenen sich rühmete / welches ihm sehr zu Herzen ging /und betraurete / daß er sie nicht erwürget hätte / wie er willens gewesen wahr / sie auch schon etliche mahl jåmmerlich darumb geschlagen hatte / daß sie seiner Hände Freyheit verursachet; und weil er merkete / daß er der Todesstraffe nicht entgehen würde / stellete er sich als ein unsinniger Mensch: Ob dz redlich gefochten währe / daß man freye Herren in ihrem Gewarsam und unabgesaget / mörderisch- und räuberischer weise überfiele. Fabius hörete solches / und gab zur Antwort: O du meinäidiger Schelm und Bösewicht /stund dir dañ solches zu / daß du einen Römischen Ritter und gebohrnen GroßFürsten /. welchen Käyserl. Hocheit als ihren Bruder liebet / ungewarnet und verrähterlich fahen / und den HenkersBuben ohn eingehohlete Urtel / ja ohn überbrachte einige Untaht übergeben / und zum allerschändlichsten Tode hinaus führen lässest? Hätte ich aber Lust mit dir zurechten /könte ich dich nach Rom auff den Marsplaz / oder nur nach Padua auf den Markt hinweisen / wo du dieses unvergleichlichẽ Helden trefliche Ehrengedächtnis und aufgerichtete Seulen finden würdest / als welcher dem Römischen Reiche mehr Dienste getahn / als deiner zwanzig tausend nicht tuhn könten. Dieser wolte sein Leben in etwas fristen / und berief sich auf den Käyser / aus Hofnung / auff der Reise nach Rom / Gelegenheit zur Flucht zufinden; Aber Fabius gab ihm zur Antwort: Ja ich meyne / mein Allergnädigster Käyser würde mirs Dank wissen / wann Seiner Hocheit ich einen solchen Verrähter / der seine Schelmstücken nicht leugnen kan / zusenden würde. Ich bin ein Käyserlicher Gesanter / und wil in dessen Nahmen /nach empfangener Volmacht / dich schon abzustraffen wissen / weil du denselben / und alle Römische Ehre /in diesem Ritter / so viel an dir ist / geschändet hast. Machte darauff die Urtel / daß der Verrähter Charidemus wegen seiner begangenen Ubeltaht auff dem Platze / woselbst er den unschuldigen Ritter niderhauen lassen wollen / von seinen beyden Dienern / denen derselbe das Leben geschenket / solte hingerichtet /das Herz ihm aus dem Leibe gerissen / und der Leib in XXIV Stücken zerteilet werden / wie ers über den unschuldigen jungen Helden also bestimmet håtte. Dieser entsetzete sich über dieser Urtel dermassen /daß er sein Gemahl / die neben ihm stund / bitlich ersuchete / sie möchte ihm ihr Brodmesser ins Herz stossen. Worauff sie antwortete: Wie könte ich immer und ewig solchen Mord an meinem Gemahl volbringen? überdas müste ich ohn Zweifel eines bösen Todes sterben / wann wider dieses gewaltigen Herrn Willen ich mich dessen unternehmen würde. Wie? sagte er zu ihr; begehrestu dann nach meinem Tode länger zuleben? Nicht länger / sagete sie / als der Götter Wille ist / denen ich ja nicht versprochen habe /mit euch zusterben. Die gute Frau hatte wenig ursach ihn zulieben / weil er sie sehr übel hielt / und sie überdas ihn wider ihren Willen uñ aus Zwang hatte nehmen müssen; aber in dieser Noht trug sie ein so herzliches mitleiden [378] mit ihm / daß wanns möglich gewesen / sie ihm mit alle ihrem Gute das Leben gerne erkaufft hätte. Er hingegen suchete nur einig / da er sterben solte / sie mit sich in den Tod zunehmen /solte er auch selbst den Mord an ihr volbringen; Weil ihm nun die Hände auf den Rückẽ gebunden wahren /rief er sie zu sich / vorgebend / er hätte ihr in geheim etwas zusagen; Und als sie ihm gehorsamete / und auff nichts widriges gedachte / stieß er mit dem Fusse nach ihr / in Meynung / sie tödlich zubeschädigen; weil aber ein Kriegsknecht dessen zeitig wahr nam /bauete derselbe vor / daß der Stoß seine volle Wirkung nicht erreichete / ob sie wol zimlich hart getroffen ward. Die Frau zürnete darüber gar nicht / sondern fragete mit trauriger Rede / warumb er doch so grosses Verlangen nach ihrem Tode hätte / da sie /wañs möglich währe / ihm das Leben gerne erhalten wolte. Darumb / sagete er / daß du deinen schönen Leib nicht etwa einem andern williger gönnen mögest / als mir mag geschehen seyn; und wer weiß / ob du nicht noch heute den gemeinen Knechten zu teile wirst? Davor wird mich der Tod befreyen / antwortete sie. Leches hörete solches / und sagte zu ihr: Fürchtet euch dessen nicht / geliebte Freundin / und versichert euch nur / daß man eure / dem unschuldigen fremden Herren erteilete Redligkeit mit besserem Dank belohnen werde; auch daß unter uns durchaus keine Ehrenkränker redlicher Weiber sind / noch die eure die allergeringste Gefahr hat / dessen gebe ich euch meine Träue zum Pfande. Geliebete Frau? Träue? sagte Charidemus zu unterschiedlichen mahlen; ists mit euch beyden schon so weit kommen / da ich noch im Leben bin? In meinem Herzen bistu Bösewicht schon tod /sagte Leches; und wann wir beyde von den Göttern einander sonst versehen währen / würdestu es wol nicht gar lange hindern können. Dieser stellete sich hierüber sehr zornig / und foderte ihn aus zum Kampffe auff Leib und Leben. Er aber antwortete ihm: Ja wie so herzlich gerne wolte sich diese meine Hand / wegen deines / an meinem gnädigsten Herrn begangenen Frevels / an dir rächen / wann du nicht ein Römischer Gefangener / und zum Tode verurteileter währest / da nicht ein Ritter / sondern der Henker die Urtel an dir volstrecken muß. Die gute Frau wahr überaus betrübet / fiel Leches zu fusse / und baht durch alle Götter / ihrem Eheherrn das Leben zuschencken / weil ja der junge Herr mit dem Leben davon kommen währe; sie wolte gerne sich aller ihrer Güter begeben / und mit ihm / da er sie bey sich leiden könte / das Elend bauẽ / oder sich bey ihren Freunden auffhalten. Leches hub sie freundlich auf /und sagete: Ein solches müste nicht bey ihm gesucht werden / weil er nicht der Römische Gesanter währe; wolte ihr doch gerne allen möglichen Vorschub tuhn /wañ er einige Mögligkeit sähe. Er keñete aber des Herrn Gesanten Eifer / insonderheit / weil der so hoch beschimpffete junge Herr ihm lieber als seine eigene Seele währe. Fabius kam darzu / und befahl die Urtel zu volzihen / wobey er sich selbst wolte finden lassen. Der Gefangene aber bedingete sich nochmals wegen der unbefugeten Gewalt / und als er sahe / daß alles nichts helffen wolte; begehrete er so viel Zeit / daß er seinen lezten Willen auffsetzen / und gebührlich bekräfftigen könte / wie ers nach seinem Tode mit seiner zeitlichen Verlassenschafft wolte gehalten haben. Aber Fabius antwortete ihm: Ein Ubeltähter / der schon unter Büttels Händen ist / hat keinen letzten Willen mehr / noch einige Freyheit über seine gewesene ehmahlige Güter zubestellẽ / sondern dieselben stehen in seines Richters Händen / insonderheit / da man an der höchsten Obrigkeit sich versündiget hat. Also besetzete er das Schloß mit 50 Mann / unter Markus [379] Befehl; die übrigen 50 nam er zu sich / ließ den Gefangenen / weil er nicht hinaus gehẽ wolte /auff einer Karre hinschleppen / und musten seine obgedachten beyden Diener samt seinem Schiffs-Nachrichter neben her gehen. Die ganze Menge des Flecken kahmen zusammen / und schrihen Ach und Rache über Charidemus: Er hätte diese Straffe längst wol verdienet / weil er sie mit Schatzungen und Frohndiensten unbarmherzig gedrücket / und solchen Muhtwillen an den ihren verübet / daß keines redlichen Mannes Weib oder mañbahre Tochter vor ihm sicher seyn können / ungeachtet er so ein schönes und Tugendreiches Gemahl / so wol vor diesem als jetzo gehabt. Fabius redete ihnen tröstlich zu / es solte ihm diese Boßheit anff einmahl bezahlet / und hingegen sie von aller ungebührlichen Beschwerung befreyet werden. Als sie auff den Richtplatz kahmen / foderte Fabius die beyden Diener allein vor sich / und dräuete ihnen den Tod / dafern sie nicht andeuten würden /wer mit dem jungen Herrn so unbarmherzig umgangen / und ihn so elendig gebunden hätte. Diese gingen alsbald unter den Hauffen der Zuseher / und rieffen drey boßhaffte Schelmen hervor / welche sie überzeugeten / wie sie mit Herr Valikules geberdet; Und als sie nicht dartuhn kunten / daß sie dessen aus drüklichen Befehl gehabt / ließ ihnen Fabius alsbald den Grind herunter schlagen / daß Charidemus zusehen muste; welcher darüber hefftig erzitterte / und alle seine Güter zum Lösegeld seines Lebens darboht. Es ward ihm befohlen von dem Karren zusteigen / und als er nicht wolte / zogen seine beyden Diener ihn beym Kopff herunter. Fabius geboht ihnen die Urtel zuvollstrecken / daher sie ihren Herrn umb Verzeihung bahten / und daß er niederknien möchte / damit er ohn sonderliche Schmerzen könte abgetahn werden; Weil er sich nun auch dessen wegerte / rissen ihn die Kriegsknechte zur Erden / und richteten ihn die beyden elendig zu / daß er nach empfangenen XXIV Wunden erst die boßhaffte Seele außbließ. Nach gehaltenem Gerichte kehreten sie wieder umb nach dem Schlosse / und musten die Gerichts volstrecker den Leichnam bey den Füssen mit sich fort schleppen. Fr. Euphrosyne hielt sich inzwischen auff dem Schlosse über alle massen kläglich / daß Markus grosses Mitleiden mit ihr hatte / und nach allem Vermögen sie auffs freundlichste tröstete; sie möchte sich doch in der Götter Willen ergeben / nach dem es nicht anders seyn könte; ihre Woltaht dem jungen Herren erzeiget /würde ihr nicht unvergolten bleiben; aber es mochte dieses alles bey dem traurigen Weiblein wenig schaffen. Als Fabius mit Leches wieder auffs Schloß trat /kunte sie ihr die Rechnung leicht machen / wie es ihrem Alten würde ergangẽ seyn; wolte aber nach seinem Tode ihre eheliche Liebe und Träue spüren lassen / fiel vor Fabius nider / und kunte sie kein Mensch von der Erden auffbringen / biß ihr versprochen wahr / daß Charidemus Leib zur Erden solte bestattet werden. Folgends traten Fabius / Leches und Markus zusammen / und befrageten sich / wie es mit der Frauen und ihren Gütern solte gehalten werden; zwar in betrachtung ihres Mannes / währe alles der Obrigkeit verfallen; weil aber die Frau in die Boßheit nicht eingewilliget hätte / sondern vielmehr bemühet gewesen / dieselbe zu hindern / würde es unverantwortlich seyn / daß man ihr nicht vielmehr vor Herkules Lebenserhaltung danken / als durch Armuht und beraubung sie betrüben wolte. Der gute Markus hatte sich schon an ihrer Schönheit vergaffet / schenete sich doch / es zu bekennen / beklagete ihr Unglük / und daß vor ihre Dienste sie nichts als Trübseligkeit empfünde; da Fabius [380] zu ihm sagete; Mein lieber Freund; ihr wisset daß ich euch alles gutes gönne; und tähte ich euch einen Dienst daran / wolte ich euch dieses schöne junge Weibichen freien / so würde euch und ihr geholffen. Markus bedankete sich dienstlich vor die hohe Gewogenheit / und da ihm diese gewünschte Heyraht werden könte / wolte er sich glükselig schätzen. Die sol und kan euch nit entstehen / sagte Fabius; gehet nur hin / und leget den ersten Stein zu diesem Liebesgebäu selbst / auff daß eure Neigung sie aus eurem eigenen Munde höre; hernach wil ich schon wissen / euch Beystand zuleisten. Markus wagete die Schanze / ging hin zu ihr / und sagete; es hätte der Römische Gesanter grosses Mißfallen an ihrem unablässigen Weinen / da er doch ihr zur sonderlichen Freundschafft seine Urtel geendert / und dem Leichnam die Erde gegönnet; wolte sie demnach vor sich gar Freund- und träulich erinnern / ihr gar zu grosses klagen zu mässigen; sie hätte ja alles ihr Unglük ihrem gewesenen EhHerren zu danken / welcher / unangesehen ihres grossen mitleidens / sie zu ermorden willens gewesen; und ob ihr vielleicht noch nicht alles kund währe / was durch ihren Ehegatten verwirket /könte er ihr unangemeldet nicht lassen / daß in solchen Fällen nicht allein Leib und Leben / sondern auch Haabe und Gut samt der Freyheit verfallen währe; solches Unglük aber an euch zuverhindern /sagte er / erbiete ich mich nach äusserstem Vermögen; massen mein Herz in meiner hochgeehrten Freundin Zucht und Schönheit sich dergestalt verliebet hat /daß wann ich als ein Römischer Ritter und ädelman aus Rom von ihr nicht verschmähet werde / ich dieselbe mir zu einem Ehegemahl in künfftig / aus rechter Träue und Beständigkeit wünsche und begehre /dienstlich bittend / mir mein geschwindes ehrliebendes Anmuhten nicht zu verübeln / und auff dasselbe mir eine gunstfreundliche Antwort zuerteilen. Die gute Frau wahr von ganzer Seele traurig und betrübt /wie wol sie ihr annoch nicht einbilden können / daß ihre Güter und Freyheit solten Gefahr haben; doch sich erinnernd / daß ihre Haabseligkeit von Charidemus herrührete / fürchtete sie sich darumb zukommen. Sie sahe Markus mit trähnenden Augen an / hatte aus seinen Reden schon gemerket / daß er ein geschikter ädelman wahr / auch an Leib und Leben untadelhafft; aber das bildete sie ihr nicht ein / daß er so dürre sie umb eheliche Liebe ansprengen würde. Nun durffte sie ihn nicht vor den Kopff stossen / weil er sich so hoch gegen sie erboht; solte sie aber einwilligen / da ihr Ehherr noch vor wenig Stunden gelebet / müste ihr billig zur grossen Leichtfertigkeit außgelegt werden; antwortete ihm demnach / sie bedankete sich ehrendienstlich des mitleidens / welches er mit ihr in ihrem grossen Unglük trüge / sich auch erböhte / alles künfftige nach Vermögen abzuwenden; nun währe sie in des Herrn Gesanten Macht und Gewalt / und wie derselbe mit ihr schalten würde / müste ihr wehe und wol tuhn; einmahl währe ihr lieb / daß ihr Lebens-und ehrensicherheit schon hoch versprochen worden; daß übrige vorgebrachte betreffend / erkennete sie billich seine gute Gewogenheit / würde auch selbe zu rühmen / Zeit ihres Lebens Ursach haben; weil aber die erste Ehe ihr so unglüklich gerahten / und über daß mit so schmerzlichem Unfal versalzen währe /hätte sie billiche Ursach / sich des Ehestandes hinfüro zuenthalten / und den übrigen Teil ihres Lebens in stetem Witwenstande zu enden. Markus gedauchte /die lezten Reden währen aus so tieffen herzen nicht gangen; wolte sich deßwegẽ nicht abschrecken lassen / sondern sagete: Sie hätte nicht unbillig zu zweiffeln / ob sie jemahls in der Ehe gelebet / nachdem Charidemus [381] mit ihr dergestalt geberdet / und durchaus keine Redligkeit noch Träue ihr erwiesen; bähte nochmahl / sein auffrichtiges Herz zuerkennen / und seine inbrünstige Liebe ihr bester massen lassen befohlen seyn; nam / inzwischen er dieses redete / sein Wischtuch / troknete damit die Tränen von ihren Augen und Wangen / und beteurete hoch / mit was beständiger Träue er biß an sein Ende ihr auffwarten / und alle schuldige Liebe erweisen wolte / hielt auch so inständig umb bessere Erklärung an / daß sie endlich zu ihm sagete; Sie erkennete sich vor ein unglükseliges verlassenes Weib / bedankete sich sehr dienstlich /daß er sich ihrer in so grossem elende anzunehmẽ / so gar willig anerböhte / wolte auch / da die Zeit ihrer trauer vorůber währe / sich gegen ihn solchergestalt heraus lassen / daß er sie nicht undankbar spüren solte. Markus hielt dieses vor eine volkommene Zusage / ging zu Fabius und sagete: Er hoffete das Schloß zu gewinnẽ / dafern er mit zutreten / uñ durch sein ansehen den festesten Ort stürmen würde; woran dieser es nicht wolte ermangeln lassen / ging neben Markus zu ihr / und baht sehr / diesen Römischen ädlen Ritter nicht abzuweisen / sondern in sein ehrliebendes Ansuchen einzuwilligen / alsdan solten alle ihres gewesenen Mannes hinterlassene Güter / bewäglich und unbewäglich ihr ohn einige schmålerung verbleiben; und ob sie zwar einstreuete / daß ihr Ehegatte erst heut todes verfahren / möchte sie daneben ihren elenden Stand bedenken / und wie alle Untertahnen so erbittert währen / daß Charidemus sie über Billigkeit so gedrükt und fast außgesogen hätte; dürfften solches bey der hohen Obrigkeit klagen / und das ihrige mit zehnfachen Zinsen wieder fodern / dessen alles sie befreiet seyn könte / wann sie diesen Ritter und ädlen Häuptman heyrahten würde / welches ihr nicht anders als zu Ehr und Nutzen außschlagen solte. Fr. Euphrosyne antwortete ihm gar demühtig: Ach mein gebietender Herr / ich erkenne mich ihnen ja in allen dingen verpflichtet und auffwärtig / müste auch wol unbesoñen seyn / wann die augebohtene Ehr ich außschlüge / da sie Macht hätten / mich in die äusserste Schande zusetzen. Es wollen aber meine hoch werte Herren vernünfftig erwägen / ob dieser Herr nicht schier heut oder Morgen mich vor eine leichtfertige außzuruffen und zu hassen / gnug Ursach hätte / wann ich / noch ehe mein gewesener Eheherr zur Erden bestattet ist /einem andern mich versprechen würde; er lasse mich /bitte ich / die gebührliche Zeit meiner Trauer außhalten: endert er dann inzwischen sein Gemüht nit / sol ihm in seinem ehrliebendẽ Begehren gewilfahret werden. Aedle Tugendsame Frau / sagte hierauff Fabius /eure ehrliebende Zucht / ist heut von allen Inwohnern dieses Flecken öffentlich gepreiset / und zugleich Charidemus geile Frecheit außgeruffen und verfluchet worden / durch welche er sich aller euer trauer unwerd und verlustig gemacht hat. Sie fiel ihm in die Rede /und sagete: Ach mein Gott! hat man dann nun alles müssen hervorbringen / welches ich doch nach bestem Vermögen bemäntelt / und willig übersehen habe? Desto klärer scheinet eure Tugend / sagte Fabius /und dürfet euch deßwegen keine Gedanken machen /daß man euch wegen eheliches versprechens ichtwas verargen solte. Kan nun meine wolgemeinete Vorbitte hafften und gültig seyn / wird meine geliebte Freundin diesen meinen lieben Freund und Mit-Römer durch eine angenehme Erklärung befriedigẽ / welches ich vor eine sonderliche mir erwiesene Ehre uñ Freundschafft rechnen werde; umpfing sie hiemit freundlich /und sagete nochmahl zum Abtrit; der sie vorsezlich hat ermorden wollen / ist unwirdig / daß sie seiner Gedächtnis eine Stunde [382] in ihrer Seeleraum geben wolte. Markus fuhr fort da es Fabius gelassen hatte; sie möchte solche Gedanken von ihm nicht fassen /daß ers ihr vor eine Leichtfertigkeit außlegen wolte /da sie auff sein inbrünstiges Ansuchen ihm gewirige Antwort erteilete; wieder hohlete sein voriges erbieten / und erwartete der Erklärung / welche ihm die Frau mit einer sonderlichen Schamhafftigkeit folgender Gestalt gab. Mein hochwerter Hr. ich bin von ihnen beyden dermassen verbunden / dz ich nit sehe / wie ohn äusserste undankbarkeit ich mich des begehretẽ entbrechẽ sol; wil demnach meinem Herrẽ die angefod'te Antwort hiemit völlig uñ nach seinem behagen gegebẽ haben / jedoch / dz er mir hinwiederum ritterlich verspreche / mich wieder meinẽ willen vor außgang einer gebührlichẽ Trauerzeit zum Beylager nit zunöhtigen / damit ich von gnd'n redlichen Frauen nit angespeiet uñ verfluchet werde. Hernach und vors ander; daß diese unsere Verlöbnis ümb eben der Ursach willen eine zeitlang möge in geheim gehalten /und verschwiegen werden. Meine herzgeliebte Frau und Freundinn / antwortete er; vorerst bedanke ich mich der hochgünstigen Erklärung von ganzem Herzen; und ob das übrige mir zwar sehr schwer fallen wird / wil ich doch meine Begierden unter den Gehorsam ihres ehrliebenden Vorsatzes zwingen / jedoch daneben höchlich bitten / die Traurzeit / (wozu sie gar keine Ursach hat) nicht zuweit auszusetzen. Nam hiemit einen schönen Ring / und vermählete sie ihm damit; gingen auch miteinander nach Fabius und Leches / und nahmen von ihnen die Glükwünschung an. Bey der Abendmahlzeit erschien der vermeinete Kauffmann Gallus / auff Fabius Begehren / welcher schon merkete / daß Markus sich in Charidemus Stelle einflicken würde / welches er ihm wol gönnete. Nach gehaltener Mahlzeit begehrete er mit der Frauen allein zureden / welches sie wunder nam; massen sie ihn ihr Lebelang nicht gesehen hatte; wahr ihm doch zuwillen / trat mit ihm in ein Nebengemach / daß ihr nur eine Leibdienerinn folgete / und sagete zu ihm: Guter Freund / habt ihr etwa bey mir wegen meines Seel. Herrn / einige Schuldfoderung / so verschweiget sie mir nicht; was dann mit gnugsamen Beweiß bescheiniget wird / sol von mir ehrlich bezahlet werden. Gallus neigete sich vor ihr / und antwortete: Hochädle Frau; es lässet mein Gn. Herr der junge entlauffene Ritter / sie zum allerfleissigsten grüssen / und vor erwiesenes Mitleiden ihr von Herzen danken / insonderheit / daß sie ihm seiner Hände Freyheit durch ihre kräftige Vorbitte erhalten / ohn welches Mittel er sonst hätte müssen des Todes seyn. Es hat aber mein Gn. Herr ohngefehr in Erfahrung gebracht / daß Herr Fabius seines Unfals berichtet / und diese Rache zuüben vorgenommen hätte / darumb er mich alsbald mitzihen geheissen / ümb einig darnach zuarbeiten /daß ihrer hochädlen Tugend weder Ehre / noch Leben / noch einige Haabseligkeit gekränket würde / wie Gott lob alles verhütet ist. Die gute Frau warvoller Freuden / uñ sagete: O den Göttern sey ewig dank /daß dieses unschuldige Blut gerettet ist / dem ich mich mit alle meinem Vermögen schuldig erkenne; und wolte Gott / daß ich ihm einige Dienste leisten könte / solte mir angenehmers nicht seyn. Ja /hochädle Frau / sagte er / sie kan meinem Herrn grosse Freundschafft erzeigen / welches ich ihr anzeigen wil / dafern ihr belieben kan / mich ihrer Verschwiegenheit zuversichern. Uñ als sie ihm dieselbe verhieß / sagte er weiter: Es hat mein Gn. Herr eine ferne Reise vor / ü einen verlohrnen lieben Freund zusuchen / auff welcher ihm Herr Fabius gerne Geselschaft leisten wolte / er aber lieber allein fortzihen wil / deswegen er sich auch vor ihm verborgen [383] hält; Nun hat hochgedachter mein Herr mich wollen nach Padua schicken ihm etwa 20 oder 30000 Kronen abzuhohlen; aber weil ihm solches mein reisen an seiner Eilfärtigkeit sehr verhinderlich ist / möchte ich wünschen die Gelegenheit zuhaben / daß ich solche Gelder hier oder in der nähe auff richtige Wechsel heben könte /ob ich gleich ein oder etliche tausend Kronen dabey zusetzen solte / währe daran nichts gelegen. Würde nun meine hochädle Frau etwa an der Bezahlung zweiffeln / welches ihr kein Mensch verübeln kan /wolle sie nur vor geschlossenem Wechsel Herrn Fabius anmelden / wie sie meinem Herrn vor wenig Tagen in geheim zu solchen Geldern schon verholffen habe /und wann Herr Fabius sich nicht alsbald erbieten wird / es wieder richtig zumachen / wil ich meinen Kopff verlohren haben. Die Frau antwortete ihm: Mein Freund / ich zweifele im geringsten nicht an eures Herrn Auffrichtigkeit / wann ihr mir nur einen schlechten Beweistuhm bringen köntet / daß ihr dieses Herrn Diener seyd. Hochädle Frau / sagte er / ich bin freylich sein Diener / uñ zwar eben derselbe / welcher mit ihm hat sollen enthäuptet werden. Ach nein /sagte sie / der seyd ihr nicht / oder mein Gesinde müste euch unrecht abgemahlet haben. Gallus lachete des / und baht / sie möchte nur einen Diener kommen lassen / der ihn zeit seiner Gefängnis gesehen / alsdann solte sie dieses Zweifels bald benommen werden. Die Leibdienerinn ging bald hin einen auffzufodern / und fragete bey allen nach / wer unter ihnen die beyden ehmals Gefangenen / insonderheit den ältesten gesehen hätte / uñ als sich etliche meldeten / nam sie einen mit sich / welcher / da er zu der Frauen hinein trat / ward er von ihr gefraget / ob er diesen Mañ kennete; Nein sagte er / ich habe ihn nie als heut gesehen. Er muste auff Gallus bitte einen kurzen Abtrit nehmen / und sagte dieser darauff zu der Frauen; ich stehe anietzo vor eurer hochädl. Tugend mit angestrichenem Angesicht und Haaren / welche Verstellung ich gleich abtuhn wil / nam sein Läplein hervor und rieb damit alles ab / dessen sie sich nicht wenig verwunderte; rief dem Diener wieder hinein / und als derselbe alsbald sagete: Gn. Frau / dieser ist eben der / welcher mit dem jungen Ritter hat sollen abgetahn werden; antwortete sie: Es ist gut / aber wo du einigem Menschen sagen wirst / daß du ihn alhie gesehen / sol es dir dein Leben kosten. Nach seinem Abtrit machte Gallus seine Farbe wieder zurechte / und bestrich sich damit; da die Frau zu ihm sagete: Mein Freund / durch dieses Mittel köntet ihr mannichen schli en Betrug anrichten / wañ ihr nit redlich währet. Sie ließ ihn aber daselbst / biß seine Verstellung richtig wahr / ging hin zu Parmenions Geldern und Kleinoten / setzete ein kleines Schreiben auf / uñ verfügete sich mit Gallus wieder hin zu der Geselschaft / da sie als ohngefehr auf Herkules zureden kam / und sagete: Es tähte ihr leid / daß sie nicht wissen möchte / wo er geblieben währe / damit sie etwa zur Anzeige eines guten Willen ihm mit einem StükGeldes aushelffen könte / dessen er vielleicht in der Fremde benöhtiget seyn dürfte. Dieses beklage ich am meisten / antwortete Fabius /daß er bey seinem grossen Reichtuhm solte Gebrech und Mangel leiden; jedoch zweifele ich nicht / er werde auf Wechsel bedacht seyn / welche zu Padua stündlich sollen bezahlen werden / wanns gleich viel Tonnen Goldes beträffe. Aber weiß meine Freundin nicht ein wenig Nachricht / wohin er sich mag gewendet haben? Er ist gerade auf Elis zugelauffen / sagte sie / aber wie fleissig mein gewesener Ehherr ihm daselbst nachfragen lassen / hat man doch nicht das allergeringeste von ihm erfahren mögẽ; daher ich nicht zweifele / er habe sich alsbald / ümb Gefahr zumeidẽ / hinweg gemacht. Sie baht darauf von den Anwesenden Verzeihung / mit vermeldẽ / daß diesem [384] Kauffmann etwas wegen Charidemus handelung nachständig währe / welches sie richtig machẽ / uñ bald wiederko en wolte. Verfügete sich mit demselben auf ein grosses Gemach / uñ sagte zu ihm: Wolte Gott /daß einiges Mittel in der Welt währe / wodurch eurem Herrn ich mein bereitwilliges Herz erklärẽ könte; ihr aber habt mir die grösseste freundschaft erzeiget / daß ihr mir diese Gelegenheit an die Hand gegeben habt /ihm zu dienẽ. So sind nun diese zween Wetscher mit gepregetem Golde und Kleinoten auff 20000 Kronen gefüllet; / darzu nehmet diesen Wechselbrieff auff 12000 Kronen haltend / welcher der genennete Mann euch zu Elis stündlich erlegen wird / und ist hie noch eine kleine Handschrifft auff 8000 Kronen / welche Parmenio bey seinem Wirte daselbst nidergeleget /und alsbald können gehoben werden. Ich muß euch aber beydes euren vorigen schrecken in etwas ergetzen / und zugleich anzeigen wieviel Freundschafft ihr mir vor dißmahl erzeiget habet. Verehrete ihm hiemit einen Beutel mit 4000 Kronen / welche er / ungeachtet aller Wegerung annehmen muste. Schlißlich sagte sie ihm; das Ubrige liefert eurem Herren von meinetwegen / als eine Anzeigung meines dienstwilligen Gemühts / und daß alle meine Güter zu seinen diensten seyn. Das mir geschenkete Kleinot ist mir ein unfehlbares Gedächtnis seines gnädigen willens; und solte ihn die Gelegenheit nach Korinth führen / wolle er seine bereitwilligste Magd daselbst zubesuchen nicht unterlassen / dann ich werde mich ehistes tages dahin begeben. Gallus entsetzete sich vor dieser Freigebigkeit; es hätte durchaus die Meynung nicht / daß er einiges Geschenk vor seinen Herren oder vor sich suchete / und würde derselbe schon Mittel ergreiffen / es dankbarlich zu erstatten. Gebet euch zu frieden / sagte sie; ich bin eurem Herren viel ein mehres schuldig /als dieses wenige / und da euch Morgen zu reisen geliebet / so nehmet eures Herren und euer Pferd samt Harnisch und anderem zubehör / welches ihr bey einander vorne im Mahrstalle finden sollet / und reitet in Gottes Nahmen. Damit gingen sie wieder hin zu der Geselschafft / und hielt Gallus bey Herren Fabius an umb erläubnis zu seiner Reise / nachdem er ihm zu nichts mehr nütze seyn könte. Aber die Frau nöhtigete ihn die Nacht zu bleiben / weil der Abend einfiele. Nach abgenommenen Speisen redete sie mit Markus /daß er sie mit nach Korinth führen möchte / woselbst sie in die 60000 Kronen Baarschafft stehen hätte; ihr währe unmöglich / wegen eingenommenen Schreckens an diesem Orte länger zuverbleiben / möchte auch nach verlauff einer geringen Zeit wol Ansprach von jungen Freiern bekommen dürfen; wolte er nun diese ihre Herschaft Erblich behalten / stünde zu seinem Belieben / sonst könte er sie vor fünff Tonnen Goldes baar verkauffen. Markus wahr ohn daß dem Gelde zugetahn / und wie er diesen ihren Reichtuhm vernam / wunderte er sich / daß ihm das Glük ohn alle seine Sorge und Mühe im Augenblik so begütert hätte; umbfing seine liebste freundlich / und versprach / sie an Ort und Ende zu fůhren / wo sie am sichersten währe. Nach diesem nam sie ihn mit sich auff die Korn Spiker / in die grossen mit Wein belegete Keller / auch zu den Schaaff- Kühe- und Pferd Ställen / welches alles über drey Tonnen Schaz außtrug. Endlich muste er mit ihr auff ein fest verschlossenes enges Gemach gehen / da sie ihm ein Kleinot Lädichen vorsetzete auff 40000 Kronẽ / nachgehends vier Laden mit 80000 Kronen baar / und zu ihm sagete; dieses wil ich meinem geliebeten Herren zur Dankbarkeit des mir heut erzeigeten mitleidens überliefern / mit Bitte /es nit aufzuschlagen. Er aber nam [385] nur etliche Ringe daraus; das übrige stellete er ihr wieder zu / einwendend / er wolte es gerne in seine Verwahrung nehmen; weil es aber bey ihr sicherer währe / könte es biß auff ihren Abzug stehen bleiben. Wie es euch geliebet /sagte sie / und befahl ihrer Dienerin / Herren Fabius und Leches herzubitten / denen sie etwas zu liefern hätte; zu denen sie / da sie herzutraten / also redete: Ihr meine hochwerte Herren / ob ich zwar etliche Schätze in so geheimer Verwahrung habe / daß ich sie mit leichter Mühe vor mich selbst behalten könte / so sollen mich dannoch die Götter wol davor behüten /damit das unrechtmässige Gut nicht mein Erbe zugleich mit verzehre; Dieser Kasten vermag einen statlichen Vorraht / und gehöret dem erlegeten Parmenio teils eigen / teils als empfangene Werbungs Gelder zu; Stelle solches demnach zu des Herrn Gesanten Hånden / seines Willens damit zuschaltẽ; schloß den Kasten auff / und zeigete ihnen eine grosse Menge gemünzetes Goldes / auch in einem Beylädichen unterschiedliche köstliche Kleinot. Fabius gab ihr zur Antwort: Parmenions eigenes Geld müste ihr billich als der nähesten Erbin bleiben / das übrige wolte er Herrn Herkules verwahrlich behalten; jedoch / daß sie von solchem Teil zur Vergeltung ihrer Aufrichtigkeit 12000 Kronen haben solte. Fr. Euphrosyne bedankete sich / nachdem ihr wegern nicht gelten wolte / und empfing es mit dem bedinge / daß ihr frey stünde / es nach Belieben anzuwenden. Es wahren die eigenen Gelder von den Werbungsgeldern abgesondert / uñ zeigete eine hinzugelegete Rechnung / daß der Werbe Gelder 300000 Kronen / der eigenen aber 250000 Kronen wahren. Die 12000 versprochene Kronen schichtete sie / und gab die eine Helfte ihrem Liebesten / die andere den 100 Römischen Kriegsknechten / jedem durch die Bank hin 60 Kronen; welches ihm Fabius so wol gefallen ließ / daß er zu ihr sagete: Nun meine Freundin / ich verspüre hieraus ihren Verstand und gute Gewogenheit / werde mich auch bemühen /es unvergolten nicht zulassen. Von den eigenen Geldern aber nam sie 50000 Kronen / und teilete dieselben gleich unter Leches und Markus / da jener sich zwar wegerte / aber auff seines Mitnehmers Nöhtigung es ihm beybringen ließ. Als sie sich nun wieder gesetzet hatten / wolte sie Gallus noch eine Verehrung zuschanzen / und sagete zu Markus ingeheim: Ist euch heut durch eines andern Unfall ein Glük zugestossen / so lasset den Urheber auch in etwas / und so viel seine Wirdigkeit zugibt / mit geniessen. Dieser kunte nicht ersinnen / wen sie damit meynete / und baht / ihm solches etwas deutlicher anzuzeigen. Je / sagte sie / wer hat euch an diesen Ort geführet? hats nicht jener Kauffmann getahn? Ich erkenne mich ihm verbunden / antwortete er / redete ihn auch alsbald mit diesen Worten an: Guter Freund / ich erinnere mich / daß mit Verseumung eurer Geschäfften ihr mit uns gereiset seyd / davor ich mich dankbar erzeigen wil; schenkete ihm alsofort 600 Kronen / und sagte: Nehmet dieses / bitte ich / zur Ergetzung vor eure Mühe von mir an / und da ich schier heut oder morgen euch mehr Dienste werde leisten köñen / habt ihrs kühnlich bey mir zufodern. Gallus sahe / daß es alles aus der Frauen Anstifftung herrührete / hielt vor unnöhtig / sich lange zuwegern / und bedankete sich der grossen Schenkung. Ey so wolleñ wir beyde auch nicht so gar undankbar seyn / sagte Fabius zu Leches / uñ begehrete an Markus / er solte 600 Kronen von Parmenions Geldern hohlen / und sie ihm ihrer beyder wegen zustellen. Des folgenden Morgens sehr früh /nam Gallus von der Frauen freundlichen Abscheid /bedankete sich nochmahls der hohen Ehr und Guttaht / uñ [386] versicherte sie / sein Herr würde es statlich zuvergelten nicht unterlassen; legte die Gelder auf MaulEsel / sattelte sein und Herkules Pferd / und ritte in Geselschafft vier Knechte des nähesten auff Eliß zu / weil er nicht zweifelte / sein Herr würde sich da selbst noch auffhalten. Er hatte aber Valikules Waffen angelegt / und seine eigene dem Diener zu führen gegebẽ / ritte damit in die Herberge / und fand seinen Herrn im Hause allein gehen / und sich mit gedanken schlagen / wie ers am besten machen könte / wann etwa Gallus wegen widerwärtigẽ Windes zu lange aussenbleiben würde. Die Zeit hatte ihm sider Gallus Abreise gar lange gewehret / welche er mit einem fremden Manne vertrieb / der aus Mazedonien wahr /und sich eine zeitlang in der Landschafft Karia zu Laodizea auffgehalten hatte; Dieser ließ sich anfangs vernehmen / daß er ein Christ währe / da er merkete /daß Valikules des Glaubens wahr / der sich gleichwol nicht gegen ihn heraus ließ / weil er ihm wenig trauete. Zween Tage vor Gallus Wiederkunfft fing dieser fremder / nahmens Agemachus / etwas kühner an mit ihm zureden / da er anfangs beklagete / daß die Welt so mannicherley Glaubens währe / und ihrer viel / ja der mehrer Teil sich so plageten und peinigten / zu der Volkommenheit zu gelangen / da doch kein lustiger Weg währe / als eben dieser / auff welchem man dahin kähme / wiewol niemand / als welche der wahren Erkäntniß sich gewidmet hätten / denselben zu finden wüsten / welche daher Gnostici; das ist / dieErkennende oder Hochkluge geneñet würden. Valikules merkete alsbald / was vor einen schändlichen groben Ketzer er vor sich hätte / ließ sich dessen aber nit merken / sondern fragete / ob dann dieselbẽ Hochweisen / der Heydnischen / oder Judischen / oder Christlichen Lehre zugetahn währen / und ob man ihrer so hochgerühmten Volkommenheit nicht könte teilhafftig werden; Er währe jung / aber begierig nach der Weißheit / wolte auch solche Lehre leicht fassen / wann sie ihm vorgetragen würde / und zwar so viel leichter /weil sie einen solchen lustigen Weg zu der Volkommenheit zeigete. Agemachus antwortete ihm: Es währen diese Erkennende weder Heyden noch Juden / sondern Christen / wiewol nicht des gemeinen Schlages /sondern von ihnen / beydes in der Lehr und im Leben weit abgesondert. Der erste Stifter währe Karpokrates / welcher vor 100 Jahren den Grund dieser Lehre geleget / und aus himmlischer Offenbahrung die Erkäntniß erlanget / daß diese Welt / Himmel / Erde / Meer /und was drinnen ist / nicht von dem einigen obersten Gott / welcher der ungezeugete Vater hiesse / erschaffen währe / sond'n von einer gewissen Anzahl gewaltiger Engel / welche doch viel geringer / als jener oberste Gott währen. So hätte er auch die Offenbahrung gehabt / daß JEsus von Nazareth des alten Josephs warhafftiger Sohn währe / allen andern Menschen gleich / ohn allein / daß derselbe eine reine und krafftfeste Seele bekommen / welche in ihrem Leibe sich dessen alles hätte zuerinnen gewust / wz sie in dem Kreißlauffe (als sie noch in dem ungezeugete Gotte gewesen) gesehen hatte; und daß weiters seine Seele die Krafft und das Vermögen von vorgedachtem Gotte bekommen / daß sie der Engel oder Welt-Bauer Gewalt sich entbrochen / und durch alle 365 Himmel zu Gott hinauff gestiegen / auch durch eben dieselben wieder herunter kommen währe. Und deren Seelen fünden sich bey andern mehr in gleicher Volkommenheit / ja die noch volkommener als des Jesus seine währen. Herkules hatte von dieser Ketzerey zwar etwas / aber nichts insonderheit gehöret / nur daß sie ganz neue Lehre führeten / und gar ein abscheuhliches Leben trieben; wolte sich aber nicht zur Antwort [387] finden lassen / biß dieser etwas besser gebeichtet hätte /und sagete zu ihm: Mein Freund / ihr traget mir eine Lehre vor / von welcher ich / muß bekennen / bißher nicht gehöret habe / und ich daraus wol verstehe / wie weit die also genante Erkennende von den andern Christen / die Lehre betreffend / abgesondert sind; Aber mag er mich nicht auch berichten / wie dieselbẽ ihr Leben anstellen und führen. Ja mein Herr / antwortete er / hat er Lust darzu / wil ich ihm solches wol offenbahren / sehe ihn auch so redlich an / daß er mich deswegen nicht in Ungelegenheit stürtzen werde. Es haben diese erleuchtete Leute noch weiter aus der himlischen Offenbahrung / daß eines Menschen Seele nicht ehe zur Seligkeit gelangen könne / ehe uñ bevor sie alle Arten der Betreibung versuchet und geleistet habe / welche beydes Christen uñ Heyden vor böse /vor Schande / Unreinigkeit und abscheuhliche Laster halten; solches alles / sage ich / muß eine Seele zuvor betrieben haben / ehe sie in die Seligkeit auffgenommen werden kan; Daher auch / wann eine Seele durch den Tod aus einem Menschen fähret / welcher von solchen Lusthändeln sich enthalten / oder sie wenig getrieben / wird solche Seele in einen andern / ja in den dritten / vierden / fünfften / und wol mehren Leib wieder hinein gegossen / biß sie alle solche Händel in volkommener Anzahl verrichtet / dann gelanget sie erst zur himlichen Seligkeit. Möchte jemand einwenden / je haben dann wol so viel Leiber nur eine einzige Seele nacheinander / wie werden dann nach diesem Leben sich alle diese Leiber umb die Seele vergleichen können? aber diß ist eine kindische und unnöhtige Frage / massen die Aufferstehung der Leiber nur ein Geticht ist / und dieselben nach dem Tode biß in Ewigkeit vergehen. Herkules kreuzigte uñ segnete sich in seinem Herzen vor solcher abscheulichen Lehre; und sagte zu ihm: Ists aber wahr / mein Freund / daß die genandte Erkennende diese Lehre vor gewiß halten? Es würde ja daher folgen / daß ein Mensch seiner Seelen Seligkeit durch nichts so wol befodern könte / als durch Unzucht / Ehebruch / Blutschande /Sodomiterey / und anderen übungen / welche andere Menschen vor böse uñ sündlich schätzen. Ja mein Herr / antwortete Agemachus / daher sihet nun derselbe / daß es wahr sey / wz ich anfangs gesagt habe /daß kein lustiger Weg sey zu der Volkommenheit / als eben dieser. Herkules kunte solcher Ungebühr nicht länger geduldig zuhören / wolte doch versuchen / ob er diesen elenden Menschen von solchem schändlichen Irtuhm loßreissen könte; und redete ihn also an: Mein Freund / haben die Gnostici oder Erkennende eine solche Lehre / warumb nennen sie sich dann Christen? Treten doch die Juden und Heyden den Christen viel näher / beydes im Leben und in der Lehre / als diese Unmenschen; Dann in Warheit / die unflätigste Art der Heyden / welche man Epikurer nennet / möchte ich gegen diese zu rechnen / vor heilige schätzen. Lasset uns aber besehen / was ihr alles vorgetragen habt / obs den Stich halten / und ein vernünfftiger Mensch / welchen der Teuffel nicht gar beklommen / es vor wahr und gut schätzen könne. Eure erste Lehre wahr von der Schöpfung der Welt / da euer Karpokrates vorgeben / solche sey nicht von Gott selbst sondern von Engeln verrichtet. Aber warumb solt ich diesem Kerl seinen neuen Tand gläuben / welchen er weder durch Wunderzeichen / noch durch Vernunfft-gründe erwiesen hat? Moses hat mich vor 1600 und mehr Jahren viel ein anders gelehret / und es durch seine göttliche Wunder bekräfftiget. Alle die nach ihm gelebet / und von Gott mit dem wundertähtigen Glauben sind außgerustet worden / haben solche Lehre des Mose vor wahr gehalten. Mein [388] Heyland /welcher so viel Zeichen getahn / daß sie nicht alle wegen der Menge haben köñen beschrieben werden /heisset die Schrifften des Mose gut / und weiset uns an dieselben hin / wann er spricht:Sie haben Mosen uñ die Propheten / laß sie dieselbigen hören: Ist nun dieses wahr / was Mose von der Welt erschaffung schreibet / daß Gott selber solche geleistet habe / so muß nohtwendig falsch seyn / daß euer Karpokrates saget: Nicht Gott selber / sondern die Engel haben die Welt erschaffen; dann unter ja und nein muß nohtwendig eines wahr das ander falsch seyn. Euer ander vorgebrachtes ist / Gott vergebe es euch / eine recht teuflische Lästerung wieder den Herrn Jesus / aus welchen ihr nach der Lehre eures Verführers Karpokrates einen blossen Menschen / und Josephs warhafftigen Sohn machen wollet. Aber wie beweiset ihr solches? sagen ist in Glaubenssachen nicht gnug / sondern Grund Grund muß da seyn. Zwar daß mein Herr Jesus ohn zutuhn eines Mannes durch Wirkung Gottes des heiligen Geistes von der Jungfrauen Maria empfangen sey / daß er auch nicht ein blosser Mensch / sondern zugleich wahrer Gott sey / solches lehren uns die ungezweiffelten Schrifften der Evangelisten Mattheus / Lukas und Johannes; welche Lehre alle Apostel und jünger des Herren angenommen / vor wahr gehalten / sie durch ihre vielfältige Zeichen bekräfftiget / und durch ihren Tod / welchen sie wegen dieser Lehre erlitten / versiegelt haben; ja darauff so viel tausend gläubige Christen so fest gestanden sind /daß sie sich viel lieber haben wollen lassen brennen /braten / und auff allerhand erschrekliche Weise hinrichten / als solche verleugnen oder auffs minste in zweiffel zihen. Was vor Beweißtuhm aber führet euer Karpokrates / wodurch er das Wiederspiel behäupten wil? solte ich einem eintzigen Menschen ohn Beweißtuhm mehr glauben zustellen / als der ganzen Christlichen Kirchen und ihren unzählbahren Wunderzeichẽ / so müste ich wol aller Vernunfft beraubet seyn. Erwäge ich nun euer drittes Lehrstük / so muß ich bekennen daß ihr damit dem Vernunfft- und Tugend-Fasse auff einmal den Bodem außstosset. Dann anfangs saget ihr / es könne keines Menschen Seele zur Volkommenheit / verstehe zur Seligkeit dienlichen Volko enheit gelangen / wo dieselbe nicht zuvor allerhand Laster / Sünde und Schande begangen habe / und auff vollendung solcher boßheiten bekomme sie die himlische Seligkeit / sonst nicht. Mein /wisset ihr auch was ihr redet? habet ihr der Vernunfft abgedanket? ja habt ihr Wiz und Sinne gefressen? wer hat jemahs solche unvernünfftige Meynungen und Gedanken in seyn Herz kommen lassen; das böse mache einen Menschen volkommen zum guten? höret mein Freund / wann ich zu euch sprechen würde; gehet zu Winterszeit hin / setzet euch nacket auff das Eyß / und wärmet euch also: Gehet zur Sommerzeit in die heißbrennenden Sonnenstralen sitzen und kühlet euch also; würdet ihr mich nicht vor einen Narren und Unsinnigen halten? tähtet ihrs aber nicht / so währet ihr ein solcher. Aber was ist es anders / wann ihr sprechet: Gehe hin und treibe allerhand Unzucht / Boßheit / abscheuliche Ubeltaht / und was Gott sonsten hasset und verbohten hat / auff daß du im guten volkommen werdest / auff daß du deine Seele befoderst zur schleunigen Seligkeit? Hilff Gott! hat der Teuffel auch wol jemahl die Menschen heslicher beschiessen und verblendet als auff diese Weise? Mose und die ganze heilige Schrifft durch Zeichen und wunder bekräfftiget / unterrichtet mich / das Gott ein heiliger Gott sey / und daß er von den Menschen ernstlich erfodere / daß sie auch heilig seyn sollen. Sie unterichtet [389] mich / das Gott ein gerechter Gott sey / welcher alle Sünde und Fleisches Unreinigkeit ernstlich verbohten / und mit dem ewigen hellischen Feuer straffen wolle. Und euer Karpokrates saget; wiltu zu dem heiligen und gerechten Gott kommen / wiltu der hellischen Verdamnis entgehen / und die himlische Seligkeit erlangen / so enthalte dich der Heiligkeit / so lebe in Unzucht und aller Fleisches Unreinigkeit. Sind daß die Erkennende / die Erleuchtete / die Hochweisen? Gewißlich ich weiß nicht was ich hierzu sagen sol /als daß ich ni er gläube / daß der Teuffel selbst so unverschämt sey / ein solches zu sagen; den die Lüge ist zu grob / uñ wiederspricht aller Vernunfft. Ich halte euch diß vor / mein Freund / daß betrachtet bitte ich; was alle vernünfftige Menschen / Heiden / Juden uñ Christen einträchtig vor die nohtwendige Warheit halten / daß muß nohtwendig wahr seyn. Daß aber niemand durch Sünde und Boßheit Gott gefalle oder die Seligkeit erlange / daß halten alle vernünfftige Menschen vor die nohtwendige Warheit. Darumb muß es nohtwendig wahr seyn. Ich könte alhie tausend und noch tausend Gründe einführen / damit diese eures Karpokrates Unvernunfft übern hauffen geworffen wird; aber was bedarffs der Mühe? Nur noch eins mein Freund: Wie deucht euch / wann diese eure Lehre von der Welt angenommen würde / würde sie auch wol sechs Tage bestehen können? würden nicht alle und jede suchen / die grösseste Boßheit gar zeitig vorzunehmen / damit sie desto früher in den Himmel kähmen? aber auß diesem Grunde würde in kurzem nichts hervor quillen als ein durchgehendes Morden und Würgen / biß der einige lezte Mensch nur allein übrig währe / welcher / weil er keinen Mitsündiger hätte / würde er an ihm selbst die schwereste Sünde begehen / und sich nidermachen. Gewiß mein Freund / ich habe euch diese Tage vor einen vernünfftigen Mann angesehen / aber werdet ihr in diesem Wahnwiz verbleiben / so muß ich euch vor einen leibhafftigen Teuffel halten / und noch schlimmer. Derwegen stehet ab von solcher Gotteslästerlichen / falschen / und unehrbahren Lehre / oder machet euch alsbald aus dieser Herberge / wo ihr sonst nicht wollet / daß ich euch eure Boßheit zuerkennen geben sol. Dieser fing alsbald an; er währe dieser Lehre nicht zugetahn / sondern hätte nur bloß erzählet / was diese Leute gläubeten. Dann es wahr mit in ihrer Lehre begriffen / daß man / Gefahr zu meiden / seinen Glauben wol verleugnen dürffte. Aber er hatte sich schon zu weit verrahten / daher wolte ihn Herkules nicht länger umb sich leiden / daß er bey Sonnenschein die Herberge räumen muste; insonderheit / weil er sich wegerte /ichtwas auff die vorgebrachten Gründe zu antworten.

Die folgende Nacht hatte Valikules aber ein neues Unglük; nehmlich / es hatte der Haußknecht gesehen /dz er zimlich viel gepregetes Gold bey sich trug / welches er aus einem verkaufften Ringe gelöset hatte. Darauff machte nun jener einen Anschlag / ob er dessen nicht einen Teil haabhaft werden möchte / und nam ihm vor / bey Nacht schlaffen der Zeit auff seine Schlaffka er einzubrechen / und ihm den Beutel zu fegen. Nun schlieff Valikules gar allein auff einem Gemache / versperrete auch alle Tühren und Fenster gar wol ehe er sich legete / und überdaß behielt er die Unterhosen stets an / hatte das Schwert zur Rechten /den Dolch zur Linken / und schlieff / so lange es finster wahr mit sorgen / nur gegen den Morgen hielt er sich sicher / und ruhete alsdann aus. Der diebische Knecht hütete sich nicht davor / stieg diese Nacht /welche gar dunkel wahr / auff einer Leiter aussen am Hause [390] hinauff biß an das Fenster / und wuste es so leise auffzumachen und hinein zu kriechen / daß er dessen nicht gewahr ward. Nun hatte er aber seine Oberhosen / in welchen die Gelder wahren auff seinem Bette zun Füssen liegen / welche der Dieb hin und wieder suchete / auch endlich fand / grieff hinein /und nam in die 30 Kronen zum erstenmahle heraus /gleich als Valikules erwachete / des Diebes Athem hörete / und zugleich seine Hosen missete / richtete sich deßwegen auff / und fassete den Degen / zugleich fragend / wer ihm bey Nachtschaffender Zeit auff der versperreten Kammer umb ginge. Der Dieb ließ vor Angst die ergriffenen Hosen fallen / lieff mit der Handvol Kronen zum Fenster zu und wahr sehr gerade wieder hinaus; aber Valikules folgete ihm / und gab ihm mit des Schwerts Knauffe einen solchen Stoß oben auff den Schedel / daß er betäubet hinunter fiel und recht auff den Kopf stürzete / daß er das Genicke abbrach; blieb also liegen / und lagen die gestohlene Kronen umb ihn her. Er sahe ihm nach aus dem Fenster / merkete daß der Dieb Tod wahr / und bedachte sich / ob er ein Geschrey machen wolte oder nicht; endlich hielt er vor das beste / daß er stille schwiege /fassete doch die angeschlagene Leiter / und warff sie umb / welches ein zimliches Gepolter im Hofe verursachete / daß das andere Gesinde samt den Wirt davon erwacheten / auffstunden / und zusahen was es währe / da sie den Dieb funden daß er mit dem Tode rang / und das Geld umb ihn her gestreuet lag / auch die Leiter recht auff ihm. Sie kunten leicht ersinnen /wie es zugangen währe / meineten doch / Valikules würde nichts drum wissen / und müste die Leiter im absteigen umbgeschlagen seyn; daher sie den Dieb auff des Wirts Befehl hinweg trugen / welcher inzwischen die Gelder aufflase / und davon ging. Valikules stund und sahe alles an / ließ sich doch nichts merken / nur als er des Morgens hinunter ging / foderte er den Wirt vor sich / und zeigete ihm an; er hätte diesen Morgen seine Oberhosen mitten im Schlaffgemach auff der Erden gefunden / und etliche daraus gestreuete Gelder dabey / da er sie doch des Abends auff sein Bette gelegt hätte; begehrete demnach / daß er fleissig nachforschete / wer unter seinem Gesinde sich solcher Dieberey unternehmen dürffte; über das hätte er gestern dem Hausknechte befohlen (dieser wahr eben der Dieb) etwas zubestellen / möchte ihm ruffen lassen / um zuvernehmẽ / ob ers verrichtet hätte. Nun wahr zwar der Wirt willens / wo möglich / es zuvertuschen / aber aus keiner andern ursach / als daß dieser fremde Gast nicht möchte von ihm zihen / und ein solches unter die Leute bringen / welches ihm an seiner Nahrung schaden würde; Weil er aber sahe / daß der Fuchß auff solche Nachfrage zum Loche aus muste / bekennete er / daß der Knecht unter dem Fenster währe tod gefunden / da er mit samt der Leiter herunter gefallen währe; Doch der gefundenen Gelder gedachte er nicht / und wolte ihn auch Valikules wegen des wenigen noch zur Zeit nicht schamroht machen / sondern beklagete vielmehr des Knechtes Unfall / und dz er durch dẽ Geitz sich zu solcher Untaht hätte verführen lassen; wiewol er bedacht wahr / in wenig Tagen die Herberge zu endern; aber / wie droben gesagt / sein Gallus traff ihn noch daselbst an /als er in seiner Rüstung und auff seinem Pferde zum Hause hinein ritte / da er auff dem Fluhr wandelte /und sich mit Gedanken schlug. Er erkennete aber beydes seine Waffen und sein Pferd alsbald / und gedachte / es währe ein Ritter von Charidemus abgeschikt /der ihn auskundschaffen solte / weil er den Helm zugemacht hatte. Dieser aber stieg geschwinde vom Pferde / setzete den Helm ab / und gab seinem Herrn[391] gnug ursach zur Verwunderung; Welcher zu ihm sagete: Wie nun Gallus? Ich schätzete euch schon zu Padua / so habt ihr umb Pferd und Harnisch willen euch dieser örter so lange auffgehalten / und euch in Leib und Lebensgefahr gewaget. O nein / Gn. Herr /antwortete er / unser Gott hat mich einen guten Weg geführet / und seine Gnade über uns so reichlich sehen lassen / daß ich mich dessen nicht gnug verwundern kan; legete den Harnisch ab / führete die Pferde in den Stall / und nachdem er die Gelder von den MaulEseln abgeladen und in Gewarsam gebracht hatte / hieß er den Knecht nach Verehrung etlicher Kronen mit den Eseln hinweg zihen / und seine Frau in geheim freundlich grüssen. Valikules wuste nicht /wie er mit ihm daran war / und sagte: Ich bin verwirreter über eurer Ankunft / als ich unter den Schergen im Holze wahr. Dieser kehrete sich nirgends an / reichete ihm anfangs einen sehr köstlichen DemantRing / mit diesen Worten: Die hochädle Frau Euphrosyne /des weiland schelmischen Charidemus nachgelassene Wittib / entbeut ihrer Gn. ihre untertähnige bereitwilligste Dienste. Träumet euch Gallus? sagte Valikules. Er aber fuhr imer fort / als hörete ers nit; Sie bedanket sich zum höchsten wegẽ des damals verehreten Kleinots / welches / als lange sie lebet / zum Gedächtniß bey sich tragen wil / dessen Lebensrettung ihr die allergröste Freude gebracht / weil sein unverdienter Tod ihr unangenehmer als ihr eigener würde gewesen seyn; bittet krafft solcher Gewogenheit / Eure Gn. wolle hinwiederumb dieses schlechte Ringlein als eine unwirdige Erinnerung ihres willfährigen Gehorsams von ihr annehmen. Er empfing den Ring mit gutem Willen / und befahl ihm / ohn Umbschweiffe zuerzählen / wie es ihm ergangen währe. Gallus baht umb Verzeihung / gab vor / er håtte vorerst etwas nöhtiges zu verrichten; hieß den neuen Hausknecht mit ihm gehen / und hohlete auff die beyden WechselBrieffe 20000 Kronen / die ihm alsbald in verpitschierten Beuteln zugestellet wurden; brachte sie seinem Herrn / und lieferte ihm an Baarschafft und Kleinoten 40000 Kronen; welcher ihn fragete / woher ihm dieses unvermuhtliche Geld kähme. Es ist eine geringe Verehrung / sagte er / welche obgedachte Frau ihrer Gn. zum Zehrpfennige sendet. Fing hierauff an alles nacheinander zuerzählen / was gestalter Herren Fabius / Leches und Markus zu Korinth im Hafen angetroffen / ihnen verdekter weise seinen Unfall erzählet / und mit ihnen nach dem Flecken reisen müssen /da Fabius aus sonderlichem Eifer den boßhaften Charidemus von den beyden Dienern / denen sie das Leben geschenkt / niederhauen lassen; und hätte /allem ansehen nach / Markus sich mit der jungen Witwen verliebet. Als er nun derselben gute Gewogenheit gespüret / hätte er sich in geheim zuerkennen gegeben / und ümb Befoderung zu einem Wechsel angehalten; worauf sie ihm dieses alles eingehändigt / bloß als ein Zeichen ihres dienstbegierigen Herzens; ja sie hätte einen grossen Schaz des Parmenions angegeben / welcher ihrer Gn. zum besten von Fabius verwahret würde. Uber das hätte er aus ihrem Gespräch verstanden daß Herr Ladisla auch mit einem Schiffe auff der Fahrt währe / seinen Freund Herkules zusuchen / und ihm zufolgen. Dieser wahr sehr unwillig / daß gegen Charidemus so scharff verfahren wåhre / und verwies es Gallus höchlich / daß er Fabius darzu veranlasset /wodurch er wieder sein Christliches Gewissen gehandelt / und solche eigentähtliche Rache vor Gott schwer zuverantworten hätte / dañ ich hatte ihn / sagte er / der Straffhand Gottes befohlen. Gallus entschuldigte sich / berieff sich auff Gott / daß [392] er Herr Fabius nicht im geringsten zu solcher Straffe angereitzet hätte / und erkennete er hieraus Gottes sonderliche Versehung; dann / sagte er / wer hat diesen eiftrigen Rächer ausgeshikt? ohn Zweiffel hat es Gott selber getahn /welcher ihm seine schändliche Boßheit und unerhörete Grausamkeit hat auff seinen Kopf vergelten wollen / vielen andern seines gleichen zum merklichen Beyspiel / sich von solchem Frevel zuenthalten. Ich erkenne es vor nichts anders / antwortete er; aber man hätte gnädiger mit ihm verfahren sollen / uñ währe ihm die Landesverweisung Straffe gnug gewesen. Das würde dem guten Markus wenig frommen und vergnügung gebracht haben / sagte Gallus / der aniezt in tausend Freuden gehet / wie sehr ers gleich zuverbergen suchet. Eure Gn. aber zweifeln an dieser Frauen Verschwiegenheit gar nit / welche vielleicht noch heut nach Korinth sich erhebẽ / uñ daselbst ihre Wohnung nehmen wird; hat mich auch sehr inständig gebehten /ihre Gn. zuvermögen / sie daselbst auff ein Wort zusprechen. Ich aber habe diese Reise auch nicht ümsonst getahn / sondern von der Franen 4000 / von Markus 600 / und von Fabius und Leches ingesamt auch 600 Kronen / als ein unbekanter Kauffmann vor meinen Mitzug / wieder meinen Willen nehmen müssen. Valikules verwunderte sich der grossen Zuneigung dieser ehrliebenden Frauen / und sagte: Ich bin verpflichtet / dieser Frauen / als meiner Schwester /Zeit meines Lebens gutes zutuhn / werde es auch wissen in acht zunehmen / uñ wil nicht unterlassen ihr zu Korinth zuzusprechẽ / wohin wir / geliebts Gott / erstes Tages unsern Weg fortsetzen wollen / nachdem ich mich schon über die gebühr in diesen Ländern auffgehalten habe. Als Gallus von Fr. Euphrosynen hinweg geschieden wahr / hielten Fabius / Leches und Markus miteinander Raht / auff was weise sie eigentlich erfahren könten / ob Herr Herkules dieser örter sich noch auffhielte / uñ wurden eins / daß Markus den nähesten Weg nach Korinth zihen / Fabius aber und Leches zu Elis sich etwas auffhalten / und allerseits fleissige Nachfrage tuhn solten; sendeten auch achzig ihrer Soldaten ümher in die Flecken und Städte / auff zehn Meile weges / ob sie ihn ausforschen möchten; wo nicht / solten sie heut über zwo Wochen sich zu Korinth wieder einstellen. Fr. Euphrosyne ließ inzwischen das Frühstük bereiten / und alle ihre Baarschaften und Kleider auff Wagen packen / taht ihres Vaters Bruder-Sohn das Schloß und die Herschaft auff Rechnung ein / uñ måssigte der Untertahnen Frohndienste und andere Beschwerungen / daß sie über die helfte geringer wahren. Ihren Charidemus hatte sie des ersten Abends ohn alles Gepränge lassen zur Erden bestatten / und zog mit ihrem Liebsten /unter der Begleitung X Soldaten nach Korinth / woselbst sie einen adelichen Hoff mietete / und in demselben biß auff Markus Wiederkunfft (der mit Fabius die Reise zuvollenden willens wahr) ihre Trauerzeit einsam mit ihrem Gesinde zubringen wolte. Fabius und Leches aber blieben mit X Kriegsknechten zu Elis / liessen aussprengen / sie währen nach Korinth gezogen / und legten sich in Valikules erste Herberge / da sie der Ursach des Kampfs mit Parmenio ümständlich berichtet wurden. Unserm Valikules wahr ihre Gegenwart unverborgen / und daß man in den Stadtohren auff ihn acht zugeben befohlen hatte. Er tröstete sich aber seines Räuber-Künstleins / ohn dessen Hülffe er nicht leicht würde entgangen seyn / und muste wieder seinen Willen noch zween Tage zu Elis sich auffhalten / biß er seine Pferde / Gelder und Waffen heimlich hinaus bringen kunte; worauff er sich eilig fort machete nach Korinth [393] zureiten / und kehrete daselbst bey seinem Christlichen Wirte ein / von dem er schon als ein Ermordeter höchlich beklaget wahr. Er meinete nicht / daß Markus mit seiner Liebesten daselbst schon solte angelanget seyn / deren Leibdienerin des andern Tages vor seiner Herberge herging /und ihn ohngefehr durchs Fenster sahe / dann er hatte die angestrichene Farbe abgetahn / und seinem Wirte sich zuerkennen gegeben. Es wahr noch früh morgens / uñ zweifelte die Magd anfangs / ob sie recht såhe /wolte die Gewißheit haben / und machte eine falsche Werbung in das Haus / da sie ihn eigentlich besahe /uñ aus dem Hause wieder hinweg eilete. Zum guten Glük ersahe sie Gallus / kennete sie alsbald / und fragete / ob ihre Frau dieses Orts schon angelanget währe / und warumb sie so eilete. Sie aber antwortete: Mein Freund / haltet mich nicht auff / dañ ich werde grosse Herren erfreuen / und ein reiches Bohtenbrod verdienen / wann ich ihnen dessen Zeitung bringe /was ich in diesem Hause gesehen habe. Er hingegen sagete zu ihr: Bey Leib und Leben schweiget / und tuht meines Herrn Gegenwart niemand als eurer Frauen zuwissen / die euch schon weiter unterrichten wird; ging hin und vermeldete es seinem Herrn / der sich entschloß / des nähesten die Frau zubesuchen. Markus ritte des folgenden Tages sehr früh nach dem Meerhafen vor seiner Herberge her / welches er sahe / und alsbald seinen Gallus an die Frau schickete / ihr anzumelden / daß er sie gerne sprechen wolte; welche als bald ihre Dienerin mit Gallus zurük sendete / uñ ihn darümb dienstlich ersuchen ließ. Er machete sich bald auff / in einem grünen Güldenstücke (welches er zu Elis hatte machen lassen) bekleidet / und hatte einen grossen blutroten Federpusch auff dem Hute. Da er nun so Fürstlich zu ihr ins Gemach trat / grüssete er sie höflich und sagete: ädle und tugendreiche Frau /hochwerte Freundin; ich kan wol mit Warheit beteuren / daß mir nie voll keiner Frauen grössere Dienste /als von ihr beschehen sind / in betrachtung / ich nicht allein durch ihren Vorschub mein Leben erhalten /sondern / nachdem sie hiedurch in grosse Angst gerahten / sie mir noch eine unverdiente Freygebigkeit erzeigen / uñ bey meinem Diener so viel tausend Kronen zum Zehrpfennige überschicken wollen. Nun meine wahre Freundin / ich bin dieses Orts des Vermögens nicht / so hohe Neigung zuvergelten / hoffe aber ungezweifelt / da mir Gott das Leben weiter fristet / Gelegenheit zuhaben / daß mein dankbares Herz erkennet werde. Im übrigen ist der wahre Gott mein Zeuge / daß die Unbarmherzigkeit an Charidemus ergangen / mir höchlich mißfället / wolte auch solche /da mirs möglich gewesen / gerne hintertrieben haben; wiewol ich gänzlich gläube / mein Gott habe es also geschicket / dessen Gerichte / ob sie gleich zu zeiten verborgen / doch niemahls ungerecht sind. Bitte demnach / meine in Ehren höchstgeliebete Freundin wolle ihren Willen in Gottes Willen stellen / und mit dessen Ordnung friedlich seyn / und versichere sie / daß ihr jetziger Bräutigam gegen sie viel ehrerbietiger und höflicher / als Charidemus / sich bezeigen wird. Den übergeschikten Ring habe ich von meinem Diener empfangen / uñ alsbald an diesen Finger gestecket /welcher mir an stat einer stetswehrenden Erinnerung dienen sol / wie viel ich meiner allerliebsten Freundin und Lebens-Retterin schuldig bleibe. Fr. Euphrosyne sahe ihn mit höchster Verwunderung an / kunte seiner freundlichen Blicke und Reden sich nicht ersättigen /und antwortete ihm gar züchtig: Durchleuchtiger Fürst; Gnädiger Herr; ich möchte wünschen / eigentlich zuwissen / mit wem ich rede / damit ihm die gebührliche Ehre und Auffwartung von mir könte geleistet werden; weil ich aber [394] weiß / daß Ihrer Gn. nicht gefällig ist / erkennet zuwerden / gebühret mir nicht /hiernach zuforschen. Nun schreibet ihre Gn. mir dero Erlösung zu / aber ich sehe nicht / warumb. Zwar daß auff mein Anhalten / diese krafftigen Arme (die sie ihm züchtig anrührete) ungebunden blieben sind /rechne ich vor das beste Werk / welches ich je begangen; aber ihre ungläubliche Stärke hat die Errettung selbst zuwegen bracht. Die Grausamkeit meines gewesenen Eheherren (hier fing sie an zu weinen) hat meiner Seelen ungläublichen Schmerzen verursachet /und fehlete wenig / ich währe vor Angst nider gesunken / daß ich mein Mitleiden nicht durffte merken lassen / wie wol meine wässerige Augen dessen etwas Anzeigung geben kunten; würde mir auch der Tod lieber / als die Zeitung gewesen seyn / dz Charidemus Urtel währe volstrecket worden; und weil mir unmöglich wahr / mich über euer Gn. Flucht so betrübt anzustellen / als Charidemus es gerne gesehen hätte /habe ich deßwegen nicht allein viel Scheltworte und harte Schläge in kurzer Zeit annehmen / sondern /welches mir ungleich mehr zu Herzen ging / solche schmähe- und ehren-rürige Worte einfressen müssen /deren ich noch diese Stunde nicht vergessẽ kan; habe ihm aber solches Zeit des Unglüks nicht geniessen lassen / sondern hätte ihm das Leben gerne mit aller meiner Haabseligkeit erkaufft; wie wol ich nicht willens wahr / bey ihm länger zubleiben; dann er hätte mich ohn zweiffel endlich ermordet; sondern wolte mich zu meines Vaters Bruder nach Athen erhoben /und bey demselben meine übrige Zeit zugebracht haben / welcher ein frommer alter Herr / uñ Christlichen Glaubens ist / wozu er mich gerne gebracht hätte / wañ Charidemus es hätte zugeben wollen / welcher mich auff solchen Fal öffentlich zuverbrenen dräuete. Meine in ehren geliebete Freundin / sagte er / ist auff sehr gutem Wege gewesen / und möchte wünschen /daß sie des Vorsatzes annoch währe / massen ich sie versichere / daß ausser diesem Christlichen Glauben kein Mensch die Seligkeit erlangen kan; dann ich bin auch ein Christ / und wünsche nichts mehr / als das alle meine Freunde darzu gelangen möchten. Die Frau hörete solches gerne / und versprach / nicht allein forthin als eine Christin zu leben / sondern auch ihm Markus eben dessen auff Gelegenheit zubereden. Worauf er ihr kurzen Unterricht des Christentuhms gab / und sie ermahnete / mit seinem Wirte Kundschafft zu machen / der ein guter und fein gelehrter Christ währe / und sie zu dem Lehrer daselbst führen könte. Sie versprach ihm solches alles zuverrichten /bedankete sich wegen der Befoderung ihrer Seligkeit /und kam nachgehends wieder auff ihr voriges / da sie baht / ihre Gn. möchten des wenigen Geldes halben so grosse Danksagung nicht leisten / nachdem sie ihm mit alle ihrem Vermögen herzlich gerne verbunden bliebe. Er bedankete sich des Erbietens / und begehrete von ihr / dafern seine Freundschafft ihr angenehm währe / möchte sie alle hohe Benennungen unterlassen / und mit ihm als einen vertraueten Freund und ihres gleichen umbgehen. Ich bin meinem Gn. Herren zugehorsamen schuldig / antwortete sie / dafern mir solches zu keiner unhöffligkeit außgeleget wird; Zohe hiemit eine köstliche Kette hervor / in deren jedem Gliede etliche teure Demanten versetzet wahren / welche Fürst Artaxerxes in Persen dem Parmenio geschenket / da er ihn zu einem Kriegs-Obristen bestellet / und auff 36000 Kronen geschätzet ward. Parmenio hatte sie ihr als seiner Schwägerin vor wenig Wochen verehret / wegen daß sie seine geworbene Knechte (die nun mehr alle verlauffen wahren) etliche Zeit gespeiset hatte. Diese Kette reichete sie ihm [395] in einem Seidenen Tüchlein / und sagete: Mein hochwerter Herr (weil eure Gn. von mir keiner höheren Benennung kan gewärtig seyn); dieses hat mir Parmenio ehemahls geschenket / welches ich niemande zugedacht habe als ihm / und bitte ehren-dienstlich / es von mir als einen Nohtpfennig anzunehmen; dann weil ich merke / daß mein Herr sich weit in die Morgenländer zubegeben willens ist / und man allemahl in der Fremde keine Wechsel haben mag / möchte es dereins demselben zu steuer kommen / nachdem mans ohn alle hindernis unter den Kleidern tragen und verbergen kan. Sie wolte ihm aber von Parmenions Geldern / die bey ihr stunden / nichts sagen / dann sie befürchtete sich / er möchte ihr dessen gar zu viel schenken. Valikules wegerte sich des annehmens nicht / sagete doch / dafern ers nicht zuvergelten hätte / würde er solche Geizigkeit nicht spüren lassen; steckete ihr nachgehends einen gar schönen Ring an ihren Finger /welchen er zu dem Ende enigekaufft hatte / und sagete: Er wolte sie hiemit ihm als eine Christliche Freundin verbinden / daß ihre ehrliebende Freundschafft Zeit ihres Lebens nicht getrennet werden solte: hoffete / sie würde ihm zum Gedächtnis denselben nicht lassen von sich kommen; gab ihr überdaß auch dz Ringelein zuverwahren / welches er vor diesem Frl. Valisken zugeschikt / und von Neklam wieder bekommen hatte / und sagete: Meine werte und geliebete Freundin; ich gebe ihr dieses auffzuheben / welches einer gebohrnen Königlichen Fräulein zustehet / die ich zuerlösen suche; bitte gar sehr / es so lange in obacht zu haben / biß ichs mit einem viel besseren wieder außwechseln werde. Sie kunte auß dieser Rede leicht schliessen / daß er sehr hohes Fürsten Standes seyn müste / wolte sichs aber nicht merken lassen / uñ versprach / es bey sich wol auffzuheben / biß sie es entweder ihm / oder dem Königl. Fråulein sebst würde einliefern können; wünschete ihm Gottes Hülffe und Gnade zu seinem Vorhaben / und muste er ihr versprechen / neben dem Fräulein auff der Rükreise sie zubesuchen. Sie hatten sonst ihr Gespräch miteinander biß an den Mittag / da er einen freundlichen Abscheid von ihr nam / sie umbfing / und der Gnade seines Heylandes sie befahl / weil er nicht meinete /daß er sie wieder sprechen würde. Markus kam bald hernach zu Hause / und ward von seiner Liebsten freundlich empfangen / die er in mehrer Fröligkeit antraff / als bißher ihre Gewohnheit wahr. Des folgenden Tages ritte Valikules mit Gallus nach dem Hafen / umb zuerforschen / ob nicht Gelegenheit nach Syrien zu schiffen währe; traff aber nur ein Schiff an / welches über sechs Tage nach Kreta segeln wolte / woselbst man / des Schiffers Bericht nach / fast täglich Gelegenheit nach Syrien haben könte. Er beklagete sehr / daß er die Zeit daselbst vergeblich zubringen /uñ von seiner Reise abgehalten werden solte / welches er doch nicht endern kunte. Es funden sich diesen Morgen in seiner Herberge acht Griechische Ritter an / welche XXIV wehrhaffte Diener bey sich hatten /Valikules aber blieb stets in seiner angestrichenen Farbe samt Gallus / daher diese ihn vor einen ganz fremden und erst ankommenden hielten. Bey der Mahlzeit verübeten sie zimlichen Pracht / daß sie dem Wirte fast alle seine Speisen / die doch untadelich wahren / verachteten / und das beste ihren Hunden vorworffen / welches ihnen der Wirt endlich nicht übersehen kunte / sondern ihnen dürre unter die Augen sagete / er hätte nunmehr XVI Jahr lang redliche Leute beherberget / aber solchen Frevel hätte ihm noch kein Mensch gebohten / und weil er solchen in seinem Hause nicht erdulden wolte / solten sie ihm die auffgetragenen Speisen bezahlen / und sich [396] nach anderer Herberge umbtuhn. Der Vornehmste unter ihnen wolte ihn mit Scheltwort angreiffen / aber er gab ihm zur Antwort; dafern er sich zu krauß machen würde / müste er bey der Stad Obrigkeit Schuz suchen; sie solten ihnen ja nicht einbilden / daß man in Korinth ihnen Freyheit gönnen würde / einigen Inwohner zubeleidigen. Worauff diese es näheren kauffs gaben / aber zu Valikules Ursach sucheten / weil derselbe nicht allein von dem Wirte mehr als sie geehret und genöhtiget ward / sondern auch so viel darzu geredet hatte / daß wan die Speisen ihnen nicht gefielen / möchten sie es dem Herrn Wirt gütlich anzeigen /und die Gaben Gottes nicht den Hunden vorwerffen. Welche erinnerung sie nicht wenig verdroß. Es fing aber einer von ihnen an / den Wirt zu fragen / ob er sie nicht berichten könte / auff welcher Gasse und in was behausung man den Römischen Ritter antreffen möchte / welcher des löblichen Herren Charidemus junge Wittib als einen freien Raub mit sich genommen hätte / und deren mit Gewalt mißbrauchete. Ich weiß von einem solchen unredlichen Ritter nicht / antwortete Amyntas der Wirt / aber daß weiß ich wol /daß Charidemus aus erheblichen Ursachen von dem Römischen Gesanten zur Straffe gezogen / auch dessen Witbe sich gutwillig unter dessen Schuz und Gehorsam gegeben hat. Hierüber / antwortete der Vornehmste / habt ihr nicht zurichten / und werden sich dessen schon andere als ihr / annehmen; gebet uns nur Nachricht wo wir den rauberischen Entführer antreffen mögen. Valikules vernam hieraus / daß sie Rache an Markus sucheten / und entschloß bey sich selbst /sich seiner nach mögligkeit anzunehmen / lies aber sich dessen anfangs nicht merken / sondern sich stellend ob blutete ihm die Nase / ging er hinaus / und folgete ihm Gallus / dem er befahl / was er gleich alsbald Markus in seiner vorigen Kauffmans Gestalt vortragen solte; er aber / nach dem er sich zum Schein gewaschen hatte / ging wieder hinein zu der Geselschafft / welche inzwischen von dem Wirt zu wissen begehreten wer dieser junge Kerl währe; welches er mit wenigem beantwortete; er währe ein Römischer Herr und Ritter / redlich und from / welcher erst gestern angelanget / und bald wieder fortgehen würde. Als Valikules wieder hinein trat / stellete er sich ernsthafftig / und baht den Wirt / ob er etwa von einem Römischen Ritter gehöret hätte / welcher solche Untaht begangen / dessen ihn diese Herren zeiheten / möchte er ihm solches unbeschwert melden; er vor sein Häupt wolte nicht hoffen daß Römische Ritter solche Bubenstük begingẽ / doch wann es geschehen währe / wolte ers vielmehr rächen als entschuldigen / ungeachtet er selbst ein Römischer Ritter währe. Der Vornehmste unter den Griechen / Nahmens Aristodemus / antwortete ihm; der Rache halben dürffte er unbekümmert seyn / nachdem sie dieselbe auff sich genommen hätten. Valikules aber taht anfangs / als hörete ers nicht / und gab acht auff Amyntas Antwort / welcher zu ihm sagete; ja mein Herr / ich weiß zwar / daß ein Römischer Ritter / nahmens Herr Markus /vor wenig Tagen hieselbst mit gedachter Wittiben ankommen ist / welche bey dem Raht hieselbst angesucht / ihr zu gönnen / daß sie eine Zeitlang in ihrem gemieteten Hause bey uns wohnen möchte / und sol gedachter Ritter bey ihr seyn / nicht als ein gewalttähter / sondern als ein Freund. Ja wol als ein Freund / redete der andere Grieche / nahmens Eubulus darzwischen; nachdem sie geschändet ist / muß sie wol auß der Noht eine Tugend machen / damit sie bey ehren bleibe. Valiukles wolte dieses noch nicht beantwoten / sondern fragete den Wirt von wannen[397] dieser Ritter Markus möchte kommen seyn; Von Padua / antwortete er / mit Herrn Fabius dem Römischen Gesanten / dessen Schiffs-Hauptmann er seyn sol. So ist Herr Fabius mein Freund / und Ritter Markus mein guter Bekanter und MitRömer / anjetzo in dieser Landschafft? sagete Valikules / als mit verwanderung; Gewißlich ihr Herren / redete er zu den Griechen / ihr werdet von diesem Ritter unrechten Bericht eingenommen haben / dann zu solcher unverantwortlichen Untaht daß er ädle ehrliebende Weibesbilder schänden und entführen solte / ist er viel zu redlich. Archidas der dritte fragete ihn / was er sich hierumb zugeheihen hätte / sie wolten dem Entführer seine Untaht mit dem Schwerte schon überbringen. Einem redlichen Ritter / antwortete er / muß man von keinem geheihen sagen; und möchte er wol wissen / daß er willens währe sich seines Freundes und guten bekanten anzunehmẽ / dafern er würde unschuldig seyn; wo nicht sollet nicht ihr / sondern seiner Obrigkeit Schwert die gebührliche Rache verrichten. Ich gläube / sagte Theellus der vierde Grieche / ihr werdet euch unterstehen wollen / der freien Griechischen Ritterschafft neue Gesätze vorzuschreiben / uñ ihre löblichen Gebräuche auffzuheben. Mit nichten / antwortete er / sondern ich wil helffen arbeiten / daß ein nicht minder freier Römischer Ritter vor Ungebühr befreiet bleibe. Auff was Weise gedenket ihr solches ins werk zurichten? fragete Speusippus der fünffte. Auff alle gebührliche und wol zulässige / welche dem Ritterstande weder Schimpff- noch verkleinerlich sind / antwortete er. Ist dann hierunter ein ritterliches Treffen mit verstanden? fragete Philippus / der sechste. Ja /warumb nicht? antwortete er / wann ich auff gütlichere Weise nicht könte davon kommen / müste ich mich billich meiner ritterlichen Freyheit / daß ich mich wehren darff / erinnern. Es gehet aber in Griechenland mit dem ritterlichen Gefechte scharf daher / sagte Evagoras der siebende. Wans nur redlich und ohn hinterlist zugehet / antwortete er / so tuht billich ein jeder sein bestes; habe aber von meinem Herrn Wirt verstanden / daß es mit dem Kampf zwischen den fremden Ritter und Parmenio / nicht gar zu redlich sol zugangen seyn / da dieser seine Knechte zu hülffe geruffen hat. Wie ist euer Nahme / der ihr dieses reden dürffet? fragete der achte und lezte / Phayllus. Meinen Nahmen leugne ich nicht / welcher Julius Probus heisset / und daß ich die Warheit rede / wird mir kein Mensch verübeln / viel weniger verbietẽ / sagte er. Ich möchte wünschen / sagte Aristodemus der erste / daß euer Freund Markus bey euch währe / dañ könte man euch beyden auff einmahl antwort geben. Ist die Antwort auf Billigkeit gegründet / so wil ich sie in unser beyder Nahmen anhören / antwortete er / und bescheidentlich wieder antworten. Griechische Ritter gehen mit keiner Unbilligkeit ümb / sagte Eubulus / und wer sie dessen zeihen wolte / müste drüber zuschanden werden. Ich ehre die Griechische Ritterschaft gebührlich / antwortete er / uñ sage beständig / wer so frevelhafft seyn / und eines ganzen Landes Ritterschafft schelten wolte / müste billich in stücken zurissen werden. Daß aber unter eines ganzen Landes Ritterschafft nicht zu zeiten ein oder ander reudig Schaff solte gefunden werden / wird kein Verständiger leugnen / dem die Welt nur ein wenig bekant ist. Wann wir mit unter die Redlichen eingeschlossen werden / sagte Archidas / gehet uns das übrige nichts an. Und weil von den anwesenden Herren ich weder gutes noch böses weiß /antwortete er / nachdem sie mir unbekant sind / halte ich sie billich so lange vor redlich / als mir nicht ein schlimmers vorkomt / ja ich trage [398] zu ihnen samt und sonders das Vertrauen / die meinem Freunde Markus und mir / zugedachte Antwort werde nicht unredlich seyn / weil wir uns keiner Unredligkeit bewust sind /ausser daß ich die ietzige Beschuldigung meines Freundes biß dahin aussetzen muß. Das erste ist was scharff / das andere wird sich finden sagte Theellus /wann nur der Tähter an Tages Liecht komt. Ein Hausdiener foderte hieselbst Valikules hinaus / da ihm Gallus von Markus antwort brachte; er bedankete sich gegẽ ihn / als einen Unbekanten ganz dienstlich / daß er seine Ehr als eines Abwesenden hatte retten / und zugleich zu seinem Beystande sich anmelden wollen; die begehrete X Soldaten und XXVI gewapnete Schiffknechte würden bald verhanden seyn / alsdañ er sich einstellen / und seine Unschuld ritterlich handhaben wolte. Fr. Euphrosyne wahr hierüber sehr bekümmert / merkete aber leicht / daß Herkules in unbekanter Gestalt sein Leben neben Markus zu ihrer Ehren-Rettung wagen wolte; doch suchte sie Gelegenheit / es in der Güte beyzulegen / und machte sich fertig / nach Herkules Herberge zufahren / ümb zuvernehmen / wer dieser boßhafften Verleumdung Stiffter währe; welches ihr Markus nicht wehren durffte. Als sie in die Essestuben trat / und zwar in ihren Traurkleidern /wolten die Griechen auffstehen / und sie empfahen; aber sie redete also zu ihnen; ihr Herren Schwägere /bleibet stille an eurem Ort sitzen / wo ihr sonst nicht wollet / daß ich ungeredet wieder hinweg gehen sol; ich werde vertraulich berichtet / ob finde sich einer oder ander unter euch / der über einige Gewalt und Ungebühr klaget / welche mir an meinem Leibe und an meiner Ehre solte angefüget seyn. Diesem wiederspreche ich hiemit beständigst / und sage / daß wer solches redet / habe es als ein schändlicher Verleumder und gottloser Ehrendieb vorgebracht / der mir auch solches beweisen / oder davor leiden sol. Stille mit solcher Pfeiffe / sagte Aristodemus; ihr seyd hierzu abgerichtet / ihr Ungeträue / und wollet dadurch eure Untugend beschönẽ / welche wir bißher vertuschet / uñ alle Schuld auff den Tähter geleget haben. Ich kenne euch wol / Aristodemus / antwortete sie /aber gedenket nur nicht / daß ich mich vor euch fürchten werde / nun ich zu Korinth bin; ümb euret / und eures gleichen willen / habe ich mich von meinem Schlosse hinweg gemacht / weil ich nicht zweifelte /ihr würdet dasselbe vielmehr in meinem Witwenstande bey mir suchen / wessen ihr euch schon / da ich verheyrahtet wahr / durfftet gelüsten lassen. Und ihr ehrlicher Eubulus / wer hat euch so kühn gemacht / hieselbst zuerscheinen / und mich einiger Ungebühr zubeschuldigen? Ist euch die Rückenwunde zugeheilet / welche euch vor sechs Wochen Herr Charidemus Seel. schlug / da ihr euch gegen mich so unzüchtig bezeigetet? Frau / Frau / sagte Archidas / nicht zu grosse Zungen Freyheit. Ja du bist wol ein ehrlicher Geselle / antwortete sie / könte dein Eheweib das fromme unschuldige Herz wieder von den Todten auferstehen / darin du sie durch schändlichen Meuchelmord gestürzet hast / soltestu des Büttels Hand nicht entlauffen. Was habt ihr dann auff mich zusprechen? sagte Theellus. Ist einer unter euch redlich / so seyd ihrs wol alle / antwortete sie / und wundere ich mich /wie dieser Drek sich so schleunig wieder ein ehrliches hochbetrübtes Weib zusammen geschlagen hat. Das ist zuviel / sagte Speusippus / eine ganze ehrliche Geselschafft zuschänden. Jawol eine ehrliche Geselschafft / antwortete sie / gönne du mir nur Zeit / so wil ich deine Mordtahten dir leicht überbringen; und eben du bist derselbe / der meinen gewesenen Ehherrn wieder mich verhetzet / und ihm den mördlichen Anschlag gegeben / wie er durch des erschlagenen [399] Nikokles Verrähterey / des Parmenions überwinder in seine Gewalt bekommen / und sich an ihm rächen könte. Aber was zanke ich mich mit einem so schlimmen Wuhst; ihr übern Hauffen seyd meines Gesprächs nicht wirdig / noch daß ein redlicher Ritter sein Schwert gegen euch entblössen solte. Hernach wendete sie sich gegen Valikules / erkennete seine Verstellung / und redete ihn also an: Hochädler und VesterRitter / ob zwar der redliche Ritter Markus /nicht ersinnen kan / was vor ein grosser Freund sich gegen diese Verleumder seiner so geträulich angenommen / so erkennet er solches doch vor einen solchen Dienst / welchen er nicht anders / als mit seinem Blute zuersetzẽ weiß. Ich vor mein Haupt rede alhie als vor dem Angesicht des allerhöchsten warhafftigen Gottes / daß weder Ritter Markus noch einiger ander Römischer / mir nicht die allergeringste Kränkung meiner Ehren zugemuhtet habe / sondern nachdem ich von dem Römischen Herrn Gesanten verständiget worden bin / wie hoch Römische Käyserl. Hocheit /unter deren Gebiet ganz Griechenland ist / durch die Verurteilung des fremden jungen Ritters beleidiget sey / habe ich mich unter dessen Schutz ergeben /damit ich beydes an Ehr und Gütern möchte unbeleidiget bleiben / denen beyden zum wenigsten viere unter diesen Schelmen würden nachgetrachtet haben. Hochädle / mir biß daher unbekante Frau und Freundin / antwortete Valikules; Ich / nahmens Julius Probus / ein Römischer Ritter / vernehme ungerne die schlimmen Benahmungen / mit welchen gegenwärtige acht Ritter von eurer ädlen Tugend angesehen werden; welches ich / als der ich ihr Richter nicht bin / dahin muß gestellet seyn lassen; und hoffe ich / es werden dieselben / von euch so übel geneñete / nunmehr sich nicht wegern / die Antwort hören zulassen / welche sie Ritter Markus und mir versprochen / so wil ich mich in unser beyder Nahmen darauff gebührlich her aus lassen. Aristodemus winkete Phayllus / sich zuerklären; Welcher / weil er das Maul wol zugebrauchen wuste / also anfing. Wann der frechen Weiber Art mir unbekant währe / sonderlich deren / die ihres alten Ehherrn müde / nach einem jungen sich umsehen /würde ich mich über der Kakophrosynen (also verkehrete er ihren guten Nahmen) LästerMaul biß auff die Ohmacht entsetzet habẽ; Weil aber die ganze Welt solcher Schandhuren Brauch kennet (O du Schelm! sagte Euphrosyne / er aber fuhr fort) / ist unnöhtig diesen garstigen und übelstinkenden Drek zutreten / damit er nicht noch weiter redlichen Rittersleutẽ unter das Angesicht sprütze. Euch aber Julius Probus wie ihr euch nennet / und eurem unredlichen Gesellen Markus gebe ich hiemit die begehrete Antwort / daß wir acht ehrliche Ritter wider ihn und alle /die sich sein annehmen / es mit unserm Speer und Schwert nach wolhergebrachter Ritters-art / behäupten / und darlegen wollen / daß er mit diesem Schand-Balg / unter der Zeit / da ihr ehrlicher und unschuldiger alte EhHerr Charidemus zum unbillichen Tode ist hinaus geführet worden / sich in geiler Unzucht erlustiget habe; Welches / weil es zur höchsten Beschimpffung des ganzen löblichen Griechischen Adels gereichet / kan es von uns / als des Hochseel. Herrn Charidemus nahen Anverwanten und Blutfreunden /ungerochen nicht gelassen werden. Euphrosyne fing an: Und wann mir dieser acht Schelmen Bosheit nit so helle und klar vor Augen stünde / müste ich vor Angst vergehen; weiß aber / Gott Lob / daß ich solcher Beschuldigung so ferne bin / als wahr der gerechte Gott lebet / welcher auch / wie mir mein Herz es saget /diese Gottlose und Ehrvergessene Buben ungestraffet nicht lassen [400] wil. Aedle Frau / sagte Valikules / redet ihr dieses mit reinem Gewissen? Ja mein Herr / sagte sie ganz freidig / so wahr ich gedenke dereins vor des allerhöchsten Gottes Angesicht wol zu bestehen; wil mich auch nicht wegern / die allergrausamste Pein über mich zunehmẽ / wann ich von diesen Ehrendiebẽ einiger Unzucht kan überwiesen werden; die ietzige Verleumdung betreffend / kan ich meiner Leibjungfer und anderer Dienerinnen Zeugnis vorbringen / daß biß an diese Stunde ich kein Augenblik mit Ritter Markus allein gewesen / habe auch allemahl zum wenigsten drey oder vier Weibesbilder so wol bey Tage als Nachte umb mich gehabt. Wolan / sagte Valikules / ich muß dieser hohen Beteurung billich gläuben /biß das Widerspiel hell und klar erwiesen werde. Wer hat euch aber zum Richter gesetzet? sagte Aristodemus; ich gläube nicht / daß der geringste Bube sich eurem grauen Häupt untergeben werde. Ich begehre auch in dieser Jugend noch keines grauẽ Häuptes /werffe mich eben wenig zum Richter auff / antwortete er; aber dieser ädlen Frauen / die ich vor ehrlich und unschuldig halte / mich anzunehmen / zwinget mich mein Ritterstand / bey dessen Antretung ich äidlich angelobet / alle elende Weibesbilder unter meinen möglichen Schutz zufassen; deswegen erbiete ich mich / dafern ihr Achte / die ausgestossene Verleumdung wider diese Tugendreiche Frau nicht wieder ruffen / und derselben gebührlichen Abtrag machen werdet / wil ich mit meinem Schwert und Speer wider euch alle / einen nach dem andern / behäupten / daß ihr durch solche schändliche Verleumdung euren Ritterstand verunehret / und euch desselben allerdinge unwirdig gemacht habet. Und gesetzet / ihr hättet etwas unzimliches von ihr gewust / hättet ihr doch sollen auff andere / als solche weise verfahren. Erkennet ihr mich nun als einen Römischen Ritter wirdig eures Speers und Schwerts / so stellet euch auff den fall eurer beharlichen Beschuldigung / gegen mich /nach der Ordnung / wie ihr mit mir die erste Rede gepflogen habet / doch also / daß der lezte / welcher auch vor dißmal der Worthalter in grosser Kühnheit gewesen ist / den Anfang mache; Da es mir aber in dieser vermeyneten guten Sache / wider euer einem oder andern mißlingen solte / alsdann und nicht ehe /sol mein Freund Markus Macht haben / seine Ehr und Ritterlichen Leumut wider euch auch zuverfechten. Mein Herr / sagte Fr. Euphrosyne / mit was vor Gehorsam kan ich unwirdige dieses hohe Erbieten im wenigsten ersetzen? Weil aber das Ritterliche Wort gesprochen ist / nehme ichs billich an / nur das ich im Nahmen Ritter Markus sehr bitte / ihm an solchem Kampffe auch Teil zugönnen. Bekü ert euch nicht /meine Freundin / sagete er; ist eure Sache so gut / als ihr saget und ich gläube / alsdann wird mir Gott die Krafft verleihen / nicht nur diesen achten / sondern zwanzigen ihres gleichen / eine Reue ihrer Verleumdung anzubringen. Ich möchte auch gerne redẽ / sagete Aristodemus. Es ist euch erläubet / antwortete Valikules. Dieser eiferte sich darüber und fing an: So höret dann / ihr stolzer Narr: Es ist der Kampff auff begehrete weise von uns angenommen / wiewol michs verdreust / daß ich der lezte in der Ordnung gesetzet /und also alles Streitts enthoben bin. Dieser waschhafften unverschämten Huren und EhrenDiebin Boßheit sol bald an Tageslicht kommẽ / und werdet ihr viel zu späte beseuffzen (dann zur Klage wird keine Zeit übrig seyn) daß ihr diesem Balg so leicht gegläubet / und unsere Tapfferkeit so liederlich geschätzet habet. Mein / ihr scheltet und dräuet / antwortete Valikules; aber ich hoffe vor Abends noch sehen zulassen / ob ihr ursach habt / mich vor [401] einen stolzen Narren ausruffen; sonsten eure Tapfferkeit / wo die nit grösser / als eure Höfligkeit ist / wird sie mir wenig schrecken bringen. Aber wz vor Bedingungen unsers Kampfs setzet ihr? Keine gelindere / antwortete Eubulus / als daß der überwundene den Tod / oder die Leibeigenschafft willig annehme. Wol! sagte Valikules / ich gelebe eures Willens. Fr. Euphrosyne sagte zu jenem: Ich hoffe zu Gott / du solt hie nicht ein Eubulus (heist ein guter Rahtgeber) sondern ein Kakobulus (heisset ein böser Rahtgeber) an deiner seite seyn. Bekü ert euch weiters nicht / meine Freundin /sagte Valikules zu ihr / sondern zeiget meinem Freunde / Ritter Markus an / ich habe ursach / mich vor ihm zuverhehlen / deßwegen sey mein begehren an ihn /mich zur Offenbahrung meiner selbst nicht zunöhtigen / sondern unter gutem Schutze / umb unredlichen überfall zuverhüten / vor dem NordenTohre sich finden zulassen / woselbst ich auch erscheinen /und meinem Worte nach Mögligkeit Krafft geben wil. Ihr Ritter aber / befahret ihr euch an meiner seiten ganz keiner Unredligkeit / doch enthaltet euch deren auch nach Gebühr. Mein Herr / sagte Amyntas der Wirt / besorget euch dessen gar nicht; ich habe dem Rahtmeister schon die Sache angedeutet / welcher 100 bewehreter Mann auffbieten lässet / den Kampffplaz vor aller Unbilligkeit zubewahren. Wolan / antwortete er / so gehe ich hin mich zuwapnen / und mich auff Wunden zu schicken. Hastu genug / rief ihm Archidas nach / wann ein jeder dir eine einzige anbringet? Werde ich recht getroffen / sagte er / kan mich ein Stoß oder Hieb niderlegen. Fr. Euphrosyne wahr schon hinweg gangen nach ihrem Markus / welcher auff angehörete Erzählung sie herzlich baht / ihm zuoffenbahren / was vor ein Angesicht der fremde redliche Ritter hätte; welches sie geträulich verrichtete. Worauff er sagete: es währe ihm unmöglich / auszusinnen / wer dieser Julius Probus währe. Seine Soldaten und Schiffknechte kahmen in grosser Eile / machten sich mehrenteils beritten / und geleiteten ihn hinaus. Es wahr aber eben derselbe Platz / woselbst Valikules des mörderischen Akusilaus Oheimben nidergelegt hatte. Bald darauff stelleten sich die acht Ritter mit ihren Dienern auch / und ritte Valikules nahe hinter ihnen her / von XL bewapneten Bürgern begleitet /machte sich hin zu Markus / und mit verstelleter Heiserigkeit und auffgeschlagenem Helme redete er ihn also an: Mein Herr / er verwundere sich nicht / daß ich ihn / und er mich nicht kennet / zu seiner Zeit werde ich mich melden / und er solches zur Unzeit von mir nicht begehrẽ. Wir wollen hieselbst die Zeit mit langem Gespräche nicht zubringen / uñ habt ihr diesen Verleumdern vor dem Gefechte etwas anzumelden / werdet ihrs kürzlich verrichten / doch daß mir durchaus der erste Kampff verbleibe / damit ich nicht angesehen werde / ein mehres geredet zuhaben /als ich zutuhn willens. Ich verbleibe meines Herrn Gehorsamer / antwortete er / und sage ihm mit einem Worte Herzens-Dank vor seinen Beystand; Ritte hier auff mit aufgeschlagenem Helme gegen die Griechischen Ritter / und redete sie also an: Ich bin berichtet / daß ihr Achte / mich einer Ungebühr gezihen habt /die ich mit der ädlen Fr. Euphrosynen / dort auff jenem verdecketen Wagen haltend / sol begangen haben. Ich widerspreche solcher schändlich-erlogenen Verleumdung / und weil meinem Beystand ich nicht vorgreiffen darff / erbiete ich mich / nach dessen Kampffs Endigung / alles dasselbe mit meinem Sveer und Schwert / durch des reinen Himmels Beystand zuleisten / welches zur Rettung meiner Redligkeit / welche ihr ohn alle Ursach schändet / von mir erfodert wird. Gib dich [402] zufrieden / du Ehebrecher / sagte Aristodemus / es sol dir nur gar zu früh kommen / was du suchest. Du Schänder leugest / antwortete er / welches ich durch des Hi els Hülffe offenbahr machen wil. Es wolte Valikules die Zeit zulange wehren / deßwegen winkete er dem Phayllus mit dem Speer / welcher grosse Ehre einzulegen hoffete / aber da es zum treffen kam flohe er über den Sattel hinter sich / als hätte ihn der Wind herunter gewehet; doch ehe sein Feind den Lauff geendet hatte / stund er auff den Füssen / weil er unbeschädigt blieben wahr. So bald Valikules bey ihm anlangete / stieg er ab / trat ihm entgegen / und sagete: Du bist ein besserer Schänder und Springer /als Stecher; laß aber auch sehen / was du vor ein Fechter seyst. Damit ging er mit solcher Krafft auff ihn loß / daß er alsbald hinter sich zu weichen gezwungen ward. Weil er dann nicht lange mit diesem unerfahrnen zubringen wolte / betäubete er ihn mit wenig kräfftigen Schlägen / rennete ihn mit seinem Schilde zu bodem / beraubete ihn des Schwerts /Schildes und Helmes / und gab ihm mit dem Knopffe seines Schwerts einen Stoß wider die Stirn / daß ihm geschwand; worauf er zween Schiffknechte zu sich foderte / welche ihn binden / und an Fr. Euphrosynen Wagen führen musten. Sie hielt auff einer nahen Höhe / da sie allen Verlauff sehen kunte / verwunderte sich des schleunigen Sieges / und sagete zu dem gefangenen: Sihestu nun Phayllus / vielmehr Phaulus (heisset ein Nichtiger) zunennen / was gestalt der gerechte GOtt den falschen Lügenern das Maul zu stopffen pfleget. Ich hoffe / sagte dieser / meine Gesellen werden mich schon loßmachen / und meinen Unfall / der mir wegen meines Fiebers zugestossen / gebührlich rächen. Du kanst noch nicht auffhören zu lügen /sagte sie; kehrete damit ihr Gesicht nach der Streitbahn / und sahe den Evagoras sich schon im Sande krümmen; massen als die Griechen sahen / daß der Anfang an ihrer Seite so schlecht und unglüklich wahr / ritten sie zusammen / und ermahneten sich unter einander zur vorsichtigen Tapfferkeit / welche jeztgedachter Evagoras bedacht wahr zuerweisen /aber Valikules traff ihn mit dem Speer in den Unterbauch / dz ihm das Eisen gar hindurch ging / uñ im Leibe steckẽ blieb / welches diesem einen geschwinden Tod verursachete / so daß nach dreymal wiederholetem Ja er- und Wehgeschrey / ihn der Todesrampf zu ihen begunte. Valikulus meynete nit /dz er so hart verwundet wäre / ritte zu ihm / stieß ihn mit dem überbliebnẽ stücke seines Speers an / uñ fragete / ob ihm nit gefallẽ könte / sein Schwert zuergreiffen / sahe aber / dz er schon mit dem Tode rang /uñ ließ ihn ligen. Philippus / der dritte in der Ordnung / entsetzete sich über diesen Unfal / und als er loßbrechen wolte / sagte er zu seinen Gesellen: ich fürchte /der heutige Tag habe keinen Griechischen / / sondern einen Römischen Gott zum Auffseher / daher dürffte uns das Wasser über die Körbe gehen; solte ich nun unten liegen / würde ichs zu spät bereuen / daß ich mich von dem jetzt ertödteten Evagoras zu diesem bösen Vornehmen habe verleiten lassen. Valikules traff ihn / daß er mit samt dem Pferde übern hauffen fiel / und daß linke Bein rein abbrach / daß es unter dem Knie bammelte / daher er ein jämmerliches Geheule trieb / da sein Obsieger zu ihm nahete und ihn zum Streit auffmahnete / welcher als er ihn so beschädiget sahe / rieff er etliche Schiffer herzu / die ihn weg tragen musten. Fr. Euphrosyne empfing ihn mit diesen Worten; Euch Philipp habe ich vor ehrlicher angesehen / als daß ihr in solche Schelmstücken euch soltet haben eingemischet / zweiffele auch nicht / ihr seid von anderen darzu verleitet. Dieser kunte wegen Schmerzen [403] nicht antworten / und ließ sie einen Arzt herzuruffen / welcher ihn verbinden muste; der ihm aber diesen Trost gab; es müste ihm das Bein abgeschnitten werden / oder ungezweiffelt würde er sterben. Nach dieses Niderlage ritte Markus hin zu Valikules / wünschete ihm Glük zum dreyfachen Siege /und baht ihn sehr inständig / daß ihm gegönnet seyn möchte mit dem vierden ein treffen zutuhn; welches ihm endlich erläubet ward. Dem Griechen Speusippus wahr hierzu sehr liebe / traffen auffeinander und hielten beyderseits redlich aus / daß die Speere in stücken brachen / daher sie zu den Schwertern griffen / und beherzet gnug auffeinander schlugen; aber Markus gute Sache und Erfahrenheit behielt die Oberhand /daß er ohn Wunden blieb / und sein Feind dergestalt an unterschiedlichen Orten getroffen ward / daß ihm alle Krafft entging / daher er ihm im Falle nachsprang / und durch abschneidung der Gurgel ihm das lezte Ende beybrachte. Die Reihe traff nunmehr den hochtrabenden Theellus / welcher sich bey den ersten beyden Treffen befürchtete / ihm würde die Gelegenheit /seine Mannheit zubeweisen / von den vorgehenden entrissen werden / und nunmehr hätte er wol gewünschet mitten in Thrazien / in der Stad Nikopolis zu sitzen / von dannen sein Vater entsprossen wahr / in sonderheit / als er sahe / daß Valikules mit ihm anlegen wolte; endlich verkehrete sich die Furcht in ein Rasen / und weil er dem Speer gar nicht trauete /warff er solches von sich / fassete das Schwert / und setzete eiferigst auff seinen Außfoderer an / welcher sich ihm gleich bezeigete / und gar bald bey ihm anklopfete / daß er die wichtigkeit seiner Arme empfinden muste; er taht aber sein äusserstes / sich zuwehren / wiewol es ihm wenig halff / weil Valikules seinem Blute durch unterschiedliche Wunden Lufft machete /daß ihm die Wuht geleget ward. Ihr Buben / sagte unser Held zu ihm / wollet ihr Gott und der Warheit noch nicht die Ehre geben / und eure Boßheit bereuhen / müsset ihr gewißlich am verstande gar verblendet seyn. Dieser hatte noch gute Hoffnung auff Aristodemus gesetzet / und gab zur Antwort: ich bin mir keiner Boßheit bewust / ist auch nichts neues / daß das blinde Glük neben der guten Sache hinsihet. Wie gut deine sey / sagte Valikules / sol vor verlauff einer guten Stunde der Welt schon vor Augen stehen; schlug ihn damit über den Helm / daß ihm das Gehirn im Kopff erzitterte / und er vom Pferde stürzete /daher ihn drey Schiffknechte annahmen / und nach Fr. Euphrosynen hinleiteten / welche zu ihm sagete. Und du frecher Ehrenschänder mustest dich auch in diese Noht stürzen / dessen du sehr wol hättest können geübriget seyn. Das Glük ist rund / und aller Tage Abend noch nicht kommen / antwortete dieser; wiewol ich mich nicht zuerinnern weiß / daß ich wieder eure Ehre ichtwas geredet habe. Dieser Phaulus /sagte sie / ist eurer aller Mund gewesen / dessen kanstu dich erinnern. Markus hätte gerne noch einen gang mit dem folgenden Archidas gewaget aber Valikules baht ihn / sich zu mässigen / traff auch den jezt genanten daß er vom Pferde als ein Kläuel purzelte / behielt doch den Zaum an der Hand / und setzete sich wieder auff / daß er mit dem Schwerte schon fertig wahr / als Valikules zu ihm nahete / welcher zu ihm sagete: Bistu schuldig an der Ubeltaht / welche die redliche Fr. Euphrosyne dir unter die Nase gerieben hat / so gedenke nur daß deines ermordeten Weibes Blut gleich jetzo Rache von dir haben wolle. Dieser ward durch solche Erinnerung so bestürzet / daß ihm Muht und Krafft entging / und sich kaum auffrecht in den Stegreiffen halten kunte; taht auch keinen Hieb /sondern saß als ein erstarreter; [404] welches Valikules sehend / ihn vom Pferde warf / und zu ihm sagete: Bistu zum andernmahle auffgestiegen / dz du schimpflicher als vorhin abfallen woltest? Zween Schifknechte packetẽ ihn an / und brachten ihn zu den andern / da Fr. Euphrosyne zu ihm sagete: Komstu schändlicher Mörder deines eigenen redlichen Weibes? nun sihestu wie Gott endlich der Boßheit vergilt / ob sie gleich eine zeitlang frey durchläufft. Ja antwortete er / meines Weibes Geist schwebet mir vor Augen / und hat mich allerdinge wehrloß gemacht / drumb wünsche ich nur bald bey ihr zu seyn / damit ich mich an ihr rächen möge. Du wirst solcher Rache nach dem Tode wol vergessen / antwortete sie / da Gott selbst sich an dir rächen wird. Jezt muste Eubulus vor seinen Meister / welcher zu Aristodemus sagete: Ich bin leider nach Euphrosynen Wunsch und Weisagung an unsern sechs Gesellen zum Kakobulus (bösen Rahtgeber) worden / und trägt mir der Sinn vor mich selbst nichts bessers zu / zweiffele auch sehr / ob dirs zum Siege gelingẽ werde; drumb sage bald / wollen wir Gnade /oder den Tod suchen. Verflucht sey / wer an Gnade gedenket / gab jener zur Antwort; ich wil und kan mein Maul nicht zur Taschen machen / und hoffe /mein Blut sol mit des Feindes seinen vermischet werden / ungeachtet derselbe einem Teuffel ähnlicher als einem schwachen Menschen scheinet: Und O hätte Unglük uns nicht zu denselben geführet / wolten wir des andern sein Meister bald worden seyn. Nun so wil ich auch stehen oder fallen / antwortete Eubulus /legte das Speer ein und hilt sich so fest im Sattel / daß / wie hart ihn gleich sein Gegener traff / er doch sitzen blieb. Weil dann die Speere in stücken gingen / musten die Schwerter deren Mangel ersetzen / welches aber dem verzweiffelungs-nahendem Eubulus zu schwer fiel / so daß nach empfangenen dreyen Wunden / deren lezte ihn das Schwert zu führen undüchtig machete / er vom Pferde geworffen / und zu der anderen Geselschafft gebracht ward. Ey Gott lob / so empfing ihn Fr. Euphrosyne / daß böser Raht den Rahtgeber selbst mit getroffen hat. Er antwortete aber kein Wort / sondern ließ sich verbinden / und erwartete des außganges. Valikules ritte hin zu Aristodemus / und sagete zu ihm: Was deucht dich bey dem Narrenspiel / welches ich dir an deinen sechs Gesellen habe sehen lassen? meinestu noch / du werdest alles Streits befreiet seyn? Ja laß mich wissen ob du dich unter meine Gnade demühtigen könnest / so wil ich dich sehen lassen daß ich ja so barmherzig bin / als stolz du dich erzeiget hast. Ich habe alle dieselben verflucht / antwortete dieser / welche deiner Gnade begehren würden / und solte nun der erste seyn? ehe müsten du und ich in stücken zerhacket werden. Nun dañ sagte er / so müssen meine Schellen sich auch hören lassen / weil du dich selbst aller Gnade unwirdig machest. Also setzeten sie mit hinweg werffung ihrer Speere so grimmig auff einander / daß sie kaum Zeit hatten ihre Schwerter zuentblössen / da es dann ein sehr herbes Treffen gab / dann es wahr dieser einer von den vornehmstẽ Rittern in ganz Griechenland / er wehrete sich auch seiner Haut so emsig / daß Valikules sagte; Es ist Jammer daß du deine Kraff nicht in ehrlicher redligkeit anwenden solt / und kanstu noch demühtig werden / sol dir Gnade wiederfahren. Deine Gnade würde mir unleidlicher seyn / als ein tausendfacher Tod / antwortete er / und muß Aristodemus siegen oder sterben. Vielleicht deren keines / sagte Valikules / setzete auch viel eiferiger auff ihn an als vorhin /und glückete ihm / daß er ihn mit dreien Hieben an beyden Armen lähmete / warf ihn vom Pferde / uñ ließ ihn den übrigen zuführen / welche [405] ihn ersehend / vor Angst vergehen wolten. Fr. Euphrosyne redete ihn an und sagete; Du schändlicher Feind meiner Keuscheit /nun werde ich Gelegenheit finden dir zuvergelten /was du an mir getahn hast. Ist dirs nicht gnug du bübische Hure / antwortete er / daß ich gerne sterben wolte / und wieder meinen Willen Leben muß? Sie eiferte sich über solche Schmähung / daß ihr die Trähnen auß den Augen hervor drungen. Valikules aber kam zu ihr gesprenget / und mit auffgeschlagenem Helme sagte er zu ihr: Aedle Tugendreiche Frau / da habt ihr eure bübische Verleumder / so viel ihrer noch im Leben / welche Krafft ihrer eigenen Urtel und wahl in den Stand der Leibeigenschafft gerahten sind; weil dann der gerechte Gott eure gute Sache an den Tag gebracht / und eure Lästerer zu schanden gemacht hat / sind sie euch hiemit vor eure Leibeigene übergeben /mit ihnen nach belieben zu schalten. Ich bedanke mich von ganzem Herzen / mein Herr / antwortete sie / und bitte Gott / daß er euren Waffen wieder alle eure Feinde kräfftigen wolle / damit durch deren Vorschub manniche meines gleichen geschützet / und die bösen gestraffet werden. Sie wolte weiter reden / aber er nam Abscheid von ihr / und ritte in Begleitung etlicher gewapneten Bürger nach der Stad / denen er vor ihre Gegenwart höchlich dankete / und ihnen etliche Hände vol Kronen reichete / welche sie seinetwegen in einer frölichen Wirtschafft fein friedlich verzehren solten; wovor sie Dank sageten. Markus durffte ihm nicht folgen aber Gallus in seiner ehemahligen Kauffmansgestalt wahr bald bey ihm. Fr. Euphrosyne ließ ihren liebsten zu sich bitten / welcher ihr zu ihrer Ehrenrettung Glük wünschete; sie hingegen ihm klagete / daß diese ihre Leibeigenen noch nicht auffhöreten /sie vor eine Ehebrecherin außzuschelten; worauff er /als lachend zur Antwort gab; ädle Frau / sie gebe sich zu frieden / ich werde ihr schon helffen ein Mittel erdenken / daß ihnen die Schandzunge gehemmet und ihre Boßheit offenbahret werde. Die Schiffknechte wolten sie mit nach der Stad haben / aber sie wegerten sich dessen / und rieffen / hier wolten sie als freye Ritter ehrlich sterben. Aber Markus gab zur Antwort; O nein / die Freyheit ist dahin / uñ weil ihr nicht willig gehen wollet / sollen euch schon andere Füsse gemacht werden. Also band man sie quehr über auf Pferde / und schleppete sie mit fort. So bald sie in der Stad anlangeten / musten die Schiffknechte ihre Gefangenen mit sich nach dem Schiffe nehmen / woselbst sie auff der Folter gekrecket / einhellig bekenneten / daß Aristodemus sie beredet hätte in seine Geselschafft zutreten / ümb sich beydes an Markus und Euphrosynen zurächen / daß sie mit demselben davon gezogen währe; sie wüsten von ihrer Unzucht nicht das geringste / als was schon gedachter ihr Anführer und Verleiter ihnen vorgetragen hätte. Hingegen wolte Aristodemus nichts gestehen / ließ sich auch zerren /biß die Seele aus ihm ging; worauff die anderen ingesamt auch niedergemacht wurden / weil sie ihnen solches vor die Leibeigenschafft wähleten. Und ob gleich etliche ihrer Anverwanten gute Lust hatten / den Schimpff zurächen / wahr doch die Furcht der Straffe zu groß / daß sie zurük hielten. Markus hätte seinen Beystand gerne gekennet / aber seine Liebste hielt ihn ab / unter dem Trost / daß er sich erbohten hatte / zu gelegener Zeit sich selbst zumelden. Nun gingen Markus Gedanken alle dahin / es währe Herr Herkules /weil alle seine Geberden und Waffen-Gebräuche demselben gleich wahren / aber das Angesicht wolte nicht eintreffen / welches ihn im Zweifel erhielt. Zween Tage nach diesem Kampfe ritte Valikules abermahl nach dem [406] Meer / fand aber nicht allein keine andere Gelegenheit / sondern daß der vorige Schifmann seine Abfart noch auff etliche Tage weiter aussetzete / deswegen er zu Gallus sagete: Ich eile fast / meine Reise vorzunehmen / und fallen doch immer mehr Verhinderungen vor; halte gänzlich / Gott selbst werffe sie mir in den Weg; dañ gestern frühmorgens / da ich in meiner Andacht lag / und wieder eingeschlummert wahr /dauchte mich eigen / es rieffe mir einer zu; eile nicht /eile nicht! Nun ich wil meinen Gott lassen walten /der wird alles nach seinem gnädigen Wolgefallen schicken. Kehrete wieder ümb / und eilete nach seiner Herberge / da er seinen Klodius in elender Gestalt gegen ihn daher reiten sahe / dessen Pferd kaum mehr fortschreiten kunte; worüber er nicht wenig erschrak /und zu Gallus sagete: Sehet / da komt mein Klodius her / welcher mir gewißlich wenig gutes in dieser traurigen Gestalt bringen wird. Ritte hin zu ihm / und ward alsbald von ihm gefraget / ob er ihm nicht anzeigen könte / in was Herberge der Römische Gesante Herr Fabius anzutreffen währe. Valikules hieß ihn in seine Herberge folgen / führete ihn mit sich auff seine Kammer / und sagte zu ihm: Mein guter Klodius / ärgere dich nit an meiner fremden Gestalt uñ angestrichenẽ Farbe / du wirst an der Rede vernehmen / daß ich Herkules bin / und sage mir / wie kömstu so verwundet und scheußlich auffgezogẽ? Dieser erfreuete sich höchlich / meldete aber alsbald mit einem seuffzen an / wz gestalt H. Ladisla / nachdem er zween Ritter im öffentlichẽ Kampf erleget / durch schändliche Verrähterey mehr als von 80 Rittern überfallẽ /alle seine Diener erschlagen / und er selbst nach ritterlichem Gefechte gefangen worden. Er erschrak hier ob / daß ihm die Rede stehen blieb / und fragete alsbald /ob er dañ noch lebete. Ich hoffe solches / antwortete er / dann ich sahe / daß sie ihm mit Schlägen ferner nicht zusetzeten / da sie ihn gebunden hatten. Nun wol an / sagte er / so wird mir Gott beystehen / daß ich ihn errette. Daß du aber Herrn Fabius Hülffe alhie suchest / ist ümsonst / dann er hält sich zu Elis verborgen / nur daß er mich ausforschen möge / weil er muhtmasset / ich sey annoch daselbst. Aber was dünket dich / solte man ihm ohn Kriegsvolk nicht helffen können? gar schwerlich / antwortete er; dann es hält da ümher ein zimlicher Anteil des Adels wieder ihn zusammen / welche des von euch ertödteten Parmenions Freundschafft sind / und zweifele nicht / man habe ihn irgend auff ein Schloß eines alten ädelmans /dessen Sohn er mit dem Speer erleget / gefangen hingeführet / welches allem Vermuhten nach / nicht weit von der Stad Patræ seyn kan / in deren Feldmark das Unglük sich zugetragen. Valikules überlegete die Sache fleissig / sagte hernach zu Gallus / er solte schaffen / daß Klodius gelabet und verbunden würde; machete sich hin zu Markus / uñ ließ ihm sagen / es währe iezt Zeit / daß sein Mitkämpfer sich ihm zuerkennen geben wolte. Dieser saß gleich bey seiner Liebsten / und erzählete ihr von Herkules und Ladisla tahten / ging mit Freuden hinunter / und hieß ihn als seinen allerliebsten Herrn und besten Freund wilkommen seyn / weil er ihn nunmehr durch seine höchstbegehrete Kundschafft beseligen wolte. Er führete ihn alsbald mit sich die Steige hinauff nach seiner Liebsten Gemach / welche von ihrem Sitze auffstund / und ihn wegen seiner annoch verenderten Gestalt als einen unbekanten wilkommen hieß; Da er nach kurtzem Gespräch zu Markus sagete: Mein Freund / ehe ich mich gegen ihn weiter melde / habe ich zuvor mit der ädlen Frauen Euphrosynen ein Wort in vertrauen allein zureden / welches ihr mir nicht werdet vor übel halten. Ganz nicht / antwortete er / nahm einen willigen Abtrit / [407] und erwartete / biß ihm wieder geruffen würde. Herkules aber sagte zu ihr / meine Freundin / ob zwar ich des willens nicht gewesen bin / mich ihrem Liebsten zuoffenbahren / kömt mir doch gleich jetzo eine wichtige Ursach zuhanden / daß ich meinen Vorsatz endern muß / wil auch hoffen / er werde meine Anwesenheit verschweigen können. Sie bedankete sich vor diese Gnade / verhoffete / er würde seines Dieners Träue schon geprüfet haben. Worauff er alsbald die Farbe beydes von Angesicht / Haar und Händen hinweg taht / und Markus zu sich hinein ruffen ließ /welcher ihn sehend / sich sehr bestürzet befand / und wolte sich vor ihm in die Knie legen; da er also zugleich redete: Durchläuchtigster Fürst / Gnädigster Herr; hat Eure Durchl. vor ihren unwirdigsten Diener wider siebẽ Schelmen sich wagen wollen / nur daß derselbe unbemühet bliebe? Herkules wehrete ihm das niderknien / und daß er dergleichen unnötiges Gepränge einstellen solte / weil ihm sein gutes Herz ohndas wol bekant währe; Wolte ihn vorerst erinnern /daß bey Verlust seiner Hulde er ihn bey Fabius nicht meldete; hernach sich schleunigst fertig hielte / seinen Herrn Ladisla retten zu helffen / welcher auff Leib und Leben gefangen läge / wie er gleich jezt von dem hartverwundetẽ Klodius Bericht eingenommen hätte. Markus erschrak dieser Zeitung / daß er bebete /erboht sich / Gut und Leben willig zu seines Herrn Rettung anzuwenden / wolte auch / da es Ihre Gn. gut befünde / stündlich die Trummel rühren lassen / und etliche hundert Mann werbẽ / worzu er / Gott Lob /Mittel gnug hätte. Fr. Euphrosyne wahr bald fertig /eine Lade mit Golde herein tragen zu lassen / womit die Knechte solten bestellet werden. Aber Valikules hieß sie ruhig seyn / es bedürffte dieser Weitläufftigkeit nicht / würde auch mehr Hinderniß als Befoderung geben / wann die boßhafften Widersacher vernehmen solten / daß man so grosse Bereitschafft machete; Die Sache müste eilig und in aller stille angegriffen werdẽ. Er wüste / daß sein Schiff noch etliche tapffere Kriegs- und Schiffknechte hätte / deren wolten sie XXVI beritten machen / und die Rettung vor nehmen. Markus stellete es alles zu seinem Befehl /ließ seine Reit- und Wagenpferde / deren er XXXVI hatte / zur Reise wol futtern / und ritte Spornstreichs nach dem Schiffe zu / da inzwischen Fr. Euphrosyne allen Bericht von Herkules einnahm / und mit ihm nach seiner Herberge ging / besseren Verstand von Klodius zufassen / dem seine Wunden schon verbunden wahren / und er von Gallus vernam / was vor eine trefliche Heyraht seinem Freund Markus zugestossen währe; gleich da diese Braut mit Herkules zu ihm hinein trat / und ihn in grosser Schwacheit auf der Bank liegen funden / worüber sie sich gar leidig stellete /und ihn in seinem Unglük tröstete / begehrete auch der Ritter Nahmen zuwissen / welche Herr Ladisla erlegt hätte; und als sie hörete / daß es Perdickas und Ariston wahren / vergoß sie ihre Trähnen / und klagete / daß ihre so nahe verschwägerte so grosses Unheil anrichten müsten; massen Perdickas ihres gewesenen Charidemus Vater-Bruder-Sohn; Ariston aber ihrer Mutter Schwester Tochter ungehorsamer Stief Sohn währe / dessen Vater Kleander sie vorm halben Jahre ohngefehr / wider ihren Willen geheyrahtet / da sie kaum von XVII; Er aber über LXXIIX Jahr alt gewesen. Eben dieser Kleander / sagete Klodius / hat meinen Gn. Herrn gefangẽ; doch an was Ort er eigentlich wohne / kan ich nicht wissen. Der Ort / sagete sie / ist mir gnug bekant / und bin kaum vor IV Wochen da selbst gewesen / und meine Wase besuchet; Sein Schloß ist zimlich fest und wol verwahret / eine geringe Meile von Patræ gelegen / in einem [408] sehr lustigen Walde. So weiß ich Gott Lob / sagte Herkules / wo ich meinen Freund suchen sol. Klodius wuste nicht /was vor ein freundliches schönes Weibsbilde sich gegen ihn so gunstwillig erzeigete / biß sie zu ihm sagete: Mein Herr / ich hoffe / er werde mir und seinem brüderlichen Freunde Markus die Freundschaft erzeigen / und auf einer Sänffte sich nach meiner Behausung tragen lassen / weil ich nicht zugeben kan / daß sein anders wo / als bey mir gewartet werde. Verzeihet mir / hochädle Frau / antwortete er / daß ich bißher nicht gewust / mit wem ich geredet habe; wünsche ihr zu der künfftigen Heyraht alle Wolfahrt / und verpflichte mich zu allen ehrliebenden Diensten; wolte aber lieber in dieser Herberge mich auffhalten / als ihr einige Ungelegenheit machen. Sie sahe / daß ihm Ruhe nöhtig wahr / ermahnete ihn deswegen eine Stunde zu schlaffen / inzwischẽ würde Markus vom Schiffe wieder kommen / und das übrige schon ordnen. Baht hierauff Herkules sehr freundlich / ihr die Gnade zuerweisen / und auff hinte das Abendmahl mit ihr zuhalten / alsdann könte er mit seinem Diener Markus alles bequehm abreden / und morgen früh sich mit dem Tage auffmachen. Ich bin meiner geliebten Freundin viel ein mehres schuldig / sagte er / bitte aber / ja keine unnöhtige üppigkeit wegen der Speisen anzuwenden / weil ich mich ohndas gerne zeitig zur Ruhe begeben / und Morgen geliebts Gott / desto früher wache seyn wolte; befahl Gallus inzwischen acht auff Klodius zuhaben / und geleitete Fr. Euphrosynen wieder nach ihrer Behausung / welche nach aller Mögligkeit zurichten ließ / und ihn mit allerhand Gespräch unterhielt / ihm die Traurigkeit zubenehmen /die wegen Ladisla Unfall und Gefahr er in seinem Gemühte empfand. Markus kam mit seinen geharnischtẽ Soldaten / welche alle ädel wahren / und wolgepanzerten Schiffknechten zeitig wieder / hohlete seinen lieben Spießgesellen Klodius nach seiner Wohnung /und erboht sich / ihm mit alle seinem Vermögen zudienen; welcher zu ihm sagete: Geliebeter Bruder / ihr könnet den Göttern nimmermehr gnug danken vor das unbegreifliche Glük / welches sie euch als im Schlaffe bescheret haben / worzu ich euch von ganzem Herzen Glük und alle Wolfahrt wil gewünschet haben. Dieser bekennete solches gerne / sahe Gallus in seiner angestrichenen Farbe / und fragete ihn / ob er dann auch bey Herrn Herkules sich auffhielte; dessen er lachete /und zur Antwort gab: Mein Herr / ich bedanke mich nochmahl vor erteilete Guttaht / und freue mich sehr /dz des unwerten Charidemus tugendsames Gemahl uñ sämtliche Güter in eure Besitzung kommen sind; Er wolle sich aber wegen meiner Verstellung nicht verwundern / dann sonst ist mein Nahme Gallus. Nun mein geliebter Freund / sagete er / so sind wir Spießgesellen / und dienen einem Herrn; daher werde ich hinführo schuldig seyn / euch einen bessern Dank sehen zulassen. Hiemit geleiteten sie Klodius biß an die Sänfte / und gingen nach Markus Behausung. Bey der Mahlzeit wolte dieser neben Gallus zu Tische dienen / aber Herkules hieß sie beyde sich setzen / und redete insonderheit Markus zu / er solte dergleichen Unnöhtigkeiten einstellen / und sich bezeigen als der die Wirtsstelle vertreten müste; Seyd ihr etwa wenig Monat in meinem Dienste gewesen / sagte er / solches kan eurem Adel durchaus keinen Schaden noch Abbruch tuhn / und seyd Standes und Tugend halber wol wert bey mir niderzusitzen. Sonsten wahr er gar ungeduldig / daß man so grossen überfluß in Speisen und allerhand kostbahren verzuckerten Sachen aufftragen ließ / und sagete: wann sie nach diesem solches mehr tähten / wolte er nicht mehr Mahlzeit mit ihnen [409] halten / weil durch solche gar zu grosse Menge der Trachten nur GOtt im Himmel erzürnet würde. Fr. Euphrosyne aber wuste ihm mit so höflicher Entschuldigung zubegegnen / daß er umb Verzeihung baht seines kühnen einredens. Als die Mahlzeit geendiget / und Gallus hin zu Klodius gangen / auch das Gesinde abgeschaffet wahr / redete Fr. Euprosyne ihren Markus an / und sagete zu ihm: Mein geliebter Herr / ihr wisset / wie weit ich mich mit euch eingelassen / und auff euer Begehren und unnachlässiges Anhalten / insonderheit auff Herrn FabiusNöhtigung euch nach abgelegter Traur die eheliche Beywohnung versprochen / auch alsbald zum volkommenen Besitzer aller meiner Güter gemacht habe. Nun ist noch etwas geheimes an mir / welches ich euch noch zur Zeit nicht offenbahren wollen / nunmehr aber länger nicht verhehlen kan; als nehmlich: Ich bin eine Christin; Und wie hart und störrisch gleich Charidemus sich gegen mich erzeigete / göñete er mir doch meines Glaubens Freyheit / welche ich biß in mein Grab zuerhalten / steiff und unbewäglich gesonnen bin; dafern ich nun wissen solte /daß euch solche Lehre zuwider / und ihr vielleicht der Ursach wegen euer Herz von mir abkehren / und einigen Unwillen und Gramseligkeit mir zuwenden woltet / wil ich anjetzo mit bestendigem Vorsaz (meinem Gn. Herrn zum Zeugẽ ruffend) euch alle meine Güter eigentühmlich einräumen / und mit 10 oder 12000 Kronẽ davon gehen / zu meiner nohtdürfftigen Unterhaltung / weil ich meinen Gott umb Menschen willen nicht verleugnen kan noch wil; bitte demnach / ihr wollet in beyseyn unsers allerseits Gn. Herrn mir hierauff bestendige Erklärung geben / und bey euren Ritterlichen Ehren befestigen; habe ein solches in Gegenwart Herrn Herkules vortragen wollen / weil auß dessen Reden ich gnugsam gespüret / daß er Christliches Glaubens ist. Ja / sagete Herkules hierauf: Meine Freundin irret in diesem gar nicht; Ich bin freylich ein Christ; welchen Glauben ich doch von meinen Eltern nicht geerbet / sondern durch Gottes Gnade zu Rom gelernet habe / und bestehet in dieser Erkäntniß des wahren GOttes mein höchstes Gut und einige Wollust; möchte auch von Herzen wünschen / daß nicht allein mein guter Freund Markus / sondern alle meine Bekanten / ja alle Menschen desselben Glaubens seyn möchten; weil ich so gewiß bin / als wahr Gott lebet /daß ausser diesem Glauben kein ander ist / dadurch wir Menschen können selig werden; Doch solte ihm nicht gefallen köñen / sich hierin zubequemen / wie dann kein Mensch wider seinen Willen darzu sol genöhtiget werden / halte ich ihn der Bescheidenheit und Verstandes / daß umb eures Christlichen Glaubens willen er euch nicht anfeinden / oder auff einigerley weise zusetzen wird. Jedoch / solte er eine Christin zum Ehegatten inkünfftig nicht dulden wollen / wird er auff euer instendiges Begehren selbst anzeigen /auff welchen fall ich meiner Freundin verspreche /und bey meinen Ritterlichen Ehren beteure / daß ich sie mit grösserem Reichtuhm versehẽ wil / als sie umb Christus Nahmen verlassen würde. Markus hatte alle Reden wol verstanden / erhub sich / nachdem Herkules auffgehöret hatte zureden / von seiner Stelle / und schwuhr bey dem wahren Gott Himmels und Erden / daß er nicht allein seiner herzgeliebten diesen Glauben frey gönnen / sondern auch denselben hinfüro selbst annehmen und bekennen wolte; wie ich dann / sagte er / meiner VorEltern und Verwanten viel weiß / welche teils umb dieses Glaubens willen sich haben tödten lassen / teils denselben noch diese Stunde bekeñen. Auff solche Rede umfing ihn seine Liebeste zum ersten mahl mit einem Kusse / und sagete: [410] Ey Gott Lob / nun werde ich erst anfangen / euch recht und von Herzen zu lieben / nach dem ich sehe / daß ich mit keinem Gottes Feinde zuschaffen habe. Valikules wünschete ihm hierzu des Heiligen Geistes Beystand und wahre Beständigkeit / besuchete Klodius auff seinẽ Lager / redete mit dem angenommenen Wegweiser / und gab sich hernach zur Ruhe / da ihm sein geliebter Ladisla im Schlaffe erschien / ganz traurig und mit gebundenen Händen auf dem Rücken /und dauchte ihn / daß er zu ihm sagete: Mein Bruder Herkules / lässestu deinen Ladisla dann im Heydentuhm dahin sterben / daß er der künfftigen Seligkeit nicht kan fähig seyn? Er erwachete drüber; rieff seinen Gott ganz inbrünstig um Ladisla Errettung an / und machte sich noch vor Tage fertig zur Reise / hieß seine Leute auff drey Tage Speise zu sich nehmen / und jagete frisch fort / weil sie alle geruhete Pferde hatten.

Inzwischen ward Klodius von Fr. Euphrosynen fleissig gewartet / daß er in kurzer frist zu Kräfften kam / wiewol er wegen einer Armwunde sich mässig und im Bette halten muste. Weil sie dann sahe / daß er zu reden stark gnug wahr / baht sie ihn / ausführlich zuerzählen / durch was Gelegenheit Herr Ladisla in dieses Unglük gerahten währe; Welches er auff solches begehren willig leistete / und also anhub: Hochädle Frau; nachdem wir mit unserm Schiffe /über welches mein Gn. Herr mich zum Hauptmann gesetzet / von Herrn Fabius auff dem Meer geschiedẽ / gerieten wir nicht in geringe gefahr zwischen den Steinklippen / biß wir endlich mit grosser Mühe und Arbeit in einen Hafen des Landes Epirus einlieffen /woselbst wir unser zubrochenes Schiff ausbessern liessen / und weiter Sudwerz gingen / biß wir einen Hafen / nicht weit von Patræ erreicheten. Hieselbst stiegen wir selb zehne und einen ädelknaben zu Lande / und ritten mit einander nach der Stad zu. Es hatte sich mein Herr köstlich / seinem Stande nach / ausgeputzet / daß sein Harnisch und Pferdeschmuk von ädelsteinen und Golde glänzete / und ich allernähest mit dem ädelknaben hinter ihm her ritte / die acht Reuter aber in vier Gliedern etwas von ferne folgeten. Auff seinem Helme führete er einen Adler von lauterm Golde / dessen beyde DemantenAugen helle fünkelten / wann die Sonne darauff schien / uñ in der rechten Klaue einen schönen Kranz hielt. In seinem Schilde stunden zwo Fackeln / deren eine fein helle brennete /und sich nach der andern ausgelöscheten lenkete / dieselbe wieder anzuzünden / mit dieser Umbschrifft:Nisi concipies flammam, & ego extinguar. Das ist:Wirstu nicht wieder breñen / so werde ich auch erlöschen. Da wir in die Stad kahmen / musten ich und der Leibknabe uns mit ihm in eine Herberge legen / die übrigẽ aber sich in unterschiedliche andere verteilen / damit wir unserm Vorhaben / Herrn Herkules auszuforschen /desto besser nachsetzen könten. Wir hatten uns kaum zur Mahlzeit gesetzet / da etliche gegenwärtige Griechische vom Adel sich über einen Römischen Gesanten sehr beschwereten / welcher einen freyen Herrn nicht ohn äusserste Beschimpffung des ganzen Griechischen hohen Adels / als einen Ubeltähter / von dessen eigenen Knechten hätte niderhauen lassen / dessen Güter eingezogen / und sein nachgelassenes Weib mit sich hinweg geführet / welches ungerochen nicht bleiben könte / zumahl der Getödtete durch den ganzẽ Adelstand befreundet währe. Hievon hatte nun mein Herr durchaus nichts vernommen / fragete deswegen fleissig nach / uñ muhtmassete aus allen Umständen /daß Herr Fabius müste gemeynet seyn; kunte doch die Ursach solcher strängen Rache nicht erfahren / biß ich des Abends späte alles von unserm Wirte einnam /welches ich folgenden [411] Morgens meinem Herrn hinterbrachte / der mir befahl / bessere Kundschafft einzuzihen. Obgedachte vom Adel hatten meinen Herrn in verdacht / er selbst währe der Römische Gesanter; uñ nachdem sie von dem Leibdiener erforschet / dz wir neulich aus Italiẽ mit einem Schiffe anko en / zweifelten sie nit / sie hätten den rechten Fuchs gefangẽ. Des morgens etwa umb IX Uhr kam unser Wirt zu mir in den Pferdestall / mit bericht / es wäre ein vornehmer Griechischer Herr / nahmens Perdickas / wieder seine Gewohnheit bey ihm eingekehret / welcher alsbald nachgefraget / ob der stolze fremde Ritter noch verhanden währe; und nach bejahung hätte er zu den Anwesenden gesagt; wolan! so wil ich noch heut mein Schart außwetzen / und den Schimpff gebührlich rächen / nachdem er nicht kan wiederbracht werden. Ich bedankte mich sehr gegen ihn / wegen der geträuen Warnung mit versprechen / da er ferner nachforschen / und hinterbringen würde / was ihr Vorhaben wahre / solte es ihm mit einem ansehnlichen Geschenke vergolten werden; ging alsbald hin zu meinem Herren / und gab ihm von allem Bericht / auch daß dieser Perdickas des gestriggedachten ertödteten Anverwanter / und ein sehr Wehrhaffter / aber auch Großsprechiger Ritter währe; wobey ich meinen geringen Raht fügete / man möchte noch eine gute anzahl Kriegsknechte auß dem Schiffe fodern / deren man sich auff allen Nohtfal zugebrauchen hätte. Wir zweiffelten nicht / dieser Perdickas würde von den andern ädelleuten gefodert seyn; welches doch mein Herr wenig achtete / auch meinen Raht vor unnöhtig hielt /ohn daß er seine gegenwärtige Reuter / ihm auffzuwarten / auß den Herbergen fodern ließ. Er kleidete sich prächtig / und da er zum Essen ging / hatte er sein Schwert an der Seite / hieß mich folgen / und die übrigen / ohn den Leibknaben / draussen warten biß ihnen etwa geruffen würde. Perdickas wahr schon auff dem Essesaal / welchen mein Herr mit einem ansehnlichen Ernste grüssete. Kehrete sich hernach zu dem Wirte / uñ begehrete / ihm einen schleunigen Bohten außzurichten / der nach Eliß Schreiben bringen solte; welches ihm der Wirt zubestellen versprach. Es stunden zwölff wolgeputzete starke Diener / die dem Perdickas auffwarteten / und kahmen noch sieben ädelleute zu Tische / welche ihm grosse Ehr erbohten / und wie der Außgang bezeugete / von ihm auff das künfftige Spiel erfodert wahren. Bey wehrender Mahlzeit ging allerhand Gespräch vor / biß Perdickas sich mit meinem Herren einließ / und ihn nach gebehtener Verzeihung fragete / wie neulich er von Eliß kommen währe; worauff mein Herr gar bescheidentlich antwortete / er kähme nicht von Eliß / währe auch niemahls da gewesen; welches diesen groß Wunder nam; mochte vielleicht ihm einbilden / er scheuhete sich / solches zubekennen / und redete mich an / sprechend / da er nicht irrete / meinete er / mich gar neulich zu Eliß gesehen haben. Ich antwortete ihm mit wenigen; es würde inwendig zwey Jahren nicht geschehen seyn; sonst währe ich vor diesem da gewesen. Weil er nun sich zu keinem Irtuhm gestehen wolte / blieb er bey seinen funff Augen; er hätte neulich einen / mir gar ähnlichen / bey dem gesehen / welcher sich vor einen Römischen Gesanten angeben / und seinen Vetter den löblichen Herren Charidemus unredlicher Weise hätte ermorden lassen / welches / sintemahl es dem ganzen Griechischen Adel zum unabwischlichen Schimpf und Hohn gereichete / ungerochen nicht bleiben könte. Ich dagegen blieb bey meiner ersten Antwort; ich hätte in so kurzer Frist weder die Stad Eliß / noch einen solchen Römischen Gesanten gesehen / der einiger Unredligkeit [412] oder mörderischen vornehmens könte beschuldiget werden. Mein Herr mengete sich alsbald mit ein / und sagte zu ihm: Herr / ihr möget euch wol versichern / daß wann dieser mein Ritter und Schiffhäuptmann neulich zu Eliß gewesen / er solches weder gegen euch / noch jemand anders leugnen solte oder würde. Was ihr sonsten von unredlicher Taht eines Römischen Gesanten einführet / deucht mich nicht wol getahn seyn / daß man abwesende Herren so hoch und ehrenrürig beschuldiget; jedoch solte ich wissen / daß einiger Römischer Ritter / ob er gleich eines Gesanten Amt führete / mörderisch handelte /würde ich zum wenigsten ihn deßwegen zu Rede setzen / da es die Gelegenheit gäbe: Es kömt aber zu zeiten / daß ein Gesanter auß Befehl seiner Obrigkeit etwas zuverrichten gehalten ist / welches nicht jederman kan angenehm seyn; bitte demnach / wo möglich / er wolle in dergleichen verhasseten Reden sich mässigen; ich bin auch ein Römischer Beamter / und lieffe trauen wieder meine Pflicht / daß ich Römischer Gesanten Schändung unbeantwortet liesse / ehe sie der Laster überwiesen sind; und wann mir solches nicht obläge / wolte ich kein Wort darzu reden. Perdickas antwortete mit zornigem Angesichte: Er wolte zwar Römischen Nahmen nicht schänden / als welchen man ja in Griechenland / welches ehemahls der Welt Häupt und Meister gewesen / erkennen müste. Daß er aber hoch rühmen solte / wann die Römer junge unerfahrne Leute vor Gesanten in fremde Länder schicketen / die ihre eigene Rache unter dem Deckel Römischer Gewalt durchtrieben / und mit dem hochbefreieten Adel nicht anders / als mit den schlimmesten Buben und Leibeigenen umbgingen /dessen hätte er wenig Ursach; hoffete auch / da er sich an den vermeineten Gesanten rächen würde / der seinen Blutfreund / einen freien Griechischen Herren durch seine eigene Diener hätte ermorden / und dessen Weib mit allen Gütern als einen Raub (also brachten sie es allemahl vor) hinweg führen lassen / es solte zu Rom von den Verständigen mehr gebillichet als getadelt werden. Hätte sein Vetter gesündiget / welches er doch nicht wüste / solte man ihn vor dem Griechischen Recht angeklaget / und dessen Urtel erwartet haben; die übrige Vermahnung von abwesenden nichts übels zureden / liesse er dahin gestellet seyn /und könte man die Ubeltähter nicht allemahl gegenwärtig haben / wann man sich über dieselben zubeschweren hätte / vielweniger solche Mordtahten rühmen und preisen / wolte es auch lieber in des leichtfertigen Mörders Gegenwart als Abwesenheit reden /und an demselben ein Beyspiel hinterlassen / daß die Römer hernähst kluge graue Häupter und nicht frevelmuhtige junge laffen vor Gesanten außschicketen; doch wie diesem allen / währe seine Gelegenheit und Weise nicht / nach der Weiber Art zuzanken; er hätte mehr als XVI Jahr Waffen geführet / und mannichem hochmuhtigen Ritter die Faust lieber als das Maul gebohten; währe er dann (mein Herr) ein Römischer Bedieneter / so währe er dagegen ein freier Griechischer Herr / daher er ihn mit dergleichen Reden verschonen würde. Mein Herr wahr sehr ungewohnet / sich dergestalt über das Maul fahren zulassen; doch mässigete er sich / und gab zur Antwort: Ritter / wie könnet ihr solches vor Recht angeben / wann ihr unter dem Vorsaz einer eigentähtlichen Rache / euch an einen Römischen Gesanten machen würdet? wisset ihr nicht / daß derselbe an der Stelle des Römischen Käysers stehet /und von niemand / als von seinem Oberherren allein kan gerichtet werden? Oder solte ein Römischer Gesanter nicht macht haben / einen und andern nach befindung [413] zu straffen; und ihr woltet euch daß Recht anmassen / einen Gesanten anzugreiffen? Hierauff fragete mein Herr die Anwesenden / ob niemand zugegen ihm des Römischen Gesanten Nahmen melden könte; und als einer sagete / er liesse sich von den seinen Herr Fabius nennen; antwortete mein Herr: Herr Fabius? der ist trauen ein Römischer und ein redlicher Ritter / der in seiner Jugend schon verdienet hat / daß man ihm zu Rom eine Ehrenseule auffgerichtet; und derselbe solte alhie in Griechenland sich vor einen unredlichen Mörder und Ubeltähter außschreihen lassen? Ritter / sagte er zu Perdickas / ihr müsset warlich diese Beschuldigung gebührlich erweisen / oder euren Irtuhm bekennen / sonst wird euch solches ungestraffet nicht hingehen; ich vor mein Häupt bin diesem Herren verbunden / mich seiner anzunehmen / nit allein wegen unser nahen Verwandschafft / sondern auch / weil wir ein Amt tragen; so sprechet nun / ob ihr die auß Unbesonnenheit außgestossene Reden wiederruffen / oder darüber vor Recht stehen wollet. Perdickas lief vol Zorn / und sagete: Es währe ihm lieb / da er nicht der Schelmichte Gesanter selber /zum wenigsten noch sein Freund und Verwanter währe; könte auch gedachten Fabius nicht anders / als vor einen boßhafftigen und des Ritterstandes unwirdigen Buben halten / weil er mit einem ehrlichen freien Herren so gräulich umbgangen währe. Ey / sagete mein Herr / so halte ich dich vor einen solchen Schelmen / biß du diese Boßheit meinem Freunde überbringest; Und ob ich zwar nach tragendem Ampte dich mit Recht wol vornehmen könte / auch schon Mittel weiß / dich darzu anzuhalten / so wil ich mich doch vor dißmahl meines Amptes begeben / und es mit dir auff die Faust wagen; sage dir deßwegen ab auff Leib und Leben / und mache dich nur bald fertig zum redlichen auffrichtigen Streite; massen die Götter schier werden sehen lassen / ob du im schänden / oder ich im entschuldigen bessere Sache und Fäuste haben werden; wil aber hierbey nicht unterlassen / andere zuvermahnen / daß sie ja so verwägen nicht seyn / sich unsers Streites anzunehmen / dafern sie nicht dem Römischen Käyser mit Gut und Blut wollen verfallen seyn. Hier fing nun Perdickas sein großsprechen an /wie er so mannichen berümten Ritter / in und ausser Griechenlandes bestanden / und ihren Hochmuht zu dämpffen gnug gewesen; und müste noch erleben /daß so ein junger Sprößling ihn herauß fodern dürffte / welcher vielleicht meinete / ein Ritter könte mit zierlichen Kleidern und grossen Federbüschen zu Bodem gerennet werden. Es währe ihm gleichwol lieb / daß er sich wolte finden lassen; von seinem tragenden Ampte wüste er nichts / ginge ihn auch solches nicht an / sintemahl er sich nicht vor einen Römischen Knecht /sondern freien Herren zuhalten hätte; doch wolte er ihn schon versichern / daß kein ander sich in ihren Streit einmischen solte / wañ seiner gleich ein halb dutzet währe. Dein Maul ist gut / sagte mein Herr /dessen ich keinen Beweißtuhm mehr begehre / nur ist noch übrig / daß ich die Fäuste und das Herz auch kennen lerne. Ein junger ädelman / gutes ansehens /der Ariston / saß mit über Tische / gedachte dem Perdickas zuliebeln / uñ baht ihn / Er möchte seine so mannigfältige Siege durch bestreitung dieses jungen Menschen nicht selbst beschimpffen / sondern ihn in die Stelle treten lassen; er verhoffete diese geschwinde Außfoderung in eine noch geschwindere Reue zuverkehren. Ja mein Kerl / sagte mein Herr mit einem Gelächter / du bist schwerlich derselbe / welcher mich mit seinem Speer oder Schwerte schrecken wird / wiewol ich dir Streits nicht versage; du aber Perdickas /[414] bistu ein redlicher Ritter / und von solchen Tahten /wie dein Maul rühmet / wirst du dich des Kampffs nicht entbrechen; mir gilt alles gleich / wer unter euch beyden den Anfang mache / da du dann verhoffentlich empfinden wirst / daß ich dich mit schärfferem Gewehr / als mit Kleidern und Federbüschen angreiffen werde. Ich redete hierauff mit ein / und begehrete / der Ariston möchte mich seinen Gegener seyn lassen /aber er wolte durchaus zuvor mit meinem Herrn einen Versuch tuhn. Hiemit lieff die ganze Geselschafft / ein jeglicher zu seinen Waffen. Perdickas hatte einen grossen Anhang / weil inwendig einer Stunde über die XX Griechische von Adel / jeder mit drey oder vier Dienern sich beysa en funden / deswegen ich meinen Herrn nochmahls erinnerte / was Gefahr durch Verrähterey entstehen könte / dem annoch zubegegnen währe / wann man bey der Stad Schuz suchete; welches er aber leider in den Wind schlug / sich auff Perdickas zusage verließ / und uns alle mit reiten hieß; wiewol er mir geboht / da über alle Zuversicht eine Verrähterey vorgehen solte / mich loßzuwirken /und es Herrn Fabius zu Elis anzudeuten. Wir macheten uns geschwinde nach dem bestimmeten Platz /woselbst Perdickas schon mit LXXX Pferden hielt /und meinem Herrn den Tod schwuhr. Es lieff auch eine solche Menge Volkes mit hinaus / daß sie den Kämpffern die Bahn einnahmen / weil sie sich übern Hauffen drängeten. Mein Herr redete ihnen freundlich zu / sie möchten etwas zurük treten / und den Kämpffern nicht hinderlich seyn; und dauchte mich / wie der Großsprecher mit seinem Gefechte zeigete / wie ers mit meinem Herrn anfahen wolte. Ariston hielt sich zum ersten Angriff fertig / wiewol ich zu ihnen reiten / uñ sie fragen muste / wie sie es ferner begehreten /möchten sie ihn wissen lassen; da mir Perdickas zur Antwort gab: Weil dein frevelmühtiger Herr so schleunig zum Tode eilet / wollen wir ihm nicht unbarmherzig seyn / noch wieder seinen Willen ihm das Leben verlängeren. Ich wiedersprach kurz seiner Schändung / und erinnerte ihn / wie närrisch es währe / ihm das Spiel und den Gewin zuzueignen / da die Würffel noch auff dem Tische lägen. Inzwischen winkete Ariston mit dem Speer / und legete ein / aber ihm ward dergestalt begegnet / daß da sie traffen / dieser durch uñ durch gerennet ward / daß er tod über sein Pferd hinunter fiel. Ich sahe eigentlich / daß Perdickas sich über diesen Fall entsetzete; ließ doch seinen Muht nicht sincken / sondern wie er ein streitbahrer und bedachtsamer Ritter wahr / daß man meinete / er hätte in Griechenland kaum seines gleichen / also begegnete er meinem Herrn mit gutem Herzen / gingen auffeinander wie die Löuen / und traffen zu beyden seiten / daß sie der Stösse wol empfunden / welches zwar ohn Wunden abging / aber der Fall doch Perdickas sehr nahe wahr / daß er sich an seines Pferdes Mähne halten muste. Mein Herr wahr auff sich selbst ungehalten / daß er seinen Feind nicht herunter geworffen / und gedachte den andern Rit besser anzulegen; dessen aber jener nicht erwarten wolte / sondern nam das Schwert zur Faust / und setzete damit auff meinen Herrn an / welcher mit gleichem Gewehr und Begierde ihm entgegen sprengete / da sie dann ihr Gefechte eine gute Zeit ganz ernstlich trieben / daß alle Zuseher sich verwunderten / wie sie so hefftige Streiche aushalten kunten / biß es meinem Herrn geriet /daß er ihm hinter den Schild kam / und in den linken Arm eine zimliche Wunde schlug / wiewol der Streit damit noch kein Loch gewan / sondern sie triebens so lange / daß beydes die Kämpfer und ihre Pferde mat wurdẽ / so daß diese nach ihrer Reuter Willen sich nicht mehr lenken kunten; aber Zagheit ließ sich [415] bey ihnen nicht merken / sondern schlugen immer kräfftiger auffeinander / daß mein Herr endlich sagete: Mich jammert dein / daß du in so unredlicher Sache dich schänden / und dein Leben verlieren must. Perdickas antwortete: Du hast mich ja noch nicht überwunden /ob ich gleich bekennen muß / daß mir deines gleichen noch nicht auffgestossen ist. Gut / sagete mein Herr; also wirstu meiner kein halb dutzet begehren. Das schlagen ging von neuen wieder an / und bekam Perdickas etliche Wunden / da ihn mein Herr vermahnete / er solte einen wiederruf tuhn / und die Herrn Fabius angelegete Unbilligkeit erkennen / alsdann wolte er ihn ferneres Streits entheben. Dieser wahr des nicht willens / sondern durffte noch wol dräuen /mein Herr solte und müste von seinen Händen sterben; führete auch einen so kräfftigen hieb / daß wañ er ihn getroffen / es ohn schaden nicht würde abgangen seyn. Er schlug aber zukurz / und traff meines Herrn Pferd zwischen die Ohren / daß es alsbald stürzete / und sein Reuter mühe hatte / ohn fallen abzusteigen. Hier fing nun Perdickas an / ihm Sieges-Hoffnung zumachen / und wolte meinen Herrn überreñen /aber er trat ihm zu Fuß entgegẽ / hieb seinem Pferde die vor der Schenkel enzwey daß es fiel / und sein Reuter darunter zuliegen kam. Darauff trat er zu ihm und sagete; Nun ist dein Leben in meiner Gewalt /aber daß du meine Redligkeit erkennest / wil ich dich nicht angreiffen / biß du auff den Füssen stehest / und dich deines Schwerts gebrauchen kanst. Perdickas stellete sich als hörete ers nicht / da mein Herr ihn doch loß reissen half / daß die Zuseher meineten / sie würden verglichen seyn; aber da ging das Spiel erst zu Fusse an / wiewol man klärlich sahe / daß mein Herr Gewinner seyn würde / weil er fast keinen hieb taht / daß nicht das klare Blut darauff folgete. Jener fühlete / daß er seinen Meister bekommen hatte / und mochte ihm wol leid seyn / daß auff voriges anerbieten er sich nicht bequemet; schande halber aber wolte er sich keiner Furcht merken lassen / wie schwer ihm auch fiel / die gedoppelten Streiche auszunehmen. Meinen Herrn verdroß auch nicht wenig / daß er sich nicht demühtigen und ü Erlassung anhalten wolte /schlug deswegen immer fort auff ihn zu / biß er sahe /daß ihm die Krafft entging / uñ er den Schild fallen ließ; worauff er zu ihm sagete: Perdickas / gereuet dich dein Frevel noch nicht? Erkläre meinen Freund Fabius vor redlich / so wil ich dem Kampf die Endschafft geben. Dieser antwortete mit schwacher Stimme: Ein redlicher Ritter leidet lieber den Tod als Schimpff. Mein Herr wahr nicht destoweniger willens / ihm das Leben zuschenken; er sahe aber / daß ein grosser Auffstand ward / und Perdickas Geselschafft zu ihm eindrang / daher fassete er das Schwert / und richtete ihn mit einem Streiche zubodem. Die Ursach dieses Aufflaufs wahr des ertödteten Aristons Vater /welcher ohngefehr auff seiner Gutsche daher gefahren kam / vielleicht / daß er dem Kampf zusehen wolte; dieser da er vernam / daß sein Sohn tod wahr / gehub er sich als ein verzweifelter mensch / raufte sein Haar und Bart aus / und stellete sich so jämmerlich / daß alle anwesende zum mitleiden bewäget wurden. O ich armer abgelebter Man / rief er / habe ich dich zu dem Ende in meinem Alter gezeuget und von den Göttern erbehten / daß du mir so unselig must ermordet werden / gleich da du mein Stab und Trost sein soltest /und ich schier freude an dir zuerleben hoffete? O daß ich vor dich hätte sterben sollen / und du nach mir überblieben währest / dañ alle meine hofnung ist verschwunden / alle meine freude ist dahin. O mein Sohn Ariston! O Ariston mein Sohn mein Sohn! nachgehens kehrte er sich zu Perdickas [416] Geselschaft und rieff / jhr meine liebe Herren und verwanten / erbarmet euch meines elendes; lasset euch meinen Unfal zu herzen gehen / und gönnet mir die Rache wieder diesen schändlichen Mörder. Hiemit brachte er sie auff / daß sie ihre Pferde ansporneten / und auff meinen Herrn einmühtig zustürmeten. Ich und die übrigen meines Herrn Diener / sahen diesen Anfall / gleich da Perdickas nidergehauen ward / wolten ihn deswegen in dieser Noht nicht stecken lassen / sprengeten hinzu / und ließ ich meinen Herrn / wie billich wahr / auf mein Pferd sitzen / welcher ungeachtet aller gehabten Arbeit / rechtschaffen üm sich hieb / und den ersten / der auff ihn zuritte / stürzen machete / dessen Pferd mir sehr wol zustatten kam / und mischeten wir uns dermassen unter sie / daß in die XX Mann an ihrer seiten erlegt wurden / hingegen aber alle unsere Leute darauff gingen. Noch wolte mein Herr sich nicht ergeben / biß ein schlimmer Schelm ihm das Pferd erstach /daß es mit ihm stürzete / da ich alsbald ruffen hörete /nicht schlaget ihn tod / sondern nehmet ihn gefangen /er muß viel eines schnödern Todes sterben. Ich saß noch zu Pferde / wiewol ich alle meine Wunden schon hinweg hatte / und wahr anfangs willens / mein Leben daselbst auch zulassen; weil ich aber meinen Herrn lebendig gefangen sahe / und mir sein voriger Befehl zu gutem Glük einfiel / reiß ich Spornstreichs aus /und kehrete mich des Weges nach Elis. Sie schicketen mir drey Diener nach / mich niderzuhauen / aber weil mirs glückete / daß ich eines nach dem andern mächtig ward / legte ich ihrer zween nider / daß der dritte seiner Haut fürchtend / davon rennete. Ich / meiner Wunden ungeachtet / hörete nicht auff zureiten / biß ich zu Elis anlangete / da ich schmerzlich vernam /Herr Fabius währe nach Korinth gereiset / labete mich daselbst mit wenig Speise uñ Trank / ließ meine Wunden verbinden / uñ kaufte vor einen schönen Ring ein ausgeruhetes Pferd / welches mich zwar hergetragẽ / aber wie ich in Herr Herkules Herberge abstieg / alsbald niderfiel und die Seele ausbließ. Fr. Euphrosyne hörete dieser Erzählung fleissig zu / und sagte: Mein geliebter Herr und Freund / ihr habt mir einen sehr herben Streit erzählet / welchen ich sehr fürchte / noch nicht geendiget seyn / sondern werde von Herr Herkules erst recht fortgesetzet werden; nur dieses ist mir leyd / daß fast alle diese ädelleute in meine Verwandschafft gehören; iedoch / wer unbillich handelt / der erwarte auch der Straffe; Gott rette nur die Unschuldigen / und behüte meine geliebete Wase vor Unglük; schied hierauff von ihm / uñ hieß ihn die Ruhe nehmẽ / weil es schon zimlich späte wahr.

Valikules reisete inzwischen mit seiner Geselschafft frisch fort / nahmen die unwegsameste Bahn /daß sie nicht ausgespüret würden / und seumeten sich nicht / biß sie bey Patræ anlangeten / da die Reuter und Schiffknechte sich in dem Walde verstecken musten. Er ritte mit Markus uñ Gallus in die Stad / fragete nach der Herberge / in welcher der Römische Ritter gelegen / und forschete daselbst nach allerhand Zeitung; erfuhr auch / daß der Römische des nähstfolgenden Morgens mit dem Schwerte gerichtet /und Kleanders Gemahl lebendig verbrennet werden solte / weil man ihr Schuld gäbe / daß sie ihren Alten hätte ermorden / uñ mit dem fremden davon lauffen wollen. Dieser Zeitung erschrak er zwar sehr / und freuete sich doch / daß er noch lebete / setzete auff Gott allen Trost / und forschete / wo des Römischen Herrn sein Schiff blieben währe; vernam aber / daß weil sie gewarnet worden / sich vorzusehen / hätten sie sich nach einem andern Hafen gemacht. Markus und Gallus musten Speise käuffen / als viel sie auff ihren Pferden fortschleppen kunten / damit die Völker [417] gelabet würden / deren fast die Helffte vergessen hatte Speise mitzunehmen. Valikules aber kauffte vier Trometen / nam sie vor sich auffs Pferd / und folgete der Geselschaft. Auff dem Wege begegnete ihm ein Baur / welchen er fragete / ob ihm Kleanders Schloß bekand währe / und als er solches bejahete / gab er ihm die Trometen zutragen / dessen er ihn lohnen wolte. So bald seine Leute gessen hatten / hieß er sie Ruhe nehmen / und erfuhr von dem Bauren / was gestalt folgendes Tages das Gericht zwischen IX und X uhr solte gehalten werden / welches er daher wüste / weil er Kleanders Untertahn / und das Holz geführet hätte /worauff sein junges schönes Weib solte verbrennet werden. Weil er nun bey dem Bauren ein grosses Mitleiden wegen der Frauẽ vernam / sagete er zu ihm: Guter Freund / ich bin der guten Frauen naher Verwanter / und komme / sie von dem Feur zuerlösen; hast du nun mit dem unschuldigen Blute Mitleiden /so gib mir Anleitung / wo wir uns in der nähe am besten verbergen / und ihr zu rechter Zeit helffen mögen; sihe ich verspreche dir bey meinen Ehren / daß dir der beste Meierhoff in dieser ganzen Herrschafft davor sol Erb- uñ eigen geschenket werden. Der Baur gelobete mit teuren Schwüren / geträu zu seyn / und sie an solchen Ort zuführen / da man ihrer nicht wahr nehmen solte / biß sie nur noch wenig Schritte zu ihnen hätten. Er dankete ihm vor dieses Erbieten / und schenkete ihm X Kronen / ließ ihn aber doch binden / und sagete: Er müste solches nicht vor übel nehmen / weil er sich sein recht versichern müste; dessen er dann wol zufrieden wahr. Nach Mitternacht brachen sie auff / und liessen sich an den bestimten Ort führen /woselbst das Gericht solte gehalten werden; da Valikules sein andächtiges Gebeht zu GOtt hielt / und alle seine Leute sich auffs beste wapnen hieß / versprach auch einem jeden Soldaten und Schiffknecht in Korinth 40 Kronen zuerlegen / dafern sie ihm frisch folgen / und den gefangenen Römischẽ Gesanten zuerledigen fleiß anwenden würden; welches sie alle angelobeten. Hierauf lase er viere von ihnen aus / denen gab er die Trometen / behielt deren drey bey dem Volke / welche er in so viel Hauffen setzete / den vierden aber ließ er allein / zulezt einen falschen Lärm zu machen. Die bestimmete Zeit des Gerichts kam herzu / und sahen sie alsbald darauf zween Gefangene an Stricken daher leiten / welche mit ohngefehr 50 bewehreten Bauren umbgeben wahren. Ihnen folgeten bey XXX Reuter / deren nur IV gewapnet / dann es wahren ädelleute / welche kommen wahren / nicht zufechten / sondern dem Gerichte zuzusehẽ. Der alte Kleander ließ sich in einer TrauerGutsche nachführen / vor dem seines Sohns Leichnam in einem Sarge hergetragen ward / welchem Ladisla als ein Opffer solte abgeschlachtet werden. Als Herkules seinen lieben Freund so schändlich gebunden / uñ von den Henkers-Buben geschleppet werden sahe / meynete er / das Herz würde ihm vor Mitleiden und Zorn bersten / und wahr doch noch zu früh loßzubrechen / biß der Kreiß geschlossen wahr / und die verurteileten hinein geführet wurden. Die elende Frau rief stets umb Gnade und Barmherzigkeit / und beteurete ihre Unschuld / aber alles umsonst und vergebens. Ladisla wahr viel zu großmühtig / seinen Feind zubitten / sondern als er sahe / dz es anders nicht seyn wolte / ergab er sich dem Tode geherzt / und sagete: Nun mein Herkules /die Götter erhalten dich; Du verleurest aber anjezt deinen geträuesten Bruder / dessen Tod du sonder zweiffel nicht ungerochen lassen wirst. Gleich da er diese Wort redete / ging Valikules mit fünff geharnischten und IX gepanzerten loß wie ein Sturm / und muste der eine tapffer blasen / [418] fiel mit einem hefftigen Geschrey an / und setzete unter die gewapnetẽ Bauren hinein / schlug und hieb umb sich als ob er unsinnig währe / daß hier ein Arm / dort ein Kopff hinflohe /rief ihnen auch zu: sie währen alle des Todes / dafern den Gefangenen einiges Leid wiederführe. So bald sein Trometer auffhörete zublasen (dann also wahr es abgeredet) brach Markus an einer Seite ein / mit drey Geharnischten und so viel Gepanzerten; Gallus aber mit zween Geharnischten und vier Gepanzerten zur andern Seite / und liessen ihre Trometen auch frisch hören / da es dann an allen dreyen Orten weidlich über die armen erschrockenen Bauren ging. Kleanders vier Geharnischte wolten den ihren Beystand leisten /aber Valikules schikte ihnen seine fünff Geharnischte entgegen / welche ihnen redlich Stand hieltẽ / und in kurzer Zeit deren zween niderschlugen die andern beyden aber hart verwundeten. Unsere andere drey Hauffen drungen als in die Wette durch hin zu den Gefangenen / und wahr der Henker so verstokt / daß er / dessen alles ungeachtet / sein Amt an Ladisla volstrecken wolte / hatte auch schon das Schwert gezukt / ihn niderzuhauen; aber Valikules wahr ihm zur rechter Zeit auff der Haube / und schlug ihn mit einem Streich den Arm hinweg / damit er das Schwert gefasset hatte. Markus drängete mit herzu / sprang von seinem Pferde / schnitte die Bande von seines Herrn Armen hinweg / setzete ihm eines erschlagenen Bauren Sturmhaube auff / gab ihm das Henker-Schwert und seinen eigenen Schild / und sagete: Geschwinde mein Herr / und setzet euch auf mein Pferd. Ladisla dankete ihm sehr / stieg auf / und mischete sich mit in den Streit / da Markus sich auff eines Schiffknechtes Pferd machte / deren etliche abgestiegen waren / uñ zu fusse die Bauren mit ihren grossen Schwertern in die Pfanne hieben. Das arme Weibichen wahr in den grössesten ängsten / und noch unter Büttels Händen / welcher sie schon gefasset hatte / lebendig ins Feur zuwerffen; doch kam ihr Valikules zu rechter Zeit zu Hülffe / schlug die Schergen nider /und nam sie vor sich auf sein Pferd / setzete auch mitten durch die Bauren / welche sich schon nach der Flucht umsahen / und legte sie gebunden unter einen Baum nider / gleich da der lezte Trometer anfing im Walde zu blasen / welchen Valikules zu sich nahm /und mit ihm auffs neue anfiel / da schon die Unordnung unter den Bauren so groß wahr / daß sie sich nicht wieder setzen kunten. Der alte Kleander hatte sich dieses hefftigen überfalls nicht versehen / sahe die kleinen Häuflein der unsern / und rieff den seinen zu / nur geherzt zu seyn / was sie sich von einer Hand voll Volckes treiben liessen? aber es währete nicht lange / da merkete er / dz schon der gröste Teil der Bauren gestrecket lagen. Ladisla setzete mit Markus und Gallus unter die geputzeten ädelleute / deren sie achte niderhieben / ehe die algemeine Flucht anging /welche dann nicht lange anstund / massen als Valikules wieder kam / samlete er die Geharnischten umb sich / setzete damit unter die Bauren / da sie noch stand hielten / und wirkete so wol / daß sie alle ihr Gewehr von sich worffen / und sich unter die grosse Menge der Zuseher verstecketen / deren über die 50 von den Pferden zutreten und sonst hart verwundet wurden / der bewehreten Bauren aber 38 mit der Haut bezahleten. Kleander sahe / daß alles verlohren wahr /und wolte sich durch die Flucht davon machen / hieß auch schon seinen Gutscher ausreissen; aber Ladisla kam ihm gerade entgegen / stieß dem Gutscher das Schwert durch den Leib / fassete den Alten beym Arme / und zohe ihn vor sich auff sein Pferd / zu ihm sagend: Du gräulicher Bluthund und Erzschändigter Wüterich / jezt werde ich deiner teuflischen boßheit[419] ein Ende machen / wiewol ich keine Straffe sehe /welche derselben gnug währe. Dieser sperrete und sträubete sich sehr vor ihm auff dem Pferde / fing an umb Gnade zubitten / und daß er sich mit viel tausend Kronen lösen wolte. Aber sein Verbrechen wahr zu groß / und Ladislaen Zorn zu hefftig / welcher ihn zu dem lohebrennenden Feur hinführete / und ihn da hinein warff / da er mit erschreklichem brüllen und langwieriger Pein endlich seinen Geist auffgab. Unterdessen hatten Markus und Gallus samt ihren Gehülffen die ädelleute in ein Gedränge getrieben / welche auff Ladislaen Ankunfft umb Gnade schrihen / der ihnen stündlich von ihren Pferden zusteigen befahl / ließ sie mit ihren Zäumen binden / uñ fragete nach / wer unter ihnen der schelmischen Verrähterey beygewohnet hätte / da er so mördlich überfallen währe? Deren funden sich nun noch neune in dieser Geselschaft / und wurden ohn weitere Urtel alsbald nidergehauen; die übrigen dreyzehn aber / biß zu weiterer Verordnung gefangen behalten. So bald Valikules sahe / daß die Gefahr vorbey war / ritte er mit Gallus hin zu der annoch gebundenen Frauen / stieg vom Pferde und lösete ihr die Bande auf; öfnete auch seinen Helm / daß sie ihn unter dem Gesichte sehen kunte / und sagete zu ihr: Hochwerte Freundin / ich bedanke mich gegen euch höchlich / daß ihr euch / wie ich merke / des Gefangenen nach Vermögen angenommen. So gehet nun hin / und saget ihm: Ein unbekanter Freund / den er sein lebelang nie gesehen / aber wol von ihm mag gehöret haben / lasse ihn erinnern / sich von Vergiessung des unschuldigen Blutes zuenthalten / und daß ich umb Verzeihung bitte / wegen meines schleunigen Abscheides; dann ich werde auf ein andermahl mich ihm schon offenbahren. Die gute Frau fiel ihm zun Füssen / und baht fleissig / mit ihr auff das Schloß zu reiten; Er aber kehrete sich ferner nichts an sie / stieg wieder zu Pferde / und rennete mit Gallus Spornstreichs davon / höreten auch nicht auff zueilen / biß sie zu Korinth bey Fr. Euphrosynen anlangeten. Ladisla wuste noch nit / was vor Leute ihn gerettet hattẽ / wiewol er nit anders meynete / es wären Herkules uñ Fabius; so hatte Markus bißher seinen Helm noch nit auffgeschlagen / sondern nach Vollendung dieses Streits / stieg er ab vom Pferde / taht seinẽ Helm hinweg / uñ nachdem er ihm die Hand geküsset hatte /sagte er: Gn. Herr / heut habe ich den Tag meiner höchstẽ Glükseligkeit erlebet / indem Eurer Gn. angenehme dienste zuerzeigẽ ich gelegenheit gehabt. Ja mein lieber Markus / antwortete er; du hättest auch kein Augenblik länger außbleibẽ dürffen / da mein Leben solte gerettet seyn / wirst dich auch zuversichern haben / daß ich dir Zeit meines Lebens solches geniessen lassen werde. Aber wo ist mein Herkules /welcher durch seine Fäuste fast übermenschliche Tahten gewirket hat? Von Herren Herkules / sagte Markus / ist mir nichts bewust; dieser trefliche Held aber muß ja euer Gn. durch sonderliche schickung Gottes zugesand seyn / wie gleichergestalt auch mir vor wenig Tagen / wovon zur bessern Gelegenheit wird zu reden seyn. In dem sahe Ladisla die elende Frau dorther treten / noch so voller Angst / daß alle ihre Gliedmassen zitterten / hub sie vor sich auff sein Pferd / und nam sie freundlich mit einem Kuß in die Arme / zu ihr sagend: Herzgeliebete Freundin als Schwester / die Götter haben unsere Unschuld angesehen / und nicht zugeben können / daß wir als Ehebrecher und Mörder verderben solten; gebet euch demnach zufrieden / weil der alte Bluthund sein Leben in eben demselben Feur schon geendet hat / welches er euch hatte anzünden lassen; führete sie damit nach der Gutsche / und setzete sie dahinein. Markus hatte seine Krieges- und [420] Schiffleute auch gesamlet / deren nur drey verwundet und kein einziger Tod wahr / und nachdem Ladisla sich einer Verrähterey und neuen überfalles von dem umher wohnenden Adel besorgete / ließ er die Gefangenen nach dem Schlosse führen /und machete sich mit den seinen ungeseumet dahin /ließ alle Tohre biß auff eines / versperren / und musten Markus Leute dasselbe besetzen. Er wahr voller Gedanken / wer dieser seyn Erretter seyn möchte / uñ warumb derselbe so schleunig davon geritten währe /sagte auch zu Markus; hat dir irgend mein Herkules verbohten / daß du ihn nicht melden sollest so sage mirs nur / ich wil ihm wieder seinen willen nicht folgen. Mein Herr / antwortete ihm Fr. Agatha: Es ist dieser treffliche Held zu mir kommen / nachdem er mich schon zuvor erlediget hatte / hat mir die Bande selbst auffgelöset / uñ mir befohlen / ihm sein Begehren anzumelden; brachte hiemit vor / was er ihr unter dem Baum gesagt hatte. Ey meine Freundin / sagte er / wie wahr er doch Gestalt? Er ist / sagte sie / braunlich von Händen / Haar / und Angesicht / aber gar lieblich / so daß ich ihn vor einen halte / der auß den Asiatischen Morgenländern / entsprossen ist. Weil sie dieses erzählete / ließ sich ein Schiffknecht angeben /und brachte vor / der unbekante Ritter hätte bey seinem Abzuge ihn zu sich geruffen / und anfangs angezeiget / wo sie das von ihm versprochene Geld empfangen solten; hernach befohlen / Herren Ladisla zuvermelden / wie er aus sonderlicher Gewogenheit /durch himlische Anreizung ihn entsetzet / und möchte er durch unzeitige Nachforschung ihm keine vergebliche Mühe machen / weil unmöglich währe / daß er ihn würde antreffen können / biß ihm selbst geliebete sich zumelden. O ihr Götter / sagete er darauff; muß ich dann meinen Retter nicht keñen / dem ich Leib und Leben schuldig bin? Kehrete sich hernach zu Markus / und fragete / wie er in seine Geselschafft kommen währe. Worauff er antwortete; es ist dieser Held mit seinem Diener / einem ansehnlichen guten Ritter in Korinth zu mir kommen / woselbst er sieben Ritter / welche mir und Charidemus Wittiben mit falschem Lügenmaul ungebührliche Sachen nachredeten / nacheinander in einem Kampf erleget; und als zween Tage hernach euer Gn. Gefängnis ich von Klodius berichtet worden / hat er sich bey mir angemeldet (wie heimlich er sonst nach gehaltenem Kampff sich vor mir hielt); er hätte vernommen daß ich nach der Stad Patræ zu reisen willens währe; weil dann sein Weg auch dahin fiele / suchte er gute Geselschafft umb Sicherheit willen. Als er nun mein Vorhaben vernam /einem unschuldig gefangenen Herren nach vermögen Rettung zuleisten / erboht er sich freiwillig / nicht von mir zu scheiden / biß mein Vorsaz zum gewünschten Ende außgeführet währe / weil er / wie er sagete /Herren Ladisla wol kennete / derselbe aber ihn nicht. Er hielt sich bey uns / als währe er unser Obrister gewesen / und bekenne ich meines teils / dz ich ihm gerne gehorchet habe; massen er alle Dinge klüglich anordente / dz ich mich sein nicht gnug verwundern kunte; insonderheit mit den Trometen / wahr sein angeben / welches uns wol geholffen und die Feinde erschrecket hat. Die nähst vergangene Nacht musten wir alle ruhen / aber in seine Augen kam kein Schlaff /sondern ging und sinnete / wie er sein Vorhaben recht ansahen wolte / wozu er sich eines Baurẽ rahts gebrauchete / dẽ er ohngefehr hatte angetroffen. Nun ihr Götter / sagte Ladisla / euch sage ich voraus Dank vor meine Erledigung / und wünsche zugleich / daß ich dieses Freundes Kundschafft erhalten möge / mit dem ich alles mein Vermögen und Haabseligkeit gerne teilen wolte / sonst werde ich nicht [421] können von Herzen frölich seyn. Wer hat dir aber meinen Unfal zu Korinth so schleunig kund getahn? wie ich schon gemeldet habe / sagte er / der hartverwundete Klodius /der annoch in grosser Schwacheit zu Korinth danider lieget. Erzählete hernach / wie es Fabius und ihm ergangen / und was Gestalt ihm Gott so grosses Glük zugefüget / uñ eine Tugendreiche wolbegüterte Braut bescheret hätte. Ladisla erfreuete sich dessen / und sagete zu ihm: Es währe ihm lieb / daß er sein anteil schon funden / sonst wolte er ihm die heut errettete zu gefreiet haben; wovor er sich untertähnigst bedankete / und ihn baht / seines geträuen Dieners Klodius eingedenke zu seyn; welches er ihm verhieß. Die Frau kam gleich wieder darzu gangen / und hielt bey Markus an / ihr zuverzeihen / daß vor die geschehene Erlösung sie ihm noch nicht gedanket. Er aber grüssete sie von wegen ihrer Fr. Wasen / und befahl sich ihrer guten Freundschafft und Gewogenheit / der Hoffnung gelebend / daß er noch vertraulichere Kundschafft mit ihr zu machen / Gelegenheit haben würde. Bald fragete sie ihn / ob er vielleicht ihrer Wasen Fr. Euphrosynen Liebster währe; und da er solches bekennete /erboht sie sich / mit ihm nach Korinth zuzihen / und ihre vertrauete Freundin zubesuchen. Der Baur welcher diese Nacht bey Valikules gewesen / trat hin zu Markus / und baht / der gestrigen Zusage eingedenk zu seyn; es währen unter den Erschlagenen Bauren unterschiedliche / welche grosse Meierhöfe hinterlassen / insonderheit einer / der weder Weib noch Kind hätte / und sein Gut gar loßgestorben währe. Markus erzählete dieses Mañes Fleiß und Träue / wovor ihm nicht allein der begehrete Hoff mit allem vieh und zubehör / sondern seinen vier Söhnen und fünf Töchtern so viel Güter der Erschlagenen Bauren zugewendet wurden / daß ihres gleichen an Reichtuhm in derselben Gegend nicht wahr. Nachgehends foderte Ladisla alle gefangene ädelleute vor sich und die Frau / und begehrete von ihnen zuwissen / warumb sie an ihrem unschuldigen Tode so grosses Wolgefallen gehabt /und bey dem unmenschlichen Gerichte sich eingestellet / nicht anders / als ob sie zum HochzeitFeir geritten währen? Diese wusten sich nicht zuentschuldigen / nur; es währe ihnen ihre Unschuld allerdinge unwissend gewesen / und hätte ihr Anverwandter Kleander sie viel eines andern beredet / als ob Fr. Agatha mit dem Gefangenen Abrede genommen / ihn bey Nachtschlaffender Zeit zuerwürgen / und den Gefangenen zum Besitzer aller seiner Güter zumachen. Aber Ladisla beantwortete ihnen dieses also: O ihr frevelmuhtige Buben / wie dürffet ihr mit diesem nichtigen Behelff angestochen kommen? haben nicht ich uñ diese Tugendsame Frau euch bey unser schändlichen Ausführung unsere Unschuld überflüssig vorgestellet /aber wer ist unter euch / der sich im geringsten daran gekehret / ja der nur einiges Zeichen des Mitleidens hätte sehen lassen? Daß auch des unbarmherzigen alten Bluthundes Vorgeben nichts als eine schändliche Lüge und Verleumdung sey / sollet ihr daher erkennen / daß vor erst ich mein eheliches Gemahl zu Padua habe / und daß ich hernach ein grösser Reich erblich besitze als gantz Pelopoñesus kaum ist; wird auch kein Mensch erfahren / daß ich eines Strohalmes wert von dieser ädlen Frauen Gütern umsonst zugeniessen begehre / der ich euch alle leicht eigen käuffen / und aus meinem Schiffe euch über XII Tonnen Schaz Zehrgelder vorlegen könte. Also sehet ihr nun /wie boßhafftig der verfluchte Wüterich an mir und dieser unschuldigen Frauen gehandelt / welche durchaus nichts gesündiget hat / nur daß sie seine teuflische Boßheit wider mich nicht billichen können / und [422] mit meinem Unglük ein Mitleiden getragen / welches sie auch bewogen hat / daß sie anfangs mich in meiner Gefängniß gespeiset und getränket / darinnen ich sonst hätte müssen Hungers und Durstes sterben; nachgehends sich bemühet / mich loßzumacher / welches ihr mißlungen. Damit ihr aber auch euer Verbrechen wisset / so bedenket / wie Römische Käyserl. Hocheit es empfinden werde / daß ihr mich einen Römischen gevollmächtigten Gesanten dergestalt zum Tode begleitet / und an meinem Verderben euch erlustiget habet. Zwar ich hätte Recht und Macht genug euch alle mit einander durch schändlichen Tod hinzurichten / aber daß nicht eure Anverwanten sich zubeschweren haben / ich verfahre nach meinem eigenen Willen und angemasseter Rache / so haltet euch fertig / morgendes Tages zu Schiffe zutreten / daß ihr vor Käyserl. Hocheit erscheinet / umb daselbst eures Tuhns Rechenschafft zugeben; und dafern euch eine geringere Straffe auffgeleget wird / als daß ihr alle zum Tode verurteilet / und eure liegende und fahrende Güter der Käyserl. Ka er zugesprochen werden / so wil ich meinen Kopff verlohren haben. Wolte nur einer oder ander diese meine Rede vor ein Schreckwerk haltẽ / so sehet da meine Römische schrifftliche Vollmacht / und schicket euch / dasselbe auszustehen / wz ihr verdienet habet / welches auch an der schon abgeschlachteten ihren hinterbliebenẽ sol ausgeführet werdẽ. Als die Gefangenẽ solches höreten /uñ seinen schriftlichen Beweißtuhm sahen / erschraken sie über alle masse / hättẽ auch gerne alsbald eine Abbitte getahn / wañ nit Ladisla mit der Frauẽ gleich währe davon gangen; liessen doch durch einen Kriegsknecht / der sie bewachete / um gnädige Verhörung untertähnig anhalten; worauff sie wieder zu ihnen gingen / und fing der Vornehmste unter den Gefangenen also an: Durchleuchtiger Gnädiger Herr; wir können nit umbhin / zubekennen / daß an eure Gn. wir uns sehr grob und hart versündiget haben / indem wir nicht allein in die / ihrer Gn. angelegete Unbilligkeit gehehlet / sondern überdas diesem unrechtmässigen gottlosen Gerichte beyzuwohnen / uns gelüsten lassen. Nun sind aber dessen die Götter unsere Zeugen / daß vor erst uns allerdinge unwissend gewesen /daß eure Gn. ein Römischer Ritter; vielmehr / daß sie ein gewaltiger Gesanter Ihrer Römischen Käyserl. Hocheit ist / sondern man hat uns dieselbe als einen fremden Umbschweiffendẽ vorgemahlet / von dessen Stand und Wesen niemand einige Kundschafft hätte. Doch sey diesem wie ihm wolle / wir hätten billich besser nachfragen sollen / und wird dahero unsere Unwissenheit uns nicht entschuldigen / sondern unsere einige Zuflucht ist zu eurer Gn. Barmherzigkeit und Güte / wie auch zu unser höchst geehrten Fr. Wasen und Schwägerin wolgelittener kräfftigen Vorbitte und Sanfftmuht / untertähnig und wehmütig bittend und flehend / uns diesen groben Fehler zuverzeihen und es vor Römische Käyserl. Hocheit nicht gelangen zulassen; dagegen erbieten wir uns / so viel unsere Güter vermögen / Abtrag zumachen / und unsere Sünde zu büssen / auch hernähst ihnen mit Gut und Blut stets verbunden zu seyn. Ladisla wahr sehr ernsthafftig; es wolte in so beschaffenen Sachen sich nit also lassen durch die Finger sehen / das Verbrechen währe zu grob und übermacht / müsten demnach in Hafft verbleiben / biß ers mit seinem Mit-Gesanten Herrn Fabius würde in Bedacht gezogen haben. Diese wusten nun / wie scharff derselbe mit Charidemus verfahren /daher sie sich eines gleichen befürchteten / tahten deswegen einen wehmühtigen Fußfal / und daß nach seiner Gn. er selbst mit ihnen handeln möchte. Weil dann Ladisla ihre [423] ernstliche Reue sahe / nam er mit Fr. Agathen einen Abtrit / und fragete / weß sie gesinnet währe; da sie etwa in künfftig sich vor ihnen zubefürchten / könte man sie anjezt dämpffen; doch hielte ers davor / ihr beyder Schimpff und Spot währe zur gnüge an den rechtschuldigen gerochen; daher währe er bedacht / nach seines Erlösers Raht und Willen mit ihnen zuhandeln / jedoch / daß sie gnugsame äyd- und schrifftliche Versicherung von sich geben solten / sich hernähst auff keinerley Weise an ihr oder den Ihrigen zu rächen. Die Frau wahr ohndas sehr mitleidig / und baht mit heissen Trähnen / den Gefangenen zuverzeihen / welches sie würden zuerkennen wissen. Also gingen sie wieder zu ihnen hin in den Saal / da die Gefangene noch auff den Knien lagen / welche er auffstehen hieß / und sie also anredete: Ob zwar eure Verbündnis wieder einen Römischen Gesanten nit weniger als Lebensstraffe und Verlust aller Güter verdienet hat / insonderheit / weil ich ja nit in diese Landschafft ko en bin / einem einzigen Menschẽ ein Häärlein zukränken; so hat doch gegenwärtige eure F. Wase und Schwägerin bey mir mit so heftigen Zähren um Begnadigung angehalten / dz ich ihr zu gefallen /anders / als ich willens gewesen / mit euch verfahren wil; erbiete mich demnach / euch allẽ insgemein / uñ jedem insond'heit die verwirkete Straffe nachzulassen / mit der Bedingung / daß ihr gleich jetzo äidlich angelobet / schier heut oder morgen weder durch euch selbst / noch durch andere / euch an dieser Frauẽ /oder wer es seyn möchte / zurächen / sondern ihr allen freundlichen Willen Zeit eures Lebens zuerweisen /sonder arge List und Gefährde. Ob ihr nun dieser Vorbitte wegẽ / euer Fr. Wasen einige rechtschaffene Dankbarkeit schuldig seyd / stelle ich eurem Gewissen anheim; doch sollet und müsset ihr mir aller / heut / und Zeit meines Kampffs erschlagenen Güter und Erben nahmhafft machen / welche ich wegen der muhtwilligen Boßheit schon finden werde / insonderheit / weil ich sie zu Patræ selbst gewarnet / sich an mir als einem Römischen Bedieneten nicht zuvergreiffen. Diese bedanketen sich der Gnade untertähnig /leisteten den äid mit gutem Willen / und gaben dessen schriftliche Zeugniß von sich. Worauff ihnen Ladisla ihre Pferde zustelle / uñ sie hin auf ihre Güter zihen hieß. Diese besucheten zuvor der erschlagenen Frauen / trösteten sie / und gaben ihnen ihr annoch bevorstehendes Unglük zuerkennen / auch zugleich den Raht /daß sie nach Fr. Agathen reiseten / ihr ansehnliche wichtige Geschenke mitbrächten / und sich ihrer Vorbitte gebraucheten / sonst würde der Römische Gesante ihnen nicht eines Hellers wert von allen ihren Gütern übrig lassen / ia sie alle miteinander vor Leibeigene annehmen. Zwar es ging diesen Frauen ihrer Männer Tod sehr zuherzen / dañoch aber fürchteten sie das künfftige noch mehr; wahren demnach willig /diesem Raht folge zuleistẽ; da sie dann stündlich an Fr. Agathen schrieben / daß / wo sie ihre gegenwart erleiden könte / wolten sie dieselbe gerne erstes Tages besuchẽ. Als sie nun kahmen / brachten sie ihr an Kleinoten / Perlen und gemünzetem Golde über die 140000 Kronen wert; lieferten ihr daneben auff 50000 Kronen Handschrifften ein / welche sie ihrer Eltern wegen hatten / uñ schenketen ihr solches alles. Darauf brachten sie ihre Werbung vor / uñ bahten mit heissen Trähnen / ihnen bey dem Herrn Gesanten Gnade zu erlangen / daß ümb ihrer Männer Verbrechens willen sie nicht von ihren Gütern möchten verstossen / noch ümb ihre Freyheit gebracht werden. Fr. Agatha tröstete sie allesamt in ihrem Elende / mit Bezeugung / wie herzlich leid jhr solches währe / und bemühete sich bey Ladisla / das jhnen samt und sonders alle [424] Straffe erlassen ward / nur musten sie dagegẽ angelobẽ / mit jhrer wasen und Schwägerin auffrichtige freund- und nachbarschaft zuhaltẽ / und wegen Kleanders Erbschafft jhr durchauß keine ansprach zuzumuhten / sondern ihr bestes zubefodern und ihren Schaden nach Vermögen abzuwenden. Perdickas nachgelassene Wittib / eine ansehnliche statliche Frau / ohngefehr von XXX Jahren / Nahmens Artonis /kam auff ermahnen obgedachter ädelleute auch dahin /und erlangete durch ihre Freundligkeit bey Ladisla völligen Erlaß; sie wahr überaus Geldreich / uñ hatte ihrem Eheherrn viel Tonnen Goldes zur Heimsteur gebracht / welcher sie in Persen geheyrahtet / und weil sie dem Persischen Großfürsten Artaxerxes nahe verwand wahr / hatte sie jährlich daher grosse Rente zuheben. Sie gewann eine solche Zuneigung gegen Ladisla / daß ihr schwer fiel / sich von ihm zuscheiden /da sie ihm sechs treffliche Persische Pferde mit gestiktem Zeuge / und einen Medischen Säbel grosses Werts; überdas IIX Stücke Kleinot auff 26000 Kronen geschätzet / fast wieder seinen Willen verehrete. Fr. Agathen lieferte sie 16000 Kronen gemünztes Goldes / und eine Handschrifft auff 10000 Kronen /wovor sie einen grossen Teil ihres Vaters Güter zum Unterpfande hatte / und sagete zu ihr: Geliebete Fr. Schwägerin / ich erkenne gar wol / daß all euer Unfal einig und allein von meinem gewesenen Ehherrn herrühret / welches mir herzlich leyd ist; damit ich nun mein gutwilliges Gemüht etlicher massen bezeugen möge / und ich des ihren hinwieder versichert seyn könne / hoffe ich / sie werde diese Gelder und Handschrifft samt alten den Gütern / die von ihres Seel. Herrn Vaters wegen ich unter Händen habe / von mir unwegerlich annehmen / und weil ich lebe / vertrauliche Freundschafft mit mir halten. Fr. Agatha bedankete sich gar demühtig / hätte ja ein solches nicht verdienet / und währe ihr unmöglich es zuvergelten /wolte deswegen die Götter bitten / daß sie es in andere Wege erstatten wolten. Es wahr Fr. Agatha zwar von gutem Griechischen Adel / aber ihre Eltern wahren ihr sehr früh abgangen / und hatten wegen schwerer Bürgschafften ihr nichts als Schulden hinterlassen / daß sie auch von ihren Anverwanten aus Erbarmung aufferzogẽ wahr / biß sie den alten Kleander wieder ihren Willen heyrahten muste; derselbe merkend / daß ihre Güter fast tieff verschuldet wahren / wolte damit keine Ungelegenheit noch mühe haben / und übergab sie den Gläubigern / vermachte ihr dagegen auff seinen Todesfal ein zimliches Leibgedinge / dessen Auffkünffte sie Zeit ihres Lebens geniessen solte / dafern sie nit wieder heyrahten würde. Weil nun sein Sohn erschlagen / und sie / wie er vorgab / von ihm lauffen wollen / hatte er seines Bruders Sohn zum Erben eingesezt / welcher bey Ladisla Erlösung strak anfangs mit nidergehauen wahr / und keine nahe Erben an Kleanders seite übrig wahren / die ihr solche Erbschafft hätten streitig machen koñen / welches ohn das leicht können verwehret werden. Sie wahr schön und verständig / im achzehnden Jahre ihres Alters /und hatte mit ihrem Alten ohngefehr ein halbjahr im Ehestande gelebet; anfangs da sie vom Feur erlöset wahr / mochte sie sich Hoffnung machen / daß Ladisla sie hernähst heyrahten würde / weil sie seines Wesens und Ehestandes unberichtet wahr / aber diese Gedanken verlieffen bald bey ihr. Die XIII freygelassene ädelleute / welche alle wolbegütert wahren /schicketen VI ihres Mittels an Ladisla / uñ sendeten ihm zwo überaus trefliche Gutschen mit XVI Pferden in güldenem Zeuge / daneben eine güldene Kette mit einem köstlichen Kleinot / welches alles er wieder seinen Willen annahm / ohn des grossen Alexanders[425] Brustbilde auff einem Goldpfennige abgegossen /welches mit übergeschicket ward / wahr ihm sehr angenehm; nachgehends lieferten sie Fr. Agathen an Kleinoten 20000 Kronen / uñ an Baarschafften 60000 Kronen / auch dabey ihrer Eltern Verbrieffungen auf 40000 Kronen Häuptstuel. Die Güter / welche sie davor unterhatten / wurden ihr alle abgetreten / daß sie den grösten Teil ihres Väterlichen Erbes ümsonst wieder bekam / und ihr Landgut üm ein trefliches mehrete. Sie boht Markus 60000 Kronen zur Verehrung an / weil Ladisla nichts von ihr nehmen wolte; er aber antwortete ihr / es würde ein schlechter Grund künfftiger Verwand- und Schwägerschafft seyn /wüste es auch vor seiner Liebesten durchaus nicht zuverantworten / zugeschweigen / daß er schon ein übriges hätte nehmen müssen / massen die gesamten Wittiben ihm 10000 Kronen / die ädelleute 6000 / und Fr. Artonis 4000 Kronen geschenket hatten. Nach Verrichtung aller Sachen / machten sie sich zum Auffbruch fertig / da Fr. Agatha alle ihre Baarschafften und Kleider auff Wagen lude / ihre Güter einem ihrer Anverwanten umb gewissen Pacht eintaht / und mit der Gesellschafft sich nach Korinth erhuhb / ihre Trauerzeit bey ihrer geliebten Wase auszuhalten. Als sie von dem Schlosse abzogen / stellete sie jedem Kriegsknechte 100 Kronen / und jedem Schiffknechte 80 Kronen zu / welches ihm Ladisla wolgefallen ließ /welcher mit IIX Geharnischten auff Elis ritte / Fabius abzuhohlen; Markus aber nam mit den übrigen den nähesten Weg auff Korinth / wiewol sie nahe vor derselben Stad wieder aneinander gerieten / weil diese wegen der schwer beladenen Wagen gemählich zihen musten. Es hatte Fabius aus dem gemeinen Geschrey vernommen / was massen Ladisla der grossen Gefahr entgangen / dessen er nun völlig berichtet ward /kunte aber nicht aussinnen / was vor ein Ritter solche Errettung geleistet hätte; Sie wolten es Herkules gerne zulegen / nur die Gestalt traff nicht ein. Zu Korinth wahren sie bey Fr. Euphrosynen sehr wilkommen /deren gute Art Ladislaen wolgefiel / ging alsbald zu Klodius vor das Bette / rühmete seine Träue / ohn welche er sein Leben nicht hätte erhalten können /und ermahnete ihn / sich des Arztes Befehl gemäß zuverhalten / daß er bald gesund würde / und den Lohn /welchen er ihm zugedacht / empfahen könte; worin Klodius sich nicht zufinden wuste / meynete / es würde etwa ein gut Stük Geldes seyn.

Unser Valikules / so bald er wieder zu Korinth anlangete / fand er ein Schiff daselbst / welches des folgenden Tages nach Kreta wolte / ging des Abends zu Fr. Euphrosynen / und hielt Mahlzeit mit ihr / brachte ihr auch die gute Zeitung / was massen er Fr. Agathen dem Henker aus den Händen gerissen / da sie gleich hätte sollen ins Feur geworffen werdẽ / währe aber von Ladisla zur Wittiben gemacht / und baht / wann sein Klodius diese Braut vom Tantze führen könte /möchte er ihm solches wolgönnen. Euphrosyne gab ihm die Hand darauff / nicht zuruhen / biß sie diese Heyraht ins Werk gerichtet / wolte auch dero behueff ihre Wase nach Korinth hohlen lassen / dafern sie Markus nicht mit bringen würde / woran sie doch nicht zweiffelte. Des folgenden Morgens / als er zu Korinth alles nach Willen bestellet hatte / ging er mit Gallus unter herzlicher Anruffung GOttes umb eine glükliche Reise / zu Schiffe / und fuhr nach dem Eilande Kreta mit gewünschetem Winde. Des Tages /als Markus zu Korinth wieder ankommen wahr / ging Valikules Christlicher Wirt zu ihm / erboht sich anfangs zu allen möglichen Diensten / wie Herr Valikules mit [426] ihm vertraulich abgeredet hätte / uñ reichete ihm nachgehends 1000 Kronen nebest einem verschlossenen Briefelein / des fremden Ritters wegen /welches er brach / und folgenden Inhalt daraus lase:Daß ich euch / lieber Freund / vor meinem Abschiede nicht gesprochen / werdet ihr meiner Sachen Notturfft und grosser Eile zuschreiben / als der ich bloß eures Herrn wegen meine wichtige Reise nach Spanien auffgeschoben / welchen ich freundlich zugrüssen bitte / und dz den Kriegs- und Schiffknechten / welche in Erlösung ihres Herrn tapffer und redlich gefochten / das von mir versprochene Geld ausgeteilet werde. Sonsten warte ich auff bequeme Gelegenheit / mich dereins besser kund zugeben. Inzwischen gehabt euch wol uñ seyd gegrüsset von eurem gutẽ Freunde. Jul. Probus. Er brachte dieses Schreiben alsbald Herrn Ladisla zuverlesen / welcher alle Gedanken auf diesen Ritter / aber ganz vergeblich wendete / nur erfreuete er sich / daß auch schriftlich er seine Kundschafft angelobete. Fr. Euphrosyne nam dazumahl auch ein Schreiben aus ihrer NäheLade hervor / und sagete: Ich hätte schier aus der acht gelassen / meinem Liebesten ein Schreiben einzuhändigen /welches vor dreyen Tagen mir ein Schiffknecht gebracht / mit vermelden / es kähme von einem sehr guten Freunde / welcher in dem Eilande Kreta zu Schiffe gangen / und nach Zypern gesegelt währe; hätte ihm eine Krone Trinkgeld versprochen / da ers zurecht einliefern würde / welche ich ihm auch gegeben. Markus nam den Brief zu sich / sahe nach Erbrechung den untergezeichneten Nahmen / und sagete /als aus Verwunderung: O Gn. Herr / ein Schreiben von Herr Herkules. Was? antwortete er / schreibet mein Herkules an euch / und nicht an mich? da stecket was neues hinter / und merke ich schon / mit was Anschlägen er umgehet; Aber leset uns doch den Inhalt /daß wir seines ergehens Bericht einnehmen. Markus gehorsamete / und lase wie folget:Lieber Freund Markus / ich werde ohngefehr berichtet / daß ihr zu Korinth mit einem Schiffe sollet anko en seyn / zweifele auch nicht / mein herzlieber Bruder und Seelen-Freund Ladisla habe euch ausgeschickt / oder finde sich selbst dabey / welches ich doch nicht eigentlich erfahren können. Lieber schreibet oder vermeldet ihm / meine herzliche Bitte sey / daß er wegen meines Abschiedes sich nicht bekümmere / noch mir zufolgen sich unternehme /sondern bey seinem lieben Gemahl zu Padua verbleibe /in Betrachtung / ich viel zu einen weiten Weg / beydes zu Wasser und Lande reisen muß / ehe ich dahin gelange /wohin sein Frl. Schwester geführet wird; und ist unmöglich / daß jemand in Rittersgestalt ihr beykommen solte /sondern werde mich in Weibeskleidern verstellen müssen / da ich sonst ichtwas zu ihrer Rettung wirken wil; Hoffe demnach / dafern mein geliebter Bruder mich in ihm zu tödten nicht gemeynet ist / er werde mir hierin wilfahren /und mit Gottes Hülffe / meiner / und seiner Frl. Schwester Ankunfft / inwendig halbjähriger frist gewärtig seyn. Ich hätte selbst an ihn geschrieben / da ich nicht gleich jezt in ein Schiff treten müste / mit gutem Winde aus Kreta nach Zypern zufahren / und von dar ab weiter den abgelegenen Morgenländern zu / durch Wellen und Wüsteneyen. Der Allmächtige Gott schütze mich und meinẽ geträuen Diener Gallus / der aus einem bösen Räuber ein gewünscht-fro er Mensch worden ist. Meinen Gruß an alle guten Freunde und Freundinnen unvergessen.


Herkules


Ladisla sagete nach Verlesung mit seuffzen: O Herkules / Herkules / ist das die geschworne Träue? Warumb fleuhestu so vor mir? Warumb ist dir meine fernere Geselschafft so verdrießlich? oder meynestu / ich könne nicht so wol ungemach leiden als du? ich scheuhe mich mehr vor Wellen und Wüsteneyen / als ich dich liebe? Fabius antwortete ihm: Mein Herr Bruder / mir zweifelt nicht / eure Gesellschafft sey Herrn Herkules überaus angenehm; nur weil wir wegen des Barts unser Geschlecht nicht können verbergen / hat er / als viel ich muhtmasse / uns warnen wollen / alle Gefahr bestes Fleisses zumeidẽ; kan uns demnach [427] dieser Brief in so weit dienen / dz wir auff unser Reise desto behutsamer gehen; möchte aber wünschen / daß uns der Ort wissend wäre / wohin wir unsern Weg nehmen müssen. Ja antwortete Ladisla /wer weiß / ob diesem Schreiben ichtwas zutrauen stehet / und nicht vielmehr alles nur / mich abzuschrecken / ertichtet ist? Ich keñe meinen Herkules viel zu wol in solchen Streichen / und hat er mir dergleichen Possen in der Jugend schon mehr gerissen. Ich erinnere mich anjetzo / wie unser Lehrmeister nach geendeten Unterweisungs-stunden pflag mit uns zur Ergetzung ins Feld zugehen / und bey solchem Urlaub uns doch am meisten lehrete; Dann alles / was wir sahen /musten wir ihm Lateinisch und Griechisch nennen; sahen wir dann nichts sonderliches / so sagte er wol zu uns: Wañ uns dieses oder jenes wilde Tihr begegnete / und lieffe mit grimmiger Wuht und auffgesperretem Rachen zu uns ein / wie woltet ihr / Herkules /es auff Griechisch; und ihr Ladisla / es auff Lateinisch geben? Nun trug sich einsmahls zu / daß unter solchem Lustgehen mein Herkules eines Nestes mit jungen Wölffen (dann er hatte stets die Augen allenthalben) gewahr ward / schwieg aber stille / und taht es niemand zuwissen / sondern baht / wir möchten wieder nach Hause umkehren. Als wir daheim wahren /und er sich des Lehrmeisters auff ganz listige weise entlediget hatte / nam er seinen Handbogen / etliche Pfeile / und einen langen Strik zu sich / ging bald hie bald da / und suchte sich von mir hinweg zustehlen /weil ich ihm aber stets nachging / sagte er: Mein Brüderchen / hole doch deinen Bogen / und laß uns wette schiessen. Ich wahr so einfältig / und ging hin; aber da ich wieder kam / wahr mein Herkules hinweg und nach dem Pusche gelauffen / da er die jungen Wölffe gesehen. Es währe ihm aber schier übel bekommen; dann die Wölfin / welche erstmahl nicht da wahr /hatte sich inzwischẽ wieder herbey gemacht / und wie er in aller stille hinzu kreucht / den Raub zufahen /macht sich die Wölfin auff / und springet ihm mit offenem Rachen entgegen. Zwar es wahr sein glük / daß er mit gespannetem Bogen und aufgelegtem Pfeile gangen wahr; dann wie ihn die Wölfin anfält / scheust er ihr den Pfeil in den Rachen tieff hinein / welcher /weil er Wieder-haken hatte / nicht kunte heraus geschüttelt werden / sonst währe es umb sein Leib und Leben getahn gewesen; wahr also die Wölfin mit grossem Geheule davon gelauffen / welche man des andern Tages tod / und ihr den Pfeil im Rachen fand. Inzwischen hatte er sich nach der Höhle gemacht / und zween schon zimlich erwachsene junge Wölffe zusammẽ gefesselt / die er am Stricke als Hunde daher führete; wie ich auch anders nicht meynete / es währen junge Hunde gewesen; fragete ihn deswegen / wo er diese scheußliche Hunde bekommen? dessen er lachete / und zu mir sagete: Lieber Bruder / kennestu noch keine Wölffe? es sind trauen keine Hunde. Ich fragete ihn / warumb er mich hinweg geschicket / und mir den Bogen befohlen zuhohlen. Ja / antwortete er /meynestu / daß ich in solcher Gefahr dich sehen könte / in welcher ich gleich jezt gewesen bin / ehe ich diesen Raub erhalten / uñ der Wölfin die jungen entführet? Und wann ich dich gleich hätte mitgeno en /würdestu mir durch deine Gegenwart nur schäd- und verhinderlich gewesen seyn; massen ich so stille nicht hätte können hinzu schleichen / noch mit meinem Bogen so frey seyn / als da ich allein wahr. Ich lief alsbald hin zu seinem Herr Vater / und rühmete Herkules glükliche Kühnheit / dz er einer Wölfin zween junge entführen dürffen; welcher anfangs lachete / und zu mir sagete; Lieber Sohn Ladisla / dein Herkules äffet dich / er wird ein paar junger Baurhunde haben;[428] Da er aber mit seinen Tihrichen auffgezogen kam / erschrak sein Herr Vater / und fragete / wie er bey die Wölfichen kähme? Herr Vater / antwortete er / es ist bey Träuen schande / daß unsere Jäger ihr Brod so gar umsonst fressen / und beym Luder verzehren / und lassen diese schädliche Raube Tihre in der Nähe ihre Jungen auffbringen / da sie einen unbewehreten Menschen aus Hunger leicht anfallen und zureissen solten; hätte ich dieses Nest nicht verstöret / wie manniches Schaf würde es uns gekostet haben? Und ist bey so gestaltẽ Sachen gar kein Wunder / daß unsern Schäffern es so offt an der Zahl mangelt / die ihnen geliefert ist. Sein Vater fragete ihn / wie ers dann angefangen hätte / und nachdem ers erzählet hatte / straffete er ihn hart mit Worten; Er solte hinfüro sich ja nicht gelüsten lassen / so verwägen zu seyn / oder der Lehrmeister würde ihn darum züchtigen; ob er nicht wüste /daß ers ihm schon vor diesem verbohten hätte / da er den grossen Wolff im Pusche erstochẽ? Mein Herkules durffte sich wol beschweren; so höre ich wol /sagte er / mein Herr Vater zürnet auff mich / wann ich Schaden abkehre / was hätte ich zugewarten / wann ich übels tuhn würde? Dieses erzähle ich zu dem Ende / daß ich euch geliebter Bruder / seine Art uñ weise zuerkennen gebe / wie ers schon / da er kaum von X Jahren wahr / mit mir gespielet / uñ ich demnach in solchen Begebnissen ihm nicht zutrauen habe. Fabius erboht sich / er währe willig und bereit / die Reise erstes Tages mit fortzusetzen / wann man nur wüste / wie mans am besten anstellen solte; Ich weiß /sagete er / daß er noch in dieser Gegend gewesen ist /als ich ankommen bin / noch hat er sich aus dem Staube gemacht / und nicht wollen erkennet seyn; Daher ist mein Raht / doch auff Verbesserung / daß wir mit geringer Geselschaft ihm folgen / ob wir ihn auff solche weise ausforschen möchten; dann so wir ihn einmahl ertappet haben / wird er nicht von uns weichen. Ladisla antwortete: Ich bin schon bedacht gewesen / mein Schiff nach Hause zuschicken / und etwa selb dritte oder vierde ihm zufolgen; welches ihm Fabius mit gefallen ließ / uñ wurden eins /iñerhalb weniger Zeit / so bald die ausgeschikte Soldaten wieder ankommen währen / ihm nachzusetzen. Des nähesten Tages ritten Ladisla und seine Geselschafft nach dem Hafen / weil sie Zeitung hatten / daß sein Schiff daselbst eingelauffen wahr / und teilete Markus die 1000 Kronen unter seine Leute aus. Inzwischen leistetẽ die beyden jungen Frauen dem añoch betlagerigẽ Klodius Geselschaft / und hatten mancherley Gespräch mit einander / biß Fr. Euphrosyne ihre Wase baht / ihr zu erzählen / warum Kleander so grausam mit ihr verfahren / uñ sie verbreñen lassen wollen / da er doch die ganze Zeit her / und noch neulich sich gegen sie verlauten lassen / wie lieb er sie / uñ in seinẽ hohẽ Alter alle seine Ergetzung an ihr hätte. Ach herzliebe Wase / antwortete sie / ihr heisset mich nur meinen unsäglichen Ja er wiederhohlen / dessen ich bißher noch nicht vergessen können / und mir alle Nachte das erschrekliche Feur vorkomt in welches ich solte geworffen werden; doch wil ich euch wilfahren so gut ich kan. Ihr werdet zweiffels ohn berichtet seyn / was harten Streit Herr Ladisla mit Perdickas gehalten / da er zuvor meinen Stieffsohn Ariston (der mir inner halben-Jahresfrist manniche Trähnen heraus gelocket) erschlagen hatte. Ja sagete sie / es hat mir solches alles gegenwärtiger Herr Klodius umbständlich kund getahn / biß dahin man ihn hat wollen gefangen nehmen. Das übrige / sagte Fr. Agatha / ist mir gnug bewust / und hat mirs meines alten Kleanders Leibknabe unterschiedlichemahl erzählet / daß wie Herr Ladisla mit dem Pferde gestürzet / währen sie allesamt [429] auff ihn zugefallen / daß er nicht anders gemeinet / man hätte ihn gar erdrukt; nachdem er sich aber auffgerichtet / hätte Kleander denen die ihn erstechen wollen / zugeschrien / man möchte ihm den Gefangenen lebendig liefern / er wolte schon wissen mit ihm zuverfahren daß Herr Perdickas und sein lieber Sohn neben den andern Erschlagenen seinen lieben Freunden und Anverwanten /gerochen würden: Ladisla mochte hieraus leicht abnehmen / daß er nicht viel gutes im Sinne hatte / doch hatte er gar nicht umb Gnade gebehten / sondern zu den Anwesenden gesagt; ich habe ehmahls Griechenland wegen auffrichtiger Träue rühmen hören / weiß aber nicht / wie man daß verantworten kan / daß man mich so überfallen / und die meinen allesamt erschlagen hat. Er hatte aber zur Antwort bekommen / er solte nur das Maul halten; es währe ihm schon zu lange zugesehen / und nicht zuverantworten / daß Perdickas nicht gerettet währe. Auff der Wahlstat hätte man IIX von Adel und XVI Diener Tod funden /daneben alle die mit Herren Ladisla kommen wahren /ausser seinen Leibknaben und vornehmsten Ritter /welcher außgerissen / dessen die ganze Geselschafft erschrocken / H. Ladisla aber erfreuet wahr / der gleich dazumahl vor Kleander gestanden / und ihn also angeredet hatte. Alter Vater / mir ist Leid / daß der junge ädelman / welcher euer Sohn seyn sol / ihm dieses Unglük selber zugerichtet / und wieder meinen Willen sich in diesen Streit eingemischet hat / da ich doch durchaus keinen Wiederwillen zu ihm trug / er mich auch nicht beleidiget hatte / nur daß er suchete /ehre an mich zuerfechtẽ / welches ihm mißlungen ist; darumb sollet ihr als ein alter verständiger Herr mich hierin nicht verdenken / was durch zulaß aller Völcker Rechte von mir begangen ist / und eure väterliche Neigungen einzwingen / daß sie nicht aus den Schranken der Erbarkeit und vernünfftigen Rache schreiten /dann euer Sohn ist ritterlich gestorben / ohn einiges Zeischen der Furchtsamkeit; so habe ich auch anders nicht gekunt / als ihm zu willen seyn / dafern ich mich nicht selbst des Ritterstandes unwirdig machen wolte. Hierauff hatte ihm Kleander keine andere Antwort gegeben / als daß er ihn vor einen verfluchten meinäidigen Mörder gescholten; welches er nicht ohn Zorn folgender Gestalt beantwortet; Alter / haltet ein mit solcher Schmähung; ich bin ein Römischer ädler Ritter und Käyserl. hoher Beampter / und weiß mich aller Untahten unschuldig / deßwegen bedenket was ihr redet / und stürzet euch und alle Anwesende nicht in ein unvermeidliches Unglük. Was? hatte Kleander hierauff gesaget / wiltu mir noch darzu trotzen / und gebieten was ich tuhn oder lassen sol? jedoch harre nur ein wenig / biß meines lieben Sohns Begräbnis zugerichtet wird / alsdann soltu ihm zum Opffer geschlachtet werden / oder ich wil eines abscheulichen todes sterben. Diese Urtel wahr von H. Ladisla also beantwortet; Herr Alter / ihr wandelt nicht auff der Tugendbahn / daß ihr so mit mir schalten wollet / und versichere euch und alle Anwesende / dafern ihr auff diesem Vorsaz bestehet / wird mein Tod an euch allen viel grausamer gerochen werden / als neulich der Römische Gesante / wie ich höre / mit Charidemus verfahren / worüber ich auch in diese Ungelegenheit habe gerahten müssen. Mein Kleander hatte diese Rede mit einem Hohngelächter ersetzet / und zur Antwort gegeben; Wolan / wir wollen deines Trotzes erwarten /und dafern die Römer sich unterstehen werden / den Griechischen Adel zu unterdrücken / muß man sich nach Schuz und Hülffe umbtuhn. Darauff hatte man ihm den trefflichen Harnisch (welchen er hernach auff meinem [430] Schlosse wieder bekommen) abgezogen / und hatte sich mit gebundenen Händen auff den Rücken neben Kleanders Gutsche durch Lachen und Pfützen herschleppen lassen müssen / da er grosse Beständigkeit und geduld erzeiget. Ach Gott / sagete Fr. Euphrosyne / wie gehets in der schnöden Welt her! wie muß die Tugend sich von dem Frevelmuht so schändlich lassen rechtfärtigen! doch haben wir niedriegen StandesLeute hieraus zu lernen / wie auch wir das Unglük geduldig ertragen sollen / wann es uns trifft /weil wir sehen / daß so vornehme Herren dessen nicht mögen geübriget seyn / und sie sich überdaß noch so fein darein zu schicken wissen. Aber lieber fahret fort mit eurer Erzählung. Ja sagete Fr. Agatha / das übrige kan ich umb so viel besser sagen / weil ich selbst dabey / und ein vornehmes Glied in diesem Trauerspiel gewesen bin / wañ ichs nur vor Wehmuht verrichten könte; doch vielleicht helffet ihr mir noch wol etliche Schmerzen-Trähnen mit vergiessen. Als Herr Ladisla also gebunden auff das Schloß geführet ward / ging ich im vörder Platze / meinem Gesinde etwas zubefehlen / und hörete / daß gegenwärtiger Gefangener meinem Stieffsohn Ariston / dem ich sehr gewogen wahr / das Leben geraubet hätte / gehueb mich deßwegen auß herzlicher Traurigkeit sehr übel / und geriet bald darauff in grossen Zorn / fiel den Gefangenen an / und wahr willens ihm die Augen außzukratzen; da ich ihn aber so prächtig gekleidet / und von so guter Gestalt sahe / gedachte ich alsbald / dieser würde nimmermehr kein Mörder seyn / enderte auch meinen Vorsaz / und gab mich auff das Weinen. Herr Ladisla sahe mich freundlich an / und sagete; ädle Frau / tuht nicht so übel wegen des ertödteten ädelmans / den er ist öffentlich im Streit als ein mannlicher Ritter gestorben / und versichert euch daneben /daß ich kein Ubeltähter / sondern ein ehrlicher Ritter hohes Standes bin / deßwegen traget mit mir ein mitleiden als mit eurem Gefangenen / weil ich in meiner guten Sache mich ohndas eurem auffrichtigen Herzen / welches durch die Augen hervor leuchtet / gerne vertrauen wil. Ich taht als hörete ich seine Reden nicht /die mir doch mehr Trähnen / als meines Sohns Tod /auß den Augen trieben; dann ich empfand so grosses Mitleiden über ihn in meinem Herzen / daß ichs nicht außsprechen kan; durffte michs aber mit keinem Worte merken lassen / ohndaß ich ihn freundlich ansahe / und doch zugleich mit ihm schalt / warumb er sich mit dem jungen Herren in Streit eingelassen hätte. Er antwortete mir; es währe ihm der Unfal nicht weniger selbst leid / könte aber nicht dawieder / weil er zu dem Kampf genöhtiget währe / und die Zuseher wol bezeugen würden; nun währe aber unmöglich in solchen Spielen die Hiebe und Stösse mit der Goldschale abzuwägen / insonderheit / wañ das Glük übel wolte. Ich sprach ihn in meinem Herzen nicht allein frey und loß / sondern auch allerdinge unschuldig; aber als mein Alter vom Wagen stieg / befahl er / den Gefangenen in den stärkesten Turm zu legen / und ihn weder mit Essen noch Trinken zulaben. Herr Ladisla redete ihm ein / er möchte sich eines andern bedenken / und einen ädlen Römischen Ritter nicht nach SklafenArt einsperren / sondern auff ein Gemach einlegen / ja / bedenken / was vor Freyheit ein Römischer Bürger / geschweige Beamter hätte; er wolte bey rittelichen Ehren versprechen / nicht zu weichen / sondern der Urtel abzuwarten. Aber dawahr den Tauben geprediget; dann die Knechte stiessen ihn ohn ferner Wort sprechen in den Turm / der doch eigendlich zum Gefängnis nicht gebauet / sondern auff den Fall der Feuersnoht zugerichtet wahr / daß man die besten [431] Sachen hinein flöhen und erhalten möchte; ging auch nicht gar tieff in die Erde / sondern wahr inwendig fein renlich / und mit einer starken eisern Tühr verwahret / an welcher inwendig fünff grosse eiserne Schlösser sassen / die in einem umbdrehen / und nur mit einem Schlussel zugleich auffgemacht wurden. Wie sehr mich nun seiner im Gefängnis ja erte / nam ich michs doch äusserlich nicht an / sondern ging meinem Alten traurig nach / tröstete ihn in seinem Unglük / und baht ihn mit Trähnen / er möchte durch gar zuhefftiges Grämen und übrigen Zorneifer ihm selber nicht das Leben verkürzen; wünschete zwar von Herzen / daß ich vor seinen lieben Sohn gestorben währe / damit der einige Erbe hätte mögen überbleiben; weil es aber den Göttern anders gefallen / müste ich nunmehr vorbauen / daß nicht der Vater mit dem Sohn zugleich dahin fiele; machte ihm überdaß Hoffnung /weil er noch von zimlichen Leibeskräfften währe /könte sein Geschlecht durch mich erbauet werden. Nun muß ich bekennen / daß ausser des alters eigentühmlicher Gramseligkeit / er bißdaher mir allen guten Willen erzeiget hatte / nam auch dieses mein trösten sehr wol auf / daß er mich umfing / und versprach / er wolte sich zufrieden geben / nachdem er Gelegenheit hätte / sich an dem Tähter zu rächen; dem ich nicht wiedersprechen durffte. Umb Mitternacht stund ich sanffte von ihm auff / und ließ diese meine Dirne sich zu ihm legen / ging hin zu dem Turm / und durch das Loch der eisern Tühr / da man kaum eine Hand hindurch stossen kunte / redete ich dem Gefangenen zu / und sagete: Ritter schlaffet ihr? Er hörete es alsbald / und fragete / wer ihn in der Nacht zubesuchen wirdigte? Ich bin die Frau des Schlosses / antwortete ich / deren ihr heut eure Unschuld sattsam habet dargetahn / trage auch grosses Mitleiden mit eurem Unfall / und daß ihr so elendig sollet abgeschlachtet wernen. Wisset ihr nun gute Freunde / die euch retten können / so tuht mir solches sicherlich kund / daß ich alsbald nach ihnen sende / damit ihr dem grausamen Tode entgehet / mit welchem mir nichts gedienet ist / nur daß ihr mir angelobet / euch schier heut oder morgẽ an meinem alten EhHerrn nicht zurächen. O ihr meine HerzenFreundin / antwortete er / die Götter müssen euch dieses mit ewiger Barmherzigkeit vergelten; aber seyd zuvor gebehten /uñ gebet mir einen Trunk Wasser / mein abgedürstetes Herz zu laben. Ach ihr Götter / sagte ich / wie bin ich doch so unbesonnen; lief geschwinde hin / und holete ihm eine Kañe Wein / und etwas kalt Gebratens /davon er des folgenden Tages gnug zu essen hatte; kam bald wieder / und schnitte die Speisen in kleine stüklein / die ich ihm durch das Loch reichen wolte; Er aber sagete: Meine Freundin / die Hände sind mir noch auff den Rücken gebunden / daß ich nichts zu mir nehmen kan; habt ihr nun irgend ein Messer / so werfft mirs doch herein / ich wil sehen / wie ichs zur Hand bekomme / und mich loßschneide. Geschwinde band ich mein Messer an einen Fadem / und hing es durchs Loch hinein / daß ers rüklings fassete / und so lange sich quälete / biß er einen Bruch in den Riemen machete. Weil er nun durstiger / als hungerig war /hielt ich ihm den Wein vor das Loch / da er auf ein TührSchloß trat / und den Mund gleich dem Loche hatte / daß er durch ein Rohr fein trinken kunte / und sich erquickete; hernach reichete ich ihm die Speisen zu / daß er sich zimlich sättigte. Nun ihr Götter /sagte er / helffet mir aus dieser Gefängniß / daß ich mich gegen diese Tugendreiche Frau dankbarlich könne finden lassen. Ich antwortete ihm: Es währe mir schon Danks genug / wann ich ihm davon zuhelffen bestand seyn würde; aber er müste mir anzeigen / auff [432] was weise es möglich währe; dann Gewalt zugebrauchen / stünde in meiner Macht nicht / ob es gleich an meinem Willen nicht mangelte. Solches begehre ich auch von meiner geliebeten Freundin nicht /sagte er; nur daß sie einen geträuen Menschen nach Elis senden wolle / der meinem Diener Klodius da selbst / oder dem Römischen Gesanten Fabius den Tag des Gerichts anzeige; dann werden sie sich schon bemühen / mich loßzumachen. Ich ward dessen von Herzen froh / ließ auch folgenden morgens sehr früh einen ablauffen / welcher aber so wenig von Klodius als von Fabius erfragen können / und aller Sache unverrichtet wieder kam. Desselben Tages muste Herr Ladisla ungetrunken bleiben / biß ich ihn zu Nachtzeit wieder besuchte / und ein langes schmales Gefäß von einer KühHaut zurichtete / in welches etliche MaßWein gingen / steckete es ihm zu durch das Loch / und hatte er also des folgenden Tages gnug zu essen und trinken. Nach vollendeter dieser Nacht erinnerte ich Kleander / umb Argwohn zumeiden / dafern dem Gefangenen so gar alles essen uñ trinken abgeschnitten würde / müste er ja Hungers oder doch durstes sterben; möchte demnach Anordnung machen / daß er nöhtigen Unterhalt bekähme; worauff ihm grob trocken Hunde-Brod / und ein Trunk Wasser gereichet ward. Unterdessen bemühete ich mich äusserst / den Tag des Gerichts auffzuschieben / aber vergebens /und weinete mir das Herz im Leibe / daß ich kein Mittel seiner Erlösung finden kunte; dann ich hatte mir gänzlich vorgenommen / entweder zusterben /oder ihn zuerlösen; stellete mich deswegen zween Tage vor dem angesezten Gerichte / als ob mich bey der Mahlzeit grosse Häupt- und Bauchschmerzen anstiessen / und ließ mich von den Mägden nach Bette tragen. Mein Alter hielt sich sehr leidig / fuhr doch nicht desto weniger fort / allerhand Anordnung zumachen / daß sein Vorhaben ausgeführet würde. Des folgenden Tages / welcher der näheste vor dem Gerichts-Tage wahr / baht ich meinen Alten sehr / die Volstreckung so lange auffzuzihen / biß ich die Lufft ertragen könte / weil ich Verlangen hätte / derselben beyzuwohnen; und nachdem auch dieses nicht zuerhalten wahr / bemächtigte ich mich des Schlüssels zum Turme / ließ auch Herrn Ladisla durch meine vertrauete Dienerin andeuten: er solte sich fertig halten /wann zu Mitternacht die Tühr geöffnet würde / und hernach auff dem Plaz hinter den ledigen Fässern sich verbergen / biß der Hirt die Kühe austreiben würde /dann könte er zugleich mit hinaus wischen / und im Gehölze sich verstecken; ob dann ein Lermen darüber entstehen wurde / wolte ich die Nachfolge zuverhindern / allen Fleiß anwenden. Mein Vorhaben ließ sich anfangs glüklich an / dañ mein Kleander lag im tieffen Schlaffe / da ich hinunter ging / und den Schlüssel in die Tühr steckete; weil aber meine Hände viel zu schwach wahren / denselben umzudrehen / suchte ich einen starken Prügel / steckete ihn durch den Handgriff / und wolte gleich auffschliessen; Inzwischen mag mein Alter erwachen / und vernehmen / dz bey dem Turm etwas reges ist / weil er gerade gegen der Schlaffkammer über stehet / und schlug das Unglük darzu / daß er mich beym Mondenschein alsbald erkeñete / kam geschwinde im blossen Hemde / wiewol in aller stille herunter gelauffen / und fassete mich beym Halse / ehe ich sein innen ward / erschrak auch von ganzem Herzen / da er mit greßlicher Stimme zu mir sagete: O du falsches boshafftes und ehebrecherisches Weib / schätzestu deine versprochene Träue so liederlich / daß du zu diesem Mörder dich in Unzucht finden / und mit ihm davon lauffen wilt? Ich fassete ein Herz / so gut ich mochte / und antwortete ihm: Mein lieber [433] Herr / ich stehe keines weges alhie / Unzucht zutreiben / viel weniger davon zulauffen; vor beydes werden mich die Götter schon bewähren; aber nachdem ich nicht allem von der unschuld dieses gefangenen Ritters gnugsame Kundschafft eingezogen /sondern auch in Erfahrung gebracht / was vor grosse Gefahr euch und mir auff dessen Tode stehe / so bekenne ich / daß zu eurem besten ich ihm habe wollen davon helffen / damit ihr nicht durch seinen Tod /euch und alle eure Zugehörigen möchtet verderben; wie er mir dann äidlich versprochen hat / sich an euch und die euren durchaus nicht zu rächen; könnet oder wollet ihr nun euer eigen Glük und Unglük nicht erkennen / wolan / so wil ich entschuldiget seyn / und möget ihrs hernähst verantworten / wiewol ich euch nochmahl von Grund meines Herzen bitten wil / eure eigene Wolfahrt nicht zuverseumen / noch eure ehrliche grauen Haar zu allerlezt mit Schanden und schaden unter die Erde zubringen. Kleander stund und sahe mich an / kunte vor grossem Zorn und Eifer nicht reden / sondern ergriff den Prügel / den ich zu meinem eigenen Unglük gesucht hatte / und zuschmierete mir die Rippen und Arme so jämmerlich / daß ich die Zeichen noch auffzuweisen habe / und ob ihm Herr Ladisla gleich vielfältig zuschrihe / er möchte mit seinem frommen unschuldigen Weibe so grausam nicht verfahren / halff es doch im geringsten nicht / sondern ward nur unsiñiger dadurch / und weckete seine Knechte auff / die mich in ein schlimmes Gefängniß werffen musten / da er dann mit hohen Schwüren beteurete / nicht zuruhen / biß er sein ungeträues ehebrecherisches Weib hätte zu Aschen und Staub verbrennen lassen. In was vor Angst und Pein dazumal mein Herz stund / ist mir unmöglich zu sagen / nicht allein meines Unfalls wegen / sondern dz durch meine Unvorsichtigkeit Herrn Ladisla Rettung gar zu Wasser worden wahr. Früh morgens ließ Kleander seine nähesten Anverwanten zu sich fodern / denen er klagend vorgebracht hatte / daß sein junges Weib / die er fast aus Mitleiden und Erbarmung geheyrahtet / träuloß an ihm worden / und mit seinem ärgesten Feinde dem gefangenen Mörder davon lauffen wollen; währe ausser allem Zweiffel mein Vorsaz gewesen / ihn zuerwürgen / und hernach seine besten Schätze mit hinweg zunehmen; bähte demnach / ihm guten Raht mitzuteilen / damit sie andern ihres gleichen zum Beyspiel gestraffet würde. Dieses wahr seinẽ Verwanten ein gewünschtes Fressen / als welche nach Aristons Tode nach der reichen Erbschafft schnappeten / und ich ihnen hernähst keinen Eintrag tuhn möchte; rieten also einhellig / mich im Rauche gen Himmel zuschicken; Aber Gott fügete es / dz indem sie mich wolten brennen sehen / sie allesamt erschlagen wurden. Die Urtel erging darauff alsbald / ich solte und müste brennen / Herr Ladisla aber mit dem Schwerte abgetahn werden / welches auch auff Kleanders begehren von allen anwesenden gebillichet / und von dem nähesten Verwanten / mir früh morgens zwischen sieben und achten angekündiget ward / welchem ich meine Taht umständlich erzählete / und wie unschuldig ich an der Berüchtigung des Ehebruchs und vorgegebenen Mordes währe; liesse demnach die ganze Freundschaft inständig bitten / sich an meinem unschuldigen Blute nicht zuversündigen oder solches zu verdammen. Dieser falsche Bube stellete sich gegen mich sehr mitleidig / und sagte: Er vor sein Häupt hielte nicht allein mich vor unschuldig / sondern müste mir überdas zuerkennen geben / wie hefftig er in mich verliebet währe / so daß er auf nichts / als auff des alten Kleanders Tod laurete / damit er mich wieder heyrahten könte / durffte mir auch in meiner höchsten[434] Betrübniß Unzimligkeit zumuhten / nebest dem versprechen / nicht zuruhen / biß er mich würde errettet haben. Als ich ihm aber zur Antwort gab: Ich wolte ihm hernähst in sein ehrliches Anmuhten einwilligen /und die ErettungZeit meines Lebens zuerkennen wissen / aber das unzimliche keines weges begehen /noch / da ich bißher meine ZuchtEhre bewahret hätte /dieselbe im Gefängniß schänden. Da ließ er sich vernehmen / er hätte daran ein gutes Genügen / und wolte alle menschliche Mögligkeit zu meiner Erhaltung anwenden / aber (wer solte bey einigem Menschen solche teuflische Boßheit suchen?) er hatte /wie ich hernach berichtet bin / nicht allein sich meiner gar nicht angenommen / sondern der ganzen Versamlung zur Antwort von mir hinterbracht / ich hätte auff sein listiges nachforschen und vorgeben / ihm nunmehr gestanden / daß der Mörder mit seinen verführischen Worten und überaus grossen Verheissungen /mich zu einer gewaltigen Frauen zu machen / mich darzu verleitet hätte / meinen Alten helffen umzubringen / und mit ihm davon zu lauffen. Also ward der weisse Stab über mein Leben gebrochen / und traten nach einer Stunde zween HenkersBuben zu mir in die Gefängniß / welche nach gebehtener Verzeihung / mir die Hände auff den Rücken bunden / und mich nachgehends auff einen Karch setzen wolten; dessen ich mich aber wegerte / und den herben Weg zu fusse zugehen mich anerboht. Herr Ladisla ward vor mir hergetrecket / und musten IIX gewapnete Bauren zwischen uns gehẽ / daß wir nicht mit einander reden solten; jedoch hörete ich / daß er den neben her reitenden ädelleuten zurief: Ihr Herren / mit mir schicken es die Götter nach ihrer Versehung / wañ ja ein auffrichtiger Kampff in Griechenland als eine mörderische Taht ganz mörderischer weise sol gestraffet werden / wiewol das erschrekliche Weh deßwegen alle eure und der euren Häupter treffen wird / wozu ihr euch nur gefasset halten möget; aber diesem redlichen / frommen und unschuldigen Weibe geschihet vor GOtt und der Welt Gewalt und unrecht / welches ich allein gegen euer zehne behäupten wil / wann mirs kan zugelassen werden. Aber ihm ward nichts als ein spöttliches Gelächter zur Antwort; der Kämpffer träte hinter ihm her / welcher ihm die ruhmrähtige Zunge schier lähmen und das Lügenmaul stillen würde. Ich empfand aus seiner Rede einen sonderlichen Trost in meinem Herzen / und rieff ihm zu: Frommer ehrlicher Ritter / ey last uns getrost in unser unschuld sterben / und die gerechten Götter zu Richter über unser Blut setzen /die werden diesen an uns vorgenommenen unbillichen Mord nicht ungerochen lassen. Ja ihr Tugendkrone /antwortete er mir gar laut / ich danke euch vor euer Mitleiden über meine Unschuld / und bitte die Götter / daß sie eine Verachtung dieses irdischen Lebens /und Herzhafften Muht biß ans Ende in euch wircken wollen / alsdann werdet ihr eurer Tugend und Frömmigkeit Belohnung ohn allen zweiffel von ihnen erlangen. Wir wurden zimlich langsam zwischen Spiessen und Schwertern nach der Schlachtbank und dem Opfferheerde hingeführet / biß ich endlich das grosse Feur sahe / wovor ich schier in Ohmacht nidergefallen währe / und erhielt mich nur die blosse Furcht / und eine gar schlechte Hoffnung zur Barmherzigkeit / welche mich am Ende vielfältig umb Gnade ruffen machte / wiewol allerdinge vergebens und umbsonst; biß die gütigen Götter (die durch etliche Regentropffen /welche wie Trähnen bey klarem Sonnenschein herunter fielen / ihr Mitleiden gegen uns bezeugeten) uñ unsere Erretter auß den Pusche uns unversehens zuschicketen / welche die gar zu unbarmherzige [435] Boßheit mit vollem masse vergolten / wie euer Liebster euch zweiffels ohn schon außführlich wird berichtet haben. Als Fr. Agatha hiemit ihre Rede / und zwar nit ohn Trähnen endete / sagte Fr. Euphrosyne mit weinender Stimme zu ihr; herzgeliebete Wase; als mein Charidemus wegen seiner Unbilligkeit nidergehauen ward /meinete ich unmöglich seyn / daß eines Menschen Unglük dem meinen gleichen könte / aber als viel ich auß euren Reden vernehme / ist das eure noch umb ein gutes Teil härter gewesen. Klodius redete sie auch an mit einem durchdringenden Trost / und gab ihr zuverstehn / sie hätte sich zuversichern / daß durch diese mitleidige Taht sie ihr so grosse Freunde gemacht hätte / welches sie kaum würde gläuben können /daher würde sie in kurzen zu höheren Ehren erhoben werden / als nie keiner ihres ganzen Geschlechtes / ob gleich sein gnädigster Herr davon wenig Worte machete / hätte gleichwol zu ihm gesagt; dieser ädlen Frauen bin ich meine Seele schuldig / und werde Mühe haben / mich zubesinnen / wie ich meine Dankbarkeit sehen lasse. Fr. Agatha entschuldigte sich / es währe ihr alles schon tausendfach vergolten / nam mit ihrer Wasen Abscheid von ihm / und ward ihnen angesagt / daß Herr Ladisla wiederkommen währe / und auff sie wartete. Im hingehen tröstete sie Fr. Euphrosyne auffs neue / sie solte ein fröliches Herz fassen /und sich versichern / daß alles zu ihrem besten geschehen währe; dann mir ist / sagte sie / nicht unbewust / wie gram und auffsätzig euch euer Stieffsohn Ariston wahr / der nach seines Vaters Tode euch kaum dz trockene Brod auß den Gütern würde gegönnet haben; nun aber seid ihr Erbin und Frau über alle Schätze und Reichtuhm; und wer weiß / waß vor ein berühmter Ritter euch noch bescheret ist? Fr. Agatha antwortete: Sie könte nicht leugnen / daß ihr Stieffsohn einen unversöhnlichen Haß wieder sie gefasset /da sie ihm doch als eine Magd auffgewartet / und was er begehret / von dem Vater loßgebehten hätte. Weil ich nun merkete / sagte sie / daß nach Kleanders Ableben / er mir wenig würde abfolgen lassen / sahe ich mich vor / machete aus Korn / Vieh / und insonderheit aus Linnewand / daran ich meine Mägde steiff arbeiten ließ / und selbst mit fleissig wahr / einen zimlichen Nohtpfennig / daß wann ich etwa vier Jahr frist gehabt / wolte ich seiner Gnade eben so groß nicht geachtet haben / massen ich in dieser geringen Zeit über 1200 Kronen schon beygelegt / die ich einer verarmeten ädel Jungfer zur außsteur schenken wil. Hieran tuht ihr wol / sagte Fr. Euphrosyne / und schlaget forthin allen Unmuht aus / ich wil mich bemühen /daß ihr bald / wie ich / mit einem Bräutigam erfreuet werdet. Herr Ladisla trat gleich zu ihnen auff den Saal / und hatte sein freundliches Gespräch mit ihnen /dann er liebete Fr. Agathen nicht anders als eine leibliche Schwester / weil sie seinetwegen sich in so grosse Gefahr gewaget hatte / daher er vor dißmahl in Gegenwart ihrer Wasen zu ihr sagete; er könte nicht ruhen / biß er seine geliebete Freundin des leidigen Witwenstandes entnommen sähe. Markus und Leches musten alle ihre Schätze / deren nicht wenig wahren /aus den Schiffen in die Stad bringen lassen / und stelleten Ladisla und Fabius des folgenden Tages eine trefliche Gästerery an / auff welche sie die vornehmsten Herren des Rahts / unter denen auch Amyntas wahr / einluden / auch zur besserung der Stadmauren 6000 Kronen verehreten / wodurch sie ihnen die ganze Gemeine günstig macheten. Inzwischen muste Klodius noch immerhin des Bettes hüten / ob er gleich die Gefahr Tage schon vorbey gebracht hatte; doch ward er von beyden Frauen täglich [436] wol vergeselschafftet / und ließ Markus ihn selten allein / welcher ihn einsmahls fragete / wie ihm Fr. Agatha gefiele /und dafern er ein Herz zu ihr hätte / solte ers ihm kühnlich offenbahren / und vor das übrige ihn sorgen lassen. Klodius wahr mit diesen Gedanken von Anfang ihrer Ankunfft schon umgangen / weil er aber am wirklichem fortgange fast zweiffelte / durffte er sichs nicht merken lassen / biß er durch diese gemachte Hoffnung ermuntert / ein Herz fassete / und nach geschehener Danksagung ihn baht / dieses seines Glüks Befoderer zu seyn / welches er Zeit seines Lebens erkennen wolte. Markus hies ihn gutes muhts seyn / und seiner Gesundheit pflegen / ließ ihm auch alsbald schöne Kleider machen / die er auff seinen ersten Außgang anlegen solte / hielt nachgehends bey Ladisla untertähnigst an / er möchte seines geträuen Dieners Klodius gnädigst eingedenke seyn / ob zwischẽ ihn und Fr. Agathen eine Heyraht könte geschlossen werden; der ihm mit lachender Rede zur Antwort gab: Er möchte vielleicht hierauff schon mehr und fleissiger als er selbst / bedacht seyn; inzwischen solte er mit seiner liebesten es anlegen / daß sie ihr einen Willen darzu machete; welches sie aber vor unrahtsam hielt / nicht zweiffelend / es würde durch unvermuhtliches Vorbringen Herrn Ladisla / leichter vor sich gehen als sonst. Wenig Tage hernach erhielt Klodius bey dem Arzt / daß er auffstehen durffte / wornach ihn sehr verlangete; Da ihn Fr. Euphrosyne auffs beste mit alle dem außputzete / was einen Buhler beliebet machen kan; wie er dann ohndaß ein ansehnlicher wolgestalter Ritter wahr / und von guter Höffligkeit. Als er zu den Versamleten ins Gemach trat / und seinem Herrn Ladisla die gebührliche Ehrerbietung leistete / empfing ihn derselbe mit diesen Worten; mein guter Klodius / ich erfreue mich / daß ihr der Wunden genesen seid / die ihr meinetwegen empfangen / und werde ich mich noch heut bemühen / euch derselben zuergetzen. Dieser zweifelte nicht / es hätte Markus der Heyrahtwegen mit ihm geredet / und gab zur Antwort: Durchleuchtigster Gnädiger Herr / mir hat nie etwas sanfter getahn / als eben diese Wunden / nachdem ich vernommen / daß ihre Gn. mit dem Leben davon kommen sind; die Belohnung habe ich vorlängst schon gehoben / daher euer Durchl. gnädiges Erbieten ein lauter Uberfluß ist; befehle mich dero stätiger Gewogenheit / und ergebe mein Leib und Seele ohn einiges bedingen euer Gn. eigen. Hernach trat er zu Fr. Agathen / küssete ihr die Hand / und bedankete sich der hohen Gunst / die sie ihm in täglicher Besuchung geleistet / möchte wünschen / das seine Dienste biß an ihre behägligkeit zureichen bestand währen / und erboht sich zu aller möglichen Auffwartung. Die schöne junge Frau sahe ihn an / hatte sich ein solches Ansehen von ihm nicht eingebildet / weil sie ihn nur bißher im Bette gesehen / und antwortete ihm freundlich: Mein Herr / ich erkenne sehr wol /daß sein angewanter Fleiß zu errettung seines Gn. Herrn / mir gleich so wol zustatten kommen ist /wovor mich ihm billich verhafftet erkenne / bedarff demnach vor geschehene Besuchung gar keines Dankes; dann weil ich überdaß wuste / daß ihm seine Wunden von meinen nähesten Verwanten geschlagen wahren / muste ich mich billich entschuldigen / daß es aus meinem Geheiß nicht geschehen sey. Sie setzeten sich hierauff zu Tische / da unter anderm Gespräche Fabius zu Klodius sagete: Mein lieber Freund und MitRömer / die Träue / so ihr zu meines Herrn Bruders besten / ungeachtet eurer Wunden angewendet /wird meine Fr. Schwester Sophia zu seiner Zeit ersetzen; vor dißmahl ernenne ich euch zum ObristenStad-Verweser [437] meiner Römischen Legion / zur bezeugung meiner Dankbarkeit / und sollen eure Bestallungs-Gelder von der Zeit angehen / da von Käyserl. Hocheit sie mir geschenket worden. Dieser hohen Gunst hätte sich Klodius zu ihm nicht versehen / stund auf /und bedankete sich der grossen Ehre gar demühtig /deren er sich unwirdig erkennete / auch keines weges verdienet hätte; wolte doch Zeit seines Lebens sich gegen ihn nach äusserstem vermögen dienstwillig und Gehorsam erzeigen. Nach solchem kehrete sich Ladisla zu Fr. Agatha / und brachte vor / er währe noch wol eingedenk der grossen Woltaht und Freundschafft welche sie ihm Zeit seiner Gefängnis erzeiget / und sich darüber in die höchste lebens Gefahr / ja beynahe in das Feur gestürzet / nur daß sie ihn / einen wild-fremden Unbekanten erretten / und loßmachen möchte; er hätte sich müssen als ein Hund Speisen lassen /mit gefesselten Händen auff dem Rücken die ganze Zeit über / ja des Durstes hätte er in der ersten Nacht müssen verschmachten / wann ihre Vorsorge Barmherzigkeit und Labung es nicht verhütet; also befunde er sich dermassen ihr verbunden / daß er Zeit seines Lebens gnug zuvergelten hätte; er böte sich demnach mit alle seinem Vermögen zu ihrer Freundschafft und wilfährigkeit / dessen zur Anzeige wolte er vor erst einen geringen Beweißtuhm ablegẽ; Ließ ihr hierauff ein Lädichen mit Kleinoten angefüllet / auf 20000 Kronen wert / und zwölff Beutel mit 80000 Kronen baar auff einen Neben Tisch hinstellen / welches anzunehmen sie sich hefftig wegerte / vorgebend / was sie etwa Zeit seiner Gefängniß getahn / hätte die Billigkeit selbst erfodert / nachdem sie von Kleanders Leibdiener seiner Unschuld bericht eingeno en; solten aber ihre geringe Dienste ja einiger Belohnung wert seyn / währe es schon tausendfach vergolten / in dem bloß allein durch seine Hülffe und schuz sie nicht allein Erbin aller Kleandrischen Güter blieb /sondern ihr über das von den Wittiben uñ ädelleuten sd trefliche Geschenke eingereichet währen / daß sie sich unter die reichesten Frauen Griechenlandes wol zählen dürffte; bähte demnach untertähnig / ihre Gn. möchten dieses gar zu grosse Geschenk wieder zu sich nehmen; es währe gar zu schwer Kostgeld vor die kleinen Bißlein / welche sie ihm durch das enge Loch zugeworffen. Ladisla sagete: Er wolte nicht hoffen /daß sie die erste seyn wolte / die seinen guten Willen ausschlüge / uñ dürffte sie sich nicht besorgen / daß seine Güter wegen dieses schlechten Geschenkes groß gemindert würden. Er hätte aber in einem Stük sie hochbeleidiget und beraubet / dessen er sich wol erinnerte / bähte demnach / ihm zugönnen / daß ers wieder gut machen und ersetzen möchte. Fr. Agatha wuste von keiner Beleidigung oder Beraubung / meinete / es währe im Scherze geredet / und gab zur antwort: Ja wann ihre Gn. sie beraubet hätte / welches sie doch nit hoffete geschehen seyn / währe es zumahl billich / daß ihr solches wieder zugestellet würde /damit sie nicht Ursach hätte / sich dessen vor Käyserl. Hocheit höchst zubeklagen. Dessen sol es nicht bedürffen / sagete er; bähte nur / ihrer Erklärung eingedenk zu seyn / und redete sie weiter also an: Vielwerte / in ehrer herzgeliebte Freundin als Schwester / daß durch Auffopfferung des boßhafften Kleanders ich ihr ihren Ehegatten geraubet / und sie in den leidigen Witwenstand gesetzet / wird sie nicht leugnen können. Nun ist alhie gegenwärtig der ädle und veste Römische Ritter und ädelmann Klodius / bestalter Obrister Statverweser über eine Legion / und anjetzo mein Schiffhauptmann und lieber Freund / der seinen Ritter- und Adelstand wol zubehäupten weiß; da ich nun bey meiner geliebeten Freundin [438] ein glüklicher Werbesmann seyn könte / daß sie denselben vor ihren Bräutigam und künftigen Ehejunker auff und annehmen wolte / würde mir dadurch Gelegenheit an die hand gegeben / es weiter zuverschulden; steckete ihr damit einen sehr köstlichen Ring an den Finger / und sagete: Diesen überreiche ich meiner Freundin im Nahmen und von wegen Ritter Klodius / hoffe sie werde ihn zubehalten ihr gefallen lassen können. Die gute Frau wahr dieses unvermuhtlichen Anmuhtens wegen sehr bestürzet / daß ihr das Geblüt unter die Augen schoß / durfte sich doch nicht wegern den Ring zunehmen; stund eine zeitlang ohn Antwort und sahe ihre Wase an / nicht zweiffelnd / sie würde dieses Anschlages nicht allein gute Wissenschafft tragen / sondern es wol selbst also gefidert haben / uñ zürnet fast sehr / daß sie ihr den geringesten Wink nicht davon gegeben hätte; insonderheit schämete sie sich / daß ihre scherzhaffte Antwort ihr als eine Anfoderung hierzu / kunte ausgedeutet werden; endlich erhohlete sie sich / und gab diese Antwort: Durchleuchtigster Gn. Herr; wie hoch eure Gn. sich meiner angenommen / ist allen gegenwärtigen kündiger / als daß es weitläuftiger Wiederhohlung bedürfte; bitte untertähnig / dieselbe wollen in dieser hohen gewogenheit gegen mich / allemahl verbleiben / deren als gehorsame Dienerin ich in ehren allemahl verbunden bin; was die erwähnete Heyraht betrifft / wil euer Gn. ich untertähnig antworten / nachdem mit meiner geliebten Wasen mich dessen werde beredet haben; bitte diesen geringen. Verzug nicht ungnädig auffzunehmen / noch meine vorige / aus unwissenheit getahne Scherz-Foderung mir ungleich auszulegen. Frau Euphrosyne fiel ihr in die rede; sie wüste hierin nichts mit ihr zubereden / weil sie ihren freyen Willen hätte / sie auch nicht zweifelte / ihres Gn. Herrn Vorschlag ihr nicht zuwieder seyn würde; überdas erkennete sie Herrn Klodius vor einen redlichen auffrichtigen Ritter / der ihrer wolwirdig / ihr auch als ein geträuer Ehegemahl allezeit gebührlich begegnen würde. Wann ich dann /sagte sie / aus allen ümständen vermerke / daß ihr nicht aus Unwillen / sondern schamhalber eure Antwort hinterhaltet / wil ichs an eure Stat herzlich gerne verrichten; bedanke mich demnach gegen eure Gn. Herr Ladisla / untertähnig / daß dieselbe meine geliebete Wase so wol versehen / die Heyraht mit Ritter Klodius selbst vortragen / und die beyden Befoderer der geschehenen Rettung miteinander verehelichen wil; jedoch / weil mich deucht / meine Wase möchte ihres Freyers worte gerne selber hören / wil ich fernere Antwort biß dahin auffschieben. Klodius und Agatha sassen beyde gleich bestürzet / uñ fing diese an; Fr. Wase / ich hätte mich solcher Beschimpffung zu euch nicht versehen / da ihr mich durch eure Reden in diese Verwirrung stürzet / daß ich weder zuschweigen noch zuantworten weiß; und was mag dieser Ritter (auff Klodius zeigend) gedenken / daß ich ihn zureden auffmahnen solte? Hoffe demnach / diese Hoch-Fürstl. und Ritterliche Geselschafft / werde es euren kurzweiligen Auffzügen zuschreiben. Ladisla mengete sich mit ein / und sagete zu Fr. Euphrosynen: Gewißlich hat meine Freundin nicht unbillich Ritters Klodius eigene Worte ausgefodert / welche ihm auch vorzutragen wol anstehen wird; jedoch / daß Fr. Agatha ihr hernach gefallen lasse / selbst zuantworten / damit sie (sagete er mit einem Lachen) nicht ursach habe / ihre Fr. Wase zubeschuldigen / als hätte sie zuviel oder zu wenig versprochen. Klodius ließ sich hierauff bald finden / und fing also an: Durchleuchtigster Gn. Herr / daß eure Gn. ihr meine Wolfahrt so hoch lässet an gelegen seyn / daß die Frucht ihrer Gefängniß zu meinem [439] Nutzen reichen sol / daher befinde zeit meines Lebens euer Gn. mich zu allem untertähnigen Gehorsam und Diensten verbunden; und wann die hochädle Fr. Agatha / mich wirdigen könte und wolte / vor ihren ergebenen Diener uñ künfftigen Ehegatten mich auffzunehmẽ / und meines Gn. Herrn Anwerbung gelten zulassen / verpflichte ich mich hinwiederumb /dieselbe in ehelicher Träue zulieben und ehren / wie solches von einem redlichen Ritter erfodert wird / der hoffnung gelebend / ihre hochädle Tugend werde mit einer genehmen Antwort mich beseligen / und dadurch meine gewünschete Glükseligkeit in Volkommenheit setzen. Fr. Agatha hätte gerne gesehen / daß den Sachen in etwas Anstand gegeben wåhre; weil aber sie sich der Erklärung nicht entbrechen kunte /auch ihre Wase sie also anredete: Herzliebe Schwester / was seyd ihr so bestürzet? Ich meine ja nicht /daß einiger Mensch zugegen sey / vor dem ihr euch zu scheuhen hättet / in Ehrensachen eine antwort zugeben; so seyd ihr ja über das euer selbst eigen / und nicht gehalten / jemands Willen einzuhohlen; wollet ihr aber vorschützen / daß die geschlagene Wunde noch zu sehr schmerze / dürffet ihr dessen gar nicht; massen Kleander nicht als euer Ehegatte / sondern als euer Erzfeind und Mörder gestorben ist; derwegen gebet eure Antwort frey ungescheuhet / doch also /daß Herr Ladisla so wenig eure Undankbarkeit / als Ritter Klodius die Unbarmherzigkeit anzuklagen / ursach haben möge. Es wahren ihr hiemit alle weitere Ansflüchte benommen / daher sie endlich ein Herz ergrieff / und dieses vorbrachte; sintemahl mein Gn. Herr / Herr Ladisla / durch seine schon gar zu hohe Woltahten / mich seinem Gehorsam allerdinge unterwürffig gemacht / und überdas noch meine Wolfahrt zubefodern / gegenwärtigen ädlen Römischen Ritter /Herrn Klodius mir zu einem künfftigen Bräutigam zuzuführen willens ist / erkenne seiner Durchl. hohe Gnade ich billich / und untergebe mich dero in gehorsamer Untertähnigkeit; habe auch nicht ursach / Herrn Klodius jeztgetahnes Versprechen / wegen seiner auffrichtigen Träue und Liebe / in zweiffel zuzihen / und nehme hiemit selbe nach seinem Ansuchen ehren-gebührlich an / stelle ihm meinen Gehorsam und alle meine Güter zu / derselben sich nach Willen zugebrauchen / und wil nach abgelegter Trauer / welche ich hieselbst bey meiner geliebeten Wasen und Schwester zuhalten entschlossen bin / ihm an Ort und Ende folgen / wohin es ihm gelieben wird. Ladisla bedankete sich der angenehmen Erklärung; Klodius aber trat hin zu ihr / und ward die Ehe mit einem Handschlage uñ freundlichen ümfangen bekräfftiget. Die Anwesenden wünscheten hierzu Glük / und erfreuete sich Markus seines lieben Freundes Wolergehens höchlich. Noch hielt diese neue Braut bey Herrn Ladisla an / die grossen Goldbeutel wieder zu sich zunehmen / da sie ja die teuren Kleinot zubehalten gezwungen währe; aber Ladisla sagete zu Klodius: Lieber redet euer Braut ein / daß sie aufhöre sich zuwegern; und daß auch ihr eine geringe Ergetzung der empfangenen Wunden habt / werdet ihr wegen des bewusten geringen Vorschusses von meinem Herkules keine Ansprach haben; könnet also euer Liebsten ein freyes Römisches Rittergut zubringen / daß sie gleichwol sieht / daß ihr nicht Armut wegen / sondern etwas zuerfahren / euch in meine Dienste begeben habt. Seinem Markus taht er gleichmässige Schenkung des verschossenen / und ließ alles was verzehret ward von seinem Schatze nehmen; welche Freygebigkeit den beyden Bräuten sehr zuwieder wahr. Am andern Tage nach der Verlöbnis / da die Liebhaber schon vertrauliche Kundschafft mit ihren Liebesten gemacht hatten /kam ein ansehnlicher [440] Griechischer Herr / Nahmens Attalus / zu Korinth an / und legete sich bey Amyntas zur Herberge; ließ folgendes Tages sich bey seiner unbekanten Wase Fr. Euphrosynen anmelden / und begehrete mit ihr in geheim zureden. Als ihm solches gerne zugelassen ward / und er zu ihr kam / machete er seine Höffligkeiten guter massen / die doch sehr gezwungen und nach der Schuelart wahren / stellete sich dabey ernsthafftig / und nachdem er mit züchtigen Geberden empfangen wahr / zeigete er an / die nahe Anverwandschafft / (davon doch weder sie noch er ichtwas wusten) hätte ihn kühn gemacht / seine innigliche Begierden vor ihr auszulassen / zweiffelte nicht /sie würde in Ansehung dessen / ihm alle wolgültige Befoderung erzeigen / ihn bey seiner höchstgeliebeten Freundin Fr. Agathen bester massen beliebt zumachen / und die Sache (daß ers in die kürze zöge) dahin zubefodern / daß nach abgelegeter kurzen Trauer / er deren Liebe im wirdigen Ehebette besitzen und geniessen möchte / demnach er vor unsäglicher Liebe gegen dieselbe brennete; er wolte solches äusserst zuerkennen geflissen seyn / und sich ihrer nicht anders als seiner leiblichen Schwester annehmen; Zohe auch zween Ringe hervor / den einen am Wert XX Kronen ihr selbst zuschenken / als eine Vergeltung künfftiger Befoderung; den andern von XL Kronen / umb solchen seiner Liebesten (wie er Fr. Agathen schon nennen durffte) auf künfftige eheliche Liebe und Träue einzuliefern. Den Vogel am Gesange / den Topff am Klange / gedachte Fr. Euphrosyne; sie hatte dieses Menschen gar keine Kundschafft / nur daß sie ehmahls von ihm gehöret / daß er Leibes und Ansehens gnug / aber wenig Wiz hätte; über das auch reich an Gütern / aber dabey überaus filzig und hundisch währe. Ihre Verwandschafft betreffend / würde es mühe gekostet haben / ehe man des zehnden Gliedes inne werden mögen; Doch als eine verständige Frau ließ sie sich nichts widriges merken / wegerte sich doch die Ringe zunehmen / und sagete zu ihm: Sie bedankete sich sehr / daß er sie in solchen wichtigen Geschäfften zu gebrauchen wirdigte / wolte ihm auch darinnen gerne bedienet seyn / als viel ihr weniges Vermögen leisten könte / welches aber noch zu zeitigseyn würde / angesehen ihrer Wasen ausgestandenen grossen Elendes / und daß sie noch in grosser Betrübniß währe / daher von Heyrahtsachen nicht mit ihr zu handeln seyn würde. Attalus hatte seiner Einbildung nach sich dieser Antwort nicht versehen / zog zwar die Ringe gerne wieder nach sich / weil er sie ohn das nicht gerne gemisset hätte / wie geringe sie auch wahren; aber mit dieser ungewissē Antwort sich abspeisen zulassen / sagte er / währe seine Gelegenheit nicht / in Betrachtung / er der Ursach halben einen gefährlichen Weg über die sechs Meile mit seinem Hofmeister oder Verwalter geritten / und nicht geringe Kosten angewendet hätte; wolte demnach abermahl gebehten haben / diese Werbung bey seiner Liebesten anzubringen / die verhoffentlich / da sie seinen Namen hören würde / sich / ehe sie meynete / willig erklären dürffte. Fr. Euphrosynen gereuete schon / daß sie mit dem Gecken sich so weit eingelassen hatte / dann sie sahe nit / auff was weise sie sich seiner würde entbrechen können / gedachte noch durch eine glimpffliche Verächtligkeit sein abzukommen / und fragete ihn / wer er dann wåhre. Dieser entrüstete sich in etwas / und sagete: Ey meine Fr. Wase / solte sie ihren so nahen Anverwanten nit besser kennen / den ohn Ruhm zumelden / ansehnlichen reichen Freyherrn / Herrn Attalus / von dessen gutem Gerücht Griechenland hin uñ wieder redet? dessen Liebe und Holdschaft so manniches Frey Fräulein gewünschet hat / daß er fast täglich mit Ansuchungs-Briefen [441] überlauffen wird? Die gute Frau kunte lachens sich nicht enthalten / sahe was vor einen Ebenteur sie vor sich hatte / und gedachte ihren guten Freunden noch heut einen kurzweiligen Auffzug zumachen; fragete ihn deshalben / ob er ihrer Wasen Kundschaft hätte; und da sie vernam /daß er sie niemahls gesehen / forschete sie weiter nach / woher doch dann die so hefftige Liebe ihre Ursach genommen hätte; welches er sein teutsch anzeigete /er währe in Erfahrung gebracht / daß sie nicht allein schön / ädel und fung / sondern auch sehr reich und wol begütert wåhre / welches in ihm die Begierde aufgemuntert / es mit ihr zuwagen / weil er gegen seinen Reichtuhm einen gleichmässigen haben müste. Auf dieses Vorbringen erboht sie sich / ihm zum sonderbahren Gefallen die Werbung zuverrichten / möchte gebehten seyn / sich bey der Mahlzeit einzustellen /dann könte nicht allein diese Handelung vorgenommen werden / sondern würde über das Gelegenheit haben / mit etlichen vornehmen Römischen Herren gute Kundschafft zumachen; hätte er nun etwas kostbahrere Kleinot / als die auffgezeigeten schlechten Ringe / würde er ohn ihr erinnern solche mitbringen; dann im fall die Heyraht solte geschlossen werden /müste er seiner Liebesten dieselbe darbieten / woran er nichts verlieren / sondern alles mit ihr wieder bekommen würde; Dieses wolte sie ihm zu dem Ende rahten / weil die Weibesbilder aus dem ersten Geschenk von der Buhler Liebe gemeiniglich zu urteilen pflegeten. Dieser ward froh / und gab zur Antwort: Ob zwar die Einkäuffung vieler Kleinot nichts anders als Geld-verspillung währe / wolte er doch wissen dem Dinge sein Recht zutuhn; nahm von ihr höflichen Abscheid / mit dem Erbieten gegen die Mahlzeit sich einzustellen / und sein Vorhaben ins Werk zurichten; ging nach der Herberge / und stellete es mit seinem dünne bespunnenen Hofmeister / welchen er auffzuwarten bey sich hatte / in Raht; meynete / wann er etwa vor 100 Kronen Kleinot einkauffen würde /könte er damit sehr wol bestehen; weil aber dieser etwas witziger wahr als sein Herr / gab er ihm einen guten Auswischer: ob er meynete / dz er zu einer gemeinen Bürger-Dirnen ginge? diese hochädle Frau währe dermassen begütert / daß sie ihm so liderliche Sachen würde vor die Füsse werffen. Er hätte ihm ja /ehe sie ausgezogen währen / seine Meynung gesagt /daß er ihn als seinen Leibdiener müste zierlich und nach seiner Leibfarbe auskleiden / wie andere seines gleichen wol tähten / die nicht den zehnden Teil seiner Güter hätten; Er müste nicht mit einem sondern V oder VI reitenden Dienern auffzihen / daß man sein Vermögen daher erkennete; Er müste beyde Schieb Säcke vol Kronen haben / und den Spielleuten keine Silber Groschen / sondern VII / IIX oder mehr Kronen auff einmahl auffwerffen; Er müste V oder VI Kleider / auffs prächtigste gemacht / bey sich haben /damit er sich alle Tage umkleiden könte; Er müßte den Leibdienerinnen seiner Liebesten solche Ringe schenken / als er ihr selbst zugedacht hätte; Und also müste er dieses sein Vorhaben entweder ganz lassen bleiben / oder zum wenigsten sich auff 2000 Kronen wert Kleinot schicken / damit er nicht auff einen Stumpff lieffe. Dem filzigen Lauser dauchte dieses gar zu viel seyn; jedoch in Hoffnung / eine Speckseite mit einem Ey herunter zuwerffen / ließ er sichs endlich noch gefallen / und wahr ihm leid / daß er nicht etliche seiner Dröscherknechte beritten gemacht / und zum Prunk mit sich genommen hatte. Inzwischen machte sich Fr. Euphrosyne hin zu ihren Gästen / zeigete ihnen in Gegenwart ihrer Wasen / dieses neuen Buhlers dürre Werbung an / und wie sie ihn hätte auff die Mahlzeit bescheiden; bähte / [442] man möchte ihr gönnen / einen kurzweiligen Auffzug zumachen / da sonst die Herren eines törichten Menschen Ruhmrätigkeit geduldig anhören könten; weil sie auch wuste / daß Leches solchen Leuten fein zustellẽ / uñ sie possierlich auffzuzihen wuste / hielt sie bey ihm an / diesen Kerls ein wenig in die Schule zuführen. Die Unsern liessen ihnen solches gefallen / uñ wolten nach langwieriger Betrübniß gerne ein Affenspiel sehen / daher Ladisla seinem Leches befahl / alle seine Kurzweils Künste hervor zusuchen / wozu er dann willig wahr. Frau Agatha aber beschwerete sich / warumb sie mit dem Narren sich auffnehmen / und im Auskehrich nur Spott zu Lohn haben solte; Sie erinnerte sich / daß er vorm Jahre bey ihren Anverwanten umb sie geworben / aber weil die Heimsteur zu schlecht gewesen / gar spöttisch auff sie loßgezogen hätte. Geliebte Wase /antwortete Euphrosyne / ihr habt nicht ursach / euch eben so hart zuwegern; dann wer weiß noch / ob ihr ihm in eurem Traurgewande auch schön und freundlich gnug seyn werdet? Nun hatte sie eine arme adeliche Jungfer bey sich / die ihr auffwartete / von guter Gestalt / und beschwatzet / aber daneben frisches Gemühtes / daß sie einem blöden Kerle zum Faustrecht gnug gewachsen wahr; dieselbe foderte sie in bey seyn Fr. Agathen vor sich / und gab ihr zuverstehen / dafern sie ihr eigen bestes erkennen könte / stünde ihr ein gutes Glük vor der Hand; nehmlich / Junker Attalus / zwar etwas schwach am Verstande / aber gutes äusserlichen Ansehens / und grosses Vermögens an Baarschafft und liegenden Gütern / hätte sich angeben / nach Fr. Agathen zu heyrahten; geliebete ihr nun /seines Reichtuhms gebietende Frau zuwerden / müste sie sich bald erklären / und heut diesen Tag ihm alle Tohrheit zugute halten / alsdann wolte sie es schon zukarten wissen / daß ihr solches nicht fehlen solte; zweifelte auch nicht / sie würde ihn von der Eitelkeit abzihen / und mit der Zeit zum feinen Manne machen können. Diese Jungfer / nahmens Eurydize / hatte von diesem einfältigen Tohren viel gehöret / doch weil ihr Sinn nach Reichtuhm stund / erboht sie sich alsbald /dieses Glük nicht auszuschlagen / dafern es ihr werden könte / sie hoffete ihn nachgehends verständiger /oder zu ihren Sklaven zumachen / wolte sich demnach ihrer Befoderung befohlen haben. Wolan / sagte Fr. Euphrosyne / so halte ich diese Heyraht schon vor geschlossen; unterrichtete sie / wie sie sich gegen ihn verhalten solte / legte ihr köstliche Kleider und Kleinot an / und gab ihr einen Ring / den sie ihm auff Begebenheit als ihrem Bräutigam verehren solte. Hiemit wahr dieser Tantz gefidelt / und stellete sich Attalus zu rechter Zeit ein / welchen die unsern anfangs vor einen geschikten Ritter ansahen / massen er sich dannoch zimlich ausgeputzet / und die ersten Geberden fein einrichtete / ließ auch einen treflichen Rauff Degen hinter sich her tragen / den er doch zuführen wenig gelehret wahr. Seine Reden aber verrieten ihn bald / massen er vorgab: Demnach seine Schuldigkeit erfoderte / den Herren Römischen Gesanten aufzuwarten / hätte er solches gerne leisten wollen / umb sehen zulassen / was vor Leute seine Fr. Wase in ihrer Blutfreundschafft hätte. Ladisla und Fabius hiessen ihn wilkommen / und liessen sich vernehmen / weil er ein solcher tapffer Ritter währe / müste er ihnen angenehm seyn. Leches aber / als die Ordnung an ihn kam / ihn zuempfahen / sahe ihn ein wenig an / bald darauff demühtigte er sich vor ihm und fing an: Hilff Glük! sehe ich nicht vor mir den vollkommensten unter aller Griechischen Ritterschafft / den großgepreiseten Herrn Attalus? Ja guter Herr und Freund /antwortete er / ich bin ohn unzeitigen Ruhm derselbe; ob sonst [443] der Herr meiner Kundschafft hat? Nicht weiter / mein höchstgeehrter Herr / sagte Leches / als daß ich sein Gemählde gesehen / und als ich aus dessen Angesichts-Zügen gemerket / daß ein sonderlicher Geist in ihm währe / habe ich von vielen anwesenden vernommen / daß er nicht ohn ursach die Zier der löblichen Ritterschafft genennet würde; aber mein Herr /ich bitte nochmahl / mir meine Bitte nicht zuverargen / daß ich recht möge berichtet werden / ob dann gleichwol Eure Gn. derselbe Herr Attalus sey / welcher weder im Springen / noch Tantzen / noch Fechten / noch Reiten / noch Glüt bey schönen vornehmen Frauenzimmer / jemahls seines gleichen sol gehabt haben. Ich bin eben derselbe / guter Freund / antwortete er / könte euch auch dessen allen Beweißtuhms gnug sehen lassen / wann es die Zeit und Orts Gelegenheit gönnen wolte. Warumb nicht? Gnädiger Herr / antwortete Leches / alle Zeit ist den Volkommenheiten / und alle örter derenübung gewidmet. Worauff dieser Narr alsbald seine Tanz Kunst sehen zulassen /fertig wahr / und etliche Schnitsprünge hermachte /welche doch sehr schlecht und bäurisch wahren; bald steckete ihm Leches ein Ziel / ob er auch einen so weiten Sprung tuhn könte. Dieser begehrete alsbald mit ihm in die Wette zuspringen / welches Leches annam / und den ersten gar kurzen Sprung taht. Jener hoffete ihn umb ein weites zuüberwinden / nam einen Zulauff / und sprang so unvorsichtig / dz er mit den Hacken ausglitschete / und rüklings niderschlug / daß ihm die Zähne im Kopff knirreten / und die unsern sich schier aus dem Odem lacheten / so daß Ladisla zu Leches sagete: Trauen ihr müsset uns den Narren nicht zu früh stellen / es wird sonst kein ausko en seyn. Er aber antwortete in Teutscher Sprache / darin er auch angeredet wahr: Gn. Herr / der Anfang muß gemacht seyn / da mit ich sehe / wie grosse Pillen er verschlucken könne. Als Attalus gleich wieder auffgestanden wahr / und stilschweigens die stelle besahe /die er mit seinẽ Leibe gemässen hatte / Leches aber ihn fragete / ob hinfüro das fallen im springen allemal mit geltẽ solte / weil alsdañ die Füsse Mannes-lang weiter vor sich kämen (dessen die anwesende noch am meistẽ lacheten); da trat gleich das Frauenzimmer in den Saal / so dz die beyde Frauẽ in Trauerkleidern gingẽ / uñ die statlich geputzete Eurydize zwischen sich führeten / gegẽ welche Attalus sich wendete / uñ in die vielen Kleinot / so er an ihr sahe / sich dergestalt verliebte / daß er eines nach dem andern beschauete / zu ihr hin trat / ihr die Hand küssete / und nach Beklagung ihres unfals ihr seine willige Dienste zu Tage uñ Nacht fertig uñ bereit anmeldete; baht sehr / ihn und sein Vermögen anzunehmen; und wolte nicht wieder von ihr hinweg weichen. Die Anwesende wahren des Anschlages schon berichtet / empfingẽ Eurydize höflich / und nahete Leches zu ihr / ob hätte er auch den Narren an ihr gefressen / welches Attalus mit bitter-sauren Augen ansahe; doch weil sie sich an Leches nichts kehrete / sondern wieder zu ihm hin trat / gab er sich zufrieden / insonderheit / da auff seine Rede sie ihm diese Antwort gab; Hochansehnlicher Herr und Oheim / ich danke billich den Göttern / daß sie meines Herrn Kundschafft mir heut gönnen wollen / welches ich vor mein höchstes Glük schätze; bitte sehr / mein Herr wolle seiner Dienerin nicht verargen / daß sie demselben seiner hohen Wirdigkeit nach zubegegnen nicht geschikt noch düchtig ist / wie wol am guten Willen es ihr nicht ermangelt; meine geliebte Wase Fr. Euphrosyne hat von meines höchstgeehrten Herrn Oheims Gegenwart mir gar nichts gemeldet /sonst würde ich mich auff zierlicheren Schmuk und wilkommen-heissen geschicket haben. Alle gut / alle gut hochgeliebte [444] Fr. Wase / antwortete er / ich freue mich nicht weniger das Glük zuhaben zu ihrer Kundschafft / hoffe daneben / sie werde mir dieselbe gerne gönnen / und zwar auff diese Weise / als ich deren zugeniessen mir vorgenommen habe; fassete hiemit Fr. Euphrosynen bey der Hand / führete sie in einen Winkel von den andern abgesondert / und baht sehr / sie möchte ihm behülflich seyn / daß er seiner inbrünstigen Liebe bald könte die hochbegehrete Ergetzung geben. Sie antwortete ihm / er müste gemach tuhn /dann so freundlich ihre Wase währe / so ungeduldig währe sie auch / wann man so schleunig zuplatzen /und ihr von liebes Sachen sagen würde; über daß möchte er sich fein bedenkẽ / ob sie ihm auch gnug schön und höflich währe / dann nach einmahl geschlossener Heyraht / könte man den Kauff nicht wiederruffen. Attalus fing an / sich zu verfluchen / es währe ihm nie keine schönere vorkommen als diese /und wann ja etwas an ihrer Schönheit mangeln solte /wolte er solches hernach mit seinen köstlichen Kleinoten ersetzen; so wüste er vor dem brennenden Feur der peinigenden Liebe nicht zubleiben / sondern / da ihm nicht bald gerahten würde / müste er ohn zweiffel darin ersticken; die Furcht seiner Unbeständigkeit währe vergebens / und hätte er diese so fest in sein Herz geschlossen / daß nichts als der Tod sie daheraus reissen könte. Gebet euch ein wenig in Geduld /mein Herr / sagete sie / biß die Maalzeit wird geschehen seyn / alsdann wil ich schon Gelegenheit suchen /hierüber gebührliche Handelung anzustellen; unterdessen wird mein Herr Oheim die näheste Stelle bey meiner Wasen zunehmen / sich gefallen lassen. Ja /sagte er / dieses währe sein höchster Wunsch / wann die Gesanten ihm nur diese Ehre gönnen wolten. Sie fassete ihn alsbald bey der Hand / und führete ihn zu Tische / setzete die Jungfer zu ihm / und folgeten die anderen nach / da Leches ihm zur andern Seite der näheste sein muste / und Fr. Agatha sich zu aller unterst bey Fr. Euphrosynen nider ließ / auch bey der Mahlzeit sich traurig geberdete / daher ihre Wase geno ener Abrede nach zu ihr sagete: Geliebte Freundin /warumb seid ihr so betrübt? stellet euch doch frölich /wie dorten meine Wase / dañ ich währe schier bedacht / euch meinen Herrn Oheim Attalus zu freien / wañ er noch unversaget und unverliebet währe. Ach / antwortete sie / wer wolte doch mich armes verlassenes Mensch haben? Dieser treffliche Herr würde mich kaum vor eine Magd / geschweige vor eine Braut wirdigen; jedoch wann mir ein solches Glük bescheret währe / hätte ich dem Himmel hoch zu danken. Gute Frau und Freundin / antwortete Attalus / warumb solte ich sie so verächtlich halten / nachdem ich vernehme / daß sie meiner Fr. Wasen etwas verwand ist /ob mir gleich nicht gelegen seyn kan / sie zu heyrahten / weil ich mein Herz schon an einem hohen Orte verpflichtet habe. Die Anwesende kunten sich des Lachens nicht erwehren / daß dieser mit seinem Körbe-außteilen so fertig wahr / und sagte Leches zu ihm; trefflicher Herr Attalus / er handelt fein auffrichtig /daß er dieser jungen Wittiben deutlich saget / wo es geschrieben stehet / dann also muß man die Bauren mit der Mistgabel kitzeln / sonst fühlen sie es nit. Einem Ritter gebühret solches / antwortete Attalus /daß er sich frey rund loßherzige / damit eine oder andere vergebliche Hoffnung im ersten Grase ersticket werde / welche sonst / da sie zu groß wachsen würde /allerhand Ungelegenheit erwecken dürffte. Daß wahr recht / sagte Leches; aber die andern wusten vor Lachen nicht zu bleiben; nur Fr. Agatha stellete sich dumb / und sagete; es möchte sich dieselbe wol glükselig schätzen / die eines solchen Herrn Liebe geniessen würde. Ja freilich [445] werde ich dieselbe glükselig machen / antwortete er / wann sie es nur wird erkennen konnen; baht hierauff Fr. Euphrosynen / ihrem Versprechen / da es ihr geliebete / ein Genügen zu tuhn. Darzu bin ich willig / antwortete sie; aber ehe wir von andern Sachen reden / muß ich meinen Herrn Oheim zuvor fragen / wie ihm seine Beysitzerin /meine geliebete Wase gefalle; massen / da ich wissen solte / daß er sie / und sie ihn hin wiederumb lieben könte / würde ich diese Heyraht zubefodern nicht umbhin können. O nein / meine Fr. Wase / sagte Eurydize / so hohe Gedanken mache ich mir nicht / und hat sie ja schon gehöret / daß dieser treffliche Herr am hohen Orte verliebet ist / daher ich das geringere Glük werde nehmen müssen / welches mir bevorstehet. Attalus kunte länger nicht zuhören / und fing an; Hochädle Frau / sehr geliebete Freundin; sie versichere sich als vor gewiß / daß ich zwar verliebet bin /aber in keine andere als in sie / hoffe demnach / sie werde meine Anwerbung nicht außschlagen / und mich vor ihren Bräutigam auff und annehmen; ich habe so manniche Lade mit Gold und Geld außgefüllet / als Wochen im Jahre sind; alle meine Kornboden sind beschüttet / meine Ställe vol Vieh / mein Schloß wolbefestiget / und kurz zusagen / weiß ich gewiß /daß mirs in Reichtuhm und alle dem was einem Ritter zustehet / keiner in ganz Griechenland bevor tuht; und da sie mir solches etwa nicht zutrauen würde / lasse sie nur meinen Hoffmeister und Amtsverwalter herauff treten (diesen hatte man bald anfangs hinunter geschaffet) welcher alles bekräfftigen wird; nam hiemit einen Ring / sties ihr denselben an ihren Finger /und baht / sie möchte denselben von ihm diesergestalt annehmen / daß sie ihm dadurch vermählet würde. Diese / wie sie abgerichtet wahr / gab ihm den Ring wieder / und sagete; sie wüste nicht / ob es sein Scherz oder Ernst währe: Er als ein treflicher Herr /würde vielleicht sie nur auffs Eyß leiten / und auff eine oder andere Nacht freien wollen / welches gar nicht seyn könte; wann es ihm aber umb eine rechtmässige Heyraht zutuhn währe / möchte er solches fein deutlich anzeigen. Bald steckete er ihr den Ring zum andernmahle an / und verfluchete sich hoch /kein ander Mensch solte / ohn sie allein / in sein Herz kommen / und da er hierin fehlete / oder jemahls anders redete / wolte er diesen anwesenden Römischen Herrn Gesanten mit Leib und Gut verfallen seyn; begehrete darauff / daß die Dienerin von seinem Hoffmeister seine statlichen Kleinot hohlen solte / oder daß er vielmehr sie selber brächte. Dieser kam herzu /hatte solche Sachen in einen beschmitzeten heßlichen Lappen eingewickelt / und überreichete sie in demselben seinem Herrn / der ihm geboht / zuzeugen / ob nicht sein außdrüklicher Vorsaz währe / diese hochädle Frau zu heyrahten; der ungeschliffene bestetigte solches mit hohen Schwüren und ward alsbald wieder hinunter geführet. Attalus schämete sich nicht das besudelte Schnupftuch bey dem Tische auffzulösen / und fing an / als ein Kramer ein Stük nach dem andern außzulegen / nach der Seite / da Leches saß /meldete auch bey einem jeden / wie viel es ihm kostete / und log über die helffte darzu: Als er viere hingelegt hatte und das fünffte (es wahren aber ingesamt XV Stucke) hervor suchete / rückete Leches ihm unversehens eines von den vieren hinweg / und steckete es ihm in seinen eigenen Schiebsak; als er das siebende langete / nam er aber eins / und bey außkramung des zehenden / nam er das dritte darzu / machte es auch mit den beyden / als mit dem vorigen / daß dieser es nicht merkete / biß er nach gänzlicher heraußlegung anfing sie zu zählen / da missete er drey Stücke: er zählete sie wol sechsmahl über / [446] und traf doch die begehrete Zahl nicht / entfärbete sich darüber / uñ kuckete unter den Tisch / ob sie ihm entfallen währen / da inzwischen Leches noch zwey Stücke hinweg nam / und sie hinter ihm unter das Polster steckete. Dieser sahe nichts unter dem Tische / überzählete die Stücke zum siebendenmahle / und da er nur noch zehne fand / fing er überlaut an; Nein ihr meine Herren und Freunde / dieses gehet nicht recht zu / es werden mir die Kleinot unter den Händen hinweg gestohlen / und misse ich schon den dritten Teil / welches kein ander Mensch / als mein nähester Beysitzer kan getahn haben. Da ging es nun an ein übermässiges algemeines Lachen / nur Leches stellete sich ernsthafftig und fragete / ob er ihn Dieberey bezichtigte. Dieser gab zur Antwort / wann er nur seine fünff Kleinot wieder bekähme / hätte er mit ihm weiters nicht zu schaffen; und weil er dieses redete nam er ganz eiferig die übrigen X hinweg / und legte sie an die andere Seite / seine liebste bittend / auffsicht zuhaben / daß keine mehr abhändig gemacht würden. Leches stellete sich ungehalten / und fragete weiter / ob er dann gesehen hätte / daß er ihm etwas genommen? hätte ichs gesehen / antwortete dieser / würde ich bald darumb gesprochen haben. Ja wer hats euch dann gesagt? fragete er weiter. Es kans kein ander getahn haben als ihr / antwortete er; dann wer hätte können so weit herreichen? Nun ihr Herren und Freunde alle miteinander /fing Leches an / ihr höret und vernehmet / daß dieser Ritter mich Dieberey zeihet / welches ich nicht wol werde können auff mich ersitzen lassen; und wann mich nicht drey wichtige Ursachen abhielten / würde ich Hu. Attalus außfodern / sich mit mir zuschmeisse; was sind dz vor Ursachen? fragete Fr. Euphrosyne. Die erste ist / antwortete er / dz ich weiß / daß H. Attalus seines gleichẽ im fechten nit hat; die andere /daß ich unschuldig bin; die dritte / daß ich gar kein Blut / sonderlich mein eigenes nit sehen kan. Es wahr niemand zugegẽ / der sich im Lachen håtte mässigẽ köñen / nur Attalus ergriff dieses zu seinem vortel /uñ dräuete ihm wo er die fünff stücke Kleinot ihm nit alsbald wieder gebẽ würde / solte uñ müste er sich mit ihm schmeisse. Ich habe sie nit sagete Laches /aber wañ ich sie hätte oder noch beko en könte /solte ich sie dañ behalten / wañ ich mich mit euch schmeissen wolte? Je / antwortete Attalus / so währe ich wol ein Narr / wañ ich auff solche Bedingung föchte. Warumdañ sol ich mich mit euch schlagen? fragete iener. Je darumb / antwortete dieser / daß ich meine fünff Kleinot wieder haben wil. Suchet nach /sagte Leches / vielleicht habt ihr sie noch wol bey euch / dann ich habe sie nicht gefressen. Attalus griff in beyde Schiebsäcke / fand alsbald in der linken die drey Stük / entsetzete sich darüber / und sagete: welcher Diebshenker hat dich dahinein geführet? Es mangeln mir aber noch zwey / so zuvor auff dem Tische gelegen. Leches stellete sich zornig und sagte zu ihm: Wie stehen wir beyde nun miteinander? Also / sagte jener / daß ich die übrigen zwey Stük auch wiederhaben wil. Suchet im andern Schiebsak fein fleissig /antwortete er / ob ihr sie euch auch selbst gestohlen habt. Ey das ist ein unhöfflich Wort / sagte Attalus. Eurydize sahe hinter ihm die beyden Stük liegen /nam sie hervor / und reichete sie Attalus mit diesen Worten hin; Mein Herr sehet / sie sind euch entglitscher / da finde ich sie. Ey meine Freundin / antwortete er / hat sie / ümb eine Kurzweile zumachen / solche verstecket gehabt? Inzwischen hätten die Anwesende /sich schier zum Schiefer gelachet / nur Leches begunte sich nunmehr zornig zustellen / und sagte zu ihm: Herr Attalus / ob ihr gleich der beste Fechter von der Welt seyd / so zwinget mich doch mein ehrlicher Nahme / daß ich der beschuldigten [447] Dieberey mich zuentbrechen / einen Gang mit euch wagen muß / doch nicht mit scharffen Schwertern / weil ich mein eigen Blut gar nit sehen kan / sondern nur mit stumpffen Fechtdegen. Dem Gekshäuser wahr liebe zu solcher Ausfoderung / dann weil er in der Fechtkunst unterrichtet wahr / hoffete er grosse Ehre einzulegen / und gab zur antwort: Ob er gleich seine Kleinot wieder hätte / könte er doch solche Ausfoderung nicht erdulden / und würde schwerlich ohn Blut abgehen / obs gleich nur mit stumpffen Degen geschehen solte. Der ganzen Geselschafft wahr liebe darzu / diesen Kampff anzusehen / ohn allein die Braut begunte über der Tohrheit in ihrem Herzen leid zuempfinden / muste doch diesen Tag gemachter Anordnung nach / alles gut heissen. Die Degen wurden gebracht / da sich dann Attalus im ersten Angriff gar beherzt / Leches hingegen sich gar furchtsam merken ließ / daß er nur immer hinter sich wiche / biß er gar die Wand erreichete / und weiter nicht austreten kunte / da gebrauchte er sich seiner Kunst und Stärke / und reichete ihm etliche über die Arme / daß sie striemicht wurden /endlich versetzete er ihm eins über den Schedel / härter als ers selbst gemeinet hätte / daß dem guten Attalus die rohte Suppe über das Gesicht herunter lieff /den Fechtdegen von sich warff / und seinen Gegener beschuldigte / er hätte nicht gefochten / sondern als ein grober Baur auff ihn zugeschlagen. Die anderen fielen ihm in solcher Anklage bey / und legeten Leches zur straffe auff / daß er ein grosses Weinglas vol austrinken solte / womit dieser vergnüget wahr / und durch einen Handschlag sich mit ihm vertrug; ging hernach hinab / ließ sich von seinem Hoffmeister waschen und verbinden / und setzete sich wieder hin zu seiner Braut / ob hätte ers sehr wol gemacht / so daß er auch Leches auffzihen durfte / wie ers immermehr hätte machen sollen / wañ er in der Feigheit ihm gleich währe / und sein eigen Blut nit sehen könte. Hiermit hatte dieses Lustspiel seine Endigung / und weil Attalus von niemand mehr angezapffet ward /wendete er sich zu seiner Liebsten / deren er alle seine Kleinot / wiewol ein Stük nach dem andern / einreichete / mit bitte / sie möchte sich morgen ihm zugefallen damit ausputzen. Sie nam solches alles mit grosser Ehrerbietung zu sich / steckete ihm ihren Ring wieder an / und versprach / da er sich gebührlich im Leben und Wandel gegen sie verhalten würde / wolte sie desgleichen tuhn / und ihn hiemit vor ihren Bräutigam angenommen haben. Darauff ging das Glükwünschen fort / biß Fr. Euphrosyne den Bräutigamb allein foderte / ihn fragend / wie bald das Beylager solte gehalten werdeñ / und hernach das Hochzeitfest. Er sähe wie höchlich seine Braut ihn liebete / möchte demnach das Ziel nicht zuweit hinaus setzen. Dieser gab zuverstehen / er wolte gerne alsbald diesen Abend ihm die Braut zuführen lassen. Aber sie beschwerete sich dessen / fürchtend / die Braut / wie sie vorgab /würde darein nicht willigen; doch wolte sie / ihm zugefallen / allen fleiß anwenden / daß seinem Willen ein genüge geschähe; setzeten sich wieder zu Tische /und sagete Fr. Euphrosyne zu der Braut: Sie hoffete gänzlich / man würde ihr allerseits volmacht geben /die Zeit des Beylagers anzusetzen; und auff williges Ja-wort sagte sie: So muß die Braut diesen Abend ihrem Bräutigam zugebracht werden / weil ich schon weiß / daß demselben hiedurch ein sonderlicher Gefallen geschehen werde. Eurydize stellete sich wiedrig / baht sehr / es möchte noch etwa zehn oder eilff Monat ausgesetzet werden / hernach wolte sie nicht länger auffschub suchen. Attalus aber wiedersprach dem mit grossem Eifer; es währe ihm ungelegen / so lange hin zuwarten; seine Liebe brennete ihn [448] viel zu hefftig / zweiffelte auch nicht / weil sie ihren Willen einmahl von sich gegeben / würde sie nicht wiederruff tuhn. Die gute Braut ließ sich nach angelegter Karte noch etwas nöhtigen; aber da die Sonne untergangen wahr / wegerte sie sich ferner nicht / sondern folgete ihrer Frauen willig / welche sie dem Bråutigam zuführete / und sie biß an den hellen Morgen ungestöret beysammen heß. Als die unsern ingesamt schon auffgestanden wahren / lag dieser junge Ehmann mit seiner Liebesten noch in den Federn / und forschete fleissig nach ihren liegenden Gütern und Baarschafften /was vor eine Bewandnis es damit hätte; bekam aber zur antwort: Es würde sich solches schon finden / und hätte sie ihm davon keine Rechnung auff dem Bette zutuhn / fing auch an / ihn zu unterrichten / dafern er forthin in ehelichem Friede mit ihr leben / und ihrer Liebe und Huld geniessen wolte / müste er seine alte Haut gar ablegen uñ in eine neue kriechen. Er fragete / wie solches zuverstehen währe. Ich werde es euch fein deutlich sagen / antwortete sie; euer Gehirn hat grossen gebrech am Verstande / und euer Herz an der Vorsichtigkeit / solches müsset ihr endern / die kindische Tohrheit / und nichtige Großpralerey neben der eitelen Leichtgläubigkeit hinfüro meiden / und euch von mir zu allem guten anweisen lassen; werdet ihr solches tuhn / wil ich noch wol einen Menschen und einen ädelmann aus euch machen; bedenket bitte ich /die tausendfältigen Tohrheiten die ihr gestern in so wenig Stunden begangen habt / mit tanzen / springen / Kleinot zählen / ausfodern / fechten / und was ich noch nicht melden mag; solches alles stehet keinem Manne / sondern unverständigen kleinen Bübichen zu; doch wil ichs zum Anfange hiebey gut seyn lassen / weil es hohe Zeit ist / daß wir uns in die Kleider machen. Es verdroß den guten Kerle eine solche deutliche Aushechelung nicht ein geringes / aber Zagheit halber durffte er kein Wort darauff antworten. Des vorigen Abends gar spät / da die jungen Eheleute schon zu Bette wahren / ging Fr. Agathen Leibdienerin hinunter in die Gesindestube / und sagte: Der Posse ist gleichwol sehr artig angangen / und habe ich heut in der Taht erfahren / was man im gemeinen Sprichwort saget: Wer das Glück haben sol / dem entlaufft es nicht; die gute Eurydize muste gestern auffwarten /und ihrer Frauen gnade leben / und heut ist sie zur grossen Frauen worden / und einem reichen Herrn /wiewol auch einem grossen Narren beygelegt / der ihr dannoch manniches Kleinot geschenket hat; mich sol immer und ewig gelüsten / wer diese Heyraht mag so schleunig befodert haben. Attalus Hoffmeister stund haussen vor dem Fenster / und hörete alles an / trat hernach hinein / und nach kurzem Gespräch fragete er / ob die schöne ausgeschmückete Frau nicht Kleanders nachgelassene Wittib währe. Deren iezt gedachte Leibdienerin fing darauff an überlaut zu lachen / und sagte: Kleanders Wittib? Ja wol! meine Frau würde sich mit eurem wizlosen Herrn besudeln oder einlassen? Dieselbe saß zu allerunterst bey Fr. Euphrosynen in ihren schlechten Traurkleidern / und die ausgeschmükte wahr gestern ümb diese Zeit / was ich anjezt noch bin / ohn daß sie gleichwol ädles herkommens ist. Da schlage Unglük und Hagel drein / antwortete dieser / so hat mein Herr in Warheit geirret / und wird diesen Kauff nimmermehr halten. Als die Dirne solches hörete / lief sie geschwinde zu ihrer Frauen / und zeigete solches an; Der Hoffmeister folgete bald hernach / mit ungestümen Begehren / ihn alsbald zu seinem Herrn zulassen / er hätte demselben etwas nöhtiges anzudeuten / welches durchaus keinen Auffschub leiden wolte. Klodius aber filzete ihn zimlich aus / was er sich [449] unterstehen dürffte seinen Herrn in der angenehmen Ruhe zustören. Dieser gab vor / es irrete alles nichts / und wolte er solches schon zuverantworten wissen. Als aber Klodius zu ihm sagete; packe dich bald wo du ungeprügelt bleiben wilt / und brennet deines Herrn Fischteich so lösche ihn; da ging er aus Furcht hinter sich / und muste des folgenden Tages erwarten. Dazumahl seumete er nun nicht / sondern / so bald er merkete / daß er aufgestanden wahr /ging er zu ihm / da seine junge Frau annoch bey ihm auff der Kammer stund / foderte ihn in einen Winkel /und sagte zu ihm: Herr / habt ihr auch nachfrage getahn / wer eure Braut ist / bey der ihr hinte geschlaffen? Sie ist trauen nicht Kleanders Wittib / sondern Fr. Euphrosynen Leibdienerin. Attalus meinete vor unmuht zu besten / trat zu ihr hin / und fragete / wie sie hiesse / uñ wer sie währe. Diese merkete daß ihn sein Diener gewarnet hätte / redete denselben ganz zornig an / und sagete: Je du leichtfertiger Schelm /wer hat dich so tühn gemacht / zu deiner gebietenden Frauen ungefodert auff ihr Schlaffgemach zutreten? ergreif hiemit einen Prügel / uñ zuschmierete ihm die Rippen dergestalt / daß er vor schmerzen nicht zubleiben wuste / und sich hinter seinen Herrn zuverbergen suchete; aber sie schlug immer tapffer fort / gab auch dem guten Attalus etliche Streiche mit / als währe es ohngefehr geschehen / daß endlich der Herr samt dem Knechte anfing zu schreihen / und davon zu lauffen; wiewol sie diesen alsbald freundlich anredete / mit Entschuldigung / daß es ohn vorsaz geschehen währe. Die beyden Frauen hatten allernähest ihr Gemach bey dieser Ka er / höreten das Getümmel / und lieffen herzu / dann sie meyneten nicht anders / die jungen Ehleute würden ihres dinges uneins worden seyn / uñ hätten sich unter einander so zerbläuet. Als sie nun naheten / baht Eurydize dieselben / mit ihr hinein zugehen / da sie den guten Attalus stehen sahen als ein erschrockenes Rehe / und wünschete / daß er nur bald sterben möchte. Seine Braut trat mit freundlichen Geberden zu ihm / und sagete: Warumb fragete mich mein Schatz kurz zuvor / wer ich währe / und wie ich hiesse? Weiß er solches nicht / uñ hat nicht allein sich mit mir vermählet / sondern auch das Beylager schon gehalten? Das ist mir ja eine wunderliche Sache! Je doch weil ich meinen Nahmen und ehrliches Herkommen noch nie verleugnet / sollet ihr wissen / daß ich die Eurydize Parmenikus jüngste Tochter bin / welcher zwar an zeitlichen Gütern nichts überflüssiges /aber doch seinen vollkommenen Adel und ehrlichen Nahmen hat. Fr. Euphrosyne redete mit darzu: es nähme sie Wunder / daß er so hefftig nach ihrer Wasen (wie sie dann wahr) geworben / ehe und bevor er sie gekennet; ich meynete / sagte sie / ihr würdet umb ihr Wesen gute Wissenschafft gehabt haben /sonsten solte euch solches nicht verhehlet worden seyn. Fr. Agatha lachete / daß ihr das Herz bebete /lief hin und hohlete Ladisla und die andern herzu / die späte Reue nach gehabter Lust anzusehen. Als dieselben kahmen / funden sie Attalus als einen Kloz unbewäglich stehen / welchen sie grüsseten / und ihn frageten / ob die unglüklichen Träume ihn diese Nacht so hefftig erschrecket hätten. Worauff er zur Antwort gab: Ihr meine Herrẽ / ich zwiffele nicht / sie werden an aller Betriegerey grosses Mißfallen tragen / damit ehrliche Leute geäffet werden / insonderheit an dieser / durch welche ich so schändlich hintergangen bin /und man mir an statt Kleanders Wittiben / etwa eine Dienerin von armen geringen Adel beygeleget hat. Niemand wahr zugegen / der nicht von Herzen gelachet hätte / ohn die über die Schmachworte hart ergrimmete Eurydize / welche ihm näher trat / und zu ihm sagete:

[450] Du ungeschliffenes Holz / wer hat dich betrogen? hastu mich auch jemahls vor Kleanders Wittiben angesprochen? oder habe ich und jemand anders mich davor ausgegeben? Es ist mir leid / daß ich mich mit dir eingelassen habe / und hätte ich meine Jungferschafft wieder / ich wolte dich rechtschaffen über den Tölpel werffen. Dieser erb oht sich / vor diese einige Nacht ihr das beste Kleinot unter allen zulassen / welche er ihr auff die vermeynete Ehe / als Kleanders Wittiben geschenket hätte / alsdann würden sie verhoffentlich geschiedene Leute seyn. Diese meynete vor Unmuht zubersten / und fiel ihr schwer / sich zuenthalten / daß sie ihm das Haar nicht ausrauffete. Fabius trat zwischen sie ein / und sagete zu Attalus: Höret mein schöner Herr; wie ist euch schon entfallen / daß ihr uns mit Leib uñ Gut woltet verfallen seyn /wofern ihr in eurer Träue wanken würdet? geschwinde / und bedenket euch eines bessern / oder euch dürffte ein wunderliches Bad zugerichtet werden. Attalus erseuffzete hoch / und sagete: Ey meine Herren / es ist alles auff Fr. Agathen / nichts auff diese von mir geredet worden; Zeigete weiter an / wie er diese vor Kleanders Wittibẽ gehalten / und würde Fr. Euphrosyne ihm das Zeugniß geben / daß er ja bald anfangs um dieselbe und umb keine andere die Anwerbung getahn hätte. Diese gab zur Antwort: Ja / im Anfange ist solches freylich geschehen / aber nachdem ich sahe / daß ihr nach dieser andern euch wendetet / gedachte ich /ihr würdet nach Art der wankelmühtigen euren Sinn geendert haben. Dieser Streitigkeit ist bald abzuhelffen / sagte Fabius; massen wann man euch etwa vorgetragen hätte / daß damahlige Jungfer Eurydize jeztgedachte Wittib währe / so dürffte sich eure Entschuldigung inso weit hören lassen / wo nicht / so ists euer blosser Muhtwille / der euch treibet / diese eure junge Ehefrau zuverlassen / nachdem ihr eure Begierde an ihr ersättiget habet; lasset euch demnach nicht gelüsten / ein mehres hievon zu reden / oder ihr werdet den kürzern zihen; und was wollet ihr immermehr einwenden? hat nicht Fr. Euphrosyne euch Fr. Agathen in unser aller gegenwart angebohten / uñ ihr habt unverschämt gnug ihr den Korb öffentlich geben dürffen / einwendend / wie euer Herz schon anderwerz verliebet währe. Der arme Attalus wahr in solcher Angst / daß er gerne gestorben währe / wann es nicht weh getahn hätte / gab nähern Kauff / und begehrete mit seinem erbaren Hofmeister ein wenig allein zureden / darnach wolte er sich erklären. Erklären? sagte Eurydize; hastu dich nicht gestern erkläret? Fr. Euphrosyne redete ihr ein / sie solte ihn nit so schimpflich halten / weil sie sich selbst dadurch verunehrete; foderte den Hofmeister / und trug ihm alles vor / was gestern in seinem Abwesen vorgangen wahr; befahl ihm darauf / seinẽ Herrn eines bessern zuerinnern /alsdann solten ihm die empfangenen Streiche mit einer Hand voll Kronen vergolten werden. Dieser sahe / daß es sein bestes seyn würde / und daß seines Herrn Unvorsichtigkeit an allem schuld trüge / ging deswegen zu ihm / und sagete: Wie Herr / schämet ihr euch nicht / daß ihr so blind und unwitzig fahret / uñ euch mit einer ehelich einlasset / ja das Beylager haltet /ehe und bevor ihr nach ihrem Nahmen und Stande fraget? Ach / ach! sagte er / die schönen Kleinot haben mich betrogen; zweifele auch nicht / man habe sie einig und allein zu dem Ende also ausgeputzet. O weit gefehlet / antwortete dieser; dem Ritter / so euch zur Seite saß / hat man sie freyen wollen / dem seyd ihr zuvor kommen; deßwegen tuht gemach / und wegert euch ferner nicht mehr / ihr werdet sonst in Unglüks Küche das Frühstük essen; dann ihr müsset entweder Eure Eheliebste behalten / oder Leib und [451] Gut hergeben; da wählet nun was ihr wollet / hier wird nichts anders aus; könnet ihr aber gutem Raht folgen / so findet euch mit eurer Liebsten gebührlich abe; hat sie dann nicht grosse Güter / so ist sie dannoch ein schönes Bild und eurem Stande gemäß / und danket dẽ Göttern / daß man euch nicht gar eine Bauren-Dirne hat angeschmieret. Ey so muß ich sie dann wol behalten / sagte er / wann sie mir nur nicht gar zu hart seyn / und den Fehler vergessen wolte. Davor lasset mich rahten / antwortete der Hofmeister; ging hin / und meldete Fr. Euphrosynen an / wie leid seinem Herrn der Verstoß währe / er sich auch mit seiner Eheliebsten gerne abfinden wolte. Dieser guten Verrichtung /sagte sie / müsset ihr geniessẽ, gab ihm 30 Kronen /neben anmahnung / seinen Herrn in dieser guten Meynung zu erhalten; unterrichtete nachgehends die Braut / wie sie mit Attalus verfahren solte / und ließ sie allein zu ihm hingehen. Sie fand ihn noch in grosser Betrübnis / dann der Spot wolte ihm / wie einfältig er sonst wahr / auß dem Kopffe nicht / daß man ihm die Magd an stat der Frauen zugeführet hatte; aber sie redete ihm süsse zu und sagete: Mein allerliebster /nachdem ich verstehe / daß euch der Frevel leid ist /den ihr mir unverschuldet angeleget / wil ich den schweresten Stein mit euch nicht heben; dieses aber sollet ihr euch stets / und weil ihr lebet / erinnern /daß ich euch keinen Bothen geschicket / noch mich euch angetragen / sondern mich vielmehr gewegert habe / biß euer unablässiges Anhalten mich genöhtiget hat / in eure Heyraht einzuwilligen; wolte sonst ohn euch wol einen wirdigen Bräutigam angetroffẽ haben / der mir schon nicht ferne wahr. Ihr sollet mir hiebey versprechen / daß / wie ich euch heut früh schon ermahnet / ihr eure bißher geführete Tohrheit und filzigen Geiz ablegen / und eurem Stande euch gemäß verhalten wollet / habe zu dem Ende schon eine feine Gutsche mit vier Blänken im Kauffe / die ihr bezahlen sollet. Wegen Verwaltung eurer Güter lasset mich nur rahten und sorgen / die sollen durch mich nicht gemindert sondern verbessert werden. Wem wahr lieber als dem verschüchterten Attalus /daß ihm keine schwerere Busse aufferleget ward / er baht umb verzeihung des begangenen / und versprach hinfort ihres Willens zu leben. Damit wahr diese Fehde geendet / und schätzete er sich nachdem offt glükselig wegen dieser Heyraht / massen sie ihn inwendig Jahresfrist der Gestalt unterrichtete / daß er gar ein ander Mensch ward; dann es hatte ihm in der Jugend an der Erzihung gemangelt / weil seine Eltern ihn als ihren einigen Sohn verzertelten / und hinter dem Ofen auffwachsen liessen. Jedoch bekam er mit ihr noch 4000 Kronen Brautschaz; dann Fr. Agatha schenkete ihr die obgedacht 1200 Kronen / worzu Ladisla / Fabius und Fr. Euphrosyne ingesamt 2800 Kronen legeten / ihn weiters nicht mehr auffzogen /weil er sich ganz eingezogen und demühtig bezeigete / und des dritten tages diese jungen Ehleute nach ihren Gütern zihen liessen. Ihr Vater Parmeniskus erfreuete sich der Heyraht sehr / und weil er ein Christ wahr /brachte er sie beyde nach verlauff zwey Jahr zum Christlichen Glauben / wozu Fr. Euphrosyne bey ihrer Wiederkunfft auß Persen ein grosses verrichtete / und dem Vater einen feinen Meierhoff schenkete / worzu Groß Fürstin Valiska 6000 Kronen baar legete. Am Tage des abzuges dieser jungen Ehleute redete Agatha mit ihrer Wasen; sie möchte gerne wissen / ob Herr Leches noch unbefreiet und ohn Liebe währe / auff welchen Fall sie ihm Kleanders Brudern Tochter / die sehr schön und von gewaltigen Mitteln wahr / gedächte zuzuschanzen. Euphrosyne wolte nicht unterlassen /dieses zuvernehmen [452] / aber er bedankete sich ihrer guten Gewogenheit / und offenbahrete ihr in hohem vertrauen / daß er seinen Anteil ihm schon außersehen / und mit einer adelichen Jungfer seines Vaterlandes /anjetzo zu Padua anwesend / sich ehelich versprochen hätte; wolte auch seine Baarschafften uñ Kleinot / die er meistenteils von ihrer freygebigkeit empfangen /bey ihr verwahret stehen lassen / biß sie etwa mit Gelegenheit seiner Liebesten könten übermacht werden. Die gute Frau schämete sich / daß sie einen blossen schlug / baht sehr / ihr nichts zuverargen / und spielete es dahin / daß ihm von Parmenions Geldern 20000 Kronen zugewendet wurden. Es blieben aber Ladisla und Fabius zu Korinth beyeinander / biß die außgeschikten Knechte / so Herkules außspüren solten /wieder bey einander wahren / deren etliche sich über die angesetzete Zeit verspäteten / mehr dem Wolleben nachhängend / als Herkules nachfragend / welcher auch ihrer Kundschafft zu weit entfernet wahr / massen / wie ob erwähnet / er mit seinem Gallus sich auff ein Kauffmans Schiff gesetzet hatte / welches nach Kreta fuhr. Es funden sich IIX boßhaffte Rauber bey ihnen / welche in derselbigen Gegend Beute zumachen gesonnen wahren. Sie sahen Valikules in seinen schönen Kleidern / und dz er bey tageszeit neben seinem Diener gemeiniglich geharnischt wahr / auch zu Nacht einer umb den andern wacheten / und grosse Wetscher bey sich führeten / in denen sie grossen Reichtuhm vermuhten wahren; macheten daher ihren Anschlag / wie sie ihn als einen Fremdling überfallen / und mit samt seinem Diener erwürgen möchten / daß sie der verhoffeten Beute teilhafftig würden. Sie naheten unterschiedlichemahl zu ihnen / hatten doch so viel herzens nicht / sie anzugreiffen / weil sie ausser dem Seitengewehr keine Waffen hatten / ohn daß ihrer etliche / kurze dünne Panzer unter den Kleidern verborgen trugen. Endlich / da sie nicht weit von Kreta wahren / machten ihrer drey ein falsches Gezänke untereinander / daß sie auch zu den Schwertern griffen. Valikules stund dabey ganz gewapnet / und hieß sie ruhig seyn / hätten sie was zu fechten / so währe das Ufer nicht weit / da ihnen Raum gnug seyn würde /den Zank außzutragen; worin die Kauffleute uñ Schiffer mit ihm eins wahren / deren Einrede sie auch gerne und willig auffnahmen / aber zu Valikules sagten sie /was er sich umb ihr Tuhn zugeheien / oder ihnen zugebieten hätte? Er solte geschwinde das Maul halten /oder man würde ihm dz eiserne Wammes beklopffen. Daß währe ungütlich gehandelt / antwortete er / da ich nur eur bestes suche; es sey aber wie ihm wolle / so gebet mir Zeit / biß ich an Landsteige / und störet den Schiff-friede nicht / alsdann wil ich eures klopffens schon wahr nehmen. Der ansehnlichste Räuber gab ihm sehr höhnische worte / griff auch zum Degen /und schlug zu ihm ein; Valikules aber seumete sich auch nicht / stellete sich neben den Mastbaum / und nach des Räubers außgenommenen Schlage / hieb er ihm den Unterbauch auff / daß ihm das versehrete Gedärm aus dem Leibe sprang / und er Tod niederstürzete. Als die übrigen dieses sahen / fielen sie einmühtig auf ihn ein; aber Gallus zog mit von Leder / welcher zween / Valikules noch vier in gar kurzer frist erlegete / auch den Lezten hart verwundete / welchen er beim Halse ergriff / und ihm alle Pein dräuete / wo er nicht bekennen würde / aus was Ursachen sie ihn so mördlich überfallẽ. Diesen trieb die Furcht zur Bekäntnis /daß es bloß aus Hoffnung reicher Beute geschehen währe / worüber die Kauffleute / so bißher mit höchster Verwunderung zugesehen / dergestalt ergrimmeten / dz sie diesen annoch lebendigen / mit samt den erschlagenen ins Meer [453] stürtzten und dagegen Valikules hohe Ehr erbohten / dessen Heldentaht sie über die masse hoch hielten. Es schickete aber Gott / daß die Kauffleute wieder ihren Willen in den Hafen einlauffen musten / woselbst Valiska vor ohngefehr vier Wochen außgestiegen wahr; daselbst lohnete er dem Schiffer / ließ die Pferde und Sachen ans dem Schiffe bringen / und wahr willens mit Gallus Land ein zureiten / und die vornehmsten Städte zubesehen; weil er dann auff dem Meer zimlichen Unlust wegen des Sturms eingenommen hatt / legte er sich unter die schönen Bäume in den Schatten. Gallus geriht gleich unter den Baum / in welchen das Fräulein die zierliche Schrifft eingeschnitten hatte / die sich schon in etwas von einander getahn / daß man sie auff etliche Schritte wol erkennen kunte. Valikules fragete ihn /was er an dem Baume so eigentlich besähe. Es findet sich / sagte er / eine fremde Schrifft alhie / die ich nicht lesen kan / und ohn zweiffel eine gelehrte Hand muß hinein geschnitten haben. Bin ich dann gelehrter als ihr / sagte Valikules / so wil ich versuchen / ob ichs verstehen kan; ging hinzu / und lase diese Worte: Valisca, nunc Herculiscus, in Parthiam ducta, daß ist:Valiska / jezt Herkuliskus genennet / ist nach Parthen geführet; worüber er beydes vor freuden und Mitleiden niederfiel / daß ihm alle Kräffte entgingen; dessen Gallus wahrnehmend / ihn sanfft nidersetzete / uñ umb sein Anliegẽ fragete; da er ihm antwortete: O Gallus / mein Gott hat mich diesen Weg sonderlich geführet / dann mein geliebtes Fräulein selbst diese Schrifft hinterlassen / und angezeiget hat / daß sie nach dem Partherlande hingeführet werde; daher ich Gott Lob nunmehr weiß / an was Ort der Welt ich sie suchen müsse. Es ist aber ein weitabgelegenes Reich /woselbst der mächtigste Herr der Welt / nach den Römern / die Herschafft führet / und müssen wir über das Syrische Meer / hernach über den Eufrat und Tigerfluß / dann gehen wir zu lande durch Assyrien und Persen / und haben von Jerusalem fast 400 Meilen /ehe wir die Parthische Häuptstad Charas / vor zeiten Hekatompylos genennet / erreichen / welchen älteren Nahmen sie geführet / weil sie hundert Stadtohre gehabt / auch so groß ist / daß sie von den Persen eine kleine Welt genennet wird. Ich wil aber / ungeachtet aller bevorstehenden mühseligkeit / meinem lieben Gott vertrauen / nicht zweiffelnd / er werde unser Gleitsman seyn / und unser Vorhaben zum gewünschten Ende hinaus führen / weil es ja zu seinen göttlichen Ehren / und meines nähesten Rettung und Wolfahrt angesehen ist; und freue mich nicht wenig / daß ich Gelegenheit habe / die örter zubesuchen / da unser Herr und Heyland JEsus Christ gebohren ist / da er gelehret / Wunder getahn / und umb unsert willen den Tod gelitten hat; möchte wünschen / daß wir bald ein Schiff anträffen / welches uns dahin brächte. Nam hiemit sein Messer / und schnitte oberhalb der Fräulein Schrifft diese Worte hinein: Valicules duce DEO sequitut. Daß ist:Valikules folget unter Gottes begleitung nach; setzeten sich hernach wieder zu Pferde /luden ihre Sachen auff den Maul Esel / welchen Gallus an der Hand führete / uñ besahen die vornehmsten örter in der nähe gelegẽ / da ihnen nichts denkwirdiges begegnete / ohn daß man in der Stad Gnossus ihn wolte zweiffeln machen / ob er auch der wahre Teutsche Herkules währe. Dann als er daselbst ankam /und in seinem Wirtshause die Waffen kaum abgelegt hatte / ritten zween statlichgeputzete junge Ritter vorüber / denen acht Diener folgeten; und als er den Wirt fragete / was vor Herren diese währen / antwortete er; es sind die beyden trefflichen Helden / Herr Ladisla und Herr Herkules / [454] denen Römische Käyserl. Hocheit wegen ihrer löblichen Tahten / herliche Ehren-Seulen zu Rom auffrichten lassen. Valikules sahe ihn an /meinete / er würde ihn etwa gekennet haben / und durch diese Rede solches zuverstehen geben wollen; fragete ihn demnach / ob er ehmahls der jetztgenanten Herren Kundschafft gehabt hätte. Nein / sagte dieser /bevor sie in dieses Land ankommen sind / habe ich sie niemahls gesehen; daß ihnen aber obgedachte Ehre zu Rom / Padua / und anderswo begegnet / ist gar kein zweiffel / sintemahl unterschiedliche Schiffe solches einhellig bezeugen / die des Orts herkommen. Was vor Landes-Art aber mögen sie seyn? fragete Valikules. Man hält sie vor Teutsche / sagte der Wirt; wiewol man solche grobe sprache nie von ihnen höret / sondern der Jüngste mit dem gelben Haar / H. Herkules / redet stets lateinisch / scheinet auch gar from und einfältig seyn / wie geübet er sonst in Waffen ist; H. Ladisla aber gebrauchet sich zuzeiten der Griechischen Sprache mit / ist auch in äusserlichen Geberden viel muhtiger als sein Geselle. Valikules lachete des /und hätte sich fast zuviel verlauten lassen / ging mit Gallus von dem Wirte hinweg / und sagete zu ihm; Mein / habt ihr vernemmen / was abenteurliche Zeittung uns der Wirt erzählet? Ja mein Herr / antwortete er / und zwar mit grosser Verwunderung / daß ich anfangs gedachte / ob wir in eine andere Welt kommen währen / da man eben das fünde / was in Italien vorgehet. Ich aber zweiffele nichts an des Wirts Reden /sagte Valikules; aber diese müssen zween abgefeimete Buben seyn / die ihnen anderer Leute Nahmen uñ Ehre zueignen / und dadurch bey der Welt sich beschrihen und ansehnlich machen dürffen; nun wolte ichs zwar nicht groß achten / dafern sie ein wirdiges Leben dabey führen / solte ich aber vernehmen / daß durch lasterhafften Wandel sie meinem Ladisla und mir Schimpf und Unehr beweisen / werde ichs trauen rächen / und sie vor der Welt zuschanden machen; wil mich aber vor die Haußtühr stellen / daß ich sie /wann sie wieder herein reiten / unter dem Gesichte sehen und erkennen möge ob sie uns ähnlich seyn; dañ es kan nicht fehlen / sie müssen unser Kundschafft haben / und daneben wissen / daß wir in der fremde leben; oder gedenken vielleicht / wir sind gar umbkommen / und wollen sie der Früchte unserer Mühe und Arbeit geniessen / ist mir also lieb / daß ich in fremder Gestalt in diß Land ankommen bin. Es stund nicht lange an / da sahe er sie wiederumb daher reiten; er im vorüberzihen taht seinen huet tieff ab /und grüssete sie ehrerbietig; die ihn doch keines danks wirdigten / tahten auch / als hätten sie ihn nicht gesehen / und eileten ihrer Herberge zu: Worüber er sich fast erzürnete / und zu Gallus sagete; nimmer mehr were ich zugeben / daß diese Buben unter unserm Nahmen ihren auffgeblasenen Stolz treiben /wann ich nur wüste es auffs beste anzuschlagen. Endlich sendete er Gallus umb den Abend in ihre Herberge / ihres tuhns etwas acht zu haben; welcher da er wieder kam berichtete / daß diese vermummete Lecker / jeder ein unzüchtiges Weib bey sich gehabt / und in Gegenwart des Wirts und der Wirtin / ja aller Diener /schändliche üppigkeit getrieben hätten / wiewol der vermeinete Ladisla mehr als sein Geselle. Valikules wahr keinem Laster feinder / als der Unzucht / ergrimmete darüber / und aus Christlichem Eyfer sagete er; Solten diese leichtfertige Nahmen- und Ehren Diebe meinem Ladisla und mir solches Gerücht bey der erbaren Welt machen / als beflecketen wir uns mit dieser Sünde? davor wolte ich alsbald mein Leben lassen. Er legete folgenden Morgens nach verrichtetem Gebeht die Waffen an / stellete sich / als kähme er[455] gleich jetzt aus der Fremde in diese Stad / und kehrete mir Gallus in ihre Herberge ein. Der Wirt wolte ihn anfangs nicht auff nehmen / vorgebend / er hätte schon sein Hauß vol Fremde / daß er sie nicht wol lassen könte; doch wie Valikules freundlich anhielt /und daß er umb gute Zahlung nur das Mittagmahl bey ihm halten wolte / wahr er gerne zufrieden. Die beyden vermeinete Herren stunden kurz vor der Malzeit von ihren unzüchtigen Weibern auff / traten in zierlicher Kleidung in den Essesaal / und frageten den Wirt / wer diese beyde schwarzbraune Ritter währen. Dieser antwortete nach Valikules Vorgeben / sie kähmen auß dem Eylande Sardinien / und wolten nach den Syrischen Landẽ. Der falsche Ladisla wahr ein sehr vermässener Tropff / und verwieß es dem Wirt / daß er solche umbschweiffende auffnähme / es währe ihm ungelegen / sich mit dergleichen Gesellen in Wirtschafft einzulassen; jedoch weil der Wirt ihn sehr baht / nur diese Mahlzeit friedlich zu seyn / ließ ers geschehen. Sie hatten einen zierlichen Leibknaben /welcher ihnen vorschneiden muste; derselbe legete nur seinen Herrn vor / und kehrete sich an die unsern gar nicht / hätte ihnen auch nicht eins die Schüssel zugerükt / wann er seinen Teil daraus genommen /welches Valikules nicht wenig verdroß / insonderheit / da diese Buben ihn nicht eins wirdigten / ihm zuzutrinken / und ihr eigenes Geschir ihnen geben liessen. Es stund ein herlicher Braten auff dem Tische / gleich vor dem vermeinten Ladisla / welchen Valikules seinem Gallus vorsetzete / mit befehl ihm etwas davonzuschneiden; der das beste davon ablösete / welches jene verdroß / daß sie auch begunten mit Stichelworten umb sich zu werffen / aber Valikules wolte es nicht verstehen / und hielt sein Gespräch mit dem Wirt / kehrete sich auch so wenig an diese beyden /als er von ihnen geachtet ward / welches der Wirt seiner Unwissenheit zuschrieb / und zu ihm sagete: Mein Herr / weil ihr aus weit abgelegener Landschafft erst dieser örter ankommet / halte ich euch nicht vor übel /daß diese beyde / meine Gñ. Herren / euch unbekant sind. Ja antwortete er / ich wüste nicht / daß ich sie vor mehr als in dieser Stad gesehen hätte. Der Wirt fuhr fort / und erzählete ihm / was vor tapffere Helden sie währen / und wie hohe Ehr man ihnen / ihres Wolverhaltens halber in Italien angetahn hätte. Unter welcher Erzählung sich der falsche Ladisla gleich einer Kröten blehete / und endlich zu dem Wirt sagete; ich habe euch offt gebehten / unsere Gegenwart mit solchem Ruhm zu verschonen / damit nit jemand wähne /man hätte es mit euch also angelegt; Wer demnach uns und unsere Tahten zu wissen begehret / kan sich nach Padua / Mantua / Ravenna / und Rom verfügen /und daselbst von allen sarten Bericht einnehmen. Valikules kehrete sich nichts an diese Rede / dankete dem Wirt wegen genehmer Unterrichtung / und begehrete / ihm ihrer beyder Nahmen zu melden; worauff er hernach zur antwort gab; es kan wol seyn / daß sich unterschiedliche Menschen eines Nahmens finden / dann ich kenne sonst zween vornehme Herren eben dieses Nahmens / mit denen ich mannichen Weg gereiset bin. Als der falsche Ladisla dieses hörete /fürchtete er sehr / dieser würde ihn zuschanden machen / nam alsbald vor / solchem Ubel durch einen Kampff vorzukommen / weil er guter Fäuste / und in ritterlichen übungen wol unterwiesen wahr; massen sein Vater ein Paduanischer vom Adel / dessen unehelicher Sohner wahr / ihn anfangs zur Schule gehalten /nachgehends in Ritterspielen unterweisen lassen; fing demnach an / und sagete: Ob etwa einer oder ander ausser ihnen beyden sich vor Ladisla uñ Herkules[456] ausgeben dürften / dieselben müssen ohn zweiffel sich fälschlich also nennen / uñ alle die es bejaheten / hielte er nicht anders. Valikules sahe daß es zeit wahr loßzubrechen / und antwortete ihm: Er solte ja wol zusehen was er redete / könte ihm auch gönnen / daß er sich bey zeiten erkennete / und auffhörete sich fremder Tahten zurühmen / an welchen er keinen Teil hätte / sonsten müste er ihm gewißlich einen Rittersaz halten. O du Unseliger / sagte dieser / was Unglük hat dich hieher geführet / deines Lebens Ende von meinem Schwerte zunehmen; mit welchem ich in einem Kampffe mehr dann XXX Fechter erschlagen? Du? sagte Valikules / hastu Leutebescheisser ein solches getahn? und sollestu der berümte Ladisla seyn? ein Erz Bube und Lügener bistu / der anderer Leute Nahmen und Ehre stihlet; und bildestu dir ganz umsonst ein / daß ich Herrn Ladisla und Herkules nicht kennen solte. Kehrete sich hiemit zu dem Wirte / und sagete: Dafern ihr mir diesen Bösewicht heimlich davon streichen lasset / sollet ihr von eurer Obrigkeit an Leib und Leben gestraffet werden / darnach habt euch zurichten; dann ich bin von diesen beyden Herren abgesand / daß ich den Frevel dieser Lügener eintreibe. Stund hiemit auff / ging in sein Gemach / und ließ von Gallus sich die Waffen anlegen. Inzwischen blieb dieser Bube im Esse Saal / und gehub sich dermassen / als wolte er vor Eifer bersten / insonderheit muste der Wirt sich rechtschaffen leiden / warumb er diesen Lügener beherberget hätte. Gallus kam gleich darzu /und hörete diese Scheltworte / fassete einen Stecken /der ihm zur Hand stund / und schlug ihn damit etliche mahl über die Ohren / sprechend: Du ehrvergessener Bube / soltestu meinen Herrn in seinem Abwesen also schelten. Dieser wolte solchen Schimpf auff sich nicht ersitzen lassen / fassete das Brodmesser / in Meynung ihm die Gurgel abzustechen / fehlete aber neben hin /und stieß es ihm in die Schulder / daß es in der Wunde abbrach / da ers wieder heraus zihen / und den andern Stich führen wolte. Valikules folgete bald /stellete sich zwischẽ sie mit entblössetem Degen / und hieß den Buben die Waffen anlegen / umb sehen zulassen / ob er in Tapfferkeit dem gleich währe / dessen Nahmen er führete; würde er sich dessen aber wegern / solte der Diebshenker seiner Schelmstücken Bekäntniß bald aus ihn peinigen. Dieser blieb verwägen nach wie vor / sagete / er hätte diesen Nahmen bißher mit Ehren geführet / uñ so mannichen Sieg von Großsprechern erhalten / daß alle Landschaften / die er durchgereiset / seines Ruhms voll währen; lief hiemit zur Tühr hinaus / und rüstete sich zum Streit. Der ertichtete Herkules folgete ihm zitternd nach / dann er wahr mit Waffen nie umgangen / sondern seiner Kunst ein Mahler Geselle / und hatte sich von dem andern verleiten lassen / Herkules Nahmen anzunehmen / den er doch niemahls gesehen; Weil er nun merkete / dz ihr Betrug offenbahr werden dürffte / gab er feinem Gesellen zuverstehen / er währe willens davon zu lauffen / und seine Kunst zutreiben; aber dieser wehrete ihm / mit Bedräuung / da er nit ein Herz ergreiffen würde / wolte er ihn strak angesichts erstechen; solte nur frisch und unverzagt die Waffen anlegen / und mit hinaus reiten / er wolte dem Streit schon wissen eine solche masse zugeben / daß dieser fremder auff dem Platze bleiben solte. Also ließ dieser unschuldige Herkules sich halten und in Harnisch zwingen. Valikules ritte unterdessen nach dem Stadmeister / zeigete ihm die betriegliche Boßheit an / und daß er ein Römischer Ritter währe / eigentlich derhalben zugegen / daß er diesen Lügen ihre Endschafft gäbe; begehrete demnach / die Stad Tohr zubesetzen / daß die Buben nicht entreiten möchten. Dieser hatte [457] schon grossen Argwohn auff die beyden / und wahr ihm gerne zu willen. Sonsten ward die ganze Stad hierüber rege / insonderheit das geringe Volk / welches nicht wenig auff diese vermeynete junge Herren hielt; daher fast alle Einwohner mit hinaus lieffen / dem Streite zuzusehen. Valikules spürete alsbald / daß der unschludige Herkules sich in Waffen nicht zuschicken wuste / da der ander sich hingegen dermassen unwürsch erzeigete / daß alle Zuseher ihm den Sieg zulegeten. Gallus hatte das abgebrochene Messer aus der Wunde zihen / uñ sich verbinden lassen; und wie grosse schmerzen er gleich empfand / wolte er doch den Streit mit ansehen / da Valikules sich schon in gleichen Wind und Sonne gesetzet hatte / und seines Feindes erwartete / der sich auch bald finden ließ /aber im ersten Ritte auff die Erde gesetzet ward / richtete sich doch geschwinde auff / wiewol er sich vor seines Feindes Krafft sehr entsetzete / und seines Lebens Ende vor Augen sahe. Valikules stieg bald ab /trat mit blossem Schwert auff ihn zu / und sagete: Wolher du falscher Bube / und laß sehen / warum du des Nahmens Ladisla wert seyst / schlug auch dermassen auff ihn loß / daß alle anwesende sagetẽ: es währe unmöglich / daß er lange gegen halten könte. Indem versetzete ihm Valikules eines auff den Helm /daß er taumelte und das Schwert fallen ließ / reiß ihm den Helm abe / und dräuete ihm mit angesetzeter Spitze an die Gurgel / dafern er nicht alsbald seinen Betrug bekennen würde. Dieser aber / weil er lieber im Kampff als durch Büttels Hand sterben wolte / fassete das angesezte Schwert / und stach ihm damit selbst die Gurgel rein ab / daß er nider fiel / und seinen Geist ausbließ. Jener arme Herkules sahe dieses mit betrübeten Augen an / und wahr willens auszureissen; aber Gallus machete sich herzu / stieß ihn vom Pferde / und dräuete ihn zuerschlagen / wo er nicht fuß halten würde; Worauff er antwortete: O mein Herr / gebet mir Lebens Sicherheit / so wil ich alles gerne und willig bekenen: legete auff Gallus Geheiß den Harnisch weg / und ließ viel Trähnen fallen /daß auch jener zu seinem Herrn sagete: Sehet diesen geherzten Herkules / und wie artig er sich mit weinen zuvertedigen weiß. Valikules trug Mitleiden mit ihm /und sagte: Mein / wie bistu doch so unbesonnen gewesen / und hast dich vor Herkules ausgeben dürffen /dem du meines ermässens / sehr ungleich bist. Ach mein Herr / antwortete er / der boßhaffte Marius / den ihr anjezt erschlagen / hat mich darzu fast genöhtiget /und möchte wünschen / daß ich nie kein Herkules worden / sondern ein fleissiger Mahler Geselle blieben währe; aber / wie gesagt / ich wahr zu einfältig /dem Verführer zuwiderstehen; dann wie ich bey seinem Vater / unfern von Padua etliche Gemählde verfertigte / kahm er zu mir / und sagte: Mein guter Aufidius / was liegestu hier / und arbeitest ums Brod? folge mir nur / ich wil dich zum reichen Herrn machen / und solt doch nichts tuhn / als fressen / sauffen / und mit dem vornehmsten Frauenzimmer dich erlustigen. Du bist ein schöner Mensch / und gleichest fast Herrn Herkules / dessen Bilde zu Padua auffgerichtet ist /wann du nur ein gelbes Haar hättest. Nun ist aber derselbe heimlich davon gezogen / und weiß kein Mensch / wo er geblieben; sihe / da hastu eine Haarhaube / den seinen nicht ungleich; zohe mir dieselbe über den Kopff / und sagte weiter: Nun sihestu Herrn Herkules so ähnlich / daß wenig Leute einigen Unterscheid zwischen euch beyden machen solten; und wann ich meine Haar Haube auffsetze / sagte er / bin ich Herrn Ladisla auch nicht unähnlich. Hiemit lag er mir zween Tage in den Ohren / mit so häuffigen Verheissungen / daß ich mich endlich überreden ließ / uñ mit ihm nach Ravenna [458] lieff / da wir von dem Gelde /welches er seinem Vater gestohlen hatte / uns trefflich rüsteten / und nach Sizilien schiffeten / woselbst wir uns leider vor die Herren Ladisla und Herkules ausgaben / allenthalben wol empfangen wurden / und etliche tausend Kronen auf Wechsel zogen / die wir nimmermehr bezahlen werden. Von dannen macheten wir uns an diesen Ort / würden auch innerhalb weniger Zeit uns nach dem Eilande Rhodus fortgemacht haben / da mein Herr uns nicht zuvor kommen währe. Nach dieser Erzählung fiel er vor ihm nider in die Knie /und baht umb Gnade / weil alle Boßheit von seinem Gesellen verrichtet / und er nur dessen Willens hätte leben müssen / wie solches ihre Diener bezeugen würden. Valikules antwortete ihm: ich habe dich weder zu straffen noch loßzusprechen / sondern die Obrigkeit dieses Orts wird mit dir zuverfahren wissen / bey denen ich doch eine Vorbitte umb Linderung einlegen wil. Aber diese wolten ihn nicht geringer als mit dem Staupbesem bestraffen / und verwiesen ihn hernach des ganzen Landes / da ihm Valikules etliche Kronen Zehrgeld schenkete; Der Betrieger Pferde und andere Sachen wurden verkaufft / daß der Wirt / die Diener /und andere noch zu ihrer Bezahlung kahmen; aber Valikules wahr leidig / daß er wegen Gallus Verwundung sich hieselbst so lange auffhalten muste.

Gleich umb diese Zeit entstund zu Padua eine sehr grosse Unruhe und Traurigkeit / dessen Ladisla Leibknabe Tullius Ursach wahr; dann wie dieser seinen Herrn mit Perdickas kämpften sahe / und daß alle seine Diener von der Menge überfallen und erschlagen wurden / meynete er nicht anders / sein Herr würde das Leben eingebüsset haben / lieff vor Angst und Schrecken nach einem Hafen zu / da er einen Kauffmann antraff / welcher nach Italiẽ schiffen wolte; denselben baht er / ihn mitzunehmen / dessen ihn der Stathalter zu Padua lohnen solte. Als er nun in einem Hafen hinter Padua angeländet wahr / lief er zu fusse hin / und wolte gleich zu dem Stathalter gehen /da ihm Frl. Helena auff der Gassen begegnete / die sich seiner einsamen Ankunfft verwunderte / und ihn fragete / wie / und woher er so gar allein kähme; deren er mit wehmühtiger Stimme antwortete: seinem Gn. Herrn währe es nicht wol gangen / und er allein zu fusse entrunnen; dessen sie höchlich erschrak / hieß ihn mit nach ihres Vaters Hofe gehen / und verboht ihm ernstlich / keinem einigen Menschen hievon zusagen. Herr Emilius entsetzete sich nicht weniger über dieser traurigen Zeitung / und wahr ihm sehr leid /seinen Schwager damit zubetrüben / ließ doch den Knaben in seinem Hause / und ging allein hin zu Fabius / vorgebend / er hätte betrübte Zeitung / daß es Herrn Ladisla nicht wol ergangen / und er in Griechenland gefangen währe. Fabius bestürzete hierüber / und als er nach dem Zeitungs-bringer fragete / muste Tullius alsbald zu ihm kommen / der mit kläglichem Weinen außführlich erzählete / wie es mit dem Streit ergangen / und seines Herrn Diener alle erschlagen währen. Fabius fragete ihn / wie es dann mit seinem Herrn abgelauffen; und als er hierauff erstummete /und der Lügen keine Farbe anzustreichen wuste / weil ihm Emilius eingebunden hatte / er solte sich stellen /als wüste er nicht darumb / dräuete ihm Fabius harte Straffe / wo er nicht gleich zu bekennen würde; worauff er sagete. Ach Gn. Herr / ich kan in Warheit nicht eigentlich wissen / wie es meinem Gn. Herrn endlich ergangen sey; dañ wie alle seine Diener / auch / wo mir recht ist / Klodius Tod wahren / entstund umb ihn her ein solches Getü el / daß er mit samt dem [459] Pferde zur Erden stürzete / und der ganze Hauffe auff ihn zudrang, / daher ich nicht sehen kunte / ob er auffstund oder liegen blieb / nur daß ich ein wüstes Geschrey hörete / da etliche rieffen / schlaget ihn Tod; andere aber / fahet ihn lebendig / daß man ihn gebührlich abstraffen könne. Fabius erseufzete hierüber /muste vor Angst und Schrecken sich nidersetzen / und sagete; so sey es den Göttern geklaget / daß ein so redlicher Held in seiner blühenden Jugend hat müssen umbkommen und ich eines so lieben und angenehmen Eidams beraubet bin / welchen ich mit meinem Leben gerne lösen wolte / wans möglich währe; und ach ach! wie werde ich solches vor meiner Tochter verbergen können / die nunmehr / genommener Abrede nach alle Stunden angenehme Schreiben von ihm erwartet / und ihr schon nicht viel gutes traumen lässet; hielt also vor rahtsam / es noch zur Zeit keinem Menschen zu offenbahren / sondern wolte auffs schleunigste ein Jagtschiff außlauffen lassen / welches zu Patræ eigentliche Nachfrage tuhn solte. Aber Fr. Ursul hatte von ihrer Magd schon erfahren / sie hätte Tullius bey dem Stathalter gesehen / wolte eine so angenehme Zeitung / wie sie meinete / nicht verschweigen / sondern taht es Fr. Sophien zuwissen / welche alsbald argwohnete / es müste nicht recht zugehen / weil der Knabe sich nicht am ersten bey ihr meldete; schickete auch ihre Dienerin ab / umb zuerforschen / ob sichs eigentlich also verhilte; welche den Bericht einbrachte / sie hätte den Knaben bey dem Stathalter und Herrn Emilius sehen Weinend stehen; worauff Fr. Sophia ihre Hände zusammen schlug und überlaut rieff; O ihr Götter! mein allerliebster Ladisla ist Tod! Frl. Sibylla wahr bey ihr / ermahnete sie / sich so übel nicht zuhalten / wolte nicht hoffen / daß es so unglüklich stehen solte; befahl auch Fr. Ursulen / acht auff sie zu haben / und lieff zu dem Stathalter / ihm andeutend /seine Tochter hätte des Knaben Ankunfft und Trähnen erfahren / daher sie sehr arge Gedanken schöpffete; bähte demnach / ihr einigen Trost mitzuteilen / da sonst noch einiger übrig währe. Ich weiß nicht / sagete er / wer meiner Tochter alles neue so bald anbringen mag; lieber saget ihr / es habe keine Gefahr / als viel sein Leben betrifft / nur daß er umb eines Ritters willen / welchen er im Kampff erleget / gefangen sey /und sich ehist wieder frey machen werde. Als Fr. Sophia dieses vernam / gab sie sich anfangs zimlich zufrieden / doch kunte ihr die schlimmere Zeitung nicht lange verschwiegen bleiben / weil Emilius Gesinde bey anderen schon davon geplaudert hatten / daß in weniger Zeit in der Stad eine gemeine Sage wahr /Herr Ladisla währe Tod; daher ihre Mutter und andere Anverwanten allen Fleiß anlegeten / ihr das ärgeste auß dem Sinne zubringen; das leidige und verlogene Geschrey / sagten sie / pflegete alle Dinge grösser zumachen / als es an ihm selbst währe / und entstünde alle Muhtmassung bloß aus Tullius einsamer Ankunfft / welches alles sie sich nichts solte irren lassen; ihr Vater hätte schon ein eigen Renneschiff abgeordnet / den eigentlichen Verlauff zuerforschen / hoffete demnach / sie würde inzwischen in Geduld stehen; es könte ihrem Gemahl besser gehen / als man Glauben hätte. Aber Fr. Sophia hatte den Knaben schon absonderlich gefraget / auch aus seinen unbeständigen Reden so viel gemerket / daß ihr der schwerste Knoten verschwiegen würde; doch wolte sie ihre einmahl gefassete Beständigkeit nicht brechen / sondern antwortete ihrer Mutter; sie verstünde ihr Vorbringen sehr wol / und solten des Geschreies Lügen in diesem Stük niemand lieber seyn als ihr; könte aber leicht gedenken / daß ihre liebe Eltern ihrer ehmahligen Handelung [460] annoch sich erinnerten / und ihretwegen sich ein gleichmässiges befürchteten; bähte aber sehr / ein solches aus dem Sinne zuschlagen; dann sie hätte ihrem Liebsten versprochen / nichts von seinem Tode zu gläuben / biß sie der ungezweiffelten Warheit gnug würde berichtet seyn; und also wolte sie in Geduld stehen / biß die Außgeschikten / Gewißheit brächten /alsdann hoffete sie / ihres liebsten Ladislaen Seele würde die ihre bald abfodern, und mit sich hinweg nehmen / daß sie auffs minste im Tode ungeschieden blieben / wañ das mißgünstige Glük ihnen dieses lebens Freude länger nicht zulassen wolte. Nun meinete der Stathalter selbst / Ladisla währe gewißlich hingerichtet / besinnete sich auch schon auff eine schwere Rache; doch ward er froh / daß seine Tochter sich vor erst zur Ruhe begab / machte auch mit den andern den Schluß / dafern das außgeschikte Schiff die traurige Zeitung bringen würde / ihr dessen Wiederkunfft / so lange möglich / zuverbergen / auff das die Zeit ihre hefftige Traurigkeit lindern / und sie ihres liebesten möchte vergessend machen. Libussa wahr nicht weniger betrübet / da sie diese leidige Mähre vernam / und überdaß weder von dem Fräulein noch Herkules einige Zeitung hatte. Sie bemühete sich aber / Fr. Sophien zu trösten / und die Betrübniß ihr auß dem Sinne zuschwatzen; wobey Frl. Sibylla sich geträulich mit gebrauchete; aber da halff alles sehr wenig; dann sie aß und trank des Tages kaum so viel / als ein Kind / daß erst von der Brust entwehnet wird / daß auch der gröste teil ihrer Schönheit gar verschwand / und sie innerhalb zwo Wochen fast von allen Kräfften kam /daß Libussa sich nicht enthalten kunte / sie mit harten Worten zustraffen; wie ungütlich sie nicht allein an ihr selbst / sondern auch an ihren Eltern und liebstem Gemahl handelte / in dem sie durch Betrübnis und Hunger sich gedächte umbs Leben zubringen; wann sie nun dahin währe / welches auff solche Weise nicht lange anstehen könte / was hätte sie dann vor eine ruhmwirdige Taht außgerichtet / als daß sie an ihrem eigenen Leibe und Leben selbst Mörderin werden /und ihren Gemahl / der sie so hefftig liebete / in den Tod stürzen würde; sie möchte doch zu anderen Gedanken greiffen / und nicht so gar die Götter selbst mit ungeduld trotzen / welche hiedurch vielmehr erzürnet / als zur Barmherzigkeit bewäget würden. Diese und dergleichen vielfältige Vermahnungen hörete sie zwar mit geduldigen Ohren an / aber ihre Meinung wahr nicht / sich zu endern / sondern antwortete endlich; Geliebete Freundin / ich weiß nicht wie es kömt / daß ich mich vor eure Straffreden mehr / als vor meine Eltern selbst fürchte; doch versichert euch /daß kein Mensch wieder meine einmahl gefassete Meinung mich im Leben erhalten wird; ich könte zwar mit einem Stiche mich der Angst leicht abhelffen / aber meine Eltern nicht zubeleidigen / habe ich solches Mittel verschworen; mus demnach in diesem langwierigen Kummer meine Kråfte algemach verzehren / biß sie endlich brechen / und der Betrübniß entrissen werden. O mein allerlieblichster Freund / welche grausame Hand hat dich mir geraubet? O du holdseliges Angesicht / welcher Wüterich hat dir die sch \nen Wangen-Rosen in ein Todtesbleich verkehret? Aber auch du unbarmherzige Seele / warumb suchestu nicht Gelegenheit / mich abzufodern? Nun nun / meines Lebens einiger Trost ist dahin; alle meine Vergnügung ist verschwunden; währe nur mein Leib so halstarrig nicht / und liesse den betrübten Geist außfahren / der wieder seinen Willen verbleiben muß / alsdann würde ich ja dereins zur gewünschten Ruhe ko en. Fing hernach an / und wünschete zuwissen /wie es doch nach dem [461] Tode eine Beschaffenheit umb die Seele haben möchte / und ob die / so im Leben verliebet währen / auch in jener Welt ungetrennet blieben: Weil sie sich nun durch das Reden zimlich abgemattet hatte / baht sie Libussen / ihr das Bette zu recht zumachen / dann sie müste ein wenig ruhen. Gleich da sie dieses begehrete / trat Frl. Sibylla zu ihr ins Gemach / hatte ein Kleid von grün Silberstücke angetahn / und mit so viel Kleinoten sich überal geputzet / ob solte sie Hochzeitliches Beylager halten; welches Fr. Sophia ersehend / zu ihr sagete: Geliebtes Schwesterchen / wie habt ihr euch so köstlich geschmücket? Ich bin ja sider der unsern Abscheid solches an euch nicht gewohnet; oder tuht ihrs vielleicht / mich in meiner Traurigkeit zuerlustigen? Je warum solte ich mich noch betrüben? antwortete sie / ist es nicht gnug an euch / daß ihr so unklug seid / und euch auß lauter Mutwillen das Leben kürzen / ja auch zugleich euren Ladisla mit hinreissen wollet? welches ich hinfort durchaus nit mehr leidẽ kan noch wil /sondn dafern ihr mir nicht versprechet / gleichmässige Fröligkeit an euch zunehmen / wil ich mich stehendes Fusses nach Korinth machen / ja zu Herrn Ladisla nach Korinth wil ich mich machen / und demselben klagen / was vor Ungehorsam ihr euren lieben Eltern und allen die euch gutes rahten / erzeiget. Es hatte sich biß liebe Fräulein bißher sehr traurig gehalten /und wegen ihrer Wasen trostlosigkeit sich dermassen gehermet / daß ihre Schönheit sich gutenteils gemindert hatte. Fr. Sophia aber meinete nicht anders / sie währe wegen Mangel der Ruhe im Witze verstöret /daß sie sich also stellete; ließ deßwegen einen schweren Seufzen gehen / und sagete: Ach so erbarme es den Himmel / daß ich eures Aberwitzes Ursach bin? Ach ach / wie werde ich solches vor euren lieben Eltern verantworten? Was? sagte das Fräulein / scheltet ihr mich vor eine Aberwitzige / weil ich euch dräue? sehet da / ich schwöre es euch bey allen Göttern /werdet ihr mir nit gehorsamẽ / wil ich alsbald nach Korinth / ja / höret ihrs / nach Korinth wil ich schiffen / und euch vor Herrn Ladisla dergestalt anzuklagen wissen / daß er euch gänzlich übergeben / und mich an eure Stelle nehmen sol. Durch diese Reden ward Fr. Sophia in ihrer Meinung noch mehr gestärket /und jammerte sie des lieben Fräulein so hart / daß sie mit weinenden Augen zu Libussen sagete: Ach Gott /tuht es doch eilends meinen Eltern zuwissen / dz sie sich nach Raht und Hülffe umbtuhn mögen. Ja / sagte das Fräulein / ich halte / ihr habt nicht gnug daran /daß ihr euch selbst äffet / ihr müsset mich auch aufftreiben / und wol gar vor eine Unsinnige angeben; wie aber / wann ich euch vor eine solche außschölte? hätte ich nit ungleich mehr Ursach darzu? Ihr habt bißher euren Ladisla mit Gewalt Tod haben wollen / und ist doch frisch und gesund zu Korinth mit meinem Vetter Kajus Fabius / eurem Bruder. Nun haltet ihr mich vor eine Aberwitzige / weil ich mich meinem Stande nach außgekleidet habe; aber wovor seyd ihr zuhalten / daß ihr als eine Wittib in Traurkleidern lebet / uñ doch euer Gemahl gesund und wol auff ist? Ich sage euch noch einmahl / euerlieber Ladisla ist zu Korinth / und hat diesen Brief mit eigener Hand geschrieben; welchen ihr aber nicht sehen sollet / biß ihr andere Kleider angelegt; dann es ist zeit / daß ihr dermahleins den Unmuht / hätte schier gesagt die Unsinnigkeit fahren lasset. Libussa zweiffelte selber / was sie von dem Fräulein halten solte; weil ihr aber ihre lustige Einfälle bekant wahren / sagte sie zu Fr. Sophien: Ich bitte sehr / Eure Gn. gehorsamen doch dem liebẽ Fräulein / dañ mein Herz trägt [462] mir zu / dz sie gute uñ gewisse Zeitung von meinẽ gnädigstẽ Könige habe. Gewisse Zeitung? sagte dz Fräulein; habe ich euch nit zum oftern gemeldet / H. Ladisla lebe zu Korinth frölich uñ wolgemut? Ach haltet mich nit länger auf /herzliebstes Schwesterchen / sagte Sophia / auff daß ich ursach haben möge / mich mit euch zufreuen / da ihr mich sonst nicht auffzihet. Hierauff trat das Fräulein näher zu ihr / greiff sie zimlich hart an / daß mit ihrer Steiffsinnigkeit und Schwermuht sie ihren Eltern so mañiches Herzleid machete / welches sie nimmermehr verantworten könte; nun währe ja ihr Gemahl frisch und gesund / welcher zum Warzeichen Ritter Klodius / der mit ihm solte erschlagen seyn / neben seiner schönen adelichen Jungefrauen herüber geschicket hätte. Noch wolte sie nicht allerdinge gläuben / sondern sagete: Ich bitte euchumb unser Freudschafft willen / saget mir die rechte ungefärbete Warheit / daß ich wisse / woran ich bin; Ja warumb nicht /antwortete sie / alles was ich geredet habe / ist die lautere Warheit / und da nehmet nun euer Schreiben /und brechet es selber. Fr. Sophia erkennete aus der Auffschrifft die Hand gar bald / daher sie voller Freuden ward / fiel dem Fräulein umb den Hals / und baht sehr umb Verzeihung / daß sie ihr so grossen Schimpff angeleget / und sie vor unwitzig gehalten /auch durch ihre Traurigkeit ihrer vielfältigen Unruhe Ursach gewesen / neben Zusage / wie sie hinfüro sich bessern wolte; brach zugleich den Brief / und lase folgenden Inhalt:Herzallerliebster Schatz; daß ein sonderliches Unglük mein Schreiben so lange auffgehalten /wird Zeiger dieses Obrister Statverweser Klodius berichten können / dessen Eheliebste ohn zweiffel aus sonderlicher Schickung der Götter / mein Leben erhalten / daß im Gefängniß ich nicht Hungers und Durstes umkommen bin / wodurch sie sich umb ein Haar selber in das Feur gestürzet hätte; Werdet sie demnach als meine Erhalterin uñ wahre Freundin lieben. Mein Herkules ist schon nach den Morgenländern hinzu / und werde ich samt eurem lieben Bruder ihm alsbald folgen / hoffen unser Vorhaben glüklich auszuführen / und euch frölich wieder zusehen. Inzwischen erinnert euch allemahl meiner herzlichen Träue / und lasset euch falsches Geschrey von versprochener Beständigkeit zu leben nicht abspenstigen /und solches dem zu künfftiger Vergnügung / der da ist und bleibet / euer biß in den Tod ergebener Ladisla.

Nun dann hinweg alle Traurigkeit / sagte sie nach Verlesung; ich werde mich aber ein wenig zieren / die fremde Freundin zuempfahen / deren ich mich selbstschuldig bin / auch vernehmen / wie es meinem Ladisla bißher ergangen / und wie er der grossen Gefährligkeit entrunnen sey; werde mich auch / mein Schwesterchen / an euch zurächen wissen / daß ihr mich dergestalt auffgesetzet und verwirret habet. Sie ließ alsbald ihr Haar kräusen / und andere Kleider hohlen / und ging mit ihrer Geselschafft hin / die fremde Frau zuempfahen. Als sie in den Saal trat /ging ihr Klodius in statlicher Kleidung (wie ihm sein Herr befohlen hatte) entgegen / küssete ihr die Hand /neben Vermeldung eines herzlichen Grusses von ihrem Gemahl und von ihrem Bruder / sagte nachgehends: Als viel ihrer Gn. jämmerliche Gestalt ausweiset / hat dieselbe meines Gn. Herrn Gefängnis mehr empfunden / als er selber. Ja mein geliebter Freund /antwortete sie / die traurige Zeitungen welche mir vorkommen sind / haben mir wenig Ursach zur Wollust gegeben. Sahe in dem Fr. Agathen gegen sie daher treten / welche sie mit einem freundlichen ümarmen /und schwesterlichen Kusse empfing / zu ihr sprechend: Herzgeliebete / wiewol bißher unbekante Freundin; die Götter müssen euch der Träue und Freundschafft lohnen / welche ihr meinem Gemahl in äusserster Gefahr eures Lebens erwiesen / und er mir schrifftlich zuverstehen gegeben / nebest ernstlichem[463] Befehl / es nach allem Vermögen zuerkennen / welches ich dann nimmermehr in vergeß stellen wil. Diese verwunderte sich der überaus grossen Freundligkeit / entschuldigte sich ihrer Unwirdigkeit / daß eines mächtigen Königes Gemahl sie dergestalt empfinge / hoffete / ihre Gn. würden sie vor ihre Magd auffnehmen / und an ihren schlechten Diensten ein gnädiges gefallen tragen; meldete hernach ihres Gemahls und Bruders herzlichen Gruß / und endlich Leches / Markus / und Fr. Euphrosynen untertähnigste Dienste an; wobey sie Fr. Sophien / Fr. Ursulen und Frl. Sibyllen / ieden drey köstliche Kleinot / einen Teil von Ladisla / den andern von Fabius / den dritten von Fr. Euphrosynen einhändigte / wovor sie sich ingesamt höchlich bedanketen / insonderheit wegen des dritten / weil es von einer unbekanten Freundin herrührete / von welcher sie bißher nichts mehr wusten /als daß sie Frau Agathen Wase währe. Es wahr gleich Zeit / das Abendmahl einzunehmen / setzeten sich zu Tische / und führeten mancherley Gespräch / insonderheit verwunderten sie sich über Klodius höfliche und vernünfftige Reden / weil er vor dem sich gar nidrig und stille gehalten hatte. Frau Pompeja begehrete an ihn / er möchte doch kürzlich erzählen / was den ihren vor Abenteur zugestossen währen; wozu er willig wahr / und anfangs ihren Schiff-Streit mit den Pannoniern ausführlich meldete / ungeachtet dem Stathalter solche Schiffe schon geliefert / und auff sein Befehl alle Erhenkete ins Meer geworffen wahren; hernach taht er Herkules Unfall / und Charidemus Hinrichtung hinzu / auch daß sein Geselle Markus dessen Nachgelassene mit grosser Haabseligkeit durch Herrn Fabius Befoderung geheyrahtet. Ladislaen Streit mit Perdikas berichtete er auch außführlich / aber seine Gefängnis und Erlösung muste Fr. Agatha umbständlich erzählen / worüber sie alle herzlich weineten / und nach endigung Fr. Sophia sich auffs neue mit ihr herzete / sich teur verpflichtend / es Zeit ihres Lebens zu erkennen / sagte nachgehends zu Klodius; seid ihr mein Freund / so werdet ihr alhie bey uns in meines H. Vaters Hofe wohnen / damit ich Gelegenheit habe / eurer Liebsten sehen zulassen / wie angenehm mir ihre Freundschafft sey. Er bedankete sich des hohen Erbietens / einwendend / wann ja etwas verdienet wåhre / hätte sein Gn. Herr alles viel tausendfach ersetzet / währe auch selbst der Ehestiffter zwischen ihnen gewesen; im übrigen hätte er von seinem Obristen Herrn Fabius Befehl / zu Padua zuverbleiben / dafern der Legion Nohtwendigkeit seine Gegenwart nicht erfodern würde; wolte demnach sich alsbald nach einer Wohnung umbtuhn / so nahe er sie bey des H. Stathalters Hofe haben könte. Aber H. Fabius sagete / es solten ihm auf seinem Hofe gute Gemächer eingeraümet / und seine Pferde auff Herrn Herkules Mahrstalle gefüttert werden; wozu Fr. Sophia kam / uñ ihm außdrüklich wegen ihres Gemahls geboht / nicht von ihr zuzihen / und da er nicht gehorsamen würde / wolte sie doch ihre liebste Freundin Fr. Agathen nicht von sich lassen. Klodius gab zur Antwort; er währe ihrer Gn. zugehorchen schuldig /und hätte sie volkommene Gewalt ihm zubefehlen /derhalben er ohn ihren Willen keinen Fuß von dem Hofe setzen wolte. Die Ursach aber / daß Klodius zu Padua ankam / wahr diese: Als Fabius außgeschikte Kriegsknechte ganz keine Nachricht wegen Herkules mit sich brachten / sahe Ladisla vor gut an / das gröste Schiff wieder nach Italien zusenden / und mit dem andern nach Syrien zuschiffen. Ehe sie diese Reise vor sich nahmen / begehreten sie an die beyde junge Witwen / vor ihrem Abzuge das Beylager [464] zuhalten /welches Ladisla insonderheit stark bey Fr. Agathen trieb / und ihr zugemüht führete / wie Unrecht sie tähte / daß sie dem zugefallen sich ihrem Bräutigam versagete / der ihr nach Ehr und Leben gestanden. Fabius erinnerte Fr. Euphrosynen gleichergestalt was vor ein Bubenstük Charidemus wieder sie im Sinne gehabt / und sie selbst tödten wollen / wodurch er sich aller ehelichen Liebe-Gedächtnis unwirdig gemacht hätte. Klodius und Markus liessens an ihrer Seiten auch nicht mangeln / und wusten ihren Bräuten so lieblich zuzusprechen / daß die gutẽ Weiberchen endlich übermannet / einwilligen musten / und ihnen das Beylager wol gefallen liessen / welches gar prächtig / alles auf Ladisla und Fabius Kosten gehalten ward. Nach Endigung der Hochzeit Tage / macheten die jungen Ehemänner sich fertig / mit ihren Herren fortzureisen / uñ trösteten ihre betrübeten Frauen / mit verheissung / sich bey ihnen schier wieder einzustellen / und hernach von ihnen nimmermehr zu scheiden. Als nun diese beyde nicht anders meyneten / als erstes Tages mit nach Syrien zu segeln / foderten Ladisla und Fabius sie in ihrer Frauen Gegenwart vor sich /und redete Ladisla sie folgender gestalt an: Ihr werdet euch noch wol erinnern / was massen ihr meinem Herkules und mir auff eine gewisse Zeit euch verpflichtet habt; Wann ihr nun der Meynung / wie ich merke /noch seyd und bleibet / zweifele ich nicht / ihr werdet uns eure Dienste an Ort und Enden leisten / da sie uns am ersprießlichsten sind. Klodius und Markus verbunden sich auffs neue zu aller Mögligkeit; Worauff er also fort fuhr: So müsset ihr Klodius / euch mit eurer Liebesten unwägerlich nach Padua erheben /und daselbst erwarten / ob wir Wechsel oder Manschafft abzufodern benöhtiget währen; Zehrungs-Kosten uñ wirdige Besoldung werdet ihr von meinem Gemahl zuempfangen haben / und wird meine Freundin Fr. Agatha ihr gefallen lassen / meinem Gemahl eine zeitlang Gesellschafft zuleisten. Ihr aber Markus / werdet vorerst es allhie zu Korinth ansehen / dann unsere Schreiben sollen an euch gerichtet werden /welche ihr weiter fortzuschicken nicht unterlassen werdet. Es hatten diese sich zwar schon zur Reise fertig gemacht / und auff viel tausend Kronen wert Kleinoter zum Nohtpfennige zu sich genommen / auch jeder sich mit einem Leibdiener versehen; weil ihnen aber die Liebe zu ihren Frauen nicht wenig anlag /liessen sie sich desto leichter beredẽ / bey ihnẽ zu bleiben / uñ merketen ihre Frauen wol / dz alles ihnen zu liebe geschahe / welches sie mit grossem Dank erkeñeten / und überaus stark anhielten / ihnen zugönnen / daß sie von ihren eigenen Gütern leben möchten. Aber Ladisla antwortete ihnen: Ihr lieben Herzen / gebet euch zufrieden; so lange unsere Bedienetẽ uns wirkliche Dienste leistẽ / müssen sie trauen unsern Sold heben; oder meynet ihr / daß wir sie euch zu dem Ende zugefreyet haben / daß sie eure Güter verzehren / uñ nicht vielmehr ersparen / ja vermehren solten? Die Frauen küsseten ihm die Hände / und bedanketen sich aller gnädigen Gewogenheit untertähnig. Ihren guten Willen aber spüren zulassen / zahleten sie von ihren Baarschafften jedem Schiff Soldaten 80 Kronen / und jedem Boßknechte 40 Kronen zur Verehrung /welches ganze sich auff 15000 Kronen belief. Darauff ward Klodius das grössere Schiff mit dem meisten Volk übergeben / es wieder nach Padua zubringen /und behielten Ladisla und Fabius nur XXX Soldaten auff dem kleineren Schiffe neben Leches / als welcher seinen König durchaus nicht verlassen wolte / deßwegen er von den beyden Frauẽ mit allerhand Kleinoten und gemünzetem Golde auff 16000 wert begabet ward / worzu [465] ihm Fabius von Parmenions Geldern noch 12000 Kronen verehrete / welches alles er nebest dem schon erworbenen / Fr. Agathen zustellete /fleissig bittend / es seiner geliebtẽ Jungfer Libussen mit über zunehmen / und seinetwegen in stiller geheim einzureichen. Dieselbe nun vergaß ihrer Zusage nicht / sondern bald des andern Tages nach ihrer Ankunft zu Padua / rief sie die Jungfer allein zu sich /und baht anfangs / Herrn Leches und ihr nicht zuverargen / daß er ihrer Heimligkeit sie gewürdiget / und ihre vertrauliche Liebe zuerkennen geben hätte / von dem sie weiter befehlichet währe / ihr neben Anmeldung seiner Dienste und Liebe / beygefügtes Schreiben und übergesendete Schätze einzuliefern. Reichte ihr damit die Kleinot / auff 10000 Kronen / und daneben in fünff Laden 75000 Kronen gemüntzetes Goldes. Die gute Jungfer schämete sich anfangs vor dieser fremden / aber nach Verlesung des Schreibens sagte sie: Hochgeehrte Freundin / ich bedanke mich der gehabten Mühe / und noch mehr ihrer Freygebigkeit / sintemahl ich aus diesem Briefe ersehe / daß dieses alles grossen teils von ihr und ihrer Fr. Wasen herrühret / und weil solches zuersetzen in meinem Vermögen nicht bestehet / wil an stat der Vergeltung ich ihr meinen geträuen willen zu eigen geben / auch ihre Dienerin / als lange ich lebe / verbleiben. Ich weiß von keinen solchen Geschenken / antwortete diese / welche von mir solten kommen / und so grosses dankens wert seyn / aber diese Armbånder /Halskette und fünff Ringe / wird meine hochgeliebte Freundin von ihrer bereitwilligen Dienerin anzunehmen sich nicht wegern; taht ihr dieselben an ihre Arme / Hals und Finger / und umfing sie mit einem freundlichen Kusse / da sie zugleich einander alle schwesterliche Liebe und Träue schworen. Als nun die Jungfer ihren Schatz nach ihrer Kammer hatte tragen lassen / gingen sie mit einander nach dem Frauenzimmer / woselbst Fr. Agatha denselben allen / als der Stathalterin / Fr. Sophien / und Ursulen / auch Frl. Sibyllen und Helenen kostbahre Ringe schenkete /welche anzunehmen sie sich anfangs beschwereten /weil ihnen ihr Wolvermögen unwissend wahr; nachdem sie aber von Libussen berichtet wurden / daß sie ädles Herren-Standes / und ihre Herschafft drey Schlösser / zween Flecken / und XXI Dörffer in sich hielte / wahren sie willig / und erbohten sich / es zuerwiedern. Der Stathalter kam mit Klodius darzu / das Frauenzimmer vor der Mahlzeit zubesuchen / und hatten mancherley Gespräch / da Fr. Sophia zu Klodius sagete: Gewißlich habt ihr und Ritter Markus euer reisen nach Griechenland nicht vergebens getahn /und würdet in Italien ein solches Glük schwerlich angetroffen haben / scheinet auch fast / ob hätten eure Herren in Unglük gerahten müssen / nur daß der Götter schluß über euch beyden gemacht / erfüllet würde /welcher ohn dieses Mittel nicht leicht hätte können volstrecket werden. Er antwortete: Er erkennete gerne / daß ihm seine Liebste ja so angenehm seyn solte /ob sie gleich kein eigenes Baurhütchen hätte / schätzete auch die an seinem Gn. Herrn erwiesene Träue tausendmahl höher / als alle ihre Haabseligkeit; so hätte er Gott Lob nach Befreyung seines Erbes / Lebensmittel zur Gnüge / wolte geschweigen / daß seine Obrist-Verwaltschafft ihm mehr als ein übriges bringen könte. Der Stathalter sagete zu ihm: Es ist mir lieb / daß mein Sohn Fabius eure Wirdigkeit erkennet hat; ich werde mich aber gleicher gestalt bemühen /sehen zulassen / daß eure / meinen Kindern erzeigete Träue bey mir in obacht ist / daher ich euch die Oberhauptmanschafft hiesiger Besatzung über 6000 zu Fuß schenke / welche ihr von diesem Tage an zuverwalten auff euch nehmen [466] wollet. Klodius bedankete sich der hohen Befoderung / ließ sich den Völkern vorstellen / und verhielt sich dermassen träufleissig in diesem Amte / daß die ganze Stad ihm sehr gewogen ward / und ihm ein herliches Land gut zu Lehn aufftrugen / davor er seine Dankbarkeit zuerzeigen / ein Stük 40 Schritte lang / an der alten Stadmaur niderreissen / und auff seinen Kosten neu machen ließ / welches lange Zeit den Nahmen behielt / daß es Klodius-Werk genennet ward.

Als er nun hieselbst mit seiner Liebsten in guter Gesundheit und hohem Ehrenstande lebete / wolte ihm das Glük bald anfangs einen Tück beweisen /worüber er schier das Leben hätte einbüssen mussen. Es wahr ein junger reicher Paduanischer ädelmann /Nahmens Volumnius / derselbe befand sich gegen Fr. Agathen hefftig verliebet / und suchete alle Gelegenheit / mit ihr zureden / und ihr seine Liebe zuoffenbahren. Er hatte seinen Hof gegen den Stathalter über / bey dem er zimlich gelitten wahr / weil er sich höflich zu schicken / und den Schalk zubergen wuste. Nachdem er nun diese Zeit sich viel statlicher hielt / als er zuvor gewohnet / und in Fabius Hofe sich täglich sehen ließ / merkete Fr. Sophia / daß es umb Liebe willen geschahe / wiewol sie nicht finden kunte / auff welche er sein Absehen haben möchte. Nun ging sie einsmahls mit Fr. Ursulen und Agathen /auch Frl. Sibyllen und Libussen hinaus vor das Tohr /weil es ein lustiger Herbsttag wahr / und stund Volumnius gleich vor seinem Hofe; wolte also diese Gelegenheit nicht versäumen / sondern folgete nach / und baht wegen dieser Kühnheit umb Verzeihung. Fr. Sophia sagete: weil sie ingesamt sich zu ihm aller Erbarkeit und Freundschafft versähen / solte es ihm erläubet seyn. Nicht ferne von der Stad wahr ein lustiger Ort / voller schattigter Bäume / da sie sich auff die Erde niderliessen / und hatte Fr. Sophia schon angemerket / daß im hingehen er sich Fr. Agathen sehr nahete; hier aber nam er ungenöhtiget die näheste stelle bey ihr / kunte auch seine unkeusche Begierden nicht verhehlen / daß die Augen ihn nicht verrahten hätten /wiewol dessen niemand als Fr. Sophia wahr nam /welche besser dahinter zukommen / auffstund / und mit den andern etwas weiter unter die Bäume ging /da Fr. Agatha ihr zwar folgen wolte / aber von Volumnius auffgehalten ward / weil er vorgab / ihr ingeheim etwas zuvertrauen; fing auch aus verwägener Kühnheit an / seine unzimliche Liebe unter dem Deckel einer sonderlichen Gewogenheit ihr beyzubringen / daß sie seiner Unbilligkeit nicht inne ward / biß er um diese und jene Gunst bey ihr anhielt / dessen sie nicht wenig erschrak / wolte ihm doch nicht unhöflich begegnen / sondern entschuldigte sich / daß sie keine solche währe / die von Mannesbildern angebohtene Liebe auffnehmen / und darauff sich erklären könte /angesehen sie im Ehestande lebete / und er demnach seine Liebe an ort und ende verwenden würde / da sie haften und Vergeltung erlangen könte. Aber dieser durch Liebe verblendet / hielt es nur vor eine Wort-Entschuldigung / weil sie so gar ohne Bewägung redete; fuhr demnach fort in seiner schändlichen Werbung / und suchte allerhand schöne Worte hervor /sich bey ihr beliebt zumachen; Er hätte nicht gemeynet / sagte er / daß Griechenland so zarte Engelchen zeugete / könte ihm auch nicht einbilden / daß ihres gleichen in derselben ganzen Landschafft zu finden wåhre / daß daher selbiges Reich über ihren Ehe Junker sich wol beklagen möchte / daß er einen so treflichen Schatz von dannen geführet / und Italien damit ausgezieret håtte; jedoch wolte er sich darüber vielmehr erfreuen / als beschweren / der Hoffnung gelebend / ihr [467] Herz würde nicht weniger mitleidig / als der Leib schöne sey; er suchete nicht / sie ihrem Junker zuentführen / weil er an ihrem Willen zweifelte /dann sonsten würde ihm nichts liebers seyn / als seine ganze Lebenszeit mit ihr zuzubringen; nur dieses währe vor dißmahl sein höchster Wunsch / daß er gewirdiget werden möchte / vor ihren Diener auffgenommen zu werden; nam hiemit ihre Hand / als solte hiedurch sein Begehren schon geschlossen seyn. Aber Fr. Agatha / welche nie vorhin durch solche unehrliche Ansprengungen ersuchet war / ohn in ihrem Gefängniß / empfand daher einen grossen Unwillen /reiß die Hand los / und antwortete mit erröhtetem Angesicht: Herr / ich weiß nicht / mit was Worten ich ihm begegnen sol / ohn daß ich mich höchlich verwundere / wie er mir darff Liebe anmuhten / die ich an meinen Ehegatten gebunden bin; hoffe demnach /er werde mich hinfüro mit dergleichẽ Ansuchen verschonen / und nicht vor eine solche mich ansehen / die von ihrem Ehe Junker zu lauffen willens sey / er würde mir sonst ursach geben / mich dessen zubeschweren; stund damit auff / und folgete den andern nach. Volumnius wolte sie nicht allein gehen lassen /gab ihr das Geleite / und redete nicht minder freundlich mit ihr / sie höchlich bittend / daß sie ja keinẽ Haß auff ihn werffen / sondern ihm verzeihen möchte / wozu ihn die Liebe gezwungen / welche er nicht länger zuverbergen gewust. Aber sie begegnete ihm mit einer schärfferen Antwort: Sie hätte ihm schon viel zu lange zugehöret; es währe zeit / daß er seinem unehrlichen Ansuchen ein Ende machete / und sich von ihrer Seiten hinweg tähte; solche Freundschafft / die er ihr antrüge / solte er auff die wenden / so auff Unerbarkeit ihre Wollust baueten; und hierauff rief sie: Schwester Libussa / wollet ihr mich nicht mitnehmen / warumb eilet ihr so sehr? Fr. Sophia dieses hörend /gedachte bald / ihr würden ungenehme Sachen vorgetragen seyn / kehrete sich um / und sahe ihr entgegen /biß sie zu ihr kam; Der verwägene Mensch aber ging dessen ungeachtet / neben ihr her / und beschloß hiemit: Vielleicht möchte sie seiner redlichen Liebe Wirkung bald erfahren; fing auch drauff an von andern Dingen zuredẽ. Sie wolte das ergangene lieber unter den Fuß treten / als ausbreiten / und auff seine unterschiedliche Fragen gab sie ihm freundliche Antwort /welches der Bube dahin deutete / ihr Zorn währe nur ertichtet / und liesse dieses Schloß sich leicht stürmen / wann sichs nur wegen der drauff liegenden Besatzung ergeben dürffte; oder deutlicher zu sagen / weil mit ihrer Ehe sie sich am meisten entschuldigte / meynete er nach Trennung dieses Bandes nicht zufehlen; daher er Klodius hinzurichten bedacht wahr. So bald sie zu Hause anlangeten / klagete sie alles Fr. Sophien und Libussen mit Trähnen / und daß sie nicht wüste /wessen sie sich hernähst zu verhalten hätte / daß sie von ihm unangefochten bliebe; ob sie nun schweigẽ /oder ihrem Liebsten es offenbahren solte / wolte sie von ihnen vernehmen. Fr. Sophia antwortete: es währe gut / daß der Schandvogel sich an Ort und Ende hätte kund gegeben / da kein Frevel gegolten; man wüste sich hinfüro desto besser vor ihm zuhüten / könte aber nicht gut heissen / daß Klodius es erführe / weil darauff ein unvermeidlicher Kampff erfolgen würde; Sie möchte das geschehene verschmerzen /und sich versichern / daß sie schon Mittel wüste / diesem verwågenen zusteuren; gingen darauff mit einander zu Tische / und hatten allerhand Unterredung / biß sie sich schlaffen legeten. Klodius hatte den Brauch /daß er fast alle Nachte umher ging / die Wachten zubesuchen / und ließ von seinem Leibknaben ihm das Seiten Gewehr nachtragen. Dieses wuste Volumnius /und wartete ihm eben diese Nacht [468] auff den Dienst / da er von der Besichtigung kam / stieß ihm das Schwert durch den Leib / und machte sich in seiner vermummeten gestalt im Augenblik davon / daß ihn niemand kennete. Nach empfangenem Stosse fiel Klodius nider zur Erde / worüber sein Knabe hart ruffen ward / welches ein Wund Arzt in der nähe wohnend / vernam /lief im blossen Hemde herzu / und empfand an der Schlag Ader / dz noch Leben in ihm war / trug ihn mit hülffe etlicher herzulauffenden Bürger in sein Hauß /uñ fand / dz der Stoß forne ein / uñ hinten wieder aus ging. Er brauchte allen fleiß / biß er ihn erquickete /uñ verband ihm die Wunde / mit dem versprechen /dafern er am Eingeweide unverlezt währe / welches sich bald außweisen würde / solte er vor dißmal gerettet seyn. Klodius antwortete ihm; ist meine Zeit ko en / so sterbe ich gerne / wann ich nur vor meinem Tode erfahren mag / was vor ein Bube mich so unredlicher Weise angefallen hat / damit ihm sein Lohn werden möge. Die Anwesende bahten ihn / Geduld zuhaben / und durch Eifer sich nicht zubewägen / damit das Ubel nicht ärger gemacht würde; nach dem Tähter solte fleissig geforschet / und ihm die Mordtaht nicht geschenket werden / es geriete gleich mit ihm zum Tod oder Leben. Inzwischẽ wahr sein Knabe nach des Stathalters Hofe gelauffen / und hatte seines Herrn Tod / wie er meinete / fruchtbar gemacht. Fr. Agatha lag im harten schlaffe / und kam ihr vor / wie ein Bähre sie hätte niederreissen wollen; weil er ihr aber nicht beykommen mögen / währe er an Klodius gefallen / und hätte ihn zur Erdenge worffen / dessen sie also erschrak / daß sie ein lautes Geschrey ergehen ließ / gleich da Fr. Sophia mit einer Windkerze zu ihr kam / und sie ermahnete / sich über ihrer Ankunfft nicht zu entsetzen; es kähme ein Geschrey / als währe ihr liebster etwas verwundet / welches sie ihr lieber selber / als durch andere anzeigen wollen / damit sie durch unwarhaften Bericht nicht zu hart erschrecket würde. Die gute Frau hörete die leidige Zeitung mit bebenden Gliedern / gehub sich übel und sagete; sie zweiffelte nicht / er würde schon Todseyn / weil ihr solches im schlaffe vorkommen währe; stieg gar ohmåchtig aus dem Bette / und legte die Kleider an / umb selbst hinzugehen / und diesen Unfall in Augenschein zunehmen: Fr. Sophia hatte schon etliche Diener außgeschikt / deren einer wiederkam /und an deutete / er währe zwar hart verwundet / aber schon verbunden / und gäbe der Arzt guten Trost. Hiedurch ward sie in etwas gestärket / und fragete /wer doch der schändliche Tähter seyn möchte; kunte aber nichts erfahren biß der Leibknabe berichtete / es währe ein Verkappeter auß einem Nebengäschen hervor gewischet / und nach getahnem Stosse davon gelauffen. Alsbald muhtmassete sie auff Volumnius /und sagete; Gn. Frau / ich wolte den Mörder leicht errahten; und was gillts / wo es nicht der heutige Bube ist? Sie antwortete / lasset euch nichts merken / so wollen wir noch wol dahinter kommen. Libussa kam mit Frl. Sibyllen auch herzu / liessen sich ingesamt von bewehreten Knechten nach des Arztes Behausung bringen / und wolten gleich zu dem verwundeten in die Stube gehen; aber der Arzt wehrete ihnen; man müste ihn nicht verunruhen / dz nicht die Wunde mit Lebens-gefahr auffsprünge; welches Fr. Agatha annam / als währe er gewißlich Tod / und sagete zu ihm: Mein Freund / der Kranke gehöret mir am nähesten zu / drumb saget mir die Warheit / uñ speiset mich nicht mit leerer Hoffnung / damit ich die lezte träue an ihm verrichte; mit welchem Worte sie in Ohmacht fiel / und ward ohn alle empfindligkeit auff ein ander Gemach getragen / daß nicht Klodius durch ein Jammergeschrey irre [469] gemacht würde; doch brachte sie der Arzt bald wieder zurechte / und sagte zu ihr: Hoch ädle Frau / sie gläube bitte ich / meinen Worten / der Oberhauptman ist in Warheit annoch am Leben / sol auch durch der Götter Hülffe und meinen Fleiß wieder genesen; wil sie mir aber nicht trauen / so verspreche sie mir / daß sie ihn durch nichts irre machen wolle /so wil ich sie zu ihm führen / daß sie ihn sehe und seinen Odem vernehme; Ach ja / sagte sie / nur bald bald / ich werde keinen Unwiz gebrauchen / wann ich nur ein geringes Zeichen seines Lebens sehe. Als sie nun mit ihm in die Stube trat / hub er gleich die rechte Hand etwas in die höhe / uñ legete sie sanfft wiederumb nider / welches sie ersehend / zurücke trat / und durch ihre Dienerin 200 Kronen hohlen ließ / welche sie ihm vor den ersten Band gab / mit bitte / alle mögligkeit anzuwenden / welches sie zehnfach ersetzen wolte. Der Arzt / welcher seiner Kunst gewiß wahr /und doch / weil er nicht auffschneiden kunte / wenig gebraucht ward / bedankete sich der Mildigkeit / und versprach inwendig XXIV Stunden verhoffentlich gewisse Zeichen der künfftigen Gesundheit anzumelden. Darauff gingen sie wieder nach Hause / und funden den Stathalter auff der Gasse / welcher einem Hauptman befahl / alle Tohre wol zubesetzen / daß niemand hinaus kähme / er wolte nicht ruhen / biß der Mörder ertappet / und zur abscheuhlichen Straffe gezogen währe; tröstete nachgehends Fr. Agathen / und baht sie / in geduld zustehen / dann ob gleich geschehene Dinge nicht könten geendert werden / gebührete doch Straffe darauff. Der Tähter Volumnius stund oben auff einem Gemache seines Hofes / und hörete alles /was auff der Gasse geredet ward / hoffete / Klodius würde dem Tode / und ihm Fr. Agatha zuteil werden. Fr. Sophia aber nam mit ihrem Vater einen Abtrit /und erzählete ihm / wie es heut Fr. Agathen mit dem Buben ergangen währe / daher sie fest in den Gedanken stünde / er und kein ander währe der Tähter. Er dagegen / ober gleich erschrak / erinnerte sie doch /man müste einen hohen von Adel nicht aus blossem Argwohn beschuldigen / es erfoderte starken Beweißtuhm / darauff man sich schicken müste. Den Beweißtuhm / sagte sie / wollen wir schon finden /dann Klodius Knabe berichtet / dem Tähter sey Klodius Blut auff die Kleider gesprützet / wann man nur Volumnius bald könte zu sehen bekommen / oder bey ihm nachsuchen lassen / ob was blutiges verhandẽ /solte man ihn leicht ertappen. Ihr Vater bedachte sich / und nachdem er merkete / das Fr. Agathen Mutmassung ein höfliches Nachforschen entschuldigen könte / schikte er einen verschlagenen Diener zu Volumnius / mit begehren / zu ihm auff die Gasse zukommen; befahl ihm daneben in grosser geheim / fleissige acht zugeben / wie er sich hielte / und ob er vermummete oder blutige Kleider anhätte; und da er auff dem Bette läge / solte er sich umbsehen nach seinen Kleidern /ob irgend Merkzeichen daran zufinden währen. Dieser ging alsbald mit einer Leuchte hin / aber der Bube wolte sich nirgend finden lassen / und gab sein Leibjung vor / er läge in der Ruhe: Daher dieser nach der bekanten Kammer lieff / fand aber das leere Nest /und schalt den Knaben aus / warumb er ihn äffete; welcher doch mit hohen Schwüren beteurete / daß er nicht anders wüste / als daß sein Herz zu Bette gangen währe; könte auch nicht gedenken / wohin er sich gemacht hatte; er vor sein Häupt währe gleich auffgestanden / weil er eines getümmels auff der Gasse inne worden. Ey / sagte der Knecht / so gehe mit mir / und gib mir dessen Zeugnis bey meinem Herrn / sonst gläubet er mir nicht; lockete also den Knaben mit sich hinweg / berichtete seinen Herrn / wie ers funden /[470] ließ den Knaben zürük / und ging bald zum andernmahl hin / wo möglich / etwas bessere Kundschafft einzunehmen. Volumnius hatte den Knecht zum erstenmahl ko en und hinweg gehen sehen / wuste doch nicht / daß er auff seiner Schlaffkammer gewesen wahr; lieff nach seinem Wegscheide gleich hin und legte sich ans Bette / daß er erst hinein gestiegen wahr / da der Knecht zum andermahle kam / welcher /weil er niemand hörete / die Treppe hinauff stieg. Welches Volumnius vernehmend / hinunter rieff / wer bey eileter Nacht ihm im Hause umbginge. Der Knecht kehrete sich nicht daran / ging mit der Leuchte hinauff / und brachte seine Werbung vor / daß der Stathalter ihn gerne sprechen wolte; dessen sich dieser fremde stellete / ob etwa dem Herrn Stathalter etwas wiedriges begegnet währe; er erkeñete sich schuldig demselben so bey Nacht als bey Tage auffzuwarten; sprang damit aus dem Bette / und wolte sich ankleiden / daher der Knecht unter dem Schein einer Dienstwilligkeit zu den Kleidern lieff / ihm dieselben zuzutragen / fand auch einen blutigen Strumpff / an dem er die Hand färbete / dessen er sich doch nicht merken ließ / sondern ihm die Kleider brachte / welches er mit unwillen auffnam / und ihm befahl / dem Stathalter zu vermelden / dz er alsbald bey ihm seyn wolte / muste ihm aber ein wenig Licht aus der Leuchte geben /damit er das seine anzünden könte / welches dieser taht / und ihn doch bald gereuete / massen Volumnius hiedurch gewahr ward / das ihm Blut auff der Hand saß / dessen er nicht wenig erschrak / und sich fürchtete / der blutige Strumpf dürffte ihm Händel machen; fassete doch bald einen Raht / ritzete eine geringe Wunde in den Schenkel / verband ihn hernach / als er etwas blutes daraus auff die Fußbank lauffen lassen /und legete die Kleider an / die er schon alsbald nach der Taht geendert hatte / und sicher wahr / daß sie ihn nicht verrahten würden; ging darauff ganz verwägen zu dem Stathalter / welcher schon von dem Knechte unterrichtet wahr / wie ers funden hätte / daher derselbe selbst meinete / man würde hiedurch zur Kundschafft gelangen können / und erwartete des Mörders im Vorhofe / welcher ihm auffstieß sich wegen der Verzögerung entschuldigend / er währe vor etlichen Stunden zu Bette gangen da er den Schenkel an der Tühr entzwey gestossen / welche Wunde bey seinem schleunigen auffstehen ihm wieder auffgesprungen /daß er sich auffs neue verbinden müssen. Nachgehends fragete er / ob dem Stathalter einige Ungelegenheit begegnet / daß er seine Nachtruhe bräche. Herr Fabius verwunderte sich über den schlauen Buben /und merkete / wie schwer es zugehen würde / ihn der Untaht zu überzeugen / wo nicht bessere Zeichen sich eräugeten; stellete sich doch nicht unfreundlich gegẽ ihn / sondern klagete / daß der Oberhauptman schelmischer Weise angefallen / und tödlich verwundet währe. Worauff dieser antwortete: Ey mein Herr /diese Zeitung wird verhoffentlich falsch seyn / massen ich ihn noch bey spätem Abend gehen sehen. Als nun der Stathalter hierauff andeutete / daß es etwa vor anderhalb Stunde geschehen / stellete er sich sehr mitleidig / und sagte; es müste ein leichtfertiger Mörder seyn / der redliche Leute bey Nachtschlaffender Zeit anfiele / und währe billich / daß man fleissige Nachfrage tähte / damit der Bube zum Abscheuh gestraffet würde. Der Stathalter sahe ihn genaue bey dem Lichte an / merkete aber weder Zeichen an den Kleidern /noch Verenderung im Gesichte / schieden endlich voneinander / und hatte man schlechteren Grund als vorhin / daher man auch seinen Leibknaben lauffen ließ / da der Stathalter zum Schein sich unnütze machete / was man [471] bey Nachtzeit anderer Leute Diener auffzuhalten hätte. Volumnius merkete handgreifflich / daß man ihn in verdacht hatte / noch taht er nicht deßgleichen / sondern ging des folgenden Morgens bey ihm aus und ein / welches Fr. Sophia nicht dulden kunte / daher sie zu ihm sagete; er solte ihres Vaters Wohnung müssig gehen / wann er mit unehrlichen Gedanken schwanger ginge / und ehrlicher Weiber Leumut zuschänden suchete; worüber er sich leidig hielt / und sehr baht / ihn mit solchen ehrenrührigen aufflagen zuverschonen; er hätte nie im Sinne gehabt /einiges verheyrahteten Weibes zu begehren / und hoffete / sie würde ihm den meinäidigen Verleumder vorstellen / daß er sich rechtens an ihm erhohlen / uñ seine Unschuld der ganzen erbarẽ Welt vor Augen setzen könte; Ich gestehe euch nichts / sagte sie / dan ich sehe / was vor unergründliche Boßheit in euch begraben lieget / welche durch der Götter Hülffe zu seiner Zeit ans Licht wird gebracht werden. Was? sagte Volumnius / Boßheit? was? unergründliche Boßheit? Ich bin ein redlicher gebohrner von Adel / und gestehe weder ihr noch einigem Menschen solche und dergleichen Beschuldigung; darumb wird sie sich nicht wegern / mir deßwegen Rede und Antwort zu geben. Durchaus nicht / sagte sie / biß zu seiner Zeit. Ging damit von ihm / und verfügete sich hin zu Fr. Agathen / der sie klagete / wie es ihr mit dem Buben ergangen währe; diese muste sich mit ihr des durchtriebenen Fuchses verwundern / und sagete; Gott währe ihr Zeuge / daß es anders nicht ergangen währe / als sie ihr erzählet hätte / und dürffte allem ansehen nach noch wol darüber in Verleumdung gerahten. Nein /antwortete sie / dessen traget keine Sorge / dann ich habe euch nicht genennet; ist er aber so kühn / so verrahte er sich nur selber / alsdann wollen wir ihn schon fassen. Aber mich deucht / wir tähten besser / dz wir nach Klodius gingen / weil der Arzt mir zuentbohten hat / ihn verlange sehr / euch zu sehen. Ach ja / sagte sie; Gott helffe nur meinem Liebsten wieder auff / der Mörder wird seinem Richter nicht entlauffen / ob er sich gleich eine zeitlang verbirget; gingen hiemit fort /und funden ihn noch in zimlicher Schwacheit liegen /tröstete dannoch seine Liebste / sie möchte sich zu frieden geben / dann er fühlete keine Todesangst /sondern nur gemeine Wundenschmerzen. Weil er dann auffs neue solte verbunden werden / trat das Frauenzimmer hinaus / und fand der Arzt so gewisse Zeichen seiner künfftigen Besserung / daß er vor Freuden auffsprang / und zu ihm sagete: Mein Herr /ihr seyd an eurem Eingeweide unverletzet / woran ich bißher etwas gezweifelt / und solt mit Gottes Hülffe innerhalb drey Wochen mit dem Herrn Stathalter zu Tische gehen; welches er auch dem anwesenden Frauenzimmer vortrug / die sich höchlich darüber erfreueten. Inzwischen ließ Fr. Sophia von ihrem fleisse nicht ab / den boßhafften Tähter zu überzeugen / und fragete bey den Nachbarn hin und wieder vertraulich nach / ob nicht jemand dessen Nachricht geben könte / erfuhr auch so viel / daß gleich umb die Zeit / da man Klodius verwundung angezeiget / Volumnius Hofheimlich aufgeschlossen / und nicht wieder zugemacht währe / wie dann des Stathalters Knecht ihn offen gefunden hatte. Diese Zeugen / derer drey waren / ließ sie gerichtlich abhören / und klagete darauf Volumnius vor ihrem Vater an / ihn dahin zuhalten / daß er den Auffschliesser seines Hofes namhafftig machete / weil er ja selbst oder sein Gesinde darumb wissen müsten. Fabius ließ ihn vor fodern / hielt ihn der Zeugen Aussage vor / und begehrete kurzum den Aufschliesser zuwissen. Er aber stellete sich hierüber unwillig / beschwerete sich hoch / daß man mit einẽ [472] Römischen ädlen Bürger dergestalt gewaltsam verfahren wolte; dann wie könte er über unbewuste Dinge Rechenschafft geben? Ob etwa sein Gesinde heimliche Huren- oder Diebeswinkel hätten / oder aber unbekante Diebe ihm zu Nachtzeit den Hof öfneten / solte man deswegen billicher Mitleiden mit ihm tragen / als ihn darüber vor Gericht fodern. Schließlich baht er den Stathalter / er möchte / als ein hochverständiger Herr / sich an Weiber Rede nicht kehren / noch deren Nachstellung achten / deren Ungunst man mit einem ungenehmen Anblik verdienen könte. Er währe ein ehrlicher Ritter / entschuldigte zwar den Stathalter /aber da sonst jemand sich fünde / der ihn einiger Untaht zeihete / währe er bereit / es durch alle zugelassene Mittel zueifern. Noch zur Zeit kunte Herr Fabius nit mehr / als ihn in freye Hafft nehmen / dessen er sich höchlich bedingete / und doch endlich / Argwohn zumeiden / sich darein gab. Der Arzt legte allen möglichen fleiß an / daß Klodius am XV den Tage nach seiner Verwundung die Kleider anzog / und IIX Tage hernach mit dem Stathalter zur Mahlzeit ging /da er berichtet ward / wie unterschiedliche Vermuhtungen man seiner beschehenen Verwundung auff Volumnius hätte; Ja / sagte Frau Sophia / könten wir das schwereste beweisen / welches an sich selbst wahr ist / und von dem Buben dannoch geleugnet wird /wolten wir schon wissen mit ihm zuverfahren. Klodius hätte solches gerne gewust / aber sie hieß ihn biß nach gehaltener Mahlzeit ruhen / und erzählete ihm hernach / wie er bey Fr. Agathen umb unzimliche Sachen angehalten hätte / welches er doch nicht allein leugnen / sondern überdas noch bößlich dräuen dürffte. Worauff Klodius mit wenigen antwortete: Sie möchte sich ein geringes gedulden / biß er Waffen zuführen wieder geschikt währe / alsdann solte die Rache weiter nicht verschoben werden; jedoch daß seine Eheliebeste es nicht erführe / als welche darüber in traurige Gedanken gerahten könte; Wie er dann nach Verfliessung fünff Tage / in Gegenwart etlicher Paduanischer Herren / bey dem Stathalter anhielt /den boßhafften Volumnius vorzufodern / über welchen er etwas zuklagen hätte; da ihm zur Antwort ward: dafern seine Klage gegründet wäre / stünde ihm der Weg Rechtens offen; Und als derselbe auff Erfoderung willig erschien / trug Klodius seine Anklage mit diesen Worten vor: Hochmögender Herr Stathalter / auch ihr Hochädle Herren; Gegenwärtiger Volumnius hat sich unterwinden dürffen / mein liebes Weib auff Unehr anzufodern; woran er wider Ritters Ehr gehandelt; und als deren Redligkeit ihm solches /wie billich / abgeschlagen / hat er bey tunkeler Nacht / da ich meine Wachte besichtiget / mich schelmisch-und mörderischer weise überfallen / ausser allem zweifel in Hoffnung / wann er mich aus dem Wege geräumet / würde er sein Ansuchen desto leichter erhalten / und sich an meine stat eindringen können. Die erste Untaht / da es nöhtig ist / kan meine Eheliebste mit einem äide bekräfftigen; der andern habe ich gute Zeugnis; Dann vorerst ist kündig / daß sein Hof umb eben die Zeit meiner Verwundung geöffnet worden; Vors ander / ist er nicht auff seinem Bette gefunden / ob gleich sein Hausgesinde solches gemeynet; Vors dritte / hat man an seinen Strümpfen Blut gesehen uñ gefühlet / welches nirgends anders her als aus meiner Wunde geflossen ist; dañ hätte er seinem vorgeben und erlogenen Tichtungen nach / sich wund gestossen / würde er ja die Strümpffe nit eben unter seine Kleider verstecket haben; daß ich also im geringsten nicht zweifele / ich habe ihn seiner Mordtaht gnugsam gnugsam überzeuget; jedoch wil ich zum überfluß diese meine Anklage [473] wider ihn mit einem öffentlichen Kampffe behäupten / wie einem ehrlichen Ritter zustehet und vergönnet ist. Volumnius hörete alles mit ertichteter Freidigkeit an / rühmete sich glükselig / daß dereins die mißgünstigen Weiber einen Abtrit genommen / und die erlogene falsche Anklage von einem Ritter vorgetragen würde / mit dem ers gebührlich ausfechten könte / schob alle seine ausgegossene Schmach und Verleumdung in des unrechtmässigen verlogenen Klägers Busem / und könte zwar mit leichter Mühe die angeführeten nichtigẽ Ursachen hintertreiben / auch seine Unschuld zurecht dartuhn /weil aber die Bezichtigung gar zu ehrenrürig währe /könte er der Zeit des Rechtspruchs aus ritterlichem Eifer nicht erwarten / noch so lange in der Hafft verbleiben / sondern foderte hiemit den Kläger als einẽ Ehrendieb und Verleumder aus / nicht zweifelnd / die Götter würden in dieser sache Richter seyn / und durch seine gerechte Waffen den Lügener abstraffen /damit die Welt erkennete / daß der Himmel sich auch deren annähme / welche auff der Erden belogen und unschuldig verfolget würden. Klodius antwortete mit wenigem: Er hätte beydes das verstellen und schänden wol ausgelernet / was seine Waffen vermöchten / hoffete er zuerfahren / nachdem sie nunmehr solten redlich und in offenem Kampff gebraucht werden; vor dem Himmel fürchtete er sich sonst in seiner gerechten Sache ganz nicht; gingen also beyde hin / sich fertig zumachen. Volumnius vergifftete Speer und Schwert / und ritte hinaus auff den bestimten Platz /nehmlich woselbst er Fr. Agathen Unehr angemuhtet hatte. Klodius folgete ihm bald / und stelleten sich viel vornehme Leute als Zuseher ein / unter denen Volumnius nicht wenig Gönner hatte / weil sie ihm verwand und verschwägert wahren. Erstes Anblickes renneten sie ganz eiferig auff einander loß / da Volumnius das Speer zu tief sinken ließ / und seines Feindes Pferd ein wenig an der Stirn verletzete / er aber dagegen aus dem Sattel auff die Erde geworffen ward / und wahr der Gifft so stränge / daß ehe Klodius seinen Lauff vollführete / sein Pferd rasend ward /alles in die quere lief / und sich weder an Sporn noch Zügel kehrete / auch am Häupte dicke geschwal / daß er grosse mühe hatte / ohn Gefahr abzusteigen / und nicht wuste / wohin er diesen Unfall rechnen solte; doch ließ er sein Pferd lauffen / und trat mit unerschrockenem Gemühte auff seinen Feind / welcher seiner zwar mit entblössetem Schwert / aber zuschlagenem Gewissen erwartete / daß sichs gar zeitig sehen ließ / auff welche seite die überwindung fallen würde; gestaltsam Klodius in wenig Streichen ihn zur Erden fellete / ihm den Helm abriß / und dräuete / dafern er seine Untahten nicht bekennen / und Abbitte tuhn würde / solte er durch Henkers Hand darzu genöhtiget werdẽ. Aber der Bösewicht gab ihm keine Antwort /sondern fassete sein eigẽ Schwert / und schnitte ihm selbst damit die Kehle ab / wovon er zur stunde geschwal / und jederman der Vergifftung innen ward /weil auch Klodius Pferd schon alle viere von sich streckete. Nach gehaltenem Kampfe / ließ der Stathalter des Tähters Hauß fleissig durchsuchen / da sich das blutige Kleid in einem Winkel fand / und sein Hausgesinde bezeugete / er hätte es des Tages / als er mit dem Frauenzimmer zu hause kommen / sehr spät angelegt; kam also sein mördliches Vornehmen an den Tag / und ward sein Leichnam dem Henker übergeben / ihn auff die Schindgrube zuschleppen; Klodius aber ward in alle seine Güter eigentühmlich eingesetzet / weil er keine nahe Erben hinterließ / wie dann der Käyser selbst eine solche Urtel vor rechtmässig hielt und erkennete.


Ende des Andern Buch.

3. Buch
[474] Drittes Buch.

Unser vermummeter Herkuliskus wahr / vorigen Buches meldung nach / mit seiner Jungfer Brelen / die er vor seine Wase angab / von den See Räubern zu Tyrus eingebracht / woselbst sie etliche Wochen stille zuliegen gezwungen wurden / weil sie umb mehrer Sicherheit willen zureisen / auf gewapnete Geselschaft warten musten / damit sie in den unsicheren Morgenländern nicht überfallen und erschlagẽ würden / nachdem sie / umb Kosten zumeiden / keine eigene Leute bestellen wolten. Inzwischẽ befand sich Alexander gegen gedachte Jungfer je mehr und mehr in Liebe entzündet / dz ihn unmöglich dauchte / den Fla en länger zuwehren können; wagete es demnach / uñ machte sich mit freundlicher Rede an Herkuliskus /ganz innig bittend / ihm in seinem Vorhaben behülflich zuseyn; Er hätte diese zeit her eine solche Zuneigung gegen die ädle und tugendreiche Jungfer Brelen in seinem Herzen empfunden / daß er nicht umhin könte / ihm solches zuoffenbahren; sein anmuhten gründete sich auff Ehre und eheliche Träue; so währe er seiner Geburt und Herkommens von gutem uhr alten Adel / und zweifelte nit / es würde der Jungfer tuhnlicher seyn / mit ihm in beständiger Ehe zuleben /als einem Barbarischen Könige wenige Zeit in Unzucht auffzuwarten / und nachgehends entweder den folgenden jüngern Weibern vor eine Magd / oder wol gar den schli en Knechten zum Mißbrauche und Mutwillen zudienen. Lebensmittel hätte er überflüssig / und wolte auff diesen fall sich an Ort und Ende niderlassen / wo es der Jungfer am liebsten seyn würde. Herkuliskus vernam diese Anwerbung ganz gerne /hatte biß dahin mit Brelen schon abgeredet / welche nunmehr diesen Bräutigam anzunehmen entschlossen war / nachdem sie keine Hoffnung hatte / ihren Liebsten Neda wieder zusehen; doch ließ Herkuliskus sich dessen gegen dẽ Freyer nicht vermerken / sondern gab ihm als mit halber Bestürzung zur Antwort: Es wåhre eine schleunige und unvermuhtliche Werbung / möchte wünschen / daß er ihm diesen seinen Willen etwas zeitiger zuverstehen geben hätte / damit er ihm desto besser hierin dienẽ mögen; wolte doch nicht destoweniger alsbald mit seiner Wasen davon reden / und hoffete / ihm genehme Antwort zubringen. Ging auch gleich zu ihr hin meldete die getahne eheliche Ansuchung / und erinnerte sie des schon gemachten Schlusses; Worauff die Jungfer sich erklärete: Die Götter währen ihre Zeugen / daß sie lieber sterben /als diese Heyraht eingehẽ wolte; weil sie aber vor Augen sähe / daß ihre Ehre auff andere weise nicht könte gerettet / noch ihrem Gn. Fräulein durch sie besser geholffen werden / wolte sie sich selbst und ihren eigenen Willen überwinden / und keine Einsperrung machen / insonderheit / weil sie ohndas ein schwaches Mensch währe / und da einiges Mittel zur Flucht sich eräugen solte / nicht würde folgen / noch des reitens oder gehens ungemach ausstehen können. Herkuliskus lobete ihre Vernunfft / und daß sie gutem Raht statt gäbe / zweifelte nicht / er würde ihr alle gebührliche Zucht und Liebe beweisen / massen man diese ganze Zeit über nichts lasterhafftes an ihm gespüret hätte. Machte sich bald wieder nach Alexander / der sein mit schmerzẽ wartete / [475] und brachte ihm zur Antwort: Er hätte seinet wegen mit der Jungfer gehandelt / welche zwar sehr leidig währe / daß sie in der fremde / und ohn Vorwissen ihrer nähesten Anverwanten / eine solche Enderung vornehmen / und an einen künfftigen Ehe Junkern sich versprechen solte; jedoch / weil sie an ihm nichts als löbliche Zucht und Tugend gespüret / wolte sie sich ihm zu ehren ergeben / dafern er ihr folgende drey Bedingungẽ gönnen / und dieselben einzugehen äidlich angeloben würde: Als erstlich / daß er Zeit seines Lebens sie nit lassen /sondern als sein Ehegemahl / die von adelichem hohen Geschlecht währe / gebührlich halten; Vors ander / sich hinfüro des unlöblichen Seeraubens begeben / und ritterlichem Stande gemäß leben; Und endlich drittens / sie unberühret / und an ihrer Jungfräulichen Zucht allerdinge ungekränket biß nach Padua bringen wolte; von dannen sie alsdañ weiters fortzihen / und in Teutschland oder Böhmen sich niderlassen könten. Alexander hätte / seiner Liebe ein genügen zutuhn / das dritte gerne gemässiget gesehen /durffte aber nicht widersprechen / ging mit Herkuliskus hin zu ihr / und redete sie also an: Hochädle /Großehrenreiche Jungfer / herzgeliebete Freundin; daß Ihre Hochädle Tugend meinem inbrünstigẽ Ansuchen stat geben / und auff Unterhandlung meines hochwerten Freundes Junker Herkuliskus / vor ihren ergebenen Knecht und Diener mich aufnehmen wollen / solches nehme ich zu hohem Danke an; Meine Liebe und Träne / die nur auff Ehre ruhet / wil bey Verlust aller Götter Hulde ich ihr teur versprechen und unbrüchig halten / des leidigen Raubwesens / dazu mich Unfall gezwungen / mich gänzlich abtuhn / uñ meinem ritterlichen Herkommen mich gemäß verhalten; endlich auch / wie ungenehm es gleich meinen Liebes begierden fallen mag / sie nach ihrem Willen biß nach Padua / ohn einiges anmuhten / wz wider jungfräuliche Zucht und Keuscheit streitet / hinbegleiten / daselbst mit ihr das Beylager halten / und von dar ab weiters mit ihr hinreisen / und Wohnung nehmen / da sie es wünschet und begehret; Zu dessen auffrichtiger Bezeugung ich ihr hiemit alle meine Schätze als ihr Eigentuhm überliefere / auch sonsten meinen willen unter ihren gehorsam gebe. Die Jungfer bedankete sich der Ehren und getahnen erbietens / und taht ihm hinwiederumb Zusage aller künftigen ehelichen Träue; hielt nachgehends bey ihm an / er möchte ihrem Oheim Herkuliskus etliche Kleinot zum Nohtpfennige zustellen / welches seine Anverwanten doppelt und dreyfach erstatten solten / nur daß er auff den fall einer glüklichen Flucht / wegen Mangel der Zehrung nicht Kummer leiden dürffte. Alexander freuete sich / Gelegenheit zu haben / sein gutwilliges Herz in etwas darzubieten / hohlete eine zimliche Anzahl grosser Indianischer Perlen / an eine feste Schnuhr gereihet / daneben ein Demant-Ketchen nebest sechs Ringen / alles auff 20000 Kronen nach liederlichem Wert angeschlagen / wickelte es in ein seidenes Tüchlein zusammen / und überreichte es Herkuliskus mit diesen Worten: Mein hochwerter Herr und Freund / nehmet / bitte ich / dieses geringe von mir an / als einen heimlichen Schatz / welcher anfangs in der fremde gnug seyn kan / Armutsnoht abzulehnen / und versichert euch / daß mit alle meinem Vermögen euch zuhelffen ich willig bin; und wolte der Himmel / daß mir einiges Mittel zustossen möchte / euch aus der Parther Hände loßzuwirken / wolte ich mich gerne darzu gebrauchen lassen / wiewol wegen ihrer wachsamen Augen / es allerdinge unmöglich scheinet / es auch meinem geleisteten sehr hohen äid schwur gar zuwieder ist. Er hingegen bedankete sich beydes vor[476] die Kleinot und den guten Willen / begehrete nicht daß er oder einiger Mensch seinetwegen sich in einige Gefahr stürzen solte; hätten die Götter seine Erlösung gnädig versehen / zweiffelte er nicht am glüklichen Verfolg; die Kleinot wolte er anzunehmẽ sich nicht wegern / und da er leben würde / die Vergeltung nicht hindan setzen; wiewol seine Fr. Mutter / so bald er in Teutschland ankommen würde / alles reichlich erstatten solte. Aber / sagte er weiter; wie stehet ihr mit euren dreyen Gesellen / den Parthischen Herren? werden sie in diese eure Heyraht auch einwilligen? Ich wil / antwortete er / alle mögligkeit anwenden / sie mit Gelde zubefriedigen; solte es aber nicht geschehen können / welches ich doch nicht fürchte / wil ich meinen Wiz gebrauchen / sie zu nöhtigen / daß sie mir dieses wol einwilligen müssen. Er machte sich / umb keine Zeit zuverlieren hin zu ihnen / und redete sie also an: Ihr meine Hochwerke Herren / uñ Brüderliche Freunde; billich danken wirs dem Glük / daß es zu unserm Vorhaben uns so treflichen Fortgang verlihen / und uns ein mehres bescheret hat / als wir wünschen dürffen; wobey ich zwar gerne gestehe / daß in fleissiger Bemühung ich der geringste gewesen / ob ich gleich an meinem Vermögen nichts erwinden lassen / die Segel-fahrt zusuchen / welche uns am vorträglichsten währe / wovor mir dann / vorgetroffenem vergleiche nach / gnugsame Vergeltung wiederfahren /daß ich wehr Ursach zudanken / als ein mehres zufodern habe; weil aber meine Begierden mich fast treiben und drängen / umb eine sonderliche Gunst / bey meinen Hochwerten Herren / doch ohn ihren Schaden anzuhalten / bitte ich sehr dienstlich / solches mit Gewogenheit auffzunehmen / und dafern möglich / hochgeneigt einzuwilligen. Ich gestehe / fuhr er fort / daß ein sonderliches Feur / durch die Augen unser gefangenen ädlen Jungfer in meiner Seele angezündet ist /daher ich mir sie zu ehlichen allerdinge entschlossen bin / wann von meinen Herren ich sie umb ein zimliches Geld erhalten kan. Die Einlieferung des gefangenen Herkuliskus kan bey eurem grossen Könige Artabanus euch angenehm gnug machen / welcher ohn daß in seinem Frauen Zimmer eine grosse Anzahl schöner Weibsbilder hat / so das nicht mehr bey ihm wol empfangen sind / welche schöne / sondern nur die allerschönsten bringen. Dieses aber sey wie ihm wolle / so erbiete ich mich doch / eine mögliche / nicht gar zu schwere Außlösung an Gold und Kleinot vor sie anzuwenden / damit ich meine Begierden befriedigen möge; bitte / meine Hochwerte Herren wollen mich einer genehmen Erklärung wirdigen. Die Parthischen Herren sahen sich untereinander mit Verwunderung an / hiessen ihn einen Abtrit nehmen / und fing der vornehmste unter ihnẽ / nahmens Idarnes / also an: Geliebte Brüder und Oheimbe; euch ist ohn mein er innern bewust / was vor Träue und Fleiß dieser fremdling Alexander uns erzeiget hat / und ausser allem zweiffel die vornehmste Ursach unserer uns zugestossenen Glükseligkeit ist / massen wir ohn sein Angeben und Auffmunterung / ein solches Mittel /uns in Reichtuhm zusetzen / nimmermehr würden ergriffen haben / und wir demnach schuldig sind / ihm eine Freundschafft hinwiederumb sehen zulassen; ob aber einer oder ander einwenden wolte / man währe dessen nicht benöhtiget / inbetrachtung / er bey aller Beute mit zu gleicher Teilung gangen währe; so hätte man doch / sagte er / zubedenken / daß sie in der Römer gebiet annoch währen / uñ er / da er zum Schelm und Verrähter werden wolte / sie umb Gut und Leben bringen könte: Nun wüste man aber auch /was die Liebe vor eine hefftige und blinde Ansträngung währe / die weder Ehre noch [477] eigene Wolfahrt achtete / sondern der Verzweiffelung alles in die Hände gäbe; daß aber Alexander darzu nicht gereizet würde / könte man nicht umbhin / ihm zuwilfahren /jedoch daß er ein ansehnliches stük Geldes davor erlegete. Der jüngste unter ihnen / ein sehr verwegener Mensch / nahmens Thymondas / gab zur Antwort: Er selbst befünde sich in diese Jungfer überaus verliebt /währe auch gesiñet gewesen / sie diesen Tag von der Geselschaft umb eine billiche Vergeltung zubegehren / und hoffete / daß man ihm vor dem Griechen den Vorzug gönnen und geben würde. Der dritte mit nahmen Atizies redete ihm sehr gütlich ein / er möchte ja nicht Ursach geben zu seinem und ihrer aller dreien Verderben / welches ausser allem zweiffel auß dieser Liebes Zänkerey entstehen müste; er hätte ja daheim sein Weib / die ihm solches kaum gönnen würde; so dürfte auch Alexander ein so statliches Lösegeld vor die Jungfer bieten / welches hingegen er wol nicht eins begehrete vor sie zuerlegen. Doch wie dem allen / so müste diesem Unheil vorgebeuget werdẽ / solte er auch gleich hingehen und der Jungfer den Kopff abreissen. Idarnes fiel diesem bey / und beredeten Thymondas dahin / daß wo Alexander über 20000 Kronen vor sie erlegen wolte / solte er sie davor haben; foderten alsbald Alexander wieder vor sich / und gab ihm Idarnes zubetrachten / daß sein selbst eigener Vorschlag währe / die begehrete Jungfer dem Könige zuliefern / welches ja nach algemeiner Bewilligung unwiederruflich seyn müste; über das währe ihm des Königes Begierde nach schönen unbeflekten / sonderlich / außländischen Jungfern wol bewust / und hielten sie davor / ihres gleichen würden in Artabanus Frauen-Zimmer sehr wenig zu finden seyn / und sie daher nicht geringe Gnade und Vergeltung von seiner Hocheit / vor sie zugewarten haben / möchte daher sich wol versichern / daß es ihm aus sonderlicher Freundschafft wiederführe / wann man ihm dieselbe mit Gelde zu lösen / gönnen würde; welches aber auff den Fall mit des Jünglings guter Bewilligung geschehen müste / und daß derselbe äidlich angelobete / dessen bey Königl. Hocheit im geringsten nicht zugedenken / damit sie nicht deßwegen in Ungelegenheit kähmen. Hernach hätten sie von ihm zuvernehmen /womit er ein so köstliches Kleinot zu lösen sich erböhte; als den könten sie sich umb so viel weiter heraus lassen. Alexander fürchtete sich / sie würden ihn umb den grösten Teil seiner Beute schneuzen wollen /weil ihm die Parthische sehr schlechte Freygebigkeit mehr als zu wol bekant wahr; ließ sich doch keiner Furcht merken / sondern gab zur Antwort; Er bedankete sich vor erst der gemachten Hoffnung uñ freundlichen erbietens / und hätte es mit Bewilligung des Jünglings seine gute Richtigkeit / als welcher seine Wase lieber in Freyheit als weitere Gefahr setzen wolte / wüde auch den begehrten äid abzustatten sich nicht wegern; im übrigen möchten sie bedenken / daß Krafft auffgerichteter Verbündnis / ihm der vierdeteil so wol an der Jungfer / als an dem Jünglinge zustünde / den würden sie vor erst günstig abrechnen / und was sie darüber begehreten / ihm unverzüglich melden. Diese hingegen wolten zuvor von ihm wissen / wie hoch er den vierdenteil an dem Jünglinge rechnete. Er aber wegerte sich dessen / weil ihm / sagte er / unbewust währe / was der König vor ihn erlegen würde /wiewol er wegen seiner unvergleichlichen Schönheit /umb ein grosses höher als die Jungfer müste geschätzet werden; jedoch / sie weiter nit auffzuhalten / auch die hefftigkeit seiner Liebe ihnen sehen zulassen /wolte er sie beyde gleich / und jeden umb eine Tonne Goldes schätzen / nach welchem außschlage er erbötig währe [478] vor die Jungfer gleich also baar 50000 Kronen zuerlegen / und damit aller Ansprache an den Jüngling sich zubegeben; trat wieder ab / und baht sehr / sie möchten sich eines Schlusses zu seiner Vergnügung vergleichen. Die Parther verwunderten sich des milden erbietens / und sagte Idarnes zu Thymondas; mein Oheim / ihr sehet ja vor Augen / dz ihr und Alexander nicht gleiche Kauffleute seid / werdet demnach mit uns beyden zusti en / und um verhütung Güter- und Lebensgefahr ihm das Mensch folgen lassen; ich vor mein Häupt wil von meinem drittel des gebohtenen Geldes euch so viel zuwenden / daß ihr 20000 Kronen vol / zu eurem Anteil heben sollet. Atizies redete ihm auch zu / und ließ sich vernehmen / er könte wol leiden / daß er die helffte des gelöseten Geldes / als 25000 Kronen zu seiner Vergnügung bekähme: Worauff dieser geizige unhold sich endlich erklärete / Alexander möchte sie davor hinnehmen / nur daß er bey der Lieferung nicht seyn / und sie ihm die versprochenen Gelder schaffen wolten; dessen sich diese willig erbohten / und ihn von sich liessen. Nach seinem Abscheide liessen sie Alexander andeuten / er solte die Gelder / und zugleich die Jungfer herzu hohlen / inzwischen beredeten sich diese beyde / wessen sie sich weiters verhalten wolten. Der verliebete ließ ihnen alsbald solche Gelder in zehn gleichwichtigen Beuteln zustellen / uñ folgete er mit Brelen bald hernach / des behäglichẽ Außspruchs erwartend; da Idarnes / nach dem er die Gelder in zween gleiche Teile gesetzet hatte / also anfing: Jungfer Brela; ist es euer guter und freier Wille / daß ihr von dem Jünglinge eurem Oheim geschieden / und gegenwärtigem ädlen Herrn / Herrn Alexander als eine Braut und künfftiges Ehegemahl zugesprochen werdet? Ja / meine Herren /antwortete sie. Wol dann / fuhr jener fort / so willige ich samt meinen beyden Gesellen in solches euer Ehegelübde / und stellen euch eure Freyheit nach eurem Begehren hiemit völlig zu; wollen auch unsern guten Willen gegen euch sehen zu lassen / euch mit einer Heimsteur / nemlich mit der halbscheid dieser gelieferten Gelder begabẽ / damit ihr nicht gar zu bloß eurem liebsten zugeführet werdet / welches aber ausser uns vieren hiegegenwärtig niemand wissen sol. Atizies stellete ihr alsbald fünff Beutel zu / und bedanketen die verlobeten sich davor zum höchsten /wiewol Alexander leicht aus den lezten Worten schloß / daß Thymondas ihm diesen Kauff nicht gönnete / dessen er sich doch nicht merken ließ. Er meinete aber / es würde ihm nun nichts mehr übrig seyn /als daß er mit seiner Liebsten sich zu Schiffe setzete /und nach Padua zu segelte; Die Parther aber erinnerten ihn der Verbündnis / Kraft deren er gehalten währe mit ihnen biß nach Charas der Hauptstad in Parthen / ehmahls Hekatompylos geheissen / zu reisen / weil ihnen aus vielen Ursachen / insonderheit wegen des gefangenen Jünglinges / ein Dolmetscher hoch nöhtig währe. Dieser entsetzete sich über dem Anmuhten / und wendete ein; es hielte solches ihre gemachte Verbündnis durchaus nicht in sich / hoffete auch nicht / daß sie ihn zu solcher Reise nöhtigen würden / weil er nicht absehen könte / was Gestalt er ohn sehr grosse Kosten wieder zurük gehen könte; jedoch ihren guten Willen zuerhalten / und alle Ursach böser Nachrede ihnen zu benehmen / währe er erböhtig / ihnen einen guten Dolmetscher von seinen eigenen Kosten zuschaffen / und biß nach Charas frey zuhalten / womit sie verhoffentlich würden friedlich seyn. Den beyden Parthern wahr dieser Vorschlag lieb / weil sie sich auff der langen Reise einer Uneinigkeit zwischen ihn und Thymondas befahreten / nahmen deßwegen sein erbieten an / und hiessen [479] ihn damit eilen; da ihm dann nach vielen umbfragen ein geraubeter Griechischer Jüngling von XXIV Jahren zuhanden sties / welcher in Lateinscher und den vornehmsten Morgenländischen Sprachen ganz fertig wahr /denselben kauffte er umb 8000 Kronen / und befahl ihm in Herkuliskus Gegenwart / niemand als demselben allein geträue zu seyn / und ihn tåglich in Parthischer / Medischer und Persischer Sprache fleissig zuunterrichten / stellete ihm 800 Kronen zur růkzehrung biß nach Padua zu / mit dem teuren versprechen / daß er ihm daselbst seine Freyheit schenken / und ihm seine Můhe entweder mit 3000 Kronen vergelten / oder die Verwaltung seiner Güter in freier Bedienung übergeben wolte. Als nun dieser alle mögliche Träue und Auffwartung versprochen hatte / ging er mit ihm hin zu Idarnes / und lieferte ihm zugleich 400 Kronen Zehrgeld biß nach Charas / womit dieses seine gute Richtigkeit hatte. Weil dieses vorging /hatte Valiska mit Brelen abgeredet / sie solte Alexandern ihren Stand und Geschlecht nicht zuwissen machen / biß sie mit ihm über das Syrische Meer / und zum wenigsten in Zipern wåhre; hernach sich bemühen / ihren Herkules oder Ladisla in Kreta und Peloponnesus nachzufragen / ob sie vielleicht / wie sie gänzlich hoffete / schon auff der Fahrt währen / sie zuerledigen; sonst müsten sie nach Padua schiffen /woselbst sie ohndaß abzulegen willens währen / und sie daselbst von allem gute Nachricht haben würden; könten alsdann mit eigenem Bohten ihrer Fr. Mutter zuwissen machen / in was Stande sie lebete / jedoch daß ihr gute Hoffnung ihretwegen gemacht würde. Schließlich / sagte sie / da ihr Herkules oder meinen Bruder antreffet / so zeiget ihnen an / daß ich / als lange mein Geschlecht kan verborgen gehalten werden / Herkuliskus / nachgehends aber Herkuliska heissen wil / und werde nicht unterlassen / dieses Zeichen

an die Wånde und Tůhren in Städten und Dörffern zumahlen / und an die Bäume zu schneiden /weßweges ich reise / auff daß meine Nachsucher iu etwas nachricht haben / und mir nachfragen können. Jungfer Brela weinete sehr / daß sie von ihrem Fräulein hinweg scheiden solte / versprach alles auffs fleissigste außzurichten / und weder Mühe noch Kosten zu sparen / damit ihr könte gedienet seyn / nähete auch das vorgemahlete Zeichen in ihre Kleider / es desto eigentlicher zu behalten. Alexander kam nach guter verrichtung wieder zu ihnen / und redete mit Herkuliskus / weil er gänzlich entschlossen währe den teur geleisteten äid den Räubern zuhalten (welcher dieser wahr / dz sie an keinem Orte Römisches Gebiets dessen ichtwas melden oder anzeige tuhn wolte /was sie von den Råubern wüste / damit sie nicht in Ungelegenheit kähmen) so wüste er durchaus vor sich kein Mittel / ihn auß ihren Händen loßzumachen /dürffte sich dessen auch gegen sie im allergeringsten nicht verlauten lassen; vermahnete ihn aber / da ihm Gelegenheit zustossen würde außzureissen / solte er seine Flucht anfangs gegen Norden wenden / uñ her nach immer der Sonnen Untergang folgen / biß etwa an das Euxinische Meer / aus welchem man in das Egeische biß gar nach Kreta schiffen könte. Herkuliskus antwortete ihm; der Götter Gnade währe ihm tausendmahl lieber / als sein eigen Leben / und was dem anhängig währe / wolte deßwegen den geleisteten äid nimmermehr brechen / noch den Parthischen Herren einige Ungelegenheit durch verrähterey zufügen /sonst könte er leicht ein Mittel zu seiner völligen Freyheit finden / wann er nur bey der Obrigkeit dieses Orts sich als ein Freund des Römischen Käysers anmeldẽ liesse; vor die Unterrichtung des Rükweges auff den glückes [480] Fall seiner Flucht bedankete er sich /und taht Jungfer Brelen Befehl / von Padua nicht zuweichen / biß sie Zeitung seines besseren zustandes haben würde. Diese wahr so herzlich betrübet / daß sie dem Fräulein kein Wort antworten kunte / herzete und küssete sich mit ihr ganz innig / daß Alexander daher schier argwöhnische Gedanken hätte fassen sollen / da daß Fräulein sie tröstete / und endlich mit ihrem Bräutigam zu Schiffe gehen hieß / dann der gute Wind und ihr Schiffman foderte sie an / welcher sie in kurzer zeit in Zipern brachte.

Die Parthischen Herren zogen des tages nach Alexanders Abscheid in Geselschafft 100 Kauffleute auch fort / und hatten ihre Schätze auff Kamehl und Maul Esel geladen. Herkuliskus muste seinen Siz auff einem Kamehl unter einem breiten Schirm nehmen /daß er weder von den Sonnenstrahlen möchte getroffen / noch von andern gesehen werden; die übrigen alle reiseten zu Pferde / mit Geschoß und anderem Gewehr wol versehen / ohn daß Timokles stets bey ihm auff dem Kamehl bleiben / und ihn in den Morgenländischen Sprachen zum fleissigsten unterweisen muste / wozu er überauß grosse Begierde hatte / und in wenig tagen darinnen dergestalt zunam / daß sein Lehrmeister sich dessen verwunderte / wie wol er dessen sich gegen die Parther nicht merken ließ. Ihren Weg nahmen sie gerade auff Damaskus zu / von darab ferner nach dem Eufrat / da sie durch Mesopotamien zogen / biß sie über den Tigerfluß in Assyrien kahmen; wohin wir sie wollen reisen lassen / und Alexanders gnte Verrichtung erzählen / dem seine liebste in Zypern ihrer Fråulein Valisken eigentlichen Zustand entdeckete / worüber er sich überaus bestürzet befand / von Herzen wünschend / daß er solches zu Tyrus hätte wissen mögen / damit er ihrer Erlösung sich bemühen können / welche in Anwendung aller seiner Beute / ihm nicht leicht solte gefehlet haben /wie wol den Parthen ungezweiffelte Lebensgefahr darauff stünde / wann ihr König dessen ichtwas in Erfahrung bringen mögen. Eines betraurete er am meisten /daß ihres Geschlechtes Vertuschung nicht lange bestehen würde / massen entweder seine vorige Gesellen selbst / oder zum wenigsten Artabanus Aerzte nicht umhin könten / ihn zubeschauen / wann er zum verschnittenen solte gemacht werden. Hingegen trauete Brela den Göttern / sie würden daß liebe gottfürchtige Fräulein in Schuz halten / und alle Schande gnädig von ihr abwenden; ihr einiger Wunsch nur ging dahin / daß sie Herkules oder Ladisla antreffen möchte; weil sie dann in Zypern denen vergeblich nach frageten /fuhren sie mit sehr gutem Winde nach Kreta / und ländeten durch Gottes schickung bey Gnossus an /woselbst Valikules wegen Gallus Verwundung sich bißdaher auffgehalten hatte / und des folgenden tages abzusegeln willens wahr. Daselbst kehrete nun Alexander in ein Wirtshauß ein / welches vol Griechischer Kauffleute wahr / deren etliche er kennete / und daher sich bald hinweg machete / damit er nicht erkennet / und wegen seines verbrechens zu Athen / in Haft genommen würde; geriet zu gutem Glük in Valikules Herberge / gleich da man Mittagsmahl halten wolte / grůssete die Anwesende freundlich / und ward von ihnen hinwieder wilkommen geheissen. Bey wehrender Mahlzeit sahen Valikules und Gallus die Jungfer fleissig an / und gedauchte sie / dieselben mehr gesehen haben / kunten sich doch nicht erinnern / wo und zu welcher Zeit / biß endlich Gallus sich besan /vom Tische / als hätte er etwas zubestellen / auffstund / und nachgehends unter dem Schein / als wolte ein fremder ihn sprechen / seinen Herrn abfodern ließ / zu dem er sagete: Gn. Herr / ich muß sehr irren / oder ebẽ [481] diese ist die Jungfer / welche wir nebest dem Fräulein im Flecken vor Padua gefangen bekommen /daher ich nicht unterlassen können / ihrer Gn. es anzudeuten. O ja / mein Gott / antwortete er / sie ist gewißlich Jungfer Brela / die ich zu Prag offt gesehen /und Libussa überdas mich berichtet hat / daß sie mit dem Fräulein hingeführet sey. Aber ach Gott! was bedeutet dieses / daß ich sie / und nicht auch das Fråulein alhie sehe? Sie muß entweder tod / oder in ander Råuber Hände gerahten seyn; ließ darauff einen schweren Seuffzer und sagete: O du barmherziger Gott / betrübe mich doch nicht zu sehr / mit so trauriger Zeitung. Gallus tröstete ihn mit guter Hoffnung /und könte man nach gehaltener Mahlzeit gelegenheit gnug haben / sie deßwegen zubefragen; setzeten sich wieder zu Tische / uñ kunten wegen Furcht und Hoffnung keiner Speise mehr geniessen. Die Begierde aber / welche Valikules antrieb / wolte der Mahlzeit Endschafft nicht abwarten / deswegen er nach gebehtener Verzeihung die Jungfer auff Griechisch fragete / von wannen sie kåhme / und wohin sie gedåchte; bekam aber von Alexandern zur Antwort: Sie verstünde die Griechische Sprache fast wenig / weil sie aus den Nordischen Ländern währe / und nur etwz Lateinisch zusprechen wůste. Er wiederhohlete darauff seine getahne Frage mit Lateinischen Worten / da sie meldete /sie wåhre neulich aus Zypern gefahren / und gedåchte nach Italiẽ / dahin sie von ihren Freunden erfodert währe. Hieraus verstund er leicht / daß sie nicht willens wahr / sich einem Fremden erkennen zugeben /uñ argwohnete zugleich aus ihrer Traurigkeit / es můste nicht recht umb sein Fråulein stehen; fing deswegen auf Teutsch zu ihr an / und sagte: Hochädle Jungfer / dafern meine Augen mich nicht bekriegen /habe ich sie vor wenig Monaten am Pragischen Hofe in Böhmen gesehen; ist sie nun dieselbe / und verstehet meine Sprache / wolle sie mir solches nicht leugnen; dann ich bin ein Teutscher / und nicht ohn gefehr dieser örter angelanget. Brela ward voller Freuden /da sie die Teutsche Sprache hörete / und antwortet auff teutsch: Ja mein Herr / ich bin warhafftig dieselbe / und erfreuet meine Seele sonderlich / daß in diesen fremden Ländern ich einen bekanten Menschen antreffen sol; aber ich bitte sehr / mein Herr wolle ohn verweilen mich verständigen / ob er etwan dem teuren Fürsten Herrn Herkules bedienet sey / und ob dessen Durchleuchtigkeit dieser ends anzutreffen / dann seinetwegen habe ich diese Reise eigentlich aus Geheiß seines allerliebsten Freundes auff mich genommen. Hieraus erkennete er / daß das Fråulein annoch im Leben währe / und antwortete ihr: Sie möchte sich biß nach gehaltener Mahlzeit gedulden / alsdann wolte er ihr von diesem Fürsten etwas Zeitung sagen. Kein Mensch wahr zugegen / der diese Sprache verstund /wiewol Alexander alsbald wähnete / er würde ein Teutscher / und Fürst Herkules Bedienter seyn; durffte doch nicht fragen / weil er hörete / daß er gut Griechisch und Latein redete. Brela merkete seine Begierde / und wolte ihm etwas Kundschafft geben / daher sagete sie zu ihm: Mein Herr / dieser wird uns Unterricht erteilen / woselbst wir unserm Glücke nachfragen sollen. Worauff er antwortete: So werde ich diesem Herrn meine künfftige Glükseligkeit zudanken haben; folgete bald hernach auff Valikules begehren /auff sein absonderliches Gemach / woselbst Gallus mit ihm sprachen muste / biß er in einem Neben Gemache die angestrichene Farbe von Haaren / Angesicht und Hånden hinweg getahn hatte / worauff er zu ihnen hinein trat / und von der Jungfer straks angesichts erkeñet ward / die ihm ehrerbietig entgegen trat / in meynung / [482] sich vor ihm auff die Knie zusetzẽ; aber er fassete sie unter die Arme / küssete sie freundlich / und sagte: Meine vielwerte Freundin / ich erfreue mich von Herzen ihres Wolergehens / und bitte /mir zusagen / wie es dem Durchleuchtigsten Fräulein gehe / ob sie lebendig oder tod sey. Mein Durchleuchtigster GroßFürst / antwortete sie / mein gnädigstes Fräulein ist Gott Lob annoch frisch und unverletzet an Gesundheit und Ehren / aber in Räuber Händen; wendete sich damit umb / und sagte zu Alexander: Da sehet ihr den Durchleuchtigsten GroßFürsten / Herrn Herkules / den wir eigentlich suchen / und von ihm meiner gn. Fräulein Erlösung gewärtig sind. Alexander neigete sich tieff vor ihm / und baht untertähnigst umb Verzeihung / daß Ihrer Durchl. er die gebührliche Ehre nicht angetahn hätte; baht nachgehends / ihn unter die Zahl seiner gehorsamsten Knechte anzunehmen / wolte in seiner Gn. Diensten sein Leben willig enden / weil er der unseligen Gefängniß der Durchl. Fräulein mit ursach währe. Er aber boht ihm die Hand / neben Erinnerung / ihn mit dergleichen Fürstlicher Ehre noch zur Zeit zuverschonen / weil er unerkant seyn wolte; begehrete nachgehends / ihm kürzlich zuerzåhlen / wie es dem Fräulein von der Zeit ihrer lezten Gefängniß her ergangen währe / welches die Jungfer gerne leistete / und da sie gleich der eingeschnittenen Wörter in den Walnusbaum dieses Eilandes Erwähnung taht / trat Gallus nach abgelegter Farbe wieder zu ihnen hinein / welchen sie ersehend /vor Zorn und Eifer erröhtete / und zu Herkules sagete: Durchl. Fürst / dieser ist der vornehmsten Räuber einer / die mein Fräulein zu allererst geraubet haben /und erinnere mich noch wol / mit was schnöden Lumpen uns dasmahl zubedecken / er anordnete. Meine Freundin / antwortete er / es ist ihm also / aber er hat schon davor völlig gebüsset / und wie er schuld träget an ihrem Verlust / also muß er sie mir wiederumb suchen helffen. Das ist wol eine wunderliche schickung / sagte sie; dann dieser / auff Alexander zeigend / ist auch deren einer / die uns im Walde geraubet / und ich habe ihn / meinem Gn. Fräulein zugehorsamen /zum Bräutigam annehmẽ müssen / nachdem Ihrer Gn. er geträulich verheissen / Eurer uñ König Ladisla Durchll. nachzufragen / und denen ihren Zustand zu hinterbringen; fuhr hernach in voriger Erzählung fort /und was ihr sonst von dem Fräulein anbefohlen wahr /da sie endlich anzeigete / dz sie nach dem Parther Lande zu / schon vor XIV Tagen von Tyrus würde auffgebrochen seyn. Endlich fragete sie / wo Libussa blieben währe / welche Gallus absonderlich mit sich hinweg geführet hätte / und erfuhr von Herkules / daß er sie noch desselben Tages gerettet / und nach Padua zihen lassen / woselbst sie seiner Anordnung nach noch eine zeitlang verweilen dürffte / baht demnach /sie möchte mit ihrem Liebesten dahin reisen / und bey Libussen werbẽ / daß sie ihm einige Wechsel auff 60000 Kronen nach Tyrus übermachete. Nein / dessen bedarff es nicht / antwortete sie / massen mein Liebster eine zimliche Baarschafft bey sich führet / wovon Eure Gn. nach belieben nehmen mag. Wahr also Alexander bald fertig / neben Gallus die Gelder aus seinem Gemache zuhohlen / mit erbieten / da Ihre Gn. etliche Tonnen Goldes begehreten / könte sie deren bemächtiget seyn. Er aber bedankete sich des guten Willens / hätte vor dißmahl genug an diesem / weil er schon eine zimliche Baarschafft bey sich führete; verfertigte nachgehends etliche Schreiben nach Padua /und brachten den übrigen Tag mit allerhand Gespräche zu / da ihm Alexander die Reise nach Charas / so viel möglich wahr / beschrieb / und nachgehends seinen Unfall klagete / welcher ihn aus seinem [483] Vaterlande von Athen hinweg getrieben hätte / möchte wünschen / daß Ihre Durl. bey dem Käyserl. Stathalter zu Padua wolte befoderlich seyn / daß er daselbst frey und unangefochten sich auffhalten / oder seine Landgüter loßzuschlagen bemächtiget seyn könte; Worinnen er ihm gerne zu willen wahr / endlich ihnen einband / nirgends zumelden / daß sie so nahe in Kreta bey ihm gewesen währen / sondern solten davor Zypern nennen; möchten aber ihre Reise auff Korinth nehmen / und Markus seinen Zustand verständigen /insonderheit den Verlauff mit dem falschen Ladisla und Herkules. Des folgenden Morgens / da er von Alexander eine schriftliche Unterrichtung genommen /wes Weges die Parthen mit dem Frl. nehmen würden /ging er zu Schiffe / und segelte frölich nach dem Judischen Lande / fuhr inwendig zwölff Tagen unter Gaza an / welche Stad eine halbe Meile zu Lande ein von dem Ufer gelegen ist / woselbst er bey einem Christlichen Wirte einkehrete / und den vornehmsten Lehrer zu sich bitten ließ / welcher ihm eine Predigt halten /und mit ihm speisen muste / nachdem er ihm 300 Kronen unter die Armen / und 200 unter die Lehrer auszuteilen / zugestellet hatte; nam auch von ihm allen Bericht ein / was vor eine Beschaffenheit es dieser Zeit im Judischen Lande hätte / daß nehmlich Käyser Elius Adrianus vor 93 Jahren eine Stad auff einen Teil des Platzes der verstöreten Stad Jerusalem aufgebauet / und nach seinem und des Abgottes JupiterCapitolinus NahmenÆlia Capitolina genennet / woselbst er so wol auff der Stelle des Salomonischen Gottes Hauses / als auff dem Berge Golgatha / heydnische Kirchen erbauet / worüber dazumahl die Juden dergestalt er grimmet währen / daß sie unter ihrem betrieglichen falschen Messias Bar-Kochba / einen blutigen Krieg wider die Römer angefangen / aber iñerhalb zwey Jahren gedämpffet / und ihrer viel tausend erschlagen worden / da nachgehends derselbe Käyser vor den Tohren dieser neuen Stad / Säue / und andere den Juden verbohtene Bilder einhauen lassen /auch alle Juden aus dem gelobten Lande vertrieben /daß nur Heyden und Christen sich daselbst auffhalten dürffen; Doch hätten die Juden mit grossen Kosten so viel Freyheit zuwege bracht / daß ihnen erläubet worden / jährlich am X Tage des Augst Monats nach Jerusalem zukommen / und ihres Reichs Untergang zubeweinen / biß sie vor dreyen Jahren wiederumb die Freyheit von dem jetzigen Käyser erhalten / in diesen Ländern unter einem Judischen Vorsteher zuwohnen /der gleichwol des Römischen Stathalters Botmässigkeit unterworffen seyn můste. Die Reise nach Tyrus könte innerhalb sechs Tagen abgeleget werden / weil von Gaza nach Jerusalem XI Meilen / und von dar ab nach Tyrus XXV Meilen währen / doch wañ er die vornehmsten Oerter des Landes besehen wolte /wůrde mehr Zeit darzu gehören. Valikules hörete alles mit Lust an / weil ihm wenig hievon bewust wahr /und nachdem er merkete / daß dem guten Manne an Lebensmitteln gebrach / schenkete er ihm noch 200 Kronen / und baht / sein im gemeinen Gebeht zu gedenken / daß ihm Gott zu seiner Reise / wegen Erlösung einer unschuldig gefangenen angestellet / Glük geben wolte; in seiner Rükreise solte die Kirche dieses Orts seine dankbare Mildigkeit weiter spüren; bestellete des dritten Abends einen Christen / dem die heiligen örter zwischen Gaza und Jerusalem wolbekant waren / und reisete folgendes Tages mit Gallus nach Bethlehem / da sie nicht ohn Tråhnen sahen /wie die Heyden das Haus der Abgöttin Venus besuchten / welches Käyser Adrianus den Christen zur Schmach daselbst hatte auffrichten lassen / und in demselben viel Unzucht [484] getrieben ward. Sie kehreten sich aber in herzlicher Andacht zu Gott / und danketen ihm / daß er seinen lieben Sohn alhie hätte wollen lassen zur Welt gebohren werden; liessen sich hernach eine Viertelmeile von der Stad gegen Suden zu dem Turm Eder führen / bey welchem der grosse Engel der HErrn den armen Hirten im Felde die freudenreiche Geburt des lieben Jesuleins verkündiget hatte; hernach kehreten sie wiederumb zurük gegen Norden / da man ihnen auff der andern Seite der Stad eine Viertelmeile von dannen / dz Grab Rahel zeigete. In der Stad sahen sie des Jesse / Davids Vaters Begråbniß / und nahmen von dar ab ihren Weg nit straks gegen Norden auff Jerusalem zu / sondern wendeten sich gegen Osten / Bethanien zubesehen / da sie des von den Todten erwecketen Lazarus Grab / und Simon des Aussätzigen Haus ihnen zeigen liessen. Von dannen gingen sie folgendes Tages die halbe Meile biß nach Jerusalem zu fusse gegen Westen zu über den Oelberg / eben den Weg / auff welchem der Herr Christus seinen Königlichen Einzug auff einem Esel gehalten hatte / da sie allen Bericht fleissig einnahmen / wo der Garte Gethsemane gelegen / in welchem Christus Blut geschwitzet und gefangen worden; an was Orte er über die Bach Kidron geführet; wo das Tempel- und Schaf Tohr gewesen; wo Hañas /wo Kaiphas Wonung / wo Pilatus Richthaus gestanden / da der HErr verspottet / gegeisselt / und mit Dornen gekrönet wahr. Leztlich liessen sie sich auff den Berg Golgatha leiten / da die heydnische Kirche stund / an welche sie sich doch nicht kehreten / sondern fielen auf ihre Knie / uñ verrichteten ihr Gebeht etliche Stunden / da Valikules unter andern dieses hielt.O du Sohn des ewigen Gottes / der du samt deinem Vater und HeiligemGeiste eines Wesens bist; dir danke ich aus tieffestem Abgrunde meiner Seelen / daß du mich armen Sünder so hoch geliebet / und umb meiner Seligkeit willen dein unschuldiges heiliges Blut am Stamme des Kreuzes auff diesem Berge hast vergiessen wollen / der ich sonst ewig verdamt und verlohren seyn müssen. O du barmherziger Gottes Sohn / sihe nicht an meinen vorigen heydnischen Unglauben / noch was ich aus Fletsches Schwach- und Boßheit jemahls wider deinen heiligen Willen begangen habe / sondern von aller meiner Untugend wasche mich mit deinem teuren Blute /und erhalte mich im beständigen Glauben / und beharlicher Gottseligkeit / daß ich durch Fleisch und Blut mich nicht verführen lasse / deinem Willen zuwiderstreben /und deines Verdienstes mich unfähig zumachen. Gib auch Gnade zu meiner vorgenommenen Reise / und erhalte mein geliebtes Fräulein beym Leben / auff daß sie aus den Händen der schnöden Räuber / und des unzüchtigen Gottlosen Königes erlöset werden / und an ihren Ehren unverlezt bleiben möge O du mein Heyland / laß sie doch zum wenigsten nur so lange im Leben / biß sie durch deines Heil. Geistes Krafft im seligmachenden Glauben unterrichtet werde / damit wegen der heydnischen Greuel sie nicht in die hellische Verdamniß falle /sondern ein Kind des ewigen Lebens sey und bleibe. Ist es auch dein gnädiger Göttlicher Wille / so zeug meinen geliebten Ladisla / meine herzliebe Eltern / Geschwistere und Anverwanten / daß sie von Verachtung deines hoch heiligen Nahmens abstehen / und die allen Sündern angebohtene Gnade empfahen. Dieses mein Gebeht wollest du O mein Erlöser gnädiglich erhören / umb deines Blutes und Todes willen / Amen.

Nachdem er dieses und dergleichen Gebehter mit häuffigen Tråhnen und inbrünstiger Andacht gesprochen hatte / legte er sich in eine geringe Herberge /und nach zween Tagen ließ er sich bey dem Bischoff daselbst anmelden / der ihn bald zu sich foderte / uñ freundlich empfing; er hinwieder bezeigete sich gegen ihn als einen Vorsteher der Kirchen Gottes sehr ehrerbietig / und offenbahrete ihm in vertrauen / daß er von Fürstlichen Eltern in Teutschland gebohren / und durch Unfal gefangen nach Rom geführet / woselbst er durch [485] Gottes sonderliche schickung zum Christlichen Glauben bekehret worden; und ob er gleich damahls ihm vorgeno en / nach dem heiligen Lande zu reisen / und sich im Jordan täuffen zu lassen / währe ihm überdas eine Ursach zuhanden gestossen / die solche Reise beschleuniget håtte / in dem eines Königes Tochter / seine nahe Anverwandtin von Parthischen Räubern hinweg geführet währe / die er zu erlösen suchete; hoffete demnach / ihre Ehrwürden solches sein ChristlichesVorhaben befodern würden / zu welchem ende er sein Christliches Bekäntnis tuhn wolte; fing demnach an von der Schöpffung / vom Stande der Unschuld menschliches Geschlechtes / und von dem elenden Sündenfalle zureden / wie durch des Teufels Neid und List der Mensch in die Sünde gerahten / doch durch Gottes Barmherzigkeit in seinem Falle getröstet / in dem der Messias und Heyland aller Welt / der gesegnete Weibessame ihm versprochen worden / welcher der hellischen Schlangen den Kopff zutreten / und durch sein Leyden und Tod vor unsere Sünde büssen und bezahlen solte / wie er dann in der völle der Zeit aus dem Leibe der keuschen Jungfrauen Marien zu Bethlehem an diese Welt gebohren währe /hätte durch seine göttliche Krafft viel Zeichen und Wunder sehen lassen / und alles daß überflůssig geleistet / wz von ihm durch Mose und die Propheten geweissaget worden / da doch / dessen alles ungeachtet / seine eigene Verwanten daß Judische Volk ihn verworffen / verfolget / gelästert / endlich gar ans Holz gehenket hätten / währe aber von Gott aufferwecket am dritten Tage / und nach XL Tagen gen Himmel gefahren / da er sich zur Rechten Gottes gesetzet / und mit uns Menschen den Bund gemacht /daß wir durch den Glauben an ihn die ewige Seligkeit erlangen / und nach seinem Willen uns in guten heiligen Wercken der Christlichen Liebe üben solten / biß er am Jüngsten Tage wieder ko en würde / zu richten die Lebendigen und die Todten / also und dergestalt /daß die Gläubigen und Frommen als Gottes liebe Kinder alsdann in die himlische ewige Freude eingehen; die Ungläubigen und Gottlosen aber der unendlichen hellischen Verdamnis solten zugesprochen werden. Diese Stücke alle miteinander wuste er dermassen auß der heiligen Schrifft darzutuhn und zuerweisen / daß der Bischoff sich dessen zum höchsten verwunderte / insonderheit als er vernam / daß vor anderthalb Jahren er von diesem Glauben noch kein Wort gehöret hätte / und gab ihm zur Antwort: Durchleuchtiger Fürst / und in unserm Heylande geliebter Sohn; daß unser Gott nach seiner unaußsprechlichen Gnade und Barmherzigkeit auß der gräulichen Finsternis der heidnischen Blindheit euch zur erkäntnis seines lieben Sohns / und zum Lichte des Lebens gebracht hat / solches erwäget ihr billich mit dankbahrem Herzen / massen euch ein grösseres in dieser Welt nicht wiederfahren können / in betrachtung der erschröklichen Hellenpein / auß welcher ihr durch dieses einige Mittel zur himlischen Seligkeit gebracht seid; dann weil ihr nunmehr Gott Lob eurem Heylande anhanget / und durch den Glauben ihm einverleibet seid / habt ihr an der Seelen Wolfahrt förder durchaus nicht zuzweiffeln / weil er der Mund der Warheit selber spricht; daß alle die an ihn gläuben / nicht sollen velohren werden / sondern das ewige Leben haben; Und er zu dem Ende in diese Welt kommen sey / selig zu machen was verlohren wahr. Als ich nun aus euer Christlichen Bekäntnis wol vernommen / daß ihr in der reinen seligmachenden Lehre / von den Rechtgläubigen zu Rom / die mit uns einen Glauben haben / zur Gnüge unterrichtet seid / währe es unbillich / und wieder mein Gewissen / [486] da ich in euer Christliches begehren nicht einwilligen / und euch die heilige Tauffe versagen würde; möget mir demnach die Zeit und den Ort bestimmen zu diesem Christlichen heilsamen Werke / alsdann ich euch einen alten Gottfürchtigen Lehrer zuordnen wil / der euch dieses köstliche Seelenbad mitteilen / und in die völlige Gemeinschafft der Christlichen algemeinen Kirchen euch einführen sol; worauff ich euch folgends mit dem wahren Leibe und Blute eures Erlösers / zur stärkung eures Glaubens und zur vergewisserung der Seligkeit speisen werde. Der Almächtige Gott und Vater unsers Herrn JEsus Christ verleihe euch seinen heiligen Geist / daß ihr nach erhaltener Tauffe des fleisches Werke und die üppigen Weltlüste fliehen und meiden / und dagegen die Früchte des lebendigen Glaubens /in der Gottseligkeit / Hoffnung / Geduld und allen anderen Christlichen Tugenden / in eurem ganzen Leben hervor geben möget / alsdañ werdet ihr das wolangefangene Werk ritterlich und standhafftig volführen /und nach dieser Vergängligkeit die Krone der Ehren empfahen / da ihr erst recht erkennen und empfinden werdet / was Paulus saget: unser Zeit Leiden ist der Herligkeit nicht wert / die an uns sol offenbahret werden. Valikules dankete ihm sehr / und baht / auff nähst folgenden Tag Anordnung zur Tauffe zumachen / welche er gerne zu Bethabara empfangen wolte / wie auch gegenwärtiger sein Diener Gallus. Derselbe trat nun auch herzu / taht seines Glaubens Bekäntnis / und in des Bischoffs Gegenwart beichtete er Gott dem Herrn seine begangene schwere Sünden / welche er ehemahls durch Verleugnung seines Heylandes /nachgehends durch Morden / Rauben und anderen vielfältigen übeltahten wieder die heiligen Geboht Gottes begangen / welches alles er mit heissen Trähnen beweinete / auch Gott von Herzen dankete / daß er ihn ganz wunderbahrer Weise davon abgezogen hätte / uñ gelobete zugleich an / durch Kraft und Beystand des Heiligen Geistes / solche Werke des Satans hinfüro zu meiden / und durch keine Wiederwertigkeit / wie die auch Nahmen haben möchte / sich von seinem grundgütigen Heyland und Erlöser treñen zulassen. Worauff ihn der Bischoff mit herlichen Sprüchen des göttlichen Worts tröstete / in welchen Gottes unendliche Gnade und Barmherzigkeit angedeutet wird. Des andern Tages sehr früh / machten sie sich zu Fusse nach Bethabara / vier Meilen von Jerusalem belegen / dan ich wil / sagte Valikules / nicht dahin reiten oder fahren / wohin mein Erlöser der Sohn Gottes umb meinet willen zu Fusse gangen ist; weil aber der Täuffer alt und unvermögen wahr / ritte er auff einem Esel neben ihnen her. Als sie bey der Tauffstäte anlangeten / woselbst unser Heyland vor 197 Jahren sich hatte Täuffen lassen von Johannes Zacharias Sohn / und Valikules hinein stieg / die Tauffe zu empfangen / behtete er diese kurze andächtige Worte:O du mein Heyland JEsus Christ / ich danke dir von Herzen / daß du mich diesen heilsamen Tag hast erleben lassen / an welchem ich durch daß Bad der Wiedergeburt erneuret / und dir zugefůhret werde. Ach gib uñ verleyhe /daß ich nach empfangener Tauffe mich ja nicht mit groben Lastern wieder mein Gewissen besudele / sondern behersche mich mit deinem Heiligen Geiste in meinem ganzen Leben / und erhalte mich im rechtschaffenen Glauben und Christlichen Wandel zu der ewigen Seligkeit Amen. Recht so / mein geliebter Sohn / sagte der alte Täuffer / so stellet ihr euch als ein wirdiger Gast zu dieser heilsamen Gnade ein. Es ist zwar vor den Augen der Ungläubigen ein einfältiger Gebrauch /und kan Fleisch uñ Blut nicht begreiffen / wie es zugehe / das durch dieses äusserliche Waschen die Seele innerlich [487] gereiniget werde; aber wer in Gottes Wort unterrichtet ist / und seine blinde Vernunfft dem Gehorsam des Glaubens zu unterwerffen weis / ist der seligmachenden Krafft dieses Bades schon gnug versichert / weil uns Paulus lehret / dz wir dadurch gerecht werden und Erben des ewigen Lebens. Wañ ich nu diesen ganzen Weg her solche gelehrte uñ andächtige Glaubens Gespräche von euch angehöret habe /die mich eures Christentums übrig versichern / wil mir nicht gebühren / euch dieses Bad zuversagen; deßwegen so täuffe ich euch auß Befehl meines lieben Heylandes JEsus Christ / in dem Nahmen Gottes des Vaters / und des Sohns / und des Heiligen Geistes. Alsbald darauff empfing auch Gallus die heilige Tauffe / nachgehends hielten sie ihr Gebeht eine gute Stunde am Ufer kniend / kehreten hernach zu Bethabara ein / und blieben dieselbe Nacht aldar. Des folgenden Morgens machten sie sich zu Fusse wieder nach Jerusalem / und kunte der Täuffer des jungen Herrn Andacht bey dem Bischoff nicht gnug rühmen /der das H. Abendmahl des Herrn mit ihnen hielt / und von dessen Einsetzung / Wirdigkeit und Nutzen eine lehrreiche Predigt anstellete / nach deren Endigung Valikules diese beyde Geistliche mit sich in die Herberge führete / und bey sich zum Abendessen behielt /da er ihnen erzåhlete / was grosse Schätze ihm sein Gott in bestürmung eines Raubnestes bescheret /davon er nach Christus Befehl seinen Neben Christen gerne mitteilete; lieferte auch alsbald dem Bischoffe 3000 Kronen / halb unter die Armen / und halb unter die lernende Jugend außzuteilen; dem Täuffer gab er 300 / und dem Bischoffe 700 Kronen; weil aber dieser solches vor sich gar nicht nehmen wolte / einwendend / daß er unverheyrahtet währe / und Lebensmittel gnug hätte / baht Valikules / es unter die übrige Geistligkeit außzuteilen. Des folgenden Morgens besuchte er den Bischoff gethaner Verheissung nach / in seinem Hause / welcher ihm etliche schöne Büchlein verehrete / so teils von Geminus / damals hochberůmten Obristen Lehrer zu Antiochia / teils von Origenes / der auch zur selben Zeit lebete / geschrieben wahren / und erlustigte er sich nicht wenig an den schönen Geistlichen Schrifften / welche er sonst bey ihm sahe; dann da fand er die herlichen Bucher des Dionysius Areopagita / des Ignatius / des Polykarpus / des Hermes / des Mårterers Justinus / unter welchen ihm dieses Lezten seine Schutz-Schrifften sonderlich wolgefielen / die er vor etliche funffzig Jahren hatte ausgehen lassen. Er sahe des Athenagoras / des Theophilus / sechsten Bischoffs zu Antiochia nach Petrus; des Ireneus / des Tertullianus / des Alexandrinischen Kirchen Lehrers Klemens / und vieler anderen mehr; In welche Bücher er sich dergestalt verliebete / daß er dem Bischoff 3000 Kronen zustellete / ihm davor die vornehmsten abschreiben zulassen / welche er mit Gottes Hülffe bey seiner Rükreise abfodern wolte; wünschete daneben / dereins Mueß zuhaben / daß er sie durchlesen könte; nam endlich von dem Bischoffe freundlichen Abscheid / und befahl sich in sein andächtiges Gebeht / welcher ihn biß auff die Gasse geleitete / und vor die den Armen erzeigete Mildigkeit höchlich dankete. Als sie nun haussen vor der Tühr ein wenig mit einander sprache hielten / sahe Valikules / daß der Bischoff als vor Angst erbleichete /wolte auch ohn Ausführung seiner Rede zurük ins Haus treten; worüber sich Valikules bekümmerte /und ihn fragete / warumb er sich so geling übel befünde. Dieser antwortete ihm halb zitternd: Er sähe dort einen sehr frechen und verwägenen Juden herkommen / einen Erzfeind des Christlichen Nahmens / welcher ihm zur Geissel [488] gegeben währe / und von ihm / so offt er ihm begegnete / übel gescholten und angespeiet würde / währe auch wegen grosser Erfahrenheit in Waffen / so hochmühtig / daß er fast jederman höhnete. Ehrwürdiger Herr / sagte Valikules / ich bitte euch höchlich / weichet diesem Hunde nicht / stehet euch dann ein Spott zu umb des Glaubens willen / so tragets mit Geduld; doch hoffe ich / wo ers tuhn wird /es solle ihn bald gereuen. Der Bischoff fassete hiedurch ein Herz / und trat unerschrocken etwas weiter hin auff die Gasse / um zuerwarten / wz ihm begegnen würde; da der Jude / so bald er ihm nahete / auf seine Sprache zu ihm sagte: Gott chände dich Verfůhrer /spie ihn auch ins Angesicht; worüber Valikules sich so hefftig eiferte / daß er ungeredet die Hand zog /und ihn ins Gesichte schlug / daß er taumelte / sagte hernach zu ihm: Je du Gottloser Bube / was hastu diesen frommen Herrn so schändlich zu verhöhnẽ / der mir zu liebe biß hieher getretẽ ist? Der Jude erhohlete sich bald / fiel auf Valikules zu / in meynung / ihn bey der Kehle zufassen und zuerwůrgen; aber er wahr ihm mit seinem Schwerte zu behende / hielt ihm solches auff die Brust / und sagete: bald packe dich / und hohle deine Waffen / wo du Streit begehrest / so wil ich dir dessen satt geben. Es gehub sich der Jude nicht anders / als währe er von Sinnen kommen / und schwuhr bey dem wahren lebendigen Gott / er müste von seinen Händen sterben / und in kleine Bißlein zerhacket werden; weil er aber solcher Dräuworte wenig achtete / hieß er ihn fortmachen / weil er nit lange der weile hätte auff ihn zuwarten. Also muste dieser vor dißmahl die Ohrfeige verschlucken / die er doch schwer zuråchen gesinnet wahr / und ihn deswegen hoch beschwuhr / dz er nicht ausreissen / sondern ihm die Ausfoderung halten solte / ging auch alsbald hin / sich zuwapnen. Dem Bischoff wahr diese Begebniß herzlich leid / und fürchtete sehr / es würde Valikules dem trotzigen Juden lange nicht gewachsen seyn / daß er ihn schon so gut als erschlagen hielt. Er aber tröstete ihn / mit Versicherung / es würde der gerechte Gott diesem Gotteslästerer schier die verdiente Straffe auflegen; jedoch / weil ihn der Bischoff warnete / daß ob er gleich diesem ansiegen solte / würden ihn doch die anderen Juden lebendig zerreissen / da verfügete er sich alsbald hin nach dem Römischen Stathalter desselbigen Ortes / Herrn Kajus Pompejus /meldete ihm Herrn Fabius zu Padua brüderlichen Gruß an / und gab ihm zuverstehen / er wåhre ein Römischer Ritter / und von Römischer Käyserl. Hocheit in die ädlesten Geschlechter zu Rom angenommen /hätte aber gleich diese Stunde auff freyer Gasse einen Schimpff von einem verwägenen Juden annehmen müssen / welches er mit einer Ohrfeige gerochen; Weil dann der Jude solches durch offentlichen Kampff zueifern gemeynet wåhre / als bähte er den Hochansehnlichen Herrn Stathalter / als einen Großberůhmten Vorsteher der Gerechtigkeit dienstlich / die Anordnung zutuhn / daß er nicht etwa von dem heillosen Juden Gesindle / unredlicher weise überfallen würde / sondern wider unbillichen Gewalt Schutz haben möchte. Herr Pompejus sahe unsern Valikules an / verwunderte sich über seiner schönen Gestalt /höflichen Geberden und großgeherzter Rede / dankete ihm freundlich vor den ůberbrachten angenehmen Gruß / und hieß ihn der ends sehr wilkommen seyn /mit dem versprechen / weil von Käyserl. Hocheit er so hoch geehret / mit seinem Brüderlichen Freunde Herr Fabius in guter Freundschaft stünde / und wider einen Juden zukämpffen willens währe / wolte er mit einer starken Schaar seiner Besatzung selbst dabey seyn /und auff alles gebührliche Auffsicht haben; dessen ihn [489] Valikules dienstlich dank sagete / ging damit hinweg /und verfügete sich wieder zu dem Bischoffe / den er fleissig baht / ihm die Freundschafft zuleisten / und dem Streite zuzusehen; Er hoffete diesem Schänder dergestalt abzulohnen / daß er nach diesem sich vor ihm nicht mehr solte zubefürchten haben. Dem Bischoffe gingen vor Erbarmung und Mitleiden die Augen über / zeigete ihm an / wie herzlich er sich bekümmerte / daß er mit diesem Baumstarken Juden den ungleichen Kampff antreten solte / der so mannichen redlichen und tapfferen Ritter nidergelegt hätte / daß niemand / der ihn kennete / sich an ihm reiben wolte. Er hingegen tröstete ihn / und daß man nicht allein im woler gehen / sondern auch in Gefährligkeiten sich auff Gottes Schutz und Hülffe verlassen müste; Er währe zwar noch jung / hätte aber doch dergleichen Wagestücken schon unterschiedliche erlebet; setzete sich damit auff sein gutes Pferd / welches ihm Gallus zuführete / und ritte dem Stathalter entgegen / der mit seinen Kriegsknechten schon daher kam. Kurz darauff ließ der Jude mit acht Gewapneten sich auch sehen /und ward gewahr / daß der Stathalter neben seinem Feinde hielt; Dieses einige schreckete ihn ab / daß er ihn nicht auff der Gasse überfiel. Herr Pompejus sahe den Juden / und kante ihn / sagte deswegen zu Valikules: Herr Ritter / Vorsichtigkeit und Krafft wird euch nöhtig seyn / da ihrs mit diesem antreten wollet /desgleichen in Waffen wenig zufinden ist / so daß unterschiedliche ansehnliche Ritter / lieber einen Schimpf von ihm annehmen / als mit ihm anbinden wollen. Mein Herr / antwortete er / solte in einem Juden wol rechtschaffene Tugend seyn / deren höchstes nur in rasichter Wuht bestehet? Er mag biß daher mit seinem viehischen Trotze durchgedrungen haben /obs aber wahre Ritterschaft oder tumme Verwägenheit sey / sol mit meines Gottes hülffe er mir noch heut einen schärfferen Beweißtuhm sehen lassen / als der in Schåndung geistlicher Lehrer bestehet. Nun so helffe euch euer Gott / sagte er / und hilfft er euch /muß ich freylich sagen / daß er kein unvermögender Gott sey; sendete auch alsbald einen Häuptman an den Juden / welcher sich Ben-Levi nennete / uñ geboht ihm: da er streiten wolte / solte er sich hinaus über die Bach Kidron machen / wohin sein Ausfoderer ihm folgen würde. Dieser bisse die Zähne im Kopffe zusammen / sendete einen Juden wieder hin zu dem Stathalter / und gab durch denselben zur Antwort: Er müste dem Herrn Stathalter billich gehorsamen /bähte aber / den verwågenen Buben anzuhalten / daß er ihm nicht entlieffe. Daß ich kein Bube / er aber ein schlimmer Schänder ist / sagte Valikules / sol sich wils Gott schier ausfündig machen / und hat er sich meines entlauffens nichts zubefahren; dann ich habe bißher meinen Fåusten mehr als den Füssen getrauet. Soltet ihr wol derselbe seyn / antwortete der abgeschikte gewapnete Jude / der Ritter Ben-Levi einen Trotz bieten dürffte? Wolte Gott / ich möchte als viel ein unerfahrner an seiner stelle stehẽ / wie würdet ihr mir so gute Worte geben müssen / wann ihr den Kopff davon bringen woltet. Reite fort Jude / sagte Valikules / und hinterbringe meine Antwort / wozu du abgefertiget bist / vielleicht gibt es Gelegenheit / daß du deines Wunsches gewehret werdest. Das helffe mir Gott / antwortete er; ging fort und baht Ben-Levi /daß er ihm den Streit gönnen möchte; welches er ihm aber abschlug. Valikules baht den Stathalter / daß gegenwärtigem Christlichen Lehrer möchte vergönnet seyn mit hinaus zugehen / und den Kampff anzusehen / weil er von diesem Juden ohn alle gegebene Ursach zum höchsten beleidiget währe. Der Bischoff währe zwar lieber daheim [490] geblieben / weil seinem vorgeben nach / er bey streit- und kämpffen nichts zuschaffen hätte / durffte es aber dem Stathalter nit abschlagen /welcher sich nicht gnung verwundern kunte / daß Valikules in solchem jungen Alter so frisch und unerschrocken war / welches er doch alles seiner Unwissenheit zuschrieb / und daß er dieses streitbahren Juden keine Kundschaft hatte. Als sie über die Bach kahmen / wählete Valikules den Ort zum Kampffe /da vorzeiten der Garte Gethsemane gewesen wahr /ritte hin zu Ben-Levi / schlug seinen Helm auff / und redete ihn also an: Nun sage mir Jude / ob dich der Hohn gereue / welchen du jenem frommen Christlichen Lehrer angetahn hast / so wil ich den gelindern Weg mit dir gehen / wo nicht / so mache dich bald auff die Bahn. Dieses seine Beysteher fingen der Rede überlaut an zulachen / und spien verächtlich aus; der Ausgefoderte aber vermeynete des anmuhtens vor Zorn zubersten / und antwortete mit grausamer Stimme: O du elender Wurm / wie werde ich mich nur an dir einzigem gnug rächen? Ritte darauff selbst zu dem Stathalter / und sagte: Er hoffete ja / daß ihm als einem Ritter / der sich bißher in Römischen Kriegen rühmlich gebrauchen lassen / vergönnet seyn würde /mit seinem Feinde nach Rittersbrauch zuhandeln. Ja wol ist solches zugelassen / antwortete er / aber nichts weiters / sintemahl euer Bestreiter ein ädler Römischer Ritter ist. Hiemit kehrete sich der Jude gegen Valikules / der festen Einbildung / ihn des ersten Rittes niderzulegen; Sie fasseten beyde ihre Speere / und wolten sich des Schildes nicht gebrauchen; dann als Valikules sahe / daß jener den seinen von sich gab /reichete er Gallus den seinẽ auch hin; Welches der Stathalter sehend zu seiner Geselschafft sagete: Trauen dieser junger Ritter hat wenig Furcht in seinem herzen / und wil sich gar keines Vortels gebrauchen /welches ihm wol könte zugelassen seyn; währe demnach immer schade / daß er in dieser blühenden Jugend drauff gehen solte / und in den ersten Lehr Jahren bleiben. Inzwischen ranten diese mit solchem Eifer zusammen / daß die Lufft zischete / und im Treffen beyde Speere splittersweise in die Lufft flogen / dz auch Valikules hinter sich zubeugen gezwungen ward / welches ihm vor nie begegnet wahr. Der Jude aber ward so unsanfft auff die Erde geworffen / daß die Zuseher nicht anders meyneten / er währe schon tod. Herr Pompejus sahe dieses Wunder / und sagte: Dieser junge Held ist wirdig / daß er von aller Welt geehret werde. Es lief aber des Juden Pferd seiner Gewohnheit nach auff Valikules zu / schlug und beiß nach ihm / daß er mühe hatte / sich sein zuerwehren /schåmete sich doch das Schwert deswegen zuentblössen / und gab ihm mit dem übrigen Speerstůcke etliche Streiche hinter die Ohren / daß es als rasend von dem Kampfplatze hinweg lief. Unterdessen bekam der Jude Zeit sich zuerhohlen / stund auff / und schåmete sich über die masse / daß er durch einen Stoß so schändlich gefellet wahr; wolte doch nicht gewonnen geben / sondern foderte seinen Schild wieder / fassete das Schwert / und ging auff Valikules zu / welcher bald vom Pferde sprang / und ihm mit diesen Worten entgegen trat: Wie nun du ungläubiger Jude / meynestu noch mit einem Buben zuschaffen zuhaben? Was nimstu den Schild so bald wieder zur Hand? Noch ist es Zeit / Abtrag zu machẽ / hernach wird keine Gnade mehr übrig seyn. Gallus wolte seinem Herrn dẽ Schild auch darreichen / aber er nam ihn nicht / sondern fassete den Dolch in die linke / und als der Jude als ein ergrimmeter Löue auff ihn eindrang / unterliefer ihm den Streich / und stieß ihm den Dolch in den linken Arm / daß er den Schild nicht mehr halten kunte /sondern ihn [491] auff die Erde fallen ließ. Dieser sahe /daß ihm sein Meister über den Hals kommen wahr /erwog sich auch seines Lebens / und bemühete sich nur / seinen Feind mit in den Tod zunehmen / daher er ihn mit solchem wüten überfiel / daß die Zuseher etliche Zeit zweifelten / wohin der Sieg fallen würde. Valikules aber ließ ihn sich wol abmatten / gebrauchte hernach seine Kräffte und Behendigkeit / uñ sprang ihm / ehe er sichs versahe / auf die Schulder / schlug ihm die Beine umb die Arme her / daß er sein Schwert nicht gebrauchen konte / riß ihm den Helm vom Häupte / sprang wieder von ihm / und als er sich in sein Lager gestellet hatte / sagte er: Wie nun Jude fůrchtestu noch / daß ich dir entlauffen werde? Wiltu noch Abbitte tuhn wegen des angefügten Schimpffs /so erkläre dich kurz. Ich weiß nicht / antwortete dieser / ob du ein Mensch oder ein Teufel bist; doch gestehe ich mich zu nichts / weil ich aller Christen Feind leben und sterben wil / als deren ich schon mannichen erwürget habe. Ich höre wol / sagte Valikules / daß du kein Sadduzeer bist / weil du Teuffel seyn gläubest; und weil du deine übeltahten frey bekennest / werde ich dich als einen Mörder abstraffen; damit ging der Scharmützel wieder an / wehrete aber nicht lange /massen dem Juden das Häupt mit einem Streiche biß auff die Schulder von einander gespaltet ward. Da solches der Bischoff sahe / hub er seine Hände auf gen Himmel / weinete vor Freuden / uñ sagete: HErr mein Gott / dieses ist ja dein Werk. Valikules aber kehrete sich umb zu den anwesenden Juden / und redete sie also an: Ihr Juden / lasset euch dieses ein Beyspiel seyn / und scheuhet euch nach diesem /Christliche fromme Lehrer zubeschimpffen; Ihr wisset was vor Leibes-Stärke und Erfahrenheit hinter diesem gestecket / und dannoch hat mein JEsus ihn durch meine als eines Jünglings Hand nidergelegt. Ich möchte aber den vorigen abgeschickten wol absonderlich sprechen / umb von ihm zuvernehmen / ob sein voriger Wunsch ihm noch nicht entsunken sey / alsdann sol er dessen gewehret werden. Der freche Bube / Nahmens Benjamin gab sich alsbald hervor / und fing mit lauter Stimme an: Höre du Unbeschnittener /du hast / welches ich an deinen Waffen erkenne / den Sieg wider den besten Ritter der Welt durch Zauberey erhalten / massen man augenscheinlich gesehen hat /daß dieselben mit deines Feindes Schwerte nicht haben mögen verletzet werden / woran du nicht ritterlich / sondern als ein Schelm gehandelt hast. Wiltu nun / daß ich dich bestehen sol / so lege deine Waffen ab / und entlehne andere / oder stelle dich ungewapnet mit Schild und Schwert / dann sol die Welt bald inne werden / worin deine Krafft bestehe. Ey du frecher Schänder / antwortete Valikules / du komst mir ja mit tollen Auffzügen angestochen; meynestu etwa / ich verrichte meinen Kampff durch den Schem Hamphoras / dem ihr so grosse Krafft zuschreibet? Und was sagestu? habe ich deinen so hochgerühmten Ritter dann auch vom Pferde gezaubert / da er sich im Sande umweltzete? Damit du aber sehest / daß mir dein dränen nur ein hundisches bellen sey / so lege bald deine Waffen abe; rief darauff Gallus zu sich / welcher hinreiten muste / bey dem Stathalter umb weitere Erlåubniß zufechten anzuhalten / erlangete solche / ließ ihm die Waffen abzihen / und ging mit Schild und Schwert auff seinen Feind loß / welcher mit unerhörter Verwägenheit und blinder Wuht auff ihn anfiel /und mit lauter Kreuzhieben von sich schlug / welches ihm Valikules g \nnete / und ihm ausweich / aber hernach eintrat / und ihm die rechte Faust im Gelenke so eben traff / daß sie mit samt dem Schwerte auff die Erde fiel / worauf er sich nicht schämete / davon zu lauffen / [492] und sich unter einen hauffen Juden / welche zusahen / sich zuverstecken. Aber der Stathalter schikte alsbald einen Häuptman ab / und ließ / die ihn zwischen sich genommen hattẽ / bedräuen / dafern sie den entlauffenen nicht alsbald darstelleten / solten sie alle am Leben gestraffet werden. Als der abgelauffene solches hörete / begehrte er von einẽ Juden sein Brodmesser / nam es in die linke Hand / und schnitte ihm selber damit die Kehle ab; über welchen Wuht sich Valikules und der Stathalter sehr entsetzeten. Die übrigen bewaffneten Judẽ hielten einen Raht / ob sie alle zugleich auf Valikules einstürmen / und ihn niderschlagẽ wolten / ungeachtet sie wieder sterben můsten; wahren auch schon eins / diesen Mordfall zuwagen / aber der Stathalter befahrete ein solches / und sendete ihnen zehn geharnischte Reuter entgegen /welches ihren Vorsatz brach / und Valikules unangegriffen blieb. Derselbe ging nun zu fusse dem Stathalter entgegen / welcher mit zimlicher eile zu ihm hin ritte / dem er / so bald er zu ihm kam / mit entblössetem Häupte vor seine Gegenwart dienstlich dankete /welche ausser allem zweifel ihm Schutz wider seines Feindes Anhang gehalten / und ihr mördliches Vorhaben gebrochen hätte. Er aber antwortete ihm: Treflicher Ritter / ich bitte um verzeihung / dz anfangs ich an eurer gnugsamkeit habe gezweifelt / nachdem eure Tugend uñ stärke ich dermassen beschaffen sehe / dz ich schuldig bin euch zuehrẽ / als welcher von meinem allergnädigstẽ Käyser selbst / nit unbillich geehret ist; Werdet demnach mir die freundschaft erweisen / uñ mit mir nach meiner Wohnung reiten. Valikules hingegẽ stellete sich sehr demütig / einwendend / das unverdiente Lob machete ihn nur schamroht / wäre schuldig dem Herrn Stathalter auffzuwarten / und ihn biß an seinen Hof zubegleiten / zweiffelte auch nicht /er würde darauff hochgünstige Erlassung von seiner Durchl. erhalten / weil seine Reise sehr eilig währe. Herr Pompejus nam das Erbieten mit freundlicher Antwort an / und ritten nach der Stad zu / da er ihn baht / seinen Nahmen unbeschweret zumelden / damit er ihn als seinen Freund zu neñen wüste. Hierin wolte er ihm nun gerne zuwillen seyn / und sagte: Mein Herr / aus gewissen Ursachen nenne ich mich diese Zeit Valikules / sonst ist mein rechter Nahme Herkules. Herkules? sagte der Stathalter / umbfing ihn auch mit dem linken Arme auff dem Pferde mit sonderlicher Freundligkeit / und fuhr also fort: Euch danke ich ihr Götter / daß ich den trefflichen Helden und Erretter meines Vaterlandes kennen und ehren sol / massen ich durchaus nicht zweiffele / er und kein ander Herkules ist es / welcher durch glükliche auffreibung der Räuber vor Padua / ganz Italien vom verderben befreiet hat. Dieser wunderte sich höchlich / daß diese Zeitung schon so weit über Meer erschollen wahr /gereuete ihn auch / daß er seinen Nahmen genennet hatte / und gab zur Antwort; daß ich Italien vom Verderben befreien solte / bin ich viel zu wenig; die Rauberische Rotte habe ich zwar nach meinem geringen Vermögen helffen angreiffẽ wie auch mein brüderliche Geselle Ladisla; aber dem Hochmögenden Herrn Stathalter zu Padua und seinem ritterlichen Sohne /muß die Ehre dieses Sieges billich vorbehalten wer den. Nein mein Herr / sagte Pompejus / seine höfliche Demuht heisset ihn so reden / dann nicht allein mein Schwager und brüderlicher Freund Herr Fabius / sondern Käyserl. Hocheit ihr Hoffmeister selbst hat mir alles außführlich beschrieben / auch was vor Ehren-Gedächtnis den beyden Fremden unvergleichlichen Helden auffgerichtet sind. Freilich hat man uns weit über unser Verdienst und Wirdigkeit erhoben / antwortete er / aber uns dadurch [493] zu ewigen Diensten verbunden / wann sie nur von uns könten geleistet werden. Damit langeten sie vor dem Hofe an / stiegen ab / und gingen ingesamt hinein. Der Stathalter hatte seinem Gemahl Fr. Terenzia / und seinem einzigen Kinde / Frl. Lukrezien schon zuentbohten / daß er einen vornehmen fremden Herrn mit sich bringen würde / daher sie sich in der Eile außgeputzet hatten /warteten auch schon im innersten Platze auff / denselben zuempfahen / welcher dann mit entblössetem Håupte ihnen entgegen trat / und seine Höfligkeit in geberden und Worten gnug spüren ließ / daß sie sich über ihn nicht gnug verwundern kunten; weil er dañ sahe / daß dieses tages auß seiner Reise nichts werden wolte / lies er sich von Gallus entwapnen / legte ein zierliches Kleid an / und befahl die Pferde nach der vorigen Herberge zubringen / welches doch der Stathalter nicht zugab / sondern ließ sie in seinen Mahrstal zihen / sendete seine Diener mit Gallus nach seiner vorigen Herberge / und ließ alle seine Gelder und andere Sachen auff seinen Hoff tragen / ihn aber führete er mit sich auff den Essesaal / weil es hohe Zeit wahr Speise einzunehmen / setzete ihn gegen Frl. Lukrezien über / die ohngefehr von XV Jahren wahr /und erboht sich / den Christlichen Bischoff gerne zur Mahlzeit zu fodern / dafern es ihm lieb sein könte /und ihre Geselschaft umb so viel grösser währe. Herkules stellete es zu seinem gefallen / sagte / er könte nit läugnen / daß er ein Christ währe / und diesen Glauben zu Rom gefasset hätte / im welchem er gedächte Gottsellg zu Leben uñ willig zusterben / deßwegen er mit diesem frommen Lehrer vor zween Tagen Kundschafft gemacht / und nach Christlichen Satzungen sich im Jordan hätte täuffen lassen. Pompejus antwortete ihm: Mein geliebter Herr und Freund / ob ich zwar Römisches glaubens lebe / wie meine Vor Eltern / sehe ich doch mehr auff Tugend als Glaubens unterscheid / und wird kein Christ Ursach haben / über mich zu klagen / als solte ich ihnen ihrer Lehre halben zusetzen; daß ich aber den Juden in meinem Herzen niemahls hold gewesen / gestehe ich gerne / und ist die Vrsach / daß sie uns unwirdig achten / mit denen sie essen und trinken solten. Sandte darauff alsbald hin / und ließ den Bischoff freundlich zur Mahlzeit laden / welcher dieser Gnade nicht gewohnet wahr / und leicht gedachte / es geschähe dem jungen Herrn zu ehren; stellete sich willig ein / wünschete dem Stathalter glükliche Herschung / und neben allen den seinen / langes Leben; bedankete sich untertähnig der geschehenen Ehre und Einladung /und baht / ihm und der armen Christenheit mit Gewogenheit und Gnade zugetahn zuverbleiben. Der Stathalter wahr noch nie mit ihm umbgangen / seine Gottfürchtige Reden aber gefielen ihm wol / und nöhtigte ihn niederzusitzen. Auch Herkules stund auff / und wolte ihm seinen Plaz geben / welchen er doch nicht nehmen wolte / einwendend / es gebührete ihm nicht /sich hohen Fürstlichen Häuptern vorzuzihen; welches die Anwesende höreten / und nicht gedenken kunten /auß was Landschafft dieser junge Herr seyn möchte. Herkules hätte lieber gewolt / daß er dieses Wort stecken lassen mögen / baht auch / ihn mit überflüssiger Ehre zuverschonen / weil er nur als ein Umschweiffender Ritter / den Abenteuren in der Welt nachzöge. Uber Mahlzeit gab es allerhand Gespräch; dann Pompejus wahr ein Weltkluger Mann / und forschete / ob auch Weißheit hinter dem jungen Herrn steckete / dessen er aber mehr fand als er hoffen mögen / und sich nicht enthalten kunte / zu dem Bischoff in Syrischer Sprache zusagen; es müste ein günstiger Hi el seyn /und sehr geschlachtetes Land / da Weißheit sich bey solcher Jugend fünde. Das schöne [494] Fräulein aber ward gegen ihn so inbrünstig verliebet / daß sie kein Auge von ihm abwenden kunte / und über seinen freundlichen Reden / essens und trinkens vergaß / welches ihr Vater zeitig wahrnam / und sich eines mehren daher besorgete. Fr. Terenzia suchte auch Gelegenheit mit ihm zu schwätzen / und fragete / wie es ihrem geliebeten Schwager H.Q. Fabius ginge / welches er kürzlich beantwortete / er wüste nicht anders als wol / würde von jederman wert und in ehren gehalten / und hätte neulich seine Tochter Frl. Sophien an seinen nahen verwanten Herrn Ladisla verheyrahtet / weil er sie aus etlicher Räuber Händen ritterlich erlöset; so hielte sich auch Herr. M. Fabius Tochter / Frl. Sibylla vom Rom / bey jetzt gedachter ihrer Wasen auff / welche aus eines Räubers des stolzen Silvans Händen loßzumachen er das hohe Glük gehabt hätte. Ach mein Herr / sagte Fr. Terenzia / deß müssen euch die Götter lohnen / dañ dieses Fräulein ist meiner leiblichen Schwester Tochter / so ist mein Herr und Gemahl mit Fr. Pompejen zu Padua / Gebrüder Kind / zweiffele auch nicht / mein Herr Schwager würde seine einzige wolgerahtene Tochter einem fremden Herrn nicht geben haben / dafern er deren nicht wirdig währe. Nach dieses Gesprächs Endigung kunte das liebe Fräulein sich länger nicht enthalten mit ihm zu sprachen / bedankete sich demnach gegen ihn / daß er ihrer geliebten Wasen guten Zustand ihr hätte anmelden wollen /möchte wünschen / die Gelegenheit zu haben / sie dereins zu sprechen / hätte fast gemeinet / ihre Frau Wase / Fr. Sophia würde ihr die Ehre getahn / und sie auff ihr hochzeitliches Fest eingeladen haben / weil in der Kindheit sie gar vertraulich umgangen / und mit einander aufferzogen währen; daher sie nicht anders als Schwestern gelebet. Herkules antwortete ihr: Vortrefliches hochgebohrnes Fråulein / ich wolte dieses leicht errahten haben / da ich sie erstmahls sahe / inbetrachtung / daß sie mit Reden / Sitten und Geberden sehr gleich einstimmen; erinnere mich auch / das sie ihrer Frl. Schwester / Frl. Lukrezien unterschiedliche Erwähnung getahn / zweiffele nicht / da die geschwinde Eile es nicht verhindert / würde mein Fråulein vor allen andern zum Hochzeit Fest erbehten seyn; sonst gestehe ich / das Hochgedachte Frau und Fräulein mir in auffrichtiger keuscher Liebe dermassen zugetahn sind / das unsere Schwester- und Brüderliche Freundschafft nimmermehr brechen wird. Solches ist mir sehr lieb zu hören / sagte das Fräulein / wundert mich aber / warumb mein Herr von so lieben Freunden und aus so lustiger Landschafft sich an diese durch Krieg verwüstete örter begeben können. Min Fräulein / antwortete er / es hat mich trauen Wollust nicht über Meer getrieben / sondern H. Ladislaen Schwester / meine sehr nahe Blutfreundin / ist von etlichen See Räubern hinweg nach dem Parther Lande geführet / welche ich zu retten suche / hoffe auch zu meinem Gott / er werde mir Krafft und Glük verleyhen / es zum gewünschten Ende zubringen. Ist sie dann ein Römisches Fräulein? fragete sie. Nein /sagte er / sie ist aus einer abgelegenen Landschafft /welche die Römer vor Barbarisch halten / aber meiner geringen Urtel nach / wirdig / daß die Welt sich ihrer Erlösung annehme; ist ihres alters von XV Jahren /aber solcher Herzhafftigkeit / daß sie sich nicht hat wollen gefangen geben / biß sie sieben Räuber / teils mit Pfeilen teils mit dem Schwerte nidergemacht; und weil sie sich vor einen Jüngling außgegeben und verkleidet / wird sie auch in solchem Wahn fortgeführet /dem grossen Parthischen Könige Artabanus zur sonderlichen Verehrung / wegen ihrer Schönheit. So muß selbiges Land ritterliche [495] Leute zihen / antwortete sie /weil die zarten Fräulein dergestalt mit ihren Feinden wissen umbzugehen / uñ wird mein Herr derselben sehr hoch verbunden seyn / daß er ihr durch so manniche Gefahr so gar einsam folget. Ja mein Fräulein /sagte er / sie ist mir so nahe verwand / daß wir einen Großvater gehabt / / und da ich von meinem Gott das Glük erhalten werde / sie wieder zu finden / wil euer Liebe ich versprechen / dieses Orts mit ihr einzukehren. Es sol mir sehr lieb seyn / sagte sie / und wünsche meinesteils daß es bald geschehen möge / werde als dan bey meinen herzlieben Eltern ansuchen / ob mir könte erlaubet seyn / mit ihnen nach Padua zu schiffen / umb meine Verwanten daselbst zubesuchen. Ihr Vater lachete dessen und sagte zu ihr; Mein geliebtes Kind / hievon werden wir hernähst zureden haben / ist es dann sache / und diesem Herrn nicht zuwieder / kan ich leicht ein Schiff außrüsten / und euch nach Padua bringen lassen. Herkules gab zur Antwort / er währe seiner hochwerten Fräulein stets bereitwilligster Knecht / deren nach mögligkeit auffzuwarten /er Zeit seines Lebens wolte geflissen seyn. Das gute Fräulein kunte seiner freundlichen Reden nicht sat werden / baht daher nach gehaltener Mahlzeit / ihr zuerzählen / wie sichs mit ihrer beyden Wasen Raubung und Erlösung eigentlich zugetragen hätte; welches er ihnen außführlich / wie auch die Bestürmung des Raubnestes beschrieb / und sie / bevorab der Bischoff es mit sonderlicher Lust und Begierde anhöreten /auch sich verwunderten / wie er so zierlich Latein redete / da er doch ausser Römischen Gebiet gezeuget wahr. Nachgehends suchte er Gelegenheit / bey dem Stathalter umb Schuz der armen Christenheit des Orts bitlich anzuhalten / und redete ihn also an: Großmächtiger Herr Stathalter / dafern mir frey stünde /eine bitte bey demselben abzulegen / wolte ich demühtige Ansuchung tuhn / daß er ihm die unschuldige Christenheit dieses Orts bestermassen möge lassen anbefohlen seyn / als lange sie im erbaren Leben verharren / und ihrer von Gott ihnen vorgesetzeter Obrigkeit in allen Weltsachen gebührliche Ehr und Gehorsam leisten / damit sie nicht wegen des Christlichen Glaubens mögen geschändet und verfolget werden; da aber jemand unter ihnen ist / welcher sich der Boßheit und Laster befleissiget / wie dann leider auch solche unter ihnen gefunden werden / vor solche sol meine bitte durchaus nicht gemeinet seyn; nur daß umb etlicher weniger willen / nicht die ganze Gemeine möge Noht und Gefahr leiden. Der Stathalter antwortete ihm: Mein geliebter Herr und Freund / was er an mich begehret / ist der Billigkeit ohn daß Gemäß; er sol sich aber zuversichern haben / daß die Christenheit dessen geniessen wird / als lange ich alhie das Stathalter Amt verwalte / und da ich meinen Nachfolger eben dessen bereden kan / sol es von mir nicht aus der acht gelassen werden / dann es verdreust mich nicht wenig / daß zu Rom und an anderen Orten den Christen so ungütlich zugelegt wird / als verehren sie einen Eselskopf an stat ihres Gottes / dessen ich viel anderen Beweißtuhm eingezogen habe; und damit meine Gutwilligkeit ich einesteils auch in der Taht spüren lasse / sol der Bischoff alhie gegenwärtig von mir jährlich sechs Fuder Korn / zehn Ochsen / 30 Schaffe / und ein Fuder Wein zu der Lehrer unterhalt zuheben haben / so lange ich dieses Amt verwalte; dagegen sollen sie vor Römische Käyserl. Hocheit / vor des Römischen Reichs auffnehmen / und vor meine und der meinen Wolfahrt bitten. Der Bischoff stund auff und dankete mit gebogenen Knien und fliessenden Augen / nebest dem versprechen / er und die ganze Christliche Kirche seines Bistuhms [496] wolten nicht nachlassen / Gott im Himmel anzuruffen / daß er solche milde Gnade hier zeitlich mit allem Segen /und dort ewig mit himlischen Freuden reichlich ersetzen wolte; sonsten unterliessen sie ohndaß nicht / vor Römische Käyserl. Hocheit und ihre vorgesezte Obrigkeit in allen ihren Versamlungen zu behten. Es ward sonst dieser Tag mit allerhand Gespräch zugebracht / da unter andern der Stathalter unserm Herkules anboht / daß wañ ihm damit gedienet wåhre /wolte er ihm einen offenen Befehl an alle Beamten dieser Morgenländer R \misches Gebiets / gerne mitteilen / daß sie ihm mit Leuten / Pferden und Gelde allemahl solten behülflich seyn; dann er hatte solche Zuneigung in so kurzer Zeit auff ihn geworffen / daß zwischen Vater und Sohn sie nicht herzlicher seyn mögen. Herkules bedankete sich der angebohtenen Hülffe / wolte solches Schreiben zu allem Dank annehmen / und doch acht haben / niemande beschwerlich zu seyn. Als der Tag verflossen / und es Zeit zur Ruhe wahr / nahm Herkules von dem Stathalter freundlichen Abscheid / weil sein Vorhaben die Eile erfoderte / und er schon durch unterschiedliche Hindernissen auf seiner Reise wåhre auffgehalten worden; Aber Herr Pompejus verwieß ihn zuvor an sein Gemahl und Tochter / bey denen er solches erstlich suchen wůrde. Er hatte ihm vorgenommen / ohn weiter verweilen fortzugehen / fůrchtete aber sehr / auffgehalten zuwerden / deßwegen er mit bewåglicher Rede zu der Stathalterin sagte: Hochgebohrne Frau; der Ehren mir allhie begegnet / erkenne ich mich unwirdig / insonderheit / weil mirs an gelegenheit fehlet es zuwiederkehren / hoffe doch / dereins das Glük anzutreffen / daß ich ein dankbegieriges Herz / wo nicht leisten / doch werde zeigen können; Vor dißmahl aber ist meine inständige Bitte / mich großgünstig zuerlassen / damit durch Versäumniß ich nicht schuld tragen möge an dem / was diesem Fräulein / der ich folge / arges zustossen kan; Im übrigen verbleibe ich meiner gebietenden Frauen ohn Einrede / verbundener Knecht / dienstlich bittend / sie wolle dieses schlechte Ringelein (welches er ihr reichete) zum Gedächtniß meiner Schuld bey ihr behalten / biß mir gelegenheit zustosset / es mit einem wichtigern zuverbessern. Frau Terenzia antwortete: Mein hochgeliebter Herr Sohn; wie solte ich dann nicht so bitselig seyn / etwa eine Woche bey ihm zuerhalten / damit ich nur Anzeige tuhn könne / wie genehme Freundschaft er mir in Rettung meiner Wasen geleistet? Zwar es müste mir herzlich leid seyn / wann dem treflichen geraubten Fråulein ein mehres über ihre Gefängniß zustossen solte; weil aber eine so geringe Zeit ihr verhoffentlich nicht schaden wird / weiß ich schon / dz ein so höflicher Ritter / mir eine geringe frist nicht kan versagen /wil auch wegen Gedächtniß / deren meiner gantzen Freundschafft geleisteten Dienste diesen Ring gerne annehmen / dabey ich mich stets erinnern werde / wie viel meinem Herrn Sohn ich schuldig verbleibe. Herkules sahe wol / wohin es gespielet wahr / und weil er Ehrenhalben anders nicht kunte / versprach er / den folgenden Tag gehorsamlich zubleiben; Trat hernach zu dem Fräulein mit diesen Worten: Hochgebohrnes Fräulein / ich rechne es trauen unter meine höchste irdische Glükseligkeiten / die grosse Ehre zuhaben /und ihre Kundschafft gerahten zuseyn; Da ich nun förder das Glük hätte / in die Zahl ihrer minsten Diener auffgenommen zuwerden / könte mir angenehmers nicht wiederfahren / massen uns die Erbarkeit treibet /dahin zustreben / was vor andern geehret zuseyn wirdig ist / gebührlich zubedienen. Es tuht mir aber sehr leid / daß ich keine gelegenheit habe / deroselben scheinen zulassen / wie teur und [497] hoch ich Zucht und Tugend an ihr und ihres gleichen achte / getröste mich dannoch zu Gott der Gnade / er mein Leben auch zu ihrem Dienste und Gehorsam sparen werde / damit man nicht sage oder gedenke / Herkules sey williger Woltahten anzunehmẽ / als zuvergeltẽ; zwar wie schlecht mein Vermögen sey / weiß vielleicht niemand besser als ich; jedoch hat mich noch allemahl dieses gemuhtiget / daß Tugend und Witz nicht so viel auf Wichtigkeit der Taht als des Willen hält; und weil meiner geraubeten Frl. Wase und Schwester åusserste Noht mich zwinget / Tag und Nacht zueilen /gelebe ich der gänzlichen Zuversicht / mein gebietendes Fräulein werde meinen Abzug mehr befodern als verhindern helffen. Solte ich aber durch Vergünstigung ihrer lieben Eltern uñ ihrer selbst / ihr ein geringes gedåchtniß meiner äussersten Schuldigkeit bieten dürffen / währe meine inståndige Bitte / sie dieses geringfügige paar Armbänder (welche von lauter Demanten schimmerten) ihrem Knecht zu ehren annehmen wolle / zum minsten / von wegen der vertraulichen schwesterlichen Liebe / mit welcher / ohn unzeitigen Ruhm zumelden / ihre höchstgeliebeten Frau und Fräulein Wasen mir unwirdigem zugetahn sind. Die Eltern höreten diese Rede an / und furchten sich /ihre annoch junge Tochter würde nicht bestand seyn /hierauff zuantworten; welche aber durch die in ihrem Herzen aufsteigende Liebe satsam unterwiesen / es also ersetzete: Hochberümter Ritter uñ Herr / da so wol mir als meinen geliebeten Wasen sein Stand eigentlich bekant seyn würde / wolte ich mich befleissigen / ihn der gebühr zuehren / weil aber mein Herr noch zur Zeit ein umschweiffender Ritter wil gehalten seyn / muß nach seinem Willẽ ich mich billich richten. Die erzeigete Ehre / deren mein Herr sich dermassen hoch bedanket / ist trauen viel zu schlecht / daß sie sol genennet werden / massen uns ja Zeit müste vergönnet seyn / da wir vor geleistete Dienste und Rettung der unsern / in etwas dankbar seyn solten; Uberdas fodert mein Herr an mich / ihn unter meine Diener anzunehmen / deren ich doch keine habe / und mir schwer fallen würde / mich seines gutẽ Willens zuversichern / gestaltsam er nur eilet von uns zuscheiden. Daß meine geliebte Wasen ihn in sonderliche Vertrauligkeit auffgenommen / darzu sind sie gnugsam verbunden / nachdem sie ihm Ehr und Leben zudanken haben; erkenne auch daher / wie viel meinem Herrn ihretwegen ich schuldig bin. Zwar seiner vortreflichen Fräulein Wasen Erlösung zuhemmẽ / wil mir keines weges gebühren; wie aber / wann mein Herr / etwa im heutigen Kampffe eine Wunde empfangen hätte? müste er derselben nicht abwarten? Ich meines teils gönne ihm dieselbe nicht; aber er gedenke / bitte ich / als ob er ein acht oder zehn Tage betlägerig seyn müste / und leiste inzwischen uns alhie in Gesundheit so viel angenehmere Geselschafft / alsdann werden wir meines Herrn erbieten nicht vor ein blosses erbieten halten; Das angebohtene par Armbänder ist zu köstlich / einer unverdienten zuschenken / wann aber meine liebe Eltern nit widersprechen /nehme ichs von ihm als einem in Ehren hochwerten Freunde an / und wie es das erste ist / mir von einem fremden geschenket / sol mirs nicht unangenehm seyn / da ich nur wissen möchte / wie ein Fräulein es wieder zuverschulden gehalten sey; jedoch was hier in meiner Jugend Unverstande abgehet / werden meine liebe Eltern zuerstatten ihnen angelegen seyn lassen. Herkules bedankete sich der Ehren / wendete ein / er währe in Hoffnung gestanden / bessere Gnade des abscheidens bey seinem gebietenden Fräulein anzutreffen / uñ fünde sie noch viel gestrånger als ihre Eltern selbst; weil er dann ihrer Fr. Mutter einen [498] Tag gehorsamete / wolte er ihrer Liebe des andern Tages auffwarten / unter der Hofnung / sie wůrden seine Eile nicht der Grobheit / sondern der Noht zuschreiben /ausser welcher er manniche Jahr ohn einige Wegerung sich in ihren Diensten wolte finden lassen. Herr Pompejus merkete aus seiner Ernsthafftigkeit / daß weiteres nöhtigen ihm nur würde verdrießlich seyn / bedankete sich demnach der beyden versprochenen Tage /jedoch mit dem bedinge / daß auff schier folgende glükliche Rükreise er dergleichen Eilfertigkeit sich begeben würde / und wünscheten ihm hier auff eine glükselige Nacht. So bald die Eltern Abscheid genommen hatten / nahete sich das Fräulein zu ihm /und fragete mit gar anmuhtiger Rede / wie und warumb er doch so schleunig hinweg eilete / und ihr nicht gönnen wolte / gleichmässige Kund- und Freund schafft zumachen / wie ihre Wasen; Sie hätte nun diese Armbänder empfangen / da sie ihn kaum gesehen / und würde ihr nicht Zeit gegönnet / sich zubedenkẽ / auf was weise ihre Dankbarkeit anzustellen währ. Herkules spürete ihre gute Gewogenheit gar wol / wolte ihr aber keine Ursach einiger Hoffnung geben / und nach gebohtenem Handkusse antwortete er ihr also: Mein hochwertes Fräulein / Gott ist mein Zeuge / daß ich höchstwichtige Ursachen habe / mit meiner Reise möglichst zueilen / sonsten währe ich ja schuldig / ihr und den lieben ihrigen / als lange es ihnen belieben wůrde / auffwärtig zu seyn; Ich versichere aber mein Fräulein / dafern Gott mein Leben sparen wird / sie dieses Orts wieder zu sprechen / und alsdann so schleunig nicht hinweg zueilen. Das schlechte Geschenke ist der Vergeltung viel zu unwirdig / massen es nur zum Gedåchtniszeichen angesehẽ ist. Ja mein Herr / sagte sie / er hat sich wol zuversichern / daß kein Mensch dieser Welt lebẽ sol / der mir diese angenehme Gedächtniß mit meinem Willen entfremden wird / werde es auch von diesem Tage an umb meinen Armen tragen / und da er bey seiner glüklichen Wiederkunfft sie an dieser stelle (auf ihre Arme zeigend) nicht finden wird / wil ich in seine wilkührliche Straffe verfallen seyn. Hiemit wünschete sie ihm eine ruhige Nacht / ging nach ihrer Eltern Kammer / und legete sich auff ihr gewöhnliches Bette. Das Feur aber / welches sie in ihrem Herzen empfand /machte sie die Nacht über sehr unruhig / und wie hefftig sie sich auch zwang / kunte sie doch ihr anliegen so gar nicht verbergen / daß ihre Eltern dessen nicht solten wahr genommen haben / die doch / ihrer Zucht gnug trauend / sich dessen nicht merken liessen. Dagegen wünschete Herkules / daß die versprochenen Tage schon möchten geendiget seyn / und da er des Morgens früh auffstund / befahl er Gallus die Pferde fertig zumachen / dann er währe willens / ein wenig zur Lust auszureiten. Dieser gehorsamete willig / uñ in dem er alles verfertigte / erinnerte ihn des Stathalters Diener / sein Herr hätte sich wol vorzusehen; dann es währen gestriges Abends etliche unbekante gewesen / die fleissig nach seinem Auffbruch gefraget / und was Weges er reisen würde. Gallus taht es seinem Herrn bald zuwissen / der hieraus unschwer urteilete / es müstẽ etliche Juden ihm aufflauren / ging zu dem Stathalter / und berichtete ihn dessen / baht auch / er möchte ihm seinen Anschlag gefallen lassen / indem er zum schein gleich jezt auffbrechen / und den Weg nach Emahus vor sich nehmen wolte; könte er nun einer Anzahl Reuter bemåchtiget seyn / die ihm von ferne folgeten / zweifelte er nicht / er würde gar bald etliche Juden antreffen / die einen mördlichen Anschlag auff sein Leben gemacht hätten. Herr Pompejus erschrak dessen / ließ ihm doch diese Meynung wolgefallen / und gab einem seiner Ausreiter Befehl /sich des Weges unvermerket [499] zuerkündigen / welcher bald wieder kam / und berichtete / daß ihm unterschiedliche Geselschafften / von zehn und mehr Mannen auffgestossen wåhren / welche alle mit gutem Gewehr wol versehen / und er sie vor Juden hielte. Darauff ließ der Stathalter in aller stille 80 Reuter sich rüsten / uñ auf allen fall fertig seyn. So bald Herkules mit seinem Gallus wolgewapnet hinaus ritte / sahe er vorm Tohr einen leichten Reuter / welcher / so bald er ihrer ansichtig ward / Spornstreichs davon rante; dessen Gallus inne ward / und es seinem Herrn zeigete /der sich doch nichts daran kehrete / sondern sanftmühtig fortritte / biß er sechs Reuter hinter einem Pusche nach der Linken zu gewahr ward / welche / so bald sie ihn sahen / auf ihn zusetzeten / daher Gallus von seinem Herrn eriñert ward / das Gewehr fertig zu halten / und jenen nach den Fåusten zusehen; ritte also fort / und taht / als gingen diese ihn nicht an; doch da sie naheten / grüssete er sie mit ernsthafften Geberden / uñ fragete / ob dieser Weg nach Emahus trüge. Ihr Führer fragete hinwieder / was er da zuschaffen hätte? Darauf habe ich mich noch zubedenken / antwortete er / ob ich euch antworte / massen ich mir nicht einbilden kan / daß ihr von der Landes Obrigkeit hieher gesetzet seyd / reisende Leute zurechtfertigen. Wol / sagte dieser / so werde ich dir antworten müssen / weil ich sehe / daß der Trotz dir noch nicht vergangen ist / und versichere dich demnach /daß du nach Emahus nimmermehr kommen wirst / fielen auch zugleich / teils mit Streit Axten / teils mit kurzẽ Schwertern ganz grimmig und verwågen zu ihm ein / daß Gallus im ersten Scharmützel am linken Schenkel sehr gefährlich verwundet ward. Herkules seumete sich nicht / schlug ihrer zween von den Pferden / ehe die andern es recht inne wurden / empfing aber auch eine tieffe Wunde in die rechte Schulder von einer Streit Axt / daß er wol empfand / er das Schwert in die Harre nicht würde führen können. Gallus erlegte auch einen / und machte sich an den Führer / welchen er aufhielt / so viel seine Verwundung es zulassen wolte. Sein Herr hatte sich zweyer zuerwehren / und taht ihnen so gedrange / dz sie endlich beyde zu bodem stürzten / gleich da die 80 Reuter daher stürmeten / weil sie des Gefechtes zeitig wahren inne worden / und nahmen den Juden / der Gallus Meister schier worden währe / gefangen / welcher schon suchte / sich selbst zuentleiben. Er ward wegen des mördlichen überfalls befraget / wolte aber nichts bekennen / biß man ihm einen Strik umb den Kopff legete / und mit einem Stecken zudrehete / da verriet er den Anschlag / es hätten noch 112 Gewapnete Juden zu Fusse den Weg nach Emahus besetzet / und sich verschworen / keine Kleider abzulegẽ / biß Ben-Levi tapferes Blut an seinem Mörder gerochen währe. Darauf gab ihnen Herkules den Raht / es solten ihrer 40 umhin hauen / und von Emahus her sie ausspüren /auch die sie lebendig bekommen könten / gefangen nehmen / und die übrigen nidermachen; Die andern aber solten noch etwas stille halten / hernach des Weges nach Emahus langsam fortreiten / und sich gegen die bewehreten Juden gleich so bezeigen; Er vor sein Häupt wolte ihnẽ gerne die hülfliche Hand bieten / müste aber wegen harter Verwundung umkehren / und neben seinen Diener sich verbinden lassen; nahm doch zween Reuter mit sich / welche den Gefangenẽ fortschleppen musten. Als er auff des Stathalters Hof ritte / sahe ihn das Fräulein ganz blutig daher kommen / dessen sie sehr erschrak / und ihm entgegen rief: O Herr Herkules / wie gehe diß zu? wie seyd ihr so blutig? Es hat keine sonderliche Gefahr / mein Fräulein / antwortete er / wann ich nur bald einen guten Wund Arzt haben kan. Es wahr bald einer verhanden / und kam der [500] Stathalter auch herzu gelauffen / welcher ihn vom Pferde heben ließ / weil er zimlich kraftlos wahr. Da man ihm den Harnisch und das Wammes abgezogen hatte / sahe der Arzt / daß der Schade nicht zuverachten wahr / und hatte anfangs grosse Mühe / das Blut zustillen / biß er selbst seinen / ihm von Frl. Valisken zugeschikten köstlichen Ring hervor suchen ließ / welcher noch das beste taht / wie wol er wenig Blut bey sich übrig hatte / daher / wie fest er sich auch zuhalten meynete / er endlich der Ohmacht weichen muste; welches das liebe Fräulein sehend / ihre Zuneigung nicht bergen kunte / sondern mit ihm zugleich dahin sank / daß kein Lebenszeichen an ihr erschien; weil man aber allerhand kräfftige Wasser zur hand hatte / wurden sie endlich wieder erquicket / und das Fräulein / wiewol wider ihren Willen / hinweg geführet. Nach geschehener Verbindung legete man ihn auf ein Bette / und wurden ihm etliche Diener zugegeben / die sein fleissig warten musten. Inzwischen hatten die Diener auch Gallus von einem unerfahrnen Arzt verbinden lassen / welcher sich vernehmẽ ließ / der Schenkel müste ihm gar abgenommen werden; dessen er sich nicht wenig hermete / und begehrete / dz ein ander Arzt herzu gehohlet würde /daher / so bald Herkules verbunden wahr / sein Arzt hergeruffen ward / der auff Befehl den Schaden auflösete / und nach wegwerffung aufgelegter Sachen / die Wunde fein sauber wusch / auch nachgehends aufs neue verband / dann / sagte er / wo die auffgelegten Sachen zwölff Stunden drauff verblieben wären /würde er seines Schenkels ohn wordẽ seyn / wolte ihn aber numehr versichern / daß derselbe ihm ja so gerade und gesund werden solte als vorhin; welchẽ Trost er ihm mit 12 Kronen vergalt / und seines Herrn wegen ihm 30 Kronen vor den ersten Band lieferte. Das Fräulein kunte nicht ruhẽ / biß sie erfuhr / wie es Herkules erginge / ließ seiner Aufwarter einen zu sich ruffen / uñ befahl / alsbald anzuzeigen / da einige gefahr solte obhanden seyn. Des Abends / da die Wunde zum andern mahle verbunden ward / fand der Arzt /dz sie sich sein gesetzet hatte / und vermaß sich nähst göttlicher Hülffe / sie beyde in wenig Wochen völlig auszuheilen / worüber das Fräulein höchlich ergetzet ward. Gleich dazumahl kam ein Reuter / und meldete an / wie es den ausgeschikten Schaaren ergangen währe / daß sie unterschiedliche harte Scharmützel mit den verwägenen Juden gehalten / und von den ihren XII eingebüsset / dagegen XL erschlagen / und LXXII gefangen / daß ihrer nicht ein einziger währe entrunnen / worüber Herkules sich herzlich erfreuete /und Gottes augenscheinlichen Schutz spürete / dann menschlicher weise zu urteilen / währe es unmöglich gewesen / daß er ihnen lebendig hätte entkommen können / da er recht unter sie gefallen währe. Der Stathalter ließ die Gefangenen alle wol verwahren /daß sie auff Herkules wieder erlangete Gesundheit verurteilet würden / weil er / sie härtiglich zu straffen / entschlossen wahr.

Alexander und Jungfer Brela verrichteten auffs steissigste / was ihnen von Herkules befehlen wahr; dañ so bald sie zu Korinth anlangeten / gingen sie nach Markus Wohnung / und überlieferten ihm ein Schreiben von Herkules / worinnen er kürzlich meldete /wohin seine Reise ginge / und was in dem Eylande Kreta sich zugetragen hätte. Fr. Euphrosyne machte mit Brelen gute Kundschafft taht ihnen etliche Tage sehr gütlich / und gab ihr ein Schreiben mit nach Padua an Fr. Agathen; so schrieb Markus an Fr. Sophien / was massen sein Gn. Herr Ladisla nebest Fabius und Leches ihre Fahrt nach Zypern gewendet /von dar ab nach Syrien zuschiffen. So bald Alexander in dem nähesten Hafen [501] hinter Padua ankam / ließ er seine Sachen auff Wagen laden / und reisete zu Lande nach der Stad zu / da er seine Liebste mit bey sich habenden Gütern in eine Herberge einkehren ließ / er aber gleich nach Herr Fabius Hoff ritte / und sich angab / es hätte bey dem Herrn Stathalter ein fremder Ritter / so über Meer kähme / einen Gruß und Werbung abzulegen. Nun wahr es gleich der andere Tag nach dem Kampfe / welchen Klodius mit dem boßhafften Volumnius gehalten / und heut eine grosse Gästerey angestellet hatte / auf welche alle vornehmste Rahtsherren und Kriegsbeamten samt ihren Frauen und Töchtern eingeladen wahren. Herr Fabius lies den Fremden zu sich auff den grossen Saal fodern / da die Geselschafft bey einander wahr / welcher im hineintretẽ alle anwesende höflich grüssete / und einen Diener baht / ihm den Herrn Stathalter zu zeigen / der ihm schon entgegen trat / und nach freundlicher empfahung fragete / ob er in geheim mit ihm zu reden hätte / wolten sie in ein sonderliches Gemach Abtrit nehmen. Er aber antwortete / es währe eben so heimlich nicht / sondern hätte zuvor einen Gruß an den Herrn Stathalter und dessen Gemahl / wie auch Fr. Tochter und andere Fräulein abzulegen / denen allen samt und sonders sein gnädigster Fürst Herr Herkules seine willigste Dienste und alles gutes anmelden liesse. Fr. Sophia kunte auff gehörte Meldung dieses lieben Nahmen nicht länger ruhen / stund auff und sagte zu Alexander: Mein Herr / wie gehets dann doch diesem teuren Fürsten / uñ wo habt ihr ihn zu lezt gesprochẽ? Gn. Frau / antwortete er / es gehet seiner Durchl. meines wissens noch sehr wol / und bin in dem Eylande Zypern von ihm geschieden / gleich da er nach Syrien zu schiffen willens wahr. Wie sagte sie / hat er dann nicht geschrieben? Ja Gn. Frau / sagte er / hie habe ich Schreiben an meinen Gn. Herrn den Stathalter / wie auch eines an ihre Gn. abzugeben. Herr Fabius bedankete sich des überbrachten angenehmen Grusses / brach den Brieff / und lase unter andern / was wegen Alexanders drinnen enthalten wahr / sagte hernach zu ihm: Mein Freund / ihr seid mir wilkommen wegen des treflichen und lieben Fürsten / der euch abgefertiget hat / deßwegen setzet euch in unser Geselschafft nider; was euretwegen gesucht wird / wil ich euch / und noch viel einmehres mit einem Worte alles versprechen / wie ihrs wünschen und begehren möget. Alexander bedankete sich untertähnig / und erboht sich zu allen möglichen Diensten. Unterdessen besahe Fr. Sophia ihres Brieffes Auffschrift / also lautend:Denen Durchleuchtigen Hochgebohrnen Frauen und Fräulein / Fr. Sophien und Frl. Sibyllen / meinen Hochwerten Frau und Fräulein Schwestern. Sie steckete ihn darauff in ihren Busem / und rieff das Fräulein zu ihr / sprechend: Herzgeliebtes Schwesterchen / komt und helfft mir ein Schreiben lesen / welches an euch zugleich mit hält. Das fromme Fräulein erröhtete anfangs davor / und antwortete: O nein geliebte Fr. Schwester / ich habe euch einmahl einen Brieff helffen lesen / ihr verleitet mich nicht so leicht wieder. So unwirdiget ihr Herr Herkules Schreiben anzusehen / sagte Fr. Sophia? Daß sey ferne von mir / antwortete sie / wann ich nur versichert bin / das es von so redlicher frommer Hand herkomt; gingen miteinander in ein Nebengemach / und lasen nach erbrechung folgenden Inhalt:

Durchleuchtigste Frau und Fräulein Schwestere / in ehren herzgeliebete Freundinnen; das hohe Mitleiden /welches sie letztmahls meiner Anwesenheit über den traurigen Verlust meiner auch hochwerten Fräulein Schwester / Frl. Valisken / durch Ohmacht und Klage mir zuerkennen gegeben / hält mir täg- und stündlich meine Undankbarkeit vor / daß ohn einzig genommenen Abscheid Ihre [502] Liebden ich verlassen / und den Weg zur Rettung (wie ich hoffe) der geraubeten fortgesetzet habe; weil aber die äusserste Noht und Gefahr / welche der Höfligkeit Satzungen zu überschreiten offt gezwungen wird / mich meiner Schuldigkeit entrissen / und nach dem Meer hingeführet haben / hoffe ich gänzlich / es werden Eure Liebden mir diesen Fehler biß dahin schenken / daß ich durch meines GOttes Leitung mich wieder einstellen /und umb Verzeihung gebührlich anhalten werde / da meiner Frl. Schwester Frl. Valisken Vorbitte ich mich kühnlich gebrauchen werde / welche dañ / vermöge unser Vertrauligkeit / mir solche nicht abschlagen wird /erwarte nur mit höchstem Verlangen / was dieselbe wird wirken können. Inzwischen befehle ich alle meine Freunde und Freundinnen dem Schuz des Allmächtigen wahren Gottes / mit Bitte / meine hochgeliebete Fr. Mutter /die Fr. Stathalterin / wie auch Fr. Ursulen / Frl. Helenen /und Jungfer Libussen herz- und dienstlich zugrüssen /und verbleibe Zeit meines Lebens meiner Fr. und Frl. Schwester dienstschuldiger Knecht Herkules.

Ich rechne mirs vor eine grosse Ehre / sagte das Fräulein nach verlesung / daß der trefliche Held diesen Brieff an mich zugleich hat richten wollen / und bitte sehr / ein solches ingeheim zuhalten / damit nicht Frl. Helena daher neue Ursach bekomme / ihren ganz närrischen Eifer wieder auffzublasen / dessen ich doch an meiner Seiten von Herzen lache / wünsche nur von ganzer Seele / daß er sein ihm ohn zweiffel schon verlobetes Fräulein ehist gesund und ihrer Ehren unverlezt antreffen / und zu uns herüber bringen möge / biß dahin ich nicht willens bin von hinnen zuscheiden / damit in dero Kundschafft durch euren Vorschub ich angeno en werde. Sie antwortete: Ich werde auch mit meinem Willen euch nicht von mir lassen / darumb gedenket ja auff kein wegzihen; was ich aber wegen Herrn Herkules seiner Liebe zu diesem Königl. Fräulein urteilen sol / weiß ich durchaus nicht; zwar allem Ansehen nach kan es nicht wol anders seyn / wann ich seine Ohmacht und geführete Klagen / ja wann ich seine schleunige Nachfolge betrachte. Hingegen versichert mich mein Ladisla / daß ihm von nichts bewust sey / ja er hält es vor unglåublich / weil sie in so langer Zeit einander weder gesehen / noch durch Schreiben gegrüsset haben. Aber saget mir mein Schwesterchen / welcher Meinung doch gebet ihr Beyfal? Beyfal? sagte das Fråulein; lieber leset nur sein Schreiben mit etwas Nachdenken /und betrachtet zugleich mit seine schon angeführete Ohmacht uñ Klage / alsdañ werdet ihr durch eures Gemahls Einwürffe euch wenig irren lassen; dann kunten sie ihre Liebe nicht ja so heimlich halten vor ihm / als euer Bruder und sein Ursulchen vor euch? oder werden sie ihre vertrauete Schreiben in dieser Heimligkeit geschrieben / eurem Gemahl erst zulesen eingeschikt habẽ? Was hätten sie aber vor Ursach gehabt / ihre Liebe vor meinem Ladisla zuverbergen /antwortete Fr. Sophia / als welcher nichts tadeln kan was seinem Herkules gefält? Tausenderley Ursachen /sagte sie / haben sich finden können; und warumb hat euer Bruder seine Liebe vor euch so verborgen gehaltẽ / welcher eben wol eurer guten Einwilligung versichert gnug wahr? Es hat mit der Liebe nicht eine solche beschaffenheit / als mit andern Sachen; alles offenbahret man guten vertraueten Freunden / Glük und Unglük / Freude und Leid; aber die Liebe / so lange sie wünschet heimlich zu seyn / wil sie auch von dem besten Freunde nicht erkennet seyn. Ich wil euch dieses lassen gehen / sagte Fr. Sophia / aber ich sehe nicht / warumb ich aus seiner Ohmacht und Klage seine Liebe schliessen solle. O so einfältig / Fr. Schwester / seid ihr nicht / antwortete das Fräulein /daß ihr solches nicht vor ein unfehlbares Zeichen seiner Liebe schätzen soltet. Da recht mein Schwesterchen / da recht / sagte [503] Fr. Sophia / diese Bekäntnis habe ich schon lange gesuchet / und sie doch nicht heraus locken können; dann mus ich aus seiner Ohmacht ein solches schliessen / was versichert mich dann eure Ohmacht / die nicht umb ein Haar geringer / als die seine wahr; kan demnach nicht fehlen / ihr müsset ihn lieben / ja ihr müsset ihn inbrünstig lieben. Dieser Boßheit hätte ich mich zu euch nicht versehen / antwortete das Fråulein; dann gesezt / daß ich ihn Herz- und Schwesterlich liebe / wer hat mich dann mehr als eben ihr darzu angereitzet? Ja wie habe inbetrachtung seiner hohen Woltahten ich anders gekont oder gesolt? Wollet ihrs aber auff eine andere Liebe außdeuten / solches gestehe ich euch durchaus nicht /nachdem ich mein Herz davon gnug entfreiet weiß; es währe dann daß eure Ohmacht ein gleichmässiges Zeugen solte / welches ich nicht eines gedenken darf. Wir werden uns aber wieder nach unser Geselschafft machen / damit andere nicht eben in diesen euren nichtigen Argwohn gestürzet werden. Fr Sophia umbfing und küssete sie aus wahrer Liebe / sprechend: O mein Schwesterchen / die Götter sind meine Zeugen /daß ich euch eben so viel gutes als mir selbst gönne /habe auch mehr Gedanken auff euer beyder Heyraht gewendet / als kein ander; solte es aber der Himmel nicht versehen haben / muß ich mich gedulden / und inzwischen auff ein anders bedacht seyn; fassete sie hiemit bey der Hand / und führete sie mit sich nach dem Saal / da sich gleich ein Diener bey Jungfer Libussen anmeldete / es währe ein bekanter Freund in seines Herrn Wirtshaus eingekehret / welcher etwas übel auff / und daher båhte / die Jungfer möchte ihn zubesuchen unbeschweret seyn. Sie gedachte alsbald /ihre Königin würde von Prag einen abgeschicket haben / umb nachzuforschen / was Zeitung von dem verlohrnen Fräulein einkommen währe / deßwegen machte sie sich stehendes Fusses dahin / traff aber über alles Vermuhten daselbst ihre geliebte Wase und Schwester Jungfer Brelen an / dessen sie bey nahe vor freuden in Ohmacht gesunken währe / umbfing sie gar freundlich und sagte: O herzliebste Schwester / wo ist unser gnådigstes Fräulein? In guter Gesundheit / wie ich hoffe / antwortete sie / aber weit von hinnen / und annoch unter der Räuber Gewalt / ich aber / wie ihr sehet / der Gefahr so weit entrunnen. Wie? sagte Libussa / habt ihr dann das Fräulein in der Gefahr verlassen / und von ihr hinweg zihen können? Ich habe wol gemust / sagte Brela / weil sie michs geheissen; erzählete ihr darauff kürzlich / was Gestalt sie auff der Fräulein Begehren sich mit dem Griechischẽ Ritter / welcher von Herrn Herkules das Schreiben gebracht / ehelich hätte versprechen / und sich auff die Reise machen müssen / damit sie ihrem Bruder / oder Oheim / oder beyden hinterbringen möchte wohin sie geführet würde; und zweiffele nicht / sagte sie / die Götter werden das allerliebste Fräulen retten / und sie uns wieder sehen lassen. Machten sich also nach des Stathalters Hof / da die Abendmahlzeit anging / und da sie in den Saal traten / nam jederman wunder / wer die fremde schöne Jungfer währe / biß Libussa das anwesende Frauenzimmer also anredete: Gnädige Frauen und Fräulein / ich bitte demühtig umverzeihung daß ohn gebehtene Urlaub ich diese fremde Jungfer / meine geliebte Wase mit mir herein führe /nach dem ich schon weiß / sie nicht gar unangenehm seyn werde / in betrachtung daß von meiner gnädigsten Fräulein / Frl. Valisken sie hieher geschikt ist /uns ihret wegen Zeitung zu bringen. O so seid uns sehr wilkommen / sagte Fr. Sophia / und mus der heutige wol ein glüklicher Tag seyn / an welchem wir von zween so lieben Freunden auf [504] einmahl Zeitung bekommen. Brela bedankete sich gar tugendhafft / mit angehengter Bitte / ihrer unhöfligkeit zu verzeihen /daß sie diese hochansehnliche Geselschafft durch ihre zukunfft verunruhete. Fr. Sophia meldete / daß dieser entschuldigung es nicht bedůrffte / und fragete alsbald / an was Ort und Enden das Königliche Fråulein sich auffhielte / und was vor Beschaffenheit es umb sie hätte. Brela trug vor / sie håtte an den Herrn Stathalter und dessen Gemahl / wie auch an ihre gnådigste Königin Fr. Sophien / von ihrem gnådigstẽ Fråulein /Frl. Valisken / wie auch von dem Durchl. Fürsten und Herrn / Herrn Herkules einen dienstfreundlichen Gruß abzulegen. So merke ich wol / sagte Fr. Sophia / nach freundlicher Danksagung / die Jungfer werde mit dem fremden Griechischen Ritter ankommen seyn; welches sie bejahete / und alsbald / weil die Speisen schon auffgesezt wahren / an den Tisch genöhtiget ward / da sie wider ihren Willen zwischen Fr. Sophien und Frl. Sybillen die Stelle nehmen muste / und nach gehaltener Mahlzeit den ganzẽ Verlauf wegen der entführeten Fräulein zuerzählen gebehten ward / welches sie willig leistete / und endlich hinzu taht / was massen /umb Ihrer Gn. Fräulein Rettung zubefodern / sie mit gegenwärtigem Griechischen Aedelman sich zu Tyrus ehelich versprochen / da er zuvor äidlich angelobet /sie unberühret nach Padua zubringen. Nun dann /sagte Fr. Sophia / weil euer Liebster durch Geleitung der Götter solches / wie ich merke / ehrlich gehalten /werdet ihr euch forthin nicht wegern / das Beylager ehist vor sich gehen zulassen / da dann ich / neben Jungfer Libussen / wo es euch also gefallen kan / eure näheste Freundin seyn / und die Mutterstelle bekleiden wil; bestimmete darauff den vierzehnden Tag nach diesem / unter welcher Zeit alles gegen die Hochzeit zubereitet ward. Brela überlieferte gleichwol auch noch desselben Abends Markus und Euphrosynen Schreiben an gehörigen Ort / aus welchen die Geselschafft auff ein neues erfreuet ward / da sie vernahmen / was gestalt Herr Ladisla nebest H. Fabius und Leches mit gutem Winde von Korinth ab nach Zypern gesegelt / von dannen sie willens währen nach Seleuzia in Syrien zufahren / umb des nähesten nach Parthẽ zureisen / weil sie nicht zweifelten / Fürst Herkules /nebest dem geraubeten Königl. Fräulein daselbst anzutreffen. Fr. Sophia und die andern anwesenden wünscheten ihnen alle Glükseligkeit nach / und daß sie nach wolverrichtetem Vorhaben frisch und gesund wieder zu Hause angelangen möchten. Nun hielt Ladisla mit den seinen eben den Lauff / welchen er ihm zu Korinth vorgenommen / kam auch in Zypern glüklich an / woselbst er je zween und zween umher schickete / ob sie etwas von einem Ritter / nahmens Herkules oder Valikules ausspüren könten / fand sich aber niemand / der ichtwas von ihm zusagen wuste / daher Ladisla zu Fabius sagte: Ich wuste vorhin wol / daß der Brief an Markus von einem andern Orte herkommen würde / als die Unterschrifft meldete / ist demnach mein Raht / wir wendẽ uns gleich hin nach der Parther Landschafft zu / und nehmen etwa Dienste bey König Artabanus / da wir meiner Frl. Schwester und Herkules Zustand am besten erfahren werdẽ; wann er dann unsere Gegenwart vernehmen wird /wird er sich weiters nit mehr vor uns verbergen. Fabius ließ ihm solches wolgefallen / und machten sie die Ordnung / wie sie es hernähst halten wolten / da sie vor rahtsam funden / ihre Gelder an einen gewissen Ort in Syrien niderzulegen / auch ihr Schiff alsbald nach Padua wieder hin zusenden / weil unterschiedliche Schiffe verhanden wahren / welche nach Syrien lauffen wůrden / erwåhletẽ [505] aus ihren Schiff Soldaten drey Diener / welche vor dem schon Harnisch geführet hatten / die übrigen schicketen sie nach Hauß / doch daß sie erst zu Korinth anfahren / und Markus ihr Schreiben ůberbringen solten. Also setzeten sie sich auff ein Schiff / und segelten nach Seleuzia / erlitten zimlichen Sturm / und erhielt sie Gott sonderlich /daß sie nicht an einer Klippen mit sampt dem Schiffe zuscheitern gingen / erreichten endlich einen Hafen drey Meilen von der Stad / luden ihre Baarschafften auff Wagen / und reiseten nach der Stad zu / woselbst sie etliche Tage stille lagen / ihre Baarschafften meistenteils bey der Stad Obrigkeit gegen einen gegebenen Schein nidersetzeten / und einen Dolmetscher /Nahmens Mardus / in Bestallung nahmen / dem sie monatlich 100 Kronen versprachen / dagegen er sie täglich etliche Stunden in den vornehmsten Morgenländischen Sprachen unterweisen solte. Zu Padua kam die bestimte Zeit zu Alexanders und Brelen Beylager heran / wornach den Bråutigam überaus hefftig verlangete / und fast die ganze Zeit über / sehr traurig und schwermühtig wahr / dessen er selbst keine Ursach wuste. Der Stathalter hatte ihm des folgenden Tages nach seiner Ankunfft einen Gewals Brief an die Obrigkeit der Stad Athen mitgeteilet / und darinnen bezeuget / daß / weil er dem Römischen Reiche gute Dienste getahn / und umb Vergebung seiner verübten Gewalttähtigkeit / wozu er fast genöhtiget worden /untertähnigst angehalten / währe ihm nicht allein solche Gnade widerfahren / sondern er über das in Römische Kriegsbestallung angenommen / daher man ihm /mit seinen Gütern nach Willen zuschalten / frey und ungehindert gönnen solte. Alexander schickete dieses alsbald fort / und schrieb dabey an seine Verwanten /daß er ihnen seine bewäg- und unbewägliche Güter gegen Erlegung zwo Tonnen Schatzes (da sie den vierden Teil mehr wert wahren) abtreten wolte / und solten sie solche Gelder inwendig XIV Tage nach Empfahung dieses / nach Korinth an den daselbst wohnendẽ Römischen Herrn Markus / übermachen /welcher sie deswegen gebührlich quitschreiben würde / welches auch unverzöglich geschahe. Nun hatte Klodius mit belieben des Stathalters ihm des dritten Tages nach seiner Ankunfft die Hauptmanschafft über ein Fähnlein Knechte der Besatzung verlihen / welchem Amte er mit sonderlichem Lobe vorstund / daß Klodius willens wahr / ihm die Ober Wachtmeisterschafft dazu zugeben. Etliche Unterbefehlichshabere verdroß es sehr / daß dieser fremder (und wie sie schon munkelten / gewesener See Räuber) ihnen vorgezogen wahr / henketen einen verwägenen Hauptman / nahmens Florian (sonst der Meiländer genant / weil er von dannen bürtig wahr) an sich / dem sie fälschlich vorbrachten / der Grieche hätte ihn bey dem Oberhäuptman angetragen / als versähe er seine Wachten nit gebührlich / gönnete auch seinen Knechten / allerhand Plackerey auff den Dörffern zutreiben /und den armen Leuten / was sie auff die Wochenmarkte zuverkauffen bråchten / gewaltsam abzunehmen. Worüber dieser über Alexandern dermassen ergrimmete / daß er sich verfluchte / ihn / so bald er ihn anträffe / niderzustossen / laurete ihm auch des Tages vor der angesetzeten Hochzeit fleissig nach / da er die Wache in den Aussenwerkẽ zuversehen hatte / woselbst er sich an ihn machte / und mit greßlichem Angesicht fragete / wovor dieselben zuhalten währen /welche ihre redliche Spießgesellen fälschlich belögen / und hiedurch eine sonderliche Gewogenheit bey der Obrigkeit suchten. Alexander sahe / daß er nicht viel gutes im Sinne hatte / achtete es doch nicht groß / und gab ihm zur Antwort / aus was Ursachen [506] er ihm eine so nachdenkliche weit aussehende Frage / und zwar ausser der Kriegs-Beampten Versamblung vortrüge; er währe zwar nicht schuldig / ihm darauff zuantworten / jedoch / an den Tag zulegen / wie wenig er sich vor seinem schnarchen fürchtete / und daß er solcher Boßheit vor sein Häupt unschuldig währe / hielte er dergleichen falsche Angeber vor liderliche ehrlose Buben / aber auch dieselben vor solche / die ihn dessen etwa gedächten zu zeihen. So bistu doch ein solcher / sagte der Meiländer / und zückete alsbald seine Hellebarte. Dieser wahr damit auch fertig / und rief die anwesende zu Zeugen / daß er eine Nohtwehr zutuhn / gezwungen würde / widersetzte sich auch dergestalt / daß jener ihm nicht allein nichts anhaben kunte / sondern ihm im Gefechte die Stange in der Mitte abbrach. Alexander ward hiedurch sein Meister / wolte ihn aber nicht beschädigen / sondern sagte zu ihm: Sihe da du mörderischer Anspränger /hätte ich nicht rechts genug / dich gar nider zu stossen / wann ich mein selbst nicht schonete? Jener trat zurük / entblössete das Schwert / uñ gab zur Antwort: Bistu kein Verrähter / wovor ich dich halte / so kom her mit gleichem Gewehr / sonst wird man dich vor einen Mörder darzu schelten. Mein guter Kerl / sagte dieser / ich bliebe gleiche redlich / wann ich dir gleich mit diesem Gewehr den Lohn deines falschen Lügenmauls erteilete / aber daß ich dir auch vor dißmahl noch ein genügen tuhe / wil ich dir mein Schwert bieten. Weil sie nun beyde überaus gute Fechter wahren /gab es einen sehr ernstlichen Kampff zwischen ihnen /da sie im ersten Gange einer dem andern nichts abgewinnen / noch einige Wunde beybringen kunten; Im andern Satze bekam der Meiländer einen Stoß durch den linken Arm / und Alexander einen Hieb in das rechte Ober Bein / worauff sie durch etliche anwesende Unterbefehlichshaber von ander geschieden wurden / mit Bezeugung / sie hätten beyderseits ihren Ehren ein genügen getahn / und sich als tapfere Rittersleute erzeiget / daher sie sich mit einander vergleichen / und die Zwietracht beylegẽ möchten. Alexander wahr hierzu nicht ungeneigt / dafern der andere seine falsche Bezichtigung widerruffen würde; welcher aber von keinem andern Vertrage hören wolte / als welcher vermittelst des Schwerts geschähe / daß also Alexander den dritten Gang mit ihm antrat / in welchem sie nicht allein sich hefftig abmatteten / sondern auch beyderseits unterschiedliche / wiewol untödliche Wunden empfingen / biß endlich der Meiländer sich bloß gab / daß ihm Alexander die Gurgel halb abschnitte / jener aber zugleich von sich stieß / uñ ihm das Herz im Leibe traf / daß er alsbald niderfiel / und seinen Geist auffgab / da seine lezten Worte wahren: O mein Brelichen ich sterbe. Der Meiländer fiel zwar auch zur Erden / und gurgelte das Blut häuffig aus dem Halse / als hätte mans abgezapffet / trieb aber bey einer halben Stunde unsäglichen Jammer / biß er endlich in seinem eigenen Blute erstickete. Klodius kam gleich darzu gegangen / sahe Alexandern mit dem Tode ringen / und ließ ihn auffheben / aber die Seele fuhr gleich dahin. Er forschete fleissig nach der Ursach ihrer Feindschafft / und mit was Worten sie an einander gerahten währen / da des Meiländers Leibdiener zu ihm sagete: Herr Ober Häuptman / dieses Elende ist von etlichen Lügenmäulern zugerichtet /und lasset diesen Unter Häuptman (den er mit Fingern zeigete) nur scharf fragen / dann sol die Warheit bald an Tages Liecht kommen; erzählete auch / was vor Verleumdungen dieser und andere mehr / seinem Hauptman vorgebracht hätten. Welches Klodius also beantwortete: Ich kan bey meinen ritterlichen Ehren Zeugnis geben / dz solches nicht allein von Alexandern niemahls geschehen / sondern er vielmehr den Meiländer [507] wegen fleissiger Auffsicht gerühmet hat; aber du leichtfertiger Verleumder solt mir zur gnüge davor büssen / daß du durch dein Lügenmaul mich zweyer tapfferer Hauptleute / und eine ädle Jungfer ihres lieben Bråutigams beraubet hast. Dieser wolte anfangs sich aufs leugnen begeben / und als er sahe /daß etliche anwesende Kriegsknechte ihn überzeugeten / ersahe er seine Gelegenheit / wagete einen Sprung / und entran glüklich aus der Schantze / und ob ihm gleich etliche nachgeschikt wurden / ihn zufahen / wahr er doch so gerader Füsse / daß er ihnen allen entkam / hätte auch sonder Zweifel sein Leben gerettet / wann nicht eine Schaar Reuter aus Padua ihm begegnet währen / welche ihn kenneten / und leicht muhtmasseten / er würde wegen ůbelthat davon gestrichen seyn / nahmen ihn deswegen gefangen /und führeten ihn mit sich zurük / da er dem Ober Hauptman eingeliefert ward / welcher ihm mit der Folter dråuete / worauff er alle Mitschuldigen bekennete / und daß es aus Haß und Neid geschehen währe / weil man ihnen diesen fremden vorgezogen hätte. Die Schuldigen wurden alle nach der Hauptwache geführet / und sagte Klodius: O der elenden Hochzeit /da man die Braut mit Trauerkleidern behänget / und den Bråutigam in einen Todten-Sarg legen muß! Er ließ aber Alexanders Leichnam auff langen Spiessen zur Stad hinein tragen / uñ seine Helle Barte und blutiges Schwert neben ihn her / da er in eine ansehnliche Herberge nidergesetzet / der Meiländer aber / andern zum Abscheuh biß gegen Abend an den Galgen gehenket / und nachgehends von dem Steckenknecht in die Erde verscharret ward. Er aber ging nach des Stathalters Hof / und wahr wegen des Unfals sehr betrübet. Frl. Sibylla begegnete ihm im innnersten Platze /und bald nach ihr Fr. Sophia / welche ihn frageten /was er so traurig und schwermühtig währe / ob er nicht gedächte / daß er morgen des Bräutigams nähester Beystand seyn solte. Ach sagte er / eben darumb bin ich von Herzen betrübt / daß die morgende Hochzeit uns durch einen klåglichen fall in ein grosses Herzleid verkehret ist; Erzählete darauff kürzlich /was sich zugetragen hatte; dessen sie sehr leidig wurden / und alsbald Libussen besuchten / ihr solches anzudeuten; welche hiedurch überaus erfreuet ward /und sich doch nichts merken ließ / sondern sich neben ihnen traurig stellete / und nicht minder als sie / das Unglük beklagete / ging auch auff ihre Bitte hin zu ihrer Wasen / es auffs bescheidenste anzubringen /damit sie sich nicht zu hoch entsetzete / welche sie auff ihrem Gemache in zimlicher Verwirrung alleine fand / und zu ihr sagete: Herzgeliebete Schwester /wie seyd ihr so voller Gedanken? Leget ihr etwa bey euch über / was vor Kleidung und Schmuk ihr morgen gebrauchen wollet? Ich komme aber anjetzo zu euch /solche erfreuliche Zeitung anzumelden / wie ihr sie wünschẽ möchtet. Ach herzliebe Schwester / antwortete sie / sonderliches Glüks bin ich mir nicht vermuhten / aber was ist es / dz mich so hoch erfreuen sol? Es sind gleich diese Stunde / sagte sie / etliche Gesanten von Prage ankommen / nehmlich Herr Stanisla und Herr Struniko eure Anverwanten / nebest dem alten Wenzesla / welcher mir in stiller geheim ihre Gegenwart anmeldẽ lassen; sehet / die werden auff morgenden Ehrentag euch ansehnlichen Beystand leisten können. Ja es ist etwz / antwortete sie / wañ ein betrübtes Herz dadurch könte erfreuet werden / wiewol es dannoch einen Trost bringet. Warumb solte euch ihre Anwesenheit nicht erfreuen? sagte Libussa /bin ich doch über die masse froh / daß ich sie sprechen sol; aber ich habe sie euch noch nicht alle genennet / mein lieber Vetter Neda / euer gewesener Schatz / ist mit in ihrer Geselschafft. [508] Hierüber entsetzete sich nun Brela / daß ihr die Sprache und das Gesichte verging; schlug die Hände zusammen / wrang sie / daß ihr die Finger schmerzeten / und setzete sich nider auff die Erde / endlich fing sie mit einem Geheule an: O ihr Götter / wie straffet ihr mich so redlich wegen meines Verbrechens! O vollendet nur das wol angefangene Werk / und lasset mich / auff was weise es euch gefållet / diese Nacht meine ehr- und äidvergessene Seele ausblasen / damit ich diesen Menschen nimmermehr sehen / noch durch morgende Hochheit gar zu sehr betrüben möge. Ich erkenne und bekenne / O ihr Götter / daß ich mich an euch und ihm härtiglich versůndiget habe / daß ich diese Heyraht eingewilliget / und nicht lieber bey meinem Gn. Fråulein blieben bin; Ich hätte eurer Macht und Güte trauen / und mein getahnes Gelübde besser beobachten sollen / und daß ihr ja so leicht mich bey Ehr und Leben / als das Fräulein / hättet erhalten können. Aber O ihr redlicher Neda / mit was Augen werde ich euch / ja mit was Augen werdet ihr mich ansehen /nachdem ich gestehen muß / daß ohn alle Bedingung ich euch meine Tråue versprochen / und sie nun so schändlich und leichtfertig gebrochen habe? O meine Herzen Schwester / was sol ich machen / was sol ich beginnen? Freylich habt ihr nicht zum besten gehandelt / sagte Libussa / daß ihr eure einmahl gegebene Tråue der gestalt gebrochen / und einen andern an seine stat angenommen habt / ja einẽ Räuber / einen Räuber unser Fråulein; weiß auch nicht / ob es in Rechten könne zugelassen oder entschuldiget werden; Und ob ihr gleich unser Gn. Fråulein Befehl / und eure augenscheinliche Noht vorschützet / sage ich doch / ihr hättet das åusserste müssen abwarten / uñ dem Fråulein vorhalten / daß wie ihr nur ein Herz /einen Leib / eine Seele habet / also köntet ihr ein einziges nicht zween Herren verkäuffen oder verschenken. Doch wil ich das geschehene so genaue auff die Gold Schale nicht legen; aber bedenket / bitte ich /wie euer morgendes Hochzeit Fest ablauffen werde; Ihr kennet euren Neda / wolte sagen / euren gewesenen Neda / nunmehr aber euren verlassenen / wo nicht verstossenen Neda sehr wol / was aufrichtige und inbrünstige Liebe er zu euch getragen; wie offt er sich verfluchet / er wolte sich nicht scheuhen / mit zehnen den Streit auffzunehmen / die ihm diesen seinẽ teuren Schatz (so nante er euch) abwendig zumachen / sich dürfften gelüsten lassen. Solte er nun wol erdulden können / daß in seiner Anwesenheit ihr einem andern vertrauet würdet / da er von euch schon Ringe und ändere Sachen auff bestetigte wolbedachte Ehe empfangen hat? Ich fürchte sehr / er werde Alexandern das Braut-Bette dergestalt klopffen / daß er ohn Lebens Verlust nicht davon kommen wird / welches ich ihm nicht verdenken kan / ob er gleich ein wildfremder währe / und mir mit keinem Blutstropffen zugehörete. Ursachen hat er übrig gnug; Er wil euch aus Räubers Hand erlösen / der euer nicht werd ist; Er wil den Schatz wieder erstreiten / der niemand als allein ihm zustehet. Sehet / wer wil ihm solches wehren? Brela fiel vor Angst nider auff die Erde / gehuhb sich als eine Verzweifelte / und sagte: O meine herzallerliebste Schwester / ich bitte euch von Grund meiner Seelen / helffet mir dieser Pein ab / dann ich kan und wil nicht länger leben; öffnete hiemit ihren Busem / und fuhr also fort: Sehet / da ligen meine Messer; traget ihr nun einiges Mitleiden mit mir / so stosset mir deren eines in mein ungeträues Herz / dañ ich erkenne / den Tod wol verschuldet zu haben / und ist mir unmöglich / des redlichen Neda Angesicht zuerdulden /nachdem ich so meinäidig an ihm worden bin. Hiemit sties sie eine starke Ohmacht an / daß ihr [509] alle Sinne entgingen. Nachdem aber Libussa sie wiederum erquicket hatte / sagte sie zu ihr: Herzliebe Schwester /warumb lasset ihr diese todes Gedanken in eurem Herzen auffsteigen / ehe es auff der äussersten Spitze stehet? fasset ein Herz / und lasset uns auff Mittel und Wege bedacht seyn / ob wir diese verworrene Sache durch der gütigen Götter Hülffe und unsere Vernunfft noch also loßwirken möchten / daß beydes euch und dem geträuen Liebhaber Neda ein Genügen geschen könte. Ach nein ach nein! sagte Brela / daß sind vergebliche Anschläge; dann Alexander låsset mich nun und nimmermehr fahrẽ; so möchte Neda vielleicht demselben / als dem Räuber seiner gewesenen Braut zusetzen / aber was wird er meiner als einer Träulosen achten? Ich wolts ihm selber nicht rahten. Ich sage euch / fasset einen Muht / antwortete sie / ich bin gnugsam / aller dieser Schwürigkeit abzuhelffen / wie unmöglich es euch gleich vorkomt; aber ihr müsset mir zuvor den Grund eurer Seele öffnen / und auff etliche Fragen richtigen Bescheid geben; deßwegen saget mir / wann euch Zeitung kähme / Alexander währe ohngefehr erstochen / und Neda hätte aus Ungeduld seiner gegen euch tragenden Liebe sich selbst entleibet / welches würde euch aufs härteste kränken. Ach meine Freundin / antwortete sie / was kan man durch Frage und Antwort groß außrichten? würde jener erstochen / so müste mans schätzen als einen wolverdienten Lohn seines ehmahl geführten Lebens; aber meinet ihr / daß ich eine Stunde meine Seele in mir leiden würde / wann ich hören solte / daß der auffrichtige Liebhaber Neda die seine umb meinet willen außgeblasen hätte? Darauff ging eine starke Trähnenbach auß ihren Augen hervor / und baht durch alle Götter / ihr in dieser verzweiffelten Sache / guten Raht / wo einiger übrig währe / mit zuteilen. Ihr Verbrechen währe ihr herzlich leid / und daß sie mit einem andern sich verkoppelt hätte. Diese Busse ist schon ein guter Anfang / eure Sache auff bessern Fuß zusetzen / aber sie wils noch nicht außmachen / sagte Libussa / sondern wann ich meine Kunsthülffe hervor suchen sol / müsset ihr mir bey eurem äide sagen / ob ihr willens seid / dem frommen Neda die geschehene Zusage zu halten / da es in eurer Macht stehen / und Alexander nicht wiedersprechen wird; dann solten die Götter es fügen / daß Alexander nicht allein sich euer begäbe / sondern noch wol einen grossen Teil seiner Schätze euch zuwendete / und ihr würdet / durch solchen Reichtuhm auffgeblasen / den guten Neda hernach verachten und zurük setzen / währe meine angewante Mühe nicht allein umbsonst / sondern dürffte dannenher noch viel ein grösser Unglük entstehen. Ja meine Schwester / antwortete sie / währe mein Glük in dem Zustande / wie ihrs entwerffet / würde das übrige eine unnütze Sorge seyn / dann was könte mir gewünschter seyn / als daß mir frey stünde / meinem Neda / ja ich sage noch diese Stunde / meinem Neda das versprochene zu halten? weil ja einzig und allein in diesem Stük meines zuschlagenen Gewissens Ruhe und Befriedigung bestehen würde. Darumb so tichtet und wirket was ihr könnet und möget / daß Alexander sich meiner nur begebe / und Neda meines Verbrechens wegen nicht auff mich zůrne / mit seinem Reichtuhm mag er zihen wohin es ihn gelüstet / ich begehre davon nicht einen Heller. Nicht also meine Schwester / nicht also / sagte Libussa / sondern ihr sollet und müsset aller seiner Schåtze einige und warhafftige Besitzerin seyn und bleiben; und höret weiter zu; ich spreche euch quit / frey und loß von Alexander dem See Råuber / und solches auß Krafft und Befehl aller Götter. Hiemit schwieg sie stille / und lächelte ein wenig / daß [510] Brela sie daher vor unwitzig schätzete / und zu ihr sagete: Schwester / wie bezeiget ihr euch so selzam? haben euch die Götter einigen Befehl er teilet? Ja ich meine Alexander werde sich daran groß kehren. Er hat sich schon daran gekehret / antwortete sie / uñ sich dem Willen der Götter unterworffen; fraget ihr aber wie? er hat vor einer Stunde mit dem Meiländer welchen ihr kennet / einen blutigen Kampff gehalten / und sind beyde auff dem Platze Tod blieben /der eure / Gott Lob mit Ehren / und jener mit Schande. Brela erzitterte hierüber / und sagete; ach was saget ihr mir / geliebte Schwester? versichert euch auff mein äid / antwortete sie / daß sichs anders nicht verhält / und also seid ihr / dem Himmel sey dank /dieses Bräutigams loß / den ich euch noch niemals gegönnet habe. Brela fing auffs neue an ihre Trähnen zu vergiessen / und sagte; Nun kan ich wol sagen / daß der gute Alexander mich mit ungefälschter Liebe und Träue gemeinet hat / und sind die Götter meine Zeugen / daß umb solcher herzlichen Zuneigung willen ich ihm solchen Unfal nicht gönnen wolte / da von dem gezwungenem Bande ich auff andere weise hätte können loßgemacht werden. Ich aber / sagte Libussa /wil deßwegen wieder die Götter nicht murren / dann /die Warheit zusagen / hat michs nicht ein geringes verdrossen / daß der Grieche / der gleichwol ein See-Räuber gewesen / und an meiner Gn. Fräulein entführung grosse Schuld träget / dasselbe besitzen solte /was mein geliebter Vetter ihm vorhin mir grosser Mühe erworben hat; dañ ich erinnere mich noch gar wol / was er umb euret willen getahn und erlitten / ehe er euch zur Gegenliebe bewägen kunte. Bedenket den gefährlichen Kampff / welchen er mit den Nachtschergen hielt / da er euch in vermummeten Kleidern den ansehnlichen Auffzug brachte; ja was hat er von seinen eigenen Leuten erdulden und außstehen müssen /die ihn mit aller Macht von euch abzutrennen / sich bemüheten / und ihm Herr Vratislaen Tochter wegen ihres treflichen Brautschatzes anschmieren wolten / da hingegen ihr euren Vormünderen / umb daß sie eure Güter verschwendet / nicht sonderlich zu danken hattet; aber er ließ euret wegen Vater / Mutter / Schwester und Anverwanten immerhin murren und machen /und schätzete bloß eure Tugend höher als aller Welt Reichtuhm. Diese Tråue haben ihm die Götter nicht töñen unbelohnet lassen / sondern ihn so hoch beseliget / daß er seinen unrechtmässigen Mitbuhler auch nicht eins lebendig hat sehen sollen / dem er ohndas würde den Hals gebrochen haben / da er ihm seine vertrauete mit willen nicht hätte wollen folgen lassen. So betrachtet nun dieses / herzgeliebte Schwester /und gedenket nicht / daß ich mehr meines Vettern als euer bestes suche; ihr selber wisset / daß ich ungleich vertraulichere Freundschafft mit euch / als mit ihm gepflogẽ habe / ungeachtet er mir eines Schrits näher verwand ist / als ihr seid; Und werdet ihr nun eurem jeztgetahnem versprechen ehrlich nachkommen / habt ihr an künfftigem Glük nicht zu zweifeln. Brela gab ihr zur Antwort: Es verhält sich alles wie ihr saget /und zweiffele nicht / die Götter haben es also gefüget / deren Ordnung ich nicht brechen / noch ihre schickungen hindern kan; es sey aber wie ihm wolle / wann ich bedenke / wie grosse Ehr und Zucht mir Alexander auff dieser ganzen Reise erwiesen hat / kan ich anders nicht / als über seinen Fal von Herzen betrübet seyn. Solches ist billich / sagte Libussa / uñ im wiedrigen würdet ihr euch dem Laster der Undankbarkeit nicht entbrechen können; aber doch zihet euch die Sache nicht zu sehr zu Herzen / und gedenket / daß gleichwol die erste Liebe am festesten bindet. Versichert euch / sagte Brela / [511] was eurem Vetter Neda ich vor diesem versprochen habe / sol forthin an meiner Seiten tråulich gehalten werden / nachdem ich wieder frey / und nach der Götter schickung mein eigen bin; ich fůrchte aber sehr / er werde sein Gemůht von mir gar abwenden / wañ er vernehmen sol / daß ich mich einem andern verlobet; möchte ihm auch die Gedanken machen / als håtte Alexander an mir weiteren Genies gehabt / als Jungfråuliche Keuscheit und Zucht leiden kan; da er nun deßwegen einigen Zweiffel in mich setzen solte / würde ich mein Herz so weit von ihm abkehren / als nahe ichs ihm vorhin zugewendet habe. Dieses lasset mich machen / sagte Libussa / und bleibet inzwischen in eurer Leidklage; dann daß Frauenzimmer wird schier da seyn / euch zu trösten / da ihr jetzigem Stande schon wissen werdet / euch gemäß zuhalten; ich gehe gleich hin nach den Bömischen Gesanten / welche mich haben zu sich fodern lassen. Als sie den Abtrit nam / kam alsbald das Frauenzimmer herzu / uñ funden Brelen mit Trähnen fast genetzet / weil ihr dannoch der klägliche Fal zu Herzen ging / und sie zugleich wegen Ritter Neda ankunfft nicht wenig bestürzet wahr. Es sprach ihr aber das Frauenzimmer / insonderheit Fr. Agatha vielfältigen Trost ein / als welche ihren und ihrer Wasen Unfal dermassen außzustreichen wuste / daß diese endlich gestund / ihr Unglük währe damit nicht zuvergleichen. Libussa machte sich inzwischen nach den Bömischen Herren / die etwa vor zwo Stunden ankommen wahren. So bald sie bey ihnen anlangete /meldeten sie ihr der Königin gnädigsten Gruß und Willen an / frageten daneben / ob nicht Zeitung von ihrem Gn. Fräulein einkommen / und ob ihr König Ladisla dem Teutschen GroßFürsten Herkules bald gefolget währe; worauff sie ihnen alles erzählete / was sie von dem Fräulein und sonsten deren Nachsuchung erfahren hatte / machte ihnen auch gute Hoffnung / sie würde von H. Herkules und ihrem Bruder Ladisla sonder zweiffel erlöset / und gesund wieder heimgebracht werden; doch gedachte sie ihrer Wasen Brelen mit keinem Worte / biß sie Gelegenheit bekam / mit Ritter Neda allein zu reden / zu dem sie sagte: Geliebter Vetter / ich bitte / mir zu sagen / was euch verursachet habe / diese beschwerliche Reise zu tuhn; ich gläube kaum / daß eure Eltern euch mit gutem Willen haben zihen lassen. Geliebte Wase / antwortete er / es ist wie ihr saget; aber nachdem ich meinen Eltern eins vor alles zuverstehen gegeben / daß ich mich von ihnen nicht wolle in die Kammer versperren lassen /noch ihnen die Hünereyer auff der Scheuren zusammen lesen / haben sie wol müssen friedlich seyn. Wie aber stehets umb eure Liebe? fragte sie weiter / habt ihr die reiche Jungfer Wisna / Herrn Vratisla Tochter euch schon beylegen lassen? Davor behüten mich die Götter / sagte er / daß ich die meiner liebsten Brelichen einmahl getahne Zusage brechen solte. Libussa stellete sich hierauff ganz traurig / und antwortete: Ach geliebter Vetter / dieser Liebe werdet ihr euch müssen entschlagen / welches niemand lieber als euren Eltern seyn wird. Er entsetzete sich über diesem Vorbringen / und fragete / ob sie irgend wiedrige Zeitung von ihr wüste. Ja / sagte sie / leider mehr dann gar zugewisse Zeitung / dann sie hat einem Griechischen Aedelman / der sie rauben helffen / doch wieder ihren Willen / eheliche Liebe und Träue verheissen /und vor ihren Brätigam annehmen müssen / und daß ichs euch umständlich erzähle / hat unser gnädigstes Fräulein sie hart darzu genöhtiget / weil vor erst ihre Durchl. uns wegen ihres Zustandes sonst nichts håtte berichten können; vors ander / weil meine Wase dem Parther Könige als ein Kebsweib hat sollen [512] zugeführet werden / welcher sie / so bald er eine schönere angetroffen / wůrde verstossen / und entweder einer andern zur Magd / oder seinen Buben zum schåndlichen Muhtwillen übergeben haben; daher hat sie aus zweien bevorstehenden übeln das leichteste erwählen / und lieber in die ungenehme Ehe / als jene unwiederbringliche Schande einwilligen müssen / welches weder ihr noch einiger ehrliebender Mensch ihr verargen wird /massen in ihrer Macht nicht stund / euch das versprochene zuhalten / und zweiffele ich nicht / ihr werdet ihr lieber Ehre als Schande gönnen / weil ihr sie doch vor eine verlohrne halten müsset. Dieser Rede / ward Neda so traurig / daß er kein Wort sprechen kunte; die Trähnen drungen ihm häuffig auß den Augen / und entging ihm alle Krafft so gar / daß er gezwungen ward / sich niderzusetzen / biß er endlich sich erhohlete / und folgende Antwort gab: Herzliebe Jungfer Wase / ich muß bekennen / daß sie an ihrer und meiner Seite besser getahn hat / eine wiedrige Ehe / die gebrochen werden kan / als öffentliche Schande / die unwiederbringlich ist / zuerwählen / weil ja eines hat seyn müssen; ich aber werde nicht ruhen / biß ich sie fundẽ / und von diesem gezwungenen Bande gefreiet habe. Je mein geliebter Vetter / was redet ihr da? sagte sie; bey leibe gedenket ein solches nicht; geschehene Dinge sind wol zubeklagen / aber nicht zu endern; und was woltet ihr euch durch eines andern Wunde selbst ermorden? es sind ja mehr Weibsbilder in der Welt / und müste schade seyn / daß meine Wolfahrt so gar nur auff einen Grund gebauet währe / daß nach dessen Hinwich ich zugleich mit drauf gehen solte; und wie woltet ihr ihm tuhn / wañ sie gestorben währe! woltet ihr in die Erde steigen und sie wieder hohlen? Ich wolte alsdann sagete er / keine Stunde nach ihr im Leben bleiben. Ist dañ / fuhr sie fort / die einige Brela euch nur gerecht und eben? lieber bedenket euch eines bessern / und stehet ab von solchem Irrewahn; sehet da / ich weiß hieselbst eine schöne ädle / Reiche / Junge / Tugendhafte Jungfer / die wil ich euch zufreien. Alles vergebliche gedanken / antwortete er / dann mein Geist hat schon vorlängst geschworen / daß weder meine Begierden / noch mein Leib /einiges Weibsbildes / ausser meiner Liebsten Brelen teilhafftig werden sollen. Ein steifer Sinn / wie ich vernehme / sagte sie; aber was hätte ich bey euch verdienet / wañ ich noch ein Mittel wüste / euch eure Brelen wieder in die Hand zu spielen? Dieser erboht sich hierauff / er wolte sich aller seiner Erbschaft willig begeben / und ihr solche schrifftlich vermachẽ. Worauff sie ihn nicht länger ängsten wolte / sondern zu ihm sagete; Herzlieber Vetter / ob gleich meine Güter eben so groß nicht sind / sollen mich dannoch die Götter behüten / daß ich euer väterliches Erbe eines Fusses breit schmälern wolte; aber vernehmet vor erst meinen Zustand. Ihr wisset / daß euer geträuer Freund Ritter Leches meine Liebe / eine zimliche Zeit her gesucht hat; die ich ihm allemahl standhafftig versaget / und mag dessen Ursach euch vielleicht nicht unbewust seyn / daß nehmlich seine gnug spöttische Schwester / meiner bey anderen adelichen Jungfern dermassen verächtlich gedacht / als tröge ich mich vergeblich auff ihren Bruder / dem wol ein ander Glük bescheret währe; daher ich mir gänzlich vorgenommen hatte / seinem Ansuchen nimmermehr stat zu geben / habe ihm doch die Ursach allemahl verschwiegen / damit Unglük vermieden bliebe; weil er aber neulich in Rettung meiner sich so hefftig bemühete / hab ich ihn endlich vor meinen liebsten angenommen; doch ist er mit unserm Könige fortgereiset /und hat mir vor weniger Zeit an Gold und Kleinoten viel tausend Kronen wert übergemacht. [513] O du glükseliger Leches / antwortete er / wie wandelbahr ist des Glückes Rad; ich gedenke der lieben Zeit / da du mich den seligsten / und dich den verworffensten nennetest; nun aber hat sich das Spiel gar verkehret; doch / geliebte wase / saget mir / bitte ich / durch was Mittel ich zu ihr gelangen könne; solte ich dann darüber zu grunde gehen / wil ich euch zuvor zur einigen Erbin aller meiner Güter einsetzen / welches / wie ich durchaus nicht zweiffele / unsers Königes Gemahl alhie bekräfftigen sol. Nun nun / sagte sie / gebet euch zu frieden / ihr solt nicht drüber sterben / sondern sie ohn alle Mühe erhalten / wañ ich nur einwilligen werde. Neda stund auff / fiel ihr umb den Hals / und küssete sie so inniglich / daß sie ihn deßwegen straffen muste. Wie stellet ihr euch so unbendig? sagte sie / ich kan wol schwören / daß mich nie kein Mannesbilde dergestalt gehöhnet / und wann ihr nicht meiner Stief-Schwester Sohn währet / würde ichs trauen an euch eifern. Neda baht umb Verzeihung / zweifelte nicht /die nahe Blutfreundschafft würde ihn von allem ungleichen Wahn leicht befreyen und loßsprechen. Ja sagte sie / in Ansehung deren sol euch auch Verzeihung widerfahren; aber vernehmet nun / wie die Sachen stehen. Es ist nicht anders / daß eure Liebste auff unser Gn. Fräulein Willen und Befehl mit einem Griechischen Ritter / Nahmens Alexander in der Stad Tyrus sich ehelich hat versprechen müssen / welcher ihr hingegen äidlich angelobet / sie keinerley weise zuberühren / biß er sie in Italien nicht weit von hinnen würde gebracht haben / da er überdas den bestimmeten Tag zur Hochzeit abwarten solte. Nun hat er ihr solchen äid unbrüchig gehalten / wie meine Wase mir mit höchster Beteurung gemeldet / und ich / angesehen er ein Tugendhaffter auffrichtiger Aedelmann ist / billich glåuben muß / und ist der morgende Tag zum Beylager und Hochzeit Fest berahmet. Wehe mir armen fiel er ihr in die Rede / ist das der Trost / den ihr mir versprochen habt? Aber sagt mir Herzen Wase / werdet ihr bey der Hochzeit auch mit erscheinen? Welch eine Frage ist diß? sagte sie / sol ich doch ihr nähester Beystand seyn. Gar wol / antwortete er / so wird der Affter Bräutigam entweder auff mein Einsprechen abtreten / oder ich werde auch sein nähester Beystand seyn doch also / daß entweder er oder ich das Leben drůber einbüssen. Ich würde euch dieses selbst heissen wanns je nöhtig währe / sagte sie / aber nun bedarffs dessen keines / dann der vermeynte Bräutigam ist etwa vor zwo Stunden von seinem Spieß Gesellen im absonderlichen Kampffe erstochen / und also meine Wase ehe Witwe als Frau worden. Herzgeliebte Wase / sagte er / wie möget ihr mich dergestalt aufzihen / und mit meiner hefftigen Liebe einen so leichten Spot treiben? Versichert euch / sagte sie / daß ich die lautere Warheit rede / als gewiß ich begehre in der Götter Gnade zuverbleiben; Ob sie aber euch wieder annehmen wolle (sagte sie / da er sich frölich bezeigete) ist mir unwissend / massen sie von ihrem todten Bräutigam über XVII Tonnen Schatz an lauter Baarschaft / Kleinoten und verkaufften Landgütern geerbet hat / welcher grosse und weltbeliebte Reichtuhm gar leicht einen grossen Römischen Herrn zu ihrer ohn das gnug wirdigen Liebe bewägen dürffte. Ich weiß nicht / sagte Neda / wie ihrs mit mir im Sinne habt; Wann ich mich fürchte / dann tröstet ihr mich; empfahe ich dann etwas Freude in meiner Seele / so stürzet ihr mich nur immer in tieffere Verzweifelung; drumb bitte ich euch umb unser nahen Verwandschafft willen / erlöset mich aus der Angst / in welche ihr mich geführet / und versichert euch / daß ich mich dermassen dankbar erzeigen wil /daß ihr daraus mein Herz erkennen [514] sollet. Saget mir /antwortete sie / von keiner Dankbarkeit / ich bin schuldig / als euer Mutter Schwester euer bestes zuwissen / und höret nun den rechten Ausschlag: Jungfer Brelen Bräutigam hat sich mit ihr nunmehr hieselbst XIII Tage auffgehalten / und ist alles ergangen / wie ich schon vorhin angezeiget habe; Morgen hätte ungezweifelt die Hochzeit seyn sollen / worauff alles auffs beste ist zugerichtet / und XVI Tausend Kronen ausgegeben worden / aber ohn Zweifel aus sonderbahrer Versehung der Götter hat er müssen vor dem Beylager nidergestossen werden / damit ihr euer Brelichen (die in Warheit ein liebes Bildichen ist) rein und unbeflekt bekommen soltet / welche diese Tage über stets mein Stuben- und Schlaff Geselle gewesen ist /und ich wol weiß / daß sie noch nie eines Mannes schuldig worden. Sie hat aber von eurer Anwesenheit noch keine Wissenschafft / ist auch wegen des Unfals / welchen ich ihr angemeldet / etwas betrübet / doch als eine / die durch euch fein wird zutrösten seyn /weil diese Ehe ihr sehr zuwider wahr; und möget mir kühnlich trauen / daß ich euer bestes tuhn / und nicht ablassen werde / biß ich eine beständige genehme Erklärung von ihr bekomme / und euch zum reichesten Herrn in Böhmen machen helffe. Neda sahe sie mit blinzenden Augen an / und antwortete: O ihr meines Glüks einige Meisterin; nehmet euch meiner an / und schafft mir Ruhe in dieser Pein. Die Götter wissen /daß ich ihren Reichtuhm nichts achte / ja vielmehr wünsche / dz sie dessen möchte ohne seyn / weil sie dadurch nur stolz und mir ungewogen werden kan. Gebet euch zufrieden / antwortete sie / und lasset mich machen / morgen früh wil ich euch Zeitung bringen / die euch verhoffentlich ergetzen sol. Aber ich habe jezt nicht länger Zeit alhie zuharren / sondern wil gehen / und eure Ankunfft dem Stathalter zuwissen tuhn / dann so ihr euch zu lange werdet heimlich halten / dürffte ihn solches verdriessen / oder zum wenigsten argwöhnische Gedanken erwecken. Also schied sie von ihm / uñ berichtete Herrn Fabius / was gestalt ihre Allergnädigste Königin etliche Gesanten hergeschicket hätte / umb zuerforschen / ob nicht Zeitung wegen ihrer allerliebsten Frl. Tochter einko en währe; hätten auch unterschiedliche Schreiben / so wol an den Herrn Stathalter / als an ihre Gn. Frau Sophien bey sich. H. Fabius befahl alsbald seine Gutsche anzuspannen / und die Gesanten aus der Herberge zuhohlen / welches Klodius verrichtete / und sie von dem Stathalter und Fr. Sophien gar freundlich empfangen wurden / legten hernach ihren Gruß ab /und überreicheten die Schreiben von der Königin und den Land Ständen untergezeichnet / und über diese noch eines / von der Königin absonderlich an ihre geliebte Schnuhr geschrieben. Diese zulesen / nam der Vater einen Abtrit mit der Tochter ins Neben Gemach / da sie beyder Schreiben gleichmässigen Inhalt funden / daß die Königin uñ sämtliche Landstånde des freyen Königreichs Böhmen sich hoch erfreueten / dz nach der Götter sonderbarer Schickung ihr Herr Sohn und Erb König mit einem so hochansehnlichen Römischen Herrn sich befreundet / und ein Tugendreiches verständiges / der Königlichen Krone gnug wirdiges Gemahl überko en hätte. Weil sie dann schmerzlich erfahren / daß ihr Herr Sohn und König dem geraubeten Durchleuchtigsten Königlichen Fräulein nachzihend / sich in abgelegene Landschafften begeben / als båhten sie instendig / der Hochmögende Herr Stathalter ihnen ihre künfftige Königin unwegerlich zuzihen lassen wolte / damit sie zeit ihres Königes Abwesens / derselben gebührlich aufwarten / und an die Hand gehen möchten / welches der añoch herrschenden [515] Königin und des ganzen Königreichs Wunsch und begehren währe; und erböhte sich die Kron Böhmen /biß an ihre Freyheit / dem Römischen Reiche alle mögliche Freundschafft zuerweisen. In dem absonderlichen Briefe aber überschrieb die alte Königin Fr. Sophien mütterlichen Gruß und Liebe / gab die Begierde / ihre herzgeliebte Fr. Tochter zu sehen / an den Tag / und beklagete den Verlust ihrer Fräulein Tochter Frl. Valisken / als welcher verursachete / daß auch ihre Fr. Schwieger Tochter ihres Gemahls / ja das ganze Land ihres Königes entrahten müste; Schließlich baht sie / ihr mütterliches Herz und das ganze Land durch ihre hochbegehrte Gegenwart zuerfreuen / und der Beherschung nach ihrer gerühmten Weißheit mit vorzustehen. Nach Verlesung sagte Herr Fabius: ihm zweifelte nicht / die Königin und Landstände sucheten dieses mit auffrichtigem Verlangen /gestaltsam ihm der Mitternächtigen Völker Gemühter gnug bekant währen / welche nicht nach Römischer böser Art / ein anders auff der Zungen uñ in Briefen /als im Herzen führeten; möchte deßwegen seine Tochter ihre Meynung andeuten / was sie zu tuhn willens währe. Diese gab ihm zur Antwort: Sie währe zwar ihrer Schwieger der Fr. Königin und den såmtlichen Landständen verbunden / ihrem begehren stat zugeben / weil die Götter ihren Sohn und König ihr zum Gemahl bescheret hätten; Wann sie aber bedächte /daß ihr lieber Ladisla abwesend / und / welches die Götter gnädig verhüten wolten / er in der fremde sein Leben enden solte / wie es ihm schon nahe gnug gewesen / währe die Reise nach Böhmen nichts / als eine vergebliche Mühe / weil sie nicht gewillet währe / nach dessen Tode daselbst lange zuhausen. Uberdas währe dem Königreich mit ihrer Gegenwart wenig gedienet / nur daß die Königlichen Unkosten dem Lande gedoppelt würden; hätte demnach / wañ ihr Herr Vater einwilligen könte / in ihrem Herzen beschlossen / ihres Gemahls Wiederkunfft hieselbst zu Padua zuerwarten / alsdann würde sie schuldig seyn / dessen Willen nachzukommen / wie ers ordente. Fabius hörete gerne / daß sie mit ihm gleicher Meynung wahr /gingen in den Saal / da man zur Abendmahlzeit anrichtete / und wurden die Königliche Gesanten der Gebühr bedienet / gegen welche insonderheit Fr. Sophia sich gar leutselig bezeigete / beklagete auch mit Trähnen den schmerzlichen Verlust der Königlichen Fräulein / und daß in der fremde sie sich dergestalt müste umher schleppen lassen; berichtete doch daneben / wie sie nicht allein vor weniger Zeit ihres annoch guten ergehens gewisse Zeitug gehabt / sondern auch die Göttliche Antwort und Zeichen der Opffer /ihre fröliche Wiederkunfft eigentlich verhiessen. Libussa wahr nicht mit zu Tische / gab vor sie müste bey ihrer hochtraurigen Wasen Jungfer Brelen bleiben / und ihren grossen Kummer durch ihren Trost etwas lindern und benehmen; wiewol dessen wenig gedacht ward / sondern ihr Gespräch wahr stets von Ritter Neda / dessen beständige Liebe und Träue sie dergestalt heraus zustreichen wuste / daß sie hiedurch das halberloschene Feur in dem Herzen dieser Liebhaberin völlig wieder auffbließ / welche / da sie vernam /wie Neda willens gewesen / sie durch einen Kampff von Alexander loß zumachen / und ungeachtet er sie schon geheyrahtet hätte / zum Weibe zunehmen / sich nicht enthalten kunte / daß sie endlich sagete: O du geträuer beständiger Freund und Liebhaber / dessen Auffrichtigkeit ich mehr als einen Beweißtuhm eingenommen / wie bößlich habe ich mich an euch versündiget / daß ich einem andern das eure versprochen; billicher hätte ich mich ins Meer stürzen / als an euch meinäidig werden [516] sollen. Jedoch was hiedurch ich wider meinen Willen und aus höchstgezwungener Noht begangen habe / sol von mir in andere Wege ersetzet werden / bin auch der gänzlichen Meynung / es haben die Götter es also geschicket / daß ich euch wiederumb zugeführet würde; werde aber / herzallerliebste Schwester / nicht ruhen / biß ich mich dankbar gegen euch bezeiget / welches ich nur so lange auffschieben muß / biß mein Neda und ich uns dessen beredet haben. Die Gesanten / ausser Neda / wahren wegen Brelen Wiederkunfft noch unberichtet / biß ihrer bey der Mahlzeit ohngefehr Meldung geschahe /worüber Herr Struniko / ihr naher Blutsfreund höchlich erfreuet ward / und sich ihres Zustandes völlig berichtẽ ließ / da sie nachgehends eins wurden / sie folgendes Tages in ihrer Traurigkeit zubesuchen. Die ganze Nacht kunte Brela nicht ruhen / dann der Schrecken mit Begierde vermenget / ließ ihr den Schlaff nicht zu; aber gegen Morgen kam ihr vor / wie Alexander in bleicher Farbe / und mit Blute gar besprützet / sie bewäglich anredete: Sie möchte seine geträue Liebe nie mit Undank vergelten / sondern ihm zu Ehren XX Trauer Wochen aushalten / sonsten würden die von ihm geerbeten Schätze ihr durch Räubers Hand geno en / und sie in Lebens- und Ehrengefahr gerahten. Worüber sie dermassen erschrak /daß sie aus dem Schlaffe fuhr / und wie ein Espenlaub zitterte; wolte doch Jungfer Libussen nichts davon melden / wie stark sie gleich anhielt / ihr die Ursach solcher Verenderung und Schreckens anzuzeigen /sondern nam ihr äidlich vor / das Beylager vor Ausgang der XX Wochen durchaus nicht zuhalten. Da sie nun des Morgens auffstunden / und Libussa ihr Gespräch von Neda wieder anfing / in meynung / sie zubereden / dz in kurzer frist die Hochzeit angestellet würde / ward sie der Anmuhtung etlicher massen unwillig / und sagete: Sie erinnerte sich ihrer genommenen Abrede / dabey solte es ihres teils sein verbleiben haben / jedoch unter zwo Bedingungen; Als vorerst wolte sie umb böse Nachrede zumeiden / die angesezte Zeit halten / welches sie hiemit äidlich angelobete; Hernach müste sie versichert seyn / daß nicht schier heut oder morgen ihr Neda schimpflich vorhielte / daß sie aus gezwungener Noht / und um Rettung ihrer Ehren / sich mit Alexandern so weit eingelassen hätte; dann solte sie davon das geringste im Schimpff oder Ernst hören / würde ihr solches schmerzlicher seyn /als der Tod selbst; Dafern nun Neda sich dieser beyden Anmuhtungen / nicht bündig gnug heraus lassen könte / währe ihr unbewäglicher Vorsatz / ihr ganzes Leben in Jungfräulichem Stande zuzubringen. Libussa saye / daß sie ernstlich uñ aus Herzengrunde redete / durffte ihr demnach nicht widersprechen / wie sehr ihr gleich im Anfange die erste Bedingung zuwider wahr / sondern sagte zu ihr: Geliebte Schwester / das erste stehet ganz in eurer Macht / wiewol mir in etwas mißfålt / daß ihreuch åidlich dazu verbindet. Ich ruhe solcheß / sagte Brela / umb meiner Ehre willen / und sonsten aus einer höchstwichtigen Ursach / welche ihr dereins erfahren sollet / deswegen ist von diesen XX Wochen kein einziger Tag / ja keine Stunde abzuhandeln. Ich lasse es gut seyn / antwortete Libussa; Das andere aber betreffend / davor wil ich euch mein Leben zu Pfande setzen. Ach nein / sagte Brela /davor kan mir kein Mensch / als er allein / gut sagen /und wird er sich daher gefallen lassen / mir dessen einen schrifftlichen / und zwar gnug gültigen Schein heraus zugeben / weil ich mich hierin nicht zu wol verwahren kan / und dañoch scheuh trage / es ihm anzumuhten. Er wird es aber mit ganz gutem Willẽ tuhn / antwortete sie; nur saget mir / wz euret wegen ich ihm einliefern sol / [517] daraus er eure Gunst und beharliche Liebe in etwz spüren möge. Noch zur zeit nichts /sagte Brela / biß auf mein doppeltes begehren ich seine runde erklärung habe; hernach wil ich alles nach eure gutdünken machen / uñ von meinen Geldern uñ Kleinoten ihm so viel zustellen / dz er meines guten willens gnugsame Kundschafft haben sol. So gehe ich hin / sagte Libussa / alles nach eurem Willen an ihn zu fodern / welches er / wie ich weiß / williger leisten wird / als ihrs von ihm begehret. Neda war gleich aufgestandẽ / da sie zu ihm kam / die andern aber lagen noch auff ihrem Lager; als er sie nun sahe / trat er ihr entgegen / und nach wünschung eines glükseligen Morgens fing er an: Herzgeliebete Jungfer Wase /bringet ihr mir Leben oder Tod? Ich bringe euch dessen nichts / antwortete sie; das Leben habt ihr schon; den Tod begehre ich euch nicht anzuthun; wisset aber / daß ich euretwegen mit meiner Wasen sieder gestrigem abscheiden / mannicherley Reden gepflogen /und weiß sie dero euch vor diesem gegebener Träue sich noch wol zuerinnern / würde auch ausser der höchsten Noht die kein Gesez hat / einem andern neben euch sich nimmermehr versprochen haben / wie schon von mir ist angezeiget worden. Wollet ihr aber in vorige Gunst wieder angeno en seyn / werdet ihr euch unbeschweret erzeigẽ / zweyerley Bedingungen ohnwegerlich auff euch zu nehmen; hielt ihm dieselben kürzlich vor / und sagte nachgehends; nun erkläret euch bald / ob ihr dieses eingehen / welches meines bedünkens so gar schwer nicht ist / oder im wiedrigen lieber wollet / daß sie sich noch diesen Tag der ewigen Jungfrauschafft äidlich verlobe. Neda antwortete; ob ihm gleich daß erste nicht lieb währe / befünde ers doch in Erbarkeit und Tugend gegründet; im andern hätte er sich durchaus nicht zubeschweren /angesehen / kein ehrliebender Mensch sie hierin verdenken könte / sondern müste ohn bedingen an ihr rühmen / daß sie / Laster zu meiden / sich selbst überwunden / und Alexandern die Ehe versprochen hätte; seid demnach gebehten / fuhr er fort / und hinterbringet ihr solches neben Anmeldung meiner bereitwilligsten Dienste. Nein lieber Vetter / sagte sie / vor dißmahl wil es mit mündlicher Erzählung nicht geschlichtet seyn / sondern ehe ihr mit ihr zureden kommet / wird solches schrifftlich von euch geschehen müssen / alsdann hat daß Ding seine richtigkeit. Neda wahr hierzu bald fertig / sahe ein Schreibzeug mit allem zubehör auf dem Tische stehen / schnitte eine neue Feder / ritzete in seine linke Brust und schrieb mit dem außgetropfeten Blute folgenden Brieff:

Hochädel-gebohrne Jungfer / herzgeliebete vertrauete Freundin; Was meine vielgeehrte Wase Jungfer Libussa mir / euer Hochädl. Tugend ergebenem Knechte vorgehalten / daß vorerst deroselben beständiger Vorsaz sey /vor Ausgang der nähesten XX Wochen das Beylager nicht zu vollenzihen; Hernach / sie von mir nicht gewärtig seyn wolle / daß so wenig im Scherz als Ernst ihre dem weiland Wolädlen Herrn Alexander getahne eheliche Versprechung ihr aufgerucket / viel weniger als unlöblich vorgehalten werde; So verspüre aus dem ersten Ihrer Hochädl. Tugend ehrliebendes Gemüht / ich zu voller Gnüge / in dem sie bösen Lästermäulern vorzubeugen geflissen ist. Das andere wird deroselben kein redlicher Mensch verdenken / angesehen ihre Ehre zuretten kein ander Mittel gewesen. Und verspreche ich bey meinen ritterlichen Ehren / daß nicht allein in diesem / ihrem Willen ich mich allerdinge gemäß bezeigen / sondern / als lange einiger Blutstropffen in mir übrig ist / seyn und verbleibẽ wolle meiner herzgeliebten Jungfer und vertrauten Freundin in allem / was ihr gefallen kan / bereitwilligst-gehorsamster Knecht Neda.

Libussa laß dieses / und sagte; Nun wartet meiner; über ein wenig wil ich euch beständige Antwort bringen; ging eilig zu ihrer Wasen / welche sie gar schwermühtig fand / und [518] fragete / was ihr anliegen währe. Saget mir zuvor bescheid von meinem Neda /antwortete sie / alsdann wil ich euch mein hefftiges Anliegen nicht långer verhehlen. Wie? sagete diese /zweiffelt ihr wegen des bescheides? hieselbst habe ich ihn in der Hand / und zwar mit seinem Blute geschrieben / welches er unter seinem Herzen heraus zapffete /daß ihr ja nicht zweiffeln möchtet / ob ihm von Herzen gehe / was er alhie verheisset. Brela entsetzete sich davor und sagete: Es ist mir leid / das ich schriftliche Versicherung an ihm begehren / uñ seine Redligkeit in zweiffel setzen dürffen; nam hiemit das Schreiben zur Hand / lase es mit fleiß durch / und sagte nachgehends; ich wil diesen Brieff nicht behalten / sondern ihm denselben wieder zustellen / damit er hieraus nicht Ursach zu unwillen nehme. Bey leibe nicht / antwortete Libussa / er würde sich vielmehr fremde Gedanken machen / und Ursach haben / euch vor unbeständig zu halten. Wollet ihr ihm aber ein Zeichen eurer guten Vergnügung sehen lassen / solches wil ich ihm gerne beybringen. Ja / sagete sie /dessen wil ich mich forthin nicht wegern; nam eine trefliche güldene Kette / ein par Armbänder und etliche güldene Ringe aus ihrer Handlade / wickelte alles zusammen / in ein Seidenes weisses Tüchlein uñ sagete; So tuht mir so viel zugefallen / geliebte Schwester / und liefert ihm dieses meinet wegen; vielleicht gibt die Gelegenheit / daß ich das übrige selbst mit ihm Rede. Diese verrichtete solches mit gutem willen / und hinterbrachte es mit diesen Worten: Mein Vetter / eure vertrauete Freundin und abermahlige Braut lässet euch ihre von nun an beharliche Liebe uñ Träue durch mich anmelden / hoffet / ihr werdet die Anmuhtung wegen der schriftlichen Versicherung nicht ungleich außdeuten; hätte doch euer Blut darzu nicht begehret; erkennet aber daher euren guten Willen / welchen zu seiner Zeit nach mögligkeit zu vergelten sie sich bemühen wil; unterdessen habe ich von ihr Befehl / euch diese Kette an den Hals / diese Armbänder an eure Arme / und diese Ringe an eure Finger zulegen / zum Zeichen / daß nach diesem sie lieber sterben / als diese Verbindung zum andernmahle brechen wil; und damit es an wirklicher Leistung nicht mangele / wil ich euch vor mich diesen Kuß ihretwegen hinzulegen. Neda sahe die köstliche Kleinot mit Verwunderung an / und antwortete: Mein Herz ist mit allem wol vergnüget / nur daß ich alhie nicht Mittel weiß /meiner Liebsten etwa ein Kleinot wieder zuliefern. Ihr seid daß beste Kleinot / sagte Libussa; doch habe ich schon hierauff gedacht / daß euch hieran nicht mangeln sol; zog hiemit eine zarte köstliche Halßkette mit einem zimlichen angehenkten Kleinot hervor / wie auch einen schönen Demant Ring; welches beydes er auff Begebenheit seiner liebsten selbst einzulieffern bedacht wahr / und es gedoppelt zuersetzen sich erboht / da gleich die Bömische Gesanten hin zu ihnen traten / mit begehren / wann es Libussen gefällig / und ihrer betrübten Wasen nicht zuwieder währe / wolten sie mit ihr hingehen / sie in ihrem Unfal zubesuchen. Brela hatte sich auff ihre Ankunfft geschicket / das Gemach mit schwarzem Tuche / und sich selbst mit Flohr umb und umb behänget / empfing auch ihre lieben Freunde und bekanten mit traurigen Geberden / und bleicher Farbe / welche ihr doch durch Neda anschauen bald in Feurroht verkehret ward / dessen Herr Struniko wahrnam (weil Herr Krokus seines Sohns Verliebung ihm vor diesem geklaget hatte) ließ sichs doch nicht merken / sondern redete ihr tröstlich zu / sie würde ihrer Vernunfft nach sich in diesem Fall zuschicken wissen / massen die Götter ihren Willen haben woltẽ / denen menschliche schwachheit [519] zuwiederstehen nicht bestand währe. Herr Stanisla trat etwas näher; zweiffelte nicht / es hätte sich der Unfall mit H. Alexandern nicht so ohngefehr zugetragen / ob man gleich den unwandelbahren Schluß der himlischen Versehung mit unser blinden Vernunfft nicht außgrübeln könte; er vor sein Häupt rechnete es dahin / daß entweder gedachter Alexander ihrer nicht wirdig / oder sie einem andern von den Göttern vorbehalten würde / deßwegen müste sie in Geduld stehen und bedenken / daß wie der verstorbene sie anfangs wieder Recht geraubet / also hätten die Götter ihn hinwiederumb nach ihrem gefallẽ durch den Tod hin rauben lassen. Der alte Wenzesla machte es kurz / und wie er mit ihr ohndaß wol bekand wahr / und gerne zu scherzen pflegete / wann andere mit ernsthafften Sachen umbgingen / sagte er: Griechenland müste den Böhmen die schönsten Jungfrauen nicht so entführen / sie möchte gemach tuhn /und der Trähnen schonen / es währe noch so mannicher junger Ritter in ihrem Vaterlande / unter welchen sie die Wahl haben / und den besten außlesen solte. Brela keñete seine Anschläge / wolte sich daher mit ihm nicht überwerffen / sondern antwortete auff seine Reden nichts / nur das sie seiner guten Gesundheit sich freuete / und ihn wilkommen hieß. Dieser fuhr in seiner posserey fort / boht seine Dienste und alles Vermögen / was ein grauer Bart vermöchte / willig an / wann er nur nicht möchte geschüppet und durch den Korb gestürzet werden; daß die gute Jungfer sich kaum des lachens enthalten kunte / und zu ihm sagte: Es währe noch zu zeitig von heyrahten zu reden / weil ihr gewesener Bräutigam noch nicht eins beerdiget währe; hätte er sich aber vor diesem zu Prag so freundlich vernehmen lassen / würde sie solches Glük schwerlich außgeschlagen haben. Freylich / sagte er /würdet ihrs nicht außgeschlagen / sondern wol gar außgepeitschet haben; jedoch / sagte er zu Neda / nehmet ihr dieser Schanze wahr; vielleicht währen es Schuch vor eure Füsse / und ein Nest vor eure Hünerchen. Wodurch er eine solche Röhte in der beyder liebhabenden Angesicht erweckete / daß ihr keiner ihm ein Wort antworten kunte / biß endlich Neda sagete: Er wüste nicht / ob bey so traurigen Fällen sich dergleichen teidungen allemahl reimeten; baht hernach / es möchte die Jungfer sich an seiner Kurzweil nicht irren / weil des Alten Art ihr ohndaß bekant währe; boht ihr damit die Hand / uñ brachte ihr den Ring so heimlich an den Finger / daß dessen niemand gewahr ward; hernach redete er sie also an: Hochädle Jungfer / ich erfreue mich sehr über ihre uñ meiner geliebten Wasen Jungfer Libussen Rettung / wie betrübet ich gleich bin wegen unser gnädigsten Fräulein Verlust und Gefängnis; wie ich nun aber aus meiner hochgeehrten Jungfer abenteurlichen Reisen / und wunderbahrer Erlösung nichts anders als der Götter sonderlichen Schuz und Hülffe spüren und schliessen kan / also zweiffelt mir nicht / dieselben werden sich hinfort ihrer Durchl. auch annehmen / sie gnädig retten / und ihrer aller Leid in Freude verwandeln. Brela bedankete sich des guten Willen / und wünschete ihm hinwieder stete auffnahme seiner ritterlichen Ehren /und was ihm sonst lieb und ersprißlich seyn könte. Darnach wante sie sich / Argwohn zu vermeiden / zu ihrem Vetter H. Struniko / und fragete fleissig nach ihrer Gnädigsten Königin Zustand / und wie es allen ihren Anverwanten / insonderheit ihren Vormündern ginge. Dieser wuste wol / daß dieselben sehr ungleich bey ihr gehandelt / und aus ihren Gütern den Eigennuz gesucht hattẽ / welches ihr zimlich bewust wahr; ließ sich doch dabey nichts merken / biß er von sich selbst [520] dessen Erwähnung taht; welches sie mit kurzen beantwortete: Sie hätte Gott Lob / ihrer Seel. Eltern Rechnungen und Bücher in guter Verwahrung / in welchen alle Schuld und Unschuld richtig auffgezeichnet stünden; Zweifelte demnach nicht / ihre Vormündere würden dieselben nicht tadeln / noch auff ihre Ankunfft sich wegern / Rechnung abzulegen. Worauff Struniko wenig antwortete / dann ihm wahr wol bewust / es würde ihre Ankunft etlichen seinen nahen Anverwanten nicht sonderlich angenehme seyn; nur fragete er sie / ob sie nicht willens währe / mit ihnen heimzureisen / und ihrer Königin der Fräulein Zustand mündlich zuberichten; dem sie zur Antwort gab: Sie håtte von ihrem Gnädigsten Fräulein / dann auch von Fürst Herkules Befehl / nicht von Padua zu weichen / biß sie Schreibẽ und ausdrüklichen Erlaß von ihnen haben würde; Hoffete demnach / ihre Gnädigste Königin / als welche ihr selbst befohlen / dem Fräulein zugehorsamen / würde ihr solches nicht ungnädig verübeln. Nachdem sie nun bey anderthalb Stunden gesprachet hatten / namen sie Urlaub von ihr; aber Libussa sagte zu Neda: Geliebter Vetter / ihr sollet mit mir auff mein Gemach gehen / welches hie allernähest ist / daselbst wil ich euch zeigẽ / dessen ich gestern gegen euch gedacht habe; inzwischen wartet meiner alhie / biß den Herren Gesanten ich an stat meiner Wasen das Geleit gegeben habe. Brela verwunderte sich ihrer listigen Erfindung / wahr doch damit wol zu frieden / und nach jener Abscheid / ergriff sie ihren Liebsten bey der Hand / sprechend: Vertraueter Herr und Freund / könnet ihr noch die leichtsinnige Brelen mit gewogenen Augen ansehen /die durch grosse Unbilligkeit euch so hoch beleidiget / in dem wider geschehene teure Zusage sie sich mit einem andern eingelassen und ehelich versprochen hat; Nun sind gleichwol die Götter meine Zeugen /daß ich viel lieber mir das Leben håtte nehmen lassen wollen / und solte Alexander vor sich nimmermehr so mächtig gewesen seyn / mich zugewinnen / dafern ichs nicht umb meiner Gn. Fräulein willen getahn: Dann hätte deren Heil und Wolfahrt ich nicht angesehen / solte das Meer meinem Leben gar bald den Fadem auffgelöset haben / daß versichere ich euch bey meinem höchsten äide / und wil aller Götter ewigen Fluch über mich selbst wünschen / dafern Alexander oder einiges Mannesbilde meiner so weit genossen hat / daß meiner Jungfräulichen Zucht und Ehre im geringsten Nachteil geben könte; deswegen ihr dann dem guten Alexander billich gewogen seyn sollet; Dann hätte er Gewalt und seines Rechts sich gebrauchen wollen / würde ich euch in solchem Stande nicht behalten seyn / angesehen der fernen Reise /die ich mit ihm zu Wasser und Lande getahn habe. Ich meyne aber / den blossen Nahmen eines Bräutigams euch und mir teur gnug bezahlet seyn / angesehen ich über XVII Tonnen Schatz an Baarschafft und Kleinoten von ihm empfangen und geerbet habe / daß wir inkünfftig unsern Stand besser als kein Böhmischer Landsasse führen köñen. Ich weiß gar wol / dz eure Eltern und Verwanten in Verhinderung unser Heyraht nichts eingestreuet haben / als dz ich euch nicht reich genug währe; Wollet ihr nun meinem Willen folgen / sollet ihr eures ganzen väterlichen Erbes euch begeben / oder da ihr solche Güter zubesitzen Lust traget / euer Schwester so viel von meinen Geldern heraus geben / als die Güter ingesamt wert sind /alsdañ haben sie euch nichts vorzuwerffen; aber diese XX Wochen wil ich hieselbst zubringen / und äusserlich meinen aus Zwang angenommenen Bråutigam betrauren / dem ihr dann nebest euren Gefårten morgendes Tages die Ehre und Freundschafft erweisen / und[521] zu Grabe folgen werdet; Im übrigen bleibets bey unser zu Prage lezt genommenen Abrede. Neda umfing sie gar freundlich / und antwortete ihr: Herzgeliebtes Herz / sie tuht in warheit ihr selbst grosse Unbilligkeit an / indem sie ihr selbst dasselbe übel ausleget / dessen ich und ein jeder redlicher Mensch sie zum höchsten rühmen und preisen muß; bitte demnach von Grund meines Herzen / dessen fort mehr nicht zugedenken; dann hätte sie gleich durch Noht gezwungen / eine zeitlang mit Alexander ehelich leben müssen / könte und müste mir ja solches nicht zuwider seyn / wolte sie auch nicht umb das geringste weniger / als jezt / ehren und lieben / und mit solcher jungen Witwen wol zufrieden seyn / ja den Göttern noch darzu danken / wañ mir keine Jungfer zu ehelichen bescheret währe; Im übrigen ist die kurze eingebildete Freude von Alexander dergestalt durch den grossen Schaz vergolten / daß man ihm davor billich zudanken hat; welcher Reichtuhm doch von mir im geringsten nicht sol gemindert werden / und möget ihrs mit meinem väterlichen Erbe nach eurem gefallen anstellen / und meiner Schwester / ob sie es gleich weder umb euch noch mich verdienet hat / alles schenken / oder ein Stük Geldes davor zuwenden /dessen ich gleichwol keine Ursach sehẽ kan. Zwar die bestimmeten Traurwochen / wie widrig sie auch meiner herzlichen Liebe fallen / sind sie doch meinem vernünfftigen Willen lieb und angenehm / wil auch umb so viel mehr darein gerne gehehlen / damit ihr nicht ursach habt zusagen: Alexander sey euch gehorsamer gewesen als euer Neda; Dann wie ich schon anderthalb Jahr mich geduldet / also wil ich diese XX Wochen alle Tage zählen / biß ich den lezten hinter mich gelegt habe; alsdann werden mir die Götter gönnen / dessen wirklich zugeniessen / welches ich höher als aller Welt Wollust und Reichtuhm achte. Dem redlichen frommen Alexander wil ich gerne (sagete er mit lachen) zu Grabe folgen / und lieber / als wann ich ihn mit meiner Faust hätte müssen hinunter schicken / welches unvermeidlich hätte geschehen müssen /wann dieses glükliche Unglük nicht darzwischen kommen währe. Ach nein / mein Schatz / sagen sie /redet nicht spötlich von ihm; Er hats in Warheit weder umb euch noch mich verschuldet; überdas bin ich diese Nacht durch einen Traum höchlich erschrecket / da mich eigentlich dauchte / wie er gar bleich und blutig vor mir stünde / und mich bey hoher Straffe erinnerte / seiner Liebe nicht zuspotten / sondern die benante Zeit in der Trauer ihm zu Ehren und Gedächtniß auszuhalten; dieses / bekenne ich / hat mich bewogen / ihm diese Wochen äidlich zuversprechen /welches ich auch unbrüchig halten wil. So wil ich /sagte Neda / euch zu Ehren uñ Gefallen / seiner allezeit im besten gedenken / und diese Zeit neben euch in Traurkleidern gehen / damit seinem schwebenden Geiste ein gedoppeltes genügen geschehe. Es hätte sich aber gebühret / fuhr er fort / daß bald anfangs wegen zugeschikter Kleinot ich mich bedanket / als welche bey mir die stäte Gedächtniß unser von neuen getroffenen Versprechung frisch erhalten sollen / und bitte dienstlich / meine herzgeliebete Freundin wolle mir zu liebe dieses schlechte Halsketchen tragen / und von ihr nicht kommen lassen. Die Jungfer besahe das Kleinot / und gefiel ihr die künstliche Arbeit über die masse wol; dann ob zwar nicht sechs Kronen Gold dran wahren / hatte doch der ArbeitsLohn über 100 Kronen ausgetragen; so wahr auch das angehenkte Kleinot so leicht und unansehnlich / aber von sieben trefflichen Demanten so art- und künstlich ins Kreuz gesetzet / daß sie bekennete / so schöne Arbeit nie gesehen zuhaben. Sie bedankete sich dessen aber / und nachdem sie ein wenig von schwarzer [522] dünner Seide darum gewickelt hatte / legte sie es an ihre blosse schneeweisse Kehle / und versprach / es in andere wege zuverschulden. Indem kam Libussa hinzu getreten / und fragete sie / ob ihnen sider ihrem Abwesen die Zeit lange gewehret. Neda sagte: sein Wunsch währe / daß dieses ewig tauren / und sie nimmer wieder möchten getrennet werden. Da ihm Brela antwortete: Mein geliebtes Herz / geduldet euch / bitte ich /diese kurze Zeit / ihr seyd ja gnug versichert; es währe dann / daß mir die Götter ein gleichmåssiges Unglük wieder zuschickẽ wolten; dem ich aber ohn allen Zweifel mit einem schleunigen Tode vorkommen würde. Schweiget stille / sagte Libussa / mit solchen ungenehmen Reden / und beobachtet vielmehr der Götter wunderliche Schickung mit uns Menschen; dann heut ist der Tag zu eurer Hochzeit mit Alexander bestimmet / und müsset dagegen mit euren rechtmässigen Bräutigam euch auffs neue einlassen uñ verbinden / welches ich trauen vor kein ohngefehres halten kan: so gehen überdas andere schon mit euer beyder Heyraht umb / gestaltsam Herr Struniko mich anjetzo höchlich erinnert hat / mich dahin zubemühen /daß ihr beyde eine Ehe schliessen möchtet; welches ich aber nur mit einem leichten Gelächter beantwortet habe; Aber geliebter Vetter / sagte sie zu Neda / wollet ihr bey eurer Liebsten noch umb einen ehrlichen Kuß anhalten / müsset ihr die Gelegenheit nicht unter den Händen zerrinnen lassen / dann das Frauenzimmer wird bald hie seyn / und euren Schatz besuchen. Als Brela solches vernam / beuhrlaubete sie ihn freundlich / mit versprechen / Gelegenheit zufinden /daß vor seinem Abscheide sie wieder bey einander kähmen. Also ging Neda hinweg / frölich und wolgemuht / daß die Götter ihm seine liebste Brelen mit so grossen Schätzen wiederumb zugeführet hatten / welche bey des Frauenzimmers Ankunft ein trauriges Gesicht annam / wiewol ihr des Herzen Prast ganz benommen und vertrieben wahr. Unter der Beredung fragete Frau Pompeja Jungfer Libussen / wer doch der ansehnliche junge Ritter währe / mit dem sie sich so gemein hielte. Worauff sie antwortete: Ihre Gn. möchten ihr solche Freyheit nit verargẽ / nachdem dieser Ritter Böhmisches Herren Standes / ihrer Schwester Sohn währe / welchen sie mit Herr Krokus (der vor diesem hieselbst gewesen) gezeuget hätte. Das kan seyn / sagte sie / dann er sihet euch nicht unähnlich; aber wie habt ihr schon eine so alte Schwester? Sie ist / sagte Libussa / meine Schwester / von einem Vater /aber nicht von einer Mutter / und hatte schon etliche Jahr geheyrahtet / da ich gebohren ward / wie dañ dieser Ritter sechs Jahr älter ist als ich. Frau Sophia gab unter dieser Rede acht auff Jungfer Brelen Geberde /uñ befand eine Verenderung der Farbe an ihr / so offt er geneñet ward; daher verstörete sie dieses Gespräch / und redete von andern Sachen / biß jener die gewöhnliche Farbe wieder kommen wahr / da fing sie aber an / als ohngefehr / von Neda zufragen / und spürete im Augenblik die vorige Verenderung an der Jungfer / daß sie vor gewiß hielt / diese beyde müsten sich ehmahls mehr gekennet haben; welches zuerforschen sie nach genommenem Abscheid Libussen mit sich auff ihr Zimmer führete / und sie also fragete: Geliebte Freundin / habt ihr nicht vernommen / was eure Wase mag gesinnet seyn? Ob sie hieselbst bey uns bleiben / oder mit den Gesanten nach Prag reisen wil? Gn. Frau / antwortete sie / ich habe von ihr verstanden / daß Eure Gn. sie untertähnigst bitten wird /ihr zugöñen / daß sie biß auff unser Gn. Fräulein glükliche Wiederkunfft sich alhie in ihrer Gn. Frauenzimmer auffhalten möge. Dieses kam ihr sehr verdächtig vor / antwortete deswegen: [523] Wann ihr solches ein Ernst ist / sol mir nichts liebers seyn / werde sie auch ihrer Wirdigkeit nach zuhaltẽ wissen; doch aber / wañ ich mit euch vertraulich redẽ dürfte / hätte ich euch etwz anzumelden / welches ihr ohn allen Zweifel besser wisset / als ich selber; saget mir die rechte Warheit / da ichs wissen darff; ist nicht eine verborgene Liebe zwischen Ritter Neda und Jungfer Brelen gewesen / und noch? Libussa erschrak der Frage / und antwortete: Je Gn. Frau / woher ist ihrer Gn. solches kund worden? Aus ihrer beyderseits Augen und Verwandelungen / sagte sie; dann da gestern Abend der Jungfer ohngefehr meldung geschahe / erröhtete der Ritter zusehens; und heut gings der guten Jungfer nicht anders / als wir von ihm sprache hielten. Wanne / wanne! sagte Libussa / so muß man sich vor Euer Gn. gegenwart fleissig hüten / wann man sich einiger Liebe bewust ist; offenbahrete ihr hierauff / was gestalt schon vor anderthalb Jahren / diese beyde sich untereinander ehelich verbunden hätten / und hielte sie es vor ein sonderliches Glük / daß Alexander erstochen währe; dann ihr Vetter würde ihm diesen Braten ohn die bitteren Todes Salsen nicht haben geniessen lassen / als welcher mit allem Recht diese Braut dereins vom Tantze führen müste. So ists freylich besser / sagte Fr. Sophia / daß jener umb einer anderen als dieser Ursach willen umkommen ist; Und habe ich überdas wol gemerket / daß der Jungfer Traurigkeit zwar wol gemeynet / aber nicht tieffherzig ist. Sie hat aber dannoch äidlich angelobet / sagte Libussa /ihrem Alexander XX Wochen zur Trauer auszuhalten. Daran tuht sie recht und löblich / antwortete sie; dann so werden böse Mäuler gestopffet; doch wird sie ja ihrem erstẽ Bräutigam das ehmahlige Versprechen halten. Daran zweifele Eure Gn. nur nicht / sagte sie; ich habe diesen Morgẽ / doch anfänglich wider meiner Wasen wissen / sie zusa en gebracht / und das vorige durch Mund / Hand und Geschenke an allen Seiten verneuert und fest gemacht. Sie ist gar eine tugendhaffte züchtige Jungfer / sagte Fr. Sophia / und eines redlichen Ehegatten wol wirdig. Ihr müsset ihnen aber Gelegenheit machen / daß vor ihrer Scheidung sie offters zusammen kommen / und werde ich darzu helffen / als viel mir möglich. Ihr aber lasset euch gegen ihrer keinen merken / daß ich Wissenschafft hierumb trage; welches sie ihr zwar versprach / und doch nicht unterließ / ihren Vetter zuwarnen / aus was Zeichen Fr. Sophia ihrer Liebe wahr genommen / damit er sich auff eine Antwort schicken könte / wann er von ihr gestochen würde.

Des folgenden Tages / da die Leiche solte bestellet werden / ließ der Stathalter durch Klodius alles prächtig anordnen / und folgete er / von Stanisla und Struniko begleitet / allernähest; Nach ihm Neda und Klodius / die des vorigen Tages gute Kund- und Brüderschafft gemacht hatten; wodurch dieser erkühnet / zu jenem unter der Leichbegängniß sagte: Geehrter Herr Bruder / wann mir nicht verarget würde / bey eines Bräutigams Begräbniß den andern auszukiesen /wüste vor den H. Bruder ich keine bequemere zufinden / angesehen / daß alles bey dieser ädlen Jungfer überflüssig ist / was ein Weibsbild wert und angenehm machen kan. Neda gab ihm zur Antwort: Geehrter Herr Bruder / nachdem unsere Freundschafft so nahe zusammen getreten ist / wil ich ihm den grösten Teil meiner Heimligkeit offenbahren / daß Jungfer Brela schon vor anderthalb Jahren meine versprochene Braut ist / welche mir der entleibete gewißlich nit vorenthalten sollen / er müste dann zuvor meines LebensMeister worden seyn / dessen ich mit ihm mich gewaget hätte; [524] nachdem aber die Götter meine auffrichtige Liebe erkennet / haben sie es geschicket /daß ich ihm als einem verstorbenen Freunde zu Grabe folge / da ich ihm bey seinem Leben nichts / als äusserste Feindschafft hätte erzeigen können / es währe dann / daß er aus Liebe zur Erbarkeit mir das meine willig abgefolget hätte. Klodius bedankete sich der Ehren / daß er ihm solche Heimligkeit anvertrauet /und baht / weil er vernommen / dz seine Liebste sich alhie aufhalten würde / er möchte bey ihm bleiben /und da es ihm nit zugeringe / Alexanders Häuptmanschaft nebst dem Obrist Wachtmeisters Platz annehmen; Er zweifelte nicht / der Stathalter würde ihm solches vor andern gerne gönnen. Neda / nach geschehener Danksagung / antwortete: Er währe ein Königlicher Gesandter / müste vorerst wieder nach Prag zu seiner Gnädigsten Königin; da ihm aber der Platz so lange könte offen gehalten werden / erböhte er sich ohn Sold zudienen / ümb Gelegenheit zu haben / bey seiner Liebsten zuseyn; welches ihm Klodius nach allem Willen versprach / auch nach geendigter Begräbniß es mit dem Stathalter vertraulich redete / da Fr. Sophia gleich darzu kam / und eben dasselbe von ihrem Vater bitten wolte; als sie nun hörete / daß dieser ihr schon zuvor kommen war / sagte sie im Scherz zu ihm: Ich gedachte den Dank allein bey diesen verliebeten zuverdienen / und mich bey meinen künfftigen Untertahnen beliebt zumachẽ / aber ihr seyd mir zugescheid gewesen / welches / ehe fünff Tage vergehen / ich gedenken wil. Klodius baht untertähnig um Verzeihung / es währe ihm leid / daß er so unglüklich gewesen / und ihrem Willen zugegen gehandelt /bähte solches nicht zueifern / wolte sich nach diesem keines Dinges unternehmẽ / ehe und bevor er von ihrer Gn. Urlaub hätte; doch währe ihm gar unbewust gewesen / daß Ihre Gn. umb diese heimliche Liebe Wissenschafft gehabt. Die habe ich auch nicht gehabt / antwortete sie / ausser dem / was ich argwohne; Es ist mir aber sehr lieb / daß ihr zugleich mit mir hierauff bedacht gewesen seyd. Gleich da sie dieses redeten / kam Jungfer Libussa / und brachte eine flehliche Bitteschrifft / welche von den gefangenen Beschuldigten an Jungfer Brelen gestellet wahr / darinnen sie vorerst gar kläglich umb Verzeihung bahten / hernach umb Gnade und Lebensfristung anhielten / welches sie bey dem Herrn Stathalter und Ober Hauptmann durch ihre Vorbitte leicht erhalten könte. Diesen Brief übergab sie dem Stathalter / und zeigete an / es hätte ihre Wase den Inhalt gelesen / wolte aber nichts darzu reden / ohn daß sie Ihrer Gn. alles heimstellete / und wann dieselbe aus eigener Bewägniß / oder wegen anderer Vorbitte / Barmherzigkeit und gelindere Straffe wolte ergehẽ lassen / währe sie damit wol zufrieden /angesehen ihr mit ihrem Blute nicht gedienet / ob sie es schon gnug verwirket hätten. Aber Fr. Sophia sagte: Es könte eine solche ärgerliche Taht / ihrem schlechten Verstande nach / nicht ungestraffet hingehen / ob gleich nach befindung einer schärffer als der ander zubestraffen währe; Ward also nach den Uhrhebern gefraget / und befunden / daß ihrer drey vor andern dieses Unglük gestiftet hatten / deswegen sie mit Ruhtẽ geschlagen und enthåuptet / die acht ůbrigen aber ins Elende geschikt wurden / in den Bergwerken drey Jahr zuarbeitẽ. Bey dem Abendessen warẽ die vornemste Herrẽ der Stad eingeladen / da die Königliche Gesanten mit dem Frauenzimmer in eine bunte Reihe gesetzet wurden / und dem guten Neda das Glük so wol fugete / daß er neben seiner Liebesten die Stelle bekam / dessen Fr. Sophia heimlich lachete. Nach abgetragenen Speisen sagte der Stathalter zu Neda; ädler Ritter / nachdem euer Vater H. Krokus mein guter Freund / [525] und ihr wirdig seid / geliebet und befodert zuwerden / massen euer wolverhalten ich von den andern Herren Gesanten verstanden / stelle ich euch den Obrist Wachtmeister-Plaz in dieser Römischen Käyserl. Besatzung an / dafern euch geliebet selben anzutreten / und kan ich euch nach diesem weitere Freundschafft leisten / sollet ihr mich dazu willig haben. Neda stund auff / neigete sein Häupt / und bedankete sich der hohen unverdienten Gnade in untertähnigkeit; nam auch das angebohtene Ampt an / dafern ihm zuvor könte vergönnet werden / laut Königl. Befehls wieder in sein Vaterland zukehren / umb /von seiner Gn. Königin und den Land Rähten Urlaub seiner Dienste zu erhalten / weil er zu Prage in der Königl. Besatzung eine Hauptmanschafft / neben Verwaltung der Rustkammer bedienete. Herr Struniko wahr sein Oberster / erließ ihn auch alsbald der Hauptmanschafft / so daß er das Fähnlein seines gefallens verkäuffen möchte / ungeachtet ers aus seinem Beutel geworben hätte. Aber Jungfer Libussa redete ihm ein; ihrer Schwester Sohn solte mit seinem Schaden nicht abtreten / sondern sie wolte dem Obristen davor 2000 Kronen erlegẽ / daß sie ihn hieselbst bey sich haben / und seines Rahts sich gebrauchen könte: Worzu ihm Fr. Sophia eine güldene Kette von 500 Kronen verehrete / und Neda sich gegen seinen Obristen erboht / dafern er nach seinem wolvermögen bey der Königin ihm Urlaub erhalten würde / wolte er ihm das Fähnlein auff seine Kosten mit 50 Mann verstärken; Und ob gleich H. Struniko allem Erbieten wiedersprach / muste er doch wegen vieler nöhtigung die Bedingungen eingehen. Folgendes tages zimlich früh ließ Fr. Sophia Ritter Neda zu sich fodern / zu dem sie sagete; weil ich vernehme / dz ihr willens seid /erst wieder mit nach euer Gn. Königin zu reisen / wiewol ich euer außbleiben schrifftlich wol entschuldigen wolte / werdet ihr euch nicht wegern / mit mir nach Jungfer Brelen Gemach zu gehen / die euch in meiner Gegenwart eigentlich erzählen sol / was vor Zeitung ihr eurer Gn. Königin von dem Durchl. Königlichen Fräulein anzumelden habt. Dieser roch den Braten schon / taht doch nicht deßgleichen / uñ folgete ihr willig. Im hingehen sprach sie vor Libussen Gemach (welche gleich bemühet wahr / die versprochenen 2000 Kronen abzuzählen) und baht sie / der Jungfer ihrer Wasen anzudeuten / daß sie mit ihr ein wenig zu reden hätte. Diese hatte sich kaum halb bekleidet /legte doch das übrige an / so gut sie in der Eile mochte / und da sie ihren Neda mit ko en sahe / entfärbete sie sich dermassen / daß sie schier blind ward; dessen aber Fr. Sophia sich nicht annam / sondern nachdem sie ihr einen glüklichen Morgen gewůnschet hatte /sagte sie; es würden die Königl. Gesanten ihre Reise ehist wieder zurük nehmen; hätte demnach Ritter Neda mit sich hergeführet / daß er aus ihrem Munde der Fräulein Zustand eigentlich einnehmen / und seiner Gn. Königin Bericht einbringen könte. Diese wahr hiezu willig / und erzählete alles mit den vornehmsten Umständen / doch so verwirret / daß ihr verliebter Sinn daher leicht abzunehmen wahr; welches Libussa merkend / ihr zuzeiten wieder einhalff. Nach geendigter Erzählung / gab es noch unterschiedliche Unterredungen / biß Fr. Sophia vor erst Neda einen treflichen Ring schenkete / mit begehren / denselben zum Zeichen der Gewogenheit anzunehmen; stellete bald darauff Brelẽ einen gleichmässigen mit eben denselben Worten zu / und redete sie hernach beyde also an: Ihr meine geliebten Freunde; die Götter wissen / daß ich euch von Herzen gewogen bin / welches in der Taht zuerweisen vielleicht dereins bessere Gelegenheit fallen wird; ich möchte [526] aber wünschen /daß ihr beyde einer dem andern noch auff andere Weise / und viel gewogener währet / nachdem / wie ich meine / ihr beyderseits frey und keinem verbunden seid / zweiffele auch nicht / es könte ein solches nicht anders als zu allem Glük außschlagen. Kan ich dieses nun bey euch erhalten / so vertauschet diese beyden Ringe mit einander; wo nicht / alsdann behalte ein jeder den seinen zum Gedächtnis meiner guten Meynung. Brela ward hierüber sehr schamroht / wuste nicht / ob sie von Libussen verrahten währe / und harrete / biß Neda antworten würde; welcher hingegen in Furcht stund / seine Reden möchten ihr ungenehme seyn; welches Libussa merkend / diese Antwort gab; Gn. Frau / es ist eine wichtige Sache / die eure Gn. vornimt / bitte demnach in dieser beyder Nahmen untertähnig / daß ihnen neben mir ein kurzer Abtrit nicht möge verarget werden. Fr. Sophia wahr dessen wol zu frieden / und blieb derweile im Gemach allein / da Libussa zu ihrer Wasen sagte: Ich weiß nicht / wie unsere Gn. Frau zu diesem Vorsatz komt / davon sie mir durchaus nichts gesagt hat / und muß sie ohnzweiffel auß etlichen Zeichen eure Liebe angemerket haben; rahte deßwegen geträulich / vertrauet ihrer Gn. eure Heimligkeit / deß werdet ihr inkünfftig vielfältig zugeniessen haben; so wird sie es auch auff euer Bitte und Begehren wol verbergen. Brela fassete hierauff ein Herz / und wie sie zusammen wieder ins Gemach gingen / sagte sie zu Neda; Mein Herr / seid gebehten / und berichtet unsere schier künftige gnädigste Königin unsers Zustandes / welches wir niemand sicherer als ihrer Gn. zuvertrauen haben. Er verrichtete solches mit züchtigen Worten / und taht Brela hinzu / wie sie durch äusserste Noht gezwungen / umb ihre Ehr zuretten / weiland H. Alexandern vor ihren Bräutigam auffnehmen müssen; gaben hernach einer dem andern die geliefferten Ringe / und bahten ihre Gn. es noch in etwas vor jederman ingeheim halten möchte / welche bald darauff Abscheid nam / und Neda bey Straffe aufferlegte / bey seiner Liebsten zu warten / biß sie ihn abfodern liesse / welches sich doch in die vier Stunden verzog; inzwischen Neda mit seiner Brelen sich vieler Sachen beredete / da sie insonderheit ihn erinnerte / es währe billich / daß man Jungfer Libussen vor ihre Träue ein Zeichen schuldiger Dankbarkeit sehen liesse / gestaltsam sie nicht allein ihr gutes Herz durch mannichen Dienst / sondern auch in herschiessung ihrer Gelder erzeiget hätte / uñ da sie nicht von so gar grossen Mitteln währe / dannoch gestern Abend ihretwegen 2000 Kronen Herrn Struniko außgesprochen / nur daß sie ihre langwierige treñung hinderte. Neda erboht sich / er wolte nach äusserstem vermögen tuhn / sie aber antwortete; darumb ists von mir nicht geredet; ich habe / den Göttern sey Dank /Mittel gnug / so weit man mit Schenkungen reichen kan / wollet demnach meine Gedanken vernehmen; ich habe Fürst Herkules in der Fremde 60000 Kronen vorgesetzet worüber ich einen Wechselbrieff an sie habe; nun währe meine Meynung / ich wolte ihr diesen Wechsel euret und meinetwegen schenken / dafern ihr dessen friedlich seid. Er gab zur Antwort / ihr stünde alles frey / nach Willen zu machen / und solte ihm solches herzlich angenehme seyn; worauff sie ihm alle ihre Schätze zeigete / und ihm manniches Kleinot zustellete / die er wieder seinen Willen annehmen muste; insonderheit lieferte sie ihm unterschiedliche /welche er seiner Mutter und Schwester ihretwegen mitbringen möchte; sendete auch der Königin einen treflichen Ring / bey dessen Lieferung es Gelegenheit geben würde / umb gnädigsten Urlaub anzuhalten. Fr. Sophia kam endlich selbst wieder mit Libussen / [527] und begunte diese / ihre Wase mit Worten zimlich umbzutreiben; sagte unter andern / es hätte ihre Gn. Frau ohnzweiffel einen Wahrsager Geist / welcher ihr der Menschen Heimligkeiten offenbahrete. Ach nein / antwortete Fr. Sophia / es bedarff dessen nit; die Augen der Menschen / wann man deren nur recht wahr nimmt / können leicht anzeigen / was im tieffen verborgen liegt / insonderheit bey denẽ / welchen das Geblüt lieber aufwarz / als unter sich steiget. Brela wolte Libussen bezahlen / und fing an: Wie dann Gn. Frau /halten dann eure Gn. mich allein vor verliebet / und sehen meine Wase so einfältig und so frey an / da sie doch an dieser Seuche hefftiger danieder lieget weder ich? Libussa fiel ihr in die Rede; dafern sie noch ein Wörtlein hievon meldung tuhn würde / wolte sie hinweg lauffen; trat auch auß dem Gemache / umb unvermerket zu lauschen / was weiters vorfallen würde. Da Fr. Sophia anhielt / ihr den Bräutigam zu nennen; und als sie hörete / daß es Leches wahr / sagte sie; nun bin ich wol einfältig / daß ich solches nicht habe merken können; ging hin Libussen wieder zu ruffen / und da sie dieselbe an der Tůhr stehen sahe / sagte sie; was lauffet ihr so furchtsam hinweg / Ritter Leches jaget euch ja nicht. Des müsse Brela die Plauder Matzin dank haben / antwortete sie / aber hätten ihre Gn. es auff diese Weise nicht erfahren / wolte ich dieselbe zur Hochzeit gebehten haben / ehe sie von dem Bräutigam ichtwas gewust hätte. Sie hielten noch eine zeitlang ihr Gespräch / biß Fr. Sophia von ihnen nach Frl. Sibyllen ging / und derselben diese Heyraht Sache vertrauete / die es ihrer guten Freundin wieder sagete /daß in weniger Zeit es überal ruchtbar ward. Libussa blieb noch etwas bey ihrer Wasen / welche ihren Wechselbrieff hervor nam / uñ sie also anredete: Herzgeliebte Schwester; mein Liebster und ich / erinnern uns billich der geträuen Freundschaft die ihr in so kurzer Zeit uns alhier erzeiget habet / wolten auch selbe gerne mit Dankbarkeit erkennen / als viel wir Vermögens sind und ersinnen können / da wir dann vor erst euch ein schlechtes bieten wollen / unter der Hoffnung / ihr werdet uns solches nicht verschmähen. Libussa antwortete: O ihr meine Herzgeliebete Freunde / sind wir dann nicht schuldig / uns alhier in der Fremde träulich zu meinen? gedenket doch an keine andere Vergeltung / als die im guten Willen beruhet /dann meine Dienste und Vermögen bestehen nur in demselben. Euer guter Wille / sagte Brela / hat mehr gewirket / als viel grosse Schätze nicht vermögen; deßwegen / da ihr uns träulich meinet und liebet / so seid uns hierin nicht verdrißlich noch zu wider. Was verdrießlich? antwortete sie; ich verbleibe die eure allerseits / wie ihr verhoffentlich nicht zweiffeln werdet / wil auch euer Erbieten umb zugehorsamen / annehmen / jedoch / daß die Vergeltung nicht zu groß sey. Die grösse eurer Verdienste / sagte Brela / müssen wir nicht ihr mässen / und ob wir gleich daran so leicht nicht reichen können / wollen wir doch den Willen sehen lassen. So schauet nun her / kennet ihr die Hand dieses Schreibers? O ja / sagte sie / betriegen mich meine Augen nicht / so hat Fürst Herkules diesen Brieff geschrieben. Es ist wahr / sagte sie; so nehmet nun denselben von uns beyden an stat eines willigen Danks an; wo ihr euch dessen aber ferner wegert / sol alle unsere Freundschafft auffgeruffen seyn. Libussa kunte nicht außsiñen / was Verehrung ein solcher Brief in sich hielte / oder zu bedeuten hätte /sagte doch mit halblachendẽ Worten; ja diesen Brief /aber nichts mehr nehme ich von euch an. Gnug / sagte Brela / den Brieff mit seinem Inhalt / und sonsten vor dißmahl nicht mehr. Worauff jene die außdeutung foderte / was [528] durch den Inhalt zuverstehen währe. Den sollet ihr selber lesen / antwortete Brela / nachdem ihr euch eigentlich erkläret habt. Ich muß wol / antwortete Libussa / wo unser gedinge sol geendiget seyn /nehme es demnach an / weil ich mich schon sicher weiß / daß ihr mir keinen Brieff böses Inhalts schenken werdet. Nam also das Schreiben zu sich / kunte sich aber doch nicht drein finden / was es bedeuten solte / biß Brela zu ihr sagete: Sehet herzliebe Schwester / diese benahmete 60000 Kronen / welche ich Fürst Herkules vorgeschossen / sollen euch unsertwegen zur Vergeltung geschenket seyn / welche Fr. Sophia alle Stunden mit Dank außzahlen wird. Libussa entsetzete sich dergestalt vor dieser Freygebigkeit /daß sie den Brieff aus der Hand fallen ließ / und sich hoch vermaß / dafern sie dieses zuvor hätte wissen sollen / wolte sie ihretwegen keinen Fuß aus der Stelle gesetzet / noch einiges Wort verlohren haben; dann es schiene nicht anders / als ob man sie entweder gar eigen käuffen / oder mit so grossem Gelde abschrecken wolte / sich hernähst weiter in freundschafft Dienstẽ finden zulassen; erklärete sich doch endlich / die Gelder mit höchster Dankbarkeit anzunehmen / jedoch mit dem außdrüklichen Vorbehalt / daß wo Leches schier heut oder Morgen nicht einwilligen würde / es alles damit solte auffgeruffen seyn / welches sie endlich einwilligen musten; gingen darauff mit einander zur Mahlzeit / und vertrieben den übrigen Tag mit allerhand Gespräch. Des folgenden Morgens reiseten die Gesanten / nach empfangenem freundlichem AntwortSchreiben von dem Stathalter uñ Frau Sophien /wiederumb nach Böhmen / da Jungfer Brela ihrem Liebsten 50000 Kronen auff Wechsel übermachte /und 3000 Kronen mit auff die Reise gab / nebest allerhand köstlichen Ringen und anderen Kleinoten /die sich auf 40000 Kronen belieffen / verabscheideten auch / daß inwendig acht Wochen sie zu Padua wieder beysammen seyn wolten. Die Gelder vor Alexanders verkauffte Güter sendete Markus über / ehe ichtwz von seinem Tode in Griechenland ruchtbar ward / und ob gleich nachgehends seine hinterbliebene nahe Anverwanten solches wieder foderten / hatte sie doch zu mächtigen Schuz an dem Stathalter / wiewol sie seiner Schwester / die nicht von grossen Mitteln wahr / 20000 Kronen aus freyem Willen schenkete. Es ging ihr sonsten nach gemeiner Art der wolbegüterten Jungfern / daß mannicher Freyer sich bey ihr melden ließ / unter denen ein Land Junker war / unfern von Padua wohnend / welcher auff seine Leibes Zierligkeit sich verlassend / so gar nicht am glücklichen verfolg zweifelte / daß er sich ungescheuhet selbst bey ihr anmeldete / aber auch mit solcher Antwort abgewiesen ward / daß er nachgehends immerfort die Böhmischen Jungfern beschuldigte / daß sie zwar schön von Leibe / und reich an Gelde / aber heßlich an Gutwilligkeit / und arm an Höfligkeit währen.

Herkules lag unterdessen zu Elia oder Jerusalem an seiner Wunde drey Wochen zu Bette / ehe er völlig genaß / und hatte wehrender Zeit sehr gute Pflege /dann Fr. Terenzia und ihre Tochter Lukrezie besuchten ihn täglich etliche mahl / wodurch das Liebe Feur in dem zarten Herzen dieser züchtigen Fräulein häuffig gemehret ward / und ob sie gleich ihrem geliebten Freunde alle Wolfahrt gönnete / sahe sie doch / daß seine Verwundung die einige Ursach seines bleibens wahr / also daß sie seinen Unfall vor ihr Glük rechnete. Als sie nun vernam / daß sichs mit ihm zur Besserung anließ / wolte sie einen Versuch tuhn / ob er sich länger könte auffhalten lassen / daher sie einsmals zu ihm sagete: ob es nicht sache währe / [529] daß er durch andere / seine verlohrne Frl. Wase suchen liesse / und er inzwischen bey ihnẽ verbliebe / biß er gewisse Zeitung hätte / an was Orten sie anzutreffen; Sie wolte ihren H. Vater leicht dahin vermögen / dz er die versuchtesten des Landes ausschickete / und ihr durch alle Landschafften nachspüren liesse / so weit man meynete / die Räuber mit ihr möchten gangen seyn; Dieses hielte sie vor nüzlich und sicher / könte auch durch seine angenehme liebe Gegenwart ihre Eltern desto länger erfreuen; so fürchtete sie über das / die verteufelten Juden würden ihn zuverfolgen noch nicht ablassen / und was sie sonsten einzustreuen wuste. Herkules hatte dieser Fräulein hohe Zuneigung diese Zeit über aus vielen Geberden und Worten gnug gespüret / welches ihm dann / angesehen ihre Zucht und Scham nicht unangenehm wahr; Demnach aber sein Herz dahin nicht mochte gelenket werden / ihr diese wilfahrung zubezeigen / gedachte er / es würde das beste seyn / daß er sich mit solchen Reden eins vor alles heraus liesse / woraus sie einen Argwohn seiner Liebe fassen / und von den Gedanken einiger Heyraht (wo sie dieselben hätte) befreyet werden könte; antwortete ihr deswegen sehr freundlich: Es wåhre ihm eine lautere Unmögligkeit / sich der Reise zubegeben / oder einem andern / wer der auch seyn möchte / die Nachsuchung anzuvertrauen / massen sie in fremder gestalt und Manneskleidern gefangen währe / und bißher vor einen Jüngling gehalten würde / hätte auch ein sehr heimlich-vertrauetes Wahrzeichen / durch dessen Vorschub er und kein ander sie erfragen könte. Uberdas währe er von kindlicher Kundschafft her diesem Fräulein / und sie ihm dergestalt verpflichtet /daß geborne Brüder und Schwester sich nimmermehr höher und herzlicher lieben möchten; könte demnach nicht ruhen noch von herzen frölich seyn / biß er sie wieder in freyem Stande sehen würde. Das gute Fräulein hatte bißher dergleichen Reden von ihm nicht gehöret / fassete aber bald hieraus die unfehlbahre Meynung / wie es stehen müste / und das merken zuvermeiden fragete sie / ob die verlohrne ihm dann so nahe verwand währe. Eben so gar nahe nicht / sagte er / nur die volkommene Zuneigung zwinget mich am meisten / ihre Erlösung zubefodern. Ja wol / antwortete sie / so tuht ihrs nicht umb Verwandschafft / sondern umb Liebe willen. Er wolte dieses nicht stark leugnen / weil es eben zu dem ende angefangen war /damit ihr der Weg / ein mehres zuhoffen / verlegt würde / und gab zur Anwort: Ja Hochgebohrnes Fräulein / wann ich die Warheit bekeñen sol / die ich noch keinem andern geredet habe / so treibet mich nicht wenig die in kindlichen Jahren gesetzete Liebe / dieser meiner Frl. Wasen mich anzunehmen. Welches ihr aber nicht sonderlich lieb zuhören wahr / ließ sichs doch im geringsten nicht merken / sondern baht / er möchte sich mit schwermühtigen Gedanken nicht verunruhen / damit er seines langwierigen Lagers schier entnommen würde; was vor ihr Häupt sie zu Befoderung der Erlösung seiner liebsten Fräulein schaffen könte / wolte sie keines weges unterlassen; und stund nicht lange an / daß Herkules zur völligen Gesundheit kam / und sich wieder tüchtig befand / Waffen zu führen / daher er bey dem Stathalter freundlich anhielt /daß seiner Reise Nohtdurfft nach / er günstig erlassen würde; Welcher ihm antwortete: Es müsten die gefangene mörderische Juden zuvor / ihrem Verbrechen nach / verdiente Straffe empfangen; währe demnach willens / sie morgendes Tages zuverurteilen. Herkules wuste / daß ihrer eine grosse Anzahl wahr / welche vielleicht nicht alle in gleicher schuld möchten begriffen seyn / fragete deswegen / ob nicht denen / vor welche er bitten würde / das [530] Leben könte geschenket werden; und da ihm solches versprochen wahr / baht er den Bischof / einen Christlichen sanfftmühtigen Lehrer zu ihnen ins Gefångniß zusenden / ob sie vielleicht / oder nur etliche unter ihnen / den falschen Glauben ablegen / uñ die Christliche seligmachende Lehre annehmen wolten / alsdann würde man sich bemühen /daß ihnen entweder das Leben gar geschenket / oder doch gelindere Straffe auffgelegt werden solte; Aber vorerst war alle Vermahnung vergeblich / indem ihrer etliche sich dürre heraus liessen / als fromme Juden zusterben; die andern es mit einem stilleschweigen beantworteten; Daher wurden sie allesamt gebunden auff den Platz hinaus geführet / woselbst Herkules mit Ben-Levi den Kampff gehalten / und stunden LX Kreuze auffgerichtet / vor welchẽ die Gefangene sich heftig entsetzeten / und ein jämmerliches Geschrey anfingen / klageten sehr / daß sie nicht samt ihren Brüdern sich hätten niderhauen lassen / damit sie des elenden schmerzhafften Todes möchten befreyet seyn. So bald das Geschrey erging / daß die Urtel über die gefangene Juden solte gesprochen und das Gericht gehäget werden / liessen sich zehn ansehnliche Juden bey dem Stathalter angeben / daß sie untertähnig begehreten / gnädig gehöret zuwerden. Er wolte sie anfangs nicht vor sich lassen / doch auf Herkules fleissiges anhalten / ließ ers geschehen; da der älteste unter ihnen / nahmens Meister Schmul dieses vortrug: Hochmögender Herr Stathalter; wir von der ganzen Jüdischeit dieser Landschafft Abgeordnete / sind befehlichet worden / euer Hochvermögenheit untertähnig vorzutragen / und zubitten / dieselbe gnädig geruhen wolle / sich zuerinnern / was gestalt Römische Käyserl. Hocheit uns und unserm Volke den Juden die Freyheit allergnädigst erteilet / nicht allein in dieser Stad uñ umliegenden Judischen Lande unter unserm Vorsteher und eurem / als Römischen Stathalters Schutze sicher und frey zuwohnen und zuwerben /sondern auch unserm Gottesdienste obzuliegen / ohn Einsprache und Verhinderung. Wann wir dann vor warhafft berichtet werden / daß eine zimliche Anzahl unserer Glaubensgenossen in strånger Hafft und Gefängniß sollen gehalten / und mit abscheuhlicher Straffe bedrauet werden / und solches zwar umb eines einzigen Christen willen / dem sie weder am Leben /noch an der Gesundheit noch an seinen Gütern keinen einigen Schaden zugefüget / und er überdas ein Fremdling / und wol gar des Römischen Reichs Feind seyn mag; Als stehet die löbliche Judischeit in Betrachtung dessen / in gewisser Hoffnung / es werde der Römische Herr Stathalter seine Hände mit unschuldigem Blute nicht besudeln / noch unsere uns von Römischer Käyserl. Hocheit selbst allergnädigst erteilete Sicherheit schwächen oder brechen / sondern die unschuldig Gefangenen gnädig erlassen; solte aber unsers Feindes Frevel durchdringen / uñ bey dem Herrn Stathalter seinen Mutwillen erhalten / alsdann bedingen wir uns auffs zierlichste von alle dem Unheil / welches hieraus entstehen dürffte / beruffen uns auch auff diesen unverhoffeten fall / auff Käyserl. Hocheit / und daß vor dero gerechtestem Richter-Stuel wir diese gerechte Sache anhängig zumachen uñ auszuführen / ungehinderte Freyheit haben mögen. Der Stathalter erzürnete sich über diese Vermässenheit hefftig / begrif sich doch / und gab ihnen diese Antwort: Frecher Jude / du hast dein Lügenmaul weit auffgetahn / und deinem Trotz grossen Urlaub gegeben; Und bin ich krafft tragendes Amtes nicht schuldig / dir zu antworten / nur allein soltu wissen / daß ich keine Juden / sondern öffentliche Mörder einsetzen lassen / welche den hochteuren Landfrieden schändlich gebrochen / einem [531] hochverdienten Römischen Ritter und sonderlichem Brüderlichen Freunde unsers Allergroßmächtigsten Käysers mördlich aufgewartet / und dadurch als Ubeltähter das Leben verwirket / denen also durchaus kein Anruffen an Käyserl. Hocheit zustehet / sondern nach gemeinem Recht sollen und müssen gestraffet werden. Ich frage euch aber / ob euer Worthalter alles nach eurer Bewilligung vorgetragen / oder ein und ander unter euch etwas daran zutadeln habe. Sie fingen drauff einmühtig an / daß ihrer aller durchaus eine Meynung und einerley Rede währe. Wolan / sagte der Stathalter / so habt ihr euch schwerer Bedräuung vernehmen lassen / als ob auff mein Vornehmen grosses Unheil erfolgen dürffte /welches nichts anders / als ein algemeiner Auffstand eures Volkes seyn würde / wovor ihr euch als Redelnsführer anmeldet / und deswegen in gestränger Hafft verbleiben sollet / biß von Käyserl. Hocheit ich Befehl bekommen werde / wie mit euch weiters zuverfahren sey / da ich dann keines weges zweifelen wil /ihr sollet es mit dem Leben bezahlen. Diese hielten an / der Stathalter möchte sich eines bessern bedenken /und sie der Hafft erlassen / es würde sonst eine grosse Verantwortung darauf stehẽ. Aber er antwortete: O ihr Schelmen / fahret ihr noch fort mit eurem Trotz / und hättet guter Vorbitte so hoch von nöhten? Hieß sie alsbald in die Gefängniß führen / daraus die andern genommen waren / und ward durch die ganze Stad ausgeruffen: Dafern einige Juden sich mit Waffen würden finden lassen / oder heimliche Zusammenkunfft halten / solte es alsbald am Leben gestraffet werden. Hiedurch wurden sie erschrecket / daß sie von ihrem Vorsatz abstunden / da sie geschlossen hatten / die verurteilete Mörder loßzumachen / es geschähe in Güte oder durch Gewalt. Auf dem Gerichtplatze trat der vorige Christliche Lehrer wieder hin zu den Gefangenen / und ermahnete sie mit Trähnen und sonderlicher Wolmeynung / weil er ein geborner Jude war / sie möchten doch ihre eigene Wolfahrt und künfftigen Zustand nach dieser Vergängligkeit betrachten /damit sie nicht das zeitliche und ewige zugleich verlieren möchten. Es könte leichtlich erwiesen werden /wie gröblich sie irreten / indem sie auff einen andern Messias als auff den gekreuzigten und von den Todten aufferstandenen JEsus hoffeten. Sie möchten doch ihren jetzigen Zustand behertzigen; Der Reichs-Stab währe ja nach Jakobs Weissagung von ihnen hinweg genommen / ihr Gottes Hauß und äusserlicher Gottesdienst zerstöret und auffgehoben / ihre weltliche Herrschafft vergangen / und liesse sich durchaus keine Hoffnung zur Ersetzung blicken. Es währen nunmehr schon 155 Jahr / daß Jerusalem in der Asche läge; LXII Jahr lang währe es ein wüster Hauffe gewesen /woselbst sich nur wilde Tihre auffgehalten / biß vor XCIII Jahren Käyser Elius Hadrianus diese jetzige Stad dahin gebauet / und sie Elia Capitolina nach seinem und seines Abgottes Nahmen genennet / aber als eine Heydnische Stad nicht den Juden / sondern den Heyden zur Wohnung; Und ob gleich die Juden fint der Verstörung her schon etliche mahl versucht hättẽ /ein Reich wieder anzurichten / währen sie doch alle mahl jämmerlich drüber angelauffen. Hiebey führete er ein / was gestalt vor CXI Jahren die Juden in Egypten viel tausend stark sich versamlet / unter ihrem Führer Andreas sich dem damahligen Käyser Trajan entgegen gesetzet / und in die 200000 Menschen erschlagen / auch die übrigen des Orts gezwungen / der erschlagenen Fleisch zu fressen / und sonsten viel Grausamkeit verübet hätten. In der Insul Zipern hätten sie es gleich um dieselbe Zeit nicht besser gemacht / uñ in die 24000 [532] Menschen daselbst erwürget; wie auch in Mespotamien und anderen Landschaften währen sie auch in voller Rüstung gewesen; aber allenthalben dergestalt von den Römischen Feld Herren geschneuzet / daß ihrer unzählig viel tausend drüber hingerichtet währen; insonderheit in Zypern / woselbst dasmahl ein Gesetz gegeben worden / daß wo ein Jude dahinein kähme / auff was weise es auch geschehen möchte / solte es ihm den Hals kosten. Etwa fünff Jahr hernach hätten sie in diesem Judischen Lande abermahl einen Aufstand gemacht / aber von dem Römischen Stathalter Titinius Rufus so manniche Schlappe eingenommen / daß sie endlich ruhig seyn müssen. Dreyzehn Jahr hernach / als Hadrianus diese Stad Elia erbauet / und auff den Platz des ehmaligen Gottes Hauses die jetzige heydnische Kirche zum Jupiter Capitolinus genant / aufgerichtet / währe ein neuer Lermen darüber unter den Juden entstanden / hätten sich anfangs unter der Erden in den Klüfften uñ Hölen auffgehalten und bewehrt gemacht / endlich unter ihrem Führer und vermeynten Messias dem Bar-Kochba einen offentlichen Krieg wider den Käyser angefangen / auch anfangs sehr grausame Tahten verrichtet / biß inwendig drey Jahrẽ ihre Macht gedämpffet / und ihrer in unterschiedlichen Treffen über die 580000 Mann erschlagen worden; deren aber / die durch Hunger und Seuchen umkommen / währe eine unzählbare Menge; da hätte man alle Juden ins gemein aus diesem Lande vertrieben / uñ es den Heyden uñ Christen zubewohnen eingeräumet; Ja noch neulich / etwa vor XXIII Jahren hätten die Juden unter dem Mörder Klaudius eine Auffruhr erwecket / aber vom Käyser Severus währen sie bald gezwungen sich zudemütigen. Daß also sich nirgends hätte Glük zu ihren Anschlägen finden wollen. Nach solcher Erzählung / erzwang er / daß die bestimmete Zeit des Messias ausser allem Zweifel schon erfüllet / und die von dem Propheten Daniel ernennete LXX Jahrwochen längst verflossen / uñ hätte JEsus von Nazareth durch alle Zeichen sich kräftig erwiesen / daß er der versprochene Messias und Heyland der Welt währe /indem er nit allein allerley Krankheiten und Seuchen mit einem Worte geheilet / sondern nach seiner siegreichen Aufferstehung gen Himmel gefahren / und nach seiner Aufffahrt seinen Jüngern den Heiligen Geist sichtbahrer weise mitgeteilet / durch dessen Krafft sie im Nahmen JEsus grosse Wunderzeichen verrichtet håtten / wie solches alles so helle am Tage /und mit so viel hundert tausend Mårterer Blute beståtiget und versiegelt währe / daß kein Witziger / dem es kund getahn würde / daran zu zweifeln hätte. Dann warumb hätten diese alle einem Menschen zu gefallen / umb errichtete Lügen ihr Leben durch allerhand grausame Pein aufopffern wollen oder können / wann sie nicht versichert währet / das JEsus / umb dessen Willen sie gelitten / ihnen viel ein wichtigers wieder geben würde / wañ sie nach seiner Lehre / ihm zu liebe und ehren / Leib und Leben in die Schanze schlügen? Uberdas solte man die Weissagungen Altes Testaments oder Bundes betrachten / so würde sichs finden / wie artig und genau dieselbe mit dem HErrn JEsus übereinstimmeten; überlief hiebey kürzlich die vornehmsten Sprüche der Schrifft / welche von dem Messias handeln / insonderheit aus dem LIII Cap. des Esaias / daraus er bewieß / dz Messias vor der Welt Sünde sterben und büssen müste / auf dz Gottes gnade uñ die ewige Seligkeit uns armẽ verdamtẽ Menschẽ wieder erworben uñ zuwege gebracht würde. Einer unter diesen gefangenẽ / namens Mose / der in dẽ Rabbinischen Schrifften fleissig gelesen hatte /fing mit diesem Christlichen Lehrer ein Gespräch [533] von dem Messias an / und unterstund sich zubehäupten /Messias würde kommen / ein zeitliches Reich anzurichten / und die Judische Herschafft in den Stand zusetzen / wie sie Zeit König Salomons gewesen; dann er solte ja ein König seyn; er solte Davids Stuel besitzen / und seine Feinde zum Schemel seiner Füsse legen. Dieser aber bewies ihm gerade das Wiederspiel: Es währe durch Christus oder Messias Reich nicht ein weltliches oder irdisches zu verstehen / sondern er währe uns verheissen und gesand / die bußfertigen Sünder aus dem Rachen der Hellen und des leidigen Teuffels zuerretten; nehmlich er solte der Hellischen Schlangen den Kopff zutreten / und ein Segen aller Völker seyn / also das Gottes Reich durch ihn in der ganzen Welt außgebreitet würde / welches sonsten nur in den engen Grenzẽ dieses gelobeten Landes eingeschlossen wahr. Und da Messias nur das zeitliche Reich anrichten solte / was hätte dann König David und andere in der höchsten blüte des Judischen Reichs nach dem Messias so ängstiglich ruffen dürffen / daß die Hülffe aus Sion über Israel ko en / und Gott sein gefangen Volk erlösen möchte? Weil ja zu der Zeit keine leibliche Gefängnis oder unterdrückung wahr / damit die Juden solten geplaget wordẽ seyn. Schließlich wiederholete er / dz die Weissagung von den 70 Jahrwochẽ beim Daniel / Gottes unfehlbahres Wort uñ Verheissung währe / welches kein Mensch he en noch umstossẽ könte / uñ weil solche Zeit ausser allẽ zweifel verflossen / ja weil sie gleich um die Zeit des Leidens uñ der Aufferstehung des HErrn Jesus zu ende gelauffẽ wäre / müste ja der Messias schon ko en seyn / da man sonst Gottes Wort nit zu Lügen machen wolte; es würde auch kein ander / als JEsus von Nazareth der Messias seyn / weil sich niemand fünde / welcher davor könte gehalten werden; sintemahl Johannes der Täuffer außdrüklich geleugnet hätte / er währe nicht Messias / da die Judische Geistligkeit solches von ihm gefraget; ja er hätte außdrüklich auff den HErrn Jesus mit Fingern gezeiget / der währe der Messias; der währe das Lamb Gottes welches der Welt Sünde trägt / und ein so grosser Herr /daß er auch unwirdig währe / ihm seine Schuch nachzutragen. Da man aber einsträuen wolte / warumb dann die Juden diesen JEsus nicht hätten vor den Messias erkennen uñ annehmen wollen; könte man vor erst nicht läugnẽ / daß sehr viel Juden / auch etliche von den Schrifftgelehrten ihm angehangen hätten; die übrigen hätten sich an seiner äusserlichen geringen Gestalt geärgert und gleich mit den heutigen Juden gewähnet; ob würde Messias ein weltliches Reich anrichten / und mit güldenem Reichs Stabe und Kron treflich einher prangen müssen; die Rotte der Phariseer aber währe ihm ungewogen gewesen / weil er ihre äusserliche falsche Scheinheiligkeit und innerliches boßhafftes Leben öffentlich gestraffet / und ihre Sünden auffgedecket / worüber sie ergrimmet / ihm nach Leib und Leben gestanden / biß sie ihr Mühtlein an ihm gekühlet / und dem Landpfleger Pontius Pilatus übergeben. Und da sie seiner Aufferstehung von den Todten währen von den Grabeshütern berichtet worden / hätten sie Gott dem Herrn zu trotze alles geleugnet / und den Kriegsknechten Geld gegeben / ein solches zu verschweigen. Dieses alles / sagte er /möchten sie doch beherzigen / und ihrer armen Seele rahten lassen. Moses und etliche wenig andere / höreten ihm fleissig zu / und däuchte sie / wie eine sonderliche Bewägung und Andacht in ihrem Herzen erwecket würde / daß auch einer / nahmens Isaak / der dem Mose am nähesten stund / zu ihm sagte: Rabbi / ihr müsset dieses alles beständig wiederlegen / oder [534] mir nicht verargen / wann ich / durch dieses Christlichen Lehrers Beweißtuhm überwunden / meinen vorigen Glauben ablege / und als ein rechtschaffener Christ sterbe / dafern mir Lebens-Gnade nicht begegnen kan; massen ich mein Herz dermassen gerühret befinde /daß vor mich ich nit mehr zu wiedersprechen weiß. Ein solches bestätige in euch der H. Geist / sagte der Christliche Lehrer / und versiegele das Wort in eurem Herzen zu dem ewigen Leben. Moses stund wie ein Taumelichter / und bedachte sich ein wenig / fing hernach an / und rieff mit heller Stimme. Ihr meine lieben Freunde / und dem Fleische nach / warhafte Brüder /versichert euch festiglich / daß wir von unsern Rabbinen bißher heßlich hinter das Licht geführet / und durch ihre Lügen Schrifften auff den Irreweg geleitet sind; dann in Warheit / die heilige Schrifft Gottes zeuget dieses alles von dem Messias / was dieser Christliche Lehrer mit bestand eingeführet hat; daher sehe ich vor erst / daß wir uns einen falschen Messias einbilden; und hernach / weil die von Gott durch den grossen Daniel bestimte Zeit (deren ich offtmahls ganz zweiffelmühtig nach gedacht) verflossen / JEsus von Nazareth aber umb dieselbe Zeit kommen ist / er und kein ander / der wahre Messias seyn müsse / wie er solches durch seine Wunder / deren wir gute Kundschafft haben / gnugsam dargetahn: an diesen nun wil ich hinfort gläuben / an diesen wil ich mich halten; bey diesem wil ich Leben und sterben / daß helffe mir Gott und dieser mein Messias JEsus / Amen. Hierauff fing er an / seine Mitgefangenen zu vermahnen da sie des Himmelreichs fähig werden / und an Messias Teil haben wolten / müsten sie Christen werden / sonst würden sie der ewigen Verdamnis eigen bleiben. Aber diese Ermahnung wolte so bald nicht hafften / sondern der gröste Teil speieten ihn an / uñ verfluchten ihn biß in der Hellen Abgrund / dz er den schändlichen Glauben annehmen / und an einen auffgehenkten Gott glåuben wolte; er möchte doch als ein Gelehrter /seinen Glaubensgenossen den Schimpf nicht antuhn /und die Lehre verdammen / in welcher Abraham /Isaak und Jakob sanfft und selig eingeschlaffen währen; des Christlichen Lehrers Vorbringen währe nicht der Wichtigkeit / daß ein wol gegründeter Jude dadurch könte irre gemacht uñ verleitet werden; der Messias müste freylich ein grosser König seyn / und sie von der Heyden Dienstbarkeit loß reissen / und da er ein solcher nicht seyn würde / möchte er wol gar ausse bleiben. Des Daniels LXX Jahrwochen währe eine dunkele und schwere Weissagung / in deren Außlegung man leicht irren könte. Und wann gleich dieselbe Zeit verflossen währe / und Gott auff solche Zeit den Messias zu senden versprochen hätte / so hinterhielte doch Gott solche Verheissung umb der Sünde willen des Judischen Volks / dañ so bald dieselben in rechtschaffener Liebensbesserung sich anfinden würden / alsdann würde der Messias auch nicht länger verzihen. Aber der Christliche Lehrer antwortete darauff; es währe ihre blosse Einbildung / daß Messias ein irdischer König seyn würde; der Weissager und Lehrer Esaias beschriebe ihn viel anders in ob angezogenem / wie auch im anfange des LXI Cap. daß auch Gott den Messias wegen der Juden Sünde hinterhalten solte / währe nichtig und nichts / massen Daniel ohn alle Bedingung solcher Sünde oder Frömmigkeit desselben Zukunfft auff gewisse Zeit / nach verlauf der genanten Wochen besti et hätte / welchen Willen und Warheit Gottes / keines Menschen Sünde hindern oder zurük haltẽ könte. Als er dieses sehr bewäglich vorgebracht hatte / traten noch VI aus dem Hauffen / und erbohten sich Christen zu werden / hernach möchte [535] die Obrigkeit mit ihnẽ nach gutdünken verfahren / weil sie bekeñen müsten / daß sie den Tod verschuldet hätten / welchen sie auch leiden wolten /nach dem sie hoffeten der Seligkeit nunmehr vergewissert zu seyn. Der Stathalter kam unterdessen mit Herkules und andern / unter der begleitung LX Reuter und 350 Fußknechte auff den Gerichtsplaz / da außgeruffen ward / ob einiger Jude unter den Zusehern sich befünde / solte derselbe bey Lebensstraffe sich alsbald hinweg packen; worauff ein gemurre unter dem Volke ward / und bald darauff sich in die dreissig davon macheten / welche / dafern der Stathalter es nicht gehindert hätte / von de Zusehern würden gesteiniget seyn. Der Christliche Lehrer taht Herkules zu wissen / daß die IIX abgesonderte Gefangene das Christentuhm angeno en håtten / und bereit währen in demselben zu sterben. Bald darauff setzete sich der Stathalter auff den Richtstuel und fellete die Urtel: Es hätte Römische Käyserl. Hocheit ihm bey betretung seines Stathalter Amts / dieses insonderheit und mit höchstem Ernste aufferleget / daß er Frieden und reine Strassen in dieser Landschafft erhalten / die Auffrührer / Mörder / Diebe / und Strassen Räuber aber ohn ansehen und Gnade / andern zum abscheuhlichen Beyspiel abstraffen solte. Nun hätten gegenwärtige gefangene Juden / einen hochverdienten Römischen Ritter und Herrn auff freier Landstrasse ermorden wollen / wie ihre einhellige Uhrgicht und Bekäntnis zu Tage leuchtete / wodurch sie den Landfrieden gebrochen und das Leben verwirket hätten / solten demnach lebendig ans Kreuz gehefftet / und auff solche Weise vom Leben zum Tode gebracht werden / nur diese außgenommen / denen hochgedachter beleidigter Herr das Leben verbitten würde / welches demselben als einem sonderlichen Freunde des Römischen Käysers frey stünde. Herkules rieff die IIX neue Christen vor sich / und fragete sie / ob sie vor ihrem tode die Christliche Tauffe begehreten; und als sie mit herzlicher Begierde ja rieffen / auch mit wenigem umb einen gelinderen Tod anhielten / sagte er weiter; wie wann dañ bey dem Großmächtigen Herrn Stathalter ich euch gar Lebensfristung erbitten würde / wollet ihr auch im Christentuhm beständig verharren / und der Erbarkeit euch forhin befleissigen? Diese begunten schon Hoffnung zu fassen / und sagten mit teuren Worten zu / umb Christus Willen gerne alles außzustehen; wurden demnach auff Herkules Vorbitte alsbald ledig und frey gesprochen / und ihrer Bande erlassen / zumahl / weil sie dartuhn kunten / daß sie fast genöhtiget wahren / sich in diesem Mördlichen Anschlage gebrauchen zu lassen. Als die übrige sahen /daß diese wegen des angeno enen Christentuhms Lebens Sicherheit erhielten / stunden sich X unter ihnen / welche sich erbohten / den Heidnischen Glauben forthin zu bekennen / welches sie doch nur aus Heucheley / dem Tode zu entgehen / und aus Feindschafft wieder den Christlichen Nahmen tahten. Der Stathalter wolte ihnen solches nicht wegern / und hieß alsbald Feur md Rauchwerk herzu bringen; und da sie dem Abgott Jupiter zu ehren den Weirauch auff die Kohlen gestreuet hatten / legte man ihnen Schweinefleisch vor zu essen / dessen sie sich auch nicht wegerten / unter der Hoffnung sie würden von aller Straffe loßgesprochen werden; Aber der Stathalter befahl / daß man bald mit ihnen zur Straffe eilete / ehe sie zum vorigen Aberglauben wieder treten möchten; über welche Urtel Herkules und alle Anwesende Christen ihrem Heylande von Herzen danketen; diesen zehn Abtrüñigen aber / da sie solches vernahmen /kam alsbald die Reue / lieffen zum Feur / stiessen es mit den Füssen umb / und schrien; [536] sie wolten als fromme Juden sterben / fluchten auch dem Jupiter /und rieffen; der Gott Abraham / Isaak / uñ Jakobs ist allein wahrer Gott. Worüber der Stathalter hart ergrimmete / daß er sie alsbald außzihen / geisseln / und hernach ans Kreuz hefften lies. Von den übrigen traten auff des bekehreten Moses anmahnung noch VI zum Christentuhm / uñ erhielten diese Gnade daß sie nach außgestandener Geisselung mit dem Leben begnadet / und auff drey Jahr zur Leibeigenschafft verdammet wurden. Die übrigen alle / an der Zahl XXXVI (dann XII wahren im Gefängnis an ihren Wunden gestorben) musten zugleich ans Kreuz. Moses wolte neben dem Christlichen Lehrer nicht von ihnen weichen / so lange sie lebeten / vermahnete und baht sie mit heissen Tränen / daß sie ihrer Seligkeit wahrnehmen / und die angebohtene Gnade Gottes zum Himmelreich durch ihre Halsstarrigkeit nit selbst verwerffen möchten / rieff auch mit andern Christen andächtig zu Gott / er wolte sie erleuchten und zur Busse zihen; welches dann so viel wirkete / daß V von den zum Heidentuhm gefallene / und VI von den übrigen den Christlichen Glauben annahmen / und in der Pein frölich und wolgemuht abscheideten / welches Herkules eine sonderliche Freude zuhörẽ war; der dann mit dem Stathalter und dem Bischoffe wieder zurük ritte / hielten Mahlzeit / uñ redeten von mannicherley Geschichten aus Gottes Worte / dem der Stathalter fleissig zuhörete und sich unterrichten ließ /woher man eigentlich wüste / daß den Büchern Mose uñ anderen / deren sie meldung tähten / festiglich zutrauen währe / und vor wie viel Jahren der Moses gelebet hätte; welches der Bischoff mit sonderlichem fleiß verrichtete / da H. Pompejus sich sehr verwunderte / daß dieser Moses 826 Jahr vor Erbauung der Stad Rom gebohren währe / und vor vieler deren Zeit gelebet hätte / welche von den Griechen und Römern vor Götter angenommen währen; Insonderheit hatte er sonderliche Lust anzuhörẽ / was von Erschaffung der Welt / und von Ausführung der Kinder Israel aus Egyptenland vorgebracht ward / und Herkules daher gute Hoffnung zu seiner Bekehrung fassete. Nach abgetragenen Speisen baht Herkules umb großgünstige Erlassung / seine Reise zu verfolgen / und führete die Ursachen seiner Eile mit solchem Ernste an / daß sie wol sahen / ein weiteres nöhtigen würde ihm nur verdrießlich seyn / deßwegen Herr Pompejus ihm Freyheit gab / des nähstfolgenden Tages nach seinem belieben zuschalten. Das Fräulein hätte ihn gerne noch etliche Tage auffgehalten / umb seiner lieben Gegenwart etwas länger zugeniessen / und ob ihr gleich die Gedanken zu einer künfftigen Ehe benommen wahren / blieb doch die einmahl erweckete Gunst und Freundschafft in ihrem Herzen unbewäglich / aus deren Getrieb sie nach gehaltener Mahlzeit / da sie mit einander im Garten umher gingen / ihn also anredete: Mein hochwerter Herr und Freund / es tuht mir sehr leid /daß eure beliebte Gegenwart in ein betrübtes Abscheiden sol verkehret werden; weil ich aber zu schwach bin / seinen Willen zubrechen / muß ich damit friedlich seyn; doch wil ich eines von ihm bitten / daß / dafern er gleiche Gewogenheit in Ehren an mir / als an meinen Wasen zu Padua gespüret / er mich unter dieselben mit rechnen wolle / und sich versichern / daß ich nit weniger bedacht bin / ihn zeit meines Lebens zulieben und ehren als ihrer eine; und ob ich dẽ Nahmen einer Schwester / wie jene / noch nicht verdienet habe / werde ich doch zum wenigsten vor eine nicht viel mindere Freundin gehalten seyn; gestehe auch gerne / daß wie mir der Himmel keinen Bruder gegönnet / dannoch das Glük mich einen kennen gelehret / bey [537] dessen Lebenszeit ich mich Bruder-loß nicht schätzen werde; welches zureden ich mich nit scheuhe / weil mein Herz mir Zeugniß gibt / daß meine Neigungen in reiner Keuscheit bestehen. Herkules antwortete ihr: Hochgebohrnes Fräulein / und da ichs zusagen gewirdiget bin / in Ehren herzgeliebte Frl. Schwesterchen; ich weiß nicht / wie ich diese gar zu hohe Ehre und Gunst zeit meines Lebens vergelten sol / es währe dann / daß mein Fräulein sich hiemit bezahlen liesse / daß in ihren Diensten zusterben ich allemahl bereit bin. Mein Gott weiß / mit was herzlicher Zuneigung Euer hohen Tugend ich mich verbunden befinde / so daß weder Zeit noch Abwesenheit /noch Unfall mich ihrer hochwerten Gedächtniß berauben wird / und dafern ich meine Freyheit noch hätte /würde ich mich erkühnen / umb mehre als schwesterliche Liebe Ansuchung zutuhn; nachdem ich aber nunmehr vor zwey Jahren einer andern / und das ich noch zur Zeit niemand vertrauet / eben diesem Fräulein versprochen bin / welche zuretten ich mich bemühe; tähte ich als ein Meinäidiger / und wider Ritters Ehre / da ich geschworne Träue zubrechen / und hohes Standes Fräulein zu verführen mich gelüsten lassen würde. Diesem nach bitte ich meine hochwerte und herzgeliebete Frl. Schwester / sie die Gedächtniß meiner Wenigkeit in ihrem Herzen nicht sterbẽ lassen / auch da es möglich / sich an keinen verheyrahten wolle / der ihr nicht von herzen gefallẽ wird; wer weiß / ob ich nicht einen nahen Anverwanten habe / mir in dem / was lobens wert seyn mag / nicht ungleich /dem ein solches liebes Fräulein ich wol gönnen möchte. Schließlich ist mein höchster Seelen Wunsch /meine Frl. Schwester könte sich aus freyem willen zum Christentuhm bequemen / auff daß sie nach dieser Sterbligkeit neben mir und allen Außerwählten der erschreklichen Verdamniß entgehen / und in unauffhörlicher Freude bey Gott leben möchte / welches in Warheit niemande ausser den Christen widerfahren kan. Herzgeliebter Herr und Bruder / antwortete das Fräulein; nachdem ich euer züchtigen brüderlichen Freundschafft gnug versichert bin / so verspreche ich hiemit / in keine Heyraht / ohn euer Vorwissen uñ Bewilligung mich einzulassen. Dem Christentuhm aber bin ich schon so nahe / daß ich in kurzer Zeit hoffe /eures Glaubens zuseyn / und wil euch in hohem Vertrauen offenbahren / dz meine geliebte Eltern alle Nachte berahtschlagen / wie sie am heimlichsten Christen werden mögen / damit es nicht ruchtbar werde / und sie drüber nicht dereins in Ehr- und Lebensgefahr zu Rom gerahten mögen; und dieses treiben sie so verborgen / daß sie es mir anfangs zuverhehlen entschlossen sind / damit ich nicht aus Unbedachtsamkeit der Jugend es andern offenbahre; ich erwarte aber nur ihres Verfolgs / dann wil ich nicht lange von ihnen abgesondert seyn; und bin ich versichert / daß mein H. Vater diese Glaubensenderung nicht lange auffschieben werde. Herkules hub in sonderlicher Freude seine Hände auff gen Himmel / und dankete Gott / dz dieses durch Anlaß seines Kampfs befodert währe. Er hatte aber einen köstlichen Ring einkäuffen lassen / welchen er seinem lieben Fräulein mit diesen Worten an den Finger steckete: Sehet meine hochgeliebete Frl. Schwester / hiemit wil ich euch ein schlechtes Denkzeichen hinterlassen der vertraueten Freundschafft / die wir anjetzo mit einander in keuscher Schwester- und Brüderlicher Liebe auffgerichtet haben welche dann in meinem Herzen nimmermehr erlöschen sol. Das Frl. hatte gleich zu dem Ende auch einen schönen Ring zu sich genommen /und bißher sich gescheuhet / ihm denselben zuliefern; aber durch diese Gelegenheit erkühnete sie sich / daß sie ihn [538] aus ihrem Busem hervor zohe / und zu ihm sagete: Hochwerter Herr Bruder / ich wil den mir angestekten Ring mit geschehener Bedingung annehmen /und hinwiederumb nicht zweifeln / er werde diesen auff gleicher Träue Gedächtniß von mir brüderlich empfahen / und seiner Zusage dabey eingedenke seyn / da er mir versprochen / uns / wo er lebet / alhie wieder zubesuchen. Herkules umfing sie hierauff tugendreich / und antwortete: Sein verheissen währe aus gutem bedacht geschehen / und solte / da ihm Gott das Leben fristen würde / nit gebrochen werden. Als diese beyde ihre Freundschafft solcher gestalt bestätigten / traten die Eltern zu ihnen / und redete Herr Pompejus folgender gestalt Herkules an: Sonders geehrter lieber Herr und Freund; Nachdem euer steiffer Vorsatz ist / nähstkünfftigen Tages fortzureisen /möchte ich gerne sehen und befodern helffen / daß solches mit glüklichem Fortgang geschähe; habe demnach eine offene Schrifft an alle Römische Beamten von hier biß durch Mesopotamien an den Tigerfluß auffgesetzt / und begehret / euch als einem hochverdienten Römischen Freunde allen Vorschub mit Leuten / Pferden und Gelde nach eurem Willen zuleisten /auch wider aller Feinde Gewalt und Verfolgung euch zuschützen / in Festungen anzunehmen / und alles das zutuhn / damit euch kan gewilfahret werden. Uberdas wil ich euch einen Freybrief erteilen / als einem von dem Römischen Kåyser an den Parther König Gesanten / der euch in Gefahr und Anfällen sehr nützlich seyn kan. Weil ihr auch eines getråuen Dolmetschen hoch werdet von nöhten haben / wil ich euch meinen besten Sprachmeister / nahmens Plautus zugeben /welcher nebest der Lateinischen und Griechischen / in den meisten Morgenländischen Sprachen wol erfahren ist; habe ihm vor sein Håupt und dreyen reitenden unbewehrten Dienern / Reise Kosten gnug zugestellet /nachdem ich ihn vor mich mitsende / mir eures Zustandes auff begebenheit Bericht einzuschickẽ. Und weil ich von euch eine heimliche Freundschafft empfangẽ / die euch noch zur Zeit selbst mag unbewust seyn / ihr sie aber hernähst erfahren werdet / muß ich hinwieder meine Dankbarkeit spüren lassen; wollet demnach diese Kette / die ihr ungehindert am Leibe verborgen tragen könnet / von mir annehmen / und zum Nohtpfennig behalten / weil man nicht weiß /was uns auff solchen Reisen zustossen möchte. Es wahr aber diese Kette zimlich stark / wie ein Gürtel gemacht / daß man sie umb den Leib legen / und verborgen tragen kunte / und hingen 150 köstliche Demant daran / rings umher / deren der geringste auff 400 / der vornehmste auff 1200 Kronen geschätzet ward / daß das ganze Kleinot eine Tonne Goldes austrug. Dieses / sagte Herr Pompejus weiter / ist bey Antretung meines jetzigen Amptes mir von den Juden dieser Landschafft verehret / umb meine Hulde zukauffen / die niemand vor Geld ausstehet / und wil es euch daher so viel lieber zustellen / daß ihr ein Siegszeichen von diesem boßhafften Volke haben möget. Herkules wegerte sich sehr / ein solches zunehmen; weil aber der Stathalter so hefftige Reden gegen ihn gebrauchete / daß er sich ferner nicht entbrechen kunte / nam er sie zu sich / und antwortete: Demnach es also seyn müste / wolte er willig gehorsamen / als durch Zwang und Oberbotmässigkeit darzu gehalten /hoffete aber den Tag zuerleben / seine Vergeltungs-Willigkeit dereins sehen zu lassen. Nachgehends baht er den Stathalter / auff Begebenheit H.Q. Fabius seinetwegen in Schreiben zugrüssen / wie imgleichen dessen Gemahl / Fr. Tochter und Frl. Sibyllen / welche beyde / sagte er / nicht allein an Schönheit und Jahren / sondern auch an Tugend und Verstande /ihrer Frl. Wasen / [539] meiner hochwerten Frl. Lukrezien nicht ungleich sind / und ich mich versichert halte /ich habe an dieser dreyen Kundschaft und Gewogenheit / die vortrefflichste Jungfräuliche Tugend der Stad Rom erkennet / und zu Freundinnen bekommen /mehr und vollkommener / als bey so jungen Fräulein ich mir hätte einbilden können. Die Mutter hörete solches Lob sehr gerne / aber dz Fräulein antwortete ihm: Hochberümter Fürst / Herr Herkules / ich bin nie in Gegenwart meiner lieben Eltern so hoch beschämet / als jezt von euch zu guter lezt / jedoch wil ich mir die Rache biß auff seine glükliche Wiederkunfft vorbehalten / und doch einen solchen Lehrmeister nicht ungerne hören / der in allen Vollkommenheitẽ vortreflich ist / damit ich den minsten Teil noch lernen möge / was er ganz an mir sein scherzen darff. Dem Vater gingen die Augen über / da er sein liebes Kind so vernünfftig reden hörete / und sagte zu ihr: Geliebte Tochter / dieser trefliche Herr und unvergleichliche Ritter spielet mir dir / als ein vernünfftiger Meister mit seinem beliebten Lehrknaben / dessen Werk er rühmet / ob gleich nichts dahinten ist / und lobet alle Stücke insonderheit / damit er den Gebrechen von ihm selbst sehen / und darnach trachten möge / wie ers verbessere. Herkules baht umb Verzeihung / beteurete daneben / daß er nicht gewohnet währe / jemand zugefallen zu reden / viel weniger zubeschimpfen / wie es seiner hochwerten Fräulein auszulegen beliebete; sondern was gut an sich und vollkommen / müste weder er noch kein ander tadeln; Tugend verdienete ihren Dank / und Ehre folgete dem Wolverhalten wie dem Leibe der Schatten / daher gebührete demselben Fluch und Schande / der das wirdige seines Preises beraubete / und zu gebührlicher Zeit nicht mit Ruhm erhöbe. Pompejus lachete / daß er dieses mit so ernstem Eifer vorbrachte / und antwortete: Geliebter Herr als Sohn / ob gleich meiner lieben Tochter / angesehen ihre Jugend und andere Verhinderungen / viel gebricht / muß ich doch eure Reden anders nicht urteilen / als die aus sonderlicher Gewogenheit und Freundschaft herrühren / nach deren Anleitung man zuzeiten unvermerkt einen übersprung tuhn kan. Hierauff nahete die Stathalterin zu ihm / hatte den ihr von ihm geschenkten Ring am Finger / und redete ihn solcher gestalt an: H. Herkules / euer wegscheidẽ gehet mir so nahe zu herzen / als reisete mein leiblicher Sohn von mir / welchẽ Namẽ ich euch gerne gebe / weil ihr ihn anzunehmen allemahl ganz willig gewesen seyd; wil demnach die Gedåchtnis eurer Freundschaft aus meinem Herzen nicht lassen / und euch dieses (auf den Ring zeigend) zu liebe und gefallen tragen. Wañ sich aber gebühren wil / daß ich ein mütterliches Zeichen von mir gebe / wodurch ihr meiner gewogenheit in etwas könnet erinnert seyn / werdet ihr / da ihr mich liebet / euch nicht wegern / diesen Ring und Kette /nebest etlichen Baarschafften und Kleinoten zum Zehrgelde (welches sich auff 40000 Kronen erstreckete) von mir anzunehmen / sonsten müste im widrigen ich schliessen / die angebohrene mütterliche Gewogenheit würde von euch geringe geschätzet. Davor behüte mich mein Gott / antwortete er; dann ich halte es billich vor eine sonderliche Glükseligkeit / daß meine Fr. Mutter mich vor ihren Sohn wirdiget / befinde mich auch schuldig / dieselbe / zeit meines Lebens /kindlich zuehren / wie ich dann mit Gottes Hülffe dereins gedenke darzutuhn / daß / ob sie gleich einen unvermögenden / dannoch träu-bereitwilligsten Sohn und Knecht an mir habe. Frl. Lukrezie wuste schon /was von ihren Eltern ihr befohlen wahr / ihre Reden aber nach ihrer Gewogenheit zustellen / gebrauchte sie sich des geschehenen mütterlichen erbietens / und sagete zu ihm:

[540] Treflicher Fürst / und in Ehren hochwerter Freund; weil ich anjetzo angehöret / daß ihr von meiner herzgeliebten Fr. Mutter an Sohns stat erwählet und auffgenommen seyd / werde ich / Ungehorsam gegen meine Eltern / und Unhöfligkeit gegen euch zumeiden / euch forthin als einen Bruder zu ehren und lieben gehalten seyn. Wann dann mein Herr Bruder die beschwerliche weite Reise vor sich hat / worzu Kosten und andere Nohtturfft erfodert wird / als wolte mir unleidlich seyn / denselben ohn alle schwesterliche Hülffe zihen zulassen / angesehen er sich in Erlösung meiner Wasen und Schwestern so verdienet umb mich gemachet hat / da schon die Brüderschafft zwischen uns / nach meiner Fr. Mutter willen / nicht gestifftet währe; bitte demnach / etliche Kleider und leinen Gerähte / die ich auff meiner lieben Eltern Geheiß verfertigen lassen / anzunehmen / wie auch beygefügte schlechte Kleinot / und dieses par Armbänder / dem verlornen Fräulein meinetwegen zuschenken; und werde ihm durchaus keine abschlägige Antwort gestehen / es währe dann / daß er sonderliches belieben trüge / allemahl / so offt ich mit ihm rede / mich schamroht zumachen / welches mir sehr empfindlich seyn / und seiner Freundschafft mich wenig versichern würde. Herkules küssete ihr die Hand / und gab zur Antwort: Durchleuchtiges Fräulein / der Bruder Nahme / dessen sie mich wirdiget / ist mir in Warheit angenehmer / als alle Schätze und Reichtuhm dieser Landschaft; wil mich auch äusserst bemühen / also zuleben / daß solche hohe Ehre ich durch Untugend nicht besudele / oder mich deren unwerd mache / ob gleich derselben mich schon viel zugeringe weiß; und weil die Bedingung viel zu stark ist / auch durch Wegerung nur in ihre Ungunst fallen würde / muß ich das angebohtene von meiner Frl. Schwester / wiewol nicht anders / als ein Knecht die Schläge von seinem Herrn annehmen; dann die gar zu grossen Schenkungen mich gewißlich betrüben / daß da ihre Gemüter mir nicht zu wol bekant währen / ich gedenken müste / sie suchten mich auff einmahl abzukäuffen. Ich wünsche aber / Gott mir die Gnade verleihen wolle / daß ich gelegenheit haben möge / mein Blut und weniges Vermögen in ihren Diensten anzuwenden. Diesem sey nun wie ihm wolle / so muß ich doch vor dißmahl nicht allein unverschämt werden / sondern wider meinen Willen mir eine Last auffbürden lassen / die ich weder tragen kan / noch zutragen je verdienet habe; ja wann ich språche / man schlüge mich zu bodem / ehe der Kampff anginge / würde ich nicht irren. Jedoch hoffe ich / der Alleingewaltige Gott werde sie mit Geist- und leiblichen Woltahten überschütten / daß sie demselben bekennen müssen / was ihnen zubekennen ich anjetzo gezwungen werde. Ich hoffe solches mit / sagte Pompejus / Gott werde mir Gnade uñ Barmherzigkeit verleihen / mehr als ich ihm zudanken vermögens bin / und halte davor / er habe dessen schon einen sehr guten Anfang gemacht. Herkules taht als verstünde er diese Reden nicht / ungeachtet er eigentlich spürete / daß er auff das Christentuhm zielete. Sie verharreten auch in diesem höflichen Gespräch / biß man sich zur Abendmahlzeit setzete / da es nicht anders schien / als ob nur Eltern / Kinder und Geschwister mit einander umbgingen / und wunderte sich Pompejus mehr über Herkules grosse Zucht / die er in Worten uñ Tahten bey dem Fräulein spüren ließ / als über seine Herzhafftigkeit uñ Stärke / irrete doch in seinen gedanken nicht / er müste sein Herz schon am andern orte / und ohn zweifel dem entführeten Frl. zu ehelicher Liebe versprochẽ haben. Gallus / mit dem es sich zeitiger / als mit seinem Herrn gebessert hatte / ward auch unbeschenket nicht gelassen / sondern der Stathalter [541] verehrete ihm 2000 Kronen uñ ein gutes Reitpferd mit allem Zubehör / welches er mit untertåhniger danksagung annam / uñ die Gelder neben dem was er schon bey sich hatte / dem Fräulein biß auff seine Wiederkunfft zu verwahren gab. Des folgenden Morgens ließ Herkules die Pferde gar früh satteln / und die beladene vier MaulEsel fertig machen / welche die drey Diener uñ der Dolmetscher Plautus bey der Hand führen solten. Das Fräulein besuchte ihn auff seiner Kammer / da sie nach wünschung eines glükseligen Morgens von ihm Brüderlich umbfangen ward / welches ihr die Trähnen aus den Augen lockete / und sie zu ihm sagete: Nun reiset mein einiger in ehren herzgeliebter Bruder von mir hinweg / daß ich nicht weiß / ob ich ihn Zeit meines Lebens wiederumb sehen werde; jedoch geschihet solches alhie in dieser Welt nicht / wird der Christen Gott uns dorten wiederumb zusammen fügen / da unsere Freundschafft ewig wehren muß. Hochwerte /Herzliebe Frl. Schwester / antwortete er / ich bitte /sie wolle dem wahren Gott und Schöpffer aller dinge trauen / der in kurzen uns wieder beysammen bringen kan und wird; und triebe mich die höchste Noht meiner verlohrnen Fräulein nicht / ich würde so eilig von diesem lieben Orte nicht scheiden / wil doch nicht unterlassen / offt und viel an sie zugedenken / auch meinen Zustand ihr anzumelden / doch daß nichts möge nach Padua berichtet werden / ohn daß ich Lebe und in guter Gesundheit sey / weil ich dessen wichtige Ursachen habe; hiemit befahl er sie dem höchsten Gott /und baht / das Christentuhm nicht lange auffzuschieben / welches sie ihm teur verhies; und weil sie beliebung hatte / ihm die Rustung helffen anzulegen / ließ er solches geschehen / ging hernach mit ihr zu ihren Eltern / und nach dem er sich mit allen sehr freundlich geletzet hatte / saß er zu Pferde / und ritte mit Gallus /dem Dolmetscher / und den dreyen zugegebenen Dienern fort. Haussen vor dem Stad Tohr warteten XL Reuter auf ihn / die er wieder seinen Willen muste zu sich nehmen / und sie zwo Tagereise / zehen Meilen mit sich reiten lassen / weil der Stathalter sich eines Judischen Auffsatzes befahrete. Des dritten tages erreichete er mit seiner engen Geselschafft den Berg Thabor / XIV Meilen von Jerusalem Nordwertz gelegen / über dessen zierliche Ründe und sonderliche Lustbarkeit er sich sehr verwunderte / da er zu Gallus sagete: Sehet / diß ist der heilige Berg / auff welchem Moses und Elias mit unserm Heylande geredet / und ihm seines Leydens Erfüllung angedeutet / in dem er vor den Augen seiner anwesenden Jünger herrlich verkläret ward. Als Plautus dieses hörete / hohlete er einen tieffen Seuffzer aus seinem Herzen hervor / und beklagete zugleich / daß er in seiner Jugend Christliches Glaubens gewesen / håtte aber denselben vor XXIV Jahren wegen grausamer Verfolgung aus Furcht verleugnet; weil er nun wůste / daß ihre Gn. dieses Glaubens / und überdas der Herr Stathalter den Christen geneigt währe / wolte er von nun an solche Lehre wieder annehmen / unter dem steiffen Vorsatze / ehe den Tod anzugehen / als davon wieder abzutreten. Herkules fůhrete ihm zu gemühte / was vor eine schwere Sünde er durch solche Verleugnung begangen / insonderheit weil er darinnen so lange Zeit verharret / vermahnete ihn zur rechtschaffenen Busse /und daß er die ganze Zeit seines ůbrigen Lebens seine grosse Schuld beweinete / jedoch sich auff seines Heylandes Verdienst verliesse / und in steter Abbitte bey Gott anhielte / alsdañ würde er Gnade und Vergebung erlangen. Unter diesem Gespräch ersahe Gallus fünff Reuter mit Sturmhauben und Streit Axten von des Berges rechten Seiten auff sie zu [542] reiten / und meldete es seinem Herrn (der nun wiederumb Valikules wolte genennet seyn) mit bewäglicher Verwarnung an / weil es schiene / daß sie wenig gutes im Sinne hätten; dessen er sich aber nichts anfechten ließ / sondern ritte selbst zu ihnen hin / und fragete sie in Griechischer Sprache / ob diß der rechte Weg nach dem Galileischen Kana währe. Diese Juden sahen bald / daß er ein Heyde oder Christ seyn müste / und weil sie lang geübete Räuber und Mörder wahren / sich auch gewisse Rechnung zu grosser Beute auff den Maul-Eseln machten / hiessen sie ihn und seinen Gesellen die Waffen ablegen / ingesamt von ihren Pferden steigen / und die beladene Esel ihnen einlieffern / alsdann solte ihnen das Leben geschenket seyn. Valikules wahr dessen mit ihnen noch nicht einig / stellete sich doch etwas blöde / und fragete sie / was Glaubens sie währen. Worauff er zur Antwort bekam / jetzt währe nicht Zeit lange vom Glauben zu sprachen / doch weil ers ja wissen wolte / hätte er fünff standhaffte Juden und aller Christen Feinde vor sich. Als unser Held dieses vernam / sagte er mit hefftigem Eifer zu ihnen: Und wer hat euch Buben dann so verwägen gemacht /daß ihr ehrliche Ritter rechtfertigen / und von ihren Pferden dürffet steigen heissen? bald packet euch hin eures Weges / oder ich werde euch zeigen / wie wenig ein rechtschaffener Christ sich vor gewissen-lose Juden fürchte. Diese bissen vor wütiger Ungeduld die Zähne im Kopffe zusammen / und stürmeten einmühtig auff ihn ein; er aber erreichete alsbald den einen /daß ihm das Häupt von der Schulder sprang; so nam Gallus seiner Schanze auch wahr / und legete den andern zu Bodem; und als sein Herr bald darauff auch den dritten hinrichtete / wolten die übrigen beyden Versengeld geben; aber die Pferde wurden ihnen von hinten zu lahm gehauen / dz sie übern hauffen fielen /sie aber mit Zügeln gebunden / und mit nach Kana fortgeschleppet / da man sie der Obrigkeit überliefferte / mit begehren / daß sie dem Stathalter zugeschicket würden; und muste Plautus allen Verlauff schrifftlich berichten; wurden darauff / so bald sie daselbst ankahmen vor den Stathalter gestellet / der sie geisseln und kreuzigen ließ. Er hatte auch seine zehn gefangene Juden in fester Verwahrung / biß er auff seinen Bericht von Rom zur Antwort bekam / auff der Juden weiteres Vornehmen gute acht zu haben / die Gefangene vor Gericht zustellen / und sie zum Schwerte zuverurteilen / doch da sie umb Gnade demühtig anhalten und ihre Feile erkennen würden / sie allerdinge loßzulassen. Es wahren aber diese so freche verwägene Buben / daß sie Zeit wehrender Hafft immerzu trotzeten / auch noch / da sie vor das Gericht gestellet wurden / fragen durften / wessen sich der Stathalter wol anmassete / daß er nicht allein vor etlicher Zeit ihre unschuldige Leute hätte kreuzigen lassen / sondern auch sie so lange Zeit im Gefängnis auffgehalten; sie hoffeten / er würde in sich gehen /und dem Judischen Volk nicht Ursach zum Auffstande geben. Der Stathalter fragete sie / ob sie sonsten nichts vorzutragen hätten; und als sie antworteten /nach erlangeter Freiheit wolten sie ihre notturfft weiter vorzubringen wissen; sagte darauff der Stathalter; wolan / so sollet ihr hiemit auff Käyserl. Befehl zum Schwerte verurteilet seyn / damit ihr nicht die jenigen seid / welche neue auffwiegelung zumachen Lust haben. Weil sie nu in diese Straffe mit Willen sich nicht geben wolten / ließ der Stathalter einen nach dem andern mit Gewalt niderhauen / und blieben doch biß auff den lezten immerzu halsstarrig / nebest Bedrauung / wie schwer ihr unschuldiges Blut würde gerochen werden. Aber es erfolgete nichts darauff / [543] weil die Judischeit kein Häupt hatte / und die in den umbliegenden Landschafften wohneten mit ihnen nicht einstimmen wolten.

Herkules reisete von Kana nach Ptolemais / und von darab ferner nach Tyrus / da er die von Jungfer Brelen ihm beschriebene Herberge außfragete / und alsbald an derselben Haußtühr und Ecken seiner herzgeliebeten Frl. Valisken Zeichen

zierlich angemahlet sahe / kehrete deßwegen bey demselben Wirte ein / und fragete fleissig nach / wie lange es währe /daß die drey Parthische Herren / Idarnes / Atizies und Thymendas mit einem schönen Jünglinge / den sie bey sich geführet / von hinnen abgereiset währen; und vernam mit schmerzen / das schon neun Wochen vorüber / und sie in Geselschafft einer zimlichen Anzahl Kauffleute den nähesten Weg nach dem Eufrat genommen; daher er nicht willens wahr / lange daselbst zu verharren / sondern machte sich fertig / bald des folgendẽ tages dem lieben Fräulein nachzusetzen; welche / wie droben erwähnet / des Weges nach Assyrien geführet ward / von dannen sie förder ins Partherland solte gebracht werden. Es hatte ihre Geselschafft / als lange sie in Syrien disseit des Eufrats reiseten /gute Sicherheit / auch durch Mesopotamien hin biß an den Tigerfluß / kahmen sie ungeschlagen hindurch /wiewol schon unterschiedliche kleine Räuberschaaren sich sehẽ liessen / welche doch / als zu schwach / keinen angriff auff sie wagen durfften. Auff jenseit der Tiger erreichten sie Assyrien / in welchem sie grössere Gefahr antraffen / und von Räubern unterschiedlichemahl angefallen wurden / jedoch allezeit durch ihre Menge sich durchbrachten / biß sie an die Medischen Grenzen kahmen / woselbst ihre Geselschafft sich zerteilete / und der grösseste Teil Sudost / die Parthische Herren aber mit XXV Kauffleuten besser Nordwerz gingen / daher sie ihre grossen Schätze unter so geringem Schutze nicht bey sich führen wolten / sondern in einer Assyrischen Grenze Stad gegen empfahung eines Scheins nider setzeten / auff dessen einlieferung die versiegelte Sachen willig solten außgefolget werden. Unser Herkuliskus hatte auff der ganzen Reise / genommener Abrede nach / sein gewöhnliches Zeichen entweder selbst / oder durch seinen geträuen und fleissigen Dolmetscher Timokles an alle Herbergen / auch da es die Gelegenheit gab / vor den Stadtohren / und an den Landstrassen an die Bäume angekreitet / unterließ auch nicht hin und wieder anzumelden / da über kurz oder lang ihm jemand folgen würde / was vor einen Weg sie zogen / damit den Nachfragern solches könte zu wissen gemacht werden. Er beschwerete sich aber gegen die Parther gar zeitig / auff dem Kamehl zu sitzen / und baht /daß man ihn in Geselschafft möchte reiten lassen; welches er auch endlich bey ihnen erhielt / da er sich immerzu von Timokles in den Morgenländischen Sprachen sehr fleissig unterrichten ließ / daß wie sie bey den Mdischen Grenzen ankahmen / er schon alles verstehen / und daß nöhtigste mit reden kunte; muste aber allezeit vermummet reiten damit seine Schönheit nicht erkennet / und die Räuber dadurch angereizet würden / an sie zusetzen; insonderheit hatten sie sein fleissig acht / als sie von diesem Orte der Assyrischen Grenzen in geringer Anzahl auffbrachen / uñ in Geselschafft XXXIII Mann nach Persen reiseten / da sie des ersten tages glüklich fortzogen / und gleichwol etliche hier und dort zusträuet reiten sahen / deren etliche mit freundlichem Grusse zu ihnen naheten und sich erkůndigten / welche Strasse sie zu reisen willens währen / ritten hernach zur Seite wieder aus / und liessen sich nichts merken / woraus doch Herkuliskus urteilete / es [544] würde Gefahr verhanden seyn. Diese Nacht brachten sie in einem zimlichen Flecken zu / un wahren frölich und guter dinge. Des Morgens brachen sie auff / und reiseten in der frühe / da sie an einen grossen Wald gerieten / durch welchen die Heerstrasse trug / und wünscheten / daß sie denselben ohn Anfal und hindernis zum Ende bringen möchten /zogen demnach in guter Ordnung daher / allemahl bereit zu seyn / da einige Ungelegenheit sich eräugen würde. In diesem Walde wahren sie ohngefehr eine Stunde fortgereiset / da begegneten ihnen XXX bewehrter Mann zu Fusse / und hielten bey ihnen an um einen Zehrpfennig / dessen die Parthische Herren mit einem Hohngelächter sich wegerten / und sie vor Landplacker und Räuberische Diebe scholten / welches diese in sich frassen / uñ mit geneigetem Häupte ihren Weg fortsetzeten / einwendend / sie währen außgeschikt / etliche Herren durch den Wald zu begleiten; verlegeten aber nur den engen Durchzug hinter ihnen / daß sie nicht zurük flihen solten / und stund nicht lange an / daß in LXX wol gerüstete /deren XXX zu Fusse / und XL zu Pferde / von der rechten Seiten durch das Gehöltze auff sie angingen /und mit einem Troz frageten / von wannen sie gedächten. Den unsern verging hierauff der Frevel guten teils / stelleten sich ehrerbietig / und gaben freundlichen Bescheid; sie währen mehrenteils Kauffleute / und wolten nach Parthen / Waaren daselbst zubestellen /und sie auff gelegene Zeit abzuhohlen; währen sonst mehrenteils in Assyrien / auch etliche in Meden gesessen. Der ansehnlichste unter ihnen antwortete hierauff; wie sol ich gläuben / daß ihr Kauffleute seid /nachdem euer Ritter- und Soldaten Gewehr viel ein anders außweiset / und ihr drey insonderheit / sagte er zu den Parthen / habt ja weder Kauffmans Angesichter noch geberden. Der Parther Idarnes antwortete; er hätte recht geurteilet / daß er und seine zween Gesellen keine Kauffleute währen / weil sie gutes Adels /uñ etliche Jahr in fremden Landen Ritterschafft gepflogen / nur jetzo mit dieser Geselschaft / umb sicher durchzukommen / sich vereiniget hätten / wolte demnach hoffen / es würde niemand auff sie zusprechen haben / weil sie niemand beleidiget hätten. Dieser sagte darauff: er hätte sein Wort gehöret / und gläubete davon so viel ihm geliebete / vor dißmahl aber währe sein Befehl / daß sie alle miteinander absteigen / und das Gewehr niderlegen solten. Idarnes hingegen eriñerte ihn / es wåhre auff freier Landstrasse / uñ gehöreten sie vermuhtlich alle unter den grossen König Artabanus; möchten deßwegen sich aller Tähtligkeit enthalten / und jeden seines Weges zihen lassen; doch währe es ihnen etwa umb ein Stůk Geldes zu tuhn /hätten sie dessen zwar wenig bey sich / wolten aber umb Friede und Einigkeit willen / ihnen eine Reuterzehrung übersenden / dafern sie einen oder etliche ihres Mittels mit ihnen in die näheste Stad würden reiten lassen. Jener stellete sich als hörete ers nicht /und sagte mit ernstlichem Gesichte; ihr habt meinen Befehl vernommen; werdet ihr nun nicht alsbald absteigen / und euch meiner guten Gnade ergeben / sollet ihr alle samt in stückẽ gehauen werden. Herkuliskus sahe wol was sich hier zu tragen würde / und sagte zu Timokles; wañ ihr sehen werdet / daß es an ein Treffen gehet / so haltet euch stets bey mir / das wir nicht geschieden werden / und gebet vor / dz wir zween gefangene / uñ diese drey geharnischte ErzRäuber seyn. Er hatte diese Worte kaum außgeredet / da sahe er das elende gemätsche; dann wie die Parthische Herren das stete Dräuen höreten / däuchte sie rahtsamer / ritterlich zu fechtẽ / als unbewehret sich niederhauen zulassen / woltẽ doch zuvor alle freundliche [545] Mittel suchen / ihr Leben zufristen / und gaben hinwieder zur Antwort: Herr / warum solten wir in Stücken gehauen werden / nachdem weder einige Feindschafft zwischen uns ist / noch wir unter streitende Herren gesessen sind / hoffen demnach / ihr werdet euch eines bessern bedenken / und an unser nöhtigen Reise keine Verhinderung machen; wir erbieten uns nochmahl zu aller bescheidenen Billigkeit /wie vorhin; wollen auch etliche unsers mittels bey euch als Geisel hinterlassen / biß ihr ohn gefahr könnet vergnüget seyn. Ihr habt gehöret / was ich fodere /fuhr jener fort / und schwöre euch bey den Göttern /werdet ihr auf dieses mein drittes Geheiß nicht alsbald absteigen / sollen euch ohn alle gnade die Hälse gebrochen werden. Die Parther wahren guter Fäuste und Herzens / und dauchte sie unleidlich seyn / solche Dräuworte geduldig anzuhören; daher sagte Idarnes zu ihm: Herr nehmet euer wahr / und leget nicht Hand an uns ohn ursach / wir werden sonst gezwungen / als lange das Vermögen es zulässet / uns auffs äusserste zuwehren / da wir dann insonderheit uns bemühen müssen / wie wir euch mit in den Tod nehmen / wañ es uns unverhoffentlich treffen solte / was würdet ihr aber alsdann gewonnen haben? bedenket / daß man unter der Verzweifelung tapffer zuschläget / und nehmet von uns an / was ihr ohn Wunden erhalten könnet. Bald redete jener darauff seine Leute an / frisch darein zuschlagen / und keines / der sein Gewehr zückete / zuschonen. Diese hingegen reitzeten auch die ihren / ihnen freudig nachzusetzen / fielen alle drey zugleich auff den Führer / welcher sich zwar wehrete /aber bald erstochẽ ward; nach dessen Fall eine so grausame Schlacht zwischen diesen kleinen Schaaren sich erhub / daß es erschreklich zusehen wahr / und ob die Räuber gleich zween gegen einen hatten / wurden sie doch dermassen zugerichtet / daß sie zurük weichen musten / håtten auch das Feld gar verlohren /wann die dreyssig / so den Weg zurücke verlegt hatten / ihnen nicht zu hülffe kommen währen; dann als Herkuliskus sahe / daß seine Leute die Oberhand behalten würden / ritte er mit Timokles hinter sich / in meynung auszureissen / traff aber jeztgedachte Räuber auff dem besezten Durchzuge an / und sagte zu ihnen: Wollet ihr den euren nicht Beystand leisten /welche so jämmerlich erschlagen werden? Worauff sie alsbald mit ihnen gingen / und zu rechter Zeit ankahmen / gleich als die jenigen / so noch zu Pferde wahren / die Flucht geben wolten / da sie dann als geruhete frisch traffen / und den Kaufleuten / derẽ schon XII gesellet wahren / eine solche Furcht eintrieben / daß sie alle Hoffnung des Lebens fallen liessen. So wahren die drey Parther schon hefftig verwundet / welche gleichwol nicht aufhöreten / den ihren ein Herz einzusprechen; aber es fiel ihnen zuschwer / da der getriebene Hauffe den Entsatz vermerkend auffs neue wieder ansetzete / und der ihren Tod dergestalt rächete /daß sie keinen leben liessen / hätten auch Herkuliskus neben Timokles in solchem Grimme nider gemacht /dafern sie von dem Entsatz nicht geschützet währen /welche ihnen Zeugniß gaben / daß sie zu rechter Zeit ihnen die Gefahr verkundschafftet / und sie zum Treffen auffgefodert hättet; wodurch nicht allein ihr Leben gerettet / sondern sie bey allen in gute Gewogenheit gebracht wurden / insonderheit Herkuliskus / über dessen Schönheit sie sich allesamt zum höchsten verwunderten / und ihn frageten / wie er in diese Geselschafft gerahtẽ wåhre; der seinen Dolmetscher vor sich antworten ließ: Er währe aus weit abgelegenen Landen von den drey erschlagenen Parthischen Rittern geraubet / und biß hieher geführet / bähte demnach die Geselschafft sehr / ihn loß zulassen / daß er wie der nach seinem Vaterlande [546] zureiten möchte. Die Räuber traten zusammen / und befrageten sich hierüber / da einer den Vorschlag taht / man solte sich des gefundenen Glüks gebrauchen / und diesen schönen Jüngling dem Fürsten zu Ekbatana zuführen / bey dem sie hiedurch in sonderliche Gnade kommen / und eine ehrliche Vergeltung davon bringen könten; und warumb solte man den Jüngling in so augenscheinlicher Gefahr zurük reiten lassen / da ihm unmöglich währe / so einsam durchzukommen; würden ihn also nur andern Räubern zuschicken / die ihren Vortel daher machen könten. Dieser Raht ward vor beschlossen angenommen / und Herkuliskus mit freundlichen Worten zuwissen getahn / da sie ihm zugleich die unvermeidliche Gefahr der Rükreise vorhielten / und ihn daneben versicherten / es währe der Medische Groß-Fürst Herr Phraortes ein dermassen leutseliger und Tugendliebender Herr / bey welchem er nicht allein gute Gewogenheit / sondern wol gar sichere Begleitung biß in Syrien erlangen würde; möchte sich demnach nicht beschweren / mit ihnen fortzureiten / und demselben sich darzustellen. Herkuliskus durffte sich der Anmuhtung nicht wegern / insonderheit / da ihm Hülffes-Hoffnung bey diesem Fürsten gemacht ward /und ließ durch seinen Dolmetscher antworten: Er bedankete sich sehr / dz sie ihn vor gewalt schützen /und zu diesem måchtigen GroßFürsten führen wolten; solten auch gewißlich gläuben / da er ihnen bey demselben einige gute und angenehme Ersprießligkeit werben könte / wolte ers nicht aus der acht lassen; Hernach hieß er sie die drey gewapnete Parther auszihen / bey denen sie statliche Beute finden würdẽ; wie auch in der Taht erfolgete; dann sie trugen die treflichsten Kleinot auff zwo Tonnen Schatz wert / in ihren Kleidern verborgen / über welchen Raub sie dermassen erfreuet wurden / daß sie auffsprungen und ihrer empfangenen Wunden vergassen: suchten nachgehends auch bey den andern erschlagenen fleissig nach / und bekamen bey denselben fast die helffte so viel an Baarschafften; welches alles sie gleich unter sich teileten / weil ihre vornehmste Häupter alle erschlagen wahren / welches ihnen dann nicht unangenehm wahr. Es hatte aber der älteste von den Parthischen Herren / Akizies / die schrifftliche Versicherung auff alle ihre nidergesetzeten Schätze / in seinem Sattel vermachet / welches Herkuliskus wuste / weil in seinem beywesen sie dessen einig wurden / und nicht meyneten / daß er ihre Reden verstanden hätte. Nun wahr das Pferd samt seinen Herren erschlagen / und wuste er nicht / wie er sich des Sattels bemächtigẽ solte; sagte endlich zu Timokles: Er hätte gar einen unbequemen Sattel / möchte deßwegen jenen von dem erschlagenen Pferde abspannen / und ihm denselben aufflegen / welches geschwinde verrichtet ward / und er unwissend allen / die beste Beute davon brachte; wolte aber den Brief an solchem Orte nicht lange stecken lassen / sondern in der ersten Nachtherberge schnitte er den Sattel auf / wickelte den Brieff in ein schmeidiges Leder / und trug ihn bey sich am blossen Leibe / der Hoffnung / diesen Schatz dereins abzufodern / und seinem liebsten Herkules als einen Beutpfennig zuschenken; und wahr ihm insonderheit angenehm / daß ihre ganze Gesellschafft erschlagen wahr /und niemand die Zeitung ihrer Niderlage zurük bringen kunte; reisete also mit dem Råuberhauffen etliche Tage sicher fort / dann sie hatten einen falschen SicherBrieff / als von dem Medischen GroßFürsten geschrieben / bey sich / durch dessen Vorschub sie unangefochten blieben / biß sie gar nahe bey Ekbatana anlangetẽ / woselbst ein gewaltiger Medischer Herr /nahmens Mazeus / auff einem festen Schlosse sein Wesen hatte / welches an einem engen [547] Durchzuge lag / über welchen sie zihen musten. Hieselbst meyneten sie / wie an andern orten / mit ihrem Freyzettel durchzukommen / aber dieser Herr merkete an der untergezeichneten Hand / daß der Brief nicht richtig wahr /befand auch das Pitschafft von altem Wachse / mit frischerem angeklebet / deswegen er die vornehmsten von ihnen genau befragete / und aus ihrer unbeständigen Antwort des Betruges bald innen ward; ging demnach zu dem ganzen Hauffen (deren XIIX bey einan der wahren) hinunter / und indem er sie das Gewehr hieß niderlegen / ward er des allerschönsten Herkuliskus gewahr / der dann mit sonderlicher Höfligkeit zu ihm trat / und nach seiner Landesart ihn demühtig grüssete / wobey er doch eine freundliche Ernsthafftigkeit und unverzagten Muht merken ließ / daß Herr Mazeus ihm sehr gewogen ward / und zu ihm sagete: Schöner tugendhaffter Jüngling / aus was abgelegener Landschafft kommet ihr dieser örter an? Dann aus eurer Gestalt uñ Sitten erkenne ich vor gewiß / daß ihr in diesen Morgenlåndern nicht gezeuget seyd; werdet euch demnach unbeschweret finden / mich eures Zustandes zuberichten / welches euch zum ärgesten nicht gedeyen sol. Herkuliskus sahe / daß dieser Herr Liebe zur Tugend trug / und antwortete ihm mit ernsthafften Geberden in Griechischer Sprache / in welcher er auch angeredet wahr. Hochansehnlicher Herr / sagte er / wann ich den Verlauff meines Glüks umständlich erzählen solte / würde ich den Ohren nicht allein Verdruß / sondern vielleicht auch dem Herzen Mitleiden erwecken; jedoch kurz zumelden / bin ich aus weitabgelegenen Nordwestischen Ländern von hochadelichen Eltern entsprossen / und auff der Reise / meine Verwanten zubesuchen / von Räubern gefangen /denen ich von einer stårkeren Geselschafft zum andern mahl abgenommen / und auffs Meer gebracht bin / nachgehends eine geraume Zeit über Meer und Land fortgeschleppet / biß ich endlich diesen Leuten nicht ohn blutvergiessen zu teile worden / und erwarte mit verlangen / was endlich der grosse Gott mit mir zuschaffen willens seyn möge / dem ich doch mit standhafften Herzen aushalten wil / weil mein Gewissen mir Zeugniß gibt / daß ich ohn verschuldet und bloß durch dessen Verhängniß in diesen Unfall gerahten bin. Mazeus sahe ihn mit Verwunderung an / und fragete / wie alt er wåre; worauff er zur Antwort gab: Nach meinem Unglük zurechnen / übertreffe ich mannichen Greisen / wiewol ich das XV Jahr erst hinter mich gelegt habe. So wollen euch die Götter ferner behüten / sagte Mazeus; aber hat eure Geselschafft euch mit Gewalt geraubet? Ja mit Gewalt / antwortete er / aber nicht wider meinen Willen / demnach sie mich von meinen Räubern erlediget / und versprochen / mich zu einem mitleidigen tapfferen Fürsten der Meder zuführen / der mein Unglük nicht allein zu herzen zihen / sondern mir auch zu mitteln / in mein Vaterland zureisen / verhelffen würde. Das währe ewig schande / sagte er / daß meinem gnädigsten GroßFürsten ein so adelicher Knabe von diesen unreinen Händen solte überliefert werden / sondern sie müssen mir trauen ihrer Plackerey bessere Rechenschafft geben; ging wieder in den Platz / und hieß Herkuliskus folgen / da er zu den Räubern sagte: Ihr ehrvergessene Schelme uñ Buben / wie dürffet ihr euch unterstehen /mit falschẽ Briefen eure Bosheit zubemänteln / und allerhand Rauberey im Lande zutreiben; ja so verwågen zuseyn / daß ihr noch wol euer Obrigkeit einen Teil der geraubeten Beute zuführet / nit anders / als hätte dieselbe euch vollkommene Freyheit / solche Bosheit zutreiben / eingeräumet? jedoch habt ihr wol getahn / daß ihr euch so gutwillig zur Straffe einstellet / möchte [548] wünschen / daß eure übrige Gesellschafft auch verhanden währe / damit sie neben euch den verdienten Sold ihrer schandlosen Arbeit empfahen könten; ließ sie darauff durch seine Kriegsleute alsbald nidersäbeln. Es hätte zwar Herkuliskus gerne eine Vorbitte zu ihrer Verschonung eingelegt / weil er aber sahe / daß es vergeblich seyn würde / und er mühe hatte seinen Dolmetscher zuretten / hielt ers vor eine Göttliche Rache / und erinnerte er nachgehends H. Mazeus der Kleinot / welche die nidergemachten Räuber bey sich trugen / wurden auch also bald hervor gesucht / und dem Herrn eingeliefert / der sich solcher köstlichen sachen verwundernd / unsern Herkuliskus fragete / ob ihm dieselben zustünden / solten sie ihm unvorenthalten bleiben; Er aber zur Antwort gab: Nein Gn. Herr / ich habe nicht die allergeringste Ansprache darzu / sondern meine vorige Räuber haben sie anderwerts gestohlen und genommen. Es sey wie es wolle / sagte er / müssen sie doch neben euch meinem Gn. GroßFürsten geliefert werden. Er ließ dar auff seinem Gemahl Fr. Roxanen / und deren Fräulein Schwester Frl. Barsene (die ohngefehr von XV Jahren) ruffen / und da sie kahmen / sagte er zu ihnen: Sehet da meine Geliebten; habt ihr jemahls einen schönern Jüngling mit Augen beschauet? Fr. Roxane zweifelte / ob sie ein geschniztes Bilde / oder lebendigen Menschẽ sähe / biß er ihr tieffe Ehrerbietigkeit erwieß / worauff sie zu ihrem Herrn sagte: Allerliebstes Herz / von wannen komt euch dieser Liebes-Gott! lasset uns ihm gebührliche Ehre bezeigen / nachdem er gewißlich ein Gottes Sohn seyn muß / dann aus menschlichem Samen kan solche Volkommenheit nicht gezeuget werden. Nein / meine Geliebte / antwortete er / Götter lassen sich nicht gefangen führen /und ist ausser Zweiffel dieser Jüngling nur ein blosser Mensch / wiewol ich gerne bekenne / daß der Himmel ein volkommenes Meisterstük an ihm gebildet hat /wann ich seines adelichen Gemühts und wolgezierten Leibes Beschaffenheit betrachte; sonsten hat seines Landes Art ihm die Farbe verlihen / weil daselbst die Sonne wegen ihrer seicht-abfallenden Strahlen die Leiber so stark nicht bescheinen noch bräunlich färben kan / insonderheit / wann man sich viel unter dem Dache hält. Die Frau sahe ihn noch immerhin steiff an / trat ihm endlich näher / und hieß ihn sehr wilkommen seyn; gegen die er sich mit freundlichen Geberden und lieblichen Worten bedankete / so viel er der Sprache kündig wahr / baht auch umb Verzeihung /daß er wegen Unerfahrenheit der Landsprache ihrer Gn. gebührlich nicht antworten könte. Das junge Fräulein Barsene / nach Landesart etwas bräunlich /aber sehr lieblicher gestalt / kunte unsern Herkuliskus nicht gnug beschauen / und fragete ihre Frau Schwester / obs auch möglich währe / daß die Irdische Welt solche vollständige Schönheit bilden könte / redete ihn hernach mit wenigen an / und sagte: Schöner Jüngling / beliebet euch bey uns allhie zu bleiben /sollet ihr allen guten Willen spüren; Worauff er antwortete: Gn. Fräulein / daß Ihre Gn. sich über einen armen gefangenen Jüngling erbarmet / bedanke ich mich in Untertähnigkeit / und hat anwesender mein gnädiger Herr mit mir zu schaffen nach allem Willen. Herr Mazeus redete zwischen ein / es stünde ihm dieser Jüngling nicht zu / sondern weil er dem GroßFürsten schon zugedacht währe / müste er dahin billich geliefert werden. Er taht ihm aber die Ehre an / und ließ ihn mit über seinem Tische Mahlzeit halten / da er sich dermassen Fürstlich zubezeigen wuste / daß die Anwesenden sich dessen nicht gnug verwundern kunten. Weil dann Mazeus sein Vaterland und herkunfft eigentlich [549] zu wissen begehrete / gab er sich vor eines vornehmen Teutschen Herrn Sohn aus / welcher vor wenig Jahren im Treffen wieder die Römer / als Feld Obrister über ein grosses Kriegsheer / sein Leben ritterlich eingebüsset / nachdem er etliche tausend der Feinde erleget / und seinem Könige einen herlichen Sieg erhalten; seine Mutter währe annoch im Leben / deren ohn das trauriger Witwenstand durch seinen Verlust nicht wenig würde beängstet seyn / hoffete dannoch / sie würde sich auch in Gottes Willen zu schicken wissen / weil dessen Almacht ihn so leicht wieder nach Hause bringen könte / als sie ihn in die Fremde geführet hätte. Wie aber sagte Mazeus / wann die Götter solches nicht versehen hätten /und ihr in diesen Ländern bleiben müstet? Dann werde ich viel zu wenig seyn / antwortete er / ihren Vorsaz oder Schluß zubrechen; wann es aber Sitte in diesen Landen währe / durch eine ritterliche kühne Taht / oder Kampf mit einem Ritter oder wilden grimmigen Tihre die Freiheit zuerstreiten / wie solches bey uns der Brauch wol ist / dann wolte ich hoffen / mein Vaterland bald wieder zu sehen. Mazeus schrieb diese Reden seiner Jugend zu / und sagte mit lachenden Worten: Ja lieber Jüngling / es gibt hier zu Lande starke Kämpfer / und grausame wilde Tihre / welche durch Schönheit nicht können gefellet werden. Verflucht sey / der sich auff Schönheit verlässet / antwortete er; ich wolte mich trauen meiner Kühnheit und Hände gebrauchẽ / da mirs so gut werden könte. Euer Herz ist gut / sagte Mazeus / aber die Jahre fehlen euch noch. Jahre schlagen niemand / antwortete er /sondern ein freudiges Herz / daß die Fäuste zugebrauchen weiß / und durch Vernunfft ersetzen kan / was den Leibeskräfften mangelt. Mazeus gedachte / dieser Knabe müste ehmahls treffliche Männer also haben reden hören / denen er nachaffete / suchte auch Gelegenheit / ihn zu prüfen / uñ durch anlauff eines wilden Tihres zu erschrecken / deßwegen er nach gehaltener Mahlzeit mit ihm in dem Garten inwendig des Schlosses zur Lust umbher ging. Er hatte aber einen von Jugend auff gezähmeten sehr grossen Löuen / der also abgerichtet wahr / daß er ihn mit einem Worte entrüsten / und mit dem andern im Augenblik stillen kunte; diesen ließ er heimlich in den Garten führen / folgete auch bald selber nach mit einem Seitengewehr / welches Herkuliskus ihm nachzutragen sich anerboht. Unter dem hin und wiedergehen fragete er nach allerhand neues / so in Teutschland vorginge / biß er den Löuen von ferne daher springen sahe / da sagte er zu ihm: Geliebter Jüngling / sehet ihr den Löuen dort gegen uns daher eilen? geschwinde / und lasset uns flihen. Mein Herr / antwortete er / rettet euch / ich wil das Tihr auffhalten; lief ohn ferneres Wort sprechen zu ihm ein / fassete das Schwert / und stellete sich neben einen Baum / seiner Ankunft daselbst mit frischem Angesicht erwartend. Mazeus entsetzete sich vor dieser Kühnheit / und rief dem Löuen zu / welcher seines H. Stimme erkennete / von Herkuliskus ablies und zu ihm nahete / der seine Anstellung zu verdecken / zu ihm sagte: Herzhafter Jüngling / es ist mir lieb / daß ich geirret habe / indem ich anfangs diesen Löuen vor einen unbedingen gehalten / und nun zu eurem uñ meinem Glůk sehe / daß es mein gezähmter ist. So ist mir solches nicht weniger lieb / antwortete er / und währe immer schade / daß ich ein so wol abgerichtetes Tihr hätte erschlagen sollen / da ich ihm schon einen solchen Streich über den Rachen zugemässen hatte / daß ihm die Zunge bald vor den Füssen solte gelegen haben; trat mit diesem Worte dem Löuen näher / und strich ihm mit der Hand über das Häupt / welches ihm Mazeus verboht / weil er sich befürchtete / [550] er möchte ihm als einem Unbekanten schaden zufügen; aber es legte sich derselbe zu Herkuliskus Füssen nider / nicht anders / als währe es etwa ein Schoßhündichen gewesen; richtete sich hernach wieder auff / und lehnete sich mit dem Häupte an seine Seite; welches Mazeus sehend / schier auff seines Gemahls Gedanken gerahten währe. Herkuliskus sahe etliche grüne Kräuter stehen / brach dieselben ab / und machte ein Kränzlein davon / welches er auff des Löuen Häupt setzete / der sich abermahl ehrerbietig vor ihm auff die Knie legte / bald wieder auffstund / und gleich als währe ihm eine sonderliche Ehre begegnet / gnug trotzig herein trat / daß er sich auch an H. Mazeus fast nicht mehr kehrete / sondern unserm Herkuliskus folgete / welcher also anfing; Ich habe Zeit meines Lebens nie keinen Löuen / als diesen gesehen / solte ich mich aber mit allen so wol begehen können / würde ich mit willen keinem schaden tuhn; und ist mir lieb / daß ich mit diesem in Kundschafft gerahten bin / nachdem ich nun mein angebohrnes Wapen kennen lerne / in welchem ich von meinen Uhrahnen her einen Löuen führe. Trefflicher Jüngling / antwortete er / ich weiß nicht was ich von meinem Löuen urteilen sol / welcher bißher sich von keinem Fremden hat wollen anrühren lassen / und muß er ohn zweiffel euren hohen Adel erkennen / vor dem er sich dergestalt demühtiget / als er vor mir selbst noch keinmahl getahn hat; hiemit ließ er einen tieffen Seufzen außgehen / und fuhr also fort; ich möchte von Herzen wünschen / daß ihr entweder zu Hause bey eurer Fr. Mutter / oder nur so gar schöne nicht währet; dann eure außbündige Gestalt machet es / daß ich euch weder bey mir behalten / noch nach eurem Vaterlande schicken darff / insonderheit / weil ihr meinem GroßFürsten zu gedacht seid; und gebe der Himmel / daß ihr bey demselben eben die Gunst findet / die ihr bey mir habt / woran ich doch nicht zweiffeln wil. Herkuliskus bedankete sich der sonderlichen Gnade / und antwortete; dafern er wissen solte /daß ihm seine Gestalt jrgend zu schädlich seyn könte /wolte er in kurzer Frist sich so scheußlich zu richten /daß niemand ihn ohn grausen ansehen solte. Nein diese Meynung hat es nicht / sagte Mazeus / nur daß euch niemand gerne wird fahrẽ lassen / der euch in besiz hat. In diesem gehen kahmen sie bey dem gewöhnlichen Fechterplatze an / woselbst der Fechtmeister etliche ädelknaben unterrichtete / unter denen schon ihrer sechse zimlich geübet wahren. Herkuliskus baht umb Urlaub / ihnen ein wenig zuzusehen /und erkennete gar bald / daß der Meister der rechten Kunst wenig erfahren wahr / ließ sich dessen aber nicht merken / sondern lobete ihr wolverhalten; da ihn Mazeus fragete / ob er auch schon des Schwerts gebrauch wůste; Ich habe wegen meiner Jugend mich dessen nicht zu rühmen / antwortete er / aber meine Begierde zu solchen übungen kan ich nicht leugnen. Mazeus stellete ihm frey / sich mit einem zuversuchen / welches der Meister vernehmend / ihn fragete / ob er mit den neuesten oder erfahrnestẽ Schülern einen Gang wagen wolte; dem er antwortete; wans ihm frey stůnde / wolte er am liebsten mit dem Meister selbst ein Auffhebens machen / als von dem er die besten Streiche zu lernen und zu empfahen hoffete. Mazeus taht dem Fechter alsbald Befehl / es mit ihm auffzunehmen / welcher sich aber schämete mit solchem Jünglinge auff andere Weise als mit einem Schůler umzugehen; worauff Herkuliskus antwortete / er währe auch nur in Schülersgestalt hier / doch wann er sein auff andere Weise begehrete / könte er dessen gar wol bemächtiget seyn; welches jener vor einen Troz außlegend / zu ihm sagte / er möchte sich stellen / und [551] der Medischen Streiche gewärtig seyn. Dieser aber sagte mit sanfftem gelächter; mein Freund / es sey euch erläubet; nahm das Fechtschwert / welches ihm am bequemesten wahr / zur Hand / und so bald er mit ihm angebunden hatte / gab er ihm fünff Schläge über Kopf / Arm und Beine / den sechsten aber über das Maul daß er mit den Zähnen bläkete / und hingegen allerdinges unberühret blieb / dessen Mazeus und die Schüler sich wol zu lacheten / und dieser Tropf drüber gar zu schanden ward. Mazeus scheidete sie / und vermahnete den Fechter / sich hinfüro im eigenen Ruhm zu mässigen / nahm auch Herkuliskus mit sich nach dem Zeughause / und fragete ihn auff dem Wege / wie lange er sich des Fechtschwerts gebrauchet hätte; da er zur Antwort bekam; er hätte schon im zehnden Jahre seines Alters sich lassen unterrichten / weil er aber im halben Jahr und drüber sich nicht geübet /hätte er anfangs sich auff Streiche geschikt / merkete aber wol daß dieser Fechter sie außzuteilen nicht gar wol gelernet hätte. Als sie hiemit in das Zeughauß traten / klagete der Zeugmeister seinem Herrn / daß in weniger Zeit / weil er anderswo zu schaffen gehabt /unterschiedliche Waffen mit Rost angelauffen währen; gingen mit einander hinein / und fand Herkuliskus eine zimliche Menge Schwerter / Speere / Hellebarten / Bogen und Pfeile / und wie er fragete / ob das Schiessen dieser örter viel im Gebrauch währe / antwortete ihm Mazeus; Pfeil und Bogen sind unserer Jugend vornehmste und tägliche Ubung / auff das im Alter sich zu ernähren sie geschikt seyn mögen / massen man bey uns kein zahmes Vieh unterhålt / sondern vom Wilde sich ernähret. Herkuliskus sahe einen zierlichen leichten Bogen liegen / welchen er nach gebehtener verzeihung zur Hand nam / und sich verlauten ließ / so bald er wieder in sein Vaterland kähme /müste er einen nach dieser Art machẽ lassen. Mazeus gedachte in seinem Herzen; vor dein Vaterland werden dich die Götter wol behüten / wolte ihn doch nit betrübẽ / es zusagen / sondern fragete ihn / ob er dañ auch im schiessen geübet währe. Er aber antwortete: In seinem Vaterlande währe schiessens-brauch nicht gemeine / doch hätte er von Kindesbeinen an sehr grosse Lust darzu gehabt / und aber in guter Zeit keinen Bogen berühret / daß er fürchtete / seine Erfahrenheit vergessen zuhaben. Daran ist wenig gelegen /sagte er / und gefält euch dieser Bogen / so nehmet ihn mit dem gefülleten Köcher zu euch / das vergessene wieder zulernen; traten mit einander hinaus / und gingen nach dem Gemache / in welches Mazeus den Löuen wieder einsperren ließ / der mit Traurigkeit und Unwillen von Herkuliskus scheidete. Im fortgehen sahe er eine grosse Ringel Taube fliegen / die er von freyer Faust aus der Lufft herunter schoß / daß sie vor Mazeus Füssen niderfiel / der sie aufhub / uñ befand / daß ihr der Pfeil noch in der Brust steckete. Er streich ihm aber mit der Hand über das Häupt / und sagte: Mein Herkuliskus / ich weiß in Warheit nicht /was ich aus euch machen sol / dann daß eures gleichen mir nie vorko en ist / gestehe ich gerne; aber getrauet ihr euch noch so einen Schuß ohnfehl zutuhn? Ein solcher Schuß / antwortete er / hat wenig zubedeuten / welchen ich in vollem rennen auff dem Pferde wol verrichten wil. Ey sagte er / verweilet alhie noch ein wenig / biß ich wieder bey euch seyn werde; ging hin / und hohlete sein Gemahl samt dem Fräulein herzu / erzählete / wz sich zugetragẽ hatte / uñ ermahnete sie / ob sie eine Kurzweil sehen wolten / möchten sie in den Vorhof kommen. Nun hatte er einen Schützen / Nahmens Batis / der im ganzen Gebiet seiner Kunst halben beschrihen wahr / rief denselben zu sich / und sagte: Höre Batis / du [552] weist / das ich dir grossen Sold reichen lasse / weil du vor einen sonderlichen Schützen dich außgibst; nun ist dieser Jüngling / hie gegenwärtig / so kühn / daß er sich nicht scheuet mit dir wette zu schiessen / da du es auffnehmen darfst. Batis welcher seine Erfahrenheit selbst hoch hielt /sahe Herkuliskus an / uñ sagte: Jüngling / wollet ihr der Kunst gerne unterrichtet seyn? Ja / antwortete er /Kunst zu lernen bin ich sehr begierig. Was wollet ihr dann dran wagen? fragete jener. Wann ich euch drumb ansprechen werde / sagte er / wil ich die Unterweisung von euch nicht umbsonst begehren / weil ihr aber so ruhmrähtig seid / suche ich dessen nichts bey euch / dann da ihr volkommen währet / würdet ihr euch lieber in der Taht als blossen Worten finden lassen / halte demnach daß euch in dieser Kunst schier ja so wol fehle als mir ungeübeten. Dieser ward dessen zornig und foderte ihn zur Wette / da es sonst nit verächtlich stünde mit einem jungen Knaben es auffzunehmen. Schütze / sagte Herkuliskus / da ich jetzt so frey währe als vor diesem / dürfte ich euch diese Beschimpfung schwerlich zu gute halten / insonderheit da ihr in der Taht fehlen soltet; aber nachdem ich meines Unfals mich gerne erinnere / muß ich euch billich übersehen. Mazeus redete seinem Diener hart ein / mit Dräuung schwerer Straffe / da er daß geringste in Unglimpf außstossen würde / daher dieser umb verzeihung bat / und unsern Herkuliskus fragete / wie hoch die Wette seyn solte. Daß werdet ihr bestien / sagte er / nachdem ihr mit außfodern so kek seid. Ich meines teils / antwortete jener / setze eine Jahrs Besoldung dran / sind 400 Kronen. Wolan / sagete Herkuliskus / ihm sey also / und bitte / mein Gn. Herr wolle vor mich gut sagen; ich wil gewinnen / oder die Gelder schon wissen diese stund zu verschaffen. Wie aber / redete er zu den Schützen / wann ich einen Schuß tåhte / den ihr mir nicht eins dürfftet nachtuhn? Daran setze ich noch 400 Kronen / antwortete Batis. Ich nehme es mit euch an / sagte Herkuliskus; foderte darauff alsbald einen kleinen Apffel / reichte ihn Frl. Barsenen hin / und sagte zu ihr: schönes Fräulein /dafern sie sich nicht scheuhete / wůrde ich dienstlich bitten / sie diesen Apffel in ihre linke Hand zwischen den Daumen und zeiger Finger fassen / und die anderen Finger außstrecken wolte; das Fräulein / weil niemand wuste / was es bedeutete / wahr ihm gerne zu willen / und redete Herkuliskus folgends den Schützen also an: Höret Batis / ich habe die Wette und Doppelwette mit euch angenommen / aber höret nun die Bedingung: Wir nehmen funffzig starke Schritte von diesem Fräulein / und schiessen ihr den Apffel aus der Hand; wer nun fehlet / dem sol die rechte Faust / wer aber das Fräulein im wenigsten beschädiget / der Kopff abgeschlagen werden. Alsbald ließ das Fräulein den Apffel fallen / und sagte: O nein o nein /die Wette halte ich nimmermehr. Auch erblassete Batis der Rede / fassete doch wieder ein Herz und sagte: Ja ich halte die Wette noch / wann ihr den Anfang machet. Den wil ich freilich machen antwortete er / und baht das Fräulein sehr / ihm den Apffel zum Schusse zu halten; aber Fr. Roxane wolte keines weges einwilligen / sondern rieff ein armes Mägdlein herzu / dem sie zwo Kronen gab / daß sie den Apffel hielt / welchen Herkuliskus hinweg schoß / daß er ihren Finger nicht rührete / uñ sagte nach getahnem Schusse; nun Batis / nun ist Zeit eure zuvor so hoch gerühmte Kunst sehen zu lassen. Aber 800 Kronen wahren verspielet / dann er wegerte sich unter gesetzter Bedingung es nachzutuhn; deßwegen zählete Mazeus seines Dieners wegen die Gelder auß / und warnete ihn / hinfüro keinen unbekanten zuverachten /wie jung er auch wåre / weil [553] kein Meister lebete / der nicht seinen Meister hätte. Herkuliskus fragete / ob ihm frey stünde / mit dem Gelde nach seinem Gefallen zuschalten / und nach Bejahung baht er Fr. Roxanen /es seinetwegen unter ihre Leibdienerinnen und diesem armen Mägdlein auszuteilen; Dann / sagte er / ich habe noch nie Wette geschossen / und wil den ersten Gewin nicht vor mich behalten; kehrete sich nachgehends zu dem Fräulein / und sagte: Hochgebohrnes Fräulein / Ihrer Gn. ich unwirdiger Knecht bitte demühtig / mir zuverzeihen / daß ich so unhöflich gehandelt / und den Apffel zuhalten / derselben unbedachtsam zumuhten dürffen / versichere sie daneben /da die Götter / wie ich festiglich traue / mir günstig seyn werden / daß ich vor diese Grobheit dereins Abtrag machen wil. Es hatte dieses liebliche Frl. sich an diesem schönen Jüngling so hefftig verliebet / daß sie gerne mit ihm ins Elend gezogen währe / da sie Hoffnung gehabt / seiner dereins ehelich zugeniessen; wuste anfangs nicht / was sie ihm antworten solte /ohn dz sie seine Kunst hoch rühmete / und nachgehends beteurete / sie hätte seines anmuhtens halben gar keine Ungunst auff ihn geworffen; wünschete endlich / daß die Götter seines Herzen Wunsch und Begierde erfüllen möchten. Ich bedanke mich untertähnig / antwortete Herkuliskus / und nach dem eure Vortreffligkeit durch ihre hohe Gunst mich kühn gemacht / bitte ich ferner / mein als eines armẽ gefangenẽ Jünglings bey diesem schlechten Ringe mit gewogenem Herzen zuzeiten eingedenke zuseyn; steckete ihr einen von Alexander zu Tyrus empfangenen an den Finger / der auf 1000 Kronen austrug / und küssete ihr freundlich die Hand; hernach kehrete er sich zu H. Mazeus / und sagte: Gnådiger Herr / diesen jezt eingelieferten schlechten Ring / habe ich noch von meiner lieben Fr. Mutter aufzuweisen / damit sie mich auf meinen Geburtstag vorm Jahre angebundẽ; weil ich ihn aber nit getraue länger zuverwahren / weiß ich ihn an keinẽ Orte lieber / als bey diesem trefflichen Fräulein; bitte demnach untertähnig / Ihre Gn. wollen mein Gn. Fräulein erbitten helffen / daß sie diesen schlechten Gedenk Ring von einem armen gefangenen anzunehmen / unbeschweret seyn wolle. Sie hat dessen gute Fryheit / antwortete Mazeus / wird den Ring auch / nachdem sie ihn schon zu sich genommen hat /seinetwegen gerne behalten / und zum stetswehrenden Gedächtniß tragen. Ja / warumb nicht / sagte das Fräulein / eure Zucht und Tugend ist so groß / daß ich nicht anders urteilen kan / als daß ihr von hohem vortrefflichen Geblüte müsset entsprossen seyn / welches dieser kostbahre Ring in etwas Zeugniß giebet: Weil ihr mich dann dieser Gedächtniß wirdiget / welche ihr von eurer Frau Mutter annoch übrig habt / wil ichs euch zu gefallen tragen / als lange ich lebe / uñ mich rühmen / daß ich von einem so trefflichen Jünglinge die Ehre einer Gedächtniß empfangen. So verleihen mir die Götter / sagte er / daß mein hochwertes Fräulein es dereins vor eine Ehre rechnen könne / was von mir als einem Gefangenen aus gutem Herzen geschihet; küssete ihr damit die Hand abermahl mit sonderlicher Anmuhtigkeit / dessen das Fräulein wol zufrieden wahr / ob sie gleich sich dawider bedingete / es geschähe ihr hiedurch gar zu hohe Ehre. Inzwischen sahen Herr Mazeus und Frau Roxane diesen beyden mit Verwunderung zu / da diese zu ihrem Gemahl sagete: Gewißlich / da dieser schöne Jüngling etliche Jahr älter wäre / oder eine zeitlang bey uns verbliebe /dürffte er meiner Schwester das Herz leichtlich stehlen. Ach nein / antwortete er / stehlen dürffte ers nicht / es würde ihm wol geschenket / und ohn Widerrede gegönnet / so viel ich aus ihren Augen merke; aber[554] ich muß des Jünglings lachen / daß er gerne viel reden wil / und so wenig Worte weiß; doch sihet man aus alle seinem tuhn und vornehmen / daß er nicht / wie er vorgibt / nur vom Adel / sondern von Fürst- oder wol gar Königlichem Geblüte seyn muß / und tähte sehr wol / daß ers von sich sagte / dann hiedurch würde er ohn zweifel unsern Fürsten bewägen / daß er ihn seinen Eltern wieder zuschickete. Fr. Roxane hatte ihre Dienerinnen / deren sechse waren / neben dem armen Mägdlein herzu treten lassen / und sagte sie zu Herkuliskus; Holdseliger Jüngling / wollet ihr diesen meinen Leuten etwas / so stehen sie allhier zu euren Diensten. Batis stund nicht ferne davon / und sahe mit betrübten Augen an / wie seine Gelder solten ausgeteilet werden / doch verdroß ihn der Schimpff mehr /daß er ohn Versuch hatte verspielen müssen / als der Schade selbst. Herkuliskus hätte ihm das Geld alles gerne wiedergegeben / wann er ihn nicht so schimpflich mit Worten angezapffet / aber jezt muste ers ansehen / daß er jeder Dienerin / und dem armen Mägdlein 100 Kronen zuzählete / doch endlich sagte: Wañ ich wüste / daß Batis mir danken wolte / gäbe ich ihm 100 Kronen zurük. Dieser nicht faul / gedachte / es währe ein guter Nohtpfennig / uñ antwortete: Würden mir 100 Kronen geschenket / ich nähme sie mit gebührlichem Danke an; worauff er noch mit zur Teilung ging. Es wahr diese Zahlung kaum geendet / da höreten sie ein Geruffe: Rettet euer Leben / rettet euer Leben! worüber sie alle erschraken / und nach dem innern Gebäu zulieffen / ohn Herkuliskus ließ sich nichts anfechten / sondern nam alsbald seine Pfeil und Bogen zur Hand / und sahe darauff ein erschrekliches Tigertihr daher auff ihn zuspringen / und mit offenem Rachen sein zubegehren / dessen er fleissig wahr nam / und nachdem er seinen Vortel ersahe / ihm einen Pfeil in den Rachen schoß / bald noch einẽ ins Auge /dz es über uñ über purzelte; fassete nachgehends Mazeus Seitengewehr (welches an der Wand hing) ging hinzu / und erstach es damit vollends. Die übrigen hatten sich unterdessen in Gewahrsam begeben / und beklagten den ädlen Jüngling / welchen sie schon vor tod und zerrissen hielten / gleich da er zu ihnen mit dem blutigen Säbel hinein trat / und mit hellfeurigen Augen sie ansahe; Worüber Mazeus sich entsetzend /zu ihm sagte: Göttlicher Jüngling / wie habt ihr des grimmigen Tihrs euch erwehren mögen? Gnädiger Herr / antwortete er / Eure Gn. mit ihrer Geselschafft treten nur kühnlich hervor / dann dieses scheußliche Tihr wird forthin niemand schaden tuhn noch Schrecken einjagen / nachdem seine Wuht einmahl gänzlich gedämpffet ist. Sie gingen ingesamt mit ihm hin und sahen es in seinem Blute ligen / wusten nicht / was sie vor Wunder sagen und gedenken solten; Dann währe Herkuliskus nicht so bald fertig gewest / würde ihre Flucht viel zu spät / und allerdinge vergebens gewesen seyn; massen das ergrimmete abgehungerte Tihr aus seinem Kefich losgebrochẽ war / weil der darzu bestimmete Knecht sein vergessen / und drey Tage lang ohn Speise gelassen hatte. Mazeus erkennete diese Rettung vor eine sonderliche Schickung der Götter / und sagete zu Herkuliskus: Nun weiß ich nicht / ob ich Menschen oder Götter in meiner Geselschafft habe / und gewißlich / da euch die Götter nicht gezeuget / müsset ihr zum wenigsten ihres Geblütes seyn. Ach mein Herr / antwortete er auff Griechisch; solten Götter wol zeugen? Ja solten sie wol schwache Menschen zeugen / und sie nachgehends dem Glük übergeben / daß sie von boßhafften Räubern weggeführet würden? Doch auf gewisse art / sind wir Menschen alle Göttliches Geschlechts / indem sie uns eine vernünfftige unsterbliche Seele [555] eingegossen haben. Eure Gn. schätzen es hoch / daß ich ein schwacher Jüngling / dieses fressige Ungeheur nidergelegt habe; aber was ist das Wunder / daß ein vernünfftiger Mensch / der seinen Witz gebrauchen kan / einem unvernünfftigen Tihre obsieget? Hier ist nichts als freche Wuht / die sich selbst in Spiesse / Pfeile und Schwerter stürzet / wann wirs ihr nur vorsichtiglich bieten und gönnen / bey uns aber finden die gesunden Gedanken leicht einen Vortel / dadurch unbesonnene Leibeskrafft gebrochen wird; und wer hieran zweifelt / muß noch wenige Erfahrenheit haben / was vor Unterscheid zwischen Witz und Frevel / zwischẽ Klugheit und Wuht gesetzet ist; überdas hat die Vernunft solche heilsame Wehr uñ Waffen uns in die Hand gestellet / daß wir die wilden Tihre fellen können / ehe sie uns erreichen mögen; Die Vernunfft hat durch solche Mittel uns die Herrschafft / nicht auff der festen Erde / sondern auch auff den wallenden Wassern / ja oben in der Lufft verlihen / dz sich nichts vor uns bergen / noch unserer Nachstellung entgehen mag; Und was solte mich hindern / dz ich diß grosse Tihr in der nähe / und auff der Erden / nicht leichter erlegete / als vormahls die in Lüfften schwebende Taube? nur daß verzagete Herzen sich vor einem auffgesperreten Rachen entsetzen / und scharffe Klauen fürchten und fühlen / ehe sie drinnen stecken / und einigen Angriff empfinden. O wie ein furchtsamer Muht ist der / welcher den Unglüks-weg erwählet / da wol hundert Neben-strassen sind! wie ein verzagter Siñ / der lieber der Schlangen Stich ausstehet / als daß er sie aus dem Wege stossen solte! trauet mir / mein Herr / eine vernünfftige Seele ist kräfftiger als alle Leibesstärke /und bedachtsame Gegenwehr vorträglicher als hundert Mauren; dann stehe ich unbesonnen hinter diesen /kan ich leicht von ihrem Falle erschlagen werden; Vorsichtigkeit aber ist auch des allergrimmesten Glückes Meisterin. Möchte jemand einwenden: es fünden sich deren unter uns nicht in gar grosser Menge / welche der Vernunfft recht gebrauchen können / so fehle es auch zuzeiten an Mittel und Gewehr /daß man der Wuht gewonnen geben / und unterliegen müste; aber ich antworte drauff: es bleibet die Laute wol ein künstliches ruhmwirdiges Spielzeug / ob gleich der Baur sich deren nicht zugebrauchen weiß /oder sie wol gar zerdrücket; also ist und bleibet die Vernunfft wol eine Königin über alle irdische Volkommenheiten / ob gleich der wenigste Teil unter uns bemühet ist / daß er lernen möge / sie recht anzuwenden; Mittel und Gewehr aber gibt uns Göttliche Versehung Zeit der Noht selbst in die Hand / wañ sie uns gnädig ist / und sie die Gefahr / mehr zu unser Prüfung als Verderben uns zuschicket; Da sind Steine /Koht und Sand / deren wir uns offt zur Erlegung grimmiger Tihre glüklich gebrauchen; und ein vorsichtiger Mann schicket sich gemeiniglich auff ein NohtGewehr. Jedoch / weil der Mensch nicht Gott /sondern sterblich und schwach ist / komt es auch wol / daß er in möglicher Anwendung seiner Vernunfft unterliegen / uñ den kürzern zihen muß; Aber solches begegnet ihm gemeiniglich entweder daher / daß er mit Gott nicht wol dran ist / den er durch Untaht und Frevel mag erzürnet haben / uñ er ihn durch solche Schickung zur straffe fodert / oder daß er mit ihm aus dieser Vergängligkeit eilet / und in den Elysischẽ Feldern ihn vor seine Frömmigkeit und Tugend ergetzen wil / daß ihm also solcher Unfall zum besten dienen muß. Zwar es gehet alsdann wol sein Leib darauff /daß er von wilden Tihren gefressen / oder sonst verwüstet wird / aber gleich wie das Gold seine Wirdigkeit nit empfähet / weil es noch mit Erz und Erde vermischet ist / also bekömt des Menschen Seele [556] erst ihren köstlichen Schein und rechtständige Glükseligkeit / wann sie geläutert / und von dem irdischen schwachen Leibe abgescheiden wird / welches auch die einige bewägende Ursach ist / daß wir Menschen uns von Leibes Wollust und Frecheit abzihen / und der Tugend alle unsere Händel und Vornehmen widmen / damit wir der künfftigen Glükseligkeit nicht mögen beraubet werden. Mazeus wunderte sich zum höchsten seiner vernünfftigen Redẽ / und sagte zu ihm: Hochgeliebter Jüngling / was vor gelehrte Unterweisungen haben eure Lehrmeister euch in solcher Jugend beygebracht / die man bey den alten Weisen kaum suchen darff / und gebe der Himmel / daß ihr die vollkommenen Jahre erreichen / und den so wol angefangenen Tugendlauff glüklich vollenden möget; Ich zweifele sonst gar nicht / daß wann ich hundert Söhne eures gleichen hätte / wolte ich durch eure Tugend ein Herr über die ganze Welt werden. Das würde schwerlich geschehen / antwortete er; dann sie würdẽ umb Herrschafft willen keinen Pfeil verschiessen / und kein Schwert blössen / sondern viellieber andern rechtmässigen Besitzern das ihre beschützen helffen. Solches würde ich sie selbst heissen / sagte Mazeus; ich rede aber von ihrem Vermögen / insonderheit / da sie zu ihren vollen Kräfften kommen solten. Frl. Barsene wahr wegen des harten schreckens kaum wieder zu sich selbst kommen / und hatte die Kühnheit nicht / dem todten Tiger nahe zutreten / biß Herkuliskus sagte: Hochgebornes Fräulein / wie scheuhet sie sich doch fast mehr vor ihrẽ todtẽ als lebendigen Feind; dann wie sie die lezte im flihen wahr / also ist sie die lezte im wiederkehren. Als er dieses redete / hörete er zugleich ein Geräusche in der Lufft /und ward gewahr / daß ein grosser Vogel nach einer Taube schoß / und sie mit den Klauen fassete / so berichtete ihn Mazeus auff seine Frage / es währe ein Adler / deswegen er denselben eigentlicher zubesehen / den Bogen fassete / und im Fluge ihn durch den Hals schoß / daß er / wiewol ausserhalb des Schlosses herunter fiel / und die gefangene Taube unverlezt davon flog; welches ein alter Kriegsknecht / Nahmens Boges / der auff der Schildwache stund / ersehend / aus weissagendem Geiste zu ihm sagete: Treflicher Jüngling /gedenket an mich / wann dieses Vorbilde an euch erfüllet wird; Dann der Adler ist der gröste Räuber im obern Reiche der Lufft / und das Täublein das unschuldigste Tihrlein. Mazeus wahr gleich hingangen /den Adler / welcher noch lebete / auffheben zulassen /und hörete dieses Gespräch nicht / deswegen Herkuliskus ihm desto kühner antwortete / und zu ihm sagete: Mein Freund / ob ihr dereins mein Wolergehen erfahren würdet / so sprechet mir zu / ich wil euch diesen Trost unvergolten nicht lassen. Batis kam mit dem Adeler / den er vollends zu tode geschlagen hatte / dorther getreten / und durffte öffentlich sagen / er könte nicht gläuben / daß solcher Schützen mehr in der ganzen Welt wären; dessen Herkuliskus nur lachete / und ihn eriñerte / er hätte gar nit gelernet / in seinen Reden das Mittel zuhalten; dann / sagte er / es ist noch nicht gnug / oder die höchste Kunst / gewiß zu schiessen / wann man fest stehet / sondern da man zu Pferde sitzet / und im vollen rennen dergleichen vorüber fliegende Dinge in der Lufft oder auff der Erden fellet; solches hat meiner Meynung nach etwas mehr auff sich / und kenne ich einen meines Alters /der sichs zur Unehr gerechnet hätte / daß ihm ein Hase / den er mit dem Pferde verfolgete / solte entsprungen seyn / wann ihm sein Boge zur Hand wahr; und daß ichs ohn Ruhm melde / möchte ichs ehmahls auch zuzeiten geleistet habẽ. Ich halte dessen nichts mehr vor unmöglich / antwortete Batis / nachdem ich heut viel unmögliches gesehen habe. [557] Hiemit ging der Tag fast zum Ende / dz die Zeit des Abendmahls herbey kam / wobey mancherley Gespräch vorging / und insonderheit Frl. Barsene gute Kundschafft mit diesem ihren lieben Jünglinge machete / der sich über nichts so hoch beklagete / als daß die geringe Wissenschafft der Sprache ihn hinderte / seines Herzen gefassete Gedanken auszureden. Gegen den späten Abend meldete Mazeus ihm an / daß wie unlieb es ihm gleich währe / er doch morgendes Tages ihn seinem GroßFürsten Phraortes nach Ekbatana zusendẽ müste /weil ihm grosse Gefahr auff die Unterlassung stünde /nachdem er dem GroßFürsten zugedacht währe / und hätte er sich insonderheit zu dieser Zeit vorzusehen /in Betrachtung er schon bey ihm in Ungnade / wiewol unverschuldet / gefallen währe; bähte demnach freundlich / er wolte sich belieben lassen / diesen kurzen Weg mit gutem Willen auff sich zunehmen / verhoffete gänzlich / sein Schreiben an den GroßFürsten auffgesetzet / solte ihm gute Gnade und Gewogenheit bey ihm machen. Frl. Barsene hörete diese Rede nicht anders an / als währe ihr ein Schnit durchs Herzgangen; Herkuliskus aber antwortete: Gn. Herr / warumb bittet eure Gn. ihren Knecht / dem sie völlig zugebieten hat? meines Standes kan ich mich sehr wol eriñern / daher bedanke ich mich untertåhnig der hohen Gnaden / die mir heut über mein Verdienst und Wirdigkeit sind angeleget / und träget mir dannoch mein Herz zu / ich werde dereins das Glük haben / Ihrer Gnad. besser / und mit wirklicher Art zu danken; Da nun dieselbe an den Durchleuchtigsten GroßFürsten mir eine Vorschrifft erteilen wil / nehme ichs billich mit untertähnigem Danke an / und hoffe / weil ich einem Menschen / ja einem Fürsten zugeschicket werde / könne daselbst Unschuld und Tugend nichts als Gnade und Woltaht verdienen; würde aber dessen Herz zu Schande und üppigkeit geneiget seyn / wird mich gewißlich keiner wider meinen Willen darzu nöhtigen / was durch einen ehrlichen Tod abzuwenden stehet. Mazeus wolte ihn nicht betrüben / ob er gleich bald überschlagen kunte / wozu der unflätige Parther König Artabanus ihn gebrauchen würde / da er demselben vermuhtlich solte geschicket werdẽ /und antwortete ihm; lieber Jüngling / machet euch keine wiedrige Gedanken / die Götter werden nicht verhengen / daß ein so herliches Gewächs in dem ersten Grase ersticke; dañ so viel meinen GroßFürsten betrift / ist derselbe aller Untugend und Lastern von Herzen feind / er zihet auch seinen einigen Sohn dergestalt Fürstlich / daß selbiger mit der Zeit seine Vorfahren leicht übertreffen wird; aber saget mir / bitte ich / ob dann euer rechter Nahme Herkuliskus sey; ja /antwortete er / als lange ich mich einen Knaben gedenken kan / bin ich nicht anders genennet. Wol wol /mein Herkuliskus / sagte er / die Götter werden einen grössern Herkules aus euch machen / als nie keiner auff der Welt gewesen ist. Nach solchen / und dergleichen Gespräch begaben sie sich endlich zur Ruhe /und ward unserm Herkuliskus und seinem Dolmetscher auff einem Gemache jedem ein absonderliches Bette gezeiget / da Frl. Barsene einen freundlichen Abscheid von ihm nam / auch des folgenden Morgens gar frühe sich bey ihm vor dem Bette fand / und ihn also anredete: Mein geliebter und werter Freund / was herzliche zuneigungen ich zu euch als einem züchtigen Jünglinge trage / wil ich jetzt diese Stunde erweisen / und euch in hohem Vertrauen offenbahren / daß ich meinen Schwager H. Mazeus und sein Gemahl meine Fr. Schwester hint diese Nacht in geheim reden hören / wessen sie euretwegen sich befahren / daß nehmlich unser GroßFürst euch seinem Lehn Herrn dem Parther Könige / [558] wegen eurer vortreflichen Schönheit zusenden důrfte / woselbst man mit solchen Jünglingen dergestalt umbgehen sol / daß ich mich zu sagen schäme / und doch Freundschafft wegen sagen muß / als daß man sie der Mañheit beraubet / und nachgehends dem Frauenzimmer / als aufwärter zugiebet; weil nun eure unvergleichliche Kůhnheit gnugsam anzeiget / daß zu solchen ungenehmen Diensten ihr wenig beliebnis traget / währe mein Raht / ihr machtet mit dem jungen Medischen Fürsten gute Vertrauligkeit / daß derselbe entweder seinen Herr Vater beredete / euch bey sich zubehalten / oder aber behülfflich währe / daß ihr mit der Flucht euch loßwirken / und dieser Gefahr entgehen köntet; und dafern mein weniges Vermögen hierzu ichtwas vermag /schwöre ich euch bey dem Leben der Unsterblichen Götter / daß / ungeachtet aller Gefahr / die mir daher entstehen könte / ich hierbey nichts unterlassen wil /was euch zu eurer Wolfahrt dienlich seyn kan. Herkuliskus ward der Zeitung nicht wenig betrübt / ließ sichs doch nicht merkẽ / sondern nach dem er dem Fräulein höchlich gedanket hatte / antwortete er mit halben Scherze; daß währe sehr unbarmherzig gehandelt / dafern man mit mir dergestalt umbgehen wolte; nachdem mir aber die Weissager meines Vaterlandes einhellig diesen Lebenslauff gestellet / daß ich der eins im Ehestande leben sol / wird der Himmel nimmermehr verhängen / daß mir solche Schande angelegt werde; jedoch solte ich dem unzüchtigen Könige ja müssen zugeführet werden / und man mir dergleichen Sachen anmuhten würde / sol er bey mir einen solchen frischen Muht finden / dessen er nimmermehr gehoffet hätte. Das Fräulein antwortete ihm; sie wolte selber nicht zweiffeln / die günstigen Götter würden allen Schimpf und Unfal von ihm abkehren; da er nun eine Zeitlang zu Ekbatana bleiben / oder sonst loß kommen / und nach seiner Heimat reisen würde /möchte er sie zuvor dieses Orts besuchen / damit sie vor den köstlichen Ring ihm hinwieder ein schlechtes Dankzeichen ihrer Gewogenheit und Träue zustellen könte / welches sie biß dahin wolte auffgeschoben haben. Herkuliskus versprach ihr solches mit dargebohtener Hand / und ließ ihr seinen schneweissen Arm sehen / welchen mit beyden Händen freundlich zu umfangen sie sich nicht enthalten kunte / womit sie von ihm Abscheid nam / uñ ihm gerne einen ehrliebenden Kuß gelassen hätte / wañ durch jungfräuliche Zucht und Scham sie davon nicht abgehalten währe. Er stund bald hernach auff / legte seine Kleider an /und erwartete / wohin man ihn führen würde. Mazeus hatte alles schon fertig machen lassen / nahmen doch zuvor das Frühstücke ein / und ward unser Herkuliskus mit einem zierlichen Säbel und köstlichen Medischen Rok von Fr. Roxanen verehret / der ihm über die masse wol anstund. Ihr Leibgutsche von Violen-braunen Sammet mit sechs schneweissen Pferden in güldenem Zeuge stund im Vorderplatze fertig / dahin er von Mazeus / seinem Gemahl und dem Fräulein begleitet ward / und er sich so frölich anstellete / als hätte man ihn in sein Vaterland führen wollen; hielt auch bey Mazeus bitlich an / ihm den gestriges tages gebrauchten Bogen mit auff den Weg zugeben / welchen er ihm wieder zurük senden wolte; worauff Mazeus sagte: Mein geliebter Herkuliskus und wann der Bogen etliche tausend Kronen wert währe / da er doch etwa mit 50 bezahlet ist / můste er euch willig geschenket seyn; ließ ihn auch alsbald neben einem Köcher vol schöner Pfeile hohlen / und auff die Gutsche legen. Als er sich nun auffgesetzet hatte / lieferte ihm Fr. Roxane eine zimliche Helffenbeinen Schachtel /welche verpitschieret / und mit der Räuber Kleinoten[559] angefüllet wahr / da sie zu ihm sagte; geliebter Herkuliskus / damit ihr nicht mit leerer Hand zu dem GroßFürsten kommet / sollen dessen Durchl. die bey den Räubern gefundene Kleinot mit euch zugleich überliefert werden. Bald setzete sich Herr Mazeus Amtman zu ihm auff / und fuhren unter dem Nachwunsche aller Götter begleitung nach Ekbatana / woselbst sie noch vormittages ankahmen / und im Königlichen Schlosse bey dem GroßFürsten sich untertähnigst anmeldẽ liessen; welcher zur Antwort gab; wie ist mein Untertahn Mazeus schon so stolz worden / daß er mich selbst nicht spricht / sondern seine Knechte schicken darff? jedoch / daß ich ihm den Scheffel volmässe / so lasset ihn kommen / und seine Werbung anbringen. Der Abgeordente Amtman ging auff erfodern hin / und ließ Herkuliskus mit seinem Timokles haussen vor dem Gemache stehen / er aber trat hin / erzeigete dem GroßFürsten nach Medischen brauche gebührliche Ehre / und redete ihn also an: Großmächtiger GroßFürst / gnädigster Herr; euer GroßFürstl. Durchl. untertähnigster Diener / mein Herr / Mazeus / bittet untertähnigst umb gnädigste verzeihung / daß vor eurer GroßFürstl. Durchl. er selber nicht erscheinet / welches umb keiner Ursach willen unterlassen wird / nur daß ihre Durchl. durch seine ungenehme Gegenwart nicht beleidiget werden möge / nachdem leider bey E. GF. D. er von seinen Wiederwärtigen fälschlich als ein Ungehorsamer und Widerspenstiger angegeben ist; jedoch auff sein unschuldiges und reines Gewissen / sich beruffend und verlassend / entbeut E. GF. D. er durch mich unwirdigsten seinen untertähnigsten Gruß und bereitwilligsten Gehorsam / übersendet deroselben einen ädlen herzhafften / und seiner Meinung nach / so wol in Schönheit als in der Schießkunst und vielleicht andern Waffen / wolerfahrnen fremden Jüngling / und bittet untertähnigst / E. GF. D. denselben nebest beygefügeten schlechten Kleinoten gnädigst annehmen / und mit allen GroßFürstlichen Huld- und Gnaden ihrem untertähnigsten Knecht Mazeus in seiner Unschuld (welche darzulegen er bereit ist) stets gewogen seyn uñ bleiben / auch seinen Angebern nicht weiter / als erweißlich seyn wird / gläuben wollen; rieff darauff Herkuliskus hinein / und erinnete ihn / sein Gewehr haussen abzulegen; welcher sich nicht seumete / nam seinen Huet nach teutschem Gebrauche vom Häupte / neigete sich tieff / und mit großmühtiger frischer Stimme redete er den GroßFürsten also an: Großmåchtiger Durchleuchtigster GroßFürst / gnädigster Herr; was Gestalt mein guter Herr und gönner / Herr Mazeus / mich etlichen Räubern entzogen und hergesand / wird gegenwärtiger sein Amptman berichten können; ich vor meine Wenigkeit / erfreue mich hoch / daß in dem grösten Unfal mir das Glük noch so geneigt und günstig ist / mich an diesen Ort zu führen / alwo ich denselben GroßFürsten schauen / und ihm gehorsamst auffwarten mag /dessen hochfürstliche Tugend und Liebe zu allen Tugendhaften / mir von den Räubern selbst in wilder Wüsteney höchst gepriesen worden. Nicht rühme ich mich einiger Düchtigkeit / würde auch / angesehen meine Jugend / mir fast verwägen anstehen; daß aber nie keine Untugend mein Gemüht lieben oder laben mögen / gibt mir mein Gewissen Zeugnis. Von Geburt und herkommen bin ich Gott Lob frey und nicht dienstbar / doch muß ich nunmehr bedenken / nicht der ich ehmahls wahr / sondern der ich durch Räuber Hand worden bin / es sey dann / daß Gott auch dieses an mir endern wollen / welches in seiner blossen Macht und gefallen stehet / und ich mich darein wol schicken werde. Eines erfreuet meine Geister / [560] daß durch des Himmels schickung einem solchen Fürsten ich zugeführet werde / der glückes Fälle zu beherzigen weiß / ja dessen unsterblicher Ruhm und Preiß nach langen Jahren in den GeschichtBüchern nicht der geringste seyn wird / daß er durch unfal niedergeschlagene aufgerichtet / gefangene erlöset / entführete wieder gebracht / und ein fester Schuz der Gewaltleidenden gewesen ist. Hernach meldete er dem Groß Fürsten H. Mazeus Dienste an / küssete den Brieff /und überreichte ihn mit sonderlicher Liebligkeit. Der GroßFürst saß auff seinem prächtigen Stuele / hielt einen schneweissen helffenbeinen Stab in der Hand /und hörete des Knaben zierlichen verständigen Reden mit höchster Verwunderung zu / ward auch durch seine Schönheit dermassen bewäget / daß er anfangs kein Wort reden kunte / welches zuverbergen / er den Brieff brach / in welchem Mazeus kürzlich erzählete /auff was Weise er Herkuliskus etlichen Räubern abgenommen / und wegen aufgelegten falschen Freibriefes auch vielfältiger begangener Boßheit ihnen die gebührliche Straffe erteilet; rühmete des übergeschikten JünglingsVerstand und Herzhafftigkeit / mit dem Beschluß / der GroßFürst ihn alles ungleichen verdachts gnädigst erlassen / und seinen Angebern entweder nicht gläuben / oder sie nur vor seine Gegenwart kommen lassen möchte / alsdann er auff alle zugelassene Weise seine Unschuld darlegen / oder im wiedrigen Fal sich der Straffe eines meinäidigen ungeträuen Buben nicht entbrechen wolte; beygefügte schlechte Kleinot den Räubern billich entzogen / würde der Jüngling versiegelt einliefern; Wie solches auch nach verlesenem Schreiben von ihm alsbald verrichtet ward / welche nach Eröffnung der GroßFürst sehr köstlich befand; kehrete sich darauff zu dem Abgeordneten und sagte zu ihm: Bald mache dich wieder hin zu deinem Herrn Mazeus / vermelde ihm meine Gnade und Gewogenheit / uñ daß er mich alsbald besuche; Seine Unschuld halte ich schon vor erwiesen / und hat er sich zu mir nichts als alle Gnade zuversehen; befahl daneben einem ädelknaben / daß ungeseumet seine tägliche LeibGutsche angespannet / und sein Drost und Raht Mazeus nebest seinem Gemahl und dero Frl. Schwester herüber gehohlet würde. Hernach sagte er zu Herkuliskus: Dein Unfall / Jüngling / ist mir leid / und erinnert mich des Glückes wunderbahrer Schickungen; Es muß aber ein günstiger Himmel seyn / der des Menschen Leib und Seele in gleicher Vollkommenheit schaffet. Fragete hierauff nach seinem Vaterlande und Herkommen / und ward ihm gleich /wie des vorigen Tages Herrn Mazeus / geantwortet; welches er mit Verwunderung anhörete / und zu ihm sagete: Bistu Teutsches Geblüts / mein Sohn / so müssen wol barbarische Schreiber seyn / die euch vor barbarisch ausruffen; und ob du mir gleich sehr wilkommen bist / möchte ich doch von Herzen wünschen / daß du bey den deinen wårest / oder mir frey stünde /dich zurük in dein Vaterland zusenden; nachdem aber der grosse König in Parthen / mein / und aller umliegenden Fürsten LehnHerr / alle vor andere mit Schönheit begabete / so wol Mannes- als Weibesbilder /ihm allein vorbehalten / und einzuliefern / ernstlich befohlen hat / kan ich nicht umhin / dich ihm zuzuschicken / wo ich sonst nit meiner Landschafft verlustig seyn wolte; jedoch wil ich dich durch Schreiben bey seiner Hocheit dergestalt antragen / dz du zweifels ohn einen Allergnädigsten Herrn an ihm haben wirst. Wegen dieser Rede stellete sich Herkuliskus etwas traurig / und gab zur Antwort: Ich hatte mir schon die feste Hoffnung gemacht / an diesem GroßFürstlichen Hofe in meines gnädigsten Herrn Diensten angenommen [561] zuwerden / und etwa mit der Zeit mich verdienet zumachen / daß mir als einem Freygebohrnen mein Vaterland wieder zusuchen vergönnet würde; weil aber E. GF. D. mich einem Gewaltigern zuzusenden gehalten ist / muß ein solches ich mir billich gefallen lassen / unter der Hoffnung / der grosse König / dem die mächtigsten Fürsten sich zum Gehorsam untergeben / werde nichts über die Tugend schätzen / auch denen alle Gnade erzeigen / die derselben sich gewidmet / viel lieber tausend mahl sterben / als eine Stunde unehrlich leben wollen; solte aber an meiner Gestalt ichtwas seyn / das andere zu meinem Mißbrauch reizen könte / weiß ich schon gnugsame Mittel / mich scheußlich zumachen; wiewol bey einem so grossen Herrn ich mich solcher Schande nicht vermuhte / währe auch Sünde / es nur zugedenken / nachdem die Stathaltere Gottes auff dieser Unterwelt billich in dessen Fußstapffen treten / und nach aller Mögligkeit sich demselben gleich uñ ähnlich bezeigen. Der GroßFürst ließ ihm diese Rede wolgefallen /und sagte: Feiner Jüngling / es solte billich so seyn /wie du sagest / währe auch zuwünschen / daß die gröste Macht und Gewalt allemal den Tugendreichesten verlihen würde; aber weistu nicht / wie mannicher in Armuht und Nidrigkeit die Tugend liebet / und nachdem er durch dieselbe erhöhet ist / sich undankbarlich von ihr abwendet / und nur dasselbe vor Tugend hält / was ihm gefället / und eben deucht; ja wol so stoltz und verwägen wird / daß er dasselbe / was Gott uñ die gute Vernunfft als eine Tugend eingesezt und gebohten hat / zur Ungebühr machen / und gar auffheben / hingegen seine garstigen Unzimligkeiten /und freche Sünden wil geehret / und andern zur Nachfolge vorgesetzet haben? daher findet man mehr Erbarkeit in nidrigen Wohnungen / als auff güldenẽ Stülen; Dann ein Verständiger weiß wol / daß wo er in der Niedrigkeit sich ungebührlich bezeiget / ihm bald Haß / Neid / und Verachtung zuwächset / und der Weg zur Ehre und Gewalt ihm verleget wird / welches die höchsten Häupter nicht befürchten / und daher ihre Lüste und Begierden der Billigkeit nicht unterwerffen wollen; ja mannicher weiß den Schalk dergestalt zubergen / so lange er in bemüheter Nachsuchung ist; wann er aber das vorgestekte Ziel erreichet hat / dann bricht der Wilmuht aus den Schranken /gleich wie der Löue / wann er lauschet / die scharffen Klauen einzeuhet; wañs ihm aber zeit däucht / so strecket er sie hervor / und übet Gewalt und Grausamkeit seines gefallens. Nicht rede ich solches meinem grossen Könige zum Schimpf / dessen Sitten ein jeder Untertahn ihm billich gefallen lasset / nur daß ich dir zeige / daß Tugend und Macht nicht allemahl / ja wol gar selten an einem Joche zihen. Freylich redet E. GF. D. die lautere Wahrheit / antwortete er / uñ ist leider der gemeine Weltbrauch / daß Gewalt die Wollust /Wollust aber die Frecheit gebieret / aller Tugend abgesagte Feindin; Nachdem aber die Tugend Gott selber / oder ja dessen vornehmste Eigenschafft ist / pfleget sie sich an den Frevelern / wie groß die auch seyn mögen / härtiglich zuråchẽ; dessen uns der unkeusche Tonoskonkoleros / lezter Assyrischer Groß-König /von den Griechen Sardanapallus genennet / ein lebendiges Beyspiel gibt / welchen vor ohngefehr 1100 Jahren / E. GF. D. Vorfahr / der Tugendliebende Fürst Arbazes des Reichs beraubete / und zusterben zwang / weil er weder des Lebens / noch als ein unflätiger WeiberNarr / herzhafften Männern zugebieten /wirdig wahr. Geschikter Jüngling / sagte der GroßFürst / woher sind dir diese unsere alten Geschichte in deiner weit abgelegenen Heimat kund worden? Aus der Griechen und Lateiner Büchern / antwortete er / in [562] welchen meine liebe Eltern mich fleissig haben unterrichtẽ lassen / weil sie eine gute Neigung zu solcher Wissenschafft bey mir merketen. Der GroßFürst stund von seinem Stuele auf und sagte: Kom mein Jüngling / und folge mir / es ist Zeit / Speise zunehmen / da du mir auffwarten / und dich aller Gnade versichern solt. Herkuliskus neigete sich demühtig / zeigete an / wie selig er sich schätzete / eines so hochverständigen Fürsten Leibdiener zuseyn / und aus dessen Reden der Tugend Beschaffenheit zufassen / fragete auch im hinaus treten / ob ihm gnådigst erlåubet währe / seinen Säbel / Pfeile und Bogen zu sich zunehmen / mit denen er nach empfangenem Befehl sich bewehrete /und seinem GroßFürsten anmuhtig nachtrat / welches ihm so wol anstund / daß GroßFürst Phraortes unterschiedliche mahle sich umsahe / und seiner Geschikligkeit sich nicht gnug verwundern kunte. Die GroßFürstin / Fürstliches Persisches Geblüts / nahmens Saptina / ihres Alters von XXVI Jahren / stund mit ihrem Frauenzimmer schon im EsseSaal / und da sie diesen fremden Jüngling mit seinem Gewehr daher treten sahe / welcher seinen Huet in der Hand trug /uñ sein Goldgelbes Haar ůber die Schuldern herab hangen ließ / ward sie samt allen anwesenden voll Verwunderung / und sagte zu ihrem Gemahl: Woher hat mein GroßFürst doch immermehr diesen wunderschönen Liebling beko en / dessen gleichen Menschen Augen wol niemals geschauet haben? Es ist ein gefangener Teutscher ädelknabe / antwortete er / mir von Mazeus gleich diese Stunde zugeschicket. Inzwischen legte er seinen Bogen nider / erzeigete anfangs der GroßFürstin / nachgehends dem jungen Medischen Fürsten Arbitanes / und leztlich dem übrigen Frauenzimmer mit anmuhtigen geberden gebührliche Ehre / entschuldigte sich sehr / daß wegen Unerfahrenheit der LandesSprache er nicht viel Worte machen könte / und befahl sich der GroßFürstin und des jungen Fürsten beharlicher gnade und hoher gewogenheit. Die GroßFürstin besahe ihn gar eben / und sagte: Nun ists doch i er und ewig schade / daß der Himmel an diesem Jünglinge so sehr geirret / und ihn nicht zum Mågdlein hat werden lassen; Was vor zartes Weibervolk aber muß es in Teutschland geben / demnach die Knaben so vollkommener Schönheit sind? Bey der Mahlzeit muste er den Wein überreichen /welches er mit solcher Höfligkeit verrichtete / daß die anwesende ädelknaben sich ihrer Grobheit zuschämen hatten. Auch hieß ihn die GroßFürstin die Speisen vorschneidẽ / da er seiner Unwissenheit sich zwar entschuldigte / und doch umb gehorsams willen / wie er sagete / untertähnigst folgete / auch einen gebratenen wilden Entvogel mit solcher Fertigkeit und zierlichen Schnitten zerlegete / dz die GroßFürstin zu ihm sagete: Jüngling / ihr seyd gewißlich vor mehr bey Fürstlichen Mahlzeiten gewesen. Ja gnädigste GroßFürstin /sagte er / ich bin mit meines allergnädigsten Königes junger Herschafft aufferzogen; worauff er ihr mit so freundlich-lächelnden Aeuglein vorlegete / daß ihr Herz in höchster Freundschaft gegen ihn entzündet ward / und sie zu dem GroßFürsten sagete; Ach was herzlieber Knabe ist doch dieser Mensch / und währe er ein Mägdlein / ich könte ihn nimmermehr von mir lassen. Vielweniger würde Eure Liebe ihn behalten können / antwortete er / massen er alsdann den allerhöchsten Buhler gar bald bekommen würde. Als er aber vorgelegt hatte / hieß die GroßFürstin ihn auch nehmen und essen; dessen er sich aber wegerte / mit vorgeben / es gebührete einem Knechte nicht / mit seinem Herrn Mahlzeit zuhalten / sonsten währe seiner GroßFürstin er in Untertähnigkeit billich gehorsam. Wann ichs euch aber heisse / sagte sie / [563] hält mein GroßFürst euch solches nicht vor übel. Ja iß mein Herkuliskus / sagte er selber / es sol dir zu keiner Unhöfligkeit ausgelegt werden. Es wahr der GroßFürst ein Herr von LIII Jahren / lebete mit diesem Gemahl in der andern Ehe; Der junge Fürst nunmehr achtzehnjährig / wahr sein einiger Sohn aus erster Ehe gezeuget / daher er ihn umb so viel herzlicher liebete /hatte ihm auch die Erbschafft seines Fürstentuhms bey König Artabanus schon erhalten. Derselbe nun vergaß essens und trinkens / schauete unsern Herkuliskus mit unverwendeten Augen an / und sagte zu seinem H. Vater: Wann die Götter mir diesen aller liebsten Jüngling zum Bruder verlihen hätten / würde ich haben / den zugleich neben meinen Eltern ich lieben könte; und weil von meinem Gn. Herr Vater ich vernehme / daß er beydes zur Wissenschafft und ritterlichen übungen nicht geringe beliebung träget /wolle mein Herr Vater mir ihn zum Gesellen geben /er sol an mir einen solchen Freund finden / daß verhoffentlich ihn nicht verlangen wird / unsern Hof zuverlassen. Aber sein H. Vater antwortete ihm: Lieber Sohn / dieser Jüngling ist nicht in meiner Gewalt /sonst währe er dir unversaget / könte auch euer beyder Gesellschafft wol leiden / wann er nicht unserm grossen Könige Artabanus nach Charas müste geliefert werden / dem ich ihn nicht vorenthaltẽ kan; jedoch wil ich ihn dir zu liebe acht Tage bey uns lassen / wie wenig ichs auch zuverantworten weiß. Arbianes ward der Rede traurig / bedankete sich dañoch gegen seinen H. Vater der hohen Gnade / und sagte zu Herkuliskus: Geliebter Freund / es wird euch nicht zuwider seyn /daß ich eure Geselschafft von meinem H. Vater auff etliche wenig Tage erbehten / und sollet ihr die Zeit über an mir einen geträuen Freund haben. Durchläuchtiger Fürst / antwortete er / ich erkenne mich gar zu unwirdig / auff andere weise von Ihrer Gn. als ein Knecht gehalten zu seyn / wozu ich mich gerne und willig verpflichte / wann nur einige angenehme Auffwartung von mir könte geleistet werden. Arbianes redete ihm ein / dz solche Entschuldigung ein überfluß währe / foderte ihn auch nach gehaltener Mahlzeit auf / mit in den Lustgarten zugehen / da der GroßFürst nach ihrem Abscheide zu seinem Gemahl sagete: Er hätte nimmerwehr gegläubet / daß bey einem funffzehnjährigen Knaben ein so hoher Verstand und brennende Liebe zur Tugend seyn können / als er diesen morgen erfahren hätte; über das / sagte er / wird er mir als ein sonderlicher guter Schütze gerühmet; da es nun dem sämtlichen Frauenzimmer also gefället / wollen wir in den Garten folgen / und ihm seine Pfeile und Bogen nachtragen lassen; es sind sonst etliche unter meinen ädelknaben / die sich mit ihrer SchießKunst keine Sau dünken lassen / auch mein Arbianes selbst / die sollen sich mit ihm ein wenig versuchen. Das Frauenzimmer ließ sichs gerne gefallen / gingen mit dem GroßFürsten hin / und sahen diese beyde neuen Freunde sich im fechten üben / wobey Herkuliskus sich etwas blöde stellete / und nur die Hiebe ausnam / sich bißweilen auch treffen ließ / und gar selten zu ihm einschlug / ohn wann er sahe / daß er leicht versetzen kunte / daher alle Zuseher urteileten /er währe dieser übung wenig erfahren / hieltens ihm auch wegen seiner Jugend nicht vor übel. Des jungen Herrn Fechtmeister / ein Persischer hochmuhtiger vom Adel sahe mit zu / und fing an / sich gegen den GroßFürsten zurühmen / wie weit er seinẽ Sohn in der Kunst schon gebracht hätte / sagte auch zu Herkuliskus: Jüngling / ihr seyd zu blöde im fechten / daher seyd ihr mehr bemühet euch zuschützen / als euren Gegener zuschlagen. Herkuliskus antwortete ihm: Er hätte sich ja vor keinen Fechtmeister [564] angemeldet / und könte gerne leiden / daß andere ihn in dieser Kunst und übung übergingen / wåhre auch Jugend halber geschikter zulernen / als andere zuunterweisen. Dieser wolte den Anwesenden seine Kunst alsbald sehen lassen / nam des jungen Herrn Fechtdegen / unserm Herkuliskus etliche gute Nachhiebe zuzeigen / die er zuvor hätte anbringen können / und es nicht in acht genommen; welches er dann vorerst willig von ihm annam; aber da er des musterns zu viel machen wolte / ward er endlich ungeduldig / und sagte zu ihm: Ich bleibe bey meines Teutschen Lehrmeisters Art / welche ich euch / da es gefällig seyn kan / zum Beweißtuhm wil sehen lassen; ging hiemit frisch auff ihn / und gebrauchte gegen des Meisters Stärke / seine ringfertige geschikligkeit dermassen / dz er diesen elenden Fechter unterschiedliche Streiche über den Kopff gab / ihm auch das linke Schienbein blutrüstete; worüber dieser meynete vor Zorn zubersten / unterlief ihm auch / uñ rante ihn als viel stärker / mit dem Leibe zu bodem; doch wahr unser Herkuliskus bald wieder auff / lachete des Tölpels / und sagte als im schertze: Ich meynete mit einem Fechter mich geübet zuhaben / und sehe ůber vermuhten / daß ihm der Flegel besser anstünde / als das Schwert. Der Meynung bin ich auch / sagete die GroßFürstin / dann sie wahr ihm von herzen feind / darumb / daß er ein einfältiges Mensch ihres Frauenzimmers geschändet hatte. Dieser stellete sich / als håtte er der GroßFürstin Worte nicht gehöret / und antwortete unserm Herkuliskus mit grimmigen Augen: Ich fürchte mich / indem ich deine zarte Haut verletzen würde / meinen gnädigsten GroßFürsten zubeleidigen / sonst wolte ich dir das gelbe übel vom Schnabel wischen. Herkuliskus wolte ihm keine Antwort geben / sondern kehrete sich gegen den GroßFürsten / und baht untertähnigst umb Erlaubnis /sich des erwiesenen Schimpffs zurächen; und wie der GroßFürst ihm einredete / er möchte der Grobheit etwas zu gute halten / alsdann solte hernähst dessen nichts mehr vorgehen; antwortete er: Nun gnädigster Herr / ich erkenne meinen elenden Zustand gerne / in welchen mich Unglük gesetzet hat / gehorsame auch billich; aber solt ich schier heut oder morgen dich über tausend Meilen suchen / sagte er zu dem Fechter / so schenke ich dir dieses nicht. Der GroßFürst kunte sich der Großmuhtigkeit eines so zarten Herzen nicht gnung verwundern / und sagte: Mein Herkuliskus /ich wolte diesen euren Streit gerne beylegen; kans aber auff andere weise nicht seyn / so vergönne ich euch beyden einen scharffen Gang mit dem Säbel und Schilde / nach dessen Endigung (in welchem jedem nicht mehr als fünff Streiche sollen frey gegeben seyn) ihr euch vergleichen werdet. Wol an / sagte Herkuliskus / so schicke dich du grober Baur / ohn Streit entgehestu mir nicht. Bald ließ der GroßFürst zween gleichmässige leichte Säbel und Schilde herhohlen /welche diese beyderseits erzürnete zu sich nahmen /und mit grossem Eifer auff einander gingen; Unserm Herkuliskus branten die Augen wie Feur im Häupte /ging umb seinen Feind her mit aller Behutsamkeit /welcher auch nicht gerne einen vergeblichen Hieb tuhn wolte; schlug anfangs einen ungestümen Hieb nach Herkuliskus Häupt / welchen er mit dem Schilde abglitschen machte / und verwundete ihm dagegen das rechte Oberbein. Jener der Wunden empfindend taht einen starken querhieb / welchen Herkuliskus durch einen Hintertrit und Krümmung des Leibes ablehnete / und ihm dagegen ein zimliches Loch in die rechte Seite gab / daher jener sich nunmehr der Vorsichtigkeit gebrauchen wolte / wehrete aber nicht lange / da schlug ihm Herkuliskus die rechte Faust rein ab / daß sie mit [565] samt dem Säbel auff die Erde fiel / und aus Ohnmacht bald selbst nach stürzete. Nun beschimpffe forthin mehr unbekante / sagte Herkuliskus / die höheres Standes sind als du; und hastu die Kunst nit besser gelernet / bistu wol ein unschuldiger Meister /wirst auch mit dieser dich forthin nit mehr kratzen dürffen. Die Zuseher kunten dieses Jünglings Geschikligkeit nit gnug rühmẽ / uñ weil der Großfürst den verwundeten verbindẽ ließ / redete die Großfürstin mit ihm; er müste ohn zweiffel gnädige Götter haben / die ihn nit köntẽ beschimpfen lassen / und währe ihr insonderheit lieb / dz der unzüchtige Bube seine Straffe empfangen / uñ er dagegen unverletzt blieben währe. Herkuliskus küssete ihr aus untertähnigkeit den Rockessaum / und befahl sich ihrer hohen Gnade / und da sie ihm die Hand boht / küssete er dieselbe inniglich / daß sie sich nicht enthalten kunte zu sagen: Ach daß die Götter mir einen solchen lieben Sohn oder Tochter geben wolten / wie hoch würde ich ihnen davor verbunden seyn. Es hatte aber der junge Fürst Arbianes eine solche Vergnügung an seinem Siege / daß er vor freuden in die höhe sprang / und mit beyden Armen ihn umbfing / zu ihm sagend: Mein geliebter Herkuliskus / wie angenehm ist mir eure Gesundheit / welche die Götter ja nimmermehr wollen stören lassen; und hönet mich nicht wenig / daß ich bißher einen so unerfahrnen Lehrmeister gehabt / welcher in der wahren Kunst fast weniger als nichts verstehet; erkenne sonst wol wie höfflich ihr mit mir in der Ubung verfahren. Herkuliskus baht umb verzeihung und antwortete: Mein Durchl. Fürst fichtet meines ermässens vorsichtiger / als der ruhmrähtige Meister / der nur gewohnt ist / mit seinen Schülern zu spielen / weis zwar seine Streiche in etwas zu führen /aber er hat sie so wenig alle gelernet als ich. Inzwischen sahe er einen ädelknaben seine Pfeil und Bogen halten / nahm selbe von ihm ab / und rühmete / daß Herr Mazeus sein grosser Freund ihm solche geschenket hätte. Wir wissen wol / sagte die GroßFürstin /daß ihr in der Schießkunst wol erfahren seid / hätten auch dessen vielleicht schon eine gute Bewehrung gesehen / da euch der Unhold nicht davon auffgehalten; ich setze aber dieses GedenkRingelein vor dißmahl auff den Gewin / da etliche seyn möchten / die darumb schiessen wollen. Herkuliskus nam den Ring /der zwar nicht so gar hoch im Preise wahr / aber doch seine Neigung anzuzeigen / nam er unbeuhrlaubet denselben aus der GroßFürstin Hand / küssete ihn /und sagte: Dieses allerliebste Ehrengedächtnis zuerhalten / wil ich meinen Fleiß nicht sparen / es währe dann / das mein Gn. Fürst Arbianes bedacht seyn möchte / mit zuschiessen / dann dessen Durchl. greiffe ich nicht vor. Der junge Fürst sahe / daß dieses aus Ehrerbietigkeit geschahe / fassete ihn bey der Hand /und baht / dafern er sein Freund sein wolte / auff solche Weise mit ihm nicht zuverfahren / ob zwar vor dißmahl er nicht bedacht währe mit zu schiessen /sondern ihm den Gewin gerne gönnete / welchen ohn das zuerhalten er ihm nicht getrauete. Also henkete Herkuliskus das Ringelein an die Gartentühr / und begehrete / daß die Mitschiesser sich melden möchten. Bald traten acht ädelknaben hervor / und liessen sich vernehmen / sie hätten Lust einen Pfeil umb den Gewin mit zu wagen. Herkuliskus mahlete darauff aller nähest unter dem Ringelein einen weissen Flecken / so groß als der Ring wahr / schrieb zu beyden Seiten des GroßFürsten uñ der GroßFürstin / drunten aber des jungen Fürsten Nahmen / uñ sagte: Wer nun mit mir umb diesen allerliebsten Ring scheust / der mus den Pfeil in dieses weise Flecklein schiessen /versehret er den Ring / mus er in fünff Jahren keinen[566] Pfeil anrühren / trifft er auff der Nahmen einen / sind es vier Jahr; fehlet er aber weiter aus / mus er die Pritsche haben. Alle Anwesende hielten dieses vor eine Unmögligkeit / uñ erbohten sich die Mitschiesser /dafern er solches leisten würde / solte er Obermeister seyn / und den Ring ohn alle Einrede hinweg nehmen / wolten auch der Pritsche sich keines Weges entzihen. Worauff er anlegte / und den Schuß nach allem Willen verrichtete; baht hernach die GroßFürstin / die Urtel zu sprechen / ob er den Preiß gewonnen hätte; welche mit ihrem Gemahl hinzu ging / uñ den abgeschossenen Pfeil mitten im weissen stecken fand / daß auch der GroßFürst zu ihr sagte: Geliebtes Herz / ich weis nicht / ob die Götter in menschlicher Gestalt zu uns kommen / umb zuerforschen / wie wir uns gegen elende gefangene bezeigẽ wollen / dañ was ich an diesem Jünglinge sehe / ist alles über menschlich; Schönheit / Vernunft / Tugend / Kunst / Herzhafftigkeit / uñ was man an einem volko enen Menschen erdenken kan; weis auch gewiß / daß als Apollo wie ein Mensch auff Erden umbher gewandelt / hätte er diesen Schuß nicht verrichten mögen; und gläube ich nimmermehr / daß die rauhen Nordwestischen Länder solche Volkommenheit bringen solten. Höchstgeliebter Herr uñ Gemahl / antwortete sie / ich weis hierzu wenig zu sagen / würde uns auch villeicht nicht anstehen / wann wir uns dieser Gedanken wolten merken lassen; kan aber meinem geringen Raht stat gegeben werden / so wollen wir ihn Fürstlich und unserm eigenen Sohn gleich halten / weil er ohndas nicht lange bey uns bleiben wird / ein mehres können die Götter selbst von uns nicht fodern. Eben dieses sind auch meine Anschläge / sagte der GroßFürst / und tuht mir herzlich wehe / daß ich ihn dem Könige liefern muß /stünde ich aber noch in vorigen Gnaden bey ihm /würde ichs wagen / und ihn unter gnugsamer Begleitung wieder nach seinem Vaterlande schicken / welches mir bey jeztgestalten Sachen nicht zurahten stehet / es währe dann / daß ich mich und meinen Sohn zugleich umb dieses Fürstentuhm bringen wolte; dan meine Wiederwertigen würden nicht ruhen / mich deßwegen anzutragen / da ich nicht anders als ein Verrähter der Königl. Hocheit müste gestraffet wer den. Ihr werdet aber zu gelegener Zeit dem Jünglinge anzutragen wissen / wie er hinfüro von uns solle gehalten seyn. Nach genommener dieser Abrede foderte er die acht ädelknaben hervor / und befahl ihnen die Pritsche zugeben; aber Herkuliskus fiel vor der GroßFürstin nieder auff die Knie / und baht untertähnigst /solche Straffe gnädigst auffzuheben / damit diese ädelleute nicht schier heut oder Morgen ihm deßwegen einigen Haß zu werffen / und an seinem Glük ihm schädlich seyn möchten. Worauff sie bey ihrem Gemahl anhielt / diese Vorbitte gelten zulassen / welches auch gnädigst eingewilliget ward. Gleich dazumahl kam der außgeschikte ädelknabe wieder / und berichtete / dz Herr Mazeus mit den seinigen im vörderplatze seines GroßFürsten Befehl erwartete. Herkuliskus hörete diese Zeitung gerne / und sagte zu dem GroßFürsten: Eure GF. D. mögen sich wol versichern / daß sie an diesem redlichen Herrn einen geträuen auffrichtigen Diener haben / und da ihrer Durchl. es nicht zuwieder ist / wollen dieselbe mir gnädigst befehlen /denselben herzuhohlen. So gehen wir beyde mit einander / sagte Arbianes / dann ich habe ohndas mit ihm zu reden; gingen auff erläubnis hin / und hatten sich bey den Händen gefasset; welches der GroßFürst ersehend / zu seinem Gemahl sagete; der Jüngling hat meinem Sohn das Herz gar gestohlen / und wie wird es noch ablauffen / wañ sie sich werden scheiden müssen? [567] Ach wer könte doch so einem lieben und züchtigen Menschen abhold seyn? antwortete sie; und gibt ja der liebe Fürst hiedurch klärlich an den Tag /daß er auff Tugend und geschikligkeit etwas halte; aber eure Liebe erinnern sich / bitte ich / was jener hocherfahrne Sternseher vor etlichen Jahren von ihm geweissaget hat / daß seine allerhöchste Vergnügung und Glükseligkeit ihm aus weit wilder fremde zukommen werde. Es fället mir gleich ein / sagte er / wil auch die Götter alles ohn mein bekümmern machen lassen / ob ich gleich nicht absehen kan / was vor Glük ihm dieser Jüngling mit gebracht habe. Mazeus / der mit seinem Gemahl und Fräulein abgestiegen wahr / sahe den jungen Fürsten und Herkuliskus daher treten / wunderte sich ihres mehr als brüderlichen Verhaltens / und ging ihnen ehrerbietig entgegen; Arbianes hies ihn freundlich wilko en / bedankete sich sehr / daß er ihm einen so lieben und werten Freund zugeschicket hätte / und erboht sich / da er Leben solte / es dergestalt zuvergelten / daß er Ursach haben wůrde / ihm zu danken; taht auch ein gleiches gegen dessen Gemahl / und fragete das Fråulein / ob sie einem so lieben Menschen nur eine Nachtherberge geben wollen; diese aber hatte nur ihre Augen und Gedanken nach Herkuliskus hingewendet / daß sie fast nicht hörete / was ihr gesagt ward / insonderheit da dieser ihr lieber Freund auch zu ihr trat / und mit einem züchtigen Handkusse sie freundlich wilkommen hies / da er schon zuvor Herrn Mazeus und dessen Gemahl ein gleichmässiges erzeiget / und sich höchlich bedanket hatte / daß er ihn einem so treflichen Fürsten zugeschicket. Gingen mit einander nach dem Garten / da der GroßFürst ihn sehr gnädig empfing / und zu ihm sagete: Mazeus / ihr wisset ohn mein erinnern / daß falsche Mäuler zuzeiten ein böses Feuer anblasen können / welches ihnen doch bey uns gefehlet hat / nachdem wirs in der Aschen gelöschet; deßwegen so lassets ohn weiteres Nachfragen hingehen / und versichert euch / daß ich hinfort so leicht nicht gläuben / und doch unterdessen euch so viel gnädiger halten werde / dessen zu einem Zeugnis /schenke ich euch die vor diesem umbs Geld begehrete Herschafft mit allen Renten / Diensten und Einkommen / und euer Liebsten die 12000 Kronen / welche von heut über vierzehn Tage in die Rentkammer solten geliefert werden. Mazeus entsetzete sich wegen so grosser angebohtenen Gnade / merkete wol / daß es alles wegen Herkuliskus geschahe / uñ antwortete ihm: Gnädigster GroßFürst und Herr; Eure GF. D. wollen allemahl mit GFürstl. Hulde ihrem untertähnigst-geträuen Knechte gewogen und zugetahn verbleiben. Die angebohtene Gnade ist zu groß / kan auch von mir und den meinen in ewigkeit nicht ersetzet werden; da sich aber einige Gelegenheit eräugen solte / vor Eure Durchl. mein Gut und Blut in die Schanze zuschlagen / sol dessen von mir nichts gesparet werden; kam nachgehends auff Herkuliskus zu reden / und erzählete / was Gestalt er ihn bey den Räubern angetroffen / auch was sonst / die wenige Zeit er bey ihm gewesen / vorgangen währe / welches die Anwesende mit verwunderung anhöreten / und in ihrem Heidnischen zweiffel gestärket wurden / ob sie ihn vor einen Menschen oder vor einen Gott halten solten. Inzwischen ging Herkuliskus mit seinem gespanneten Bogen hin und wieder / und suchte Gelegenheit einen künstlichen Schuß zu tuhn / welches Mazeus merkend / seine Rede abbrach / und zu den Anwesenden sagete; jetzt werden wir etwas sonderliches von ihm sehen / welches ich an seinen Augen spüre / die er hin und wieder in der Lufft umbgehen lässet. Er sahe aber einen Falken sehr hoch fliegen /der ihm gar zu ferne [568] wahr / stund deßwegen und lauschete / biß er sich etwas nidriger gab / da schoß er ihn daß er vor dem GroßFürsten niderfiel / und ihm der Pfeil mitten in der Brust steckte. O du Volkommenheit / sagte der GroßFürst / wie hastu dich in solchen zarten Leib begeben / nur daß du äusserliches Ansehen zu schanden machen / und dein Spiel mit uns als in einem Schauspiele treiben wilt. Herkuliskus trat hinzu / hub den Vogel auff / und boht ihn Frl. Barsenen mit diesen Worten; Gn. Fräulein / fürchtet sie sich auch so sehr vor diesen todten Vogel / als vor den gestrigen todten Tiger? Nein mein Freund / antwortete sie; aber wie gefället es euch an diesem GroßFürstl. Hofe? ich vernehme / daß ihr schon feindselig von dem Fechter angegriffen seid / welcher sich billich an dem unsern hätte spiegeln sollen. Die Götter /sagte er / geben mir nur keine schlimmere Feinde / als ich gestern und heut gehabt / dann werde ich mich meines Unglüks mehr zu freuen als zubeklagen haben / insonderheit weil der Himmel mir so hohe Freunde bescheret hat. Die GroßFürstin stund dabey / und sagte zu ihm: Höret mein geliebter Herkuliskus / ihr sollet euch eures Unfals nicht zu hart betrüben / dann wir merken und spüren auß allen euren geberden und Vornehmen daß ihr höheres Standes und wirden seid /als ihr euch außgebet / deßwegen so wähle und nehme ich euch hiermit auff und an vor meinen Sohn / der von meinen Leuten nicht anders als mein Sohn der junge Fürst sol gehalten und bedienet werden / welches ihnen auch hiemit ernstlich gebohten wird. Arbianes ward dessen so herzlich erfreuet / daß er sagte: Herzgeliebte Gr. Mutter / jezt erkenne ich eure Mütterliche Hulde gegen mich euren Sohn / welcher ich Zeit meines Lebens wil eingedenke seyn. Hingegen stellete sich Herkuliskus sehr traurig uñ sagte; Durchleuchtigste GroßFürstin / gnådigste Frau; ich bitte untertähnigst / ihren unwirdigsten Knecht nicht mit zu hoher Ehrenlast zubeschweren; dann Gott weiß / wie sehr mir dieses zuwieder ist / und bin schon zu hoch begnadet mit dem / was mir bereit wiederfahren; überdaß bringet mein Stand es nicht mit sich / daß vor ihrer GF. Durchl. Sohn / und dem jungen GroßFürsten ich solte gleich gehalten / oder auch von ådelknaben bedienet werden. Was mein geliebter Bruder / sagte Arbianes? ist euch dieses so sehr zu wieder / so tuht mirs zu gefallen; wer weiß / worinnen ich schier heut oder Morgen euch Dienste und brüderliche Freundschafft erzeigen kan? Herkuliskus küssete ihm die Hand / antwortend / er währe und bliebe allemahl seiner Durchl. untertähniger Knecht und ergebener /und nachdem er gezwungen würde sich höher zuhalten als er währe / müste er der Einbildung geleben /als die in Schauspielen eine Fürst- oder Königliche Verwaltung auff sich nehmen / ob sie gleich arme Betler sind; welche Worte er / als der Sprache unerfahren / zwar stamlete / aber doch mit sonderlicher Gnade vorbrachte / daß ihrer aller Herz dadurch gerühret / mit ihm grosses Mitleiden trugen.

Es kam aber ein Diener in den Garten / und meldete an / Ihrer GF. D. Frau Saptinen Herr Bruder währe glüklich wieder angelanget / und hielte im innersten Platze; dessen der GroßFürst sehr froh ward / daß er sagete: O Dank sey den Göttern / die ihn gesund hergeleitet haben / als nach dessen Wiederkunfft ich und andere mit mir ein grosses Verlangen getragen; ging auch geschwinde hin / ihn zuempfahen / da Arbianes neben Herkuliskus seinem H. Vater nachtrat. Der fremde Herr sahe seinen Oheim und Schwager gegen ihn daher kommen / eilete auff ihn zu / und empfingen sich sehr freundlich / redetẽ auch [569] fast eine Stunde mit einander in grosser geheim / biß nach dessen Endung Arbianes diesen seinen Vetter gebührlich wilkommen hieß. Nachgehends trat auch Herkuliskus zu ihm hin /küssete ihm die Hand / und baht / seiner Kühnheit zuverzeihen / daß er als ein Fremdling und gefangener einen einheimischen und Fürstlichen Anverwanten zuempfahen sich unterstünde. Der fremde Herr sahe ihn als verzucket an / redete jhm sehr freundlich zu / und gedauchte ihn / das Angesicht etweder selbst / oder doch eines demselben sehr ähnlich / mehr gesehen haben; endlich fiel ihm das kleine Gemåhlde ein /welches er stets bey sich im Seckel trug / besahe es /und sagete bald darauff: O ihr Götter / was Bildniß zeiget ihr mir so unvermuhtlich? Herkuliskus erschrak dessen sehr / meynete nicht anders / er währe erkennet / und schlug die Augen vor sich nieder; Der fremde aber fuhr fort / und fragete den GroßFürsten / von wannen ihm doch dieser vortrefliche Jüngling kähme; worauff er zur Antwort gab: Er ist mir erst heut von Mazeus zugeschicket / und gibt sich vor einen Teutschen ädelknaben aus / welcher von unterschiedlichen Räubern gefangen / und biß in diese Länder gefůhret sey. Aus Teutschland? sagte der fremde Herr; kehrete sich hernach zu ihm / und sagte: Vortrefflicher junger Herr / euer Angesicht erinnert mich eines ritterlichen Helden und grossen Fürsten / dessen Kundschafft zuhaben / ist nicht gar lange / ich gewirdiget bin / welches ich trauen unter meine höchste glükseligkeiten rechne; reichete ihm hiemit das BrustBilde hin / sprechend: Mein Herr / ich bitte sehr / mir zu sagẽ / ob ihm dieses Gemählde bekant sey? Herkuliskus empfing es mit besonderer Ehrerbietung / sahe es an / und erkennete seines herzgeliebten Herkules Angesicht alsbald / weil noch zum Uberfluß umbher geschrieben wahr:Hercules, humani generis delitiæ. Das ist:Herkules des menschlichen Geschlechts belüstigung. Es ward aber hierüber seine Seele mit überschwänklicher Freude erfüllet / daß ihm das Blut unter das Gesichte schoß / stund und wankente als ein taumelnder / daß er in Ohmacht fast niedergesunken währe; dessen Arbianes wahrnehmend / ihn fragete / woher diese schleunige Verenderung kähme; worauff er sich erhohlete und zu dem fremden sagte: Ach mein Herr /ich bitte höchlich / mir zusagen / ob dieser Ritter annoch im Leben und guter Gesundheit sey / von dem dieses Gemählde genommen ist? Ich weiß nicht anders / mein Herr / antwortete er; aber irre ich nicht /so seyd ihr beyde leibliche Brüder / massen ihr fast einerley Gesichtes und Schönheit seyd. Ach ja mein Herr / sagte er / er ist mir tausendmahl lieber / als ein Bruder / wiewol er nicht mein Bruder / sondern meiner Mutter Bruder Sohn ist. Wol mein Herr / sagte der fremde / ihm wider seinen Willen die zarte Hand küssend / so bin euer Liebe ich mit Gut und Blut zu dienen bereit und willig / deswegen wollen sie sich meiner Dienste frey gebrauchen / welches mir die höchste Vergnügung geben wird. Herkuliskus bedankete sich sehr des unverdienten Erbietens / und verlangete den GroßFürsten hefftig / zuerfahren / aus was Ursachen sein Oheimb sich gegen diesen Jüngling dermassen dienstbar erzeigete; Derselbe aber sagete zu ihm: Durchl. GroßFürst; dieses jungen Herrn Mutter-Brudern Sohn / ein Herr von ohngefehr XXI Jahren / gleicher Schönheit und Antlitzes mit diesem / wie mein Bildniß zum Teil ausweiset / ist der trefflichste Held in ritterlichen übungen und Tapfferkeit / so jemahls gelebet; ganz Italien und die Stad Rom reden von ihm / und habe ich seine und seines Gesellen herliche EhrenSäulen zu Rom und Padua gesehen / halte mich auch insonderheit [570] glükselig / daß ich seine Freundschafft erhalten / und diesen Ring von ihm zum Pfande unbrüchiger Träue empfangen. Der GroßFürst sagte: Was Standes aber ist er? Davon weiß niemand in Italien etwas gewisses zusagen / antwortete er /wiewol ausser zweifel ist / daß er uhralter Königlicher Wirden seyn muß / massen sein Geselle / ein gebohrner und herschender König in Böhmen ist / und derselbe doch jenen höchlich ehret. Niemand hörete diese Reden lieber als Arbianes / daher er zu ihm sagete: Warumb wil dann mein werter Freund und Bruder seinen HochFürstlichen Stand verleugnen / dessen er doch mehr als kein ander wirdig ist? Er antwortete: Ach der Himmel ist mein Zeuge / wie gerne ich unerkennet in dieser fremde seyn wolte; jedoch ist dieser mein Oheim gleichwol höheres Standes als ich / in Betrachtung / daß meine Fr. Mutter so hoch nicht geheyrahtet / als ihr Herkommen ist. Die GroßFürstin kam auch herzu / ihren geliebten und einigen Bruder zuempfahen; Derselbe nun wahr aus Fürstl. Persischen Geblüt entsprossen / und eben derselbe Pharnabazus und unbekante Ritter / der zu Padua im Turnier mit Ritter Leches u den höchsten Preiß stach /wovon fast am Ende des Ersten Buches meldung geschehen. Schwester und Bruder empfingen sich überaus freundlich / weil eine sonderliche Liebe zwischen ihnen wahr / und als er Frl. Barsenen gewahr ward /nahete er sich zu ihr / wie er dañ eine gute Neigung zu ihr trug; welche aber Herkuliskus zu seiner Zeit umb ein grosses befoderte / wie an seinem Orte folgen wird. Weil dann vor dißmahl der Abend einbrach /und es Zeit wahr / das Maal einzunehmen / gingen sie mit einander nach dem Saal; da Pharnabazus unsern Herkuliskus geleitete / welches er fast mit Ungeduld zugeben muste / und sich solcher Ehre nicht entbrechen kunte. Niemand aber von der ganzen Geselschafft wahr mit empfindlicheren Bewägungen beladen / als Frl. Barsene / gestaltsam sie ihren lieben Herkuliskus ohn unterlaß ansahe / wodurch das zarte Herz immer weiter eingenommen ward. Nach auffgehobenen Speisen hielt Pharnabazus bey Herkuliskus an / er möchte der anwesenden Geselschafft zugefallen / seines Oheims des unvergleichlichen Herkules Leben zu erzählen unbeschweret seyn / als welches ihm ohn zweifel nicht unbewust währe. Er wegerte sich dessen zwar nicht / entschuldigte sich aber / dz es von ihm in Morgenländischer Sprache nicht geschehen könte / und fing in Griechischer also an: Hochgebohrner Herr Pharnabazus / Eure Liebe erwecken in mir die Gedåchtnis etlicher Wunder-sachen / welche /da sie bey den Römern oder Griechen vorgangen währen / durch Schrifft und Bücher sie in alle Welt ausgebreitet werden müsten; nachdem sie aber in Teutschland / einem verachtetẽ Winkel der Nordwestischen Länder sich begeben haben / kommen sie nicht weiter / als wo man sie mündlich erzählet. Nun hätte ich zwar ohn eitelen Ruhm zumelden / ein weitoffenes Feld / umständlicher Erzählung vor mir / weil ich aber fürchte / meinen gnådigsten Herren und Frauen / auch andern anwesenden wirdigen Freunden / durch herbeyführung aller ümstände nur verdrießlich zuseyn /wil ich meines herzgeliebten Oheims und mehr als Brüderlichen Freundes Zustand und Leben nur Inhaltsweise andeuten. Nicht also / mein geliebter Sohn /sagte der GroßFürst / sondern lasset uns dieses teuren Helden Leben und Tahten völlig kund werden / so viel euch dessen bewust und zu Gedächtniß komt /dann durch Hindansetzung eines liederlichen Umstandes / wird offt einer Geschichte der beste Schmak benommen; solte sichs dañ gleich in die späte Nacht zihen / wird dem Frauenzimmer erläubet [571] seyn / die Ruhe nach belieben zunehmen; Ich neben meinem Oheim und Sohne werdẽ euch die Ohren hierzu willig leihen / als die wir in der gleichen Geschichten / in welchen die Götter bey den Menschen etwas sonderliches wirken / mit begieriger Lust uns pflegen umzusehen / worzu ich meinen Sohn Arbianes von Jugend auff angehalten / daß er die Griechischen und Römischen Kriegsbeschreibungen / nebest dem / was von unserer Vorfahren Handelungen auffgezeichnet ist /fleissig lesen / und mir tåglich vor Abends erzählen muß / was er daraus behalten; alsdann zeige ich ihm den rechten Kern und Safft der Begebnissen / nehmlich die lehrreichen weltklugen Anmerkungen / welche ihm dereins so wol in Friedes- als Kriegszeiten nüzlich und heilsam seyn köñen. Herkuliskus antwortete: Weil dann E. GF. D. mir solches gnädigst anbefihlet /wie undüchtig ich mich gleich darzu befinde / muß ich doch willigst gehorsamen. Fing darauff seine Erzählung folgender massen an: In meinem geliebten Vaterlande ergiessen sich drey zimlich weit von einander fliessende Schiffreiche Wasser / die Weser / die Elbe / und der Rein / welche / nachdem sie manniche schöne Aue / teils befeuchtet / teils vorbey gestrichen / sich endlich in das Teutsche Meer stürzen. Zwischen diesen wird der gewaltigste Teil Teutschlandes / als Sachsen und Franken begriffen / eine sehr weite / und von den Einwohnern erfüllete Landschafft / welche dem Gesetze der eingepflanzeten Billigkeit sich gemäß zubezeigen in vielen stücken sehr geflissen sind / sonderlich die Freyheit betreffend / welche über allen Reichtuhm und Herrligkeit geschätzet wird /deswegen noch zur Zeit keine Macht oder Gewalt sie darzu treiben mögen / daß sie fremder Herrschafft sich untergeben / und einige Dienstbarkeit über sich nehmen solten / ohn die sie ihrer / teils angebohrnen /teils selbst erwähleten Obrigkeit schuldig sind. Niemahls haben die Römer / welche sich der Welt Herren nennen / einige Feinde mehr gefürchtet / als die Teutschen / auch da unter Augustus ihre Macht am grössesten wahr / und wie mannichẽ Krieg sie gleich mit ihnen geführet / sind die Teutschen dannoch Teutsche / das ist / freye unbezwungene Leute blieben. Es ist vor sich ein auffrichtiges Volk / Genügenheit ist bey ihnen durchgehend; Das böse / in andern Ländern offt kleinen Kindern bewust / ist bey ihnen den alten unerhöret / daher achtet ein Teutsches Herz weder Fleisches Wollust / noch Geldes Schätze / ohn die man den Feinden entwendet. Sünde finden bey ihnen selten Verzeihung. Dreyer Groschen Dieberey wird mit dem Strange gestraffet. Ehebruch gehet wunderselten vor /erlanget auch weder Barmherzigkeit noch Gnade. Das übel der Eifersucht ist ihnen unbekant / dann ein jeder lässet sich an einem Weibe genügen / und jemehr dieselbe ihrem Manne Kinder gebieret / je mehr wird sie von ihm geliebet und von anderen geehret; und wann sie dem leidigen Biergesöffe (wiewol auch nicht alle /noch allenthalben) nicht so sehr zugetahn wåhren /stünden sie nicht zuverbessern. Insgemein sind sie mit dem zufriedẽ / was ihr Land träget / die aber ein mehres begehren / suchen es mit Waffen bey ihren Feinden / deren sie von allen Seiten haben / aber daher nicht umb ein Haar verzagter sind / meynen / ihre Fäuste seyn mächtig gnug / sie zuschützen / wann nur die Götter nit lassen den Himmel über sie einfallen; welche Antwort sie dem grossen Alexander gaben. Sonsten ist dem Lande unmöglich / alle in ihm erzeugete Menschen zubegreiffen / daher mannich tausend MutterKind andern Sitz und Herberge suchen muß; ungeachtet ihre Aecker / da sie recht gebauet werden /voll Korn stehen / und ihre Wälder mit Wild angefüllet sind. Ochsen und [572] Kühe / Pferde und Esel / Schaffe und Schweine gibt es überflüssig / wie ungleichen eine überaus grosse menge allerley köstliches Fischwerks. Schådliche Tihre / ausser dem Fuchs und Wolfe / lassen sich nicht finden / und werden die Schlangen an mannichem Orte zum Wunder gezeiget. Ihre Berge möchten wol Gold und Silber zeugen /wann es gesucht würde / und mangelt ihnen an keinem Dinge / was zur Leibes Notturfft erfordert wird. Ihr Gottesdienst bleibet unverendert / welchen sie nicht in engen Gebäuen / sondern unter dem freyen offenen Himmel in schönen grünen Wäldern anstellen und verrichten. Ehmahls haben sie ihre Könige gehabt / deren gröste Macht und Reichtuhm in Menge der Kriegsleute und Pferde bestund. Heut zu tage gehorsamen sie ihrem GroßFürsten / der keinen obern / als Gott und das Schwert erkennet / ist von dem allerältesten Königlichen Teutschen Blut entsprossen / nahmens Henrich / dessen Ruhm mit vielen Worten auszustreichen / hieher nicht gehöret / dann er herschet /daß jederman ihn preisen und ehren muß; Den Untertahnen ist er lieb / den Nachbarn angenehm / den Feinden erschreklich. Er heyrahtete im dreissigsten Jahre seines Alters ein trefliches Fräulein / des Großmächtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Ragwalds / der Gothen und Schweden Königes Tochter / Frl. Gertrud /mit welcher er diesen seinen ersten Sohn / und künfftigen rechtmässigen Nachfolger in der Herrschafft /die Blume aller Frömmigkeit und Ritterschafft (niemand sein Lob beno en) meinem herzgeliebten Oheim und Bruder Fürst Herkules / vor XXI Jahren zeugete / worüber im ganzen Reiche unsägliche Freude und frolocken entstund / weil man sich einer erblosen Ehe befahrete / und die GroßFürstin drey Jahr unbefruchtet blieb. Wenig Stunden nach seiner Geburt /ward ein alter Pfaffe herzu gefodert / dieses neugebohrne Herrlein zu weihen und segnen / welcher vorgab (ich erzähle es / wie ichs von meiner Fr. Mutter offt gehöret) / er hätte aus allen Zeichen der Opffer /auch Vogel- und Pferde-Geschrey angemerket / das junge Herrlein würde an Verstand / Frömmigkeit /und Erfahrenheit in Waffen dermassen vortreflich seyn / daß durch ihn aller seiner Vorfahren Lob würde verdunkelt werden; fremden Landschafften würde er anfangs mehr Dienste / als seinem Vaterlande leisten. Die alten Teutschen Götter würde er durch Annehmung eines neuen Gottes zurük setzen und verachten; Liebe halben solte er viel Widerwertigkeit ausstehẽ /aber durch standhafftigkeit alles überwinden; grosse Schåtze und Reichtuhm durch streitbahre Faust erwerben; eine Ursache seyn / daß der grössesten WeltHerren einer fallen und untergehen müste; Uber seine Anverwanten würde er grosse Glükseligkeit bringen /und seine Eltern unvermuhtlich aus RäuberHänden und Todesgefahr erlösen; und was des Geplauders mehr seyn muchte / worauff die Eltern / als über der Geburt ihres lieben Söhnleins hoch erfreuet / wenig acht gaben / wiewol sie nachgehends dessen schon viel in der Taht erfahren haben. Seine Fr. Mutter hatte schwere Geburtswehe / daß man ihrem Leben wenig trauete / ward deswegen dem jungen Herrlein alsbald eine adeliche Frau zugeordnet / die es mit ihren Brüsten speisen solte / aber vergebens / massen es sich durchaus nicht wolte anlegen lassen / wie fast mans auch nöhtigte / daher man es mit Gemüse unterhielt /biß über zehn Tage seine Frau Mutter zimlich genaß /deren Brust es mit sonderlicher Begierde ergriff / uñ einzig von ihr sich säugen ließ. Als das Herrlein eines halben Jahrs alt wahr / und die Eltern zur Lust ins grüne fuhren / ließ die einschlu ernde Mutter das Kind von ihrer Schos [573] fallen / daß es zwischen den Rädern hinunter purzelte / hätte auch ohn allen zweifel seinen Geist auffgeben müssen / wann nit zu allem glücke ein grosser Stein im Wege gelegen / vor welchen das Herrlein zu liegen kam / dz des Rades Stoß auff demselben gebrochen ward / und ohn alle Verletzung überhin ging / welches dann wol ein Zeichen seiner künfftigen gefahr seyn mochte. Nachgehends gaben sie etwas fleissiger acht auff ihn / kunten aber doch den unvermeidlichen fällen nicht vorbauen /dann wie nach dreyen Jahren der GroßFürst neben seinem Gemahl und diesem ihren ältesten Herrlein (dann der Himmel hatte ihnen schon den andern bescheret) auff der GroßFürstin Fr. Mutter Begräbniß in Schweden reiseten / wurden sie an der OstSee des Nachtes in einem Dorffe von einer Schaar Dänischer SeeRäuber überfallen / da der GroßFürst mit seinem Gemahl sich in einer alten Scheuren verbarg / das Herrlein aber mit samt der WartsFrauen / bey welcher es schlief / hinweg geführet ward; jedoch / weil des GroßFürsten Völker bald ins Gewehr kahmen / und den Räubern nach setzeten / ward das Herrlein wieder erlöset / und seinen Eltern zugestellet. Nach gehaltener Leichbegångniß machte der GroßFürst sich wieder in sein Land / uñ wendete grossen fleiß auff seines SöhnleinsErzihung / welcher / da er schier von sechs Jahren wahr (eben dazumahl bin ich gebohren) von seinem H. Vater eine ritterliche Rüstung foderte / in welcher er zuzeiten ausreiten / und als eines LandesFürsten Sohn sich zeigen könte; und als ihn sein Herr Vater mit schimpflichen Worten abwies / er währe zu klein / Harnisch zuführen / uñ stünde ihm eine Tüte vol Zucker ungleich besser an / verredete er / kein Zucker mehr zuessen / triebs auch bey dem H. Vater so lange / dz er ihm ein kleines Schwert und leichten Bogen geben ließ / womit er den ganzen Tag über sein Kinder-Spiel hatte und inwendig drey Monden sich dergestalt übete / daß manniger Vogel von ihm erschossen ward. Seines H. Vaters Jäger kahmen (da er sieben Jahr alt wahr) einsmahls von der Jagt /brachten etliche grosse Wölffe auffs Schloß / und erzähleten / mit was grosser Mühe sie dieselben gefellet hätten / dessen Herkules nur lachete / und sie fragete; was ihm wol fehlen solte / ein solches Tihr zuerlegen / wann er sein Schwert und Bogen bey sich hätte; Und als seine Fr. Mutter gegenwärtig ihm einredete / er solte bey Leib und Leben schweigen / und die Götter bitten / daß ihm ja ein solches grimmiges Tihr nicht auffstiesse / sonst müste er von demselben alsbald verschlungen werden / antwortete er: Gnädigste Fr. Mutter / solten die Götter wol zugeben / daß ein so unwertes Tihr sich mit eines jungen Fürsten Fleisch speisete? hat man auch gehöret / daß ein Fürst jemahls von einem Wolffe verschlukt oder hinweg getragen sey? forschete darauff bey den Jägern gar eigentlich nach / an was Ende die Wölffe gefangen währen; und da sie ihm aus Scherz den nähesten Dornpusch beim Schlosse mit Worten bezeichneten /hieß er des folgenden Morgens seinen Auffwarter /(der fünff Jahr älter als er wahr) mit gehen / und ihm seinen kleinen Spieß nachtragen / lieff geschwinde nach dem beschriebenen Pusche / und wie er gar leise hinzu trat / sahe er einen scheußlichen grossen Wolff /mit auffgesperretem Maule schlaffen liegen / nam seinen kleinen Degen / und sties ihm denselben in den Rachen biß ans Gefäß / sprang darauff wieder zurük /und hohlete den Spies / damit ging er wieder auff den Wolff / welcher schon mit allen vieren von sich schlug / und mit dem tode rang; dessen er aber nichts achtete / sondern ihm das Schwert / welches er nicht verlassen wolte / wieder aus dem Maule zog / und[574] ihm den Spies auffs neue in den Rachen stieß / ihn auch so lange quålete / biß er dahin starb / ungeachtet ihm das Blut hin und wieder auff die Kleider sprützete / hernach dem Knaben befahl etliche Jåger zu hohlen / die den Wolff nach dem Schlosse schleppeten. Dieser berichtete in der GroßFürstin Gegenwart / was sich zugetragen hätte / welches ihm niemand gläuben wolte / biß auff vielfältiges beteuren sie mit etlichen Dienern hinunter ging / und ihr liebes Söhnlein mit blutigem Spiesse und Kleidern gegen ihr daher lauffen sahe / der sie also anredete: Herzen Fr. Mutter /sprechet forthin mehr / der Wolff werde mich verschlingen / ich habe ihn gleichwol so geputzet / daß er sich an mir ferner nicht reiben sol. Die GroßFürstin gedachte / er würde etwa einen Hund erstochen haben; als sie aber das grausame Tihr in seinem rauchenden Blute liegen sahe / erschrak sie über alle masse / und schalt hefftig mit ihm / dz sie ihn auch zu ficken dräuete / welches aber das Herrlein mit einem sonderlichen Eifer und ernstlichem Angesichte beantwortete: Je Herzen Fr. Mutter / sagte er / solte ich mich dann von diesem Ungeheur fressen lassen? So wahr ich ein Teutscher Fürst gebohren bin / werde ich mein Leben so liederlich nicht dahin geben / und weis gewiß / mein H. Vater wird mir ein grösseres Schwert geben / daß ich hernåhst der schändlichen SchaffRäuber mehr aus dem Wege schaffe; stellete sich auch unter dem Reden so freudig / mit zierlichen springen /Tanzen / und zusammen schlagung der Hände / daß seiner Fr. Mutter die Freudenträhnen hervor drungen /insonderheit / da er auff dem Schlosse die herzutretende Jäger mit höhnischen Worten angriff; was sie vor schlimme furchtsame Kerle währen / und einen Wolff zutödten / vor ein grosses Werk außgeben dürfften. Der GroßFürst wahr des vorigen tages außgeritten /und da er des folgenden wiederkam / und die Taht erfuhr / auch das Tihr besahe / kunte er vor verwunderung fast kein Wort reden / biß er endlich zu seinem Gemahl sagete; Ich habe diesen unsern Sohn allemahl vor eine sonderliche Gabe der Götter gehalten / darumb haben sie mir ihn nun zum drittenmahl beschützet; werden wir aber sein nicht besser acht haben /dürffte der Himmel ihn bald wieder abfodern. Zwar die Götter haben uns noch einen männlichen Erben /unsern Baldrich (der dazumahl im fünfften Jahr wahr / und sich nunmehr zu allen fürstlichen Tugenden schicket) gegeben / aber müssen wir darumb diesen in solcher Gefährligkeit / als einen Baurjungen allein umbher lauffen lassen? Hernach fuhr er dz junge Herrlein scharff an; höre du Leckerchen / sagte er /wer hat dir befohlen die Püsche durch zukrichen / und ohn Uhrlaub vom Schlosse zu lauffen? wirstu das mehr tuhn / sol dir mit frischen Ruhten gelohnet werden. Herkules stellete sich etwas beleidiget seyn / und antwortete: Mein Herr Vater / zürnet doch nicht so hart mit mir / weil ich ja nichts böses begangen habe; meine Fr. Mutter wolte mich schrecken / da mich ein Wolff anträffe / würde er mich verschlingen; ja wie schön hat er mich verschlungen? Ich wahr ihm mit meinem prafen Degen viel zu behende. Wie ungehalten nun der GroßFürst wahr / muste er doch des Knaben von Herzen lachen / und sagte zu ihm; wie aber /wann er dich verschlungen hätte / würde man dir das Leben haben wieder geben können? Verschlungen? antwortete das Herrlein / und wann ihrer gleich zween gewesen / solten sie mich nicht verschlungen haben; ich hatte ja den Vortel im Pusche / daß sie nach Willen nicht hätten können an mich kommen / und wie leicht hätte ich ihrer etliche / einen nach dem andern übern hauffen stossen können; darumb bitte [575] ich euch /Herzlieber Herr Vater / nehmet mich forthin allemahl mit auff die Wolffesjagt / weil ich ihnẽ schon gnug gewachsen bin. Du magst mir ja gewachsen seyn /sagte der GroßFürst mit einem Gelächter / aber gedulde dich nur ein wenig / ich wil dich schon auff eine Wolffesjagt (Bücherjagt meine ich) führen / da du die Buchstaben jagen / uñ mit dem Gedächnis fangen solt. Nun hatte vor weniger Zeit der GroßFürst etliche Räuber einsetzen lassen / welche erstes tages solten abgetahn werden; unter denen fand sich ein Römer /der in Griechischer und Lateinischer Sprache wol erfahren wahr / nahmens Katullus / denselben ließ der GroßFürst vor sich allein fodern / und sagte in des jungen Herrichens Gegenwart zu ihm; du wirst dich erinnern / daß du umb Untaht willen dein Leben zehnfach verwirket hast / welches dir nicht als durch meine Gnade kan geschenket werden; wañ ich nun wissen solte / daß du forthin die Boßheit angeben / dich der Erbarkeit befleissigen / und diesen meinen jungen Sohn in Lateinischer und Griechischer Sprache fleissig unterweisen woltest / möchte dir vielleicht mehr gutes begegnen / als du dir jemahls hättest einbilden können; so gib mir nun hierauff richtige Erklärung /wessen du dich zuverhalten gesonnen seist / und gedenke ja nicht / mich mit betrieglichen Worten zuhintergehen / dañ soltestu wieder auff dein altes fallen /würde ich schon Mittel wissen / dich in meine Gewalt zubringen / und alsdann das neue mit dem alten zubezahlen. Dieser fiel vor dem GroßFürsten in die Knie /baht um Lebensfristung / und erboht sich / hinfüro ein frommes Leben zu führen / auch allen möglichen Fleiß in Unterweisung des jungen Herrlein anzuwenden; Worauff er demselben alsbald vor einen Lehr-und Hoffmeister zugeordnet / die übrigen sechs Räuber aber hin zur Richtstat geführet wurden / deren einem / weil er sich vor Katullus Anverwanten angab / und derselbe einen Fußfal vor ihm taht / das Leben geschenket ward / jedoch / daß er stündlich Teutschland räumen solte / welches er nit allein angelobete /sondern nachdem er mit wenigem von Katullus Abscheid genommen / sich hinweg machte. Herkules aber hatte gar kein Herz zu diesem Lehrmeister / und beklagete sich unterschiedliche mahl gegen seine Fr. Mutter / daß er einem Räuber müste untertahn seyn /und von demselben sich unterweisen lassen; und wer weiß / sagte er / ob er mich dereins nicht gar ermorden dürffte; welches aber als eines Kindes Rede verachtet ward / wiewol die Reue bald darauff folgete /gestaltsam er kaum vier Wochen diesem seinem Amte vorgestanden wahr / da ein armer Mann / die leidige Zeitung auff das Schloß brachte: Er hätte zween einzelne Männer ins Gehölze reiten sehen / deren einer einen schönen jungen Knaben vor sich auff dem Pferde geführet / dem der Mund mit einem Tuche zugestopffet / auch die Augen verbunden gewesen; und da ihm recht währe / hätte er vor diesem den Knaben mit einem kleinen Degen und Handbogen auff dem Schlosse gehen sehen. Dem GroßFürsten ward dieses alsbald kund getahn / und Katullus mit dem jungen Herrlein gesuchet / aber umb sonst / massen die Schildwachte berichtete / sie währẽ mit einander ihrer Gewohnheit nach aus dem Schlosse gangen / und hätte jeder ein Buch in der Hand getragen. Bald wurden die Pferde gesattelt / und musten 100 Reuter mit dem Zeitungsbringer auffs eiligste fort reiten / mit dem versprechen / da sie das Herrlein samt den Räubern lebendig einbringen würden / solte jedem drey Monat Sold geschenket werden. Diese macheten sich geschwinde auff den Weg / und geriet ihnen so wol /daß sie gegen den späten Abend alle drey unter einer hohen [576] Eichen sitzend antraffen / da sie ein wenig Brod zur Speise / und einen trunk Wasser aus einer vorüberflissenden Quelle hatten. So bald Katullus der Reuter inne ward / fassete er sein Brodmesser / uñ wolte damit vor erst das junge Herrlein / hernach sich selbst entleiben / geriet ihm aber durch der Götter abwendung keines; dann Herkules dieses sehend / wie er sehr gerader Gliedmassen wahr und noch ist / da er lebet / sprang geschwinde auff / uñ weich ihm aus dem Stich / wiewol er nicht allerdinge unbeschädigt blieb / sondern ihm das Messer in das linke Oberbein fuhr / und weil es vielleicht schon einen Bruch haben muchte / darinnen gar abbrach / daß über die helffte drinnen stecken blieb / und also der Mörder kein Mittel hatte / ihm selber Hand anzulegen. Herkules rieff /ungeachtet aller Schmerzen / heftig umb Rettung /welche ihm bald wiederfuhr / dann die Reuter drungen stark auff sie zu / sahen dz junge Herrlein bluten / und zogen ihm die zubrochene Messerklinge aus der Wunde / da inzwischen die anderen sich an die beyden Räuber machten / ihnen Hände und Füsse bunden / und mit sich auff den Pferden fortschleppeten / ritten auch die ganze Nacht / nachdem sie das Herrlein ein wenig mit frischen Kråutern verbunden hatten / biß sie folgenden Morgens sehr früh bey dem GroßFürstlichen Schlosse anlangeten. Der GroßFürst samt seinem Gemahl hatten diese Nacht die Kleider nicht abgeleget / da die Mutter mit stetem Weinen und Klagen wegen ihres verlohrnen allerliebsten Söhnleins anhielt / biß ihnen die fröliche Zeitung kam / daß das Herrlein gerettet / doch in etwas von dem Räuber verwundet wåhre / welcher dann alsbald zu seinen lieben Eltern hinauff getragen ward / durch müdigkeit und verblutung sehr abgemattet; erhohlete sich doch ein wenig / da er sich in seiner Fr. Mutter Armen befand /und sagte mit schwacher Stimme; die Götter haben mir das Leben erhalten / sonst würde ich schon erstochen seyn / muß mich deßwegen nach diesem mehr vor Räubern als vor den Wölffen vorsehen / und hat mir von Anfang her / wie ihr wisset vor diesem schlimmen Lehrmeister gegrauet. Die Mutter tröstete ihn / er solte zu frieden seyn / sie wolte nicht gönnen daß ein solcher Räuber ihm nach diesem vor einen Lehrmeister zugegeben würde; vor dißmahl solte er dem WundArzt fein stille halten / ob die Verbindung ihn gleich ein wenig schmerzen würde. Verbindet ihr mich nur recht / sagte er zu dem Arzt / ich wil euch gerne stille halten / nur daß mir der Schenkel nicht krum oder lahm werde / dann ich wil lieber sterben /als undůchtig werden / dereins Waffen zu führen. So bald er verbunden wahr / und der Arzt ihn versicherte / daß es nur eine Fleischwunde / und keine Gefahr zubefürchten währe / lachete er vor freuden / und sagte zu dem Arzt / mich deucht ihr seid gar zu gelinde mit mir umbgangen / dann mein H. Vater pfleget zu sagen; Weiche Aerzte machen faule Wunden. Nein Gn. Herrlein / antwortete er; Eure Gn. habe ich ja so scharff angegriffen / als wann ein starker Baur die Wunde gehabt hätte / wie er dann beteurete / daß er mit dem Wundeisen die tieffe recht erforschet / und er sich über des Herrlein Geduld verwundert hätte / welche bey vielen erwachsenen nicht währe; welches das Herrlein hörend / zur Antwort gab / ey so tuht die verwund- und Verbindung gleichwol so wehe noch nicht / als ich mir eingebildet hatte; foderte einen Trunk /und legte sich zur Ruhe. Inzwischen ward Katullus und sein Miträuber / der sein leiblicher Bruder wahr /auff der Folter / jeder absonderlich befraget / aus was Ursachen sie das unschuldige fromme Kind / welches ihrer keinen jemahls mit einigem Worte oder Augenwink beleidiget / hinweg [577] geführet hätten; wohin sie es führen wollen / und warumb es so schändlich verwundet worden. Worauff sie endlich durch erschrekliche schwere Pein übernommen / einhellig bekennet: Sie währen Gebrüder aus Mantua / hätten nach ihrer Mutter Tode ihren Stief-Vater erschlagen / umb dessen grosse Güter zugeniessen / die er ihnen ohn das schon erblich vermacht gehabt / und sie seinen Tod nicht abwarten wollen; weil aber der Hausknecht den Mord ohngefehr gesehen / hätten sie sich müssen aus dem Staube machen / wären nach vielen umlauffen / dieser örter in Teutschland angelanget / und in eine starke Räuber-geselschaft von allerhand Landsleuten gerahten / welche sich stehlens und Strassenraubes nehreten / bezeichneten auch den Ort / da sie sich auffhielten /und bekenneten ferner / Katullus hätte bey dem damahligen Gefangenen / dem das Leben geschenket worden / der Räuber-geselschafft zuentbohten / umb welche Zeit sie ihm ein Pferd senden solten / auff welchem er ihnen seinen Schüler zuführen wolte / den hernach seine Eltern mit grossem Gelde lösen würden; als er nun der folgenden Reuter gewahr worden /hätte er beydes das Herrlein und sich selbst ermorden wollen / währe aber durch des Messers Zerbrechung daran verhindert worden. So bald Herkules vom Schlaffe erwachet wahr / erzählete er seinen Eltern /wie Katullus etliche Tage her ihn mit sich hinaus vor dz Schloß hinter eine Hecke geführet / vorgebend / im grünen lernete sichs am besten; als er nu gestern ein grausen in seinem Herzen empfunden / und anfangs mit ihm nicht hinaus gehen wollen / einwendend / ihm wåhre etwas übel / hätte er ihm vorgetragen / er hätte des vorigen Tages ein Nest voll junger Hasen in der bekanten Hecke gefunden / welche sie ausnehmen /und auff ihrer Lerne-Stuben groß zihen wolten; wodurch er sich auffsprechen lassen / und währe mit ihm hinter die Hecke gangen / woselbst ihn der Räuber mit der dicken Faust vor die Stirn geschlagen (dessen er noch empfünde) / daß er nidergestürzet wåhre /hätte ihm alsbald ein zusammen gewickeltes Tuch in den Mund gestopffet / und eins umb die Augen gebunden / mit hoher Bedräuung / wo er einigen Laut von sich geben würde / wolte er ihm die Gurgel abschneiden; hätte ihn ein wenig fortgeschleppet / nachgehends sich zu Pferde gesetzet / und mit ihm auffs hefftigste davon geeilet / worauff es aber angesehen /oder wohin sie ihn führen wollen / hätte er nicht gewust / biß gegen den Abend sie sich mit ihm unter den grossen Baum gesetzet / und ihn heissen gutes muhts seyn / es solte ihm nichts böses widerfahren /nur müste der GroßFürst ihnen viel tausend Kronen vor seine Erlösung geben. Alsbald schickete der GroßFürst eine Reuter-Schaar 300 stark an den Ort /woselbst das Räuber-gesindle sich auffhielt / zwo grosse Tagereisen vom Schlosse gelegen / traffen die selben in guter Sicherheit an / und namen sie allesamt / an der Zahl LXXV gefangen / da sie gute Beute bey ihnen funden / und führeten sie mit sich / welche alle mit einander umb das Königliche Schloß her an Bäume auffgehenket wurden; So bald das Herrlein wieder gehen kunte / wurden die beyden Räuber hingerichtet / Katullus mit glüenden Zangen viermahl gezwakt / und hernach vier grossen hungerigen Wölfen vorgeworffen / die ihn jämmerlich zurissen / welches alles sein Bruder ansehen muste / der mit den Zangen verschonet ward / aber erstlich hefftig gestrichen / und nachgehends eben diesen Wölfen zur Speise übergeben; welcher Straffe Herkules zusahe / uñ sie doch nicht billichte / vorgebend / es währe zu grausam / mit einem Menschen dergestalt zu verfahren; hätte es auch gerne verbehten / wann ers erhalten mögen; seine Fr. Mutter aber [578] unterrichtete ihn / es müste solche scharffe Straffe ihnen angelegt werden /auff daß andere dadurch von dergleichen Vornehmen abgeschrecket würden / gestaltsam mannicher verwägener Bube / nicht so viel den Tod selbst / als die Pein fürchtete. Nach vollstrecketer Urtel wurden den Teutschen Schutz-Göttern nicht allein wegen geschehener gnädigen Rettung / viel Opffer geschlachtet /sondern auch / daß sie hinfüro sich des jungen Herrleins Heil uñ Wolfahrt wolten angelegen seyn lassen /welcher schon solche Lust / Kunst Tugend und Sprachen zulernen / in seinem Herzen empfand / daß er bey seinem H. Vater täglich anhielt / ihm einen geträuen Lehrmeister zuzuordnen; welcher aber ohn das schon hierüber bemühet wahr / und in Erfahrung brachte / dz ein vornehmer Teutscher Herr einen erkaufften Römer / Nahmens Tibullus bey seinen Kindern hielte / die nunmehr die Bücher beyseit legen /und dem Kriegswesen nachzihen solten. Diesen verschrieb der GroßFürst; und als er sich einstellete / ließ er ihn in beyseyn etlicher vornehmer Herren vor sich treten / und redete ihn also an: Was vernünfftige Eltern ihren Kindern schuldig sind / wolte ich den meinen ungerne entzihen / damit sie nicht dereins Ursach haben mögen / mich in der Grube zuverfluchen. Leib und Leben / Land und Leute hat dieser mein Sohn (der vor ihm stund) durch der Götter Gnade von mir teils empfangen / teils zuhoffen; welches alles aber ihn nit glükselig machen kan / dafern sein Gemüht wilde und ungebauet bleiben solte. Vor weniger Zeit setzete ich ihm einen Lehrmeister vor / welchem ich das Leben schenkete / da ich ihn auf offentlichem StrassenRaube ertappete / vermachte ihm daneben eine ehrliche Jahrsbestallung / und ließ ihn bey meinen vornehmsten Hofeleuten / ja zuzeiten / wann ich allein wahr / über meinem Tische Speise nehmen / ihn durch solche Gnade anzulocken / daß er bey meinem Sohn Träu und Fleiß anwenden solte; welches er aber mit solchem schändlichen Undank ersetzet hat / daß er anfangs mein liebes Kind mir zurauben / nachgehends gar zu ermorden sich unterwinden dürffen / dessen ich / andern zum Beyspiel / ihm abscheuhliche Straffe erteilen müssen. Nun habe ich zu dir viel ein ander Vertrauen / als dessen Frömmigkeit / Wissenschafft und Fleiß mir von deinem vorigen Herrn gerühmet ist / daher ich dir nicht zum Schrecken / sondern zur blossen Erkäntniß jeztgedachte Begebniß vorstellen wollen / der Hoffnung gelebend / du werdest nit minder bey mir / als vorhin bey andern dich redlich und träufleissig finden lassen / so daß du diesen meinen Sohn ohn alle gegebene ärgerniß (welche der Jugend schädlichster Gifft ist) zur Furcht und Liebe der unsterblichen Götter haltest / der Tugend innerliche Schönheit ihm angenehm und bekant machest / und in Griechischer und Lateinischer Sprache /auch andern Wissenschafften ihn unterweisest. Wirstu dieses nach Vermögen leisten / so sol dir überflüssig an Speise uñ Trank / Kleidung und geziemenden Schmuk gereichet / ein Reitpferd samt einem Diener gehalten / und zur jährlichen Bestallung 400 Kronen ausgefolget werden / nebst Fürstlicher Versprechung /daß ich dich über acht Jahr reichlich begabet / in vollkommene Freyheit setzen / und in dein Vaterland zihen lassen wil; würde dir aber gefallen / bey mir zubleiben / soltu bey mir haben / was du wünschen wirst / und dein Stand ertragen kan. Tibullus durch so hohes versprechẽ fast entzücket / setzete sich vor dem GroßFürsten auff die Knie / und nachdem ihm von demselben ernstlich befohlen wahr aufzustehen / antwortete er also: Großmächtigster Großfürst / gnädigster Herr; Euer GF. Durchl. ich unwirdigster Knecht /finde weder Worte noch [579] Vermögen / eine so hohe Gnade zubeantworeen / gestaltsam ich meine Leibeigenschafft wol erkenne / in welcher ich schon über ein Jahr / wiewol in leidlicher Dienstbarkeit zugebracht habe / nachdem ich im Streit / da ich XVII Jahr alt wahr / gefangen / uñ nach Kriegsbrauch meiner Freyheit beraubet bin. Daß nun Eure GF. D. mir einige Hoffnung / selbe dereins wieder zuerlangen / gnådigst machen wollen / verbindet mich ungleich mehr zu aller Träue und möglichem Fleisse / als wann mir eine ganze Herrschafft wirklich eingeräumet würde / massen ich von einem vornehmen Römischen Herrn / wiewol als ein Bastard Sohn erzeuget / und auff den fall meiner Freyheit von demselben grosse Befoderung zuhoffen habe. Ich bin zwar erst von XIIX Jahren / aber von erster Jugend an in Künsten und Sprachen wol unterwiesen / da ich kaum aus der Schuele trat / uñ wie gesagt / in die Knechtschaft fiel / verspreche auch bey Verlust aller Götter Gnade / und daß dieselben mich mein geliebtes Vaterland nimmermehr wieder sehen lassen / dafern ich einiges vermögen spare / in unterweisung dieses Durchleuchtigen jungen Herrleins anzuwenden / dessen Augen und Bezeigung nebest der vortrefflichsten Gestalt mir schon einen gewünschten Verstand und Liebe zur Tugend sehen lassen / daher ich nicht zweifele / die Götter werden aus ihm schier heut oder morgen einen solchen Fürsten werden lassen / dessen Ruhm und Tahten den grösten Teil der Welt durchschallen sollen. Dafern nun Eure GF. D. gnädigst geruhen wird / mir etliche begehrte Bücher von Köln zuverschreiben / wil mit der Götter Hülffe diesen jungen Fürsten ich in wenig Jahren so weit anführen / daß die allerschweresten GeschichtBücher der Griechen und Lateiner er ohn mühe lesen und verstehen sol. Dieses Versprechen ließ ihm der GroßFürst wol gefallen / gab ihm alsbald neue Kleider / und räumete ihm ein lustiges Gemach ein / da dann das junge Herrlein so willig zu den Büchern wahr / daß man ihn davon reissen / und zum essen nöhtigen muste; dann er liebete diesen seinen Lehrmeister herzlich / welcher ein geschikter frommer und Gottfürchtiger Mensch wahr / hatte auch solche Zuneigung gegen diesen seinen Schüler (welchen er einen Wundermenschen zunennen pflegete) gefasset /daß ihn dauchte / er würde ihn schwerlich sein lebelang verlassen können; Der junge Herr lernete auch in zwey Jahren so trefflich / daß er nicht allein Latein uñ Griechisch fertig lesen und artig schreiben / sondern ein jedes Ding in diesen Sprachen nennen / und was er begehrete / ohn Anstoß fodern kunte. Kurze Zeit nach Bestellung dieses wolgerahtenen neuen Lehrmeisters / besuchte der Großmächtigste König in Böhmen Herr Notesterich / seinen Schwager und Oheim GroßFürst Henrich / dann er hatte dessen / und meiner Fr. Mutter leibliche Schwester zum Gemahl / führete auch seinen Sohn und einigen månlichen Erben des Königreichs Herrn Ladisla mit sich dahin / welcher der Zeit ohngefehr von X Jahren / und drey Jahr älter als Herkules wahr. Pharnabazus fiel ihm hier in die Rede (weil er der GroßFürstin Saptina einen Trunk muste bescheid tuhn) und sagte: Diesen Fürsten und jetzigen König in Böhmen kenne ich / dann er hielt gleich zu meiner Zeit mit des Stathalters zu Padua Frl. Tochter daselbst Beylager / da ich die grosse Ehre gehabt / so wol dem Freystechen als Ringelrennen beyzuwohnen / und zwar unter dieser Gunst / daß man mir allerdinge unbekanten den höchsten Preiß (ob ichs gleich nicht verdienete) eingeliefert hat / der mir insonderheit wegen des Ringelrennens nicht gebühret håtte / massen Fürst Herkules mir im selbigen weit überlegen wahr / und muß bekennen / daß [580] ein so vollkommener Meister dieses Spiels mir niemahls vorkommen ist / gestaltsam er nie keinen FehlRitt taht /sondern allemahl das Ringelein sehr künstlich / und bald mit der rechten / bald mit der linken Hand hin weg nam / welches allen Zusehern grosse Belustigung uñ verwundern erweckete; Weil er aber bald anfangs sich bedingete / daß er nicht umb den Preiß / sondern bloß zur Ergetzung mit rennete / habe ich mir den Dank müssen auffdringen lassen. Phraortes der GroßFürst fragete / ob dann dieser Fürst nicht mit gestochen hätte; Nein / antwortete er / dann so viel ich verstund / hatte er neben seinen Gesellen König Ladisla /(welcher so wol als jener / sich nur bloß einen Herrn nennen ließ) das Ritterspiel angestellet / wiewol ihm bald anfangs dieses Stechens ein sehr verwägener Ritter auff Leib und Leben absagen ließ / mit dem er aber ausser den Schranken bald fertig ward / und ihm seines Schwerts Schärffe dergestalt mitteilete / daß ich gerne bekenne / dergleichen Gefecht nie gesehen zuhaben. Er ist noch sehr jung / und hat noch kein Häärlein umb den Mund / wuste sich aber auff der Schau Bühne dermassen ernsthafftig und freundlich zuhalten / daß jederman ihn beydes zulieben und ehren gezwungen ward. Zu seiner Rechten saß ein wunderschönes Fräulein / deren er mit reden gar geheim wahr / und ließ ich mich berichten / daß sie eines sehr vornehmen Römischen Herrn Tochter / und mit König Ladisla Gemahl blutnahe verwand währe /und hätte er sie vor weniger Zeit aus der Hand eines mächtigen Römischen Ritters erlöset / würde sie auch ehistes heyrahten. Diese lezten Worte durchschnitten Herkuliskus das Herz und die Seele dermassen / als ob ein Blitz oder Donnerkeil dadurch gefahren währe / er erbleichete gar im Angesicht / und meynete vor Herzensangst den lezten Geist und Odem auszublasen / so daß die Hände bey ihm nidersunken / uñ das Häupt auf seine rechte Schulder sich neigete; dessen Arbianes wahrnemend / schleunig aufsprang / ihn rüttelte und schüttelte / auch mit einem Glase Wein unter dem Gesichte begoß / daß er endlich wieder zu sich selber kam. Frl. Barsene kunte dasmahl ihre Zuneigung nicht bergen / sondern trat mit hinzu / und fragete mit bewäglicher Stimme / ob ihm eine Machtlosigkeit zustiesse; worauff er sich bald ermunterte / und ihr zur Antwort gab: Er wüste selbst nit eigentlich /wie ihm geschähe / welches die ganze Zeit seines Lebens ihm niemahls begegnet / schämete sich auch fast sehr / in so Hochfürstlicher Geselschafft einige Ungelegenheit zumachen / und gab vor / er müste sich etwa in heutigem Gefechte zu hefftig bemühet haben; baht endlich bey Pharnabazus umb Verzeihung / daß er seine Erzählung gestöret hätte / und hielt fleissig an /sein vorgenommenes auszuführen / wie das Stechen abgelauffen / und ob sein Oheim Herkules das treffliche Fräulein schon geheyrahtet hätte; worin er ihm gerne zuwillen wahr / auch endlich hinzu taht / er hätte Fürst Herkules angeloben müssen / nach geendigter seiner Reise nach Rom / ihm zu Padua zuzusprechen / aber wie er daselbst wieder ankommen /währe die ganze Stad vol traurens gewesen / wegen des Verlusts einer jungen Fräulein / Königs Ladisla Frl. Schwester / welche von Räubern entführet / und von Herkules / Ladisla / und des Stathalters Herrn Fabius Sohn embsig nachgesuchet würde. Herkuliskus bestürzete wegen dieser Rede / fürchtete sich sehr / in Argwohn genommen zuwerden / uñ antwortete als aus grosser Verwunderung: Ach mein Gott! ist dieses allerliebste Fräulein / meine nahe Anverwantin dann auch geraubet worden? jezt erinnere ich mich eines Teutschen Pfaffen unglükliche / aber wie ich vernehme / warhaffte Weissagung / welcher / da [581] ich mit diesem Fräulein einsmahls spielete / zu den anwesenden sagete: Diese beyde werdẽ fast auff eine Zeit verlohren / aber nicht auff eine Zeit wieder gefunden werden; fragte auch fleissig nach / wie lange es wol seyn möchte / daß dem Fräulein solches Unglük zugestossen / uñ ob Herkules und die andern mit starker Geselschafft zur Nachsuchung ausgezogen währẽ. Er antwortete: Die Entführung währe ohngefehr vor vier Monat geschehen; sahe in sein Handbüchlein / und fand / daß es CXIIX Tage währen; meldete nachgehends / daß wie Herr Herkules der Fräulein Verlust erfahren / er wie ein todter Mensch zur Erden niedergesunken währe / daß jederman gemeynet / er hätte sein Leben vor grosser Herzensprast und Angst auffgegeben; nachdem er aber wieder erquicket worden /hätte er ohn genommenen Abscheid sich mit etlichen zu Pferde gesetzet / und X Räuber / die eine gefangene Jungfer von der Fräulein Geselschafft bey sich gehabt / in einem Flecken angetroffen / und sie alle seinem Gesellen übergeben / ohn daß er mit einem Räuber sich zu fusse davon gemacht / umb das Fräulein zu suchen / und wie er ausgeforschet / daß sie nach dem Meer zugeführet worden / ihr alsbald gefolget; sein Geselle aber H. Ladisla und der junge Fabius hätten sich hernach mit zwey ausgerüsteten Schiffen auffgemachet / beydes das Fräulein und ihren Freund Herkules zusuchen / wie mir solches / sagte er / von einem vornehmen Rahtsverwanten zu Padua elzählet. Wie kunte aber mein Oheim Herkules sein geliebtes Römisches Fräulein so verlassen / sagte Herkuliskus /und dieser verlohrnen nachsetzen? dann ob sie gleich nahe verwand / gehet doch ohn Zweifel die Liebe der Blutfreundschafft vor / insonderheit / weil ich versichert weiß / daß er dieser Fräulein sehr wenige Kundschafft hat. Ja / antwortete er / eben aus dieser eiferigen Nachfolge und erzeigeter grosser Traurigkeit hat man eigentlich gemuhtmasset / daß sein Herz einer andern / als dieser Römerin / müsse geschenket seyn; und die runde Warheit zubekennen / gab ich genaue acht auff seine Unterredung / die er auff der SchauBühne mit dem Fräulein führete / merkete aber an ihm durchaus keine solche Blicke / welche den verliebten Geist zuverrahten pflegen. Doch hält dieses Fräulein sich annoch zu Padua auff / mag auch etwas Hoffnung zur künfftigen Heyraht haben / welches ich so eben nicht wissen kan / aber ohn Zweifel ist es / daß sie mit der Böhmischen Jungfer / die ein sehr feines adeliches Bilde von Leibe und Gestalt ist / insonderlicher Freundschafft lebet. Durch diese Reden ward Herkuliskus wieder erquicket / und feindete sich selber an /daß er solche Gedanken von seinem auffrichtigen ergebenen Herkules ihm einbilden können / fassete auch die gewisse Hoffnung der schierkünfftigen Erlösung /weil man in Nachsuchung seiner so embsig wahr /schlug alle Furcht und Gefahr aus dem Sinne / und trug fast Verlangen dem Parther Könige geliefert zuwerden / der festen Zuversicht / dessen Gemüht durch ehrliebende Reden von aller unbillichen Liebe oder anmuhten abzulenken / uñ in Erzeigung seiner Großmühtigkeit und Waffen-Erfahrung / sein weibliches Geschlecht zuverbergen / darinnen er sich aber betrogen fand. Pharnabazus sahe / daß seine Mattigkeit sich geleget hatte / und meynete ihn zu fernerer Erzählung von Herkules Leben anzuführen / aber der GroßFürst befürchtete / es möchte ihm die Ohmacht wieder kommen / und hielt vors beste / daß man sich zur Ruhe begäbe / weil es ohndas zimlich späte / und ihm folgendes Tages viel Geschåffte oblagen; womit das Frauenzimmer wol zufrieden war / ohn daß Frl. Barsene gerne noch etliche Stunden bey ihm hätte sitzen mögen / die in ihrem Gemüte alle gedanken [582] umlauffen ließ / durch wz mittel sie ihm ihre herzliche ehrliebende Zuneigung uñ verliebete Seele zuverstehen gebẽ könte / worauf sie auch die ganze Nacht über bedacht war. Arbianes eriñerte damals seinen geliebten Herkuliskus der heutigẽ anmuhtung / uñ dz er sein Schlafgeselle zu sein sich nit wegern möchte der ihm zur Antwort gab: Er wäre seinẽ Fürsten nach aller mögligkeit auffwärtig / fürchtete aber sehr / demselben hiedurch Ungelegẽheit zu schaffen / angesehen sein getahnes Gelübde ihn verbünde / keine Nacht ausser den täglichen Kleidern zu schlaffen / biß er sehen würde / was eigentlich Gottes Versehung mit ihm vor hätte. Dieser ließ sich dadurch von seinem Vorhaben nicht abwendig machen / so gar / daß er sich er boht /gleichergestalt in seinen Kleidern zu schlaffen / daher Herkuliskus alle entschuldigung benommen ward /und mit ihm nach Bette gehen muste / stellete sich auch / als ob er geschwinde fest eingeschlaffen währe / welches Arbianes von weiterem Gespräche abhielt /weil er ihn in der Ruhe nicht stören wolte / wie wol er aus Herzbrüderlicher Liebe ihn etlichemahl freundlich küssete / auch ihm den Arm unterlegete / in welchem er die halbe Nacht hindurch lage. Des Morgens / da sie vom Schlaffe erwacheten / suchte Arbianes die vertrauliche Freundschafft mit ihm fester zu legen / uñ redete ihn mit diesen Worten an: Ihr mein allerliebster und werdester Freund / ich kan mich nicht gnug verwundern / aus was Ursachen ihr euch so niedrig und unwerd halten möget / da doch eure allernäheste Blutverwanten / Könige und GroßFürsten sind / woraus dann Sonnen klar erscheinet / daß ihr eben des Standes seyn müsset; so gelanget demnach an euch mein freundliches Ersuchen / mich hinfüro mit hohen Ehren-benahmungen nicht zu beschweren / wie gestriges tages mit meinem Verdrus geschehen ist. Meine herzliche Zuneigung gegen euch an den Tag zugeben /kan ich durchaus nicht umbhin / welcher LiebesBrunnen die Gedanken meiner Seele durch der ZungenDienst aus dem innersten hervor treibet / daß ich bey euch Ansuchung zu tuhn gezwungen werde / mich forthin vor einen Bruder auffzunehmẽ (weil ihr ja von meiner Fr. Mutter vor einen Sohn erwählet seid / und vor einen solchen Verbundenen mich zu halten) der hiemit äidlich verspricht / sein Leib und Leben / und alles was ich irgend bin uñ vermag / ohn einige Bedingung oder Außnahme zu eurem besten anzuwenden. Wann ihr nun nicht die Ursach meiner stetswehrenden Traurigkeit und betrübnis sein wollet / werdet ihr meine getahne Bitte bey euch Stat und Raum finden lassen. Herkuliskus wahr aus allen seinen Handlungẽ gnug versichert / dz er nichts ertichtetes redete /wolte sich auch nicht unhöfflich gegen ihn stellen /noch sein Ansuchen abschlagen / und antwortete ihm also: Ach mein allerliebster Fürst / und herzengewogener Freund; mit was Diensterweisungen kan oder sol ich immer und ewig diese hohe angebohtene Gunst ersetzen / welche recht zubetrachten / mein Gemüht viel zu unverständig / mein Herz viel zu blöde ist; muß demnach ich die Vergeltung bloß allein von Gott erbitten / welcher dañ ohn zweiffel diese mir armen geraubeten Jüngling erwiesene Gnade zubezahlen sich wird finden lassen. So viel meinen Stand betrifft / wird derselbe zwar in meinem Vaterlande Fürsten gleich gehalten / weil mein Vater ein gewaltiger Feldherr über mehr als 100000 Mann wahr wie wol der Geburt nach nur Herren-standes / wie etwa Herr Mazeus / dabey ich doch nicht leugne / daß meine Fr. Mutter des mächtigsten GroßFürsten der Teutschen eheleibliche Tochter ist. Aber gesetzet / ich währe mit meinem allerliebsten Fürsten gleiches Standes; bin ich dann [583] nicht ein armer geraubeter Knabe / von den meinen so weit entfernet / daß meine Heimführung niemande als dem Alwaltigen Gott möglich ist? doch weil unangesehẽ meines Elendes / mein gnädigster GroßFürst und Herr / Herr Phraortes mir so hohe Gnade wiederfahren lässet / daß er mich als einen Fürsten hålt / und meine gnädigste GroßFürstin sich mir zur Mutter angebohten / muß ich dann nicht hin wiederumb / nicht allein deren Durchleuchtigkeiten /sondern auch ihrem wirdigen Sohn die gebühliche Ehre bezeigen? Mein Fürst beut meiner Unwirdigkeit den liebreichen Bruder Nahmen an: O währe ich in dem Stande / daß denselben anzunehmen ich in etwas nur möchte bestand seyn! von Brüderlicher Bewågung / die mich zu meinem Fürsten hinreisset / ist mein Herz auffgequollen / sol auch in meiner Seele beståndig verbleiben / wann sie schon von dem Leibe als ihrer kümmerlichen Herberge frey und loß seyn wird; unterdessen aber gönne mir mein Fürst / bitte ich sehr / ihn zum wenigsten nur in anderer Leute Gegenwart gebührlich zu ehren / daß nicht durch dessen unterlassung ich von andern unhöfflich angesehen werden /und daher in verachtung fallen möge; wann als dañ meinem werten Fürsten es also gefället / ihm / da wir ohn auffmerker allein seyn / den süssen Brudernahmen mit der Zungen zuzulegen / den das Herz ohn auffhören außruffet / wil ich gerne und willig gehorsamen. Auff dieses Erbieten umbfing ihn Arbianes Brüderlich / und schwuren einer dem andern alle mögliche Träue / als lange sie an beyden Seiten (welches Herkuliskus nicht ohn Ursach hinzu taht) der wahren Fürstlichen Tugend sich befleissigen würden. Worauff Arbianes einen schweren Seufzen ließ / und mit trähnenden Augen zu ihm sagete: O mein trauten Brüderchen / wie ängstet sich meine Seele / daß ich des vermögens nicht bin / eure Lieferung nach Charas zu hindern; doch werde ich noch mannichen gedanken fassen / ob ich etwas darzwischen werffen möchte. Stille stille mein allerliebster Fürst und Bruder / antwortete er / und lasset bey Leib und Leben euch solches Vornehmens nicht gelüsten; dann hat Gott es also beschlossen / je warumb solte ich mich dann wegern / dem grossen Könige mich darzustellen? wer weis / ob er nicht noch Mitleiden mit mir hat / wann er meines Unfals berichtet wird? ist aber alle Liebe zur Tugend und Erbarkeit in ihm erloschen / weis ich doch noch ein Mittel mich von seiner Greuligkeit loßzubrechen. Nicht destoweniger gehe es nach Gottes Willen / ich bleibe von Charas nicht hinweg / nachdem ich einmahl vernommen / daß eurem H. Vater einige Gefahr auff meiner nicht-Lieferung stehen könte; daher wird mein Fürst und Bruder die Befoderung tuhn / daß ich ehist dahin geführet werde; dann je zeitiger ich dahin komme / je früher ich diesen lieben Ort besuchen kan. Arbianes wünschete hierauff / daß er mit zihen / und einerley Glük und Gefahr mit ihm gemein haben möchte / jedoch wolte er die Tage seiner Anwesenheit nicht kürzen lassen / die sein H. Vater ihm gestriges tages versprochen / gelebete auch der Hoffnung / er selbst würde ihm diese kurze Zeit seiner Glükseligkeit gönnen. Machten sich hiemit von ihrem Lager auff / und gingen nach dem grossen Gast-Saal /woselbst das Frauenzimmer ihr Gespräch von Herkuliskus führete / und dessen nicht eins werden kunten /ob Schönheit / oder Verstand / oder Liebe zur Tugend / oder Freundligkeit / oder Waffens erfahrenheit / oder der unüberwindliche Muht am meisten an ihm zu rühmen währe. Als er zum Gemache hinein trat / und vor erst der GroßFürstin / nachgehends Fr. Roxanen und Frl. Barsenen die Hände mit sonderlicher Anmuhtigkeit küssete / [584] ward er nicht anders als ein Sohn uñ Bruder empfangen / wie wol das Fräulein ihm den Bråutigams Nahmen am liebsten gegeben hätte; nam ihr auch gänzlich vor / bey erster Gelegenheit ihm die Rede vorzutragen / welche sie diese Nacht außgesinnet hatte / welches aber diesen Tag sich nicht fugen wolte / aber des nähstfolgenden glückete es ihr / daß sie auff einem Umgange sich bey ihm allein befand /weil Arbianes von seinem Herr Vater weg gefodert ward / fing demnach mit schamhafftigen Geberden folgende bewägliche Rede an: Wann die Liebe durch Tugend erwecket / der ganzen erbaren Welt wol anstehet / kan ich meine Gedanken dessen nimmermehr bereden / daß in tieffer Nachsiñung euer volko enheiten sie einigen Verweiß verdienen mögen / es währe dann / daß allein Barsene in dem sündigte /was andern als gut und löblich außgeleget wird; weil aber dieses eine unwitzige Furcht seyn wolte / scheuhe ich mich nicht zu bekennen / daß der göttliche Herkuliskus seiner Barsenen Herz durch alles was an ihm ruhmwirdig ist / ihm dergestalt zu eigen verbundẽ hat / daß ihr der Tod angenehmer / als die Vermeidung seiner Gegenwart seyn würde / dessen sie doch keines so gar zeitig hoffet. Versichert euch / mein in ehrẽ höchstgeliebter freund / das mein Herz sider des grimmigen Tihrs Erlegung ohngeruhet bemühet ist / wie durch eine Wiedergeltung meines dazumahl erhaltenen Lebens ich anzeige tuhn möge / wie bereitwillig ich bin / meinem Erretter dankbar zu seyn / so dz auch sein Leben und was dem anhängig ist / der instehendẽ gefahr entrissen werde; zwar durch Krafft uñ Stärcke vermag ich weniger als nichts / wiewol mein Gemüht fast nicht zweiffelt / ein Mittel erfunden zuhaben / durch welches mein teurer Herkuliskus nicht allein bey Mañheit / Ehr / und Leben bleibe / sondern auch bey seiner geliebten Fr. Mutter frisch und gesund anlange. Wovor ich ihn vor seinem Bette neulicher Zeit gewarnet / ist leider mehr als gewiß zubefahren / dann aus was vor Ursachen wolte man ihn dem unzüchtigen Könige sonst zuführen? Töchter und Nifftel hat er nicht / die man ihm zu verheyrahten gedächte / sondern der Zweg dahin mit ihm gezielet wird / ist Laster und Schande / dessen schnödes Werkzeug er wird wieder seinen Dank und Willen seyn müssen. Nun ist der gerechten Römer Gebiet nicht sogar weit von hinnen / welches wir in wenig Tagen mit schnellen Pferden erreichen können / uñ ich den richtigsten Wegweiser mit verheissung einer Anzahl Kronen bald zu wege bringen wil. Mein allersüssester Freund wolle nur sein Herz ansprechen / ob dasselbe mir die Herberge einer stetsbleibenden Ehefreundin gönnen und geben kan / alsdann getraue ich den Göttern / sie sollen mit uns reiten / und unsern Pferden die Sporen geben / in solcher Sicherheit und Beschirmung / wie solches eure Volkommenheit und meine herzliche Liebe verdienet. Dafern aber meinem Freunde weder der Anschlag noch die Bedingung gefället / wird er zum wenigsten hieraus ein Zeichen fassen / daß zu vergeltung der mir geleisteten LebensRettung ich nichts zu sparen gemeinet bin / wodurch ihm einiger Weise angenehme Freundschafft kan erzeiget werdẽ. Herkuliskus hätte sich einer solchen Erklårung nimmermehr versehen / daher er sich auff eine Antwort so schleunig nicht besinnen kunte / jedoch sie zu keiner Verzweiffelung oder Wiederwillen zu reitzen / umbfing er sie mit beyden Armen / boht ihr auch unterschiedliche züchtige Küsse / und bedankete sich herzlich der hohen ehrliebenden Zuneigung / die er mit einer solchen Liebe zuersetzen äidlich angelobete / welche nimmermehr fehlen solte / so viel in seinem Vermögen währe; wolte demnach hiemit versprechen / [585] sie vor seine stets bleibende herzens Freundin zu halten / nur daß sie nicht im ungleichen verstehen möchte / dz auff getahnen Vorschlag er nicht alsbald Antwort gäbe / weil der Sachen Wichtigkeit eine kurze Bedenkzeit erforderte. Er wolte weiter reden /hätte sich auch fast erkühnet ihr sein weibliches Geschlecht zu entdecken; weil er aber Fr. Roxanen he zu nahen sahe / (welches ihm sehr lieb wahr) gab er seiner Rede die Endschafft / mit versprechung gegen Abend sich völlig herauszulassen. Fr. Roxane hatte daß Herzen und Küssen dieser beyden ohngefehr durch ein Fenster gesehen / wobey ihr nicht so gar wol wahr / weil sie sich einer ungebührlichen Liebe zwischen ihnen vermuhtete / welches sie doch ihrer keinem zuschreiben durffte / und daher in zweiffel stund / ob sie sich ihrer Wissenheit solte merken lassen; redete anfangs mit beyden freundlich / biß Herkuliskus Abscheid nam / da erinnerte sie ihre Frl. Schwester / es pflegte bey fremden Argwohn zuerwecken / wann die Fräulein mit Mannesbildern allein umbgingen / zwar sie hätte deßwegen gar keine Sorge / aber böse Nachrede zu meiden müste man sich offt mich in diesem mässigen / welches an sich nicht ärgerlich währe / weil es böse Mäuler ungleich außdeuten könten. Das Fräulein befand sich durch diese Züchtigung in etwas beleidiget / verschmerzete es doch / mit Vowendung / sie gläubete nicht / daß jemand hierdurch könte geärgert werden / was zwischen ihnen vorgangen währe; wolte sich doch ihrer Erinnerung schon wissen gemåß zuverhalten / und dabey dañoch der gebührlichen Höffligkeit nicht vergessen /durch welche sie gehalten währe / von redlichen Leuten nicht bäurisch hinweg zulauffen / welche sie unter dem freien Himmel zusprechen begehreten; wie sie dann diesem Tugendhafften züchtigen Jünglinge /wegen ihres Lebens Errettung vor dem Tiger / noch wol schuldig währe / seine Reden anzuhören / welche auff nichts als Erbarkeit zieleten. Ihre Schwester wolte sich mit ihr nicht zweien / fassete sie bey der Hand / und ging mit ihr zu der GroßFürstin / auff deren Zimmer sie ingesamt den ganzen Tag / mit mancherley Spiel zubrachten / weil der GroßFürst und Pharnabazus mit geheimen wichtigen Händeln beschäfftiget / erst zur Abendmahlzeit sich einstelleten /nach deren Endigung Herkuliskus das Fräulein haussen vorm Gemache allein antraff / da er nach gegebenem Kusse zu ihr sagete: Hochwertes Herzgeliebtes Fräulein / ich wiederhohle nochmahs / daß mein Unvermögen ihre hohe mir erzeigete Gewogenheit nimmermehr vergelten kan / ob ich mich ihr gleich zum untrenlichen Freunde geliefert und äidlich verbunden habe. Ihren heutigen Vorschlag liesse ich mir gerne mit gefallen / zweifele auch fast nicht / er dürffte glüklich von statten gehen / dafern solches unser Glük nicht anderer Leute / und zwar unserer besten Freunde gewisses Unglük und Verderben nach sich führete /gestaltsam der grosse König Artabanus ungezweiffelt davor halten würde / es währe unsere Flucht mit des GroßFürsten Vorbewust und einwilligung vorgenommen / worüber er in Land- und Lebensgefahr gerahten würde; zugeschweigen / daß der GroßFürst nicht anders muhtmassen könte / als Herr Mazeus hätte unsers tuhns gute Wissenschaft / oder zum wenigsten dessen Gemahl / eure Fr. Schwester. Was vor Unheil nun denen hieraus erwachsen würde / ist unschwer zuerrahten. Weil ich aber tausendmahl lieber sterben /als zu solchem Ubel Ursach geben wolte / müssen wir unsern Rahtschlag nohtwendig endern / und die Reise nach Charas einwilligen / daß ich dem Könige dargestellet werde; da ich dann meinem Herzgeliebten Fräulein teur versprechen wil / aus diesen Ländern nicht [586] zuscheiden / als mit ihrem guten Willen und volkommener Erlaubniß. Solte sie aber wegen der vor Augen schwebenden Gefahr meiner Ehren / und was dem anhängig / in einiger Furcht stehen / so versichere ich sie bey dem heut geschwornen äide / daß ich ungezweifelte Mittel weiß / mich davon loßzubrechen / welche mir entweder gerahten müssen / oder der schandbahre König sol mir sein Leben lassen / ehe und bevor ichtwas ungebührliches an mir verrichtet wird. Das verliebete Fräulein / da sie sahe / daß er sich nicht wolte abschrecken lassen / wolte ihn dannoch ihrer Liebe versichern / uñ durch einen äid versprechen / ihr Herz nimmermehr keinem andern als ihm zuzuwenden / welches Herkuliskus merkend / ihr in die rede fiel / und sie durch Gott baht / damit einzuhalten / weil er ihrer herzlichen geträuen Liebe schon gnug vergewissert währe / daß sie also mitten in der Rede abbrach / und ihr vornehmẽ nicht vollführete. Es hatte aber Pharnabazus des vorigen Tages eine sonderliche Gunst diesem Fråulein zugewendet /dessen er sich gleichwol nicht merken ließ / und ging die GroßFürstin eben mit den Gedanken umb / sie ihm zufreyen. Inzwischen wuste der verschlagene Herkuliskus sich allerseits in die Possen zuschicken /indem er sich an diesem Orte teils vergeblich von dem Fräulein / teils ungenehm von Arbianes muste lieben lassen; dann dieses Schlaffgeselle zuseyn / war ihm nicht allein zuwider / sondern fürchtete sich fast /ihren geliebten Bräutigam dadurch zubeleidigen /oder doch dermahleins bösen Verdacht und schlimme Nachrede zuerwecken.

Unterdessen reisete Ladisla mit seinen Gefärten und Dienern frisch fort nach dem Parther Lande zu; dann da sie von Seleuzia abschieden / gingen sie gar sicher und unangefochtẽ biß an den Eufrat / da sie in Mesopotamien kahmen / und zween Tage ohn Hindernis fortzogen; Am dritten Tage aber sahen sie sechs gewaltige grosse Ritter auff starken Hengstẽ gerade auff sie zu reiten / da Ladisla zu Fabius sagte: Geliebter Bruder / es scheinet fast / ob wolten uns jene Landsknechte rechtfertigen / werden uns demnach in etwas vorzusehen haben / befahl auch den Dienern /das Gewehr fertig zuhalten / und auff Begebenheit /ihren Herren frisch nachzufolgen / doch / daß Mardus der Dolmetscher / weil er unbewapnet war / und solcher Spiele ungeübet / sich des Streites enthalten solte. Je nåher jene sechse an sie kahmen / je mehr sich die unsern über ihrer Leibes-grösse verwunderten / und vermuhteten sich eines harten Puffes / dessen sie sich doch wenig entsetzeten / schicketen auch Mardus an sie / umb zufragen / wie weit sie noch zu einer Stad hätten / weil sie fremde und des Weges unerfahren währen; dem sie aber keinen Bescheid erteileten /sondern kurzumb zuwissen begehreten / was vor Leute sie währen / wohin sie gedächten / und woher sie kämen. Ladisla / dem dieser Frevel zu Häupte stieg / antwortete durch den Dolmetscher / ihre Reise währe eilig / daß sie nicht der Zeit håtten / langwieriges Gespräch zuführen / achteten sich auch nit schuldig es zubeantworten / weil man sie ihrer ersten Frage nicht vergnügen wolte. Hiemit war dem Tanze schon gnug gepfiffen / massen diese ungeheure Rulande solche trotzige Reden / wie sie es auslegeten / nicht verschmerzen kunten / griffen demnach zun Schwertern /und sageten: weil ihnen dann die Reise so eilig währe / wolten sie ihnen den Weg kurz gnug machen; befahlen ihren sechs Knechten stille zuhalten / und fielen ohn ferner Wortwechseln einmühtig auff die unsern an / welche ihr Gewehr auch nicht lange in der Scheide stecken liessen / und gnug zuvernehmen gaben /daß sie nicht willens währen / ihr Blut wolfeil zuverkauffen / [587] weil sie ohndas an der Zahl sich gleich schätzeten / nicht anders gedenkend / ihre Diener würden ihre Schuldigkeit betrachten / und zugleich mit auff den Feind ansetzen; worin sie sich aber zeitig betrogen funden; dann diese ungeträue Buben hielten anfangs stille / uñ sahen dem Gefechte nur zu / unter der Hoffnung / es solten ihre Herren bald den kürzern zihen; als aber unsere drey Helden diesen sechsen gewachsen wahren / und sich mit ihnen dergestalt umtrieben / dz deren zween im ersten Anfall zimlich verwundet wurden / begaben sich der unsern Diener gar auff Feindes seite / und schlugen auff ihre eigene Herren ungescheuhet mit zu; worüber Ladisla sich so hefftig erzürnete / daß er / ungeachtet aller Gefahr /sich an seinen meinäidigen Diener machete / uñ ihm das Häupt vom Rumpfe glat hinweg schlug / stund auch nicht lange an / daß er dem vornehmsten von den Gewalttähtern einen Stoß zwischen die Rippen gab /daß er vom Pferde stürzete. Fabius schämete sich /daß er noch keinen nidergelegt hatte / und wagete sich an den einen so eiferig / daß er ihm durch den Helm das Angesicht auffspaltete / daß er ohnmåchtig vom Pferde fiel. Inzwischen hatte Leches auch seinem Knechte gelohnet / und ihm die rechte Faust hinweg gehauen / daß er vom Pferde steigen / und unter einen Baum sich nidersetzen muste; da Mardus der gefelleten Diener Pferde / als die mit Golde und Kleinoten zimlich beladen wahren / derweile fleissig hütete /mochte vielleicht gedenken / es siegete einer oder ander / könte er ihm doch durch diesen Dienst Freunde machen. Es stelleten sich die übrigen vier Parther überaus grimmig / daß diese drey ihrer Haut sich so lange erwehreten / uñ dräueten ihnen mit erschreklicher Stimme die grausamste Pein / welches die unsern / weil sie es nicht verstunden / nicht beantworteten /ohn mit den Schwertern / welche sie nicht feyren liessen / so daß Ladisla in kurzer Zeit noch einen zu bodem legete. Der Parther sechs Knechte sahen / daß schon drey von ihren Herren gestenzet wahren / daher einer unter ihnen anfing: Wir müssen sehen lassen /dz wir geträuer dienen als jene / die zu unsern Herren übergetreten sind / welches ihnen doch übel gelungen / und müssen jene drey gewißlich lebendige Teuffel aus der Helle seyn / sonst währe ihnen unmöglich /einer solchen Gewalt zuwiderstehen / welche sie / wo wirs nicht verhindern / in kurzem gar brechen dürfften; Zween seiner Mitknechte gaben ihm recht / wahren auch schon fertig / ihre Herren teils zurächen /teils zuretten; aber die anderen drey widersetzten sich diesen / einwendend / es währe schon mehr als schelmisch von ihren Herren gefochten / dz sie nicht allein in grösser Anzahl die fremden ohn ursach überfallen /sondern deren schelmichtẽ Diener ihres Beystand sich gebraucht hätten / welche Bosheit / wie vor Augen stünde / der Himmel nicht wolte ungestraffet lassen; solten demnach diese sich stille einhalten / oder sie wolten ihnen so viel zuschaffen geben / daß sie des unritterlichen Entsatzes bald vergessen solten. Weil dann diese drey auffrichtige Männer (welche Römische Untertahnen / und ihrẽ Herren aus Zwang dieneten) in Waffen ungleich besser erfahren wahren als die andern / erhielten sie durch ihre Dräuworte / daß sie sich eines andern bedachten. Fabius sahe / daß sein annoch übriger Knecht ausreissen wolte / und gedachte ihm den garaus zumachen / welcher aber vom Pferde sprang / in die nähesten Hecken kroch / und hiedurch sein Leben errettete / Fabius aber wieder umkehrete / und seinen Gesellen Hülffe leistete / daß es nunmehr einen gleichen Streit gab / drey wider drey; glückete auch Leches so wol / daß er mit seinem Manne zuerst fertig ward. Weil er nun wuste / daß weder Ladisla noch Fabius seinen Beystand [588] zulassen würde / fing er des abgestrichenen Knechtes Pferd auff / band es an einen Baum / und machte sich hin nach den sechs Dienern; da die drey redlichen ihm der andern Vorhaben anzeigeten / und er darauf denen befahl / von den Pferden zusteigen / und das Gewehr von sich zutuhn / worzu sie / als übermannet / willig wahren. Er rühmete auch der andern auffrichtiges ritterliche Gemüht / und versprach ihnen gute Belohnung; hieß hernach Mardus den Streitenden näher zureiten / umb zuvernehmen / ob die Feinde umb Gnade bitten würden; welches ihnen Ladisla gerne / Fabius wider seinen Willen gönnete / uñ muste sie der Dolmetscher fragen / aus was ursachen sie diese Feindseligkeit geübet / da sie doch fremde wären / und ihnen nie kein Leid angetahn. Diese gaben zur Antwort / sie hätten ihre Bescheids-wegerung vor eine Beschimpffung gehalten / und währen von ihren drey Dienern mit Hand- und Häuptwinken angereizet / den Streit anzufahen / woraus sie leicht die Rechnung machen können / daß grosse Schätze bey ihnen verhanden wären / deren diese mit zugeniessen hoffeten. Leches verwundeter Knecht muste solches gestehen / und daß sie etliche mahl willens gewesen / ihre eigene Herren zuermorden / da es ihnen bloß an der Gelegenheit gefählet. Die beyden Parther hielten unterdessen auff Pferden / und ran dz Blut hauffenweise von ihnen /dann sie währen tödlich verwundet / daß auch der eine / ehe man sichs versahe / vom Pferde stürzete / und seinen Geist auffgab; daher der lezte sich Sterbens erwog / wolte aber streitend gefellet seyn / und fiel mit hefftigem wüten auff Fabius an / als welcher ihn dergestalt zugerichtet hatte / ward doch mit wenig Streichen getroffen / dz ihm der Helm vom Häupte sprang / und man sein greuliches Gesicht bloß sehen kunte / an dem sie alle abscheuh hatten / daß auch Fabius sagte: Es währe vor der erbaren Welt nicht zuverantworten / daß man dergleichen Unholden leben liesse; mit welchem Worte er ihm dz Häupt abschlug. Als dieser gefellet wahr / kam der zuerst verwundete wieder zu sich selbst / richtete sich auff / und ward gewahr / daß alle seine Gesellen herunter geschlagen waren / uñ auff der Erden gestrekt lagen / dagegen unsere Helden noch frisch und unverwundet auff ihren Pferden sassen; legete deswegen seinen Helm ab / und sagte: Er möchte dieser Ritter Erkäntniß gerne haben /die über menschliches vermögen gefochten / und drey gegen neune das Feld erstritten hätten. Die unsern wolten ihm hierin zuwillen seyn / entblösseten ihre Häupter / und liessen ihre Angesichter sehen; welche dieser Parther so jung und zierlich schauend / sich nicht anders geberdete / ob wolte er rasend werden /sagte auch mit grimmigẽ Worten: Dafern ihr Menschen und nicht Götter seyd / bin ich nicht werd / daß ich jemals Harnisch geführet / weil euch alle drey mit meiner Faust zuerwürgen ich zu schwach gewesen bin. Ladisla / der keine Beschimpffung leiden kunte /stieg vom Pferde / reichte diesem ein Schwert und sagete: Nun must du mir deine Manheit in der Taht beweisen / oder als ein verzagter ohn Gegenwehr nidergehauen werden. Es wahr aber so ein ungleiches Paar / da sie zu fusse bey einander stunden / daß Ladisla wie etwa ein vierzehnjähriger Knabe gegen ihn schien / daher ihm dieser die unfehlbare Rechnung machte /er wolte ihn im ersten Angrif zur Erden legen; befand sich aber heßlich betrogen / dann wie er sich nach wenig Streichẽ verhieb / und ihm Ladisla ausweich /bekam er zur Wiederkehr einen solchen Schlag auf den rechten Arm / daß ihm das Schwert aus der Faust fiel / und das Blut aus den geöffneten Adern ins Angesicht sprützete / Ladisla aber zu ihm trat / ihm den Helm abreiß / und durch seinen [589] Dolmetscher zu ihm sagete: Meynest du unbendiges Tihr / daß ein ungeschikter Klotz von einer leichten Holz Axt nicht könne nidergehauen werden? Ja ich empfinde / antwortete dieser / dz die Götter mich gar verlassen haben / sonst müstestu mir so leicht als ein Schos-Hündichen seyn; darumb gebrauche dich deines Glüks / und vollende / was du vorhast. Ladisla aber sagte: Es müste mir leid seyn / daß mit solchem unreinen Drek ich mich weiter beschmitzete; reichte Mardus das Schwert hin / der ihn den Schedel herunter schlug; welches der von Fabius im Angesicht verwundete mit Schmerzen ansahe / und sich mit seinem eigenen Dolche erstach / da Leches seinem Knechte unter dem Baume den leztẽ Lohn gab / wahr ihnen aber leid / daß Fabius Diener davon kommen war /der ihnen etwa Gefahr bereiten könte. Sie foderten der erschlagenen Parther sechs Diener vor sich / da die drey redliche anzeigeten / sie währen Bürger und Inwohner der Stad Damaskus / und von diesen ihren vorigen Herren gefangen / welche sie zu dienen gezwungen hätten / bahten sehr um Freylassung / und meldeten an / daß ihre niedergelegte Herren von dem Parther Könige vor KriegsObristen bestellet währen /umb in der nähesten Stad (daraus unsere Helden vor vier Stunden geritten wahren) 4 Tonnen Goldes behueff ihrer Werbung zu heben. Leches besuchte die Erschlagenen / fand sehr köstliche Kleinot bey ihnen und ihren Dienern in Wetschern / auff 120000 Kronen wert / dabey einen offenen Wechsel wegen der obgedachten Gelder / wurden deswegen zuraht / die drey mördliche Diener alsbald niderzumachen / damit sie von ihnen nicht verrahten wůrden / nachgehends zurük nach der Stad zu reiten / und die WechselGelder zuheben / welches ihnen glüklich geriet / bestelleten auch daselbst drey Knechte / die ungewapnet dienen / ihrer Pferde warten / und jeder / wie auch Mardus einen beladenen MaulEsel an der Hand führen musten; den dreyen Damaskern aber schenkten sie 36000 Kronen / und liessen sie ihres Weges reiten /eileten sonst sehr auf dem Wege / daß sie den Tigerfluß hinter sich legen möchten / und wie sie denselben auff eine Stunde erreichet hatten / wurden sie von beyden Seiten her angesprenget / merketen auch / daß der Räuber eine zimliche Anzahl im Gehölze verstecket wahr / daher Ladisla dem Dolmetscher befahl / etwas hinter sich zureiten / und sein hellschallendes Hörnlein zublasen / hernach so bald solches geschehen /ihnen Spornstreichs zufolgen; welcher Anschlag so glüklich gerieht / daß die Räuber alle sich verstecketen / und nicht anders meyneten / es währe eine grosse Anzahl dahinden / deswegen sie sich zurük zogen /und den unsern freyen Durchzug liessen / daß sie in guter Sicherheit über den Tigerfluß gingen / und nicht ferne von dannen in eine grosse Kauffstad Assyrischen Landes ankahmen / sich in eine Herberge legeten / und auff Geselschafft warteten mit deren sie wegen Unsicherheit der vielen Räuber ungeschlagen durchkommen möchten.

Inzwischen brach Valikules von Tyrus auff nach Damaskus zu reisen / weil ihm sein Wirt nachrichtung gab / welches Weges die Parthischen Herren gezogen währen / wolte sich aber seines an die Römische Beamten erteileten Schreibens nicht gebrauchen / sondern hielt sich an allen Orten ungemeldet / biß er nach Damaskus kam / woselbst er dem Römischen Stathalter Herrn Sulpizius / den Gruß von seinem Oheim Herrn Pompejus anmeldete und nach auffgelegtem Schreiben Fürstlich empfangen ward / nicht anders /als ob des Käysers nähester Anverwanter ankommen währe muste auch wieder seinen willen [590] drey Nacht daselbst verharren / und weil er in gute Kundschafft mit ihm geriet / legte er den grösten Theil seiner Barschafften bey ihm nieder / nahm die angebohtene Begleitung von dreyssig Pferden zu sich / und zog in guter Sicherheit über den Eufrat in Mesopotamien /da er in der nähesten Stad einen versamleten Hauffen /LIII stark antraf / die sich mit Gewehr auffs beste versehen hatten / und einen Häuptmann unter sich auffworffen / welcher ein grosser ansehnlicher aber sehr verzagter Mensch wahr. Er gab sich mit in ihre Geselschafft / mit dem erbieten / lieb und leid mit ihnen auszustehen / und da sie loßbrachen / wunderte er sich der ungeschiklichen Ordnung / welche dieser Großpraler ihr Hauptmann bey dem Fortzuge anstellete / in dem er die Kauffmans Wagen und Karren voraußgehen ließ / und sich mitten unter dem Hauffen versteckete / da er in der besten Sicherheit zu seyn vermeinete; da wieder er aber nichts reden wolte / als lange er sahe / daß keine Gefahr verhanden wahr / nur daß er in allem Glimpf erinnerte / er hielte es vor rahtsam /daß die Wagen und Karren fein in die mitte genommen würden / und die zu Fusse dabey lauffende (deren XXV wahren) mit ihren Pfeilen sich darzwischen setzeten / alsdann wůrde man auff allem Fall die Waaren beschützen und den Anfal abhalten köñen; dessen ihr Hauptman lachete / und zur Antwort gab; er hätte so manniche Reise getahn / währe auch mehr als einmahl in Scharmützeln wieder die Räuber gestanden / und bedürfte dergleichen junger unerfahrner Rahtgeber nicht / es möchte Valikules sich umb seine Haut bekümmern / weil er bey den Gütern nichts zuverlieren hätte. Dieser als ein verständiger fraß solches geduldig in sich / weil er nicht wuste / wessen er sich zu den übrigen zuversehen hätte / gedachte es doch auff Begebenheit zu ahnen / worzu es folgendes tages gute Gelegenheit gab / da eine Räuberische Schaar LXXX Reuter stark ihrer von ferne gewahr wurden / welche auch unser Held zeitig ins Gesicht bekam / daher er seine Gefärten fragete / ob sie willens währen frisch zu fechten / wo sie angegriffen würden / alsdann wolte er daß seine mit dabey tuhn / ungeachtet er mit sehr guten Freibrieffen versehen währe / auch keine eigene Güter beschützen dürffte. Worauff ihr Hauptman ihm antwortete; es stünde ihm frey zu fechten oder zu ruhen / und ob er sich seiner gelben Haar fürchtete / kähme es umb ihn nicht zu / so grauete ihm gar wenig vor jenen Weibischen Räubern / weil er einen jeden in seiner Geselschafft besser / als jener drey schätzete. Valikules sahe / daß es unzeitig wahr /mit dem Narren zu zanken / taht als hörete ers nicht /und ermahnete die andern / daß sie ihr Gewehr fertig hielten und die Glieder fest setzeten / alsdann solte es mit GottesHülffe keine Noht haben; er sähe schon daß der Gegenteil sich gefast machte / auff sie loßzugehen / und müste man sich zur Gegenwehr schicken. Worauff die Geselschafft sich ermunterte / und ihm versprachen / Leib und Leben zu wagen / und einem guten Vorgänger zu folgen; welches alles er gerne vernam / uñ zu dem verordenten Hauptman sagete: Mein Freund / ihr werdet euch eures Amts eriñern /dann hie wil es mit hönischen Worten trauen nicht außgerichtet seyn; demnach erwählet euch eine Schaar / denen ihr am meisten trauet / und fanget mit deren Beystand den Streit an / da man uns Gewalt anlegen wolte / ich wil helffen so viel ich gelernet habe. Der stolze Kleinot-Händeler empfand diese eriñerung sehr hoch / und durffte sich schimpflicher Dräuworte vernehmen lassen; er aber ermahnete ihn / daß er ja nicht durch innerliche Empörung die ganze Geselschafft in Gefahr setzete / hätte er aber / [591] nach dem diese Feinde wůrden gedämpffet seyn / auff ihn zusprechen / und er von der löblichen Geselschafft dessen Urlaub hätte /solte ihm schon zur Gnüge begegnet werden; vor dißmahl müste man bedenken / was vor Antwort den Abgefertigten / die dort herkähmen / solte erteilet werden. Laß sie ankommen / antwortete dieser / ich wil ihnen die Antwort mit der Faust und nicht mit der Zunge geben. Er hingegen baht die Geselschafft höchlich / sie möchten zu ihrer eigenen Wolfahrt ihrem Hauptman einreden / damit er durch unbesonnene Frecheit nicht Unglük anrichtete; man müste den Feind nicht verachten / insonderheit da er an Mannheit überlegen / und wie sichs ansehen liesse / in Waffen wolgeübet währe / hielte auch davor / es würde gut seyn / daß man den herzunahenden Abgeordenten mit höfflicher Antwort begegnete. Die Geselschaft ließ ihr solches wol gefallen / aber ihr Führer grimgramsete / ob er sich von so einem jungen unerfahrnen Menschen solte unterweisen lassen; es währe ihm von allen Anwesenden die Häuptmanschafft einhellig auffgetragẽ / und wolte er schon wissen / diesen Schimpf zu gelegener Zeit zu rächen. Wol wol / antwortete er / und lasset uns nur in dieser algemeinen Gefahr gute Freunde seyn / hernach solt ihr alles finden was ihr suchet. Ritte darauff mit seinem Dolmetscher Plautus und vier frischen jungen Kauffleuten den Abgeschikten entgegen / uñ hörete von ihnen diese Werbung an: Sie währen von jener ädlen ritterlichen Geselschafft abgeordnet / umb zu vernehmen /was vor Leute sie währen / und wessen sie sich zu ihnen versehen solten / auch ob Kauffleute sich unter ihnẽ fůnden / die mit ritterlichem Gewehr / wieder ihren Stand sich außgerüstet hätten / darauff begehreten sie insonderheit Erklärung / daß sie den ihrigen eine richtige Antwort hinterbringen könten. Der stolze Kleinot-Händler kam herzu gerant / in Meynung / sie mit hochmuhtigen Worten abzuschrecken; aber Valikules kam ihm zuvor / und sagte: Seid gebehten / und gönnet uns eine geringe frist / daß wir uns einer Antwort vergleichen mögen: Und als sie dessen zu frieden wahren / begehrete er von seiner Geselschafft zu wissen / was die Ursach währe / das sie absonderlich nach Kauffleuten frageten; und vernam / daß die Räuber vor erst aus Liebe zur Beute solches wissen wolten / hernach / weil sie nicht leiden könten / daß Kauffleute mit Wehr und Waffen sich zum Schuz gefasset hielten. Seid ihr dann der festen Meynung /sagte Valikules / euch redlich und geherzt zu wehren /so wil ich geträuen Beystand leisten / wo nicht / weiß ich schon Mittel / mich samt meinen Dienern als ein Gesanter durchzubringen: weil sie sich nun erkläreten / biß auff den lezten Blutstropffen zu fechten / und den Plaz nicht als nur Sieghaft zu verlassen / vermahnete er sie nochmahls / darüber aus zu seyn / daß ihrem Führer untersagt würde / damit er nicht durch Frevel ein unwiederbringliches Unglük verursachete; kehrete sich nachgehends zu den Abgeschikten / und antwortete ihnen durch seinen Dolmetscher: Es nähme sie nicht unbillich Wunder / was man sie auff freier Landstrasse rechtfertigen dürffte / da sie doch weder mit einigem Menschen Feindschafft hätten / noch andere zu beleidigen suchten: wolte demnach ihre ädle Geselschafft freundlich erinnert haben / sie an ihrer Reise nicht zu verhindern / damit man ihnen nicht Ursach gäbe / sich dessen zubeschweren. Die drey Abgeschikte wolten mit dieser Antwort nicht friedlich seyn / sondern begehreten außdrüklich zu wissen /was vor Leute sie währen. Valikules erinnerte sie nochmahls / sie möchten sich keiner Tähtligkeit unterfangen; sie währen Leute die sich gedächten nach mögligkeit zu [592] schützen / und zeigeten die Wagen und Karren an / was vor hantierung sie trieben / weil selbe / nachdem sie es ja wissen wolten / nicht mit Bauren oder Soldaten- sondern Kauffmans Waaren beladen währen. Wolan / sprachen diese; so seid ihr Afte Reuter und Kauffleute / deßwegen lässet euch jene Ritterschafft hiemit bey Lebensstraffe gebieten / die Waffen / so euch zu führen nicht geziemen / alsbald abzulegen / alle eure Waaren ihnen willig zu liefern / und endlich vor Lebensfristung eines jeden / 150 Kronen aus dem nähesten Orte herbey zuschaffen. Das währe ungütlich gehandelt / antwortete Valikules; dañ vor erst haben wir unsere Waffen nicht angelegt / jemand zubeschädigen / sondern bloß zu unser Beschützung /wolten sie auch gerne diese Reise über behalten / oder auffs wenigste so lange / als wir sie verteidigen können. Uber das sind die Waaren mit unsern wolgewoñenen Geldern eingekaufft / daran eure Geselschafft durchaus keine weitere Ansprach hat / als was sie davon einkauffen möchten. Sollen wir aber hierüber noch unser Leben von euch lösen / müssen wir vorhin wissen / ob ihr Macht darůber habt; können uns demnach anders nicht erklären / als daß wir von euch freien Fortzug begehren / welchen wir euch zu hindern eben wenig gemeinet sind. Diese verwunderten sich der herzhaften Erklårung / sonderlich von einem so jungen Menschen / und sagten zu ihm: Jůngling / uns ja ert eures bevorstehenden Unglüks /und gebet ihr freilich zu verstehen / daß ihr mehr im Kramladen / als auf der Streitbahn geübet seyd / doch wollen wir mit euch nicht zanken; aber es wird euch übel ausschlagen / daß ihr im vollen Streicharnische důrffet aufgezogen kommen / welches von einem Kramer-Knecht unerhöret ist. Valikules antwortete mit halblachender Stimme: Er möchte vielleicht schon vor diesem sich im Felde getu elt habẽ / müste auch seine Haut selber zu markte tragen / und möchten sie seinetwegen nur unbekü ert seyn / ohn daß er ihnen andeuten wolte / er hielte seine Haut sehr teur / wäre auch diese Stunde noch nicht willens sie zu verschenken. Ließ sie damit reiten / hieß die Wagen und Karren enge ineinander führen / und die Kauffdiener und Fuhrleute mit ihren Spiessen und Pfeilen sich darzwischen stellen / die Geselschaft aber fleissige Aufsicht haben / daß sie sich nähest bey den Wagen hielten /und sich weder davon abtreñen noch gar ůmringen liessen / wählete hernach ihrer zwölfe neben Gallus und dem Dolmetscher / die allemahl sich üm jhn halten / und seinem Vornehmen folgen solten. Kaum wahr dieses angeordnet / da drang der räuberische Hauffe frech uñ verächtlich auff sie an / denen die hochmuhtige Rede des jungen Kauffmanns in vollem Harnische heftig zu Herzen gieng / insonderheit da sie ihn sein Pferd vor dem Hauffen so verwågen tu eln sahen / wodurch er doch die seinen dermassen anfrischete / daß sie alle gute Hoffnung des Sieges fasseten; dagegen rechneten jene es vor einen Schimpf und stilschweigendes Ausfodern / schikten deßwegen einen an ihn ab / ob er die Kůnheit håtte / vor dem algemeinen Gefechte einen absonderlichen Kampf anzutreten; denen er zur Antwort gab: Dafern sie sich etwas wieder zurück ziehen / oder ihm sonst Sicherheit vor mörderischem Anfal schaffen würden / währe er bereit und erbötig / so lange mit einem und folgendem zu kämpffen / als er das Schwert führen könte; dessen zwar seine Geselschafft sich betrübete / aber Gallus redete ihnen ein Herz ein: Sie håtten sich seines Herren wegen nicht zu bekümmern; Er zweifelte nicht / ihnen Bestand gnug zu seyn / sie nach einander alle sämtlich niederzulegen. Jene namen den Kampf uñ gemässigte bedingung an / gaben den Kämpfern[593] Raum gnug / und als Valikules mit seinem Manne traf / und kaum fünff Streiche geführet hatte / schlug er ihm das Häupt vom Rumpfe glat hinweg / schikte sei nen Dolmetscher an die Feinde / es möchte ein ander kommen / und seines Gesellen Schaden rächen. Diese hätten sich des Unfals nicht vermuhtet / mercketen auch aus seinẽ Gefechte / daß er mit dem Gewehr anders als auff Kaufmans art ümging; doch fand sich ein wolversuchter Räuber / der mit einer schweren Streitkolbe auff ihn zusetzete / damit er ihm den Gar-auß zu machen bedacht wahr; Er aber weich ihm aus dem ersten Streich / und versetzete ihm eins auf den rechten Arm / daß derselbe mit samt der Kolbe auff die Erde fiel / und dieser zwar außreiß / aber Schmerzen halben vom Pferde stürzete. Bald ließ Valiskules den Räubern andeuten / da ihrer einer nicht muhtig gnug währe / den Kampff fortzusetzen / möchten ihrer zween zugleich kommen. Zwar der Hohn taht ihnen wehe / wolten doch den Streit nicht versagen / und schicketen zween ab / mit Befehl / den verwägenen Buben lebendig zu fahen / damit ihm die gebührliche Straffe werden möchte; aber er mischete sich unter sie / und erlegte beide mit wenig Streichen; worauff der ganze räuberische Hauffe aufbrach / und solches Schadens von einem einzigen nicht mehr gewärtig seyn wolten. Valikules sahe dieses zeitig / und foderte seine zwölff Erwählete durch den Dolmetscher zu sich / den Ubrigen ließ er sagen / die Glieder fest und unbeweglich zu schliessen / uñ sich nicht zu regen / biß sie angefallen würden / oder er ihnen dessen ein Zeichen gäbe / schikte auch Gallus ihnen wieder zu / sie zu unterweisen / wessen sie sich verhalten solten /weil er sahe / daß sie wenig geübet wahren; Er aber hielt mit seinen Zwölffen auff der Wahlstatt / da er schon die vier erleget hatte; und als eine starcke Schaar / von XXX Mann auff ihn traff / setzete er mit den seinen dergestalt in sie / daß ihrer im ersten Treffen X stürzeten / und sie dagegen nur einen einbüsseten / hielt auch mit seinem Gemåtsche immer an / biß der Feinde XX gestrekt lagen / und er empfand / daß er nunmehr ihnen an der Zahl der Manschafft nicht ungleich wahr / da ließ er sein ganzes Volk einbrechen / mit denen Gallus so eiferig angriff / daß inwendig einer halben Stunde nicht XX Räuber mehr Vermögens wahren / das Schwert zu gebrauchen / befunden sich überdas so gar von allenthalben umgeben /daß ihnen unmöglich war durchzubrechen; so hatten die Fuhrleute und Kauffdiener sich auch herbey gemacht / und ihnen den Abzug verleget / daß sie endlich üm Gnade und Lebens-Fristung bahten. Valikules erhielt bey den seinen einen kurzen Anstand /schlug den Helm auff / und wolte kurzumb wissen /was vor Leute sie währen / und was vor Ursach zur Feindseligkeit sie vorschützen könten. Diese antworteten / sie währen alle verarmete vom Adel / aus dieser und andern umliegenden Landschafften / hätten sich eine zeit her des Stägreiffs ernehret / und von reisenden Kauffleuten gebeutet / weil es keinen Krieg gäbe; weil nun der gröste teil ihrer Geselschafft erschlagen / båhten sie Lebens Freiheit. Ich weiß nit /antwortete er / ob ihr des Lebens forthin würdig seyd /nach dem ihr euren adelichen Ritterstand so schåndlich beschmitzet / und euch auff Rauben und Morden begeben habt; ich bin auch ein Ritter / und ohn unzeitigen Ruhm / gnug Adeliches Herkommens / aber niemand feinder / als die ihren Adel durch Untugend schänden. Sehet an diese redliche Kauffleute / wie Blutsaur sie sichs werden lassen / daß sie mit Gott und Ehren etwas erwerben mögen / davon die ihrigen Unterhalt haben; dieselben nun sind / oder müssen deßwegen mit Gewalt eure Feinde seyn / daß sie ein Stück Brodt besitzen. [594] Doch wann ich wissen könte /ob auch Besserung bey euch zu hoffen wåhre / wolte ich mich bemühen / vor euch eine Bitte einzulegen. So bald die Kauffleute merketen / daß er sich zur Barmherzigkeit wolte lenken lassen / fielen sie einmühtig zu / und erschlugen die übrigen alle / weil aus ihrer Geselschafft auch IIX das Leben zugesetzet /und XV verwundet wahren. Dann / sagten sie / bleiben diese lebendig / so ist der lezte Betrug årger als der erste / und haben wir nicht allemahl einen solchen Schutz-Gott (auff Valikules zeigend) bey uns. Also muste er sie nach Willen machen lassen / rühmete sie nach erhaltenem Siege wegen erwiesener Tapfferkeit /und vermahnete sie zur Plünderung / da sie auff den Pferden und in der RäuberKleidern eine Barschafft auf zwo Toñen Goldes / und an Kleinoten fast ja so viel funden / welches sie alles geträulich zusammen legeten / und ihr vermeynter Häuptman sich schon durffte vernehmen lassen / wie groß sein Anteil seyn müste; Herkules trat zu demselben / und fragete ihn /ob er noch zornig währe / oder des willens / mit ihm einen Kampff zu halten / es solte ihm dißmahl sein schändliches Geplärre nachgesehen seyn / würde er aber nach diesem es mehr machen / solte er Streiche davor leiden. Gallus sagte: Ja mein Herr / der verzagte Hudler hat sich nicht eins in den Streit wagen dürffen / sondern ist stets hinter den Karren in Sicherheit blieben. Er hat ihm recht getahn / amwortete Valikules / dañ weil in solchen Fällen an dem Hauptmann ein grosses gelegen ist / hat er uns allen zum besten sein Leben retten wollen / und mag er meinethalben seine Hauptmanschafft wol wieder antreten / nur allein über mich nicht. Das wenden die Götter ab / rieffen die übrigen einmühtig / sagten auch ausdrüklich /er währe des Ampts unwirdig / hätte durch sein Großsprechen und äusserliches Ansehen ihnen falsche Hoffnung gemacht / und im Streite übrig sehen lassen / wie wenig sein Herz mit der Zungen einstimmete /indem er sich verstecket / und seinen Gesellen in Nöhten nicht beygesprungen währe / wovor er dann abtrag machen / oder am Leben solte gestraffet werden; dann seine Güter / die er bey sich führete / gingen am Wert höher / als die übrigen alle mit einander / was sie dann endlich benöhtiget währen / ihm das seine zuschützen / und vor ihn ihr Blut zuvergiessen; da lägen acht ihrer Gesellen auff dem Sande gestrecket / welche nicht den hundertsten Teil Güter dabey hätten / und währen doch nicht unwillig gewesen /alle gefahr mit auszustehen / da dieser inzwischen geruhet / biß es zur Ausbeute kommen währe / da hätte er sich tapffer gebrauchet / und ihm schon den besten Teil der Beute fodern dürffen. Valikules rief ihn vor sich / und fragete ihn / wie er diese Auflage zuverantworten gedächte; aber die Furcht hatte ihm alle Sprache benommen; endlich noch wandte er ein / ihm währe übel worden / da ihn seine alte Plage der Schwindel angestossen / und er sich ins Gedränge nicht wagen dürffen / wolte sonst den Feind mit hauffen nidergeschlagen haben. Aber ein junger verwundeter Kauffmann fiel ihm in die Rede / uñ sagte: Je du verzagter Hudler / muste dann der Schwindel eben im anbegin der Schlacht kommen / und mit deren Endigung alsbald auffhören / dz du munterer bey der Plünderung seyn kuntest / als einige andere? Und haben meine Augen mich nicht betrogen / so meyne ich nicht anders / als daß du etliche geraubete Sachen schon zu dir gestecket hast / als ein Dieb. Dieser gab sich auffs leugnen / aber viere griffen ihn an / suchten nach /funden acht köstliche Kleinot in seinem SchiebSak /und frageten / wie er dabey gehandelt hätte. Er sahe /daß er die Untaht nicht leugnen kunte / gab vor / er håtte anfangs gemeynet / ein jeder solte behalten [595] was ihm dz Glük bescherete / weil es aber der Geselschafft anders gefiele / wären die Stücke da / und noch unverzehret / und damit man sich über ihn nicht zubeschweren hätte / wolte er nach gehaltener gleicher Teilung ihnen in der ersten Herberge einen Schmauß geben. Wodurch sie alle sich dergestalt über ihn eiferten / daß sie ihn ohn Zweifel erschlagen hättẽ / dafern Valikules nicht währe sein Schutz gewesen / welcher sie dann zufrieden sprach / und sie vermahnete / einen gemeinen wolbedachten Raht über ihn zuhalten /damit er sich keiner Gewaltsamkeit zubeklagen hätte. Sie nach gehaltener Beredung trugen vor: Es hätte dieser Großsprecher sich zur Hauptmanschafft fast eingedrungen / und ungezweifelt eingelogen / hernacher seinen Unverstand zu solchem Amt sehen lassen / nachgehends den Kopff gar aus der Schlinge gezogen / und keinen Schwerdschlag gegen den Feind getahn / ungeachtet ihnen bewust währe / daß seine geladene Güter auff etliche Tonnen Goldes sich erstrecketen; hätte also sein Gut samt dem Leben verwirket /welches sie ihm auch nehmen / uñ es vor der Obrigkeit schon verantworten wolten / weil bey allen reisenden Geselschafften dieses Recht gülte / daß sie alle vor einen Mann stehen / und der Ungeträue das Leben verlieren solte. Valikules hieß den Beklagtẽ seine verantwortung tuhn / ob etwa seiner schlimmen Sache könte geholffen werden; Er hatte aber nichts erhebliches einzuwenden / ohn daß er angab / er hätte geringe Sachen geladen / die bey weitem nicht so hoch im Preise wären; Und als er hiemit endigte / warnete ihn Valikules / seine Gefahr zubedenken / und alle mögliche Mittel hervor zusuchen / durch welche die erzürnete Geselschafft könte begütiget werden. Dieser meynete die Gefahr nicht so groß zu seyn / und lag ihm seine vorige Hauptmanschafft noch etwas im Kopffe. Aber die Geselschafft bestund auff ihrem vorhaben / und machten sich schon fertig / ihn niderzusäbeln; nur Valikules baht sie mit bewåglichen Worten /sie möchten umb seiner Vorbitte willen ihm das Leben schenken / und wann er ja nicht gar ohn straffe davon solte / ihm eine gelindere aufflegen. Worauff sie ihm anzeigeten / dafern er der kräfftigen Vorbitte dieses tapfferen Helden (den er so hoch beleidiget hätte) geniessen wolte / müste er den vierden Teil aller bey sich habenden Güter zu ihren freyen Händen stellen / und durch einen Fußfall umb Vergebung bitten. Dieses Ausspruchs meynete der geizige Mensch zuverzweifeln; Sie möchten ihn doch nicht an den Bettelstab bringẽ / oder daß er gezwungen würde / ein Bånkchen zumachen / massen er nicht mit seinen eigenẽ / sondern mit erborgeten Geldern handelte /wolte dannoch nicht allein sich alles Anteils an der Beute begeben / sondern überdas noch ihnen 600 Kronen zustellen / nicht zweifelnd / sie würden damit friedlich seyn. Auff welches erbieten sie ihn zur Erden rissen / und erbärmlich zuprügelten / daß wo Valikules ihn nicht mit seinem Leibe geschützet hätte /würde er dem Tode nicht entgangen seyn; Derselbe nun brachte es durch Vorbitte zur näheren Handelung / und ward der Schluß gemacht / welchen Valikules mit gut heissen muste; Es solte der Verdamte eins vor alles 30000 Kronen geben / oder seine Güter alle miteinander müssen preiß seyn. Hier besan er sich nun /was ihm am ertråglichsten währe / sterben / oder so viel Gelder missen; endlich besorgete er sich der gar zu sauren Todes Bitterkeit / und erbot sich / ihrem Willen ein genügen zutuhn. Nun hatte er über 120000 Kronen Baarschafft bey sich / welche er aus Kleinoten gelöset / und überdas vor eben so viel / ungefassete Steine; wog die Gelder ab / und als die Fuhrleute und Diener den grossen Vorraht sahen / wolten [596] sie alles Preiß machen / welches zuverhüten er ihnen 10000 Kronen schenken muste. Da ward nun alle FeindesBeute samt den 40000 Kronen in drey gleiche Teile geleget / deren einen die Geselschafft vor sich behalten / den andern Valikules zustellen / den drittẽ / die halbscheid Gallus / und das übrige den Wittiben und Kindern der acht erschlagenen Kaufleute zuwenden wolten / uñ redete ein verständiger Kauffman unsern Valikules also an: Hochådler tapfferer Held und Ritter; wir allesamt müssen bekennen / daß eure unüberwindliche Faust und hohe Klugheit unser aller Leben und Güter beschützet / und aus den blutgierigen Händen dieser Råuber loßgerissen hat / so dz ohn eure Hülffe uns unmöglich gewesen wåhre / dem Tode zuentgehen; ist demnach billich / daß wir ein Zeichen unserer Dankbarkeit spüren lassen / und eurer Hochädl. Gestränge diesen wolverdienten Anteil der Beute einreichen / wobey wir Kaufleute ingesamt eine Tonne Schatzes von unsern Gütern legen / und zum Andenken seines hohen Verdienstes liefern wollen; Da auch ihre Gestr. uns anzeigen wolte / worin wir derselben sonst dienen könten / würde uns solches die höchste Vergnügung geben. Valikules bedankete sich des Erbietens zum freundlichsten / und gab zur Antwort: Er währe in Beschützung seines eigenen Lebens bemühet gewesen / und hätte ein jeder unter ihnen mänlich gefochten / daß ihm daher durchaus kein Dank / geschweige / einige Verehrung oder Anteil der Beute gebührete; so wäre auch seine art nit / um Geld oder Geldesgewehr zu fechten / dessen er nicht allein zu guter gnüge bey sich führete / sondern allenthalben / wo er auch kähme / gnug haben könte; würden dem nach nicht allein von ihren Gütern keine Anlage zu seiner Verehrung machen / sondern auch den grossen unverdientẽ Teil der Beute wieder zu sich nehmen; Ihr freundwilliges Herz währe ihm Erstattungs gnug /wolte sich auch mit Auffrichtigkeit zu ihrer aller Dienst und Freundschafft hiemit anerbohten haben. Die Kauffleute wurden hierüber sehr betrübt / beredeten sich kürzlich / und liessen durch den vorigen abermahl vorbringen: Sie trügen das feste Vertrauen zu seiner Hochådlen Gestr. dieselbe würde durch beharliche Wegerung sie nicht gar zu hoch beschämen /sondern dafern sie in dero Gewogenheit währen / zum wenigsten den Anteil der Beute zu sich nehmen / sonsten / da sie solches über verhoffen nicht würden erhalten können / währe dieses ihr Gelübde / daß derselbe ganze Anteil als ein geheiligtes verlobetes durch diese Wüsteney eines guten Weges hin solte ausgestreuet werden. Valikules erkennete daher ihren Vorsaz / durffte sich ihnen nicht zu stark entgegen setzen / und erboht sich / weil es ihnen also gefiele / er aber seinen Gehorsam ihnen nicht versagen könte / wolte er zum freundlichen Andenken ihrer so guten Gewogenheit die Kleinot von dem Anteil der Beute zu sich nehmen / und die Baarschafften der ehrlichen Geselschafft lassen; womit sie endlich zufrieden wahren /weil man ihm meistenteils Kleinote gelegt hatte / nahmen aber die Gelder / und teileten sie unter Gallus und Plautus / welches er weder durch Bitte noch Ernst hindern kunte. In der ersten Herberge foderte er den gewesenen Hauptman allein vor sich / und legte ihm alle seine Kleinot vor / mit Befehl / daß er davon vor 30000 Kronen zu sich nehmen solte / damit er seines Schadens nachkähme / womit ihm durchaus nicht gedienet währe; Uber welche Höfligkeit sich dieser nicht gnug verwundern kunte / wolte dessen auch nichts zu sich nehmen / sondern baht gar wehmühtig / er möchte ihm sein hohes Verbrechen hochgünstig verzeihen /wodurch er ihn unverantwortlich zu Zorn gereitzet hätte / dann er erkennete / [597] daß durch seine Vorbitte er Leib und Leben / auch den grösten Teil seiner Güter erhalten; Ja er nam einen köstlichen Ring / auff 3000 Kronen wert / und schenkete ihm denselbẽ / mit Bitte / ihm zugönnen / daß er sich ihm hiemit zu ewigen Diensten verpflichtete. Valikules sahe seine Reue /welche ihm sehr wol gefiel / nam den Ring auff Freundschafft an / uñ stellete ihm ein wichtigers Kleinot wieder zum Gedåchtniß zu / welches er auch mit Danksagung behielt / aber Gallus ein gleichgültiges wieder schenkete. Die übrige Reise durch Mesopotamien biß an den Tigerfluß endeten sie in guter Sicherheit / da sie Assyrien erreicheten / sich daselbst teileten / und gegen Valikules aller möglichen Dienste sich erbohten / insonderheit vergaben sie ihrem gewesenen Hauptmann auff dessen hohe Vorbitte / und daß dessen Verbrechen sie gegen niemand gedenken wolten; Und ging nun Valikules auff seiner Reise eilig fort / weil er noch zur Zeit seiner Liebsten Zeichen allemahl antraf / und nach diesem Leitstern seinen Lauff in guter Hoffnung richtete.

Es wird aber schier Zeit seyn / daß wir unsern Herkuliskus nach Charas begleiten / welcher die fünff Tage über zu Ekbatana aller Anwesenden Herzen ihm dermassen durch seine Zucht und Freundligkeit verbunden hatte / daß nicht weniger der GroßFürst und sein Gemahl / als die andern ihn inbrůnstig liebeten /auch wegen seiner Großmühtigkeit und Waffen Erfahrenheit niemand Argwohn fassete seines weiblichen Geschlechtes / ohn allein Pharnabazus / dem daß geraubete Fräulein stets im Sinne lag / und fast nicht mehr zweifelte / sie währe eben dieselbe in Manneskleidern; jedoch / wann er ihren Muht / Schiessen und Fechten betrachtete / straffete er sich selbst dieser Gedanken halber; bemühete sich nicht desto minder / ob er nicht etwas gewisses von Arbianes erfahren könte /weil er wuste daß sie Schlaffgesellen wahren / daher fragete er ihn einsmals ob auch Herkuliskus so zart am Leibe als unter dem Gesichte und an den Händen währe. Diesem wahr die Ursach solcher Frage unbekant / und antwortete; er könte hievon nicht wissen /weil er stets in Kleidern schlieffe / vorgebend / er hätte dessen ein Gelübde auff sich / hielte sich auch so schamhafftig / daß er nichts blosses an seinem Leibe sehen liesse. Es fehlete wenig / daß Pharnabazus nit loß brach / und seine Meinung anzeigete / nur weil er fürchtete / ihn dadurch zubeleidigen / hielt er an sich / und beschloß in seinem Herzen / hievon keinem Menschen ichtwas anzuzeigen / ob er gleich im geringsten nicht mehr an der Warheit zweiffelte. Er wahr aber mit samt dem GroßFürsten sehr betrůbet /daß er dem unkeuschen Könige nach Charas solte geliefert werden / welches doch nohtwendig geschehẽ muste / weil seine vortreffliche Schönheit dermassen schon beschriehen wahr / daß die ädlen und Herrenstandes in der nähe häuffig nach Hofe reiseten / den fremden Jüngling zu sehen. Noch wahr niemand der seines tuhns und lassens genauer wahr nahm / als Fr. Roxane / weil daß verliebete Fräulein ihre Zuneigung nicht bergen kunte / und weil er sich aller Höffligkeit gegen sie gebrauchete / in die Gedanken fiel / es möchte eine unzimliche Liebe daraus entstehen / welches an der Fräulein Seite nichts als Schimpf und Schande bringen könte / weil sie an der Unbilligkeit nicht zweiffelte / die man ihm in Parthen zumuhten würde. Herkuliskus wahr so einfältig nicht / daß er dieser fleissigen Auffmerkerin Gedanken nicht solte erkennet haben / dessen er aber in seinem Herzen lachete / nicht zweiffelnd / sie würde sich dereins solches Argwohns am meisten schämẽ / welche doch vor dißmahl nach nichts so sehr / als nach seinem Abscheid [598] verlangen trug / weil die GroßFürstin sich schon etlicher reden / betreffend Pharnabazus und der Fräulein Heyraht / hatte vernehmen lassen / welches ohn zweiffel würde den Krebsgang gewissen / da man der Fräulein Liebe zu Herkuliskus merken solte. GroßFürst Phraortes schlug sich inzwischen mit zweiffelmühtigen Gedanken / wie ers mit ihm halten solte; Er hätte ihn herzlich gerne in Teutschland geschicket / muste sich aber befürchten / König Artabanus würde ihn deßwegen von Land und Leuten jagen /als der ihm ohn daß zimlich ungewogen wahr / weil er sich etlicher reden wieder seine Hocheit solte haben vernehmen lassen; berahtfragete sich deßwegen mit Pharnabazus / hielt ihm beydes die Gefahr und sein Mitleiden vor / und daß auff den Fall der Lieferung er nicht allein sich würde müssen seiner Mannheit berauben lassen / sondern auch wol abscheuhliche Unfläterey annehmen. Dieser wuste des guten Rahts nicht viel / steckete zwischen Tühr und Angel; hätte zwar seinem Freunde Herkules zugefallen die Lieferung gerne gehindert und wiederrahten / uñ sahe doch nicht / wie sein Schwager der grossen Gefahr entgehen würde / welches ihn zu dieser Antwort veranlassete; die Götter wissen / daß in dieser Sache gar kein Raht bey mir ist; möchte wünschen / daß Mazeus ihn hieher nicht geliefert / sondern eine Zeitlang in der stille bey sich behalten hätte / damit man ihn / andern unwissend / nach seiner Heimat senden mögen; ehe wir aber etwas schliessen / währe mein Raht / mit ihm zu reden / und seine Meinung drüber zu hören. Herkuliskus ward darauff gefodert / welcher / da er ihre Traurigkeit sahe / fragte er ganz lieblich / was dessen die Ursach währe; meinete / es geschähe wegen des Fechters Tod / welcher an den von ihm empfangenen Wunden vor anderthalb Stunden gestorben wahr / derhalben er sich entschuldigte / und sich auff des GroßFürsten Zeugnis berieff / daß er ehren halber nicht anders gekunt hätte. Aber der GroßFürst antwortete ihm; Mein geliebter Herkuliskus; hundert und noch hundert Fechter Tod / würden mich zu dieser Schwermühtigkeit nicht bewägen / kan auch nicht anders Urteilen / als daß ihm recht geschehen sey. Euer / ja bloß euer Zustand lieber Sohn / stürzet mich in diese Traurigkeit / weil ich durchaus kein Mittel bey mir erdenken kan / euch in freien Stand zusetzen daß ihr nicht dem Könige Artabanus nach Charas geliefert werdet; dann wie lieb und angenehm mir eure Kundschafft / auch eure und meines Sohns Arbianes Freundschafft ist / so hart schmerzet mich die Ungelegenheit / in welche ihr etwa dorten gerahten möchtet /und ich nicht würde abwenden können. Herkuliskus fassete des GroßFürsten Hand / küssete dieselbe inniglich / und fing darauff also an: Durchleuchtigster GroßFürst / gnädigster Herr; der Sohns Nahme / den eure GroßF. Durchl. meiner Unwirdigkeit zu geben gnädigst beliebet / wird mich Zeit meines Lebens der Schuld erinnern / womit euer GF. Durchl. ich verbunden bin / und darff ich der kühnen Hoffnung geleben /es komme dereins die Zeit / daß dieselbe den süssen Vater-Nahmen mit gnädigem Willen von mir annehmen wird; daß aber dieselbe meinetwegen einige Bekü ernis über sich nehmen solte / müste mir von ganzer Seele leid seyn / welches zubezeugen / schwöre ich alhie vor des Himmels Gegenwart / daß / dafern Eure D. meine Reise nach Charas über die angesetzte / auff zween Tage verflossene Zeit / noch länger auffschieben wolte / ich alle Gelegenheit suchen wil / erstes tages als ein Flüchtiger dahin zu reisen / und dem Könige in euer Durchl. Nahmen mich darzustellen; dann warumb solte ein so teurer Fürst meinetwegen sich bekümmern / oder einige [599] Gefahr auff sich laden? ehe wolte ich eines schnöden todes sterben / wañs auff andere Weise nit könte abgewendet werden; bitte demnach eure Durchl. untertähnigst / und beschwöre sie bey Gott / daß sie fort nicht mehr sich meinetwegen herme / noch die Reise auffschiebe; dann ich bin dessen gewiß und versichert / das grösser Unglük mich nicht übergehen kan / als der Himmel / oder vielmehr der wahre Gott / der über alles herschet /über mich beschlossen hat; es währe dann daß derselbe auff diese Unterwelt kein Auge wendete / welches ihm aber kein vernünfftiger Mensch wird einbilden lassen. So beschleunige nun mein gnädigster Herr diese Reise / auff daß derselbe dieser Sorge entrissen /und ich der himlischen Versehung geliefert werde. Phraortes hörete dieses mit übergehenden Augen an /umbfing ihn als einen Sohn und sagete: Nun dann /weil es ja so seyn sol und muß / wil ich mein Vornehmen endern / welches bloß auff eure Erlösung tichtete / und nebest euch hoffen / die Götter werden euch in kein verderben gerahten lassen / welches nach Vermögen abwenden zuhelffen / ich selber mit euch reisen /und euch dem Könige zuführen wil. So wil ich mit einen Gefärten geben / sagete Pharnabazus / und da euch eine Gefahr zustehen solte / muß mir zuvor mein Leben gebrochen werden. Wolan / so sey es beschlossen / sagete der GroßFürst / daß wir geliebts Gott ůbermorgẽ auffbrechen / uñ mit grossen Tagereisen und geruheten Pferden nach Charas zu reiten; dessen Herkuliskus nicht wenig erfreuet ward / massen des jungen Arbianes Liebe sich täglich gegen ihn mehrete / so daß er fürchtete / sein Geschlecht in die långe vor ihm nicht verbergen zukönnen; zugeschweigen / daß schier heut oder Morgen es ihm möchte verdacht bringen / daß er bey ihm so viel Nachte geschlaffen; hierzu kam Frl. Barsenen blinde Liebe / die ihren Vorschlag ins Werk zusetzen / noch immer anhielt / weil sie ihr leicht die Rechnung machete / dafern sie den Vogel aus dem Kefich liesse / dürfte er ihr entfliegen /oder von einer andern abgefangen werden / auf welchen Fall sie sich sterbens erwogen hatte. Uberdas merkete er an Pharnabazus unterschiedlichen verdecketẽ Reden / daß er ihn vor Herkules verlohrne Liebste hielt / in dem er einsmahl / da er ihm nahe saß /der unvergleichlichen Liebhabere / Fürst Herkules uñ Frl. Valisken Gesundheit trank / auch nach getahnem bescheide ihn umbfing / sprechend; ach daß ich meinem Freunde Fürst Herkules wünschen könte / daß er die Kron seiner Seelen dergestalt umbarmen möchte /oder zum wenigsten ich ihm dereins darzu könte behůlflich seyn / wie ich der Hoffnung gelebe; woraus er leicht verstund / was dieses Räzel bedeutete; ihm aber von dergleichen Vornehmen abzuhalten / also antwortete: Mein Herr; ich vor mein Häupt wůste meinem Oheim und meiner Wasen nichts bessers zu wünschen / und kan möglich seyn / daß solcher Wunsch schon seine Erfüllung habe; wo nicht / alsdañ wolle mein Herr ihnen nach mögligkeit träulich beystehen / vor allen dingen aber ihre Heimligkeit / die ihm etwa möchte bewust seyn / verschwiegen halten / und keinem Menschen unter der Sonnen offenbahren / auch sich ihrer äussersten Dankbarkeit versichern. Auß welcher Antwort er abnam / daß ihm die Erkäntnis seines Geschlechtes allerdinge zu wieder währe /daher er hinfort sich dessen mit keinem Worte merken ließ / und gedachte auff nichts so hefftig / als wie es noch endlich zu Charas ablauffen würde; welches hingegen Herkuliskus auß dem Sinne schlug / uñ nicht eins darauff achten wolte / biß er sähe / wie mans mit ihm würde anschlagen. Als nun der Schluß zur Reise gemacht wahr / gingen sie miteinander zu Tische /nach dessen auffhebung [600] der GroßFürst unsern Herkuliskus fragete / ob ihm geliebete / mit auff die Jagt zu reiten / solte ihm solches frey stehen; welches er mit grossem dank annam / und auff vergůnstigung samt Arbianes in den Mahrstall ging / ihm ein Pferd zu wählen / auff welchem er einige Zierligkeit könte sehen lassen. Es gefiel ihm aber keines so wol / als der Blänke / welcher von den andern allen abgesondert stund / und laut anfing zu wrinschen / da er in den Stal trat / ging ihm näher / und verwunderte sich über seine hohen geraden Schenkel / wolståndigen Hals / lange Mäne / zierlichen Kopf / starke Brust und geschiklichen Leib / sagte auch zu Arbianes; ohn zweiffel wird dieses Pferd niemand / als der GroßFürst selbst reiten. O nein / herzlieber Bruder / antwortete er / es ist ein dermassen unbendiges Tihr /daß es niemand wil auffsitzen lassen; ist in der Wildnis gefangen / und meinem Herr Vater vorm halben Jahre geschenket / welcher es etliche mahl hat wollen niderschiessen / weil es so gar nicht zu zähmen ist /und habe ichs bißher noch verbehten / ob es mit der Zeit die Wildheit ablegen wolte / weil es noch jung /etwa von drey Jahren ist. O daß ich ein solches Pferd hätte / es zubereiten / sagte Herkuliskus / ich wolte ihm entweder den Kitzel vertreiben / oder es můste mirs müde machen / dann es scheinet aus allen Zeichen / daß es über die masse fest / und zum außreissen geschikt ist. Der Bereiter stund dabey / und antwortete ihm: Junger Herr / ich wil fast ja so gern auff einem Tiger / als auff diesem Pferde sitzen / werde es auch nimmermehr rahten / daß ihr euch dessen unterfahet. Hätte ich darauff meines Gn. GroßFürsten erläubnis / sagte er / ich wolte euch schon zeigen / wie man mit diesem unvergleichlichẽ Pferde geberden müste / und bitte sehr / sagte er zu Arbianes / mir die Freyheit bey seinem Herr Vater zu erbitten / daß ichs nur versuchen möge. Dieser wolte ihn durch einführung der Gefahr abmahnen / als es aber nicht verfangen kunte / ging er mit ihm hin / und brachte sein Begehren vor; worauff der Vater antwortete: Mein Sohn Herkuliskus / ich bin euch in allem zugefallen / aber warumb solte ich Ursach eures Verderbens seyn? wåhlet euch sonst ein Pferd nach belieben / dañ dieses würde euch den bittern Tod verursachen. Euer GF. Durchl. gehorsame ich billich / antwortete er; aber Jammer und Schade ist es / daß dieses ädle Tihr wegen des Bereiters Unerfahrenheit bey der Krippe versteiffen und veralten sol / welches / wann ich ein Ritter währe / umb eine Herschafft nit vertauschen wolte. Pharnabazus halff bitten / daß es nur auff den Plaz geführet würde / damit er sähe wie unleidlich es des reitens währe. Und als der GroßFürst einwilligte /ging er in flüchten nach dem Mahrstalle zu / und befahl auff Phraortes geheiß / ihm einen gelinden Zaum anzulegen / welches aber nicht verrichtet werden kunte / biß ihm alle viere gefesselt wahren / und man ihm zugleich ein scharffes Naseband antaht / bey welchem vier starke Knechte es an beyden Seiten zum Stalle außleiteten / deren keiner unbeschädigt davon kam. Sobald es auff den Plaz gebracht wahr / und seine Wildheit immerfort sehen ließ / nam Herkuliskus einen Rohrstecken / rieff ihm auff Teutsch hart zu / und gab ihm unterschiedliche Streiche über die Lenden / redete ihm darauff freundlich zu / und streichelte ihm zugleich den Hals / worüber es zwar nicht allerdinge sich zur Ruhe begab / aber doch den grösten Teil seiner Wuht einstellete / so daß er nach abgerissenem Nasebande / den Zügel fassend / sich hinauff schwang / und es ungesattelt im Plaze weidlich tummelte / da es anfangs sich hefftig bemühete / seinen Reuter abzuwerffen / und in kurzem doch so sanfftmühtig ward / daß ers nach [601] allem Willen lenken und zwingen kunte. Der GroßFůrst dieses ersehend / sagete zu den Anwesenden; dieser Jüngling schändet mir alle meine Leute / denen ich so grossen Sold gebe; meine Schützen müssen sich vor ihm verkriechen; dem Fechter hat er gar die Faust hinweg gehauen; die Bereiter macht er jezt zu Lehrjungen; und wer weiß /wie es noch heut meinen Jägern und mir selber ergehen wird? Unterdessen belustigte sich Herkuliskus auff dem wunder-starken-geraden Pferde / biß ihn dauchte genug seyn / da sprang er herunter / liebkosete ihm mit flachen Handschlägen / an der Stirn / Brust / Hals und Lenden / welches das Pferd nicht allein willig añam / sondern überdaß sich mit lustigem wrinschẽ / Schweifschlagen und Fußkratzen so freidig und zugleich gehorsam erzeigete / als währe es sein lebelang mit ihm umbgangen. Er zohe es nachgehends in den Mahrstal / entzäumete es / uñ gab ihm ein gutes Futter / kehrete wieder nach dem Saal / und ließ sich gegen den GroßFürsten verlauten / er hielte das Pferd nach seinem schlechten verstande höher / als daß es ums Geld könte geschätzet werden / weil es eine so ädle Art / gewünschete Geschikligkeit / uñ trefliche Leibesstärke hätte; merkete auch so viel / daß es sich sklavischer Weise von den Knechten nicht wolte zwingen lassen; und dafern ich nicht irre / fuhr er fort / so hat es fast abscheuh bey andern Pferden zu stallen. Phraortes legte ihm die Hand auffs Häupt und sagete: Geliebter Sohn ich erinnere mich bey euch des grossen Alexanders und seines ädlen Buzephals / welches nur diesen einzigen auffsitzen ließ / und keines andern Zügel oder beschreitung sich untergeben wolte; zweiffele nicht / es habe mit diesem meinem Pferde gleichmässige Beschaffenheit / gestaltsam ichs mit ihm auff allerhand Weise versuchet habe / aber bißher allemahl vergebens; und daher nicht anders Urteilen kan / als daß eure VorEltern / wo nicht ihr selbst von götlichem Stamme müssen entsprossen seyn / auch umb so viel mehr mich versichere / der Himmel werde sich euer in allen begebenheiten geträulich annehmen. Herkuliskus küssete ihm die Hand / und gab zur Antwort: Er währe seines GroßFürsten untertähnigst-gehorsamster Knecht / wůste sich auch schuldig / ihrer Durchl. Scherzreden geduldigst anzunehmen / wie hohe rohtgefärbete Wangen ihm dieselben gleich macheten / daß seine unwirdigkeit dem grösten Welt Herrn Alexander verglichen / ja biß an der Götter Geblüt erhaben würde / welche doch in seinem Vaterlande sich mit schwachen Menschen nicht so gemein macheten / daß sie Kinder mit ihnen zeugeten. Es sey wie ihm wolle / antwortete der GroßFürst /so erkennet doch mein unvernünftiges Pferd etwas sonderliches an euch warumb solte dann ein verständiger Mensch dasselbe nicht begreiffen? Aber geliebet euch / den Blänken auff der Jagt zu reiten / werdet ihr ihm den Sattel selbst müssen aufflegen / da er meinen Leuten den Gehorsam ferner wegert / weil es Zeit seyn wird / sich auffzumachen. Daran sol es nicht mangeln / sagte Herkuliskus; empfing von Arbianes den Sattel / welcher mit Rubinen und Perlen auff ein Güldenstük trefflich gesticket wahr / und ließ die Bereiter den Versuch tuhn / ob sie forthin das Pferd besser zwingen würden; aber alles vergeblich / dann es schlug und bisse von sich / viel erschreklicher als vorhin; so bald aber Herkuliskus ihm mit dem Stecken dräuete /und selber Hand anlegete / stund es wie ein Lamb /und ließ sich von ihm kratzen / kämmen / Zäumen und Satteln. Im hinaus reiten zohe der GroßFürst allein voraus / und folgete ihm Arbianes und Herkuliskus / hinter denen Pharnabazus und Mazeus. Es ward aber Herkuliskus mit solchem [602] Wunder beschauet /daß Jung und Alt / Weibes und Mannes Volk håuffig herzu lieff / die schon so hoch beschriehene Schönheit und Geschikligkeit dieses fremden Jünglinges zusehen / daher Arbianes zu ihm sagete: Sehet mein herzen Freund / wie sich die Inwohner drängen / euch als ein Weltwunder zubeschauen. Er antwortete ihm mit einem freundlichen lachen: Durchl. Fürst; warumb solten diese Zuseher nit vielmehr an ihrem Groß-Fürsten / und dessen einigem wirdigen Erben / als an meiner Unwirdigkeit sich erlustigen / nachdem sie ja von mir weder zugeniessen noch zu hoffen haben? Nein o nein? sondern die Liebe zu ihren angebohrnen Herrn / hat sie aus den Häusern gelocket / und kömt nur ohngefehr / daß der arme geraubete Herkuliskus von ihnen mit beschauet wird; ja wer weiß / ob nicht der gröste Teil meiner Unhöfligkeit übel wil / daß ich mich unterstehẽ darf / dem Groß-Fürstlichen jungen Herrn an der Seite zu reiten. Er aber hörete dieses mit grossem Unwillen an / daß er sich verlauten ließ /wann er jemand unter dem Hauffen mit solchen Gedanken beladen wissen solte / müste derselbe es mit dem Leben büssen. Nicht so unbarmherzig / mein Fürst / nicht so unbarmherzig / antwortete er; dann weil ich dem grösten Hauffen / ja fast allen Zusehern unbekant bin / wer könte ihnen solches verargen? fassete damit seinen Bogen / und in dem er auff eine vorüber fliegende Taube loßdrückete / sagte er mit heller Stimme; ein Schuß auff meines Fürsten und wahren Freundes Gesundheit; schoß ihr auch den Pfeil in die Brust / daß sie auß der Lufft hernider fiel / und von Pharnabazus aufgefangen ward; dessen das anwesende Volk nicht allein sich zum höchsten verwunderte /sondern ein starkes freuden Geschrey anstimmete;Der junge Fürst lebe / und sein Freund / der junge Fürst lebe und sein Freund! Daß verleihen mir die Götter /sagte Arbianes / daß ich mit meinem Freunde Herkuliskus / und nicht ohn ihn leben möge. Welches sein Vater mit betrübetem Herzen anhörete. Sie wahren kaum auff den besameten Acker hinaus ko en / da Herkuliskus einen Hasen quer über lauffen sahe / und weil er ihnen ferne wahr / ließ er sein Pferd auff ihn zu eilen / welches wie ein Bolzen von der Sehne dahin flohe / da er inzwischen anlegete / und den Hasen schoß / daß er über und über purzelte. Der GroßFürst dieses sehend / sagte zu den folgenden; ich ruffe den Hi el zum Zeugen / daß mein Gemüht durchaus zweifelt / ob der Jüngling ein Mensch oder Gottes Kind sey; und was werde ich noch in kurzen vor Wunder zu Charas von ihm sehen? aber sehet doch /wie er mit seiner Beute dorther pranget / welche er vielleicht unser einem zu liefern bedacht ist; worin er doch irrete; dañ er wendete sich hin zu der GroßFürstin Gutsche / reichete ihr das Wild untertähnigst und mit lächelnden Augelein / sprechend: Durchl. GroßFürstin / weil mir das Glük so wol mitfähret / daß ich die erste / und zwar ungestellete Beute davon gebracht / ihrer Durchl. aber mit alle meinem Vermögen mich Leibeigen weiß / so gelanget an dieselbe mein untertähnigstes Ansuchen / dieses Häsichen gnädigst vor mir anzunehmen; küssete ihr hiemit die Hand /und lieferte das Wild einem beylauffenden ädelknaben ein. Mein allerliebster Herkuliskus / antwortete sie; billich solte dieser Hase zum Gedächtnis eines fast unmöglichen Schusses auffgehoben werden; aber damit ihr eigentlich sehet / was vor eine Gewogenheit ich euch trage / wil ich selbst Hand anlegen / und ihm das Fel abstreiffen / daß er auff dem GroßFürstlichen Tische verzehret werde. Bald darauff ging die Häuptjagt an / bey der sich Phraortes weidlich gebrauchete /auch die anderen ihr bestes wirketen / [603] daher Herkuliskus ihnen keinen Eingrieff tuhn wolte / nur wann er sahe / etwas den andern schon entgangen seyn / dem setzete er nach / und gab ihm den Fang; dann sein Pferd wahr wunder geschwinde / und seiner Hand gehorsam / so daß es zugleich mit bemühet wahr / die flüchtigen Tihre zuerlegen / wie es dann einer wilden Sau dergestalt auff den Rüssel traff / das sie sich über und über warf. Nach geendeter Jagt / da sie wieder nach Ekbatana ritten / funden sie die Felder mit Menschen angefüllet / die sich versamlet hatten / den wunder-schönen Jůngling zu sehen / unter welchen sich ein Sternseher fand / in der schwarzen Teufelskunst erfahren / der sich sehr zu ihm nahete / und überlaut /daß etliche hundert Menschen es höreten / ihn also anredete: Unvergleichlicher wunder-Jüngling; euer verborgenes ist mir nicht so gar verborgen / ob gleich kaum vor fůnff Tagen ich euch erstmahls gesehen: O wie manniches Herzenweh ist euch schon übergangen / und o wie manniches dräuet euch der Himmel noch! tröstet euch aber mit dem / daß keine ungewogene Sternen über euch auffgehen; und ob zwar eine väterliche Zuchtruhte euch treffen möchte / sol doch kein Henkers Schwert ůber euch gezücket werden; nur wanket in eurem herzhafften Vorsatze nicht / alsdañ muß euch die allerschmerzlichste Wiederwertigkeit zur empfindlichen Wollust gedeien; dann wessen eure Freunde sich euretwegen besorgen / daß ist unmöglich / erfüllet zu werden / wie ihr selber wisset. Dieses Mannes Ansehen hatte aller Anwesenden Gemüht einen solchen Gehorsam eingegebẽ / daß sie ihm stilleschweigend zuhöreten / da er nur mit der Hand winkete; insonderheit gab Herkuliskus fleissig acht auff seine Rede / meinete auch nicht anders / als daß der Himmel selbst ihm diesen Trost zugeschikt håtte /deßwegen er ihm zur Antwort gab; Geliebter / wie wol unbekanter AltVater; eure Vermahnung zur Tugend / die den himlischen Trost mir zum grunde leget / muhtiget mich dergestalt / dz ich Gottes Gunst mir ungezweiffelt versprechen darf; werde mich demnach äusserst bemühen / daß weder im Unglük ich der göttlichen Verhängnis wiederspenstigkeit / noch im wolergehen Frevelmuht sehen lasse; seid aber gebehten /und verleyhet mir bey Gott eine Vorbitte / der euch wirdiget / künfftige Geheimnissen euch zu offenbahren. Der Alte sagete hierauff: Eure versehung / treflichster Jüngling / bedarf meiner Vorbitte nicht / und wo ich nicht heßlich betrogen bin / werdet ihr in wenig Monaten dieses Begehren selbst wiederruffen; kehrete sich darauff von ihm hinweg / verbergete sich unter das Volk / und verließ Herkuliskus wegen der tunkelen Reden in schmerzlichen Nachdenken / welcher nach einer halben viertel Stunde / da er frisch nach der Stad fort ritte / einen Mann etwa von 40 Jahren am Wege stehẽ sahe / der seine Augen starre über sich gen Himmel wendete / und dauchte ihn / wie eine sonderliche Freidigkeit und Inbrunst aus seinem Antliz erschiene / daß er auch nicht umbgang haben kunte / ihn zu fragen / ob er etwas sonderliches am Himmel vernähme / daß er mit so unverwendeten Augen hinauf sähe; welcher ihm zur Antwort gab: Tugendliebender Herr / meine Himmel-brünstige Augen / kehren sich auffwerz nach dem wahren Schöpffer dieser irdischen Welt / welcher zwar allenthalben gegenwärtig ist / aber dort oben die Herschafft seiner göttlichen Herligkeit führet / zu demselben seufzet mein Geist /euch in seinen gnaden Schuz zu nehmen / und eure Seele zuerleuchten / auff daß ihr schier erkennen möget / was Gott sey / und was vor unaußsprechliche Himmelsfreude er denen bereitet hat / die ihn erkennen / und auff seinen heiligen Wegen gehen / auch umb dessen Willen alles Unglük geduldig [604] ausstehen /weil sie endlich erfahren und befinden / daß ihnen mehr gutes und heilsames aus der Welt Angst / als Wollust aus ihrem liebkosen zukomme; und zweifelt mir nit / derselbe wahre Gott werde den Brunn seiner Gnade über euch ergiessen / daß ihr eure Seele nicht weniger mit Himmelsfreude / als das Gemůht mit Tugend-begierigen Gedanken erfüllen möget. Herkuliskus hatte dergleichen Wunsch vor nie gehöret / und gedauchte ihn / daß eine sonderliche Krafft in den Worten steckete / bereitete sich deswegen / ihm zuantworten; aber der vorige Alte trat unvermuhtlich wieder herbey / und sagte: Trefflicher Jüngling / nicht sehet / bitte ich / diesem Neulinge ins Maul / der euch von ertichteten Dingen und ungefangenen Fischen schwåtzet / gestaltsam er ein Verächter der Götter ist /und / umb einẽ einigen Gott alle himlischen Kräffte zuvertauschen / anzusuchen pfleget; haltet vielmehr dz vor wahr / was ihr mit Augen sehet / und verwerffet / was dieser und andere seines gleichen ohn Grund und klaren Beweißtuhm tichten und lügen; sehet an die glänzende Sternen / den wandelbahren Monde /die unvergleichliche Sonne / das verzehrende Feur /und erkennet ihre Göttliche Krafft und unbetriegliche Gottheit. Alter Vater / antwortete Herkuliskus / mit wem streitet ihr? oder was hat euch dieser andåchtige Mañ leides zugefüget / dz ihr ihn der Lügen zeihet /deren er mir doch keine vorgelegt hat? so höre ich im geringsten nicht / daß er dem Himmel oder der Erden ichtwas ungebührliches auffbürde / daher ihr zweifels ohn seine Reden unrecht werdet verstanden haben. Ja / trefflicher Jüngling / sagte der Alte; ist es noch nicht Bosheit gnug / daß er von einem einigen wahren Gott sein Geblärre führen / und dadurch die andern alle übern hauffen schänden darff? Ich höre kein schändẽ aus seinem Munde / sagte Herkuliskus / und das er von einem wahren allmächtigen GOtt redet / ist nicht sein Getichte / wie ihr vorbringet / sondern viel hochverständige Leute sind dessen mit ihm einig. Dieses redete sie / weil sie aus Herkules Schreiben solches gesehen / und in ihrem Herzen sich schon erkläret hatte / den Christlichen Glauben anzunehmen. Der Alte / ungeachtet aller Einrede / wolte in seiner Verleumdung fortfahren / weil aber Arbianes unsers Herkuliskus Verdruß sahe / hieß er ihn schweigen / und sich hinweg packen; da inzwischen der andere / welcher ein andåchtiger erleuchteter Christ wahr / sich wegen seines getahnen wolgemeyneten Wunsches demühtig entschuldigte / dem Herkuliskus antwortete: Er nähme es mit gutem Herzen auff / trüge einen begierigen Willen nach des wahren Gottes Erkäntniß /und hielte selbst davor / daß mehr Menschen durch Glückes Gewogenheit / als dessen Sturm in das Verderbens Meer gestůrzet wůrden; nam darauff freundlichen Abscheid von ihm / und folgete seiner Geselschafft / die schon voran geritten war. Des folgenden Tages / welcher der näheste vor dem Auffbruche wahr / ließ der GroßFürst ein treffliches mahl anrichten /worzu unterschiedliche Medische Herren eingeladen wurden. Arbianes und Herkuliskus wahren in einem güldenen Stücke auff einerley art gekleidet / empfingen die Gåste / und verrichteten das Vorschneider Amt; Nach auffgehobenen Speisen / ward eine treffliche Lust auff allerhand Seitenspielen angestimmet /woran Herkuliskus sich zimlich ergetzete / auch der Geselschaft zu ehren / und seinem lieben Herkules zum andenken / folgendes Lied in Teutscher Sprache in die Harffe sang / die er zugleich selber gar artig spielete.


[605] 1
So muß ich nun gezwungen frölich seyn /
Ob ich die Lust gleich suche gar zumeiden.
O liebes Herz / wie offt gedenk ich dein /
Was magstu wol von meinetwegen leiden?
Wo gehestu wol in der Irr' umher?
Und klagest so: sind wir dann gar gescheiden?
2
Bistu hinweg ohn alle Wiederkehr?
Bistu hinweg? O Herkules mein Leben;
Ich singe zwar / doch kömt es ohngefehr;
Dann niemand kan mir Lust und Freude geben /
Als einig du. Wie fürcht' ich deiner fast /
Es werde dir schwer seyn / den Stein zuheben.
3
Der ferne Weg benimt dir Ruh und Rast /
Des Räubers Schwert wird dich rechtschaffen üben.
Ihr Himmel helfft / daß unter dieser Last
Mein Einig-All nicht gar werd auffgerieben /
Lasst über mich vielmehr das Wetter aus /
Und diesen frey / den ich ins Herz geschrieben.
4
Du grosser Gott / der du des Himmels Hauß
Gewölbet hast; sol er mich wieder finden /
So wickel' es nicht gar zubund und krauß /
Und laß viel eh mich armes Kind dahinden /
Ich müste sonst / wann er solt' untergehn /
Vor Ungemach und Herzensangst verschwindẽ.
5
Nun Hoffnung nun / sol ich ihn wieder sehn /
So wil ich mich an seiner Tugend laben;
So wil ich / was mir Leides ist geschehn /
Als einen Scherz vorüber lassen traben;
Nun Hoffnung nun! sol meine Lust bestehn /
So muß ich ihn doch endlich wieder haben.

Alle anwesende verwunderten sich der überaus lieblichen Stimme / welche sie dergestalt zu zwingen / und in der Kehle zukräuseln wuste / daß mans mit keinem Spielwerke ihr nachmachen kunte / daher der GroßFürst hernach zu seinen Leuten sagete: Daran mangelte es noch / daß auch meine Spielleute und Sänger vor diesem Jünglinge / wie Butter an der Sonne bestehen musten. Niemand aber / als Pharnabazus / urteilete daraus ihr weibliches Geschlecht / und wunderte sich sehr / daß niemand einigen Argwohn darauff legete. Das lohbrennende Feur wuchs in Frl. Barsenen Herzen je mehr und mehr / ließ auch keine gelegenheit vorüber streichen / da sie ihm dessen Anzeige geben kunte; vor dißmahl aber baht sie umb Abschrifft der Gesanges-Weise / dann sie wahr dieser Kunst und des Harffenspiels zimlich erfahren / dessen sie einen Beweißtuhm ablegete / und folgende Reimen dabey in Persischer Sprache sang:


1
Ihr meine Gedanken / wo denket ihr hin?
Seyd nicht zu muhtig;
Es trifft zu blutig /
Wann schwaches Vermögen und kräfftiger Siñ
In einer Geselschafft sich dürffen verparen /
Dann ausser dem können muß wollen sich sparẽ.
2
Ihr meine Gedanken / wem ziehet ihr nach?
Last leichtes fliegen /
Und schweres liegen;
Dann beydes gibt schaden uñ schmerzliches ach;
Diß drücket / und jenes bringt schnödes verachtẽ;
Hier mustu ersticken / und dorten verschmachten.
3
Das Mittel geht ohne Gefährligkeit zu;
Scharff ist zu Herrisch /
Und stumpff zu närrisch;
Der bleibet ohn fehlen in stetiger Ruh /
Wer immer auff mitteler Strasse sich waget;
Dañ niedriges schmähet / uñ stoltzer Mut plaget.
4
Dich Ikarus treibet die üppige Lust
Zur Himmels Spitze /
Da du vor Hitze
Verschmelzen / uñ nunter in Meeres-grund must.
Wer Fährligkeit liebet / muß drinnen vergehen /
Und kluge Vorsichtigkeit bleibet bestehen.
5
Drumb endert ihr meine Gedanken euch bald;
Schwingt eur Gefieder
Nicht auff / nicht nider;
Auff mitteler Strasse wird jederman alt;
Doch gönnet dem besseren dieses zu erben /
Was eure Gebrechen nicht können erwerben.

Herkuliskus ließ sich nicht merken / daß es von ihr aus halber Verzweifelung wegen seiner Liebe gesungen wahr / lobete beydes den Tichter und die Stimme / und ward von der Groß-Fürstin gebehten / ihr die Harffe zureichen / damit sie auch ein schlechtes Schuelrecht tuhn / [606] und der Tugend Lob nach vermögen angeben möchte; welchem zu folge / sie allen Spielleuten geboht / mit einzustimmen / daß das Spielzeug gedämpffet / und in sanftem Gleich-Klange gespielet würde; Worauff sie folgendes Lied hören ließ.


1
O Du heller Tugend-Schein /
Kan man deines gleichen finden?
O nein! alles muß verschwinden /
Was dir darff zuwider seyn.
Frevel-Macht /
Hochmuht Pracht
Muß zu deinen Füssen
Liegen / und demühtig büssen.
2
O du unsers Lebens Licht /
O du Glanz der keuschen Sinnen
Dein Vornehmen / dein beginnen
Schläget keinen blossen nicht.
Schanden-Lust /
Falsche Brust
Muß zu deinen Füssen
Liegen und demühtig büssen.
3
Wer kan deiner Stärke dann /
Deiner Herrschafft sich entbrechen?
Du weist Feindes Macht zu schwåchen /
Und legst ihnen Ketten an;
Spieß und Schild /
Freches Wild
Muß zu deinen Füssen
Liegen und demühtig büssen.
4
Blutgier / Mord / List / und Gewalt /
Geldes Sucht / unkeusches wollen;
Und vor Neid gar seyn geschwollen /
Hat bey dir kein Auffenthalt.
Drumb wil ich /
Einzig dich
Tugend stets besingen /
Und dir mein Lob-Opffer bringen.

Herkuliskus gab diesem Gesange genaues Gehör /und wie er gar eines fertigen Verstandes wahr / tichtete er stündlich einen GegenSatz / in dem er des Glückes Grausamkeit anklagete / wie dasselbe der Tugend gemeinlich widerstrebete; dannoch aber dieselbe gar zuunterdrücken nicht tüchtig währe; nam die Harffe zu sich / und sang darein folgende Reimẽ:


1
Ja Tugend; Weder List noch Streit
Kan dich erlegen.
Wie aber? daß des Glückes Neid
Sich so verwägen
An dir zureiben pflegt /
Und immer fort mit wüten auff dich schlägt?
2
Wann sie auff rechtem Wege geht /
Und Frieden liebet /
Bistu / der ihr entgegen steht /
Und sie betrübet.
Wie schlecht sie immer ist /
Verfolgt man sie doch / wann du zornig bist.
3
Das fromme Schaf versiht es leicht /
Daß du ergrimmest /
Wann es dir nicht den ReichsStab reicht /
So bald du brümmest /
Dann gehstu mit Geschoß
Und Grimmigkeit auff sie verwägen loß.
4
Du hetzest alle Welt auff sie
Durch Lügen-tichten;
Der zwakt sie da / und jener hie /
Durch falsches richten;
Ja deines Zornes Glut
Sucht Löschung in der frommen Tugend Blut.
5
So kämpfft das Glük; muß aber doch
Der Tugend gönnen;
Daß sie geherzt das schwere Joch
Wird tragen können;
Dann wie der PalmenBaum
Bricht sie hervor / nimt man ihr gleich dẽ Raum.
6
Sie wartet der bestimten Zeit /
Die Gott gesetzet /
Weil sie Träu und Beständigkeit
Vor höchstes schätzet.
Schön Wetter / spricht ihr Wiz /
Erfolget doch auff Hagel / Sturm und Bliz.
7
Nun dann / so muß mein Herz und Sin
Doch nicht ersticken /
Solt' auch des Glückes Neid mich hin
Ins Wilde schicken /
Da wo der Drachen Wuht
Nur wohnet / weil sich Tugend zu mir tuht.

Arbianes baht nach geendigtem singen / ihm dieses Teutschen Liedes Inhalt ins Griechische überzusetzen / welches hernach Pharnabazus in gleiche Art Medische Reimen brachte / [607] und hatte die GroßFürstin ein solches Vergnügen an demselben / daß sie es vor ihr bestes wählete / so daß sie ihrem vorgeben nach / es Herkuliskus zum Gedåchtniß vor ihr Leibstük halten wolte / weil mit seinem Zustande es so gar einstimmete. Dieser / weil er sich erinnerte / daß er des nähstfolgenden Morgens seine Reise nach Charas anstellen würde / stund von seiner Stelle auff / entblössete auff Teutsche Art sein Häupt / und fing folgende Rede an: Durchleuchtigster / Großmächtiger GroßFürst; wie dann Durchleuchtigste GroßFürstin; auch Durchleuchtigster Fürst Arbianes / Gnådigste Herren und Frau; Der aus seinem Vaterlande entraubete Herkuliskus / dessen der Himmel sich als eines Glüks Ballen gebrauchet / kan nicht absehen / mit was gebührlichem Danke Ihren Durchleuchtigkeiten zubegegnen er düchtig ist / vor die überaus grosse Gnade /ihm über alle Verdienst und Wirdigkeit angetahn; Der Unfall hat ihm vor etlicher Zeit seinen lieben Vater entrissen / den hat er an dem Durchl. GroßFürsten alhie wieder funden. Die boßhafften Räuber haben ihn seiner herzlieben Fr. Mutter entführet / dieselbe hat er an seiner gnädigsten GroßFürstin hieselbst angetroffen; Das Unglük hat ihn von seinem vertrauten Oheim Herkules weit abgeschieden / der ist ihm an seinem höchstwerten Fůrsten Arbianes wieder gegeben. Nimmermehr werde ich mich dieses Glüks gnug rühmen können; nimmermehr werde ich solches zuerkennen geschikt genug seyn. In meiner ersten Ankunft bildete ich mir eine leibeigene Knechtschafft ein / und ward vor Sohn und Bruder erwählet; ich furchte mich vor dz unbekante Ekbatana / und traff daselbst meiner Eltern Schos an. O Hi el / gib mir Vernunfft / es recht zubetrachten; und du Gott / der du darinnen herschest / verleihe mir Gnade / ein Dankzeichen abzulegen; ja vergeltet das gute an mir erwiesen / ersetzet / was alle meine Verwanten zubezahlen nicht gnug sind. Gewaltiger GroßFürst / was hat Eure Durchl. uñ Gn. an ihrem unwirdigsten Knechte gesehẽ / das ihn so angenehm gemacht hat? Höchst-rühmliche GroßFürstin /welcher Liebes-Gott hat ihre mütterliche Brust mir geöffnet / dz ich hinein geschlossen bin? Durchleuchtigster Fürst Arbianes / warumb leget seine Vortreffligkeit einem gefangenen Knechte den süssen Bruder Nahmen zu? Die Gnade ist zu häuffig; die Liebe zu strånge; die gewogenheit übermässig; und dannoch habe ichs annehmen müssen / wolte ich mich selbst nicht unangenehm machen; Ich muste mich vor den halten lassen / der ich nicht bin / und solche Verwaltung in diesem Schauspiele auff mich nehmen / der ich viel zu leichte wahr; daher haben meine Höchstgebietende ja so wenig die Ersetzung von mir zugewarten / als ich sie nimmermehr zuerlegen weiß. Aber diese Liebe Trähnen (die er mit dem Finger aus den Augen wischete / und auff den Tisch warff) sollen hieselbst zum Zeugnis vertroknen / daß wofern ich leben sol / ich nicht völlig werde glůkselig seyn können /als lange mirs an gelegenheit mangelt / mein Herz sehen zulassen / wie gerne es den Anfang der Zahlung seiner unzählichen Schuld machen wolte / welche völlig abzutragen / des Himmels Reichtuhm erfodert. Aber O mir gar zu verhaffteten! wie sol ich eure hochgeneigete Freundschafft und Hulde / Hochgebohrner Herr Pharnabazus / Herr Mazeus / Fr. Roxane / Frl. Barsene / wie sol ich immermehr ihnen erwiedern /was ich von ihnen ohn maß empfangen habe? Lasset euch / bitte ich / des gütigen Gottes Art gefallen / der mehr Vergnügung an der Wilfährigkeit / als an Geschenken hat / und versichert euch doch / daß ich kein Vermögen sparen wolte / wañ mirs beywohnete / da ich nun wegen mangel nur Wort-Speisen [608] auffzutragen genöhtiget werde. Niemand war über Tische / dem die klaren Trähnen nicht in den Augen gestanden währen; Das Frauenzimmer aber fing überlaut an zu weinen /und Arbianes wahr der Ohmacht am nähesten. Diese Traurigkeit nun in etwas zulindern / foderte Herkuliskus die Harffe / und mit einem Liebes-brennenden Angesichte / sang er folgendes Lied in Griechischer Sprache:


1
Wann mein Wunsch in Krafft bestünde /
Und mein wollen / können fünde;
Solte meine Dankbarkeit
Feste stehn zu aller Zeit.
2
Wann die Hände könten zahlen /
Was Gedanken wol abmahlen /
Solte meine Dankbarkeit
Feste stehn zu aller Zeit.
3
Aber O! von Armut wegen /
Kan ich gar kein Zeichen legen;
Drumb steht meine Dankbarkeit
Nur im wollen allezeit.
4
Ja mein Herz / sih wie es gehet;
Wer zu hohe Gunst empfähet /
Und mehr als er tragen kan /
Schauet niemand frölich an.
5
Wer zu schwer wird überladen /
Wann er muß durch Fluten waden /
Trägt vergebens seinen Sin
Nach dem fernen Ufer hin.
6
Herz / jezt lernestu gar eben /
Mehr zu nehmen als zu geben;
Solte das nun Tugend seyn;
Währstu voller Tugendschein.
7
Doch du hast zwar nehmen müssen.
Drumb wird Gott zu lohnen wissen /
Was ein schwacher Schuldes-Mann
Durch sich nicht ersetzen kan.

Der GroßFürst erhohlete sich unterdessen / und die weiblichen Trähnen wurden gestillet / daß auch Arbianes sich wieder erinnern kunte / wo er wahr / und gab Herr Mazeus nach GroßFürstlichem Befehl / unserm Herkuliskus diese Antwort: Durchleuchtiger /und von Himlischer Gunstreichbegabeter Herr Herkuliskus; GroßFürstl. Durchl. allerseits / hält die hohe Danksagung vor überflüssig / weil sie ichtwas geleistet zuhaben / sich nicht erinnern können / das eure Vollkommenheit nicht hundertfach verdienet hätte; wünschen nichts mehr / als daß ihnen Freyheit gegönnet werde / euch zeit ihres Lebens Elter- und Brüderliche Liebe zu erweisen / erbieten sich bey GroßFürstlichen Ehren / es an keinem ermangeln zulassen / was in ihrem Vermögen stehet. Auch wird mein Herr sich erinnern / was unser allerseits Gn. GroßFůrst sich neulich gegen ihn erboten / aber er selbst åidlich geunwilliget / und sich widersetzet hat. Seine GF. Durchl. aber zweifelt nicht / ihm werde gelegenheit zustossen / auch am bewusten Orte ihm seine gewogenheit und våterliches Herz sehen zulassen. Darauff trat Herkuliskus zu dem GroßFürsten / setzete sich auff seine Knie / und kůssete ihm die Hände in kindlicher Neigung / biß ihn derselbe auffrichtete / und zu ihm sagte: Mein geliebter Sohn / ich hoffe / die gütigen Götter werden uns verleihen / uns untereinander bessere Freundschafft zuleisten / als bißher geschehen. Er hingegen wendete ein / er håtte schon gar ein übriges empfangen / machte sich hin zu der GroßFürstin / und wolte sich auch vor ihr niderlegen / welche ihn aber umfing / und nach erteiletem mütterlichen Kusse sagete: Mein Sohn / die Götter wollen euch beystehen; ein mehres wolte die herzbewägende Traurigkeit nicht zulassen. Arbianes meynete / die Ordnung würde nun an ihm seyn / empfand aber in seinem Gemüht nicht / wie er sich verhalten solte; welches Herkuliskus merkend / zu ihm sagete: Hochgeliebter Fürst / wir werden hernach allein bequemere gelegenheit haben / uns vor dißmahl zuletzen; wendete sich zu Pharnabazus / ihm Ehre zubeweisen / welches er aber nicht zugeben wolte / sondern ihm wider seinen Willen die zarte Hand küssete / einwendend /[609] es wåhre gar zu viel / daß er sich auch gegen seine Wenigkeit bedanket hätte / da ihm doch keine Gelegenheit zustossen wollen / ihm auffzudienen / die er gleichwol zusuchen / höchst wolte geflissen seyn. Mazeus taht desgleichen / und erboht sich mit alle seinem Vermögen. Hernach trat er hin zu Frl. Barsenen /die sein halbzitternd erwartete / küssete ihr die Hand /und meldete in Höfligkeit / wie er sich der erzeigeten Gunst unwirdig schätzete / baht umb stetswehrende gewogenheit / und verpflichtete sich mit vielfältigem erbieten / ihr steter Diener zubleiben / als viel sein Vermögen ohn einige Bedingung leisten könte; wie ihm dann sein Herz eigentlich zutrüge / sie würden in beståndiger Freundschafft noch manniche Zeit leben. Das Fräulein währe lieber mit ihm allein gewesen /umb ihre Liebe zu guter lezt zubezeugen / und seiner Zusage ihn zuerinnern / weil es aber Zeit und Orts gelegenheit nit gönnete / muste sie es vertragen / wünschete ihm mit gebrochener Stimme des Hi elsSchutz / und bedankete sich aller geschehenen Ehre. Es hatte Fr. Roxane seine Worte angehöret / welche sie alle ungleich deutete / und auff eine hitzige Liebe zog; Sie wuste fast nicht / ob sie ihm hold oder ungeneigt seyn solte / weil sie in den Gedanken stund / er ginge mit gefährlichem Vorsatz umb / ihre Frl. Schwester zuverleiten / und war ihr nicht so gar unangenehm / daß er seine Reise nunmehr fortsetzen würde. Herkuliskus hatte aus unterschiedlichen Stachelreden / auch von dem Fräulein selbst vernommen / wessen sie gegen ihn gesiñet war / welches er ihr doch nicht verargete /stellete sich auch vor dißmahl überaus freundlich gegen sie / und nach geendigter Danksagung / hielt er bitlich an / mit ihm einen kurzen Abtrit zunehmen /weil vor seinem Abscheide er gar ein wenig mit ihr absonderlich zureden hätte. Sie bestũrzete hierüber /und zweifelte nicht / es würde die Offenbahrung seiner Liebe gegen das Frl. betreffen / welche einzuwilligen sie durchaus nicht gesinnet wahr / weil sie mit der Groß-Fürstin die Heyraht ihres Bruders zimlicher massen schon beredet hatte; wegerte sich demnach höflich / mit ihm zugehen / biß ihr Gemahl ihr solches gebot. So bald sie im Neben Gemache sich allein befunden / küssete er ihr die Hand / und brachte vor / er hätte vorerst ihr eine grosse Heimligkeit zuentdecken / und hernach eine freundliche Bitte abzulegen / wañ er ihrer Verschwiegenheit könte versichert seyn. Sie bildete ihr den vorigen Wahn so fest ein / daß sie gänzlich meynete / es würde die Anwerbung darauff erfolgen / und gab ihm zur Antwort: Es möchte vielleicht eine solche Heimligkeit seyn / welche sie zuwissen nicht begehrete; wann dann eine unmögliche Bitte darzu kommen solte / wũrde er nur ihre gute gewogenheit in Zweifel zihen da sie ihm doch von herzen alles gutes gönnete. Herkuliskus lachete dieser Sorge bey ihm selber / wolte sie doch etwas besser prüfen / und sagte weiter: Sein höchstes Vertrauen hätte er auff ihre Gütigkeit gebauet / wolte auch nicht hoffen / dz sie ihm ihre Gutwilligkeit versagen würde; Die Heimligkeit währe so beschaffen / daß sie noch zur Zeit kein Mensch / als sie / wissen dürffte / deren Nohtwendigkeit die hinzugefügete Bitte åusserst erfoderte / so daß er sich billich vor unglükselig schätzen müste / wann er bey ihr solte einen blossen schlagen. Ach mein geliebter Herkuliskus / antwortete sie / die Götter wissen / wie gerne ich ihm zugefallen bin / wegere mich auch nicht / nach seinem begehren zuschalten / dafern nur meine Frl. Schwester nicht mit eingemenget wird / weil dieselbe nicht mehr frey / sondern von der GroßFürstin und mir / einem trefflichen Herrn / ihrem nahen Anverwanten ehelich versprochen ist /ob sie gleich dessen selbst noch keine Wissenschafft träget. Ich [610] erfreue mich von Hertzen / sagte er / daß mein hochwertes Fräulein zu gutem Glük sol ausgesteuret werden / und weil meine liebe Freundin nicht gerne sihet / daß das Fräulein mit zugezogen werde /so ist solches eben mein begehren / frage nur noch einmahl / ob ich mich auf eure Verschwiegenheit verlassen darff; solte dann meine Bitte nicht können stat finden / woran ich doch im geringsten nicht zweifele /wil ich derselben gerne sie erlassen. Aber was frage ich lange nach eurem guten Willen / der mir durch so manniche Erweisung mehr als zu kund ist? Vernehme demnach meine hochwerte Freundin / meine grösseste Heimligkeit / die ich noch keinem fremden offenbahret habe; und was meynet ihr / herzgeliebete Frau Roxane / mit wem ihr redet? etwa mit Herkuliskus? Ja mit dem / der allen andern biß dahin Herkuliskus bleibet / nur allein euch nicht als meiner allervertrautesten Freundin. Es fing Fr. Roxane an vor Furcht zuzittern uñ beben / nicht anders gedenkend / er würde sich ihr offenbahren / daß er ein warhafftiger Gott währe; Er aber taht / als merkete er ihre Furcht nicht / und fuhr also fort: So höret nun meine Freundin / diese Heimligkeit / und wisset / daß ich so wenig mänliches Geschlechtes bin / als eure Frl. Schwester / sondern ihr sehet vor euch eines mächtigen Königes Tochter / des so offtgedachten Herkules Wase und versprochene Braut / Valiska. Ich sehe wol / meine Freundin / dz ihr gedenket / ich scherze; aber ach nein: die Merkzeichen sollen bald zeugen / was ich rede; öffnete hiemit ihren Busem / und ließ ihre zarten Brüste sehen; daß Fr. Roxane sich in höchster Verwunderung befand /und ihr diese Antwort gab: Allergnädigstes Fräulein /ich bedanke mich untertåhnigst der erzeigeten Gnade /wodurch sie ihre höchste Heimligkeit mir vertrauen wollen / und gelobe ihr hiemit äidlich / daß ich keinem einigen Menschen dieser Welt solches offenbahren wil / als lange sie es verschwiegen zuhalten mir gnådigst anbefihlet; uñ weil ich durch blinden Irtuhm eine sehr unbedachtsame Grobheit begangen / bitte ich umb gnädigste Vergebung. Herkuliskus fiel ihr umb den Hals / küssete sich lange mit ihr / und taht ihr zuwissen / daß um Erhaltung ihrer Jungfräulichen Keuscheit sie Jünglings gestalt angenommen / bähte /ihr nicht zuverdenken / daß sie Arbianes Schlafgeselle zuseyn sich bereden lassen / weil er sie noch diese Stunde vor einen Jüngling hielte / wiewol sie meist deswegen mit ihrer Reise eilete / dz sie des Verdachts möchte enthoben werden; Demnach sie aber nicht wüste / ob ihre Verstellung zu Charas gelten würde /möchte sie gerne auf allen fall uñ ingeheim ein weiblich Kleid bey sich haben / welches zu bezahlen sie Mittel gnug hätte / und diß währe die Bitte / welche sie zugleich ablegen wolte. Warumb gedenket mein Gn. Fråulein der Zahlung? antwortete sie; ich bin ja derselben wegen jezt erzeigeter Gnade mit viel einem mehren verbunden / und weil ich meiner Schwester gestriges Tages ein neues Kleid verfertigen lassen / da der UnterRock von einem Silberstük mit allerhand Farben durchwirketem Blumwerk / das Oberkleid aber von zarter weisser Seide ist / mit Perlen gestikt /wobey Strümpfe / Schuh / und anderer gebührlicher Zierraht sich findet / als wolle Eure Durchl. solches von mir gnådigst annehmen / und meines bereitwilligsten Herzens dabey eingedenke seyn. Herkuliskus bedankete sich davor herzlich / baht / sein mit grossen Königlichen Ehren-Nahmen zuverschonen / und erboht sich / wegen des versprochenen wolgefålligen Kleides alle Dankbarkeit sehen zulassen; håtte aber noch eine Bitte bey ihr abzulegen / als nehmlich / daß sie etliche geträue reitende Diener aussenden wolte /des Weges / welchen er kommen währe / um / in den[611] mit diesem

Merkmahl bezeichneten Herbergen zuerforschen / ob nicht ein oder ander fremder Ritter daselbst gewesen / der entweder nach Herkuliskus oder Valiska gefraget / massen sie nicht zweifelte / ihr Herkules oder wol andere mehr / würden nicht unterlassen / ihre Erlösung zubefodern. Fr. Roxane lobete ihr träulich an / ein solches erstes Tages ins Werk zurichten / und weil sie beyderseits sich fürchteten / es möchte ihr langes Gespräch den anwesenden verdächtig fallen / gingen sie wieder in den Saal / da Frl. Barsene in Furcht stund / er würde ihrer Fr. Schwester ihre Liebe anvertrauet haben. Es war die lezte Nacht /daß Arbianes seinen geliebeten Herkuliskus im Arme schlaffen hatte / bey dem er anhielt / es von seinem H. Vater zuerbitten / daß ihm möchte vergünstiget werden / mit nach Parthen zureisen / damit er umb so viel länger seiner lieben Geselschafft und Gegenwart zugeniessen hätte; welches er ihm zwar versprach / und doch zuleisten nicht gesoñen wahr / dann es wolte ihm der junge Herr schon zu geheim werden; daher er wegen der instehenden Reise sich nicht wenig freuete. Des folgenden Morgens lieferte ihm Roxane das Kleid in einem Wetscher / und betrübete sich Arbianes sehr / daß ihm mitzuzihen durchaus nicht wolte erläubet werden / und er also von seinem Herkuliskus den endlichen Abscheid zunehmen gezwungen ward /welchen er mit diesen Worten anredete: Die Götter sind meine Zeugen / herzgeliebeter Bruder / daß in Abwendung seines Unglüks / welches ihn vielleicht treffen möchte / ich weder Gut noch Blut sparen wolte / wann sich einige gelegenheit erzeigen würde; nachdem ich aber bey meinem Herr Vater nicht erhalten kan / daß mir die Reise gegönnet werde / bin ich gezwungen / mich auff dißmahl mit dem grösten Teil meiner Seele zuletzen / daß ich auch nicht weiß / ob mir das Glük verleihen wird / ihn dereins wieder zu sehen; wiewol ich das Vertrauen zu den himlischen Göttern habe / sie werden nicht zugeben / dz die allerschönste tugendhaffteste Menschenzucht in Ehren-und Lebensgefahr gerahte; welche Hoffnung mir die Verheissung tuht / ich solle meinen Herzensfreund nicht gar verlieren / sondern (welches ich wünsche) in hohem Ehrenstande mit Koniglichen Gnaden überhäuffet / wieder antreffen; Inzwischen wil ich ihm des Himmels Schutz helffen erbitten / nicht zweifelnd / er werde mir sein versprochenes in der ferne nicht ersterben lassen / sondern die angefangene Freundschafft und tråue Auffrichtigkeit halten / welches bey Verpfändung meiner Seele von mir sol geleistet werden; fiel ihm mit diesen Worten umb den Hals / und in dem er ihn unterschiedliche mahl küssete / sagete er: O wie glükselig würde ich seyn / wann mir vergönnet währe / des Unglüks helffte über mich zunehmen / da meinem Seelen-freunde sonst einiges von dem Verhängniß angedräuet wird. Mein hochwerter Fürst /antwortete Herkuliskus / er wolle sich / bitte ich /meines künfftigen ergehens so hoch nicht annehmẽ /sondern vielmehr sich versichern / daß mein Muht dem Hi el noch viel ein mehres trauet / da ich ihm dann hiemit brüderlich verheisse / aus diesen Morgenländern nicht zuweichen / ehe und bevor ich an seiner beliebeten Gegenwart auffs neue mich ergetzet / und die angeschürzete Liebes Bande fester geknüpffet habe. Wendete sich darauff zu der GroßFürstin und anderen anwesenden / und nach abermahl genommenem Abscheide / befahl er sich ihrer beharlichen Gnade und Gewogenheit / setzete sich neben den GroßFürsten auff seine Leib-Gutsche / und in Begleitung 200 Reuter / die von Pharnabazus und Mazeus geführet wurden / eileten sie auffs geschwindeste fort / die Parthische Häuptstadt Charas zuerreichẽ.

[612] Ladisla und Fabius samt Leches und ihren neuen Dienern / hatten in Assyrien gute Geselschafft angetroffen / mit denen sie in zimlicher Sicherheit fast die Persischen Grenzen berůhreten / da dem guten Fabius gar ein schweres Unglůk zusties / als sie im Gehölze einẽ engen Weg ritten / und wegen Räuberischen anfalles gute Auffsicht haben musten / welcher Ursach halben Ladisla vor dem Hauffen / Leches in der Mitte / und Fabius hinten nach ritte. Als nun dieser / umb das sein Pferd stallen wolte / sich ein wenig bey einem trummen umbwege verspåtete / und eines Steinwurffs zu rücke blieb / nahmen dessen vier junge verwågene Räuber wahr / die ihm Pusche sich verborgen hielten / schossen ihm das Pferd alsbald nieder /und sprungen auff ihn zu / da er unter dem Pferde lag / hielten ihm das Maul zu / bunden ihm die Hånde /und führeten ihn mit sich ins Gesträuche / da sie ihm die Augen verbunden / den Harnisch abzogen / und alsbald zuerstechen dräueten / dafern er nicht willig mit fort gehen würde. Fabius wahr übermañet / muste mit springen / und wahr ihm das ungelegenste / daß man ihm das Maul geknebelt hatte / und sich solcher Gestalt eine grosse Meile muste treiben lassen; endlich / da er dieser Beschwerung entnommen wahr /gab er mit wenig Persischen Worten zuverstehen / sie möchten ihn als einen Ritter handeln / er wolte als ein Gefangener ihres Willens leben. Diese aber kehreten sich hieran wenig / sondern führeten ihn mit gefesselten Armen nach dem Fürstentuhm Susiana / und da sie etliche Meilen ohn auffhören fortgelauffen wahren / und sich keiner Nachfolge mehr zubefahren hatten /frageten sie / wer er wåhre / und ob er Geld bey sich hätte. Er gab vor / er hiesse Kleon / währe ein gebohrner Grieche / håtte mit niemand Feindschaft / triebe auch kein gewerbe / ohn daß er als ein schweiffender Ritter seinem Glük nachzöge: Die Geselschaft / mit denen er gereiset / währen reiche Kauffleute / deren einer ihm ein zusammen gewickeltes kleines Tůchlein zuverwahren gegeben / möchtẽ wol köstliche Sachen drinnen seyn / die er ihnen gerne einhåndigen wolte; überreichte ihnen hiemit etliche zusa en gebundene Kleinot ohngefehr 8000 Kronen an wert; über welche die Räuber sich höchlich freueten / und ihm die Wahl zur sonderlichen Gnade gaben / ob er lieber sterben /oder sich verkäuffen lassen wolte. Er empfand hieraus schlechten Trost / und gab ihnen zur Antwort; dafern er so bittselig seyn könte / das ihm Leben und Freyheit geschenket würde / wolte er sich äidlich verpflichten / es an ihrer keinem zueifern; währe es aber ja nicht zuerhalten / bähte er um Lebensfristung / und daß sie ihn einem vornehmen Herrn verkauffen möchten. Nein antworteten sie / wir bieten dich nicht weiter aus / als an einen / welcher dich nach Willen selbst behalten / oder weiter verhandeln wird. Weil er nun die Bremsen nicht reizen / noch diese Buben mit unangenehmen bitten erzürnen wolte / ergab er sich ihrem Willen / nur daß sie ihm die Hände frey lassen möchten / nachdem er ihnen nicht entlauffen könte; welche Gnade er in so weit erhielt / daß ihm dannoch die Arme mit einem Stricke aneinander gebunden wahren / und er deren sich nicht frey gebrauchen kunte. Er gelebete noch immer der Hoffnung / Ladisla würde seines abwesens zeitig inne werden / und umb seine Erlösung sich bemühen: aber alles vergeblich /weil die ganze Geselschaft ihn vor spätem Abend / 6 Stunden nach seinem Verlust / nicht misseten / da sie auff einem breiten Platze sich samleten / und Ladisla nach ihm umsahe / endlich ihm mit Nahmen rieff /und fleissig nachfragete / ob nicht jemand umb ihn Wissenschaft trüge. Man befand zwar / daß er nach gemachtem Schlusse sich anfangs [613] hinter der Schaar gehalten / währe aber in 6 Stunden daselbst nicht gesehen / so daß man gedacht / er wůrde neben hin geritten seyn / und unter andere sich vermischet haben. O mein Bruder / sagte hierauff Ladisla / so bistu gewißlich in Unfal gerahten / und wol gar erschlagen; wendete damit sein Pferd umb / in meynung / den Rükweg zunehmen / und ihn zusuchen; aber Leches redete ihm ein; es währe später Abend und in der Wildnis / da nicht allein Räuber sondern auch die wilden Tihre zu fůrchten; so müste man einen Weg von sechs Stunden reiten / welches den Pferden ja unmöglich fallen würde; zwar er wåhre bereit zu folgen /doch hielte er vor rahtsam / den Pferden etliche Stunden Futter und Ruhe zu gönnen / ob man etliche von der Geselschaft vermögen könte / in früher MorgenStunde mit zu reiten / und Nachsuchung zu tuhn. Ach Leches / antwortete er; inzwischen kan er gar umb sein Leben kommen. Die Götter werden ihn behůten /gab er zur Antwort / und solchẽ Unfal von ihm abwenden. Ladisla sahe daß er gezwungen diesem Raht folgen muste / hielt auch bey der Geselschaft an / des folgenden tages in dem Flecken zu verweilen / biß er entweder seinen Gesellen angetroffen / oder zum wenigsten einige Kundschaft von ihm eingezogen hätte; die zehrungs kosten / wie hoch sie lauffen würden /wolte er gerne abtragen. Dieses erhielt er nicht allein bey ihnen / sondern sie erbohten sich ůberdaß / mit ihm zu reiten; machten sich auch früh Morgens auff /und zogen des vorigen Weges / biß sie sein erschlagenes Pferd antraffen / auff welchem der Wetscher noch unversehret / unter dem Reitmantel gefundẽ ward / welchen sie ablöseten / uñ zu sich nahmen /weil auff die 150000 Kronen wert Kleinot darinnen wahren. Ladisla gingen die Augen über / und kunte nicht ersinnen / wie diß möchte zugangen seyn / biß einer aus der Geselschaft anzeigete; er erinnerte sich /daß er dieses Orts etwas zurücke blieben wåhre / und můsten etliche verborgene Räuber ihn unversehens überfallen / und mit sich hinweg geführet haben. Dessen muß ich gewissere Zeichen suchen / sagte Ladisla; stieg mit XXV Mannen ab / und durch kroch die Püsche hin und wieder / biß sie sein Harnisch und Schwert funden / woraus sie gewisse Hoffnung fasseten / er müste nicht erschlagen / sondern gefangen hinweg geführet seyn; zweiffelte auch nicht / er würde seiner Verschlagenheit nach / schon Mittel finden /sich loß zu machen / worzu ihm die kostbahren Kleinot / die er bey sich fůhrete / könten behülfflich seyn. Also kehrete Ladisla mit der Geselschaft wieder umb / und nam Fabius Harnisch / Schwert und Pferde Zeug mit sich. Inzwischen muste der Gefangene Kleon (also werden wir Fabius eine Zeitlang nenen) auch noch diesen ganzen Tag bey geringer Speise biß in die sinkende Nacht eilig fort traben / wie auch des folgenden tages biß an den Mittag / da sie in einem geringen Flecken ankahmen / und bey ihrem bekanten Wirt einkehreten / dem sie den Gefangenen umb 100 Kronen zukauffe bohten; nachdem aber Kleon auff des Wirts Frage / was er gelernet håtte / zur Antwort gab / daß er ein Kriegsman / und keines Handwerks kündig währe; sagete dieser: Mit solchem nichts werten Menschen ist nichts bessers anzufahen / als daß man ihn erschlägt; dañ weil ich ihn nirgend zu lassen weis / werde ich nicht hundert Pfennige vor ihn außzahlen. Kleon wahr in augenscheinlicher Gefahr seines Lebens / weil die Räuber der Mühe verdroß / wel che sie / ihn mit zuführen / angewendet hatten / daher sie sich über ihn machten / ihm die Kleider abzuzihen / uñ nachgehends den Kopf einzuschlagen; würde auch dem tode nicht entgangen seyn / wo er nicht diese List erdacht / [614] und bey dem Wirt angehalten hätte / er möchte ihm ein Wort absonderlich hören /so wolte er ihm schon Ursach melden / warumb er ihn käuffen solte; uñ als sie allein wahren / sagte er zu ihm: Mein Herr / da ich von diesen vieren gefangen ward / und verstund / daß ich solte verkauft werden /wuste aber / daß ich keine Handkünste gelernet hatte /wolte ich dannoch meinem Käuffer in andere Wege Ergezligkeit machen / und habe diesen Schaz heimlich bey mir verwahret / welchen ich euch liefern wil /möget euch wol versichern / daß er mit gutem Willen umb 6000 Kronen-kan verkauft werden: So nehmet ihn nun zu euch / daß es diese nicht erfahren / und ich mein Leben behalten möge / weil ja niemande mit meinem Blut kan gedienet seyn; ob ich auch gleich kein Künstler bin / wil ich mich doch in die Hand Arbeit / und was einem Knechte oblieget / wol zuschicken wissen; ůberdaß findet sich wol ein grosser Herr der mich käufft / daß ich ihm die Pferde abrichte /oder wol seine Kinder in fremden Sprachen unterweise. Der Wirt nahmens Orsillos / besichtigte die Kleinot / fand sie köstlich / und sagete: Du hast durch diese Bedachtsamkeit klůglich gehandelt / und nun zweifele nicht / ich wil dich käuffen / und umb ein geringes Geld dich einem guten Herrn zuführen. O wie froh ward Kleon / daß er Lebensversicherung bekam; er erboht sich zu aller möglichẽ Auffwartung / und ging mit dem Wirt in die Stuben / welcher zu den Räubern sagete; es hätte ihn dieser arme Tropf durch viel bitten vermocht / daß er ihn kåuffen wolte; ward also mit ihnen umb 80 Kronen eins / die er baar erlegte / und seinen Kleon alsbald in den Pferdestal jagete /denselben außzumisten; wohin er sich willig verfügete / umb daß er daselbst seine annoch übrigen Kleinot / die er unter den Kleidern am Leibe trug / verbergen möchte / welche eine Tonne Schaz am wert ůbertraffen; nach welcher verrichtung er mit der Arbeit / ehe man sichs versahe / fertig wahr / da ihn gleich einer nach dem Hause rieff / die Kleider abzulegen / welche die Räuber bey dem kauffe ihnen vorbehalten hatten. Nun wahr er hierzu gar willig / uñ mit den geflicketen Lumpen / die man ihm zuwarf / wol zufrieden; weil er aber im außzihen merkete / daß noch ein Ring in dem Hosenfutter verborgen wahr / gab er seinem Herrn einen Wink / daß Kleid nicht aus der Hand zu lassen /ob ers gleich dreyfach bezahlen solte; welcher seine Rechnung leicht machete / daß noch ein Vortel müste verhanden seyn / uñ daher die Räuber mit 30 Kronen befriedigte; vorgebend / es stünde das Kleid seinem Leibeigenen so zierlich / daß er in demselben ihn umb ein zimliches teurer als sonst zuverkäuffen hoffete; und zwar dz außgelegte Geld reuete ihn nicht / massen nach der Råuber Abscheid er einen Demant Ring auff 1200 Kronen dariñen fand / dessen er sich freuete / und zu Kleon sagete; weil du mir auch noch diesen Vortel hast gönnen wollen / soltu mich wieder gnädig finden / und wil dich in Speise und Kleidung besser als die andern halten. Also muste dieser Held allhier 5 Wochen als ein Leibeigener dienen / da ihm täglich gar ein wenig warme Speise zum groben Brodte / und ein TrunkWasser gereichet ward / muste unterdessen die Viehställe misten / die unflätigen Winkel reinigen Holz hauen / Wasser tragen / und dergleichen schwere und unflätige Haußarbeit mehr verrichten / und zwar ohn einige gegöñete Tagesruhe biß in die sinkende Nacht; alsdañ gab man ihm eine dünne Sträu im Viehstalle / worauff er mit geschlossenen Füssen ruhen muste. Drey Mägde wahren im Hause / von zimlicher Frecheit / welche sich seiner guten Gestalt gelüsten liessen / und ihm sehr nachgingen / daß er Mühe hatte / sich ihrer zu erwehren / ja des Wirts Weib [615] selber / wie alt sie gleich wahr / begunte ihn ungebührlich anzusprechen. Vier Tage verschonete ihn sein Herr mit schlågen / aber am fünfften suchte er Ursach an ihn / umb zuerforschen / wie er sich in die Peitsche schicken wůrde / striegelte ihn auch so elendig ab / daß er fast am ganzen Leibe blutstrimig wahr; welches er vor dißmahl mit möglicher Geduld auffnam; als ihm aber solches zu unterschiedlichen Zeiten begegnete / nam er ihm vor / diesen Jammer durch den Tod zu endigen / und zuvor seinen wůterischen Herrn zuermorden; jedoch erhohlete er sich durch Standhaftigkeit / und ward nach Verlauff dreier Wochen zu rahte / denselben zu bitten / er möchte ihn etwa in eine Stad führen / ob sich irgend ein Kaufman fünde / der ihn seinethalben vergnůgete. Dieses setzete er folgendes tages ins Werk / aber mit seinem grossen Unglük; dañ Orsillos schlug ihn mit einem Ochsenstecken so jåmmerlich / daß er drüber in Ohmacht niederfiel; hernach redete er ihn mit diesen an: Du leichfertiger fauler Schelm / woltestu mir vorschreiben / wie ichs mit dir anschlagen sol? Eja / bistu meiner Knechtschaft bereit überdrüssig? harre nur / wir můssen uns was besser beriechen / ehe wir uns scheiden; ich habe etliche Tage her an dir wol gespůret /daß du nicht mehr so hurtig zur Arbeit bist wie vorhin; aber ich werde dir den Brodkorb umb so viel höher knůpfen / daß dir der Kitzel vergehe; wobey dieser Ochsenstecken das seine auch tuhn sol: Du ungeschikter Esel kanst mir kinen Groschen erwerben /wovor sol ich dir dañ das fressen geben? Der gute Kleon verdåuete auch noch dieses Fruhstük mit Geduld / uñ nach dem er sich erhohlet hatte / gab er zur Antwort: Mein lieber Herr / eben dieses / dz ich nichts verdienen kan / gehet mir auch zu Herzen / daß ich gedachte / euch möchte etwa mit dem Gelde mehr / als mit mir gedienet seyn; weil ich aber sehe / daß euch solches nicht zuwillen ist / wil nach diesem mit so ungenehmer Anmuhtung ich euch nicht mehr beschwerlich seyn. Daß wil ich dir auch nicht rahten /antwortete er / wo du Hund sonst dieser Schläge forthin můssig gehen wilt; ich bedarf deines nicht werten Rahts gar nicht / und werde schon selber wissen / wie ichs mit dir anfahen sol. Mit diesem Troste ging der elende Kleon wieder an seine Arbeit / und stunden ihm die Augen vol Trähnen. Ach ihr Götter / sagte er / wodurch habe ich dise schwere Busse verdienet? O Herkules! O Ladisla! O mein lieber Vater! O meine Ursul! werdet ihr euch auch wol einbilden können / in was vor Schmach ich mein unseliges Leben fůhre? Hiemit ergreif er eine Holzaxt / des Vorsatzes seinen Herrn damit zuerschlagen; aber sein guter Geist mahnete ihn noch dißmahl ab; jedoch schwur er bey sich selbst einen äid / dafern sein Elend inwendig drey Wochen nicht solte gelindert werden / wolte er versuchen außzureissen / ob er gleich darůber sterben solte. Es verlieffen aber nur zwo Wochen / daß ein Frey Herr desselben Landes daselbst durchreisete / welcher zwar in eine andere Herberge einkehrete / aber doch etliche Diener bey Orsillos einlegete; mit deren einem machete Kleon Kundschaft / und fragete ihn / ob nicht sein Herr eines Knechtes benöhtiget währe / der ihm junge Pferde abrichtete / dz Gewehr putzete / oder seine junge Herrlein in Lateinischer und Griechischer Sprache unterrichten und zu allerhand Ritterspielen anführen könte / alsdann wolte er nicht allein ihm tråulich dienen / sondern das Geld / welches er heimlich verborgen hätte / selbst außzahlen / damit er seinem jetzigen Herrn könte abgekauffet werden. Dieser zeigete ihm an / ob sein Herr solches gleich gerne tuhn wolte / dürfte er ohn seines Gemahls vorwissen es nicht wol wagen / als welche ihn nicht anders [616] als einen StokNarren handelte. Mein Freund / antwortete er / lieber seyd mir zugefallen mit dieser Werbung /und wann ihrs dahin bringet / verspreche ich euch einen Ring von 50 Kronen zur Verehrung. Dieser meynete nicht / daß ein so lausichter und lumpichter Knecht (massen er vol Unziefer wahr) von solchen Mitteln seyn solte / daher wolte er den Ring zuvor sehen; welcher ihm nicht allein gezeiget / sondern alsbald geschenket ward / mit trähnender Bitte / ihm behülfflich zu seyn / daß er diesem unbarmherzigen Herrn möchte entrissen werden. Dieser trug Mitleiden mit ihm / sahe aus seinen Geberden / daß er kein gemeiner Sudelknecht wahr / und ging hin zu seinem Herrn / ihn alles zuberichten; welcher antwortete: Ein guter Bereiter stünde mir nicht übel an / und wann ich ihn ůber das noch ohn meine Kosten erhalten kan /habe ich nicht ursach / ihn auszuschlagen. Der Knecht verständigte Kleon dessen / welcher mit ihm anlegete / wie er sich weiters verhalten solte; der auch alsbald hin zu Orsillos ging / und ihn fragete / ob sein leibeigener Kleon ihm feil währe; sein Herr währe eines benöhtiget / den er mit dem Fürsten verspielet hätte /und möchte ihm so bald diese Gelegenheit / ein zimlich Stück Geldes aus ihm zulösen / nicht zustossen. Orsillos gab zuverstehen: Der Leibeigene währe ihm lieb / weil er dreyer Mannes Arbeit verrichten könte /jedoch schlüge er ihn wol loß / wann er ihm gebührlich bezahlet würde; aber unter 1500 Kronen währe er ihm nicht feile / gegen deren Auszahlung er ihn in guter Ritterlicher Kleidung liefern wolte. Das währe viel vor einen solchen Sudelknecht / antwortete dieser; jedoch wil ichs meinem Herrn hinterbringen; ging aber zuvor nach Kleon / und taht ihm bericht wegen des hohen Preises. Demselben sprang das Herz vor Freuden in seinem Leibe / stellete sich doch traurig /und sagete: Es wůrde nicht raht seyn / ihn mit vielem Dingkauffe aufzuhalten / damit er nicht rükfällig würde / und wůste doch eigentlich nit / ob er so viel zuwege bringen könte; er hätte ein Kleinot / in welchem alles sein Vermögen bestůnde / verhoffete auch / wann er in einer grossen Stad wäre / solte mans so hoch wol ausbringen. Davon weiß ich guten Bericht zugeben / sagte dieser / weil ich V Jahr bey einem Kleinod-macher gedienet habe / und möchte vielleicht mein Herr das Geld wol selber vor das Kleinot erlegen / da es so viel austragen kan. Kleon nam aus seinem Winkel ein weiblich Bruststük hervor / welches über 2500 Kronen gelten kunte / boht es diesem dar /und sagete mit trauriger Stimme: O ihr Götter / gebet / daß dieser mein Schatz mich selber zubezahlen /gültig gnug seyn möge. Der Diener / nach kurzer Besichtigung / sahe / daß es doppelt so viel gelten kunte / als Orsillos foderte / ließ sichs doch nicht merken /sondern erboht sich / Fleiß anzuwenden / daß es verkaufft würde; und wann ich (sagte er mit lachen) es einem über seinem Wert anschmieren könte / wůrde mir ja solcher Vortel wol gegönnet seyn. Ja wanns viel tausend Kronen austrüge / antwortete er / wolte ich ihm solches von herzen gönnen; nur bitte ich /mein Freund wolle nicht seumen / damit mein Herr sich nicht eines andern bedenke. Dieser verfügete sich alsbald zu seinem Herrn / zeigete an / der Leibeigene håtte ein Kleinot / welches nicht sonders köstlich /hoffete aber / es dem Wirte in dem begehreten Preise anzubringen / daß der Leibeigene damit gekaufft würde; ging auff erlangete Vollmacht zu Orsillos /lieferte ihm das Kleinot Pfandsweise / und zeigete an /weil sein Herr jetzo auff der Reise so viel Baarschafft nicht entrahten könte / solte es drey Wochen bey ihm stehen / und alsdann mit 1500 Kronen ausgelöset werden. Also ward Kleon ins Haus geruffen / [617] zu dem sein Herr sagete: Deine Haut ist nun verkaufft / so nim nun diese deine vorigen Kleider / und lege sie an / weil ich dich zuliefern gedenke / wie ich dich empfangen habe. Dieser kunte vor Freuden nicht antworten / taht doch nicht / als wann ihm groß drumb währe / wiewol er sich auffs beste putzete / seinem neuen Herrn zugefallen / nachdem er seine trefflichẽ Kleinot wieder zu sich genommen hatte. Orsillos führete ihn hin / trat anfangs allein vor Nabarzanes / und berichtete / er währe da / seinen verkaufften Leibeigenen zuliefern / welcher auch alsbald hinein gefodert ward. Bey seinem Eintrit taht er seinem Herrn grosse Ehrerbietung / der ihn auff Griechisch fragete / aus welchem Lande er kähme / und was sein Gewerbe wåhre. Er hingegen ließ gnugsam erscheinen / daß ob er gleich einen grossen Teil seines Fleisches verlohren /er doch sein gutes Herz und Höfligkeit annoch unverlezt hätte / und fing also an: Hochgebohrner gnädiger Herr; daß Eure Gn. von der schnöden unsaubern Arbeit mich loßzuwirken / gnädig eingewilliget hat / davor bedanke ich mich untertähnig und von herzen; mein Stand / der Geburt nach / ist ohn Ruhm zumelden / frey / und von Griechischem Adel / und bin nie dienstbar gewesen / ohn daß vor wenig Wochen mich etliche Råuber hinterlistiger weise gefangen /und gegenwårtigem Orsillos dem unbarmherzigen und Feinde alles ådlen Geblüts / verkaufft haben; Ich bin von Jugend auf zu den freyen Künsten / nachgehends zu den Waffen gehalten; im Pferde bereiten hoffe ich die Gebühr zuleisten / und was sonst vor ritterliche übungen von mir erfodert werden. Einem solchen Diener / sagte Nabarzanes / habe ich lange nachgetrachtet / und währe unbillich / daß du mit unflätiger Arbeit länger soltest beladen seyn; Wirst du dich nun getråu und fleissig bey mir halten / soltu bessern und gelindern Herrn dir nicht wünschen. Kleon bedankete sich der angebohtenen Gnade untertähnig / und hielt um Vergũnstigung an / wenig Worte mit gegenwärtigem Orsillos zureden / nach deren Erlangung er zu ihm sagete: Höret ihr greulicher Wüterich; ich erinnere euch zugleich / was vor einen ansehnlichen Schatz ich euch bald anfangs eingeliefert / und dadurch eure Gunst und freundlichere Pflegung wol verdienet hätte / wie ihr mir aber solches vergolten / und diese fünff Wochen mit mir umbgesprungen seyd / wird euch noch in frischem Andenken seyn / verheisse demnach hinwiederum und an äides-stat / daß wann mir schier heut oder morgen vor meine geträuẽ Dienste meine Freyheit wieder werden solte / ich nicht ruhen wil / biß ich euch aller Woltaht halber baar und mit vollem masse bezahlet habe / weil meine begierden mich ohn das allemal zur Dankbarkeit anreizen / und ich nicht gerne schuldig bleibe / erbiete mich daneben / daß ich mit der Götter hülffe bald kommen / und meine versetzeten Kleinot samt dem lezten Ringe (weil sie mir nur mit Schlägen haben wollen bezahlet werden) einlösen wil. Ja kom nur / wañ dichs gelüstet / sagte der verwågene Orsillos / die Kleinot (ich meyne den Ochsenstecken und die Peitsche) hangen noch an ihrem gewöhnlichen Orte / und können dir / so offt du mit lusten darnach bist / zu aller gnüge mitgeteilet werden /wiewol ich mich von herzen herme / daß ich dich verkaufft / und nicht vielmehr lebendig ans Kreuz geheftet / oder den Hunden zur Speise vorgeworffen habe. Behaltet diese Antwort in eurem Gedåchtniß / sagete Kleon / ich hoffe euch derselben dereins in aller Güte zuerinnern / da euch erst der jeztgedachte Reuel recht kommen dürffte. Dein dräuen / und eines Sperlinges zwitzern gilt mir gleich / sagte Orsillos / und wann ich übel wolte / könte ich mit dir als einem Leibeigenen verfahren / dz du einem [618] freyen Persen und Susianer dräuen darffst. Ich habe kein Dräuwort aus meinem Munde gehen lassen / antwortete er / und wollet ihr mit mir vor die hohe Landes Fürstliche Obrigkeit treten / hoffe ich euch zuüberbringen / daß ihr ein Feind und Schänder des ganzen Adels seyd. Dieser wolte sich so weit nicht einlassen / sagte mit wenigem: Ein leibeigener hat keine Ehre / einen Freyen zubeschuldigen / als welcher immerzu Lügen redet wider seinen Herrn / der ihm hart gewesen ist / welches du mehr / als nie keiner / verdienet hast; und ging damit hinweg. Nabarzanes wolte seinen neuen Diener prüfen / wie ihm das reiten anstünde / und befand ihn darin so vortrefflich / daß er bekennete / ihm währe seines gleichen nie vorkommen. Des folgenden Tages sehr früh brach er mit seinem Gesinde auff /daß er noch vor Abends sein Schloß erreichen möchte; Er hatte sechs gewapnete freye Knechte / und drey Leibeigene bey sich / da Kleon den vierden gab / der seinen Herrn fragete / ob ihm wegen der Gefahr der Räuber nicht vergönnet währe / Harnisch anzulegen /damit er auff Begebenheit vor seinen Herrn streiten /und sein Blut behutsam wagen könte. Nun wahr Nabarzanes ein hochmuhtiger Narr / und gewaltiger Großsprecher / aber dabey so eine feige Mämme / daß ihn der Blåttergeräusch an den Bäumen erschrecken kunte / dannoch wolte er seinen neuen Diener nicht offentlich beschimpffen / sondern sagte auff sein begehren: Gib dich zu frieden Kleon / und fürchte dich nicht zuhart deiner Haut / ich bin meiner Fäuste selbst mächtig gnug / und solt vor Wunden schon geschützet werden; überdas habe ich wehrhaffte freye Diener gnug bey mir / und wil dich zu nirgend / als meine zween junge Söhne erster Ehe zulehren / und etwa ein junges Pferd abzurichten / gebrauchẽ / woneben du meine Rüstkammer unter handen haben / und die Waffen fein sauber halten solt. Kleon durffte nicht widersprechen / insonderheit / da er der Tohrheit seines Herrn innen ward / und beklagete seine Leibeigenschafft nicht so sehr / als daß er keinen rechtschaffenen Herrn hatte. So verdroß es die freyen Knechte nicht wenig / daß er sich unternehmen wolte / Waffen zufũhren / daher sie ihm viel Schimpffs erwiesen /auch endlich gar mit Maulschellen dråueten / welches alles er geduldig erlitte / unter der Hoffnung / es ihnen einzubringen. Um den Mittag / da sie den halben Weg hinter sich gelegt hatten / sahen sie sechs gewapnete Ritter von ferne auff sie zureiten / dessen Nabarzanes nicht wenig erschrak / und anfangs willens wahr /auszureissen / bedachte sich doch wieder / und hoffete / es würden etwa bekante oder sonst aufrichtige Ritter seyn. Jene kahmen in guter Ordnung auff sie angesetzet / und merkete Kleon bald / was ihr Vorhaben wahr / daher er zu seinem Herrn sagete: Diese werden uns gewißlich mit ihren Schwertern grüssen / und hätte ich Waffen / würde ich nicht unterlassen / ihrer Gn. ein dienstwilliges Herz in Bestreitung dieser vermuhtlichen Räuber sehen zulassen. Nabarzanes kunte sich vor Angst kaum auff dem Pferde halten / und antwortete ihm mit zitternder Stimme: Weil du dann so gute Lust hast zu fechten / wil ich dir vor dißmahl meine Waffen überlassen / weil ich wegen eines Fiebers mich sehr übel befinde. So lassen ihre Gn. die Diener voraus reiten / sagte er / und da sie solten angefallen werden / den Streit anfahen / daß ich Zeit gewinne /mich zuwapnen. So bald jene auff diese stiessen /griffen sie nach kurzer Wortwechselung zu den Schwertern / und schlugen frisch auff die sechs Diener loß / welche zwar den ersten Anfall aushielten / aber endlich hinter sich getrieben wurdẽ / gleich da Kleon gewapnet wahr / welcher sie also anfuhr: Schämet ihr euch nicht / daß in [619] eures Herrn gegenwart ihr euch auff die Flucht begeben dürffet? ein solches trifft ja mit eurem heutigen Troz bey weitem nicht ein; so folget mir nun / wollet ihr sonst nicht an eurem Herrn Verrähter spielen / und euch aller Ritterschafft unwirdig machen; traff hiemit auff die Feinde mit solchem Ernst / daß er im ersten Angriff einen niderhieb / und den andern tödlich verwundete; welches die Diener ersehend / wieder einen Muht fasseten / und auf die Feinde losgingen; wurden aber dergestalt empfangen /daß ihrer viere stürzeten; dahingegen Kleon ein solches Gemätsche hielt / daß sie vor ihm wichen / biß sie alle auff einen / teils erschlagen / teils zum Gefechte undüchtig gemacht wurdẽ. Nabarzanes hielt von ferne hinter einer Hecke / und sahe mit Verwunderung zu / wie sein neuer Knecht Raum machete /daß er im Herzen bekennen muste / er hätte ohn seine hülffe sich vor dem Tode oder Gefängniß nicht beschützen können; Als er nun sahe / daß die Räuber biß auff einen erlegt waren / gab er sich aus dem verborgenen hervor / und rief Kleon zu / er solte niemand leben lassen / sondern den lezten auch hinrichten; dann weil dieser ein fester Ritter wahr / gab er ihm viel zuschaffen / wiewol man leicht sahe / daß ers in die harre nicht treiben würde; ließ doch sein gutes Herz nicht sinken / und sagte zu Kleon: Ritter / ihr seyd der meinen Tod gewesen / welches ich billich rächen muß. Ritter / antwortete er / mannichem mißlinget die Rache / drum lasset euch genügen / es dürffte euch sonst gereuen. Darauff muß es gewaget seyn /sagte jener / und hielt sich wol / biß Kleon ein Stoß geriet / mit welchem er ihm den garaus machete. Hiemit wahr der Streit geendiget / jedoch auch Kleon an etlichen Orten seines Leibes zimlich verwundet. Nabarzanes aber stund und beklagete seine Diener / welche da gestrekt lagen / sagte auch zu Kleon: Du hast dich zwar zimlich gehalten / aber håtte ich selbst gefochtẽ / solte meiner Diener keiner beschädiget seyn. Dieser seuffzete über seines Herrn Tohrheit / und merkete aus seinen Reden / was hinter ihm steckete /hoffete doch bessere Gelegenheit bey ihm / als bey dem vorigen zuhaben / daß er seine Zeit ersehend /sich davon machen könte; wolte ihn aber dißmahl mit genehmer Lauge zwagen / und gab ihm zur Antwort: Ja / gn. Herr / an eurer unbegreiflichen Stärke / und Heldenmutiger Herzhaftigkeit / trage weder ich noch jemand Zweifel / auch ist mir hingegen meine Schwacheit wol bekant; aber gewißlich muß Euer Gn. Dienern das Unglůk sehr übel gewolt haben / daß von diesen nichtwerten Råubern sie dergestalt gezüchtiget sind / da sie vorhin vor Hochmut bersten wolten / uñ der Waffen mich unwirdig schåtzeten / wiewol ich ihnẽ das Leben gerne geschützet hätte / da es in meinem Vermögen gewesen. Nabarzanes antwortete mit wenigem: Hin währe hin / und könte nicht wiederbracht werden / nur låge ihm am meisten dran / daß er in so schlechter Begleitung auff sein Schloß reiten solte. Damit hieß er ihm die Waffen wieder geben /und von den erschlagenen die besten zu sich nehmen /welches er willig verrichtete. Die beyde annoch ůbrige freye Knechte ritten mit ihrem Herrn fort / aber ehe sie das Schloß erreicheten / stürzeten sie von ihren Pferden und verschieden / da Kleon uñ die drey Leibeigenen aller erschlagenen Pferde zusammen kuppeln /und mit sich führen musten. Als sie das Schloß ins Gesicht bekahmen / erkennete Kleon / daß vor einen so ungeschlieffenen Herrn es viel zu gut war / und im Einzuge befand er nicht geringe Zeichen seines Reichtuhms. Die Frau / ein junges und schönes Bild / die mit seiner Ursulen dem Angesichte nach / sich in vielen sehr verglieche / stund im innern Platze / sehr prächtig gekleidet / und hatte sechs Leibdienerinnen hinter ihr [620] stehen / empfing aber ihren Nabarzanes solcher gestalt / daß Kleon die Haar davor zu Berge stunden. Feiner Herr / sagete sie / wie bleibet man über die bestimmete Zeit so lange aus? ich meyne /man habe den Weg vergessen; Jedoch / grosse Narren (Herren wolte ich sagen) müssen sich erlustigen /damit die Speisen ihnen desto besser schmecken. Hier wirds gewiß nicht ohn Haar rauffen abgehen / gedachte Kleon / und legte schon über / wessen Beystand er seyn wolte; wie er aber hörete / daß dieser Tropf die Pillen geduldig verschluckete / ja vom Pferde herunter stieg / und ihr liebkosete / gedachte er; Oho gehets hier so zu / must du der Frauen zu dienste stehen /alsdann wirstu wol hindurch kommen; sprang gleich damit vom Pferde / setzete sich vor ihr auff die Knie /und redete sie mit diesen Worten an: Hochgebohrne Gn. Frau; nachdem das Glük in meinem höchsten Unfall mich so beseliget / einer so trefflichen Frauen untertähnig auffzuwarten / habe über meinen bißher erlittenen Verlust ich nicht zuklagen; wůnsche nur bloß / daß meine geringschätzige Dienste also möchten beschaffen seyn / daß Ihrer Gn. selbe gefallen könten /welche ohn Sparung meines Blutes anzuwenden / ich bereit und willig bin / bitte in tieffster Demuht und Untertähnigkeit / meine Gn. Frau wolle mit beharlichen Gnaden ihrem unwirdigsten Knechte gewogen bleiben. Fr. Statira sahe Kleon inständig an; sein Angesicht und Höfligkeit gaben / daß er kein gemeiner Knecht wahr; hieß ihn demnach auffstehen / und fragete Nabarzanes / von wannen ihm dieser Diener kähme / und wo sein ander Gesinde währe / auch was die Kuppelpferde wolten; sie hoffete ja nicht / daß er gar zum Pferdetåuscher gedienen. Hieselbst fing nun dieser Gecken seine Ruhmrähtigkeit weidlich an: Dieser sein Kleon / Griechisches Adels / wåhre ihm von einem vornehmen Persischen Herrn vor leibeigen geschenket; Vier Meilen von hinnen hätte er einen harten Stand wider eine grosse Anzahl Råuber ausgehalten / und alle seine Diener zugesetzet; sein Arm währe von vielem Gefechte ihm erstarret / und entsetzete sich vor den Blutbächen / die sein Schwert heute rinnen gemacht. O du Auffschneider / sagte sie / schämestu dich dann keiner Lügen mehr? Ja wañ dein Hasenherz mir unbekant wåhre / möchtestu mir dieses Kletchen anwerffen; Vielleicht hast du hinter einem Baum gehalten / und zugesehen / wie deine Diener nidergeschlagen sind. Unter dieser Rede ward sie gewahr /daß noch etliche Blutstropfen von Kleon fielen / und sagte zu ihm: Tapffer Ritter / hat euch Unglük etwa in Dienstbarkeit gestürzet / so trauet den Göttern uñ eurem Glük / die euch in vorigen Stand wieder setzen können; meine Gutwilligkeit sol euch unversagt seyn /wann ihr euch (wie ich dann nicht zweifeln wil) gebůhrlich verhalten werdet. Befahl auch alsbald einer Magd / den Arzt zufodern / damit ihm seine Wunden verbunden würden / und gefiel ihr dieser Diener so wol / daß sie nichts so sehr / als seine völlige Gesundheit begehrete / insonderheit / da sie sein tapfferes Gefecht von dem einen Leibeigenen rühmen hörete.

Unser Herkuliskus hatte gar eine glükliche Reise von Ekbatana nach Charas / woselbst er mit dem GroßFürsten und der ubrigen Geselschafft ohn einigen Anfall anlangete. Phraortes ließ sich bey Artabanus untertähnigst anmelden / daß ihm ein freier Zutrit allergnädigst möchte vergönnet seyn / aber es ward ihm solches nicht allein gewegert / sondern muste von einem nichtigen Kämmerlinge in sich fressen / was ihn so verwägen kühn machte / ungefodert vor seinem Groß Könige zuerscheinen. Dieser schändliche Hochmuht erschreckete [621] unsern Herkuliskus in etwas / und vermuhtete daher wenig Höffligkeit und Liebe zur Tugend bey diesem Unholden. Hingegen kehrete sich Phraortes / als dem des Königes Stolz bekand wahr /gar nichts daran / sondern ließ zum andernmale seine alleruntertåhnigste Dienste anmelden / nebest andeutung / er wůrde seine Königl. Hocheit zubemühen sich nicht unterstanden haben / wañ er nicht deroselben ein sonderliches einzuliefern hätte / nehmlich einen schönen ritterlichen / tugendliebenden fremden Jüngling / deßgleichen ihrer Königl. Hocheit sehr wenig oder wol gar keiner würde vorkommen seyn. Worauff er seines Ansuchens einwilligung bekam; stieg vor dem innersten Schloßtohr ab / und ließ Herkuliskus / von Pharnabazus und Mazeus begleitet /hinter ihm her treten / auff welchen alle Anwesende ihre Augen wendeten / und nicht anders meineten / er währe ein Engelisches Bilde. Anfangs hatte sich derselbe verwundert über dieser Stad grösse / uñ ihrem prächtigen Ansehen / aber hier entsetzete er sich wegen der ungläublichen Vortrefligkeit dieses Königlichen Schlosses / da alles auffs üppigste gebauet wahr / und man daß ganze Werk von dem außerlesensten Alabaster und kraußbunten Schein-Marmel auffgemauret sahe. Der Glanz der übergüldeten Dächer und gegossenen Bilder / welcher von den Sonnenstrahlen entstund / blendete den Anschauenden das Gesicht; des Schlosses Begriff wahr so weit / daß mans vor eine zimliche Stad schätzen mögen / und wahr nicht desto weniger ein jeder Stein auffs allerfleissigste außgearbeitet / so daß man Urteilen muste /hundert tausend Steinmätzen hätten es in etliche hundert Jahren nicht enden können; der zierlichen Windeltreppen / lustigen Umbgänge unter den Dächern /und der Hange-Garten wahr fast keine Zahl; und wann ich nur die vornehmsten Gemächer mit ihrer Zierligkeit entwerffen solte / würde ich ein zimliches Buch damit anfüllen. Eine sehr weite Windeltreppe /fast mitten am Gebäu Ostwerts / wahr die ansehnlichste / welche mit 60 Kriegsknechten und 20 Trabanten außwendig besetzet / niemand zu steigen erläubet wahr / ohn die außdrüklichen Königlichen geheiß bescheinigen kunten / und weil sie dahinauff begleitet wurden / muhtmassete Herkuliskus nicht vergebens /es wåhre der Gang zum Königlichen Gemache; deren dann drey in außgestrekter länge aneinander gebauet wahren / und kunte man durch alle drey hindurch von einem Ende zum andern sehen. Im hinterstẽ saß der König / wann er Gehör vergünstigte / auff einem erhabenen Stuel mit güldenen Tůchern behänget / die von ädlen Steinen glänzeten. Außwendig vor der Tůhr legete der GroßFürst seinen Säbel ab / wie auch Herkuliskus / der mit Pharnabazus und Mazeus daselbst wartete / biß er hinein gefodert würde; dann Phraortes trat anfangs allein hinzu / fiel bald im Eingange nach Parthischem Gebrauch auff die Knie / und taht dem Könige den Fußfal / und da er dieses Gemachs Ende erreichet hatte / und zum mitteln eintrat / leistete er eben dieselbe Ehrerbietung / im dritten und innersten /blieb er liegen / biß Artabanus ihm durch Neigung des Reichsstabes auffstehen hieß / da er seine Rede diesergestalt führete. Allergroßmächtigster unüberwindlichster König / allergnädigster Herr: Die Götter verleihen euer Königl. Hocheit stetswierige Gesundheit und glükliche Herschung; befehle mich deroselben in tiefster Untertähnigkeit und Gehorsam / und zeige derselben demühtigst an / daß aus fernen Landen durch der Götter Vorschub mir von dem Glük ein wolständiger schöner Jüngling zugeführet ist / welcher / unangesehen seiner Jugend / im Schiessen /Fechten / [622] Reiten / Jagen / Tanzen / Singen / und Seitenspielen sehr wol und außbündig geübet / doch unserer Morgenländischen Sprachen nicht allerdinge erfahren ist / sondern ins gemein Griechisch und Latein redet; vom Geschlecht ist er / seinem vorgeben nach /Fürstenstandes / und von Zierligkeit der Sitten in meinen Augen fast volkommen; wañ dann ihre Königl. Hocheit den ernstlichen Befehl ergehen lassen / daß die zierlichsten Jůnglinge und Jungfräulein / deroselben sollen zugeführet werden / habe ich solches gehorsamst verrichten wollen / untertähnigst bittend /Ihre Königl. Hocheit wollen dieses mein Tuhn allergnädigst vermerken / und mit beharlichen Gnaden mir / ihrem gehorsamst-untertähnigsten Knechte gewogen verbleiben. Artabanus neigete den Reichsstab zum Gnadenzeichen gegen ihn und sagte: Mein Fürst lasse zu uns den Knaben nach gebühr herein treten / wie er wird unterwiesen seyn; werden wir dann etwas sonderliches an ihm finden / sol es von uns allergnädigst erkennet werden. Phraortes eilete ihn hinein zu führen / der ihm unerschrockẽ folgete / und wie er unterrichtet wahr / taht er den gewöhnlichen Fußfall durch alle drey Gemächer. Da ihn nun der König in der nähe beschauete / ward er über seiner volkommenen Schön heit fast entzükt / neigete den Königsstab ziemlich tieff gegen ihn / und gab ihm dadurch Erläubnis zu reden / da er mit freudigem Angesicht / unerschrokenem Herzen und unverworrener Rede in Persischer Sprache (dann er hatte sich fleissig darzu geschicket) also anfing: Unüberwindlichster allergroßmächtigster König / allergnadigster Herr; es hat der Himmel aus sonderlicher Gunst gegen diese weitläuftige volkreiche Morgenlånder / eure Königliche Hocheit auff diesen großgebietenden Stuel setzen / und dero herliches Ansehen mir zuerkennen geben wollen / daß ihrer Hocheit unermäßliche Gewalt / volko ene Weißheit /und helleuchtende Tugend ich verhoffentlich dermahleins meinem weit abgelegenen Vaterlande anmelden /und dero pråchtigste Herligkeit kund machen solle. Zwar mannicher meines gleichen / würde lieber den Tod als diese Stelle / worauff ich stehe / wählen; ich aber / nach dem ich der festen gewißheit bin / daß /wie eure Königl. Hocheit mit Gewalt den Göttern am nähesten sitzet / dieselbe nicht weniger an Liebe zur Tugend und Erbarkeit ihnẽ verwand seyn müsse /werde / diese hohe Glükseligkeit / eure Königl. Hocheit gesehen und angeredet zu haben / aus meinem Gedächtnis nimmermehr kommen lassen. Dafern nun eure Königl. Hocheit ein göttliches Werk der Barmherzigkeit / meiner Fr. Mutter / einer gebohrnen GroßFürstin aus Teutschland erzeigen / und mich /ihren lieben Erben derselben allergnädigst wieder zusenden wolte / würde die Parthische Gerechtigkeit daher ihre Strahlen umb so viel weiter werffen / angesehen / ich keines Feindes Kind / noch in einer Schlacht oder Fehde gefangen / sondern von boßhafften Räubern auffgefasset / und den meinen nicht ohn Blutvergiessen entführet bin / denen die göttliche Rache albereit ihren verdienten Lohn gegeben / und sie durch andere Räuber hat erschlagen lassen. So eröffne nun eure Königl. Hocheit ihr von Barmherzig-und Gerechtigkeit angefülletes Herz / mir / ihrem aller untertähnigsten Diener / und lasse mich unwirdigsten einen Teil ihrer Königlichen hohen Gnade unter die Leute außtragen / damit die weit abgelegene Welt erkenne / der grosse König Artabanus sey wirdig / von der Sonnen Auffgang / biß zu ihrem Niedergange den Reichsstab außzustrecken / als mit dessen Volko enheit nichts unter dem Himmel kan verglichen werden. Allergerechtester König / ich halte nicht an / umb Königl. Geschenke; [623] nicht umb Hůlffe wieder måchtige Feinde; nicht umb wider gewinnung / was mir wiederwärtige Hand und Macht möchte geno en haben; sondern bloß / daß mir möge allergnådigst erläubet seyn / mich nach den meinen zuverfügen / ohn einiges Menschen beschwerung / Schaden und Mühe / die ich nicht doppelt zuerstatten mich verpflichten solte. Schließlich wünsche ihrer unvergleichlichen Königl. Hocheit ich untertähnigster / gesundes Leben / beständige Herschaft / Sieg wieder alle ihre Feinde / und glüklichen Fortgang alles Vornehmens / deren allergnädigsten Gewogenheit ich mich untertåhnigst empfele. Nach geschlossener dieser Rede / fiel er abermahl vor des Koniges Füssen nider / und bückete sich gar biß auff den Bodem. König Artabanus antwortete ihm mit keinem einzigen Worte / betrachtete nur seine innigliche Schönheit / und gab ihm mit dem Reichsstab ein Zeichen aufzustehen; nachfolgends saß er als ein Tiefsinniger / der im Herzen rahtschlaget / ob er der Bitte Stat geben wolle oder nicht; daß auch Phraortes und Herkuliskus selbst in hoffnungs Gedanken gerieten / er würde von der Tugend sich übermeistern lassen / und ihn den seinen wieder zusenden; aber sie wurden hierin sehr betrogen; dann er hatte keine Acht auff Herkuliskus Rede gewendet / sondern überlegete / wozu er ihn am besten gebrauchen würde. O / sagte er in seinem Herzen / daß dieser Jüngling in ein Weibsbild könte verwandelt werden / alsdann hätten meine Begierden den Zweg ihres Nachsuchens völlig erhalten. Endlich brach er mit diesen loß: Mein Fürst Phraortes / von wannen kömt euch dieser zierliche Knabe / welcher ohn zweiffel an Schönheit mein ganzes Frauenzimmer weit übertrift? Phraortes wiederhohlete sein voriges / und am Ende baht er / ihre Königl. Hocheit wolten die innerliche Seelen Schönheit dieses Fürstlichen Jünglinges / durch welche er an Tugend und Geschikligkeit leuchtete / ihr allergnädigst gefallen lassen. Ja er wird uns sehr lieb seyn /antwortete der König / sol auch diese Hulde spüren /deren noch kein ander genossen hat / wie seine Schönheit auch wol verdienet. Aber Jüngling / sagte er zu Herkuliskus / dich wird zuvor ein kleiner Schmerzen übergehen / nach dessen Vollendung dir höhere Glükseligkeit begegnen sol / als du dir niemahls hast einbilden können. Dieser wunderte sich /daß ihm so gar nichts auff seine Rede geantwortet ward; und ob er gleich in seinem Herzen gedachte /hier ist weniger Liebe zur Tugend / als bey einem abgesageten Feinde der Erbarkeit / wolte er doch noch eins versuchen / was durch Worte möchte zuerhalten seyn / und gab diese Antwort: Allergroßmächtigster König; ich weiß nicht / was vor Schmerzen der höchste Fürst auff Erden mir einem unschuldigen Jünglinge Fürstliches Geblüts anzulegen / gönnen oder zugeben könte / zumahl ich der allergeringsten übertretung mich nicht schuldig weiß; es währe dañ / daß dieses Königlichen Hofes Gebrauch mit sich brächte / daß man etwa einen Beweißtuhm der Demuht oder Geduld ablegen můste / dessen ich mich nicht wegern werde; dañ in meinem Vaterlande führet man mich und andere meines gleichen zu solcher Bewehrung oftmahls an; deßwegen wil ich mich umb so viel desto gefasseter darzu einstellen / und zwar in alle dem / was ohn verletzung meiner Zucht und Ehre gesehehen kan /wie ich mich dann dessen verlustes an diesem Orte nicht befahren darff / welchen wir als der Götter Siz anbehten müssen. Der König ließ hierauff ein greßliches Angesicht erscheinen / doch zwang er sich über seine Gewohnheit / und sagte zu Phraortes / es schiene dieser ein sehr frecher Knabe zu sein / daß er seiner [624] Hocheit von Ehre und Zucht reden dürfte / da doch des Königes Wille der Ehre uñ Zucht die masse gäbe; hernach befahl er dreien ädlen Trabanten / die im Gemach auffwarteten / sie solten den Jüngling hinführen / daß er verschnitten / und aufs fleissigste geheilet würde; welches Herkuliskus hörend / sich auff die Knie legete / und mit ganz bewäglicher Stimme also redete: Allergroßmächtigster König; euer Königl. Hocheit ich unwirdigster bitte uñ flehe demühtigst /mich dieser Schmach nicht zu unterwerffen / als nach deren gewaltsame anlegung ich mich vollends hinzurichten / gänzlich entschlossen bin. Mein Stand / in dem ich gezeuget / ist trauen nicht Knechtisch / und ein teutsches Herz untergibt sich lieber dem Henkerschwert / als dem schanden-Messer; meinet eure Königl. Hocheit / mich etwa im Frauenzimmer zugebrauchen? O nein! dem werde ich durch einen rühmlichen Tod leicht vorkommen; oder ist einer / der mir grössere Schande anmuhten dürfte? dem schwöre ich bey dem wahren Gott / daß ich seiner Viehischeit sehr teure Bezahlung suchen werde / eben da er am wenigsten sichs versehen möchte. Nicht rede ich solches euch grossem Könige zu Troz / davor mich der Himmel wol bewahren sol / dann wie könte zu demselbigen ich mich einiger Unmenschheit versehen? Nur ist mein allerdemütigstes flehen / eure Königl. Hochheit wolle ihren scharffen Befehl allergnädigst auffhebẽ. Der König stellete sich nochmals / als håtte er der Rede nicht wahrgenommen / sahe seine Diener greßlich an / und fragete: Ob sie seinen Befehl vernommen hätten. Dieselben fielen nider / bahten umb Gnade /und machten sich mit freundlicher Rede an Herkuliskus / er möchte ja durch seine wiederspenstigkeit des grossen Königes Zorn nicht auff sich laden / sondern willig mit ihnen gehen. Er wolte aber nicht / sondern blieb auff seinen Knien sitzen / und sahe den König mit helblinkenden Augen ins Angesicht / mit solchem frischen beständigen Muht / daß alle Anwesende sich davor höchlich entsetzeten; daher die Diener ihren König frageten / ob ihnen befohlen währe / den wiederspenstigen Jüngling mit Gewalt hinweg zu tragen. Nein / antwortete er / aber wird Phraortes nicht schaffen / daß der frevelmuhtige Knabe mit gutem Willen fort gehe / sol es an beyder Leben grausamlich gerochen werden. Der GroßFürst erzitterte hierob / trat zu ihm / und sagete: Mein geliebter Sohn / sollen wir dann beyde eines bösen todes sterben? doch mein Leben kan ohndaß so gar lange nicht mehr wehren. Er aber richtete sich freudig auff / neigete sich anfangs gegen den König / und gab zur Antwort: Ey daß wolte Gott nicht / daß so ein teurer ehrliebender Fürst meinetwegen in Lebensgefahr gerahten solte; neigete sich abermahl / und mit ernsthaffter Sti e sagte er zu dem Parther: Grosser König / es hat mich keine todes Furcht von dieser Stelle auffgehoben / sondern euer Königl. Hocheit den ersten Gehorsam nicht zu wegern / gehe ich mit diesen Dienern hin; das übrige stelle ich Gott heim / zu Rettung euer Königl. Hocheit Ehren / auch zu meiner Zucht und Gesundheit / als lange sie können beysammen seyn; dann ich schwöre nochmals / daß alles beydes an mir untrenliche Schwestern sind / so daß der einen Verlust die andere willig nach sich zihen wird; dessen doch ungeachtet /eure Königl. Hocheit ich klårlich sehen lasse / wie hoch ich dero Befehl achte; neigete sich zum drittenmahl / und sagete zu den Dienern / komt bald / wir müssen auff Königlichen Befehl / diesen Weg vor uns nehmen / umb zu sehen / wie es Gott weiter schicken werde. Als sie aus dem lezten Gemach traten / nam er seinen Säbel von Timokles / hing ihn an / und befahl ihm / geschwinde nach der Gutsche [625] zulauffen / und ihm seinen Kleiderwetscher zu holen; Pharnabazus und Mazeus aber baht er / in der nähe zu bleiben. Die drey Diener hatten alsbald einen treflichen Wund Arzt bey sich / der unserm Herkuliskus versprach / er wolte so säuberlich mit ihm verfahren / daß er des Schnittes kaum solte inne werden. Gingen also miteinander über den innersten Plaz nach einem Gemache / welches fein gezieret wahr / und an allen vier Seiten sehr klare Fenster hatte; in der Mitte stund ein langer Tisch / auff welchem etliche seidene Stricke lagen /und an den Fenstern umbher stunden allerhand erquikliche Kraftwasser in Kristlinen und Alabaster Geschirren / deren etliche sie hervor nahmen / und bald darauff begehreten / Herkuliskus solte die Kleider ablegen; gab aber zur Antwort; durchaus nicht / dann ich habe dessen von meinem Könige keinen Befehl /mich solcher Schmach zu unterwerffen / sondern nur mit zugehen / dem ich gehorsamst nachkommen bin. Diese lacheten der kalten Entschuldigung / und erinnerten ihn zum andernmahl / damit sie Hand anzulegen möchten geübriget seyn / drungen auch zugleich auff ihn hin / des Vorsatzes ihn zu entkleiden. Er sagte / sie solten gemach tuhn / legte den Medischen Rok von sich / riegelte die Tühr inwendig zu / trat an dieselbe / und sagte: Da liegen alle Kleider / die ich aus Zwang lebendig abzulegen willens bin / uñ nöhtige mich ja niemand zu einem mehreren. Die Diener kehreten sich hiran wenig / und wolten ihn bey den Armen erhaschen / da er ihnen entweich seinen Säbel zückete / und mit feurigen Augen zu ihnen sagete: Haltet ein ihr Buben / haltet ein / wo ihr mich nicht nöhtigen wollet / euch den Lohn vor verrichteter Arbeit zugeben. Weil sie nun immer begieriger auff ihn drungen / hieb er dem verwägensten den Schedel glat herunter; richtete sich gegen den andern / der ihn zuerschrecken / den Säbel entblössen wolte / aber ehe er sichs versahe / wahr ihm der Bauch auffgeschlitzet / daß ihm das Gedärm vor die Füsse fiel; der dritte ergriff ihm den Säbel bey dem Kreuz / aber er risse ihm seinen eigenen von der Seite / und spaltete ihm den Kopff biß an die Kinnebacken. Der Arzt versteckete sich hinter den Tisch; aber er sagte zu ihm: Du unflätiger Bube solt dieses schändliche Handwerk nit mehr brauchen; auff welches Wort er ihm den Säbel durchs Hirn schlug. Pharnabazus und Mazeus höreten draussen das Gematze / und macheten ihnen bald die Rechnung / was vor gehen müste / daher Pharnabazus verdecketer Weise sagete: Gilt mein Herr / wo unser Herkuliskus nicht durch diese Taht ganz in ein ander Geschlecht verwandelt wird / welches sich bald kund geben sol. Derselbe nun öffnete gleich das Gemach /ließ seine Augẽ nicht anders als zwo brennende Kerzen sehen und sagete: Geliebte Freunde / ich bin in eines unvergleichlichen Wütrigs Hand gerahten; doch wil ich ehe sterben als in Schande Leben / und wer mir Schmach anzufügen gedenket / sol gleich also /wie diese Buben / gelohnet werden worzu ich gute Mittel weiß / und wans gleich Artabanus selber wåhre. Sehet / diese Schandbuben haben aus mir einen Verschnittenen machen sollen / welches doch unmöglich / und wieder meine GeburtsArt ist / massen ich euch nunmehr offenbahren muß / daß ich kein Mannesbilde / sondern / ein Königliches Fråulein aus Böhmen / meines einig geliebeten Herkules verlobete Braut bin / wie solches / meiner muhtmassung nach /Herr Pharnabazus an mir schon gemerket hat. Aber dieser wolte solches gar nicht gestehen. Mazeus verwunderte sich zum hefftigsten / und stelleten sich beyde unwillig / daß sie ihr Geschlecht biß auff die lezte Stunde vertuschet hätte; Sie aber sagete; lasset euch nichts irren / [626] nur machet euch beyseit / Unglük zuvermeiden / und daß mein Diener bald komme. Unter diesem Verlauff wahr niemand in grösser Angst / als Phraortes; Er bedachte bey ihm selbst / ob auch die Götter dem frommen Jüngling so grosse Schande und Schmach würden anlegen lassen; nimmermehr /sagte er in seinem Herzen / wird er sich hierzu bequemen / und wer weiß / ob er wol nicht schon tod ist? Der König sahe / daß er sehr verwirret wahr; Zwar es steckete demselben noch ein Zorn im Herzen / aber die Liebe trieb solchen gemehlig aus; Daß er nun des GroßFürsten Gedanken erforschen möchte / fragete er ihn / was er so bekümmert währe? Ich weiß nicht /allergnädigster König / antwortete er / was vor selzame Schwärmereyen mir im Kopffe umher schweben /nur bitte ich untertähnigst / Ihre Königl. Hocheit wollen mir keine Ungnade zulegen / da der Jüngling meinem vermuhten nach / sich sperren würde / welches ich höchlich fürchte / wann ich seiner lezten Rede mich erinnere. Was wolte er sich sperren? sagte der König / meine Diener werden ihn schon zähmen. O allergn. König / antwortete er / seine geschikligkeit in Waffen übertreffen alle Kräfte / dessen mein Fechter wol inne worden. Wir werdens bald erfahren / sagte der König / wie bendig er wird gemacht seyn / wann sie dessen die Zeichen bringen. Herkuliska (also wolte sie nunmehr geneñet seyn) so bald sie die weiblichen Kleider von Timokles bekam / legte sie dieselben auffs schleunigste an / schmückete sich mit Kleinoten und Perlen auffs prächtigste / und ging ohn einiges Menschenhinderung die bekante Steige wieder hinauff. Dem Könige begunte zu mißdünken / daß seine Diener so lange aussen blieben / und befahl einem ädelknaben / zuzusehen / was dessen die Ursach währe; Dieser begegnete dem Fräulein oben auff dem Gange / nahe vorm Gemache / und entsetzete sich vor ihrer Schönheit; Sie hingegen fragete ihn freundlich / wohin er eilete / und auff seine kurze Antwort sagte sie zu ihm: Mein / saget Fürsten Phraortes / es sey hier eine / die wolle ihm von allem Bericht geben. Dieser / nach erwiesener hoher Ehre wahr gehorsam / und sagete zu Phraortes: Mein Herr / ein himlisches Weibesbilde in trefflichem Schmucke /deren gleiche die Sonne wol nimmermehr beschienen hat / und dem weggefũhreten Jünglinge fast ähnlich ist / suchet Eure Gn. zusprechen / mit dem erbieten /von allem ergangenen bericht zutuhn. Ich weiß von keinem Weibesbilde / antwortete er / deren ich auch keine in meiner Geselschafft gehabt; doch ging er auff Befehl des Königes hin / es zuerfahren; und weil das Angesicht ihm wol bekant wahr / wiewol sie wegen angenommener freundlichen Geberden gar eine andere zu seyn schiene / wolte er doch nicht zweifeln / und sagte zu ihr: Mein Herkuliskus / was bedeutet diese Umkleidung? gedenket ihr etwa den König hiedurch zugewiñen? O ich fůrchte sehr / es werde keinen glüklichen Ausgang nehmen! Mein herzallerliebster Herr Vater / antwortete sie / Eure Gn. lassen sich dieses nicht befremden / und glåuben bey meinem äide / daß ich nie kein Mannesbilde gewesen / sondern zu Rettung meiner jungfräulichen Zucht / welches mir Gott Lob bißher geglücket / die Kleider gebraucht habe; weil mich aber dieselben nicht långer verbergen k \nnen / muß eine tapffere Erklärung mich würgen oder retten; Ihr werdet demnach gläuben / daß ich das verlohrne Böhmische Königliche Fråulein warhafftig bin / nur zeiget dem Könige an / was ihr sehet / und lasset die Göttliche Versehung vor das übrige sorgen. Dieses redete sie mit solcher ernsthafften Liebligkeit /daß er in die Gedanken geriet / sie währe warhafftig eine Göttin / welches zuerzeigen / er sich vor ihr niderlegen wolte; [627] Sie aber sagete: Mein Herzen Herr Vater / umb Gottes Willen enthaltet euch dessen / und versichert euch / daß ich Fürst Herkules verlobete bin und bleiben werde. Ey nun dañ / antwortete er / so wil mit euer Liebe ich leben und sterben / wie es der Himmel verfehen hat. Ging hin / fiel vor dem Könige nider / und sagete: Allergnådigster König / die wunderselzamen Begebnissen durchgehen mein Gemüt /daß ich fast nicht reden kan; dann ich erfahre gleich jezt mit höchster Bestürzung / daß der Jüngling unter der Kleider Verstellung in der Warheit ein hochgebohrnes Fräulein ist / welches zuzeigen / sie sich mit weiblichen Kleidern angetahn hat / und umb allergnädigsten Urlaub / hereinzutretẽ anhält. Ey sagete er /die wird uns ein liebes Fräulein / und die Kron unsers Herzen seyn; daß wir sie nur bald sehen / und unser Königlichen Hulde sie versichern. Phraortes ging frölich hin / sie hinein zuführen / und rühmete ihr des Königes Gewogenheit; Sie aber gab zur Antwort: Seine Hulde muß noch viel anders beschaffen seyn /dafern ich meinem Herkules zum besten leben sol /dann demselben allein lebe ich / und sterbe sonst einem andern jedweden; über welcher Rede der Groß Fürst in die Erde vermeynete zusinken / und sagte zu ihr: Ach mein Fräulein / ich bitte von herzen / dem Könige gelinde und vernünfftig mitzufahren. Er wolte ferner reden / sie aber fassete ihn bey der Hand / und ging mit ihm hinein / taht auch keinen Fußfall / biß sie vor den König kam / da sie sich auff ihre Knie legete / in Meynung / solcher gestalt ihre Rede vorzubringen; aber der König befahl dem GroßFürsten / er solte sie auffrichten / welches sie willig zuließ / und also anfing: Aller Großmächtigster König / allergnädigster Herr; Ich / Fräulein Herkuliska / gebohrne aus Königlichem und freyem GroßFürstlichen Stamme /stelle vor Ihrer Königl. Hocheit mich nunmehr in meiner gebührlichen Kleidung / nachdem mein Geschlecht ich weiter nicht verbergen kan / wie bißher /dem Himmel sey Dank / ohnvermerket geschehen ist /wodurch ich nicht allein vielem Unglük vorgebauet /und alle Schande von mir abgekehret / sondern auch dem Zorn der Götter biß auff diese Stunde mich entrissen habe. Dann Euer Königl. Hocheit gebe ich hiemit allergehorsamst zuvernehmen / was gestalt meine geliebete Eltern mich in der Stunde meiner Geburt /der grossen und keuschen Göttin Vesta / biß auff Vollendung meines XVIIden Jahrs verlobet / welches ich nachgehends frey eingewilliget / uñ mit höchster Verfluchung / da ich brüchig würde / bekråfftiget habe. Solte nun Ihrer Königl. Hocheit nicht belieben /mich in solchem meinem Gelübde Königlich zuschützen / sondern dieses zubrechen / mich zwingen oder nöhtigen wollen / so schwöre ich bey eurem Königlichen Häupte / welches das heiligste auff Erden ist /daß solcher Gewaltsamkeit vorzukommen / ich mich diese Stunde unterstehen wil / damit ich nicht hernach gezwungen werde / beydes mich und den Nöhtiger zugleich hinzurichten / worzu ich krafft meines der Göttin geleisteten äides verbunden bin; Und daß ich von meiner Göttin hierzu Stärcke und Muht gnug habe /sollen die drey Diener und der Arzt bezeugen / welche alle viere ich in so viel Streichen (ungeachtet sie mit dreyen entblösseten Säbeln auff mich angangen) hingerichtet habe / und zwar mit solchen kräfftigen Hieben / wie der Augenschein bezeugen wird / welche meinem schwachen Jungfräulichen Arme unmöglich währen / wann dersebe nicht von meiner Göttin währe geführet / und die Freveler erschrecket worden / umb /daß wider Königl. Befehl sie mich wolten entkleiden /und meiner Entschuldigung / daß ich ein Weibsbild währe / keinen Glauben zustellen. Nun fehlen [628] mir an der Zeit meines Gelübdes annoch ein Jahr und zehn Wochen / nach deren Endigung ich mich nach Euer Königl. Hocheit / und meiner gnädigsten Fr. Mutter Willen zuverheyrahten / nicht abgeneiget bin. Hierauff trat sie fünff Schritte zurücke / legte ihre rechte Hand unter den OberRok / an den daselbst verborgenen Dolch / ließ dessen Gefäß sehen / und sagete weiter: Nun stelle Euer Königl. Hocheit ich die freye Wahl zu (dieses redete sie mit der allerherzbewåglichsten Freundligkeit) ob dieselbe mir wollen befehlen / alsbald zusterben / oder aber die jeztgemeldete Zeit allergnädigst und kräftigst versprechen; dañ ich wil lieber mich allein / als Eure Königl. Hocheit zugleich mit / niderstossen / ja ich wil lieber den allerruhmwirdigsten zeitlichen Tod / als ein unbeflektes reines Opffer der Götter / mir selbst antuhn /als von den bösen hellischen Geistern nach dieser kurzen Zeit mich immer und ewig quälen lassen. Der König sahe des Dolchen Handhabe / und schwebete dermassen zwischen Furcht und Begierde / daß er sich keiner gewißheit entschliessen kunte / biß Herkuliska also anfing: Nun du keusche Göttin Vesta / nim an mein Blut / welches ich vor den schändlichen Räubern in Manneskleidern beschützet habe / aber wider diesen Allermächtigsten König auf Erden nicht vertähtigen kan; Ich opffere dir / O meine Göttin / dasselbe / wie du weist / in eben derselben reinen Keuscheit / in welcher es von meiner Fr. Mutter an diese Welt kommen / und dir pflichtschuldig verbunden ist. Womit sie den Dolch begunte zu zücken / worüber Artabanus sich entsetzend / mit erhabener Stimme rief: Wir Artabanus / schwören bey unserm Häupte /Kron / Reichsstab und Schwert / euch allerschönstes Fräulein die Zeit eures Gelübdes unverstöret zugönnen / nach deren Verlauff aber / euch die königliche Kron / als unserm erhabenen Gemahl auffzusetzen /und biß dahin euch ein wolbewahretes Gemach und eigenes Frauenzimmer zuzuordnen / von dem ihr Königlich sollet geehret und auffgewartet werden. Ließ darauff alsbald einen erhabenen / mit güldenen Tüchern behängeten Stuel neben sich stellen / auff welchen Herkuliska nach königlichem befehl von Phraortes gesetzet ward; aus welcher Gnade sie gewisse Hoffnung schöpffete / ihr gröstes Unglük würde vorbey seyn / und Herkules Zeit genug gewinnen / ihre Erlösung zubefodern. Sie stund aber von ihrem Stuele bald wieder auff / stellete sich vor den König / und redete ihn folgender gestalt an: Allergroßmächtigster König / allergnädigster Herr; anfangs bitte ich demühtigst umb Verzeihung / daß mit diesem Dolche (welchen sie hiemit Phraortes reichete) vor eure Königl. Hocheit ich mich finden lassen / in ansehung /daß er zu nichts anders / als den Göttern das ihre zugeben / solte gebrauchet worden seyn / daher GroßFürst Phraortes ihn auch als einen geweiheten wird in ein fliessend grosses Wasser / oder in eine grundlose Erdengrube hinein werffen. Und weil die gar zu hohe /mir teils schon erzeigete / teils aufs künftige angebohtene Gnade mich dieses Opfers hat benehmen wollen /werde ich daher ursach haben / stets nachzusinnen /wie viel Euer Königl. Hocheit ich davor schuldig bin. O wie einen unsterblichen Ruhm wird meinem Allergnädigsten Könige diese allerlöblichste Taht erwerben / welche zuvergelten / sich der Himmel mit allen seinen Kräften bemühen wird. So ergebe nun Euer Königl. Hocheit ich mich ganz und gar / mit untertähnigster Bitte / dieselbe wollen ihrem hohen unwiderruflichen versprechẽ nach / mir ein keusches Frauenzimmer zuordnen / in deren Geselschafft ich meinen Jungfråulichen Stand / ohn einige ärgerniß und Furcht halten und führen möge. Der König ließ alsbald zwölff schöne [629] ådle Jungfern / und vier ehrbare ådle Frauen herzu hohlen / welche er also anredete: Sehet da / was vor einen kostbaren Schatz wir euch anvertrauen / dieses unser herzallerliebstes Fräulein / mit welcher wir uns ehelich versprochen / und nach Vollendung einer gewissen Zeit sie zur GroßKönigin über unsere Landschafften krönen wollen; gehorsamet ihr /als eurer vollkommenen Gebieterin / zum Tode und Leben. Zwar es wird uns schwer fallen / das Königliche Beylager so lange auffzuschieben / aber doch versprechen wir über das vorige / daß wir die ganze Zeit über / unserm Fråulein so nahe nicht kommen wollen / als ein Mann mit dem Wurffspiesse abwerffen kan /auff daß sie daher erkeñen möge / wie willig wir sind / sie ihrer Bitte / auch mit unsern Schmerzen zugewehren. Dieses versprechens erfreuete sie sich höchlich / nam es mit Untertähnigkeit an / und in unterschiedlichen Gutschen wurdẽ sie ingesamt nach einem andern Schlosse geführet / welches fast am Ende inwendig der Stad / eine gute Viertelstunde gehens /von dem Königlichen / Nordwest gelegen / und mit einem breiten auffgemaureten Graben / und sehr hoher Maur befestiget wahr. Pharnabazus muste auff ihr begehren zu ihr auff die Gutsche steigen / dem sie allen Verlauff kürzlich erzählete / und mit ihm Abrede nam / er möchte seinem Freunde Herkules zugefallen / unterschiedliche reitende Bohten auf die vornehmsten Landstrassen senden / umb zuvernehmen / ob nicht er selbst / oder einige andere unterweges währen / ihr nachzufragen; dann ich habe / sagte sie / über Jahrsfrist keine Gefahr / wo sonst Artabanus nit meinäidig wird; aber nach deren Verlauff sehe ich nicht / wie ich mein Leben retten sol / es sey dann / daß mein Herkules komme / der schon Mittel finden wird / mich loszumachen. Pharnabazus gelobete ihr alle Mögligkeit /mit Beteurung / wann er wissen solte / wo er anzutreffen währe / wolte er mit etlichen Geschwaden Reuter ihm entgegen zihen. Der gute Timokles hatte nun auch erfahren / was vor einem Herrn er bißher gedienet / lief neben der Gutsche her / und weinete vor Freuden; Herkuliska hieß ihn auffsitzen / und sagete zu ihm: Mein geträuer Freund / ich danke euch vor alle redliche Auffwartung / welche ihr mir bißher geleistet / und zweifele nicht / ihr werdet ferner geträu verbleiben / auff welchen fall ihr euch versichern sollet / daß ich aus euch einen grossen und reichen Herrn machen wil; leget euch in eine Herberge / nehmet von Herrn Pharnabazus Leuten einen Diener an / haltet euch adelich / verzehret meine Kleinot ohn sparen /stellet euch täglich etliche mahl bey meinem Schlosse ein / da ihr obẽ beym Fenster mein Zeichen werdet schwarz angemahlet sehen / und was euch Herr Pharnabazus weiter anvertrauen wird / dem ko et fleissig nach / des sol euch dereins eine Herrschafft zu lohne werdẽ. Ja mein Timokles / setzete Pharnabazus hinzu; ihr werdet in wichtigen Geschäfften als ein vornehmer Diener bestellet / drumb lasset euch kein Ding in der Welt zur Untråu verleiten / des wil ich euch bey meinen Ehren vor mein Häupt 50000 Kronen zur Vergeltung versprochen haben / und euch noch heut 6000 Kronen zustellen / nebest einem grossen und kleinen Diener / samt dreyen Pferden; zehret nur als ein Herr /und lebet nach eurem Willen. Diesem stunden die Augen vol Trähnen / bedankete sich des gar zu hohen erbietens / und verwünschete sich zu aller zeitlichen und ewigen Straffe / wo er nicht seinem Gn. Fräulein geträuer als ihm selber seyn wolte / als lange er lebete / welchẽ Vorsatz weder Pein noch Tod ihm aus dem Herzen nehmen solte. Nachgehends redete sie mit Pharnabazus alle Nohtwendigkeit ab / und bedankete sich seines gutwilligen Herzẽ. [630] Nach der Fräulein Abscheide wahr der König mit Freuden und unzåhligen Begierden umgeben / rieff Phraortes zu sich / und sagete: Mein geliebter Fürst / weil ihr unser Herz mit der Volkommenheit dieser Fräulein befriediget habt /sollet ihr dessen zu Lohn alle Schatzungen eures GroßFürstentuhms vier Jahr lang vor euch heben /und in den geheimen Groß Königlichen Raht / als der fünffte in der Ordnung hiemit auffgenommen seyn. Ließ auch Mazeus vor sich kommen / belehnete ihn mit einer erledigten Herrschafft in Assyrien / und vermachete ihm als einem HofRaht jährlich 12000 Kronẽ zur Bestallung. Bey der Abendmahlzeit erzählete Phraortes alles denkwirdige / wz sich mit dem Fräulein zugetragẽ / als wodurch ihnen aller Argwohn ihres weiblichen Geschlechtes beno en wäre; worüber der König sich höchlich erlustigte / und dermassen in Liebe entzündet ward / dz ihn schon gereuete /wessen er sich verbunden hatte / uñ doch eine Unmögligkeit fand / es zuwiederruffẽ.

Der geträue Liebhaber Valikules reisete unterdessen in Persen als in der Irre umher / weil er von der Spuhr abkommen wahr / und weder in Städten noch auff dem Lande seiner Fräulein Zeichen angeschrieben fand. Die Ursach dieses Irtuhms wahr / daß er den geradesten Weg nach Parthen vor sich nam / da sie von den Räubern Nordwerts geführet wahr. In dieser Ungewißheit nun befand er sich nicht wenig betrübet /daher er zu Gallus sagete: Ich bin sehr irre in meinem Gemüht / daß mein Leitstern sich nicht mehr finden wil / woraus ich muhtmasse / die Parther müssen einen andern Weg gezogen seyn / dessen Ungewißheit mich an meinem Vorhaben sehr verhindern dürffte; ja wer weiß / ob sie mein Fräulein nicht gar einen andern Herrn zugeführet haben? O mein Gott / sagte er mit gefaltenen Händen; zeige du mir den Weg meines Vorsatzes / und gib nicht zu / daß diese Unschuldige in Ehren- oder Lebensgefahr gerahte: Gallus antwortete ihm; Gn. Herr / wir werden in Mangel dieses Zeichens den geradesten Weg nach dem Königlichen Håuptsitze vornehmen / woselbst wir ohn zweiffel Zeitung von ihr haben werden. Ja gerade / sagte er /als ob ihr nicht auff der gefährlichen Reise ein Unglük hätte zustossen können / welches wegen Mangel des Zeichens ich nicht unbillig fürchte; müssen demnach den grundgütigen Gott bitten / daß er unser Führer und Gleitsman seyn wolle / damit unser Vorhaben zum gewünschten Ende außschlage. Des Abends kahmen sie in ein geringes Dörfflein / da sie Herberge nahmen / und mit schlechten Speisen zu friede wahren / weil ihre Pferde gute Futterung antraffen / welche sie diesen Tag sehr abgeritten hatten. Valikules brachte die ganze Nacht auff der Stråu mit dem Gebeht zu /ohn gegen Morgen überfiel ihn der Schlaff / und gedauchte ihn / wie ihm auff der Reise ein alter Mann den Zůgel aus der Hand rückete / und da er Ostwerts reiten wolte / ihn straks gen Norden leitete / worůber er erwachete / auffsatteln ließ / uñ den Wirt fragete / was vor Landschafften gegen Norden gelegen währen. Als ihm nun Meden geneñet ward uñ er vernam / daß etliche Tagereisen nach der Häuptstad Ekbatana wåhren /sagete er: Nun so wil ich im nahmen Gottes den Streich vor mir nehmen / ob es gleich meiner Einbildung straks zuwieder läufft; bekam doch in sechs Tagen keine Hoffnung / wie eilend er auch mit seinen Wegweiser fortjagete / der ihn gegen Abend in einen Flecken brachte / dreissig guter Teutscher Meilen vom vorigẽ Dorffe gelegen. Des siebenden Tages wahr er früh auff / und traf umb den Mittag einen Scheideweg an / deren einer in einen grossen Wald gerade gegen Norden; der ander nach [631] einer weitläuftigen Wüsteney NordostWerts führete / und wie sehr ihm der Wegweiser zu diesem riet / wählete er doch durch sonderliche Eingebung den andern / da er sagete: Ich muß und wil Norden folgen / als lange ich innerhalb Meden bleibe / erinnerte doch Gallus / sein Gewehr fertig zu halten / daß man sich auff allen Fall schützen könte / weil der Ort gefährlich seyn schiene. Sie wahren eine Stunde im Walde geritten / da stiessen vier junge verwägene Räuber zu Pferde mit Streit Axten auff sie / mit Befehl / sie solten stille halten /und nicht näher rücken / woran Valikules sich wenig kehrete / nur daß er sich wegen seines Führers betrübete / welcher solches hörend / ohn einiges Wortsprechen außrieß / und der Streiche nicht erwarten wolte /wiewol ihn Valikules wieder seinen Willen nicht auffgehalten hätte / wann er ihm nur seinen Lohn entrichten können: Weil es aber nicht Zeit wahr / sich umb ihn zu bemühen / ließ er ihn reiten / und setzete immer seinen Weg fort; antwortete auch jenen vieren; es währe ihnen ungelegen / sich zuseumen / weil seines Fürsten Geschäfte eile erfoderten. Nicht desto weniger begegnete ihm deren einer / mit Begehren / er solte neben seinem Gesellen Gut oder Blut geben /auch alsbald den Harnisch ablegen: Die übrigen drey setzeten frisch nach / der Meinung geschwinde fertig zu werden / und vor ihrer Geselschafft Ankunft die beste Beute davon zu trecken; aber Valikules den Ernst sehend / machte nicht viel wesens / sondern mit Gallus mischete er sich unter sie / dergestalt / daß inwendig einer halben viertel Stunde sie alle vier gestrecket lagen; sie aber wolten hier nicht lange verzihen / fürchtend / es möchten bald mehr kommen / und dieser ihren Tod rächen / worin sie dann nicht irreten /massen in kurzem ihnen IIX begegneten / eiferig fragend / ob ihnen nicht viere mit lichtbraunen Pferden auffgestossen währen. Ja / sagte Valikules / aber so bald sie mich und meine folgende Schaar sahen / kehreten sie sich nach der rechten Hand / uns etwa vor Råuber haltend. Diese erschraken der Rede / namen kurzen Abscheid / und machten sich ausser Weges nach der Seite davon. Nicht lang hernach folgeten ihrer zehẽ / welche mit gleicher Antwort auff ihre ebenmässige Frage abgeschrecket wurden / daß sie den andern nachsetzeten. Hingegen dankete Valikules seinem Gott / vor die scheinbare Rettung / und jagete mit den seinen fort / als viel die Pferde es ertragen kunten / da er in kurzer Frist einen zimlichen Hauffen erschlagener und von dem Wilde fast gar verzehreter Leichnam antraff / auch zu gutem Glük seiner Fräulein Zeichen an dreien Bäumen gemahlet sahe / mit dieser UnterschrifftCum aliis prædonibus Ecbatana tendo: Ich nehme mit andern Räubern meinen Weg nach Ekbatana. Er zeigete dieses Gallus mit freuden /und sagete: Dem barmherzigen Gott sey Lob und Dank gesagt / der uns diesen Weg geführet hat; dañ mein Herz trägt mirs zu / ich werde schier gewisse Zeitung haben. Ich hoffe solches mit / sagte Gallus; wir werden aber unsern Pferden rechtschaffen zusprechen müssen / es möchten die Räuber des betruges inne werden / und uns verfolgen; darauff sie dann nach äusserster Mögligkeit forteileten / welches ihnen wol zu statten kam; dañ jene / als sie keine Nachfolge merketen / gingen den rechtigsten Weg vor sich / da sie ihre vier erschlagene antraffen / deren einer noch lebete / und sich beklagete / was Gestalt sie von zweien Rittern also zugerichtet währen / welche seiner Hoffnung nach / den verdienten Lohn schon würden empfangen haben. Pfui Schande über Schande / antworteten diese / daß wir aus vergeblicher Furcht diese Buben haben reiten lassen / kehreten mit ihren Pferden umb / und meineten sie noch [632] anzutreffen / aber vergeblich / massen die unsern schon einen grossen Vorsprung geno en hatten / da sie ohn Speise und Trank fortjageten / biß sie ein zimlich Städlein erreicheten / und doch auff dem Wege der Fräulein Zeichen nicht merketen; Hieselbst erfuhr Valikules / daß sie noch sieben zimliche Tagereisen nach Ekbatana vor sich hätten / weil er im Walde irre geritten / und zu weit nach der rechten Hand gangen wåhre. Sie vertauscheten hieselbst ihre Pferde / weil sie undüchtig wordẽ / lagen fůnff Tage stille / nahmen einen Wegweiser zu sich / und gelangeten nach abermahliger siebentågiger Reise in einem Flecken an / welcher nahe bey Mazeus Schlosse lag / bleib auch die Nacht daselbst / uñ fragete den Wirt / was vor einen Herrn diese Festung hätte / dieser antwortete ihm; es währe gar ein freundlicher verständiger Herr / und erst diesen Tag von einer weiten Reise wieder zu Hause angelanget / stünde bey dem GroßFürsten in sonderlichen Gnaden / und wåhre sehr måchtig: Sein Schloß währe nicht anders / als eine offene Herberge fremder Ritter und Herren / auff welche er jährlichs ein grosses verwendete; und wañ ihr ihm die Ehre antähtet /sagte er zu Valikules / ihn vor eurem Abscheide nach Ekbatana zu sprechen / würdet ihr bald einen guten Freund an ihm bekommen / der in euren Werbungen bey dem GroßFürsten euch sehr behülflich seyn kan. Hiedurch ward er bewogen / dieses Herrn Kundschafft zu suchen / weil er ohndaß über diesen Durchzug muste / machte sich des Morgens sehr früh auff / und da er dem Schlosse nahete / ward er über die masse hoch erfreuet / dann er sahe seiner allerliebsten Fräulein Zeichen über die 20 mahl am åussersten Tohr angemahlet / und (welches ihm die Freudentråhnen außtrieb) diese Worte dabey geschrieben:Herculisci suave Diversorium. Des Herkuliskus liebliche Herberge. Er warff die Augen etwas höher / da sahe er über dem Tohr einen von dem reinesten Erz gegossenen Jůngling / mit dieser überschrifft:Miraculum Orbis Herculiscus. Herkuliskus das Wunder-Geschöpff der Welt. Hilff Gott / sagte er zu Gallus / hier lässet mich mein Heyland die Ergezligkeit aller meiner Müheverwaltungen blicken; und O du ädle Seele / hast nicht ruhen können / diesen fremden Ländern auch im durchreisen / ein unsterbliches Gedächtnis deiner Volkommenheit zu hinterlassen; dann freilich ist diese Ehrenschrift dir nicht ohn Ursach gesetzet. Wie er in dieser Betrachtung vor dem Tohre hielt / rieff ihm die Schildwache zu / von wannen er kähme / und wohin er gedächte. Er hingegen begehrete / man möchte dem Herrn des Schlosses anmelden / daß ein fremder Ritter ihre Gn. gerne sprechen wolte. Mazeus / als ein fleissiger Auffseher seiner Geschåfften ging schon im Innerplaze / und ließ auff anmeldung den fremden hinein geleiten und auf den grossen Gastsaal führen /da Valikules ihn nach Ritterstandes gebühr höfflich grüssete / und nach gebehtener verzeihung andeutete: Er hätte nicht allein am Tohre / die ihm bekante angemahlete Zeichen / sondern ůber demselben ein auffgestelletes Bildnis samt angesetzeten nahmen Herkuliskus gesehen: Nun währe er von seinem Herrn aus weit abgelegener Landschaft außgeschicket / diesem Jünglinge nachzufragen / und seines Zustandes sich zu erkündigen; gelangete demnach an ihre Gn. sein dienstfleissiges Ansuchen / ihm deßwegen einige Nachricht zu gönnen / wovor sein Herr alle mögliche Dankbarkeit würde spüren lassen. Guter Freund / antwortete Mazeus / suchet ihr diesen vortrefflichsten jungen Herrn / deßgleichen diese Welt kaum gezeuget hat /alsdañ můsset ihr mir sehr wilkommen seyn; rieff darauff seinem Diener / er solte diesem fremden die Waffen abzihen / [633] und muste ein ander hingegen / seine Geselschaft herein zu hohlen. Er verwunderte sich der freundlichen Bezeigung / gab vor / es wolte ihm nicht geziemen / sich auffhalten zu lassen / müste als ein geträuer Diener seines Herrn / nochmals umb Nachricht anhalten / als wornach derselbe / und andere mehr / grosses Verlangen trügen. Ich weiß wol / sagte Mazeus / daß man diesem vortreflichen Jünglinge nachfraget / aber einer ist insonderheit / dessen ankunft vor andern hoch begehret wird / möchte von Herzen wünschen / daß derselbe in der Nähe währe /dañ hiedurch würde ich meines Wunsches völlig vergnůget / und den Zweg meiner höchsten Begierden erlangen. Valikules wuste nicht / was er aus dieser Rede schliessen solte / und antwortete; er könte nicht wissen / was vor einen ihre Gn. so hoch wünscheten / da er ihm aber bey nahmen genennet würde / möchte er ihm vielleicht bekant seyn. Mazeus kunte diesem Mißtrauen nichts verargen / wolte sich doch so bald nicht bloß gebẽ / umb / dieses Dieners Träue zuerforschen / und sagete: Der Nahme währe ihm entfallen wiewol er ihn hätte nennen hören / wüste ihn auch so eigentlich nicht zu beschreiben / weil er ihn nie gesehen / hätte aber dessen preißwirdige Tahten zum guten Teil von seiner Freunde einem vernommen /und wolte gerne den besten Teil seiner Herschaft dran setzen / dz er demselben auff seinem Schlosse gütlich tuhn solte. Je geneigter sich aber dieser vernehmen ließ / je argwöhnischer Valikules ward / daß er ihm gänzlich vornam / sich noch zur Zeit nit zu melden; bald gedachte er: hat auch dieser Herr meiner Fråulein weibliches Geschlecht in erfahrung gebracht / daß er sie dieses Orts verborgen hält / und suchet / durch Auffopfferung meiner / sich ihrer zuversichern? Ja /ist auch das Bilde vielleicht als ein Lokvogel ůber das Tohr gestellet / mich dadurch zu fahen? Bald fůrchtete er sich / diesem redlichen Manne durch solche Gedanken grosses Unrecht anzulegen / und antwortete in zimlicher Verwirrung: Ihre Gn. můssen diesem Herrn trefliche Neigung tragen / welchen sie mit so grossem Verlust ihrer Herschafft wůnschen / da sie doch denselben / ihrem Vermelden nach / nie gesehen haben. Eben darumb verlanget mich so hoch nach seiner Kundschafft / sagte er / weil ich ihn bißher nur von hörsagen kenne; jedoch / da die Götter mir nicht gar zu wieder sind / werde ich die Ehre haben / ihn zu sprechen; ermahnete ihn nochmahls / den Harnisch abzulegen; er håtte einen geringen Abtrit zu nehmen /und wolte bald wieder bey ihm seyn; gin hin zu seinem Gemahl und deren Frl. Schwester / und zeigete ihnen an / es währe ein frischer junger Ritter / bräunlicher Gestalt ankommen / welcher dem Herkuliskus nach fragete / ob er sich auch gleich nicht kund geben wolte / zweiffelte er doch nicht / er währe von Fůrst Herkules abgeschikt. Fr. Roxane ward der Zeitung froh / meinete / dafern solches währe / wolte sie es bald erfahren / ging mit ihrem Gemahl hin zu ihm /und nach freundlicher empfahung / redete sie ihn also an: Mein Herr ist uns sehr wilkommen / als ein bekanter des allerädelsten Herkuliskus / dessen Bildnis /Zeit abwesens meines Gemahls ich über das Schloßtohr auffrichten lassen / auff daß ich eine tägliche Auffmunterung habe / der vertraulichen Freundschafft / welche er mit mir gestifftet / und zu seiner allergeheimesten Freundin mich gewirdiget hat. Valikules küssete ihr die Hand / und antwortete: Wolgebohrne Frau; ich treffe alhie eine unvermuhtliche und zugleich unverdienete Freundschaft und Gutwilligkeit an / mehr als ich mir nie einbilden mögẽ / angesehen ich dieser örter ganz unbekant / und mein gnädiger Herr /der mich außgeschikt / mir nicht die allergeringste Anzeige [634] getahn / dessen was mir begegnet; muß demnach eine sonderliche schickung Gottes seyn / daß ich mir diesen Weg erwählet / und mir sonst viel einen andern vorgeno en hatte. Vielleicht mag eurem Herrn diese unsere Freundschaft wol selbst unbewust seyn /sagte Fr. Roxane / und wann ich fragen dürfte / ob derselbe der Durchleuchtigste GroßFůrst aus Teutschland währe / würde ich mich so weit erkühnen; Ursach / weil auff meines allerwerdesten Freundes Herrn Herkuliskus anhalten / ich unterschiedliche reitende Bohten außgeschikt habe / umb zuvernehmen / ob dessen Durchl. nicht in diesen Landschaften anzutreffen sey / weil von meinem Anverwanten / Herrn Pharnabazus ich gewisse Nachricht habe / daß seine Durchleuchtigkeit sich über Meer begeben / diesen meinen Freund aus Räuber Händen zu erlösen. Valikules nam aus dieser Rede ab / es müste seyn Fräulein an diesem Orte sehr vertraulich gelebet / auch Pharnabazus (über dessen Anwesenheit er sich freuete) wol gar ihr Geschlecht offenbahret haben / und gab diese Antwort: Mich wundert sehr / wie ihre Gn. mir meinen Herrn so eigentlich beschrieben hat / welchen vor redlichen Leuten zu verschweigen ich nicht Ursach habe; möchte wünschen / daß ich nur in etwas nachrichtung wegen des verlohrnen Herkuliskus haben könte / ob derselbe annoch im Leben und guter Gesundheit sey / damit ich stündlich umbkehren / und meinem Gn. Herrn / der sich in der Nähe auffhält /diese so hoch gewůnschete Zeitung bringen möchte. O ihr Götter antwortete sie / ist der so viel begehrete Fürst Herkules anko en! O ihr mein gnädigstes herzallerliebstes Fräulein! Mit diesen Worten stutzete sie /dann sie wahr nicht willens / straks im anfange merken zu lassen / daß sie ihres weiblichen Geschlechtes Kundschaft hätte; aber der Brey wahr aus unvorsichtiger Freude schon verschüttet / und sie aus Valikules grosser Veränderung merkete / daß er durch dieses Wort getroffen wahr; doch fuhr sie fort; Mein Herr seumet euch nicht auf dem Wege / und bringet dem Durchl. GF. aus Teutschland / neben Anmeldung meiner untertåhnigen Ehrendienste diese Zeitung / wann er meines Seelenfreundes / Herrn Herrkuliskus guten Wolstand erfahren wil / möge seine Durchl. mir seiner gehorsamen Dienerin die Gnade bezeigen / und den Besiztuhm dieses geringen Schlosses / als lange es ihm gefallen wird / einnehmen; inzwischen werde ich an meinen Herzenfreund Herrn Herkuliskus eine schleunige Bohtschaft abfertigen / ihr (hier verredete sie sich abermahl) die glůkliche Ankunft ihres Seelen-eigenen Oheims wissen zu lassen. Valikules baht sehr / mit dieser Abfertigung etwas einzuhalten; sein Gn. Herr währe in der Nähe / zweiffelte nicht / er würde ihm die angenehmste Zeitung bringen. Mazeus erboht sich mit zureiten / aber er wehrete solches ab / ihn versichernd / daß er selbst sich bald einstellen würde; nahm Abscheid / und ritte mit seinen Leuten nach der vorigen Herberge / daselbst machete er die angestrichene Farbe ab / legete ein köstliches Kleid an / und putzete sich Fürstlich aus / nachdem er Standeshalben schon erkennet wahr. Als er mit den seinen nach dem Schlosse ritte / sahe er / daß Mazeus nebest seinem Gemahl uñ dem Fräulein ihm ausserhalb Schlosses entgegen gingen / und zwo treffliche Gutschen hinten nach führen liessen / deßwegen / als er ihnen etwa auff 50 Schrit nahete / sprang er sehr zierlich vom Pferde / als er zuvor dasselbe ein wenig auffs kůnstlichste getummelt hatte. Sein Kleid wahr ein gülden Stük mit grüner Seiden durchwirket / uñ mit Schmaragden reichlich besetzet / welches ihm Frl. Lukrezie mit auff den Weg gegeben hatte; an stat des Helmes[635] trug er einen schwarzen Huht mit einer langen weissen Feder / und flogen ihm die Goldgelben Haarlocken umb die Schuldern. Jene sperreten Mund und Augen auf / da sie ihn anfangs so zierlich mit dem Pferde sprengen / hernach ihn so treflich wolgestalt sahen. Er aber trat ihnen entgegẽ / da er mit entblössetem Häupte sie sehr freundlich grüssete / nachgehends dem Fräulein / und Fr. Roxanen / ungeachtet ihres wegerns / die Hände küssete; und als er darauff Herrn Mazeus anreden wolte / kam ihm derselbe zuvor / und sagete: Durchl. Groß-Fürst / Gn. Herr /wie überaus grosse Vergnügung ich an meinem heutigen Glük habe / kan ich mit Worten nicht zuverstehen geben / wolte auch Euer Durchl. willig und gehorsam etliche Tagereisen mit gnugsamer Manschaft zur Wegesversicherung entgegẽ geritten seyn / wann dero Ankunfft ich währe verständiget worden; erfreue mich höchlich über Ihrer Durchl. Gesundheit / mit demühtiger Bitte / dieselbe mit ihrem Knechte der Zeit Gelegenheit nach / gnädig vor lieb und gut nehmen / und auff meinem Schlosse nach allem ihren Willen gebieten und verbieten wollen. Herkules bedankete sich mit sonderlicher Freundligkeit / der angebohtenen unverdieneten Ehre und Freundschafft / und baht ganz ernstlich / mit ihm / als mit einem Freunde und umschweiffenden Ritter umzugehen / weil ihm dieser Zeit nichts so sehr / als ein Fürstlicher Nahme zuwider währe; nachgehends sagte er: Ihr meine hochwerte Freunde / ich befinde mich ihnen wegen der / meinem Oheim Herkuliskus erzeigeten Freundschafft dermassen verbunden / daß ich nicht absehen kan / durch was Mittel er oder ich / uns dankbarlich loßwirken können / es währe dann / dz ein williges Herz / auch vor sie zusterben / in Bezahlung möchte gültig seyn /welches ich ohn einige Wegerung darbiete. Mazeus gab zur Antwort: Seine Dienste wären Unvermögens halber sehr schlecht / und ihm wegen des trefflichen Herkuliskus schon mit einer geschenketen statlichen Herrschafft tausendfach vergolten. Welche Rede ihn nicht wenig befremdete / dañ er wuste wol / daß sein Fråulein in diesen Landschafften keine liegende Güter zuverleihen hatte; doch wolte er nicht nachfragen /sondern auff vielfältiges nöhtigen ging er mit auff das Schloß / da er Frl. Barsenen bey der Hand / wiewol wider ihren Willen / führete / welche zu ihm sagete: Durchl. Fürst / es hat mein Gn. Fräulein / Frl. Herkuliska / mich und andere / die ganze zeit ihres anwesens so artig auffgezogen / indem sie sich vor einen Herren-Standes-måssigen Jůngling angegeben / also daß wir ihr die wolgebührliche Ehre und Auffwartung nicht leisten können. Ob nun zwar aus ihrem zarten Angesicht / wir von ihrem Geschlecht billich hätten urteilen sollen / müsten wir doch von neuen wieder zweifelhafftig werden / massen wir aus diesem Grunde nicht anders / als Eure Durchl. vor ein Fräulein halten könten. Herkules stellete sich der Rede halben sehr verwundernd / und antwortete: Mein hochwertes Fräulein; so ist meine Fräulein Wase / an diesem Orte ihrem Geschlechte nach erkennet? O was vor ein sonderbahres Glük hat sie doch an diesen Freundes-Ort geführet? Zwar wann dieselbe aus Leichtsinnigkeit Mannes Gestalt an sich genommen hätte / wůrde ich der erste seyn / der es an ihr tadelte; weil aber zu ihrer Ehrenversicherung es nohtwedig hat geschehen müssen / werden meine hochwerten Freunde ihr diese Mummerey nicht verargen / insonderheit / nach dem /wie ich vernehme / sie sich noch endlich zuerkennen gegeben hat. O nein / antwortete sie / solches ist von meinem Gn. Fräulein so heimlich gehalten / daß es kein Mensch erfahren mögen / ohn daß ich argwohne / meine Fr. Schwester habe des Tages ihrer [636] Reise /dessen von ihr Wissenschafft bekommen; dann einmahl muß sie mir nunmehr gestehen / daß sie ihre Durchl. mit Kleidern auff den Weg versehen. Hiervon wollen wir zur gelegenen Zeit reden / sagte Fr. Roxane / dann ob ich solches von meiner Herzen Freundin erfahren hätte / was sie dir verschwiegen / darff dich nicht wundern / nachdem mein Gemahl selbst es von mir nicht hat wissen können. Sie gelangeten hiemit vor dem SchloßTohr an / da Herkules das Bild beschauete / und von Fr. Roxanen diesen Bericht empfing: Durchl. Fürst; wo sonst Menschen Hände die Göttlichen Vollkommenheiten in etwas nachaffen oder entwerffen können / meyne ich / dieser Abguß solle etwas getroffen seyn / welchen ich zeit der Abwesenheit meines Gemahls zurichten lassen / und dannoch mir vorgenommen / den rechten Abdruk niemand zuzeigen / biß der hochbegehrete Fürst Herkules verhanden währe; nachdem nun die Götter denselben hergeführet / muß das geheime entdecket werden. Was habt ihr dann vor ein geheimes / sagte Mazeus /das ihr weiters noch vor mir verhehlen mögen? Sie antwortete ihm nicht / sondern befahl einem Schloß-Soldaten / auff das Tohr zusteigen / und des Bildes Hinterteil mit gewalt herunter zureissen / da sich alsbald ein zierliches Fräulein-bilde sehen ließ / und zun Füssen diese Worte auf Medisch geschrieben:Valiska / eine Sonne aller Schönheit / Vernunfft und Tugend / gebohrnes Königliches Fräulein / des Trefflichsten der Welt Eigene. Bey Leib und Leben / sagte Mazeus /daß solches kein Mensch innen werde. Also ward das Verdeck stündlich wieder daran geschlagen / und zwar so feste / daß es ohn Werkzeug nicht kunte herunter gerissen werden. Herkules nam hieraus ab / dz sie ihm hiedurch seine Liebe wolte zuverstehen geben / und ward von ihr auff ein herrliches Gemach geleitet / weil Mazeus anderwerts zuordnen hatte / und das Fråulein die Küche bestellen ließ / welche Gelegenheit er in acht nam / und zu Fr. Roxanen sagte: Hochwerte Freundin; ihrem Willen mich gemäß zubezeigen / habe ich mich ungeseumet einstellen wollen / umb verständiget zuwerden / was gestalt mein Fräulein lebe / und an was Ort sie sich auffhalte / auff daß ich ihre Erlösung / wie ich hoffe / beschleunigen / und sie in ihr Vaterland führen möge. Euer Durchl. Frl. sagte sie / gehets meines wissens sehr wol / und nachdem mein Gemahl unserm GroßFürsten / Herrn Phraortes das Geleite nach Charas gegebẽ / wohin sie dann nohtwendig hat müssen geführet werden / da sie / unsers GroßFürsten äusserstes Verderben abzuwenden /diese Reise selbst inständigst begehret hat / so bin nach seiner Wiederkunfft ich alles Verlauffs umständlich berichtet worden. Erzåhlete hierauff die begebnis zu Charas mit dem Fräulein / und meldete zulezt /was gestalt König Artabanus sich nicht allein sehr gnädig gegen sie erzeiget / sondern in so hefftige Liebe entbrand / daß er sie stündlich vor sein GroßKönigliches Gemahl erklåret / und allen andern Fräulein vorgezogen hätte. Dieser meynete solcher Zeitung wegen zusterben; die schöne Farbe ward in ein Todtenbleich verendert / und weil die Knie ihn nicht mehr halten wolten / fiel er ohn einiges Wortsprechen nieder zur Erden; dessen sie so hefftig erschrak / daß es ihr fast auch also ergangen währe; merkete doch / daß ihre dunkele Rede hieran schuldig wahr; Sie schüttelte ihn aber / biß seine Geister wieder kahmen / und er seine Augen zugleich mit diesen Worten auffschlug: Ach meine hochwerte Freundin / ihr saget mir wunderliche Zeitungen / deren bey so gestalten Sachen ich mich nimmermehr hätte versehen können. Mein werter Fürst / antwortete sie / nicht nehmet meine Worte unrecht ein; der König hat das Fräulein zwar [637] zum Gemahl erwählet / aber darumb sie noch nicht geheyrahtet; dann weil ihrem damahligen vorgeben nach / sie ein Gelübde auff sich hat / der Göttin Vesta noch über ein Jahr lang in Jungfräulicher Keuscheit zudienen /hat der König ihr äidlich versprechen müssen / sie in solcher Zeit durchaus unangefochten zulassen; Worauff sie dann mit ihrem zugegebenen Frauenzimmer auff ein sehr wolverwahrtes Schloß in der Stad Charas geführet ist / woselbst kein Mannesbilde / auch der König selbst nicht zu ihr kommen darff. Herkules ward durch diese Reden wieder ermuntert / bedankete sich der geschehenen Erzählung / und weil er gnug spürete / daß sie seiner Heimligkeit guten teils Wissenschafft trüge / baht er sehr / es als eine vererauete Freundin im Herzen zubewahren / welches ihr nach aller Mögligkeit dereins solte ersetzet werden. Als nun Mazeus und das Fräulein wieder zu ihnen kahmen / und seiner Farbe Verenderung wahr nahmen /gab er vor / er empfünde zuzeiten eine Vermahnung vom Fieber / welches aber bald würde vorüber seyn; Welcher geschwinden Erfindung sich Fr. Roxane verwunderte / und als unwissend fragete / ob er der Ruhe begehrete. Weil er nun dessen sich wegerte / wurden allerhand kräfftige eingemachte Sachen auffgetragen /biß es Tischzeit wahr / da sie diesem ihren lieben Gast nach aller Mögligkeit gütlich tahten / auch nach auffgehobenen Speisen allen Verlauff mit Herkuliskus erzähleten / welches ihm grosse Vergnügung und gewisse Hoffnung machete / Gott würde ihre Erlösung zum gewünschten Ende ausführen; Insonderheit wahr ihm sehr angenehm / daß er in Pharnabazus bessere Kundschafft kommen solte / von dem er grosse Befoderung seines Vorhabens hoffete; wäre auch gerne noch desselbigen Tages nach Ekbatana auffgebrochẽ /doch weil er von ihnen allen / nur biß auff morgen zubleibẽ / bitlich ersucht ward / ließ er sichs gefallen. Bey dem Abendessen fragte Frl. Barsene den Schützen Batis / welcher aufwartete / ob ihm auch weiters nach einem Wette-schiessen mit Herrn Herkuliskus verlangete; worauf er mit einem Seuffzen antwortete: Er beklagete den Verlust seiner Gelder durchaus nicht / wann ihm nur der Königl. Frl. Gnade könte wieder erworben werden / dann er hätte mit seiner Unbescheidenheit wol verdienet / daß ihm harte Straffen aufferlegt würden; jedoch weil die Götter (vor deren Tochter er dieses Fräulein hielte) durch Bitte könten versöhnet werden / wolte er von seinem Gn. Herrn Urlaub bitten / nach Charas zulauffen / ob er durch seinen Freund Timokles Gnade erlangen könte. Herkules fragete nach / wz vor ursach er håtte sich zubeschweren; Und nach dessen Erzählung sagete er zu ihm: Guter Freund / euer Verbrechen ist eben so groß nicht / und müste mir leid seyn / daß dieses Fräulein /so mir verwand / an diesem lieben Orte / einigen ungewogenen / oder der mit fuge sich über sie beschweren kan / haben solte / dessen ich euch aber wegẽ eures grossen Verlustes nichts vor übel halten könte; Demnach versichert euch / daß ich nicht allein aller Ungnade bey diesem Fräulein euch entheben / sondern eures erlittenen Schadens euch ergetzen wil; hieß darauf Gallus / ihm 800 Kronen zuzählen / welche er auch / unangesehen Mazeus sehr widersprach / zu sich nehmen muste. Des folgenden Morgens / nach eingenommenem Frühstük / machtẽ sie sich fertig zur kurzen Reise / dann Fr. Roxane und Frl. Barsene wolten der Freude zu Ekbatana mit teilhafftig seyn; und als Herkules willens wahr / sich in angestrichener Farbe daselbst einzustellen / widerriet es Mazeus /weil der GroßFürst etwas argwöhnisch / und zu ungleichen Gedanken geneigt währe; versicherte ihn daneben / er dürfte demselben kühnlich [638] trauen / ob gleich Pharnabazus hohe Neigung nicht währe. Also folgete er willig / legte ein schwarzes Kleid an / mit einem silbern Grund / und eingewirketen güldenen Blumen / steckete einen schwarzen Federbusch auf den Huet / welchen er mit einer köstlichen Demant-Kette fest machete; Die Armbänder / so er von Frl. Lukrezien bekommen / trug er öffentlich / und ließ ihm Pferd und Harnisch nachführen / weil er mit Mazeus und dem Frauenzimmer auff der Gutsche sitzen wolte. Auff halben Wege begegnete ihnen ein ansehnlicher Ritter mit sechs reitenden Schützen / welchen Herkules ersehend / gar eilig seinen Helm auffsetzete / und sein Brustharnisch anlegete / dz auf allen fall er fertig seyn könte / und befahl Mazeus seinen acht Schützen / die hinter dem Wagen her ritten / sich fertig zuhalten. Der fremde hatte gesehen / dz Herkules ihm seine Waffen reichen lassen / welches er vor eine beschimpfung auslegete / uñ durch seinen Leibdiener fragen ließ / aus was ursachen solches / und obs ihm zum Trotz geschähe? Dem Herkules zur Antwort gab: Reitet hin / mein Freund / und saget eurem Herrn / ich habe meine eigene Waffen angelegt / welches mir zu Tage uñ Nachte frey stehet / wie ihm auch; und ich darum ihn nimmermehr werde fragen lassen / noch ihm meines tuhns und lassens Rede und Antwort geben. Damit wird mein Herr schwerlich zufrieden seyn / sagte der abgeschikte; welches Herkules mit wenigem also beantwortete: Und von mir wird er noch schwerlicher eine andere Antwort bekommẽ /sprang damit aus der Gutsche / setzete sich auff sein gutes Pferd / uñ mit Schild und Speer ritte er neben dem Wagen her / mit Mazeus Sprache haltend. Jener trotzige lachete der empfangenen Antwort / und ließ ihm zum andern mahl gebieten / stille zuhalten / und die Waffen abzulegen / hernach wann er würde vorüber seyn / solte ihm frey stehen / dieselben wieder anzulegen. Worüber er sich etwas eiferte / und durch Plautus seinen Dolmetscher ihm antworten ließ: Er befünde sich wegen Anfoderung seiner Waffen / an seinem ehrlichen Ritter-Nahmen beschimpfet seyn /daher er ihm in güte abtrag machen / oder des feindlichen Angriffs solte gewärtig seyn. Dessen sich aber jener so hart beleidiget befand / dz er seinen Säbel blössete / den Anbringer niderzuhauen / währe auch ohn zweifel geschehen / wañ dieser nicht durch seines Pferdes geradigkeit sein Leben gerettet hätte. Herkules sahe solches / uñ rante eiferig hinzu / ihm von ferne zuschreyend / es müste ihm dz Lebẽ kosten / dafern er sich an seinem Diener unredlich vergreiffen würde. Weil dann jener darauf einhielt / und zurük zohe / sein Speer zu hohlen / welch Herkules auch /das übrige seines Harnisches anzulegẽ / weil er sich der feindlichen Pfeile befahrete. Mazeus kunte nicht außsinnen / was dieser vor ein frevelmůhtiger Ritter seyn můste / welcher sich sehr unbendig erzeigete /und i erzu winkete / daß man ihm begegnen solte. Weil dann Gallus in voller Rustung ritte / wolte er sich gegen ihn wagen / nam das Speer zur Hand / und setzeten ganz grimmig auffeinander / aber mit seinem grossem Nachteil / massen er nicht allein getroffen und außgehoben / sondern auch an der rechten Schulter zimlich verwundet ward / daß er wol empfand / er währe schon undüchtig gemacht / das Schwert zu gebrauchen; der Fremde / nach volbrachtem Lauffe /wolte mit dem Såbel ůber ihn her / und ihn vollends hinrichten / aber Herkules ritte zu ihm hin / und sagte: Höret ihr stolzer Ritter / mit mir müsset ihr zuvor stechen / ehe ihr dz Schwert gebraucht / hernach tuht was euch gefält; Gallus nam diese Gelegenheit zu seiner Rettung in acht / hatte sein Pferd noch beim Zugel / setzete sich drauff / und muste nach abgelegtem Harnisch [639] ihn der Schützen einer verbinden. Der Fremde aber gab unserm Herkules zur Antwort / du nichts werter Tropf must neben deinem Gesellen sterben /und hättestu noch fünff Harnische übereinander angezogen. Du stolzer Schänder sagete er / du must mich zuvor käuen / ehe du mich einschluckest / drum setze dich ritterlich / so wil ich forschen / ob dein oder mein Tod der näheste sey. Also ritten sie vonander / und nahmẽ einen raumen Lauff / traffen auch dergestalt /das die Speer splitters weise in die Luft fuhren / und keiner gefellet ward / wiewol Mazeus unserm Herkules den Preiß zulegete / und sich über seiner Stärke verwunderte: Sie hatten bald andere Speer zur Hand /wageten den andern Saz / und wirketen dergestalt /daß unserm Herkules sein Schild durchstochen ward /und das Speer ihm zwischen der Seiten und den linken Arme hindurch fuhr / daß es schien / als wåhre er durch uñ durch gerennet; Der fremde aber taht einen unwilligen und sehr unsanften Fal / daß ihm die Rieben im Leibe knacketen / und mühe hatte wieder auffzustehen; als er nun sich wieder in den Sattel gerichtet hatte / machte er mit der rechten Hand etliche verwunderungs Zeichen / über seiner Niderlage / und schickete sich zum Schwertstreite. Herkules hatte Zeit / dz Stücke vom Speer aus seinem Schilde zureissen / und hoffete / dieses hochmühtigen Verwägenheit schier zu dämpffen. Sie fielen wie tolle Hunde / besser zusagen / wie wütige Löuen auffeinander / und getrauete ein jeder seinen Feind in den Tod zu schicken / daher sichs nicht anders ansehen ließ / als wåhre das Feur aus ihren Schwertern gesprungen; anfangs wahren sie beyde gleiche munter / aber nicht gleiche behutsam /in welcher Tugend Herkules weit ůbertraf / und seinem Feind gar zeitig etliche Wunden anbrachte / welches zuleiden dieser ungewohnet wahr / und es doch nicht endern kunte / worůber er in hefftiger Wuht mit den Zähnen kirrete / dz es über etliche Schritte gehöret ward. Aber Herkules ließ sich dadurch nicht schrecken / sondern sagte; ich befinde mich gleichwol noch ferne von deinem Maule / und beissest schon so Hundisch zu; schlug ihn auch zugleich über das Helmgesicht / daß ihm das Maul davon schmerzete; noch wehrete er sich nach bestem vermögen / und trieben sie den Kampf / daß endlich ihre Pferde ermüdet / keinen festen Trit mehr tuhn kunten / welches sie machete absteigen / umb ihr Heyl zu fusse zu versuchen / da der Fremde / nahmens Susag / ein hochbeschriehener Skytischer KriegsOberster / mit unserm Herkules bald hoffete fertig zu werden; wie wol ihn seine Meynung umb ein grosses betrog; dann ob er zwar viel gröber und stårker von Knochen und Gliedmassen wahr / als unser Held / wuste doch dieser durch seine Geschwindigkeit alles doppelt zu ersetzen / uñ richtete ihn also zu / daß sein Harnisch blutroht gemahlet ward / auch zimliche Pfüele Blut von ihm auff der Erde stunden / welches ihm seine Kraft / aber nicht den Troz benam / daß er den redlichen Held als einen Hundebuben außschalt / welcher sich dannoch den Eifer nicht wolte übernehmen lassen / sondern zu ihm sagte; ich merke wol / daß deine schåbichte Zunge suchet mich zu tödten / nach dem weder dein Speer / noch dein Såbel / noch deine Zähne des vormögens sind: und hätte ich mich über dich erbarmet /wañ du dich dessen selbst nicht unwirdig machetest. O du verzåuberter Bube / fing dieser an / mein Säbel und Speer sind noch auff keinem Stahl oder Eisen abgeglitschet. Du must auffhören zu schmähen und zu trotzen / fiel ihm Herkules in die Rede / und schlug ihn damit über den Helm daß es wie eine Glocke döhnete / wodurch dieser dutzig ward und zur Erden stürzete; da ihm Herkules das Häupt gar [640] blössete /und ihn wieder zu sich selbst kommen ließ / umb zusehen / wie er sich bezeigen wůrde / erkennete auch aus dem scheußlichen Angesichte was vor eine ungeschlieffene Seele in ihm wahr. Dieser / als er sich erhohlet hatte / und das Häupt bloß merkete / sagte er zu ihm selber. Je du schlimmer nichts werter Susag /hat man dich darumb den ůberwinder bißher genennet / daß du dich nieder stossen und schlagen lässest? auff welche Rede er ihm selbst die Kehle mit seinem eigenen Säbel rein abschnitte / und aus dieser Wunde das übrige seines Blutes außschüttete. Herkules schickete alsbald einen Schützen an seine Leute / und ließ ihnen sagen / dafern sie könten ruhig seyn / solte ihnen kein Leid wiederfahren; welches diese vor bekant annahmen / und ihre schon auffgelegeten Pfeile wieder in den Köcher stecketen; auch ihrer einer zu Herkules ritte / mit der Frage / ob er ihnen noch etwas anzusagen hätte. Mazeus sprang aus der Gutsche /und sagte: Er wolte sie vor aller Gefahr versichern /dafern sie redlich bekennen wůrden / wer ihr Herr gewesen / und aus was Ursachen er solchen Stolz und Frevel getrieben. Warumb solten wir solches verschweigen? antwortete dieser; Unser gewesener Herr wahr der Welt beschrihene Skyte / Herr Susag / welcher seinem Könige Skolothus so mannichen Sieg erhalten / als nie keiner vor ihm / ist auch biß daher unüberwindlich geschätzet worden / massen er in einem Tage mit XXI Rittern solchergestalt gekämpffet / daß er anfangs einen / hernach zween / weiters drey / und immerzu einen mehr / biß auff sechse vorgenommen /und sie alle hingerichtet hat. Ich habe zu Charas noch neulich von ihm gehöret / sagte Mazeus / und bekomme nun die Ehre / ihn überwunden zu sehen. Ja / antwortete dieser / mich däucht es träume mir seine Niderlage / und wird man uns an unsers Königes Hofe ein solches nicht gläuben / daß durch einen einzigen jungen Ritter im auffrichtigen Kampffe er gedemühtiget sey. Herkules antwortete ihm: Also pfleget Gott allemahl den Hochmuht zu dämpfen / aber was hatte dieser Susag doch auff meine Waffen zusprechen? Nichts / sagte dieser / als dz er sie nicht leiden kunte. Daß wahr gar zu ein grosser Frevel antwortete er /und zwar in eines andern Herrn gebiet. Ihr aber sollet mit eurer Geselschafft freien Abzug haben / dafern ihr mir schwören werdet / daß ihr alles an eurem Ort redlich erzählen wollet / wie ihrs gesehen und gehöret habet; und daneben anzeigen / daß ein fremder Ritter aus weitabgelegenen westnordischen Ländern bürtig ihn gezwungen habe / daß er ihm seine Waffen hinfüro werde müssen unangeschriehen lassen. Ja mein Herr / antwortete dieser / wir wollen solches angeloben / und als redliche auffrichtige Skythen leisten. Mazeus fragete weiter / was Susag dieser ends zuverrichtẽ gehabt; er antwortete; ihm währe gesaget worden / daß seiner nahen Anverwantinnen eine von sechs Assyrischen Rittern aus Parthen heimlich hinweg geführet währe / wie wol gesagt würde / sie hätte sich gerne darzu gebrauchen lassen; weil aber Susag ihm solches vor einen grossen Schipf angezogen /währe sein Vorhaben gewesen diese sechse auff einmahl und in einem Kampffe zubestehen. Diese / antwortete Herkules / werden sich seinetwegen weiters nicht zu befürchten haben; ihr aber möget euren Susag mit euch führen / oder hieselbst bestatten /nach eurem gefallen. Seine Waffen / sagte dieser /wollen wir seinem Bruder Argunthis mit ůbernehmen / aber der Leichnam würde uns stinkend werden. Hiemit machten die unsern sich wieder auff ihren Weg /und nach abgelegten Waffen / setzete sich Herkules an seinen Ort in die Gutsche / da er wegen seiner Tapfferkeit sich von [641] dem Frauenzimmer gnug muste rühmen lassen. Sie wahren kaum eine halbe Meile weiter fortgezogen / da sahen die Beyreuter in der Nähe einen ungeheuren Löuen auff ein erschrockenes Weibesbilde ansetzen / worüber sie ein lautes Geschrey ergehen liessen / dessen Herkules sich in etwas entsetzete / von der Gutsche sprang / und mit entblössetem Schwert gleich als im Sprunge dem Löuen entgegen lieff; Als nun das Tihr auff das elende Weib anfallen wolte / stellete er sich zwischen ein / und mit einem Hiebe schlug er ihm beyde Tatzen ab / daß er zur Erden stürzete und grausam brüllete; er aber reichete ihm noch einen Stoß in die Seite / uñ richtete ihn damit hin. Das armselige Weib hatte sich ihres Lebens schon getröstet fiel vor ihm nieder / und bedankete sich demühtig / daneben wünschend / der gütige HErr JEsus möchte ihm solche Woltaht hier zeitlich und dort ewiglich belohnen / weil in ihrem Vermögen es nicht stünde. Herkules den allersüssesten nahmen JEsus in dieser Fremde hörend / ward voller freuden / hielt es vor ein sonderliches gnaden Zeichen / richtete das Weib auff / und als er vernam / daß sie eins Witwe wahr / schenkete er ihr eine ganze Hand vol Kronen / gleich da Mazeus herzu kam / und zu ihm sagete: Euer Gn. haben uns des Schreckens bald benommen / als die ohn zweiffel dergleichen Tihre mehr wird erleget haben. Er aber antwortete / ihm währe auff der ganzen Reise kein Löue auffgestossen / hätte auch nie keinen im freien Felde lauffen sehen /meinete doch / daß ihnen leicht zubegegnen und beyzukommen währe / wann man nur gute Auffsicht auff sein Vornehmen hätte; setzete sich wieder auff die Gutsche / und weil ihm Anleitung gegeben ward / fing er eine Rede an von des Menschen Vortrefligkeit über andere Tihre. Wir haben / sagte er / dem grundgütigen Gott hoch zu danken / daß er uns Menschen eine vernünftige Seele eingegossen / und diesem Teile nach /uns unsterblich gemacht hat; dann durch anführung dieser verständlichen Kraft können wir nicht allein die wunderbahren mañigfältigen Geschöpfe erkennen /sondern auch diesem selbst nach fragen / der solches alles in ihrem Wesen darstellet / und die Oberverwaltung über Himmel und Erden führet. O wie eine süsse Belüstigung unserer Seelen ist es / wann man Gottes wahre erkäntnis hat / und nach dessen Willen zu lebenweiß! Gleich wie aber die mächtigsten Tihre den allergrösten Schaden tuhn / wann sie ihre Krafft in eine Wuht verwandeln; also wirken auch wir Menschen das allergröbeste übel / wann der Seelen Vermögen aus den Schranken der Gottesfurcht und Erbarkeit loßbrechen / und den Lüsten des Fleisches nachhängen; welcher Frevel dann leider in der Welt so gemein und durchgehend ist / daß die Erbarkeit kaum neben ihm demühtig herzukriechen / Raum findet. O wie mannichmahl sehen wir die Frecheit der Gottesfurcht überlästig seyn? Ja was ist täglichers / als daß Tugend den Lastern die Füsse küssen muß? Dieses alles rühret aus Fleisches Bosheit her / welche der Seelen die Augen blendet / daß sie den gebührlichen Zweg nicht absehen kan / nach welchem sie zuzielen befuget ist; und wann sie es gleich sihet / ist doch der Boge zu schwach / die Sehne zu schlapff / der Pfeil zu fladdericht. Hingegen wo die Begierden der Billigkeit die Herrschafft gönnen / ey da leuchtet des Menschen unvergleichliche Hocheit hervor / und lässet sich sehen / auch mitten im tunkeln / in dem der Mensch alle Gültigkeit der Seele hinwendet zu dem / daß ihm von Gott und dem Recht eingebunden ist. Kein vernünfftiger widerstehet seiner eigenen Wolfahrt / und ein unvorsichtiger nimt derselben nicht eins wahr /dann er kämpffet wider seinẽ [642] eigenen Vortel / wann er sonst nichts zutuhn hat / und rennet willig ins Verderben / ehe man ihn jaget; Das macht / er schämet sich von Tugendhafften zulernen / was ihm selig ist; ja verlachet noch wol denselben in seinem woltuhn / ob er gleich sihet / daß ein solcher von Gott durch alles Gewitter frey hindurch geführet wird; und wie könte etwas schädliches hafften / da man Gott zum Führer wählet? Wie könte es anders als glüklich ausschlagen / da Tugend das Fähnlein schwinget? Ich heisse aber das nicht Glük / von Königlichem oder sonst ädlem Geblüt entsprossen seyn; Ich heisse das nicht Glük /die Kasten und Säcke mit der Welt Narren-Schellen /den güldenen und silbernen Pfennigen gefüllet haben; Ich heisse das nicht Glük / des Leibes Kräffte in aller Gesundheit brauchen; wiewol auch diese Stücke eigentlich und an sich nicht unglüklich sind; sondern Glük ist Gottes Gnade; Glük ist ein gutes Gewissen; Glük ist ein fröliches Herz / auch mitten im Tode /und auff der Folterbank; dann Leibesweh ist so ein schädliches übel nicht / wanns von Gott zur Besserung herrühret. Aber der Seelen Krankheit / die trifft gar zustränge / die verwundet gar zu gefährlich / die tödtet gar zu herbe / weil sie Gottes Hulde störet / und dem innerlichen Peiniger / ich verstehe das böse Gewissen / uns in die Hände liefert. O du undankbare Welt / wie darffstu deine Augen gen Himmel wenden / da du das höchste Gut / dir von Gott verlihen / ihm entgegen stellest? Die Seele meyne ich / welche du zwingest / dem Fleische unterwürffig zu seyn / und der üppigkeit die folge durch Wasser und Feur zuleisten. Wer rühmets an einem Untertahnen / daß er seines Fürsten Freygebigkeit zu dessen Verderben gebrauchet? wie ist dann derselbe in den Augen Gottes zuachten / welcher das gröste Himmelsgeschenk wider den Himmel selbst kehret / und stürmet auff den zu / welcher ihm die Krafft zustürmen verlihen hat? Hieran sind alle muhtwillige schuldig / die ihrer Seelen Wirkung durch Liebe zur Leichtfertigkeit und Fleisches Wollust von der Bahn abzihen / auf welcher sie zuwandeln von Gott erschaffen sind / könten auch folge leisten / wann sie das böse diesem besten Teil nicht zustränge eindrücketen / sondern dem Frevelmuht das Gebiß anlegeten / wann er zur seiten ausweichet / und mehr den süssen / als gesunden Speisen nachhänget. Wer nun diesem übel einzureden kühn genug ist / der allein geneust des Lebensaffts / welcher durch der Seelen Wirkung eingetrüpffet wird /und umb so viel häuffiger / je beständiger er auff die Tugend ansetzet. Ich bekenne / daß einem Gottlosen Menschen besser währe / ein Klotz zu seyn; Aber wåhre auch dem jezt erschlagenen Löuen nicht besser / daß er zum Hasen oder Eichhörnichen gedien wäre? Noch bleibet Löuenadel wol über anderer Tihre Gültigkeit; aber weil er Wuht vor Krafft / blinden Anfall vor Vorsichtigkeit brauchte / muste ihn seine eigene Last stürzen. Also muß ich der Ursach halben menschliche Vortrefligkeit nicht schänden / ob gleich der boshaffte mehr ůbels als einiges wildes Tihr begehet / sondern Vernunft bleibet in sich gut und heilsam / wann das böse nur gemieden wird / und wer seinen Verstand zum guten anwendet / hat unter allen Geschöpffen Gottes seines gleichen nicht; Ja wann er diesem gehorsamet / verbindet er ihm denselben / daß er ihn weder in Nöhten stecken lassen / noch die Hülffe ihm versagen kan. Mazeus und die seinen / sahen ihn / weil er dieses redete / mit unverwendeten Augen an / und gedauchte sie / weder lieblichere Stimme /noch holdseliger Angesicht / noch züchtigere Geberden jemahls bey einigem Mannesbilde gespüret zuhaben / und nahm sie wunder / daß er in seiner Rede des ergangenen Streites so gar mit keinem [643] Worte gedachte / als ob er nichts davon wüste; so wolte ihrer niemand antworten / um ihn dadurch zureizen / daß er seinen anmuhtigen Worten noch länger folge gäbe. Weil er aber geschlossen hatte / sagte Mazeus endlich: Durchl. Fürst / es muß warlich ihr Teutschland treflich gelehrte Männer haben / welche der Jugend so hohen Verstand so frühzeitig beybrigen / und in der ersten Frecheit der kindischen Jahre sie zur Tugend anführen köñen. Man hat ja vor diesem in Persen auch weise Lehrer gehabt; aber heut zu tage finde ich bey ihnen nur dieses / daß sie uns diesen oder jenen Stern am Himmel zeigen / und mit errichteten Kreissen uns ihren Lauff einbilden; dann fahen sie von deren Wirkungen an: Dieser bringe trockene Dürre; Jener nasse Feuchte; Unter jenem Gestirn gebohren werden / mache beherzt; unter diesem gelehrt / reich /faul / aberwitzig / glüklich / frech / wollüstig / und so fort an; Aber wie unsere Seele mit Gottesfurcht und Tugend müsse ausgeschmücket werden / davon wissen sie nichts / wie solches ihr Leben und Wandel gnugsame anzeige tuht / in dem sie in aller Unzucht und Schande sich wälzen / und zum Nuz des Vaterlandes keine Ader anwenden. Das sind die allerschådlichsten Lehrer / sagte Herkules / die mit ihrem Leben ein Haus niderreissen / wann sie durch die Kunst etwa eine Wand getünchet haben; wiewol ich ihre Unterrichtung und Lehre selbst vor schädlich halte / als wodurch sie die ihnen anvertrauete Jugend entweder sicher oder verzagt machen / da einer gedenket / mein guter Stern wird mir schon das versprochene Glük zuwenden; Der ander: Meine Mühe nach dem guten ist umsonst / weil mein Himmelszeichen mir daran verhinderlich ist / und sie also alle beyde durch Verleitung ihres Lehrmeisters ins Verderben gerahten. Aber gibt es in diesen Ländern sonst keine andere Lehrer? Jenes elende Weib / sagte er / welches dem Löuen fast im Rachen steckete / ließ unter ihrer Danksagung sich etlicher Reden merken / aus welchen ich muhtmasse /daß sie in der Gottesfurcht zimlich müsse unterwiesen seyn / gestaltsam sie mir einen nennete / welcher von den Christen (wie man sie heisset) vor den wahren GOttes Sohn gehalten wird. Ja / antwortete Mazeus /es finden sich dieser Orten auch Christen / und zwar unter den gemeinen Leuten / in zimlicher Menge; doch müssen sie sich in ihrem Glauben heimlich halten / weil ihre Verfolger ein wachsames Auge auff sie haben / und sie zur erschreklichen Straffe zihen / da sie einige Missetaht auff sie bringen können. So ist überdas ihnen jederman gehässig / weil sie alle andere Götter verachten / und / wie man saget / einen Gekreuzigten anbehten / und über alles erheben. Nichts desto weniger stehen sie auff ihrer Meynung so feste /daß sie auch durch Feur und Schwert davon nicht mögen abgebracht werden. Aber ihre Lehrer werden von uns nicht gehöret / damit man sich mit ihrem törichten Aberglauben nicht beschmitze. Herkules gab zur Antwort: Ich habe die Christen zu Rom auch lernen kennen / und anfangs nicht anders gemeynet / sie währen ein wahnwitziges / und ihrer Sinnen beraubetes Volk / daß ich ihrer neben andern zuspotten pflag / da ich doch / meines wissens / keinen gesehen hatte; aber so bald ich dessen besser unterrichtet ward / und ihren erbaren Wandel und heilige Werke sahe / bekam ich Lust / mich ihres Gottesdienstes etwas besser zuerkündigen / befand auch / daß ihre Widerwärtigen ihnen viel dinges aufdringen / dessen sie durchaus nicht schuldig sind. Zwar man gibt insgemein vor /sie geben ursach zu Auffruhr / sie treiben Unkeuscheit bey ihrem Gottesdienste / und was der Aufflagen mehr sind; aber wie kan solches und der gleichen von ihnen gemuhtmasser werden? [644] sintemahl sie weder nach weltlicher Herschafft trachten / noch / die mit groben Lastern beschmitzet sind / in ihren Versamlungen dulden. So hat ja noch keiner / der sich von ihnen abgesondert / jemahls gestanden / oder mit Warheit dargetahn / daß solche und dergleichen Sünde von ihnen solten begangen seyn / oder gut geheissen werden. Ich weiß wol / daß an etlichen Orten es schändliche Menschen gibt / welche sich vor Christen halten / und doch weder in der Lehre noch im Wandel denselben im geringsten gleich sind / sondern sie verbergen sich unter solchem fälschlich angenommenen Nahmen / und währen wert / daß wegen ihrer Unfläterey und Sünde sie vertilget würden / daher auch die wahren Christen mit denselben nicht die allergeringste Gemeinschaft haben / sondern sie vor Ketzer schelten / und zu Gott ruffen / daß er sie verstören wolle. Mazeus antwortete: Ich habe der Christen tuhn und lassen wenig wahr genommen / wann sie aber der Frömmigkeit der gestalt er geben sind / kan ich nicht absehen / aus was ursachen man ihnen so auffsätzig ist / daß man ihnen auch die gemeine Lufft nicht gönnen wil. Es mag sich mein Herr wol versichern / antwortete Herkules / dz sichs ingemein mit ihnen also verhält / habe ihnen auch verheissen / als lange sie dergestalt leben / wolle ich ihnen alle hohen Häupter /mit denen ich in Kundschafft gerahte / nach Vermögen gnädig und geneigt machen; und da ich meinem Herrn ein solches ihretwegen anmuhten darff / habe ich darumb fleissig zubitten. Mazeus erklårete sich hierauff / ob gleich sein Vermögen schlecht und geringe währe / wolte er doch bey zufallender Gelegenheit nicht unterlassen / diesen Leuten eines solchen Fürsten Vorbitte geniessen zulassen. Also brachten sie die Zeit mit Unterredungen hin / biß sie vor das Stad Tohr kahmen / da Herkules das Liebe Zeichen etliche mahl angeschrieben sahe / und zu Mazeus sagete: Sehet mein Herr / dieses Zeichen ist mein Leitstern gewesen / welcher nähest Gott mich diesen Weg / von Tyrus her / geführet hat. Es ist uns wol bewust /sagte Fr. Roxane / habe auch nach unser gnädigste Fräulein begehren / unterschiedliche Reuter ausgeschikt / um zuerforschen / ob Eure Durchl. in den mit diesem Zeichen bemahleten Herbergen nicht gewesen währe / deren aber noch keiner zurük kommen ist. Als sie in der Stad vor dem Schloß Tohr anlangeten / da es fast umb den Mittag wahr / stiegen sie ingesamt vom Wagen / und gingen zu fusse hinauff. Im innersten Platze funden sie den GroßFürsten mit Pharnabazus ein ernstliches Gespräch halten /wurden auch von ihnen nicht gesehen / biß Pharnabazus sich umwante / und unsers Herkules gewahr ward / welchen er ansehens kennete / und zu den GroßFürsten sagete: Hilf Gott! da komt der teure Fürst Herr Herkules her! trat ihm geschwinde entgegen / und empfing ihn nicht viel geringer als einen herschenden König. Herkules hingegen umfing ihn mit beyden Armen / und sagete: Mein hochwerter Herr und Freund / ich bitte sehr / mich mit so überflüssiger Ehre nit zubelasten / sondern der fest versprochenen aufrichtigẽ Freundschaft eingedenk zuseyn / als welche mich angemahnet hat / meinen werten Herrn uñ Freund nicht vorbey zugehen / da ich denselben in der nähe seyn / vernommẽ habe; erfreue mich auch von herzen / Gelegenheit zufinden / das wolangefangene fortzusetzen. Hiemit trat er zu dem GroßFürsten / erwieß ihm sonderliche Ehre / und redete ihn mit diesen Worten an: Großmächtiger GroßFürst / daß ungemeldet meiner Ankunfft / auff diesem Königlichen Schlosse ich erscheinen dürffen / darzu hat mich mein Freund / Herr Mazeus verleitet; weil aber dieses meine Unhöfligkeit nicht entschuldigen kan / als bitte Eure Durchl. ich demühtig um [645] Verzeihung / dero ich mich ohn einige Bedingung zu allen möglichen Diensten anerbiete. Der GroßFürst antwortete ihm: Wessen Eure Liebe sich gleich jezt gegen meinen geliebeten Oheim beschweret / hätte ich grosse ursach / gegen Eure Liebe zuwiederhohlen / die ich als einen hochgewünschten Freund sehr wilkommen heisse / mit Bitte / dieselbe sich des meinigen nicht anders als ihres Eigentuhms kühnlich gebrauchen wollen. Herkules wendete ein: Er liesse sich hieselbst bloß als ein umschweiffender Ritter finden /dannenhero ihm nit gebühren wolte / sich seiner Durchl. gleich zuschätzen / bähte demnach untertähnig / dieselbe wolten ihm nicht auffdringen / wider gebühr und willen unhöflich zuseyn / dann seine schuldigkeit währe ja / nicht allein Ihrer Durchl. selbst /sondern auch dero hohen Beamten gehorsam und folge zuleisten. Küssete ihm darauf die Hand / und befahl sich seiner Großfürstl. Gewogenheit. Fr. Roxane hatte sich alsbald nach dem Frauenzimmer gemacht / und des Fürsten Ankunfft vermeldet / derhalben die GroßFürstin einen ädelknaben herunter schickete / ihr Gemahl wolte sich belieben lassen / den angenehmẽ Gast hinauf zuführen. Woselbst nun Herkules seine Höfligkeit spüren ließ / und nach gebohtenem Handkusse also redete: Durchleuchtigste GroßFürstin / die Unruhe durch meine Ankunfft erwecket /muß ich mit der Nohtwendigkeit entschuldigen / die mich treibet / einer Fräulein nachzufragen / deren ich auff unterschiedliche weise hoch verbunden bin; Als ich nun in Erfahrung gebracht / was grosse Ehre und Liebe derselben alhie erzeiget worden / ist meine höchste Schuldigkeit / die Danksagung davor / mit Worten abzulegen / weil des Vermögens Unkrafft mich an die Wiederleistung nicht hinlässet. Es seyn aber Ihre GroßFürstl. Durchl. eines ergebenen Knechtes an mir versichert / so daß in dero Diensten mein Leben zuwagen / mir die höchste Vergnügung bringen solte. Sie aber antwortete ihm: Durchleuchtigster GroßFürst; gewißlich erwecket Euer Liebe ankunft durchaus keine Unruhe / weil man derselben mit höchstem Verlangen erwartet hat; Dem Königl. Fräulein habe wegen ihrer Verstellung ich wenig Ehre und Dienste erzeigen können / solte aber ihr Geschlecht und Stand mir kund worden seyn / würde ich mich bemühet haben / ihr besser zur hand zugehen; muß also die Unwissenheit zur Entschuldigung einschieben /und daher mich befleissigen / den an dem Königl. Fräulein begangenen Fehler / auff zugelassene weise zuverbessern. Der junge Fürst Arbianes kam wieder zu hause vom Lustreiten / und ward ihm im Schloßplatze gesagt / es währe ein trefflicher schöner Herr /mit Mazeus ankommen / dem vorigen Herkuliskus fast ähnlich. O Dank sey allen Göttern / sagte er / es wird gewißlich der treffliche Held / Fürst Herkules seyn / durch dessen Unterweisung ich in ritterlichen Ubungen etwas zu fassen gedenke; blieb ein wenig stehen / und bedachte sich / wie er ihn empfangen wolte; stieg alsbald hinauf / und als er in den Saal trat neigete er sich gegen ihn / küssete ihm die Hand / und redete ihn also an: Durchleuchtigster GroßFürst /hoch berühmter Held; nach dem die Götter mein Begehren erfüllet / und ihrer Durchl. den Weg hieher gezeiget / verhoffe ich / dieselbe werden meiner demühtigen Bitte Stat geben / und mich in die Zahl ihrer Diener einschreiben / damit aus ihrem Leben und Tahten ich fassen möge / was einem gebohrnen Fürsten schier heut oder Morgen Ruhm und Ehre bringet. Aus diesen lezten Worten vernam er / daß er der junge Fürst wahr / taht ihm gleiche Ehre an / und gab ihm zur Antwort: Warumb machet mein Durchl. Fürst mich vor ihren geliebten Eltern / und dieser ganzen hohẽ [646] Geselschaft so schamroht / daß ich nicht weiß /wie ihrer Liebe ich mit Worten begegnen sol? Zwar meine geringe Tahten werden das Lob mir anjezt gesprochen / nimmermehr erreichen / ob ich gleich tausend Jahr leben solte; aber ein Freund uñ williger Diener des Groß-Fürstl. Medischen Erben zu seyn und bleiben / erbiete ich mich mit auffrichtigem Herzen / wil mich auch nimmermehr wegern / vor ihrer Liebe Wolfahrt / mein Schwert / wie krafftloß es gleich ist / gerne zu führen / und in ihrer Geselschaft mich mit zugebrauchen / als welche ich schon so tapfer / und in ritterlichen Ubungen erfahren weiß / daß sie meiner geringschätzigen Unterweisung durchaus nicht bedürffen. GroßFürst Phraortes antwortete: Hoch berümter Fürst; mein Sohn zeiget ja noch seine Begierden / daß ihm deren Geselschaft und Unterweisung / die durch Tugend den Weg der Unsterbligkeit suchen / angenehmer ist / als welche auff ihre Macht und Gewalt sich verlassend / ihrem Willen folge leisten / und nach den Lustreizungen des gemühtes Kräfte lenken. Herkules sagete hierauff; es hat auch mein hochwerter Fürst von einem solchen Vater nicht anders können angeführet werden / und schätze mich billich glükselig / wann unter dergleichen Geselschaft ich mag gerechnet werden; zweifele nicht / ihre Durchl. werden vor genommene Mühe die schöne Frucht des außgesträueten Samen / in kurzen / reichlich einernten. Die GroßFürstin mengete sich mit ein /vorwendend / die Speisen würden kalt werden; daher die Geselschaft sich zu setzen genöhtiget ward. Bey dem Mahle gab es unterschiedliche Beredungen / und erzählete Arbianes seinem Vater / was gestalt ihm auff dem heutigen kurzẽ Wege zwo wichtige Begebnissen auffgestossen währen / und zwar fast an einem Orte; Vor erst hätte er einen sehr grossen erschlagenen Löuen im offenen Felde liegen sehen / dem die beyden Tatzen abgehauen gewesen; bald hernach währen sechs Skythische Schützen hinter ihm angeritten / mit Panzern verwahret / deren jeder ein Stük eines mit Blut gefärbeten Ritter-Harnisches und blosses Schwert bey sich geführet / hätte deren herzunahung erwartet / uñ nach befragung zur Antwort bekommen / der gewaltige bisher unüberwindliche Skythische Kriegs Obriste / H. Susag währe etwa vor anderhalb Stunden von einem jungen fremden Ritter im auffrichtigen Kampf zur Erden gebracht und seines Helms beraubet / worauff er ihm selbst vor Unmuht wegen der Niederlage die Kehle abgeschnitten / dessen Leichnam sie in die Erde begraben / und seine Waffen mit sich führeten / wie ihnen von dem Uberwinder erläubet währe. Was? sagte Pharnabazus / ist der Frevelmühtige baumstarke Skithe Susag durch eines einzigen Ritters Hand gedämpffet / von dem vor beständig gesagt wird / daß er schon vorm Jahre über 260 Ritter im offenen Streiterschlagen / und er mannichesmahl deren fünff oder sechse auff einen Bissen genommen. O wie hoch wird durch diese Zeitung ein vornehmer Fürst erfreuet werden / welches ersten tages von mir zu schreiben ich nicht umbgang haben kan. Mein Oheim schreibe solches nur kühnlich /sagte Mazeus / dann ich habe diesen Kampf mit Augen angesehen / in welchem er inwendig einer halben Stunde von gegenwärtigem Teutschen GroßFürsten ist nie dergeschlagen worden; und hat eben dessen Schwert den gedachten Löuen auch in den Tod geschicket; erzählete darauff allen Verlauff eigentlich; worüber die Anwesende sich höchlich verwunderten /und Arbianes wünschete / das Glük gehabt zu haben /daß er diesen Kampf hätte mögen ansehen. Mazeus fragete Plaucus / der bey der Mahlzeit auffwartete /wie es umb [647] seinen verwundeten Spießgesellen stünde / worauff der GroßFürst alsbald befahl daß er aus der Herberge / in welche er / sich heilen zu lassen / eingekehret wahr / nach dem Schlosse gehohlet / und auffs beste gepfleget würde. Nach abgetragenen Speisen fragete die GroßFürstin Herkules nach Königs Ladaisla Wolergehen; und vernam / daß sie auff der Reise nicht aneinander getroffen / hoffete doch / dafern er auff dem Wege keine Verhindernis gehabt / dürffte er schon in Parthen angelanget seyn. Pharnabazus fragete nach Leches / welchen er wegen seiner Rittermässigkeit sehr rühmete / mit wünschung / die Gelegenheit zu haben / daß er ihm einige Dienste und Freundschafft leisten könte; fragete auch nach seinem Stande und Herkommen / und wahr ihm liebe / zuvernehmen / das er nicht von geringem Adel / sondern Herrenstandes währe / so daß er der Mutter nach / dem Königlichen Geblüte verwand / weil ohngefehr vor 100 und mehr Jahren / seine Großälter Mutter / eines Königes aus Böhmen Tochter / sich an einen vornehmen Teutschen Herrn verheyrahtet hätte. Die GroßFürstin fragete ihren Bruder / was vor Kundschaft er mit diesem Ritter hätte; worauff er ihr erzählete / wie sie auff dem Freystechen zu Padua in Kundschafft gerahten /und er an demselben einen scharffen Gegenstecher gehabt hätte. Der Tag ward mit allerhand freundlicher Unterredung zugebracht / uñ hielt endlich Herkules fleissig an / daß ihm folgendes tages seine Reise nach Charas möchte verstattet werden; weil ihn aber der GroßFürst versicherte / es könte ihm aus gar zu schleuniger Eile / Ungelegenheit zuwachsen / muste er sich auffhalten lassen / und zu Ekbatana länger bleiben / als ihm lieb und angenehm wahr.

Ladisla / wie droben erwähnet / wahr und seinen geliebeten Fabius herzlich bekümmert / und erhielt bey seiner Geselschaft so viel / daß sie ihm zugefallen zween Tage in dem Flecken stille lagen / da er alle Stunden der Hoffnung gelebete / er würde sich loß machen und nachfolgen; weil aber alles harren vergeblich wahr / nam er von seiner Geselschafft abschied / richtete seinen Weg auff Persen zu / und hatte Leches / den Dolmetscher / und drey Knechte bey sich / deren jeder ein Handpferd mit Golde und Kleinoten belegt / an der Hand führete. Seine Reise hielt er fast Sudost / daß er auch bißweilen gar in das Fürstentuhm Susiana rückete / wiewol er kurze Tagereisen taht / und zuzeiten an einem Orte etliche Tage stille lag / ob er von Fabius etwas vernehmen möchte. Einsmahls / wie er in den Susianischen Grenzen Herberge nam / traff er einen ansehnlichẽ Herrn an / mit welchem er zwar Kundschaft machete / aber doch nicht erfahren kunte / von wannen / und wer er eigentlich wahr; wiewol er ihm zuvernehmen gab / daß er nunmehr ins dritte Jahr sich in diesen weitläuftigen Morgenländern auffhielte / welche er auch / aus Liebe / die Welt zuerkennen / in die länge und breite / als von dem Mittelmeer biß an den Ganges / und von dem Persischen biß an das Kaspische / durchzogen und besehen hätte; es wird aber mein Herr erfahren /sagte er / was vor eine nahmhaffte Verenderung in kurzem vorgehen / und den Parthischen Stuel aus seiner alten Stelle verrücken werde / massen ich an allen fürstlichen Höfen merke / daß man der Arsazischen Herschaft von Herzen müde ist / welches man nirgend unvorsichtiger / als an diesem Susianischen außschläget / und dannoch zugleich vor sehr klug wil gehalten seyn. Doch scheinet / daß dieser Fürst darunter seinen sonderlichen Geitz-Vortel spiele / um unter diesem Dekmantel die Unterthanẽ durch ungewöhnliche Schatzungen [648] und zuvor unerhörte Aufflagen umb ihre Baarschafft zubringen / und solche in die Schazkammer zu spielen / welches bißher die Inwohner nicht gemerket / auch weil sie haabselig sind /nicht groß geachtet haben / aber wo das Ziel überschritten wird / dürffte es nicht wol ablauffen; zwar es bauet der Fürst allenthalben vor was er kan / so gar /daß er auch seinen leiblichen Bruder / einen redlichen / tapffern und frommen Herrn / nahmens Satropazes /sol haben auff der Jagt (wie man beständig berichtet) meuchlischer weise erschiessen lassen / weil eine Rede außgangen / es währe derselbe besser zur Herschaft als er; aber ich fürchte sehr / er werde durch Verwägenheit dem Fasse endlich den Bodem gar aus stossen; einmahl ist gewiß / daß kein grösser Feind des außländischen Adels in allen diesen Ländern zufinden ist / als eben dieser Fürst / und habe ichs meinem Glük hoch zudanken / daß ich seinen Händen entgangen bin. Ladisla hörete diesem verständigen Manne fleissig zu / und erkundigte sich mannicherley / sonderlich / was vor Beschaffenheit es mit dem Parthischen Hofe hätte; da ihm dieser zuverstehen gab /es wäre der übermuhtige Pracht dieses grossen Königes nicht zubeschreiben / und würde ohn zweifel ein zwiefaches übel denselben zu grunde richten; als /seine Sicherheit / und seine unkeusche Begierden; es sey dann / sagte er / daß seine tapffere Leute / deren er etliche hat / durch ihre Vorsichtigkeit ersetzen / was er selbst verdirbet. Ich bin willens / sagte Ladisla /die grosse und so hochbeschriehene Parthische Häupt Stad zubesehen / und suche ich nur Geselschafft / mit welcher ich sicher durchkö en möge. Mein Herr wird daselbst viel böses und wenig gutes sehen / antwortete er / dann es gehet alda nach dem alten Sprichwort: Wie das Häupt sich hält / so machens auch die Glieder; Der Ort ist mit unsäglichem Reichtuhm angefüllet / und daher komt es / daß ein Reisender vor viel Geld wenig Pflege / ja wol kaum ein gut Wort hat /insond'heit / wo man die Herberge nahe bey dem Schlosse suchet / da man mehr vor das Schlaff Gemach / als vor die Speisezahlen muß. Ich werde mich dieser guten Unterrichtung zubedienen habẽ / sagte Ladisla / ließ sich sonst von allerhand Sachen unterweisen / und wahr ihm leid / daß er dieses Mannes Geselschafft nicht länger geniessen kunte / welcher seinen Weg nach Assyrien / er aber Persen werz nam /und in des Landes Grenzen in einer Herberge des Abends drey Persische Herren antraff / welche von ihren Dienern sich gewaltig ehrenliessen; weil er aber sahe / daß wenig Tugend hinter ihnen steckete / kehrete er sich nicht groß an sie / und begab sich bald nach gehaltener Mahlzeit zu Bette. Folgenden Morgens geboht er Leches / sich ihm allerdinge gleich zu halten / nam auch bey dem Mittags Mahl die Oberstelle / und hieß Leches neben sich sitzen / welches den Persen / als ohndas hochmuhtigen Leuten / zu Haupte stieg / kunten doch nicht gedenken / was diese vor Herren währen / weil ihre Angesichter und Sprache anzeigete / dz sie aus der fremde kämen / sie auch mehrenteils Teutsch / und mit ihrem Sprachmeister Griechisch redeten / dessen einer von diesen auch kündig war / und daher Gelegenheit nam / mit ihm zu sprachen / da er fragete / wohin seine Reise angesehen währe. Weil er aber so richtig bey fremden auszubeichten nicht gewohnet wahr / gab er zur Antwort: Sein Drittesmann hätte sich auf dem Wege durch unfall von ihm geschieden / welchen auszufragen / er bald hie / bald dahin ritte / ehe er seinẽ richtigen Weg / der nach einem grossen Herrn ginge / verfolgen könte. Als er nun hinwieder nach des Landes Gelegenheit fragete / bekam er gleichmässigen Bescheid: Es währe ein weitläufftiges Fürstentuhm / [649] und hätte unterschiedliche Gebräuche und Sitten / aber das ädleste Volk unter der Sonnen zu Inwohnern; merkete also Ladisla bald / wz vor Stolz hinter diesen Leuten steckete; ließ sich gleichwol nichts anfechten / sondern fing durch seinen Dolmetscher ein Gespräch mit dem Wirt an / und fragete / wohin man den nähesten Weg nach Charas nehmẽ müste; baht ihn nachgehends / er möchte nach einem Kleinot-Händler senden / der ihm allerhand köstliche Kleinot bringen solte; welches dann bald geschahe / uñ weil ihm die Stücke nicht gefielen / muste er andere hohlen / deren er ihm vor 180000 Kronen abkauffte / und ohn das noch über 100000 Kronen Baarschafft bey sich behielt /über die Kleinot / welche er auff drey Tonnen Goldes wert bey sich führete. Die anwesende verwunderten sich des Reichtuhms / und gedachten / er würde etwa dem Könige oder seinen Hof Schranzen diese Verehrung überbringen wollen; Und weil ihm sein Pferd gedrükt wahr / kauffte er zween gleichmässige starke /zum Schimpf und Ernst wolabgerichtete Rappen /welche er mit 2000 Kronen bezahlete. Es hatte der Wirt etliche leichtfertige Weibsbilder im Hause / die nach Persischem Gebrauche sich begunten herbey zumachen / an welche sich die unsern nichts kehreten /wolten auch der Persen unflätigen Muhtwillen nicht ansehen / sondern begehreten von dem Wirt ein absonderliches einsames Gemach / in welchem sie schlaffen und gespeiset werden könten / gestaltsam sie aus den Ländern währen / da man Zucht und Erbarkeit höher als unbändige Wollustschätzete. Die Persen legten dieses zu ihrer Beschimpffung aus / und durften verwägen gnug fragen / warumb er ihrer Geselschafft sich äussern wolte: denen er zur Antwort gab: Als lange sie züchtig und keusch lebeten / währe ihm ihre Geselschafft nicht zuwider / aber unzüchtigen Reden und Tahten beyzuwohnen / hätte er niemals Lust getragen; Zwar er wolte ihnen weder heissen noch verbieten / meynete aber / er tähte ihnen zugefallen / daß er ihnen wiche / da er sonst ohn das in gemeiner Herberge so grosse Freyheit auffzustehen /als sie zusitzen / hätte. Hiemit war der Brey schon verschüttet / und begunten diese mit gnug höhnischen Worten zufragen / er würde vielleicht nicht wissen /bey was Geselschafft zusitzen er gewirdiget währe; man hätte ihm / angesehen seiner fremde und Jugend schon etliche Streiche zugute gehalten / welches er dem blossen Glük und ihrer Höfligkeit zuzuschreiben hätte / und liesse er gnugsam sehen / wie wenig er mit Herren Standes umgangen währe. Mit Herren Standes? sagte Ladisla; trauen in meinem Vaterlande müste sich ein ädler Herr mit gemeinen Weibern nicht zihen / da er seinen Ritterstand nicht gar einbüssen wolte; Das ich nun fremde und jung bin / macht mich weder schlimmer noch besser / bin mir auch einiger Unhöfligkeit nicht bewust / es währe dann / daß man mir verübeln wolte / daß ich an leichtfärtiger Weiber Geselschafft abscheuh trage; jedoch mögen sie mit ihnen nach willen leben / aber wer mich gleichwol zwingen wolte / solchen Sachen beyzuwohnen / müste es trauen nicht mit Worten / sondern auff Rittersweise versuchen. Die Weiber empfunden diese Schmach sehr hoch / wolten sich doch etwas höflich bey der Sache stellen / uñ sagte die eine zu ihm: Schöner Herr / als viel ich merke / werden schöne Frauẽ eures Geldes nicht viel / noch weniger euer Liebe geniessen. Freylich findet kein Mensch einigen genieß bey mir /antwortete Ladisla / wann mirs Schimpff und Schande brächte. Wir sind auch nicht einem jeden zugefallen /gab diese zur Antwort / aber warumb solte man grossen Herren mögliche Dienste versagen? Er wolte sich mit ihnen nicht zanken / weil es [650] einen Hurenstreit geben würde / sondern stund mit Leches auff / in willens davon zugehen; aber die fünff Weiber traten an die Tühr / vorgebend / sie würden ihm keinen Abzug verstatten / ehe und bevor er wegen des angetahnen Schimpffs abtrag machete; Worüber die Persen sich kitzelten / daß auch der vornehmste unter ihnen einem Weibe an die Hand gab / sie solte ihm einen Kuß bieten / ob er auch so höflich seyn / und vor solche Gunst ihr der eingekäufften Kleinot eines schenken würde. Die gute Tochter ließ sich bereden / und fiel ihm unzüchtig gnug umb den Halß / ward aber mit einer solchen Ohrfeige abgewiesen / daß ihr die Zähne im Maul knirreten / und sie ohmächtig zur Erden fiel; worauf er zu dem Persen sagete: Wie bistu so ein weibischer und unhöflicher Kerl / dz du unzüchtige Weiber auf einen ehrliebenden Ritter hetzen darffst / dessen du mir trauen Rechenschafft geben must; und hastu vor dich allein so viel herzens nicht / so nim deine beyden Gesellen zu dir / dann solt du keine Bestreiter / als mich selbander finden / auff daß ich das Glük haben möge / zuerfahren / ob ihr so wol gelehret seyd / ritterlich zufechten / als leichtfertig zu scherzen. Mit diesen Worten ging er mit Leches hinaus /legetẽ die Waffen an / befahlen auch dem Dolmetscher / dem Wirt zubezahlen / und samt den Knechten mit ihren Wetschern zufolgen. Die Persen nahmen den Streit an mit einem Hohngelåchter / beredeten sich schon / wie sie nach erhaltenem Siege die köstliche Beute unter sich teilen wolten / wapneten sich /und folgeten den unsern mit ihren unbewehrten Dienern bald nach / damit sie nicht entfliehen möchten. Ladisla ermahnete Leches / er solte im anfange seine Kräffte sparen / daß er / wann der Streit sich in die harre verzöge / ihm Lufft machen könte. Jene tahten mit dem Schwert den eiferigen Angriff unter guter Vorsichtigkeit / gaben auch den unsern gnug zuschaffen / so daß sie schon gewonnen rieffen; aber man ließ sie sich abarbeiten / biß man merkete / daß ihre Schläge gemachsamer gingen / da sagete Ladisla zu Leches: Nun tapffer dran; Hieben damit so grimmig von sich / daß die Feinde zurük wichen / und keinen Stand mehr fassen kunten / welches ihnen Ladisla verwieß / da er zu ihnen sagete: Empfindet ihr schier /daß sichs bey unzüchtigen Weibern sicherer sitzet /als auff dem Pferde unter Feindes Schwert? Hörete doch nit auff zuschlagen / daß in kurzer Zeit das Blut an allen dreyen häuffig hervor drang / und sie willens wahren / auszureissen; aber Ladisla fassete den vornehmsten beym Halse / und warf ihn vom Pferde / daß er das Genicke zubrach; die übrigen beyden stürzeten auch nach wenig Streichen tod von ihrẽ Pferden / welches ihre Diener ersehend / alsbald nach der Stad zuflohen. Hier wird nicht lange Federlesens seyn / sagte Ladisla / rennete mit den seinen sporenstreichs davon / und hörete nicht auff / biß sie noch desselben Tages sieben Meilen hinter sich gelegt hatten / wodurch sie ohn zweifel ihr Leben retteten; dann weil der erschlagenen Herschafften in der nähe belegen wahren /brachten die ihrigen alsbald 50 Pferde zusammen /ihrer Herren Tod zurächen. Ladisla rühmete sein neugekaufftes Pferd hoch / daß er dem Verkäuffer gerne ein gedoppeltes davor gegönnet hätte / und machete sich mit den seinen straks Nordwerz / da er in einem Flecken eine Versamlung von 80 bewehreten Kauffleuten antraff / die in Parthen zureisen willens wahren / gaben sich in ihre Geselschafft / und nahmen den Weg Ostenwerz in guter Sicherheit / biß fast an die Parthischen Wüsteneyẽ / woselbst 60 / meistenteils wolgewapnete Reuter / von Mittage her auff sie stiessen / und nachdem Ladisla und Leches / die voraus ritten / bey ihren Pferden und Harnischen alsbald erkennet [651] wurden / schicketen jene einen Reuter an diese Kauffmans Geselschafft ab / mit Vermeldung: Es fünden sich zween mörderische Ritter unter ihrer Schaar /die man überdz vor Ausspäher hielte / hätten drey vornehme Persische Herren unredlicher weise erschlagen / und dadurch des Henkers Straffe verdienet; begehreten demnach / die übrigen sich deren nicht annehmen / sondern sie ungewegert zur Straffe ausfolgen solten. Die Geselschaft nahmen unsere Helden stündlich vor / umb zu hören / was sie auff so schwere Klage und Beschuldigung antworten würden; Und nachdem sie des wahren Verlauffs berichtet / auch Ladisla sich erboht / wider jedem / der sein begehren würde / es mit dem Schwert auszuführen / wie fälschlich und boßhafft sie ihn beyde des Mords und der Verrähterey beschuldigten / gaben diese jenen hinwieder zur Antwort: Es gestünden die Beklagten solche Aufflage nicht / daher man Erbarkeit halben sie nit verlassen könte / zumahl sie bereit währen / durch einen redlichen Kampff ihre Unschuld zuhandhaben. Also ritte der Abgeschikte zurük / und Mardus mit ihm / welcher im Nahmen seines Herrn die Verfolger also anredete: Nachdem meine beyde Herren mit Schmerzen verstanden / daß etliche eures Mittels sich finden dürffen / sie als Verrähter und Mörder bey ihrer Geselschafft in Verdacht zubringen / als schieben sie solche unredliche Schmähung in deren Bart und Busem / sagen ihnen auf Leib und Leben ab / und sodern sie / krafft dieses zum auffrichtigen Kampffe /da die Unschuld vermittelst des Schwerts sich schon eräugen wird. Es wahren vier vornehme Persische Herren / der drey Erschlagenen nahe Anverwanten /welche die Rache anstelleten / und ihre Diener mit sich genommen hatten / es desto besser ins werk zurichten. Als sie diese Ausforderung vernahmen / taht es ihnen weh / daß der vermeyntliche Schimpff von zweyen Ausländischẽ ihnen solte angelegt werden; liessen die Geselschafft zum andern mahl erinnern /sich wol vorzusehen / was sie tähten; es könte an ihnen dereins schwer gerochen werden; wolten ihnen demnach rahten / sich dieser Ubeltähter nicht anzunehmen / noch deren Mißhandelung sich teilhafftig zumachen; Diese / weil sie Kauffleute wahren / begunten der Sache zwischẽ sich uneins zuwerden; etliche wendeten ein / warumb man sich umb dieser fremden willen in Gefahr setzen wolte? man solte sich des Handels entschlagen / daß man dieser Herren ungunst überhoben bliebe / deren Hände weit umb sich grieffen. Dem guten Ladisla wahr hiebey nicht gar wol / hielt umb Erlaubniß an zureden / und sagete: Ihr meine vielwerte Herren und Freunde; nicht lasset /bitte ich / diese nichtige Dräuung euch schrecken /vielweniger dahin bewägen / daß ihr unüberzeugete den unbillichen Feinden übergeben woltet / die sich euretwegen auff begebenheit alle Gefahr gemein zuhaben / erkläret / uñ eurer Redligkeit sich anvertrauet; solten dann diese Räuber / davor ich sie halte / sich ferner des Streits entbrechen / so tuht der Unschuld und Gerechtigkeit dieses zu steur / und lasset sie wissen / ich habe mich auff den grossen König der Parther beruffen / daß sie etliche ihres Mittels in eurer löblichen Geselschafft lassen mitreiten / und daselbst mich mit Recht besprechen / alsdann ich ihnen Rede und Antwort geben wil. Diesen Vorschlag liessen sie alle sich wolgefallen / beschlossen / demselben zugeleben / und begehreten / daß Mardus es jenen vortrüge. Ladisla wahr dessen froh / unterrichtete diesen /und ließ ihn die Werbung solcher gestalt ansagen: Nach dem jene löbliche Geselschafft / und insonderheit meine beyde Herren vernehmen müssen / daß ihr den Ritterlichen Kampf wieder Rittersbrauch nicht [652] allein verzagter Weise außschlaget / sondern über das bey vorigem begehren steiff verharret / wird euch hiemit eins vor alles zuwissen getahn / daß man in euer Ansuchen durchaus nicht gehehlen kan / sondern da ihr einige Beschuldigung auff diese beyde habt / und sie sich auff den grossen König Artabanus beruffen /stehet euch frey / etliche eures mittels mit zu senden /und an gebührendem Orte die Klage zuverfolgen; denen jene so viel Sicherheit versprechen / als sie ihnen selber geben können. Die vier Herren stecketen die Köpffe zusammen / und funden sich übermannet /sonst hätten sie sich gerne an ihnen allen gerochen. Die Klage vor den König zu bringen dauchte sie nicht tuhnlich / und stelleten es lieber auff die Spitze des Kampfs. Nun hatten sie unter ihren Reutern zween zu Roß und Fuß wolversuchte Kämpffer / deren einer ein Indier / nahmens Hages / über vierdehalb Ellen lang /und mächtiger Leibes stärke; sein Geselle Tyriotes /ein Assyrier von rechter grösse / und im Kampfe behuhtsam. Diese beyden fodertẽ die vier Persische Herren vor sich / und versprachen jedwedem 1000 Kronen / wann sie diese beyden Ritter im Kampf erlegen / oder gefangen nehmen würden. Der verwägene Hages antwortete; man möchte ihm die 2000 Kronen allein gönnen / so wolte er beyden zugleich das Schwert bieten / und sie unter den Armen davon tragen. Sein Herr zweiffelte an seiner Uberwindung nicht / doch weil es ihn etwas gefährlich däuchte / nam er ihn absonderlich vor; er solte sichs gefallen lassen /wie es vorgetragen währe / nach erhaltenem Siege solte ihm nicht destoweniger so viel erlegt werden; dessen er dann friedlich wahr / jedoch mit dem bedinge / daß sein Geselle sich nicht einmischen solte / biß ers ihn heissen würde. Fertigten also den Dolmetscher wieder zurücke / und liessen ihnen sagen; es währe zwar unbillich / dz unsere Helden / angesehen ihrer Mordtaht / wie Ritter im Harnisch sterben solten /weil aber ihre Geselschaft sich ihrer so weit annähmen / welcher Schimpf biß dahin solte außgestellet seyn / solten sie alsbald hervor treten und sich niderhauen lassen. Ladisla lachete der Dräuung und sagete: Daß währe gar ein schönes Anmuhten / sich ohn gegenwehr niderhauen zu lassen; ich meine aber noch vor Abends darzutuhn / das ich mein Leben zuverlieren noch heute nicht willens bin; setzete den Helm auff / und empfand des Schimpfs wegen / grossen Zorn in seinem Herzen. Alsbald sahen sie den vierschrötigen Hages auff einem hohen Hengste daher traben / vor dem sich die Kauffleute hart entsetzeten /und zu Ladisla sageten: Er hätte sich wol vorzusehen / dann aller anzeige nach / würde er einen harten Stand halten müssen. Er aber antwortete; ihr ehrlichen lieben Herren und Freunde; in meiner guten Sache schrecket mich dieses Ungeheur nicht / wann er gleich selb ander kähme / wiewol mirs etwas schwer fallen wird / seine Waffen durchzuhauen; bleibet ihr nur günstig / und verhütet unredlichen Uberfal. Schwänkete damit sein Pferd mit entblössetem Häupte / biß Hages ihn also anredete: Ritter du erzeigest dich zimlich kühn in dieser deiner Jugend / und ist mir dein Verbrechen halb leid; jedoch / weil du es also verdienet hast / so stelle dich unerschrocken ein; ich gebe dir die Wahl / ob du lieber von meiner wehrhaften Faust sterben / oder als ein gefangener Mörder unter Büttels Hand leiden wilt; auch ruffe deinen Gesellen herzu / dann ich habe mich verbunden / euch beyde auff einmahl und zugleich vorzunehmen. Ladisla hatte unterdessen den Helm aufgesetzt / machte aber das Gesichte wieder auf / uñ sagte zu ihm Du unverschämter Großsprecher / ich meinete / du würdest mich zum Kampf außfodern / so beutestu mir schon[653] den gewissen Tod / auffs wenigste / die Gefängnis an; ja / gedenkest auch zugleich meinen Gesellen auff einen Bissen mit zuverschlucken / da du doch so wenig meine Kraft / als ich die deine geprüset habe; weil ich aber noch niemals einen einzigen selb ander bestritten / werde ich deinetwegen meine Gewohnheit nicht brechen; versuche zuvor dieses mein Schwert; ist dirs dañ zu leicht oder zu stumpf / kömt meines Gesellen hernach frühe gnug; ließ damit den Helm zufallen / setzete mit freudigem Herzen sehr behutsam auff ihn an / und gab ihm bald anfangs etliche Streiche über den Helm / daß ihm die Ohren gelleten. Dieser meinete vor Zorn zu bersten / und überfiel Ladisla mit solchem Wuht / daß wann sein fester Schild nicht gewesen / er bald anfangs der Wunden nicht wenig hätte annehmen müssen; massen jener ihm gänzlich vorgenommen hatte / sein Schwert nicht ruhen zulassen / biß Ladisla stürzen würde. Derselbe aber ließ dieses tolle Vieh sich immer abarbeiten / nam unterdessen seiner Schanze wahr / mehr durch behändigkeit als stärke / und weich ihm mannichen Streich aus; dann setzete er unversehens wieder an / daß Hages seinen Vorsaz vergeblich sehend / aller Beschützung vergaß / und sich blössete / daß ihm Ladisla eine grosse Wunde an den linken Arm beybrachte /empfing aber dagegen einen solchen Schlag über den Helm / daß ihm bey nahe geschwunden währe. Die beyde Schaaren hielten in ihrer Ordnung / sahen dem Gefechte zu / und verwunderten sich höchlich / daß Ladisla der grossen Gewalt so lange Wiederstand halten könte; schätzeten es doch nur vor eine geringe Frist / und schrieben seinem Feinde an beyden Seiten die Uberwindung zu / so daß die Kauffmans Geselschafft ein grosses Mitleiden mit ihm trugen; denen aber Leches Trost einredete / sie solten gutes muhts seyn / es währe seines Herrn Brauch allemahl / im anfange behutsam zugehen / biß sein Feind die ersten Kräfte gebrochen hätte; welches er dann gleich dazumahl spüren ließ; dann als er empfand / daß seines Gegeners Streiche viel schwächer als im anfange gingen / ermunterte er sich / und sagete zu ihm: Hastu grobes Tihr dañ nicht schier außgewütet / daß mir auch etwas Willen gegönnet werde? Damit verdoppelte er seine Hiebe und Stösse / daß Hages sich mehr des Schildes als des Schwerts gebrauchen muste; weil er aber darin zimlich unerfahren / bekam er unterschiedliche Wunden / ersahe endlich seinen vermeineten Vortel / und gedachte Ladisla das Häupt zu spalten: Weil er ihm nun behende zur Seiten außwich /und dieser den Schlag nicht einhohlen kunte / traff er sein eigenes Pferd zwischen die Ohren / daß ihm das Hirn aus dem Kopffe sprang / und mit ihm zur Erden stürzete. Als seine Herren ihn liegen sahen / trieben sie Tyriotes an / Ladisla anzusprengen und Hages zuentsetzen; welcher zur Antwort gab / es währe solches wieder Ritters Ehre / doch auff ihr Befehl und Verantwortung wolte ers tuhn. Leches sahe ihn daher rennen / ging ihm freidig entgegen / und sagete: Du meinäidiger Bube / hältestu also Rittersbrauch? damit fingen sie einen ernstlichen fast gleichmässigen Kampf an /weit sie an Alter / Grösse / und Leibeskräften sich schier gleicheten. Ladisla sahe seinen Hages auff der Erden unter dem Pferde liegen / stieg auch ab / und sagte zu ihm: Bald er gib dich / oder du must sterben. Dieser antwortete: Bistu ein redlicher Ritter / so laß mich zun Beinen kommen / sonst wird man sagen /nicht du / sondern ich selbst habe mich gefellet. Ladisla lachete des Einwendens und sagete: Ich bleibe wol ein redlicher Ritter / ob ich mich gleich meines Glüks gebrauche / daher sprich bald / ob du mein Gefangener seyn / oder sterben wollest. [654] Dieser sahe / daß er dem Tode nicht entgehen würde / und verdroß ihn sehr / daß von seinen Herren ihm keine Hülfte geschahe / daher gab er zur Antwort: Ich ergebe mich / aber zu freyem Ritterdienste. Ladisla wahr damit zu frieden / half ihm auff die Füsse / und wolte das Schwert von ihm nehmen. Dieser aber sich auffrecht befindend / ward meinäidig / trat zurük / und in dem er das Schwert zum Schlage auffhuhb / sagete er: Ich bin wieder frey / und du must mir den Schimpf mit dem Leben bezahlen. So muß ich mich noch mit einem Schelme schmeissen / antwortete er / ward auch von dem grossen Ungeheur dergestalt überfallen / daß er grössere Gefahr als zuvor außstund / welches ihn fast reuen machete / daß er ihm getrauet hatte; dann durch stärke vermochte er nichts außzurichten / sondern muste nur der Behendigkeit sich gebrauchen / welches ihm in vollem Harnisch schwer genug fiel / wiewol ihm endlich ein Stoß geriet / daß er ihm die vornehmste Sehnader am rechten Arme abstach / und er den Schild von sich werffen / das Schwert aber in die linke Hand (welcher Arm auch schon verwundet wahr) nehmen muste. Hier empfing Ladisla völlige Hoffnung zum Siege / daß er zu Hages sagete: Ich hoffe du solt schier fühlen / wie die Götter den Meinäidigen zu lohnen pflegen. Diesem schlug der Dampf aus dem Helmgesichte / wolte doch nit gewoñen geben / sondern führete mit dem Schwert einen hefftigen Streich / welcher zu behäuptung des Sieges währe gnug gewesen / wann Ladisla durch das Außweichen sich nit geschützet hätte; wiewol Hages sich darüber gar verhieb / und das Schwert tieff in die Erde schlug / dessen sich Ladisla zu seinem Vortel gebrauchete /trat ihm ein / uñ schlug ihm die linke Hand reine hinweg. Dieser wolte außreissen / aber wegen vergiessung des Blutes wahr er zu schwach; Und als er seinen Feind hinter sich merkete / wendete er sich / lieff ihm ein / und rante ihn unversehens zu Bodem / wahr auch geschwinde über ihn her / uñ wolte ihn mit den Füssen zutreten; aber Ladisla richtete sich schleunig auff die Knie / und schlug ihn mit dem Schilde wieder das linke Bein / daß er stürzen muste / machte sich über ihn / reiß ihm den Helm ab / und sagete: Unter welchem Arme wiltu mich nun als deinen Gefangenen fortschleppen? Doch sage mir / kanstu dich noch nicht überwinden / daß du mein Gefangener seist? Dieser gedachte / es währe sein Ernst und gab zur Antwort: Ich bin nun durch dich überwunden / darumb gelebe ich deines Willens. Ja / wer wird mir vor dich gut sagen / sagte Ladisla / daß du nicht abermahl zum Schelme werdest? fassete den Schild und schlug ihm damit das eine Bein entzwey / dann er wolte ihn nicht tödten / sondern sich sein nur versichern / daß er ihm nicht entlieffe; setzete sich auff sein Pferd / uñ hielt neben ihm / dem Kampfe zusehend / welchẽ die andern beyden hielten. Die Persischen Herren erschraken des Unfals mit Hages / welchen sie ihnen nicht hätten können einbilden / uñ erkläreten sich / die ganze Kauffmans-Geselschafft unversehens zu über fallen / unter der Hoffnung / sie würden sich nicht wehren. Ladisla merkete ihr Vorhaben / und sagete zu den seinen: Lieben Freunde / ich meine ja nicht / daß ich ichtwas / meine Unschuld zuerweisen / unterlassen habe / aber allem ansehen nach / gehẽ jene Bubẽ mit einem Schelmstük schwanger; so saget mir nun /bitte ich / ob ihr willens seid / einen unredlichẽ Anfal abzuweisen / so wil ich fechten / als lange ein tropfen Blutes in mir überbleibet. Die Kauffleute zogen alle von Leder / und erbohten sich / nicht allein ihnen redlich zuwiederstehen / sondern diese Räuber freidig anzugreiffen. Er aber mahnete sie ab / wolte ungerne /daß ihrer einer ein tröpflein [655] Blut seinetwegen solte verlieren / und sendete seinen Mardus ab / jenen zu sagen: Ob sie so kühn währen / und sich regeten /solte ihres Gebeins nicht davon kommen; wodurch der gröste Teil dergestalt geschrecket ward / daß sie sich des Anfals gegen ihre Herren außdruklich wegerten. Leches hatte mit seinem Manne noch volle Arbeit / dann er wahr ein fester wolgeübeter Kämpfer / aber wegen empfangenen tieffen Wunden so Kraftloß / daß er sich kaum schützen kunte / wolte nun nicht / wie sein Geselle / das äusserste wagen / sondern nach auffgeschlagenem Helme sagte er zu ihm: Trefflicher Ritter / ich habe meinem Versprechen gnug getahn /da habt ihr mein Schwert / und das übrige meines Lebens zu eurem Dienste / welches ich redlich halten wil. Leches antwortete: Behaltet eur Schwert und folget mir / ihr werdet dort an meinem Herrn finden was ihr suchet; ritten mit einander nach Ladisla / zu welchem Leches sagete: Gn. Herr / dieser begehret vor künftige geträue Dienste / Lebensfristung / welches in eurer Gn. Willen und Händen stehet. Geträuer Leute /antwortete Ladisla / sind wir benöhtiget / und möchte wünschen / daß Hages auch so vernünftig gehandelt hätte / worzu ich ihm satte Anleitung gab. Bald schicketen die Persen ihren Diener herzu / und begereten den Gefangenen wieder / wie auch den elenden Hages / welcher auff der Erden lag / und sich als ein wurm krümmete: Tyriotes aber gab dem Anwerber diese Antwort selbst: Was den frevelmuhtigen Hages betrift / darzu habe ich nicht zu reden / ich aber bin ein williger Gefangener / und habe Lust diesen treflichen Helden hinfüro stets zu dienen; dann weil meiner vorigen Herren keiner so viel Herzens gehabt / mich zuentsetzen / bin ich ihnen fort nicht verbunden. Ladisla setzete dieses hinzu: Wollen deine verleumdertsche Herren noch Gefangene von mir fodern / und sehen / daß sie schier selbst meine Gefangene sind? sendete auch seinen Mardus an sie / welcher sie also anreden muste: Nachdem eure Vorfechter unterliegen / und meiner Herren Unschuld dadurch an die klare Sonne gestellet ist / können jeztgedachte meine Herren damit noch nicht friedlich seyn / sondern fodern die vier Persische Herren / als boßhaffte Schänder und Verleumder zum Kampffe aus; werden sie sich dessen wegern / alsdann wird euch jene ehrliebende herzhaffte Geselschafft angreiffen / und euch allen die Hälse zubrechen; Meine beyde Herren wollen sonst die viere auff einmahl bestehen / und ihnen die Bosheit vergelten. Diese viere zücketen in etwas / doch weil ihre Völker selbst sie ihrer Ehren erinnerten / und des Gefechtes sich ausdrüklich wegerten / weil sie übermannet wären / musten sie fort / uñ stelleten sich zugleich auf den Platz / denen unsere Helden unerschrocken begegneten / uñ bald anfangs ihrer zween zur Erden stürzeten / daher die übrigen beyde des Vertrags begehreten; denen aber Ladisla zur Antwort gab: Die ihm angelegete Schmach währe viel zu groß; so hätten sie auch keine Lösegelder bey sich / müsten demnach sich nicht verdriessen lassen / dasselbe auszustehen /was sie aus lauter Bosheit und ohn redliche Ursach ihm zugedacht hätten; worauff sie auch bald mit jhnen fertig wurden / und sie erwürgeten; sendeten folgends Mardus an die übrigen / ob noch etliche verhanden währen / die Streits begehreten / solten sie sich stellen; aber diese entschuldigten sich demühtig: Sie währen gezwungen / mitzureiten / und bahten umb freyen Abzug / auch / daß sie ihre erschlagene Herren mit sich führen möchten / welches ihnen gegönnet ward / wiewol mit dem bedinge / daß ihrer einer herzu reiten / dem Hages / als einem meinäidigen die andere Faust auch abbauen / und ihn den wilden Tihren daselbst [656] liegen lassen solte; welches der Bube mit Ohrẽ anhörend / ein schrekliches Geheule anfing / muste aber noch solche Straffe ausstehen / da er sich dann vollends verblutete / und die Seele auffgab. Der von Leches zuerst gefellete wahr noch am Leben / welches die unsern nicht wahr nahmen / und davon zogen /daher seine Diener ihn auffhuben / und in der eile verbunden / daß er noch das Leben behielt / wiewol er an beyden Armen lahm blieb. Die Kauff Geselschafft erfreuete sich des Sieges höchlich / tahten unsern Helden grosse Ehre an / und liessen Tyriotes nebest den unsern (welche etliche / wiewol geringe Wunden bekommen hatte) fleissig verbinden / setzeten ihren Weg fort / und merketen unterschiedliche Räuber Schaar auff der folgenden Reise / welche aber / umb daß sie zu schwach waren / nicht ansetzen durfftẽ.

Der verwundete Kleon ward von Fr. Statiren fleissig gewartet / die sich gegen ihn hefftig verliebet befand / daher sie ihn täglich besuchete und tröstete /daß sie willens währe / ihn vor ihren Diener anzunehmen; ja sie scheuhete sich nicht / der Verbindung selbst beyzuwohnen / und seines Leibes Gestalt zubesichtigen / wodurch sie je mehr und mehr zu unzimlichen Begierden gereizet ward / welche sie / da er wieder gehen kunte / ihm nicht lange verbergen wolte /sondern unverschämter weise andeutete / sie hätte eine sonderliche Zuneigung zu ihm / weil sie aus seiner Tapfferkeit und guter Leibesgestalt leicht urteilete / daß er nicht von Knechtischen Eltern / sondern von gutem Adel müste entsprossen seyn. Dieser Anmuhtung ward sein Gemüht verworrener / als alles übrigen Unglüks / wolte auch solche Reden nicht verstehen / sondern als hätte sie etwa von ehrlicher Huld und Gnade geredet / gab er demühtig zur Antwort: Er bedankete sich der hohen Gnade / die er nicht verdienen könte / mit Bitte / in derselben beharlich zuverbleiben; Er hingegen wolte in allen Ehrendiensten sich allemal als ihren bereitwilligstẽ Knecht finden lassen; welches sie aber seiner Einfalt zuschrieb. Zween Tage nach seiner völligen Gesundheit empfing Nabarzanes Schreiben von seinem Fürsten Gobares /zu ihm zukommen / dahin er seinen neuen Diener Kleon mitzunehmen willens wahr; weil aber sein Gemahl es nicht zugeben wolte / einwendend / dz der Fürst ihm allemahl seine besten Diener abspänstigte /ließ er ihn daheim / mit Befehl / seinem Gemahl in allem volkommenen Gehorsam zuleisten; Dieser währe ungleich lieber mitgereiset / sahe aber / daß die Frau es verhinderte / dessen Ursach ihm so gar unbewust nicht wahr; wie sie dann überdas ihm solches noch desselbigen Tages nach seines Herrn Abschied so viel klärer zuverstehen gab / da sie ungescheuhet zu ihm sagete: Mein geliebter Kleon / als Bruder / ihr habt meine herzliche Gewogenheit vor weniger Zeit von mir verstanden / welche sieder dem sich nicht gemindert / sondern größlich gemehret hat; und warumb solte ichs euch viel mit verblümter Rede vortragen? Meine Meynung ist / daß ihr meiner Hulde / als eines geliebeten und ergebenen Buhlen sollet mächtig seyn; könnet euch demnach wol rühmen / daß wegen eurer guten Gestalt / Sitten und Tapfferkeit ich euch dasselbe anbiete / was grosse Herren mit trefflichen Geschenken vergeblich gesucht haben. Kleon sahe des Weibes unverschämte Kühnheit / wuste nicht / was er ihr antworten solte / und sagete endlich: Gnädige Frau; mir zweifelt nicht / Eure Gn in Betrachtung ihres und meines Standes / ein solches nur zum Scherze reden / um mich zuprüfen / ob ich so kühn seyn /uñ meinem Gn. Herrn einige Schande an seinem allerliebsten Gemahl anzulegen mich dürffte gelüsten lassen / wovor mich aber die Götter schon behüten werden; bitte demnach untertähnig / dieselbe wolle [657] auff andere wege meine Träue zuerforschen ihr gnädig belieben lassen; Ich verspreche derselben bey meiner höchsten Pflicht / daß ungeachtet meiner Einfalt / ich wol gelehrt bin / mich dergestalt zuverhalten / daß ich mit keinem Gedanken begehren sol / was ihrer Gn. und meinem Gn. Herrn irgend kan verweißlich seyn; Weil dann Eure Gn. diese meine Erklärung wol vernommen / bitte ich untertähnig / bey meinem Gn. Herrn nicht allein mich bester massen zubefodern /sondern vor sich selbst meine Gn. Frau zuverbleiben. Diese gedachte añoch / er verstünde ihr anmuhten nicht recht / wolte ihn doch vor dißmahl weiter nicht ansträngẽ / sondern nur ihrer Liebe ihn zuversichern /sagte sie: Mein herzgeliebeter Freund / versehet euch zu mir aller redlichen Träue / und gedenket nicht / daß eine solche boßhaffte Falscheit in meinem Herzen wohne / dann verfluchet müste ich seyn / wann durch der Zungen Stellung ich euch Stricke legen / und bey meinem mir ohndas unangenehmẽ Gemahl euch Leibesgefahr erwecken wolte / sondern was ich rede / das meyne ich / dessen ich euch ein Schwesterliches Zeichen blicken lassen wil; worauff sie ihn freundlich umfing / und sich hoch verpflichtete / nimmermehr zuzugeben / daß ihm einige Widrigkeit begegnen solte / die sonst abzuwenden / in ihrer Macht stünde. Kleon wahr fast willens / ihr solches anmuhten mit dürren Worten abzuschlagen; weil er aber wuste / daß sie Herr im Hause wahr / widersprach er zwar nicht /und gab doch durch stilleschweigen gnug an den Tag / wie sehr ihm solches zuwider wahr. Hingegen legete sie es ihm vor eine Blödigkeit aus / aber zur Versicherung ihrer gewogenheit / muste er zu Abend mit ihr Mahlzeit haltẽ / ungeachtet alles vorgebrachten einwendens. Sie zechete zimlich mit ihm loß / und führete allerley Gespräch zur Liebesreitzung / wobey sie sich offt leichtfertig gnug blössete / biß sie ihm endlich zumuhtete / es währe zeit / sich an die ruhe zulegen / und weil sie allein zuschlaffen / gar zu furchtsam währe / solte er ihr allerliebester Schlaffgeselle seyn. Er aber wolte diesem Feur so nahe nicht kommen / und brachte zur Entschuldigung vor / es würde ihm solches von andern übel ausgelegt werdẽ /als die daher unzimliche Gedanken schöpffen könten /da er dann lieber unschuldig sterben / als hierzu ursach geben wolte; Jedoch ihrer grauenden Furchtsamkeit vorzukommen / währe er erböhtig / neben anderen seinen Mitknechten vor ihrem Gemache die ganze Nacht zuwachen. Ihr seyd gar zu einfältig / sagete sie / dann ihr höret ja / daß umb Liebe willen ich euch zu mir nehmen wil / und ihr wollet noch Schildwache dabey aussetzen? So kommet nun / und lasset uns gehen / die Freude zunehmen / welche Zeit und Glük selbst an die Hand gibt. Hiemit fassete sie ihn an /und wolte ihn mit sich in die Ka er führen; dessen er sich aber wegerte / und mit demühtigen Worten baht /solcher unzimlichen Gedanken müssig zugehen; Er währe ein armer Knecht / und müste ohn Gnade sterben / da ein solches von ihm auskähme; ja wann sie nach begangener Sünde sich eines bessern bedächte /würde sie ihn deswegen selbst aus dem Mittel räumen / und ihm tausendmahl feinder werden / als sie ihm anjetzo Gnade sehen liesse. Dieser abschlägigen Antwort meynete sie vor Liebe und Ungeduld zubersten /und sagete: O du undankbahrer / hältestu mich so unwert und verächtlich / da ich doch Macht und Gewalt über dein Tod und Leben habe? Sihe da / ich schwöre dir bey der geträuen aufrichtigen Liebe / so ich dir undankbahren angebohten / daß wo du mir nicht mit gutem Willen folgen / und ehe dann eine Viertelstunde vergehet / dich bey mir liebhaft einstellen wirst /du morgen solt ans Kreuz gehefftet / und durch die allergrausameste Pein hingerichtet werden. [658] Ging mit dem Worte von ihm in die näheste Kammer / entkleidete sich daselbst bey einem Liechte / und ließ die Tühr offen stehen. O währe ich nun noch in meiner ersten Dienstbarkeit / sagte Kleon bey ihm selber / wie gerne wolte ich den Ochsenstecken leiden / und mit Wasser und Brod vorlieb nehmen; besan sich ein wenig / und den gewissen schmerz-schmählichẽ Tod vor Augen sehend / sagete er als ein Heyde in seinem Herzen: Nun wirstu ja unvermeidlich gezwungen /böses zubegehen / und must zur Rettung deines Lebens das tuhn / was du nie bedacht gewesen bist vorzunehmen. Ging darauff hin in die Kammer / setzete sich vor ihr in die Knie / und sagte: Gn. Frau; ich bitte demühtig umb Gnade und Vergebung / daß dieselbe ich mit meinen Reden erzürnet habe / dann ich weiß auch diese Stunde noch nicht / ob ihre Gn. in Ernst und aus Liebe / oder nur zum Versuch mit mir geredet habe; Zwar wz solte ich höhers wünschen können / als die Liebe einer solchen vortreflichen schönen Frauen? weil aber in Ansehung meines Standes ich mir so grosses Glük nicht einbilden kan / bitte ich nochmahls untertähnig / mir ihre ernstliche Meynung gnädig erkennen zugeben. Als sie ihn nun dergestalt nach ihrem Willen reden hörete / richtete sie ihn auff / und nach freundlichem umfahen beteurete sie ihm äidlich / sie suchete nit sein Verderben / sondern aus inbrünstiger Liebe bezwungen / hätte sie ihm vertrauliche Freundschafft angebohten; löschete nachgehends dz Liecht aus / uñ nachdem er die Kleid abgelegt hatte / führte sie ihn mit sich zu Bette; nach welcher Wilfahrung er bey ihr in beharlicher Gunst verblieb / dañ sie nam ihr gänzlich vor / ihn ni ermehr von sich zulassen. Also muste er wider seinen Willen dieser Zirze als ein Ulysses 13 Wochen lang aufwarten / in Hofnung / es würde sich gelegenheit eräugen /davon zuko en / uñ seinẽ Ladisla nachzusetzen. Nach sieben Tagẽ kam Nabarzanes wieder zu hause /grüssete sein Gemahl des Fürsten wegen freundlich /und daß er nach Verlauff IX Tage bey ihr seyn würde. Sie bedankete sich dessen / und hieß ihn mit süssen Worten wilko en seyn / welches sonst ihre Gewohnheit nicht wahr / rühmete auch den neuen Diener Kleon / wie er in Bereitung seiner Pferde so trefflichen Fleiß angewendet / und in dieser kurzen Zeit sie hübsch abgerichtet hätte; Sie hätte vorlängst gerne einen solchen Diener haben wollen / und weil sie ihn nunmehr nach Wunsch überkommen / gedächte sie ihn zeit ihres Lebens nit zuübergeben; so hielte er auch seine beyden Söhne / ihre Stief Kinder in feinem gelinden Zwange / und brächte ihnen alles mit Lust bey; daß nun der gute Kleon in diesem Fleisse möchte erhalten werden / solte er ihn frey lassen / jedoch daß er zuvor einen äid leistete / ohn Urlaub nicht wegzuscheiden. Nabarzanes ließ ihn vor sich fodern / taht nicht desgleichen / ob hätte er von seinem Gemahl dieses vernommen / sondern fragete ihn / ob er seinem befehl nachgelebet / und in schuldigem Gehorsam seinem Gemahl auffgewartet hätte; Und als er zur Antwort gab / er hoffete nach seinem Vermögen getahn zuhaben; fing sie von neuen an / ihn in seiner Gegenwart zurühmen; daran Nabarzanes grosses gefallen trug / nebest dem ernstlichen Geboht / er solte seiner Schuldigkeit weiter also nachkommen; dann wo sein Gemahl in einiger Sache über ihn klagen würde / solte er an ihm einen ungnädigen Herrn haben. Kleon lachete des geduldigen Tropfes / und erboht sich zu aller Mögligkeit. Daran erfüllestu meinen Willen /sagte sein Herr / und weil ich willens bin / dich ihr zum Diener zuůbergeben / wil ich dich von Knechtischer Leibeigenschafft frey lassen / doch daß du mir äidlich angelobest / ohn Vorsatz des ausreissens bey mir zuverbleiben. Dieser wahr nicht willens / [659] sich dergestalt zuverbinden / und gab zur Antwort: Gn. Herr / da ihre Gn. einiges Mißtrauen in mich setzen /warumb wollen die mich dann frey geben? den äid zu leisten / würde ich mich nicht wegern / aber was ist Euer Gn. damit geholffen? Wer zum Buben werden wil / achtet geschwornen äid gar wenig; so habe ich überdas solche Freyheit / daß ich grössere nicht begehre noch begehren kan. Ich wil aber nicht zugeben /sagte Fr. Statira / daß ihr länger in knechtischer Dienstbarkeit / sondern forthin als ein Freyer leben sollet / wie ihr in dieser kurzen Zeit es wol verdienet habet / und noch in künfftig besser verdienen werdet. Also sprach ihn Nabarzanes frey / und sie ließ ihm ein schönes Scharlaken Kleid hohlen / welches sie ihm hatte machen lassen / da er nicht viel geringer als sein Herr selbst / auffgezogen kam / da sie ihm überdas einen Leibdiener hielt. Sie trieb aber ihre Bulerey so unbesonnen / daß Nabarzanes handgreiflich spürete /es ginge nicht allerdinge recht zu / durffte sie doch darůber nicht zu rede stellen / weil er ihr schon die Freyheit gegeben hatte / mit Fürst Gobares solche unzulässige Freundschafft zuhalten; dannoch verdroß ihn / daß sein Knecht mit ihm in ehelicher Gemeinschafft sitzen solte / daher ward er zu rahte / ihn zubeurlauben / foderte ihn vor sich / und sagete: Kleon / deine Dienste gefallen mir nicht alle mahl /und gibt mir zimlichen Verdacht / daß du so wol gehalten bist; so habe ich mich nun berahten / dich meiner Dienste zuerlassen / daß du nach belieben einen andern Herrn / oder vorige Freyheit suchest. Niemand wahr hierzu lieber als Kleon; dann vorerst wahr er der gezwungenen unbillichẽ Liebe von herzen überdrüssig; vors ander begehrete er nichts mehr / als die Freyheit zu haben / seinen liebsten Ladisla und Herkules zusuchen; und gab ihm diese Antwort: Gnädiger Herr / ich bedanke mich untertähnig vor diese Gnade / nebest dienstlicher Bitte / mir bey seinem Gemahl gleichmässige Beurlaubung zuerlangen; hat aber mein Herr irgend einen Verdacht auff mich / trägt er selber schuld daran / nachdem er mir bey verlust seiner Hulde gebohten / seinem Gemahl in allem zugehorchen / welches ich leisten / oder der Straffte von beyden gewärtig seyn muß; hoffe gleichwol nicht / daß er gar zu ungleiche Gedanken haben werde. Solche Meynung hat es nicht / sagte er / nur du hast meinen endlichen Willen verstanden. Ja / antwortete Kleon / dem wil ich alsbald und von herzen gerne nachkommen /da mirs nur so gut werden kan / welches bey meiner Gn. Frauen mir zuerlangen / ihr alles euer Vermögen anzuwenden habt. Ging darauf in den Stall / fattelte sein Pferd / legte die Waffen an / und machete sich fertig / als einer / der stündlich reisen wil; wiewol ihm gnug bewust wahr / daß nichts draus werden würde. Die Frau sahe ihn im Harnische daher treten / und das Pferd bey dem Zügel führen / fragete ihn auch mit Bestürzung / was dieses bedeutete. Mein Gn. Herr / sagete er / hat mir den Dienst aufgekündiget / und daß ich bey Soñenschein sein Schloß räumen solle; weil ich dann wider dessen Willen nicht länger bleiben darff / uñ er mir nichts zuverzehren gegeben / bitte Eure Gn. ich untertähnig umb etwz nöhtiger Reisekosten / und daß dieselbe zuzeiten ihres Kleons eingedenke seyn wolle. Sie lachete des vorbringens / ihn fragend / wz vor Lust ihm dieser kurzweilige Aufzug gäbe. Als er aber beständig dabey verblieb / nebest Erinnerung / er fürchtete sehr / sein Herr hätte ihres Liebetuhns wahr genommen / und dürffte ihm wol gar nach Leib und Leben stehen / daher ers vor ein Glük rechnete / daß er also davon kähme / auch daneben baht / sie möchte an seinem Tode nit ursach seyn / er hoffete gelegenheit zuhaben / ihr hernähst besser und länger zudienen; Da erzürnete [660] sie sich hefftig / und sagete: Was? hat euch der Esel beurlaubet? Lieber komt mit mir / ich wil ihn schon lehren meinen Freunden auffzudanken. Weil er nun wuste / daß er nicht kunte erlassen werden / und Lust hatte / dieses Spiel anzusehen / ging er mit ihr / da sie mit grimmigen Augen und zitternder Stimme den armen Nabarzanes also anfuhr: Du nichtswerter fauler Tropff / was hastu meinem lieben Diener auffzukündigen? Bald sage mirs / oder ich wil dir die Augen aus dem Kopfe kratzen. Der elende Mensch erschrak dessen so hart / daß er kein Wort sprechen kunte / da Kleon zu ihm sagete: Gn. Herr / verdenket mirs nicht / dañ ich bin willig / diese Stunde eurem Befehl nachzukommen. Was? sagete sie / soltet ihr davon reiten? ehe wolten wir diesen unnützen Hund die Steige hinunter werffen; uñ was nennet ihr ihn einen gnädigen Herrn? er ist ein unachtsamer Hudler. Aber / antwortestu mir nichts? sagete sie zu Nabarzanes: Warumb wiltu meinen liebesten Diener vertreiben? Tuht gemach Frau / tuht gemach / antwortete er; Es gebühret sich nicht / dz ein Weib den Diener mehr als den Herrn liebet; gehet in euch / wie viel Willen ich euch gegönnet habe / und noch gönne / wann es Zeit und Gelegenheit giebet /und beschimpfet mich nicht so hoch / daß ihr einen gefangenen Knecht zu lieben wählet; ich habe diese Zeit her gnug gespüret / aus was Ursachen ihr ihn bey meiner Wiederkunft so treflich rühmetet; daher sage ich nochmahl / bedenket euch eines bessern / und böses Gerüchte zuvermeiden / lasset ihn zihen / nachdem er von mir Abscheid bekommen hat. Als sie dieses hörete / schrihe sie Zeter und Mord über ihn / verstellete die Geberden dergestalt / daß Kleon ein Abscheuh davor hatte: O du meinäidiger Kerl / sagete sie / woltestu meinen Kleon / diesen ädlen und tapferen Kleon verachten / deßgleichen mir nie vorkommen ist / welcher dir dein Leben gerettet; ja / welcher mehr Vernunft und Geschikligkeit in seinem kleinen Finger / als du ungewaschener Flegel in deinem ganzen Leibe hast? Sihe da; nach dem dichs verdreust / daß ich etwas auf ihn halte / wil ich ihn erst lieben / uñ dir zu troz ihm alle Freundschafft erweisen. Er ist mein Diener; und wiltu es recht wissen? er ist mein Freund; und troz sey dir gebohten / daß du mir ihn beurlaubest. Damit wendete sie sich mit freundlichen Geberden hin zu Kleon und sagete: Mein lieber Freund / nicht kehreteuch an dieses losen Mannes Reden / ihr wisset daß ihr mein Diener seid / darumb sollet ihr hinfüro ihn nicht hören / wann er euch von Abscheid sagen würde. Weil sie dieses redete / machete sie sich an seinen Harnisch / gürtete ihm denselben ab / und in dem sie ihn umbfing / sagete sie: Ko et mein Freund / wir wollen uns an diesen nichtigẽ Holzbok nichts kehren. Nabarzanes seufzete hierüber sehr tieff / und sagete: Wann ihr dañ euren Kleon gar nicht lassen wollet / wil ich endlich zu frieden seyn / doch dz ihr ihn nicht mehr in meiner Gegenwart so lieblich umfahet / als jezt geschehen ist; und wollet ihr hierin mein nicht schonen so schonet. Des Fürsten wolte er sagen: Aber sie fiel ihm in die Rede; wessen solte ich schonen? wollet ihr ungleiche Gedanken aus meinem umbfahen nehmen? währe ich des Sinnes / ich würde in eurer Gegenwart mich schon wissen zu mässigen; Unsere Liebe bestehet auff Freundschaft / die mir kein Mensch nicht wehren sol noch kan. Wer wolte ein anders gedenken / antwortete der verzagete Tropff / nach dem eure Redligkeit mir viel zu wol bekant ist; nur rede ich solches aus guter Meinung / damit nicht andere ein mehres argwohnen /als es an ihm selber ist. Kleon lachete des geduldigen Menschen / und sagete: Mein Herr / ihr habt gar ein[661] blödes Gehirn / und könte ich eine Sache nicht besser außführen / würde ichs nicht anfangen; doch werde ich hernähst meines freien Willens Leben / weil ihr mir eins vor alles aufgedanket habet. Die Frau hatte nun was sie suchete / und gab ihrem Nabarzanes zur Antwort: Mit eurem lezten Erbieten wil ich zu frieden seyn / doch sol Kleon nach diesem nicht mehr als ein Diener auffwarten / sondern als ein guter Freund mit uns stets zu Tische gehen. Der elende Mensch wahr mit allem friedlich / und rechnete es vor ein Glük /daß er nicht gar außgeschlossen ward.

Auff die angesetzete Zeit stellete Fürst Gobares sich ein / welches Statira vordißmahl lieber hätte gelassen sehen / da Kleon bey der Mahlzeit in guter Höffligkeit auffwartete / daß der Fürst ihm besondere Gnade zulegete. Nabarzanes hatte sein Gemahl aus dieses Fürsten Frauenzimmer geheyrahtet / ungeachtet der Fürst schon etliche Jahr ihrer gute Kundschafft gehabt / hatte sie ihm auch mit diesem außdrüklichen Vorbehalt außfolgen lassen / daß / so oft er zu ihm ko en würde / er seiner alten Liebe Freiheit haben möchte / welches dieser närrische Mensch / aus blinder Liebe eingangen wahr / und nachgehends nicht wiederruffen kunte. Der Fürst fragete ihn / was vor einen wolgeschaffenen Diener er hätte / welchen er vor nie bey ihm gesehen; worauff er antwortete: Er hätte vor etlichẽ wochen ihn in einem Flecken bekommen / währe durch Räuber Hände in Dienstbarkeit gerahten / und sonst der Geburt nach / adeliches herkommens aus Griechenland. Bald fragete ihn der Fürst von neuen Zeitungen; dem er so zubegegnen wuste / daß er sonderliches Wolgefallen daran hatte /und ihm alle Gnade versprach; welcher Gelegenheit sich Kleon bedienete / und dem Fürsten klagete / wie unbarmherzig er von seinem vorigen Herrn gehalten währe / baht auch untertähnigst / ihre Fürstl. Durchl. wolten in ihrem Lande gnädigst anordnen / daß ädelgebohrne Leibeigene / wegen ihres Adelstandes nicht schnöder als andere gehalten würden / wie ihm leider begegnet währe / daß er stets hätte müssen auff dem Brodte fressen / der Adelstand währe zu nirgend nütze / weil er sich nicht auff Handwerkelegete /daher man Vortel schaffen könte; welche Verschmähung ihm schmerzlicher als der Tod selbst / gewesen währe. Fr. Statira kam ihm hieselbst zu hülffe / und baht den Fürsten / solchen Schimpff zu eifern / als welcher dem ganzen Adel höchst verweißlich währe /und nicht auffhören würde / biß an einem und andern Adelfeinde eine ernstliche Straffe erginge. Der Fürst wahr ihr gerne zugefallen / und sagete zu Kleon: Ich möchte einen solchen Schelm / wie dein voriger Herr ist / wol sehen und reden hören; drum so nim meine Diener zu dir / und hohle ihn herüber; finde ich ihn dañ dieses Frevels schuldig / wil ich ihm eine recht wirdige Urtel sprechen / und ihn dir zum Leibeigenen schenken / damit du gnugsame Rache wieder ihn anstellen könnest. Kleon / welcher ohndz rachgierig wahr / erfreuete sich dessen höchlich / bedankete sich der grossen Gnade / und ritte mit IIX Fürstlichen Reutern nach dem Flecken / besetzete rings umbher das Hauß / als er seiner Anwesenheit verständiget wahr / und ging zu ihm in die Stube / gleich da er mit seinem Weibe Mahlzeit hielt / rieff seine Reuter auch herzu / und redete anfangs freundlich mit ihm / da er begehrete / er solte ihm und seiner Geselschaft vor gute bezahlung etliche leckere Speisen und den besten Wein aufftragen / dann er müste in diesem Hause auch einmahl gut Geschir machen / da er ehmahls so grosses Ungemach außgestanden hätte. Dem Weibe begunte Angst zu werden / [662] Orsillos aber / nach seiner Verwägenheit / fragete ihn / wer ihn so kühn gemacht hätte / ohn gebehtenes Urlaub in sein Hauß zutreten; weil er auch an seine lezten Dräuworte gedachte / redete er ihm hönisch zu: Ob er in so kurzer Zeit hätte Herr zu spielen / gelernet; er müste gemach fahren /und nicht über knechtes Stand sich erheben. Worüber Kleon von Zorn und Grim entbrante / und schier Hand an ihn gelegt hätte / zwang sich noch ein / und sagte zu ihm: O du boßhafter unbarmherziger Schelm / gedenkestu nicht / daß nach geendeten Dienst Jahren der Zahlungs-tag endlich herbey komt? Stelle dir nun vor Gedächtnis allen Frevel und Boßheit / so du mir angeleget hast / und schicke deine Haut / daß sie ein gleichmässiges anzunehmen sich nicht wegere: Band ihm damit die Hände auff den Rücken / und stellete ihm etliche unwürsche Maulschellen zu. Dieser ließ sich harter Dräuworte vernehmen / er solte den Hunden zur Speise vorgeworffen werden / daß mit einem freien Susianer dergestalt zuverfahren er sich unternehmen dürffte. Kleon kunte sich länger nit enthaltẽ sein Mühtlein an ihm zu kühlen / uñ sagete zu ihm: Was? darfstu mir noch dräuẽ? hohlete den Ochsenstecken von dem bekanten Orte / welchen er oft hatte verdäuen müssen / und striegelte ihn dergestalt / daß ihn dauchte / es könte sich zum anfange leiden / weil er sahe / daß ihm die Ohmacht nicht ferne wahr. Das Weib fing an Zeter und Gewalt zu ruffen / wolte auch zum Hause hinaus wischen / die Nachbarn zur Hülffe auffzumahnen / aber sie ward von einem Reuter mit harten Maulschellen hinter sich getrieben / und an eine Säule fest angebunden. So bald Orsillos sich etwas erhohlet hatte / fragete ihn Kleon / ob er annoch seine Reden nicht höher als des Sperlinges Zwitzern schätzete: Bekam aber keine Antwort / ohn daß er vorgab / das Blad würde sich bald wenden: Wovor ihm auffs neue etliche gute Streiche zu teile wurden. Nachgehends fragete Kleon nach seinem Kleinot / und welches er von Herrn Nabarzanes pfandsweise bekommen hätte. Dieser antwortete: Es währe dieses annoch in guter verwahrung und solte gegen Einlieferung der versprochenen Gelder sich schon finden /von mehrem wüste er nichts / als welches er ihm dazumahl geschenket / und er vor 10 Tagen verkauft /aber kaum 80 Kronen davor bekommen / weil es alles von falschen Steinen gewesen. O du Bube / sagete Kleon / hättestu deinem versprechen nach mich etwas gelinder gehalten / wolte ich dir nichts abfodern; aber deine grausame Unbarmherzigkeit hat dich dessen unwirdig gemacht. Rieff dem Haußgesinde / und begehrete zu wissen / ob ihr Herr die Kleinot verkaufft hätte; welche davon nichts zu sagen wusten / und muste der Haußknecht frische Ruhten herzuhohlen /seinem Herrn die Kleider abzihen / und ihn am ganzen Leibe zerhauen / biß er durch Schmerzen überwundẽ / sich erboht / alles herzulangen / dann es wahr noch unverkauft. Die Nachbarn höreten das elende Geschrey welches Orsillos bey der Geisselung trieb /und kahmen häuffig herzu / ihn zu erretten; Sie kenneten aber des Fürsten Reuter / und empfingen von ihnen Bericht / dz alles aus ihres Herrn Befehl erginge; worauff sie es geschehen liessen / weil sie ohndas ihm wenig gutes gönneten. Orsillos fragete Kleon ob er dann durch Unglük in seine Leibeigenschaft gefallen währe. Er aber gab zur Antwort / er würde solchen Außspruch von seinem Landes Fürsten selbst hören /uñ sich gefasset halten aller guttahten Vergeltung zu empfahen: Legete ihm einen Strik umb den Leib und schleppete ihn durch Koht und Lachen neben dem Pferde her / biß er ihn dem Fürsten darstellete / uñ also anfing: Durchleuchtigster [663] Fürst / Gnädigster Herr; hier sihet eure Durchl. dieses unbarmherzige Tihr / den abgesagten Feind aller ritterlichen Tugenden / welcher alle ädlen bloß darumb vernichtet / daß sie nicht so viel auff geizigen Vortel / als auff Ehre sehen / daher er dann schliessen darf / der Adel müsse zu grunde außgetilget werden / wo sonst ein redlicher Kauffmann sein Gewerbe mit Nuz treibẽ sol. Der Fürst gab Orsillos Freyheit / seine Verantwortung zutuhn; welcher darauff anfing sich zubeklagen / was gestalt dieser sein ehemahliger Leibeigener ihn einen freien Susianer in seinen eigenen vier Pfälen überfallen / geprügelt / mit Ruhten zerhauen / gefesselt / und als ein unvernünfftiges Vieh neben sich hergeschleppet; zweiffelte nicht / seine Fürstl. Durchl. würde solchen unerhöreten Frevel ungerochen nit lassen hingehen / nachdem er sich von Jugend auff als ein geträuer Untertahn erzeiget / und seinen Schoß / Dienste / und andere Unpflichte allemahl gebührlich abgetragen hätte. Fürst Gobares erinnerte ihn / er müste vor solcher Klage zuvor auff die Beschuldigung antworten /alsdann solte er zur Gnüge gehöret werden: Weil er sich aber schuldig wuste / und von seinen eigenen Leuten leicht hätte können überzeuget werden / baht er umb Gnade / zur Entschuldigung anführend / er möchte etwa aus Eifer ein Wort zu milde geredet haben / wovor er seinem Gn. Fürsten mit einem Stük Geldes Abtrag machen wolte / uñ sich hernähst aller solcher Ungebühr gerne enthalten. Oho hastu keine bessere entschuldigung / sagte der Fürst / bistu aller Gnade unfähig: Sprach ihm darauff diese Urtel; Kleon / nachdem du diesem Buben so schwere Dienstbarkeit hast leisten müssen / ungeachtet du ihm so grosse Schenkungen getahn / sol er dir davor zum Leibeigenen geliefert seyn / deines gefallens mit ihm zu schalten. Kleon nam den Außspruch mit untertähnigem Danke an / ließ seinem Leibeigenen eine starke Kette anlegen / und setzete ihm eben so viel Tagewerk / in seines Herrn Mahrstal und anderen unflätigen Orten zuverrichten / als er ihm hatte leisten müssen; weil er aber schon zimlich bey Jahren wahr / und seiner Glieder nicht so mächtig als Kleon / kunte er die gesetzete Arbeit nicht außführen / daher ihm allemahl vor Abends der Ochsenstecken mitgeteilet ward / daß er ihm endlich vornam / mit Kleon zuhandeln / ob er sich vor ein gewisses Geld loßkäuffen könte; aber er ward wegen des zumuhtens mit gleich solchen Worten uñ Schlägen empfangen / als Kleon ehmahl / da er um verkauffung seiner / anhielt / daß er nur stets des Todes begehrete. Diese Tage lebete Fr. Statira mit Fürst Gobares nach ihrer alten Gewohnheit / wie wol mehr aus Zwang als gutem Willen / dann sie hing so gar an ihrem Kleon / daß sie keines anderen neben ihn achtete; weil sie es aber nicht endern kunte / hielt sie ihr Wesen sehr geheim / daß Kleon dessen nicht innen werden möchte; welcher aber so einfältig nicht wahr /daß er diesen Braten nicht zeitig gerochen hätte. Was solte er aber machen? er währe gerne davon gewesen; solte er nun außreissen / uñ man würde ihn in der Flucht wieder ertappen / müste er ohn Gnade eines abscheuhlichen todes sterben; so wahr er in einem fremden unbekanten Lande / wuste weder Wege noch Stege / hatte auch keinen andern Menschen / der ihm davon Unterricht geben mögen / und welches das ärgeste wahr / gab Statira so genaue acht auff ihn / daß ihm unmöglich wahr / sich füglich und bewapnet von ihr loßzuwirken / dann sie hatte ihr Gesinde / welches auff alles sein Tuhn und lassen fleissig merken muste; ward also gezwungen / sich in sein Unglük zuschicken / biß ihm etwa Gelegenheit vorfallen würde / ohn sondere Gefahr davon zu streichen / und so [664] lange umher zu reiten / biß er etwas von Ladisla oder Herkules könte in erfahrung bringen / wornach ihn am allermeisten verlangete.

Zu Ekbatana muste sich Herkules auch wieder seinen Willen auffhalten / woselbst er von hohen und nidrigen sehr geliebet und geehret ward / bekam auch von dem GroßFürstẽ die Zusage / er wolte sich der Fräulein Erlösung als seiner leiblichen Tochter lassen angelegen seyn / weil sie von ihm / (wiewol auff ihre selbst eigene ansträngung) zu abwendung seiner Gefahr / dahin geliefert währe. Zween Tage nach seiner Ankunft hielt Pharnabazus bey dem GroßFürsten an /ein offenes freies Ritter-stechen außzuschreiben / daß man sehen möchte / was vor wehrhafte Ritter sich in seinem Lande fünden / deren man in künfftig sich zugebrauchen hätte / welches niemand so sehr als Herkules zuwieder wahr / und sich dessen doch nicht durfte merken lassen. Seine hefftige Liebe reizete ihn täglich zu der Reise nach Charas; so wiederriet man ihm daselbst die Eilfärtigkeit / dessen Ursach ihm unbewust wahr / und daher umb so viel destomehr sorge in seiner Seele empfand; weil er aber nicht wiedersprechen durfte / trieb er stark an / daß das bestimmete Rit erspiel auffs schleunigste möchte fortgesetzet werden / welches aber erst den 14 den Tag hernach seinen Anfangnam / damit es gleichwol durch die umbliegende Länder in etwas lautbar werden möchte /daher sich auch inwendig solcher Zeit die Ritterschaft daselbst in guter Anzahl einstellete. Herkules beschloß bey sich / nicht anders / als auff verstellete Weise bey dem Stechen zuerscheinen / und wahr ihm doch schwer / einigem Menschen mehr zu entdecken /daß er durch Mittel des Pulvers sich unbekant machen kunte. Des nähesten Tages vor dem Stechen baht Pharnabazus / er möchte im Rennen ihn zum Gesellen annehmen; er hätte noch fünff feste Medische Ritter /mit deren Beystand und Hülffe er die übrigen alle versuchen wolte. Dieser entschuldigte sich / er währe ein Fremdling / könte durch dieses Mittel ihm bey mannichem grossen Wiederwillen und Verfolgung zu wege bringen / auch gar zubekant hiedurch werden / welches seinem Vorhaben sehr schädlich seyn würde; umb dieser Ursach willen hätte er ihm vorgeno en /dem Schimpffspiel nur zuzusehen. Nun hätte die GroßFürstin ihrem lieben Bruder gerne eine sonderliche Ehre gegönnet / wahr deßwegen auff ein Mittel bedacht / wodurch Herkules mit-stechen / und doch unbekant bleiben möchte / und sagete zu ihm: Da eure Liebe mir zur Freundschafft mit Rennen wolte / währe ich gesonnen / dem Frauenzimmer durch dero Tapfferkeit eine sonderliche Ehre zu erwerben / im falle dieselbe unbeschweret seyn könte / in Gestalt und Kleidung einer Amazonin auff der Steche-Bahn zuerschemen. Er antwortete mit lächelndem Munde: Euer Durchl. Vortrag währe so uneben nicht / aber woher nehmen wir in der Eile die Amazonischen Waffen und Kleider? Fehlet es sonsten an nichts sagte sie / könte mein Gemahl eine zimliche Schaar Amazoninnen außrüsten / und ich die behörigen Kleider schaffen. So bin ihrer Durchl. ich allemahl bereitwilligster Knecht / antwortete er: Und ist dieses der geringste Gehorsam / welchen euer Durchl. ich schuldig bin /nur daß von meiner hochwerten Fräulein Barsenen ich sehr freundlich bitte / sie wolle mir erläube% / ihren Nahmen zu führen; ihre Durchl. aber gnädig einwilligen / daß ich nicht steche / als unter der Bedingung /daß wer durch mein Speer gefellet wird / sich zu euer Durchl. verfüge / und von derselben drey Befehl empfahe / welche zuleisten / er bey ritterlichen Ehren sol gehalten seyn. Der Ehre bin ich nicht fähig / sagte [665] die GroßFürstin: So ist auch ohnzweiffel mein Nahme zu unwirdig / sagte das Fräulein / daß er von meinem Gn. Fürsten geführet werde. Er hingegen erboht sich alle Mühe anzuwenden / daß dieser Nahme unbeschimpfet bliebe. Darauff gingen sie mit einander nach der Rustkammer / und nahmen zierliche Amazonische Waffen heraus / auch einen vergüldeten / und mit ädlen Steinen außgeziereten Bogen / neben einen helffenbeinen Köcher mit vergüldeten Pfeilen / die ihm ein Jüngling in Amazonischer Kleidung nachführen solte. Der Helm wahr oben etwas zugespitzet /und zu oberst ein fligender Drache mit auffgesperretem Rachen. Der Rock / welchen die GroßFürstin herzu brachte / wahr ein trefliches Güldenstük / Leibfarbe durchscheinend / welcher nach Amazonischer Art nur etwas über die Knie reichete.

Ladisla gelangete vier Wochen nach gehaltenem herben Kampffe wieder Hages / in einer Stad an / woselbst er in einer Herberge zwölf Medische Ritter antraff / die er freundlich grüssete und von ihnen hinwiederumb höflich empfangen ward / vernam auch bey der Mahlzeit / daß ein eilfertiger Post Reuter vermeldet hätte / es würde zu Ekbatana ein ritterliches Stechen gehaltẽ werden / dahin sie zuzihen willens währen. Er beredete sich kürzlich mit Leches in Geselschaft dieser Ritter fortzureisen / weil er nicht besser / als durch solche Gelegenheit von Herkules und seiner Fräulein Schwester / auch wol gar von Fabius Zeitung erfahren könte. Weil dann Leches ohn daß bey solchen Ritterspielen sich gerne finden ließ / riht er fleissig mit zu / nur daß er fragete / wie sie es mit ihrem verwundeten Tyriotes machen wolten / der am Fieber hart darnieder läge. Der muß uns nicht hinderlich seyn / sagte Ladisla / kan er dann nicht mit reiten / so lasse er sich heilen / und folge nach. Auff solchen gefasseten Schluß redete er die Versamleten also an: Ich vernehme gerne / daß eure Tapfferkeit euch anstränget / auff angesetzetem Stechen / Ruhm und Ehre zu suchen; ob nun zwar meine Häuptreise eigentlich dahin nicht gerichtet ist / sol mir doch dieser Umbschweiff nicht verdrißlich seyn / dafern meinen Herren es nicht mißfällig ist / mich und meinen Gefärten in ihre Geselschafft auffzunehmen / da wir dann alle Gefahr der Reise mit ihnen gemein haben / uñ unser Leben neben das ihre zu algemeinem Schutze hinstellen wollen. Der ansehnlichste unter ihnen antwortete: Sie lägen zu dem Ende alhier stille / daß sie gute Geselschafft antreffen möchten / weil ohn zweiffel das außgeschriebene Ritterspiel die Strassen unsicher machen dürfte; wünscheten demnach / daß ihre Schaar fünffmahl stärcker währe / und sie desto sicherer durchgehen könten. Boßhaffte Räuber / sagte Ladisla / sollen uns wol ungeschändet lassen / wann wir uns mit allerhand Gewehr versehen / und unsere Diener mit Geschoß außrüsten; so wollẽ wir gute feste Speere neben den Schwertern führen / und unter der Götter begleitung Morgen früh auffbrechen / vielleicht mehrer sich unser Hauffe auff dem Wege mehr als wir gedenken. Er befahl dem Wirte alsbald / nach allerhand gutem Gewehr zu schicken / welches er aus seinem Beutel bezahlete / daß ihrer schon 30 bewehrter Mann wahren: Durch welchen kühnen Vorschlag und angewendete Kosten er erlangete / daß sie ihn einhellig zum Hauptmann auffworffen / dessen er sich zwar wegerte / aber doch endlich annehmen muste /wiewol er diese Bedingung hinzu setzete / das mit solchem Amte sie täglich umbwechseln wolten. Hernach fragete er den Wund Arzt / ob Tyriotes zum reiten düchtig währe; uñ als er ein wiedriges vernam /ließ er [666] ihm durch Mardus andeuten / er solte sein wol pflegen / und so bald möglich / nach Ekbatana folgen / zu dessen behuef er ihm 300 Kronen einreichete; welcher daher sehr traurig ward / und untertähnig baht / ihn nicht zurücke zulassen; es währe mißlich / ohn starke Geselschafft durchzukommen; so befünde er sich / daß er des reitens ungemach hoffete zuertragen /wolte doch lieber auff der Reise sterben / als von seinem Gn. Herrn geschieden seyn. Ladisla verwunderte sich dieser Träue / und ließ einen sanfften Wagen kauffen / auf welchem der Kranke solte mitgeführet werden; nam noch desselbigen Abends von seiner vorigen Geselschafft Abscheid / und bedankete sich ihres guten Schutzes. Des folgenden Morgens nam diese ritterliche Schaar den nähesten Weg auff Ekbatana vor sich / und kam Ladisla der Wagen wol zu statten / auff welchem er seine Gelder und Kleinot füglich mit fort bringen kunte. Auff der Reise begegneten ihnen unterschiedliche Räuber Schaaren / die mannichen Anfall wageten / so hatten sie auch zuzeiten Gefahr von wilden Tihren / aber weil ihr Hauffe sich täglich mehrete / und sie unter unsers Helden vorsichtiger Anordnung sich fleissig hüteten / gingen sie allenthalben sicher durch. Als sie noch anderthalbe Tagereisen nach Ekbatana hatten / und sie über LX bewehreter Mann stark wahren / stieß von der linken Seite her ein Hauffe von XXX teils geharnischten /teils gepanzerten Reutern auf sie / vorgebend / sie wolten nach Ekbatana auff das Ritterspiel / und hätten Lust / in ihrer Geselschafft fortzugehen; welches Ladisla etwas verdächtig vorkam / weil sie mehr auff Räuber- als Ritter-Art gewapnet wahren / hielt demnach mit seinen Leuten eine kurze Unterredung / uñ nach gemachtem Schlusse zeigete er ihnen an / sie wolten ihnen zwar nicht wehren / mit fortzureisen /aber umb Verdacht zumeiden / würden sie in einem absonderlichen Hauffen allein reiten / und ihr Seitengewehr / biß eine Meile an Ekbatana von sich geben /alsdann solte ihnen Schutz vor allen Anfall gehalten werden. Diesen wahr solches ungelegen / stelleten sich doch demütig / und gaben vor / sie wolten zwar ihnen hierin gerne gehorsamen / aber vorerst würde es ihnen schimpflich seyn / wehrloß zureiten; hernach kähme es offt / daß man unversehens angegriffen würde / und man alsdann das Gewehr zuspät suchete. Weil nun solche Entschuldigung einen Schein hatte /und man ihnen doch wenig trauete / muste Leches mit 26 Geharnischten sie ganz enge zwischen sich nehmen / und mit ihnen hinter dem ganzen Hauffen herzihen / so daß sie keinen Raum zur Gegenwehr haben kunten. Als sie etwa eine halbe Meile fortgeritten wahren / kam ein grosser Hauffe in die LII stark von derselben Seite herzu gerennet / schicketen einen Reuter ab / und begehreten zuwissen / was vor Leute sie währen / wohin sie gedächten / und warumb man ihre Gesellen als gefangene eingeschlossen hielte / welche ihnen doch kein Leid angetahn hätten. Ladisla selbst gab ihm zur Antwort: Die erste und andere Frage zubeantworten / hielte man vor unnöhtig; das übrige geschähe nicht / jemand zubeleidigen / sondern sich selbst zuversichern; drumb solte er hinreiten / und alsbald anzeigen / wessen man sich zu denen / so ihn abgesand / zuversehen hätte / alsdann solte ihnen bessere Erklärung mitgeteilet werden. Die XXX eingeschlossene begunten gelegenheit zu suchen / sich loßzumachen / aber Leches zeigete ihnen an / dafern sie nicht alsbald ihr Gewehr willig von sich geben würden / solten sie als Feinde gehandelt werden / weil die Anfoderung schon übrig gnug meldete / was vor Leute sie wären. Diese hingegen fingen alsbald ein wüstes Geschrey an / und drungen mit ganzer Macht nach der linken zu / sich loßzumachen / welches [667] ihre Gesellen ersehend / ohn weitere Worthandelung zun Schwertern und Streit Axten griffen / in Meynung /Leches Hauffen zuüberfallen / und den ihren Lufft zumachen; aber Ladisla setzete mit XII Speer Rittern auff sie hinein / erlegten im ersten Treffen XIII Räuber / und braucheten bald hernach ihre Schwerter redlich; Die Bogen Schützen an unser seite feyreten auch nicht / und tahten den Feinden zimlichen Abbruch. Die eingeschlossene fühleten auch schon Leches und der seinen harte Schläge / welche beydes Roß und Reuter in solcher enge nidermachten / daß ihrer kein einziger übrig blieb; worauff er Ladisla entsetzete / so daß nach verlauff einer Stunde die ganze Räuber Schaar LXXXII Mann gestrecket lagen / bey denen die unsern an Baarschafft und Kleinoten vier Tonnen Schatz fundẽ / woran aber weder Ladisla noch Leches anteil haben wolten / denen die andern / wegen ihres Ritterlichen verhaltens / überaus grosse Ehr antahten /nicht anders / als währens ihre gebietende Herren gewesen. Nach diesem Treffen gingen sie unangefochten fort / und hielten des folgenden Tages zimlich spät ihren Einzug zu Ekbatana / da sie sich in unterschiedliche Herbergen verteileten. Ladisla wählete sechs Ritter aus dem Hauffen / deren Streitbarkeit er in der Räuber Schlacht angemerket hatte / und baht sie / mit ihm auff seine Kosten eine enge Geselschafft zumachen / weil er willens währe / sich selb achte zustellen / und aller anwesenden zuerwarten; legte sich mit ihnen in eine absonderliche Herberge / ließ acht blanke Harnische mit eingeschmelzetem gülden Blumwerk / und sechs starke Rappen bringen / damit er sie versahe; Ihre Pferdedecken waren schneeweiß mit güldenem Blumwerk / ausgenommen die seine war mit köstlichen Perlen gezieret / uñ sein Pferdezeug glänzete von ädlen Steinen / daß sie sich verwunderten /woher diesem Ritter in der fremde so grosse Schåtze kähmen. Auff dem Helm führete er einen güldenen Löuen / welcher in der rechten Tatzen ein Schwert / in der linken ein Schildlein hielt / mit diesen eingegrabenen Worten: Fratrem quæro & Sororem. Ich suche den Bruder und die Schwester. Im Schilde war nach künstlicher Arbeit ein gedoppelter heller Strahl gemahlet / und ein Schatten davor gezogen / mit dieser überschrifft: Ubi lates, mundi decus? Wo liegst du verborgen / du Zier der Welt? Herkules und Pharnabazus liessen an der Zubereitung auch nichts ermangeln /nahmen sechs Ritter in ihre Geselschaft / und erwarteten des Tages / da indessen der GroßFürst alles zu diesem Ritter Spiel nöhtig / anordnen ließ. Der Renneplatz wahr ein Halbviertel Meilichen von der Stand / und die Steche Bahn so weit / daß zehne neben einander Raum gnug zustechen hatten. Die Schau Bühne umher so groß / daß etliche tausend Menschen darauff sitzen und stehen kunten. Des GroßFürsten und seiner Gemahl Königliche Stüle / wahren über andere inetwz erhaben; allernähest saß Arbianes (dem das Stechen von seinem Vater noch nicht wolte erlaubet werden) /und Herr Mazeus neben andern Medischen Herren; Vor ihnen her / etwas niedriger / sassen Fr. Roxane /Frl. Barsene und etliche andere Herren-Standes / und hatten einen zimlichen hauffen des adelichen Frauenzimmers bey sich. Es versamlete sich eine treffliche Anzahl Ritter / von Inwohnern und Ausländischen /welche zierlich auffgezogen kahmen. Herkules / als eine Amazonische Heldin / und Pharnabazus / mit ihrer Geselschafft / wahren die ersten / und erschienen in ansehnlicher Rüstung. Herkules Schild wahr vergüldet / auff welchem ein junger Löue an einer Ketten lag / zu dem ein grösser trat / ihn loßzumachen / mit dieser Umschrifft: VOLENTE DEO. Nach Gottes willen. [668] Die Pferde Decke wahr röhtlich / mit Perlen gesticket / über welcher sich der Amazonische Rok etwas ausbreitete; und daß er ja vor ein Weibesbild möchte angesehen seyn / ritte ein zierlicher Knabe in Amazonischer Kleidung / mit Pfeil und Bogen hinter ihm her. Auff der Bahn nam er mit seiner Geselschafft einen Ort gegen Osten ein / daß er den Großfürsten stets im Gesichte hatte. Ihm folgeten etliche Medische und Assyrische Ritter / Herren-Standes bey die zwanzig. Darauff ließ sich Ladisla mit seinen Gefärten sehen / die in oberwähneter gleichmässigen Rüstung hinter ihm her ritten / welches ein feines ansehen gab /dz jederman die Augen auff ihn warff / und ihn gerne unter dem Gesichte gesehen hätte / welches er mit fleiß unter dem Helme verdecket hielt / weil er ohngefehr diesen Morgen erfahrẽ hatte / daß Pharnabazus zugegen währe / und mit stechen würde / da er dann zweifelte / ob es raht währe / sich ihm zuerkennen zugeben. Herkules / der allernähest bey Pharnabazus hielt / sahe seinen liebsten Freund / den er nicht kennete / in die Schranken reiten / und sagte zu seinem Gesellen: Dieser wird gewißlich ein grosser Herr seyn / welches sein Auffzug ausweifet / zweifele nicht / da die Kraft den Geberden antwortet / werde er uns zuschaffen geben. So bald alle Gebräuche des Stechens gehalten / und die Gesetze abgelesen wahren / ritte Pharnabazus hervor / und mit einer zierlichen Ehrerbietung fing er an: Hochansehnliche Gestränge Ritter und Herren; demnach der Großmächtige GroßFürst der Meden / aus sonderlicher Beliebung zu der Ritterschafft / dieses Stechen angestellet / als hat diese gegenwärtige Durchleuchtige Amazonin / Frl. Barsene /welche ohngefehr bey uns angelanget ist / dieser übung beyzuwohnen sich gefallen lassen / doch mit diesem ausdrüklichen Vorbehalt / daß wer sie zur Erden fellen / und selbst ungefellet bleiben wird / von ihrer Gn. ein absonderliches Kleinot auff 12000 Kronen zum Preise von ihr bekommen; hingegen aber / da er von ihr Sattel-loß gemacht würde / er sich der Durchleuchtigsten GroßFürstin gegenwärtig / kniend darstellen / und von ihr drey Befehle annehmen sol /unter ritterlichen Ehren nach Vermögen zuleisten; solte aber jemand solches einzugehen bedenken tragen / bittet hochgedachte Amazonin / ihres Speers sich zuenthalten; und wil ich hiemit ansuchung tuhn /es wollen zween Ritter mit uns beyden den Anfang zumachen / sich gefallen lassen. Die Ritterschafft sahe einer auff den andern / meynetẽ anfangs / Ladisla / seinem ansehen nach / würde die Bahn einnehmen; weil er sich aber nicht bewägete / gaben sich zween Assyrische Ritter hervor / uñ ranten getrost auff die Anfoderer zu / aber die Amazonin legete den ihren alsbald zur Erdẽ / und trabete unbewäglich vorbey /welches Ladisla ersehend / zu Leches sagete: Ob ich zwar nicht gläube / daß diese verstellete Amazonin ein Weibsbild sey / so bin ich mir doch solches Rittes bey ihr nicht vermuhten gewesen. Pharnabazus traf mit seinem Gegenteil auch / und weil keiner gefellet wahr / wiederhohleten sie den Ritt / daß der Assyrer den Sattel räumen muste / wie hart er sich auch bemühete / den Fall zuverhüten. Der zuerst abgestossene schämete sich sehr / weil er vor einen festeren Ritter als sein Geselle / gehalten ward / bezeigete sich doch den vorgeschriebenen Satzungen gemäß / stieg auf die Schau Bühne / legete sich auff die Knie / und erwartete der GroßFürstin Befehl. Dieselbe aber hieß ihn auffstehen / und redete ihn also an: Mannfester ädler Ritter / weil der Durchleuchtigen Amazonin es also gefället / ist mein dreyfacher Befehl / daß ihr dem GroßFürsten / meinem Gemahl / auff begebenheit zu dienste; der Amazonin gewogen: uñ Ritterlichen Ehren stets zugetahn seyd [669] und verbleibet; und weil ihr der erste gewesen / der in diesem Spiel mit der unüberwindlichen Amazonin (dann davor wird sie gehalten) ein Treffen gewaget / sollet ihr diesen Ring (der auff 500 Kronen wert wahr) zu dessen Gedächtniß von mir annehmen. Dieser küssete ihr den Rockes Saum / und sagete: Er währe den dreyfachen gnädigsten Befehl ohndas schuldig zuleisten / und erboht sich / lieber zu sterben / als deren einen aus der acht zulassen; währe ich aber / sagte er / dieses Gnadengeschenkes mir vermuhten gewesen / würde ich mich selbst vom Pferde herunter geworffen haben / wañ es dieser tapfferen Amazonin wider mich gefehlet hätte. Inzwischen stelleten sich drey andere von Pharnabazus Geselschafft / denen drey begegneten / mit diesem Glücke / daß von den Ausfoderern einer / an der andern Seite zween abgeworffen wurdẽ. Die übrigen 3 hielten sich besser / und legeten im dritten Treffen ihre Gegener nider. Bald wahr Herkules und Pharnabazus wieder fertig / und stellete sich gar ein ansehnlicher Ritter gegen die Amazonin / ließ ihr doch durch einen Knaben andeuten / er nähme ihre vorgetragene Bedingung an / jedoch wann ihm auch die seine gewehret würde / daß auff den fall seines Sieges / sie bekennete / daß sein Schatz das schönste Fräulein in ganz Assyrien währe. Herkules lachete der Anmuhtung / und gab zur Antwort: Jüngling / sage deinem Herrn / ich kenne seinen Schatz nicht; ist sie aber so schön / wil ich auch auf den fall meines Sieges ihr diesen Preiß gerne lassen / daß er mir nur frisch begegne. Kehrete sich hernach zu Pharnabazus / und sagete: Dieser Ritter muß entweder mit dem Liebespfeil / wie ich; oder mit Hasen Schroht getroffen seyn /daher ich mich desto besser vorzusehen habe / daß ich vor ihm Schimpff-loß bleibe; mit welchem Worte er so eiferig auf ihn ansetzete / dz er ihn mit samt dem Pferde niderwarff / uñ alle anwesende sich der Kraft höchlich verwunderten / insonderheit Ladisla / der zu Leches sagete: Ich werde nicht unterlassen / es mit dieser vermummeten Amazonin zuwagen / Gott gebe /wer des andern Meister wird. Pharnabazus machete gleicher gestalt seinen Bestreiter die Erde küssen /und seine ganze Geselschafft legte zu diesem mahle Ehre ein / dessen er sich nicht wenig freuete. Herkules uñ sein Geselle stelleten sich zum dritten mahle /gleich da Ladisla loßzubrechen willens war / welcher aber alsbald einhielt / dann er wolte es mit der Amazonin nicht anlegen / biß er zuvor so mannichen Ritt gegen andere / als sie / getahn hätte. Es begunten schon etliche schimpflich gnug von ihm zureden / daß ers auch hörete / aber sich daran nicht kehrete / sondern wahr ihm liebe / daß ein trefflicher Ritter / von zween anderen begleitet / sich gegen die Amazonin stellete / mit dem sie ein gewaltiges Treffen hielt / daß sie beyderseits der Püffe wol empfunden / und doch unbewäglich sitzen blieben / da hingegen Pharnabazus seinen Mann niderlegete / sein Geselle aber abgestochen ward. Jene tahten den andern Ritt / und verlohr der fremde ein Stegreiff / welches ihn nicht wenig höhnete / spürete auch / daß sein Pferd zu leicht wahr / daher er ein stärkeres von einem andern Ritter nam /und gedachte dißmahl das äusserste zu versuchen. Herkules sagete zu Pharnabazus: Dieser ist in Warheit ein gewaltiger Ritter / und muß er oder ich zum dritten mahl unten liegen; stürmeten auch frisch und behutsam auff einander / und traff die Amazonin dergestalt / daß jenem die Sattelgurt zusprang / und er mit samt dem Sattel auff die Erde fiel. Nun / sagete Ladisla / diese Amazonin stehet nicht zutadeln / wie mirs auch mit ihr noch heut ergehen wird. Aber der abgestochene stund aus dem Sattel auff / voll Zorn und Unmuht des leidigen Falles halber / daß er offentlich sagete: [670] Und wann mein Diener solche schwache Gurt angelegt hätte / müste ers mit dem Leben büssen; schickete auch an die Amazonin / mit Bitte / ihm den vierden Ritt nicht zuversagen / weil nicht er / sondern der Sattel abgestochen währe. Herkules aber gab zur Antwort: Es wäre freylich die schwache Gurt des Falles ursach; weil aber das vierde Treffen beydes wider die abgelesene Satzungen / uñ wider seine gewohnheit wäre / bähte er / ihn dessen günstig biß auf morgen zuerlassen / weil er seine Tapfferkeit gnug hätte zuerkeñen gebẽ / und sich nit vor überwunden schätzen dürfte; womit er sich auch befriedigen ließ. Pharnabazus übrige fünffe hieltẽ sich abermal wol /dz nur einer den Sattel räumete; Worauff Ladisla uñ Leches mit einẽ zierlichen Pferdetu eln die Bahn einnamen / uñ nit wenig auf ihre festen Hengste sich verliessen. Er setzete sich gleich gegen die Amazonin /und wartete / ob sich jemand stellen würde / welches nit lange anstund / dañ eben sie selbst und Pharnabazus liessen sich finden; welches ihm doch noch zur Zeit ungelegen war / und seiner Ritter einẽ mit dieser Werbung an sie schickete: Mein Gn. Herr uñ sein Gefärte nähst anmeldung ihrer Dienste uñ Grusses / erfreuen sich / die Ehre zu haben / mit eurer Vortrefligkeit einen ritterlichen versuch zu tuhn; weil sie aber bißdaher geruhet / und hingegen eure Pferde sich hart bemühet haben / ist ihr bitliches suchen / ihnen die Ehre zu gönnen / deren sie schon genossen / damit sie auch zuvor mit dreyen andern sich versuchen mögen / hernach sind sie zu ihren pflichtschuldigen Diensten bereit und willig / welches Ansuchen / weil es der Billigkeit gemäß / sie umb so viel desto leichter zuerhalten hoffen. Pharnabazus / nach dem er zuvor der Amazonin Meinung vernommen / gab zur Antwort: Herr Ritter / wir bedanken uns wegen des übergebrachten Grusses von eurem ansehnlichen / uns unbekanten Herrn / ersetzen denselben mit gleichem / und geben ihrem Begehren billich stat / als wodurch sie ihre Herzhafftigkeit uns sehen lassen; sonsten wünschen wir ihnen / zubehauptung ihrer Ehren / Glük und Sieg. Hiemit ritten sie alsbald von der Bahn /welches ein grosses auffsehen gab / weil die wenigsten ihre Rede verstehen kunten; doch funden sich bald zween andere / die Lust hatten dieses treflich geputzeten Herrn Mannheit zuversuchen / kunten sich aber wegen des Gegenstechers nicht vergleichen /dann jeder wolte mit dem vornehmsten dieser kleinen Geselschaft es zu tuhn haben / biß sie Ladisla und Leches loßbrechen sahen / denen diese zwar verwägen gnug begegnetẽ / wurden aber so unsäuberlich empfangen / daß sie beyde über und über purzeltẽ / und der von Ladisla getroffene den linken Arm zubrach /da doch die unsern unbeweglich vorbey gingen. Der Anfang ist trauen gut sagete die Amazonin zu ihrem Gesellẽ. Es hatten aber schon zween andere die Bahn eingenommen / und gaben durch winken ihr Begehren zuverstehen / musten doch den vorigen gleich / einen unwilligen harten Sprung tuhn / daß ihnen das Gerippe knackete. Ein hochmuhiger Hirkaner fürchtete sich / Ladisla würde ihm an erwerbung des Preises hinderlich seyn / rieff seinen Gesellen zu sich / und begegnete ihm frisch / erhielt auch die Ehre / daß er vom ersten Stosse ungefellet blieb / aber der andere streckete ihn dergestalt langs auff der Erden aus / daß man ihn ohmächtig von der Bahn tragen muste / da Leches den seinen schon im ersten gange außgehoben hatte. Dieser gewaltige Ritter hat besser Glük und Ehre als wir / sagte die Amazonin zu Pharnabazus / weil jederman sich an ihm reiben wil / zweiffele auch nicht / er werde sich äusserst bemühen / den schon erworbenen Preiß zu handhaben / weil ich ihn noch nicht gesehen im Sattel wanken / [671] und mag sein Geselle auch wol vor einen guten Rittersmann bestehen. Nach diesem tahten drey von Ladisla Geselschafft ein Treffen / und behäupteten den Sieg; die übrigen drey aber wurden herunter gestossen. Worauff der / so von der Amazonin mit dem Sattel gefellet wahr / sich auff die Bahnstellete / es mit Ladisla zu wagen; dem solches nicht unangenehm wahr. Sie ranten mit guter Vorsichtigkeit wieder einander / und nach außgehaltenem Stosse gingen sie beyde unverrükt vorüber. Leches fand auch seinen Mann / der vom ersten Treffen sich nicht wolte beugen lassen. Ladisla gedachte bey sich: Werffe ich diesen nicht herunter / so sieget mir die Amazonin ob / dessen ich vor meinem Herkules mich schämen müste; nam ein starkes Speer zu sich / sprach seinem Pferde muhtig zu / und ging mit solchem Eifer auff seinen Mann / daß er ihn mit samt dem Pferde übern Hauffen rante / wiewol er des Gegenstosses wol empfand / und einen Stegreiff darüber verlohr. Daß ist ein treflicher Ritter / sagte Herkules / deßgleichen mir sehr wenig vorkommen sind; währe aber seyn Pferd nicht so stark und wol abgerichtet / hätte er ohn zweiffel dem andern im fallen Geselschaft leisten müssen. Der Gefellete taht einen unsanften Sprung /daß ihm die linke Huft verrenket ward / und von ihm selber nicht auffstehen kunte; welches Pharnabazus ersehend / hinritte / und zu ihm sagete: Treflicher Ritter / wie befindet ihr euch / wegen eures Pferdes Unträue? Herr antwortete er / ich habe keine Gefahr /ohn daß mir eine Huft ein wenig verrenket ist / wollet demnach die meinen kommen lassen / daß sie mich auff ein ander Pferd heben. Weil nun diese gleich verhanden wahren / ließ er sich von ihnen hinweg führẽ. Leches muste mit seinem Gegener den dritten Saz wagen / welcher ihm nach Willen glückete. Ihre sechs Gesellen stelleten sich zugleich auff die Bahn / und ungeachtet sie starke Gegenrenner hatten / erhielten sie doch die Uberwindung. Der GroßFürst hätte Ladisla gerne gekennet / und sagete zu seinem Gemahl: Dieser und unsere Amazonin werden einander etwas bieten / da sie sonst aneinander gerahten; so wird euer Liebe Bruder uñ jenes sein Geselle auch zu tuhn bekommen. Dieses hatte er kaum außgeredet / da schickete Ladisla einen Ritter an die Amazonin / mit dem Erbieten / da es ihr nun gefällig / könte sie sein zu einem Versuch bemächtiget seyn. Herkules gab zur Antwort: Es hätte seines Hn. Pferd sich gewaltig abgemattet möchte es zuvor ein halb Stündichen ruhen lassen / alsdann könten inzwischen andere sich der Bahn gebrauchen / und solte sein Herr ihn darauf zu Dienst und Willen haben. Ladisla verstund hieraus /das sie gleiche Hösligkeit gegen ihn gebrauchen wolte / und ließ sichs nicht mißfallen. Also ward die Zeit über zwar manniches / aber kein denkwürdiges Stechen verricht / ohn daß etliche vom Falle verletzet /und einer zu Tode gerennet ward / weil er das Genik abstürzete. Nach verlauff der gesetzeten Zeit tummelte Ladisla sein Pferd gar zierlich; die Amazonin taht nicht minder / und merketen alle Anwesende / daß diese beyden nunmehr umb den besten Dank stechen würden / wendeten auch ihre Augen nur auff dieselben hin / umb den Außgang zuerkennen. Leches stellete sich nähest bey Ladisla; Pharnabazus bey Herkules / so daß Herkules mit Leches / Ladisla mit Pharnabazus treffen muste / welches ihnen allerseits nicht unangenehm wahr. Im ersten Ritte wolte niemand wanken / im andern musten Leches und Pharnabazus sich an ihrer Pferde Mähne halten; im dritten befunden sich diese beyden auff der Erden / und stunden mit Scham und Zorn auff / insonderheit Leches / der sich fürchtete / er würde von [672] einem Weibesbilde abgesetzet sein. Herkules wahr wegen seines Gesellen Fall entrüstet / und nam vor / ihn / wo möglich / zu råchen. Ladisla stund in gleichen Gedanken / und setzeten mit solchen Kräften auffeinander / daß sie daumlich wurden / hielten doch solche unfreundliche Püffe aus / daß sie unbewäglich sitzen blieben / als währen sie im Sattel angenagelt. Die Zuseher verwunderten sich der grossen Mannheit / sonderlich / wie sie wähneten / bey einem Weibesbilde / daß die sitzenden alle auffstunden / des Stechens Ende und Außgang desto eigentlicher zuerkennen. Unsern Stechern aber wuchs das Herz durch ihrer Gegen-Kämpffer Tapfferkeit / und wahren froh / daß jeder seines gleichen angetroffen hatte / wageten den andern Saz / daß sie wegen der unsanften Stösse beyde hinter sich bogen / wiewol Ladisla etwas mehr als Herkules. Nach vollendetem Treffen sahen sie sich beyderseits um / und weil sie noch keinen Fall vermerketen /machten sie sich beyde die Rechnung des künftigen /nur daß jedem die Hoffnung überblieb / seinen Mañ mit zu fellen. Die Pferde schwitzeten / daß der Dampf von ihnen ging / insonderheit der Amazonin ihres / als welches das schwächeste wahr; noch muste es zum drittenmahl gewaget seyn; da sie dann nicht allein mit den Speeren / sondern mit Pferden und Leibern dergestalt aneinander gerieten / daß Mann und Roß übern Hauffen fiel / und die Ohmacht beyden nicht weit wahr. Leches uñ Pharnabazus erschraken des Unfals /und lieffen eilig hinzu / den ihren zu helffen. Ladisla Pferd ermunterte sich wieder / uñ stund auff von seinem Herrn / der sich Bügelloß gemacht hatte / und als ihm Leches den Helm abnam / daß er frischen Luft bekam / erhohlete er sich bald wieder. Pharnabazus hatte mit seinen Rittern mehr zu schaffen / das tode Pferd von Herkules abzuwalzen / rissen ihm auch den Helm ab / und vernahmen mit freuden / daß er ohn Schaden blieben wahr / da er sagete: Mich verlanget zu wissen / wer dieser trefliche Held sey / der mich Zeit meiner Ritterschaft zu allererst gefellet hat. Ladisla hingegen beklagete sich gegen Leches / daß er vielleicht von einem Weibesbilde müste nidergeleget seyn / und sinnete schon nach / wie er sie zum Schwertstreit bringen möchte; aber er ward dieser Gedanken bald entladen / dann Herkules hatte sein Angesicht schon erblicket / deßwegen er mit außgerecketen Armen hin zu ihm lieff / fiel ihm umb den Hals / und sagete: O du mein Herzliebster Bruder / warumb müssen wir uns so feindlich angreiffen? ist daß der Dank / welchen ich meinem geträuesten Freunde vor sein eiferiges Nachsuchen schuldig bin? Ladisla ward über seines Herkules unvermuhtlicher Gegenwart so voller freuden / daß er nie bey ihm selber wahr / küssete ihn etlichemahl und sagete: Verflucht sey das Amazonische Kleid / welches mich deiner Erkentnis beraubet hat; es würde mir sonst nicht gefehlet haben / deines Stechens Art in gedächtnis zu ruffen, aber mein werter Bruder / hastu auch Schaden genommen? Herkules fragete deßgleichen / und danketen Gott vor fristung ihrer Gesundheit. Leches machete sich auch zu Herkules / taht seinen Helm ab / setzete sich auff ein Knie / und baht untertähnigst umb verzeihung / das er sein Speer wieder ihre Durchl. gerichtet hätte: Ward aber von ihm auffgerichtet / und wilkommen geheissen / neben der Erinnerung / daß das verzeihung bitten ein überfluß währe. Weil diese mit einander redeten / entblössete Pharnabazus sein Häupt / uñ erzeigete Ladisla grosse Ehre / als einem Könige / indem er ihm nach tieffer Neigung die Hand küssete / und sich unglüklich schalt / ihre Hocheit nicht vor dem Reñen erkennet zu haben; hieß ihn sehr wilko en seyn / und sagete: [673] Er hätte nunmehr seinen Wunsch erreichet / wolte auch Ihrer Durchl. vielleicht zu allererst die gute Zeitung von dero Durchleuchtigsten Frl. Schwester bringen / dz sie wol auf / in guter Gesundheit und Ehren-sicherheit währe. Mein Herr und grosser Freund / antwortete er; mir kan höhere Glükseligkeit nicht zustossen / als diesen Tag geschehen ist / wollen daher der hartẽ Püffe vergessen /damit wir uns gegrüsset / weil es aus Unwissenheit ergangen / und bitte sehr / mich mit überflüssiger ganz ungenehmer Ehren-benennung günstig zuverschonen / weil ich mich dieser örter nicht anders als einen umschweiffenden Ritter erkenne; kehrete sich wieder nach seinem Herkules / kunte sich an seinem anschauen nicht ersåttigen / und sagete zu ihm: Mein Bruder; wir haben beyderseits unserer Paduanischen kurzen Ergezligkeit scharffe Besalzung in Griechenland eingenommen; aber sage mir / bitte ich; wahrestu nicht derselbe / der bey dem Feur mich vom Tode errettete? Ich wahr nicht weit davon / mein Bruder / antwortete er / aber bloß mein Heyland JEsus / dem ich dich in meinem täglichen Gebeht stets befehle / hat dein Leben dazumahl erhalten / sonst hättestu dem Tode nicht entgehen können / welches ich dir bey besserer gelegenheit erklären wil. So bin ich schuldig /sagete Ladisla / deinem kräfftigen JEsus / als meinem wahren Gott und Helffer von herzen davor zudanken. Kein angenehmer Wort hatte Herkules von einigen sterblichen Menschen jemahls gehöret / lachete auch vor freuden / und auff dreyfaches umfahen sagete er zu ihm: O mein Bruder / wie hoch erfreuestu mich durch dieses erbieten! Ist dein Herz von dem wahren Gott schon so weit gerühret / werde ich nun erst anfahen / dich meiner ganzen Liebe teilhafftig zumachen /welches dein hartnäckigter Unglaube mir bißher verbohten hat. Hatten nun die anwesende sich über ihren ernstlichen Kampff verwundert / befremdete sie die unversehene inniglichste Freundschafft vielmehr / und daß der fremde Herr von Pharnabazus so trefflich geehret ward; daß auch der GroßFürst selbst einen Knaben auf die Renn-Bahn schickete / umb zuvernehmen / was vor grosse Freude die Amazonin über den fremden Ritter hätte. Aber indem dieser hinging / sagete Fr. Roxane: Ich dürffte wetten / es sey der allerliebsten Fräulein Herr Bruder. O ja / antwortete er / kein ander ist es. Der Knabe brachte gleich den Bericht: Der fremde Herr hiesse Ladisla. So muß ich gestehen / sagte er darauff / daß nie vollkommenere Ritter Harnisch geführet haben; und sind / ungeachtet ihres hohen Standes wirdig / daß alle Welt sie ehre und liebe. Die stille aber unter der Ritterschafft wahr so groß / daß niemand auff ferneres Stechen gedachte; daher zum Abzuge geblasen ward / und erreichete das Spiel die Endschafft. Die Kleinot / welche den Uberwindern geordnet wahren / wurden hervor getragen /und erkenneten die Richter einhellig / die Amazonin uñ Ladisla hätten den ersten; der Ritter mit der verrenketen Hufft den andern; Pharnabazus und Leches den dritten Preiß verdienet. Weil aber unsere beyde Helden sich wegerten / den Dankzuempfahen / und der beschädigte / wie fast man nachfragete / sich nicht melden wolte / musten Pharnabazus und Leches den ersten; zween Medische Ritter / einer von Ladisla /der ander von Herkules Hauffen / den andern; Der Assyrer / so mit Herkules am ersten stach (weil er nach gehends sich tapffer hielt) und ein Parthischer Ritter /den dritten Dank annehmen. Nach dieser Austeilung kehrete ein jeder nach seiner Herberge / ohn daß der GroßFürst unsern Ladisla mit seiner ganzen Geselschafft auff das Schloß laden ließ / wovor er sich höchlich bedankete / stiegen ingesamt zu Pferde / und ritten [674] in zierlicher Ordnung nach der Stad / da Ladisla und Herkules im ersten; Pharnabazus und Leches im andern Gliede / und ihre zwölff Ritter vermenget hinten nach ritten / dañ der GroßFürst wahr mit seiner Geselschafft schon voran gezogen; Im vor der Platze aber des Schlosses empfingen sie Ladisla sehr freundlich / welcher dem GroßFürsten und Frauenzimmer den Handkuß umsonst anboht / uñ sich sehr bedankete wegen der seiner Frl. Schwester erwiesenen Gunst und Freundschafft / mit erbieten aller seiner Mögligkeit. Der GroßFürst entschuldigte sich und die andern ingesamt / daß wegen Unwissenheit / sie dem Königl. Fräulein die gebührliche Ehre und Aufwartung nicht hätten leisten können / und baht / seine Liebe möchte hieselbst als auff ihrem eigenen / gebieten und verbieten. Weil nun hohe zeit wahr / das Mahl einzunehmen / fassete ihn der GroßFürst bey der Hand / und führete ihn die Stiege hinauf / da nach abgelegeten Waffen man sich bald zu Tische setzete / und Ladisla allernähest dem GroßFürsten; Herkules zwischen der GroßFürstin und Frl. Barsenen die Stelle gegeben ward. Die zwölff Ritter stelleten sich zudienen vor den Tisch / wurden aber in das Neben Gemach geführet /und daselbst wol bewirtet. Bey wehrender Mahlzeit ward mehrenteils von dem Fräulein gesprachet / uñ als Pharnabazus die eheliche Versprechung Königes Artabanus erzählete; gab Ladisla zur Antwort: Man wird nicht leicht jemand finden / der solche ansehnliche Schwägerschafft ausschlagen solte / wiewol ich viel eines andern Sinnes bin / weil dieser König mir zu schwer seyn würde. Die GroßFürstin meynete nicht / daß Herkules Liebe seinem Ladisla solte verborgen seyn / und antwortete ihm: Ich zweifele nicht / als lange Fürst Herkules lebet / werde Eure Liebe sich dieser Schwägerschaft nicht zubefahren haben / angesehen der übergrossen Träue und Liebe / damit diese beyden einander zugetahn sind; wie dann dem allerliebsten Fräulein unmöglich wahr / ihre Liebe zuvertuschen / auch in ihrer Mannes-verstellung / wie dessen dieses Teutsche Lied / welches sie etliche mahl sang / und von unserer keinem verstanden wird / ohn zweifel Kundschafft giebet / massen der Nahme Herkules darin enthalten ist; es war aber dasselbe / welches droben am 606ten Blade gesetzet / und sie Ladisla zulesen reichete. Herkules wünschete / daß sie mit dieser Offenherzigkeit hätte inne gehalten; hingegen freuete Ladisla sich höchlich / und antwortete nach des Gesanges Verlesung: Ich versehe mich zu Gott / er werde meiner Frl. Schwester ein wirdiges Gemahl bescheren / und wird sie von meiner Fr. Mutter und von mir niemand lieber gegönnet seyn / als dem ich sie / ehe er sie gesehen / in meinem Herzen zugefreyet habe. Herkules sagete zu der GroßFürstin: Es muß meine Frl. Wase ein überaus grosses Vertrauen auf Ihre Durchl. gesetzet haben / daß sie unsere Heimligkeit derselben offenbahret / welche sie ihrer leiblichen Fr. Mutter uñ ihrem einigen H. Bruder verschwiegen. Sie ist auch hieselbst so ausschlägern nicht gewesen / antwortete die GroßFürstin / und hat solches erst zu Charas meinem Gemahl und wenig anderen vertrauetẽ Freunden kund getahn. Herkules fragete seinen Freund / wie er den jungen Fabius bereden mögen / nach Padua wieder umzukehren / da er schon biß in Griechenland mit fortgezogen währe. Worauf er gar traurig antwortete: Ebẽ diß ist mein gröstes Unglük / welches mir auf dieser ganzen Reise zugestossen / daß ich ihn in einem Walde verlohren / und sider dem keine Zeitung von ihm einzihen können. Erzählete darauf allen Verlauff / uñ gab ihm Herkules den Trost / er würde sich wieder finden. Die GroßFürstin stellete nach der Malzeit ein herliches Seitenspiel [675] an /da sie endlich selbst die Harffe zur Hand nam / und ihr erwähletes Leib-stük am 607den Blade gesetzet /mit anmuhtiger Stimme sang / auch nach gehends berichtete / ihr Bruder hätte es aus der Fråulein Teutschem / durch Hülffe der Lateinischen Sprache / ins Medische übersetzet. Sie reichete darauf Herkules die Harffe hin / welche er sehr wol spielete / daher er ihr solches nicht versagen durffte: Weil es dann dazumahl umb die Zeit war / daß die Geburt Gedächtniß des lieben Jesuleins von den Christen gefeyret ward /uñ er vor wenig Tagen ein Danklied darauff gesetzet hatte / ließ er ihm sein Buch hohlen / spielete und sang dasselbe mit hoher Stimme / welches also lautete:

Christliches Dank-Lied /

Vor die heilsame Geburt unsers lieben Jesuleins.

1
So bistu nun / du werter Gast
Eins kommen / hast an dich gefasst
Mein schwaches Fleisch / bist sterblich worden;
Hast Gottes ungemäßnen Pracht
Dem Erden-Staube gleich gemacht /
Und trittest in der Menschen Orden?
2
Du / welchen schon im Paradeiß
Der erste Mensch zunennen weiß /
Du Schlangen-Treter / biß wilkommen;
Du Weibes-Saamen / und doch Gott /
Du Hellen-Stürmer / Todes Tod /
Du starke Hoffnung aller Frommen.
3
Wilkommen / O du grosser Held /
Der du die Grundverderbte Welt
Wilt mit dem höchsten Segen laben;
Wilkommen du gewünschtes Heil /
Nach dem die Väter alleweil
Von Herzengrund geseuffzet haben.
4
Nun ist der Jakobs-Stern bereit
Zu dieser angenehmen Zeit
Der ganzen Welt zum Trost erschienen.
Der andre Moses predigt schon
Das süsse Wort / den Gnaden-Lohn;
Des Herren Zweiglein siht man grünen.
5
Der Jungfern Söhnlein ist nun hier /
Immanuel / worüber wir
Vor grosser Herzensfreude lachen;
Der Gott und Mensch / der Wunder-Mann /
Das grosse Liecht / das alles kan /
Auch Finsternissen / helle machen.
6
Der Sohn / der schon so lange Jahr
Uns dürfftigen versprochen wahr /
Und uns zum Heyland auserkohren;
Der Frieden Fürst / Krafft / Held und Raht /
Das Reiß / das Jessen Wurzel hat
Gezeuget / ist Gott Lob gebohren.
7
Der Heyden Trost / des Teufels Leid /
Die Sonne der Gerechtigkeit
Bescheinet nun den Kreiß der Erden;
Der Bräutigam sucht seine Braut /
Die er ihm ewig hat vertraut /
Und läst sie nicht geschändet werden.
8
O allerliebstes Jesulein /
So wiltu nun mein Bruder seyn /
Und lässest dich ein Kind gebähren?
Kömst her zu mir / verlässt die Krohn
Des Himmels / wirst ein Menschen Sohn /
Und tauschest Kot vor Pracht und Ehren?
9
Du grosser Herscher / Herr der Welt /
Wie daß dir Mensch zu seyn gefält?
Wie daß dir unser Fleisch behaget?
Ist nicht der Sternen Zelt dein Sitz?
Bistu nicht / der den hellen Blitz
Abscheust / davor die Welt verzaget?
10
Bistu nicht / dessen starke Hand
Des Donner Knalles schnellen Brand
So schreklich loßzubrennen pfleget?
Bistu nicht / der das weite Rund
Des Himmels / und der Erden Grund
Gewölbet hat / und fest geleget?
11
Und kömst zu mir in diese Quaal /
Nur daß du mir den schönen Saal
Magst / deiner Herligkeit / erwerben?
Ja wirst ein Kind / arm / klein und bloß /
Damit ich würde reich und groß /
Und nicht möcht' ewiglich verderben.
12
Wie dünket dich der Stall so fein /
Du allerschönstes Jesulein /
Da Ochs und Esel dich beschreiben?
Wie daß du in der Krippen liegst /
Und dich so eng' inander schmiegst?
Wie kan dich Stroh und Heu erfreuen?
[676] 13
Ach freylich hab ich diese Noht
Dir angetahn / und Kreuzes Tod /
Durch meine Schuld und schwere Sünden;
Ich bin / der sich durch Missetaht
So hefftig grob vergangen hat /
Und du must dessen Straff empfinden?
14
Du bist mein Schutz / ich schmähe dich /
Ich bin dein Feind / du liebest mich;
Du bist ein Gott / und must doch büssen?
Ich bin ein Stank und Ungeheur;
Und du erkäuffest mich so teur /
Daß auch dein Blut muß von dir fliessen?
15
Mein Helffer! Güter hab ich nicht /
Damit ich meiner Schuld und Pflicht
Nach Wirdigkeit mich kan entheben;
Drumb wil ich dir mein Herz und Sinn /
Und alles was ich sonsten bin /
Zur eignen Knechtschafft übergeben.
16
Doch ist es leider viel zu schlim /
Erwecket leichter Gottes Grim /
Als daß es vor ihm könte nützen.
Mein Gott! mit deiner Reinigkeit /
Die dir beywohnet jederzeit /
Wil ich mein schlimmes tuhn beschützen.
17
Du hast / was ich nicht leisten kan
O JEsus Christ vor mich getahn;
Dein Ungemach / die tieffen Wunden;
Dein Leiden / Schmach / Angst / Kreuz und Tod /
Die haben aller Pein und Noht
Mich armen Sünder schon entbunden.
18
Hier stel ich meines Lebens Ziel /
Ein ander suche was er wil;
Mich sol kein irdisches verleiten;
Du JEsus bist mein Einig-all /
Den meiner Lippen Ruhm und Schall
Besingen sol zu allen Zeiten.
19
Du hast mich wieder frey gemacht /
Mir Leben / Heil und Wollust bracht /
Und aus der Helle mich gerissen;
Du JEsus bist mein Löse Geld /
Auff daß ich auch des Himmels Zelt
Und deiner Freude mag geniessen.
20
So laß doch diesen schlechten Schall /
Gott hochgelobet überall /
Biß hin zu deinen Ohren gehen /
Und daß ich mit der frommen Schaar /
Nach dieser Trübsal und Gefahr
Mag deiner Gnaden-Antliz sehen.

Ladisla hörete den Worten / die übrigen nur der Weise zu / und weil ers in Teutscher Sprache sang /meyneten sie / es würde seinem Fräulein zu Ehren angestimmet seyn / daß auch die GroßFürstin sagete: Durchl. Fürst / ob gleich mein Wunsch keinen Nachdruk hat / daß eurer Liebe vertrautes Fräulein möchte gegenwärtig seyn / gelebe ich doch der Zuversicht /sie werden einander bald sehen und sprechen. Das verleihe uns Gott / antwortete er / und derselbe gebe /daß ich sie ihrer höchstbetrüdten Fr. Mutter bald zuführen möge. Es ging noch mannicherley Gespräch unter ihnen vor / da die GroßFürstin unterschiedliche Fragen an unsere Helden / sie zuerlustigen / abgehen ließ; Wie lange es währe / daß das Herrlein Herkules die jungen Wölffe aus dem Neste gehohlet / und seinen Ladisla nicht mitnehmen wollen? Wie lange es währe / daß Ladisla sich von seiner Fr. Mutter hätte krank nach Teutschland führen lassen / umb / seinen Herkules zusehen? Was Herkules gedacht / da sein Ladisla ihm seine Eltern in ihrem Schlosse mit seinen eigenen Untertahnen belagert? Ob Herkules mehr Kühnheit in seinem Herzen empfunden / da er nacket mit dem grimmigen Pannonier gestritten; oder mehr Schahm / da ihm sein Fräulein das Blut vom Leibe helffen abwaschen / und was der Fragen mehr wahren / deren sich die unsern nicht gnug verwundern kunten / und doch leicht gedachten / das Fräulein müste ihren ganzẽ Lebenslauff erzählet haben. Der gleichen Unterredungen trieben sie / biß der späte Abend sie nach Bette führete / da Herkules bey seinem Ladisla auff einem Lager schlief. Als sie des Morgens erwacheten / begehrete Ladisla zuwissen / wie dañ sein JEsus ihn in Griechenland vom Tode errettet håtte. Herkules gedachte / jezt währe es Zeit / ihn nach mögligkeit zubewägen; erzählete ihm / was [677] vor ein Gesichte er gehabt / ehe ihn Klodius angetroffen hätte. Was? fiel ihm Ladisla in die Rede / ist dann Klodius bey dir gewesen? Ja freilich / antwortete er / aber er hat neben Markus mir äidlich verheissen müssen / es keinem Menschen zuoffenbahren / daher du ihnẽ solches nicht verargen wirst. Und also wirstu nun erkennen / fuhr er fort /daß mein Gott und Heyland mich zu deiner Rettung in Griechenland auffgehalten / dem ich auch dazumahl angelobet / allen möglichen Fleiß anzuwenden / daß du zum Christentuhm gebracht werdest. Nun mein Bruder / so erkenne doch Gottes Güte; ja erkenne dich selber auch / und laß dich des bösen Feindes Stricke weiter nicht binden. Ach gläube mir / wann ich meines Glaubens nicht so gewiß währe / wolte ich dieses so eiferig nicht bey dir treiben; so suche ich ja auch nicht meinen Vortel / sondern bloß allein deine Wolfahrt / deren du dich bey der höchsten Warheit / und so gewiß Gott lebet / berauben wirst / wo du nicht wirst meinen Heyland annehmen / und ihn vor deinen Erlöser halten. Hierauff fing Herkules dieses Gebet an zu Gott / und sagete:Du barmherziger Herr / du Vater meines lieben HErrn JEsus Christ; ach ach! erbarme dich über diesen meinen Freund / geuß ihm den Heiligen Geist ins Herz / welcher den halstarrigen Unglauben hinweg nehmen / und ihn zu dir zihen möge / damit er des teuren verdienstes unsers Heylandes fähig werden /und ewig geniessen möge. Zeit dieses Gebehts drungen ihm mehr Trähnen aus den Augen / als Worte aus dem Munde; welches Ladisla nicht ohn bewägung wahr nehmend / zu ihm sagete: Höre auff lieber Bruder / dich über meiner ehemahligen Halsstarrigkeit zubetrüben; dein Gott hat mich so mächtig gerühret /beydes durch deine jezige Vermahnung und gestriges andächtiges Danklied / das mein Herz nit anders begehret / als in deinem Glauben forthin zu leben und zu sterben; hoffe auch / dein lieber HErr JEsus Christ werde mir die Gnaden-tühr nicht versperren / welche er dir geöfnet hat; nur unterrichte mich / was ich nach diesem gläuben / und wie ich mein Leben anstellen müsse; dann deine mir zu Rom getahne Erinnerung hat nicht haften können / weil des wahren Gottes ich mich selbst unwirdig machete. Dank sey dir mein Heyland / sagte Herkules / vor diese deine unaußsprechliche Güte / und befodere diß Werk / welches du angefangen hast / dañ es ist nicht mein / sondern dein Werk; umbfing ihn hernach und sagete: O du mein wahrer und einiger Freund; lobe ja Gott mit mir vor diese gnädige Erleuchtung / und befestige dein Herz / daß du bey der einmahl erkanten Warheit beständig verharrest / und keine Wiederwertigkeit noch Furcht / noch Wollust dich davon abwenden lassest. Fing darauff an / ihm den algemeinen Christlichen Apostolischen Glauben vorzu behten / welchen er mit feuriger Andacht nach sprach / und ihn alsbald außwendig lernete; hernach von ihm selbst das heilige Vater Unser behtete / welches Herkules wunder nam /ihn fragend / wer ihn solches gelehret hätte. Wer sonstẽ / antwortete er / als du selber? massen ichs so oft von dir gehöret / und weil mirs sonderlich wolgefallen / habe ichs sider deinem abwesen / auch noch ehe ich in das Griechische Unglük geriet / täglich gesprochen / unter dieser Hoffnung / der wahre Gott / wer er auch währe / würde es von mir annehmen; muß auch gestehen / daß mirs oft grossen Trost in mein Herz gegossen. Du hast wol getahn / antwortete Herkules / daß du des wahren Gottes hast begehret / zweiffele auch nicht / derselbe habe solches an dir geliebet / und dein Herz algemach zu sich gezogen. Darauff erzählete er ihm / wie er zu Jerusalem in seinem Glauben so treflich gestärket währe / und daselbst die heilige [678] Tauffe empfangen / daß auch der Römische Stathalter daselbst / Herr Pompejus / mit seinem Gemahl und Frl. Tochter das Christentuhm angenommen; auch was sonsten sich daselbst begeben hätte. Hernach stunden sie von ihrem Lager frölich auff / und legeten ihre Kleider an / die von ädlen Steinen schimmerten. Weil dann Leches ihnen andeutete / daß der GroßFürst mit den seinen schon im Gastsaal währe / gingen sie zu ihnen hinein / und wurden freundlich empfangen /auch zur Morgen Suppe geführet / weil man dem Stechen etwas zeitiger den Anfang geben wolte. Ladisla foderte seine sechs Ritter in gegenwart aller vor sich /sagete ihnen Dank wegen ihres ritterlichen Beystandes / und schenkete jedem einen Ring von 200 Kronen. Weil auch unsere beyde Helden heut nicht stechen wolten / erkläreten sich Pharnabazus und Leches deßgleichen. Der GroßFürst ließ etliche Gutschen anspannen / und als er vernam / daß die unseren zu Pferde hinaus wolten / muste man vor ihn und Arbianes auch satteln. Nun hatte Herkules des vorigen Abends verno en / wie artig Herkuliskus das unbendige Pferd beritten / und bekam grosse Lust / es zu prüfen / insonderheit / als er hörete / daß sider ihrem abwesen es vorige Wildheit wieder angenommen hätte. Weil ihm dann solches gerne gegönnet wahr / ging er selber in den Marstal / redete dem Pferde freundlich zu / und stellete sich neben dasselbe; da stund es so stille wie ein Lamb / ließ sich auch von ihm das Gediß antuhn /und den Sattel aufflegen. Arbianes sahe es mit verwunderung an / lieff geschwinde hin / und taht es der Geselschafft zu wissen / welche hervor traten / und ihm zusahen / wie er den ädlen Blänken am Zügel aus dem Stalle leitete / der sich zwar überaus muhtig /aber so gehorsam bezeigete / als hätte er seinen Sinn eigentlich gewust. Herkules schwang sich leichtfertig hinauff / und tummelte ihn so artig / daß Phraortes über laut sagete; es müste ohnzweiffel der Teutsche Fürsten Stand allen Adel der Welt übergehen / daß auch die unvernünftigen Tihre es merken könten. Weil er dann aus Herkules Reden spürete / daß ihm das Pferd sehr wol gefiel / sagete er zu ihm; Wann er wissen solte / daß er so ein schlechtes Geschenk nicht außschlagen / und wegen der treflichen Fräulein es vor sein Leibroß gebrauchen wolte / hätte er zu bitten / es davor anzunehmen. Welches Geschenkes er sich höchlich bedankete / ihn versichernd / daß es ihm lieber als so schwer Gold währe. Ladisla kunte seinen Hengst wegen des gestrigen falles nicht reiten / daher er auff Erläubniß einen grossen Lichtschimmel aus des GFürsten Leibrossen wählete / welchen er mit schönem Zeuge / seinen Kleidern Gemäß / außputzen ließ. Im hinaus zihen ritte Ladisla dem GroßFürsten zur Rechten / und Herkules zur Linken. Arbianes aber ward von Pharnabazus und Leches begleitet / worauff zehn Gutschen mit Frauenzimmer folgeten / hinter denen Mazeus und andere Medische Herren ritten. Jederman sahe unsere Helden mit verwunderung an /und kunten nicht aussinnen / was vor grosse Herren /und aus was Landschaft sie seyn möchten / weil es von ihnen sehr heimlich gehalten ward. Doch Urteileten sie ingesamt / es würden die gestrige Best-stecher seyn. Auff der Schaubühne nam der GFürst und sein Gemahl die vorige Stelle ein / und wahren zween Stüele gleicher Höhe und Zierde mit jenen / gesetzet /auff welche sich unsere Helden niderlassen musten /da Herkules auff Ladisla emsiges nöhtigen / den nähesten Siz bey der GroßFürstin nam / weil er Lust hätte bey Fürst Arbianes zu bleiben / und mit dessen Liebe bessere Kundschaft zu machen. Die versamlete Ritterschaft verstund nicht ungerne / dz die fremde [679] Herren nicht mit stechen würden / dann keiner hatte Hoffnung / ihnen anzugewinnen / ohn ein ansehnlicher Herr / in einem ganz vergüldeten Harnische mit schwarzen eingeetzeten Blumen / und sehr prächtig gezieret / der von zwölff herlichen Rittern begleitet ward. Dieser nam Herkules vorigen Plaz ein / und als er unsere Helden auff der Schaubühne sahe / ritte er selb dritte wieder aus den Schranken. Es gab ein sonderliches auffsehen / uñ gedachte der mehrerteil / ihm währe eine Schwacheit zugestossen; Aber Herkules sagete zu Ladisla; irre ich nicht / so ist es eben der gewaltige Ritter / der sich gestern an uns beyden versuchete / und weil er gestern mit niemand / als uns beyden / stechen wolte / wil er sich heute gar enthalten /nachdem er uns nicht findet. Bald fiel ihm ein / dz er ihm noch einen Rit auff heut versprochen hatte / und baht den GFürsten / ihm eine kurze Rede an die Ritterschaft zu erläuben / da er stehend also anfing: Hoch- und wolgebohrne Herren und sämtliche hochlöbliche Ritterschaft; ich erinnere mich gleich jezt einer Zusage / die mir bey meinem Gewissen entfallen wahr / da ich nehmlich dem gestrigen lobwirdigen Ritter auff sein freundliches anhalten heut ein oder etliche Ritte versprochen; nun könte ich mich meines nicht-stellens halbẽ damit wol entschuldigen / daß ich ihn wegen des lezten Treffens schadhaft gesehen; jedoch / dafern demselben gefällig seyn möchte / vor sich selbst / oder durch einen gevolmächtigten es zu leisten / bitte ich dienstlich / mich meines außbleibens nicht zu verdenken / und seine Anwesenheit mich wissen zu lassen. Niemand wahr zugegen der geantwortet hätte / ob er gleich eine Zeitlang stehen blieb / setzete sich deßwegen nieder / und befahl Gallus / ihm seine Waffen zu hohlen. Ladisla ließ die seinen mit bringen / dañ sie sahen / daß wie zween Ritter den Anfang zum Stechen macheten / einer von der zwölffen Zahl sich heimlich aus den Schranken hinweg stahl / der ohn zweiffel dem entwichenẽ Zeitung bringen wolte. Also legeten sie ihre Waffen an / wie auch Pharnabazus und Leches / und setzeten sich auff die Bahn / woselbst Ladisla des vorigen Tages gehalten hatte. Nicht lange hernach sahen sie einen selb sechse herzu rennen / welche doch / verdacht zu meiden / sich nicht zu den ersten verfügeten; ihr Führer aber schickete bald darauff einen ab an Herkules / der ihn also anredete: Treflicher Mannfester Ritter / nähest anmeldung seiner Dienste und Grusses lässet euch der gestrige Ritter / dem die Gurt zubrach / freundlich anzeigen / es sey ihm vorerst eine hohe Freude gewest / dz er in erfahrung gebracht / wie ihr nur der Durchl. GroßFürstin zu ehren und Dienste gestriges Tages das Amazonische Kleid angeleget / entschuldiget sich seines aussenbleibens / wegen des verrenketẽ Schenkels / und erbeut sich zu allen möglichen Freundschaft-diensten; damit aber eure vortreffligkeit alhier sein nicht vergeblich warten möchte / hat sein Geselle sich an seinen Plaz gesetzet / welcher dann umb den versprochenen Rit freundlich ansuchet / und hingegen sich äusserst verbindet. Mein Herr / antwortete er / die trefliche Mannheit eures Herrn oder Freundes zu rühmen /habe ich satte Ursach; bedanke mich des Grusses und erbietens dienstlich / mit Wunsch / dereins demselben dienen zu können / und seiner hochwerten Kundschaft zu geniessen. Dem Ansuchen seines wirdigen Gesellen gebe ich billich stat / und bin zu aller Wilfahrung bereit. Als der Ritter diese Antwort vernam / wunderte ihn nicht weniger seiner Freundligkeit als stärke /und schickete sich auff das instehende Treffen. Herkules übersahe auch nichts / ohn daß er zweiffele / ob sein Blänke sich in den Handel schicken würde / welcher anfing mit den [680] Füssen zukratzen und zu wrinschen / auch sich forne zuerheben / daß die anwesende es mit Lust ansahen. So bald Herkules einlegete / flohe es wie ein Pfeil von der Sehne / die Bahn hin /und ward sein Gegener dergestalt getroffen / daß ihm das Gesichte verging / und an seines Pferdes Mähne sich halten muste. Die Speer gingen beyderseits zutrümmern / und welches das ärgeste wahr / sprang der Blänke dem andern Pferde auff den Hals / und risse es mit den Zähnen zu bodem / daß es mit samt seinem Reuter dahin fiel; worüber Ladisla sich hoch erfreuete; aber Herkules wahr mit dieser Wuht nicht zufrieden / weil es ein Schimpf-Spiel seyn solte / kunte doch das Pferd weder mit Gewalt noch Kunst abhalten / sondern muste ihm sein rasen gönnen / da nach begangener Taht es sich umsahe / ob noch einer oder ander verhanden währe / der sich an ihm reiben wolte. Der gefellete Ritter wahr des gedoppeltẽ Schimpffs zornig / ob er gleich keinen Schaden nam / welches Herkules merkend / abstieg / zu ihm trat / und mit offenem Helme ihn also anredete: Trefflicher Ritter /meines Pferdes rasen ist mir sehr leid / weiß auch /daß sichs nicht ziemet / dergleichen auff Schimpf-Spielezuführen. Nun ist aber der Hi el mein Zeuge /da ich dessen die allergeringste Wissenschafft nicht gehabt / nachdem ichs heut zuerst gesehen / und von meinem Gn. GroßFürsten mir geschenket ist; bitte demnach dienstlich / mir dieses nicht zuzuschreiben /noch daher einen Widerwillen auff mich zulegen. Der Ritter nam diese Entschuldigung an / und antwortete: Es ist wahr / trefflicher Ritter / daß man solche Pferde auff Schimpff-Streiten nicht gebrauchen sol / werde auch so unhöflich nicht seyn / ihn darumb anzufeinden / weil kein Vorsatz darunter stecket; aber seyd gebehten / und gönnet mir noch einen oder etliche Ritte / da es euch nicht zuwider ist. Er bedankete sich der Verzeihung / und wahr ihm im übrigen gerne zu dienste; kehrete sich auch zu Leches / ihm sein Pferd zu leihen / welcher geschwinde abstieg / und ihn auffsitzen ließ / wolte nachgehends den Blänken beym Zügel fortleiten / der ihm aber dergestalt zusetzete /daß er ihm weichen muste / biß die Stallknechte herzu lieffen / und es aus den Schranken trieben. Inzwischen hatten die Kämpffer sich fertig gemacht / insonderheit der fremde; da sie dann eiferig traffen / und dieser zimlich auff die Weichseite kam / brachte doch den Lauff zum ende / und begehrete des dritten Treffens /in welchem Herkules ohn einiges wanken / ihn dergestalt herunter warff / dz jederman meynete / er hätte das Herz im Leibe zubrochen / lag auch als unempfindlich / und ward von den seinen auf ein Pferd gehoben / und weggeführet / da er vol unmuhts wahr / daß er sich schlimmer als des vorigen Tages gehalten hatte / machete sich auch mit seiner Gesellschaft davon daß niemand erfahren kunte / wer er wahr / und wohin er sich begab. Herkules wolte auch nicht länger in den Schranken halten / und sagete zu Ladisla: Damit gleichwol dieser Ritter sehe / daß wir unsere Waaren auch nicht den Bauern feilbieten / deucht mich das beste seyn / wir lassen den andern Raum /ihre übung fortzusetzen; Als sie aber im Abzuge begriffen wahren / machete sich ein unansehnlicher doch festgesezter Ritter hervor / und sagte zu Ladisla: Mein Herr / ich zweifele nicht / ihm geschehe ein sonderlicher Dienst / da ihm gelegenheit gegeben wird / ein Speer zubrechen / auff welchen fall ich mich darbiete / wo ich dessen wirdig bin. Es hatte dieser schon desselben Tages fünff ansehnliche Ritter nidergelegt /welches Ladisla nicht unbewust wahr / daher er ihm zur Antwort gab: Seine schon erwiesene Mannheit hätte ihm wolgefallen / bedankete sich des erbietens /und möchte sich nur alsbald auff die Bahn stellẽ. [681] Sie traffen beyde gewaltig auff einander / daß die Speere in die Lufft flogen / hielten aber zu beyden teilen redlich aus; foderten andere Speere / und wageten es abermahl / da der Ausfoderer schier den kürzern gezogen hätte / jedoch sich des Falles noch enthielt. Ladisla meynete / es währe ihm schimpflich / daß er den dritten Satz halten solte / in welchem er ihn auch traff / daß er sich mit samt dem Pferde überwog / uñ im Falle den rechten Schenkel zubrach; Noch wolte er sich nicht lassen hinweg führen / sondern ließ sich im nåhesten Zelt verbindẽ / und kehrete wieder in die Schranken / der Hoffnung / an dem Preise Teil mit zuhaben. Mit Leches trug sich sonst ein werklicher Zauberposse zu. Es ritte ein kleiner Zwerg zu ihm / grüssete ihn mit starker Stimme von seines Herrn wegen /und zeigete an / daß er ihn umb ein Treffen ersuchen liesse. Niemand hatte das Zwerglein gesehen in die Schranken reiten / welchem Leches antwortete: Er währe zu dem ende da / niemand / der dessen begehrete / abzuschlagen. Nun dann / so haltet euch wol /sagte der Zwerg / dann es wird euch nöhtig seyn. Ich wil mein bestes tuhn / gab er zur Antwort / ein mehres kan ich weder versprechen noch leisten. Hier auff gedauchte ihn / es hielte ein erschreklicher Riese gegen ihn / und winkete mit einem Stangenbaums-dicken Speer; daher er zu Ladisla sagete: Gn. Herr / ob gleich dieser Riese mich mit unrittermässigem Gewehr angreiffet / wil ich ihm dannoch begegnen. Ladisla wolte ihn fragen / wo dann dieser Riese währe; aber er rante alsbald fort / zweifelnd / ob er auch mit dem Leben davon kommen würde; da inzwischen ein heftiges Gelächter beydes von den Rittern und Zusehern angefangen ward; dann als Leches vermeynete einen grossen Riesen zutreffen / bekam er ein Gebündlein Stroh an sein Speer / womit er dẽ Lauff vollendete / und annoch nicht anders meynete / er hätte den gräulichen Riesen zur Erde geworffen / der auff ihn einen Fehlstoß getahn. Hingegen sahen alle anwesende / daß nur ein Pferd gegen ihn lieff / auff welchem das Bündlein Stroh lag / welches ein Zäuberer zugerichtet hatte / den anwesenden ein Gelächter zuerwecken. Nach vollführetem Ritte sahe Leches sich umb / hörete das lachen / und ward des Strohs auff seinem Speer innen / sahe aber keinen abgestochenen auff der Bahn liegen / daher er voll Eifer lief / daß er bey seinen Ehren schwuhr: Könte er den Augenverblender erforschen / solte er ihm das Leben lassen. Aber Ladisla redete ihm ein / er hätte nicht ursach zuzürnen; einem jeden redlichen Ritter könte ein gleichmässiges begegnen / tähte demnach am besten / daß er mit lachete; welche Erinnerung doch so bald bey ihm nicht hafften wolte / biß er sich endlich besan /und da sie wieder auff die Schau Bühne gestiegen wahren / dem GroßFürsten seinen Strohwisch mit diesen Worten zun Füssen legete: Gnädigster GroßFürst / ein boshafter Zäuberer hat gemacht / dz mir dieser Wisch als ein ungeheurer grosser Riese erschienen ist / daß ich mich auch des Lebens schon erwogen hatte; weil aber ich etwa mit Fisch Augen gesehen / habe ich das auslachen billich davor zu Lohn davon getragen. Er aber tröstete ihn / und sagete: Es hätte ohn zweifel der betriegliche Zäuberer sein unerschrockenes Herz erkeñet / daß er auch mit einem Riesen zutreffen sich nicht scheuhete / wovor ihm billich der Preiß des Stechens zuerkeñet würde. Das Spiel ward noch zimlich angetrieben / und begaben sich lauter Unglüksfälle / so dz keiner abgestochen ward / der nit Arm oder Bein zubrochen hätte; ja es begunte ein solcher Lermen unter der Ritterschafft zuentstehen / dz sichs ansehen ließ / als wolten sie sich in zween Hauffen schlagen / und einen scharffen Streit anfahen, deswegen Herkules zu dem GroßFürsten [682] sagete: Gewißlich bemühet sich der arge Menschen Feind / unschuldig Blut zuvergiessen! Ich weiß selber nicht / antwortete er / was ich gedenken sol; ließ den Abzug blasen / und bey Leib und Lebensstraffe alle Tähtligkeit verbieten; wodurch dann im Augenblik aller Aufflauff gestillet wahr / und die Richter mit dem Frauenzimmer zusammen traten / wegen Austeilung des Gewins anordnung zumachẽ / der auf sechs Häupter zugerichtet war. Herkules und Ladisla / auch der mit jenem gestochen hatte / wurden ausgesetzet / und ihnen der Preiß mit einer kurzen Lobrede zugelegt; Darauf sendete man den ersten Dank dem Ritter / der so manlich mit Ladisla getroffen hatte / welcher ein Skythischer Herr wahr; den andern wolte man Leches einhändigen / aber er baht sehr / das Ziel der Gerechtigkeit nit aus Freundes Neigung zuüberschreiten / damit nicht einer oder ander ursach hätte / darauff zu schimpffen / daß vor Abstechung eines Strohwisches er diese Belohnung empfangen hätte; welches sie dañ gelten liessen / wiewol die Großfürstin ihm ein absonderliches Geschenk versprach / und folgendes Tages einlieferte /nehmlich ein köstliches Halsband auff 2000 Kronen wert; Die übrigen fünff Geschenke wurden den Obsiegern gebührlich eingereichet. Zeit wehrender Austeilung kam ein wolgeputzeter Ritter in vollem Rennen herzu / stieg bey der Schau Bühne ab / und ließ bey dem GroßFürsten gebührlich ansuchen / ob ihm könte zugelassen seyn / auff die Schau Bühne zutreten; er hätte im nahmen und von wegen eines grosses Herrn /den beyden fremden Rittern etwas vorzutragen. Der GroßFürst wahr willens / ihm solches abzuschlagen /sich neben allen anwesenden befürchtend / er würde sie zu einem blutigen Kampff ausfodern sollen; aber weil Herkules umb Einwilligung sehr anhielt / gab ers zu / insonderheit / als er ihn neben Ladisla auffstehen sahe / hinunter zutreten. Der Abgesante mit halb verschlossenem Helme redete sie beyde also an: Vortreffliche Ritter und Herren; mein Gn. Herr / welcher gestern und heut sich mit euch versuchet / und seine Meister gefunden hat / lässet euch seine aufrichtige Freundschaft und mögliche Liebesdienste durch mich anmelden / und umb Verzeihung bitten / daß aus höchstwichtigen Ursachen er vor dißmahl unerkeñet davon reiten muß / möchte von herzen gerne eurer beyder Stand und Nahmen wissen; erbeut sich / auf euer begehren / solches vor jedermänniglich zuverschweigen / und wil zu gelegener Zeit sich ihnen gerne kund geben; hat mir sonst diese beyde Ringe zugestellet / Eurer Gn. Gn. solche als ein Pfand seiner Ergebenheit einzuliefern. Alle anwesende wurden hie durch höchlich erfreuet / und nahmen unsere Helden die Ringe mit ernsthaffter Höfligkeit zu sich / deren jeder auf 8000 Kronen geschätzet ward / dabey Herkules diese Antwort gab: Herr Ritter; mein Freund hie zugegen und ich / haben ursach zubekennen / daß euer Herr so wol an Mannheit als Höfligkeit ganz vortrefflich und vollkommen ist / gegen den wir auch wider unsern willen uns gebrauchet haben / halten gänzlich davor / es sey an unser Seite ergangen / wie den Spielern / die wegen des Mit Spielers bewilligung mit schlimmer Karte und wenig Augen gewinnen / und gestehen gerne / daß zeit unsers Lebens wir von keinem Ritter härtere Püffe / als von ihm eingenommen. Daß er in Vertrauen unsers Standes gerne wil berichtet seyn / rechnen wir vor eine sonderliche Ehre / und wolle er seinem Herrn unter solchem Vertrauen andeuten / daß wir um unser Wolfahrt willen / die niemand schädlich / als schweiffende Ritter umher zihen / auch nahe Blutfreunde sind / und uns ohngefehr hieselbst angetroffen; Mein Geselle ist ein herschender König [683] nig in weit abgelegenen Nordwestischen Ländern / und ich ein gebohrner GroßFürst der Teutschen; Dieser heisset Ladisla / und ich Herkules. Die eingereicheten köstlichen Ringe nehmen wir mit gebührendem Danke an / und bitten / mein Herr wolle seinem Herrn diese beyde Ringe (welche sie von ihren Fingern zogen / und nicht minder köstlich wahren) hinwiederumb zur gleichmässigen bezeugung unsers ihm ergebenen Herzens und Willens / überliefern / nebest dem aufrichtigen erbieten / daß da wir dereins so glükselig seyn werden / diesen vortrefflichen Herrn zuerkeñen / wir nicht unterlassen wollen / unsere gegenwärtige Aufwartung ihm willig zuleisten. Der Ritter bedankete sich des hohen erbietens / und sagete: Wie hoch werde ich meinen Gn. Herrn erfreuen /wann er vernehmen wird / daß Eure Durchll. eben dieselben sind / welche er selbst gewünschet / als die in Italien ihnen einen solchen Nahmen erworben / welcher durch die ganze Welt fleuget. Wir sind seiner Durchl. eures Herrn Diener / sagte Ladisla / und werden stets auf unsere Glükseligkeit hoffen / eures und unsers Herrn Kundschaft zuerlangen. Dieser ritte in schneller eile davon / und verließ allen anwesenden nicht geringe Verwunderung; man kunte aber in keiner Herberge erfahren / wer er seyn möchte / wiewol der GroßFürst und Pharnabazus es eigentlich errietẽ; doch weil sie sahen / dz jener noch zur Zeit ungemeldet seyn wolte / sich dessen gegen niemand merken liessen. Sie ritten wieder nach der Stad / da Herkules Pferd sich überaus freudig erzeigete / daß er unverhohlen sagete: Es währe ihm sein Blänke lieber als eine Grafschaft / wolte auch kein Geld sparen / wann er feines gleichen wüste vor Ladisla zubekommen. Bey der Mahlzeit suchete Herkules gelegenheit nachzufragen / was und wie mancherley Glauben und Gottesdienst in diesen Morgenländern üblich und zugelassen währe; dessen ihn Pharnabazus den besten Bericht geben kunte / der ihm dann anzeigete / es währe durchgehend der Persische Gottesdienst der gebräuchlichste / da man den uhralten Griechischen Glauben fest behielte / und die närrischen Tichtereyen der jetzigen Griechen und Römer verlachete / welche ihnen Götter träumen liessen / die von Menschen gebohren und erzeuget sind / denen sie Kirchen und Klausen aufrichteten / auch wol Bilder schnitzeten / ob wäre bey denselben eine sonderliche Krafft zuhelffen; diesen kindischen Wahn / sagete er / können wir uns nicht einbilden lassen / sondern sind von unsern Vorfahren gelehret / unsere Götter unter dem freyen Himmel und auf den Gipfeln der Berge zuverehren; Unser höchster Gott ist Jupiter / durch welchen wir die höchste Krafft / die alles erhält / verstehen; hernach haben wir andere Götter / diesem algemeinen Gott untergeben / als da sind / Sonne / Monde / Feur / Erde /Wasser / Winde; denẽ unsere andächtige Opffer zuverrichten / haben wir von unsern Vorfahren gelernet. Jedoch finden sich auch in diesen Landschafften / wie im Römischen Gebiet / Juden und Christen / und zwar in nicht geringer Anzahl; haben doch die Freyheit nicht / ihren Gottesdienst öffentlich zuhalten; und ob gleich diese unter sich stetige Irrungẽ haben / auch /wie ich davor halte / ihres dinges nimmermehr einig werden können / so sind sie doch in Verachtung unser Götter ganz einig / beschuldigen uns des Aberglaubens / uñ sprechen; alles was wir vor Götter ehren /seyn nur Geschöpffe ihres wahren Gottes / und daher nicht vor Götter zuachten; worauf dann unsere Gelehrten sehr übel zusprechen sind / und sich heftig bemühen / solches vorgeben durch wolgesetzete Vernunftgründe umbzustossen / und unserer Götter Ehre zuschützen; weil sie aber in dem Hauptgrunde nicht können [684] einig werden / auff welchem der äusserste Beweißtuhm hafften muß / behält immer ein teil gegen den andern / damit er seine Meynung schützet /und die widerwertige anficht. Herkules wolte sich mit ihm in kein Streit gespräch einlassen / sondern fragete / wie dañ die Christẽ ingemein sich in ihrem Leben uñ Wandel verhielten. Die Juden / antwortete Pharnabazus / sind überal dem Wucher ergebẽ; essen weder mit Christẽ noch Helden; Aufrichtigkeit findet sich bey ihnẽ nit; zum gebrauch der Waffen sind sie gar ungeschikt; befleissigẽ sich aller tückischẽ boßheit / uñ hoffen auf einen ihres Geschlechts / der sie aus aller Welt versamlẽ / uñ in ihr Land wieder führen solle. Den Christen wird auch viel böses nachgesagt / aber es wil sich dannoch allerdinge nicht finden; einmahl ist gewiß / daß sie ihrem Gottesdienste fleissig obliegen / und sich lieber durch allerhand Pein hinrichten lassen / als daß sie ihren Gott verleugnen solten; man hat sich oft bemühet / diese Lehre zuvertilgen / aber weil sie durch Verfolgung nur zunimt / und sie gleichwol noch keinmahl wieder die ObrigkeitEmpörung vorgenommen / wie die Juden sich wol unterstanden /lässet man sie hingehen. Gewißlich ist es auch un recht / sagete Herkules / einigen Menschen umb des Glaubens willen zu tödten / wann man sonst nichts auff ihn zu sprechen hat / und da es hie zu Ekbatana etliche Christen hätte möchte ich ihre Kundschaft wol haben / dann ich bekenne / daß weder zu Rom noch zu Jerusalem / jezt Elia genand / mir mehr Liebedienste / als von den Christen geschehen sind. Freilich gibt es hie derselben / sagte Mazeus / und wann wir nur einen Juden hätten / solte uns derselbe bald einen schaffen: Dann diese sind ihre rechten Spührhunde und abgesagte Todfeinde. Eines Juden wollen wir bald bemächtiget seyn / sagte der GroßFürst / und befahl einem Diener nach der Wechselbank zu lauffen /wo selbst sich stets Juden fünden; ward auch ungeseumet einer herzu geführet / welcher ohn ehrerbietung ins Gemach trat / und alsbald fragete / ob die Herren oder das Frauenzimmer etliche Kleinot zu käuffen /Lust hätten / könten sie deren bey ihm umb liederlichen Preiß bemächtiget seyn. Mazeus antwortete ihm: Du bist schacherns halben vor dißmahl nicht hergefodert / sondern uns einen Christen herzuschaffen. Des Unziefers wol hundert vor einen / sagte der Jude /wañ sie nur alle möchten gehenket seyn / wie ihr Lügen-Gott. Herkules ergrimmete wegen der Lästerung / das ihm Herz und Hände bebeten / hatte das Messer schon gefasset / ihn damit durch zu werffen; doch brach er seinen Eifer / nur daß er zu ihm sagete: Je du leichtfertiger Bube / darfstu dann einen Gott schänden / und zwar in dieser Fürstl. Gegenwart? wañ du Ritterstandes währest / du müstest mir ohn fehlen mit dem Halse bezahlen; nun aber werde ich mich an dir nicht reiben / und zweiffele nicht / dafern der Christen Gott ein warhaftiger Gott ist / werde er seine Ehre schützen. Der Jude / nahmens Eleasar / erschrak der Dräuung anfangs / weil aber keine tähtligkeit erfolgete / ließ ers hingehen / und hohlete einen Christen herzu: Welcher / da er ins Gemach trat / demühtigete er sich sehr / wünschete anfangs dem GroßFürsten und seinem Gemahl GottesGnade / langes Leben / und glükliche Herschung; nachgehends allen Anwesenden / Friede / Gesundheit / und alles wolergehen; Zeigete darauff an / er hätte verstanden / daß ihre GroßFürstl. Durchl. gnädigst seine gegenwart begehreten / deßwegen er untertähnigst hätte erscheinen sollen und wollen / umb / gehorsamst zuvernehmen / woriñen seinem gnädigsten GroßFürsten oder anderen grossen anwesenden Herren / er könte auffwärtig und bedienet seyn. Dem GroßFürsten gefiel diese [685] Rede sehr wol / und fragete ihn mit freundlicher Stimme /ob er ein Christ währe. Ja / gnädigster GroßFürst /antwortete er / ich bin ein Christ / und mit allen meinen Glaubens-genossen behte ich täglich zu Gott /daß er eure Durchl. mit ihrem ganzen GroßFürstl. Hause vor allem Unheil väterlich beschützen wolle; befleissigen uns auch eines guten gewissens / und da uns von unsern Feinden zu leide geschihet / verzeihen wir ihnen von Herzen / und befehlen unserm Gotte die ganze Sache und Rache. Daran tuht ihr wol / sagete der GroßFürst / und als lange ihr euch in diesen Schranken verhaltet / sol euch wegen des Glaubens keine überlast geschehen; nur daß gleichwol unser Gottesdienst von euch ungeschendet bleibe. Dem Christen stiegen vor freuden die Trähnen aus den Augen / fiel vor dem GroßFürsten nieder / und bedankete sich in aller Christen Nahmen zum untertähnigsten / mit beteurung / da einiger Christ wieder GroßFürstliches Geboht oder Verboht handeln / oder sonst unerbarlich Leben würde / wolten sie ihn keine Stunde unter sich dulden / sondern bey der Obrigkeit anklagen / und der Straffe übergeben. Der GroßFürst fragete weiter / aus was Ursachen die Juden ihnen und ihrem Gott so gehässig währen / und was sie denselben zu leide tähten. Gn. GroßFürst / antwortete er: Wir hüten uns mit allem Fleiß vor ihnen / können aber doch nicht unangefochten bleiben / sondern da sie bey uns hergehen / speien sie uns an / und fluchen unserm Heylande an den wir gläuben; wie mich dann jezt der Anwesende Jude hart angegriffen / daß wegen meines Lügen-Gottes (mein Gott verzeihe mirs / daß ich ihm die Lästerung nach rede) von einem jungen hochmuhtigen Ritter / und wie er ihn mehr neñete / er sich hätte müssen über das Maul hauen lassen; wo aber / und wann solches geschehen / hat er nicht hinzugetahn. Der GroßFürst erzürnete sich hierüber heftig / ließ den Juden ins Gemach fodern / und sagete zu ihm: Du meinäidiger Schelm wer hat dir befohlen /oder die Freyheit gegeben / diesen Christen und ehrlichen Mann unbilliger Weise anzufahren / der unter meinem Schuz wohnet? und wie darfstu gegenwärtigen Ritter (auff Herkules zeigend) so frech schänden? Dieser fiel auffs leugnen; sagte / die Christen währen boshaffte verlogene Leute / und sucheten nur / wie sie fromme Juden bey der Obrigkeit verhasset macheten /daher sie des verleumdens kein Ende finden könten. Daß leugestu Bube / sagte der GroßFürst; es hat noch nie kein Christ einigen Juden bey mir angetragẽ. Herkules kunte nicht länger schweigen / machte sich an den Juden / und sagete: Du wirst / versichere dich /ohn Straffe nicht entgehen / dafern du vor erst nicht klärlich dartuhst / daß die Christen solche boshafte Leute seyn; hernach / daß ihr Gott ein Lügen-Gott sey. Ist er ein lügen Gott? Ich meine ja / er habe euch gehalten / und mit vollem masse eingeschenket / was er euch gedräuet / daß zu Jerusalem kein Stein solte über den andern bleiben: Ich meine ja / er habe seyn Blut über euch und eure Kinder kommen lassen / und euch in alle Welt zustreuet. So schicke dich nun zum beweißtuhm / oder ich werde bey meinem Gn. GFürsten der unschuldigen Christen Vorsprach seyn / und zugleich mit eifern / daß du mich vor einen hochmühtigen gescholten hast. Der Jude warff sich weit / daß er des Worts solte gedacht haben / setzete auch den Christen mit heftigen Worten zu rede; Ob er ihm diesen Ritter genennet hätte / dessen Nahme ihm ganz unbekant währe? Der Christ antwortete: Wen er gemeinet hätte / währe ihm unbewust / aber daß er sich über einen jungen Ritter ob gedachter gestalt beschweret hätte / würden ohn zweifel die Kriegsknechte bezeugen können [686] / die haussen vor dem Schloßtohr wacheten. Wie sie dann bey schleuniger Verhörung einmühtig ablegeten; der Christ währe ohngefehr vorüber gangen / da ihn der Jude angespien / schändlich außgemacht / und ob gedachte Worte daneben geführet hätte. Worüber der GroßFürst sich dermassen erzürnete / daß er befahl ihn mit Knütteln zu tödten. Weil aber Herkules und der Christ vor ihn bahten /daß ihm das Leben möchte geschenket werden / wolte der GroßFürst weiter nicht verfahren / sondern stellete Herkules frey / die Urtel nach belieben zu fellen; Der ihn vorfoderte / und zu wissen begehrete / ob ihm seine Bosheit leid währe; welcher aber nichts anders antwortete / ohn das er umb verzeihung baht / weil er nicht gewust hätte / daß er ein Christ währe. Ob ich ein oder kein Christ bin / sagte Herkules / bin ich nicht schuldig dir Buben rechenschaft zu geben; nur antworte mir auff meine Frage / ob dir leid sey oder nicht / was du wieder der Christen Gott außgespeiet hast. Der Jude sahe vor sich nider / aber kein einziges Wort kunte man aus ihm bringen / daß endlich Herkules sagete: Dieser Lästerer ist in seiner Bosheit so verhärtet / daß alle besserungs Hoffnung an ihm verlohren ist; ich bitte aber sehr / ihre Durchl. wollen ihn ungestraft gehen lassen / weil er die Obrigkeit und ihre außdrükliche Satzungen nicht beleidiget noch übertreten hat; vor das übrige wird ihn der gerechte Gott schon finden. Euer Liebe zu gefallen / sagte der GroßFürst / endere ich meinen Vorsaz; du solt aber /sagte er zu dem Juden / mit diesem Christen hin zu allen denen gehen / die du vor diesem hast beleidiget /uñ ihnen mit gebogenen Knien und gefaltenen Händen abbitte tuhn / oder ich wil dich mit deinem ganzem Hause stündlich lassen ans Kreuz heften. Der Jude versprach allen Gehorsam / sein Leben zuerretten /und ging mit dem Christen hin / da unfern vom Schlosse drey erschrökliche grosse schwarze Hunde Nordwerts herzu lieffen / und den Juden ohn einziges gebelle anfielen / in kleine Stücke zurissen / und doch nichts von ihm frassen / sondern liessen alles liegen /ohn daß sie das Eingeweide auff der Gassen zerzerreten; und ob gleich eine sehr grosse menge Volkes dabey stund / kehreten sich doch die Hunde an niemand / sondern nach verrichteter Taht lieffen sie deß Weges den sie kommen wahren / und sahe kein Mensch wo sie endlich blieben. Der Christ entsetzete sich über der göttlichen Rache / lobete seinen Heyland / daß er seine Ehr selber geschützet hatte / und kehrete wieder nach dem Schlosse / dem GroßFürsten ein solches anzumelden. Da man nun seine gegenwart der Fürstlichen Geselschaft zu wissen taht / meinetẽ sie / er würde von dem Juden auff ein neues beleidiget seyn / auff welchen Fall der GroßFürst ihm die äusserste Straffe dräuete. Des Christen erschrockenes Angesicht zeigete etwas sonderliches an / daher in Herkules fragete / worüber er sich dergestalt entsetzet hätte. Dieser gab zur Antwort: Durchleuchtigste gnädige Herren und Frauen; es hat der almächtige Gott ein ernstliches Beyspiel seiner Gerechtigkeit an dem Gotteslästerlichen Juden sehen lassen; dann als derselbe mit mir fortging / und ohn unterlaß mir zum verdrieß diese Worte mit sanfter Stimme wiederhohlete; der Christen Gott ist dannoch ein Lügen-Gott: Ich aber dagegen meine Andacht gen Himmel richtete /Gott möchte ihm diese Lästerung verzeihen / wañ ers aus unwissenheit tähte kahmen alsbald drey grausame Hunde herzu gelauffen / und zu rissen ihn in stücken /welches über zwey hundert Menschen angesehen / uñ noch beschauen / weil sie kein Bißlein von ihm gefressen / sondern alles liegen gelassen auch ohn andere weitere beschädigung [687] einiges andern Menschen davon gelauffen sind. Die Anwensende entsetzeten sich über dieser Erzählung / und gingen mit einander hin / das Wunder zu sehen; aber Herkules sagete in seinem Herzen:Gelobet seistu mein Heyland / daß du deines Nahmens Ehre gerochen / und diesem unwissenden Volke deine göttliche Krafft hast zuerkennen gegeben / und bitte dich demühtig / erhalte mich in erkäntnis deiner seligmachenden Warheit zu dem ewigen Leben. Ladisla wahr wegen dieses Wunders in seinem Gewissen ganz erschlagen / sahe mit zittern an / wie abscheulich der Jude zurissen / und alle seine Knochen zubrochen wahren / daß das Mark und Gehirn unter dem Blute vermischet lag / und sagete zu Herkules: Lieber Bruder / ich habe mit meinem ehmaligen schändlichen Gespötte wol verdienet / daß dein HErr JEsus gleiche straffen über mich kommen liesse; so hilff mir nun unsern Heyland ängstiglich bitten / daß er mir meine abscheuliche Lästerungen allergnädigst verzeihen möge / weil ichs nit aus Boßheit / sondern aus Irtuhm getahn habe. Herkules tröstete ihn in seiner Herzensangst; er solte zwar diese Begebnis wol zu gemüht fassen / aber nicht zaghafft darüber werden; währe er gleich vorhin ein Feind Gottes gewesen / und hätte lästerliche Reden aus unwissenheit wieder den Sohn Gottes außgegossen / währe ihm doch solches schon alles verzihen und vergeben / weil er diese seine Sünde bereuete / und mit rechtschaffener Busse sich hin zu dem Sündenträger gewendet hätte; nur allein solte er sich hüten / daß nach einmahl erkanter Warheit er nicht wieder abfiele / und zum Heydentuhm sich begäbe; alsdann wolte er ihm seine Seele verpfänden / das Christus Blut ihn von vorigem schon gesaubert uñ rein gewaschen hätte. Ey so wolte ich mich lieber in hundert tausend Stücken zerlegen lassen / antwortete er / ehe daß ich meinen Heyland angeben und schänden wolte. Ich lobe deinen Vorsaz /sagete Herkules / und Gott hat ein wolgefallen an demselben / du must aber deinen Heyland Herz- und täglich bitten / daß er dich hierin stärcken / und die Hand nicht von dir abzihen wolle / dann alle bestendigkeit im Glauben rühret nicht aus unser Kraft / sondern aus des heiligen Geistes Wirkung her. Den GroßFürsten und die andere Anwesende traf ein grausen wegen des Juden Unfalles / und bekenneten öffentlich / der ChristenGott währe in Warheit kein geringer Gott / daher man ihn nicht schänden / sondern unter die Zahl der wirdigsten Götter setzen müste; und solches redeten sie nach ihrer heidnischen Einfalt / weil sie ihren gefasseten Irtuhm nicht ablegen kunten. Herkules aber nam den Christen beyseit / und befahl / er solte des folgenden Morgens auff gewisse Zeit sich vor dem Schlosse finden lassen / und bey dem Bischoffe eine Christliche einfältige Predigt über die Häuptlehren / von Gottes Wesen / und seiner Barmherzigkeit / auch von Christus gnugtuhung / und dann von der Busse und Glauben bestellen / und zwar wegen seines Gesellen / der im Glauben annoch schwach und unwissend / und erst vor weniger Zeit zum Christentuhm getreten währe; Er aber wolte mit seinem Diener da gegenwärtig / das heilige Abendmahl empfangen. Der Christ / nahmens Ammonius /bestellete solches willig / aber als er des folgenden Morgens sehr früh sich nach dem Schlosse verfügete /den unsern solches anzumelden / ward er von etlichen vermummeten Männern / welche aus einer Nebengasse unvermuhtlich hervor sprungen verfolget / und weil er gerader Füsse wahr / daß sie ihn nicht erhaschen kunten / wurffen sie mit Steinen weidlich auff ihn / daß er an der rechten Schulter hart gnug beschädiget ward / doch entging er ihnen / kam bey dem Schloßtohr an / und klagete [688] den wachenden Kriegsknechten daselbst / was ihm begegnet wahr / uñ er nicht anders muhtmassen könte / als daß es Juden seyn müsten. Weil sie dann solches mit Augen selbst gesehen hatten / gingen ihrer etliche loß / die Gewalttähter zu erhaschen / deren sechse wahren /aber nur zween von ihnen ertappet und dem Hauptman übergeben wurden / welcher alsbald alles an den GroßFürsten gelangen ließ / der in grossem Eifer Herkules und Ladisla zu sich foderte / und dem Christen Ammonius / nach dem er verbunden wahr / befahl /alles zuerzählen. Die beyden Gefangenen wurden dar auff vorgefodert / und unter der bedräuung der grausamesten Pein / absonderlich verhöret / da der eine aus Furcht / die Warheit bekennete / es hätte die ehrliche Judischeit dieser Stad sich gestern Abend verbunden /nicht zu ruhen / ehe dañ der Zäuberer Ammonius von ihnen getödtet währe / welcher durch des Teuffels Hülffe den ehrlichen und beständigen Juden Eleasar so schändlich umbgebracht hätte. Der GroßFürst fragete nach den Redelsführern / bey deren benennung dieser sehr unbestendig redete / daher er samt seinem Gesellen auff die Folter gelegt / und alles aus ihnen gebracht ward. Kaum wahr die befragung geschehen /da zeigete ein Auffwarter an / es währen in die 100 Juden vor dem Schlosse / und hielten demühtig an /daß der GroßFürst sie gnädigst hören möchte. Er stellete alles mit Herkules und Ladisla in Raht / und ließ sie alle in den Vorplaz kommen / da sie von 200 Kriegsknechten umbgeben wurden. Herkules ging zu ihnen hin / und zeigete an / daß GroßFürstl. Durchl. sie hören wolte / jedoch daß sie zuvor zehn auff dem Zettel benennete vor seine Durchl. allein solten treten lassen. Sie merketen daraus / daß die Sache schon verrahten wahr / und begehrten Bedenkzeit / welches ihnen Herkules verweißlich auffrückete / und ihnen riet / sich ja gehorsam zubezeigen; worauff die begehreten mit gingen / sahen die beyden Gefangenen in elender gestalt zur Seite sitzen / weil sie wegen der Folterungsschmerzen nicht stehen kunten / uñ erschraken darüber daß sie erzitterten. Des Großfürsten geheimer Schreiber fragete sie aus der Uhrgicht / ob nicht ihrer viere mit den zween Gefangenen in vermummeter gestalt den Christen Ammonius verfolget hätten. Vors ander: Ob nicht die übrigen sechse den Anschlag über Ammonius gemacht / und daß sie ihn vor einen Zäuberer angeben wolten / damit ihre Sache desto scheinbahrer / und der Christ getödtet werden möchte. Die viere kunten ihre Taht nicht leugnen; die sechs übrigen zeigeten an / daß sie als Vorsteher ihres Volkes sich der Sache billich angeno en hätten /ihrer aller Ehre zu retten. Sie wurden darauff absonderlich allezehne befraget / ob die sechs vermu ete mit vorbewust / und aus geheiß der sechs Vorsteher dem Christen Ammonius zugesezt hätten; welches die Verfolger mit schlechtem ja; die andern aber mit unbestendiger Rede beantworteten / biß ihnẽ die Peinigung angesaget ward / und sie darauff mit einstimmeten; daher sie alle 12 hinab geführet wurden / und der geheime Schreiber diese Urtel vor allen Juden ablase: Demnach gegenwärtige 12 Juden den gemeinen Frieden gebrochen / und einen frommen unschuldigen Einwohner dieser Stad auff freier Gassen biß an das GroßFürstliche Schloß mit Stein-werffen verfolget /des Vorsatzes / denselben vom Leben zum tode zu bringen / wodurch sie ihre Obrigkeit selbst geschändet / und unerhörter Sache eine vermeinete Rache anstellen wollen / die ihnen keines Weges zustunde / ob sie gleich von dem verfolgeten (welches doch nicht geschehen) beleidiget währen; so hätte der GroßFürst beschlossen an [689] diesen 12 verbrechern ein Beyspiel sehen zu lassen / durch welches andere ihres gleichen / uñ jedermänniglich von dergleichen offenbahren Mordtaht abgeschrecket würde; wurden also dieselben hiemit und Kraft dieses verurteilet / daß sie alsbald solten gegeisselt und lebendig an Kreuze mit Nageln auffgehenket werden / unter der verwahrung / daß /wer vor sie eine Vorbitte einlegen würde / eben solcher Straffe solte unterworffen seyn. Den unschuldigen Christen Ammonius (dafern man nicht volgültigen Beweißtuhm führen würde / daß er ein Zäuberer währe) hätte der GroßFürst unter seinen sonderbahren Schuz und Schirm genommen / also und dergestalt /daß / wo einziger Jude durch sich selbst oder durch andere / mit Worten oder Werken / ihn würde beleidigen / solten alle Anwesende 90 Juden mit der Kreuzigung bestraffet / ihre Weiber und Kinder Leibeigen gemacht / und alle ihre Güter der GroßFürstl. Schazkammer eingeliefert werden; wie dann der 12 verurteileten ihre Güter der hohen Obrigkeit verfallen währen / davon der unschuldige Ammonius den zehenden Teil / das übrige der GroßFürst zu sich nehmen würde. Die Juden ingesamt erschraken der Urtel zum höchsten / fielen alle miteinander nider zu der Erden / uñ trieben ein jämmerliches Geheule / aber es wahr keine Gnade zuerhalten; Die verdammeten wurden alsbald hinaus geführet / mit denen Herkules ritte / ob er ihrer etliche zum Christlichen Glauben bekehren möchte / und weil es vergebens wahr / machte er sich wieder zurücke / und wolte der Volstreckung nicht beywohnen. Die übrigen neunzig Juden begaben sich nach hauß ohn getahne Vorbitte / damit sie nicht in gleiche Straffe fallen möchten / und ward hiedurch Ammonius und der ganzen Christenheit Ruhe und Friede vor den Juden geschafft weil diese in den Wahn gerieten / der GroßFürst selber währe ein Christ worden. Herkules samt Ladisla / Leches / Gallus und Plautus gingen mit Ammonius hin zu der Christlichẽ Versamlung / in eines Rahtsherrn Haus /welcher ein heimlicher Christ wahr / und die unsern sehr ehrerbietig empfing / auch sie auff einen wolgezierten Saal führete / woselbst der Christliche Bischoff ein ansehnlicher eißgrauer Mann / vor einem erhabenen Tische stund / auff welchem er Brod und Wein / und daneben die Heilige Schrifft Gottes liegen hatte. Er hieß die anwesende wilko en / und weil er verstund / dz sie Fremdlinge / der Lateinischen Sprache erfahren wahren / hielt er in derselben anfangs eine kurze Vermahnung zur Andacht / laß aus dem dritten Kapittel des Evangelisten Johañes / den sechszehnden Vers /Also hat Gott die Welt geliebet / etc. in dessen Erklärung er die oben berührte Hauptstücke so klar und deutlich einführete / und innerhalb drey Stunden vollendete / daß Herkules gestund / er hätte des Lehrers gleichen von Gaben und Geschikligkeit noch nie gehöret. Ladisla wahr in seiner Andacht so inbrünstig / daß er als ein verzücketer saß / uñ zum offtern seine BußTrähnen fallen ließ / insonderheit / da die Lehre von Gottes Barmherzigkeit erkläret ward /und der Bischoff die Geschichten der Kinder Israel in der Wüsten kürzlich durchlief / wie offt dieselben ihren Gott durch Abgötterey / Ungehorsam und Widerspenstigkeit erzürnet hätten / dannoch aber unser GOtt durch Mose Vorbitte sich zur gnade wenden lassen / und mit den Ubertretern geduld gehabt; nachgehends zeigete er eben solche fälle aus dem Buch der Richter / und meldete zur Lehre / daß Gott offtmahl eines ungläubigen Menschen schonete / wegen der Vorbitte eines gläubigen Christen / welches Ladisla auff sich und Herkules fein auszudeuten wuste; auch sich durch des Lehrers [690] Schluß trefflich getröstet befand / daß obschon etliche vorwitzige sich bemüheten / zuerfahrẽ / worin eigentlich Gottes Wesen und Hocheit bestünde; was er getahn hätte / und wo er gewesen währe / ehe er die Welt erschaffen; so wolte er doch mit allen einfältig-Gläubigen in steter Verwunderung bleiben / daß Gott so voll und reich von Barmherzigkeit und Gnade währe / und seinem ungehorsamen mutwilligen Geschöpff diese Gnade und unaussprechliche Liebe erzeiget / daß er seinen ewigen einigen Sohn umb ihret willen mit Fleisch und Blut bekleidet / und in den schmerzhafftesten Tod des Kreuzes dahin gegeben hätte. Leches wuste anfangs nicht / was dieses bedeuten solte / dann er wahr des Christentuhms im geringsten nicht unterrichtet; nicht desto weniger lenkete ihn der Heilige Geist / daß er sich bald schickete / diesen Glauben anzunehmen. Nach geendigter Predigt / da Herkules und Gallus mit etlichen andern anwesenden das Heilige Abendmahl empfangen woltẽ / nam Ladisla mit etlichen anderen ungetaufften Christen einen Abtrit / und ließ sich nachgehends unterrichten / was dieses vor eine Speisung währe / deren kein ander / als nur die getauffte Christen zugeniessen hätten / daß nemlich alhier zwar nur Brod uñ Wein gesehen und geschmecket würde /aber es hätte unser Heyland krafft seines Wortes es also geordnet / daß wann ein Mensch das gesegnete Brod ässe / und diesen gesegneten Wein trünke / so ässe und trünke man zugleich auch seinen Leib und sein Blut / wie es der Sohn Gottes selbst also hätte verordnet und eingesetzet / welches uns dienete zu unsers Glaubens stärkung / und zur Versicherung unser Seligkeit / wañ wirs in Christlicher Andacht und mit reinem Herzen empfingen; Weil es aber nur den getaufften Christen könte zuteil werden / möchte er sich daran nicht ärgern / und der Zeit seiner Tauffe abwarten. Was ärgern? sagete Ladisla; ich achte mich schon unwirdig / den Trost Gottes aus seinem Wort anzuhören / wie solte ich dann so verwägen seyn / und solcher hochheiligen Speise begehren? Wendete sich hierauff zu dem Bischoff / und sagete: Ehrwürdiger Vater / vor die deutliche Unterrichtung in der heiligen Lehre / und erteileten starken Seelentrost bedanke ich mich sehr / und bitte / mir ein Büchlein mitzuteilen /in welchem dieser seligmachende Glaube kurz und einfältig verfasset ist; Der Bischoff wahr willig / und ließ jedem ein kleines Büchlein reichen / in welchem der kurze Glaubens-begriff enthalten wahr. Leches fragete / womit das Büchlein bezahlet würde / uñ vernam / daß mans den armen gerne umsonst zukommen liesse / die Haabseligen aber gäben davor nach ihrem belieben / welches zur Unterhaltung der Knaben und Jünglinge angewendet würde / die täglich gewisse Stunden in Abschreibung dieser und anderer Christlichen Bücher zubringen müsten. Ladisla ließ dem Bischoff sein dankwilliges Gemüht sehẽ / indem er ihm andeutete: Er wolte noch heut ihm 12000 Kronen lassen einreichen / die auff Rente gelegt / und in drey gleiche Teile / zum Unterhalt der Lehrer; der Witwen und Wäysen / und der Bücher-Abschreiber solten angewendet werden. Leches stellete ihm einen Ring von 200 Kronen zu / und gleich so viel Baarschafft; Gallus 150 Kronen / und Plautus 40 Kronen / bekahmen jeder ein Büchlein / und nahmen damit Abscheid /nachdem Herkules 1000 Kronen versprochen / und Ladisla der Kirchen Vorbitte sich befohlen hatte. Weil die unsern in dieser gottseligen übung wahren /ging das Stechen wieder an / und als der GroßFürst auff die unsern wartete / zeigete ihm Mazeus an / er hätte vernommen / daß sie durch das gestrige Zauberwerk etwas entrüstet wären / und nicht willens / dem Stechen heut beyzuwohnen [691] / aus furcht / es möchte sich desgleichen mehr zutragen. Also zog der GroßFürst ohn weiteres nachfragen mit den seinẽ hinaus /und ließ anfangs ausruffen / dafern ein boshaffter Zäuberer heut wiederumb etwas anrichten würde /solten alle Zäuberer / so viel man deren in seinem Lande antreffen würde / zum Feur verurteilet werden; und meynete jederman / daß hiedurch der Bube währe abgeschrecket worden / weil sich dessen nichts merken ließ. Die Kreuzigung der Juden wahr gleich an dem Wege verrichtet / dahin der GroßFürst mjt den seinen zog / und trieben dieselben nicht allein ein jämmerliches Angstgeschrey / sondern auch vielfältige Lästerungen wider den Sohn Gottes / zappelten den ganzen Tag am Kreuz / biß sie gegen Abend auff Herkules Vorbitte mit Pfeilen tod geschossen wurdẽ. Gleich zu endigung des Stechens kahmen die unsern bey dem GroßFürsten an / da ihm Herkules zuverstehen gab / er hätte mit den seinen heut in aller stille ihm als ein Christ lassen seinen Gottesdienst halten /hoffete / es würde seiner Durchl. nicht zuwider seyn. Aber der GroßFürst beschwerete sich der Entschuldigung / vorwendend / er hätte Ihrer Liebe bey ihrer Ankunft alle Freyheit / nach willen zuhandeln / zugestellet / wobey es sein auffrichtiges verbleiben hätte / zugeschweigen / daß jedem fremden seine Götter billich müsten gegönnet werden. Als die Speisen auffgehoben wahren / stund Herkules auff / und mit entblössetem Häupte fing er diese Rede an: Großmächtiger GroßFürst / gnädiger Herr; die überaus grosse und recht väterliche Hulde und Freundschafft / welche Eure Durchl. wie nicht weniger die Durchleuchtigste Großfürstin / mir zeit meiner Anwesenheit erzeiget /bin ich schuldig / als lange ich lebe / zurühmen /erkeñe mich davor allerdinge verpflichtet / und werde mich bemühen / wo nicht wirklich / doch durch möglichste Zeichen / ein dankbegieriges Herz sehen zulassen. Nun wissen Ihre Durchll. ohn mein eriñern / aus was Ursachen ich die beschwerliche Reise über Meer / biß an diesen Ort fortgesetzet habe / und daß mir gebühren wil / keine gelegenheit zuverabseumen / die meinem Vorhaben ichtwas kan zuträglich seyn; bitte demnach von herzen / mein höchstgeneigeter Herr Vater und Fr. Mutter (wovor ich sie zeit meines Lebens ehren wil) wollen mir gnädig erläuben / meine Reise samt meinem Bruder Ladisla ohn weiteres auffschieben nähstfolgendes Tages fortzusetzen / damit ich meinem vorgestekten Ziel näher treten möge /umb zuversuchen / wie weit solches zuerreichen / der Barmherzigkeit Gottes gefallen werde; und weil mein geliebter Bruder / der imgleichen Euren Durchll. sich als ein gehorsamer Sohn und bereitwilligster Diener darbeut / eben des vorhabens mit mir ist / habe in unser beyder Namen ich diese Bitte vortragen wollen /nit zweifelnd / ihre Durchll. werden / in betrachtung der SachenWichtigkeit / uns gnädig und willig erlassen; fassete hierauff des GroßFürsten Hand / dieselbe zuküssen / welcher ihm aber vorkam / und ihn ganz väterlich umfing / nachgehends also antwortete: Hochwerte Herrẽ / und (welches wegen der mir gegebenen Freyheit ich von herzen rede) allerliebste Söhne; köñen sie in ansehung unser vertraulichen Freundschaft auch den allergeringsten Gedanken wol fassen / daß mit gefahr der trefflichen Fräulein / meiner herzgeliebeten Fräulein Tochter / ich sie eine Stunde / ja einen einzigen Augenblik auffhalten / und nicht vielmehr sagen wolte: Auff / und zu Pferde /damit nichts verseumet werde / was man hernach mit keinem Gelde lösen kan. O nein / ihr meine wahre HerzensFreunde; ist mir gleich eure gegenwart genehme / so sehe ich doch mehr auff eure Wolfahrt / als auff meine Vergnügung. Nun [692] weiß ich aber sicherlich / daß ein geringes verweilen eurem vorhaben vorträglicher ist / als die schleunige Eilfärtigkeit; dann euren Liebden ist ohn mein erinnern bewust / daß man auf den erst-eingesperreten Vogel viel genauer acht gibt /als auff den schon gewehneten. Lasset / bitte ich / den ohn das argwöhnischen König etwas sicher werden /dann ist ihm sein Herz zu nehmen / aber doch mehr durch List als Gewalt. Erzählete darauff / wie fleissig das Fräulein von einer Besatzung lauter Verschnittener bewachet würde / so daß kein Mannesbilde / ohn sonderbahre Königliche Erlaubniß zu ihr kommen möchte. Und was gilts / sagte er / wo nicht Eurer Liebe ich den Weg / zu ihr zukommen / bahnen muß? so folget mir nun / bitte ich / und zihet diesen meinen Raht nicht in Argwohn / gönnet mir auch zugleich /da ihr mich Vaters wirdiget / eurer Liebe bessere Kundschafft. Herkules bedankete sich der väterlichen Gewogenheit / und antwortete mit wenigem: Es währe unnöhtig / ihre Durchl. zueriñern / daß man ehe zuspäht als zu früh kähme; Sie wolten sich zu Charas schon wissen eingezogẽ zuhalten / daß durch Unvorsichtigkeit das ganze Wesen nicht übern hauffen gestossen würde; währen nicht desto weniger willens /bey ihrem Gn. Herr Vater sich noch etliche Tage auffzuhalten / weil seinem väterlichen Herzen es also gefiele; im übrigen bähten sie / seine Durchl. wolte alle mahl die hohe gewogenheit fortsetzen / als dessen Raht und Hülffe ihr Vorhaben mehr als alles ihr Vermögen / befodern könte / daher sie auch nähst Gott sich auf seinen Beystand verliessen. Der GroßFürst wahr mit diesem erbieten friedlich / und übete Herkules den jungen Medischen Fürsten Arbianes im reiten / rennen / stechen / fechten / springen und ringen / daß er in geringer Zeit mehr von ihm fassete / als er sonst sein lebelang nicht würde gelernet haben / weil insonderheit er etliche böse Stükchen im reiten angewähnet hatte / die ihm zu allen ritterlichen übungen sehr schädlich wahren.

Unsere Herkuliska ward inzwischen in ihrem Schlosse als in einem Kefig verwahret / da es ihr an königlicher Verpflegung nicht mangelte / nur daß sie ausserhalb Schlosses nicht kommen durfte / hatte auch keinen Menschen umb sich / mit dem sie vertraulich reden mögen; so durfte Timokles nicht zu ihr kommen / ja nicht eins sich merken lassen / daß er ihr zugehörete / sondern ihrem Befehl nach / hielt er sich in einer Herberge auff / nicht weit vom Schlosse / als einer der etwas zu sehen / sein Geld verzehrete. Er lebete kärglich / hielt nur einen Diener zu Fusse / und ein Pferd auff der Streu / wolte auch von seinem Wirte nicht herlich gespeiset seyn / dem er aber reichlich zahlete / und seinen Kindern / deren er ein zimliches Häuflein hatte / fast täglich geschenke und nottürftige Kleider gab / wodurch er sich sehr beliebt machete. Pharnabazus hatte ihm angezeiget / der Fräulein Befehl währe / daß er auff den Fall / ihr Herkules Ankunfft mit einem weissen / Ladisla gegenwart mit einem rohten Tüchlein in der Hand / solte bezeichnen / da aber nur Botschaft von ihnen kähme /solte er die gute mit gelber; die traurige mit blauer Farbe andeuten. Anfangs wolte das Frauenzimmer sich zu gemein mit ihr machen / dem sie bald vorbauete / uñ ein sonderliches Gemach wählete / auff welches niemand ungefodert durfte zu ihr kommen /daher sie es die verbotene Stube nennete. Ihr Ansehen zuerhalten / wählete sie aus den zwölf Jungfern eine Leibdienerin / nahmens Aspasia / und unter den vier Frauen eine Hofmeisterin / Fr. Sysigambis; verteilete je viere uñ viere in ein Gemach / welche täglich zwo Stunden in dem grossen Saal zusammen kommen /und rechenschaft geben musten / was sie gewirket /gesticket [693] oder genähet hatten / dann sie wolte ihnen durchaus keinen Müssiggang verstatten. Weil sie auch etliche etwas leichtsinnig seyn spürete / gab sie nicht allein jedem Teil Jungfern eine Frau zur Auffseherin zu / sondern versetzete sie stets umb den andern Tag / welches sie so bund zu karten wuste / dz die ganze Zeit über sie nit wieder auff ein Gemach kamen / die einmahl beyeinander gewest wahren. Hiedurch erhielt sie ihr Frauenzimmer in gehorsam / Furcht /Fleiß und Frömmigkeit / und daß sie nicht anders als fremde miteinander lebeten; Ja sie wuste auff Begebenheit sich dergestalt in ihre Gemühter einzuschlingen / daß sie einer jeden Art und Begierden völlig erkennete. Inzwischen hielt sie sich gegen alle so züchtig / daß sie sich von keiner einzigen an etwa ihrem Leibe nacket sehen ließ / so gar / das ihr ganzes Frauenzimmer zweiffelte / ob sie ein Fräulein oder Jüngling währe / weil sie anfangs sich in Mannes Gestalt angegeben hatte. Ihre Ubung wahr mannigfaltig / vor erst hatte sie einen kleinen Wagen mit zwey Pferden /mit welchem sie im Schloßplatze zu rennen pflag /daß sie den Wagen zu wenden treflich fertig ward. Dabey hatte sie ein Reitpferd / welches auch täglich muste getummelt seyn. Unter ihrer Besatzung wahren etliche geūbete Fechter / die ihr mannichen Streich ablerneten. Pfeil und Bogen gebrauchete sie am meisten; so erlustigete sie sich nicht wenig mit der Angelruhte / wann sie auff der hohen Maur mit verdecketem Angesicht saß / und aus dem tieffen Graben die köstlichsten Fische fing und zu ihr hinauff zog. Zu zeiten erzählete sie ihrem Frauenzimmer / was vor Unglük sie schon erlebet und auff der Reise außgestanden /wodurch sie ihnen manniche mitleidens Trähnen hervorlockete. Auch muste ihr der König einen Altar bauen lassen / gab vor / ihr gelübde erfoderte solches / daß sie der Göttin Vesta den täglichen Weihrauch opffern müste. Der König hingegen wuste seine Freude nit zu mässigen / dz er ein Fräulein nach allem Wunsch angetroffen hatte / rühmete solches so Schrift- als mündlich bey seinen Fürsten und Gewaltigen / und daß ihm ein sonderlich angenehmer Wille geschähe / wer ihm hülffe sein Fräulein ehren. Was nun dieses nach sich führete / wahr leicht außzulegen / daher fast kein Beamter wahr / der nicht ein köstliches Geschenk nach vermögen eingeschikt hätte / mit untertähnigster Bitte / ihre GroßKönigl. Hocheit möchte durch ihr hochvermögen dem undüchtigen Geschenk die Wirdigkeit erteilen / dz es dem unvergleichlichẽ Fräulein / als ihrer schier-künftigen GroßKönigin dürffte eingeliefert werden; und dieses tahten nicht allein die geträuen Diener / sondern auch die Fürsten so sich wieder ihn heimlich verbunden hatten / umb Argwohn zuvermeiden / triebens am eiferigsten / daß sie wol aus den abgelegensten Indien die kostbahresten Sachen bringen liessen / und dem Fräulein zuschicketen / welches alles der König zu sich nam /und hernach durch ihre Hofmeisterin nebest den beygefügeten Schreiben ihr zustellen ließ; daher sie Zeit ihrer Anwesenheit zu Charas einen solchen Schaz samlete / welcher sich auff viel Tonnen Goldes belieff / daß wann sie so nidriges gemühts gewesen / und durch schenkungen hätte können geblendet werden /sie ihren Herkules wol hätte auffgegeben; aber ihre tugendhafte Seele hielt solches alles vor Koht und eitel; ja sie hätte es mit keinem Auge angesehen / noch mit Händen berühret / da sie des Königes Ungnade nicht zubefürchten gehabt. Also muste sie sich in die Zeit schicken / wie ihr treflicher Verstand sie darzu statlich anführete / daß sie auff einliefferung dem Könige allemahl einen Dankbrieff zuschickete / in welchem sie doch so behutsam ging / daß sie ihn weder [694] an ihrer Liebe zweifeln machete / noch zu einiger Begierdesreizung gelegenheit gab. Ihr verbohtenes Gemach wahr Westwerts gelegen / und kunte sie durchs Erker-Fenster diese ganze Seite außwendig übersehen / woselbst Timokles nach ihrem Befehl sich täglich zubestimmeter Zeit anfand / daß nicht allein sie ihn / sondern er sie auch im Fenster wol sehen und erkennen kunte. Uber vorigem anmelden durch die Farben /hatte sie ihm noch befehlen lassen / da etwas hochwichtiges vorgehen würde / welches ihr zu wissen nöhtig / solte er ihr solches zuschreiben / und den Brieff in einem hohlen Pfeile überschiessen / worzu sie ihm den Ort früh genug bezeichnen wolte. Nachdem sie nun über einen Monat lang nach ihrem Herkules umsonst aussahe / machte diese Verzögerung /oder vielmehr der Zweifel seiner Ankunfft ihrem Gemüht nicht geringe Sorgen / welche sich in ihr innerstes senketen / dz ihr anfangs die Lust zur Speise vergieng / und fast einen steten Durst empfand / welchen sie auch bißweilen zu Nachtzeiten mit einem Labetrunk stillen muste / daher ihre Schönheit sich umb ein grosses ringerte / welches ihr Frauenzimmer mit höchstem Kummer empfunden / und sie untertähnigst bahten / ob sie ein Anliegen oder Leibesschwacheit merkete / möchte sie es beyzeiten offenbahren / daß ihr könte raht geschaffet werden; entstünde es aber aus Betrübniß des Gemühts / würde sie ihrem göttlichen Verstande nach sich dessen schon wissen zuentschlagen / und sich dem zu Trost und Ergetzung zuerhalten / der sie mehr als seine Seele liebete. Ja / antwortete sie / wann ich hierauff nicht bedacht währe /hätten mich die Würmer schon verzehret; Ihr sollet euch aber meinet wegen nicht bekümmern / dann ich weiß / daß es mit mir nicht noht zum Tode hat. Das Frauenzimmer empfand hiedurch etwas Trostes / welches doch nicht lange wehrete; dann des folgenden Tages fiel sie ein hitziges Fieber / welches dem Könige bald kund getahn ward / welcher dessen heftig erschrak / und die vornehmsten Aerzte der Stad versamlẽ ließ / mit eiferiger Bedräuung / dafern sie nit Raht schaffen / und dem Fräulein zu voriger Gesundheit verhelffen würden / müste es ihnen das Leben kosten. Der erfahrneste unter ihnen gab dem Könige zur Antwort: Er / neben seinen zugeordneten wolten allen menschlichen Fleiß anwenden und spüren lassen /auch verhoffentlich mit der Arzney gutes wirken / da fern ihm und etlichen anderen nur würde vergönnet seyn / dem Königlichen Fräulein 24 Stunden aneinander auffzuwarten / daß man der Krankheit Art / Hefftigkeit / Abwechselung und Ursachen nachsuchen könte. Der König ließ ihnen solches gerne zu / und durffte das Fräulein nicht widersprechen / wiewol sie ihnen an ihrem Leibe nichts mehr gestattete / als die SchlagAdern an den Armen zubegreiffen / uñ auff ihren Athem / Hände- und Angesichts-Hitze zuachten; stellete sich sonsten frisch / ob empfünde sie weder Anliegen noch Schmerzen / welches die Aerzte doch aus den Zeichen anders befunden / die nach verlauff der berahmeten Stunden sich wieder nach dem Könige verfügeten / da der vorige also redete: Allergroßmächtigster unüberwindlichster König / allergnädigster Herr; die gütigen LebensGötter werden nicht zugeben / dz die unvergleichliche Blume menschliches Geschlechts (billich nenne ich dieses Königliche Fräulein also) vergehen solte / noch ehe sie sich recht aufgetahn / und Ihrer GroßKönigl. Hocheit die Niessung eingeliefert hat / deren sonst kein Mensch dieser Welt fähig ist / und dahero durch der Götter Verhängniß nohtwendig hat müssen hieher geführet werdẽ. Sol ich nun mein bedenken von ihrer Krankheit geben / so ist dieselbe zwar geährlich / jedoch nit verzweifelt-böse /[695] kan auch durch sorgfältige Arzney vertrieben werden /wann nur dz Königl. Frl. nit selbst durch schwermuht erstickẽ wird / wz der Hi el gerne erhaltẽ wil. Alle Zeichen / die ein Arzt wissen uñ suchẽ kan / so weit es vergöñet ist / geben Zeugniß eines wolgeseztẽ gesundẽ Leibes; Lunge uñ Leber / Milz uñ Nieren sind gewünscht volko en / nur dz Herz leidet Noht / wiewol nit durch mangel / sondern wegen Gemütsbekü ernis / so dz auch das Geblüt schon davon geärgert /und in etwas angangen ist. Aber ihre Hocheit wenden jeztangedeutete Ursach der Krankheit allergnädigst ab / welches deroselben leicht wird zu tuhn seyn; vor das übrige wil ich stehen. Artabanus wolte anfangs nicht gläuben / das sein Fräulein durch Schwermuht diese Krankheit ihr solte zugezogen haben; jedoch / weil die Aerzte es einhellig bejaheten / fragete er / durch was Mittel sie meineten / daß solche von ihr könte abgekehret werden. Wann ihr Anliegen mir bewust währe / antwortete der vorige / müste man weiter sinnen / dem Gemühts-Ubel zubegegnen; solte ich aber meine Gedanken zu öffnen Freyheit haben / wolte ich fast schwörẽ / biß auff dreyerley zuerrrahtẽ / was ihr diese Seelen-beschwerung verursache. Als nun der König solches von ihm in geheim hören wolte / uñ mit ihm in ein absonderliches Gemach trat / fuhr der Arzt weiter also fort: Ihre GKönigl. Hochheit werden mir recht geben / ja mit mir schon einer Meinung seyn / daß das Fräulein entweder die Abwesenheit von ihren Eltern und Anverwanten; oder ihre harte Einsperrung; oder sonst eine künftige Wiederwertigkeit /welche sie befahret und nicht melden darf / in ihrem Herzen betrauret; umb diese dreyerley muß man sie befragen / nebest anmeldung / so bald sie genesen werde / solte ihrem Begehren gewilfahret / und die Wiedrigkeit aus dem Wege geräumet werden. Hiedurch wird die Hoffnung alle Traurigkeit vertreiben /und die Feymühtigkeit unsere Arzney nach Wunsch wircken machen; im Falle aber dieses nit helffen wolte / müste man sie mit etwas bedräuen / daß ihr am heftigsten zuwieder währe. Artabanus hörete ihm fleissig zu / lobete seinen guten Verstand / und befahl ihm / dieses nach seiner besten Weißheit zuverrichten / welches mit hoher Gnade solte ersetzet werden. Die übrigen Aerzte / deren 25 wahren / wurden beurlaubet / und jedem 1000 Kronen gegeben / nur der eine nam die Mühe auff sich / ging hin zu dem Fräulein / und wie er dann gnug beredsam wahr / fing er also zu ihr an: Durchleuchtigstes gnädigstes Fräulein; ihre GroßKönigl. Hocheit entbieten ihrer Durchl. alle Gnade und Liebe / und weil dieselbe von den Aerzten berichtet sind / daß ihrer Durchl. Krankheit nur aus Kummer und betrübnis hervor quelle / als lässet allerhöchstgedachte ihre Hocheit / dieselbe väterlich erinnern / sich alles grämens zu entschlagen / und nur kühnlich anzudeuten / was die Ursach ihres hermens sey; alsdann wollen sie äusserst sich bemühen / solches zu endern. Insonderheit ist mir allergnädigst anbefohlen / diese dreyerley zu erfragen; erstlich / ob ihre Durchl. nach ihrer Fr. Mutter verlangen trage /solle alsbald eine ansehnliche Bohtschaft an dieselbe abgeschicket werden; oder ob derselben diese Einsamkeit mißhage / wolle der GKönig sie auff sein Schloß nehmen; oder ob sie sich einiges wiedrigen befahre / solle ihr satsame Versicherung geschehen /daß alle Furcht vergebens sey. Ist nun / daß ihre Durchl. Königlicher Hocheit hierin gehorsamen / und meine Wenigkeit zum untertähnigsten Knecht zugebrauchen / wirdigen wil / wolle dieselbe mir gnädigst anzeigen und befehlen / was ihre Erklärung / und meine verrichtung sey. Das Fräulein hatte dieses FuchsesSchlauheit schon gestriges tages gemerket /[696] und wie sie sich des ärgesten befürchtete / ging sie sehr behutsam / da sie anfangs zu ihm sagete: Mein Freund / ich schätze euch über alle Aerzte / die leben mögen / inbetrachtung / daß ihr nicht allein meines Leibes / sondern auch des gemühts Gebrechen habt erkennen können; welches trauen eine anzeige ist eines treflichen verstandes; und lobe ich meinen König sehr / daß er sich eures Rahts gebrauchet; ja ich schätze ihn vor glükselig / daß ihm die Götter euch gegönnet und zugeführet haben. Die drey mir vorgestellete Fragen zubeantworten / bin ich nicht allein willig / sondern auch schuldig / meinem allergnädigsten Könige zugehorsamen; gebe euch demnach zuvernehmen / daß es nicht allerdinge ohn ist / das mein Gemüht etliche Tage her harte und schwere anfechtungen erlittẽ / welche unleidlicher sind als der Tod; daß aber hierin die ganze Ursach meiner Leibesschwacheit bestehen solte / kan ich mir nicht einbilden / und doch euch nicht vor übel halten / daß ihr solche nicht wisset. Betrachtet bitte ich / daß ich dem Leibe nach ein junges / zartes und schwaches Fräulein bin; dagegen haltet nicht allein / daß ich zu dreyen unterschiedlichen mahlen in Räuber Hände gefallen /sondern über Meer und Land in die 800 Meile geschleppet bin; wie manniches ungewöhnliches Gewitter habe ich erlitten; wie heftige Hitze hat mich gebrennet; wie mannichen ungesunden Trunk habe ich eingeschlukt; wie oft ist mir die nöhtige Ruhe gestöret worden. Suchet nun / mein Freund / suchet meiner Krankheit Ursach; ihr werdet deren zehne vor eine finden. Jedoch leugne ich nicht / daß meines gemühtes Leiden auch der Gesundheit meines Leibes abbruch tuhe; aber diß eine Pferd trecket den Unglükswagen nicht allein / ihr werdet ein starkes Span davor gestricket sehen. So wil ich nun auff eure Rede kommen / da mein König zu wissen begehret / was meine Gedanken ängstige. Vermeldet seiner Hocheit dẽ äussersten Gehorsam von seiner armẽ Magd / die er an zeitlichen Gütern in dieser kurzen Zeit reicher gemacht hat / als alle ihre VorEltern nicht gewesen sind / und versichert dieselbe wegen der ersten Frage / daß ich nicht Ursach habe / nach meiner Fr. Mutter oder nach meinem Vaterlande verlangen zutragen / so lange derselbe nicht darinnen ist / welchen ich mehr als mich selbst liebe / wegen der Liebe die er mir träget. Auch suche ich nicht / die vorige Armut mit dem jetzigen Reichtuhm wieder zuvertauschen, wolte aber ihre Hocheit meiner betrübten Fr. Mutter nach diesem meine Glükseligkeit zuwissen tuhn / wil ich nicht wiedersprechen. Auff die andere Frage antworte ich mit Bestendigkeit / daß diese meine Einsamkeit und Verwahrung mir die aller angenehmste Freyheit sey /die mir dieser Zeit Gelegenheit nach begegnen könte /werde auch ohn zweiffel des todes seyn / dafern man mich derselben beraubet. Wollet ihr nun euer äusserstes Unglük von euch abwenden / und daß ich nicht dereins mich grausam an euch rächen sol / so tichtet und erdenket Raht und Mittel / daß weder ihr noch einiger Mensch meinen König dahin verleite / mich von diesem Schlosse hinweg auff seines zunehmen / wie ihr dann durch vorwendung mannicher Ursachen es leicht hintertreiben könnet; und warumb ich dieses so hefftig begehre / wird euch aus meiner Antwort auff die dritte Frage klar genug werden. Es ist wahr / fuhr sie fort / daß mich eine Furcht der künftigen Wiederwertigkeit drücket / welche ich bißher keinem Men schen offenbahren dürffen / stehe auch noch diese Stunde bey mir an / ob ichs ohn Lebensgefahr werde tuhn können; dann es ist die grösseste Angst meiner Seele / uñ bin entschlossen gewest / es mit mir in die Grube zu nehmen; wiewol meinem [697] Könige zugehorsamen / wil ichs euch alles ausbeichten. Hat mein König euch noch nicht wissen lassen / was gestalt ich der ernstlich-gerechten Göttin Vesta / biß zum Ende meines siebenzehnden Jahrs verlobet bin? so höret es anjezt aus meinem Munde. Merket nun weiter meine Rede / und zweifelt so wenig an der Warheit / als an meines Leibes jetzigem Gebrechen. Ich erzittere vor der Erzählung / und zweifele / ob nicht diese Göttin mir deswegen gehässiger werde / als sie schon ist. Vor ohngefehr drey Wochen (so lange hat mein Frauenzimmer meine merkliche Verenderung gespüret) lag ich im tieffen Schlaffe / eine Stunde vor Tage / als die saursichtige Göttin Vesta mich mit diesem Verweiß anfuhr: Ist dirs nicht schon verbrechens gnug / O du Undankbare / daß du meinen Opfferherd ohn Rauchwerk stehen liessest / da du zu Ekbatana Gelegenheit gnug gehabt hast / dich deiner Schuldigkeit zuerinnern; und kanst überdas noch mit Hochzeitgedanken umgehen / die mir so gar zuwider sind; ja dir einen lieben Bräutigam wählen / weil du noch in meinem Bunde stehest? traue mir / daß deiner frommen Mutter Gebeht die einige Ursach deines Lebens ist / welches wegen deines schlimmen Ungehorsams mir schon verfallen war. Nicht sage ich dieses / ob wäre dir dein Verbrechen schon verzihen; O nein; du solt zeit deines Lebens hieran zukäuen haben. Wirstu dann über vorigen Frevel so verwägen seyn / und vor Endigung der Zeit deines Gelübdes / ohn meine Einwilligung (die nur von Prag müste hergehohlet werden) dich in Mannes Armen finden lassen / es geschehe aus freyem Willen oder durch Zwang; alsdann wil ich von dir und deinem unbillichen Gemahl eine solche Rache nehmen / daß ihr beyderseits aller Welt sollet zum Beyspiel dienen. Ich warne dich nicht vergebens / dann des Königes und deine Gedanken sind mir nicht verborgen; Hütet euch / O hütet euch vor der Götter Zorn / welcher ungleich schwerer ist / als daß MenschenHände sie abhalten könten. Woltestu aber mich fragen / durch was Mittel du dich mir rein und unbeflecket bewahren könnest / so hastu Feur / Wasser / Schwert / Gifft / Strang / solches brauche wider meinen Beleidiger so lange du kanst / oder zum wenigsten gebrauche es wider deinen eigenen Leib / damit deine arme Seele von der gar zu schweren Straffe frey bleibe. Sehet mein Freund / sagte das Fräulein weiter / ob ich nicht ursach habe / meiner Seele die betrübniß zugönnen / und kommet mir / ist es möglich / mit eurem klugen Raht zu hülffe / des wil ich zeit meines Lebens euch verpflichtet seyn. Der Arzt hörete alles mit Verwunderung an / kunte wegen ihrer Ernsthafftigkeit nicht die geringste Muhtmassung ergreiffen / daß sie anders als die Warheit geredet hätte / und gab ihr zur Antwort: Durchleuchtigstes Fräulein; ich muß freylich gestehen / daß ihr Gemüht nicht ohn ursach verwirret ist. Aber ist Euer Durchl. dieses Gesichte mehr als einmahl erschienen? Nein weiters nicht / sagete sie; nur daß die gedräueten Straffen mir stets vor Augen schweben. Weil ich aber der Göttin nicht allein grosse Opffer verheissen / sondern über das mich äidlich verbunden / entweder frölich zusterben / oder ihre Loßsprechung (es geschehe durch Endung der Zeit / oder durch ihre freywillige Enderung) abzuwarten / hoffe ich bey ihr Gnade und Barmherzigkeit des begangenen zuüberkommen; habe mir auch vorgenommen /alle Traurigkeit aus dem Sinne zu schlagen / und durch stetigen Gottesdienst mir die Göttin wieder zuversöhnen. Befahl hierauff ihrer Leibdienerin / eine bezeichnete Schachtel mit Kleinoten ihr herzureichen / daraus nam sie einen Ring und ein Halsband auff 16000 Kronen geschätzet / reichte es dem Arzt / [698] und sagete: Nehmet von mir dieses geringe Zeichen meiner Freundwilligkeit / und versichert euch / daß ich dereins mich bemühen werde / ein ungleich mehres zuleisten; hingegen aber fodere ich von euch auffrichtige Träue / als weit sie unserm Könige zuträglich /uñ euch selbst unschädlich ist; wendet auch fleiß an /meine Gesundheit zubefodern / daß ich ursach habe /dem Könige euer wolverhalten zurühmen. Dieser nam das Geschenk zu sich / versprach sein äusserstes / und nachdem er ihr etliche Arzneyen eingegeben hatte /machte er sich nach dem Könige / rühmete der Fräulein hohen Verstand / und erzählete ihm die ursach ihrer betrübeten Gedanken fast mit ihren Worten; wovor sich der König entsetzete / und dem Arzt vertraulich offenbahrete / wie er währe gesonnen gewesen / seine dem Fräulein getahne Zusage zuwiderruffen / und das Beylager in kurzer frist zuhalten / weil ihm seine Begierden zu hefftig drüngen; welches der Arzt mit betrübten Geberden anhörete / und nachgehends ihm anzeigete / in was vor ein Verderben er sich selbst und das Fräulein stürzen würde / massen die Göttin Vesta eine sehr mächtige und hart straffende Göttin währe; Dieses führete er mit so bewäglichen Gründen an / daß der König vor dißmahl sein Vorhaben zuendern bewogen ward / ließ auch dem Fräulein durch den Arzt anmelden / daß ihr die geschehene Zusage unbrüchig solte gehalten werden. Weil dann der Arzt alle Mögligkeit anwendete / und das Fräulein / in Hoffnung der schier nahenden Gegenwart ihres Herkules / vorige Fröligkeit wieder annam / ward sie in kurzer Zeit wieder gesund / und durch einen Brief rühmete sie dem Könige des Arztes Fleiß / daß er deßwegen mit einem statlichen RitterSitze verehret ward. Nun hätte das Fräulein nicht übel getahn / wann sie des Königes erbieten befodert / und eine Botschafft an ihre Fr. Mutter hätte abgehen lassen / als welche ihretwegen herzlich bekümmert wahr; dann nachdem ihre Gesanten von Padua wieder zu Prag anlangeten /und neben Einreichung der ihnen zugestelleten Schreiben / auch mündlich ablegetẽ / was Jungfer Brela ihnen vor Zeitung von dem Fräulein gebracht hatte; kunte sie nicht gläuben / daß sie zeit ihres Lebens dieselbe wieder sehen würde; begab sich demnach gar aufs klagen und weinen / daß ihre Rähte und Frauenzimmer gnug an ihr zutrösten hatten. Ritter Neda taht das beste bey ihr / indem er ihr das gute Herz erklärete / welches sie auf der Reise getragen / auch den guten Fleiß / welchen Herkules und Ladisla zu ihrer Rettung anwendeten / daß sie sich etlicher massen zufrieden gab / und zu rahte ward / einen steten Gesanten zu Padua zuhalten / der sie schleunig berichten könte / wann Zeitung von dem Fräulein einkähme. Dieses dauchte Neda eine gewünschete Gelegenheit /sein Vorhaben desto füglicher ins Werk zurichten; baht auch untertähnigst / ihm solches Amt gnädigst zubefehlen; erzählete zugleich Brelen Zustand / und daß er sich ehelich mit ihr versprochen hätte / da er ihr zugleich ein köstliches Kleinot ihretwegen einlieferte. Die Königin hörete solches gerne / gab ihren Willen darein / und befahl ihm / sich bald fertig zumachen / damit er ungeseumet sich nach Padua erheben könte. Also zog er nach seinen Eltern / und grüssete sie samt seiner Schwester im Nahmen Libussen und Brelen freundlich / denen zwar der erste Gruß sehr angenehm / der andere aber hefftig zuwider wahr / daß auch die Schwester nicht unterlassen mochte zuantworten: Seine glükliche Wiederkunfft / und ihrer Wasen Gesundheit währe ihr lieb; das übrige aber hätte nicht groß zubedeuten / es währe dann / daß ihr Bruder [699] durch ihr anschauen in vorige Tohrheit wieder gerahten währe. Neda hatte ihm vorgenommen / sich nichts irren zu lassen / und sagte im Scherze zu ihr: Ich möchte gerne wissen / geliebte Schwester / was dir an dieser Jungfer so hefftig mißfället; an Zucht /Adel / und Schönheit ist sie ja keiner Jungfer dieses Königreichs viel schuldig / ohn daß sie ein verlassenes Wäyselein ist; Woltestu sie nun deswegen verachten / köntestu dich dadurch versündigen / daß dir dermahleins ein gleiches widerführe. Die Schwester befand sich hiedurch in etwas verletzet / und wolte schärffer loßbrechen; aber die Eltern wehreten ihr /und sagetẽ: Sie könten selber nicht billichen / dz man ehrliche Jungfern verachtete; vernähmen gleichwol nicht / daß seine Schwester desgleichen tähte / sondern es ginge ihr aus Schwesterlicher Zuneigung zu herzen / daß ihr Bruder durch Heyraht seine Güter verringern solte / massen wo kein BrautSchatz folgete / müste der weibliche Schmuk von des Mannes Gütern gezeuget werden / welches nur Schulden verursachete. Geliebete Mutter / antwortete Neda; ich stelle dieses an seinen ort / und wann ich gleich eine arme Jungfer heyrahten würde / hoffe ich doch so viel zuerwerben / daß ich sie ohn mein väterliches Erbe ernehren wolte; solte man aber einen aus Freundschafft angebohtenen Gruß so höhnisch verwerffen? zwar meine Eltern höre ich gerne / aber meiner jüngeren Schwester räume ich diese Macht durchaus nicht ein /über mich zuherschen / würde auch meinem Ritterstande und tragendem Amte sehr schimpflich stehen. Aber lieber saget mir / habt ihr auch etwz mehr auff JungferBrelen zusprechen oder an ihr zutadeln / als daß sie unbegütert ist? Nein / sagte die Mutter / wir halten sie im übrigen wirdig gnug; weil du aber selber bekennest / daß du den Eltern Gehorsam schuldig bist / wirstu ihnen folgen / und ihren gemacheten Schluß nicht umstossen. Was ist das vor ein Schluß? fragete Neda. Je / antwortete sie; welchen wir mit Herr Vratisla wegen deiner und seiner Tochter Heyraht getroffen haben. Wie versaget / oder verkäufft ihr mich dann / fragete er / und forschet nicht zuvor / ob ich auch einwilligen werde? Ich bin ja kein gebohrner Sklav / so kan ich euch auch nicht bergen / daß ich umb Geldes willen / Ehr uñ Redligkeit hindan zusetzen nicht gemeynet bin / und wolte den Geizhals Vratisla mit seiner Tochter lieber erwürgen / als in solche verfluchte Ehe einwilligen. Die gute Mutter wuste das Gerüchte wol / entschuldigte es aber bester massen; man müste den Lästermäulern nicht gläuben; mannicher redlichen Jungfer würde ohn alle schuld eine Klette angeworffen; und was des dinges mehr wahr. Sein Vater Krokus wolte auch länger nit schweigen /sondern sagete zu dem Sohn: So bin ich gleichwol dein Vater / und da du mir gehorsam versagest /werde ich mein Recht zugebrauchen wissen. Was vor Recht / lieber Vater? antwortete er; ich wuste ja kein Recht in der Welt / daß mich zwingen könte / wider meinen Willen ein Weib zunehmen? Der gute Alte erzürnete sich hierüber / und dräuete ihn zuenterben; aber Neda bewägete sich gar nicht / sondern fragete nur / wem er die Güter zuwendẽ wolte. Wem sonst /sagte der Vater / als deiner einigen Schwester. Ja /antwortete er / wañ sie mir davor dankete / liesse ichs ihr vielleicht mit gutem Willen zu; aber dann müste sie zuvor gegen Jungfer Brelen einen bessern Willen fassen; wiewol meine gnädigste Königinnen / so wol die herschende / als die zu Padua / mich vor Enterbung schon befreyet habẽ / auch meiner Schwester /wegen ihrer lieben Brelen Verachtung / eine schlimme Urtel sprechen dürfften; Ist demnach diese Bedräuung vergebens / und weiß ich schon vorhin wol / daß sie[700] euch / lieber Vater / nicht von herzen gehet; dann wie könte ich der Lehngüter entsetzet / oder dieselben meiner Schwester zugelegt werden? bin ich euch aber verhasset gemacht / das zeiget mir an / alsdann wil wider euren Willen ich keines Hellers wert von eurem Gute geniessen / sondern nach eurem Tode sie der höchsten Obrigkeit aufftragen / und dannoch vor Armuht und Mangel gnug befreyet seyn; wisset auch /daß meine Gnädigste Königin mich vor ihren stets sitzenden Gesanten zu Padua bestellet hat. Hierauf gaben die Eltern nähern Kauffs / dann sie wusten / in was Gnaden Brela wahr; sageten demnach / wann er ihm ja nicht wolte rahten lassen / möchte er nach seinem willen freyen. Aber die gute Schwester durffte allein widersprechen; das könte nicht seyn; was Herr Vratisla sagen würde; das verheissene solte und müste gehalten werden / oder ihre Eltern würden vor unwarhafft ausgeruffen werden / und dürffte sie Jungfer Wisna nicht unter die Augen kommen. Wiltu auch nach diesem meine Schwester heissen / sagte Neda /soltu dich der leichtsinnigen Dirnen entschlagen /oder ich / als dein älterer Bruder / werde diesem wissen vorzubauen; Weist du nicht / daß ihr Bruder umb ihret willen seinen wolgezierten Reitknecht erstochen hat / weil er ungebührliche Dinge gesehen hatte? Wer mit Dieben läufft / der lernet stehlen; und hüte dich nur / daß du ihres Gerüchtes nicht teilhafftig werdest /damit unser Geschlecht ungeschändet bleibe. Die Mutter wolte ihre Tochter viel entschuldigen / als welche ein grosses Geplärre anfing; aber der Vater sagete: Dafern die Wisna in solcher Nachrede steckete /hätte seine Tochter sich billich vorzusehen / daß ihr nicht gleicher Schandflecken angehänget würde. Worauff Neda also anfing: Herzgeliebete Eltern und Schwester; meine versprochene Braut / die ädle Brela / welche mit unserm gnädigsten Fräulein biß in Syrien gewesen / und neulich zu Padua wieder angelanget /entbeut euch Kindlichen und Schwesterlichen Gruß /übersendet zum Zeichen ihrer Liebe uñ Ergebenheit diese Kleinot / mit bitte / ihr wollet ein Vater-Mutter-und Schwester-Herz gegen sie fassen / uñ euch versichern / daß wieder euren Willen sie weder tuhn noch lassen wolle. Und daß ihr sie forthin armut halben nicht verachtet / möget ihr wol gläuben / daß ihre Baarschaften uñ Kleinot zu Padua sich über 16 Tonnen Goldes erstrecken. Erzählete nachgehends allen Verlauff / und daß Herr Fabius ihm die Oberwachtmeisterschaft über die Paduanische Besatzung gegeben / worzu das obgedachte Königliche Amt kähme /daß er erstes tages sich dahin begeben müste. O du närrische Geldliebe / was können Geschenke und Gaben bey den Menschen nicht erhalten? Die Mutter und Schwester besahen die kostbahre Sachen / welche über ihren Stand reicheten / auch die mit güldener Münze außgefülleten Wetscher / daher sie das übrige zu gläuben desto leichter bewäget wurden. Da wahr nun Brela die beste / die ädleste und angenehmste. Ach Herzliebe Tochter Brela / währet ihr doch selber hie / daß das Beilager gehalten würde / sagete die Mutter. Ach Herzliebe Schwester Brela / währet ihr doch mit überkommen / sagete Schwester Therba. Alles wahr vergessen / als währe es nie ergangen. Was? solte ich der leichtfertigen Wisna meinen Sohn geben? sagte die Mutter. Was? solte die schiefmaulichte Wisna meinen Bruder heyrahten? sagte die Schwester. Worüber nicht weniger der alte Vater als Neda selbst zu lachen bewäget ward / sahen doch gerne / daß alle Feindschaft auffgehaben wahr. Der Vater wünschete dem Sohn zu beyden Amtsverwaltungen Glük / und fuhr selbst mit ihm nach Prag zu[701] der Königin / woselbst Neda sich mit 10 gewapneten rittermässigen Dienern versahe / und nach empfangenem Königlichen Befehl und Volmacht / den geradesten Weg nach Padua zuritte. Auff der Reise stieß ihm unterschiedliche Gefahr auff / die er teils durch Mañheit / teils durch List abwendete / biß er zu Padua frisch und gesund anlangetete. Er fand daselbst alles im vorigen guten Stande / ohn das sein Obrister / Herr Klodius nicht anheimisch / sondern mit seiner liebesten Agathen des vorigẽ morgens nach Rom geritten wahr / dem er nach kurzer ablegung seines auffgetragenen Befehls / und einlieferung der Königlichen Schreiben alsbald zu folgen gesinnet wahr; weil aber Frau Sophia und Frl. Sibilla Lust gewonnen mit zureisen / ward es biß folgenden Morgen auffgeschoben / und beredete Fr. Sophia die beyden Bömischen Jungfern leicht / daß sie ihr Geselschaft leisteten; Sie kunten aber Klodius in zween Tagen nicht erreichen /wie hart sie auch eileten / da jener doch eine Begleitung von 10 Fußknechten / und diese 20 wolberittene Reuter bey sich hatten. Des dritten tages fast gegen Abend / gerieten sie an ein Gehölze / da Neda mit seinem Leibdiener voran ritte / und die Gutschen und beladene Wagen mit dem Frauenzimmer unter der Begleitung folgen ließ. Als er den Wald fast zum Ende wahr / hörete er ein Gefechte und Geschrey etlicher Klagenden / setzete frisch fort / und sahe einen Ritter zu Fusse sich mit acht Mördern schlagen. Umb ihn her lag eine zimliche menge Toder und sterbender / uñ wahr gleich an dem / daß der Ritter sich hätte müssen fahen lassen; dem er Beystand zu leisten sich alsbald entschoß / schickete seinen Diener zu rük nach seinen Reutern / und mit entblössetem Schwert rieff er den Mördern zu / sie solten sich an dem Ritter nicht vergreiffen; sprengete unter sie / uñ erlegete bald im anfange ihrer zween; weil aber sein Pferd erstochen ward / machte er sich herunter / trat neben den andern schon zimlich verwundeten Ritter / und sagte; haltet euch frisch / wir werden bald mehr Beystand haben. Worauff sich dieser ermunterte / daß vor der andern ankunft sie die Räuber alle erlegeten / und nach erhaltenem Siege Klodius den Helm abzog / umb zuvernehmen / wer ihm so ritterlichen Beystand geleistet hätte. Neda kennete ihn alsbald / und sagete: Geehrter Herr Bruder / ich freue mich sehr / daß ich ihm zu rechter Zeit bin zu hülffe kommen; aber wo hat er seine Liebeste? Klodius umbfing ihn / bedankete sich kürzlich der geleisteten Rettung / und klagete / er wüste eigentlich nicht / wohin sie geritten währe; hätte ihr aber drey Kriegsknechte zugeordnet / und meinete nicht anders / als daß sie sich nach der rechten Hand hingewendet hätte. Weil dann Neda Geselschafft gleich herbey kam / teileten sie sich / und traffen sie zwischen vier Mördern an / die ihre Knechte erschlagen / und sie mit sich geführet hatten / ward aber bald frey gemacht / und herzu geleitet / dañ wegen erschreknis kunte sie keinen Fuß aus der Stete setzen; meinete auch nicht anders / es währen neue Räuber / die sie abermahl gefangen; so bald sie aber berichtet ward / daß ihr Junker von seinem Oberwachtmeister Neda entsetzet / und Fr. Sophia mit ihrem Frauenzimmer zu gegen währe / erhohlete sie sich wieder / ward auch von der Geselschaft freundlich empfangen / ihres Unfals getröstet / und zogen miteinander fort nach dem nähesten Flecken / wo selbst Klodius sich verbinden ließ. Zu Rom ward Fr. Sophia mit ihrem Zimmer von Herr M. Fabius umb so viel freundlicher empfangen / weil sie unvermuhtlich kahmen / insonderheit freuete sich Frl. Sibyllen Mutter über ihrer geliebeten Tochter Gegenwart / und taht Frl. Virginien und anderen [702] ihren Gespielen ihre Ankunft zu wissen. Als aber zu Rom ausgebreitet ward / daß Fr. Sophia von Padua verhanden währe /deren der Keyser und der Raht das Ehrengedächtnis hatte richten lassen / ward sie von den vornehmsten Römischen Frauen besuchet / und höchlich gepreiset /daß durch ihren Raht und Angeben das grosse und algemeine Verderben von ganz Italien abgewendet währe. Käyser Alexanders Mutter Fr. Mammea / ließ sie auff ihrer Leibgutsche nach ihrer Burg hohlen; diese wahr dem Glauben nach zwar eine Christin /aber der Christlichen Tugenden befließ sie sich nicht allerdinge / dann sie übete an unterschiedlichen Römern schlimme grausamkeit / und wahr dem Geiz sehr ergeben. Dieses wuste Fr. Sophia wol / hatte sich auch mit übergrossen Geschenken versehen / die auff drey Tonnen Goldes sich belieffen / welche sie ihr demühtig einhändigte / und sich ihrer gnädigsten Hulde und Gewogenheit befahl. Diese wegerte sich anfangs sehr / ein so reiches Geschenk anzunehmen / aber auff harte nöhtigung empfing sie es / mit erbieten / bey ihrem Herr Sohn dem Käyser alles daß zuleisten / was zu ihrem auffnehmen gereichen könte; da sie dann /ihre Gunst zu erzeigen / mit ihr auff einer Gutsche nach dem Marsplatze fuhr / und ihr Ehren-Gedächtnis besahen. Der Käyser selbst / wie er ihrer Anwesenheit berichtet ward / baht sie neben Herr M. Fabius und Frl. Sibyllen zur Mahlzeit / und vernam alles umbständlich von ihr / wie sichs in Bestürmung des Raubnestes zugetragẽ hätte; sagte / er währe willens gewesen / die treflichen Helden nach Rom fodern zu lassen / und mit ihnen Kundschaft zu machen / hätte aber erfahren / daß wegen eines geraubeten Fräuleins sie abwesend wären; uñ muste sie diesen Unfal gleichmässig erzählen / da der Käyser und andere Anwesende sich der herzhafften Frl. Valiska nicht gnug verwundern kunten. Klodius und Neda macheten inzwischen zu Rom gut geschir / dann wie verachtet jener ehemahls wegen seiner schuldhaften wahr / so hoch ward er jezt geehret / und von den Römischen jungẽ Rittern besuchet und zu Gaste geladen. Titus Bellizius / welcher Klodius älteste Schwester geheirahtet hatte / stellete des dritten Tages nach ihrer Ankunft eine grosse Gästerey an; untern andern Gästen wahr ein verwägener ädler Römer / nahmens Kajus Opelius / derselbe fing an / etliche Schimpfreden auff den Teutschen Adel außzustossen / nur daß er Ursach an Neda haben möchte / der sich vor ihm nicht so tieff demühtigte /als ers gerne gesehen hätte. Nun hatte dieser gleich sein Geschwätze mit Klodius Schwester / daß ers nicht acht nahm; so wahr Klodius hinaus gangen /daß er ihm nicht einreden kunte / und wolten die andern sich nicht mit einmengen / weil er ein unreiner Vogel wahr / und sein Adel neben der treflichen Erfahrenheit in Waffen / ihn gar frech machete. Als dieser merkete / daß der erste Bolzen vergebens abgeflogen wahr / fiderte er bald einen schärfferen / und fragete seinen Nebensitzer / mit was vor Waffen sich die Teutschen doch gegen sie gestellet / als Käyser Antoninus Karakalla sie vor eilf Jahren am Main geschlagen. Dieser wolte ihm nicht Ursach zu weiterem Unlust geben / und antwortete; er könte nicht leugnen /daß ihre Ritterschaft wol und redlich gefochten / und ob sie gleich mit Waffen so volkommen nicht währẽ versehen gewesen / hätten sie dannoch diesen Abgang durch Mannheit ersetzet / und möchte er vor sein Häupt wünschen / dz man diese zimlich abgelegene Nachbarn zu stetigen Freunden haben könte / massen die Teutschen Kriege viel Wunden und wenig Beute brächten. Opelius fuhr fort; er hoffete / die Teutschen würden das Narrenseil schier wieder zihen / [703] und einen blinden Fal wagen / alsdann wolte er auff seine kosten wieder sie fortzihen / und nach Rom nicht kommen /biß er 50 ädle Teutschen gefangen / welche ihm seine Landgüter als Leibeigene bestellen / und des Vihes hüten solten; dann ich höre / sagte er / daß sie in Friedeszeiten den Pflug selber treiben / damit sie nicht hungers verschmachten. Diese Reden gingen beydes Klodius und Neda durchs Herz / uñ kunte jener insonderheit seinem Herrn Herkules zu ehren / es unbeantwortet nit lassen / sagete demnach zu ihm; Geliebter Oheim Opelius / ich bitte / er wolle sich in solchen Reden mässigen / welche vielleicht etlichen Anwesenden zu nahe treten möchten; ich diene einem teutschen Herrn / und wil mich glükselig achten / als lange ich die Ehre habe / ihm zu dienen / dann ich weiß / daß nicht alle Teutschen so beschaffen sind / wie man sie uns vormahlet; solten nu gleich Teutsche von Adel sich zuzeiten des Ackerbaues annehmen / würde solches ihren Adel eben so wenig schänden / als es ehmahls den treflichsten Römern L. Quintius Zinzinnatus / Attilius Seranus / Markus Kato / uñ anderen mehr / keines Weges verächtlich gewesen ist; nachdem wir aber freundschaft und Lust wegen beyeinander sind / wollen wir von frölichern Sachen schwätzen. Inzwischen saß Neda und brante vor Zorn / nahm auch gänzlich vor / sich an dem Schänder zurächen /und sagte zu Klodius; Geehrter Herr Obrister / und Brüderlicher Freund / er weiß dz ich mich unter den Teutschen Adel zählen lasse / ob ich gleich meine Güter in Böhmen habe / welches Reich doch mitten in dem Herzen Teutschlandes gelegen ist. Nun wil ich nicht hoffen / daß die jezt vorgebrachte Reden insgemein auff allen teutschen Adel gemeinet seyn / sondern nur auff die Unnützen und faulen / deren es ohnzweiffel allenthalben / auch mitten in Rom geben möchte; daher dann dieser Ritter so wenig Ursach hat umb solcher willen so weit zu reisen / als wenig wir uns dessen anzunehmen haben; wiewol ich wünschen möchte / daß er alle nichtwerte Teutschen vor Leibeigen hätte / auff daß Teutschland / welches nur tapffere Herzen liebet / des unnützen Wustes möchte entladen seyn. Opelius wahr so tummes verstandes nicht / daß er den Auffzug nicht solte gemerket haben / gedachte ihm aber zuvergelten / und gab zur Antwort: Die unüberwindlichen Römer haben nicht dẽ Brauch / daß unnütze mit sich über Land zuschleppen / sondern geben es ihrer Mutter der Erden; nur was sie tüchtig finden / dem gönnen sie das Leben zu ihrem Dienste; uñ hat man wol ehmahls mehr Leibeigene Teutschen /als Herren zu Rom gefunden; ja wer weiß / was uns das Glük in kurzem zuwendet? Ich rühme die unüberwindlichen Römer / als Herren vieler Länder / sagete Neda / aber die Leibeigenen haben sie nicht beim Trunke / noch mit dem Maule / sondern mit bewehrter Faust gemacht. Damit ging der Tanz recht an / massen Opelius alsbald fragete / ob er damit gestochen währe. Niemand / antwortete Neda / ohn der den redlichen Teutschẽ Adel schändet / welchen Käyserl. Hocheit neulich auf dem Marsplatze sonderlich geehret hat. Opelius fassete das Trinkgeschir / in meinung ihm dz Gesicht damit zuschänden / aber Neda solches sehend / fing den Wurff mit der Hand auf / wolte doch nicht wieder werffen / sondern redete die Anwesende Geselschafft also an: Ihr hoch ädle ruhmwirdige Römer / werdet mir schier heut oder Morgen dessen beständige Zeugniß geben / was alhie vorgangen ist; Dich boßhafften Schänder aber / sagte er zu Opelius /halte ich des Ritterstandes unwirdig / weil du einen Ritter nicht mit Ritterlichen Waffen / sondern mit einem Trinkgefäß angreiffest / uñ wil ich dich umb deiner Schmachrede [704] willen ausfodern / dz du auff dem Marsplatze erscheinest / damit ich sehen möge / ob dein Herz so fest wiederhalten / als dein Maul schänden kan. Dieser antwortete: Ob er noch einen Teutschen BaurenFlegel bey sich hätte / solte er denselben zu hülffe nehmen / daß er ihm den Schild vorhielte. Hie führe ich meinen Flegel an der Seite / sagte Neda / und werde noch heut sehen / ob du bequemer seyst zu dröschen oder gedroschen zuwerden. Ging damit hinaus auff sein absonderliches Gemach / legete seine Waffen an / und ritte nach des Käysers Burg / bey dem Fr. Sophia zu gaste wahr; dieselbe ließ er zu sich hinaus bitten / erzählete ihr alle begebniß / und baht untertähnigst / bey Käyserl. Hocheit ihm urlaub zuerlangen / seine Ausfoderung zuverfolgen; worzu sie willig wahr / brachte es auch bewäglich vor / nebest anmeldung / dieser Ritter währe eines vornehmen Böhmischen Herrn Sohn / und ihres Gemahls lieber Geträuer / daß auch ihr Herr Vater ihn wegen seiner Tapfferkeit in Römische Dienste genommen hätte. Der Käyser ließ ihn selbst hervor treten / da er dann den Schimpff / dem ganzen Teutschen Adel angelegt /so ernstlich vortrug / und zugleich um Erlaubniß des Kampffes anhielt / daß der Käyser sich alsbald erboht / den Opelius deswegen an Leib und Leben zustraffen / dafern er seiner Anklage glaubwirdige Zeugniß führen könte. Weil er dann sechs Römische Ritter bey sich hatte / die solches einhellig ablegeten / erzürnete sich der Käyser sehr / hätte auch ernstliche Straffe ergehen lassen / wann nicht Neda davor gebehten / der nur bloß umb des Kampffs Vergünstigung ansuchung taht / dessen er durch Fr. Sophien Vorbitte endlich gewehret ward / doch daß Opelius zuvor bey dem Käyser erscheinen muste / welcher ihn also anfuhr: Du beschimpffung des Römischen Adels; wie darffstu eines ganzen Landes Adel schänden / dessen Manheit unserm Reich allezeit widerstanden / und sich in Freyheit erhalten hat? Du hast vielmehr des Henkers Beil /als das Ritterliche Schwert verdienet / indem du eben diese wider unser Reich auffzuwiegeln bedacht bist /welche mit Freundschafft uns zuverbinden / wir geflissen sind; weil wir aber absonderlich erbehten worden / diesen Kampff zuzulassen / kanstu dich darzu schicken / und im fall du obsiegest / nicht desto minder des Rechts erwarten. Opelius taht einen demühtigen Fußfall / hätte wegen eines eingebildeten Schimpffs zu milde geredet / welches er abzubitten erböhtig währe; hoffete sonst vor dißmahl zuzeigen /wie hoch Römischer Adel den Teutschen überginge. Der Käyser hieß ihn sich packen / und daß er nicht bedacht währe / seines unbesonnenen Schwerts zu solchem wichtigen Beweißtuhm zugebrauchen; stund auff / und machte sich mit seiner Geselschafft fertig /dem Kampffe beyzuwohnen / und da es nöhtig seyn würde / des Teutschen Ritters Leben zuretten / weil ihm Opelius Kühnheit wol bekant wahr. Das Frauenzimmer zog mit hin / und empfand die gute Brela in ihrem Hertzen nicht geringe Furcht und Schmerzen /daß sie zu Libussen sagete: Meinen ungenehmẽ Bräutigam habe ich zu Padua im Kampff verlohren; solte ich nu meinen SeelenSchaz hier zu Rom einbüssen /hätte ich erstüber Unglük zuklagen. Aber Libussa tröstete sie; Neda hätte vorerst die Gerechtigkeit / hernach der Götter und des Käysers Gunst auff seiner seite / und währe sein erstes nicht / daß er hochmühtigen Frevel dämpffete. Die Kämpffer setzeten mit ihren Speeren grimmig auff einander / welche in der Lufftverstoben / aber keinen niderwurffen; daher ließ ihnen der Käyser neue reichen / weil Neda insonderheit darumb anhielt; der sich dann mit solcher Gewalt auff seinen Feind loß gab / daß er ihn gestrekt auf [705] die Erde niderlegete / daher seine Brela gute Hoffnung fassete des künfftigen Sieges. Neda stieg bald ab / trat hin zu dem gefälleten mit blossem Schwerte / da derselbe sich noch nicht regete / machte ihm das Helmgesicht auff / daß er frische Lufft empfing / und sagete überlaut zu ihm: Nun mein Opelius / bistu noch gewillet / 50 Teutsche von Adel zufahen / deren vielleicht noch keiner mag gebohren seyn? der Anfang ist zimlich schlecht / und stünde dein Leben in meiner Hand / wann ich eine grausame Seele hätte; aber mache dich auff die Füsse / damit ich sehen möge / ob du besser auff zwey als auff vier Beinen streiten könnest / dann ich muß dein Schwert auch kennen lernen. Dieser erhohlete sich wieder / und als er sich auffgerichtet hatte / gab er zur Antwort: Nicht du / sondern des Käysers Ungnade hat mich abgestochen. Ja /hastu so hochgelehrte Entschuldigungen / sagte Neda / so ist gefährlich mit dir zuzanken; aber fasse einen Muht / und trit dem Unglük mit eben der Herzhafftigkeit entgegen / durch welche du die ädlen Teutschen mit hauffen pflegest gefangen zunehmen / wann dir der Wein wol schmecket. Dieser Spot taht ihm weher als der Tod selbst; warff sich in die Höhe / und fing an seine Fechterkunst sehen zulassen. Aber Neda dröschete weidlich auf ihn loß / daß in weniger Zeit seine Waffen mit Blut angefärbet wurden / und ihm alle kraft entging. Weil er dann nicht willens wahr /ihn zutödten / trat er ihm mit dem Schilde ein / ließ sein Schwert fallen / und risse ihm das seine aus der Hand / sprechend: Nun gib dich / Opelius / ich bin nicht willens / dich zuverderben / wann du guten Willen erkennen kanst; uñ daß du mein redliches Herz spürest / wil ich mich bemühen / dir einen gnädigen Käyser zu machen. So währe ich euch mein Leben schuldig / sagte Opelius; ist aber keine Gnade zuerhalten / so beseliget mich mit einem schleunigen Tode; Der Käyser hörete ihr Gespräch / aber nicht dessen Verstand / vor welchem Neda sich in die Knie legete / und alleruntertähnigst baht / ihre Käyserl. Hocheit möchte in ansehung seiner beyden gnädigen Herren / Ladisla uñ Herkules / deren Ehren Gedächtniß hier auffgerichtet stünden / gegenwärtigem Ritter Opelius allergnädigst verzeihen / als ob des verlauffenen nichts vorgangen währe. Fr. Sophia und Frl. Sibylla bahten ein gleiches bey des Käysers Fr. Mutter; Worauf der Käyser sich also erklärete: Redlicher Ritter / damit ihr sehet / wie hoch ich die Gedächtniß der beyden Helden / Herren Ladisla und Herkules halte /und ihre Wirdigkeit schätze / insonderheit / weil des erstgenanten sein Gemahl das Wort mit führet / so trit herzu / du unvorsichtiger Opelius / dein Verbrechen ist tod / und sol forthin weder gedacht noch genennet werdẽ. Die anwesenden ingesamt erfreueten sich der ganz ungewöhnlichen Gnade / kehreten wieder umb /teils nach der Burg / teils nach T. Bellizius Behausung / und liessen den verwundeten fleissig verbinden. Des folgenden Morgens stellete Klodius auff Fr. Agathen begehren eine treffliche Gästerey an / bey welcher sich Herr M. Fabius mit Fr. Sophien und Frl. Sibyllen einstelleten. Nach abgehobenen Speisen hielt Fr. Agatha in aller Gäste gegenwart bey ihrem Klodius an; nachdem sie ihn zum Herrn aller ihrer Güter gemacht hätte / möchte er ihr den dritten Teil aller seiner Römischen Güter schenken / welches von allen mit einem Gelächter angenommen ward; Er aber /weil er ihr vorhaben merkete / willigte alsbald darein; worauf sie dessen drey gegenwärtige Schwestern also anredete: Hochwerte Frr. Schwestere / und herzgeliebete Freundiñen; weil ich meinen ergebenen schwesterlichen Willen ihnen gerne in der Taht erzeigen /und dessen ein Zeichen hinter mir lassen [706] wolte / so bitte ich freundlich / sie wollen diesen dritten Teil aller Römischen Güter ihres geliebeten Bruders unwegerlich von mir annehmen / und dabey sich allemahl meines geneigten Herzens erinnern. Sie samt ihren Ehejunkern verwunderten sich der grossen freygebigkeit / weil einer jeden Anteil sich auff 12000 Kronen wert erstreckete / und wahr keine unter den Schwestern so kühne / daß sie geantwortet hätte; worüber Klodius anfing: Er wolte nimmermehr hoffen / daß seine Schwestern ihrer Schwägerin seiner Eheliebsten diese ihre erste Bitte abschlagen wolten; so dürfften sie auch nicht gedenken / als wann ihm solches zuwider währe; Gott hätte ihm so grosse Güter mit seiner Liebsten bescheret / daß er durch diese Verehrung keinen Abgang zubefürchten hätte. Darauff ward das Geschenk mit sonderlicher Danksagung allerseits angenommen / und verehreten die drey Schwäger ihr hinwiederumb eine treffliche Gutsche mit sechs Sizilischen Blänken / blieb auch diese Geselschafft zwo Wochen zu Rom / da Klodius und Neda etliche mahl bey der Käyserlichen Mahlzeit sich musten einstellen / hernach macheten sie sich wieder nach Padua. Als sie daselbst ankahmen / wurden sie mit neuer Freude überschüttet; dann es trat zugleich mit ihnen ein Bohte hinein / welcher von Jerusalem geschicket wahr / und dem Stathalter drey Schreiben einlieferte; eines von Herr Pompejus / das andere von Ladisla / das dritte von dem jungen Fabius seinem Sohn. Pompejus meldete / wie es Fürst Herkules bey ihm ergangen währe; die anderen beyde zeigeten ihr wolergehen an /und hatten ihre Briefe zu Seleuzia geschrieben. Frau Sophia bekam zwey Schreiben; eines von ihrem Ladisla / da er sie seines Abwesens tröstete / und schleunige Wiederkunfft versprach; das andere hatte Fräulein Lukrezie auffgesetzt / unter dieser überschrifft:Der Durchleuchtigsten Fürstin und Frauen / Frauen Sophien Fabiin / vermähleten Königin in Böhmen; meiner vertraueten Frau Schwester Hier muß gewißlich mein Ladisla oder Herkules gewesen seyn / sagte sie; dann was wüsten sie zu Jerusalem sonst von meiner Heyraht? Aber ihr Vater antwortete: Gedenkest du dann /daß ich meinen nähesten Anverwanten deine Heyraht nicht werde zugeschrieben haben? Sie öffnete den Brief / und lase daraus folgende Worte: Herzgeliebete Frau Schwester; nachdem der Durchleuchtigste GroßFürst / Herr Herkules / dieses Orts glüklich angelanget / hat der Allmächtige Gott es gnädig geschicket / daß ich in seiner Liebe Kundschafft und brüderliche Vertrauligkeit auffgenommen bin / dessen zeit meines Lebens ich mich rühmen und freuen werde / angesehen ich den Ausbund aller Tugend und Zucht bey ihm angetroffen; ja eben den / welcher der Frau Schwester nicht anders als seiner Seele gewogen ist. Zeit seiner Verwundung. Was muß das vor eine Verwundung seyn? sagte sie zu ihrem Vater; welcher ihr befahl /sie solte zum Ende lesen / hernach wolte er dieses aus seinem Schreiben schon erklären; fuhr demnach also fort:Zeit seiner Verwundung / da ich ihm stetige Geselschafft leistete / musten seine Frau und Fräulein Schwestere Sophia und Sibylla allemahl das Hauptwerk seiner Rede seyn / daß mich wunder nam / wie eine andere ihn von so lieber Geselschafft abzihen mögen / es sey dann /daß mit der verlohrnen sein Herz verlohren währe / welches ich muhtmasse / weil weder Gefahr noch ichtwas anders ihn von dieser Nachsuchung abhalten kunte. Aber erkennet doch euer Gebrechen / ihr herzliebe Schwestern / daß ihr einen so allerliebsten Bruder ohn gebührliche Kleidung habt können von euch zihen lassen; zwar eure Fehler habe ich nach Mögligkeit ersetzet / aber hiedurch seyd ihr nicht zuentschuldigen / welches nach diesem euch mündlich zuverweisen / ich unvergessen seyn wil. Inzwischen befehle ich euch dem Schutz des allmögenden wahren Gottes / verbleibend / weil ich lebe / [707] meiner hochgeliebten Frau Schwester bereitwilligst-gehorsamste / und ganz ergebene Dienerin / Lukrezie Pompejin. Fräulein Sibylla wuste nicht / ob sie ihr Schreiben öffentlich lesen dürffte / biß Herr Fabius ihre neue Zeitung ihnen mitzuteilen anhielt; worauff sie den Brief ihrer Wasen zulesen reichete / der also lautete: Herzgeliebete Frl. Schwester; eures guten Zustandes /welchen ihr ohn zweifel dem unvergleichlichen Fürsten /Herrn Herkules zudanken habet / bin ich zur gnüge berichtet; möchte wünschen / daß wir so nahe beysammen lebeten / daß die Zunge uns an stat der Briefe dienen könte. Aber O! in was grosser Freude und Lust müsset ihr gewesen seyn / da der zierliche Silvan euch im Pusche so viel Honigsüsses vorschwatzete; nimt mich wunder /wie ihr demselben Schwesterliche Hulde zuwenden können / der euch eines so höflichen Schatzes beraubet hat. Bitte sehr / dieses Schreiben vor eine Trost Schrifft zu rechnen / und dem Kummer wegen Abfalls dieses Liebesten nicht zu weiten Raum in eurer Seele zugönnen. Ich habe unserm Bruder Herr Herkules diese Unhöfligkeit sehr auffgerücket / daß er einem verliebeten Fräulein einen so höflichen Buhlen entrissen / der in Freundligkeit es einem erzürneten Ochsen fast zuvor tuhn solte. Mässiget / bitte ich / eure Trähnen / und machet mich durch genehme Antwort wissen / was mein Schreiben vor Trost gewirket. Dem Schutz GOttes empfohlen / von eurer geträuesten Schwester Lukrezien Pompejin. Alle anwesende lacheten des Auffzuges; aber das Fräulein sagte: Ich gönne meiner Wasen nichts böses / aber den hundertsten Teil meiner damahligen Angst dürffte ich ihr fast wünschen; doch wann sie daher die Straffe ihres Gelächters erkennete / wolte ichs ihr gerne wieder abnehmen. Ihr müsset ihr diesen Streich vergelten / sagte Herr Fabius; und als sie ihre Einfalt anzog / sagte Frau Sophia: Gebet euch zu frieden /wir wollen zehn Pfeile vor einen finden / so bald wir nur den Bogen haben / sie ihr zuzuschiessen. Frau Ursula stellete sich sehr betrübt / daß sie kein absonderliches Schreiben von ihrem Fabius hatte / welches aber in des Vaters seinem verschlossen wahr / und ihr endlich eingehändiget ward / da sie wegen seines Wolergehens sich vergnüget befand / und mit den andern der glüklichen Wiederkunfft mit Schmerzen erwartete. Zu Ekbatana freueten sich unsere Helden / daß die Zeit ihrer Reise nach Charas biß auff einen Tag verflossen wahr / da sie dann allerdinge fertig wahren loßzubrechen. Es kam aber eine Vorschafft von Artaxerxes den Persischen GroßFürsten / mit Schreiben an Pharnabazus. Phraortes wahr ihm nicht ohn Ursach eines wichtigen Inhalts vermuhten / brachen den Brieff / und funden dieses: Ihm währe glaubwirdig vorko en / daß zween vortreffliche Ritter sich bey ihnen auffhielten / deren Erfahrenheit in Kriegssachen sehr groß währe; nun würde man zweiffels ohn dem ruhmwirdigen Vorhaben in kurzen seinen Fortgang göñen / wobey ritterliche Helden das meiste verrichten könten; und ob man gleich fremder Waffen nicht bedürfte / welche dannoch nicht außzuschlagen / hätte man doch zuverhüten / daß solche Leute nicht dem Feinde zu dienste gingen; bähte demnach / alle mögligkeit anzuwenden / daß man sich dieser Helden versicherte / und keinen Sold zu hoch achtete / damit man sie in bestallung bringen könte. Phraortes merkete wol / woher Artaxerxes dieses erfahren / ließ ihm den Vorschlag wolgefallen / und beriet sich mit Pharnabazus / wie das Ding am füglichsten anzugreiffen währe / daß man gleichwol die Geheimnis [708] vor ihnen noch zur Zeit verborgen hielte; macheten sich hin zu unsern Helden / und trugen ihnen dieses vor; Hochwerte Herren und Freunde / es ist eine hochwichtige höchstgeheime Verbündnis obhanden / in welcher wir neben andern hohen Häuptern begriffen sind; begehren demnach instendig von uns / mit euer Liebe vertraulich zuhandeln / ob denen belieben könte / als lange sie in diesen Ländern sich auffhalten / ihnen mit Raht und Taht beypflichtig zu seyn / auff welchen Fall sie euch Monatlich 200000 Kronen ingesamt bestallungs Gelder / und jedem 100 LeibReuter zu unterhalten anbieten / es möge Krieg erfolgen oder nicht; da euch dann die HochFürstl. Verbündnis freiwillig verspricht / auff den Fall ihr selbst Feinde bekommen würdet / euch mit 200000 MannBeystand zuleisten. Herkules und Ladisla beredeten sich hierauff kürzlich / und gaben zur Antwort: Sie wünscheten denen Durchll. vereinigten Fürsten und Ständen Glük und Heyl zu ihrem löblichen Vorhaben / und weil sie höreten / daß sie beyde selbst vornehme Glieder solcher verbündnis währen / erkenneten sie sich schuldig / ihnen mit Gut und Leben zu dienen / als viel ihr Vorhaben immermehr zulassen wolte; daß sie aber durch wirkliche Bestallung sich zuverbinden bedenken trügen / würde verhoffentlich der GroßFürst ihnen nicht verargen / massen ihnen allerdinge unbewust währe / wie lange sie in diesen Landschafften sich würden auffhalten können. Der GroßFürst erboht sich hingegen / ihnen im Nahmen der vereinigten Stände schriftliche Versicherung zu tuhn / daß wieder ihren freien Willen sie nicht einen Tag auffgehalten /noch irgend wo zu solten gefodert werden / daß ihrem Vorhaben könte hinderlich seyn; wiederhohlete darauff seyn voriges / und wandte ein / da sie auff beharlichen Abschlag fest stehen würden / dürften die vereinigte zweiffelhafte Gedankẽ fassen / wessen sie sich zu ihnen versehen solten. Hierauff erbohten sie sich /ihres Willens zu leben / dafern der Krieg nicht wieder die Römer angesehen währe / auff welchen wiedrigen Fall sie lieber geträue Mitler zum Friede seyn wolten. Und als ihnen auch diese Furcht gänzlich beno en wahr / schlossen sie miteinander / und daß Leches Monatlich 4000 Kronen / im Felde aber gedoppelt so viel haben solte. Also ward diesen Tag alles zum Auffbruch fertig gemacht / und nach genommenem Abscheide / welcher traurig genug wahr / und nicht ohn Trähnen geschahe / begaben sie sich unter der Begleitung 200 Reuter / auff den Weg nach Charas /so daß Pharnabazus mit ihnen biß an die Parthischen Grenzen fortritte / und von darab sich wieder nach Persepolis zu dem Persischen GroßFürsten begab /welcher ihn nach Rom verschicket hatte.


Ende des Dritten Buchs.

4. Buch
[709] Vierdes Buch.

Fürst Gobares / nachdem er zwölff Tage bey Nabarzanes außgehalten / und seinen unkeuschen Willen nicht so wol als ehemahls vergnüget hatte / ward eingedenke / daß die Reichsnoturfft seine Gegenwart erfoderte / deßwegen er sich wieder zur heimreise fertig machete. Er merkete aber aus den Liebesblicken /welche F. Statira auff ihren Kleon zum oftern schiessen lies / daß sie nicht schlechte Zuneigung gegẽ ihn trüge; so lag ihm die Kaltsinnigkeit uñ geringe Inbrunst im Kopffe / welche sie ihm dißmahl über ihre Gewohnheit hatte merken lassen; dann die Warheit zumelden / währe sie des Fürsten gerne abgewesen /wann sie mit Fuge gekont hätte / und gedachte fort mehr keinem ihre Liebe / als Kleon zuerteilen / so daß sie auch mit den Gedanken schwanger ging / ihren Nabarzanes vom Brodte zurichten / und Kleon vor einen Gemahl anzunehmen / auch mit ihm gar davon in sein Vaterland zuzihen / da sie zuvor alles / was tuhnlich währe zu Gelde machen / auch was sie außstehen hatte / einfodern wolte. Der Fürst / welcher ohndaß dem Zorn und der Eifersucht ergeben wahr /fassete aus blossem ungegründeten Argwohn / solche schwere ungnade wieder Kleon / daß er ihm gänzlich vornam / diesen verdächtigen Mitbuhler des Lebens zuberauben / jedoch zuvor wahr zunehmen / ob er sich auch einiger Bezeigung würde merken lassen /daher er seiner Buhlerey könte vergewissert werden; Welches jener aber so fleissig verhütete / daß der Fürst in etwas gelinder ward / und in seinem Herzen gedachte / vielleicht ist dieses Feur in Statiren Seele annoch verborgen / und Kleon unwissend; foderte doch des Abends vor seinem Abscheide Nabarzanes allein vor sich / und redete ihn also an: Ich weis nicht / mein Freund / was günstige Augen unsere Statira eurem neuen Diener zuwirffet / die mich fast / ja wol ungezweiffelt einer heimlichen Liebe zwischen ihnen berichten wollen; wie nun solches mich nicht wenig verdriessen würde / also währe es euch trauen sehr nachteilig / mit einem schlimmen erkaufften Knechte euer eheliches Gemahl gemein zu haben / insonderheit da dieser schier heut oder Morgen sich dessen bey andern berühmẽ solte. Ja wer weiß / ob er euch nicht gar nach dem Kragen stehen dürfte / worzu ich ihn verwägen gnug ansehe. Nehmet demnach bey Zeiten wahr /was vor eine schädliche Schlange ihr in eurem Busen ernähret / und bauet dem Unglük vor / ehe es Oberhand nimt / dann in dem ersten Grase kan das Unkraut leicht gedämpfet werden / wans aber schon vollen Samen gesetzet hat / nimt es den ganzen Garten ein und verdirbet alles / daß man ihm weder zu rahten noch zu steuren weiß. So habet nun bey zeiten acht auff euch selbst / und könnet ihr dem Ubel auff andere Weise nicht vorkommen / so lasset den Buben entweder nidermachen / oder jaget ihn von euch / habt ihr dañ Gelder vor ihn angewendet / die wil ich euch gedoppelt und dreyfach wieder geben. Nabarzanes wuste umb diese Händel sehr wol / schämete sich aber / es dem Fürsten zu offenbahren / und fürchtete sich zugleich vor seinem Gemahl / daher er diese Antwort gab: Gnädiger Fürst und Herr / ich bin dieses dinges bißher unberichtet / habe auch davon nichts merken [710] können; doch kan es seyn / daß der schlimme Bube mit dieser Bosheit schwanger gehet / welches da ichs vernehmen würde / ihm trauen nicht solte übersehen werden; einmahl kan ich nicht leugnen / daß mein Gemahl sehr viel auff ihn hält / weil er gar ein guter Bereiter und Jäger ist; es wissen aber eur Durchl. daß sie von mir keine Einrede annehmen wil / daher ich mich scheuhe / eurer Gn. Gedanken ihr vorzutragen /und möchte wünschen / daß dieselbe ihr nur scharff gnug einredete / und diesen Fehler verweißlich vorhielte / welches ohn zweiffel viel nutzen schaffen und dem Ubel leicht steuren würde. Mein / ihr seid gar zu einfältig / sagte Fürst Gobares / und wil sich ja nicht reimen / daß sie dessen verweiß von mir einnehme /sondern euch lieget ob / sie ihres verbrechens zuerinnern / und nach befindung zu straffen / welches / daß es erster Stunde geschehe / ich träulich rahten wil /doch daß ihr meiner dabey im geringsten keine Meldung tuht. Wie es euer Durchl. beliebet / antwortete er / und wil schon wissen / sie rechtschaffen vorzunehmen; weil aber die Abendspeisen schon auff uns warten / werden wir uns zu Tische setzen. Bey der Mahlzeit ließ der Fürst sich keines Wiederwillen merken /biß Statira ihrer Gewohnheit nach / die Augen gar zu hefftig an ihren gegen ihr überstehenden Kleon weidete / und fast essens und trinkens drüber vergaß / daß auch Kleon unwillig drüber ward / und ihr einen Wink gab / sich hierin zu mässigen. Gobares / der genaue acht auf sie gab / entbrante hierüber von Zorn /dz er den Eifer sich bald hätte übermeistern lassen /ihr verweißlich zuzuredẽ / welches Nabarzanes merkend / seinen Kleon einen Abtrit nehmen hieß / vorgebend / er hätte mit dem Fürsten in geheim zureden /welcher dann nach Kleons Abtrit zu Nabarzanes sagete: Gewißlich mein Freund / ihr habt einen holdseligen Diener an diesem Griechen / und scheinet derselbe ein guter erkenner des schönen Frauenzimmers zu seyn. Fr. Statira ward durch diesen Stich am innersten ihrer Seele gerühret / und nam ihr vor es unbeantwortet nicht zu lassen / wañ nicht Nabarzanes ihr zuvor kommen währe / der zu dem Fürsten sagete: Ich weiß nicht / daß mein Diener nach dem Frauenzimmer sich ernstlich umbsehen solte / sonsten hat mein Gemahl unterschiedene saubere Dirnen / deren eine ich ihm an den Hals werffen wolte. Daß ihrs nicht gemerket /sagte der Fürst / ist umb so viel schlimmer; so schnappet mannicher lieber im finstern nach dem schönsten / als an der Sonnen nach dem mittelmässigen / und hat man sich mehr vor schlaubeissende als bellende Hunde vorzusehen / dann die fallen uns ungemeldet an / so daß sie den Biß schon volbracht haben ehe mans gewahr wird. Unter dieser Rede / wie hart sie gleich wahr / besan sich dannoch Statira / verbarg ihren Zorn / und antwortete mit lächelndem Munde: Wañ ich wüste / daß meines Gemahls Diener so freyisch währe / wolte ich ihm keine einzige aus meinem schlechten Zimmer versagen / insonderheit /weil mein Gemahl sich erbeut / selbst freywerber zu seyn. Sie suchte aber Gelegenheit zu anderem Gespräche / und stellete sich algemehlig gegen den Fürsten freundlicher als diese Zeit über geschehen wahr; wodurch sein Grim sich legete / und er in etwas befriediget ward / ließ sich auch weiter nicht daß geringste gegen sie vermerken. Sie aber machete sich des folgenden Morgens zu ihrem Nabarzanes / küssete und herzete ihn über ihre Gewohnheit / und sagte nachgehends: Herzgeliebter Herr und Gemahl / was hatte der Fürst gestern Abend vor Ursach / auff meinen Kleon zu schimpfen? Ich wil ja nicht hoffen / daß durch falsches Geschwätze ihr ihm Ursach darzu gegeben habet / mich und ihn in ungleichen [711] Verdacht zuziehen; dann währe solches geschehen / wolte ich versichert mich alsbald vor euren Augen erstechen. Der einfältige Tropff meynete / sie ginge bereits mit Todes Gedanken umb / offenbahrete ihr deswegen alles /was der Fürst mit ihm geredet / und er hinwieder geantwortet hätte / taht endlich aus seinem eigenen Gehirn hinzu / der Fürst wäre entschlossen / Kleon etwas mit auff den Weg zunehmen / und niderhauen zulassen; worüber sie gar bestürzete / machte sich bald hin zu Kleon / und gab ihm Befehl / Sudwerz auff die Jagt zureiten / und vor späten Abend nicht wieder zukommen / weil sie fürchtete / er würde mit dem Fürsten reiten müssen / welches ihm Ungelegenheit geben dürffte. Diese Zeitung wahr ihm nicht so gar angenehm / gestaltsam er sein bevorstehendes Unglük unschwer zuerkennen hatte; machte sich demnach bald auff / nam ein Strik Winde zu sich / und taht wie ihm befohlen wahr. Inzwischen überlegete Gobares bey ihm selber / wie er Kleon vom Brote richten könte / dz Statira dessen nicht gewahr würde / und befand endlich am tuhnlichsten / es dergestalt anzugreiffen /wie Nabarzanes aus eigenen Gedanken vorgab /machte sich darauff von seinem Lager / und ließ alles zum schleunigen Auffbruch fertig halten. Wie er nun Kleon bey dem Frühstücke / vorigem Gebrauche nach / nicht aufwarten sahe / und seines abwesens ursach zuwissen begehrete / gab die Frau ihm zur Antwort: Weil sie gestern Abend gemerket / daß Ihre Gn. etwa einen Unwillen zu ihm trüge / wolte sie dieselbe durch seine Gegenwart nicht zu weiterem Zorn oder ungenehmer Bewägung reizen; überdas hätte sie des Fürsten gestrigen Reden etwas tieffer nachgedacht /und da sie wissen solte / daß sie damit gestochen währe / wolte sie verschwören / sich zeit ihres Lebens von einigem Mannesbilde / wer der auch währe / weiter berühren zulassen / wolte auch zum Zeugniß ihrer Unschuld / diesen ihren Diener / ungeachtet seiner Unschuld / mit eigenen Händen erwürgen; welche Worte sie mit einem kläglichen weinen endigte; Wodurch der Fürst dergestalt bewäget ward / daß er ihr Trost einsprach / mit Beteurung / es wäre nur scherzweise / uñ durchaus nicht auf sie geredet; so hätte er auch gar keine Ungnade auff ihren höflichen Diener geworffen / dessen adeliche Sitten ihm insonderheit wolgefielen / daher er ihm / etliche Meilẽ mitzureiten / zulassen wolte. Zwar es merkete Statira sein meuchlisches Vorhaben handgreifflich / ließ sich aber dessen nicht merken / sondern befahl dem Kleon zuruffen / ward aber berichtet / er währe nicht anheimisch /sondern gar früh auf die Jagt ausgeritten / mit vorgeben / nicht umzukehren / biß er einen Hirsch / oder sonst ander groß Wild angetroffen hätte. Erst gedachte Gobares / diß müste ein angelegtes Spiel seyn /kunte doch seine Reise nit auffschieben / sondern nach eingenommenem Mahle / setzete er sich mit allen seinen Dienern zu Pferde / ohn daß er einen verschlagenen ädelknaben hinterließ / der sich krank stellen / und auf Statiren und Kleons Beginnen acht haben solte / welches von ihm fleissig verrichtet ward; dann so bald Kleon mit seinem grossen wilden Eber / den er auf einem Karren nachführen ließ / zu Hause anlangete / empfing die Frau ihn nach Gewohnheit sehr freundlich / und ging bald darauff mit ihm in ein absonderliches Gemach / welches der Knabe ersehend / heimlich nachschleich / und ihres Liebehandels zu gutem teile wahrnam / ging unvermerket wieder davon / und setzete nach genommenem Abscheide seinem Fürsten ungeseumet nach / welcher vor wenig Stunden seine HauptStad Susa erreichet hatte; demselben taht er zuwissen / nicht allein was er ingeheim verspüret / sondern auch öffentlich angesehen hätte / [712] daß Kleon mit Nabarzanes zu Tische / allernähest bey Fr. Statiren gesessen währe. Diese Zeitung wahr dem Fürsten als ein Schwert im Herzen /wolte doch nicht / daß es unter die Leute solte ausgebreitet werden / weil ohn das diese seine Buhlerey sehr heimlich und verborgenwahr / derhalben er den Knaben die folgende Nacht auf dem Lager mit einem Stricke erwürgen ließ / und sendete früh Morgens sechs gewapnete Knechte nach Nabarzanes Schlosse mit diesem Schreiben:

Fürst Gobares wünschet Nabarzanes seinem lieben geträuen / Glük und Heil. Nachdem ich neulich von euch weg geritten / und die löbliche Sitten eures Dieners Kleons in bessere Obacht gezogen / ist mir eine sonderliche beliebung ankommen / ihn vor meinen Leibdiener zuhaben / zweifele nicht / ihr werdet mir hierin gerne wilfahren / wie imgleichen Kleon solches gute Glük nit ausschlagen wird. Ich übersende bey Zeigern den bewusten Lehnbrief über das versprochene Rittergut / welches ihr von nun an besitzen / und als euer Eigentuhm gebrauchen sollet / ohn einiges Menschen Hinderung uñ Einrede. Gehabt euch wol / und grüsset unsere herzgeliebete Fr. Statiren.

Diese Abgesanten hatten von ihrem Fürsten den ausdrüklichen Befehl / daß sie Kleon auff dem Wege erschlagen / und sein Häupt mit überbringen / den Leib aber den Hunden vorwerffen solten; welche /solches zuverrichten / sich auff den Weg begaben /kahmen auch des dritten Tages umb Mittageszeit auff Nabarzanes Schlosse an / da die Frau mit ihrem Kleon gleich auff einem Lustgange umher ging. Sie muhtmassete alsbald / es würden des Fürsten Leute seyn / deswegen verbarg sie ihn auff einem Gemache /ging darauf nach ihrem Gemahl / und lase neben ihm des Fürsten Schreiben; nam einen frischen Muht an sich / uñ gab zur Antwort: Dieses währe ein schlechtes begehren von Ihrer Fürstl. Gn. dem leicht könte und billich müste untertähnig gewilfahret werden /und möchten die Abgesanten sich nur gedulden / biß Kleon von der Jagt wieder zu hauß kähme; ihres Gn. Fürsten Woltahten währen so groß / daß sie ihm nicht allein einen Diener / sondern alle ihre Güter und Vermögen schuldig währe. Nabarzanes ward dieser Erklärung sehr froh / und lobete sein Gemahl / daß sie wider des Fürsten Willen sich nicht sperrete; Sie aber / weil sie ihren geliebten Buhlen so leicht zuübergeben nicht willens wahr / machte sich hin zu ihm / er solte bey Nachtzeit in stiller geheim hinaus reiten /sein Pferd unfern des Schlosses erstechen / und seinen Huet und Degen dabey ligen lassen / nachgehends zu fusse wieder auff das Schloß kehren / und nur gutes muhts / auch der gewissen Zuversicht seyn / daß sie Lebensgefahr mit leichter Mühe von ihm abwenden wolte. Kleon verwunderte sich ihrer listigen Erfindungen / und hielt sich fertig / ein solches ins Werk zurichten / dann er merkete schon / daß ihr dieser Streich gerahten würde. Sie bezeigete sich gegen den Abgesanten sehr freundlich / und fragete offt nach des Fürsten wolergehen / da sie unter andern zuwissen begehrete / in was Diensten seine Fürstl. Gn. Kleon gebrauchen wolte / bekam aber eine solche kalte Antwort / daß sie daher gnug abnam / es würde ihm die lezte Urtel schon gesprochen seyn. Als das Abendmahl solte gehalten werden / fragte sie nach Kleons Wiederkunfft / und befahl / daß er bey Tische auffwarten solte / umb den lezten Abscheid von ihrem Herrn Nabarzanes zuempfahen; weil ihr aber zur Antwort ward / er liesse sich nirgends finden; fing sie an: Ich habe ihm schon vor diesem ernstlich gebohten /daß er beyzeiten von der Jagt umkehren / und seine obliegende Geschäffte verrichten solte / doch weil er nun einen mächtigen Herrn bekömt / werde ich ihm diesen Ungehorsam müssen zugute halten. Nabarzanes verwunderte [713] sich sehr / daß sie zu seiner Erlassung so willig wahr / sagte gleichwol zu dem Abgesanten / weil dieser sein Diener ihm bißher träulich auffgewartet hätte / möchte er den Fürsten in seinem Nahmen untertähnig ersuchen / daß er gnädig gehalten würde. Kleon verschlief die Zeit nicht / sondern umb Mitternacht ritte er heimlich hinaus / verrichtete der Frauen Befehl / und stellete sich unvermerket an bewustem Orte wieder ein / da sie ihm etliche Stunden gesellschafft leistete. Des Morgens wahr sie sehr frühe auff / nam wegen Kleons aussenbleibens sich einer zornigen Ungeduld an / und befahl etlichen Dienern / hinauszureiten / umb zu erforschen / wo er bliebe; welche dann bald wieder kahmen / und Kleons Schwert samt seinem blutigen gnug zerhacketen Huet mit sich brachten / dabey berichtend / es läge sein Pferd nicht weit vom Schlosse im offenen Wege / und währe mit unterschiedlichen Stichen und Hieben niedergeschlagen / auch der Zaum hinweg / aber der Sattel añoch vorhanden. Des Fürsten Abgesanter mit sei nen Dienern stund dabey / hörete diese Zeitung / ritte hinaus / uñ fundens also / daher niemand / auch Nabarzanes selbst nit zweifelte / er währe gefangen hinweg geführet / welches er auch den Fürsten schriftlich wissen ließ / und dessen Leute zurük sendete. Fr. Statira wahr froh / daß ihr dieser Anschlag gerahten wahr / stellete sich gegen ihrẽ Gemahl sehr traurig / und gab vor: Ob sie gleich sich gegen den Abgesanten vernehmen lassen / wie willig sie währe / dem Fürsten diesen ihren Kleon zuübergeben / hätte es ihr doch sehr wehe getahn / einen solchen geträuen und tapfferen Diener zuverlieren / desgleichen sie nimmer wieder bekommen würde / und stünde sie fast in den Gedanken / ob währe er von des Fürsten Leuten schelmischer weise erschlagen / die ihm etwa aufgewartet hätten / nachdem sie vernommen / daß er auff der Jagt währe; wodurch sie dann Nabarzanes in seiner meynung dergestalt vergewisserte / daß er bey allen Göttern geschworen hätte / es verhielte sich also; doch entschuldigte er des Fürsten Leute / und daß er nicht gläuben könte / daß sie dessen befehl von ihrem Fürsten hätten. Also speisete sie nun ihren Kleon gar wol auff einem geheimen Gemache / und lebete mit ihm ihres willen. Niemand aber freuete sich mehr über seinen Tod / als sein leibeigener Orsillos / welcher sich bey der Frauen angab / und begehrete / in vorige Freyheit wieder gesetzet zuwerden / nachdem die Götter sein Elend angesehen und den greulichen Bluthund Kleon hinweg genommen hätten; worauf sie anfangs nicht sonderlich antwortete / sondern ihm die verzuckerte Galle einstreich / er solte sich ein wenig gedulden / seiner Bitte könte nach befindung ein genügen geschehen / und wolte sie es mit ihrem Gemahl in gnädigen bedacht zihen. Hiedurch ward er sicher /ging müssig / aß uñ trank / und kehrete sich so gar an keine Arbeit / ob hätte er die Dienstketten schon abgeleget. Aber nachdem sie mit ihrem Kleon abrede genommen / und er über fünff Tage abermahl zimlich ungestüm anhielt / auch viel Schimff- und Schmachreden wider Kleon ausstieß / redete sie ihm dannoch gütlich zu / erkundigte sich bey allem Gesinde wegen seines verhaltens / uñ taht es ihrem Gemahl zuwissen / ihn mit bewäglichen Worten erinnernd / daß er einmal / um sein Ansehen bey dem Gesinde zuerhalten /einen Ernst sehen lassen / uñ diesen Buben also straffen solte / daß es den andern allen zur Warnung dienen / und sie in gebührlichem Fleisse erhalten könte. Dieser ließ sich darzu leicht bereden / und nach ihrer Anordnung ward allem Gesinde des Abends angesagt / auff dem Schlosse zubleiben / und vor ihrem Herrn und Frauẽ zuerscheinen; Welches da es geschahe /muste Orsillos zuerst vortreten / da ihm die Frau mit[714] guter Freundligkeit die Freyheit gab / sein gestriges und ehmahliges begehren ihrem Herrn und Gemahl selbst vorzutragen; worauf er also anfing: Gn. Herr /ob ich zwar durch des Schandbuben Kleons falsche Bezichtig- und Verleumdung bey unserm gnädigen Fürsten dergestalt angegossen bin / daß dessen Durchl. mich ihm zum Leibeigenen / wiewol / wie ich nicht anders davor halte / auf eine kurze Zeit übergeben hat / so bin ich dannoch meiner Ankunfft und Geburt nach / frey / und kan dartuhn / daß meine Vorfahren ädel und rittermässig gewesen / wie ich dann selbst in meiner Jugend Waffen geführet / und mich in Kriegen wider die Römer / drey Jahr lang zu Pferde gebrauchen lassen / welches wann meinem Gn. Fürsten es kund getahn würde / zweifele ich nicht / es würde von dessen Durchl. mir meine angebohrne Freyheit bald wieder zugesprochen werden; insonderheit / weil derselbe / dem ich als einem unwirdigen dienen müssen / durch des Himmel Rache gestraffet /und meine Unschuld dadurch an den Tag geleget ist. Diesem nach gelebe ich der gänzlichen Zuversicht / es werden Eure Gnaden mich mit diesen Ketten weiters nicht drücken / sondern mir meine Freyheit gönnen /daß ich nach meiner Heimat reise / und mein Haus und Hoff nach wie vor besitze / bitte danebest umb ein ehrliches neues Kleid und nöhtigen Reisepfennig. Die Frau gab ihrem Gemahl einen Wink / daß er ihn solte heissen einen Abtrit nehmẽ / beredete sich weiters mit ihm / und geboht dem anwesenden Gesinde /daß alles / was sie unbilliches von Orsillos wüsten /sie ungescheuhet auf befehl anbringen solten. Dieser ward bald wieder vorgefodert / und bekam von Nabarzanes diese Antwort: Daß du der knechtischen Ketten müde / und der Leibeigenschafft überdrüssig bist / traue ich dir wol zu; daß du aber umb die Freylassung anhältest / und zwar mehr foderungs- als bittesweise / ja mehr trotzest als flehest / solches befremdet mich in etwas; jedoch / weil du weist / daß niemand die verlohrne Freyheit erlangen kan / es geschehe dann durch Gewalt / oder durch des Herrn sonderliche Gnade / oder durch ein gnugsames Lösegeld /ich aber weder das erste noch dritte Mittel sehe / so wird dir die Freyheit nicht anders als durch meine Gnade können zu teile werden. Weil man nun solche grosse und sonderbahre Gnade niemand anders / als hochverdieneten mitteilen muß / als werde ich gehalten fleissige Nachforschung zutuhn / ob du eine solche durch deine redliche und geträue Dienste und Gehorsam dir erworben habest / und da ich ein widriges erfahren solte / müste ich mich gegen dich also bezeigẽ / daß weder ich dessen schande / noch du zu hohe belohnung davon hättest; Tretet deswegen hervor /alle Knechte / Mägde und Dienstbohten / und bey unausbleiblicher Todesstraffe zeiget an / ohn scheuh und Ungunst / was von dieses Orsillos verhalten euch bewust ist. Der Haus Vogt brachte seine Klage zum er sten an: Es hätte sieder Kleons ableiben sich dieser Orsillos nit anders als ein Freygelassener bezeiget /seinen Befehl verachtet / und seines Willens gelebet /unter dem vorgeben / weil der Teuffel seinen schelmichten Herrn gehohlet / währe er frey und niemand verbunden. Die Stall- und Wagen Knechte bezeugeten solches einhellig / und daß er alle Abend mit einem Rausche währe zu Bette gangen; Die KüchenBuben klageten / er hätte ihnen kein einiges stük Holtz spalten wollen; Die Schliesserin gab an / er hätte ihr diese ganze Zeit über angelegen / gute Speise und Trank ihm zuschaffen / und hätte ihr vor wenig Tagen Unzucht angemuhtet / unter dem versprechen / weil er nunmehr von rechtswegen frey währe / und seine Haushaltung bald antreten würde / wolte er sie ehlichen; Die Mägde [715] klageten alle mit einander / wie unzüchtig er sich bezeiget / und gab endlich des KühHirten Weib an / er währe ihr diesen Morgen heimlich auf den StrohBalken nachgeschlichen / da sie dem Vieh dz Futter herunter geworffen / da hätte er sie notzüchtigen wollẽ / würde auch zweifels ohn nicht abgelassen haben / wann nicht die eine MelkeMagd darzu kommen währe / und sie gerettet hätte; baht deswegen sehr / ihr gn. Herr möchte diesen alten frechen und wollüstigen Buben abschaffen / damit sie und andere mehr vor ihn möchten gesichert seyn. Nabarzanes hieß den Beklageten darauff antworten; welcher dañ anfangs sich stark aufs leugnen begab / und sich doch in seinen Reden etliche mahl selbst verriet; Muste endlich einẽ Abtrit nehmen / und nach seines Herrn und Frauen Beredung wieder vortreten / da ihm sein Herr diese Urtel sprach: Nachdem unläugbar ist /dz Kleon der entleibete / mein Knecht und Leibeigener gewesen / so folget daraus unwidersprechlich /daß alles / was demselben zugestanden / mein Eigentuhm ist; Weil dañ der Durchleuchtige Fürst von Susa selbst meinem Kleon dich Orsillos zum Leibeigenen geschenket hat / und solches umb deines schweren verbrechens willen / wird niemand als ein Wahnwitziger es leugnen / daß Orsillos zugleich / ja vornemlich auch mein Leibeigener sey. Nun aber hält derselbe nicht allein gar trotzig bey mir umb die Freylassung an / sondern hat sich überdas dergestalt ungehorsam /frech uñ bübisch erzeiget / daß mein ganzes Gesinde /niemand ausgeschlossen / darüber klagen muß / wodurch er dann verdienet hat / daß er nach meinem belieben gekreuziget / oder den Fischen zur Speise vorgeworffen / oder sonst abscheulicher weise am Leben gestraffet werde / damit andere seines Standes sich an ihm spiegeln / uñ gleiche Bosheit zubegehen scheuh tragen; jedoch / weil mit so unnützem Blute mir nicht gedienet ist / sol er vor dißmahl nacket ausgezogen /an eine Säule gebunden / und von oben an biß unten aus gestrichen werden / damit ihm der Kitzel zur Unzucht vergehe. Der arme Tropff fiel nider / und baht umb Gnade / aber es halff nichts / dann vier starke ihm ohn das ungewogene Knechte / entblösseten ihn /bundẽ ihn an / und richteten ihn mit scharffen Ruhten so jämmerlich zu / daß ihm die Haut am ganzen Leibe zerhauen ward. Nach vollendeter Geisselung ging Nabarzanes davon / und hielt eine kurze Rede an das Gesinde / daß sie diese Straffe ihnen solten zur Warnung dienen lassen; Sein Gemahl aber / welche Kleons Schmach noch besser rächen wolte / trat dem ohmächtigen Orsillos näher / ließ ihn mit starken Krafftwassern an der Säule erquicken / und als er hoffete abgelöset zuwerden / hieß sie Honig herzubringen / und ihn damit über den ganzen Leib bestreichen / da die Fliegen sich häuffig auf ihn setzeten / und er so unsäglichen Ja er trieb / daß nur seine einige Bitte der Tod wahr; aber sie gab ihm zur antwort: Mit deinem Tode ist weder mir noch deinem abgeleibeten Herrn gedienet / sondern ich muß sehen / ob ich einige Bescheidenheit in dich bringen möge / daß du hernähst etwas höflicher von deinem Herrn reden lernest / welcher mir alle behägliche Dienste erwiesen hat. Befahl darauf / ihn mit Salzwasser abzuspülen / welches ihm noch die unleidlichsten Schmerzen verursachete / biß er abgelöset / gelabet / und mit köstlichen Salben geschmieret ward / durffte auch nachgehends seiner Befreyung keine Erwähnung mehr tuhn / sondern verrichtete seine Arbeit besser als vor nie / weil er in eine neue Haut gekrochen wahr; überdas wuste er sich fleissig vorzusehen / und seine Zunge im Zaum zuhalten / daß er seines gewesenen Herrn weder in bösem noch gutem gedachte / von welchem jederman wähnete / er währe im Pusche vollends [716] erschlagen / weil man daselbst ein menschliches Gerippe funden hatte /da dann Fr. Statira bemühet gnug wahr / solche Zeitung zubehaupten / damit so wol Fürst Gobares als ihr Nabarzanes selbst auffhören möchten / ihn weiter zuverfolgen. Unterdessen wehrete dem guten Kleon die Zeit in diesem unangenehmen Gefängniß sehr lange / dann er wahr des frechen Weibes von herzen überdrüssig / durffte sich dessen doch nicht merken lassen / und fand auch keine Gelegenheit / davon zukommen / zürnete deswegen auff sich selbst / dz er die Nacht / da er sein Pferd erstach / nicht davon geritten wahr; O wie oft klagete er seine Träulosigkeit an / die er seiner lieben Ursulen zubeweisen gezwungẽ ward / deren Monaten schon vor acht Wochen zum Ende gelauffen wahren / welches sie doch vor jedermänniglich so meisterlich zuverbergen wuste / daß man davon nichts argwohnete / biß das Wehe sie anstieß / und sie zu Fr. Sophien / die damals bey ihr wahr / also sagete: Herzgeliebete Frau Schwester /meine Bürde / die ich eine zeitlang von eurem Bruder bey mir getragen / wil sich länger nicht bergen lassen / dann ich empfinde die Geburtswehe sich herzu nahen / wollet es deswegen euren und meinen lieben Eltern zuwissen machen / daß mir eine vernünfftige Wehmutter zugeordnet werde. Frau Sophia erschrak dessen / und verwieß ihr mit harten Worten / daß sie biß auff die lezte Stunde solches verborgen hielte /hätte sich mögẽ mit samt der Frucht in den Tod stürzen / dafern in aller Menschen abwesenheit / ihre Zeit herzu genahet währe; Sie hätte gerne mehr geredet /aber die Noht trieb sie fortzueilen / kam doch mit der Wehmutter und anderer weiblichen Geselschafft bald wieder / und halff Gott / daß inwendig zwo Stunden sie eines jungen Fabius genaß / worüber die Eltern und sämtliche Anverwanten höchst erfreuet wurden /weil der ganze Stam durch dieses erste Zweiglein erhalten ward.

Wir wollen aber diese ihr junges Söhnlein zu Padua baden und säugen lassen / und unsern beyden Helden / Herkules uñ Ladisla auf der Reise nach Charas nachfragẽ / die sich in begleitung Herren Pharnabazus und Mazeus von Ekbatana auffgemacht hatten /von denen sie biß an die Parthische Grenzen wol vergeselschafftet wurdẽ / woselbst sie sich scheideten /weil Pharnabazus / wie oben erwähnet / nach dem Persischen GroßFürsten Artaxerxes / Mazeus aber mit den zugegebenen Reutern wieder zurük nach Meden /und die unsern sieben Mann stark / des nähesten Weges nach Charas fort reiseten / hatten auch zimliche sicherheit / biß auff eine tage Reise von der Stad /da ihnen 15 gewapnete Reuter im freien Felde ausstissen / welche in ihrer Rechnung nicht fehleten / es müste gute Beute auff ihre zween grosse Rustwagen geladen seyn; wurden deßwegen eins / sich derselben zubemächtigen / und sendeten zween ihres mittels an die unsern / mit dem Befehl daß sie stille halten / und ohn außdrükliche Erläubnis nicht fortrücken solten. Nun hatte Herkules einen guten Freibrieff von dem GroßFürsten aus Meden bey sich / dessen er sich so nahe bey der Stad lieber als des Schwerts gebrauchen wolte / deßwegen er den Abgeschikten zur Antwort gab / sie ritten als freie Leute in des GroßFürsten Phraortes Diensten / bey Königlicher Hocheit etwas vorzutragen / wolten demnach hoffen / daß man ihnen daran nicht würde hinderlich seyn / massen sie dessen guten Schein von Hochgedachtem Fürsten auffzulegen hätten. Ihr Führer solches vernehmend / wolte sich daran nicht kehren / und ließ ihnen zum andern mahle andeuten / es würden der falschen Freibrieffe heut zu Tage so viel geschrieben [717] / daß man gar keinẽ mehr zu trauen hätte / weil selbe fast alle miteinander von den HofSchreibern erkauft / nicht von den Fürsten erteilet würden; doch wie dem allen / so währe niemand unter ihnen / der sich auff Brieffelesen groß verstünde / müsten demnach nicht ihre Briefe / sondern ihre Waffen /und was sie auff den Wagen führeten / von sich geben / und von ihrer Gnade das Leben erbitten. Herkules antwortete mit wenigen: Er wolte hoffen es währe ihm und den seinen die Landstrasse zu reisen so frey als einem andern / da aber ein Fürst oder sonst ein grosser Herr verhanden währe / wolten sie demselben alle mögliche / und einem Ritter nicht schimpfbringende Ehre antuhn / einem andern aber gestündẽ sie durchaus kein heissen noch verbieten. Diese verdroß solche Verwägenheit / daß eine so kleine Schaar sich noch sträuben und unnütze Worte von sich geben solte /setzeten mit vollem Lauff und entblösseten Degen auff sie an / und funden über verhoffen mehr als sie sucheten; dann Herkules und Ladisla / neben Leches /Tyriotes und Gallus gebraucheten sich aller ihrer stärke / und tahten ihre beyden Dolmetscher Plautus und Mardus auch so viel in ihrem Vermögen wahr / daß in kurzer Zeit der gröste Teil dieser Räuber erschlagen /uñ die übrigen gefangen wurden / welche auff bedrauliche Frage bekenneten / sie kähmen von Charas / der Ritter mit welchem Herkules den absonderlichen Streit gehalten / und ihm dz Häupt zerspillet / währe des grossen Königes Artabanus unehlicher Sohn /Fürst Sanatruzes / auff dessen Tapfferkeit der Vater viel gehalten / und ihn zum FeldObristen über 20000 Parthische Reuter ernennet hätte. Dieser Zeitung entsetzeten sie sich über alle masse / so daß sie ganz erbleicheten / fasseten doch eine kurze Erklärung / hieben die Gefangenen nider / und wendeten sich in grosser Eil auff eine andere Strasse / damit sie des Verdachts dieser Taht möchten befreiet bleiben. Herkules hatte zeit wehrendem Gefechte des Tyriotes Mannheit verspüret / weil er in wenig Streichen zween feste Ritter erlegete / sagte deßwegen nach geendigtem Streit zu ihm: Tyriotes du hast in einer guten Schuele gelernet / und mangelt dir weder an Vorsichtigkeit noch Herzen; so biß nun geträu / from und verschwiegen /und versichere dich / daß wann dir geliebet dereins mit uns in unsere Heimat zu reisen / du daselbst Zeit deines Lebens mit adelichen Gütern solt versorget seyn / oder gefält dir diese OstenWelt besser / sol dirs in Meden oder Persen eben so wenig fehlen / dessen ich dir meine Redligkeit zum Pfande setze. Dieser ward des Erbietens sehr froh / bedankete sich untertähnig / mit dem versprechen / sein Leib und Blut vor seine gnädigste Herren willig auffzuopffern / leistete auch einen hohen äid / ihren Stand und Heimligkeit niemand zu offenbahren; hingegen vermacheten sie ihm 150 Kronen Monatliche Bestallung / dañ er wahr zu Charas wol bekant / daß ihnen seine Dienste sehr ersprießlich wahren. Des andern tages nach gehaltenem Kampfe / näherten sie der Stad auff eine Viertelmeile / stiegen ab von ihren Pferden / und tahten zu Gott eine herzliche Danksagung mit vielen andachts- Trähnen / daß er sie bißdaher geleitet / und auß mannicher Gefahr erlöset hatte / bahten ihren Heyland ferner / er wolte ihnen forthin allemahl Schuz halten /und zu ihrem Vorhaben Glük und Seegen geben / auff daß sie mit dem lieben Fräulein wiederumb bey den ihren anlangen möchten; wovor sie Zeit ihres Lebens Gottes Lob und Preiß erhöhen und außbreiten wolten. Nach geendigtem Gebeht setzeten sie sich wieder zu Pferde / legeten die Harnische auff den Wagen / und ritten in gemeiner Reuterkleidung in die Stad / kehreten [718] aber nicht miteinander in eine Herberge ein / sondern Herkules / Ladisla und Tyriotes blieben beysammen / die übrigen nahmen fast gegen über ihr Ablager / nicht gar weit von Fräulein Valisken Schlosse / und wahren des ersten tages stille. Des folgenden ging Herkules mit Tyriotes hin / dieses Schloß eigentlich zubesehen / welches zwar gegen das GroßKönigliche zu rechnen / klein / aber über die masse zierlich gebauet wahr / auch mit tieffen Wassergraben und hohen Mauren und Zwängern umbfangen; das Gebäu an sich wahr von glänzendem weissen Marmel / mit hangenden Gemächern außwendig Blumwerksweise vergüldet; die Fenster von dem lautersten kristallen Glase; das Dach glänzete von Golde / daß wann die Sonne darauff schien / es den Anschauenden die Augen blendete. Der Graben hielt ein sehr klares Wasser in sich / welches mit Röhren hinein geleitet wahr / und wurden die herlichsten Fische drinnen gehäget / dann der Fräulein höchste Lust wahr in dieser ihrer Einsamkeit / daß sie zuzeiten mit einer Angelrute oben von der Maur hernider dieselben fing / und nach sich in die Höhe zog / und weil man diesen Graben außwendig gar umbgehen kunte / besahe Herkules das Schloß rings umbher / da er eines Obergemaches Westwerts gewahr wurde / an welchem außwendig nähest bey dem Fenster zu beyden Seiten / seiner liebsten Fräulein Zeichen

mit schwarzer Farbe in zimlicher grösse gemahlet stund / dessen er höchlich erfreuet ward / unter der Hoffnung / er würde sie dieser ends bald zu sehen bekommen / weil er ungezweiffelt davor hielt / dieses müste der Fräulein eigenes Zimmer seyn / wie es dann auch wahr; ging deßwegen alsbald wieder nach der Herberge / und erzählete seinem Ladisla was er angetroffen hatte; Sie gingen desselben tages sechsmahl miteinander dahin /aber vergebens / dann es befand sich das Fräulein den ganzen Tag über in grosser Traurigkeit und schweren Gedanken / und solches aus furcht / daß ihr Herkules auff der gefährlichen Reise in Unglük gerahten und wol gar umb sein Leben kommen möchte; Uber dz hatte sie in erfahrung gebracht / es stünde wegen eines vermuhtlichen iñerlichen Krieges sehr gefährlich im ganzen ParthischenReiche / daraus sie muhtmassete /daß die Unsicherheit zu reisen ihn gar wieder zurük zihen dürfte / in welchẽ Gedanken sie sich so sehr vertieffete / daß sie vergaß an ihr Fenster zu gehen /und ihres Timokles wahrzunehmen / wie sonsten ihr täglicher brauch wahr. Des andern Morgens gingen sie zimlich frühe wieder hin / und nachdem sie etwa eine halbe Stunde sich daselbst auffgehalten hatten /erblickete Herkules das Fräulein ohngefehr am Fenster / da er vor freuden seinem Ladisla an der Seite niedersank / nicht anders als ob die Seele aus ihm gefahren währe / auch Ladisla nicht anders meinete / er währe etwa vom Schlage getroffen uñ plözliches todes verblichen / dessen er so hefftig erschrak / daß ihm schier ein gleiches begegnet währe / doch hielt er sich feste / und schüttelte seinen Freund so lange / biß er ihn endlich wieder zu rechte brachte / weil Timokles / der seiner Gewohnheit nach sich daselbst von seinem gebietenden Fräulein sehen ließ / seines Unfals inne ward / aus mitleiden hinzu trat / und aus dem nähesten Brunnen Wasser zutrug / damit sie ihn wieder erquicketen. Frl. Valiska sahe dieses an / und kennete doch ihre liebsten Freunde nicht / weil sie beyde ihre Angesichter verstellet hatten. Ladisla hatte ihrer noch nicht wahr genommen / biß Herkules / da er sich erhohlete / sie ihm mit beyden Händen zeigete / und in teutscher Sprache zu ihm sagete: Bruder / sihestu deine Frl. Schwester nicht / deren Geister die meinen zu sich hinauff gezogen haben? [719] Hiemit sahen sie beyde das Fräulein starre an / und kunte Herkules nicht unterlassen / ihr eine höfliche Ehrerbietung nach teutscher Art zuerzeigen / dessen sie mit höchster verwunderung wahrnam / und vorgewiß hielt / ihr allerliebeste Nachsucher würden in der nähe seyn / und diese ihre beyden Diener voraus geschikt haben; durfte aber / Argwohns halbẽ sich nichts merken lassen /weil ihr Frauenzimmer mehrenteils bey ihr wahr /schlug das Fenster zu / voller Gedanken / und geriet bald auff die furcht / obs ein Verführer währe / und von dem Könige darzu bestellet. O du günstiger Himmels Gott / der du von meinem Herkules so hoch geehret wirst / sagte sie mit stillem Munde / aber schreienden Herzen und quellenden Trähnen / ist dann die Zeit meiner Erlösung nicht schier vorhanden? oder wiltu zugeben / daß der Außbund des menschlichen Geschlechts / mein fro er Herkules mit mir zugleich untergehen und verderben sol / welchen jederman vor ein volkommenes Meisterstük des Himmels halten und ehren muß? Timokles hatte zwar Herkules Reden an Ladisla nicht gehöret / und ob er sie gleich gehöret hätte / würde er sie doch nicht verstanden haben; aus ihrer beyder geberden aber urteilete er / sie müsten ohnzweifel der Fräulein Kundschaft habẽ / folgete ihnen deßwegen nach biß in ihre Herberge / und stellete sich gar ehrerbietig gegen sie / daher Herkules ihn also anredete: Mein Freund / ihr seid heut in erquickung meiner sehr bemühet gewesen / ungeachtet ich euch allerdinge fremde bin; möchte deßwegen gerne euer etwas bessere Kundschaft haben / ob ich daher Gelegenheit finden könte / euch eure mir geleistete Dienste zuvergelten. Dieser antwortete: Seine Dienste währen schlecht und geringe gewesen / und keiner Vergeltung wirdig; seinen Zustand betreffend / währe er hieselbst fremde / würde sich aber eine zeitlang alhier auffhalten / weil er nach seines Herrn befehl /dem er dienete / auff dessen gute Freunde wartete /deren er aus weit abgelegenen West-Nordischen Ländern gewißlich vermuhtete / und währe alles sein tuhn / daß er täglich die vornehmsten Herbergen besuchete / umb Nachfrage zuhalten / ob nicht einer oder ander möchte ankommen seyn / denen dieses Zeichen

(welches er ihnen vormahlete) bekant währe. Herkules erfreuete sich dieses vorbringens überaus höchlich / und gab ihm zur Antwort: Mein Freund / es hat ein sonderliches Glük euch zu uns geführet / dann niemand als wir / kan eures Herrn Freunde euch zuerkennen geben / von denen wir abgefertiget sind / eurem Herrn und dessen wolergehen nachzufragen. Umb meinen Herrn / sagte Timokles /stehets noch wol / so viel Ehr / Leben uñ Gesundheit betrift / dem von Tyrus biß hieher ich stets auffgewartet habe; aber kan ihnen nicht belieben / mir ihrer Herren nahmen zu nennen? dann ehe solches geschihet / werde ich stets im zweiffel bleiben. Mein Herr /sagte Herkules / heisset Ladisla. Er neigete sich vor diesem nahmen und gab zur Antwort: Derselbe grosse Herr ist meines Herrn leiblicher uñ einiger Bruder. Ihr wisset genug / mein Freund / sagte Herkules / und wollen euch unsere Herren bald sehen lassen; befahl darauff / Tyriotes solte ihm ein wenig Geselschafft leisten / biß man ihn ruffen würde. Sie aber gingen auff ihr Gemach / rieben die angestrichene Farbe ab /legeten köstliche Kleider an / und ward Tyriotes von Leches gefodert / mit dem fremden herauff zukommen / welcher da er zur Tühr hinein trat / sagte Tyriotes zu ihm; da sehet ihr eures Herrn Freunde / woran ihr nicht zuzweifeln habet. Timokles entsetzete sich vor ihrem Fürstlichen Ansehen / dz er erstarrete / fiel nachgehends vor Herkules nider / und sagete: Durchleuchtigster GroßFürst / gnädigster Herr / [720] mit was unaussprechlicher Freude und Vergnügung werde Euer Gn. ergebenes Fräulein ich unwirdiger noch heut erfüllen / da ihrer Gn. und des Großmächtigsten Königes Herrn Ladisla glükliche Ankunfft deroselben ich andeuten werde; O mit was sehnlichem Verlangen ist Ihrer Gnn. Ankunfft täglich erwartet worden / welche mich meiner Gn. Fräulein schierkünftigen Erlösung fast versichern darff. Herkules hieß ihn auffstehen /und fragete / woher er ihrer Kundschafft hätte; Und bekam zur Antwort: Es hätte Herr Pharnabazus auff der Frl. geheiß ihm solches alles offenbahret / auch mit ihm verabscheidet / dafern er ihre Gnn. antreffen würde / wolte er seine Herberge ihnen kund tuhn. Nun wahr dieses zwar also ergangen / aber Pharnabazus hatte es allerdinge vergessen / und erinnerte sich dessen erst / da er schon zu Persepolis angelanget war /worüber er sich sehr hermete / aus furcht / es würden unsere Helden diesen träuen Diener nicht antreffen. Nicht weniger befremdete es auch die beyden Fürsten / daß er solches so gar nicht geahnet hatte / wolten sich dessen aber nicht merken lassen / sondern es rühmete Herkules diesen Diener wegen seiner dem Fräulein erzeigeten Träue / vermahnete ihn zur Beständigkeit / und verhieß ihm höhere Belohnung / als er selbst wünschen möchte; wovor er sich untertähnigst bedankete / und alles vermögen ihnen äidlich versprach / erzählete hernach kürzlich / wie es dem Fräulein bißdaher ergangen währe / und taht endlich hinzu / er hielte es vor ein sonderliches Glük-zeichen / daß GFürst Herkules in einem Schneeweissen / König Ladisla in einem rohten Kleide sich eingestellet hätten /nachdem mahl sein gn. Frl. mit ihm verabscheidet /ihrer Gnn. anwesenheit ihr mit solchen Farben anzudeuten. Herkules fragete / ob ihm dann nicht zugelassen würde / zu dem Fräulein zugehen / und mündlich mit ihr zureden; Und als er vernam / daß noch diese Stunde kein Mannesbilde ohn sonderliche Erläubniß des Königes zu ihr gelassen würde / sondern der ihm solches unternehmen wolte / ohn zweifel eines schändlichen Todes sterben müste / wie Herr Mazeus ihm schon angedeutet hatte / merkete er daher wol /daß es ihm schwer fallen würde / sein Vorhaben ins Werk zurichten; doch weil er in allen dingen seinem Gott und Heylande vertrauete / also zweifelte er nicht / derselbe würde ihm schon den Zutrit öfnen. Timokles hielt demühtig an / ihn dißmahl nicht länger aufzuhalten / damit er seinem gn. Frl. ihre Ankunfft verständigen / und ihr den grossen Ku er benehmen möchte / welcher sie wegen ihres langen aussenbleibens fast verzehret hätte. Es wahr gleich der Frl. GeburtsTag / nehmlich der 31ste des JennerMonats / mit welchem sie in das 17de Jahr trat / welchen Tag nicht allein sie mit ihrem Frauenzimmer / sondern der König selber mit seinen Höflingen zubegehen willens wahr. Nun befand sich das verliebete Fräulein /wegen des empfangenen Ehrengrusses / mit ungewöhnlichen Freuden beladen / daß ihr Frauenzimmer /in betrachtung ihrer bißher erzeigeten Schwermuht /eine sonderliche beliebung darob hatte. König Artabanus sendete ihr ein treffliches schneeweisses Kleid /dessen Werd sich auff zwo Tonnen Goldes erstreckete / dabey wahr eine Königliche Krone / und eine Halskette von überaus grossen Kosten. Wie sie sich nun auff ihrem Gemache ausputzen ließ / fand Timokles sich an seinem gewöhnlichen Orte / nam gemachter Abrede nach / ein helles Pfeifchen / und gab ihr seine gegenwart zuverstehen / dessen sie sich nicht wenig verwunderte / gedachte auch alsbald / er würde ihr ein sonderbahres Zeichen sehen lassen / weil er so bald zum andern mahle wieder kam; machete sich demnach hin zu ihrem [721] Fenster / vorgebend / weil ihr eine geringe Mattigkeit zustiesse / würde sie gezwungen / frische Lufft zuschöpffen; schlug das Fenster auf / und sahe ihn in der Rechten ein weisses / und in der Linken ein rohtes Tüchlein halten / und sie beyde frölich umb den Kopf schwingen; worüber sie vor grosser herzlicher Freude niderfiel / und mit innerlicher Stimme sagete: O hilf nun du wahrer Gott / nun hilff! damit lief ihr alles Geblüt zum Herzen / daß sie unbewäglich liegen blieb. Das gesamte anwesende Frauenzimmer erschraken dessen hefftig / wahren mit kräfftigen Sachen bald zugegen / und macheten ihr den Busem auff / da sie über ihrer trefflichen Schönheit sich nit gnug verwundern kunten / dann sie hatte bißher ihren Leib so wenig von diesem ihren Frauenzimmer beschauen lassen / als währens lauter Mannesbilder gewesen; durch welche Keuscheit sie ihr hohes Ansehen bey ihnen erhielt / wiewol sie es ihr vor einen stolz auslegeten. Es wehrete fast bey einer Viertelstunde / ehe sie ihrer Sinnen wieder mächtig ward /kahm algemählich zu sich selbst / schlug ihre halblächelnde Augen auf / und sagete zu den anwesenden: Ach ihr meine Freundinnen / warumb lasset ihr mich nicht in meiner Jungfräulichen Keuscheit eines so sanfften Todes dahin sterben? Mit dem ward sie ihres zur helfte entblösseten Busems gewahr / welches sie heftig verdroß / ihn alsbald wieder bedeckete / und mit ernstlicher Rede sagete: So nach diesem mich jemand dergestalt entblössen wird / die sol meinem Zorn und schwerer Straffhand nicht entgehen / dann alles wz an mir ist / wird nur einem Fürsten verwahret / sonsten hat kein Mensch der ganzen Welt teil an mir. Das Frauenzimmer baht demühtigst umb Verzeihung; es währe zu ihrem besten geschehen / ihre Geister wieder hervor zuruffen / hätten nicht gewust / daß ihre Gn. bey Frauenzimmer sich so schamhafftig halten wolte / möchte demnach ihnen solches Gn. verzeihen / es solte forthin nimmermehr geschehen. Also gab das Fräulein sich zufrieden / trat wieder vor das Fenster / und sahe Timokles stehen / und abermahl die Tücher frölich schütteln / daher steckete sie das Häupt gar zum Fenster hinaus / ließ ihm ihr añoch todtenbleiches Angesicht sehen / und winkete ihm mit lachendem Munde hinweg zugehen / und die lieben Freunde herbey zuhohlen. Ihr Schmuk ward ihr völlig angelegt / uñ befahl sie hernach dem ganzen Frauenzimmer / einen Abtrit zunehmen / biß ihnen wieder geruffen würde; Als sie nun allein wahr / schlug sie ihre Hände mit diesem herzinbrünstigen Gebeht zusammen:O du mächtiger / mir annoch unbekanter Christen-Gott; dir sage ich von grund meiner Seele Dank /daß du meine Ehr und Leben bißher in deinem geträuen Schutz erhalten / und meinen herzgeliebeten Bräutigam nebest meinen Bruder frisch und gesund herzu geführet hast / dann dir / ja dir allein / schreibe ich alle unsere Wolfahrt zu; O nim dich unser ingesamt ferner gnädig an / gib Glük zu unserm vorhaben / und verleihe daß wir ungetrennet unser liebes Vaterland wieder sehen / mit den unsern frölich leben und dir nach deinem Willen / den ich schier hoffe zuerkennen / gehorsam dienen mögen.

Nach geendigtem Gebeht war sie wol mit tausenderley Gedanken umgeben / ob sie auch ihres lieben Herkules Gegenwart würde ertragen können; ja ob auch derselbe in ihrem anschauen geherzter als das erste mahl zu Prage / sich erzeigen würde. O du geträuer ungefärbeter Liebhaber / sagte sie / wie manniche Ungelegenheit muß dir zugestossen seyn / ehe du diesen Ort erreichet hast; aber gib dich zufrieden / ich wil entweder frölich sterben / oder mit dir von hinnen zihen; bleibe du nur beständig / und versichere dich /daß allein du / oder der bittere Tod meines Leibes Herr und Meister seyn / und dessen geniessen sol. Sie hatte etwa eine [722] Stunde in diesen Liebes-gedanken zugebracht / da sahe sie ihren Bruder Ladisla daher treten / und einen zu seiner Rechten / den sie anfangs nicht kennete / dann es wahr Herkules / der sein Haar braun gefärbet / das Angesicht aber nur ein wenig verstellet hatte / daß wie er näher kam / sie etlicher massen merkete / er müste es seyn / und würde ein falsches Haar auffgesetzet haben / rief ihrem Frauenzimmer / und begehrete von ihnen mit freundlichen Worten / daß sie mit ihr auff den obersten Gang / der umb das Dach auswendig gezogen wahr / gehen / und sich umsehen solten; worzu sie alle willig wahren /insonderheit / als sie vernahmen / daß ihr Unwille sich geleget hatte. Als sie nun da droben in ihrem Königlichẽ Pracht sich eigentlich beschauen ließ / sagte Ladisla zu Herkules: Sihe da / geliebter Bruder / wie hoch der grobe König meine Frl. Schwester ehret /indem er sie nicht anders als eine herschende Landes-Königin ausgeschmücket hat. Dieses machet auch /antwortete er / daß ich mein Schwert lieber vor / als wider ihn gebrauchen möchte / dafern er mir nur diesen teurẽ Schatz ungewägert ausfolgen lassen wolte; Doch muß gleichwol noch eine Liebe zur Tugend in seinem Herzen übrig seyn / weil er nicht nach gewohnheit der Unbändigen / äusserlichen Gewalt brauchet / sondern ihr ertichtetes Gelübde ihm hat gefallen lassen / und hoffe demnach / mein HErr Jesus werde uns beyständig seyn / und helffen / dz ihre Ehre vor ihm und allen andern gesichert bleibe. Unter diesem Gespräch ließ Herkules kein Auge von seinem Fräulein / sondern betrachtete sie inniglich / und befand /daß innerhalb zwey Jahr und 37 Wochen (so lange hatte er sie nicht gesehen) sie viel gewachsen / und über ihr Alter anzusehen wahr. Das Fräulein empfing seine Liebesblicke mit gleicher Andacht / kehrete ihm dz Angesicht zu / und sprachete mit stets lachendem Munde mit ihrem Frauenzimmer. In ihrer Hand trug sie einen vergüldeten Pfeil / auf welchen sie mit schwarzen Buchstaben in Teutscher Sprache geschrieben hatte:Ihr lieben Herzen / sendet mir den hohlen Pfeil. Als sie nun vom Gange ging / nachdem sie über eine halbe Stunde sich alda hatte sehen lassen / nam sie den Bogen zur Hand / und schoß diesen Pfeil als zur kurzweil in die Höhe / daß er vor Herkules niderfiel / welcher ihn ehrerbietig aufhub / und nach der Fräulein Abscheid sich mit Ladisla und Timokles nach ihrer Herberge machte / woselbst sie die Schrifft des Pfeils lasen / und von Timokles zuwissen begehreten / was vor einen hohlen Pfeil das Fräulein fodern möchte; Er aber gab ihnen zuverstehen / was massen ihre Abrede währe / da etwz sonderliches vorginge /solte er in einem hohlen Pfeile ihr ein eingestektes Brieflein auff den Gangschiessen; welches listigen fundes sich Herkules verwunderte / ließ geschwinde einen solchen zurichten / setzete sich nider / und schrieb folgenden Brief:

Der einige wahre Gott Himmels und Erden / hat durch manniche Gefahr mich gesund hergeleitet / und mir heut meiner Seelen-geliebten Fräulein höchstgewünschtes Angesicht gezeiget; Mein Ladisla hat mich nicht wollen las sen allein nachsuchen / sondern ist mir gefolget biß nach Ekbatana / da wir ohngefehr zusammen gestossen / und Euer Liebe Zustand erfahren haben; weil mir dann an meiner Fräulein Beständigkeit und Träue zu zweifeln nicht gebühren wil / als welche mehr auff Tugend / als üppigen Stoltz hält / wird weder WasserGrabe / noch steinerne Mauer / noch Hüters Wachsamkeit / ja Königes Artabanus Macht selber nicht / mir verhinderlich seyn / dasselbe zuerlangen / was nähst Gott mein höchster Schatz und Wunsch ist. Lebet wol / meines Lebens Seele / und seyd gegrüsset von eurem / biß in den Tod ganz ergebenen Knechte / Herkules / jezt Valikules genant.

Dieses Schreiben wickelte er artig zusammen / als ein dünnes Pfeifchen / vermachete es [723] in den hohlen Pfeil / uñ ging des folgenden Morgens sehr früh mit Timokles hin / der ihm den Bogen nachtrug / mit welchem er den Pfeil auff den Gang schoß / und alsbald wieder seines Weges ging. Bey der prächtigen Mahlzeit saß das Fräulein ganz verwirret bey ihrem Frauenzimmer / daß sie wünschete / es währen diese Freunde auff einen andern Tag ankommen. Tausenderley Gedanken lieffen in ihrem Kopffe umb / daß einer dem andern nicht weichen kunte; bald betrachtete sie die wunder-träue Liebe ihres Bräutigams gegen sie; bald die Gefahr / welche er schon glüklich überstanden; bald / welche ihm noch bevor stünde; wie es doch würde können möglich seyn / daß er sie aus diesem wolverwahreten Schlosse brächte; und wann solches gleich geschähe / wie er mit ihr der grossen Macht des Königes entgehen / und sicher durchhauen würde. Doch wahr vor dißmahl ihr höchstes anliegen / daß sie nicht ersinnen kunte / wie sie seiner lieben Gegenwart geniessen / und den sie ungleich mehr als sich selbst liebete / auff ein vertrauliches Gespräch etwa ein Stündichen bey ihr haben möchte; endlich gelebete sie der Zuversicht / Gott würde es in die Wege schicken / wie es ihnen am ersprießlichsten währe / straffete wegen ihrer Schwermühtigkeit sich selber / und nam eine besondere Fröligkeit an sich /daß sie endlich ihre Laute foderte / und welches sie an diesem Orte noch nie in einiges Menschẽ gegenwart getahn / folgende Teutsche Reimen darein sang:


1
Schönster LeitStern meiner Seelen /
Hastu dich herbey gemacht?
Bistu / meines Herzen quälen
Schier zu endigen bedacht?
O du Tugendhaffter Sin /
Sey beständig wie ich bin.
2
Liebster Seelen-Schatz / wie lange
Hab ich nach dir ausgesehn!
Meinem Herzen wahr sehr bange /
Daß du möchtest untergehn /
Und die mancherley Gefahr
Dich erdrücken ganz und gar.
3
O mein Freund / wie manches Leiden
Hat dich sider dem geübt /
Daß du mich hast müssen meiden /
Die du vor so sehr geliebt;
O wie seufztestu mir nach /
Als mein Brehlchen zu dir sprach:
4
Herkuliskus läst sich führen
Nach dem wilden Parther hin /
Da sie wird ohnzweifel spüren
Manches frechen Menschen Sin /
Und wol der Artaban / scharff
Sie umb Lieb' ansprängen darff.
5
Da wird deiner Seele grauen
Recht hervor gebrochen seyn /
Daß du dich hast müssen zauen /
Und zu mindern solche Pein /
Deinen Weg befodert hast
Tag und Nacht ohn Ruh und Rast.
6
Nun mein Herz / du bist ankommen /
Und ich bin noch unbeflekt /
Darumb bleibt dir unbenommen /
Was der Seele süsse schmekt /
Ich bin dein / und bleib es wol /
Wo ich sonst noch leben sol.
7
O wie werd ich mich ergetzen /
Wann uns Gott die Freyheit schikt;
Dann wil ich bey seite setzen /
Was mich noch so hefftig drükt;
Dann wil ich dir Leib und Sin
Schenken / weil ich deine bin.

Nach dieses Liedes endigung / sagte Fr. Sysigambis ihre Hofmeisterin zu ihr: Ach mein Gnädigstes Fräulein / es muß der grosse König Artabanus bey den Göttern in sonderlicher Hulde stehen / weil dieselben seiner Hocheit / ohn einige Heucheley zureden / das allervollkommenste Fräulein der Welt / durch so wunderlichen Glückesfall zugeführet haben; und möchte ich meines teils nur wünschen / daß Ihre Hocheit dieses ihr wunder-süsses Lautenspiel [724] / und die himlische Stimme hätte anhören mögen. Das Fräulein hatte dieser Frauẽ gute Zuneigung zeit wehrender ihrer Schwacheit wol gespüret / und ob ihr diese Rede gleich sehr zuwider wahr / wolte sie ihr doch keine ursach zum Widerwillen geben / wie sie ohndas ihr alles zugute hielt / damit sie ein vollko enes Vertrauen bey ihr erhalten möchte / und auff den Nohtfall desto leichter könte hintergangen werden; vor dißmahl aber gab sie ihr die Antwort: Geliebte Freundin; Gottes Versehung bestehet in seinen heimlichen Rahtschlägen / die keines Menschen Witz erfahren kan; Zu wessen ehelicher Vertrauung mich der Himmel nun verordnet hat / dem muß ich ohn zweifel zu teile werden / solte er mich gleich / oder ich ihn / in den äussersten Grenzen der Erden suchen; was ihr aber von meiner Volko enheit redet / höre ich zwar an / und weiß mich doch zugleich meiner Gebrechẽ sehr wol zueriñern; jedoch mein Wille ist auf Tugend gerichtet / uñ wz menschlicher schwacheit und meinem Unvermögẽ abgehet / wird unter and'n auch meiner Jugend zugerechnet werden. Nachgehends hieß sie einer ihrer Jungfrauen einẽ Tantz spielẽ / da sie unter der Einbildung / ob ihr liebster Herkules / sie bey der Hand führete / solche zierliche Sprünge / Schrenkungen der Beine / und dergleichen Fertigkeiten sehen ließ / dz alle anwesende wunder nam; uñ weil sie den Anfang gemacht / mustẽ die Jungfern auch tanzẽ / so gut sie es gelernet hattẽ / biß sie endlich mit dem späten Abend sich zur ruhe legete / da Herkules ihr im Schlaffe i er vor Augen uñ im Gedächtnis schwebete / welcher inzwischẽ auf nichts so viel bedacht war /als dz er ihr den Christlichen Glauben beybringen möchte / wie er solches seinem Gotte angelobet hatte /befand aber / daß es durch Schreiben schwerlich würde zuverrichten seyn / uñ sahe doch nicht / wie er sein Vorhaben / sie zu sprechen / so schleunig ins Werk richten könte. Das liebe Fräulein / da sie mit dem anbruche der ersten Morgenröhte erwachete /ging unvermerket auff den obristen Lustgang / ob etwa vorigen Abend ihr der hohle Pfeil hinauff geschossen währe / weil sie aber zu früh kam / und nichts fand / machte sie sich eilends wieder nach ihrem Gemache und legte sich zur ruhe / da sie etliche Stunden vom Schlaffe eingenommen ward / und die Einbildungen ihr mannicherley vorstelleten. Wie sie nun erwachete / schämete sie sich / so lange geschlaffen zu haben / legte ihre Kleider an / und ging zum andernmahle auff den Gang / da sie den Pfeil fand /ihn frölich zu sich nam / und in ihrem Gemache öfnete / zohe das Brieflein heraus / und aus der Auffschrift (Der Durchleuchtigstẽ Fräulein / Fräulein Valisken etc. meiner höchstgeliebeten Frl. Wasen und Schwester) erkennete sie alsbald ihres Herkules Hand / küssete den Brieff / und sagete: O ihr mein herzgeliebter Freund / wann wird uns der Himmel unsere Vergnügung gönnen? O daß ich mir Flügel wünschen oder machen könte / nur biß über diese Stad weg zu fliegen / daß ihr eurer Liebe und Träue schuldige Vergeltung spüretet! brach hiemit das Schreiben / lase es / und sagete: Nun mein geliebtes Herz / ob ich gleich viel zu unvermögen bin / deiner Träue und Tugend die Wage zu halten / wil ich doch mein äusserstes dran wenden / damit die dankwillige Herkuliska ihrem Valikules gebührliche Gegenliebe erzeigen / und in Geduld alles vertragen möge / biß dereins Valiska ihres Herkules in ehren vollig wird gewissen können. Aber o ihr mein höchster Schaz / wollen wir des Glückes Gunst uns versprechen müssen wir trauen nicht mit Gewalt verfahren / da wo Gewalt nur Tohrheit ist / sondern Vernunft und Vorsichtigkeit wird in diesem Spiel daß beste seyn / auff daß die Liebesbegierden die [725] wirkliche folge durch ihre blinde Verwägenheit nicht hintertreiben / und der gewünschten Glükseligkeit die ohn das enge Tühr nicht versperren; setzete sich darauff nider / uñ schrieb solgende Antwort:Der Schöpffer und Erhalter dieses grossen Weltgebäues / gibt Valisken und ihrem Gewissen zeugnis / daß vor ihren Herkules sie mehr Sorge / als vor ihr eigen Leben getragen; Wie nun dieselbe seine Beständigkeit aus der gefährlichen Nachfolge satsam erkennet / also sol ihm hinwieder ein gleiches / entweder im ehrlichen Leben / oder zum wenigsten im frölichen tode unfehlbar gehalten werden / welchen Vorsaz weder menschen Wiz noch Macht brechen wird. Wollen wir aber dereins glükselig leben / muß unser Vorhaben durch Vernunft geführet werden / sousten stossen wir das ganze Gebäu übern hauffen / und verlieren alle angewante Mühe samt deren belohnung. Eile ist uns noch zur Zeit nicht so gar nöhtig / vielweniger rahtsam; dann König Artabanus / seinem mehr als äidlichem Versprechen nach / wird mir seiner vermeinetẽ Braut (wo er nicht gar zum Verrähter wird) inwendig Jahresfrist nicht überlästig seyn / inzwischen hilfft Gott und Glük. Aber o daß mein herzgeliebter Herr und Bruder Ladisla bey seinem liebsten Gemahl blieben währe / dann mich tauret sehr / daß dieselbe und sein ganzes Königreich über mich zu klagen einige Ursach haben sol / sehe auch keine Gelegenheit / seiner Liebe solches zuerstatten / es währe dann / daß mein Herkules die Vergeltung an meine stat über sich nehmen wolte / dessen Gesichts verenderung mich etwas befremdet. Schließlich bitte ich Freund- und schwesterlich / mich auff gestrige Weise offters zubesuchen / als lange uns nähere Zusammenkunft gehindert wird / und verbleibe ich Zeit meines Lebens / meinem Groß Fürsten Herkules zu ehren ganz eigen ergebene Valiska.

So bald dieser Brieff verfertiget wahr / schloß sie denselben in eben den empfangenen Pfeil / sahe aus ihrem Fenster / und ward ihres Timokles gewahr /schoß ihm denselben hinunter / und winkete ihm fortzugehen; der sich dann nicht lange seumete / sondern schnelles lauffes der Herberge zueilete / und den lieben Pfeil seinem Herrn einlieferte / welcher der schleunigen Antwort sich verwundernd / den Pfeil öffnete / und auff dem Schreiben diese Auffschrift lase:Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Herkules etc. meinem höchst vertrauten Oheim und Bruder. Bald erbrach er solches / und nach verlesung sagte er: O du ädle Seele / mir zweifelt nicht / mein Gott habe dich schon von Ewigkeit her in die Zahl der Ausserwählten angeschrieben / und werde dich gnädig erhalten / daß du in erkäntnis der himlischen Warheit zum ewigen Leben unterwiesen werdest; gönnet uns dañ unser Gott / das zeitliche Leben in stiller ruhe zu führen /wollen wirs als sein Gnadengeschenk erkennen / wo nicht / so wird uns alsdann die Ewigkeit nicht zum andernmahle trennen lassen; gab hernach Ladisla den Brieff durchzulesen / der sich aber dessen wegerte /weil ihm wol bewust wahr / daß verliebeter Leute Schreiben keine fremde Augen leiden wollen. Bald darauff gingen sie nach dem Schlosse / nahmen auch Leches und Timokles mit sich / und funden das liebe Fräulein am Fenster stehen / von der sie anmuhtige Blicke und verliebete Winke einnahmen / womit das Fräulein nicht vergnüget / sich auff den Umbgang begab / und sich gerade gegen ihren Herkules stellete / da inzwischen Ladisla mit Leches umbher ging /diese verliebeten aber / weil sie näher nicht zusammen kunten / zur anzeige und bekräftigung geträuer Freundschaft / die empfangenen Briefe / und ihre eigene Hände küsseten / biß endlich nach verlauff einer Stunde dz Fräulein mit einem höflichen neigen freundlichen Abscheid nam / nichts mehr wünschend /als etliche Stunden mit ihrem Schatze sprache zuhalten; mit welcher begierde der überalverliebete Herkules ebenmässig getrieben ward; weil es aber noch zur Zeit ein vergebliches Ding wahr / musten sie mit dem anschauen sich vergnügen [726] lassen / da dann Herkules nicht unterlies / täglich drey oder viermahl sich darzustellen / kam auch nimmer vergebens / sondern empfing allemahl die behäglichen Blicke / welche er dañ mit zehnfachen Zinsen wie der zu geben wuste. Umb diese Zeit genase Fr. Sophia zu Padua eines jungen Söhnleins / worüber alle Anverwanten sich höchlich erfreueten / und wie wol es in der Geburt zimlich hart daher ging hatte die liebe Mutter dañoch ihre herzliche Ergezligkeit an dem wolgeschaffenen Söhnlein /gab ihm auch den nahmen Herkuladisla / und sagete: Wird mein liebes Kind seinem Vater und Vetter (deren nahmen es träget) nachschlagen / sol die Welt seiner Dienste noch wol geniessen können.

Als unsere Helden sich zu Charas wenig Tage auffgehalten hatten / ward eine fliegende Zeitung ruchtbar / es gingen in unterschiedlichen Fürstentühmen / absonderlich in Persen starke Werbungẽ vor / / wie wol in geheim / und wahr die sage / König Artabanus selbst hätte sie angestellet / des vorhabens / die Skythen anzugreiffen / und unter den Gehorsam zubringen / weil sie die Oberbotmässigkeit des Parthischen Stuels nicht erkeñen / sondern nach wie vor ohn Schatzung nur vor Freunde / freie Nachbarn und Bundgenossen wolten gehalten seyn / einwendend /sie als der Parther Voreltern (dañ diese wahren von den Skythen entsprossen) könten ihrer außgewichenen Landsleute Joch durchaus nicht annehmen noch tragen. Artabanus hatte schon von etlichen Jahren her etliche seiner untergebenen Lehn Fürsten in verdacht /als stünden sie nach der Freiheit / daher er sich gegen alle ohn unterscheid sehr hart uñ unmilde erzeigete /wie er dann ohn daß sehr wütiger Art wahr; Nun wahren sie auch in Warheit des Parthischen Joches müde und von Herzen überdrüssig / dañ es ging ihnen schwer ein / daß von Arsazes / des ersten Parther Königes Zeit an / die ädlen Persen / Meden / uñ andere nahmhafte Völker unter dem schweren Parthischen drange sitzen / und dessen Beherschung ohn Ende solten unterworffen seyn; welches zwar dem Könige durch Verrähterey zeitig kund getahn ward / doch weil es meistenteils auff blossen muhtmassungen bestund /und man bißher keine Rustung noch dessen etwas vernommen hatte / wolte der König an sich halten / und die höchsten Häupter ihm nicht unwillig machẽ / umb den algemeinen auffstand zuverhüten / hielt doch unterdessen hin und wieder Völker in bereitschaft /deren auff allen Fall er sich gebrauchen könte. Weil er nun von unterschiedenen Orten her bericht einnahm /dz Artaxerxes der Perse mit gefährlichẽ sachen schwanger ginge / und heimliche Kriegsbestallungen unter dem nahmen seines Königes fortsetzete / davon Artabanus doch keine Wissenschaft hatte / zweiffelte er ferner nicht / es würde Zeit seyn / dem Unheil vorzubauen; wolte aber gleichwol versuch tuhn / ob er durch hinrichtung der Redlensführer das Feur in der Asche dämpfen / und ohn einen blutigen einheimischen Krieg / darein sich die Reichs Feinde leicht mischen dürften / stillen könte / deßwegen er dann an Artaxerxes in Persen / Phraortes in Meden / Menapis in Hirkanien / Pustzes in Assyrien / Eukratides in Baktrien / Tissafernes in Drangian / und Gobares in Susian Schreiben abgehẽ ließ / und begehrete / daß sie ohn verzug auff seinem Königlichen Hauptschlosse sich einstellen / und wegen heilsamer bestellung des Parthischen Reichs mit einrahten solten / weil man nicht wüste / wessen man sich zu dem Römischẽ Käyser / wie auch zu den Skythen zuversehen hätte. Diese Schreiben wurden / ehe die Werbung ruchtbar ward / von dem Könige abgefärtiget / noch ehe Herkules zu Charas an kam. Die Morgen [727] genländische Fürsten zweiffelten nicht / es würde ihre Kriegsverfassung dem Könige kund worden seyn / liessen sich deßwegen nicht finden / und ward an stat einer Antwort dem Bohten ein kurzer Schein des empfangenen Briefes erteilet. Doch wagete es Phraortes uñ zog auff geschwinder Eile inbegleitung 100 Reuter zum Könige; die andern entschuldigten sich teils wegen Leibesschwacheit / teils durch andere Einwendung / und santen gleichwol ihre Gevolmächtigten gen Hofe. Als Phraortes sich bey dem Könige anmelden ließ / ward er alsbald vorgefodert / und fragete ihn derselbe mit blut-grimmiger Rede / worzu die Kriegsverfassungen angesehen währen / von denen hin und wieder Bericht einkähme. Er aber gab zur sanfmühtigen Antwort: Aller Großmächtigster König / allergnädigster Herr; des Tages zuvor / ehe eurer Königl. Hocheit allerwirdigstes gnaden-Schreiben zu meinem alleruntertähnigst-gehorsamsten Händen kam / hatte ich mich schon fertig gemacht zu dieser Reise / umb keiner andern Ursach willen / als daß mir von Kriegswerbungen / so in den Benachbarten eurer Königl. Hocheit untergebenen Fürstentühmen vorgehen solten / eine und andere fliegende Zeitung zu Ohren kam / und zwar alle unter diesem Schein / ihre Königl. Hocheit selbst hätte dieselben allergnädigst angeordnet / weil man von den Reichsfeinden sich eines Anfals besorgete; Es kam mir ein solches überaus verdächtig vor /und zwar daher / daß ich vor vielen andern solte unwirdig gehalten seyn / ihrer Königl. Hocheit durch ein ebenmässiges meinen untertähnigsten Gehorsam zuerzeigen / da doch von deroselben ich ein volkreiches Land habe / und die Meden wegen ihrer Schießkunst gemeiniglich mit auffgefodert werden / wañ es zum Treffen gilt. Ob nun dieses zwar / wie gesagt / mich hoch befremdet hat / so kompt dannoch ihrer K. Hocheit Nachfrage mir ungleich fremder vor / als woraus ich zu muhtmassen gezwungen werde / es müssen solche verfassungen / da das Gerüchte wahr ist / ohn ihrer K. Hocheit wissen eingerichtet werden /welches ein gefährliches Absehen haben würde / eure K. Hocheit aber ihrem höchstweisen verstande nach schon wissen wird / wie solchem unverhofften Unwesen solle glüklich begegnet werden / wobey er sich /sagte er / als ein geträuer Knecht des Königes und des gemeinẽ Vaterlandes gehorsambst wolte finden lassen / so oft / und an was Orten ihre K. Hocheit solches von ihm allergnädigst begehren würden / und währe seine schlisliche alleruntertähnigste Bitte / ihm allergnädigst zuverzeihen / daß auff Königliche Frage er keine Antwort zu geben wüste. Dem Könige wahr von diesem Fürsten nichts absonderlich vorkommen /und da er sein frisches Gemüht und unerschrockenes Angesicht sahe / hielt er ihn vor unschuldig / und antwortete ihm also: Mein lieber Fürst / du erinnerst dich billich deiner schuldigkeit / und weil wir dich neulich unter unsere geheimisten Freunde auffgeno ien / hoffen wir / daß anderer Auffrührer Vornehmen dir verhasset und zuwie der seyn werde; so verbleibe nun in dieser standhaften Träue / und versichere dich aller milden Gnade an unser Seiten. Phraortes bedankete sich untertähnigst / versprach allen Gehorsam / und blieb etliche Tage zu Hofe / weil ohn ausdrükliche beurlaubung wegzuscheiden er nicht bedacht wahr. Des andern Tages nach seiner ankunft / da Herkules sieben Tage daselbst gewesen wahr / erfuhr dieser seine Gegenwart / und sendete Plautus an ihn / daß er ihn gerne sprechen wolte. Aber der Groß Fürst ging alsbald mit nach seiner Herberge / und wahr daselbst sehr wilkommen; er erzählete ihnen die Ursach seiner schleunigen Ankunft / uñ daß der König [728] ihn alles verdachts wegen der heimlichen Verbünbnis erlassen hätte / auch daß er willens währe / bey dem Könige umb erlaubnis anzuhalten / das Fräulein zubesuchen /und ihr seines Gemahls Gruß anzumelden; welches Herkules eine gute Gelegenheit zu seyn dauchte / zu ihr zukommen / ließ sich doch dessen nicht merken /sondern hielt bey dem Groß Fürsten an / daß er ihn als seinen Leibdiener mit nach Hose nehmen / und bey guter Gelegenheit ihn bey dem Könige rühmen möchte als einen in Waffen zimlich erfahren Teutschen Ritter / der vielleicht der Fräulein Eltern kennete. Phraortes ließ ihm solches gefallen / und nach dem er ein gutes ledern Kleid angelegt / und sich zimlich bräunlich angestrichen hatte / trat er hinter dem Groß Fürsten her / voller Andacht zu Gott / er möchte sein Vornehmen wol gelingen lassen. Bey der Königlichen Mahlzeit wartete er mit auff / und hielt sich dermassen geschiklich und tapffer / daß Herr Vologeses der jünger / ein naher Anverwanter des Königes den Groß Fürsten fragete / was vor einen Diener er da hätte /der nach fremden Sitten sich so artig zu halten wüste. Phraortes antwortete: Er hätte ihn etwa vor drey Wochen bekommen / und gäbe sich vor einen Teutschen von Adel aus / hielte davor / es würde ihm der Königlichen Fräulein Wesen nicht allerdinge unbekant seyn / weil er von ihm vernommen / daß er an unterschiedlichen König- und Fürstlichen Höfen desselben Landes auffgewartet hätte. Wie? sagte Vologeses / zeiget dañ eure Liebe solches Königl. Hocheit nicht an? Ich bin dessen willens gewesen / antwortete er / habe ihn auch deßwegen außdrüklich mit mir genommen / und hat bißher nur an Gelegenheit und Mueß gemangelt. So wil ich an eurer stat den Dank verdienen / sagte jener / fing auch darauff also an: Ihre Königl. Hocheit wollen allergnädigst vernehmen / daß Fürst Phraortes gegenwärtiger Leibdiener ein Teutschgeborner seyn sol / der vielleicht etwas von der treflichen Fräulein Herkulisken, Zustand möchte erzählen können. Der König hörete solches mit Lust / und fragete Phraortes / ob sichs also verhielte; welcher zur Antwort gab; es währe ihm also / und könte gegenwärtiger sein Diener darüber befraget werden. Der König sahe Herkules an / welcher sich sehr tief neigete / und seinen Gott im Herzen anrieff / er möchte ihm Gnade vor dem Könige verleihen; trat weiter hervor / daß ihn Artabanus eigentlich sehen kunte / uñ erwartete seiner Frage. Derselbe nun verwunderte sich über seiner Freidigkeit / daß er so wenig Furcht als Unhöfligkeit merken ließ / und sagete zu ihm: Mein / von wannen bistu? Herkules nach erzeigeter Ehrerbietung antwortete: Allergroßmächtigster unüberwindlichster König / grosser Beherscher dieser weiten Morgenländer; euer Königl. Hocheit ich unwirdigster Knecht bin eingebohrner Teutscher. Der König fragete weiter / was bringestu gutes neues aus deinem Vaterlande / und wie neulich bistu daraus gezogen? Allergnädigster König / antwortete er / vor zweien Jahren bin ich mit meinem Herrn / vornehmen Grafen / aus Teutschland in Italien gereiset / dem Kriegswesen nachzuzihen / und weil ich mit einem Römischen Herrn vorm halben Jahre in zwiespalt kommen / und ihn im offentlichen Kampfe redlich erleget / habe ich dannoch der schweren Verfolgung seiner ansehnlichen Freundschaft weichen müssen / bin demnach in einem Meerhafen hinter Padua zu Schiffe gangen / und mich in Syrien begeben; uñ als man mir auch daselbst nachstellete / habe ich der Römer Botmässigkeit zumeiden / mich in Assyrien und Meden gewaget / etwas zusehen und zuerfahren / unter der Hoffnung / nach verlauff etlicher Zeit / mein Vaterland [729] wieder zusuchen. Neues habe ich sonsten aus Teutschland wenig / ohn daß in Italien das Geschrey ging / meines gewesenen allergnädigsten Königs einzige Frl. Tochter / Frl. Herkuliska währe gefangen / und über Meer in Armenien geführet. Der König verwunderte sich der Reden / und sagte zu ihm: Melde uns aber / wer ist derselbige König / dessen Frl. Tochter geraubet ist? Er antwortete: Er wahr ein mächtiger König der Böhmen und anderer umligenden Völker / nahmens Notesterich / dessen Gemahl / Frau Hedewig / eine Tochter des Groß Fürsten der unüberwindlichen Teutschen / anjetzo nach absterben ihres Königes / die Herschafft verwaltet / dann ihr Herr Sohn / der einige Erbe dieses Reichs / sol nebest seinem Vettern den jungen Fürsten aus Teutschland / dem geraubeten Fräulein gefolget seyn / ob sie dieselbe entweder mit der Faust / oder mit Gelde wieder lösen möchten. Der König fragete weiter: Hastu dann desselbigen Königes Kundschaft gehabt? Ja / allergnädigster König / antwortete er /ich unwirdiger habe dero Hocheit vier Jahr als ein ädelknabe auffgewartet / auch von Ihr den Ritters-Orden empfangen; Der Fräulein und ihres Herr Bruders Leben ist mir auch nicht unbewust / welche beyderseits / ungeachtet ihrer Jugend / schon viel Abenteur überstanden haben. Als ihm nun der König zuerzählen befahl / was er von dem Fräulein wüste / strich er ihre Schönheit / Vernunfft / Tapfferkeit uñ Tugend dermassen heraus / auch alles wz von ihr im ersten Buche ist aufgezeichnet wordẽ / daß der König als ein verzükter saß / und nach geendigter Rede zu ihm sagete: Knabe / als viel wir aus deinen Worten merken /hat der Frl. Bruder ursach / sie zusuchen; Wir halten aber gänzlich davor / da sie in diesen Ländern anlangen / und etwa einem grossen Fürsten oder Könige zuteil werden solte / würde sie ihm nicht wieder zugestellet werden / weil Schönheit und hohe Gaben in dieser Welt auch geliebet werden; Wir vor unser Häupt würden lieber fünff Fürstentühmer / als ein solches Fräulein fahren lassen / und wird daher ihres Bruders nachsuchen umsonst seyn; Da sie aber zu uns kommen würden / müste ihnen alles liebes und gutes widerfahren / dürsten auch bey uns leicht solche Gnade zu ihrer Erhöhung finden / daß beydes dem Bruder und Oheim nach ihrem wüsten Vaterlande nicht verlangen würde. Aber woltestu das Fräulein noch kennen / wann sie dir zu Gesichte kähme? Herkules stellete sich / als hätte er Fürst Vologeses ersten Worte von dem Fräulein nicht gehöret / und antwortete: Sehr wol / allergnädigster König / dann das Angesicht ist mir gar zu eigentlich bekant; es wird aber ein solches sich schwerlich zutragen. Der König lächelte /und sagte zu Phraortes: Mein Fürst besuche nach geendigter Mahlzeit unser wertes Fräulein / und nehme diesen Teutschen mit sich / vielleicht ergetzet sie sich darüber / wann sie in der abgelegenen fremde einen Landsmann und bekanten antrifft. Der gute Herkules vermeynete vor Freuden niderzusinken; Phraortes aber bedankete sich der Königl. Gnade / mit vermelden / er hätte an das Fräulein einen untertähnigen Gruß wegen seiner und Mazeus Gemahl / welche zugleich umb Verzeihung bey Ihrer Gn. demühtig anhalten liessen /daß sie derselben die gebührliche Ehre nit erwiesen /noch erweisen köñen / nachdem ihr Geschlecht ihnen ganz verborgen gewesen. Es erzeigete sich der König sehr frölich / daß von seinem allerliebsten Fräulein er solche ruhmwürdige Zeitung vernehmen solte / und rühmete sein Glük / welches sich ihm nie so gewogen / als in Zuführung eines solchen unschatzbahren Schatzes / erzeiget hätte. Nach gehaltenem Mahl machten sich Phraortes und Herkules [730] mit einem von des Königes verschnittenen hin nach der Fräulein Schlosse / und als sie vor ihrer Herberge hergingen /und Timokles vor der Tühr stund / sagte Herkules zu ihm: Zeige Ladisla an / ich gehe auff des Königes Befehl hin / das Fräulein zubesuchen; trat dem Fürsten wieder nach / daß der Kämmerling es nicht gewahr wurde / und fürchtete sehr / es möchte einige Verenderung an ihm oder dem Fräulein gespüret werden; baht deswegen den Groß Fürsten / dem Fräulein seine Anwesenheit vorher anzumelden / er wolte so lange haussen vor dem Gemache ihres Befehls erwarten. Phraortes ließ sich bey dem Fräulein anmelden / und ward als ein sehr wilkommener Freund zu ihr hinein gefodert. Er erzeigete ihr als einer künfftigen Groß Königin hohe Ehre / daß sie dessen sich fast schämete / und zu ihm sagete: Geliebter Herr / als Vater / ich bitte sehr / mit mir vertraulich / und nicht nach Art der Fremden umzugehen / dann mein Heil und Wolfahrt stehet grossen Teils in euren Händen. Phraortes antwortete: Durchl. Fräulein / die Götter sind meine Zeugen / daß ihre Vergnügung mir nicht weniger als meine höchste Wolfahrt anlieget / bitte demnach mir ohn Auffschub zubefehlen / daß ich den teuren und geträuen Liebhaber Herrn Herkules zu ihr herein gehen heisse. Das Fräulein ward hierüber so voller Freuden / daß ihr die Rede stehen blieb / und als der Groß Fürst sahe / daß ihr die Ohmacht nicht weit wahr / redete er sie ernstlich an: Wes zeihen sich Eure Liebe / sagte er / wollen die ihren Herkules nicht anders erfreuen? Es hat Gefahr gnug gehabt / es so weit zubringen / und sie wil an stat der notwendigen Untrerredung die Seele gar ausblasen? Nicht stelle Eure Liebe sich also / oder ich wil ihren Herkules ungesprochen wieder hinweg führen. Das Fräulein erhohlete sich hierauf geschwinder / als hätte man ihr das kräfftigste Wasser unter die Nase gerieben / und sagte zu ihm: O ihr mein allerliebster Herr Vater / führet mir doch dann diesen lieben Freund bald herzu / daß ich meines ausgestandenen sehr grossen Herzleides in etwas ergetzet werde. Phraortes ging alsbald hin / und sagte zu Herkules: Nachdem eure Gegenwart ich dem Fräulein angemeldet / habe ich mühe gehabt / ihr die Freuden-Ohmacht zubenehmẽ; so seyd ihr nun geherzter / und gehet zu ihr hinein / ich wil das übrige Frauenzimmer besuchen / und euch Zeit genug zur Beredung göñen. Herkules fassete einen Muht / uñ trat ins Gemach / ward auch alsbald von ihr erkennet /dañ er hatte die Farbe haussen vor der Tühr abgetahn; da sie ihn erblickete / setzete sie sich auff einen herlichen Stuel / dann es kam sie abermahl eine Ohmacht an / deswegen Herkules / wiewol mit geringen Kräfften zu ihr trat / sie freundlich drückete und schüttelte /biß sie endlich die Augen / und bald darauf den Mund öffnete / da sie zu ihm sagete: O ihr mein herzgeliebter Schatz / und einiger Auffenthalt meines Lebens; sehe ich euch dañ nun gegenwärtig vor mir / oder ist es meines Herkules Geist / der vielleicht vor Unmuht nicht hat länger wollen seinen schönen Leib bewohnen? Ach mein teurestes Fräulein / antwortete er / fasset doch eure gewöhnliche Herzhafftigkeit / auf daß wir diese uns von Gott verlihene Zeit in Beredung unser so nohtwendigen Geschäfften recht anlegen und gebrauchen mögen. Hierauff erhohlete sie sich völlig /und umfing ihren vertraueten Bräutigam mit diesen Worten: O wolte Gott / wolte Gott! daß wir einigen Weg finden könten / aus diesem Schlosse zuentriñen; wie gerne wolte ich allerhand ungemach der Reise angehen / und die zähen Waldwurzeln zur Speise vorlieb nehmen / wañ ich nur hofnung hätte / euch und mich dereins in unserm geliebeten Vaterlande wiederzusehen. Der Allmächtige [731] Gott wird uns helffen / antwortete er / dafern wir nur denselben recht erkennen uñ ehren; und ist mir die allergröste Freude dieser Welt / daß ich zu Rom zum wahren Christentuhm gebracht bin / ausser welchem unmöglich ist / nach diesem zu der Seligkeit zugelangen; solches hat auch unser geliebeter Bruder Ladisla nunmehr erkennet /deswegen er mit sonderlicher Herzensfreude zum Christlichen Glauben getreten ist; Und O mein auserwählter Seelen Schatz / ich bitte inbrünstig und von herzen / nehmet neben uns diese seligmachende Erkäntniß willig an / alsdann wil ich sie versichern /Gott wird uns helffen / und ehe diese Mauren niderfallen lassen / als daß wir unter den Händen dieser Feinde verderben und umkommen solten. Das Fräulein gab ihm zur Antwort: Mein herzgeliebter Schatz / ich habe biß daher von Erkäntniß des wahren Gottes aus der Weltgelehrten und der Poeten oder Tichter ihren Schrifften wenig lernen können / möchte aber von herzen gerne des wahren Gottes Erkäntniß haben /damit ich wüste / zu wem eigentlich in meinen Nöhten mein Gebet richten / und von wem ich Hülffe erwarten solte. Ist dieses eure meynung / sagte Herkules / so danket Gott mit mir; dann auff diese Stunde werdet ihr solches lernen. Unterrichtete sie darauff aus den ersten dreyen Capiteln des Ersten Buchs Mose /von GOttes Wesen / von dem Werke der Schöpffung /von des Menschen dreyfachem Stande / als der Unschuld / des Sündenfalles / und der Erlösung; von der Heiligen Dreyfaltigkeit / und wie die Andere Person der Gottheit vor 229 Jahren (damahliger wahrer Rechnung / dann nach heutiger Dionysischer Zahl wäre es das 226 Jahr) aus dem Jungfräulichem Leibe /menschliches Wesen und Eigenschafften angenommen / und vor unsere Sünde zu Jerusalem gestorben /am dritten Tage wieder aufferstanden / und am vierzigsten hernach / gen Himmel gefahren / hätte seine Jünger in die Welt ausgesendet / in seinem Namen Vergebung der Sünden anzukündigen / auff daß die Menschen sich bekehren / und selig werden möchten. Nachgehends führete er die ungereimeten schändlichen Getichte des Heydnischen Glaubens ein / und erwieß / daß kein anderer als der Christliche uns bey Gott Gnade erwerben / und zur Seligkeit bringen könte. Endlich erzählete er das Wunder / welches sich zu Ekhatana mit dem Juden zugetragen hatte / uñ betete ihr zulezt dasVater Unser / denChristlichen allgemeinen Glauben / und dieHeiligen zehn Gedohte vor /neben der Vermahnung / sie solte in dieser Einfalt verharren / biß der gnädige Gott gelegenheit geben würde / sie völliger zuunterrichten. Das Fräulein hörete ihm sehr andächtig zu / und fragete / warumb dann die Heydnischen Gelehrten hiervon nichts schrieben. Er aber zeigete ihr an / es hätten dieselben den Schein dieses Liechtes nicht gehabt / sondern nach ihrer blinden Vernunfft von Göttern und Erschassung der Welt getichtet / wie unter andern aus dem Ovidius zu sehen; Sie solte sich aber mit diesen Gedanken nicht plagen / sondern in allen ihren Nöhten auff den Sohn Gottes Christus JEsus bauen und trauen / auch vor allen dingen sich hüten / daß sie ja nicht / Schande oder Pein zumeiden / sich selbst umbs Leben brächte / dann mit deren Seligkeit stünde es sehr gefährlich. Das Fräulein erboht sich / seiner Vermahnung fleissig nachzukommen / und wünschete /etliche Bücher zuhaben / in welchen der Christliche Glaube fein deutlich beschrieben währe / und wie man Gott ehren und Christlich leben müste. Herkules stellete ihr sein gewöhnliches Büchlein zu / in welchem solches alles kurz und deutlich verfasset wahr / sagete ihr auch zu / er wolte schon Gelegenheit finden / daß die ganze [732] Heilige Schrifft und andere Christliche Bücher ihr durch Phraortes eingeliefert würdẽ; Aber der allmächtige Gott und Vater / sagte er / welcher sich des menschlichen Geschlechtes aus Gnaden erbarmet hat / erleuchte euren Verstand / und behersche euren Willen / daß ihr im heiligen Christentuhm je mehr und mehr wachsen / und dadurch zum ewigen Leben möget erbauet werden. Nach diesem erzählete er kürzlich / wie er dem Könige ihren Stand geoffenbahret hätte / auch daß ihr Bruder und Oheim sie zusuchen /auff der Reise währen / hätte sich aber erkläret / viel lieber grosse Fürstentühmer / als sie / zuverlieren /woraus leicht zuschliessen / daß entweder durch Macht oder Lift ihre Erlösung geschehen müste /wozu er aber Gott Lob / schon ein solches Mittel in Händen hätte / welches ihm nicht fehlen solte; da aber dieses sich noch etwas verzihen würde / wie er nicht eigentlich wissen könte / möchte sie darüber nicht zaghafft noch ungeduldig werden / sondern in geträuer Liebe standfest verbleiben / und durch äusserlichen Schein oder weltlichen Pracht sich von ihm nicht abtrennen lassen; hingegen wolte er ungesparet Leibes und Lebens / ihre Freyheit zubefodern / bemühet seyn / auch ohn ihre Gesellschafft diese Länder nicht verlassen. Das verliebete Fräulein stellete sich wegen solcher Erinnerung sehr traurig / daß ihr auch eine bleiche zustieß / uñ sie endlich zur Antwort gab: O mein Gott! hat dann mein Herkules keine bessere Gedanken von mir / und kan sich fürchten / als würde mich Leichtfärtigkeit übernehmen / ihm einige Träulosigkeit zubeweisen? Meine trauten Seele / fuhr sie fort / erinnert euch / bitte ich / des vergangenen / daß /ungeachtet eure Eltern und ganzes Vaterland euch vor einen Fluch gehalten / ich nicht desto weniger nach wie vor / meines Herkules zu eigen er gebene blieben bin / dessen meine Libussa / ob Gott wil / zu seiner Zeit wird Zeugniß geben; so versichert euch nun /mein Schatz / daß ich dieselbe geträue bleibẽ werde /als lange dieses Herz (auf ihre Brust zeigend) einiges Blutströpflein in sich behält; dann in dieses ist der liebe Nahme Herkules so tieff hinein gedrücket / daß ihn weder Lust noch Angst / noch einige gefahr daraus kratzen sol. Herkules wuste vor hoher Vergnügung nicht zuantworten / umfing sie tugendlich / uñ baht sehr umb Verzeihung seiner Reden / welche die übermachte Liebe verurfachet hätte / als die sich gemeiniglich pflegete zum zweiffel verleiten zulassen /insondheit / wañ das geliebete hochvortrefflich / und über unsere Wirdigkeit ist. Uber Wirdigkeit? sagte das Fräulein; ja wie man den Monden wolte der Sonnen vorzihen / der doch allen Schein von ihr entlehnet. Herkules wolte dieses beantworten / aber sie redete ihm ein / mit einem freundlichẽ Ernst bittend /ihr dieses unbeantwortet zulassen / deßwegen er die gefassete Rede mit einem Seuffzen verschluckete /und damit zuverstehen gab / wie leid ihm währe / daß er gezwungen würde / den billichen Ruhm seiner Liebsten zuhinterhalten. Sie stunden und sahen einander an / dañ die Liebe hatte ihr innerstes eingenommen / daß sie ihrer selbstvergessend / nicht wusten /was sie redeten oder gedachten / biß endlich Herkules anfing: Ach mein HErr Jesus / ist es deiner Barmherzigkeit gefällig / so erzeige mir die Gnade / daß ich diesen unvergleichlichen Schatz / der nunmehr zu deiner Erkäntniß gelanget ist / loßmachen / und in unsere Heimat wieder geleiten möge. Ja mein HErr Jesus /antwortete sie / erhalte du diesen deinen Knecht und Diener der Welt zugute / und laß ihn sein Vaterland wieder sehen; sol ich dann mit ihm fortreisen / wirstu uns schon sicher geleiten / wo nicht / ey so behüte mich nur vor Schande / und laß mich als eine unbefleckete aus dieser Eitelkeit scheidẽ / damit ich weder dem schändlichen [733] Bluthunde Artabanus / noch sonst einem andern als meinem Herkules zuteil werde. Gleich damahl fiel Herkules ein / daß er das ehmahls geraubete Band umb seinem Arm trug / lösete es ab /und überreichte es mit folgenden Worten: Sehet da /mein Fräulein / sie erinnere sich des Frevels / welchen durch Ablösung dieses Bandes ich vor diesem zu Prag begangen / und daneben versprochen / es nicht ehe von mir zugeben / biß ich Hoffnung hätte / sie erstes Tages zu ehlichen; Weil dann solche Zusage ich gerne halten wil / als liefere ich dasselbe gehorsamlich wieder ein / dienstlich bittend / es von mir willig anzunehmen / und die Bedingung zu herzen zufassen /derẽ Vollenzihung dasselbe ist / wz in dieser irdischẽ Welt ich am höchsten wünsche / suche und begehre. Das Fräulein erröhtete wegen der lezten Worte / nam es ungewegert zu sich / und mit einem freundlichen lächeln antwortete sie: Es währe aber dabey nicht verabscheidet / daß ausser Prag / geschweige zu Charas sie dieses Band von seiner Hand empfangen solte; doch weil Gott es also geschicket hätte / müste sie zufrieden seyn / wolte sich ihm und seinem ehrliebenden Begehren nicht wieder setzen / sondern der Stunde ihrer Erlösung erwarten / und sich alsdann ihm ehelich ergeben / stellete ihm darauff die aller kostbahrestẽ Kleinot zu / samt ihrer ersten Räuber Handschrift wegen der nidergelegten Gelder / vorwendend / sie wolte ihm dieses zur ersten Heimsteur einliefern /weil ihm billich eine solche Belohnung vor die angewante Mühe der Nachsuchung gebührete / biß auff folgende Erlösung sie sich ihm selbst eigen lieferte; und ob er sich gleich sehr wegerte / muste er doch so viel Kleinote zu sich nehmen / als er in seinen Kleidern verbergen kunte. Sie hielten ihr freundliches Gespräch bey die drey Stunden / und ergetzeten sich mit inbrünstigen ehrliebenden küssen und umbfahen /unter dem zweifel / ob sie auch so bald wieder möchten zusammen kommen. Und als ihnen Zeit dauchte /daß es müste geschieden seyn / setzete sie ein Schreiben an den König auff / in welchem sie sich höchlich der Gnaden bedankete / daß seine Hocheit dem Groß Fürsten und diesem bekanten Diener ihres höchstseel. Herrn Vaters allergnädigst erlaubet hätte / sie zubesuchen / gab zugleich zuverstehen / sie währe auff des Königes gutheissen gesonnen / eine Botschaft an ihre Fr. Mutter abgehen zu lassen / und ihres guten wolergehens sie zuverständigen / auch bey der Göttin Vesten Geistligkeit zuversuchen / ob von der hinterstelligen Zeit ihres gelübdes nit etliche Monat durch Opffer und Geschenke abzuhandeln stünden. Unter diesem Schreiben färbete Herkules sein Angesicht / Haar und Hände wieder an / dessen sie sich nicht wenig verwunderte / und auff allen Fall des Pulvers etwas zu sich nam / weil ihr Herkules zuverstehen gab / das alle seine Anschläge zu ihrer Rettung nähst der hülffe Gottes / auf dieses Mittel gerichtet währen; Und weil vor dißmahl er sie verlassen muste / umbfingen sie sich inbrünstig / da er sein Fräulein also tröstete: Nun ihr auffenthalt meines Lebens / lasset in diesem Unglük den Muht nicht sinken / sondern vertrauet dem allerhöchsten Gott / ich weiß / er wird nach dem Dornenstiche uns die lieblichen Rosen der zeitlichen und ewigen Glükseligkeit schier künftig brechen lassen. O meines Lebens einige Wollust / antwortete sie / kränket euch meinetwegen ja nicht / ich wil unser genommenen Abrede nach / mich allemahl gefasset halten /ob einige Gelegenheit zu meiner erledigung sich erzeigen würde / Gott verleihe nur / daß es zum Glük außschlagen möge. Amen sagete Herkules / nam freundlichen Abscheid / und in dem er zur Tühr hinaus trat / sagete er zu Phraortes / welcher draussen [734] mit dem Frauenzimmer sprache hielt: Gnädigster Fürst und Herr / nachdem mein allergnädigstes Fräulein mich ihren unwirdigsten Knecht zur gnüge unterrichtet / was bey ihrer Königl. Hocheit ich vortragen sol /habe ich Urlaub hinweg zu gehen. Das Fräulein folgete ihm auff dem Fusse nach / sehr frölich und wolgemuht / uñ sagte zu Phraortes: Mein herzgeliebter Herr Vater / da eure Liebe zusprechen ich so bald keine Gelegenheit haben solte / bitte ich sehr / sein Gemahl / meine auch herzgeliebete Fr. Mutter Kindlich zu grüssen / und was dieser sein Diener bey Köngl. Hocheit suchen wird / befodern zu helffen / dagegen erbiete ich mich zu allem kindlichen Gehorsam / so lange ich lebe. Ich bin des Vater-nahmens zu geringe /antwortete er / und verbleibe meiner Gn. Frl. Diener /bin auch bereit ihrem Befehl willig nachzukommen. Ging also mit Herkules uñ dem zugegebenen Kämmerlinge nach dem Königl. Schlosse / und ward von Artabanus wol empfangen / der ihn alsbald fragete /wie ihm sein Fräulein anstünde / er aber zur Antwort gab: Sie hätte in dieser wenigen Zeit an Schönheit und Leibes-grösse wol zugenommen / gläubete auch nit / daß einige ihres gleichen in aller Welt zu finden währe; seinen Diener hätte sie straks Angesichts gekennet / und anfangs gewähnet / er würde von ihrer Fr. Mutter an sie abgeschicket seyn / da sie aber eines andern berichtet worden / hätte sie inständig angehalten / bey ihrer Königl. Hocheit alteruntertähnigst zu werben / daß ihr möchte erläubet seyn / diesen ihren Diener an ihre Fr. Mutter abzusenden; und weil er scheuh getragen / es mündlich anzuzeigen / hätte an seine Königl. Hocheit sie demselben einen Brief zugestellet. Bald trat Herkules näher / und überreichte dem Könige denselbẽ / welcher ihn ganz begierig lase / und nach endigung sagte: Ey du einige Vergnügung unser Seele und Lebens / ein solches müste dir trauen unversaget seyn / solten wir gleich eine Begleitung von 50000 Mann zur versicherung mit schicken; weil ohndaß es zur beschleunigung unsers Königlichen Beylagers angesehen ist / und wir daher das unfehlbare Zeichen ihrer Liebe gegen uns zur Gnüge erkennen. Aber Jüngling / sagte er zu Herkules / gedenkestu unserm schier künstigen Königlichen Gemahl redliche Träue zuerweisen / soltu von uns mit grossen Schenkungen angesehen werden. Herkules neigete sich tieff / und antwortete: Unüberwindlichster König / allergnädigster Herr / mein ganzes All wil ich dran strecken / das meiner gnädigsten Fräulein Befehl und Wille volbracht werde / wovon weder Gewalt noch Fährligkeit / so weit sie zu überwinden stehet / mich nicht abschrecken sol / insonderheit / wann euer Königl. Hocheit allergnädigstes Befehlen mit einstimmet. Umb sichere Begleitung wird ihre Hocheit sich nicht bemühen dürffen / gestaltsam mein Gn. Fürst und Herr mir aus Meden Gelegenheit gnug verschaffen kan / biß an die Römischen Grenzen zukommen /da ich mit meinem künftigen Freibrieffe weiter Raht finden werde. So gib ihm gnugsame Völker zu mein Füst / sagte der König zu Phraortes; wir wollen ihm nur 20 ädle Parther zuordnen / daß er als ein Groß Königlicher Gesanter erscheinen möge; und damit du zu unsern Ehren zu Prag dich prächtig gnug halten könnest / sagte er zu Herkules / sollen dir 400000 Kronen aus unser grossen Schazkammer stündlich erlegt / und gnugsame Vollmachten unter unser Hand und Pitschaft mitgeteilet werden; kanst auch Morgen früh mit Fürst Phraortes zu unserm Fräulein gehen /und ihre Handschreiben von ihr empfangen. Hieß darauff vor 600000 Kronen allerhand Kleinot und kostbahre Sachen / herzubringen uñ [735] in feste Truhen wolvermachẽ / welche der Königin in Böhmen solten geliefert werden; befahl auch daß man durch reitende Diener im Königreiche hin und wieder nachforschete /ob der Fräulein H. Bruder könte außgekundschaffet werden / welchen er zu seinem Stathalter verordnen wolte. Also muste Herkules hingehen / und sich zur Reise schicken / dann Phraortes gab ihn auff des Königes Begehren dem Fräulein über / und sprach ihn seiner Dienste loß. Da seumete er sich nun nicht /sondern ging eilends nach seiner Herberge / und erzählete seinem Ladisla allen Verlauff; welcher nicht anders meinete / er hätte aus überflüssiger Liebe seinen Wiz verlohren / und fragete / warumb er doch die Reise nach Prag auff sich nehmen / und unterdessen die Gelegenheit / sein Fräulein zuerlösen verabseumen wolte; ja es liesse sich ansehẽ / als währe er willens / König Artabanus Freiwerber zu seyn / welches er nimmer hoffen wolte. Herkules lachete dessen / und gab ihm zur Antwort: Geliebter Bruder / ich habe dir ja bloß nur zuerkennen gegeben / wie ich diesen König geäffet / und kanstu wol solche Gedanken fassen / daß ich die Mühe / mein ander Herz zusuchen /deßwegen über mich genommeń habe / daß ich mich ihrer so leicht begeben / uñ sie Artabanus gönnen wolte? laß du mich nur machen / ich bin so wenig willens nach Prage zu reisen als du / ehe und bevor mein Fräulein in unser Geselschaft seyn wird. Meine Meinung aber ist / daß wir eine Botschaft nach Padua / und wol gar biß nach Prag senden / und unsern Zustand den unsern zuwissen machen / dann mir zweifelt nicht / weil sie die ganze Zeit über nur ein Schreiben so wol von dir als mir haben / sie werden grosses Verlangen tragen / und in steter Furcht unsers Lebens seyn. Inzwischen redete Phraortes bey der Königlichen Abendmahlzeit von seinem gewesenen / nunmehr Königlichem Diener Valikules / wie er so wol mit Wehr und Waffen umbzugehen wüste / und in allen ritterlichen Ubungẽ erfahren währe / welches er /wiewol ungerne / in etlichen Schimpfspielen hätte sehen lassen / währe doch gar stille und eingezogen dabey / und liesse sich dessen so gar nicht merken /als ob er davon nichts gefasset hätte; als er auch endlich hinzutaht / es währe ihm seines gleichen in dem Alter noch keiner vorkommen / sagte Fürst Vologeses der jünger; so muß er vor seinem Abzuge dessen eine Bewehrung sehen lassen / dafern Königl. Hocheit es gefällig seyn kan; dañ ich habe auch einen ädlen Diener aus Armenien / der mir seiner Mañheit so mannichen Beweißtuhm gezeiget / daß er bißher von allen Ritterspielen den Preiß davon getragen / wiewol er auch viel grösser und stärcker von Leibe und Glieden / als dieser añoch lauterer Jüngling ist. Phraortes antwortete: Ich verachte euer Liebe Diener nicht / nachdem er mir unbekant ist / dürfte aber schier eine Schanze wagen / mein gewesener Valikules werde ihm wenig oder gar nichts schuldig seyn / ungeachtet ich von ihm noch keinen ernstlichen Streit gesehen /auch zu den Schimpfspielen übel zubringen ist / gibt vor / man mache ihm dadurch nur Feinde ohn Ursach und aus Ehrgeiz / und sey besser / die Kräfte zu sparen / biß man ihrer ehrenhalben und dem Vaterlande zum besten benöhtiget sey. Eure Liebe verzeihen mir /sagte Vologeses / vielleicht hat euer Diener mehr Wissenschaft und schärffe im Munde / als in den Fäusten vermögens / und halte ich gänzlich davor / mein Mithrenes schlüge sich lieber mit seiner ein halb Dutzet / als mit ihm allein; jedoch weil eure Liebe sich zur Wette anerbeut / bin ich bereit / ein gedoppeltes gegen ein einfaches zusetzen. Phraortes stellete sich etwas furchtsam bey der Sache / insonderheit / weil er meinete [736] Herkules dadurch zuerzürnẽ wante demnach abermahl ein / er pflegete sich der Schimpfübungen gerne zuentbrechen / so währe er auch nicht mehr in seinen / sondern in der Königlichen Fräulein / bevor ab in Königl. Hocheit Diensten. Worauff Vologeses zur Antwort gab / sein Mithrenes solte ihm schon Ursach zum ernstlichen Gefechte geben / da er sonst so viel herzens hätte sich zu wehren / wolte doch mit ihm abreden / daß er seiner Gesundheit uñ Lebens schonen solte. Phraortes stellete es endlich zu ihrer Königl. Hocheit bewilligung / auff welchen Fall er sich abermahl zur Wette erbot. Artabanus sagete / er sähe den Jüngling davor nicht an / daß grosse Kräfte hinter ihm stecken solten / nicht destoweniger möchte er wol sehen / wie er sich in die Sache schicken wolte / unb das Gewehr führen. Des folgenden Morgens ward Herkules nebest den Groß Fürsten nach dem Fräulein geführet / da er ihr eine wolgeschriebene Griechische Bibel mitbrachte. Sie verwunderte sich seiner schnellen Wiederkunft / hies ihn zu ihr ins Gemach treten /uñ wahr über seiner gegenwart voller freuden. Phraortes wolte ihr heimliches Gespräch nicht stören / und begab sich in das gemeine Frauenzimmer / da Herkules gleich anfangs ihr die H. Schrift einhändigte / und unterricht erteilete / wie sie dieselbe lesen solte /worzu ihr lieber wahr / als hätte man ihr ein Königreich geschenket; dann / sagte sie / ich habe hinte diese Nacht eine solche himlische Freude in meiner Seele empfunden / daß ichs nicht außreden kan / auch eine Offenbahrung gehabt / die mich versichert / unser Vorhabẽ werde zur glüklichen endschaft außschlagen / obs gleich nit ohn Mühe und Gefahr zu gehen wird /massen mich eigentlich gedauchte / wir währen in ver mu ieter Gestalt mit schnellen Pferden durch Hecken und Dornen / ja durch Wasser und Feur geritten / und von ferne hinter uns her eine grosse Anzahl der Verfolger / die uns erschrecklich mit ruffen und blossen Säbeln dräueten / aber es stellete sich eine wunderbahre feurige Maur zwischen uns / daß jene uns weder sehen noch einhohlen kunten. Diese feurige Maur /sagte Herkules / ist der Schuz der lieben heiligen Engel / welche uns unser Gott wil zu geben / daß wir vor unsern Feinden sicher bleiben sollen / darumb wollen wir unserm Gott vertrauen und an seiner gnädigen Hülffe nicht zweifeln. Nachgehends berichtete er sie alles dessen / was bey dem Könige vorgangen wahr / und wie er willens währe / etliche Diener nach Padua und wol gar nach Prage zu senden / und unter der Zeit bey Artaxerxes dem Persen sich auffzuhalten / biß es Zeit seyn würde sie abzuhohlen; beredete sich weiter mit ihr / was vor ertichtete Brieffe er dem Könige unter dem nahmen ihrer Fr. Mutter wieder zustellen / oder da ihr Zustand eine geschwindere Eile zur erlösung erfoderen solte / er sich verhalten wolte / da ihm mit Gottes Hülffe sein Anschlag nicht würde fehlen / sie von dem Schlosse zu führen. Den Tag lasse uns Gott bald erleben / sagte das Fräulein / damit ich mich schier wieder in Freiheit wissen und sehen möge; fingen darauff ein züchtiges inbrünstiges Liebe-Gespräch an / und ergetzeten sich etliche Stunden mit einander / da Herkules sich erkühnete / und umb schleunige Einwilligung ihres Christlichen Beilagers anhielt / einwendend / daß er alsdañ aller Furcht und Sorge / die ihn so heftig quälete / erst würde benommen seyn. Sie aber kunte aus schamhaftigkeit darein nicht willigen / ob sie gleich bekennete sich ihm darzu verbunden seyn / endlich auff sein weiters anhalten / vertröstete sie ihn auff ihre erste Zusammenkunft / weil sie keine Hofnung hatte / ihn vor seinem abreisen wie der zusprechen; womit er auch zufrieden wahr / ergetzeten [737] sich miteinander in reiner Liebe / und muste er auff ihr anhalten erzählen /was ihm auff seiner Reise denkwirdiges begegnet wahr / da er nicht unberühret ließ / was vor grosse Freunde er an dem Stathalter zu Jerusalem / dessen Gemahl und Fräulein Tochter hätte / rühmete auch Fr. Sophien Tugend / und Frl. Sibyllen auffrichtige Frömmigkeit. Sie hingegen wolte mit ihm kurzweilen und sagte: Mein trauten Schaz / ich bin schon in erfahrung kommen / daß diese leztgenante sehr schöne Römische Fräulein zu Padua eurer Liebe hat sollen vermählet werden / und o wie eine herzbrechende Angst würde mir diese Zeitung gewesen seyn / halte auch wol dz bloß nur euer Gewissen euch zurücke gehalten; möchte doch gerne wissen / ob ihr auch grössere Kundschaft mit ihr als bißher mit mir gehabt / welches euch zuverzeihen / ich hiemit versprechen wil /wo es sonsten noch bey der Zimligkeit verblieben ist. Sie brachte dieses zwar mit äusserlicher Freundligkeit vor / welche aber dannoch den Liebes-Eifer nicht allerdinge bergen kunte. Herkules hingegen lachete dieser Reden einfältig / und nach erteiletem herzlichen Kusse antwortete er ihr: Ob ich gleich durchaus nicht ersinnen kan / von wañen euer Liebe dieses zukommen sey / mag sie dañoch sich wol versichert halten /welches ich auch bey meinem teils des Himmels rede /das gegen dieses Fräulein noch keine eheliche Liebe /vielweniger eine unzüchtige in meinem Herzen aufgangen ist / deren keusche Zucht und Tugend doch geliebet zu werden / wol verdienet / wird demnach mein Schaz mich solches verdachtes / da einiger bey ihr ist / wol erlassen; aber wann sie ja alles was mir in solchen sachen begegnet ist / wissen wil / ward mir zu Rom in meiner Leibeigenschaft wol anders nachgestellet / da ich mich kaum der Tochter im Hause durch ertichtete Lügen erwehret hatte / als die Stieffmutter mit viel grösserer Frecheit meiner unzimlichen Liebe begehrete; doch schickete es der fromme Gott / daß ich auch deren durch ein gefährliches Getichte noch loß wahr / und ward hohe Zeit / wie mein Ladisla zu meiner Erlösung sich einstellete / massen ich aus unterschiedlichen ihren Reden spürete / daß sie meine getahne Entschuldigung begunte in zweifel zuzihen /wiewol ich lieber den Tod würde erlitten / als in ihren gottlosen Willen gehehlet haben. Darst ich nun meinem Seelen-Schatze alles gar vertrauen / so wisse sie /daß man mir zu Jerusalem viel näher getreten / als zu Padua / wiewol ohn alle Unkeuscheit / hätte auch schwerlich vorüber gekunt / wann der ruhmwirdigste Nahme Valiska nicht so tief in mein Herzgepreget währe / so daß denselben weder diese noch einige andere außheben wird; darumb so wolle mein Seelichen festiglich gläuben / daß / sint der Zeit ich die Sonne aller Schönheit / Frl. Valisken gesehen / und einige Hoffnung deren Gegenliebe gehabt / ich mich eben so wenig an den Monde oder andere Schönheit-Sternen gekehret habe / als ob sie in der Welt nicht währen. Ach mein allerwerdester Schatz / antwortete sie / verzeihet mir / bitte ich / den geringen Argwohn / welchen meine Furcht in mir anblasen wollen / er ist Gott Lob / durch diesen grossen Strohm eurer Liebe allerdinge ausgelöschet / sol auch ni iermehr wieder angezündet werden; aber mässiget euch / bitte ich sehr / in den unverdieneten Lobreden meiner Geringfügigkeit; Gott weiß / daß ich mich noch lange nicht schön genug halte eurer Liebe / und da ihr die Augen eures Verstandes recht würdet aufftuhn / müsten meine vielfältigen Mängel und Gebrechen bald verrahten werden; warumb mag dann mein Schatz mich einer Sonnen vergleichẽ / da ich nicht der geringste Stern bin? versichert euch aber / mein Seelichen / daß / weil ich[738] vernehme / daß eure Reden von herzen gehen / und ihr aus übermachter Liebe mich so hoch schätzet / ich selbst verlangen darnach trage / daß ihr in euren ehrliebenden Begierden bald befriediget werdet / wünsche auch / daß ihr das eingebildete an mir finden /und ein völliges genügen an mir haben möget. Unvergleichliches Kleinot / sagte er hierauff / warum muß dañ euer herrlicher Verstand allenthalben durchdringen / und nur in Erkäntniß eurer Seelen- und Leibes-Vollkommenheit blind und unwissend seyn? Verringert euch nicht / mein Fräulein / und lästert nicht /was die allgemeine Mutter euch vor andern allen mitgeteilet hat. Und O wie vergnüget werde ich seyn /wann ich (Gott gebe / daß es bald geschehe) dessen geniessen sol / worauff Artabanus in rasender Wuht hoffet; dann wie schon gesagt / ehe werde ich weder Ruhe noch sichern Trost bey mir empfinden. Er redete dieses mit so traurigen Geberden / daß sie grosses mitleiden mit ihm trug / und von herzen wünschete /ihn vergnügen zu können; fiel ihm auch umb den Hals mit etlichen Küssen / und sagte zu ihm: Tröstet euch mein Schatz / mit der Hoffnung / vielleicht schickets Gott / daß ich bald euer Ehe Gemahl werde. Gleich dazumahl ward sie ihres Ringes an seinem Finger gewahr / an welchem sie inwendig ihrer bey der Nahmen mit durcheinander gesetzeten Buchstaben hatte eingraben lassen / besahe ihn eigentlich / und nach gegebenem Handkusse fragete sie / durch was Glückesfall ihm dieser währe zuhanden kommen / dann sie erinnerte sich der unglüklichen Herberge / in welcher sie ihn neben ihren Haaren und lezt empfangenem Brieflein / auch andern Ringen mehr unter die Betstat verstecket hätte; und da sie vernam / daß ers alles von Neklam empfangen / sahe auch / daß er seinen Anteil von ihren Haaren hervor zohe / nam sie ein kleines Scherichen / und schnitte einen Strang seiner Locken von seinem Häupte / baht ihn / die angestrichene Farbe davon zumachen / und erklärete sich / sie wolte ein Armband davon zurichten / und es zu seinem Gedächtniß tragen. Er aber zeigete ihr an / daß er diesen Ring nit anders schätzete / als hätte er denselben von ihr selbst bey der Traue empfangen / sich auch daher mehr vor ihren Gemahl als Bräutigam gehalten. Sie sahe wol / daß er aus innigster Gewogenheit die Beschleunigung ihrer Ehe suchete / daher sie sich erkühnete / zu ihm zu sagen: Damit sie nicht geringere Liebe gegen ihn / als er gegen sie spüren liesse /wolte sie bey seiner ersten Wiederkunfft ihn vor ihren Herrn und Gemahl halten / und nur noch dißmal vor ihren Bråutigam / welches mit küssen und umfahen bestätiget ward. Weil sie aber beyderseits merketen /daß hohe Zeit seyn würde / was nöhtigers vorzunehmen / wolte sie sich setzen / ihre Briefe nach Padua und Prag zuverfertigen / aber Herkules verhinderte solches / einwendend / sie müste nicht zu sehr eilen /noch die gelegenheit / wieder zu ihr zukommen / ihm benehmen / welches sie mit einem schamrohten lächeln beantwortete / und sich endlich erklärete /wanns ihn also gut däuchte / wolte sie nach seinem Abscheide die Feder gebrauchen / spracheten noch ein Stündichen zusammen / und als Phraortes sie der Zeit erinnerte / das Fräulein auch sehr zweifelte / daß das Glük vor seinem Abzuge sie wieder zusammen fügen würde / und deswegen einen gänzlichen Abscheid mit Trähnen von ihm nam / stellete er sich gleich auch also / und sagte zu ihr: Mein allerwerdester Schatz in dieser Welt; ich befehle euch der Obhuet und Wache des allmächtigen Gottes / biß auff meine glükliche Wiederkunfft / derselbe wolle euren Glauben stärken und mehren / und in aller Widerwärtigkeit beständige Geduld verleihen; inzwischen wil in abwesenheit meiner Gemahl (dann davor [739] halte ich sie) die Hoffnung küssen / unter der festen Zuversicht / mein Seelchen werde die mir jeztgetahne Verheissung / zu meiner ersten Wiederkunfft auff dieses Gemach ungewegert leisten / damit an ihrer ausbündigẽ Schönheit / als an meinem Ehelichen Gemahl ich mich ergetzen möge /weil ich nicht bedacht bin / mich ihres versprechens zubegeben. Sie hörete sein erstes vorbringen mit inniglicher Andacht / den Beschluß aber mit einer Schamröhte an / und meynete es mit stillschweigen zubeantworten / weil sie sich fürchtete / ihm ein mehres als sich gebührete / versprochen zuhaben; weil er aber umb schließliche Erklärung anhielt / sagte sie: Allerteurester Schatz / ich befinde in meinem Herzen /daß ich zu schwach bin / seinẽ Vorsatz zubrechen; und weil ich mein Gemüht ihm zuerklären schuldig bin / angesehen seine geträue Liebe / welche er mir in dieser gefährlichen Nachfolge satsam erzeiget hat / so währe mir zwar nichts liebers / als daß meiner allerliebstẽ Fr. Mutter ich in dem reinen Jungfräulichen Stande wieder möchte geliefert werden / in welchem ich von ihr ausgezogẽ bin; weil ich aber euch vor meinen Herrn und Gemahl auffgenommen habe / werde ich müssen seinem hefftigen ansuchen stat geben /und mich ihm als ein Gemahl gönnen / auff daß nicht allein ich ihm seines Mißtrauens und anderer Herzenskränkungen benehme / sondern ihn hiedurch zur schleunigen befoderung meiner Freyheit desto mehr anreize; welches dann mit einem Handschlage und vielen Küssen bestätiget ward; worauff er mit Phraortes in zimlicher Verwirrung davon ging / und mit demselben nach dem Königlichen Schlosse sich verfügete / woselbst er nunmehr als ein bestelleter Königlicher Diener / dem Könige selbst auffwarten muste. Nun hatte Vologeses der jünger mit seinem Ritterlichen Diener Mithrenes alles angelegt / wie er ursach an den jungen Teutschen suchen solte / welcher sich in etwas beschwerete / daß er sich mit einem schwachen Jungen / wie er vor gab / schlagen solte. Bey der Mahlzeit ward Phraortes von Vologeses erinnert / die Wette zubestimmen / der ohn weiteres bedenken feinen Satz auff 100000 Kronen benahmete /jener aber / dieser Beute sich erfreuend / ein doppeltes zulegen versprach. Herkules wahr sehr geschäfftig /seinem Könige zugefallen nam sich einer züchtigen Scham und Furcht an / und warff daher der König auff ihn eine sonderliche Neigung und Gewogenheit. Vologeses aber fing ein Gespräch mit ihm an / er hätte aus seinen gestrigen Reden vernommen / daß er schon in den Ritter Orden getreten währe; nun sähe er ihn aber vor sehr jung an / und möchte gerne wissen / was vor Waffen man in seiner Landesart gebrauchete / die von so jungen Leuten beydes zum Schuz ihrer / und zur Verletzung der Feinde könten geführet werden. Herkules ward des Spottes bald innen / ließ sichs doch nicht merken / sondern mit demühtiger Herzhaftigkeit sagte er: Gnädiger Fürst und Herr / in meiner dreyjährigen ritterlichen übung habe ich mich Römischer Waffen gebraucht / eines festen Helmes / Brust-Rück- und Beinharnisches / neben gewöhnlichẽ Reuter Schilde; das Gewehr ist ein Ritter Speer / uñ Schwert / wie es Römische Ritter führen / und ich haussen vor dem Gemache abgelegt habe. Vologeses fragete nachmahl / ob er dann so schwere Rüstung schon drey Jahr hätte fuhren können / und vernähme von Phraortes / daß er kaum das zwanzigste Jahr hinter sich gelegt. Der Schimpff hätte ihn fast zu herbe gedaucht / doch hielt er sich ein / und antwortete mit einem höflichen Ernste: Ja gnädiger Fürst / wann mir erläubet ist / ihrer Durchl. zuantworten / habe ich sie /ohn Ruhm zumelden / diese Zeit her geführet / und wider meines gleichen StandesLeuten [740] verteidiget / so offt sie mir solche streitig machen wollen. Mithrenes hatte sich gerade gegen über gestellet / uñ lachete dieser Antwort gar hönisch; welches ihn heftig schmerzete / und nur wünschete / gelegenheit zuhaben / ihn dessen gereuen zumachen / welche ihm bald an die hand gegeben ward, dann nach geendigter seiner Rede / die Vologeses als zu frech auffnam / sagte derselbe zu seinem Mithrenes: Als viel ich von diesem jungen Teutschen vernehme / ist bey euch uñ ihnen eine grosse Ungleicheit im Ritter-werden. Ja / Durchleuchtiger Fürst / antwortete dieser; wer bey uns in Armenien Ritter heissen wil / muß nicht allein das Maul /sondern vielmehr die Fåuste zugebrauchen wissen; so lässet man auch keinen unter 25 Jahren zu / er habe dann fünff Ritter herab gestochen / und solches ohn einige Bewägung im Sattel / würde auch mit so einem jungen Knaben / wie dieser ist / sich niemand leicht in Streit einlassen / da ihm nicht zuvor Zusage geschähe / es solte ihm an seinem Ritterstande keinerley weise schimpflich seyn. Herkules ward durch solche äusserste beschimpffung dermassen entrüstet / daß er sich fast übersehen hätte / begriff sich aber noch / und fing an: Allergroßmächtigster Unüberwindlichster König /allergnädigster Herr; demnach Eure Königl. Hocheit mich unwirdigsten vor einen Ritterlichen Diener angenommen / auch höhere Königl. Gnade mir erzeiget /als meine Wenigkeit fähig seyn kan / gelebe ich alleruntertähnigst der tröstlichen Zuversicht / Dieselbe werden ihrem Diener Freyheit geben / seine ritterliche Ehre zuhandhaben / solches bitte ich im Nahmen und von wegen meiner allergnädigsten Fraulein / als deren Höchst Seel. Herr Vater mich dieses Standes gewirdiget hat; setzete sich darauf in die Knie / und erwartete genehmer Antwort. Der König sahe ihn an / entsetzete sich fast vor feinen feurigen Augen / und antwortete ihm: Weil du unser Diener bist / und jener stolzer (den wir umb seines Herrn willen übersehen) dir zu nahe getreten ist / sol dir ritterliche Freyheit erlaubet seyn. Bald stund Herkules auff / bedankete sich alleruntertähnigst / und sagte zu Vologeses: Durchleuchtiger Fürst / Eure Durchl. mit einigem Worte zubeleidigen / bin ich nicht willens; aber wer ihr auch seyd (sagte er zu Mithrenes) habt als ein stolzer (wie Königl. Hocheit euch gescholten) wider Rittergebühr mich beschimpffet / und ohn alle gegebene Ursach euch gelüsten lassen / meine ritterliche Ehre zukränken; da ich nun solches einfressen würde / währe ich nicht allein unwirdig / meines grossen Königes Diener zuseyn / sondern dürffte auch keinen Fuß wieder in mein geliebtes Vaterland setzen; begehre demnach Abtrag vor angelegte Schmach / oder ihr müsset mir ohne Kampff nicht entgehen / wie jung und ungeübet ihr mich gleich haltet. Mithrenes fürchtete sich vor dem Könige / hatte auch von seinem Herrn einen Wink bekommen / glimpflich zufahren / deswegen gab er ihm diese Antwort: Habe ich meinem allergnädigsten Könige zuwider gehandelt / so bitte von seiner Königl. Hocheit ich dessen alleruntertähnigst Vergebung; taht hiemit einen Fußfall / und ward von dem Könige begnadet; Zu Herkules aber sagte er: Jüngling / ich habe dich nicht als einen Königlichen Diener beschimpffet / dann davor werden die Götter mich wol behüten / aber daß du dich vor einen Ritter angiebest /wovor du nicht erkennet bist / habe ich unbeantwortet nicht lassen können; nun hastu über das mich noch zum Kampfe ausgefodert / aber mein Jüngling / du weist noch nicht was ein Kampf ist / und wirst solches zuvor müssen in der Schuele lernen / ehe du dich vor die scharffe Spitze wagest / dann deiner drey oder viere würden mir viel zu leicht seyn / daher / Königl.[741] Hocheit zu alleruntertähnigstem Gehorsam / erlasse ich dich dieser Ausfoderung. Sihe da / antwortete Herkules / jezt gabestu ja vor / ein Ritter müste nit dz Maul / sondern die Fäuste zugebrauchen wissen / und du wilt mich gleich mit deiner ruhmråtigen Zunge zu bodem rennen / ja meiner viere zugleich vornehmen? währestu ein vernünfftiger Ritter / würdestu nimmermehr solchen stolz brauchen; so gehe nun bald / uñ wapne dich / ich wil / ob Gott wil / meines gewesenen Königes Ehre retten / und mit meinem Speer und Schwert behäuptẽ / daß dero Hocheit nie keine undüchtige in den löblichen Ritterorden angenommen hat / da dann jederman sehen wird / wie wenig Teutsche Nidrigkeit den Armenischen Stolz achte; bistu aber zu feige / allein zuerscheinen / so nim noch ein Ungeheur zu dir / es sol dir hiemit erlaubet seyn. Der verwägene Mithrenes vermeynete des Schimpffs zubersten / warff seinẽ Handschuch vor Herkules nider /uñ sagte zu ihm: Da hastu dz Pfand / dz ich dich in stückẽ zerhauẽ wil. Herkules hub ihn auf / warff ihm den seinen hinwieder zu / mit halblachender sti ie sprechend: Da nim wieder hin mein Pfand / dz dein stükhauen nur eine stolze Einbildung sey / uñ ich /dafern du durch abbitte mich versöhnẽ wirst / deines Lebens schonẽ wil. Der Köing geboht ihnẽ / dz keiner förder ein wort redete / oder sich am anŏn vergreiffe /bißsie auf dem Platze erscheinẽ würdẽ; wodurch Mithrenes verhindert ward sein bedrauliches großsprechen fortzusetzen. Vologeses der älter / ein ansehnlicher / gerechter und Kriegsverständiger Herr / und der grösseste im Reich / nach dem Könige / des jüngern naher anverwanter / merkete wol / daß sein Oheim dieses Spiel also gefidelt hatte / welches ihm nicht wol gefiel; Ihm warteten seine drey Leibdiener auff /die außbündigsten Fechter zu Charas / deren vornehmster Mentor / der ander Sabazes / der dritte Orsines hieß; diese stelleten sich Zeit solches weitläuftigen Gespräches an einen Ort zusammen / und hielten ihre Unterredung; so bald diese den Außspruch des Königes höreten / und ihnen gänzlich vorgenommen hatten / an diesem jungen fremden Ritter / der von Phraortes so hoch gerühmet wahr / sonderliche Ehre einzulegen / machten sich anfangs zu ihrem Herrn hin / und bahten untertähnig / ihnen zuvergünstigen / dz sie den ihnen von jenem jungen stolzen Ritter angelegtẽ Schimpf / Königl. Hocheit alleruntertähnigst vortragen / und um gebührliche Rache anhaltẽ möchten. Fürst Vologeses der älter / der auff diese Buben groß hielt / weil sie ihre schelmische Bosheit / durch welche sie mannichen unschuldigen umb Ehr / Leben und zeitliche Wolfahrt gebracht hatten / vor ihm ganz artig zuverbergen wusten / antwortete ihnen; da sie beleidiget währen / stünde ihnen frey solches zu ahnen. Worauff diese drey vor den König sich auff die Knie legeten / und Mentor / welcher in der Mitte saß /also anfing: Allergroßmächtigster unüberwindligster König; euer Königl. Hocheit alleruntertähnigst zu klagen / können wir nicht umhin / was Gestalt gegenwärtiger / dieser fremdling uns alle drey auff freier Strasse / öffentlich beschimpfet / in dem er uns / da wir ihn ganz höflich gegrüsset / den Gecken gestochen / und als wir ihn darüben zu rede setzeten / uns zur Antwort gab; ob wir nicht wüsten / daß er ein Königlicher / wir aber nur kahle Fürstliche bedienete währen / und ihm daher frey stünde / uns seines gefallens zu haben. Zwar wir hätten fuge und Ursach gnug gehabt / uns an ihm zu rächen / worzu wir das Mittel an der Seite führeten / aber Königl. Hocheit zu alleruntertähnigsten ehren / haben wir uns an dero Diener nicht wollen vergreiffen / sondern derselben diesen uns angefügten unablöschlichen Schimpff klagen /[742] und zugleich umb allergnädigste Erlaubung anhalten wollen / unser Schwert / einer nach dem andern wieder diesen Spötter und Geckenstecher zu wenden /und ihn zuunterweisen / daß er hinfüro ablasse ehrliche Leute dergestalt zubeschimpfen / dafern er sein Leben vor uns bergen und erhalten wird. Phraortes entsetzete sich über dieser Anklage / die er wuste falsch und ertichtet seyn / wahr auch bereit Herkules zu entschuldigen / welcher aber diese unvermuhtliche beschuldigung mit grosser beständigkeit anhörend /sich nicht eins darüber bewägete / sondern nach deren endigung sagte: Ihr drey Kläger / weil in vorbringung eurer Anklage ihr mit Fingern und Häuptern auff mich gezeiget / muß ich mich vor den beklageten halten; ich verzeihe euch aber diese Beleidigung ganz gerne /weil ich nicht zweifele / ihr werdet an mir irren / und mich vor einen halten der ich nicht bin. Mentor der Kläger sagte darauff: Mein Kerl / der Leute sind mehr in der Welt als du / welche das Spiel /Hastu es getahn / so leugne nur / wol gelernet haben / und zugebrauchen wissen; und wann ich allein diesen Schimpff eingenommen hätte / würde ich in ermangelung des beweißtuhms wol ein Lügner heissen müssen / aber diese meine beyde Zeugen / denen ein gleichmässiges von dir begegnet ist / werden mich in der Warheit schon steiffen / und deine Bosheit an den Tag legen. Seine beyde Gesellen fingen alsbald an ein solches mit zu bejahen / und erbohten sich alle drey zum äide. Dessen entsetzete sich nun Herkules in etwas / blieb doch bey seiner Sanftmuht / und erinnerte sie nochmahls / sich wol zubedenken / und keinen unschuldigen mit so schwerer Klage anzufassen. Weil sie aber beständig dabey blieben; fragete er sie an was Ort /und zu welcher Zeit dann solches geschehen wäre. Ihm antwortete Mentor / er fragete nach einem Wege /welchen er wol wüste. Nachdem aber der König ihre Antwort begehrete / sagete dieser / es währe auff der Schloßgassen / zwo Stunden vor der Mahlzeit diesen Morgen geschehen. Herkules gab zur Antwort: Ich ermahne euch nochmahls alle drey / daß ihr entweder euren Irtuhm / oder eure Bosheit bey zeiten erkennet und bekeñet / sonst werde ich gezwungen / umb Handhabung meiner Ehre / euch öffentlich zuschanden zu machen / welches ich doch ungerne tuhn möchte. Ihr Herr Fürst Vologeses sagte zu Phraortes: Euer gewesener Diener muß sehr unverschämt / oder meine drey Fechter die gottlosesten Buben seyn. Dessen gebe ich mein Leben / Ehr und alle meine Haabseligkeit zu pfande / antwortete Phraortes / daß mein gewesener Diener hierin allerdinge unschuldig ist / massen er diesen ganzen Morgen biß an die Mahlzeit mit mir bey dem Königl. Frl. auff dem Schlosse gewesen. Sie liessens bey diesem verbleiben / umb der Zänkerey Ausschlag zuvernehmen; dann als Herkules die Kläger abermahl also warnete / blieben sie steiff bey ihrer aussage / und bestunden fest / dessen einen äid zu leisten. Darauff wendete sich nun Herkules zu dem Könige / und sagete: Ich weiß nicht / allergnädigster König / was vor ein neidisches Unglük mir diesen Tag also nachstellet / und mich suchet zu einem Bubẽ und Spötter zu machen; Nun getröste ich mich meines guten gewissens und meiner Unschuld / welche gegen diese drey gottlose Verleumder / die in ihrer offenbahren Umwarheit sich dürffen zum äide anerbieten / ich leicht behäupten / und durch gnugsames Zeugnis / meiner allergnädigsten Fräulein / meines gnädigsten Groß Fürsten / und der ganzen Besatzung des Fräulein-Schlosses dartuhn wolte / daß umb die von diesen Verleumdern ausgesagete Zeit /ich auf jeztgedachtem Schlosse / und nicht auff der Gasse gewesen bin. Aber [743] daß nicht einer oder ander Ursach nehme / mich einer Kleinmuhtigkeit zubeschuldigen / so erbiete ich mich / meine gute Sache unter dem Schuz Gottes / wieder diese drey Verleumder mit dem Schwerte zuhandhaben / weil ich vor Augen sehe / daß alle Anklage bloß zu dem Ende angesehen ist; mögen sich demnach diese drey mit meinem ersten Feinde vergleichen / wer den ersten Streit mit mir angehen sol. Mithrenes gab vor / weil er zum ersten außgefodert währe / hätte er billich den Vorzug. Herkules antwortete / es gefiele ihm soches noch wol / daß er nunmehr in wirdig und düchtig erkennete / mit dem er einen ritterlichen Versuch tähte. Hingegen wante Mentor ein / nachdem er sich abermahl auff einen äid beruffen hatte / sie währen am ersten beleidiget worden / daher müste er ihnen auch am ersten zu rechte stehen. Ich wil euch verleumdern und lügenern solches nicht versagen / antwortete Herkules / und däucht mich selber / ich könne mit der geringsten Mühe an euch den Anfang machen / weil es vermuhtlich zu Fusse und mit dem Schwerte geschehen sol; bin also bereit auff dem Vordersaal in gegenwart meines allergnädigsten Königes uñ aller HochFürstl. Geselschaft mit euch den Span zuschlichten / und erwarte den Ausspruch von Königlicher Hocheit. FürstVologeses der älter stund auff / und redete ihn also an: Herzhafter Ritter / ihr dürfet euch gegen meine drey Diener / als hochbeschriehene Fechter nicht in Lebensgefahr wagen / dafern ihr nach eurer Anzeige eure Unschuld darlegen könnet / welches ich euch fast zutraue / da dann auff solchen Fall meine Diener empfinden sollen / wie feind ich allemahl der boßhasten Verleumdung gewesen bin. Durchl. Fürst / antwortete er / mit grosser Ehrerbietung / Eurer Durchl. hochgepreisete Gerechtigkeit und Helden-Tapfferkeit hat den Preiß des ganzen Erdbodens erworben / welchen ich zuerheben nimmermehr vergessen wil; weil aber mein ritterliches Ansehen allermeist auff der Faust beruhet /so wolle Eure Durchl. gnädigst einwilligen / daß dieser Kampff vor sich gehe / und sich versichern / daß Gott der Unschuld zu steuer legen werde. Wolan /antwortete der Fürst / eure Tapfferkeit in dieser Jugend verdienet ein besser Glük / als böse Buben euch zubereiten / und stelle ichs alles zu Königlicher Anordnung. Artabanus kunte sich über seines Dieners unerschrockenen Muht nicht gnug verwundern / hielt auch seine Unschuld vor schon erwiesen / wuste aber auch / mit was guten Fechtern ers würde zutuhn haben / und fürchtete sehr / er würde sein Leben einbüssen müssen; wolte demnach in dieser Sache nicht sprechen / sondern bestellete Phraortes an seine stat /welcher dann durch einẽ Wink von Herkules leicht verstund / wie er die Urtel abfassen solte / deswegen er also anfing: Im Nahmen und aus Vollmacht Königlichen Hocheit / wird dem Königl. Ritterlichen Diener Valikules hiemit die Freyheit gegeben / den Kampff wider seine drey Ankläger fortzusetzen / so daß vorerst der Worthalter / hernach der zur Rechten / und zulezt der zur Linken ihm fuß halten sollen / an was ort / und auff was weise ers als Ausfoderer begehren wird / jedoch alles redlich und ohn Vortel. Herkules bedankete sich des Ausspruchs / und alle anwesende verwunderten sich dessen / die Verleumder aber hüpffeten vor freuden auff / und vermaß sich Mentor / dafern er unterliegen würde / wolte er sich selbst der Kreuzigung zugesprochen haben; welches die anderen beyden ihm nachsageten. Herkules taht als hörete ers nicht / foderte seine Ankläger aus auff den Vörder Saal / daselbst schlug er einen zimlichen Kreiß / so viel Raum zween fechtenden ohn rükweich nöhtig wahr; und als der König mit der ganzen Geselschafft zugegen [744] stund / sagte er: Trit her in diesen Kreiß / du Verleumder / und wer von uns beyden daraus schreiten wird / so lange der Kampf währet / sol am Kreuz die Seele ausblasen. Die Augen branten ihm im Kopffe / und niemand hatte genauere acht auff ihn / als Vologeses der älter / welcher als dem Könige am nähesten stehend / zu ihm sagete: Dieser junge Ritter ist ausser allem Zweifel mehr / als er sich ausgibt. Mentor hätte diese Kreisses-bedingung lieber ausgeschlagen / aber die gesprochene Urtel stund ihm im Wege /und sein erworbener Fechter-Ruhm / trat also hinein /und boht seinem Feinde die Spitze; welcher aber in einem kurzen Lager / sein Schwert mit ausgestrektem Arme gerade auffrecht hielt / woraus jener schon merkete / daß er keinen Schüler vor sich hatte / nam ihm auch vor / alle Vorsichtigkeit anzuwenden; Sie versuchten beyderseits durch falsche Augenwinke und Dräustösse einer den andern zuverführen / aber es wolte nirgend zu / wiewol alle anwesende unserm Herkules den Vorzug zulegten / welcher sich schämend / die Zeit vergebens zuzubringen / seinem Feinde / ehe er sichs versahe / den rechen Arm mit einem Unterhieb lähmete / dz er das Schwert fallen ließ / jedoch mit der linken es wieder auffhuhb / weil ihn Herkules unterdessen nicht beschädigen wolte: sondern redete ihn also an: Du Lügener / bekenne deine Bosheit und meine Unschuld / oder du must das Kreuz bekleiden. Ich bleibe beständig bey der Warheit / antwortete Mentor / und die erste Wunde ist mir eine Auffmunterung von meinem Schlaffe. Sie bunden von neuen an / dann Mentor war mit beyden Händẽ geübet / aber die empfangene Wunde / welche viel Blut gab /schmerzete ihn sehr / und machte ihn kraftloß / daher ihm Herkules eintrat / reiß ihm mit der linken das Schwert aus der Faust / und mit der rechten gab er ihm mit dem Degenknauff eins wider die Stirn / daß er gestrekt hinter sich fiel; worauff sein Uberwinder begehrete / daß er gefänglich angenommen würde /welches die Königliche Trabanten auff Geheiß verrichteten; aber ehe sie sichs versahen / zückete dieser seinen Dolch / und erstach sich damit. O ihr leichtfertige Schelmen / sagte ihr Herr / Fürst Vologeses / wie tuht dieser überwundene eine so klare Bekäntniß durch seine eigene Ermordung / mit was Bosheit ihr verknüpfet seyd. Herkules kehrete sich daran nichts /sondern rief dem andern / was er sich lange säumete /sein Mithrenes wolte auch noch ein Stündichen zum Spielhaben; Dieser Sabazes aber wendete ein / es währe nicht Fechterisch / sich in einen engen Kreiß einzuschliessen / welches einige seinem Gesellen allen Schaden getahn hätte / deswegen begehrete er freyen Raum zum Kampffe. So gib ihm Raum / mein Valikules / sagte der König / dann die Unschuld kan auch auff freyem Platze siegen. Ganz gerne / allergnädigster König / antwortete er; ging sehr eiferig / und mit ausgestrecketem Lager auff ihn loß / brachte ihm bald anfangs einen Schnit über den linkẽ Backẽ an /womit er ihn zugleich wehrloß machete / dann er fassete mit der linken in seines Feindes Gefäß / und beugete ihm das Schwert aus der Faust. Dieser begab sich auffs lauffen / aber Herkules hinter ihn an / und stieß ihn mit dem genommenen Degen Gefäß hinten auff das Haupt / dz ihm die Hirnschale borste / und in kurzem verschiede. Der dritte / Orsines / der es den beyden vorigen in der Kunst nit gleich taht / ging mit erschrockenem Herzen heran / hatte sich auch kaum recht ins Lager gestellet / da lag seine Faust mit samt dem Schwert auff der Erden. Herkules fassete ihn an /und sagete: Mein / biß du doch der vernünfftigste /und bekenne die Warheit / alsdann wil ich dich verbitten / daß du beym Leben bleibest. Ja mein Herr /antwortete er / es [745] ist unser lauter Muhtwille gewesen /euch solche ertichtete Lügen aufzubürden / bloß daß wir an euch Ehre erjagen / und nach eurem Tode euer gutes Kleid erbeuten möchten; Wollet nun eurer Zusage nach bey dem Könige mir unwirdigen das Leben verbitten. Aber sein Herr / Vologeses / trat hinzu /und sagte: Ein solcher ErzSchelm müste sich ja nicht rühmẽ / daß er mein Diener gewesen / und mit seinen Lügen mich hintergangen hätte; zog hiemit sein Seitengewehr aus / und stieß ihm solches / da er auff den Knien saß / durchs Herz. Dieser ruhmwirdige Sieg wahr in einer halben Stunde gänzlich erstritten / und bekam der überwinder / aller anwesenden (den jüngern Vologeses ausgenommen) sonderliche Gunst; Der König wünschete ihm mit wenig Worten Glük; Fürst Vologeses der ältere / rühṃete ihn öffentlich /und boht ihm alle Gnade an; gegen welchen er sich sehr demühtigte / und sich glükselig preisete / eines solchen weltbeschriehenen Fürsten Gnade erlanget zuhaben. Der jüngere Vologeses durffte wegen des Königes nicht unhöflich seyn / und sagte zu ihm: Ritter / ihr habt euch wol erwiesen / daß eure Jugend des Schwertstreites erfahren sey / möchte wünschen / daß ihr mit meinem Mithrenes hindruch währet. Gnädiger Fürst / antwortete er / ich bedanke mich beyde des Ruhms und der gnädigen Gewogenheit untertähnig /möchte auch wünschen / daß ich mit ihrer Fürstl. Gn. Diener gleich jezt im Werk wäre / dann sein Maul hat ihn schon verrahten / daß das Herz sich auf keine Tugend / sondern bloß auff die viehische Leibesgrösse verlässet / daher ich mit ihm als mit einem grossen wilden Ochsen umgehen werde / es sey dann / daß er zu besseren Gedanken greiffe. Dieser stund nit weit davon / daß er alles anhörete / meynete vor Zorn zubersten / und dräuete / ihn in kleine bißlein zuzerhacken; Aber Herkules lachete sein / und sagte: Ich gedachte / du Untihr würdest dich schon hinaus gemacht haben / woselbst ich dich noch zu besserer Erkäntniß zubringen verhoffe. Der ältere Vologeses kunte nicht unterlassen / seinem hochmuhtigen Oheim einzureden / wie er doch immermehr einem Diener so viel Frevels gestattete / wodurch der König gar leicht zu schwerer Ungnade wider ihn selbst könte gereizet werden; Aber der Neid / welchen er wider Herkules gefasset hatte /wahr so hefftig / dz er als blind und taub sich stellete. Herkules hielt bey Phraortes an / den König zuersuchen / daß der Kampff unter der Fräulein Schlosse gehalten würde / welches Artabanus leicht bewilligte /und durch Phraortes dem Fräulein anmelden ließ / dafern sie ihren tapferen Diener Valikules / welcher schon drey Fechter zu fusse erlegt hätte / wolte zu Rosse kämpffen sehen / möchte sie auff ihren Ober gang treten / weil ihr doch nicht geliebete aus dem Schlosse zukommen. Sie ließ sich von dem GroßFürsten alles Verlauffs berichten / und sagete: O wie würde mein Herkules der gleichen Streite und Kämpffe so gerne alle Tage antreten / wann er mich aus diesem Schlosse stechen oder hauẽ könte; doch bin ich ihm davor nit ein geringes verbunden / daß er meines Hochseel. Vaters Königl. Wirde handhaben wil. Phraortes tröstete sie / es würde der teure Fürst schon mittel ergreiffen / sie zu rechter Zeit ledig zumachen /wozu zweifels ohn ihm seine Kunstfarbe sehr vorträglich seyn würde; Aber meine herzgeliebete Frl. Tochter / sagte er / müste dem lieben Fürsten hierzu einen Muht und freudiges Herz machẽ. Ja mein allerliebster Herr Vater / antwortete sie / wie gerne wolte ich /wann solches in meinen Kräfften stünde. Darinnen bestehet es alles / sagte er; sol ich aber so kühne seyn / und sagen / wie? Ach ja / mein Herr Vater / antwortete sie; unterrichtet mich / bitte ich / als eure [746] Tochter / ich wil herzlich gerne folgen. Wol dann / meine Frl. Tochter / sagte er; Sie tuhe nur diß / und gebe dem höchstverliebeten Fürsten nach diesem doch nicht mehr ursach / daß er trauriger von hinnen scheide / als er herkomt; ich fürchte / wo meine Frl. Tochter in ihrer Härtigkeit also fortfähret / es werde sich des Fürsten Herz in dem ungestümen Liebes Feur bald verzehren; was nun Eure Liebe vor Nutzen daher haben würde / stelle ich derselben zu bedenken anheim. Das Fråulein entsetzete sich der Rede / und sagte nach kurzem bedenken: Mein Herr Vater / wo er mich väterlich liebet / wolle er mir entdecken / ob mein Herkules diese Vorbitte an ihn gesucht habe. Nein / meine Frl. Tochter / antwortete er / er weiß bey meinen Fürstlichen Ehren / nichts umb mein Vorbringen / stellet sich auch allemahl im abscheiden von diesem Orte sehr frölich gegen mich / wiewol ich sein heimliches leiden aus unterschiedlichen Zeichen wol erkenne. Das Fräulein gab sich hier auff zufrieden /und sagete als im scherze: Es solte ihr Herkules eines solchen kräfftigen und vollgültigen Vorbitters zugeniessen haben. Und die Warheit zu sagen / drungen diese Reden der gestalt durch ihr Herz / daß ihr leid wahr / ihm nicht alles eingewilliget zuhaben. Der Groß Fürst nam von ihr Abscheid / sie aber putzete sich Königlich aus / und ward in aller eile eine Schau Bühne vor den König und seine Fürsten auffgeschlagen. Der König wahr zeitig zugegen mit seinem Hof Stabe / und stelleten sich die Kämpffer auch ein; Herkules wahr der erste / hatte eine starke Rüstung an /so zu Ekbatana mit sonderlichem fleiß aus dem festesten Stahl geschmiedet wahr; Auff dem Helm führete er einen Greiff / auff dessen Brust stunden diese Worte:Pullum ereptum quæro lugens. Das ist /Ich suche mein geraubetes junges mit grosser Betraurung. Im Schilde stund der kleine David / und schlug dem Goliath das Häupt ab / die ümschrifft wahr:Pietas victrix domat temerarios Die Sieghaffte Gottesfurcht zähmet die Verwägene. Seines eigenen Pferdes wolte er sich nicht gebrauchen / weil er solches noch in keinem absonderlichen Treffen versucht hatte / und seinen trefflichen Blänken hatte er zu Ekbatana gelassen / daß er von darab solte nach Persepolis gebracht werdẽ /wählete deswegen Leches starken Rappen / und ritte /von Tyriotes als einem vermeynten GroßFürstlichen Medischen Ritter begleitet / nach dem Kampffplatze /stellete sich auch gleich gegen über / da er wuste /sich das Fräulein anfinden würde. Der König sahe ihm mit Lust zu / wie artig er sein Pferd zusprengen /und dermassen sich im Sattel zuhalten wuste / daß er zu Vologeses dem ältern sagete: Dafern die Erfahrenheit zu Pferde zustreiten seiner Fecht- und Reit Kunst gleichete / würde ers seinem Feinde leicht zuvor tuhn. Welches er beantwortete: Er hielte diesen Ritter vor einen halben Wunder-menschen / der ohn zweifel mehr währe / als er sich ausgäbe. Mithrenes von sei nem Herrn begleitet / kam auch an / sahe einem jungen Riesen nicht ungleich / und ritte auff einem schweren Hengste. Sein Herr erinnerte ihn seiner Tapfferkeit / und daß er diesen jungen Ritter nicht gering schätzen solte / welcher mit seiner Geradigkeit den abgang der Leibeskräfte zuersetzen wüste / ungeachtet es ihm doch auch an diesen nicht fehlete; Die Wette lieffe hoch an / und auf den fall des Sieges solte er davon 6000 Kronen zu seinem Anteil haben. Dieser verwägene Mensch baht hingegen / er möchte doch keinen Zweifel an der überwindung tragen; es währe ein grosser Unterscheid mit dem Speer zu Pferde / und mit dem Schwert ohn Harnisch zu fusse zukämpffen / weil zuzeitẽ hier die Behändigkeit etwas schaffete / dorten aber wenig nützete; [747] der Sieg würde mehr liderlich als rühmlich seyn. Wodurch sein Herr sich nicht wenig der überwindung versichern ließ. Ehe das Treffen anging / ließ der König beyderseits anmelden / daß wann zeit wehrendes Streits in die Tromete gestossen würde / solte bey Leib- und Lebensstraffe ihrer keiner einigen Schwertschlag mehr führen; welches zu Valikules Lebensrettung angesehen wahr. Als das Fräulein mit bedecketem Angesicht ihre Stelle bekleidet / und von ferne sich gegen den König tief geneiget / er hingegen mit seinem Reichsstabe ihr freundlich gewinket hatte / wurden den Kämpffern gleichmässige starke Speere zugestellet /welche sie eigentlich besahen / bald darauff einlegeten / und mit solchem ungestüm auff einander ranten /daß im Treffen die Speere splittersweise in die Lufft fuhren / auch der grosse Mithrenes über jedermans vermuhten beyde Stegreiff verlohr / und auf des Pferdes Hals zuliegen kam / daß er mit äusserster mühe sich des Falles enthielt / da Herkules hingegen unbewäglich vorbey trabete / dessen alle Zuseher / auch Ladisla selbst sich verwunderte. Der ältere Vologeses sagte zum Könige: Eure Hocheit nehmen dieses ihren Dieners wahr / welcher uns entweder zum sonderlichen Glük / oder zum grossen Verderben von den Göttern zugeschicket ist. Aber der Königschlug es in den Wind / ohn zweifel aus Gottes fonderbahrer Schickung. Herkules foderte ein neues Speer / und der andere eilete zum Schwertstreite / welches ihm sein Feind doch nicht gönnen wolte / einwendend / es müste vor einer den Sattel räumen / hernach könte das Schwert noch früh genug geblösset werden; muste also dieser wider seinen Dank den andern Rit wagen /welcher ihm so unglüklich geriet / daß er aus gehoben / und auff die Erde geworffen ward / mit solcher gewalt / daß er über und über purzelte; doch erhub er sich / und setzete sich wieder auf / wiewol mit solcher Scham / daß er kaum sehen kunte. Phraortes sagte zu seinem Wettehalter: Den Schwertstreit mögen die Götter und das Glük schlichten / im Stechen aber habe ich schon gewonnen. Ich bekenne es / antwortete dieser / und hätte ich hinter diesem jungen Ritter solche unmenschliche Krafft und Geschikligkeit im rennen nimmermehr gesuchet / welcher ohn zweifel in stechen gar wenige seines gleichen hat / wie auch in der Fechtkunst / aber wie ist eure Liebe doch an diesen Diener gerahten? Er hat sich anfangs bey Mazeus angegeben / antwortete er / uñ ihn wissen lassen / daß er wol gesinnet währe / sich eine zeitlang bey einem Fürsten dieser Länder aufzuhalten / worauf er ihn an mich verwiesen / mich zugleich berichtend / wie er von ihm sehr künstliche Schüsse gesehen hätte. Herkules setzete inzwischen mit entblüssetem Degen auff seinen Feind / und flog daher mit seinem Pferde als in Lüfften / ließ das Schwert drey mahl umb den Kopff kommen / und als er seinem Bestreiter nahete / sagte er zu ihm: Du hochmühtiger Großsprecher / begehrestu annoch meiner drey oder viere? Ich meyne ja / du habest es mit dem Speer erwiesen / daß Maul und Herz nicht eines Fleisches an dir sey; Dieser schämete sich schon des Falles heftig / und machten ihn diese Worte vollend rasend / daß er ohn einiges Wortsprechen Herkules mit solcher Wuht überfiel / als wolte er ihn mit samt dem Rosse übern hauffen werffen / der ihm aber mit guter Vorsichtigkeit begegnete / gebrauchte sich des Schildes / und verseumete nicht /wann er gute und wirkende Schläge austeilen kunte /daß man in kurzer Zeit das Blut von ihm rinnen sahe /und taht überdas sein Pferd einen schli ien Fehltrit /daß es mit ihm übern hauffen fiel. Herkules stieg auch ab / nahete sich zu ihm / da er noch auff der Erden unter dem Pferde lag / und sagte zu ihm:

[748] Sihe mein Kerl / wie leicht würde ich dich abschlachten / wann ich mich meines Rechts un Vortels gebrauchen wolte; Aber damit du sehest / wie wenig mir vor dir grauet / wil ich dich zun Beinen kommen lassen. Dieser hatte sich gleich hiemit loßgerissen /wolte die ihm erzeigete Gütigkeit nicht erkennen /sondern trat mit solchen ungestümen Hieben auff Herkules dar / daß er gezwungen / ihm die ersten Hörner muste ablauffen lassen / gebrauchete sich bald seines Schildes / bald seines geschiklichen ausweichens / biß er sich wol abgearbeitet hatte / da er zu ihm sagete: Hastu nicht bald ausgeraset / du wildes Tihr? griff ihn damit / nicht weniger vorsichtig als ernstlich an / hieb ihm auch in kurzer frist den Schild fast zu stücken /und gab ihm der Wunden so viel / wiewol sie nit tieff durchgingen / daß ihm gleichwol der Harnisch roht gefärbet ward / uñ sich mehr zu schützen / als seinen Feind zuverletzen muste bemühet seyn; welches Herkules merkend / ihm Gnade anbot / uñ zu ihm sagte: Mich ja iert dein Mithrenes / deswegen tuhe mir Abtrag / sonst wird dein Lebẽ bald geendet seyn. Weit gefehlet / antwortete dirser; samlete auch alle Kräfte zusa ien / uñ wolte entweder bald verspielẽ oder gewiñen / dz er auch das übrige seines Schildes von sich warf / uñ dz Schwert mit beydẽ Händen fassete / ob wolte er seinen Feind in der mitte von einand' hauẽ; aber diese rechnung betrog ihn / massen ihm Herkules fein ausweich / uñ nit desto minder seine Nachhiebe i ier zu anbrachte / biß er ihm endlich dẽ Helm gar zerhieb / dz er im vom Kopfe sprang / worauff er zu ihm sagete: Kanstu deine Gefahr noch nicht erkennen / so mustu alles Witzes beraubet seyn; so wiederruffe nun bald deine schmähungen / oder ich werde dich meinem gewesenen allergnädigsten Könige zum Opffer schlachten. Noch wolte sich dieser nicht finden /sondern gab zur Antwort: Nicht du / sondern das Glük / und jener allerschönsten Fräulein Wiederwille hat mich so weit getrieben; aber bistu redlich / so laß uns ohn Harnisch auff Fechter weise auch versuchen /dann ich merke wol / daß deine Waffen durch Zauberkünste unüberwindlich gemacht sind. Daß leugestu Bube / antwortete er / und ob ich dir dein begehren abschlüge / bliebe ich doch wol redlich; doch daß du auch diese Entschuldigung verlierest / sol dir gewilfahret werden; rieff Phraortes Leibdiener herzu / und ließ sich von demselben entwapnen / da Mithrenes ein gleiches verrichtete / und nach abgelegtem Harnisch die Menge seiner untieffen Wundẽ inne ward / unter denen etliche / weil die Blutadern getroffen wahren /sehr bluteten. Der König sahe daß sein Valikules Meister spielete / deßwegen ließ er alles geschehen /und kunte seine unvergleichliche Herzhaftigkeit und wolgeschiktes Gefechte nit gnug rühmen / welches er aber ausser dem Harnische erst recht sehen ließ; dañ da trieb er seinen Feind dergestalt umb / und versetzete ihm so manniche tieffe Wunde / daß der Plaz schlipfrich davon ward / auch der arme Tropff sichs kaum mehr auffrecht halten kunte / daher ihn Herkules abermahl zum Wiederruff ermahnete / aber an dessen stat nur Schmäßungen zur Antwort bekam / worüber er so eiferig ward / dz er zu ihm sagete: Ey so solt und mustu auch die Straffe eines boßhaften Schänders außhalten / wañ dein Kopf auch von Stahl und Eisen währe. Vologeses der jünger sahe / daß es mit seinem Diener am Ende wahr / und baht den König / er möchte / allergnädigstem versprechen nach / den Kampff auffheben; welcher ihm aber antwortete; so müste auch Mithrenes seine lästerhafte Zunge einhalten / und unsern tapfferen Ritter und Diener unbeschimpfet lassen / weil er aber zum Kreuz weder krichen kan noch wil / empfähet er davor billich seine[749] Straffe; ihr aber schicket euch / die verwetteten Gelder außzuzählen. Gleich mit dem Worte führete Herkules einen überaus kräftigen Hieb / welcher in der Luft schallete / damit zerspaltete er seinem Feinde das Häupt / so daß der Hieb durch die Brust / biß fast auff den obersten Magenmund ging / sahe auff gen Himmel / und dankete seinem Gott vor den verliehenen Sieg / legte sein Schwert nieder auff die Erde / uñ neigete sich gegen sein Fräulein; bald setzete er sich vor den König auff die Knie und sagete: Allergnädigster König / euer hohen Königl. Gnade danke ich untertähnigst / wegen gnädigster erläubnis zu diesem Kampfe / und werde hinfüro von diesem hochmühtigen Schänder wol unangefochten bleiben / dessen schlimmes Herz und machtlose Fäuste sich in diesen Streitte gar zu sehr verrahten haben; bitte daneben / es wolle der Durchl. Fürst / Herr Vologeses keine ungnade wegen seines Dieners Tod auff mich werffen /weil derselbe sich selbst des Lebens unwirdig gemacht hat / welches ich ihm zu unterschiedlichen mahlen angebohtẽ. Unterdessen schickete das Fräulein eine ihres Frauenzimmers herunter auff die Streitbahn / welche den König also anredete: Unüberwindligster König / euer Königl. Hocheit demühtigste Herkuliska / bittet untertähnigst / sie verständigen zu lassen / welches Fürsten oder Herrn Diener der entleibete Bösewicht sey / welcher hat zu geben oder gut heissen können / daß ihr Herr Vater höchstmildester gedächtnis von dem Schandmaul durch schmähung seiner Ritter hat müssen gelästert / uñ in seiner Ruhe getadelt werden. Nun hat unser gnädigstes Fräulein Zeit wehrendes Kampffes einen gespañeten Bogen neben sich gehabt / des steifen Vorsatzes / dafern ihr Diener in diesem Streite sich verzagt würde gehalten haben /ihn mit ihrem Pfeil zuerlegen; nachdem er aber den Schänder abgestraffet / ist sie in so weit vergnüget /doch wird ihm Vorbitte vonnöhten seyn / dafern er verzeihung hoffet / dz er den Streit ohn ihr erläubnis angetreten. Sie behält aber auff Königl. Hocheit allergnädigste Einwilligung / ihr die Rache gegen den Herrn des ertödteten Knechts bevor / als an dem sie ihr Leben zu wagen entschlossen / darumb daß er seinem Diener in verachtung ihres H. Vaters hat übersehen wollen / und gelebet der tröstlichen Hoffnung /ihre Hocheit werde ihr nicht mindere Gnade als ihrem Diener wiederfahren lassen / dann sie suchet nichts als einen rechtmässigen Kampff zu Fusse / und fodert hiemit denselben zum Streite aus / wo er sonst so viel herzens hat / sich vor den Streichen ihres Schwertes zu schützen. Der König erschrak der lezten Worte /wuste nicht was er darzu antworten solte / und sagete zu Vologeses; Bemühet euch / mein Oheim / etwa durch Fürst Phraortes oder sonst einen andern meiner Fräulein Hulde zuerlangen / weil kein Mensch in der Welt lebet / umb dessen Willen wir unser verlobetes Fräulein und Königl. Braut zu unwillen reizen werden. Vologeses wahr ein überaus stolzer Mañ / und dem Fräulein ohndaß sehr auffsetzig / weil er ihm die Hoffnung gem acht hatte / der König solte seiner Tochter die Königl. Kron auffgesezt haben; als er nun vernam / daß er noch bey ihr als einer gefangenen umb Gnade anhalten solte / antwortete er dem Könige: Ich bitte untertähnigst / ihre Königl. Hocheit wolle eines gebohrnen Parthischen Fürsten und Königlichen Blutverwanten Wirde und Ansehen allergnädigst betrachten / dann ich wil / als mein geträuer Diener / lieber ehrlich sterben / als spötlich leben; sprang mit dem Worte zur Bühne hinunter / uñ mit seinem Seitengewehr überlieff er Herkules / der Meinung ihm den Kopf zuspalten / hätte auch ohnzweiffel seinen [750] Vorsaz ins Werk gerichtet / wann nicht Herkules ihm außgewichen währe. Ladisla ward dessen inne / drang durch die Zuseher hin / und fassete sein Schwert zur Faust / in willens seinen Herkules zuentsetzen / welchen Vologeses annoch verfolgete / und einen Hieb führete damit er ihm das Häupt abschlagen wolte / der im weichen außglitschete / und langs hin auf den Rücken fiel. Dazumahl wahr Ladisla nicht weit mehr von ihm / meinete nicht anders / als sein allerliebster Freund läge Tod auff dem Plaze / deßwegen er als ein wahnsinniger Vologeses anrieff; Ey du meinäidiger Schelm / überfällestu einen wehrlosen Ritter so bübischer Weise; rante noch immer zu ihm hin / in Meinung / ihn niderzuhauen; aber das Fräulein kam ihm zuvor / fassete den Bogen / und mit einem vergüldeten Pfeil durch borete sie dem Meuchelmörder das Häupt / daß er ungeredet zur Erden fiel / und mit Händen uñ Füssen zappelte / auch bald darauff verschied; Als er aber niderstürzete / uñ ihm dz Schwert aus der Hand fiel / traff es Herkules / und verwundete ihn am Halse zwar gar ein wenig / aber so nahe bey der Luftröhre / daß wo es eines Halmes breit näher kommen / er ohnzweifel des todes hätte sein müssen. Der König hörete den Pfeil zischen / und sahe zugleich Vologeses niderfallen / dessen er höchlich erschrak. Herkules aber machte sich bald von der Erden auff / und lieff ihm das Blut auff der Seiten nider / ging hin zu Ladisla / und hieß ihn / sich geschwinde hinweg machen / damit er aus Gefahr und Gefängnis bliebe; welches er in acht nam / und seine Herberge suchete. Inzwischen erhub sich ein neuer Lermen; dann das Fräulein hatte ihren liebsten Herkules bluten sehen / da er auffgestanden wahr / meinete auch nicht anders / er würde tödlich verwundet seyn /worüber sie in eine harte Ohmacht unter ihres Frauenzimmers Händen nidersank; welches der König ersehend / zu Phraortes sagete: Bald schauet zu / mein Fürst / was dem Fräulein wiederfahren sey / und ob sie noch lebe; im wiedrigen werden wir grausame Straffen ergehen lassen. Herkules sahe und hörete alles mit an / zweiffelte nicht / es würde sein Blut dieses unfalles Ursach seyn / deßwegen er zu Phraortes in geheim sagete: Versichert sie / dz ich nur gar ein wenig durch die blosse Haut verwundet bin. Wol wol / antwortete der Groß Fürst; machet ihr euch aber bald aus dem Staube / umb weiteres Unglük zuverhüten. Hiemit ging Phraortes schleunigst fort / den Königlichen Befehl zuverrichten; er aber stahl sich mit Tyriotes heimlich hinweg / und ließ Pferd / Harnisch und Schwert im stiche / welches ihm doch Gallus bald nachbrachte. So bald das Fräulein / die sich wieder erhohlet hatte / Phraortes auff dem Gange vor sich stehen sahe / sagte sie auff Griechisch zu ihm: Ach mein Vater / bin ich Tod oder lebendig? Lebendig / lebendig / und mit dem geliebeten gesund / ohn daß er ein geringes Schram wündichen von dem nidergefallenen Schwerte am Halse bekommen / ist auch schon in guter sicherheit. Ey wol an / sagte sie / so ergehe es ferner nach Gottes Versehung; saget aber meinem Könige / da meinem Diener einige Gewalt wiederrechtlicher Weise solte angetahn werdẽ / wil ich mich von diesem Gange hinunter stürzen. Gebet euch zu frieden / sagte Phraortes / es wird alles gut werden; ging auch fort hin / dem Könige bericht einzubringen / der sich hoch erfreuete / da er das Fräulein auffrecht stehen /und sich sehr tieff gegen ihn neigen sahe; ward auch von Phraortes auffs neue erquicket / als derselbe ihm der Fräulein Gruß und Liebe (viel anders als er befehlichet wahr) anmeldete / und wie sie / der volstrecketen Rache halben / untertähnigste verzeihung bitten liesse / welche blöß [751] allein zur erhaltung ihres Königes Hocheit von ihr vorgenommen währe / vor dessen Gegenwart sich der Gewalttähter nicht gescheuhet hätte /dero eigenen ritterlichen Diener mördlich ohn alle Ursach zu überfallen; wolte auch ihre Königl. Hocheit wolmeintlich in aller untertähnigkeit erinnert haben /dergleichen freveltahten nimmermehr zugedulden /weil dieselbe dadurch zum allerhöchsten beschimpfet würde. Worauff der König der abgeschikten Jungfer befahl / sie solte dem Fräulein Königliche beharliche Gnade und Liebe anmelden / und daß sie allen unmuht sinken liesse; wegen der verübeten billichen Rache verzeihung zu bitten / währe ein überfluß / und hätte er hundert Oheime und Söhne / die ihm solchen Frevel erwiesen / müsten sie es alle mit dem Leben bezahlen; ihren Diener Valikules betreffend / solte derselbe sich entweder ihrer Gnade oder Straffe unterwerffen / je doch wolte er vor ihn bitten / weil er unschuldig / und zu diesem Kampf bey den Haaren gezogen währe. Das Fräulein wahr der genehmen Antwort froh / weil sie hiedurch Gelegenheit bekam / sich an ihres Herkules Gegenwart zuergetzen / ohn einiges nachdenken ihrer getahnen Verheissung. Er aber ließ sich schleunig verbinden / uñ weil ihm Phraortes botschaft taht / ging er mit dem Seitengewehr hin / gleich da der König auffsitzen / und nach seinem Schlosse fahren wolte / der ihn also anredete: Bald gehe hin mit Fürst Phraortes / die Urtel von dem Fräulein zu empfahen / und da sie dir Gnade erzeigen wird / hastu es unser Vorbitte zu danken. Herkules fiel mit höchster Danksagung vor ihm nider / und gedachte in seinem Herzen / diese Urtel wird mir noch wol zuertragen seyn; verfügete sich auch alsbald mit Phraortes nach der Fräulein Gemach / da sie wegen des Frauenzimmers gegenwart ihn mit ertichteten zornigen Augen ansahe / und er sich grosses schreckens annam / auch den Groß Fürsten und die Anwesenden des Frauenzi iers höchlich bat / eine Vorbitte vor ihn einzulegen; da die abgeschikte / welche schon Bericht getahn hatte / wieder hervor trat / und sie der Vorbitte ihres Königes erinnerte. Worauff sie zu Herkules sagete: Ihr solt meines allergnädigsten Königes Vorbitte genissen / sonst wahr ich willens / euch diesen Pfeil ins Herz zuschiessen. Er kniete vor ihr nider / küssete ihres rockes Saum / und bedankete sich der erteileten Gnade / vorwendend / die einige Ursach seines Kampfes währe seines weiland allergnädigsten Königes verachtung / dessen Ehre zu rächen er nicht umbgang haben können / wolte auch diese Stunde lieber sterben / als dessen Schmähung anhören. Darauff trat Phraortes mit dem Frauenzimmer hinaus; Herkules aber richtete sich bald auf / und an stat er des Rockes Saum geküsset hatte / ward ihm anjezt des Mundes Saum / die korallen-rohte Lippen willig gegöñet / wo durch er überno ien / gleich da sie ihm seine Wunde besichtigte / er sie also anredete: Mein allerwertester Schaz / und einziger vorwurff aller meiner ehrlichen liebes Begierden; traget ihr so grosses Mitleiden mit diesem geringen Wündichen / dessen ich nicht eins empfinde? Lieber verbindet mir ohn ferneres wegern die tieffe unleidliche Herzen-Wunde / welche ihr mit dem Pfeil eurer unvergleichlichen schönheit mir gemachet / uñ betrachtet / bitte ich / daß unsere Liebe nichts ungebührliches vornehmen kan / sintemahl unsere Ehe vor Gott geschlossen ist; solte dann diese meine herzliche Bitte noch nicht haften können / so erinnere ich mein Engelchen der heut früh getahnen Verheissung / daß auff meine erste Wiederkunft auff dieses Gemach / mir meine eheliches Ansuchen solte eingewilliget und zugelassen seyn. Das liebe Fräulein ward mit einer starken [752] Röhte überfallen / dann sie empfand sein inbrünstiges Ansuchen / welches sie noch vordißmahl abzuwenden willens wahr / und fiel ihr doch unmöglich / ihm hart einzureden / antworte ihm deswegen also: O meiner Seelen einige Wollust /lasset uns dem Allerhöchsten danken vor die Gnade /die uns heut durch seinen Schuz begegnet ist / und versichert euch hernach / dz ich mich euch allerdinge zu ehren verpflichtet halte / ihr auch durch eure geträue Nachfolge umb mich wol verdienet / euch in züchtiger ehelicher Liebe als mein Gemahl anzunehmen; aber ich bitte euch höchlich / mässiget vor dißmahl noch eure Begierden / uñ wie ihr aller eurer Feinde überwinder seyd / also überwindet euch selbst; Ihr / ob Gott wil / und sonst kein ander Mensch sol dessen geniessen / was euch schon in kindlichen Jahren verspochen ist / nur / ist es möglich / so lasset ein kurzes auffschieben euch nicht zuwider seyn. Ach meine innige Freude / antwortete er / vielleicht möchte Unglük unsere Beywohnung noch länger verhindern / als wir wissen oder hoffen / und werde ich nicht so bald wieder Gelegenheit haben / mich bey meinem Schatze anzufinden / zugeschweigen / daß sie an allen ihren Verheissungen mich würde zweifeln machen /wann bey der geschehenen ich einen blossen schlagen solte / und mag sie wol trauen / daß dz gar zuhefftige Liebesfeur mich endlich durch ihre Gluk gar verzehren möchte; bedenket es demnach / daß die Ehe ein Christliches Werk / und ein von Gott selbst eingesetzeter Stand ist / darzu wir zwar durch einen Kirchen Lehrer solten eingesegnet werden; weil aber solches an diesem Orte nicht geschehen kan / wollen wir mit einem andächtigen Gebeht umb Glük und Segen bey unserm Gott anhalten / und in Gottes Nahmen unsere Ehe vollstrecken. Das Fräulein sahe schamhafftig vor sich nider / sagte / daß ihr unmöglich währe / seinen Zweifelmuht länger zudulden können / hätte zwar seines vorhabens Auffschub gerne gesehen / biß auff seine glükliche Wiederkunft; weil sie aber ihm als ihrem Ehemahl zugehorsamen schuldig / wolte sie in aller gebührlichen Zucht sich ihm hiemit er geben; traten mit einander vor den Tisch / und gelobeten auffs neue / in Liebe und Leid einer den andern nicht zuverlassen / sondern von diesem Tage an ihre Ehe geschlossen zu halten: Vollzogen also ihre Ehestifftung in Gottesfurcht / und verblieben drey Stunden in dieser Ergezligkeit bey einander / so daß sie meyneten / alles ihr aus gestandenes Leid und Ungemach währe schon gnug ersetzet. Als nun die Zeit des scheidens herzu nahete / redete ihn das Fräulein also an: Mein herzallerliebster Herr und Gemahl /nachdem euch nicht gefällig gewesen ist / eure Braut aus diesem Gefängniß zuführẽ / werdet ihr nicht unterlassen / euer Gemahl / erster Mögligkeit nach / zuhohlen; dann Gott ist mein Zeuge / daß bloß allein /eures Zweifels / und der Liebes- Angst euch zubenehmen / ich in eheliche Vollstreckung eingewilliget habe / damit die furcht / als würde ich mich durch Artabanus Schenkungen blenden und verführen lassen / euer Herz allerdinge verlassen möge. So wil ich nun diesen Abend meine rechtgemeinte Schreiben nach Padua und Prag auffsetzen / die falschen aber vor Morgen nicht verfertigen / ob hiedurch Gelegenheit fallen könte / euch noch eins zusprechen. Unserm verliebeten Herkules gefiel der Anschlag nicht übel / nam herzfreundlichen Abscheid / und in gegenwart des Frauenzimmers sagete er zu Phraortes: Nachdem vor dißmahl von meinem Gn. Frl. ich nicht allein völlige erlassung meines Fehlers / sondern auch zimlichen Unterricht eingenommen habe / was zu Prage sol bestellet werden / haben Ihre Durchl. deswegen nicht länger zuwarten. Es ist mir lieb / sagte der Groß Fürst / dann [753] ich mir anfangs die Gedanken machte / das Fräulein würde euch den Pfeil durchs Herz schiessen /mit so feindlichen Augen empfing sie euch. Sie hat sich Gott Lob ganz geendert / antwortete er / mit gnädigem versprechen / mir stets gewogen zuverbleiben /nach dem Ihrer Gn. ich vollkommenen Bericht hinterbracht habe. Also gingen sie mit einander davon / der Groß Fürst nach dem Schlosse / Herkules aber wolgemuht nach seinem Ladisla / dem er vermeldete / er hätte seinem Fräulein teur versprochen / inwendig halben Jahres frist sie aus dem scheinbaren Gefängniß loßzumachen. König Artabanus wahr inzwischen wegen des Unfalls seines Oheims Vologeses nicht wenig betrübet / weil er aber sahe / daß ihm recht geschehen wahr / und er solche Straffe durch den mördlichen überfall wol verdienet hatte / schlug ers aus dem Sinne / und fragete bey dem Abendmahl / warumb Valikules nit auffwartete / und ob er bey dem Fräulein völlige Verzeihung erlanget. Da ihn Phraortes berichtete / er währe wegen empfangener Wunde etwas unpaß / hätte auch wegen der morgenden Reise zubestellen / sonst hätte anfangs wenig gefehlet / daß er von dem Fräulein auf dem Gemache erschossen währe; so bald sie aber Ihrer Königl. Hocheit vorbitte und gnädigstes begehren verstanden / und Valikules zugleich versprochen / keinen Streit hinfüro ohn ihre ausdrükliche Vergünstigung anzutreten / währe ihm Verzeihung erteilet wordẽ. Artabanus verwunderte sich des überaus grossen und unerschrockenen Gemühts / welches dem Fräulein beywohnete / und sagete: Er wüste nicht / ob etwas göttliches in ihr verborgẽ währe / weil alles ihr so trefflich anstünde / und jeder / der sie sähe / sie zugleich fürchten / lieben und ehren müste. Hernach redete er von Valikules ritterlichem Kampffe / und daß er seiner Dienste in Beschützung seines Königlichen Stuels wol zugebrauchen hoffete / befahl endlich / Phraortes solte ihn morgen zeitig früh mit sich bringen / damit er des folgenden Tages hernach / die Reise fortsetzen könte. Nach gehaltenem Mahle / da sie kaum vom essen auffgestanden wahren / berichtete Phraortes Leibknabe ingeheim / es währen Schreiben von Herr Pharnabazus ankommen / welche er alsbald zu sich nam / und nach Verlesung sich nach Herkules Herberge begab / welcher samt Ladisla ihn freundlich empfing / und leicht schliessen kunte / es müsten wichtige Sachen obhanden seyn / die den Groß Fürsten bey spätem Abend nach ihrer Herberge trieben. Derselbe aber stellete sich frölich / und fing an mit Herkules zuscherzen / da er zu ihm sagte: Mein geliebter Herr Sohn / ich möchte wünschen / daß Eure Liebe so frisch und geherzt bey ihrem Fräulein sich zuhalten wüste / als dieselbe sich heut im Kampff erwiesen; als viel aber seine Geberden anzeigen / deucht mich / er gehe trauriger von ihr / als er zu ihr trit / ohn heut muste er gewißlich eine sonderliche Gunst auf vorhergehenden ertichteten Zorn erhalten haben. Mein Herr Vater hat nit viel geirret / antwortete er / dann ich gestehe / daß durch ihr heutiges versprechen ich nunmehr unser künfftigen Ehe mehr dann zuvor versichert bin / und sehlet an nichts mehr / als an Gelegenheit / sie von hiñen zuführen / welche auszusinnen ich mit allen Kräfften mich bemühen wil / nachdem ich aus des Königes Reden und allen beginnen gnug abnehme / daß mit willen sie zuverlassen er nit wird zubewägen seyn. Der Groß Fürst befand dieses zu seinem Vorhaben sehr dienlich / uñ gab zur Antwort: Ihr meine allerliebsten Freunde / ob ich gleich sie nicht gerne mißtrösten wolte / kan ich doch versichert bejahen / daß Artabanus lieber sein Leben / als das Fräulein verlieren wird; dann so offt ich von ihr komme / fodert er mich allein vor sich / uñ fraget nach [754] allen ihren Geberden und Reden / auch / ob sie sein eingedenke sey / und einige Liebe und Huld merken lasse; ja er lässet sich ungescheuhet vernehmen / es möchte ihm unmöglich fallen / sein Feur noch ein ganzes Jahr zuunterdrücken / aus furcht / es werde sein innerstes Mark verzehren / dessen er doch wenig mehr übrig hat / vermeynet also durch Geschenke sie zubewägẽ /ihr Gelübde zubrechen / und in zeitigere Heyraht einzuwilligen. Zwar ich weiß / wie man ihm den Safft durchs Maul streichen / und nach Willen reden muß /da man in Gnaden bleiben wil / daher ich ihm das Maul weidlich auffsperre / wie inbrünstige Liebe sie zu ihm trage; wie fleissig sie seinem Wolergehen nachfrage; beklage selbst / daß das gar zu harte Gelübde sie hindere / ihm den schuldigen Willen in der Taht darzulegen / hoffe aber / er werde an ihrem Untergange und Verderben keinen Gefallen tragen / welches doch unvermeidlich folgen müste / da ihr vor verlauffener Zeit ichtwas dergleichen solte zugemuhtet werdẽ. Solches und der gleichen habe ich diese Tage vielfältig mit ihm geredet / daß endlich ich diese Frage an ihn abgehen ließ: Wann ihre Verwanten etwa umb ihre Erlösung anhalten würden / ob er sie würde können abfolgen lassen? worüber er sich hefftig erzürnete / und mit scheußlichem Angesicht antwortete: Sein Leben und das Fräulein wären ihm gleiche lieb / wolte auch ehe mit ihr einsam / als ohn sie ein mächtiger König aller Morgenländer seyn. Woraus meine Freunde und Herren Söhne ermässen können / wessen sie sich zu seinem guten Willen zuversehen haben. Hernach zeigete er an / was gestalt Fürst Vologeses der älter von Herkules offentlich über Tische gesagt hätte / es lege unter einer schlechten Decke etwas verborgen / welches grosses Glük oder hartes Unglük bringen würde. Sonst hätte der König befohlen / fleissige Nachfrage zutuhn / wer auff den jüngeren Vologeses mit blossem Degen so unerschrocken zugelauffen währe / und sich nicht gescheuhet hätte / einen so gewaltigen Fürsten anzuruffen; welches ihm aber kein Mensch anzeigen können. Nun so wird ers auch noch zur Zeit nicht erfahren /sagte Ladisla; Daß aber mein Herkules mit Artabanus gutem Willen meine Frl. Schwester nicht überkommen werde / habe ich mir lange schon die Rechnung gemacht; solte sie aber ja auff keine andere weise köñen gerettet werden / werde ich zum wenigsten mittel finden / ihm den Hals zubrechen / es gehe hernach umb mich / wie Gott wil; dann ich habe bey mir selbst einen äid geschworen / daß ich sie ihm zum Gemahl nicht gönnen wolle. Nicht so mein Bruder /sagte Herkules / du solt dich nicht in gewisses Verderben stürzen / sondern wir wollen ohn Lebensgefahr glüklichen fortgang hoffen / habe auch an dem Könige schon so viel gespüret / daß er äussersten Gewalt ihr nicht aufdringen werde / und da ers tähte / würde sie ihn gewißlich des Lebens berauben. Aber mein Herr Vater / sagte er zu Phraortes / wolle uns / bitte ich / anzeigen / warumb dessen Liebe bey so spätem Abend uns in diesem schlechten Hause zubesuchen wirdiget / wovor wir demselben verbunden bleiben. Ihr meine Herren Söhne / antwortete er / die ursach meines unzeitigen besuchens ist eine sehr vertrauliche Heimligkeit / den Zustand aller dieser Morgenländer uñ deren Wolfahrt betreffend / die ich ihnen zuoffenbahren keinen scheuh trage / tuhe solches auch nicht allein aus eigener Bewägung / sondern habe dessen Vollmacht und Befehl von den mächtigsten Fürsten dieser Morgenländer; Erzählete ihnen demnach /was gestalt etliche Fürsten eine beständige Verbündniß unter sich auffgerichtet hätten / des gänzlichen vorhabens / das unleidliche Parthische Joch abzuwerffen / und die Persische uhralte Herschafft [755] auff den alten Fuß zusetzen; dann es hätten die Arsazier ihren wüterischen Hochmuht lange gnug getrieben / uñ könten andere nicht mehr leiden / daß sie als leibeigene Diener solten gedrücket werden / und zwar von denen / welche vor diesem nicht wirdig geachtet worden / in ihre Geselschaft zutreten. Dieser Behuef würde anjezt eine gewaltige Kriegsrüstung angestellet / welches dann so heimlich nicht geschehen mögen /dz nicht etliche Verrähter es dem Könige hinterbracht / er auch selbst deswegen von dem Könige herzu gefodert wahre. Nun hätte er sich zwar in den Bund begeben / aber auff so verborgene weise / daß niemand /ohn ihr Häupt / und Herr Pharnabazus Wissenschafft davon hätten / und weil er versichert währe / daß der König ausser blossem Argwohn von ihm nichts wissen könte / hätte er sich nicht gewegert / anher zukommen. Jedoch seumete sich der König auch nicht /sondern stellete hin und wieder / auch im Römischen Gebiete / Werbungen an / weil er ausser seinen Parthen / anderen Untertahnen wenig trauete; man achtete dessen aber wenig / massen die Verfassung an ihrer seite schon dergestalt beschaffen währe / daß man der Macht des Königes gnug begegnen könte. Daß er nun zu seinem Vorhaben gelangete / so hätte er ein Schreiben von Herr Pharnabazus gleich jetzo bekommen /woraus die ursach seiner Ankunfft leicht zuerkeñen währe; gab ihnen solches zulesen / und lautete dasselbe also:

Dem Durchleuchtigsten / Großmächtigen Fürsten und Herrn / Herrn Phraortes / GroßFürsten in Meden / etc. entbeut Pharnabazus seinen Gruß / und nähst anmeldung untertähniger Dienste / verhält seiner Durchl. er nicht /was massen von bewustem er zu schreiben befehlichet ist / daß nunmehr die Zeit / unsichtbar zuseyn / verflossen /und der Fuchs zum Loche aus muß / nachdem mahl etliche / wiewol nidriges Standes abtrünnige / denen das Häuptwerk unbekant / an gegen seiten so viel anzeige getahn / daß der Wüterich sein bevorstehendes Unglük merket; Nun wird Eure Durchl. des versprechens K. Ladisla und GF. Herkules sich annoch wol erinnern / welches un serm Häupte ich vertraulich hinterbracht / und er dessen hoch erfreuet ist / übersendet auch höchstgedachten Herren etliche Kleinot / freundlich bittend / solche als ein Zeichen eines begierigen Willens anzunehmen / und dafern es denen an ihrem hochlöblichen Vorhaben nicht hinderlich / neben Euer Durchl. eh ist herüber zukommen / damit algemeiner Kriegs Raht gehalten / und dem Werke ein glüklicher Anfang gemacht werden möge; hingegen erbeut man sich / höchst gedachter Herren Vorhaben nicht minder als das Hauptwerk selbst zubefodern /er wartend eh ist Eurer Durchll. ingesamt / genehme Ankunfft / etc.

Ladislanam mit Herkules einen kurzen Abtrit / und sagte zu ihm: Geliebter Bruder / Gott wird uns gewißlich in unserm Vorhaben behülfflich seyn / und deucht mich / wir müssen diese gute Gelegenheit mit beyden Händen ergreiffen / nachdem wir ohn zweifel eines Schutzes werden nöhtig haben / auff den wir uns zihen können. Ich bin deß mit dir eins / antwortete Herkules / aber dieser Fürsten Hülffe wird das Fräulein nit aus dem Schlosse bringen / dann es gehöret zu viel darzu / einen solchen mächtigẽ König aus seinem Stuel zuheben / und diesen unüberwindlichen Ort einzunehmen / welcher umb der herumligenden Berge willen von wenig Menschen kan geschutzet werden; und meynestu / Artabanus werde den Feind biß an die Stadmauren kommen lassen? sihestu nicht / wie allerhand Vorrahe nicht allein an Wehr und Waffen / sondern auch an Speisen und andern nöthigen Sachẽ her ein geschaffet wird / daß man kaum Raum hat auff den Gassen zugehen? Ja wer zweifelt / daß er nicht eh ist sein Kriegs Herr / etliche hundert tausend stark / in Fein des Land führen solte? über das möchte ich diesen König nicht gerne bekriegen helffen / in betrachtung / er mein Fräulein so hoch ehret und liebet / sondern bin willens / vorerst gelegenheit zusuchẽ / [756] sie in güte an ihn zufodern; versaget er mir sie dann / wil ich schon wissen / mich darnach zu richten. Gingen darauff wieder zu dem Groß Fürsten / und erkläreten sich / sie eriñerten sich billich / wie hoch sie ihm und Pharnabazus verpflichtet währen / wolten ihnen demnach sich zu aller Mögligkeit / wie schlecht die auch seyn möchte verbunden haben; daß sie aber der Hochfürstl. Verbündniß sich pflicht-schuldig machen /oder einige gewisse Dienste annehmen solten / würde ihnen / wie anfangs erwähnet / nicht tuhnlich seyn /doch mit äiden der Träuheit sich belegen zulassen /wegerten sie sich nicht / wolten auch dem begehren nach / mit gen Persepolis reisen / mit dem ausdrüklichen Vorbehalt / dz geschehenem verheissen nach /ihnen allemahl freyer Abscheid mit gutem Willen solte zugelassen seyn. Phraortes wahr mit dieser Erklärung wol zufriedẽ / uñ reichete ihnen die übergeschikten Kleinot ein / die sich auff zwo Tonnen Schatz belieffen / und sie dieselben wider ihren Willen annehmen musten; beredeten sich eines Schlusses / und schieden zimlich späte von einander. Des Morgens sehr früh / vor der Sonnen Auffgang / zeigete Herkules seinem Ladisla auff dem Lager an / er befünde ihr vor haben über dir masse verwirret / und /welches noch dz schli ieste / langer Zeit bedürftig; man wolte erst nach Persepolis reisen / von darab dz Frl. von Artabanus gütlich begehrẽ / seiner antwort erwartẽ; auf den fall der verwegerung (welches gewiß erfolgẽ würde) sie zum andernmale ernstlich und unter bedräuung fodern / dem Könige absagen uñ ihm in sein Land fallen / da man wol eine uñ andere Feldschlacht würde zu halten haben (dañ also hatten sie es des vorigen Abends abgeredet); da möchte er nun bedenken / was vor Zeit darzu gehören würde / in betrachtung daß Persepolis in die 70 Meile von Charas abläge / und die Botschaft nicht hin und her fliegen könten. Unmöglich aber währe es ihm / der Fräulein Erlösung so lange auffzuschieben; dann seine allergrösseste Furcht währe / es möchte der König aus liebes Ungeduld dem Fräulein die versprochene Zeit nicht gönnen / wie er dann außdrüklich in Böhmen durch sehr grosse Gelder solches von der Westen Pfaffen zuerkäuffen / den Vorsaz hätte / und das Fräulein nohtwendig einwilligen müste; hierauff trug er ihm seine Meinung vor / welche ihm Ladisla wolgefallen ließ; ging hernach mit des tages Anbruch nach Phraortes / und muste inzwischen Ladisla ein Anfoderungs Schreibẽ an den König / und eines an das Fräulein auffsetzen / als wañ sie schon vor 12 tagen geschrieben währen. So bald Herkules bey dem Groß Fürsten anlangete / erzählete er ihm umbständig / was vor hindernissen ihm ein fallen könten / welche ihn gewißlichen der Zeit / sein Fräulein zuerlösen / berauben würden / und ließ ihn wissen / was gestalt sein Bruder Ladisla gleich jezt ein Anfoderungs Schreiben / als zu Persepolis geschrieben / auffsetzete / welches sein Plautus als ein Abgesanter / geliebts Gott / Morgen nach seinem Abzuge dem Könige einliefern / und umb schleunigste Antwort anhalten solte / demselben möchte er nun von seinen Reutern einen oder etliche zugeben / die ihn des nächsten Weges nach Persepolis brächten / also könten sie fast einen ganzen Monat Zeit gewinnen. Sehr wol getahn / sagte Phraortes /und werden wir gestrigem Königlichen Befehl nach /uns alsbald nach Hofe machen. Als sie sich daselbst einstelleten / wurden sie alsbald vorgefordert / und sagte der König zu Herkules: Mein / wie befindestu dich sider gestrigem Kampfe? wir meinen nicht / daß ein so mächtiger Feind dir jemahls wiederstand gehalten habe / loben aber deine Herzhaftigkeit / und dz du einer so vortreflichen Fräulein Diener zu seyn / dich wirdig erzeiget haft. [757] Allergroßmächtigster König /antwortete er / bey meinem Feinde wahr mehr rasichte wuhr als herzhafte Stärke; es tuht mir aber herzlich leid / daß der teure Fürst Vologeses mich durch unbefugten eure Königl. Hocheit hochverletzenden Eifer überfallen / und darüber sein Leben eingebüsset hat /bitte alleruntertähnigst / mir solches nicht zuzurechnen; erkenne mich sonst viel zu unwirdig ihrer Königl. Hocheit / und dero Durchleuchtigsten Fräulein Knecht und Diener genennet zu werden. Im übrigen bin ich bereit und fertig / auff allergnädigsten Befehl die Reise nach Prag fortzusetzen / so bald das Königl. Fräulein ihre Schreiben wird verfertiget / und was mündlich sol bestellet werden / mir in einem Gedenkzettel zugestellet haben. Er hatte dieses kaum außgeredet / da vermeldete ein Trabant / es wåhre eine Jungfer aus der Königl. Fräulein Zi ier / die begehrete ihre Königl. Hocheit zu sprechen. Sie ward alsbald vorgelassen / und brachte dieses vor: Ihre Königl. Hocheit wird von meinem Gn. Fräulein untertähnigst gegrüsset / lässet nochmahl umb gnädigste verzeihung wegen der an Fürst Vologeses begangenen Taht anhalten / und zugleich demühtigst bitten / deßwegen auff ihren Diener Valikules keine Ungnade zulegen /nachdem sie verstanden / daß ihres ruhmwirdigsten Herr Vaters Königliche Ehr nicht anders / als durch solchen Kampf hat können gerettet werden. So hätte sie ferner gestriges tages mit ihrem Diener wegen der vorgenommenen Reise gerne völlige Abrede genommen / währe aber durch gemühts Verwirrung sehr gehindert worden / welches doch / da ihrer Königl. Hocheit es gefällig diesen Morgen in wenig Stunden könte verrichtet werden. Der König gab zur Antwort: Gehet hin / und neben anmeldung unser Gnade und Hulde / vermeldet unserm unvergleichlichen Schatze /sie habe verzeihung zu begehren keine Ursach / weil sie nichts verbrochen / sondern an unser stat die Rache verübet hat / werdẽ auch ihrem Diener keine Ungnade zu legen / welcher alsbald mit gehen sol /die Schreiben zu empfahen / und satten / so Schrift-als mündlichẽ Unterricht seiner künftigen Verrichtung einzunehmen. Und hörestu es Valikules? mache dich geschwinde hin zu unser geliebeten deiner gnädigsten Fräulein / daselbst gib wol acht was dir anbefohlen wird / und halte dich ihrem Willen allerdinge gemäß; damit auch nichts aus Eile vergessen werde / so bleibe auf ihrem Schlosse / halte daselbst Mahlzeit / und nach verrichtung / mache dich fertig zum morgendẽ Auffbruch. Herkules gedachte in seinem Herzen; angenehmer Befehl kan mir nicht auffgetragen werden; neigete sich tieff / und erboht sich nach äusserstem Vermögen seinen Gehorsam anzuwenden; redete kürzlich mit dem Groß Fürsten ab / daß die gedachte Schreiben von Ladisla in bey der Nahmen unterschrieben / versiegelt / und Plautus zugestellet würden / welcher mit seiner geringen Geselschaft aus einem andern Tohre reiten / und Morgen zum Schloß Tohr wieder herein kommen solte / seine Werbung gebührlich zuverrichten; machte sich alsbald darauff mit der abgeschikten Jungfer und einem Königlichen Auffwarter nach der Fräulein Schlosse / da er sein Gemahl in einer köstlichen Nacht Schaube bey dem Tische sitzend antraff / gleich da sie das Schreiben versigelte /welches sie an ihre Schwester Fr. Sophien zu Padua verfertiget hatte. Da sie nun ihren herzgeliebeten zu ihr hinein treten sahe / überging sie nicht eine geringe Scham / deren sie doch durch freundliches Gespräch bald entnommen ward / da Herkules mit lieblichem umbfahen zu ihr sagete: Mein herzgeliebtes Gemahl /ich stelle mich nach Artabanus Befehl gehorsamst ein / [758] meinem Seelen Schatze inbrünstig diesen ganzen Tag auffzudienen / mit ihrem Frauenzimmer Speise zunehmen / und was zu Prag sol verrichtet werden /wol zu fassen. Sie lachete solcher Königlichen Vergünstigung herzlich / und sagete hernach: Ich bedanke mich gegen meinen allerteuresten Schaz und gebietenden Gemahl / wegen der willigen einstellung / und weil uns so viel Zeit vergönnet ist / werden wir uns desto besser zubedenken habẽ / was verrichtet sol werden; inzwischen wird mein Gemahl die angestrichene Farbe ablegen / damit vordißmahl zu guter lezt / an meines herzergebenen Gemahls freundlichem Angesichte ich mich ergetzen möge. Herkules wahr damit bald fertig / gönneten ihrer ehelichen Liebe alle züchtige Ergezligkeit / und offenbahrete Herkules ihr alles / betreffend die Fürstl. Verbündnis / und was gestalt sie morgendes Tages nach seinem Abzuge an den König solte begehret werden / da er ihr des Briefes Inhalt wissen ließ / und sie darüber hoch erfreuet ward /so daß sie nicht unterlassen kunte / zu ihm zu sagen; es währe ihr herzlich lieb / daß sie in sein eheliches Ansuchen eingewilliget hätte / weil er dadurch zu solchen heilsamen Gedanken gebracht währe / ihre Erlösung zubeschleunigen. Als sie in solcher herzlichen ergezligkeit sich befunden / sagte sie weiter / Gott möchte sie doch gnädiglich bewahren / daß nicht auff diese ihre innigliche und volkommene herzens Vergnügung ein bitteres Unglük erfolgete / wovor sie über alle masse sich fürchtete. Er aber tröstete sie /sie solte dem Allerhöchsten vertrauen / der würde ihnen die Züchtigung nicht über ihr vermögen aufflegẽ / sondern mit ihnen es also schaffen / daß sie es würden ertragen können. Nachgehend zeigete er an /es solte Leches aufs geschwindeste fortreisen / auff dessen Wiederkunft er doch nicht warten / sondern zu rechter Zeit sich anfinden / und dem Könige aufbinden wolte / wie er von des abtrünnigen Phraortes Leuten beraubet / nur sein Leben gerettet hätte. Mir zweiffelt an eurer Treue nicht / antwortete sie / aber auff unsers Gottes Barmherzigkeit und Hülffe wil ich mich verlassen / und ist mir lieb / daß ihr eures Leches erwähnet / dann ich habe mich gegen seinen Vater hoch verpflichtet / bitte demnach / ihr wollet ihm die Handschrift wegẽ der Räuber nidergesetzeten Gelder mit geben / daß er solche einfodere / und mit übernehme / von welchem grossen Schatze ich ihm drey Tonnen Goldes verehren wil. Damit wird er seiner liebsten Libussen gar wilko ien seyn / sagte er /als mit welcher er sich zu Padua ehelich versprochen hat. Mit meiner alleliebesten Trösterin Libussen? antwortete sie: Ey so hat dieselbe noch meinem Willen folge geleistet / welches sie trauen sol zugenissen haben; stund hiemit auff und hohlete aus ihrem Schatze etliche Kleinot auff viel tausend Kronen wert / welche ihr Leches zum Beutpfennige nebest den geschenketen Geldern mit bringen solte. Nach diesen fielen unterschiedliche beredungen vor / und ward des Christlichen Glaubens nicht vergessen; dañ das Fräulein hatte ihr Glaubens Büchlein schon biß zum Ende durch gelesen / wie auch die geschichte von erschaffung der Welt / aus dem ersten Buch Mose / und was sie nicht recht begreiffen kunte / ließ sie sich von Herkules auslegen / womit sie in die zwo Stunden zubrachten. Sie ließ aber nach angelegter Kleidung ihre Hoffmeisterin Fr. Sysigambis zu sich kommen / und zeigete ihr an / daß algemeiner Tisch solte gehalten werden / und würde dieser ihr Diener nach Königlichem Befehl mit ihnen Speise nehmẽ / weil sie noch viel mit ihm abzureden hätte. Dieses ward also zu werk gerichtet / da dañ anfangs das Fräulein sich einer sonderlichen Ernsthaftigkeit annam / welche doch (weil ihr [759] Herz voller Luft und Vergnugung wahr) nicht lange wehrete / und fing sie darauff ihrem Herkules diesen Vorschlag zu tuhn; sie zweifelte nicht / sagte sie / es würde ihr allergnädigster König nach wolverrichteter Reise / auff seine glükliche Wiederkunft ihm eine sonderliche Gnade antuhn / durch schenkung eines treflichen Landgutes oder Herrschaft / und erhöhung zu einem ansehnlichen Königlichen Dienste; sie hingegen wolte ihre Gnade sehen zu lassen / ihm eine Liebste aus diesem ihren Zi ier zu freien / jedoch ihm die freie Wahl lassen / und seiner Braut eine Tonne Schaz zur heimsteuer verehren nebest gnugsamer Kleidung und Ehren Schmuk; solte deßwegen Zeit wehrender Mahlzeit sich unter ihnen umbsehen / und die ihm am besten gefiele / außlesen. Das ganze Frauenzi ier ward dadurch zum gelächter bewäget / aber alle Anwesende Jungfern dergestalt im Herzen gerühret / das sie ihre gewöhnliche Farbe verlohren / dann es wahr keine unter ihnen / die nicht wünschete / durch diese Heyraht beseliget zu werden /daher die eine sich noch freundlicher bezeigete als die ander / und Valiska dessen inniglich lachen muste. Herkules nam es als im rechten ernst auff / bedankete sich anfangs der hohen und unverdieneten Gnade /und hoffete / seine verrichtung dergestalt außzuführen / dz verhoffentlich sein Gn. Fräulein daran ein Vergnügen haben würde; weil dañ dieselbe ihm gleich jezt die allerangenehmste Belohnung gnädigst angebohten hätte / wolte er dasselbe vor seine höchste Glükseligkeit halten / und hätte er bald im eintritte auff dieses Gemach seinem Herzen eine außersehen /mit welcher er zu leben und sterben begehrete; doch bähte er untertähnigst / daß er dieselbe keinem Menschen / als dem Fräulein offenbahren dürfte / auch der geliebeten selber nicht biß er seine Reise geendiget hätte. So seid ihr mit eurer Wahl bald fertig worden /sagte das Fräulein / sehet aber zu und bleibet beständig / damit ihr nicht in deren Orden tretet / welche allenthalben / da sie sich auffhalten / ihre liebsten haben. Davor sorgen eure Gn. nit / antwortete er: Ich wil meiner Außerwählten meine Träue dergestalt versichern / daß nimmermehr keine andere in mein Herz kommen sol. So seid ihr ein redlicher Liebhaber /sagte das Fräulein: Und die anders gesiñet sind / achte ich unwirdig / dz ihr Buhle ihnen Träue beweise. Hilff Gott / Gn. Fräulein / sagete Fr. Sysigambis / so würden hier zu Land sehr wenig / ja kein einiger redlicher Liebhaber seyn / weil einem jeden erläubet ist viel Kebsweiber zu haben. Wer ein Kebsweib hat sagte das Fräulein / der ist seines Eheweibes Liebe nicht wert / doch außgeno ien den einigen König. Nach geendigter Mahlzeit ging das Fräulein mit ihrem Ehe-Schatze wieder nach ihrem eigenen Zimmer / wo selbst sie noch vier Stunden bey einander verblieben /und allerhand liebes unterredung pflogen / biß ihnen Zeit dauchte sich zu scheiden / da sie dann gar traurigen Abscheid nahmen / weil sie nicht eigentlich wusten / ob sie auch Zeit ihres Lebens sich in dieser Welt wiederumb sehen würden; insonderheit vergoß das Fräulein ihre heisse Trähnen / und redete ihn mit diesen Worten an: O ihr meine einige Wollust dieses Lebens / ihr habt nun bey mir erhalten daß in ansehung eures geträuē Herzen / ich in ehelicher Pflicht und Liebe mich euch gegönnet / wie solches dann euch und keinem andern Menschẽ in dieser Welt zu gedacht war. So bedanke ich mich nun anfangs von grund meiner Seele / daß ihr nicht allein in Nachsuchung / sondern auch in bekehrung meiner zu dem wahren Gott / so gar sorgfältig gewesen seid / verspreche daneben vor dem Angesicht Gottes / daß keine Macht noch Schmeicheley mich überwältigen sol / an euch [760] brüchig zu werden / da mir sonsten meiner Hände Freyheit nicht benommen wird; dañ der sol und muß unfehlbar durch mich sterben / wer mir ein solches abzunöhtigen sich untersahen wolte / es gehe auch hernach mit mir / wie es immer wil uñ kan. Seid aber herzfreundlich gebehten / und unterlasset nicht /oft an mich zu schreiben / da ihr durch Unfal euch bald einzustellen soltet verhindert werden; insonderheit bedenket meinen Zustand / und daß vielleicht vor außgang des Jahrs unsere Ehe möchte entdecket werden; da ich nun so lange alhier verbleiben solte / ist ohn mein eriñern leicht zuerachten wie es mir uñ eurem Fleisch und Blute ergehen würde; deßwegen lasset euch kein Ding in der Welt / ausser Gottes gewalt abwendig machen von dem / was mich ausserhalb dieses Schlosses bringen kan; hernach werde ich bestand seyn / des Weges ungemach durch Gottes Hülffe zuerduldẽ. Zwar ich hätte auch meinen herzgeliebten Bruder vor eurer Hinreise gerne gesprochen /jedoch weil es mit fuge nicht geschehẽ kan / muß ich mich gedulden; bringet ihm aber diesen Ring / mir vom Könige selbst geschenket / daß er ihn zum Gedächtnis auffrichtiger Schwesterlicher Träue und Liebe trage / und seid unserm Gott ingesamt zu hundert tausend mahlen. Befohlen / wolte sie hinzu setzen / aber der Zungen bedienung kunte sie sich ferner nicht gebrauchen / deßwegen verrichtete sie das übrige mit freundlichem Kusse / da nachgehends Herkules antwortete: Mein allersüssester Trost und einige ergetzung meines lebens; billig fiele ich in Gottes Zorn und ungnade / wann ich einiges Mißtrauen in eure Zucht und Träue setzete; da ich dann hingegen euch ebenmässiges verheissen / und unbrüchig halten wil; gläubet mir aber / daß ich mir kein Ding in der Welt so viel / als eure Rettung werde lassen angelegen seyn; aber vor ausgang dreyer Monaten dürfte es nicht leicht geschehen können; jedoch / da etwa der Wüterich wegen des Beylagers in euch dringen würde / so lasset michs wissen / wozu ihr eures Timokles werdet zugebrauchen haben. Wir wollen aber mit Gottes Hülffe inwendig solcher Zeit dem Könige dergestalt die Karte vermischen / und seinen Reichs Stand verwirren / daß er mehr dem Kriege als der Liebe nachzudenken Ursach haben sol; sonsten verspreche ich /euch zum wenigsten alle Monat zu schreiben; inzwischen seid dem alwaltigen Schutze des geträuẽ Gottes Herz inbrünstig befohlen / demselben traget Abends und Morgens / ja stündlich euer Anliegen im Gebeht vor / und tröstet euch mit seinem heiligen Worte /dessen ihr schon zu guter Gnüge unterrichtet seid; alsdan wird uns wieder unsern mächtigen Feinden gelingen / daß wir unsere in Gottes Nahmen angefangene Ehe fried- und frölich in gewünschter Ruhe biß ans unvermögliche Alter / wo wir so lange leben sollen /werden fortsetzen köñen. Umfing sie darauff inbrünstig / und schied mit schwerem Unmuht hinweg / dessen er sich doch gegen sie nicht merken ließ; Und hatte sie ihn erinnert / daß Timokles Morgen zeitig früh am gewöhnlichen Orte auffwartete / ob sie vielleicht noch etwas zubestellen hätte / wolte sie ihm solches in einem hohlen Pfeile (deren ihr Herkules 12 zugestellet hatte) zu schiessen. Als Herkules auff dz Königliche Schloß sich verfügete / wahr es kurz vor dem Abendessen / fand Phraortes allein bey dem Könige / welche von seiner fortschickung Unterredung hielten. Er lieferte dem Könige einen offenen Brieff zu lesen / welchen das Fräulein an ihre Fr. Mutter zum Schein / in Lateinischer Sprache geschrieben hatte /welchen der König ihm durch seinen Dolmetscher vorlesen ließ / uñ gefiel ihm dessen Inhalt sehr wol /versiegelte denselbẽ mit seinem grossen Pitschaft /und stellete ihn Herkules wieder zu; er lautete aber also:

[761] Der Großmächtigsten Unüberwindlichsten Fürstin und Frauen / Frauen Hedewig / Königin in Böhmen / gebohrner GroßFürstin aus Teutschland / ihrer herzvielgeliebten Fr. Mutter und Königin / entbeut Herkuliska kindliche Liebe und Träue bevor / etc. Demnach nicht ohn sonderliche Versehung des Himmels / ich euren mütterlichen Händen entraubet / durch viel Gefahr endlich dem Allergroßmächtigsten Unüberwindlichsten Könige Artabanus /algemeinem Beherscher der grossen Morgenländer zugeführet worden bin / hat dessen Königl. Hocheit nach angebohrner höchster Gnade und Güte nicht allein mein Elend zu herzen gefasset / sondern überdas mich unwirdige zu seiner Königl. Braut allergnädigst angenommen /welches überaus hohe Glük euer mütterliches Herz mir ihrer einigen Tochter nicht mißgönnen / sondern mich schleunigst berichten wird / ob Eure Geistligkeit gegen Auszahlung 200000 Kronen mich meines Gelübdes (wie ich gänzlich hoffe) loßsprechen können / damit umb so viel zeitiger meinem allergnädigsten Könige ich möge zugeführet werden. Meinen übrigen Zustand / wird Zeiger dieses / mir von den Göttern zugeschicketer Valikules mit mehrem berichtẽ / welchen meine Fr. Mutter nicht über XXIV Stunden aufhalten / und ihm als mir selbst / Glauben zustellen wolle. Befehle mich hiemit Euer geträuen mütterlichen Hulde / verbleibend / weil ich lebe / Euer Königl. Hocheit untertähnigst-gehorsamste Tochter /Herkuliska die glükselige; und eine solche durch meinen allergnädigsten König Artabanus.

Der König foderte Herkules absonderlich / ihn fragend / ob er noch etwas bey ihm zu werben / von dem Fräulein befehlichet währe. Nein / antwortete er / ohn daß Ihre Durchl. anfangs an mich begehrete / Ihrer Königl. Hocheit ein Hand Brieflein zubringen / darinnen sie umb etliche Gelder / der Geistligkeit in Böhmen vor ihre Lossprechung zuübersenden / anhielt; nachdem aber deroselben ich zuwissen machte / daß ich schon gedoppelt so viel vor mich empfangen /wovon solches wol könte genommen werden / hat ihre Königl. Hochheit sie nicht in weitere Kosten setzen wollen. Ey du einfältiger / sagte Artabanus / meinestu / wir werden zugeben / daß den Göttern unsertwegen von deinem Gelde ein so wichtiges Opfer bereitet werden solte? oder gedenket unser Fräulein / daß unsere Schazkammer umb so geringes Geldes willen in abnehmen gerahten werde? Befahl darauff / daß man ihm noch vier Tonnen Schaz auff Wagen ladete / oder da es füglicher währe / auff Maul Esel / die der Geistligkeit in Böhmen in seinem Nahmen solten geliefert werden / mit dem Erbieten / dafern die Götter hiedurch sich noch nicht wolten versöhnen oder erbitten lassen / die Pfaffen nur getrost von ihm fodern solten /obs gleich etliche Millionen austragen würde. Die 20 Parthische ädle Ritter / welche Herkules als zugeordnete dieser Gesandschafft solten mit gegeben werden /hatten / jeder mit einem Diener sich fertig gemacht zu der morgenden Reise / und befahl der König / Phraortes solte ihnen 200 Pferde zur Begleitung biß an dz Syrische Meer / mit geben; Die freien Reise-Briefe an die Römische Stathalter in Syrien hatte der König selbst verfertigen lassen / und begehrete derselbe eigentlich von Herkules zu wissen / gegen welche Zeit er zu Prage seyn / und mit der Geistligkeit daselbst handeln könte. Dieser merkete die Ursach seines nachfragens / dz er gegen solche Zeit mit dem Beylager fortfahren wolte / und bestimmete ihm 18 Wochen / welches ihn zwar lange däuchte / aber doch daßmahl damit friedlich wahr. Es solte Herkules bey dem Neben Tische Mahlzeit halten / aber auff entschuldigung / daß er und der Groß Fürst gegen die Morgende Reise noch allerhand zubestellen hätten /wurdẽ sie erlassen / und verfügeten sich hin nach Ladisla / der alles gegen den frühzeitigen Aufbruch hatte verfertigen lassen. Sie fodertẽ aber Timokles vor sich / redeten mit ihm alle Notturft ab / uñ ermahnete ihn Herkules mit aller Freundligkeit / [762] in seiner bißher so redlich geleisteten Träue beständig zuverbleiben / deß wolte er ihn höher beseligen / als seine Gedanken noch zur Zeit nicht fassen könten; gab ihm dessen zum Pfande einen köstlichen Ring / und stellete ihm 12000 Kronen Zehrgelder zu; Und wahr trauen nöhtig / daß dieser auff solche weise zur Verschwiegenheit angehalten ward / als welcher alles ihr Vorhaben gar leicht hätte können brechen und zu Wasser machen /worzu er doch zu redlich wahr; aber wie bald hätte ihn Furcht und Geitz einnehmen können; Sihe wann der Anschlag mißglückete / oder man uns auff der Flucht ertappete / wer würde alsdann grausamere Straffe ausstehen müssen / als eben du? hingegen /wann du dich zum Könige verfügest / und ihm die Gefahr offenbarest / wird er dir ohn zweifel eine ganze Herrschaft einräumen / und dich zu seinem Raht annehmen; Solche und dergleichen Gedanken hätten mannichen bewägen sollen / das gewisse vors zweifelhaffte zuwählen / und beyzeiten den Kopff aus der Schlinge zuzihen; aber Timokles wahr der art nicht / sondern erklärete sich äidlich / mit seinem Gn. Fräulein zugenesen und zuverderben. Worauff er von ihnen ernstlich vermahnet ward / nicht so kärglich zuleben / als er biß daher getahn / sondern ohn üppigkeit und Pracht / zwey Pferde und einen Knecht zuhalten / insonderheit gegen seinen Hauswirt und Wirtin /auch Kinder / (deren sie eine zimliche Menge hatten) sich freygebig zuerzeigen / deß würden sie ihm hinwiederumb geträu / und in allem zu willen seyn. Nun hatten sie es Leches noch nicht kund getahn / daß er nach Padua fort solte / wusten auch nit wol / wie sie es mit den XX Zugeordneten und ihren Dienern anschlagen solten. Der Großfürst meynete / man würde sie in Meden alle müssen heimlich nidermachen; Aber Herkules war dawider / sagte / es währen unschuldige Leute / und währe am besten / daß man sie alle in Haft nehme / und sie wol verwahrete / biß nach der Fräulein Erlösung / dann könte man sie ohngefehr lauffen lassen; aber so fest müsten sie gesezt werden /daß sie weder loßbrechen / noch jemand fremdes zu ihnen kommen könte. Darauff ward Leches vorgefodert / welchen Herkules also anredete: Es ist unvonnöhten / mein Freund / euch der Schuldigkeit zuerinnern / damit ihr eurem Könige und dessen Frl. Schwester verbunden seyd / dann eure auffrichtige ritterliche Träue habt ihr dergestalt schon zuerkennen gegeben / dz ihr euch dadurch zweifels-frey gemacht habet. Anjetzo erfodert es hochgedachter eurer Gn. Fräulein Heil und Wolfahrt / daß ihr mit Mardus und anderen Reutern / die euch sollen zugegeben werden /nach Padua / und von dar ab weiter nach Prag zu der Königin reiset / auch auf dem ganzen Hin- und Rükwege euch nichts / als Gottes Allmächtige Hand auff halten lasset. Auf der Reise sollet ihr anfangs in der bekanten Assyrischen Grenze Stad / gegen Einlieferung dieser Handschrifft / einen sehr grossen verpitschierten Schatz an Kleinoten und gemünzetem Golde erheben / und auff Kamele und Maul Esel laden / euch damit nach Damaskus begeben / und von Herrn Sulpitius etliche verwahrete Sachen zu euch nehmen /auch zu Seleuzia ein gleiches verrichten / hernach über Meer nach Padua mit einem eigenen Schiffe segeln / alle Güter (ohn die ich auszeichnen werde) bey H. Fabius nidersetzen / uñ mit schnellen Pferden nach Prag reiten / gewisse Kleinot / Gelder und Briefe dahin zubringen / hernach mit einer guten Anzahl Böhmischer Ritter / so viel Geschwade ihr deren inwendig zween Tagen zusammen bringen könnet /euch von darab nach Persepolis begeben / damit auff allen fall / wir unsere eigene Leute umb uns haben mögen. Auch können zu Padua / weil [763] ihr nach Prage seyd / etliche Fähnlein gute Ritter geworben werden /woran ihr kein Geld sparen sollet. Umb die Vergeltung eurer Mühe seyd unbekümmert / euer Gn. Fräulein selbst hat mir schon eine gute Anzahl Kleinot /die ich euch hiemit einhändige / zugestellet / welche ihr eurer Libussen zum Beutpfennige überbringen /und von den Assyrischen Geldern drey Tonnen Schatz darzu legen sollet. Fr. Brelen sollen auch 100000 Kronen / wegen der mir und dem Fräulein vorgesetzeten Gelder / und Fr. Euphrosynen 60000 Kronen ausgezählet werden. Was ich absonderlich nach Teutschland übergemacht habe / wird die Königin von Prag ab / schon weiter fort schicken. So bedenket nun abends und morgens / daß meiner Frl. Ehr und Leben fast allein auff eurer Eile beruhet / welches euch schon anspornen wird / den Weg ungeseumet fortzusetzen. Leches wuste nicht / wz er vor grösser freude antworten solte / nicht so sehr wegen der überaus grossen Schenkungen / sondern daß er gelegenheit bekam / seiner Obrigkeit behägliche Dienste zu leisten / und überdas noch seine einig-geliebete Libussen zusehẽ; setzete sich deswegen auf ein Knie / küssete Herkules die Hand / und nachdem er ausszustehen befehlichet ward / antwortete er: Durchleuchtigster / GroßFürst /gnädigster Herr / nichts kan mich in dieser Welt höher erfreuen / als daß meinem gnädigsten Könige /dem Durchl. Fräulein / und Euer Durchl. einige angenehme gehorsame Dienste zuerzeigen / ich die gelegenheit bekomme; gelobe demnach bey ritterlichen Ehren / daß ungesäumet Tag und Nacht ich dergestalt eilen wil / daß wo mich Gott nicht verhindert / vor angesetzete Zeit bey Ihrer Gn. ich mich wieder einzustellen hoffe. Die getahne Schenkungen reichen weit über meine Unwirdigkeit / nehme sie doch von wegen meiner Liebesten untertähnigst an / und verbinde Leib und Leben zu ihrer Gnn. Diensten. Es wurden ihm darauff alle auffgesetzte Schreiben eingehändiget /und absonderliche köstliche Kleinot an gute Freunde zu Padua; auch befahl ihm Ladisla ernstlich / von Kajus Fabius Verlust kein Wort zugedenken / sondern daß er nach Persepolis gereiset gewesen / und daher nit hätte schreiben können / auff daß die Freundschafft nicht zu hefftig betrübet würde. Phraortes trug gute Wissenschafft umb Leches bevorstehende Reise / stellete ihm deswegen sonderliche Verehrungen zu / welche er seiner Liebsten mitbringen solte / bestellete ihn zum Obristen zu Roß und Fuß / und gab ihm 50000 Kronen auff die Hand / mit dem versprechen / so bald Arbianes fliegendes Heer gerichtet würde / solte er den Feldmarschalks-Platz dabey haben. Hierauff muste er noch diesen Abend mit allen Schätzen / unter der Begleitung 50 Medischer Reuter / des geradesten Weges nach Assyrien fortgehen / und daß weder der König noch Herkules Zugeordnete daher einigen Argwohn nehmen möchtẽ / zeigete Phraortes ihnen des folgenden Morgens an / es währe zu dem ende geschehen / daß man desto besser forteilen könte / die ledigen Reuter würden ihnen bald nachsetzen. Es ging aber Leches sehr glüklich fort ohn einigen Räuberischen Anfall / bekam in der Assyrischen Grenze Stad die wolverwahreten Güter auff vorgezeigete Handschrifft / seumete sich hernach zu Damaskus und Seleuzia auch nicht / schickete von darab seine Medische Begleitung mit gutẽ Geschenken zurük / und bekam daselbst ein Italiänisches Schiff / auff welchem viel Kauffleute von Ravenna und Padua wahren / ladete seine Schätze darein / und sägelte mit gewünschet-gutem Winde nach Korinth zu. Phraones ging des Morgens nach Leches abzuge /mit Herkules / Ladisla / und den 20 Zugeordneten des geradesten Weges nach Meden / [764] als wann Leches eben denselben Weg genommen hätte / und wurden nach gemachtem Anschlage obgedachte zugeordnete Parther nebest ihren Dienern von Phraortes Reuterey /die noch hundert Mann stark wahr / des dritten Tages nach ihrem Auszuge / auff ihrem Nachtlager gefänglich angenommen / welche an die äuffersten Grenzen des Medischen Landes geschicket / und in fleissiger Huht bewahret wurden; hingegen setzeten Phraortes /Ladisla und Herkules mit ihren wenigen ritterlichen Dienern ihren Weg nach Persepolis fort. Plautus aber kam gegen den Mittag zu Charas wieder an / voller Staub und Koht / ritte in solcher gestalt nach dem Königlichen Schlosse / und ließ sich anmelden als einer /der von fremden und unbekanten Fürsten bey Königl. Hocheit etwas anzubringen hätte / welches auff der eile bestünde. Artabanus ließ in beyseyn Fürst Vologeses und anderer Gewaltigen ihn vorfodern / da er nach geziemender Ehrerbietung also anfing: Eure Königl. Hocheit werden von meinen gnädigsten Herren /dem Erbkönige in Böhmen / Herrn Ladisla / dann auch von dem GroßFürsten aus Teutschland / Herrn Herkules untertähnig gegrüsset / senden Ihrer Hocheit dieses Schreiben / und befehlen sich deren Huld und Gnade. Der König ward dieser Zeitung sehr froh /hieß den Abgesanten mit einer güldenen Kette verehren / und wirdiglich halten / bedankete sich des übergebrachten Grusses / und fragete nach ihrem Wolergehen; welches Plautus mit wenigen beantwortete / uñ daß solches aus dem Schreiben ohn zweifel erhellen würde; welches der König brach / und folgenden Inhalt lase:

Dem Allergroßmächtigsten Unüberwindlichsten Fürsten und Herrn / Herrn Artabanus / der Parther und sämtlichen Morgenländer Könige / wünsthen Ladisla aus Böhmen und Herkules aus Teutschland Glük und Heyl. Demnach unsere hochgeliebte / nach unterscheid / Fräulein Schwester und Wase / Fräulein Herkuliska durch Räuber Hände aus ihrem Vaterlande wieder Recht und billigkeit entführet / und über Meer und Land an diese weitabgelegene Orter fortgeschleppet worden / haben wir allen möglichen Fleiß angewendet / dieselbe auszuspüren / auch nach vielem hin und wieder reisen endlich den gewissen Bericht eingezogen / daß nach außgestandener grosser Mühe und Gefahr sie eurer Königl. Hocheit in Jünglings Gestalt zugestellet sey / jedoch nicht wissen köñen / ob dero Stand und herkommen eurer Hocheit sey zu wissen gemacht; als erachten wir eine Notturft / dieselbe zuberichten / daß sie Königliches Geblütes / und nicht verdiene / als eine gefangene oder Leibeigene gehal ten und versperret zu werden; bitten demnach untertähnig / obgedachte unsere Frl Schwester uñ Wase / nicht allein ihrem Stande gemäß halten zulassen / sondern uns zugleich gnädig wissen zumachen / mit was Lösegelde wir den Schimpff ihrer Gefängnis und Dienst barkeit abwischen / und sie in vorige Freyheit setzen können /damit sie ohn alle Verletzung ihrer Ehren und Zucht /ihrer Fr. Mutter / der herschenden Königin in Böhmen /als eine der Göttin Vesta verlobete / eh ist wieder möge zugeführet werden; zweiffeln nicht / ihre Hocheit werde zu beschützung Königlicher Ehre und ansehens / unserm untertähnigen uñ rechtmässigen ansuchen stat geben /und mit gewünscheter Antwort uns schleunigst erfreuen; solches umb eure Hochett zuverdienen / wir äussersten vermögens wollen verpflichtet seyn / dieselbe dem Alwaltigen Schuz Gottes zu aller Glükseligkeit geträulichst empfelend / als ihrer Königl. Hocheit bereitwilligste gehorsame / Ladisla und Herkules.

Nach verlesung fragete der König den Gesanten /ob er auch ein Schreiben an das Fräulein hätte / und auff bejahung muste ers von sich geben / ungeachtet er einwendete den Befehl zu haben / daß ers dem Fräulein selbst liefern solte. Auch forschete der König / an was Ort und Ende seine Herren Söhne sich auffhielten (dann Ladisla hatte solches aus [765] Vorsaz nicht hinzu gesetzet); worauff er anzeigete / er hätte seine Gnn. Herren zu Susa verlassen / welche aber willens gewesen / des folgenden tages nach Persepolis zu reisen / und daselbst biß auff seine Wiederkunft sich unbekanter weise auffzuhalten. Artabanus ward der Zeitung traurig / dann er wahr willens / ihnen etliche tausend Pferde entgegen zu senden / und sie Königlich einzuhohlen. Er legte es fleissig bey sich über / befand aber nit rahtsam diese Anfoderung dem Fräulein zu entdecken / und trug doch verlangen des andern kleinen Briefleins Inhalt zu wissen / daher er dann Plautus in eine gute Herberge legen / und wol bewirken lies / welcher dann sich bald nach Timokles verfügete / und mit verlangẽ auff seine Abfertigung wartete. Artabanus aber erbrach ihren Brieff und lase folgenden Inhalt:Herzgeliebete Fräulein Schwester; mit freuden haben wir deine Gesundheit erfahren / und daß du mit behalt deiner Ehren zu Charas dem Großmächtigsten Könige Artabanus überliefert bist / welcher seiner hohen Weißheit und Güte nach / mit dir schon wird zugeberden wissen; weil uns nun dein Zustand offenbahr ist /und wir umb deine Erlösung an den grossen König geschrieben haben / auch dessen Hocheit ausser allem zweiffel uns gewierige Antwort geben wird / hoffen wir dich bald zu sehen und mündlich zu sprechen. Inzwischen biß der Obhuet Gottes befohlen / von deinem geträuen Bruder Ladisla / und bereitwilligen Oheim Herkules.

Der König wunderte sich des kalten Briefes / enderte sein vornehmen / und ließ der Fräulein Hoffmeisterin zu sich fodern / deren er das ergangene erzählete / und dz er zugleich ein Brieflein an das Fräulein /jedoch geringes Inhalts empfangen hätte / reichete ihr auch dasselbe / gebührlich einzuliefern. Das Fräulein empfing solches mit ertichteter Fröligkeit / wuste zwar den Inhalt schon / und lase ihn doch gar begierig / daß Sysigambis alles hörete / welche darauff zu sagen sich nie enthalten kunte; das ist trauen ein kaltes Schreiben von einem Bruder und Oheim / welche eure Gn. nicht sonders lieben werden. Geliebte Freundin antwortete sie / ich weiß wol / daß sie mich beyderseits lieben / und bilde mir ein / sie schreiben so schlecht hin / weil sie gedenken daß mirs schli er gehe / als geschihet. Weil sie nun von ihrem Herkules schon unterrichtet wahr / was vor eine Antwort sie darauff geben solte / setzete sie dieselbe geschwinde auff / sendete sie dem Könige alsbald unbeschlossen zu / mit bitte / es mit seinem Pitschaft zu versiegeln /und den Bohlen mit gefälliger Antwort abzufertigen; unterrichtete daneben diese Frau / wessen sie auff befragung sich weiters erklären solte. Dem Könige gefiel das Schreiben über alle masse wol / ließ auch seine Antwort alsbald auffsetzen / damit der Abgesante nicht auffgehalten würde. Er fragete aber fleissig nach / mit was Geberden und bezeigungen das Fräulein die Anfoderung ihres Brudern angehöret. Worauff sie sagte: Nicht anders / als hätte man sie geheissen den Königlichen Schmuk abtuhn / und einen geringen Kittel anlegen; doch entschuldiget sie ihren Bruder und Oheim mit der Unwissenheit ihres jetzigen herlichen Zustandes / und gelebet der festen Zuversicht /sie werden nach dessen erfahrung sich schon eines andern bedenken; solten sie aber über alles verhoffen auff ihrer Meinung fest bestehen / und der König mit beharlicher Liebe ihr gewogen bliebe / wolte sie der ihrigen wenig achten / und auff solchen Fal schon wissen / sich also zuerklären / daß sie zu besseren Gedanken greiffen solten. Artabanus gab zur Antwort; Sie solte das Fräulein seiner beharlichen Gnade versichern / und daß er den ihrigen auffs gnädig-gewogenste antworten / auch solche Verehrungen übermachẽ wolte / woraus sie seine Gnade solten spüren können. Ward auch Plautus des folgenden [766] Tages nach Mittage unter der Begleitung 600 Reuter abgefertiget / welche biß in die lezte Parthische Grenze Stad fortgehen / daselbst mit den Königlichen Geschenken verharren und nicht abzihen solten / biß dieselben abgefodert währen.

GroßFürst Phraortes mit unsern Helden und ihrer kleinen Geselschaft gingen / wie gesagt / von den Medischen Grenzen eilig fort nach Persepolis / kamen daselbst des zwölfften tages nach ihrem außzuge von Charas bey spätem Abend an / und gaben sich vor fremde Ritter aus / welche Lust hätten in Kriegsbestallungen sich gebrauchen zu lassen / deßwegen ihnen eine Herberge angewiesen ward / in welche sie einkehreten / den jungen Fürsten Arbianes und Herrn Mazeus daselbst antraffen / und folgenden Morgen Herrn Pharnabazus zu sich bitten liessen / der sich ihrer Ankunft sehr freuete / und GroßFürst Artaxerxes hefftiges Verlangen nach ihrer Gegenwart / ihnen zu wissen machete / mit vermelden / König Artabanus hätte schon zum andernmahl Schreiben an die ReichsFürsten abgehen lassen / und sie bey Leib und Lebensstraffe nach Hofe gefodert / des ReichsNotturft zuberahtschlagen / mit angehängtem Befehl / da ein oder ander / Krankheit vorwendete / solte er sich dem Brieffebringer zeigen / und an seine stat einen Sohn /mündig oder unmündig / in mangel dessen aber / drey seiner nähesten Anverwanten hinsenden / und solten die Ungehorsamen alsbald vor Auffrührer gehalten und abgestraffet werden. Inzwischen währe aller Mannschaft in Parthen angesagt / sich auff alle Stunden zu Tage und Nacht fertig zu halten / worüber etliche Bundgenossen sehr bestürzt währen / insonderheit / weil die Rede ginge / der Medische GroßFürst hielte es mit dem Könige / hätte demselben ein wunderschönes Fråulein zum Gemahl zugeführet / und würde ihm ein geübetes Kriegsheer von 80000 Mann zu Felde liefern. Phraortes lachete der lezten Rede / uñ begehrete zu wissen / wessen sich die gefoderte Fürsten gegen den König möchten erkläret haben; da er anzeigete / sie hätten alle dem Könige gebührlichen Gehorsam zugeschrieben / und zugleich über die bedrauliche Foderung sich beschweret / als welche ihnen wie der alle Gewohnheit und muhtmassung zukommen währe hoffeten / ihre Hocheit würden alle und jede bey ihren Freyheiten schützen / und vielmehr der såmtlichen Stände Liebe und Zuneigung / als ihre schüchterne Furcht begehren und suchen; insonderheit hätten sie gebehten verständiget zu werdẽ / was die grossen Kriegsrüstungen in Parthen hinter sich hielten; man lebete ja mit den Außländischen Käyser und Königen im Friede / wüsten auch von keinem innerlichen Feinde / so daß ein jeder fast gezwungen / wiedrige Gedanken fassen müste; wollen daher ihre Hocheit untertähnigst erinnern / von etlichen unruhigen Leuten / die etwa des Reichs verderben zu ihrer Auffnahme suchten / sich nicht verleiten / noch wieder geträue Untertahnen anführen zu lassen. Dieses sagte er / ist ohn zweifel / nach genommenem Abscheide /von allen zurük geschrieben; ohn Artaxerxes / als der den König nur auff sich zulocken begehret / hat ihm diese Antwort eingeschicket: Er hätte des Königes der Parther bedrauliches Schreiben mit höchstbestürzetem Gemüht ablesend vernommen / daß er ein GroßFürst der hochädlen Persen bey Leib und Lebens straffe gefodert / nicht eins die Freyheit übrig behielte / sich mit seiner Leibes Schwacheit zu entschuldigen / ja solte einen nichtigen Bohten vor sein Fürstliches Bette treten / oder sich wol gar zu ihm hinaus tragen lassen / welches seiner Fürstl. Würde sehr schimpflich seyn würde; doch hätte er solche Schmach vielleicht noch [767] können erdulden / dem Könige gehorsam zu seyn; aber warumb foderte man seine lieben Kinder? die währe er trauen bedacht / selber in Persischen Sitten zuerzihen. Zwar seine Anverwanten hätte er ersuchet / die Mühe der Reise auff sich zunehmẽ / befünden sich aber dessen beschweret / dafern ihnen nicht gnugsame Geleitsbrieffe zur Sicherheit eingehändiget würden. Schließlich bittet er den König im Schreiben / er möge ihn als einen geträuẽ Knecht des Vaterlandes aus ungleichem Verdacht lassen / und ihm die wahre Ursach seiner grossen Werbungen anzudeuten unbeschweret seyn; die seine betreffend / geschähen sie zu keinem andern Ende / als / entweder dem Könige damit wieder die ReichsFeinde beypflichtig zu seyn / oder dafern das Geschrey etwas hinter sich hätte als wolte der König etliche ReichsFürsten vertreiben / müsse er nach algemeinem Völker Recht seines selbst eigenen Schutzes unvergessen seyn; hoffete doch nicht / daß seine Hocheit belieben trüge / einige innerliche Kriege anzurichten / sondern würde vielmehr sich dahin bearbeiten / daß des ReichsWiederwertige / als Römer oder Skythen / angegriffen und zum bahren gebracht würden; hiemit beföhle er sich des Königes beharlicher Gnade / und verbliebe weil er lebete / des Vaterlandes geträuester Knecht biß in den Tod / als vor welches zu streben er so bereit als schuldig währe. Wie nun diese Antwort wird auffgenommen werden / sagte Pharnabazus weiter / wird die Zeit bald eröffnen / dann wir haben (welches euer Durchl. annoch unbewust) am Königlichen Hofe vertrauete Leute / die uns hievon zeitig gnug berichten sollen; unser höchster Trost nähst der Götter Hülffe / ist / daß wir innerhalb drey Tagen 90000 Mann wol bewehret ins Feld führen / und den Feinden den Kopff bieten können / biß die übrige Hülffe von andern Fürsten herbey gebracht werde. Es sind aber die vereinigte Fürsten / als der Assyrische Herr Pusizes; Hirkanische H. Menapis; Baktrianische H. Eukratides; Susianische / H. Gobares; Margianische / H. Ustazeres; Arische / H. Okbares; und Drangianische H. Tissaphernes inwendig dreyen Tagen alhier angelanget / denen allen noch unwissend ist / daß der Medische GroßFürst den Bund angenommen hat /und zum KriegsRaht hergebehten ist. Es ward vor gut angesehen / daß Pharnabazus dem GFürsten Artaxerxes ihre Ankunft in geheim anmeldete / der sie auff drey Gutschen nach Hofe einhohlen ließ / und ihnen biß in den vordersten Plaz entgegen ging / mehr Ritterlich als Fürstlich gekleidet / ohn dz er fornen am Bunde ein trefliches Kleinot trug. Er empfing sie gar freundlich / und führete sie auff ein absonderliches Gemach / da er anfangs wegen ihrer ankunft sich bedankete / hernach des Parther Königes und seiner vorfahren Grausamkeit anklagete / und dagegen der vereinigten Fürsten unbewäglichen Vorsaz zur erstreitung der Freyheit rühmete / auch / wie überflüssig sie die verabscheidete Geldhülffe herbey gebracht / und die heimlichen Werbungen nach allem Wunsch und über die Zahl fortgesetzet hätten / mangelte also nur bloß an vergleichung der Zeit und des Orts / dz man auff vorher ergehende Absage den Ernst sehen liesse. Ursachen des Krieges dürffte man vom Zaune nicht brechen noch von langen Jahren hervor suchen / die neulichsten Außschreiben führeten derselben mehr als zu viel mit sich. Hernach redete er unsere beyden Helden absonderlich also an: Durchleuchtige Fürsten; der Ruhm eurer beyden treflicher Mannheit / ist mir von unterschiedlichen Orten des Römischen Gebiets zukommen / daher nicht eine geringe Begierde zu dero Kund- und Freundschaft in mir erwecket ist / und [768] hat mich höchst erfreuet / als eurer Lieb den guten Willen / uns im Kriege beyständig zu seyn von meinem Freund und Oheim Pharnabazus verno en habe; bedanke mich demnach ihres günstigen erscheinens /und verspreche denselben nicht allein vor mich / sondern auch von wegen des gesamten HochFürstlichen Bundes / alle Hülffe und Beystand / mit Volk / Gut und Blut / es sey zur errett- oder zur beschützung der ihrigen und ihrer selbst / damit sie ihr hochlöbliches Vorhaben / welches obgedachter mein Oheim mir als einem sicheren Freunde anvertrauet / zum glüklichen Ende bringen mögen. Herkules antwortete hinwieder: Durchleuchtigster Großmächtiger GroßFürst / gnädiger Herr; daß eure Durchl. uns ein so hohes ganz unverdientes Lob zuleget / dienet uns eigentlich zum unfehlbaren Kenzeichen ihrer guten Gewogenheit gegen uns Fremdlinge. Die eigentliche Ursach unser Ankunft ist die hochbegehrete Glükseligkeit / die in ihrer Durchl. Kundschaft wir suchẽ und hoffen / als deren kräftige Mannheit und Tugend uns über vieler anderen dieser grossen Morgenländer zum höchsten gepriesen ist / und aus deren höchstlöblichem vornehmen zum überfluß erscheinet. O wie ein unsterblicher ruhm wird bey den Nachkommen dieser sey / der unverzagte Held Artaxerxes habe daß unerträgliche Parthische Joch gebrochen / und die unleidlichen Bande zurissen / damit alle Morgenländer unverantwortlicher Weise gedrücket uñ gefesselt wahren. Da nun unsere Dienste also möchten beschaffen seyn / durch welche dem HochFürstl. Bunde / und absonderlich ihrer Durchl. einige vergnügung könte geleistet werden /solte darinnen unsers selbst eigenen Wunsches erfüllung bestehen. Im übrigen nehmen wir dero hohes Erbieten mit gebührlicher Dankbarkeit an / welches uns auffmuntern wird / alles dasselbe vorzunehmen / was von unser Wenigkeit kan verrichtet / und dem HochFürstlichen Bunde zu Dienst und auffnahme geleistet werden. Artaxerxes sahe unsern Herkules zeitwehrender Rede mit starren Augen an / und weil er der Sterne-Kunst wol erfahren / auch aus den Zügen und Zeichen des Angesichts / von unterscheid der GeburtsArten und ihren eigenschaften / geneigenheiten und enderungen nachsinlich urteilen kunte / befand er aus allen gleichstimmenden Zeichen / daß ein sonderlicher Geist in ihm währe; dieses aber wunderte ihm am meisten / daß derselbe einem so überaus schönen Leibe eingegossen wahr / welcher alle Anseher beliebet und ehrerbietig machen kunte. Er gab ihnẽ aber diese wiederantwort: Ihr meine hochwerte wahre Freunde / des beschehenen Erbietens bedanke ich mich von Herzen / werde mich auch befleissigen ein redliches freundwilliges Gemüht / als viel mir der Himmel verleihen wird / in der Taht zuerweisen; bitte / es wollen eure Liebden mich in ihrer Freunde Zahl auffnehmen / und unter dieselben rechnen / welche ihnen mit alle ihrem Vermögen ergeben sind; und weil morgendes tages gemeiner Kriegsraht berahmet ist / werden eure Liebden sich unbeschwert finden lassen / mit den versamleten Fürsten auff angestelleter Gästerey heut diesen Tag Kundschaft zu machen / und dahin bedacht zu seyn / wie unserm Vorhaben ein glůklicher Anfang könne gemacht werden. Ladisla antwortete hierauff: Durchl. GroßFürst / eure Liebe erbeut sich gegen uns bißher unbekante gar zu milde; jedoch gibt dieselbe uns hiemit anlaß / alle Kräfte anzuwenden / ob wir Mittel und Wege finden möchten /dem gemeinen Wesen nüzlich zu seyn; welches vor dißmahl sehen zu lassen / ich mich anerbiete / dem Kriege mit meiner Faust und absonderlichem Kampffe den Anfang zu geben / dafern von den HochFürstlichẽ [769] Bundsverwanten mir ein solches kan erlaubet werden / in dem ich willens bin / an den König selbst oder einen seiner mannlichsten KriegsObristen und Fürsten Streits zubegehren / umb daß er meine Fräulein Schwester nicht aus eigener Bewägnis / wie einem Könige gebühren wolte / auff freien Fuß stellet. Artaxerxes nam dieses Erbieten mit Dank an / zweiffelte auch am glüklichen Siege nicht / weil er seiner Mannheit gute Kundschaft hatte. Phraortes aber versicherte sie / König Artabanus würde / angesehen seines Hochmuhts und Alters / den Streit weder vor sein eigen Häupt / noch durch einen andern gnug-wirdigen Fůrsten annehmen / ob er wol in seiner Jugend mit Waffen nicht ungeschikt währe umbgangen; uñ hätte er unterschiedlichemahl aus seinem Munde gehöret /daß er gewünschet / mit dem Römischen Käyser ein Handgemenge anzutreten / dañ derselbe allein währe seines gleichen / andere aber seines Schwerts unwirdig. Unter wehrendem Gespräch ging Arbianes auff seines Herrn VatersGeheiß hin / die versamleten Fürsten auff ihrem Gemache zu grüssen / uñ seine An kunft ihnen wissen zu machen: die dessen höchlich erfreuet wurden / und ward ihnen der schwerste Stein /sonderlich dem Assyrischen und Hirkanischen Fürsten vom Herzen gewalzet / weil sie diesen mächtigen Nachbar / da er vor den König stehen würde nicht wenig fürchteten / nunmehr aber leichtlich schliessen kunten / er müste des gemeinen Wesens sich mit annehmen. Bald stelleten sich unsere Helden bey dieser Fürstlichen Geselschaft ein / und ward Ladisla von Artaxerxes / Herkules aber von Phraortes begleitet; sie grüsseten die Anwesenden höflich / und bahten zugleich um Vergebung / daß auff des Persisches GroßFürsten Durchl. nöhtigen / sie bey so hochfürstlicher Versamlung sich finden liessen; welches dieselben zwar nicht unfreundlich / aber doch nicht als gegen ihres gleichen / beantworteten biß sie die grosse Ehrerbietigkeit sahen / die ihnen von Artaxerxes und Phraortes angetahn ward; daher Fürst Pusizes aus Assyrien zu Fürst Gobares aus Susiana sagete: Gewißlich werden diese junge Fürsten von sehr hohem Stande seyn / daß ihnen solche Ehr angebohten wird /welche man sonst ihrer Jugend halber ihnen nicht schuldig währe / als die durch grosse Tahten es noch nicht verdienen köñen. Gobares / der ohndaß allen Außländischen gehässig wahr / antwortete ihm: Eure Liebe sehen / daß man zierliche Blumen mehr umb der Farbe willen / als wegen ihrer Kraft / auff güldene Gefässe stellet / und däucht mich der eine einem Weibe ähnlicher als einem Mañe seyn; ja wer weiß ob er nicht unter dieser ertichteten Kleidung des andern Beyschläfferin ist? doch sey ihm / wie es wolle so werde ich doch Gelegenheit finden / ein Kurzweilichen mit ihnen anzustimmen. Ich weiß von ihnen weder gutes noch böses zu sagen / antwortete Pusizes / nach dem ihr Leben und Wandel mir allerdinge unbekant ist / doch zeigen ihre Geberden durchaus keine niderträchtige Gemühter an / daher eure Liebe sich mässigen werdẽ / welche wolgemeinete Vermahnung eure Liebe mir nicht verargen wolle. Artaxerxes fing inzwischen an / die Versamlung also anzureden: Durchleuchtige Hochgebohrne Fürsten / Oheimbe und Freunde; daß gegenwärtige beyde Durchleuchtigste Fürsten uñ ruhmwirdige Helden / mich alhier zubesuchen gewirdiget / rechne ich unter meine Glükseligkeitẽ / dessen ihre Liebden ingesamt sich wol versichern mögen / bitte demnach / mir die Freundschaft zuerzeigen / und ihnen helffen gutlich tuhn / damit sie dereins in ihren Königreichen und GroßFürstentühmen der Morgenländischen Fürsten freundwilligkeit zu rühmen Ursach [770] haben mögen. Herkules und Ladisla entschuldigten sich / mit Bitte /sie mit so unerträglicher Ehren-Last nicht zuerdrücken / nachdem sie dieser örter sich nicht anders als umschweiffende Ritter zuhalten bedacht währen; könte auch hiedurch einer oder ander leicht beleidiget werden / wann sie als junge Leute und Fremdlinge /die in diesen Ländern keinen Fußbreit eigenes hätten /sich so mächtigen Fürsten gleich halten lassen wolten. Fürst Pusizes kennete Artaxerxes Gemüht sehr wol /und daß seine Gewohnheit nicht wahr / unwirdige zuerheben / viel weniger jemand ins Gesicht zuloben /und durch Schmeicheley sich beliebt zumachen / dann er wahr in Waffen und ritterlichen übungen so erfahren / daß ihm in den Morgenländern sehr wenig gleicheten; kunte demnach nicht ersiñen / wer diese immermehr seyn möchten / denen er den Helden-Nahmen zuwendete / und weil er der älteste von den versamleten Fürsten / ein Herr von 72 Jahren wahr / antwortete er kürzlich: Es müssen ihrer keinem dieselben unangenehm seyn / denen seine Liebe ein solches Zeugniß ihrer Tapfferkeit uñ hohen Verstandes mitteilete. Als nun jederman hierauff schwieg / fing Arbianes an zu seinem Herr Vater: Er hätte ihm vorgeno en / eine kindliche Bitte an seine väterliche Gn. in dieser Hochfürstl. Versamlung abzulegen / der Hoffnung / da derselbe sich darüber etwas beschweret befünde / würden seine Gnn. Oheimbe und Fürsten ihm ein Wort zum besten verleihen. Der Vater antwortete lachend: Bin ich dir dann so hart zu / daß du dein Anliegen mir sonst nicht offenbahren darffst? Solches nicht / Gn. Herr Vater / sagte er / nur daß ichs alhie desto leichter zuerhalten gedenke / und ist dieses mein kindliches ansuchen / daß Eure Gn. mir erläuben wollen / da etwa eine Kriegsempörung / wie sichs ansehen lässet / entstehen solte / ich unter dem unvergleichlichen Helde / GroßFürst Herkules / reiten / und von dessen Durchl. erlernen möge / was inkünfftig mir zu Preiß und Ehren dienen kan. Hochgebohrner Fürst / fiel ihm Herkules in die Rede / ich würde gewißlich dieses Gemach nicht betreten haben / dafern ich hätte wissen sollen / daß wegen Ihrer Liebe gar zu verdächtiger Zuneigungs-Rede ich alhie so schamroht stehen muß. Phraortes sahe / daß er schier unwillig worden währe / fiel ihm deswegen mit halblachenden Worten ein / und sagete: Eure Liebe wollen meinem Sohn des anmuhtens verzeihen / dann als viel ich merke / ist er bedacht / hinter einem guten Schutze sich zuverbergen; Was könte mir aber vor grössere Freude begegnen / als wann ich sehen solte / daß er ungefärbeter Tugend zufolgen / sich befliesse. Aber /sagte er zu seinem Sohn / du bittest von mir / dessen ich nicht bemächtiget bin / uñ wirst es bey dem suchen müssen / der dir solches leisten kan. Mein Herr Vater / antwortete Arbianes / ich kenne den Durchl. GroßFürsten / Herrn Herkules nunmehr so viel / daß seine Liebe mir keine Mögligkeit versaget / auch meine unhöfliche Verwågenheit mir gerne zu gute hält. Ja / sagte der Vater / vielleicht triegestu dich auff seine Mildigkeit zuviel; aber auff solche weise werden unhöfliche nur frecher gemacht; wil demnach vielmehr bey seiner Liebe anhalten / dir nicht in allem so willig zuerscheinen / dann bey jedweden würdestu es schwerlich treffen. Ich hoffe / sagte Arbianes / meine Jugend werde des Frevels Vorsprach bey seiner Durchl. seyn. Es wahr Herkules dieses Gespräch über alle masse zuwider / durffte sich doch keines Widerwillen merken lassen / und gab dem jungen Fürsten zur Antwort: Ich habe von Euer Liebe weder Unhöfligkeit noch Frevel je gehöret / und ist mir lieb / daß dieselbe auff ihre Jugend sich beruffet / als wodurch ich gleicherweise bey alten und verständigen um verzeihung [771] zubitten pflege / und wir also in dieser Schuele auff einer Bank neben einander sitzen / daher ich mich dessen festiglich versehe / Eure Liebe hinfüro mit übermachten Ehrenbenahmungen mein verschonen werden; im übrigen trauen mir dieselbe / daß ich mir selbsten wünsche / neben ihr zugleich den ritterlichen übungen nachzusetzen / und wir einander zur Tugend reizen mögen / gelebe auch der Hoffnung / Euer Liebe Herr Vater / und sie imgleichen / mir solches nicht versagen werden. Die anwesende erkenneten aus dieser demühtigen Rede seine Tugend / ohn allein Gobares trieb seinen Spot daraus / daß er endlich zu Fürst Pusizes sagete / der ihm sehr nahe verschwägert wahr: Dieser Jüngling suchet durch niderträchtige Reden ein sonderliches Lob / welches des unverschämten Ehrgeitzes höchste Stuhffe ist; Aber dieser alte verständige Fürst taht als hörete ers nicht /und weil es zeit wahr sich zu Tische zusetzen / nöhtigte Artaxerxes diesen Fürsten / die Oberstelle zunehmẽ / dem er Ladisla allernähest setzete / welcher sich zwar mit Phraortes fast umtrieb / und doch wider seinen Willen folge leisten muste / dessen er alle anwesende umb Verzeihung baht. Nach Phraortes ward Herkules gesetzet / dem Gobares folgen solte / hielt sich aber zu stolz / und wählete ihm selbst die stelle vor dem Tische / allernähst bey Pusizes / gegen Phraortes über / dessen Artaxerxes und andere mehr übel zufrieden wahren. Der Hirkaner Fürst aber folgete Herkules / auff welchen er eine sonderliche Gewogenheit geworffen hatte / und im nidersitzen sagte er zu ihm: Ich werde mich der Kühnheit gebrauchen / mich bey ihrer Liebe niderzulassen / umb zu besserer Kundschafft gelegenheit zubekommen. Meine Unwirdigkeit / hier zusitzen / antwortete er / bekenne ich willig / bitte daher / niemand hierüber einigen Haß auff mich werffen wolle / weil ich gezwungen unhöflich seyn muß. Gobares machte ihm die Gedanken / es würde seinet wegen geredet / und fassete einen solchen Groll wider ihn / daß er ihm nach dem Leben zutrachten bedacht wahr / da hingegen Herkules ihm gute Neigung zuwendete. Bey der Mahlzeit ward keiner wichtigen Händel gedacht / ohn daß zuzeiten Königes Artabanus meldung geschahe / dessen Grausamkeit / und bißher mannigfaltige / auch zeitwehrender erster Ehe / verübete Unzucht niemand besser als dem Hirkaner Fürsten bewust wahr; Erzählete demnach /wie zeit seiner ersten blühenden Jugend kein redlicher Mann sein Weib oder (offtmahl noch unmanbahre) Tochter hätte schützen mögen; Das årgeste aber währe gewesen / daß nach deren Mißbrauch und büssung seiner Lust / er seinen Leibdienern gleichen Mutwillen gegönnet / ja sie offt darzu gezwungen /und hernach alles selbst ausgebreitet hätte / daher es ihn groß wunder nähme / wie er sich des eingesperreten Fräuleins enthalten könte / deren Schönheit überall vor ganz vollkommen / und als unvergleichlich gepreiset würde / und man daneben berichtete / sie ihn dergestalt zuzwingen wüste / daß er nicht eins auff ihr Schloß zu ihr kommen dürffte / sondern sie liesse sich nur von ihm auff den hohen Umgängen / und zwar wunderselten / von ferne / mit verdecketem Angesicht beschauen. Herkules antwortete ihm: Das Fräulein betreffend / weiß ich vor gewiß / daß sie ehe eines grausamen Todes sterben / als in seinen unzüchtigen Willen gehehlen wird / dañ ihr Herz und Muht hasset nichts so sehr / als Unkeuscheit. Fürst Pusizes fragete ihn / ob er dieser Fräulein Kundschaft hätte / und vernam unvermuhtlich / daß sie ihrer beyder Schwester und Wase währe / und sie ausdrüklich umb ihrer Erlösung willen sich aus ihrem Vaterlande auff die Reise begeben hätten / des gänzlichen vorhabens /diese Länder nicht zuräumen / [772] ehe und bevor sie dieses Königliche Fräulein in vorige Freyheit ungeschändet gesetzet hätten / oder der Wůterich müsse sein Leben davor lassen. Weil nun Pusizes gute Wissenschafft umb des Königes Frevel trug / antwortete er: Dieses dürffte schwer zugehen; dann ist sie der Vollkommenheit / wie das Geschrey einmühtig zustimmet / und er seine ehmahlige Begierden nicht ausgezogen hat / wird er sie zu seinem Willen zubringen / ihm äusserst lassen angelegen seyn / solte es auch durch einen unverschämten Nohtzwang geschehen. Darzu wird es ob Gott wil nicht kommen / sagte Ladisla / ob ers gleich durch eheliche Liebe und Vermählung suchte / es geschehe dann mit ihrer nähesten Anverwanten bewilligung; nachdemmahl in meinem Vaterlande nicht sitte ist / dz eine Tochter vor sich selbst zur Ehe greiffet; wil auch lieber ihres Todes / als dieses Beylagers verständiget seyn / dessen sie schon zur gnüge berichtet ist / zweifele doch nicht / Gott werde sie vor beyderley unfal gnädig schützen.

Nachgehends ward mannicherley auff die Bahn gebracht / und fingen die Morgenländische Fürsten ein Gespräch über dieser Frage an: Was die beste Art seyn würde / die nöhtige Kosten zu der Völker Unterhaltung herbeyzuschaffen; welches dem Susianer nicht gefallen wolte / dañ er wuste schon / daß der Ausschlag nach seinem Willen nicht fallen würde. Aber Artaxerxes hatte diese Beredung mit fleiß angezettelt / umb diesen von seinem ungebührlichen Vornehmen abzubringen; Welches desto füglicher ins werk zurichten / er den Assyrischen Fürsten / Herrn Pusizes / und den Hirkanischen / Herrn Menapis ersuchete / in ihrer wol- und nüzlich-angefangenen Rede fortzufahren / also / daß ein jeder seine Meynung nach Mögligkeit zubehaupten / ihm liesse angelegen seyn. Weil dann der fromme Hirkanische Fürst wol wuste /dz etliche ihrer Verbündnis / insonderheit Gobares /aus ihren Schatzkammern nicht gerne viel entrahten wolten / und er doch deren Meynung; nicht zugetahn wahr / wolte er dannoch dieselbe zu handhaben sich unterstehen / nicht zweifelnd / Fürst Pusizes würde schon wissen / ihm mit gebührlicher Antwort zu begegnen; fing demnach also an: Ihr Durchleuchtigste Fürsten und geträue Väter des Vaterlandes; Zu was ende vor dißmahl unsere Zusammenkunfft angesehen sey / werden wir zu bequemer Zeit zuüberlegen haben. Vor dißmahl / umb / nebest Vertreibung der Zeit / auch etwas nüzliches zubetrachten / tuhn wir recht und wol / die von unserm erwähleten wirdigen Häupte / GroßFürst Artaxerxes erwähnete Frage in etwas zubeherzigen; massen kein vernünfftiger Fürst so unvernünfftig verfahren wird / einen Krieg anzufahen / ehe und bevor er auff die Mittel zu dessen Unterhalt- und Fortsetzung ist bedacht gewesen. Den Krieg / wie ich vor dißmahl ausser zweifel setzen wil / halten wir vor beschlossen / und tähten wirs nicht /würde man uns zu Charas mit EselsOhren und NarrenSchellen abmahlen / und zwar nicht unbillig / welches aber hieher nicht gehöret. Ist dann der Krieg beschlossen / und ein solcher / dessen Endschafft sich nicht in wenig Monaten / sondern etlichen Jahren erst finden dürffte; So wird dieses eine allerdinge nöhtige Frage seyn / woher die Mittel / denselben an unser seite gebührlich zu unterhalten / sollen genommen werden. Nun sind sie schon da / ihr meine Herren /und dürffen nicht erst in der ferne gesucht werden; nur allein müssen wir die gütigen Gotter anruffen / daß sie uns ins Herz geben / die zuträglichsten zuwählen. Wolte dann jemand fragen / wie mannicherley arten sich finden? so spreche ich: Wir müssen entweder solche Mittel von andern hohen Häuptern erborgen / und sie hernähst wieder bezahlen / oder sonst gut machen; [773] oder wir müssen sie aus Feindes Landen hohlen; oder sie durch ungewöhnliche schwere Schatzungen von unsern Untertahnen erzwingen; oder endlich müssen wir sie aus unsern Schatzkammern und andern gemeinen Auffkünfften nehmen. Aus diesen vier Mitteln werden wir nohtwendig eines oder anders wählen. Das erste / weiß ich schon / wird unser keinem anstehen; dann wo sind diese grosse Fürsten / die uns so viel hundert Toñen Schatz aufs ungewisse vorschiessen woltẽ? da wir auf den fall des unterligens alles dz unsere würdẽ verlauffen müssen; uñ die wir um solchen Vorschub woltẽ begrüssen / dürfften entweder ein sicheres Pfand fodern / oder mit hönischer antwort uns abweisen: wer ein Haus bauen oder kauffen wolte / müste Geld wissen. Doch den Göttern sey dank / wir sind auch nit so dürfftig / sondern da wirs recht angreiffen / reich und mächtig gnug vor uns selbst / unsere Macht auff festem fusse zuerhaltẽ. Aber wie dann? möchte jemand fragen. Ists nit der beste Vorter / dz man die Völker aus Feindes Landen erhalte? ja freilich / wans sicher und mit fuge geschehẽ kan; wil auch der hoffnung geleben / es solle uns dieses endlich nit fehlẽ; aber ihr meine Herren / werden wir dann bald anfangs unsere Befehle an Feindes Untertahnen können lassen abgehen / und auf unsere Völker den Unterhalt einfodern? Es bedarff keines nachfragens / was vor Antwort man uns geben würde: Alles was in Parthen und anderen des Wüterichs Landschaften ein Gewehr zücken kan / würde einmühtig auff seyn / und von uns mit schweren Zinsen hohlen / was wir von ihnen fodern wolten. Müssen derwegen dieses Mittel biß zur gelegenen Zeit außsetzen / ja wo möglich / allen Parthischen Untertahnen einbilden / wir seyn nicht zu ihrem verderben / noch einiger beschwerung / sondern zu ihrer Erlösung verhanden / sie neben uns zuschützen und in die gewünschete Freyheit zusetzen; alsdañ werden sie entweder sich zu uns schlagen / oder auffs wenigste / unserm Vorhaben nicht so gar heftig zuwieder seyn. Bleibet demnach übrig / es müssen die Gelder und unterhaltungs Mittel des bevorstehenden Krieges / von uns selbst / und in unsern Ländern auffgebracht werden. Nur mus endlich der Schluß gesetzet werden / auff was Weise; dann hier hier sitzet der rechte Knoden. Zwar wann ein jeder unter uns den Vorraht seiner Schazka er ungemindert erhalten / und noch wol die künftigen Landes auffkünfte verwarlich beylegen könte / wehre wol eingewünschtes tuhn / und dahin werden vielleicht andere mehr mit mir stimmen. Dañ sehet / Durchl. Fürsten / weil man nicht errahten kan / wie unser Vorhaben ablauffen werde / hätte ein jeder auff allen Nohtfal eine statliche Baarschaft / damit er sich mit Weib und Kind in des Römischen Käysers Gebiet verfügen / und Lebensmittel auff Kindes Kinder haben und behalten könte. Doch diesen Unglüksfall außgesezt; wird uns dannoch das sicherste seyn / daß wir unsere Schazkammer anfangs verschonen / und unsere Fürstliche Einnahme an uns halten / im Fall der Noht uns damit von neuen zu rüsten / wann es zu erst nicht glücken würde. So ist ja unser Krieg den Untertahnen zum besten angesehen / das unerträgliche Joch des Parthischen Wüterichs von ihnen abzuwenden; wie solten sie dann dem Kriegsheer nicht unterhalt schaffen / welches ihnen zum besten gehalten wird? Es ist kein ädler Kleinot über die Freiheit / darein wir sie zu setzen bemühet sind; ists dañ ein grosses / ob sie zu deren befoderung einen Teil ihrer Güter einbüssen? So ist es ja leichter / den Krieg aus vielen / als aus wenig Beuteln zu unterhalten; Und was kans groß machen / ob Bürger und Bauer / ja auch wol der Adel ihre Baarschaften müssen [774] herschiessen? Es ist trauen weder rahtsam noch uns Fürsten ersprießlich / daß unsere Untertahnen Reichtuhm besitzen / und wir dagegen umb unsern Schaz kommen. Dann was achten reiche Untertahnen ihre arme nohtleidende Obrigkeit? und ey wie schön stehets /wañ der Fürst ein Pferd reitet von etwa 100 Kronen /und sein Untertahn auff statlichen Gutschen mit sechs oder acht Hengsten herein pranget. Geschiehets nicht gemeinlich / das Untertahnen durch überflus nur stolz / und ihrer Obrigkeit ungehorsam werden / daß sie wol gar mit ihnen sich dürffen ins Recht legen / oder hefftige Kriege führen? welcher Muht ihnen bald entsinket / wañ ihnen die Schmalzfedern geropfet sind /und man solcher Boßheit frühzeitigen Eingriff tuht; welches nicht besser noch füglicher geschehen mag /als wañ man sie durch armut demühtiget / oder doch ihnen des überflusses und Reichtuhms nicht zu viel gönnet. Wolte mir aber jemand einwerffen / es würde das Land dadurch außgesogen und kraftloß gemacht /so halte ich solche Furcht vergebens seyn. Dann des Fürsten Schazkammer ist des Landes Reichtuhm / und sind die Untertahnen nicht so leicht zuerschöpfen / ob sie gleich alle ihre Baarschaft herzugeben genöhtiget würden; sie sind füglich einem MeelSak zuvergleichen / je mehr man den schläget / je mehr Meel heraus stiebet; und lehrets uns die Erfahrung / daß die Untertahnen alsdann der Nahrung am fleissigsten nachtrachten / und der Sparsamkeit sich befleissigen /wann ihnen von der Obrigkeit eine Schatzung über die andere angesaget wird. Zu geschweigen / daß man ihnen dadurch zugleich die Ursach und Gelegenheit zum quaas und fraas entzeuhet / und der Obrigkeit sich zuwiedersetzen die Kraft benimt. Ja der Mißgunst unter ihnen / höret auff / wann einer nicht mehr als der ander hat; und werden die alten Geschlechter schon nachlassen sich den Einkömlingen vorzuzihen /wann es ihnen beyderseits an Hellern gebricht. Zum Beschluß wird auch dieses anzumerken seyn / daß je weniger die Untertahnen an zeitlichen Gütern besitzen / je liederlicher sie ihr Leben schätzen / und so viel kühner und unverzagter sich wieder den Feind gebrauchen lassen / welches wir an den alten Griechen und Römern sehen / die Zeit ihrer Armut die besten und geherzesten Kriegsleute wahren / weil sie wenig zuverliehren hatten; es ging bey ihnen nicht / wie bey uns / da die Reichen sich wegern / das Gewehr zuempfangen / und sich erbieten / einen andern an ihre stelle zuschaffen. Welches alles / wañ ichs bey mir überlege / und zugleich beherzige / daß der Untertahnen Güter und Reichtuhm / der Macht / Gewalt und freien verordnung ihrer Obrigkeit untergeben sind /sehe ich kein besser / füglicher / noch ablanglicher Mittel / unsere Kriegsmacht zu unterhalten / als wann ein jeder Fürst alle Monat oder Wochen seinen Untertahnen eine zimliche Schatzung auffleget / welche sie auff gewisse Tage und Stunden entrichten und unfehlbar einschaffen müssen / so daß man den Nachlässigen / alles einwendens ungeachtet / zehn oder zwölff gnug trotzige Kriegsknechte ins Hauß leget / denen sie essen / trinken / uñ gewisse Gelder vor ihre Mühe entrichten müssen / biß sie ihren Anteil zur Schatzung beybringen. Alsdann wird ein jeder schon wissen /daß er zu rechter Zeit daß seine herbeyschaffe; und was könnens die Untertahnen so eigentlich nachrechnen / ob gleich der dritte oder vierde Teil mehr von ihnen gefodert wird / als zum Kriege nöhtig / welcher überschuß unser Schazkammer zum besten gereichen kan / nur daß gleichwol unsern Amtleuten solcher Vortel nicht zuwachse. Inzwischen wann solche Schatzungen eingefodert werden / hat man die [775] Untertahnen allemahl zuvertrösten / sie mögen nicht ungeduldig werden / es sollen solche ungewöhnliche Lasten nicht lange anhalten / welche überdaß nicht sollen in nachfolge gezogen werden / noch jemande an seinen Rechten / Gerechtigkeiten und Freyheiten schädlich oder nachteilig seyn. Und ob solche gemachte Hoffnung nicht so bald ihre Wirkung erreichen würde / wie man dann dieses mittels / Geld zu machen / so lange möglich seyn kan / sich wird zugebrauchen haben; werden sich wol zehn Ursachen vor eine an die Hand geben / welche man bey den Untertahnen vorzuschützen hat. Hiemit wil ich meiner Rede die endschaft geben / mit bitte / das vorgebrachte /reiflich zu erwägen / uñ meiner gebrauchten Freyheit nichts zuverübeln. Solte dann ein bessers k \nnen vorgetragen / und von den versamleten Vätern des Vaterlandes beliebet werden / bin ich erbötig / mich gerne weisen zulassen / und den Klügesten folge zuleisten.

Der mehrerteil der Anwesenden Fůrsten / hatten diese Rede mit grosser Ungeduld und bestürtzung angehöret / insonderheit / weil ihnen dieses Fürsten bißher getragene Liebe zu seinen Untertahnen bekant wahr / und wie so gar keine Lust noch Willen er die ganze Zeit seines Lebens zu deren beschwerung und unterdrückung gehabt hatte / so gar daß allenthalben der Ruff ging / es würden keine Untertahnen gnädiger gehalten / und weniger beleget / als eben die Hirkaner. Aber Artaxerxes / der solches mit diesem Fürsten also angeleget hatte / ließ ihm das Vorgebrachte wolgefallen / nicht / dz er solcher Meynung solte beygepflichtet haben / sondern daß man Ursach haben möchte / diesen Unsin / der bey etlichen / sonderlich aber bey Gobares eingewurzelt wahr / aus dem Grunde zuwiederlegen. Doch wolte er darüber eines jeden Meynung vernehmen / deswegen fing er also an: Durchläuchtige Fürsten / und geträue Väter des Vaterlandes; es hat Fürst Menapis klar und deutlich ausgebeichtet / was vielleicht seine Meynung seyn möge /die er nach vermögen mit unterschiedlichen Gründen hat wollen behäupten. Ist also noch übrig / daß wir anderen uns vernehmen lassen / was wir daran zu loben oder zutadeln haben. Und weil Fürst Gobares /der äusserlichen bezeigung nach / mit dieser Meynung übereinstimmen dürffte / wolle dessen Liebe / da er sonst nichts einzuwenden hat / sein gutdünken hierüber vernehmen lassen. Dieser ward überaus froh /daß er der erste seyn solte; nicht allein / damit dieser Vorschlag / welcher eben nach seinem Sinne war /durch seinen Beyfall gestärket würde / sondern / daß er auch durch solchen Vorzug ihm bey unsern beyden Helden ein so viel grösser ansehen machen möchte /und sie ihn daher umb so viel mehr fürchten und ehren würden; deswegen er mit dieser Verwägenheit loßbrach: Durchleuchtiger Fürst Menapis / die Göttin der Klugheit / welche aus dem Gehirn des allerhöchsten Gottes sol gezeuget seyn / lässet sich handgreiflich spüren und hören / daß in eurem Gehirn sie ihren Sitz und Wohnung zu eurem unsterblichen Preise und Ruhm genommen habe; massen Eure Liebe den rechten Zweg eigentlich getroffen / und die köstlich Grundfeste alles Fürstlichen Wolstandes uns mit solchen unhintertreiblichen Wichtigkeiten vor Augen gestellet hat / daß meines ermässens / (wie ich dann ohne Ruhm zumelden / in der Welt auch etwas erfahren habe) eure Meynung dergestalt behäuptet ist / daß / wer dieselbe zuwiderlegen / oder ungültig zu machen sich unterstehen wolte / gleich solche vergebliche Mühe anwenden wůrde / als wolte man das rohte von den Ziegelsteinen mit Wasser abwaschen / oder durch eine angezündete Kerze der Sonnenstrahlen[776] überleuchten. Dann würde es nicht ein unwitziges beginnen seyn / wann ein Fürst wegen seiner Untertahnen bestes / seinen wolerworbenen Schatz verringern /und in die Schanze setzen wolte? Wer wil uns denselben wieder ersetzen? Es ist mir des groben Pövels Eigenschafft durch langwierige Erfahrung gar zu wol bekand; sie würdens ihrem Fürsten nicht den geringsten Dank wissen / ob er ihretwegen etwas anwenden wolte. Drum so lasse ichs bey eurer Liebe getahnem recht Fürstlichem Vorschlage schlechter dinge bewenden / damit ich nicht vor unverständig angesehen werde. Nur setze ich noch dieses mit wenigem hinzu /daß gleich wie ein Leibeigener nichts in seinem Besitz hat / welches seinem Herrn nit eigentühmlich solte zustehen; also habe ein jeder Fürst Macht und Freyheit / seinen Untertahnen abzufodern / was von deren Gütern (nichts überall ausgenommen) ihm möchte behäglich seyn.

Herkules und Ladisla entsetzeten sich zum höchsten über solches bißher angehörete vorbringen /wünscheten auch in ihrem Herzen / diese Geselschafft nimmermehr gesehen zuhaben / weil sie in der Furcht begriffen wahren / es würden die hinterstelligen Stimmen nicht viel anders lauten / welches anzuhören ihnen ein greuel wahr; daher sie bey Artaxerxes u Erlaubnis / einen Abtrit zunehmen / anhielten / biß die Hochfürstl. Geselschafft diese ihre Beredung möchte geendiget haben. Aber der Persische GroßFürst / der ihr Anliegen merkete / baht sie freundlich /sich gefallen zulassen / daß sie alle Sti en / und den endlichen Schluß anhören möchten. Und als sie / solches einzuwilligen / durch Höfligkeit sich verbunden sahẽ / erwarteten sie des Endes mit grossem verlangen; fasseten auch bald eine bessere hoffnung / da sie Artaxerxes höreten den Assyrischen Fürsten Pusizes also anreden: Durchleuchtiger Herr Oheim; eure Liebe wird sich unbeschweret befinden / ihre Meynung über dieser höchstwichtigen Frage anzudeuten /also und dergestalt / daß / gleich wie die vorigen beyden Stimmen alle ihre Häuptgründe angeführet haben / ihr ohn einiges ansehen euch offenherzig heraus lasset / und da ihr etwa mit ihnen nicht würdet einig seyn können / nicht allein eure Meynung behauptet / sondern auch die widrige bestreitet und widerleget. Ja mein Durchl. Herr Oheim / sagte Fürst Menapis; ob mir gleich nicht gebühren wil / hiezwischen einzureden / so achte ich doch vor nohtwendig / ihn mit wenigen zuversichern / daß wo ich geirret habe / wie ich dann wol kan geirret haben / und Eure Liebe mir meinen Fehler zeigen wird / ich seiner hochbekanten Weißheit von herzen davor zudanken / mich so willig als schuldig finden lassen werde; hätte mich auch nimmermehr lassen bereden / die erste Stimme zugeben / wann ich nicht eurer Liebe unterweisung mich hätte zugetrösten gehabt; und zweifele nicht / die Hochfürstl. Geselschaft werde mir diese zwischen-Rede in verbleibender Wolgewogenheit verzeihen. Durchleuchtigste Fürsten / und geträue Våter des Vaterlandes / antwortete Pusizes; Ob ich zwar anzuhalten befugt währe / daß andere / mit mehrer Weißheit begabete / ihre Stimme vor die meine möchten ergehen lassen / wil ich doch / umb meinen Gehorsam und Gutwilligkeit sehen zulassen / michs nicht wegern /mit diesem ausdrüklichẽ Vorbehalt / daß gleich wie mein Durchl. Oheim / Fürst Menapis sein Vorbringen zur freyen untersuchung dargestellet hat / ich gleichergestalt mich einer besseren Meynung ganz willig /und ohn einiges Mißgnügen unterwerffen wolle. Welchem nach ich mir anfangs sehr wol gefallen lasse /daß Fürst Menapis nach seiner Weltbekanten Weißheit und Erfahrung / uns die unterschiedlichen [777] Arten vorgestellet hat / deren eine oder andere wir uns ausser allem zweifel zu unsers Kriegsheers Unterhalt werden zugebrauchen haben. Von den beyden zuerst angeregten Mitteln wil ich nichts wiederholen / dann ich stimme damit allerdinge überein. Das übrige aber werde ich müssen auff die Wage der Vernunfft legen /und Euren Liebden ingesamt / etwas reifflicher zubeobachten vorstellen / insonderheit / weil ich handgreiflich sehe und fühle / daß mein Oheim solches aus keiner andern Andacht vorgetragen hat / als daß solcher Wahn / dem sein Herz nie beygepflichtet / von einem andern / als ihm selbst möchte zu grunde gerichtet werden / welches er selbst am besten und beständigsten hätte leisten können. Wie sollen wirs dann anschlagen / O ihr Väter des Vaterlandes / daß unsere Kriegsmacht in gutem Wesen und Wolstande erhalten werde? Oder daß ich dem Hauptziel nahe gnug trete; Woher nehmen wir Geld / Brod / Kleider / Waffen /vor unsere Kriegsleute / und Futter vor ihre Pferde? Aedelman / Bürger und Baur sollens durch ungewöhnliche Schatzungen hergeben / von denen wollen wirs durch Kriegszwang loßkeltern / und zwar unter dem Schein / es geschehe alles zu ihrem besten / und seyn sie schuldig und gehalten / es willig ausfolgen zulassen / nicht als ihr eigenes / sondern als unser gehöriges; so daß es ihnen nützlicher sey / solches zuverlieren / als zu behalten; ja daß sie durch solchen Verlust geschikter gemacht werden / wider den Feind zugehen / als sie sonst nicht tuhn würden / weil ihnen ihr Reichtuhm schädlicher als nüzlich sey. Also lautets in Warheit / nach kurzen Worten / was mit verblümter Rede angeführet ist. Aber mein geliebter Herr Oheim / Fürst Menapis; Ist diß eures Herzen ernstliche Beichte? Warumb habt ihr dann biß an diesen Tag mit euren Untertahnen so gar das Widerspiel getrieben? Warumb habe ihr so mannichen ungerechten Beamten lassen auffknüpffen: wann dieselben / daß sie die Untertahnen übersetzt hatten / überzeuget wurden? Und erinnert ihr euch nicht eures LeibSpruches?Principis gloria in subditorum divitiis consistit. Eines Fürsten Preiß und Ruhm bestehet in seiner Untertahnen Reichtuhm oder Wolstande. Ist demnach unmöglich / daß ihr auff andere weise / als zum Versuch / eure Rede vorgebracht / nur daß ihr denen eure Zunge leihen möchtet / denen euer Herz Himmelweit entfernet ist; wiewol nicht aus argem Vorsatze / sondern die Schädligkeit solches unwesens uns desto klarer vorzumahlen / welches sonst kein ander so füglich würde haben verrichten können. Ja was habt ihr durch eure Zwi schen-Rede anders gewolt / als daß ihr mich ausgefodert / euer ertichtetes Vorbringen / welches euch selbst abscheulicher ist / als unser keinem / zuwiderlegen? Wolan / ich bin eurer Liebe viel ein mehres schuldig / darumb wegere ich mich nicht / euch zugehorsamen; nur bitte ich / die ũbrige anwesende Durchll. Fũrsten wollen an meinem Vorbringen / welches ich vor einen lauteren Uberfluß achte / kein Mißfallen tragen. So habe nun anfangs vernommen / es werde uns sehr nöhtig und nũzlich seyn / daß wir umb vermuhtlichen kũnftigen Unfalls willen / unsere Schatzkammer verschonen. Die Götter werden von unserm heiligen und gerechten Vornehmen solchen Unfall gnädig abwenden. Doch er möchte erfolgen /weil es nicht unmöglich ist; Muß dann unser erstes und vornehmstes seyn / daß wir unsern Eigen-nutzen /welcher mit dem gemeinen besten nichts zuschaffen hat / vor allem andern aus / festsetzen? Trauen / wer also gesinnet ist / wird vor des Kriegs anfang seine Gelder über Meer nach Rom in sicherheit bringen müssen. Ich wil mich hieselbst nicht lange auffhalten / sondern [778] gebe zur Antwort: Wessen Heil in der Flucht bestehet / der gehe beyzeiten durch. Heisset das aber / umb des Vaterlandes Freyheit bekümmert seyn? Ich meyne / unser Schluß sey dieser: Daß wir alles / was wir auch in Hosen und Wammes tragen /vor das Vaterland wagen und anwenden wollen; und nun ist die erste Sorge / wie man Mittel gnug haben uñ behalten möge / weit ausserhalb Vaterlandes im Elende das Leben sicher zuführen. Ich vor mein Häupt / habe mich / mit allem was ich bin und vermag / dem Vaterlande gewidmet uñ übergeben / verschwöre mich auch / kraft dieses / allen meinen Land Göttern / daß ich disseit des Tiger Flusses / als ein unversöhnlicher Feind des Parthischen Wüterichs /leben und sterben wil / ich möchte dann als ein Gefangener dahinein geworffen / oder hinüber geschleppet werden. Und wer sich wegert / mit mir dieses Gelübde zuleisten / den schätze ich allerdinge undüchtig / ja ich schätze ihn ganz schädlich dieser unser Geselschafft und löblichen Vornehmens; möchte auch wünschen / daß man jedem unter uns könte des Herzen inwendiges beleuchten / auff daß / wer seinen Schatz lieber / als Vaterlandes Wolfahrt hat / alsbald von uns ausgeschlossen / und mit seinem Schatze nach Rom /oder gar biß ans Ende der Welt verbannet würde. Die andere angeführte ursach scheinet ja noch der Erbar-und Nützligkeit ähnlich; man müsse den FürstenSchatz ersparen / daß man auf erlittene Niderlage sich daher mit Völkern auffs neue versehen könne. Ja wann die zur ersten Verfassung vorgeschlagene Mittel ehrlich und vorträglich währen / liesse ich mir solches mit gefallen; weil aber das Widerspiel zuerweisen ich mir leicht getraue / wil ich biß dahin diesen Vortrag ausgestellet haben. Das gutdünken ist ergangen / man solle alle KriegsKosten durch Schatzung von den Untertahnen erzwingen / weil zu ihrem besten der Krieg geführet werde / und man sie von dem Parthischen Wüterich befreyen wolle. O der Unbesonnenheit! Heisset dann das / befreyen / da man einen zehnmahl härter drücket und beraubet / als vorhin nie geschehen ist? Da man den Untertahnen eine Last aufbürdet /welche der Wüterich selbst biß daher von ihnen abgekehret hat? Ja wann unsere Untertahnen Klötzer und wahnwitzige Tihre währen / denen man mit einem Worte aus saur könte süsse / und aus süsse saur machen. Wollet ihr uns von des Parthers Zwange frey machen / werden sie sagen / so tuht es nicht durch hefftigere Unterdruckung; dañ wir wollen dem Parther lieber das gewöhnliche geben / und seines Schutzes geniessen / als allen unsern Armut euren Kriegsleuten darlegen / und nachgehends Mangels halben unser Haus und Hof verlauffen. Und lasset uns doch nur dieses bedenken / O ihr Väter des Vaterlandes / daß keiner unter uns eine Stad oder Dorff hat / in welchem sich nicht Parthisch-gewogene solten finden; würden dieselben nicht mit leichter mühe die übrigen / ob gleich die meisten / wider uns auffwiegeln können /wann sie ihnen mit gnug beweißlichen Gründen vorzustellen hätten / unsere vorgenommene Rettung führete nichts gewissers mit sich / als ihrer aller gänzliches Verderben und äusserste Armut; Was könte daraus anders erfolgen / als daß Artabanus ohn Schwertschlag / durch unsere eigene Leute uns würde fellen und zu grunde richten? Dann sind unsere Untertahnen schwürig / so ist es besser wir fallen in unsere eigene Schwerter / als dz wir uns von ihnen fahen / binden /und über das Gebirge nach Charas hinschleppen lassen / nachdem uns daselbst keine bessere Wartung zubereitet ist / als des Büttels grausamste Folter. Und diese Aufruhr unserer Leute muß nohtwendig folgen /wann wir ihnen einige beschwerung [779] wider ihren Willen aufflegen. Ich höre aber diesen behelff anzihen /daß aus vielen Beuteln besser / als aus wenigen / der Krieg zuerhalten sey; Und wer ist so Gehirn-loß / der solches nicht wüste? Es muß dieses aber dannoch mit Verstande gesagt werden; nehmlich / wann die vielen Beutel willig darzu sind; wo nicht; so sage ich / daß aus wenig willigen Beuteln der Krieg besser zuführen sey / als aus vielen unwilligen. Uber das müssen wir den Untertahnen nicht ihren Beutel samt dem Gelde wegnehmen / wann wir wollen / daß sie uns sollen helffen den Krieg fortsetzen; sonst werden sie uns endlich den leeren Beutel lassen / und den Parther ihre Fäuste aus Verzweiffelung leihen / daß sie ihr Geld samt dem unsern wieder bekommen / da ausser Zweifel das Wasser uns über die Körbe gehen würde. Die übrigen angeführten ursachen achte ich der Beantwortung allerdinge unwirdig / dañ sie führen nichts / als wüterische Gründe zum Beweißtuhm an; massen wer solcher gestalt mit seinen Untertahnen wolte verfahren / sie deswegen mit Schatzungen zubeschweren uñ zuübernehmen / daß sie sollen in Armut gerahten / und durch Mangel zum völligen Gehorsam gegen ihre Obrigkeit gebracht werden / den setze ich ja billich unter allen Wüterichen oben an / und würden wir auff solche weise unsern Untertahnen anlaß und ursach geben / daß sie aus höchstgedrungener Noht den Parther wider uns zu ihrem Schutze anruffen müsten / ob sie ihm gleich sonst von herzen feind sind. Aber O nein /ihr lieben Väter / dieses stimmet ja durchaus nicht mit unserm löblichen Vornehmen zu. Wollen wir unsere Landschafften und Fürstentühmer in Freyheit und sicheren Stand setzen / so müssen dessen die Untertahnen insonderheit empfinden; nicht daß sie daher Ach und Weh über uns schreihen / sondern uns wegen ihrer Wolfahrt danken können. Dann rauben wir ihnen die Nahrung und saur erworbenen Gelder / und setzen sie in Armut / so werden wir sehen / dz sie zwar als verzweifelte Leute wider ihre Feinde fechten werden / aber diese werden sie als ihre Feinde anfallen / von denen sie in schmähliche Armuht gesetzet sind / welche ungleich unleidlicher ist als der Todt selbst. Der Griechen und Römer Beyspiel / wil mit diesem ganz nicht zustimmen; dann jene wahren ihrer Gelder ja nicht von ihrer Obrigkeit beraubet / sondern ihre Götter hatten ihnen biß daher keine bescheren wollen. Und was meynet ihr? Wann ein reicher Mann uns vor sein Häupt / zween / drey / oder wol mehr guter Kriegs Knechte schaffet / damit er des Zuges befreyet sey / solten wir das nicht vor einen Vortel achten? Eines möchte ich ungerne berühren / was Fürst Gobares Liebe hinzugesetzet hat; und gleichwol kan ich nicht umhin / mich darüber mit wenigen heraus zulassen / insonderheit / weil mir solches / den / von dem Parthischen Wüteriche uns getahnen Vorwurff etlicher massen hat erkläret / welchen ich biß daher sonst nicht begreiffen können / da er uns dieser Ungerechtigkeit zeihet / als solten wir mit unsern untergebenen freyen Untertahnen nicht anders / als mit verkaufften Leibeigenen umgehen / und deren Schätze nach belieben zu uns reissen. Die Götter wissen / daß ich solches vor ein lügenhaftes Geticht gehalten habe / dann meines orts weiß ich mich dessen unschuldig; soltẽ aber ein und ander ihnen solche unbilliche wüterische Grausamkeiten haben gefallen lassen / die mögens dann endlich verantworten / aber sich zugleich lassen warnen / daß sie beyzeiten davon abstehen /ehe sie die Reue zu späte trifft. Welche wolgemeynte Erinnerung mir als einem alten / ohn Ruhm zumelden / in etwas erfahrnen Fürsten / niemand verargen wird. So halte und schliesse ich nun diesem allen nach / [780] es sey kein gewisser und ablanglicher Mittel zu unserm unfehlbaren Verderben zuersiñen / als wann wir durch übermässige Schatzungen / der Untertahnen Gemühter von uns abwenden / und ihnen dadurch gnugsame Ursach zum Auffruhr wider uns geben / weil wir eben dadurch dem Parthischen Wüterich das Schwert darbieten werden / unsere Häupter uns als Meinåidigen herunter zuschmeissen. Was wird aber dann endlich vor ein Mittel übrig seyn / den Krieg an unser Seiten zuunterhalten? Mittel gnug / O ihr Väter / Mittel gnug und überflüssig / wann wir sie nur wollen zu unserm besten lieber anwenden / als zu unserm verderben behalten. Nehmlich / ein jeder unter uns / greiffe seine Schazkammer an / und nehme den Uberfluß heraus; damit wird man ein grosses verrichten können. Die grossen und vielen silbernen und güldenen Freß- uñ Saufgeschir / die wir von unsern Vorfahren geerbet /wollen wir vermüntzen / und die unnützen Werkzeuge der üppigen betreibungen / zu des Vaterlandes Rettung anwenden; Und o wie wird mir alsdann meine Speise und Trank aus den jrdenen Gefässen so wol schmecken! Fragen dann unsere Untertahnen nach /warumb solches geschehe; wollen wir ihnen zur Antwort geben; Ihre und unser aller Wolfahrt erfoderte solches. Daß wird sie zur verwunderung bringen; sie werden untereinander sprechen: Lasset uns unserer geträuen Obrigkeit unter die Arme greiffen / damit sie ihren Schaz nicht entleeren / auff daß / die wir der Wolfahrt mit zugeniessen haben / auch die Kosten tragen helffen. Versichert euch / ihr Väter / daß sie von sich selbst mehr tuhn werden / als unser keiner gedacht hätte / und zwar werden sie es mit freuden tuhn. Ja die Haabselige werden es den unbegüterten kaum gönnen / daß sie mit zuschiessen; und wañ ein oder ander unädler ein ansehnliches hergeben wird /wollen wir ihn als einen Freund des Vaterlandes in den AdelStand erheben; wodurch viel andere ihresgleichen werden auffgemuntert werden / dem gemeinen Wesen reiche beysteuer zu leisten. Inzwischen lasset uns einen willigẽ Anfang machen. Ich vor mein Haupt habe ohn die bißher angewendete Anreits- und Unterhalts Kosten / 180 Tonnen Schaz baar abzählen lassen / und wañ dieselben werden vergriffen seyn /wil ich noch eine gleiche Anzahl herschiessen. Solte dañ meine Kammer ganz außgegriffen werden / wil ich leihen und borgen / und viel lieber meiner Hoffstat abbrechen / als das gemeine Wesen Noht leidẽ lassen; wie wol mirs nicht fehlen sol / von meinen Städten und Ständen / ja auch von einzelnen Kauffleuten etliche hundert Tonnen Goldes ohn einigen Zwang und Anfoderung zuerhalten. Lasset uns dieses / ihr Durchll. Fürsten ohngefehr überschlagen / so werden wir befinden / dz unser vermögen groß gnug sey / etliche hundert tausend Mann zu Roß uñ Fuß / etliche Jahr an einander im Felde zu unterhalten / ob gleich unsere Untertahnen und des Feindes Landschaften keinen Heller zuschiessen würden. Habe diesem nach meine ernstliche Meinung vorgetragen / doch also /wann eine bessere und ehrlichere kan vorgeschlagen werden / ich von dieser abstehen / und dem gemeinen Schlusse mich gerne bequemen wil. Herkules und Ladisla bekahmen nunmehr einen bessern Muht / dañ sie erkeñeren / daß Fürst Menapis nicht von Herzen /sondern ertichteter Weise geredet hatte; nur warteten sie mit Schmerzen / zuvernehmen / weß Gobares sich erklären würde; dañ sie sahen / wie derselbe über Pusizes vorbringen / zu unterschiedlichen mahlen sich unter dem Gesicht verenderte / wodurch er sein Mißgnügen gnug zuverstehen gab. Artaxerxes aber stellete sich annoch / [781] als zweifelte er / welcher Meinung beyzufallen währe / und begehrete / daß die andern Fürsten sich heraus lassen möchten. Da dañ GroßFürst Phraortes mit kurzen / aber nachdrüklichen Worten anzeigete / es haftete ausser allem zweiffel ihrer aller Untergang daran / wo sie durch ungewöhnliche Schatzungen ihnen die Untertahnen würden zu wieder machen / welche so ängstig auff Linderung hoffeten; daher nichts rahtsamers währe / als den Krieg aus ihren Fürstlichen Auffkünsten zu unterhalten / biß man aus Feindes Land etwas würde zu heben haben. Welcher Meinung dañ die übrigen ingesamt beypflichteten / deren etliche ihnen sonst wol andere Einbildung möchten gemacht haben. Worauff Artaxerxes ehe er zum Schlusse schritte / den Hirkaner Fürsten fragete / ob ihm gefallen könte / diesen meisten Stimmen beyfal zu geben. Welcher sich erklärete / daß ob er zwar der Wiederwertigen Meinung das Wort geredet hätte / währe es doch nur zu dem Ende geschehen / daß er der HochFürstl. Verbündnis derselben Gefahr und Ungültigkeit zubetrachten vorstellen wollen; hätte ohn Ruhm zu melden / seiner Untertahnen bestes ihm biß daher ungleich mehr / als sein eigenes angelegen seyn lassen / und währe des willens / biß in seine Grube also zuverfahren. So bald Menapis diese Rede anfing / stellete sich Gobares /als würde ihm etwas übel / machte seine Nase schwitzen / uñ nam einen Abtrit / noch ehe dieser Fürst seine Antwort geendiget hatte. Alle Anwesende merketen / daß ihn die Scham hinaus trieb / stelleten sich aber unwissend / und macheten den festen Schluß / dz man das erste ganze Jahr alle Kriegskosten / ohn einige beschwerung der Untertahnen solte herbey schaffen / und bey den Völkern ernstlichen Befehl erteilen daß alles was sie verzehreten / bey Heller und pfennig solten bezahlen / auch von keinem Inwohner ihrer Länder daß allergeringste fodern oder entwenden. Zwar Artaxerxes hätte wegen Gobares Unart gerne eines und anders erwähnet / aber vor dißmahl wolte ers hin gehen lassen / insonderheit / weil er nach verlauff einer halben Stunde sich wieder einstellete / vorgebend / er währe etliche Zeit her nicht zum besten auffgewesen. Welche Entschuldigung ihm wol gegönnet ward / uñ taht Artaxerxes der Fürstlichen Verbündnis endlich diesen Vorschlag daß alle / welche in ihren Ländern umb Raubens / Stehlens und Mordens / oder sonst anderer Untahten willen gefangen lägen / mit dem Leben solten begnadet / und unter dieser Bedingung auff freien Fuß gestellet werden / daß sie durch tapfere Tahten es in den Schlachten solten gut machen / was sie verbrochen hätten. Andere aber / die von heut an / umb Missetaht willen fest gesetzet würden /solten ihrer Straffe gewärtig seyn. Welches die anderen ihnen liessen wolgefallẽ. Die Geselschaft hielt hierauff noch unterschiedliche Unterredung / und erzählete Phraortes alles / was sich zwischen Artabanus und dem Fräulein bißdaher zugetragen hatte / welches die Unwissenden mit verwunderung anhöreten; biß drey Stunde vor Abends Herkules durch seinen Gallus abgefodert ward / mit vermeldung / es hätte sich Plautus wieder eingestellet / und wie er vorgäbe / seine Werbung wol verrichtet. Herkules machte sich bald hin auff ein absonderliches Gemach / und zeigete dieser anfangs an / wie es ihm mit Artabanus ergangen /auch daß dessen Leute in der nähesten GrenzeStad mit ansehnlichen Königl. Gnaden-Verehrungen verblieben währen / biß solche von ihm und Ladisla würden abgefodert werden. Er hatte aber von dem Fräulein ein Neben-Schreiben / welches sie Timokles im hohlen Pfeil zugeschossen hatte / dasselbe erbrach Herkules zu erst und fand folgenden Inhalt:

[782] Allerteurester Lebens-Schaz / ich hoffe zu unserem allein wahren Gott / Er werde euer aller geträuer Schaz auff dem Wege und in der Fremde seyn / habe noch zur Zeit nichts neues zu schreiben / nur mein Gemahl herzlich zu erinnern / daß die Gelegenheit meiner Erlösung nicht möge auff die lange Bank geschoben werden / damit ich aller Furcht und Schwermuht / welche mich über Gewohnheit hart anfichtet / bald entrissen werde. Meinem herzgeliebeten Herr Bruder Ladisla / und meinem Herr Vater / GroßFürst Phraortes / auch Herrn Pharnabazus /und da andere bekanten mehr zugegen seyn möchten /freundlichen Gruß. Lebet wol mein Seelichen und erfreuet durch eure erst mögliche Wiederkunft die / so deßwegen glükselig in dieser Welt ist / weil sie die eure ist.


Valiska.


Nach verlesung dieses / nam er das Königliche zur Hand / öffnete dasselbe / und lase daraus diese Worte:

Artabanus König der Parther / beherscher der grossen Morgenländer / entbeut den ädlen Fürsten / Könige Ladisla aus Böhmen / und GroßFürsten Herkules aus Teutschland Gnade und Gunst. Euer Schreiben / geliebten Freunde / ist uns zu recht geliefert / haben daraus gnädigst vernommen / was gestalt eure geliebte Fräulein Schwester und Wase / Frl. Herkuliska / durch Räuber Hände entführet / von euch fleissig gesucht worden / biß ihr in erfahrung gebracht / daß sie uns zugeführet sey; deren gute Unterhaltung und gegen angebohtene Lösegelder Ausfolgung ihr an uns gesinnet. Nun bekennen wir daß dieses werte Fräulein durch sonderliche schickung der Götter uns zukommen / die wir nicht allein Königlich halten / sondern auch zu unser schier künftiges Gemahl erwählet / und mit so fester Liebe ihr verknüpfet seyn / daß wir ungleich lieber unsern gewaltigen ReichsStuel / ja Leib und Leben / als diesen Schmuk der Welt zuverlieren / entschlossen. Werden demnach unsere beliebete Freunde und künftige Schwäger hinfort ihret wegen unbemühet seyn / und auffs schleunigste sich zu uns herbegeben / dem Königlichen Beylager beyzuwohnen / und unser Königlichen Gnade / uñ Schwägerlichen / ja Väterlichen Hulde / wirklich zugeniessen / welche gleich anfangs darzubieten / ihnen als unsern lieben Herren Söhnen ein versiegeltes Königliches Gnaden-Geschenk übergesendet wird / nebest eingeschlossenem /von ihrer Frl Schwester selbst geschriebenen Brieffe.


Artabanus.


Dieser jeztgedachte Brieff der Fräulein lautete nun also:Herkuliska / gebohrnes Königliches Fräulein aus Böhmen / entbeut ihrem Herrn Bruder König Ladisla /und Oheim Groß-Fürsten Herkules Schwester- und freundlichen Gruß / und zeiget denen aus höchsterfreulichem Gemüht an / was gestalt nicht allein die Götter durch manniche Gefahr mich an diesen Ort geführet /sondern auch aus sonderlicher schickung den Allergroßmächtigsten König der Welt / und Beherscher vieler Königreiche und Fůrstentůmer mir so gnädigst-gewogen gemacht / daß dessen Groß Königl. Hochheit sich ehelich mit mir versprochen / und in diesem siebenzehnden Jahre meines Alters das Beylager halten wird. Erfreuet euch /mein Herr Bruder und Oheim / daß durch mich ihr dem grössesten Herrn der Welt so nahe verschwägert werden sollet / und stellet euch alhier zu Charas erster mögligkeit ein / unter der Versicherung / daß von diesem grossen Könige euch so hohe Woltahten begegnen werden / daß ihr neben mich unsers rauhen / unfreundlichen uñ armen Vaterlandes leicht und willig vergessen / und alhier zu wohnen euch nicht beschweren werdet. Dessen versehe ich mich zu euch gänzlich / uñ verbleibe / weil ich lebe eure stets gewogene Schwester und Wase Herkuliska die glükselige.

Er ging nach verlesung wieder nach der Furstlichen Geselschaft / und vernam sehr ungerne / daß in seinem Abwesen ein unfreundliches Gespräch zwischen Ladisla und Gobares vorgangen wahr; deñ Anfang dessen / machte der Susianer in dem er sich nicht schämete von Ladisla zu fragen / wie viel hundert tausend wolbewehrter und versuchter Mann sie wol vermeineten nach Charas zu führen / mit welcher Macht sie den König Artabanus würden zwingen können ihnen das Fräulein / durch Furcht getrieben / aus folgen zulassen; dann / setzete er hin zu / ihr jungen Herren müsset wissen und bedenken / daß ihrs mit dem [783] allergrössesten Herrn der Welt werdet zu tuhn haben. Ladisla ging solche trotzige bespottung sehr zu herzen / und gab ihm zur Antwort: Mein Herr wolle sich nur unsers Vorhabens wegen nicht bekümmern; mein Bruder und ich sind in den Gedanken gestanden / daß wir mit lauter vertraueten Freunden redeten / sonst würden wir unsere Zunge wol gezähmet haben. Wie viel tausend Mann wir nach Charas zu führen gesinnet sind / wil ich auff eine andere Gelegenheit beantworten / meine sonst nicht / daß dem Herrn ichtwas von uns zu nahe geredet sey / massen ich ihn vor einen redlichen Bundsverwanten gehalten /der alles gut heissen würde / was man wieder den aller grössesten Wüterich der Welt vorzunehmen bedacht ist. Als nun Gobares durch verwandelung des Angesichts zuverstehen gab / daß er sich auff eine scharffe Antwort geschicket hatte / kam ihm Artaxerxes zuvor / und ermahnete ihn ernstlich / dergleichen Ungelegenheiten stecken zu lassen; diese beyde Helden würden zweifels ohn vor sich schon wissen / ihr Vorhabẽ nach gestalten Sachen anzugreiffen; es gäben solche anzapfungen keine Ursach zuvertraulicher Freundschaft; solte aber seiner Liebe gelüsten /Uneinigkeit dieser HochFürstlichen Versamlung zustifften / würde er nicht umbhin können ihm einzureden. Es währe viel zu früh / solches Unwesen anzufahen; Mißhelligkeiten / ob sie gleich geringe / zerrütteten leichtlich / was in fester Träue unbrüchig bestünde; hoffete demnach / König Ladisla würde / was geredet währe / vor ungeredet halten / aber auch Fürst Gobares bedenken / daß er die gegebene Antwort selbst heraus gelocket hätte. Weil nun Ladisla sich hierzu willig finden ließ / muste Gobares die Pfeiffe auch einzihen / insonderheit / weil er sahe und hörete / daß die ganze Geselschaft über seiner Unhöfligkeit entrüstet wahr. So bald Herkules sich bey ihnen wieder einstellete / baht er Artaxerxes / Phraortes / Ladisla und Pharnabazus / einen geringen Abtrit mit ihm zu nehmen / denen er des Königlichen Schreibens Inhalt zuverstehen gab / ließ sie hernach dasselbe lesen /und sagte darauff: Ob er zwar sehr wol gewust hätte /daß von Artabanus keine andere Erklärung zu hoffen währe / hätte er doch solchen gelinden Weg zuvor gehen wollen / worauff nunmehr der Ernst ohn verweilen müste vorgenommen werden / und solches ohn verseumung der bevorstehenden Gelegenheit; dafern er nun eines versuchten Kriegsheers etwa 16000 Pferde stark könte bemächtiget seyn / wolte er sich damit an die Grenzen legen / inwendig fünff Tagen auffbrechen / und Morgen früh zeitig an den König einen ernstlicheren anfoderungs Brieff abgehen lassen / welcher auff den Fall der verwegerung (deren er gewiß währe) zugleich eine Absagung in sich begreiffen solte; hoffete / es würde Herr Pharnabazus ihm bey diesem ersten Zuge Geselschafft leisten / und die Feld-Herschaft über sich nehmen. Angenehmere Zeitung hätte Artaxerxes nicht vorkommen mögen; er bedankete sich vor erst des Erbietens / und verhieß ihm inwendig vier Tagen 40000 wol bewehrte versuchte Reuter zu liefern / welche er aber vor dißmahl nicht begehrete / einwendend / man müste den wolgerůsteten Feind anfangs mit einer geringen Mannschafft angreiffen / und eine verwägene Sicherheit ihm beybringen. Als nun Artaxerxes ihm solches gefallen ließ /auch unsern beyden Helden die ungemässene Freyheit als Feld-Herren damit zuschalten zustellete / bedankete sich Pharnabazus / daß sie ihn ihrer Geselschaft wirdigen wolten. Also setzeten sie nun folgende Schreiben auff:

Ladisla König in Böhmen / und Herkules GroßFürst der unüberwindlichen Teutschen / entbieten [784] Artabanus der Parther Könige ihren Grus / und haben aus ihrer Liebe Antwort Schreiben verstanden / was massen dieselbe ohn vorhergehendes gebührliches Ansuchen / bey der Großmächtigsten Königin in Böhmen Frau Hedewig etc. mit unser Schwester und Wasen Frl. Herkulisten / sich ehelich versprochen / auch die Zeit des Beylagers schon bestimmet. Nun hätten wir zwar gehoffet / unsere Schwester und Wase sich der Kindlichen Schuldigkeit erinnernd / würde in so wichtigen Sachen nicht so plötzlich verfahren / noch ihr der Göttin Vesten getahnes Gelübde hinter die Tühr gestellet haben; jedoch weil ihre Eltern /Vaterland uñ Bluts Freunde ihr so sehr stinken wollen wir mit Gottes Hülffe und ehrliebender Fürsten Beystand solches an ihr ernstlich zu rächen wissen; es sey dann /daß eure Liebe sie uns inwendig drey Wochen abfolgen lasse / und sie den begangenen groben Fehler abbitte; alsdann versprechen wir bey Königl und GroßFürstlichen ehren / so bald höchstgedachte Königin in Böhmen ihre Bewilligung einschicken wird / euer Liebe diese unsere Schwester und Wase als eine Königliche freie Braut gebührlicher Weise zuzuführen / damit sie nicht schier heut oder Morgen vor eine Leibeigene außgeschrien werden möge. Solte aber dieses unser billiges Ansuchen nicht stat finden können / welches wir doch nicht hoffen wollen /wird kein Mensch uns das Recht der billichen Rache verdenken / bißdahin wir Königl. Gnaden-Geschenke anzunehmen / uns nicht bereden können / vor welche dannoch gebührlich gedanket wird. Erwarten von eurer Liebe offenherzige klare Antwort.


Ladisla und Herkules.


Der Brieff an das Fräulein wahr dieses Inhalts:Ladisla und Herkules entbieten dir Herkuliska wirdigen Gruß. Deiner stolzen Jugend unbesonnenes Vornehmen /wodurch du deine Königliche Eltern und verwanten / ja dein Vaterland und selbst eigene Ehre schändest uñ mit Füssen trittest / hat dein frevelmuhtiges Schreiben gar zu klar und helle an den Tag gelegt; was gedenkestu dumkühne / die du unter deiner Fr. Mutter und Blutsverwanten Vormundschaft bist / und darfst ohn ihr Vorwissen dich ehelich versprechen / da du kaum die KinderSchuch abgelegt hast / und nicht verstehest / was heyrahten sey oder heisse? Aber dieses aus der Acht gesetzet; meinestu Gottes vergessene / die Gewalt und Straffe der grossen Göttin Vesta könne dich nicht so wol in Parthen als in Böhmen finden / deren du biß zur gänzlichen Erfüllung deines siebenzehnden Jahres dich mit höchster verfluchung / aus freien stücken / wegen ehemahl geschehener Rettung / verlobet hast? gedenke nur nicht / daß du dessen einige verzeihung erhalten werdest / es sey dann das unser rechtmässiges Ansuchen von deinem Könige eingewilliget werde; dann dafern du auff diesem unteutschen Sinne verharren wirst / wollen wir dich und alle deine Helffers Helffer mit Feur und Schwert verfolgen /auch diese Länder nicht verlassen / biß du zu gebührlicher Straffe gezogen / und deiner Göttin auff einem brennenden Holzhauffen auffgeopffert seist; welches zu verhüten dein König nebest dir / ihm wird lassen angelegen seyn. Den Nahmen einer Schwester vor beschehene Abbitte dir zuzuschreiben / achten unnöhtig / König Ladisla / und GroßFürst Herkules.

Niemand trug grössere Beliebung an diesen Brieffen / als GroßFürst Artaxerxes; dann ob er gleich an ihrer auffrichtigen Träue nicht zweiffelte / sahe er doch / wie hiedurch Artabanus zu äusserstem Zorn wieder sie würde gereizet werden / welches seinem Vorhaben überaus vorträglich wahr; belegete sie demnach mit treflichen Verheissungen / und daß in erlösung der Fräulein er alle seine Macht in ihre Hände stellen wolte. Die Schreiben wurden durch zwölff ädle Assyrer / (denen Gallus zugegeben ward / sie aber sich vor Syrer und Römische Untertahnen außgeben solten) nach Charas geschikt / und ihnen befohlen / in der Parthischen Grenze Stad die Königlichen Geschenke abzufodern / mit sich überzunehmen / und nach einreichung der Brieffe sie zu des KönigesFüssen zulegen / auch dabey anzudeuten / wie sie befehlichet währen / solche nit wieder anzunehmen / biß von dem Könige ihnen gewierige Antwort gegeben würde. Der grosse Kriegsraht ward des nähst [785] folgenden Tages gehalten / wobey ausser den obgedachten Morgenländischen Fürsten niemand als Pharnabazus /Mazeus und Arbianes zugelassen ward. Zwar Artaxerxes nöhtigte unsere beyde Helden sehr / demselben mit beyzuwohnen / sie wolten aber durchaus nit / sondern wendeten ein / sie währen fremde / und gehöreten in ihre Verbündnis nicht als Glieder / sondern nur als Dienstwillige / ja die Warheit zu sagẽ / als hülffbedürftige. Uberdaß hätten sie sich bißdaher noch mit keinem äide verpflichtig gemacht; zugeschweigen daß sie nicht willens / sich in einiges Menschen Dienste einzulassen / ohn in Artaxerxes uñ Phraortes; der übrigen Freunde wolten sie zwar seyn /aber nicht weiter schuldig / als was ihrer Freyheit unabbrüchig währe. Artaxerxes vernam daraus ihren Willen / und wahr damit friedlich / ging hin zu den versamleten Fürsten / und fand dieselben sich etwas mit einander zanken / welche aber wegen seiner zukunft alsbald stille wurden. Die Ursach solches hefftigen Gesprächs wahr Gobares abermahl / welcher schon gestern bey abwesenheit der beyden GroßFürsten und unserer Helden / sich gegen die übrigen beschweret hatte / daß er eine so spitzige und ehren verkleinerliche Antwort von dem jungen fremden Kerls annehmen und verdäuen müssen / und ihr Häupt solches alles gebillichet hätte. Aber der Hirkanische Fürst / ein beherzter und gerechter Herr / hielt ihm daßmahl ungescheuhet das Wiederspiel / und führete ihm zu gemühte / wie man zum Holz hinein rieffe / so schallete es wieder heraus; er würde sich erinnern daß er die fremden auch bloßhin vor junge Herren gescholten / und wegen ihrer Einsamkeit sie verkleinerlich auffgezogen hätte / welche doch Könige und GroßFürsten währen / und von ihrem Häupte hoch geehret würden; hätte sich demnach wol vorzusehen was er tähte / damit er sich selbst nicht in Unglük stürzete / welches ihnen allen leid seyn würde. Weil dañ dazumahl die übrigen alle dieser Vermahnung beyfielen gab er sich zufrieden / wie er dann ohndz ein überaus verzagter Mensch wahr. Vordißmahl aber nam er abermahl Ursach seinen Unwillen sehen zu lassen /dann als der Assyrer nach Artaxerxes fragete / und der Arische Fürst zur Antwort gab / daß er sich bey den fremden jungen Fürsten auffhielte / mit denen er ausser allem zweifel sehr hochwichtige / uñ der HochFürstl. Verbündnis zuträgliche Sachen beredete; antwortete Gobares; er wolte ja nimmermehr hoffen / daß Artaxerxes mit solchen fremden unbärtigen jungen Leuten zuvor einen absonderlichen Raht halten / oder sie etwa in den grossen hochheimen Kriegs-Raht mit sich herführen wolte / auff welchen Fall ihm niemand verdenken würde / wañ er auffstünde / uñ sich ihrer Beredung vor dißmahl äusserte. Da ihm der Hirkaner abermahl gewaltig einredete / daß er sich wol zubedenken hätte / was er tähte; kunte aber / weil Artaxerxes unversehens darzu kam / seine rede nicht außführen; dann so bald derselbe seine Stelle bekleidet hatte / trug er der Versamlung seine Meinung folgender gestalt vor: Durchlechtigste Fürsten / Hochansehnliche geträue Väter des Vaterlandes / und mächtige Schüzer unserer güldenen Freyheit: Euer keinem ist die Ursach dieser unser zusammenkunfft unbewust / nehmlich /die äusserste Noht und der Augenscheinlich bevorstehende Untergang unserer Fürstlichen Hocheit / ja unserer Ehre / Leibes / und Lebens. Der algemeine Mord unser aller / ist schon in dem Herzen des Parthischen Wüterichs empfangen / und lieget er gleich jetzo in der Geburt / solche teuflische Frucht an die Welt zubringen. Dañ betrachtet / bitte ich / das neulichste Befehl-Schreiben / wann die vielfältige vorige Schmach euch [786] nicht genug ist / so werdet ihr befinden / daß uns der Sterbe Kittel schon genähet sey / wo es uns nur noch so gut werden möchte / und wir nicht seinen Hunden oder wilden Tihren zum Schauspiel als Leibeigene vielmehr sollen vorgeworffen werdẽ. Das Leben ist uns ja schon abgesprochen / und die Urtel zuerkant. Auf was weise aber? Nicht anders als Aufrührern / und die an höchster Obrigkeit sich vergriffen; deßwegen nicht allein wir vor unser Häupt / sondern zugleich unsere Weiber / Kinder und alle Anverwanten dem allerschmählichsten Verderben schon zugesprochen sind / dafern wir dem Unfall nicht vorbauen / und mit ritterlichem Gemüht dem algemeinen Feinde die Spitze bieten. Solte aber jemand einwenden / es würde uns schwer fallen / wider diesen Stachel zulecken / der zeige mir / bitte ich / einige ursach an; ich setze meine Seele und Ehre zu Pfande / daß mit der versprochenen Hülffe ich ihn inwendig drey Jahren auffs höchste dermassen einzutreiben / Mittel weiß / daß er uns sein Häupt und Königreich zur Beute überlassen sol; und dahin wil ich mich durch eure Hülffe bemühen; dann der an uns begangene Frevel kan nicht anders als mit seinem Blute gebüsset werden. Dieses aber auszuführen / haben wir Mittel gnug und überflüssig; dañ vorerst kan es uns an Geldern nicht mangeln / welche die Sehn Adern des Krieges sind; so ist mein einiges Land Volkreich genug /Kriegesleute herzugeben / ohngeachtet schon über 50000 statliche Soldaten aus euren Fürstentuhmern mir zukommen sind / und ich von GroßFürsten Phraortes allein / 80000 mehrenteils Reuter / ehist empfangen werde / dessen unvermuhtliche Gegenwart eurer keinen befremden sol / dann er muste bißher ungenennet seyn / ob er gleich neben mir der erste dieses hochlöblichen Vornehmens ursach ist. Ungeachtet wir nun vor uns selbst mächtig gnug sind / unsern Feind zuüberwältigen / so haben wir uns dannoch zuerfreuen / daß wir uns vor den Römern nicht allein gar nicht zubefürchten haben / wie ich dessen von dem Römischen Käyser selbst / schrifftlich versichert bin / sondern da wirs nur begehren / stehet uns deren Hülffe und Beystand offen / indem die beyde neulich angekommene fremde Fürsten sich freywillig erbohten /uns inwendig zehn Wochen 50000 zu Roß aus der Römer Gebiet / von ihren eigenen Anreits-geldern zuzuführen / welches ich bißher noch abgeschlagen /und unserer Völker überfluß vorgewendet. Und weil ich auf diese fremde Fürsten zureden komme / werde ich gezwungen / meinen geträuen Bundsverwanten ihretwegen etwas bessere Nachricht zugeben / damit niemand sie aus ihren wenigen Jahren / oder geringer Anzahl der Diener urteilen möge. Versichert euch /Hochmögende Bundsverwanten / daß in diesen Morgenländern ich keinen Ritter weiß / der ihnen an Man-und Erfahrenheit in Waffen uberlegen / dürffte schier sagen / gleich seyn solte; fraget meinen Oheim Pharnabazus / der weiß hievon zuerzählen; und ich kenne ihrer mehr / die sich höher über ihre Vollkommenheit verwundern / als einige Hoffnung haben / es ihnen nachzuthun. Uber das sind sie freye Fursten / der eine ein König / der ander ein GroßFürst / die keine Oberherren als Gott und das Schwert erkennen. Ich habe mich nicht ein geringes bemühet / sie auff unsere seite zubringen / und nachdem sie bey uns stehen / erfreuet michs höchlich; dann solten sie in Artabanus Dienste sich eingelassen haben / welches unter der Hoffnung /ihr verlohrnes Fräulein zuerhalten leicht geschehen mögẽ / hätten wir uns mehr vor ihnen / als vor des Wüterichs ganzer Macht zufürchten. Deßwegen / so jemand unter uns widrige Gedanken von ihnen geschöpffet hätte / der lasse solche / bitte ich / fahren /und bedenke [787] mehr des Vaterlandes Wolfahrt / als seinen eigenen Willen oder Unwillen. Zwar uns verbunden zu seyn / beschweren sie sich / aber durch äiden sich verpflichtet zu machen / uñ als freye Obristen vor uns zufechten sind sie willig; wollen sie demnach / da es allen beliebet / zu uns bitten / den äid abzustatten /und unserm Kriegsraht / als dessen hochverständige beyzuwohnen. Phraortes / nachdem er zu dem löblichen Vorhaben Glük gewünschet hatte / gab seine Stimme: Er hielte vor gut / daß diese treffliche Helden herzu geladen würden / dann ich kan / sagte er / Eure Liebden ingesamt wol versichern / daß sie so mächtige Herren sind / die des Vorhabens gewesen / da ihnen unmöglich gedaucht hätte / das Fräulein ohn Krieg zuerretten / mit einem Kriegs Heer von etlichen hundert tausenden Teutschen / Gothen / Böhmen und Römern / dem gantzen Parthischen Reiche einzufallen / da insonderheit die ihrem Wege zunähst gelegene es schon würden empfunden haben. Diese Hülffe stehet uns bevor / da wirs solten benöhtiget seyn / wie ich doch nicht hoffen wil; dann versichert euch / sie werden nicht scheiden / ehe und bevor das Fräulein aus Artabanus Händen gerissen ist / es geschehe durch List oder Gewalt. Als er hatte ausgeredet / gab Fürst Pusizes aus Assyrien eben diese Stimme. Hingegen saß Gobares als in tieffen Gedanken / merkete leicht /daß seinetwegen von unsern beyden Helden so viel geredet wahr / durffte doch den Persen und Meden nicht erzürnen / viel weniger war er willens / ihnen hierin beyzupflichten; suchte deswegen alle seine Beredsamkeit zusammen / die andern auff seine Meynung zubringen / und fing also an: Mir zweifelt nicht /O ihr Väter des Vaterlandes / unsere hochlöbliche Zusammenkunfft sey zum Schutze des allgemeinen Vaterlandes angesehen / vor dißmahl den bündigen Schluß zumachen / und dereins zuvernehmen / was uns allen wol und wehe tuhn muß / wobey niemand an seiner Sti e Freyheit wird gehemmet / noch seine Träue und Sorge vor das Vaterland und gemeine beste übel ausgedeutet werden. So bin ich nun mit dem GroßFürsten aus Persen Herrn Artaxerxes desses einig / daß unsere Kräffte und Vermögen übrig bestand sind / dem Parthischen Hunde die unbillicher weise angemassete Hocheit über unsere ädle Untertahnen zunehmen / wobey ich nicht allein die mir auffgelegte Anzahl an Volk und Geldern / sondern ein gedoppeltes zutuhn / mich hiemit versprechen wil. Aber die Götter verhüten diesen unverantwortlichen Schimpff / als solte diese Hochfürstliche Verbündniß zweer so junger Kerlen dergestalt benöhtiget seyn /daß durch deren Abgang das ganze Wesen gefahr leiden / oder vor deren Feindschafft sich zubefürchten haben müste / denen ich bald zween Ritter entgegen schicken wolte / die ihnen das Zahnweh benehmen würden / wann sie nur so gewiß an Feindes seiten dieneten. Aber wer versichert uns vorerst / daß sie mächtige Fürsten / und nicht vielmehr Landstreicher und Leutebescheisser sind? Doch gesezt solches; was sol uns ihre Hülffe? wollen wir ihnen etwa die obriste Feldherschafft über unsere Völker zustellen? Auff solche weise müsten zween fremde Jünglinge kommen /ohn Volk / ohn Geld / und so viel mächtige reiche Fürsten erlösen. Oder sind sie als verständige KriegsRähte zugebrauchen? wo sitzen ihnẽ dann die grauen Haare / die ihrer Klugheit Zeugen seyn? Es scheinet ja der eine einer jungen Metzen åhnlicher als einem Mannesbilde / und mangelt ihm vielleicht nichts als der WeiberRok. O ihr meine Herren / kein Susianer wird sich von ihnen befehlen lassen! Sie werden gedenken / man wolle ihnen Kinder zu Herren setzen / oder eine neue Weiber-Herrschafft [788] einführen. Doch lasset sie auch in diesem Stük hinstreichen /und gebet ihnen die Feld-Herschafft über; alsdann werden sie entweder unsere Völker auff die Fleischbank führen / dann was gehet sie fremdes Blut an? oder dafern sie den Sieg erstreiten / wollen sie das Parthische Reich zu Lohne haben; ja wol ein feiner Tausch / auß dem Tropffen in den SchlagRegen / aus der Sonnen Strahlen in das lohbrennende Feur. Aber ich höre / sie wollen unverbundene Freybeuter / wolte sagen / Freyreuter seyn; freylich unverbundene / weil sie vielleicht schon an anderer seiten sich verbunden; freilich FreyReuter / die nach belieben von uns zu dem Feinde / von dem Feinde zu uns reiten. Und wer weiß / was vor ein Geheimniß hinter dem gefangenen Fräulein stecket? Ists auch eine angelegte Karte / ihr meine Herren / und zu unser aller Verderben also durchstochen? Ich fürchte / ich fürchte / Teutschland wolle uns täuschen / dann wie ich vernehme / haben sie sich schon etliche Zeit zu Charas auffgehalten /und wir wollen ihnen nicht allein trauen / sondern sie überdas in unsern geheimen KriegsRaht oben an setzen. O ihr Götter / erleuchtet unsere Herzen / öffnet unsere Augen / und gebet nicht zu / daß ein so heilsames Werk so liederlich vergehe / und so manniches Fürsten-Blut des Henkers Schwert überliefert werde. Nun ihr meine Herren samt und sonders / ich kan vor Wehmuht nicht mehr reden / dann wo die himlische Gnade es nicht abwendet / sehe ich die Falle schon gestellet / und das Garn außgeworffen / damit man alle Fürsten dieser Versamlung berucken / und dem Bluthunde überliefern wil; welchem Unglük vorzubauen / rahte ich aufrichtig / und als ein Biderman /lasset fremde unbekante aus unserm Raht / und suchen sie etwa ein Geschenk / gebe man ihnen einen Reisepfennig / ich wil ein 50 Kronen mit zuschiessen / daß sie ihren Rit nicht vergebens und umbsonst getahn zuhaben / sich beschweren dürffen. Hiermit wil ich meine Meynung ohn Haß / Neid und Mißgunst geredet und beschlossen haben / und gebe der Hochfürstlichen Versamlung zubetrachten / was geringer Nutzen uns von diesen beyden jungen Leuten zuhoffen / und wie grosse Gefahr uns durch ihre vermuhtliche Verrähterey erwachsen könne. Artaxerxes und Phraortes wurden durch diese schmähliche Reden hefftig bewogen / wahren doch willens / die folgenden Stimmen zuhören; welche aber sich dessen wegerten /biß ihnen dieser jungen Fürsten Zustand etwas eigentlicher zuwissen gemacht würde; dann wo Fürst Gobares Argwohn gegrůndet währe / wüsten sie sich nicht herauszulassen; erwarteten demnach unterrichts / und hielten biß dahin ihre Stimmen zuruk. Artaxerxes fing darauff an: Wann Fürst Gobares sich nur der Vorsorge und Vorsichtigkeit / die allen geträuen Vorstehern des Vaterlandes gebühret / in seiner Rede gebrauchet hätte / wolte ichs an ihm rühmen; weil er aber alles zusammen geraspelt / was zu dieser fremden Fürsten Verkleinerung dienen kan / so gar / daß er weder GroßFürst Phraortes / noch meines ehrlichen Nahmens darunter geschonet / wüste ich dieses Kind wol zutäuffen / wann mir nicht die Bundes-Einigkeit lieber / als mein eigenes Ansehen währe; nur muß ich ihm dieses unangedeutet nicht lassen / daß er ja hernähst nimmermehr seine Zunge in so langem Zügel reite / wo er mir nit auff scharffe weise gedenket zu antworten; dann weil ich der Hoffnung gelebt / die ganze Hochfürstliche Versamlung werde mich vor redlich / und vor keinen Verrähter halten / wil ich alle Worte / so wider mich außgestossen sind / dem Winde befehlen / sie dahin zuverwehen / da keines redlichen Mannes Nahme hafftet. Hierauff nun zur Sache zu schreiten / so habe [789] ich zwar dieser beyder jungen Fürsten und teuren Helden in etwas Kundschafft / als der ich ihre Tapfferkeit versuchet; aber mein freundlicher lieber Oheim Herr Pharnabazus wird davon bessere Zeugniß ablegen / welchen ich bey seinen Ritterlichen Ehren und redlichem Nahmen ermahne / denen nichts zu liebe noch zu leide / sondern die reine nackete Warheit vorzubringen. Gobares wolte zwischen einreden / aber Artaxerxes erinnerte ihn / ihm stünde solches nicht zu / biß die Reihe ihn wieder träffe. Daher stund Pharnabazus auf von seiner Stelle / und fing also an: Durchleuchtigste Fürsten /Gnädige Herren; nachdem anjetzo ich gnädigen Befehl unter der allerhöchsten Ermahnung / empfangen /es der Durchleuchtigsten Fürsten und Helden / Herrn Herkules / und Herrn Ludisla Ehren-rettung auch erfodert / daß ich ausser der Ordnung reden sol und muß / wird verhoffentlich von niemand getadelt werden (es müste dann ein Feind der Warheit seyn) wann ich schuldigen Gehorsam leiste; Der Fürst von Susa /Herr Gobares / hält die jezt hochgedachte beyden Fürsten / Herrn Herkules und Herrn Ladisla / sehr schwerer Sachen verdächtig / indem er anfangs ihren Fürstlichen Stand / hernach ihren Verstand und Erfahrenheit / weiters ihre Manheit / und endlich ihre Auffrichtigkeit und Träue in Zweifel zihet. Nun wil mit hochgedachtem Fürsten von Susa mich deßwegen eben nicht in Streitigkeit einlassen / wie wenig ichs auch zuverantworten weiß / daß in meiner Anwesenheit ihren ehrlichen Nahmen ich solte kränken lassen; dann weil ich hoffe / Fürst Gobares habe keinen Willen sie zubeleidigen / sondern seine Furcht / die aus Unwissenheit herrühret / anzuzeigen / werde ich bloß nur einführen / wie ungũtlich diesen beyden Herren durch so schwere Auflagen geschihet / welche wider zehn Ritter zugleich mit dem Schwerte abzutreiben /sie sich nicht scheuhen würdẽ. Bettreffend ihren Fürstlichen Stand / ist ihnen nichts so sehr zuwider /als daß er mir und andern ohngefehr kund getahn ist /welchen sie in diesen Ländern nimmermehr solcher gestalt würdẽ offenbahret haben. Daß aber sie vermögene Fürsten sind / zeigen die grossen Gelder und treffliche Kleinot / welche sie in diese Landschafft mit sich geführet. Doch was hilfft michs / diesen Beweißtuhm zugebrauchen? Dann ein Verleumder könte sprechen / ich suchte das Fürstliche Blut mit Gelde zubehäupten; Zeige demnach an / daß die Königliche Böhmische Gesanten ich mit meinen Augen mehr dann einmahl zu Padua gesehen / welche ihren König Ladisla zu seiner Kron foderten. Ist nun dieser ein König / warumb ist dann sein Geselle minder /welchen er doch fast mehr ehret als liebet; er auch ein ungleich grösser Reich / als Böhmen ist / in nähester Erbschafft sol zugewarten haben. Dannoch gesezt /sie seyn keine Fürsten kan ihrer Manheit dadurch abgehen? Sie müssen ja zum wenigsten HerrenStandes seyn / sonst würde der Hochmögende Römische Stathalter zu Padua / Herrn Ladisla seine einige Tochter nicht verheyrahtet haben; über welcher Ehe sich doch derselbe zum höchsten erfreuet. Man lasse aber auch dieses ungegläubet; ihr Herkommen und Geblüt wird dem Feinde weder Schaden noch uns Vortel tuhn. Nun möchte ich gerne wissen / aus was Ursachen Fürst Gobares dieser beyder Fürsten Verstand und Erfahrenheit in Zweifel zeuhet; Wegen ihrer Jugend? Ja / ich gestehe / daß Jugend insgemein unverständig ist / aber doch nicht allemahl / noch bey allen / und müste trauen dargetahn werden / ob man in gestriger langwieriger Geselschafft ihrer einen unverständiger /als andere anwesende (verzeihet mir / ihr meine Gnn. Fürsten) hätte reden hören; [790] ich vor mein Häupt möchte wünschen / daß niemand bey seinen greisen Haaren seines Herzens Tohrheit mehr verrahten möchte / als diese Fürsten bey ihren unbegreiseten; sol ich dann von ihnen in diesem Stük die Warheit sagen / so bezeugens ihre bißher geführete Anschläge / dz mehr hinter ihnen stecket / als sie von sich selbst rühmen; ich vor mein Häupt gestehe willig und ohn Scham /daß in kurzer Zeit ich von diesen beyden Helden in Waffens gebrauch mehr gelernet / als ich zuvor gewust habe. Was sol ich nun von ihrer unerschrockenen / und durch so manniches Land hochgerühmter Mannheit und Herzhaftigkeit sagen? trauen es würde mir ehe an der Zeit / als an ihrer Tahten mannigfaltigkeit gebrechen / wañ ich gleich nur die vornehmsten berühren wolte / dañ ihr Nahme ist zu hoch gen Himmel gestigen; Rom das Häupt der Welt / so weit sich Nidergang erstrecket / schämet sich nicht / sie vor Schuz Götter ihres Italien außzuruffen. Daselbst habe ich ihre herliche gegossene Bildnissen auff dem Marsplatze gesehen / mit dieser Uberschrift:Der Paduaner Erretter; wie zu Padua imgleichen / mit einer herlichen Ehren-benennung. Solte wol jemand wähnen können / dieser unsterbliche Ruhm währe ihnen ihrer Jugend und Schönheit halben zugelegt? Nein O nein! ihre Faust uñ ritterlicher Helden-muht hats erworben /in dem sie etwa mit 36 Reuter in die 200 bewehrete Räuber / alle trefliche Fechter und versuchte Hauptleute erschlagen / welche ihre Werbungen auff viel tausend angestellet hatten / ganz Italien zuverderbẽ. Was ich sonsten vor Wunder von ihnen in ernstlichen Kämpffen und Schimpff-Stechen gesehen / ist unnöhtig / zuerzählen. Und sehet / Durchl. Fürst Gobares /solchen Helden wollet ihr 50 Kronen zur Reise zehrung geben / die / so wahr ich ein ehrlicher Ritter bin /in Padua einer fremden Stad / über 150 Tonnen Schaz / an baarschaft / Kleinoten und anderen Kostbarkeiten haben; und geliebt es euch / mein Fürst / kan eure Gn. ihren Nohtpfennig zu sehen bekommen / den sie bey sich führen / und auff acht Tonnen Goldes außträget. Aber O ihr redliche / auffrichtige und geträue Seelen /Fürst Herkules und Ladisla / muß man anhören / daß ihr der Verrähterey / der Freibeuterey / der Träulosigkeit sollet beschuldiget werden? ich leugne nicht / daß mir solches zeihen nicht anders als ein blutiger Stich durchs Herz gangen / welches ich an einem andern als diesem Orte nit würde haben unverantwortet gelassen / hätte mirs gleich mein Leben gekostet. Ihr wollet eure geträuen Freunde / den GroßFürsten Phraortes /welchen ihr euren Vater nennet / und seinen wolgerahtenen Sohn Fürst Arbianes / der euch mehr liebet als sich selbst / in die Hände des Henkers liefern? O Fürst Gobares / was bewäget euch / dieses ungeheure Bubenstük ihnen beyzumässen? muß man aus blossem Argwohn oder Mißgunst / solche Dinge tichten /und ungescheuhet außreden? Aber ihre Frl. Schwester ist bey Artabanus; ist wahr / aber hat GroßFürst Phraortes sie nicht dahin geliefert? ihr seid auch selbst eine zeitlang zu Charas gewesen; O freuet euch / daß GroßFürst Phraortes euch daselbst beygewohnet / und eures tuhns / und lassens Fürstliches Zeugnis geben kan. Gilt dann nur blosses argwohnen / so muß man den Medischen GroßFürsten auch aus dieser Hoch Fürstlichen Versamlung bannen / und ihm 50 Kronen / hätte schier gesagt 50 Groschen vor seinen Rit geben / dz er sich nit zubeklagen habe; ja dessen Durchl. wird mehr und tieffer als jene beyde Helden im Verdacht stecken / dañ er hat sich bey dem Könige daselbst auffgehalten / ihm das Fräulein zugeführet /ist von ihm deßwegen Königlich [791] begnadet / und zum geheimen Raht erkläret. Verzeihet mir / ihr Durchleuchtigsten Fürsten / daß ich so kühn rede: Entweder GroßFürst Phraortes / Herr Mazeus / uñ meine geringfügigkeit müssen Verrähter seyn / oder die fremden laßgesprochen werden; dann wir haben sie hergeführet / wir haben münd und schrifftlich bey ihnen angehalten / sich hieselbst einzustellen; Bin ich dann ein solcher Bube / so habe ich mich viel zu lange in dieser Fürstlichen Geselschaft auffgehalten. Artaxerxes sahe / daß er sich zu eifern begunte / und ihm die Adern an der Stirn blutig auffquollen / daher befürchtete er sich einer schärffern antastung gegen Gobares /welches zuverhüten / er ihm in die Rede fiel / und mit dieser gütigkeit darzwischen kam: Geliebter Oheim; meines Herrn Bruders G Fürst Phraortes / wie auch eure und H. Mazeus Redligkeit und auffrichtige Träue / ist uns allen mehr als zu viel bekant / und die solche in zweiffel zihen wolten / müsten darüber zuschanden werden; lasset deßwegen es geschehen seyn / wie ich euch mit meinem Beyspiel vorleuchte / daß Fürst Gobares seyn Herz des Argwohns entladen hat / weil ihm zweifels ohn unbewust ist / daß diese beyde Helden mit euch umgangen sind; die übrige HochFürstliche Geselschafft wird zu euch viel ein besser vertrauen haben / als daß ihr unter so hoher erinnerung diesen fremden Fürsten ichtwas zu liebe oder leide reden soltet / insonderheit / daß mit unser aller Gefahr geschehen möchte. Wollen demnach gerne vernehmen / ob Fürst Gobares wichtige oder sonst nur scheinbahre Ursachen seines Argwohns hat / welchen er / wie seine Worte mit sich bringen / fast ausser zweifel setzen darff; welches er dann freilich uns nicht wird ungemeldet lassen / damit wir uns desto besser vorsehen / und wie er gestimmet hat / diese beyde fremdlinge abschaffen mögen. Hier entfiel dem feigen Gobares der Muht / dann Pharnabazus Mannheit wahr ihm bekant / vor dem er sich fürchtete / gab also näheres kauffs / und antwortete: Weil es ein wichtiges Werk ist / damit wir umbgehen / habe ich / was sich etwa zutragen könte / meiner Meinung nach andeuten /aber nichts gewisses bejahen wollen / wie Herr Pharnabazus vielleicht wähnet / dessen / wie auch des Durchl. GroßFürsten Phraortes und Herrn Mazeus Redligkeit / ich mit keinem Worte anzugreiffen willens bin / und daß ist in dieser HochFürstl. Versamlung meine Stimme; die beyden Fremdlinge / als welche in unsern Bund nicht gehören / gehen mich nicht an / werde auch ihretwegen kein Wort mehr verlieren. Wolan / sagte Phraortes / wann ich dann vor redlich kan erkennet werden / so setze ich meine Redligkeit zum pfande / und wil derselben in alle Ewigkeit verlustig seyn / dafern diese beyde Helden mit Verrähterey umbgehen / oder einige träulose Ader an sich haben; mehr wil ich vordißmahl nicht sagen / umb weiteres Gezänke zuverhüten. Darauff gab nun Fürst Menapis aus Hirkanien seine Stimme folgender gestalt: Ich vernehme ein solches Zeugnis von diesen beyden jungen Fürsten / daß man ihre Hülffe und Beystand zuerhalten sich billich bemühen sol; angesehen / die meisten unter uns zwar Mittel und Völker herzugeben / aber nicht / mit der Faust den Feind anzugreiffen gemeinet sind; müssen demnach uns nach solchen umbtuhn / welche hierzu vor andern düchtig erfunden werden; eines Fürsten Redligkeit mus man nicht aus ungegründetem Argwohn in zweifel setzen /sonst würden wir unter uns selbst bald deßgleichen anfahen; halte also nicht allein vor gut / sondern auch hochnöhtig diese Herren nicht zubeschimpffen / sondern sie vielmehr gar in unsere Verbündnis auffzunehmen / da es von ihnen zuerhalten ist / [792] auff daß sie desto mehr Ursach haben / unsern Feind zu hassen /und unser bestes zusuchen; dann es gehe wie es wolle / der Nutzen bleibet doch unser von allem was sie gewinnen werden; und darff ich meine Meinung sagen /so sehe ich sie fast vor Götter-Kinder an. Dieser Meinung fielen die übrigẽ einträchtig bey / und bahten Gobares / da er einigen Wiederwillen gegen sie gefasset hätte / wie man aus seinen Reden nicht anders urteilen könte / möchte er durch unzeitige Bewägung dem gemeinen Wesen nicht abbruch tuhn / oder zum wenigsten die Ursachen seiner ungewogenheit mit beständigem Grunde darlegen / alsdañ solte ihm gebührlicher Beyfall gegeben werden. Gobares ward über solche Erinnerung unwillig / und antwortete: Weil er überstimmet währe / müste ers geschehen lassen / daß ihrer Dienste gebrauchte wer da wolte / er vor sein Häupt hätte ihrer viel zu wenige Kundschaft / daß er festen Grund auff sie bauen solte / und zweifelte nicht / Artaxerxes währe ihnen allen Feld Obristens genug /andere Kriegsbeamten würden sich leicht finden / und hätte man deren bereit zu guter gnüge. Diese Wiederspenstigkeit ging ihnen allen sehr zu Herzen / daß auch Artaxerxes seinen Zorn nicht mehr meistern kunte / daher er zu der Versamlung also anfing: Ihr redliche Bundsverwanten / was vor eine wichtige Sache wir vor dißmahl abzuhandeln haben / ist eurer keinem unwissend; wann dañ Fürst Gobares etwas vornimt / daß ein weites Aussehen zu haben scheinet /frage ich hiemit um / ob er nicht schuldig sey / einen Abtrit zu nehmen / daß man sich einer Antwort vergleiche / damit er sich müsse begnügen lassen. Sie wahren dessen alle mit ihm einig / muste demnach in ein Nebengemach treten / biß man sich eines Bescheides verglichẽ hatte / da er wieder gefodert ward / und Artaxerxes ihm dieses vorhielt: Fürst Gobares / ihr habt durch eure ungegründete Wiederspenstigkeit die ganze HochFürstliche Versamlung bewäget / daß man euch im Grunde nicht trauen kan / ob ihr nicht gefährliche Dinge vornehmen dürfftet / wann man nicht eben eurem Willen gewonnen gibt / welcher den blinden Bewägungen unterworffen seyn scheinet /daher man dann Ursach gnug hat / euch in eine ehrliche Gewarsam zu nehmen / biß man eurer Auffrichtigkeit besser versichert ist; damit ihr aber sehet / daß nichts gegen euch aus Wiederwillen / sondern zu des gemeinen Wesens versicherung alles vorgenommen werde / wird euch hiemit die Wahl gegeben / ob ihr lieber bey dieser gegenwärtigen Fürsten einem / den ihr selbst kiesen möget / verbleiben / oder von allen und iedem dieser Fürsten / einen redlichen Ritter zu euch nehmen / mit denen nach Sasa zihen / uñ stets ihrer zum wenigsten drey / Tag und Nacht umb euch leiden wollet, die auff alles euer Vornehmen acht geben. Darauff habt ihr euch zuerklären. Gobares erschrak hierüber daß er bebete / und gab diese Antwort: Durchll. Fürsten / ich ruffe alle Götter zu Zeugen / daß mein Herz und Gemüht dem Wüterich Artabanus / und seiner unrechtmässigen Herrschafft dergestalt feind und zuwider ist / daß ich ehe sterben / als demselben hold und zugetahn werden wolte. So wird auch kein Mensch aus meinen Reden dessen einigen Argwohn fassen können / daß eines Verrähters Gedanken bey mir seyn solten / wie ich dañ bereit und willig bin / mich dessen durch den allerbündigsten äid zu entbrechen; in betrachtung dessen bitte ich / daß dieser Schluß wiederruffen / und ich des gar zunachteiligen Schimpffs entno en werde, mit dem Erbieten / daß da einiger Mensch ein fünklein solcher unträue an mir spüren wird / ich mein Fürstentuhm / Ehr und Leben wil verwirket haben. Er muste darauff [793] abermahl einen Abtrit nehmen / und auff des Hirkaniers Verhandlung / ward ihm alles erlassen / jedoch daß GroßFürst Artaxerxes ihm einen guten Verweiß geben solte / welcher ihn dann also anredete: Fürst Gobares / ihr bezeiget auffs minste schlechten Willen zur Einigkeit / stehet auch fast verwägen / daß ihr euch dürffet brüsten / als verstündet ihr das Werk besser als die ganze HochFürstl. Versamlung; sol ich Obrister Feldherr seyn / so werde ich trauen euch nicht fragen / was vor Heerführer ich bestellen wolle / es währe dañ / daß ihr euch einer Oberauffsicht über mich annehmen woltet / welches ich euch schwerlich gut heissen würde, werdet demnach solches hinfüro einstellen / und nicht aus eigenem ganz unbilligem getrieb euch dem ganzen Schlusse mehr wiedersetzen; habt ihr aber auff dieser Helden einem oder andern absonderlich zu sprechen / so sagets ihnen auff Ritters Art unter Augen und versichert euch / daß sie euch stehen werden; erinnert euch daneben / daß eure spitzige Worte / derẽ ihr mañiches außgestossen / König Artabanus uñ sein grosses Kriegs-Volk nicht fellen werden / sondern die das Schwert zugebrauchen wissen / deren sind wir hierzu benöhtiget. Und lieber saget mir doch / währe es nicht besser / wir spareten der Einwohner Blut / und setzeten dem Parther lauter fremde entgegen / unsere Mannschaft zuerhalten? und ihr wollet die Außländischen nicht eins zu lassen. Doch bemühet euch nicht zu hart / wir haben noch keine Zusage / daß sie von uns bestallung annehmen wollen / dann sie achten unsers Geldes viel weniger als wir selbst / und weiß ich einen / der ihnen zur Freundschaft andenken auff 8000 Kronen wert Ringe geschenket / dem sie gedoppelt so viel wieder einreichen lassen. So zeige ich nun im Nahmen dieser Fürstlichen Geselschaft euch hiemit an / daß man euch nicht allein der Verwahrung sondern auch des Verdachts entnehmen wil / weil wir ingesamt der Zuversicht geleben / ihr werdet bey dem geschlossenen und so fest veräideten Bunde träu- und redlich halten. Gobares ließ alle harte Reden unbeantwortet / und wahr froh solcher Erlassung / daher er sich zu aller Redligkeit anerboht. Nach dessen stillschweigen aber stund Arbianes auff / und baht sehr demühtig / das ihm ein Wort zu reden erläubet seyn möchte; da ihm sein H. Vater antwortete / es würde ihm solches gegönnet seyn / wañ es ohn einiges Menschen Beschimpfung geschähe. Worauff er also anfing: Durchleuchtigste Fürsten / gnädige Herren; ich habe heut diesen Morgen etliche Reden anhören müssen / durch welche vor erst mein gnädigster H. Vater hernach die Durchleuchtigste Fürsten / H. Herkules und H. Ladisla an ihren HochFürstlichen Ehren höchstschimpflich angezapffet sind; wañ ich nun dasselbe stilschweigend vorbey gehen liesse / dürfte mirs schier heut oder Morgen verweißlich vorgehalten werden / ob hätte ich einen solchen Vater und solche Freunde gehabt; welches zuverhindern und abzulehnen ich der getahnen Lästerung mit wolbedachtem Muht wiederspreche / sie in des Verleumders Busem schiebe / und so einer zugegen seyn möchte / der Fürst Gobares schmähungen vor rechtmässig halten wolte / denselben fodere ich hiemit auff erläubniß aus / auff den innersten Plaz daß er mit seinem Seiten Gewehr sich darstelle / und mit mir ohn alle andere Waffen / den Kampf auff Leib und Leben antrete / nachdem ich mich versichere / daß ich weder von einem Berrähter gezeuget bin / noch von Verrähtern je etwas gehalten habe. Mit diesen Worten nahete er sich zu der Tühr /und sagte: Gobares du Verleumder / kom und verantworte dich mit der Faust / bistu redlich. Die Fürstliche Geselschaft entsetzete sich der [794] Erklärung; sein Vater aber redete ihn also an: Stelle dich mein Sohn auff den Plaz / nachdem du das Wort gesprochen hast; aber daß du bey verlust meiner Väterlichen Hulde keinem Menschen die Ursach deines außfoderns wissen lassest. Gobares erblassete dieser Reden / und nach Arbianes Abtrit fing er an: Durchl. GroßFürst / Artaxerxes / bin ich schuldig dieser Außfoderung zu stehen / alsdann wird GroßFürst Phraortes mirs nicht zum ungleichen außlegen / wann ich ihn seines einigen Sohns beraube. Wans redlicher Weise vor der Faust geschihet / antwortete Phraortes / alsdann ist eure Liebe wol entschuldiget / und wird dieselbe das ergangene mir nicht zuschreiben / sondern vielmehr bedenken / daß / wer alles redet was er wil / offt hören müsse was er nicht wil; so weiß auch der jugend Hitze nicht so wol / als die grauen Haar sich zu mässigen / und deute ich überdaß euer Liebe zur Nachricht an / daß sie nicht so gar einen ungerahtenẽ Schüler des GroßFürsten Herkules / an meinem Sohn finden werde. Fürst Pusizes schlug sich darzwischen / uñ baht sehr / es möchte die Fürstl. Versamlung bedenken / wann dieses Gefechte vor sich gehen solte / wie Artabanus und seine Leute sich darüber kitzeln würden / hoffete deßwegen / man würde sich bemühen /diese Streitigkeit ohn Kampff auffzuheben. Wem wahr hiezu lieber als dem verzageten Gobares / welcher also anfing: Ja eben dieses betaure ich am meisten / sonst solte mir nichts liebers als die Rache seyn; Da nun der junge Fürst sich eines andern bedenken / uñ seine Außfoderung wiederruffen wird / sol an meiner seite alles vergeben und vergessen seyn / ungeachtet er ohn alle gegebene ursach / mich ehrenrürig angetastet / als der ich weder seinen Herr Vater noch die fremden einiger Verrähterey beschuldiget habe /sondern nur blosse anzeige getahn / was von fremden vorgenommen werden könte; solten aber meine Reden anders verstanden seyn / so bedinge ich mich auffs zierlichste. Wolan / sagte Artaxerxes / so ist der Span auffgehoben / redete Pharnabazus etliche heimliche Worte ins Ohr / und baht ihn / Arbianes wieder herein zuruffen; welches ungeseumet geschahe / welcher auch nach empfangenen Unterricht also zu Gobares redete: Es ist mir sehr lieb / Durchl. Fürst / daß euer Liebe Reden ich in ungleichem Verstande auffgenommen / und hiedurch unsere Streitigkeit geendiget ist; hoffe demnach / eure Liebe werde des ergangenen vergessen / und mir gewogen bleiben. Dieser legte solches vor eine Abbitte aus / und erklärete sich zu aller Freundschafft. Worauff Fürst Pusizes / Herr Pharnabazus und Mazeus von der Fürstl. Geselschafft erbehten wurden / unsere Helden herzubitten; welche sich willig einstelleten / und von Artaxerxes also angeredet wurden: Durchleuchtige Fürsten; Aldie weil der tapffere Vorsatz dieser Fürstlichen Versamlung / Euren Liebden gnug wissend ist / als welcher in Befreihung des algemeinen Vaterlandes von dem Parthischen Joche bestehet / und Eure Liebden sich gutwillig finden lassen / uns darinnen beyständig zuseyn / wollen sie sich zu uns nidersetzen / umb zuberahtschlagen /wie uñ auf was weise wir unserm vornehmen den gewünschten Anfang machen können. Ladisla antwortete: Durchleuchtigster G Fürst / Gn. Herr; daß Ihre G Fürstl. Durchl. im Nahmen dieser Hochfürstl. Versamlung in ihren Hochweisen Raht uns einfodern wollen / erkennen wir als eine sonderliche Gnade und Gewogenheit / deren wir zeit unsers Lebens schuldig seyn müssen; weil aber wir dieses Orts fremde und ausländische sind / und alhie weder zugebieten noch verbieten haben / als wil uns nit geziemen / ihren heimlichsten Rahtschlägen beyzuwohnen / oder selbige eins zuwissen / sondern [795] nachdem Ihre Durchll. werden geschlossen haben / werden sie uns befehlen die Vollstreckung verrichten zuhelffen / worzu wir uns erstes Tages fertig halten / mit einem Heer nach den Grentzen gehen / und unserer Gesandschafft von Charas daselbst erwarten / auch / weil wir keine andere / als ungenehme Antwort von Artabanus uns vermuhten / bald nach solcher Erlangung den feindlichen Einfall in sein Land tapffer wagen wollen; Inzwischen bitten wir sehr / uns die Stücke vorzulegen / worauff unsere äidliche Verbindung muß gegründet seyn. Nahmen darauff einen Abtrit / und bahten die Fürsten / sich darüber zuvereinigen. Nach ihrem Abwich sagte Artaxerxes zu den Versamleten: Ich wüste nicht / was ich an dieser Herren Höfligkeit tadeln / vielweniger hassen solte / es währe dann / daß ich ihren mißgönnete / höflich zuseyn; werden uns deßwegen gleicher Tugend befleissigen / und keine höhere åidesleistung ansetzen / als die solchen Fürsten wolständig ist; schlossen also / nur auff folgende zwey Stük eine freywillige Zusage durch den Handschlag von ihnen zunehmen; daß sie nach aller Mögligkeit das gemeine beste befodern / und dem Feinde schaden wolten; welches sie auch träulich angelobeten / doch biß auff ihrer Gesanten Wiederkunft. Des Nachmittages ward Herkules zu raht / seinen Plautus nach Jerusalem an den Stathalter zusenden / weil er dessen Dienste ohndas nicht mehr benöhtiget wahr; schickete Frl. Lukrezien überaus schöne und köstliche Kleinot / uñ dem Bischoff daselbst 10000 Kronen / unter arme und nohtleidende Christen zuverteilen; welcher des folgenden Morgens unter einer Begleitung von 60 Medischen Reutern / welche Arbianes dahin gebracht hatte / sicher fortging / und daheim wol empfangen ward /da er alle Begebnissen erzählen muste / reichte auch seine Schreiben an den Stathalter und das Frl. ein /welche mit lauter Danksagungen angefüllet wahren; Und als das Fräulein daraus vernam / daß die Kleinot ihr von dem geraubeten Königlichen Fräulein / zur Dankbarkeit deren / ihrem versprochenen Bräutigam erzeigeten schwesterlichen Hulde und Freundschafft (dann also schrieb Herkules) übergeschicket würden /sagte sie: Der Allmächtige Gott gönne mir dieser hochwirdigen Fürstin Kundschafft / nachdem sie aus ihrem Gefängniß in freyen Stand wird gesetzet seyn.

Des nähstfolgenden Tages nach gehaltenem KriegsRaht zu Persepolis / schieden alle Morgenländische Fürsten in stiller geheim / und mit schnellen Pferden davon / ein jeglicher nach seiner Landschafft /und eileten sehr / ihre Völker zusammen zubringen; und feyreten unsere Helden auch nicht / sich zum Feldzuge fertig zumachen / welchen sie auf angestimmete Zeit fortsetzen wolten. Zehn Tage nach deren Abzug von Charas wolte Artabanus schier unsiñig werden / vor unmässigen Liebesbegierden gegen das Fräulein / welches durch ihrer Hofmeisterin Fr. Sysigambis Vernunfft noch rükstellig gemacht ward. Weil dañ das Fräulein ihrem Herkules solches gerne zuwissen getahn / und dadurch seine Zukunfft beschleuniget hätte / aber darzu keine gelegenheit sahe / dann ihren Timokles wolte sie auf allen fall bey sich in der Stad behalten; erdachte sie diese List: Sie beklagete sich /daß ihrem Bruder und Oheim sie gar zu einen stolzen Brief geschrieben hätte / welcher ausser Zweifel sie zu grossem Widerwillen antreiben würde / währe demnach ihr herzlicher Wunsch / die gelegenheit zuhaben / daß bey einem vertraueten Bohten sie ihnen ein Schreiben übersenden könte / daß der König davon im wenigsten nichts erführe; damit aber auff solchen fall [796] sie nicht zufürchten hätte / als wolte sie ichtwas gefährliches vornehmen / solte sie den Brief / ehe er versiegelt würde / selbst lesen / daraus sie sehen würde / daß alles dem Könige zum besten von ihr vorgenommen würde; Und sehet da / meine geliebte Freundin / leset ihn gleich alsbald / weil ich ihn schon auffgesetzet habe; befindet ihr dann / daß es nicht raht sey / wil ich meine Meynung gerne endern. Diese ließ sich dessen nicht eine Sau dünken / daß das Fräulein ihre grösseste Heimligkeit ihr anvertrauete / wegerte sich anfangs den Brief zu lesen / aber auff ernstliches nöhtigen nam sie ihn zu sich / rühmete anfangs die wunderzierliche Schrifft / und fand folgenden Inhalt:Durchleuchtigste Fürsten / herzgeliebete / Herr Bruder und Herr Oheim. Daß mein voriges Schreiben / als gar zu frech und verwägen / Euren Liebden wenig gefallen habe / trage ich keinen Zweifel; nachdem aber ich mich eines bessern bedacht / bitte ich Schwesterlich / mir diesen Fehler zuvergeben / in meine höchstglükliche Heyraht gerne einzuwilligen / und inwendig dreyzehn Wochen euch hieselbst anzufinden / auff daß des grossen Königes und mein glükliches Beylager durch ihre ansehnliche Gegenwart möge gezieret / ich auch von euch als meinen nähesten Anverwanten seiner Königlichen Hocheit zugeführet werden. Bedenket doch / ihr meine geliebte Herzen / wie verächtlich es stehen werde / daß ich als eine Verwanten-lose allein seyn sol; und ob diese meine Heyraht / welche gegen genante Zeit ganz gewiß vor sich gehen wird /euch etwa möchte zuwider seyn / welches ich doch nicht vermuhten kan / so bedenket / daß kein Mittel in der ganzen Welt ist / solche Heyraht zuhindern / und lasset euch deswegen / bitte ich / gefallen / was nicht zuendern stehet; Ich versichere euch / meine liebe Herzen / daß ihr solche Gnade bey eurem und meinem Könige antreffen werdet / welche allen Unwillen / da einiger bey euch seyn solte gänzlich tödten und austreiben wird; Ach es ist mir sehr zuwider / daß ich vernehmen muß / ihr haltet euch in Feindes Landen auf; doch weil ihr mit der Auffruhr nichts zuschaffen habt / wird der grosse König euch deswegen nicht ungnädig werden. Lebet wol / meine Herzen-Freunde / und erfreuet bald mit eurer hochbegehrten Gegenwart / eure ergebene und geträue Schwester und Wase / Herkulisken die glükselige / Groß Königliche ver lobete Braut / und schierkünfftige herschende Groß Königin aller dieser Länder.

Nach Verlesung sagte Sysigambis: Warumb wil doch eure Gn. diesen Brief so heimlich fortschicken /da doch dem Könige nichts angenehmers seyn würde /als wann seine Hocheit dieses Vorhabens solte berichtet seyn. Durchaus nicht / meine Freundin / antwortete sie / ich habe grosse ursach / solches noch zur Zeit vor dem Könige zuverbergen; überdas möchte ich gerne sehen / daß etwas gutes geschaffet würde /daran niemand teilhätte / als ihr und ich. Ist dieses ihrer Gn. Wolgefallen / sagte jene / so wollen wir bald zu einem geträuen Bohten Rahtschaffen; Eure Gn. weiß / daß mein Sohn von dem Könige offt in schleunigen Verschickungen gebraucht wird / weil er sich weder zu Nacht noch Tage zureiten wegert / so gerne hänget er auff den Pferden. Diesem wil ich das Schreiben zustellen / und mündlichen Bericht erteilen / wohin ers bringen sol. Das währe der allersicherste Weg / sagte das Fräulein / und daß euer Sohn meinen gn. Willen sehe / so schenke ich ihm diesen Ring (welcher 2000 Kronen wert wahr) den ihr ihm geben /und dadurch zu aller möglichen Eile / insonderheit zur Verschwiegenheit ihn ermahnen sollet. Diese geitzige Frau nam das treffliche Geschenk mit hoher Danksagung zu sich / mit dem erbieten / alles gebührlich zubestellen. Wolan / sagte das Fräulein / so gehet hin /und hohlet mir ein angezündetes Licht / daß ich den Brief alsobald versiegele; Als diese nun darzu willig wahr / verwechselte das Fräulein den Brief mit einem andern / welchen sie auff diesen fall schon verfertiget hatte / und gleich wie der vorige zusammen gefalzet wahr; welcher Betrug ihr wol [797] von statten ging / und jagete dieser Bohte dergestalt mit abgewechselten Pferden fort (dero behueff er stets einen Königlichen Befehl bey sich führete) daß er des vierden Tages nach seinem Auffbruch zu Persepolis wahr / da des folgenden Tages unsere Helden mit ihrem Heer fortgehen wolten. Herkules saß gleich und beklagete gegen Phraortes / daß seinem Fräulein die Zeit lange wehren würde / ehe er zu ihrer Erlösung sich würde einstellen / und muste er doch nohtwendig seine Reise nach Charas auffschieben / damit er seinem vorhabenden Getichte die rechtgültige Farbe anstreichen könte. Unter diesem Gespräch trat Tyriotes zu ihm / mit bericht / es währe ein Schreiben von Charas an ihre Gnaden abgeschikt / welches niemand als ihr selbst könte eingereichet werden / und währe ihm der Bohte allerdinge unbekant / ein feiner Jüngling / und gutes ansehens / ohngefehr seines Alters von 18 Jahren. Herkules foderte ihn vor sich allein / und vernam /daß er von seiner Fr. Mutter / der Königlichen Fräulein Herkuliska Hofmeisterin / in schnellester Eile abgefertiget währe / zween fremden Fürsten / höchstgedachter Fräulein nähesten Anverwanten nachzufragẽ und ihnen ein Schreiben einzuhändigen / zweifelte allem ansehen nach / gar nicht / Ihre Gn. würde deren einer seyn; vermeldete ihm seiner Fr. Mutter Gruß /und gab den Brief gebührlich über / aus dessen Auffschrifft er alsbald die Schreiberin erkennete / brach ihn auff / und lase folgenden Inhalt:Herzallerliebster Schatz und Vertrauter; nähest anmeldung meines Grusses verhalte demselben nicht / was gestalt König Artabanus / seinem vorgeben nach / durch Träume geschrecket / zehn Tage nach euer Liebe Abzug hefftig in mich gedrungen / in unverzügliches Beylager einzuwilligen / so daß er sich nicht gescheuhet hat / harte Dräuungen mit einzumischen; Ich hingegen habe anfangs alle freundliche Mittel angewendet / ihn abzuhalten / und als dieselbige nicht helffen wollen / sondern er mir einen güldenen Wagen geschikt / auff demselben zu ihm zufahren / keiner andern ursach wegen / als seinen Mutwillen zuvergnügen / habe ich mich gegen ihn schrifftlich erkläret / ich gelebete der gewissen Zuversicht / Ihre Königl. Hocheit würde die auff ihrem heiligen Stuele mir getahne hohe Zusage unbrüchig halten / oder zum wenigsten meines Dieners Wiederkunfft erwarten / dann ich müste entweder die Zeit des Gelübdes aushalten / oder von der Geistligkeit meines Vaterlandes durch gewisse Opffer der Göttin Vesten versöhnet und loßgesprochen werden / welches vor Ankunfft meines Dieners Valikules zu Prag / (wozu ich noch sechszehn Wochen rechnete) nicht geschehen könte; solte nun zum allerwenigsten vor endigung solcher Wochen / Ihre Hocheit in mich dringen wollen / müste ein schleuniger Tod mich wider alle Gewalt schützen; bähte demnach / Ihre Königl. Hocheit wolte sich eigentlich erklären / ob ich leben oder sterben solte; dann keine Macht dieser Welt könte mir auff solchen fall den Tod hindern. Nach dessen Verlesung hat er sich als ein wütiger Löue sehen und vernehmen lassen /und in solchem rasen befohlen / mich ihm lebendig oder tod zuliefern / welches dann ohn zweifel währe vor sich gangen / dafern meine geträue Hofmeisterin / die ich zu ihm abgeschikt hatte / durch demühtige Einrede es nicht abgewendet / indem sie ihm sonst eine schöne Jungfer zugeführet / nachgehends / nach seines Wuhts Erkühlung / ihm etwas härter zugesprochen / was ihm mit meinem Tode gedienet seyn könte. Er hat aber durchaus nicht nachlassen wollen / biß ich aus höchster Noht gezwungen / ihm von heut über vierzehn Wochen die Vollstreckung der Heyraht zusagen müssen / weil alsdann meine Sache zu Prage würde können richtig seyn. Nun mein allerliebstes Herz / ihr werdet dieser Tage euch zugebrauchen wissen / oder euer lebendigen Valisken euch begebend / aus ihrem Tode die unfehlbare Kundschafft festgehaltener Träue nehmen; auff welchen fall ich euch durch den wahren Gott beschwöre / daß ihr eurem Leben meinet wegen keine Verkürzung antuht / sondern wider den unkeuschen Bluthund eure Rache vorbehaltet. Zeiger dieses meynet / euch ein Schreiben zuliefern / in welchem ich euch und meinen Bruder zum Beylager einlade / werdet es wissen zubeantworten / daß [798] meine Hofmeisterin es lesen dürffe; Ist aber Hoffnung und Trost übrig / das sendet mir bey einem vertraueten zu. Nähest Begrüssung meines herzlieben Bruders und aller guten Freunde / befehle ich uns ingesamt dem Schutz Gottes. Eure vollkommene Freundin / Valiska / die herzlich bekümmerte.

Das lezte Wort dieses Briefs kränkete den verliebeten Fürsten / daß ihm die Trähnẽ aus den Augen schossen / nach deren abwischung er unten im Brieffe diese Worte gezeichnet sahe;dem Boten ein gut Trinkgeld; fragete demnach denselben; guter Jüngling /von wem habt ihr das Schreiben empfangen? von meiner Fr. Mutter / antwortete er / die mir vertraulich offenbahret hat / das es von dem Königlichen Fräulein selbst geschrieben sey. Sie hat euch die Warheit vertrauet / sagete er / hätte aber der Mühe sparen können / dann ich ihr schon vor etlichen Tagen einen Brieff zugeschicket / worauff ich Antwort erwarte; weil ich dann eine gewirige noch zur Zeit hoffe / müsset ihr eure Mühe nicht umsonst angewendet haben; befahl Tyriotes / daß er ihn wol halten / Morgen früh ihm 600 Kronen verehren / und damit fortzihen lassen solte. Er aber setzete ein kleines Brieflein auff / welches dem Bohten zugestellet ward. Des folgenden Morgens sehr früh muste Tyriotes mit einem geheimeren Schreiben fortgehen / welcher / weil er Geldes genug bey sich hatte / allenthalben frische geruhete Pferde mietete / so daß er in fünff Tagen zu Charas wahr. Gallus mit seiner Geselschaft seumete sich auch nicht lange auff dem Wege / und ritten des Königes Leute / welche Plautus begleitet hatten / mit ihm zurük. Als er sich zu Charas angeben ließ / ward er neben den andern alsbald vor den König gefodert /welcher in den Gedanken stund / es würden seine vermeinete Schwäger nicht Worte gnug haben finden können / vor die angebohtene Gnade zu danken /worin er sich heßlich betrogen fand / weil der ansehnlichste von den Abgesanten die zurük geschikten Gelder und Kleinot / wie sie vom Könige selbst versiegelt wahren / vor sich her tragen ließ / und nachdem er sie vor des Königes Füssen nidergelegt hatte / also anfing: Es lassen unsere allergnädigste Herren / die Großmächtigsten Fůrsten / Herr Ladisla / König in Böhmen / und Herr Herkules GroßFürst der unüberwindlichen Teutschen / ihrer Königl. Hocheit gebührlichen Gruß vermelden / übersenden gegenwärtige Schreiben / eines an ihre Königl. Hocheit / das ander an das Königl. Fräulein / der Hoffnung gelebend /ihnen werde auff beydes behägliche Antwort wiederfahren. Der König verwunderte sich des schlechten Grusses / und was die niedergesetzeten Beutel vor bedeutung hätten / ließ die Gesanten abtreten / und lase beyde Brieffe / worüber er sich so heftig / eiferte / daß er die Abgesanten in das Stokhauß legen ließ. Nun mögen wir uns wol schämen / sagte er / daß wir diesen undankbahren so hohe Gnade angebohten. O ihr ungehöfelte grobe Bauren / sagte er / die ihr solcher Tugend-ergebenen Schwester allerdinge unwirdig seid; aber wolan / wir werden an stat des angebohtenen Gnaden-Brunnen / ihnen den Abgrund der ernstlichen Straffen auffdecken / und die leicht sinnigen verwägenen Buben nach verdienst peitschen und streichen lassen. Sendete dem Fräulein einen Diener / mit begehren / daß ihre Hoffmeisterin zu ihr kommen solte / und als dieselbe sich einstellete / fragte er / wie sich das Fräulein bezeigete / und ob sie bey der getahnen Verheissung beständig verbliebe; welche ihm zur Antwort gab / es hätte ihre Königl. Hocheit sich im geringsten nicht zubefürchten / daß das Fräulein Krebsgängig werden solte / als welche nie kein Wort geredet / dem sie nicht Krafft gegeben hätte. Darauff lieferte er ihr [799] beyde Schreiben / sie dem Fräulein zu verlesen zu bringen; welche sich dann darüber so eiferig zubezeigen wuste / als hätte sie aus der Haut fahren wollen; sie stellete sich / ob könte sie vor Zorn kein Wort reden / endlich sagete sie; O wie werde ich mich an meinem unbesonnenen Bruder und Oheim gnug rächen können? und mit was gebührlicher Straffe wird mein allerliebster König diese Bosheit gnug bezahlen? Ich werde vor sie zu bitten mich schwerlich gebrauchen lassen / ich sehe dann zuvor einige wahre Reue in ihren Herzen; O ihr leichtfertigen / dürffet ihr mir das Feur; ja dürffet ihr meinem allergrössesten Könige die Rache dräuen? Die Hoffmeisterin erschrak der rede / und fragete / was widerwärtiger Zeitung sie immer und ewig von so nahen Blutverwanten einnehmen könte. Mehr als zu viel / antwortete sie; Ach ach! wie übel hab ich getahn / fuhr sie fort / dz ich ihnen bey eurem Sohn ein so freundliches Schreiben zugeschikt habe! O könte ich dasselbe mit viel tausend Kronen wieder an mich lösen / würde ichs ja nicht lassen; gedenket ihr aber / meine Freundin mein Eifer entstehe ohn Ursach / so nehmet diese boßhaftigen Brieffe / uñ leset sie durch. Unterdessen setzete sich das Fräulein / und schrieb folgende Worte an den König:

Allergnädigster Herr / eure Groß Königl. Hocheit wolle sich durch die törichte unbesonnenheit meines nicht werten Bruders und Oheims ja nicht bewägen lassen / viel weniger den Abgesanten als unschuldigen die Straffe anlegen die ihre Herren verdienen; Zorn ohn Macht / und Dräuung ohn Nachdruk schläget niemand als den Furchtsamen / und sind die meinen mehr der Züchtigung als der Rache / mehr der Ruten als des Schwertes wirdig / jedoch das andere an ihrem Beyspiel /die höchste Macht der Welt ehren lernen / müssen sie ungestraffet nicht bleiben. Meiner Fr. Mutter Einwilligung /und die loßsprechung meines Gelübdes bey der Geistligkeit / wird mein Diener Valikules schon erlangen / und zu seiner Zeit mit sich bringen / was achte ich dann der übrigen? Ist nun ihrer Königl. Hocheit es gefällig / wil ich eine Antwort zurük schreiben / davor sie die Nase rümpffen sollen / weil ich leicht errahten kan / ihre Hocheit werde sie keines Schreibens mehr wirdigen. Ich aber verbleibe nach wie vor meines allergnädigsten und höchstgeliebeten Königes ergebenste demühtigst-gehorsamste /Herkuliska die glükselige.

Sehet da / sagte sie zu der Hoffmeisterin / traget mir dieses Brieflein straks angesichts nach dem Könige / und sprechet: Meine untertähnigste Bitte sey /daß er sich durch Zorn selber nicht möge schaden tuhn; Es pflege der Löue eines jungen Hundes Bellen sich nicht irren zu lassen / und müste ein erschrockener Gaul seyn / der wegen eines herzu kriechenden Erdwurms stutzen oder sich sträubẽ solte. Diese verrichtete den Befehl willig / ward auch mit solcher Gnade gehöret / daß der König zur Antwor gab: Meldet unserm herzgeliebeten Fräulein unsere Gnade /und daß wir alles ersetzen wollen / was ihre undankbare Verwanten sündigen / denen wir auch bloß umb ihret willen sanftere Straffe anzulegẽ willens sind / als sie sonst verdienet haben; sie sind aber unwirdig einiger schriftlichen Antwort / und sol ihnen vor dißmahl noch zu lezt die Mündliche mitgeteilet werden; ließ die Abgesanten alsbald wieder vorfodern / und fragete / was die niedergelegten Sachen bedeuteten; da ihm geantwortet ward; es währen die Schenkungen / so ihre Königl. Hocheit neulich ihren Herren übergeschicket hätten / welche wieder eingehändiget würden / auff den Fall ihrer Hocheit die getahnen Vorschläge nicht könten annehmlich seyn. Der König ließ darüber ein bitteres Lachen ergehen / und sagete: Können unsere undankbaren Knechte solches nicht auff borg behalten / daß sie ein Zeichen der einmahl angebohtenen Gnade hätten? [800] jedoch / weil sie derselben nicht wirdig sind / so muß ihnen auch das übrige entzogen werden. Drum so saget nun den unbesonnenen Knaben unsern Knechten / wir haben die Ruten schon binden lassen / damit sie ihre züchtigung einnehmen sollen / und möchten wir gerne sehen / was hinter ihrem ohmächtigen Dräuen und Absagung stecke. Daß aber eures mutwillens vor dißmahl geschonet wird / habt ihr bloß unser Gnade zu danken / und trollet euch ohn einiges Wortsprechen stündlich aus unserm Gebiet / dafern ihr nicht mit euren Herrichen zu büssen Lust traget. Diese wurden froh / daß sie mit dem Leben davon kahmen / machten sich alsbald aus dem Staube / und sties Tyriotes eine Meile von der Stad auff sie / dem Gallus allen Verlauff erzählete /und mit ihm Abscheid nam / an was Ort sie auff ihn warten / und in einer Geselschaft wieder fortgehen wolten. Dieser / so bald er zu Timokles kam / den Gallus nicht eins hatte ansprechen können / überreichte er ihm das Schreiben / der es in einem hohlen Pfeile hinauff schoß / gleich da das Fräulein bey spätem Abend vor ihrem Fenster stund / welche denselben bald hohlete / und nach heraußzihung des Briefes / diese Worte lase:Allerschönster Seelen-Schaz; euer Liebe Wiederwertigkeit habe ich mit höchsten Schmerzen empfunden / danke dem grundgütigen Gotte / daß er auch dißmahl noch des gri igen Löuen Wuht gebrochen / und mein unschuldiges Schäflein gnädig errettet hat. Sonsten hat eure Liebe an besti ung der Zeit sehr weißlich gehandelt / und wil ich mit der Hülffe meines Heylandes nicht fehlen / vor angesetzter Zeit / dafern ich lebe / früh genug bey ihr zu seyn / da mir / ob Gott wil / der schon gemachte Anschlag nicht mißrahten wird. Inzwi schen stellet euch gegen euer Frauenzimmer frölich /damit man keinen Argwohn auff euch fasse; unterhaltet auch den König mit aller Freundligkeit / und reitet ihn im gelindesten Zügel / daß er unsere Freude nicht stören möge / deren wir geliebtes Gott gedenken zugeniessen. Ich werde schon wissen dem Könige eine glaubwirdige Ursach beyzubringen / daß er mich wol vor entschuldiget halten sol. Gott zu tausend mahlen befohlen / und seid fort nicht mehr die bekümmerte / sondern die fröliche Valiska / damit ich lange bleiben möge / euer Liebe inbrünstiger ganz ergebener Herkules.

Ey so wil ich auch meinem Gott vertrauen / sagte sie bey sich selbst / und wird mein Erlöser mich mit dem unschuldigen Daniel aus der Lönen Grube / uñ mit Joseph aus dem Gefängnis schon zuerretten wissen / daß ich noch meine Lust an seiner Gnade sehe. Ein halb Stündichen hernach kam ihre Hoffmeisterin wieder zu ihr / und brachte ihr das Brieflein von Herkules / dann ihr Sohn wahr wieder angelanget / welcher durch einen Unfall (er wahr mit dem Pferde gestürzet und hatte einen Arm verrenket) sich auff der Reise einen Tag zu lange auffgehalten hatte. Das Fräulein aber stellete sich betrübt / und gab zur Antwort / sie stünde im zweiffel / ob sie ihres unbesonnenen Bruders Brieff lesen / oder hinunter in den Graben werffen wolte; endlich auff der Hoffmeisterin anhalten / öffnete sie denselben / der also lautete:Zeigern dieses wird zum beweiß der geschehenen Einlieferung eines Briefes von der stolzen Herkulisken geschrieben / hiemit erteilet / hätte zwar eine scharffe Ant wort darauff gehöret / aber weil dieselbe ihr verhoffentlich schon wird zu handen kommen seyn / erachtet man unnöhtig ein Gemüse zweimahl zu kochen. Ich unterschriebe mich billich in diesem Zettel als Bruder / wañ nicht dein stolzer Sinn die ehmahl Schwesterliche Gewogenheit aus deinem Herzen verstossen hätte. O bedenke dich eines bessern / wo du nicht wilt mit samt deinem Könige / aus welchem du gleichsam einen Abgott / und dich zur Abgöttin machest / zu trümmern und bodem gehen. Das ist mir ein Bruder / das ist mir ein Bruder /sagte das Fräulein nach verlesung; stund hierauff ein wenig stille als in tieffen Gedanken / und fing hernach wieder an: Nun / was wil ich machen? zwar [801] ich habe meinen Bruder allezeit herzlich geliebet / wolte ihn auch noch wol gerne lieben / aber wegen seines wunderlichen Kopfes mich meines Glückes zubegeben /wird mir kein Mensch rahten. Nein O nein; der Himmel hat mich hieher gebracht / daß ich meinem Könige zum künfftigen Gemahl gefallen müssen / solches muß weder mein Bruder noch einiger ander Mensch in der Welt umstossen. Aber vernehmet ihr nicht meine Freundin / ob zum Königlichen Beylager anstalt gemacht werde? man wird ja beyzeiten alle Nohtwendigkeit versehen / damit einem jeden sein gebühr geschehe; Und daß ich euch mein gewogenes Herz sehen lasse / so habe ich schon in meinem Herzen euch darzu erkohren / daß ihr zu derselben Zeit die Mutterstelle vertreten sollet. Diese erfreuete sich der Ehren höchlich / und zeigete an / wie geschäfftig der König schon währe / alles auffs prächtigste anzuordnen; doch bitte ich / sagte sie / meiner Kühnheit gnädige Vergebung / umb zufragen / ob die annoch ausstehende Wochen nicht biß auff die Halbscheid könten gebracht werden; Und O wann meinem Könige ich die Zeitung bringen solte / wie ein treffliches Bohten-Brod würde ich verdienen! Sie wuste aber nicht /was vor ungenehme Reden / diese der Fräulein zuhören wahren / als welche ohn das einen Verdacht auff sie hatte / sie spielete mit dem Könige in diesem stük heimlich unter einer Decke / deswegen wolte sie vor dißmahl die gelegenheit nicht versäumen / sie durch die allerhefftigsten Bedräuungen davon abzuschrecken / und gab ihr diese Antwort: Liebe Hofmeisterin /ich halte euch vor meine allergeheimdeste Freundin /wie ihr wisset / und ich dargetahn habe / indem ich mich euer und eures Sohns Dienste / in übersendung meines Briefes an meinen unfreundlichen Bruder / gebrauchet / wovor ich auch eurem Sohn das begehrte Landgut bey dem Könige ungezweifelt loßmachen wil; wollet ihr aber meiner Freundschafft in der Taht geniessen / so lasset ja diese jezt ausgedrückete Gedanken ferne von euch seyn / und betrachtet / daß ich nicht unter menschlicher / sondern unter einer mächtigen Göttin gewalt und gehorsam verbunden liege /von welcher ich durch grosse Opffer zuvor muß loßgemacht werden / ehe ich ins Ehebette treten kan / wo ich nicht die allergrausamste Straffen über mich nehmen wil; wovor ich aber lieber zusterben gedenke. Solte ich nun von dem Könige hierüber ferner angestränget werden / sol und muß ichs niemand als eben euch zuschreiben / und kan mir endlich nirgend zu schaden / ob ihr mein ausgesantes Schreiben gleich verrahten würdet / weil in demselben nichts wider den König gesezt gewesen / wie ihr bezeugen müsset /und die empfangene Antwort ausweiset; Aber dieses schwöre ich euch zu dem Allerhöchsten Gott / daß /auff den fall mein König aber eins in mich dringen solte / ich nicht ruhen wil / biß ich bey demselben erhalten werde / euch und euer ganzes Geschlecht mit der allergräulichsten Straffe auszurotten. Hiernach wisset euch zurichten / und verhütet ein solches Unglük. Werdet ihr aber es bey dem Könige / wie ihr wol könnet / fest unterbauen / daß er biß an die versprochene Zeit geduldig auswarte / sollet ihr hingegen / und euer ganzes Geschlecht so viel grössere Gnade und Woltaht von mir gewärtig seyn. Die Hofmeisterin erschrak der Reden / daß sie zitterte / kunte auch in guter Zeit nicht antworten / biß sie endlich sich besan / und diese Entschuldigung vorbrachte: Gnädigstes Fräulein / ich bitte aus gehorsamsten Herzen / der gleichen Ungnade auff mich und die meinen nicht zuwerffen; die Götter wissen meine Unschuld / und daß ich aus Unbedachtsamkeit solches geredet / wil auch /diesen Fehler zuwiderbringen / ihrer Gn. verheissen /auf den fall der König die Zeit zu [802] endern bedacht seyn solte / welches mir doch unwissend ist / entweder zusterben / oder ihm solchen Vorsatz zubenehmen. Mit diesem erbieten bin ich zufrieden / antwortete das Fräulein / werde auch hieraus spüren können / daß ihr mich von herzen meynet. Aber wie kömt es / dz /eurem vorgeben nach / euch der König nicht wieder fodern lässet / und der Abend mit Macht herein bricht? Sie hatte dieses kaum ausgeredet / da klopffete ein Königlicher Kammerdiener an / und foderte sie wieder; da das Fräulein sie vermahnete fortzugehen /und ihrer Verheissung bey aller gelegenheit eingedenke zuseyn. Als sie zu dem Könige hinein trat / fragete er sie / wie sein Fräulein lebete / und ob wegen ihres groben Bruders und Oheims sie sich auch sehr betrübete? Worauff sie zur Antwort gab: Es hätte ihr Gn. Fräulein sich zwar über die Schreiben erzürnet / aber nicht bekü ert / entschlüge sich auch alles Unmuts /damit gegen das Beylager ihr an ihrer Schöne nichts abginge. Wir wissen nicht / sagte der König aus Scherz / ob unsere Heyraht auch vor sich gehen werde / nachdem ihre trotzige Blutfreunde sie unter so harter Bedräuung abfodern. Diese wolte den Scherz nicht verstehen / und antwortete: Vor solche Gedanken behüten ja die gütigen Götter Eure Königl. Hocheit /und solte das hochverliebte Fräulein dieses hören /würde sie in Angst uñ Ohmacht vergehen; massen Ihre Königl. Hocheit ich wol versichern kan / dz sie /ohn durch den Tod / von diesem ihrem Glücke sich nicht wird abtreiben lassen / zweifele auch nicht / da die grosse Furcht vor der unbarmherzigen Göttin Vesta sie nicht hinterhielte / sie des Beylagers Fortgang lieber heut als morgen wissen möchte. Artabanus ward der Zeitung so froh / daß er vor freuden auffsprang / kunte sich auch nicht inne halten / sondern sagte zu ihr: Heut werden wir erst recht durch euch ergetzet / und sollet ihr unseres ScherzRede ja nicht vor ernstlich gemeynet halten / ob fürchteten wir uns vor dem nichtigen dräuen zweer jungen Buben /sondern dieses Häupt (das seine anrührend) wollen wir lieber verlieren / als solchen unvergleichlichen Welt Schatz / nachdem die Götter uns denselben aus sonderlicher Versehung zugeschicket; Und O daß wir einiges Mittel auszusinnen wüsten / daß unser Fräulein in beschleunigung des Königlichen Beylagers gehehlen wolte! Die Hofmeisterin stellete sich wegen der lezten Worte überaus betrübt und erschrocken /und gab zur Antwort: Ach allergnädigster König / ich bitte zum-untertähnigsten / Eure Königl. Hocheit wolle ihre arme einfältige Magd hören / und wo sie ihrer Wolfahrt und eigenem Leben nicht feind ist /meinem Gn. Fräulein die versprochenen Wochen / die bald verstreichen werden / auffrichtig aushalten / als dann werden sie erfahren / daß nie kein Fräulein mit frölicherem Herzen sich ihrem Gemahl hat zuführen lassen / als eben sie. Sie liebet niemand höher / als Eure Königl. Hocheit; aber sie fürchtet sich auch vor nichts in der Welt hefftiger / als vor den Zorn ihrer Göttin. Hierauff stund sie ein wenig als in Gedanken /biß sie sahe / daß der König reden wolte / da hub sie wieder also an: Allergnädigster König / darff Ihrer Hocheit ich ein wichtiges Geheimniß anvertrauen /welches mein Gn. Fräulein mir als einer verschwiegenẽ Hoffmeisterin offenbaret hat / und sol mirs dereins nicht zum Unglük ausschlagen / wil ich durch diese Anzeige klärlich sehen lassen / daß ich keinem Menschen in der ganzẽ Welt so geträu bin / als Ihrer Königl. Hocheit. Er ward hiedurch zu grossem verlangen angetrieben / es zuerfahren / und versicherte sie bey Königl. Träue vor allem Schaden und Gefahr. Worauff sie ihm dieses Getichte vorbrachte: Was ich rede / das habe ich gesehen [803] und aus einem Beweißtuhm erfahren / daß es wahr ist. Als Ihre Königl. Hocheit neulich so hefftig wegen des Beylagers in das Fräulein drang / schickete sie sich zum Tode /aber zu einem solchen / welcher Eure Königl. Hocheit unfehlbar hätte zugleich mit aufreiben müssen. Sie hatte ein kleines irdenes Büchslein / welches sie küssete / und zugleich sagete: O du bitteres und unangenehmes Geschenk meiner Göttin / muß ich dann dein noch gebrauchẽ / und aus befehl der himlischen Macht eine Rache volstrecken / welche mir hefftiger als der Tod selbst zuwider ist? O Göttin / wie gerne stürbe ich in deinem Dienst und Gehorsam / wann ich nur nicht zugleich denselben ermorden müste / der nicht aus Bosheit / sondern gar zu grosser und inbrünstiger Liebe / deinen göttlichen Willen übertrit. Ich merkete hieraus / daß dem Leben meines Königes gedräuet würde / deßwegen sagte ich zu dem Fräulein: Eure Gn. reden sehr verdächtig / und wie werde ich solches verschweigen dürffen? Ihr müsset schweigen /antwortete sie / oder es wird meine Göttin euch das Genik abdrehen; doch wann ihr die äusserste Noht meiner Keuscheit sehet oder merket / so möget ihr reden / was ich euch sonst auff höchstes Vertauen offenbahren wil; Sehet ihr dieses kleine irdene Büchslein? sagte das Fräulein; dieses hat mir meine saursichtige Göttin vor zehn Tagen zugestellet / gleich da ich meine Botschafft nach Prag abgefertiget hatte /und mir befohlen / dafern ich vor Ausgang XV Wochen zum Beylager solte unvermeidlich genöhtiget werden / müste ich zum lezten Gehorsam aus diesem Büchslein ein wenig an einen gewissen Ort meines Leibes streichen / daher mir zwar der Tod als einem göttlichen Opffer ohn alle Schmerzen entstehen / mein überwältiger aber / so bald er mich berührete / drey ganzer Tage uñ Nachte in der allergrössesten unaussprechlichen quahl zubringen / und nach deren Verlauff in rasender Wuht ihm selbst die Hände / und so weit er mit den Zähnen reichen könte / alles abfressen würde / biß die Seele aus ihm führe; Wollet ihr aber /sagte das Fräulein zu mir / meiner Rede nicht trauen /so lasset eines von meinen Hündichen kommen / und versuchet an demselben des Gifftes wirkung. Ich muste dem Fräulein gehorchen / und strich dem Hündlein gar ein weniges an seinẽ Bauch / worauff es alsbald anfing einen solchen Jammer zu treiben / daß wir zu mitleiden bewäget wurden / und es hinunter in den Graben wurffen. Der König nam dieses vor die allergewisseste Warheit an / entsetzete sich darüber zum hefftigsten / und gab ihr zuvernehmen / daß er zwar biß diese Stunde gesiñet gewesen / das Beylager auff die helffte der versprochenen Zeit zubringen /sähe und vernähme aber / daß er sich eines andern erklären / und der Geduld biß zum Verlauff der gesetzeten Wochen sich gehorsamlich untergeben müste; Verehrete auch der Hofmeisterin ein Kleinot 12000 Kronen wert / daß sie ihm dieses offenbahret hatte /wiewol er diese Bedräuung ihr vorhielt / dafern nach verflossener Zeit sein Fräulein das allergeringste zu weiterer Auffschiebung einstråuẽ wũrde / solte es an der Hofmeister in Leben gerochen werden. Eine ganz unnöhtige sorge / antwortete sie / weil ich weiß / daß nach solcher Zeit dem Durchl. Fräulein nichts angenehmers seyn wird / als dem mächtigsten Herscher der Welt ehelich beygelegt zuwerden. Und O wie frölich und ohn sorge würde das allerliebste Fräulein leben /und an ihrer Schönheit von Tage zu Tage zunehmen /wann ihr diese einige Furcht des zu frühzeitigen Anspruchs zum Beylager / gänzlich solte benommen seyn. Dieses Kummers / sagte der König / wollen wir sie schon entheben / weil es doch nicht anders seyn kan; setzete sich alsbald / und schrieb diesen Brief mit eigener Hand:

[804] Der grosse König Artabanus gelobet hiemit und krafft dieses seiner höchstgeliebeten Fräulein Herkulisken / daß er vor Ausgang der bestimmeten Wochen sie in keinerley wege umb das Beylager / oder sonst einiges Liebewerk begrüssen und ansuchen wil / und da solches von ihm nicht steiff und unbrüchig gehalten wird / zählet er sein geliebtes Fräulein ihrer getahnen Zusage ledig und loß /so daß ihre Liebe und das an dieser seiten höchstgewünschtes Beylager sie ihm biß in Ewigkeit zuversagen Macht haben sol.


Artabanus.


Als er dieses geschrieben hatte / legte ers zusammen / gabs der Hofmeisterin / und sagete: Sehet da /diese Versicherung ist die höchste / die wir dem lieben Fräulein geben köñen; bringet sie ihr zu / und ermahnet sie / gutes muhts zuseyn; jedoch / daß sie uns gleichmässige Verschreibung ihrer Einwilligung erteile. Sie ging mit dieser Handschrifft eilig hinweg / und nach erzähletem Verlauff / überlieferte sie dieselbe dem Fräulein / welche ihr antwortete: Nun meine Freundin / ihr habt vor dißmahl eurer Redligkeit ein satsames Genügen getahn / so daß meines falschen Argwohns halben ich billich umb Vergebung bey euch anhalten muß; so bleibet nun beständig in solcher Träue / und versichert euch / daß ichs alles mit vollem Maaß ersetzen werde. Als sie nun von ihr zuwissen begehrete / auff was weise sie diese Verschreibung von dem Könige loßgewirket hätte; baht sie untertähnigst / ihr zuverzeihen / daß sie den König mit einer Nohtlügen hintergangen / seinen Vorsaz wegen des Beylagers beschleunigung zubrechen / welches auff eine gelegenere Zeit sie ihr erzählen wolte; womit sie dann wol zufrieden wahr / nebest Versprechung /auff Morgen früh dem Könige eine gleichmässige schrifftliche Vergnügung einzuschicken. Diese Nacht setzete sie an ihren Liebsten Gemahl einen Brief auff /welcher also lautete:

Mein höchster LebensSchatz; Euer Liebe angenehmes Brieflein ist mir von Timokles zugeschossen / und daß andere von meiner Hofmeisterin Sohn bald hernach eingeliefert. Wie gar schlecht und nichtig dero Dräuungen geschätzet werden / habt ihr aus der gegebenen mündlichen (weil man euch keiner schrifftlichen wirdiget) zuvernehmen. Was sonst der König / auff listiges Getrieb meiner von mir in Furcht gestürzeten Hofmeisterin / mir vor eine schrifftliche Versicherung aus freyem Willen erteilet / und ich hinwiederumb mich erklären müssen / sol ches ist aus den Beylagen A und B zuersehen. So erwarte nun Eure Liebe nichts / als der Gelegenheit / mich inwendig sieben oder acht Wochen auffs höchste / unter dem Nahmen meines Dieners Valikules zubesuchen /damit unser Vorsatz beyzeiten könne ausgeführet werden / und ich vermöge gegebener Versicherung nicht gezwungen sey / die unmögliche Heyraht durch meinen Tod abzuwenden / solches suchet / bittet und flehet /Eurer Liebe zum Tod und Leben allergeträueste Valiska. Hierin legete sie des Königes und ihrer Versicherung Abschrifft / und schoß es des folgenden Morgens sehr früh Timokles im hohlen Pfeile zu / der Tyriotes damit schleunig abfertigte / welcher des dritten Tages bey Gallus und seiner Geselschafft anlangete. Nun wahr Fürst Vologeses eben dazumahl nicht zu Charas / sondern auff seinen Gütern / kam aber desselben Morgens / da Tyriotes wegreisete / bey dem Könige an / welcher ihm der fremden Fürsten Dräuung zuwissen machte; worauf er zur Antwort gab: Ich fürchte sehr / es stecke hierunter eine sehr wichtige Geheimniß / welches die Zeit offenbahren wird / und ich meine Gedanken noch zur Zeit nicht anzeigen darff; Es wird aber nöhtig seyn / daß Spitamenes / dem die Grenzen anbefohlen sind / Königlichen Befehl bekomme / gute Auffsicht auff das gemeine Wesen / und auff seine Völker zuhaben / damit er nicht krafft dieser Dräuung / welche man keiner Antwort gewirdiget / überfallen werde / ehe er weiß / daß er Feinde hat.

[805] So bald Gobares zu Susa wieder anlangete / gewan er Lust Fr. Statiren zubesuchẽ / und weil er bißher noch stets argwohnete / sie hielte Kleon heimlich bey ihr auff / schrieb er zuvor an Nabarzanes; er währe in glaubwirdige Erfahrung kommen / ob solte Kleon nit allein noch im Leben / sondern auff seinem Schlosse in einem absonderlichen Gemache versperret seyn /welches eigentlich zuerfahren / er fleissig acht geben solte / wohin Statira zuzeiten allein ginge / könte ihr alsdann heimlich nachschleichen / und also leicht hinter die Warheit kommen. Nabarzanes nach seiner Einfalt wunderte sich der Zeitung / nam des Fürsten Lehr in acht / und folgete seinem Gemahl / die des andern Morgens sehr früh vom Bette hinweg schleich / leise nach / sahe sie auff ein abgelegenes Gemach gehen /und die Tühr hinter ihr verriegeln / deßwegen er näher hinzutrat und sie behorchete / gleich da sie ihren Kleon also anredete: Herzlieber Schaz / ich kan euch nicht bergen / daß Fürst Gobares Diener gestern ankommen ist / und ich seine Werbung nicht erfahren kan / ohn daß er vor gibt / sein Fürst werde uns ehist besuchen / wornach mich aber wenig verlanget. Kleon antwortete; Er fürchtete sehr / daß seine Anwesenheit endlich möchte außgespehet werden / auff welchen Fall er gewiß sterben müste / bähte demnach dienstlich / ihre Gn. wolten ihn auff wenig Tage erlassen /er wolte inwendig Viertel Jahrs frist sich ohnfehlbar wieder einstellen; welches sie ihm aber mit freundlichen Worten abschlug. Nabarzanes / nachdem er zwar seines Gemahls Stimme vernam / aber die Reden nicht verstehen kunte / ohn daß er sie ihren Kleon etlichemahl neñen hörete / machte sich in aller stille wieder davon / uñ schrieb an den Fürsten / er hätte seiner Durchl. klugem Raht nachgelebet / und den Fuchs im versperreten Loche angetroffen / zweifelte nit / da er Hülffe hätte / ihn zuerhaschen / uñ dem Fürsten zu liefern; fertigte damit den Bohten ab / und legte sich wieder zur Ruhe. Des nachmittages / da sein Gemahl an andern Orten geschäftig wahr / ging Nabarzanes wieder nach Kleons Gemache / klopffete an und sagete: Tube mir auff Kleon / nachdem ich von meinem Gemahl berichtet bin / dz du hie bist. Dieser erschrak dessen nit wenig / wolte doch nicht antworten / sondern hielt sich ganz stille / da jener zum andernmahl sagete: Warum antwortestu mir nit Kleon /uñ kuntest heut früh dich mit meinem Gemahl so wol begehẽ? erst merkete er den betrug / uñ ließ ihn unbeantwortet abzihẽ. So bald nun Statira dessen von ihm mit furchtsamer Sti e berichtet ward / lachete sie uñ sagete: Gebet euch zu friedẽ / wir wollẽ ihm diesen Tanz leicht verdrehẽ / brachte ihn gegen Abend auf ein ander Gemach / uñ ließ sich gegen Nabarzanes im wenigsten nichts merken; doch machte sie ihr leicht die Rechnung / er würde es dem Fürsten schon zugeschrieben haben / weil dessen Diener hinweg wahr. Des folgenden Morgens machte sie sich gleich wie des vorigen / frühe nach demselben Gemache / da Nabarzanes ihr abermahl folgete / und eine zeitlang horchete / dessen sie wahrnehmend / nicht anders redete /ob währe Kleon bey ihr / machete endlich die Tühr auff / als wüste sie nicht umb ihn / und stellete sich wegen seiner Gegenwart erschrocken; worüber er ein Herz fassete / und zu ihr sagete: Meine herzgeliebete /warumb tuht ihr mir und euch so grosse Schande an /und verberget Kleon alhie / als köntet ihr ohn ihn nicht leben? Was; antwortete sie / verberge ich Kleon? ja wol Kleon! welchen das Wild leider im Walde gefressen und verzehret hat; zwar ich leugne nicht / daß ich zu zeiten mich an diesem Orte finde /und seine Liebe Gedächtnis begehe / weil ich ihn mit eurer bewilligung geliebet; aber dafern [806] ihr die Gedanken führet / er sey noch im Leben / oder auch in diesem Gemache / seid ihr sehr unrecht dran. Ey sagte er / ihr werdet mich ja nicht mit hörenden Ohren taub machẽ; und was stehet ihr alhie ohn Kleider? ja was sprachet ihr so freundlich / wann niemand bey euch ist? Sie stellete sich zornig hierauff / und gab zur Antwort: Was hätte ich vor Ursach / ihn vor euch zuverbergen / wann er noch lebete? Aber es ist leider sein Geist / sein ädler Geist aus dem schönen Leibe hinweg gereiset; und immer schade / daß dieser von den wilden Tihren hat sollen zerrissen werden. Er lachete der Rede / und begehrete / sie möchte ihn nur ins Gemach lassen / dann würde sichs bald außfündig machen / wo Kleon verborgen läge. Billich klage ich solches den Göttern / sagte sie / daß ihr mich in so falschen Verdacht zihet; aber habe ich oder einiger Mensch euch jemahls gehindert auff dieses Gemach zu gehen / ob ichs gleich Kleons Seele gewidmet habe? kommet und suchet / ich bins wol zu frieden; fassete ihn auch beim Arme / und zog ihn hinein; da er nichts als eine ledige Betstat mit Tůchern behänget / und einen gedecketen Tisch fand; worüber er sich zum höchsten verwunderte / und zu ihr sagete: Nun schwüre ich zu allen Göttern / ich hätte ihn mit euch reden gehöret / kan auch nicht anders gedenken / ihr müsset ihn an einen andern Ort gebracht haben. Ey ihr närrischer Mensch / antwortete sie; habe ich ihn dann durch Wände und Mauren zihen können? oder ist er als ein unsichtbarer zur Tühr hinaus verschwunden / wañ ihr ihn gehöret habt? doch kommet und durchsuchet alle meine Gemächer nacheinander / und wann ihr ihn findet / wil ich das Leben verwirket haben. Der schlechte einfältige Nar begunte schon zu zweiffeln / und auff ihr anhalten durchging er mit ihr alle Gemächer. Sie hatte ihn aber im Kleiderladen verberget / welchen sie doch auffgesperret stehen ließ / wohin sie ihren Gemahl endlich führete / trat mit ihm vor den Laden / da Kleon hinter einem langen Mantel auffrecht stund / und fing sie also an zu reden: O du lieber ädler Kleon / mustu dann nach deinem Tode so gefürchtet / und wegen blosses Argwohns zur ganz unverdienten Straffe gesuchet werden? Nun zweiffele ich an deinem Tode nicht / dann währestu noch im Leben / würde ich dessen ohn zweiffel berichtet seyn; aber deine mißgünstige können nicht ruhen / sondern wollen dich / da sie doch nur deinen Tod suchen / mit Gewalt lebendig haben. Frau / antwortete er / ihr wisset / wie viel ich euch übersehe /und allen Willen gönne / könte euch auch diesen Diener wol lassen / dafern es unserm Fürsten nicht so hefftig zuwieder währe / als welchen verdreust / daß ein Leibeigener Teil an euch haben sol. Er wolte weiter außbeichten / aber sie fiel ihm in die Rede / und sagete: Was treibet ihr vor ein närrisches Gewäsche /oder was hat der Fürst mir zubefehlen / sintemahl ich euer / und nicht sein Gemahl bin; so habe ich auch mit Kleon keine andere als zulässige Freundschaft gepflogen / wodurch euch im geringsten kein Abbruch geschehen ist; aber wir stehen alhie schon zu lange /deßwegen lasset uns weiter gehen und nachsuchung tuhn / daß der eitele Argwohn euch benommen werde. Ich gehe mit / sagte er / und bin gewiß / daß er auff keinem dieser Gemächer / so wir besehen / sich auffhält. Ja / gedachte Kleon hinter dem Mantel / bleibe du nur in deiner Gewißheit; Sie aber fing an; so schwöre ich bey allẽ Göttern / daß Kleon auff den übrigen Zimmern viel weniger zu finden / oder gegenwärtig ist; ging auch mit ihm immer fort das ganze Schloß zu durchsuchen / und als er sich nirgend sehen ließ / baht Nabarzanes ganz inständig / sie möchte doch dem Fürsten zugefallen / diesen Diener abschaffen; er hätte glaubwirdige Nachrichtung / daß er auf dem Schlosse verborgen [807] gehalten würde / und da sie ihm nicht gehorsamete / wolte ers dem Fürsten klagen / und ihn zu Hülffe zihen. Die Frau wahr in ihrem Gewissen überzeuget / durffte demnach ihre gewöhnliche Keiferey nicht vor die Hand nehmen / sondern kehrete sich zum Weinen und bezeugete mit vielen Trähnen ihre Unschuld; endlich fiel sie ihm umb den Halß /und mit heftigen ungewöhnlichen küssen baht sie / er möchte den falschen Verdacht aus dem Sinne schlagen / sie hätte ihren Kleon sider das leztemahl nicht gesehen / welches zu bejahen sie alle Flüche ausließ; weil er aber auff seiner Meinung fest stehen blieb /fing sie endlich an: Nun so höre mich betrübetes Weib / o du ädle Kleons-Seele / an was Ende du auch bist / und räche deine und meine Unschuld an diesem Hartnäckigten / der weder durch Bitte noch Trähnen noch Flüche zu bewägen ist. Ging hiemit von ihm /und ließ sich etlicher Dräuungen vernehmen / daß er weiter anzuhalten abgeschrecket ward. Es fiel ihr aber schwer / ihrem Kleon Speise und Trank unvermerket zuzubringen / welches erst umb Nachmittage geschahe / da Nabarzanes seine Ruhestunden hielt / und legte sie mit ihm an / wessen er sich umb Mitternacht verhalten solte. Bey dem Abendmahl taht sie ihrem Gemahl sehr gütlich / erzeigete sich traurig / und ging zeitig mit ihm an die Ruhe. Umb Mitternacht gingen alle Wachskerzen / welche im Gemache zu brennen pflegeten / von sich selber aus / dann sie wahren durchboret und mit Wasser angefüllet; Worauff Kleon in einem weissen Kittel gar leise in die Kammer trat /und dariñen auff und nider ging / welches die Frau ersehend / sich furchtsam erzeigete / uñ ihren Gemahl auffweckete / vorgebend / ihr kähme ein erschrekliches Grausen an / sahe damit auff / und ward Kleons gewahr / deßwegen sie ein dümpfiges Geschrey ergehen ließ / und endlich fragete / wer in der Kammer umbginge; sie bekam von einer traurigen Stimme diese Antwort; Geliebte Frau / es ist Kleons / eures geträuen Dieners schwebender Geist / und kan nicht zur Ruhe kommen / als lange meine Knochen unverscharret bleiben; seid demnach gebehten / und helffet mir; mein Gerippe wird man im Pusche am Wege zur rechten Hand finden / woselbst die durchfliessende Bach einen doppelten Lauff hält. So bald sie dieses hörete / sprang sie aus dem Bette / und lieff hin / ihn zu umbfahen; aber er weich ihr immer aus / vorgebend / verstorbene Seelen könten von den lebendigen nicht begriffen noch geküsset werden. So bald er nun durch der Frauen Nachdringen biß ans Bette kam /kehrete er sich umb und sagete zu Nabarzanes; du Gottloser Mensch / der du deines frommes Gemahls unwirdig bist; wodurch habe ich dich jemahls beleidiget / daß du mich diesen Tag so verunruhet / und aus meinem Gemache durch alle Zimmer getrieben hast /in welchem ich bißher mich in allerstille auffgehalten / und daselbst nach meinem Tode von deinem Gemahl täglich beklaget bin? Der erschrockene Tropff hatte den Kopff unter dem Bette verhüllet / und lieff ihm der Angstschweiß bey den Ohren herunter / ja alle seine Glieder zitterten ihm / daß er kein Wort reden kunte; gab doch endlich seinem Gemahl zuverstehen /sie möchte eine Bitte vor ihn einlegen / damit die Seele ihn nicht beleidigte; weil aber solches der Abrede nicht gemäß wahr / achtete dessen Kleon nicht /sondern zog ihm das Bette vom Leibe / und mit einem Ochsenstecken zerschmirete er ihm Arm und Beine /ja sein ganzes Gerippe dermassen / daß er wie ein Wurm sich krümmete; endlich fassete er ihn bey der Kehle und sagte: Du Gottloser Schelm / jezt wil ich dich erwürgen / nachdem du mich heut in meiner Ruhe gestöret / und so unbarmherzig umbher [808] getrieben hast. Der arme Mensch gedachte / er müste nun gewiß sterben / baht demnach sein Gemahl durch alle Götter / sie möchte ihr seine Rettung lassen angelegen seyn; welche endlich zu Kleons Füssen niderfiel / und den verstelleten Geist mit grossem Geheule baht /ihres Mannes zu schonen / sie wolte ihm zu ehren das Gemach weihen / und als lange sie lebete / seine Gedächtnis darauff begehen. Nun wolan / geliebte Frau /antwortete Kleon / bloß umb euret willen schone ich seyn / sonst müste er ohn alle Gnade und Barmherzigkeit sterben; gab ihm noch etliche starke streiche über die Lenden / und machte sich zur Tühr hinaus an seinen Ort / da die Frau rieff; hilff lieber Gott / da fleuget die klare Seele als ein blitzen der Strahl zum Fenster hinaus; stund hernach / uñ stellete sich / ob könte sie die Tühr nicht öffnen / biß ihr endlich geriet / und sie die zu nähst schlaffende Mägde ermunterte / die ein Licht herzu bringen musten / da sie Nabarzanes in tieffer Ohmacht fand / den sie wieder erquickete / uñ sich gar leidig stellete / dauchte ihr auch / es währe schier zugrob gemacht / weil er fast keinẽ weissen Flecken an seinen Gliedmassen hatte. Nachdem er wieder zu ihm selber kam / fragete er / ob der Geist noch verhanden währe / uñ sagte nachgehends: Nun leugne wer da wil / daß keine Geister seyn / ich armer Mann habe es leider gar zu schmerzlich empfunden. Ach Gott / antwortete sie / wie seid ihr doch auff den Unraht kommen / daß ihr der frommen Seele gestriges Tages so grosse Beschimpfung angelegt habet? Lasset euch dieses / bitte ich / eine Warnung seyn / und verhütet hinfüro dergleichen Unfall / dann mit Geistern lässet sichs trauen nicht schertzen; bedenket auch /daß euch bloß durch meine vorbitte das Leben erhalten sey / welches ihr sonst ohn zweiffel hättet einbüssen müssen. Des Morgens richtete sie eine trefliche Salbe zu / und schmierete ihn damit zum oftern / daß er des vierten Tages keine sonderliche Schmerzen mehr empfand. Kleon lebete diese Zeit über sicher /und fürchtete sich doch / es würde Gobares nicht auffhören ihm nachzustellen / deßwegẽ er abermahl umb kurze erlassung anhielt / welches sie ihm rund abschlug / es währe ihr unmöglich / sein zu entrahten /solte sich aber versichern / daß sie ihn vor Gobares wol schützen könte. Nun stellete er sich zwar / als währe er zu frieden / und nam ihm doch vor / erster Gelegenheit bey Nachtzeit heimlich davon zu lauffen. Des sechsten Morgens nach der Prügelung / da Nabarzanes zum erstenmahle wieder auffgestanden wahr / und Statira sich bey Kleon in ihrem Kleider Gemache befand / sahe sie ohngefehr eine Schaar von 200 Reutern auff ihr Schloß zueilen / und erkennete aus ihrer Kleider Farbe / daß sie Gebares zustunden /daher sie nicht ohn bestürzung zu Kleon sagete: Gobares hat wieder euch ein Schelmstük im Siñe / dort kommen seine Reuter her; so haltet euch nun im KleiderLaden verborgen / und lasset vor daß übrige mich sorgen; ging darauff nach Nabarzanes Gemache / und stellete sich / als hätte sie der Reuter keine acht gehabt / welche schon anklopfeten / und in des Fürsten Nahmen begehreten eingelassen zu werden. So bald sie auff dem innersten Platze erschienen / und Nabarzanes neben ihr zu ihnen ging / meldete ihr Führer des Fürsten Gruß an / und daß derselbe außgekundschaffet hätte / daß Kleon von etwa einer Magd im Schlosse heimlich auffgehalten würde; nun währe derselbe bey dem Fürsten angeklaget / daß er eines ädlen Ritters Weib genohtzüchtiget / und sie nachgehends samt den Ritter entleibet hätte / welche Bosheit billich müste abgestraffet werden. Nabarzanes sahe sein Gemahl an / und sagte: Er wolte ja nicht hoffen / daß der Bube neulich in Geistes [809] Gestalt selbst erschienen währe / wolte ihn sonst also zu richten lassen / daß ihn forhin deßgleichen nicht mehr gelüsten würde. Diese stellete sich sehr fremde / und antwortete den Abgesanten: Mich wundert nit / daß man meinem Gn. Fürsten Kleons Anwesenheit hieselbst hat antragen dürffen / nachdem etliche sich unterstanden / uns selbsten dieses einzubilden; es ist aber ein Zeichen grosses mistrauens / daß ihre Fürstl. Gn. eine solche Menge Reuter hersendet / und stehet fast schimpflich /umb eines Todten Menschen Willen so viel Pferde zu satteln; jedoch möget ihr euch wol versichern / daß ihr Kleon so wenig hier als zu Susa antreffen werdet; und wer solches nicht gläuben wil / der schaue hinaus vor das Schloß / woselbst ich vor dreien Tagen seine Gebeine einscharren lassen / wie sein schwebende Geist es selbst begehret / und den Ort angezeiget hat /da sein von den wilden Tihren übergelassenes anzutreffen währe; möget demnach wol wie der hin zu eurem Fürsten reiten / und ihm andeuten / daß er auffhöre die Todten alhier in dieser Welt zusuchen / es dürffte ihm sonst nicht viel anders / als meinem Nabarzanes ergehen; wil er aber sein übriges ja haben /so grabet es aus / und führet es mit euch hin; ob er sonst des beschuldigten Mordes und anderer aufflage schuldig sey oder nicht / habe ich nicht zubeantworten / wiewol ich ihn viel eines redlichern Gemühtes erkennet habe. Der Abgesandte wolte sich mit diesen Worten nicht abspeisen lassen / sondern gab vor / er hätte von seinem Gn. Fürsten außdrücklichẽ Befehl /das gantze Schloß durch und durch zusuchen / umb zuvernehmen / an was Ende die Magd den boßhafften Menschen verborgen hielte / und würde man ihm verzeihen / wann er hierin untertähnig gehorsamete; stieg damit vom Pferde / und foderte die Schlüssel von Nabarzanes zu allen Gemächern / vorwendend / es solte ihm nicht daß allergeringste entfremdet werden. Diese Anmuhtung wahr der Frauen sehr zuwieder / und gab zur Antwort: Du nicht werder Tropff bist noch lange der Mann nicht / den ich meine Gemächer werde durchschnauben lassen; und was zeihet sich dein Fürst? meinet er / daß ich meinen Mägden meine verschlossene Gemächer eingebe / ihre unzüchtige Buhlen darauff zu versperren? Da gehe hin / und suche ihn in der MägdeKammer / als lange dichs gelüstet /dann auff meine Zimmer soltu ohn meine Vergünstigung keinen Fuß setzen / als lange ich den Odem zihen kan. Nabarzanes hielt bey seinem Gemahl fleissig an / sie möchte / Verdacht zu meiden / sich des Fürsten begehren gefallen lassen. Wie / sagte sie /haltet dañ ihr und der Fürst mich umb eines schlimmen Knechtes willen in Verdacht? Trotz sey einem oder andern gebohten / der mir solches wahr machet. So muß es nicht verstanden werden / antwortete Nabarzanes / nur / es möchte der Fürst wähnen / ihr nähmet euch seiner aus Barmhertzigkeit an. Er gedenke endlich / was er wil / sagete sie / so lasse ich doch nicht einen jeden schlimmen TroßBuben besehen /wie viel oder wenig ich auff meinen Gemächern verschliesse. Hierauff gab der Abgesandte zur Antwort: Wann ja Eure Gn. dieses erste nicht eingehen wil / so muß ihr / krafft Fürstlichẽ Befehls nicht zuwider seyn / dz ich alle ihre Gemächer / Bodem / und Keller vier Tage lang mit Schildwachen auswendig besetze / und nur die wenigen / deren Ihre Gn. selbst täglich gebrauchet / durchschaue; befahl also seinen Reutern abzusteigẽ / und je zween und zween vor jeder Tühr mit entblössetem Gewehr sich zustellen; welches sie dann endlich zugeben muste / da unterdessen ihre EsseStube / SchlaffKammer und KleiderGemach wol durchsuchet wurden / und nachgehends unbesezt blieben. Kleon stund abermahl [810] hinter dem Mantel verborgen / uñ betrachtete seine Gefahr nicht ohn schrecken / gleich da Statira mit ertichteten Thrähnen sagete: So erbarme es die Götter / daß ich meine Kleider und Schmuk von andern besehen lassen / und dieses Gemach in Verdacht gezogen werden muß. Der abgesanter antwortete: Eure Gn. beschliessen den KleiderKasten nach belieben / ich begehre kein Läplein darin anzurühren. Warumb solte ich meine Kleider verschliessen? antwortete sie / die sind bißher offenbahr geblieben / und bin noch nicht willens / sie umb deinet willen den Mäusen und Motten zur Speise einzuschliessen; Jedoch / weil ich dieses Gemach habe müssen durchsuchen lassen / magst du die übrigen alle mit einander besichtigen / und wol gar das oberste zu unterst kehren / damit dein Fürst / wann du nicht finden wirst / was du suchest / sich ins Herz schäme / daß er ein unschuldiges Weib dergestalt beleidiget hat / welches der ganzen erbaren Welt zuklagen / ich unvergessen seyn / und ihm selbst diese Schmach nimmermehr verzeihen wil. Also gingen sie auff diese Vergünstigung weiter / und halff Nabarzanes fleissig mit umsuchen / da Statira sie endlich auffzohe / und wo etwa ein fauler Winkel wahr / sie dahin bringen ließ / daß sie endlich bey nahe in ein Scheißhaus gefallen währen. Als man nun den vermeynten Mörder nirgends fand / wurden dannoch alle Zimmer / (die Esse Stube / Schlaffkammer und KleiderGemach ausgenommen) mit Wachten auswendig besetzet / da Statira als aus Ungeduld sich in ihrem KleiderGemache beschloß / und mit ihrem Kleon überlegete / wie mans forthin am sichersten anschlüge / er aber ganz inständig und mit Trähnen baht / ihn auff kurze Zeit zubeurlauben / damit er sein Leben retten möchte. Sie sahe / daß sie aus der Noht eine Tugend machen müste / und versprach ihm dieses einzuwilligen / dafern er seine Zusage zuhalten eingedenk seyn / und sich wieder einstellen wolte / welches er gar freygebig verhieß. Bey wehrendem Abendessen sagte sie in des Abgesanten Gegenwart zu ihrem Gemahl: Wann wir unsers FürstenErzfeinde währen /könte er uns schimpflicher nicht halten / noch höher beleidigen / und dafern diese Hüter nicht abgeschaffet werden / wil ichs zu seiner Zeit zugedenken wissen; so habe ich nun bey mir beschlossen / ein Schreiben an den Fürsten zuverfertigen / und mich dieser schändlichen Schmach zubeklagen / zweifele nicht /er werde in sich gehen / und das Unwesen auffheben /und sol der Bohte noch diese Nacht fortgehen; Ging auch alsbald nach ihrem KleiderGemach / woselbst sie einen Brief / nicht an den Fürsten / wie sie vorgab / sondern an ihre Wase verfertigte / welche Ostwerz nach Persen hin ihre Herligkeit hatte / und begehrete von ihr / Zeigern dieses / einen Griechischen ädlen Ritter ihr befohlen seyn zulassen / welcher wider des Fürstẽ unbilliche Verfolgung sich in ihren Schutz begeben hätte. Nachgehends kläbete sie Kleon einen grossen grausprenglichten Bart an / und nach guter Unterrichtung / wessen er sich verhalten solte / ließ sie ihm ein trefliches Pferd satteln / schenkete ihm 600 Kronen Zehrgeld / und stellete ihn wieder hinter den Mantel. Bald ließ sie acht Knechte auff das Gemach fodern / unter dem Schein / einen zu dieser Botschafft daraus zuwählen / schikte sie doch alle nacheinander wieder hinunter / welches die hin und wieder stehende Schildwachten wegen der Finsterniß nicht eigentlich wahrnehmen kunten; nach deren Abtrit Kleon Stiefel und Sporn und ein festes Panzer anlegte / ward auch von Statiren selbst hinaus geleitet zu zween Fürstlichen Reutern / welche mit ihm fortgehen / und sich stündlich bey Mondenschein auffmachen solten / so daß sie gegen den Mittag die neun Meilen endigen [811] könten. Kleon ging zuvor nach dem Stalle /nam seine daselbst vergrabene Kleinot neben einer Sturmhaube / Schwert und Schild zu sich / und machte sich mit seiner Gesellschafft frölich davon / dem Himmel höchlich dankend / daß er dieser beschwerlichen und gezwungenen Unkeuscheit entrunnen wahr /und nunmehr die ganze Welt wiederumb offen hatte. Er ritte schnelle fort / und fragete nach den Landstrassen gar fleissig / weil er seinem vorgeben nach /erstes Tages an die Persischen Grenzen solte verschicket werden. Als sie nun an einen Scheideweg kahmen / von welchem ihm seine Gefärten sageten / daß er nach Persen ginge / zeigete er ihnen an / dieser währe ihm zureiten von seiner Gn. Frauen befohlen / uñ könten sie nach belieben entweder nach Nabarzanes Schlosse umkehren / oder gen Susa sich verfügen /ihrem Fürsten anzuzeigen / der Vogel währe nicht mehr im Bauer / sondern durch ein enges Ritzchen davon geflogen. Diese hingegen lacheten seines vorgebens / es hätte die Meynung nicht / sie hätten der Frauen befehl selbst angehöret / daß er nach Susa mit ihnen solte / deßwegen müste er sich nicht von ihnen trennen. Er aber reiß den angeklebeten Bart hinweg /daß der eine / der ihn vor mehr gesehen hatte / ihn alsbald kennete / welcher zu seinem Gesellen sagete: Hui Bruder / eben dieser ist der Verrähter Kleon / welchen zufahen wir ausgeschicket sind / deswegen müssen wir ihn greiffen oder sterben. Was / bin ich ein Verrähter? sagte er; setzete damit ernstlich unter sie / und erlegete den einen alsbald; der ander / ob er gleich gute Gegenwehre taht / muste endlich auch mit dem Leben bezahlen. Statira erfuhr gleich diese Nacht / es hätte Orsillos den verstelleten Kleon an der Rede erkeñet / uñ solches einem andern Knechte vertrauet /daher sie einem ihrer geträuesten Dienern befahl / ihn unter dem Schein / daß er Holz tragen solte / alsbald in den Wald mit zunehmen / zuerschlagen / das Häupt ihm abzuschneiden / und das übrige den wilden Tihren zulassen. Dieser wolte solchem Befehl nachkommen / ging mit ihm fort / und trug eine schwere Holz-Axt auff der Schulter. Orsillos empfand ein starkes grausen in seinem Herzen / nam eine kurze Erklärung / vorige Freyheit wieder zusuchen / stürtzete seinen Gefärten unversehens zu bodem / erschlug ihn hernach mit der Axt / machte sich auch mit derselben von der grössesten Last seiner BeinKetten loß /schleppete den Ermordeten ins Gesträuch / und lieff gegen Mittag des nähesten Weges nach dem Persischen Meer zu / da er in einem Flecken sich bey einem Schmide / den er in der Jugend gekennet hatte /angab / und das übrige von der Ketten abfeilen ließ /und weil er keine Lebensmittel hatte / nehrete er sich des raubens und stehlens eine zeitlang. Kleon / so bald er feine Geleitsleute vom Brod getahn hatte / jagete drey Meilen in den Frůhstunden fort / biß er in einem Dorffe anlangete / woselbst er nach allem Wunsche einen Kauffmann antraff / der viel ReitHarnische auff unterschiedlichen Wagen nach Susa zuverhandeln führete / kauffte ihm der festesten einen ab / und nach vierstündiger Ruhe nam er einen Bauren zu sich / welcher ihn den sichersten Weg nach Fr. Statiren Wase führen muste / kehrete bey ihr ein / und nach angemeldetem Grusse von ihrer Wasen / überreichete er das Schreiben mit guter Höfligkeit. Diese wahr eine gar alte ansehnliche Frau / Nahmens Artystona / von grossen Baarschafften / hatte Statiren in kindlichen Jahrẽ auferzogen / und in der Jugend gleiches Handwerk der Unkeuscheit mit Fürst Gobares Vater getrieben. Sie hatte aber in Jahresfrist keine Zeitung von ihrer Wasen gehabt / daher ihr das Schreiben sehr angenehm wahr / und sie aus demselben ihre Liebe zu Kleon leicht spürete / [812] auch die ursach seiner Verfolguung abnam; Und weil Kleon bewust wahr / daß in dem Briefe an Fr. Artystonen begehret ward / ihm nach seiner Anfoderung Gelder vorzustrecken / welche zu allem Danke solten erlegt werden / wolte er sich der gelegenheit gebrauchen / und foderte 30000 Kronen. Der Frauen gedauchte es zwar viel seyn / doch wegerte sie sich dessen nicht / sondern auff einen kleinen zurük gegebenen Schein zählete sie ihm solche aus / welche er nachgehends von Persepolis nebest einem köstlichen Kleinot wieder übermachete; Sie gab ihm auch auff begehren drey reitende Knechte auff vier Wochen zu / und ließ ihn des dritten Tages fortzihen. Als er in der ersten Persischen Stad anlangete / erfuhr er die Kriegs Unruhe /und daß er ohn starke Geselschafft nicht durchkommen / noch Parthen erreichen könte; blieb deswegen wenig Tage stille liegen / umb zuvernehmen / was sein bestes seyn würde / nachdem sein unbewäglicher Vorsatz wahr / Herkules oder Ladisla zusuchẽ / ob er gleich drüber sterben solte. Als die nach Susa abgefertigte über bestimmete Zeit ausse blieben / machte Statira ihr leicht die Rechnung / daß an Kleons Seiten es wol abgelauffen währe / taht aber nicht desgleichen / sondern wahr auff Fürst Gobares sehr ungehalten /daß er ihr die Völker so lange auff dem Halse liesse /begehrete endlich / daß noch etliche hinritten / und sich bescheids erhohlen solten. Diese wurden auff dem Wege berichtet / man hätte zween erschlagene auff freyem Felde gefunden / und in das näheste Dorff getragen; wurden von diesen besehen / und alsbald erkennet / daher ihrer drey den Weg nach Susa verfolgeten / der vierde ging wieder zurük / und brachte die Zeitung Nabarzanes über / da Statira fragte / ob sich dann ihr mitgeschikter Knecht nicht lebendig oder tod fünde; wovon er nicht zusagen wuste. Gobares aber /als ihm diese Zeitung zukam / erriet den ganzen Handel / und wahr froh / daß er dieses Mitbuhlers auff solche weise loß worden wahr / der sich aber nachgehends an ihm härtiglich rächete.

Herkules und Ladisla brachen des nähesten Tages nach Tyriotes hinreise gen Charas / von Persepolis auff / und führeten 16000 tapffere Reuter mit sich /wovon Pharnabazus 5000 Ladisla gleich so viel / und Herkules 6000 nahmen / da dann dieser allen seinen sechstausenden auff ihre Pferde hatte Hals- und Hinterdecken von leichtgestopffeter und fest durchnäheter Linnewand an stat der Pferde-Harnische machen lassen / durch welche kein Pfeil schiessen noch fallen kunte. So bald sie die Persische Grenze Stad gegen Parthen zu erreicheten / hielten sie sich daselbst in den dritten Tag gar stille / und erwarteten ihres Gallus mit seiner Geselschafft / welche auff jeztgemeldete zeit bey ihnen nebest Tyriotes anlangeten / und nicht zu geringer Rachgier bewäget wurden / als ihnen des Königes schimpfliche Antwort mündlich vorgetragen ward / wiewol Herkules aus der Fräulein Schreiben grossen Trost empfing / weil er sahe / das sie bißdahin vor aller Ansprache sicher seyn würde / da sonst eine redliche Ader an Artabanus übrig währe. Tyriotes hatte sich fleissig erkundiget / an was Ort des Feindes GrenzHeer sich niedergelassen hatte / uñ brachte den unsern die Zeitung daß sie 24000 stark eine ganze Tagereise ins Land enge bey einander lågen / in willens einen hefftigen Einfall in Persen zu wagen / weil man ihnen alle Sicherheit gebracht / daß keine feindliche Völker sich in der nähe spüren liessen. Worauff Herkules zu seinen beyden Gesellen sagete: Wolan / weil Artabanus so gerne wissen wil /was hinter unserm AbsagsBrieffe stecke / und er überdaß uns vor Knaben uñ seine Knechte [813] schilt / müssen wir ihm ein Knaben- oder Kinderspiel auffmachen und eine Knechtische Auffwartung sehen lassen /worüber er sich ein wenig kitzeln möge; weil er dann der Fräulein an den König gegebene Versicherung noch nicht gelesen hatte / zohe er dieselbe wieder hervor / und fand diesen spitzigen Inhalt:Herkuliska /gebohrnes Königliches Fräulein aus Böhmen / gelobet hiemit und Krafft dieses / dem Allergroßmächtigsten Beherscher der Morgenländer / Könige Artabanus / nach verlauff der annoch bevorstehenden fest versprochenen Wochen / ohn einige Einrede und Wiederspenstigkeit / in die Königliche glükselige Heyraht einzuwilligen / dafern inwendig solcher Zeit ihre GroßKönigl. Hocheit weder durch sich selbst / noch durch andere sie keinerley Weise zum Beylager oder anderen liebes Sachen anfodern wird /auff was masse und Weise solches immermehr geschehen könte; im wiedrigen wird und muß sie in Mangel anderer Mittel / sich zum wenigsten durch den Tod von aller Gewaltsamkeit zu befreien / einen sicheren Weg finden. Herkulisken eigene Hand.

Nach verlesung ließ er geschwinde zu Pferde blasen / und nahmen den geradesten Weg nach Parthen /blieben die Nacht eine halbe Meile von den Grenzen im Felde liegen / futterten ihre Pferde wol / und eine Stunde vor der Sonnen Auffgang gingen sie in drey Hauffen als eine stränge Fluht in Parthen hinein / da alles abgebrennet / erschlagen und gefangen / auch trefliche Beute gemacht ward; die schönesten Dörffer und Flecken wurden in die Asche gelegt / und weil sie vor Uberfall sicher wahren / streiffeten sie hin und wieder auff vier Meileweges in die Breite und Länge /nur einen wolgelegenen Flecken erhielten sie / legeten sich dahinein / und sendeten Kundschafft aus / des Feindes Ankunfft uñ Vorhaben zuerforschen. Der Parthische Feld Herr Spitamenes hatte auff Vologeses getrieb den Königlichen Befehl erhalten / daß er vorsichtig spielen / und gleichwol / wo möglich / durch Feur und Schwert dem Persen schaden zu fügen solte / gleich als das fliegende Gerücht ihm die Zeitung brachte / die Persen währen eingefallen / und hätten schlimmer gehauset / als nie kein außländischer Feind; worüber der freimuhtige Spitamenes auff sich selbst unwillig ward / daß er den andern nicht vorkommen wahr / samlete sein Heer in aller Eile / uñ ging in guter Vorsichtigkeit fort / nach dem Flecken welchen die unsern ihnen zum Rükhalt genommen hatten / und ihm solches schon verkundschaffet wahr /und ob gleich alle flüchtige ihm anbrachten / daß die Persen über 30000 stark währen / scheuhete er sich doch nicht / dieselben mit einer gesezten Schlachtordnung im freien Felde anzugreiffen / dann er verließ sich auff seine wolgeübete Mannschaft. Herkules bekam die Zeitung wegen seines anzuges früh genug /machte alles zur Schlacht fertig / und redete Pharnabazus ein tapferes Herz ein / welcher nichts als die Wenigkeit ihrer Völker beklagete. Sie setzeten sich in drey Hauffen / Ladisla hatte den Rechtẽ / Pharnabazus nebest Tyriotes den linken Flügel / jeder 5000 stark / und hielt er mit seinen 6000 in der Mitte / welche sich auff ihre durchnähete Leinen-Panzer-Decken nicht wenig verliessen. So bald beyde feindliche Heer einander ins Gesicht bekahmen / wunderte sich Spitamenes über der unsern geringen Anzahl / und fürchtete sich vor einen Auffsaz oder hinterhalt / bekam aber aus dem Flecken die Nachricht / daß keine feindliche Völker mehr verhanden währen / auch daß dieser Einfall nicht im Nahmen des Persen / sondern zweer fremder Fürsten geschehen / welche ja der Königlichen Braut zu Charas Bruder und Oheim seyn solten. Dieser verwunderte sich dessen überaus hoch / und fragete / ob dann ihre Völker nicht Persen währen; worauff [814] er zur Antwort bekam / sie redeten zwar alle Persisch / und gäben sich doch vor Syrer aus / von jenseit Damaskus / woselbst sie von ihren beyden FeldHerrn umb baar Geld geworben währen. Daß muß ich billich gläuben / sagte er / demnach ich wol versichert bin / dz die Persen in so geringer Anzahl mir nicht stehen würden. Ehe er nun die Schlacht antrat / erinnerte er mit wenigen seine Parther ihrer unüberwindlichen Kraft / und daß sie das leichte Gesindle welches gegen sie hielte nicht fürchten soltẽ / als welche weder zu Feld-Schlachten angewiesen / noch sich selbst zuschützen geherzt währen / sondern sich auff die Römer verliessen / denen sie sich daher knechtischer Weise unterworffen hätten. Herkules wahr auch nicht faul die seinen zu muhtigen / sie solten sich nicht daran kehren / dz der Feind irgendwa 4 / oder 5000 Köpffe mehr als sie ins Feld stellete /sondern ihr Gewehr redlich gebrauchen / alsdañ solte sichs bald außfündig machen / was wahre Tugend /uñ was leichter Frevel währe. Pharnabazus taht mit den Pfeilen den ersten Angriff / ward aber bald zurük getrieben / weil der Feind eins so stark gegen ihn anging. Herkules sahe ihn weichen / und stärkete ihn unter Tyriotes Anführung mit 1500 frischen Reutern /welche den Anfall gar glüklich verrichteten uñ in die 3000 von den Feinden teils tödteten / teils hart verwundeten; wodurch Pharnabazus erfrischet / tapffer wieder ansetzete / und den Feind dergestalt auff die Weichseite trieb / daß sie ihre Pfeile rüklings zuschissen (wie sonst ihre Art uñ Gebrauch wahr) vergassen; doch weil ihnen 2000 geruhete zum entsaz kahmen / welche ihnen ihre Kleinmühtigkeit heftig verwiesen / fasseten sie abermahl stand / daß die unsern ihnen raum geben musten / da Tyriotes mit seinem Entsaz / welche alle gepanzerte Pferde hatten / sich voran setzete / und eine grosse Niederlage von Pharnabazus Leuten abwendete. Ladisla hatte besser Glük und unvorsichtigere Feinde / dann als er von 8000 angegriffen ward / setzete er dermassen unter sie / daß in kurzer Zeit die helffte gefellet ward / und kam ihm sonderlich zu statten / daß er ihnen so frühzeitig mit dem Schwert auff der Hauben wahr / und sie die Pfeile nicht recht gebrauchen kunten / so hatte sich auch sein Feind zu kühn gewaget / und von den andern sich zu weit abgezogen / daher sie endlich umbgeben und mehrenteils erschlagen wurden. Herkules sahe dz Pharnabazus sich vor seinem Feinde kaum mehr schützen kunte / deßwegen er ihm noch 500 frische Völker zuschickete / die mit Tyriotes sich zusammen setzeten / und auff ihre Pferde-Panzer sich verlassend dem Feind unter die Pfeile ritten / damit sie mit dem Schwert handeln könten / welches dann glüklich anging / und setzete ihnen Pharnabazus dergestalt nach /daß er gnug zuverstehen gab / er wolte Blut nehmen oder geben / daher an diesem Ort es hart zuging / und Tyriotes sich so tapffer bezeigete / daß ihm Pharnabazus nachgehends / das Zeugnis gab / er währe ein Schuz seines ganzen Flügels gewesen. Spitamenes /der noch 6000 außerlesene Reuter umb sich hatte /entsetzete sich sehr / daß seine Leute dergestalt ins Graß bissen / hätte die gegen Ladisla stritten / gerne entsetzet / sahe aber Herkules mit seinen 4000 übrigen sich auch zum Angriff bereiten / dessen Pferd (dann er ritte seinen ädlen Blänken) fast mit gewalt unter die Feinde wolte / weil er dann sahe daß an allen Seiten es zimlich wol stund / brach er gegen Spitamenes loß / der ihm eine grosse Menge Pfeile von ferne entgegen schickete / welche ihm aber sehr geringen schaden zufügeten / da hingegen Herkules Hauffe ihm im ersten Angriff an die 2000 erschoß und sonst zum fechten undüchtig machete; nach schiessens endigung muste [815] Gallus mit den 1000 SpeerReutern / die zuhinterst hielten / sich hervormachen / welche gerade auff ihre Feinde angingen / und deren in die 800 felleten / hernach griffen sie zu den Schwertern / und liessen die Parther empfinden / daß ihre Arme nicht wichtloß wahren. Herkules trieb wunder mit seinem Schwert / daß jeder der ihn sahe / vor ihm außwich / weil seyn Pferd sich bald bekant machete; es begehrete sein ein grosser starcker Ritter absonderlich / dem er solches nicht versagete / und ihn nach wenig geführeten Streichen zur Erden legete / auch bald darauff den andern / welcher diesen zu rächen ihm vornam. Ladisla hatte an seinem Orte das Feld schier erstritten / und hielt die übrigen von dem Feinde / an der Zahl 1900 gar enge ein / aber an einer Seite brachen sie durch und vereinigten sich mit Spitamenes / welcher ihre geringe Anzahl sehend / an dem Siege schon begunte zu zweifeln / auch deßwegen seine berümte Vorsichtigkeit in eine Wuht verwandelte / da er auff Herkules Völker dergestalt ansetzete / daß sie hinter sich zu weichen gezwungen wurden. Ladisla sahe dieses / hatte zwar in willen /Pharnabazus zu entsetzen / aber Herkules Gefahr lag ihm näher an / so daß durch seine Zukunft die Parther dieses Orts nähern kauff gaben / aber an Pharnabazus Seiten fingen sie an Meister zuspielen / musten aber umb ihres Feld-Herrn Gefahr willen / sich auff denselben hinzihen / dessen die unsern wolzufrieden wahren / und gleicher gestalt sich in ein Heer zusammen setzeten / auch mit verwunderung sahen / daß sie nunmehr den Feind an der Menge umb ein grosses übertraffen. Spitamenes taht eine kurze Vermahnung an seine kleinmühtige Leute / sie möchten ihrer Ehr und Nahmens eingedenke seyn / und den unablöschlichen Schimpf solcher unrühmlichen Niederlage nit auff sich laden; er wüste daß er Parther bey sich hätte /nehmlich solche Kriegsleute / die vor ihres Königes Ehre biß zu dem lezten Athem zu fechten bereit und willig währen. Wodurch er sie auch ermunterte / daß sie sich erkläreten / noch einen solchen Fall zu wagen / der ihnen rühmlich seyn würde. Ihr Einbruch mit geschlossener Ordnung wahr sehr heftig / welchen Ladisla und Tyriotes auffhielten / Pharnabazus aber mit 3000 Mann von der Rechten her / und Herkules mit 2000 von der Linken in sie setzeten / daß ihre Ordnung getrennet ward / so daß ihrer viel sich nach der Flucht umbsahen / denen ihr FeldHerr zurief / wohin sie gedächten; ob sie vermeineten ihrem Könige wilkommen zu seyn / wann sie als verzagete Memmen ohn Wunden davon renneten. Wodurch er sie in etwas zum stande brachte / sich enge zusammen zogen / und noch einen verzweifelten Saz wageten / aber / weil die unsern in gar zu fester Ordnung hielten / nicht durchbrechen kunten / wiewol es hieselbst abermahl sehr über Pharnabazus Völker ging. Ladisla sahe ihn Noht leiden / ermunterte die seinen mit freudigen Worten /und griff von neuen ernstlich an / daß Pharnabazus Luft bekam / und seinen Schaden gedoppelt ersetzete. So glückete es Ladisla / dz er den FeldHerrn Spitamenes selbst antraff / und mit ihm einen absonderlichen Kampff hielt / der sich eine gute Zeit redlich wehrete /biß ihm Schild und Helm ganz zerschlagen wahr / da Ladisla zu ihm sagete: Ritter stürzet euch nicht muhtwillig in den Tod / nachdem ihr euren Ehren genug getahn / ich wil euch Gnade erzeigen / da ihrs begehret. Dieser sahe wol / daß er auff andere Weise dem Tode nicht entgehen würde / weil der gröste Teil seiner Völker umb ihn her erschlagen wahr / nam deßwegen die angebohtene Gnade an / uñ ward von 12 Reutern ins Lager geführet und fleissig verbunden. Herkules sahe daß die übrigen der Feinde [816] sich nach der Flucht umbsahen / nam 3000 Reuter zu sich / und hieb nach der rechten Seiten umb sie hin / da er ihnen den Abzug verlegte / dz sie allenthalben umbgeben /wie das Vieh nidergeschlagen wurden / biß die übrigen / an der Zahl 3000 / das Gewehr von sich worffen und umb Gnade rieffen / die ihnen nicht versaget ward. Nach erhaltenem Siege stiegen Herkules uñ Ladisla von ihren Pferden / danketen Gott herzlich vor die Uberwindung / und bahten ihn umb ferner Glük und Segen / das ihr Vorhaben bald möchte ins Werk gerichtet werden. Hernach zähleten sie ihre Völker /und funden / daß Pharnabazus 2100 Ladisla 800 und Herkules 700 eingebüsset hatten / ingesamt 3600 Mann / da hingegen von den Feinden 21000 auff der Wahlstat lagen; doch funden sich unter den unsern 1900 hatt verwundet / von denen 400 das Leben zusetzeten / und die übrigen wol geheilet wurden. Die Gefangenen wurden von 300 Mann im Lager verwahret / die übrigen gingen 10000 stark desselben Tages noch drey Meile in Feindes Land / sengeten / würgeten und verderbeten alles / was ihnen vorkam / und machten ein solches Schrecken in den umliegenden Orten / daß die Inwohner mit Weib und Kind auffbrachen / und eine Tagereise ins Land hinein flüchteten. Die unsern aber nach erlangeter grosser Beute / welche sie auf Wagen und Last Tihren fortschleppeten /kehreten wieder umb / kahmen des Morgens auff der Wahlstat an / und hielten Plünderung / liessen ihre Todten ehrlich begraben / und was in des Feindes Lager gefunden ward / nam Herkules alles zu sich /daß es Artaxerxes geliefert würde. 200 Reuter von den unsern musten nach gehaltener Schlacht umher reiten / und die ledigen Pferde zusammen treiben /deren sie 20000 einbrachten. Sie vergünstigten Spitamenes / daß er mit ihnen die Wahlstat besahe / wobey ihm die Augen übergingen; insonderheit verwunderte er sich der trefflichen Mann- und Erfahrenheit unserer Helden in solcher ihrer Jugend / die mit Pharnabazus sich schon verglichen hatten / alle Gefangene samt ihren Feld-Obristen ohn Entgelt loßzulassen / und redete Herkules denselben also an: Mein Herr / ich möchte wünschen / daß mir nicht ursach gegeben währe zu dem ergangenen grossen Blutvergiessen /und was sonsten dabey vorgangen ist; weil aber dieser mein lieber Geselle und ich durch grosse angelegte Beschimpffung darzu sind gezwungen worden / haben wir einen solchen fall wagen müssen; auff euer Häupt haben wir nichts zusprechen / ihr habt vor euren Herrn redlich gestritten / wie ein jeder Diener schuldig ist / daher schenken wir euch Leben uñ Freyheit /zuzihen / wohin euchs gelüstet / mit allen euren annoch lebendigen Leuten / doch / da ihr uns bey ritterlichen Ehren angeloben werdet / daß ihr ungeseumet nach Charas reiten / und eurem Könige den Verlauff der gestrigen Schlacht ohn Zusatz und Abzug / als viel euch bewust ist / anzeigen / auch daneben vermelden wollet; Mein BruderKönig Ladisla uñ ich GroßFürst Herkules / die er vor seine Knaben und Knechte schilt / haben ihm zum ersten Anfange dieses Kinderspiel und Knechtische Auffwartung sehen lassen / deren in kurzem mehr folgen möchten; hat er nun nach seinem auffgeblasenen Stolze / Ruhten binden lassen / uns zu züchtigen / wollen wir ihm unverzagte Herzen und rege Fäuste entgegen setzen / da unser Feur sengen und brennen / und unser Schwert schneiden sol / als lange er uns den Nahmen seiner Knaben und Knechte geben wird. Spitamenes erfreuete sich der unversehenen Gnade / und versprach in aller Gegenwart / das anbefohlene getråulich zuverrichten / setzete sich neben andern wenigen zu Pferde / und musten die übrigen fast gar nacket und ohn [817] Gewehr / blosses Håupts und Barfuß hinter ihm ohn alle Ordnung herlauffen. Die unsern brachen auch auf nach Persepolis / trieben 22000 Reuter Pferde mit Sattel uñ Zeug: 28000 WagenPferde; 18000 Ochsen und Kühe / 600 MaulEsel / 300 KameelTihre / 15000 junge Manschafft von Parthischen Einwohnern /12000 junge Weiber und Jungfern; auch 6000 Knaben und Mägdlein vor sich her / und wahr alles Viehe mit dem erbeuteten Raube beleget.

Gleich desselben Tages / da diese Schlacht gehalten ward / geriet Fräulein Herkuliska in die aller grösseste Gefahr ihrer Ehren / da sie ihr dessen am wenigsten vermuhten wahr. König Artabanus unehelicher Söhne einer / nahmens Gotarzes / ein frischer Jüngling von 18 Jahren / hatte bey Valikules Kampffe mit Mithrenes / der Fräulein Schönheit auf dem Obergange wahr genommen / und in dieselbe sich so hefftig verliebet / daß ihm unmöglich wahr / die Flammen länger zuerdulden / gedachte deswegen auf alle Gelegenheit / ihr seine Liebe zuentdecken und derselben entweder zugeniessen / oder frölich drüber zusterben. Er stund mit der Fräulein Leib Jungfer / Statipna in guter Kundschafft / durch deren Vorschub er ihren Willen hoffete zuerlangen / dafern er nur derselben ein Schreiben beybringẽ könte / welches er durch einen Verschnittenen endlich erhielt / als derselbe auff ihr Schloß verschicket ward / die Hofmeisterin nach dem Könige zuhohlen. Diese LeibDienerin / da sie das Schreiben empfing meynete nicht anders / es würde der junge Herr umb etwas ansuchen / welches ihm vor dem schon nicht gewegert wahr / ging an einen einsamen Ort / und lase folgende Worte:Die hohe Zuversicht auff eure Träue / vielgeliebte Statipna / hat mich kühn gemacht / ihr ein solches zuoffenbahren / wodurch ich ihr Macht über mein Leben und Tod zustelle / indem ich mit meiner Feder ausbeichte / mit was unaufflößlichen Stricken der ausbündigsten Schönheit (welche ihr täglich vor Augen zusehen gewirdiget seyd) ich gefesselt bin / so daß ich entweder sterben / oder deren Hulde geniessen muß. O geträuer Buhle /nehmet euch meiner Wolfahrt an / und gönnet nicht / daß euer Freund Gotarzes ohn Hülffe vergehen muß / helffet nur / daß ich deren Herz erstreiten möge / welche ihr das meine zu eigen gemacht hat / damit ich neue ursach finde / euch glükselig zumachen / und mehr als einige eures Standes in dieser Welt. Vor dißmahl ist mein gesinnen nur dieses / daß ihr eingeschlossenen Brief der unvergleichlichen Böhmischen Fräulein einhändiget / und euch aller Sachen unwissend stellet / mich derselben als ohngefehr rühmet / und auff ihre Reden und Geberden fleissige acht gebet / welche ihr mir wieder hinterbringen werdet /und ich daraus nachsinnen möge / wessen ich bey dieser Weltschönsten zuhoffen oder zufürchten habe. Dieses suchet und bittet der höchstverliebete / euer Freund Gotarzes.

O weh mir elenden / sagte sie nach Verlesung / was vor eine unerträgliche Last wird mir auffgebürdet! O Fürst Gotarzes / welches Unglük hat diese Gedanken in euch erwecket / die euren / und auch wol meinen gewissen Tod verursachen werden? zwar ich erkenne mich euch verbunden / aber das begehrete ist zu schwer / und mit meinem unvermeidlichen Verderben verknüpffet. Doch gedachte sie der Sache diesen ganzen Tag fleissig nach / und wahr nicht willens / der Fräulein den Brief einzureichen / weil sie sich befürchtete / er möchte dem Könige Artabanus von ihr zugeschicket werdẽ. Frl. Herkuliska nam ihrer Schwermütigkeit bald wahr / und sahe / daß sie ihren Rok fleissig zusammen wickelte / und unter die andern Kleider versteckete / da sie sich schlaffen legte /deswegen sie gleich argwohnete / es müste etwas heimliches darinnen verborgen seyn; stund derhalben / da jene im tieffestẽ Schlaffe [818] lag / von ihrem Bette auff / nam den Rok in aller stille mit sich in die Stube / und weil sie ihr Liecht daselbst hatte brennen lassen / fand sie beyde Schreiben / da sie nach Verlesung des vor erwähneten heftig erschrak / und sich entschloß /das andere auch zuerbrechen / und dessen Inhalt zusehen / welches also lautete:

O Sonne dieser irdischen Welt! O du reinester Glanz aller Vollkommenheiten! Was vor Unglük verschleusset ein so unsägliches Gut in dem Gefängniß der neidischen Mißgunst? Welcher Frevel entzeuhet der ganzen Welt die so hoch begehreten Strahlen der Erquickung? Unvergleichliches Fräulein / Schmuk dieses Erdbodems; Verzeihet / bitte ich / eurem demühtigst-ergebenstem Knechte / der Euer Durchl. sich mit Leib und Seel zueigen liefert / nebest vollkommenster Gewalt über sein Leben und Tod / und seine alleruntertähnigste Dienste darleget / eure Vortrefligkeit aus den verschlossenẽ Mauren loßzumachen / damit er nicht zugleich mit ihr sterben und untergehen möge. Verflucht sey das Alter / welches der Jugend nachhänget / und darzu weder geschikt noch düchtig ist. Aber O du unwirdiger Gotarzes / laß ab solches zuhoffen / was über dein Vermögen schwebet / und erkenne deine Geringfügigkeit / welche nicht zulässet / daß du deine ädle Gedanken derselben öffentlich darlegest / welche den Himmel selbst und aller Sternen Klarheit trotzet. Doch du hast die Kühnheit ergriffen / deine Beichte zutuhn / deswegen bekenne dieser allervollkommensten Schönheit / daß du ohn Bedingung ihr Ergebener seyst /und dich selig schätzen wirst / wann deren allerhellesten Aeugelein dein Schreiben anzusehen wirdigen / und auch nur den äussersten Strahl ihrer Gunst und Gnade auff dich abschiessen wollen; Kanstu aber ein solches wegen deiner Unwirdigkeit nicht erlangen / ey so stirb doch in diesen hohen Gedanken / weil du lieber tod seyn / als ohn dieser voll-schönen Gunst leben wilt / gegen welche / alle übrige / auch deines leiblichen Herrn Vaters Gnade / viel geringer / als der Kieselstein gegen den Demant zuschätzen ist. So erwarte nun der Antwort in beständiger Hoffnung / versichere deine Beherscherin / daß du bereit seyst / und Mittel habest / den alten unbendigen Liebhaber zustürzen / und dich an seine Stelle zusetzen; Schließlich /daß du im Tode und Leben verbleibest der Allervollkommensten Königlichen Fräulein Herkulisken ganz ergebener Knecht und Leibeigener Gotarzes.

Nach Verlesung dessen ward sie in ihrem Gemüht ganz verwirret / machte den Brief fein wieder zu /legte alles an seinen Ort / und blieb voller Gedanken /wie sie dieses Unglük von sich ablehnen könte. Des folgenden Morgens nam sie gelegenheit von ihrer Leibdienerin etwas heraus zulocken / und fragete sie /wie viel Söhne König Artabanus noch am Leben hätte / und warumb sie am Königlichen Hofe sich nicht auffhielten. Worauff diese zur Antwort gab: Sie kennete seine Söhne nicht alle / nur eines hätte sie zimliche Kundschaft / welcher ohn Zweifel allen andern an Höfligkeit und ädlem Gemüht weit vorginge / daher ihn der König sehr liebete / und bey sich am Hofe gerne duldete / würde / wie man davor hielte / das Reich nach des Vaters Tod erben / und in der Herschafft nachfolgen. Es ist mir sehr lieb / antwortete Herkuliska / daß mein König einen so wolgerahtenen Sohn hat / dem ich auff Begebenheit billich alle zugelassene Freundschafft erzeige / damit nach meines Königes Ableben ich bey ihm in guten Gnaden seyn /und nicht gar verstossen werden möge. Statipna wolte hierauff loßbrechen / und ihr den Brief einhändigen /aber die Hofmeisterin verstörete ihr diesen Handel / in dem sie ins Gemach trat / und ihr anzeigete / daß sie zu dem Könige gefodert würde. Meine Leibdienerin zu dem Könige? fragete Herkuliska / dessen bin ich ja ungewohnet / und muß solches ohn zweifel etwas wichtiges auff sich haben; ließ sie doch willig hingehen / ungeachtet sie den Anschlag richtig erriet / daß Gotarzes solches unter des Königes Nahmen spielen würde / welcher dann ihrer in eines Bürgers Hause wartete / schenkete ihr ein gutes Kleinot / und fragete sie / ob sie sich seiner Wolfahrt nicht hätte [819] lassen angelegen seyn. Diese versuchete anfangs ihm die neue Liebe aus dem Sinne zu schwatzen / hielt ihm vor /was Gefahr darauff stünde / dafern der König dessen nur einigen Argwohn fassen solte / und erboht sich /in allen andern fällen ihm auffzudienen; Er aber nam solches nicht zu herzen / sondern wolte wissen / ob dem Fräulein der Brief übergeben währe / und wessen sie sich erkläret hätte; es währe ihm allerdinge unmöglich / seinen Vorsatz zubrechen / davon ihn nichts als der Tod abwendig machen könte. Nun wolan /sagte sie / so wird Eure Durchl. dereins gnädigst erkennen / in was Gefahr ich mich ihret halben stecke /weil meine Träue gegen dieselbe viel grösser ist / als daß ich sie in ihrem Liebesleiden solte verschmachten lassen; und ob ich gleich aus hochwichtigen Ursachen den Briefhinterhalten / so habe ich doch dem Fråulein schon so viel vorgetragen / und Eure Durchl. gerühmet / daß von vollkommener Niessung alles dessen /was euer Herz wünschet / nichts als bloß eure abwesenheit euch abhält / welches Eure Durchl. mir wol sicher trauen mag / deswegen suche mein Fürst nur gelegenheit / sich ehist einzustellen / so daß kein Mensch von dem Frauenzimmer / ohn allein ich / dessen inne werde / und lasse mich das übrige machen. Wem wahr lieber als diesem Lustbegierigen / der schon ausrechnen durffte / wie freundlich er würde empfangen werden / offenbahrete ihr daher / er hätte den Obristen der Schlosses-Besatzung mit 500 Kronen und mächtigen Verheissungen schon dahin beredet / daß er ihn unter den Kä erlingen verstecken wolte / als dem er eingebildet / es währe eine Jungfer unter der Fräulein Gespielen / mit welcher er in Liebe stünde. Also nam nun Statipna von Gotarzes abscheid / und verfügete sich wieder nach dem Fräulein / die allein und in tieffen Gedanken saß / auch nicht wuste /wessen sie sich verhalten solte / dafern ihr der Brief geliefert / und Gotarzes Begehren zuwissen getahn würde. Sie hatte ohn das schon erfahren / daß dieser junge Herr nicht allein dem Könige / sondern allen Untertahnen lieb und angenehm wahr; solte sie nun dem Könige sein anmuhten verschweigen / und er dessen von andern berichtet würde / hätte sie sich schon einer Buhlerey bey ihm verdächtig gemachet; würde sie es aber anzeigen / so käme nicht allein Gotarzes in Lebensgefahr / und sie bey den Untertahnen in schweren Haß / sondern der König würde überdas noch verursachet werden / die ohndas starke Verwachung umb so viel eiferiger zuversehen / also daß ihrem Valikules dereins aller Zugang möchte versperret werden / welches die einige ursach ihres Todes seyn würde. Gleich da sie in dieser Betrachtung wahr / trat Statipna zu ihr / und meldete ihr mit lustigen Geberden an / es hätte nicht der König / sondern der treffliche Fürst Gotarzes unter dessen Nahmen sie abgefodert / ihr die hohe inbrünstige Liebe / so er gegen Ihre Durchl. trüge / in höchster geheim anvertrauet /und diesen Brief zugestellet / ihrer Gn. denselben /nähest Anmeldung seines untertähnigsten Gehorsams / einzuhändigen / und genehme Antwort darauff zubitten. Was sagestu? antwortete Herkuliska / träget der Königl. junge Fürst einige Liebe zu mir? wie kan ihm solche gegönnet oder zugelassen werden / weil sein Herr Vater ihm dieselbe allein wil vorbehalten haben? bey Leib und Leben / sage mir hievon ja nicht mehr /und erinnere ihn seiner kindlichen Pflicht / womit er dem Könige seinem Herr Vater verbunden ist; stelle ihm auch das Schreiben unerbrochen wieder zu / nebest dem Vermelden / daß ich ihn sehr bitten und ermahnen lasse / solcher Gedanken müssig zugehen /und dessen ja nichts an mich zubegehren / wodurch sein Herr Vater könte beleidiget werden / weil solches ihn und mich [820] zugleich in den unvermeidlichen Tod stürzen würde; im übrigen wolle ich ihm alle Gewogenheit und Freundschafft bezeigen / so viel Zeit und gelegenheit gönnen kan. Diese hielt solchen Abschlag nicht vor ernstlich / und baht nochmahls / zum wenigsten den Brief zulesen; Sie aber sagte: Es stünde ihr nicht zu / auff dem verwahreten Schlosse Briefe anzunehmen / insonderheit / die ohn und hinter des Königes Vorwissen geschrieben würden / darzu verdächtiges Inhalts währen; wolte diesem nach ihres ferneren ansträngens nicht gewärtig seyn / und ihr gebohten haben / denselben Gotarzes wieder einzuhändigen /daß ihn ja kein Mensch zusehen bekähme / da sonst der Inhalt mit ihrem mündlichen vorbringen einerley währe / wie sie nicht anders gedenken könte. Hiedurch ward sie von weiterer Anhaltung abgeschrecket / ohn daß sie immerhin von dem hochverliebeten Gotarzes ihre Reden führete / biß Herkuliska endlich ungeduldig drüber ward / und ihr geboht / das Faß zuzuschlagen / und dessen nicht mehr zugedenken; Noch durffte dieses verblendete Mensch es vor eine åusserliche Verstellung auslegen / die nicht von herzen ginge / daher sie nach genommener Abrede den jungen Herrn umb Mitternacht in aller stille auff die Stuben ließ / hieß ihn daselbst sich entkleiden / und sich an der Fräulein Seite legen / mit der Erinnerung / ob sie gleich anfangs sich sträuben und wegerlich erzeigen würde / solte er solches nicht achten / sondern es der gewöhnlichen Scham zuschreiben; den herzhafften und kühnen stünde das gute Glük bey / dessen kein verzageter zugeniessen hätte. Dieser ohndas in seinen Begierden gar verblendet / nam ihm festiglich vor /ohn seines Willens Ersättigung nicht zuscheiden / und legte sich so sanffte an ihre Seite / daß sie dessen nicht inne ward / weil sie über ihre Gewohnheit fest eingeschlaffen wahr. Als er nun durch Reizungen ganz übernommen / sich weiter nicht mässigen kunte /fing er an sie zuküssen / wovon sie alsbald erwachete / und einen Menschen neben sich empfindend / eilend aus dem Bette sprang / nicht anders gedenkend / es würde Artabanus selber seyn / der sich unterstehen wolte / ihr auff diese Weise beyzukommen. Es wahr ihr aber das grösseste Unglük / daß das Liecht auff der Stuben / dahin sie lieff / außgelöschet wahr / und so finster daß man keine Hand vor Augen sehen kunte; weil sie nun gleichwol den Ort wuste / da ihre Kleider lagen / machte sie sich dahin / nam ihr Brodmesser zur Hand / und ging wieder in die Kammer nach ihrem Bette / sprechend: Was vor ein Fremder findet sich hier an / da er nichts zu suchen hat? Er aber trat zu ihr ein / überfiel sie mit hefftiger Liebeswuht / und begunte mit ihr zu ringen / sie auff das Lager zuwerffen / deßwegen sie ihm das Messerchen ins Herz drückete / daß er mit diesem Worte:O ich sterbe! dahin fiel / und keinen Finger mehr rührete. Bald darauff schlug sie Feur / zündete ein Licht an / und rieff ihrer Dienerin / welche vor grosser Herzensangst kein wort reden kunte / und sich überdaß als hart eingeschlaffen stellete; fuhr endlich als aus tieffen Schlaffe auff / und fragete / was ihre Gn. begehreten. O du leichtfertiger Balg / sagte sie / was vor ein Mañesbilde hastu mir zugeführet / mich um meine Ehr zubringen? welcher den Lohn seiner Boßheit schon empfangen hat. Diese wolte von nichts wissen /entschuldigte sich / und lieff hin / den Erstochenen zubesehen / da sie rieff: O ihr Götter Fürst Gotarzes liegt alhier. Er sey wer er wolle / antwortete Herkuliska / ich habe keinen Fürsten / sondern einen frechen Buben und Gewalttähter erstochen / vor dem ich meine Ehre zubeschützen gezwungen wahr / zweifele nicht / du und kein ander Mensch habest ihn herzugeführet / dessen du schwere Straffe [821] außstehen solt. Diese warff sich weit / es möchte ihre Gn. solche ungleiche Gedanken doch von ihr nicht schöpffen / es währe ihr von seiner Gegenwart nicht dz allergeringste bewust / würde auch solches nimmermehr verschwiegen / viel weniger eingewilliget haben / welches das Fräulein geduldig anhörete / und sich stellete / als gläubete sie ihren Worten; doch trat sie zu ihr /nam ihr beyde Schreiben aus dem Schiebsak / und befahl / daß sie die Hoffmeisterin herzu hohlen / den Unfal verschweigen / uñ vorgeben solte / ihr währe eine geringe Ohmacht zugestossen; welche sich bald einstellete / da inzwischen Herkuliska das Messer aus der Wunde zog / und das Löchlein mit Baumwolle zustopffete / daß kein tropffen Blut heraus lieff. Die Hofmeisterin fand sie beim Lichte stehen in bleicher Gestalt / sie aber nam alsbald einen Strik / band damit Statipnen Hände fest zusammen / und sagte zu der Hofmeisterin; Sehet meine Freundin / hier binde ich eine Gottlose Verrähterin / welche mich bey nahe umb meine Ehre gebracht / uñ das künftige Königliche EheBette besudelt hätte. Die Hofmeisterin erschrak dessen / und erzählete ihr das Fräulein alles was sich zugetragen hatte / ohn daß sie den entleibeten nicht nahmhaft machete; Bedrauete hernach die Dienerin mit der Folter / daß sie alles bekennen muste. So bald der Nahme Gotarzes geneñet ward /wuste die Hoffmeisterin vor Angst nicht zu bleiben; aber das Fräulein tröstete sie / man müste ein Herz ergreiffen / da man unschuldig währe; sie selbst hätte nicht gewust / von wem sie so unzimlich angefallen währe / und wann sie es gleich gewust hätte / wolte sie doch ihrer ehren Rettung unvergessen gewesen seyn. Sie befragte die Verrähterin weiters / durch wessen Vorschub Gotarzes auff das Schloß kommen währe / und als sie Nachricht genug hatte / setzete sie diesen Brieff auff an den König:Allergnädigster König / höchstgeliebeter Herr; das boßhafte Glük wil nicht auffhören / meiner Ehren schändliche Fallen zu stellen / so daß / wann die gütigen Götter / bevorab die Göttin Vesta mir nicht augenscheinlichen Beystand geleistet / ich diese Nacht meiner Keuscheit-Ehre währe entsetzet worden / uñ zwar von einem solchẽ / welchen euer Königliche Hocheit ich nicht nennen darff / als der vor allen andern sich solches Bubenstüks hätte sollen enthalten. Ich gestehe / daß meine SchuzGöttin Vesta mir mein Brodmesserchen in die Hand gelieffert / gleich da der Gewalttähter mich nöhtigen wollen / und ich nicht anders / als auff diese Weise mich loßwirken können / daß ich ihm das Herz im Leibe abgestochen / und hiedurch eurer Hocheit rein und unbeflekt vorbehalten bin. Ob nun gleich der Tähter eurer Hocheit lieb und angenehm seyn mag / zweifele ich dannoch nicht / die Schandtaht werde derselben höchlich mißhagen / und daher / wegen verteidigung meiner Keuscheit auff ihre gehorsame ganz ergebene Magd Herkuliska keinen Unwillen werffen / sondern als ein gerechtester König sprechen und ergehen lassen was recht ist. Beygefügete Schreibẽ / eines an meine Dienerin die Verrähterin / das ander an mich / so noch ungeöffnet / werden den Tähter und sein verwägenes Vorhaben an den Tag legen; und wer sonst Raht und Vorschub zu dessen Frechheit gegeben / kan meine Hoffmeisterin anmelden / welcher ihre Königl. Hocheit / als mir selbst vollen Glauben zustellen / und stets gnädigster König und Herr verbleiben wolle / mir / ihrer Hocheit un tertähnigst-gehorsamsten Dienerin Herkulisken.

Bey früher Tageszeit muste die Hofmeisterin dem Könige diesen Brieff samt denn Beylagen bringen /die fast lieber in den Tod gangen währe; der König wahr noch nicht auffgestanden / daher sie desto besser sich besiñen kunte / wie sie es dem Könige aufs glimpflichste vortragen wolte / da sie / so bald sie vorgelassen ward / ihn also anredete: Allergnädigster Herr und König; eure Königl. Hocheit wird von ihrem Fräulein demühtigst gegrüsset und gebehten / wegen neuer Zeitung / welche in diesem Schreiben zu offenbahren sie gezwungen [822] wird / sich nicht zuentsetzen /und bleibet sie eurer Hocheit zu allen zeiten biß an ihr Gelübde allergehorsamste Magd. Was bringet uns diese ungewöhnliche Erinnerung? antwortete der König; wir wollen ja nicht hoffen / daß etwa verwägene Ehren-Räuber sich auff unser Fräulein Schlosse dürffen finden lassen / welche solches trauen mit dem Halse bezahlen müsten wans gleich mein liebster Sohn währe. Ihre Königl. Hocheit / sagte sie / wird aus dem Schreiben volkommenen Bericht allergnädigst ersehen. Er brach dasselbe mit sonderbahrem Eifer / und nach fleissiger durchlesung und außgestürzeten seufzen sagte er: Nun mein Schaz; wir sind deiner Liebe und Träue gnug versichert; aber / sagte er zu der Hofmeisterin / ist nicht mein Gotarzes selbst /der boßhafte Schelm gewesen? und wo sind die im Schreiben erwähnete Beylagen. Ach ihre Hocheit /antwortete sie / ich zweifele nicht / die Liebe habe ihn zu solcher unbesoñenheit gebracht / und kan das Durchl. Fräulein sich über den kläglichen Fall nicht zu frieden geben / hat mich auch mit hochteuren Worten versichert / daß sie nicht ehe gewust / wer ihrer Ehren nachsteller gewesen / biß sie es von ihrer Leibdienerin gehöret / worauff sie sich aus Unmuht ohn zweifel entleibet hätte / währe es von mir nicht verhindert worden. Die Beylagen betreffend / hat man davon nichts im geringsten gewust / biß man sie ohngefehr bey der Verrähterin gefunden. Als der König den verschlossenẽ gar durch gelesen hatte / fing er aus heftigem Zorn an: O du gottloser Schelm / nimmermehr bistu von mir gezeuget / sonst würdestu solcher dreyfachen Untaht dich nicht schuldig gemacht haben / wodurch du verdienet / daß wir dich / andern zum Beyspiel / lebendig schinden und vierteln liessen /wann du nicht schon deine Straffe / wie wol viel zugelinde / empfangen hättest. Sagte hernach zu der Hofmeisterin; meldet unserm geträuen Fräulein und liebsten Schatze an / daß sie im wenigsten nicht / dieser Taht wegen sich bekümmere / sondern daß wir sie deßwegen rühmen / und alle Gnade ihr wieder fahren lassen wollen. Die Hofmeisterin bedankete sich im Nahmen der Fräulein / und zeigete derselben gutdünken an / daß umb anderer Leute willen dieser Unfall des jungen Fürsten in höchster geheim gehalten / und die Mitschuldigen / als Statipna / und Bardanes ihrer Besatzung Oberster / aller Ursache ungemeldet / am Leben möchten gestraffet werden; welches nach kurzem bedenken der König vor gut hielt / ließ alsbald den Obristen in Stücken zerhauen / die Dienerin in einen Sak stecken und in der Fräulein SchloßGraben ertränken / das Fråulein aber durch die Hofmeisterin trösten / und sie vermahnen / daß auff ihrem keuschen Sinne sie standfest verbleiben möchte / welches ihr mit höchsten Gnaden solte vergolten werden.

Als Herkules und Ladisla mit ihrem Heer und der grossen Beute der Stad Persepolis naheten / liessen sie ihre Anwesenheit Artaxerxes wissen / daher er voller freuden ihnen entgegen ritte / und nach Pharnabazus umbständlicher Erzählung / es schier vor ungläublich hielt; rühmete unsere Helden offentlich vor dem ganzen Heer / sprach ihnen die ganze Beute des Lagers zu / und sendete an alle Bundsgenossen außführlichen Bericht / wodurch bey denselben nicht allein eine unsägliche Freude / sondern zugleich auch eine Verachtung des Feindes erwecket ward / dessen Krafft und Mannheit sie bißher vor unüberwindlich geschätzet hatten.

Zu Charas sprengete dz Geschrey gar zeitig aus /was gestalt die Persen einen Feindlichen [823] Einfall ins Land gethan / und alles auff sieben Meile Weges verwüstet / verbrennet / geraubet und erwürget hätten /und weil das Königliche Heer unter Spitamenes deßweges hin sein Lager gehabt / wolte man nicht zweiffeln / sie müsten alle erschlagen / und kein einiger davon entruñen seyn / welches doch niemand vor den König bringen wolte / biß Fürst Vologeses zu Charas anlangete / (welcher verreiset gewesen) und ihm zuverstehen gab / er fürchtete sehr / Spitamenes würde den Feinden in die Hände gefallen seyn. Des folgenden Tages gelangete derselbe mit zwanzig seiner überbliebenen Befehlichshaber an vor dem StadTohr /und durch zeigung seiner verbundenen Wunden und traurigen Geberden gab er den erlittenen Schaden gnug zuverstehen. Ob er sich nun gleich vor des Königes schwerer Ungnade fürchtete / nam er ihm doch vor / die anbefohlene Werbung träulich / wie wol auffs glimpflichste zu verrichten / ließ sich bey dem Könige demühtigst angeben / welcher seiner Gegenwart sich verwunderte / und ihm daher nichts gutes träumen ließ / gab ihm doch Freiheit vorzutreten / und ward also von ihm angeredet: Allergroßmächtigster /unüberwindlichster König / nachdem ihre Königl. Hocheit mir ein fliegendes Heer allergnädigst anvertrauet hat / mit Befehl / damit die Grenzen vor vermuhtlichem Einfal des abtrünnigen Persen zu verwahren / und da es die Gelegenheit geben würde / der Straffe wieder die Auffrührer den Anfang zu machen /oder / da einige feindliche Völker / denen ich vermeinete gewachsen zu seyn / antreffen würde / sie anzugreiffen / habe ich mich in untertähnigstem Gehorsam fertig gemacht / und gleich da ich willens wahr auffzubrechen uñ den Feind zu suchen / von ihrer Hocheit den Befehl bekommen mich der Vorsichtigkeit zugebrauchen / welche Warnung ich nicht verachtet / und bald darauff Kundschaft eingezogen / daß ein fremder Feind in unsern Grenzen durch Schwert und Brand bereit alles verderbete / daher ich ungeseumet mit guter Ordnung und Vorsichtigkeit ihm begegnet / uñ weil er an Mannschaft den drittenteil geringer als ich wahr / mit voller Schlachtordnung auf ihn gedrungen und das Spiel gewaget / da ich gestehen muß / dz ich die Blume ihrer Ritterschaft angetroffen / massen sie alle mit Harnisch / Schwertern und Pfeilen / auch mit ritter Speeren gerüstet / sich dermassen vortelhafftig gebraucheten / dz sie die unsern wie Mücken niderlegeten / ungeachtet sie weder des Orts / noch Windes noch Sonnen / nicht den allergeringsten Vortel hatten; ja ihre Schwerter höreten nicht auff zuschneiden / biß meiner Leute 21000 erschlagen / ich im absonderlichen Streite erleget / und die wenigen übrigẽ von den meinen / ihre Waffen niderzulegen gezwungen wurden; ob ich nun alles daß redlich versehen / was bey des einem Heerführer und Kriegsmann zustehet / werden Freunde und Feinde zeugnis geben können / auff welchen fall / da mir keine Schuld / wie ich weiß / zugemässen werden kan / von Euer Königl. Hocheit ich untertähnigst bitte / des Glückes unfall mir nicht zuzuschreiben. Der König ward des Vorbringens sehr zornig / schalt und schmähete ihn auffs äusserste /neben Bedräuung / er wolte ihn andern zum Beyspiel schon zufinden wissen; Welches Spitamenes also beantwortete: Wann ich Glückesfälle verantworten sol /bin ich willig / Euer Hocheit straffen über mich zunehmen / ungeachtet ich mich auff mein Gewissen und aller annoch lebendigen Zeugniß beruffe / daß ich nichts unterlassen / was einem redlichen FeldHerrn zustehet / als lange ich mein Schwert zuführen bestand gewesen bin; wo der Streit am hefftigsten wahr /habe ich mich finden lassen / den [824] schwachen habe ich zu rechter Zeit Entsatz zugeschicket / die verzagten auffgemuntert / die zurük weichenden der Parthischen Herzhafftigkeit erinnert / die Fluchtbegierigen selbst wieder angetrieben / und mich nicht gewegert / mit König Ladisla einen absonderlichen herben Kampff zuhalten / dessen Kräffte und Erfahrenheit / bekenne ich / mir überlegen gewesen / uñ den meisten Teil meines Bluts aus meinen Wunden gezapfet. Artabanus besan sich hierauff / und fragete / wie stark der Feind dann eigentlich / und was vor Art Völker sie gewesen? Er antwortete: Es führete der Feind 16000 Mann auff mich an / in dreyen Hauffen / muß gestehen / daß ihre zween vornehmste FeldHerren / GroßFürst Herkules aus Teutschland / und König Ladisla aus Böhmen / mir allerdinge unüberwindlich vorkommen seyn / als viel Leibes Geschikligkeit und Krafft nebest Kriegs-Erfahrenheit betrifft; ja allergnädigster König / wann die Götter in menschlicher gestalt erscheinen wolten / würden sie ihren Muht / Art und Leib annehmen; Da wahr kein Schild noch Helm vor ihrem Schwerte sicher / ihre Augen fünkelten ihnen im Kopffe wie glüende Kohlen / und taht Herkules Pferd mit beissen und schlagen ja so grossen Schaden / als sein Reuter mit hauen und stechen. Wie grimmig sie aber im treffen wahren / so hohe Gnade erzeigeten sie den überwundenen / indem sie mich und die meinen verbinden / speisen und trånken liessen. Ihre Völker gaben sich zwar vor Römische Untertahnen aus Syrien an / aber ich habe gewisse Nachricht erhalten /daß sie alle mit einander Artaxerxes Völker und gebohrne Persen sind / von obgedachten ihren beyden FeldHerren dergestalt abgerichtet / daß sie vor die besten Kriegs Knechte billich zu halten. Mich und meine überbliebene betreffend / haben sie ohn einiges Entgelt frey gesprochen / nur daß ich verheissen muste / Euer Hocheit ihre Werbung zuhinterbringen. Gleich dazumahl kam Vologeses darzu / sahe Spitamenes bleich und verbunden stehen / und erkennete daher / daß das Geschrey nicht erlogen wahr; Spitamenes freuete sich seiner Ankunft sehr / weil er ihm sehr gewogen / und von der Mutter seiten her verwand war; Und muste er seine schon getahne Erzählung wiederhohlen; Worauff ihn Vologeses fragete / wie doch die beyden fremden Fürsten gestalt währen; als er nun vernam / daß sie beyde so schön und zart wahren / sagte er: So habe ich mir falsche Gedanken eingebildet / welche ich schier mit einem äide bekräfftigen dürffen. Was entbieten uns aber die beyden Landläuffer? fragete der König. Der jüngste / antwortete er / von diesen beyden / nahmens Herkules / der noch kein Haar umbs Maul hat / und solcher Schönheit ist /daß er alle Weibsbilder dieser Welt / meinem bedünken nach / übertrifft / gab mir diesen Befehl: Deutet eurem Könige an / mein Bruder König Ladisla und ich / die er vor seine Knaben und Knechte ausruffet /haben ihm dieses erste Kinderspiel und Knechtische Auffwartung sehen lassen / worauff bald mehr folgen sollen; hat dann euer König lassen Ruhten über uns binden / wollen wir ihm unverzagte Herzen und Fäuste entgegen setzen. Dieser Rede ergrimmete Artabanus / und fuhr heraus: Haben die ohmächtige BettelFürsten uns noch weiters dräuen dürffen? Wolan / es sol ihnen wiederfahren / was sie verdienen; Hieß darauff Spitamenes abtreten / und begehrete von Vologeses ihm seine Meynung zusagen; Welcher also anfing: Allergnädigster König / ich erinnere Eure Hocheit /daß mirs schon im Anfange nicht gefallen / daß man diese fremden nicht eins einer schriftlichen Antwort auff ihr begehren / wirdigen wollen / welches uns schon so tapffere Kriegsleute gekostet hat; man sol seinen Feind / den man gedenket [825] zu dämpffen / nit verachten / wie schlecht und geringe er auch scheinẽ mag / dañ zuzeitẽ straffen die grossen Götter durch veråchtliche Mittel / wie ich dessen viel Begebnissen einführen könte / kan aber an Alexander dem Mazedonischen Könige gnung seyn / welchen die zornigen Götter mit einer Handvoll Volks über das Meer schicketen / daß er ganz Asia uñ Afrika mit seiner Geissel züchtigen muste; und wer weiß / was die Götter mit diesen beyden jungen Fürsten im Sinne haben / deren Tapfferkeit und Verstand von Spitamenes (welcher trauen kein Kind ist) so hoch gerühmet wird. Der König kunte vor Ungeduld ihm nicht länger zuhören /und sagete: Mein Vologeses / ist euch heut etwa ein Hase quehr über den Weg gelauffen / daß ihr euch eines Unglüks befürchtet. Kein Hase / allergnädigster König / antwortete er / sondern die vielfältigen UnglükZeichen / die von allenthalben her angemeldet werden / heissen mich bedachtsam spielen / damit man nicht in ein Feur lauffe / welches man wol meiden kan. Ey was Feur / was Feur / sagte er / haben die beyden fremden Leker-Buben uns diesen Schimpff erwiesen (dann vor Schaden können wirs nicht rechnen / dz unsere faule nichts werte Kriegsleute erschlagen sind) / so wollen wir uns bemühen / daß diese Knaben nach Verdienst gestrichen werden; aber wie dünket euch umb Spitamenes / daß ers so schlimlich versehen hat? Ich kan davon nicht urteilen / antwortete er / ehe und bevor ich seiner Leute Aussage haben werde /muß ihm sonst das Zeugniß geben / daß er bißher allemahl in Kriegsgeschäfften vorsichtig / tapffer und glüklich gewesen. Der König ließ denselben wieder vor sich fodern / unterdessen Vologeses ihn vermahnete / es würde nöhtig seyn / daß ihm dieser Verlust vergeben würde / damit andere Feld Herren nicht furchtsam gemachet werden möchten. Madates / ein verwägener / und in seinem Vornehmen glüklicher Mann / dem Könige von mütterlicher seiten her nahe verwand / trat mit Spitamenes zugleich hinein / welchen der König also anredete: Auf mein Madates /und sihe zu / daß du des unglüklichen Spitamenes Wunde verbindest / welche ihm die Kinder aus Teutschland geschlagen haben; nim unserer besten Parthischen Reuter 40000 zu dir / damit gehe an die Persischen Grenzen / senge und brenne was du kanst /und schlage nider was Persisch ist uñ heisset. Vologeses baht den König sehr / er möchte nichts aus Zorn und Eifer vornehmen / damit nichts versehen würde /das man hernach zu spät beklagen müste. Aber Madates bedankete sich des gegebenen Befehls / mit dem versprechen / er wolte seinen Freund Spitamenes dergestalt an den ohmächtigen Persen und ihren Führern rächen / daß der König seine Lust dran sehen solte. Spitamenes sagte zu ihm: So sehet euch wol vor Herr Madates / und verfahret mit gutem Bedacht / dann ich kan nicht unterlassen / krafft meiner Pflicht und äide /damit ich meinem Herrn und Könige verbunden bin /euch anzusagen / daß keine Kinder / sondern tapffere Männer euer warten werden. Ich möchte auch nicht gerne mit Kinder / zufechten haben / antwortete er /aber wie dicke Harnische es gleich seyn mögen / in welchen sich die Persen verstecken / wolte ich mich vermässen / ihnen dieselbe ohn Schwert mit Knütteln dergestalt zutreffen / daß sie drinnen ersticken solten. Die gütigen Götter / antwortete Spitamenes / wollen euch hierzu ihren Segen verleihen / daß jederman hernähst sprechẽ möge / niemand als Spitamenes habe sich schlimmer wider die beyden Fremdlinge bezeiget; aber ich fürchte sehr / ihr werdet mit diesem Vorsatze wenig gutes schaffen. Madates taht / als hörete ers nicht / und versprach dem Könige / heut über drey Tage mit der genenneten [826] Menge vor dem Schlosse zu erscheinen / wahr sehr geflissen / eine gute Ritterschaft zusamlen / und ihnen tapffere und versuchte KriegsObristen vorzustellen / brachte auch auff geheiß 20 Parthische Ritter vor den König / welcher ihnen den Vorschlag taht / ob sie so geherzt währen /sich zubemühen / daß sie des Feindes beyde Führer /Ladisla und Herkules / die sich durch Waffen schon würden kund geben / lebendig griffen / und ihm auffs Schloß lieferten / daß sie vor ihm daselbst als Knaben gestrichen würden / solte jeder 3000 Kronen / und der ihrer einen greiffen würde 12000 Kronen aus Königlicher Schatzkammer empfangen. Diese nahmen solches willig auff sich / machten einen Bund / in der Schlacht nit von einander zuweichen / sondern einmühtig auff benante einzustürmen. Worauff der König abermahl / und in des KriegsVolks Gegenwart seinem Madates vollkommenen Gewalt erteilete / den Feind / wo er ihn antreffen würde / anzugreiffen / und niemand / als die beyden fremden lebendig zulassen: Vologeses zwar suchete Madates zur Vorsichtigkeit zubereden / als er aber sahe / daß alles vergebens wahr / sagte er zu ihm: Mein Freund / gedenket nicht ehe an mich / als wann euch deucht / daß ich wol gerahten habe. Nicht also / Gn. Fürst / antwortete er /ich wil stets an eure Gn. gedenken / auch deren Raht nicht verachten / aber mir doch nicht einbilden lassen / daß dieser Feind zufürchten sey. Es ist gnug / sagte Vologeses / aber ihr redlichen Parther / sagte er zu dem ganzen Heer / haltet euch tapffer / und stürzet euch nicht ohn Noht in Gefahr und Unglück / ich wil einem jeden / so viel eurer als Obsieger wieder kommen / 10 Kronen schenken. Diese nahmen solches mit Dank an / und erkläreten sich / zusiegen oder zu sterben; Worauff sie mit zimlichen Tagereisen fortgingen. Unsere Helden feyreten unterdessen auch nicht / trilleten und übeten das ganze Heer täglich / insonderheit /wie man gegen die Parther mit gutem Vortel streiten muste / deren Art sie in dieser Schlacht eigentlich in acht genommen hatten / und vermuhtete sich Artaxerxes so schleuniger Feinde nicht / sondern gab vor /Artabanus würde es nicht mehr mit einem kleinen fliegenden Heer versuchen / sondern mit der ganzen Macht auffbrechen / wiewol Herkules ihm das Wiederspiel hielt / und sich der schnellen Wiederkunfft eines absonderlichen Heers befahrete / daher er den Raht gab / es möchte zwar Artaxerxes das ganze Heer in die nähe beyeinander legen / daß sie in 24 Stunden könten zusammen gebracht werden / aber doch des Feindes vornehmen fleissig erkunden / und ein tapfferes Heer an die Grenze senden; Er vor sein Häupt wolte sich hiemit erbohten haben / mit einer Macht von 26000 Reutern fortzugehen / und da es das Glük fügen wolte / einen behutsamen Einfall damit zuwagen / jedoch zuvor alle mögliche Kundschafft einzuziehen / wie der Feind sich bezeigete / demnach er nimmer gläuben könte / daß sie auff geschehenen schweren Einfall ihre Grenzen zum besten geben /und unbesetzet lassen solten. Diesen Vortrag ließ Artaxerxes ihm belieben / bedankete sich wegen des erbietens / und ward alles zwar nach Herkules begehren ins werk gerichtet / wiewol nit mit solcher eile / als die Noht es erfoderte / massen als Herkules und Ladisla mit diesem Heer auffbrachen / kam Zeitung ein /der Feind drünge mit grosser Macht herein / und dürffte in wenig Tagen die Persischen Grenzen erreichen / oder nunmehr wol schon erreichet haben. Dieses machete / daß sie in grosser Eile fortgingen / und des folgenden Tages Bericht einnahmen / der Feind hätte durch Berraht und List eine GrenzeStad eingenommen / und hausete daherumb dergestalt / daß man nichts als bey Tage Rauch / bey Nachte [827] Feur sähe. Herkules beklimmerte sich fast / daß durch Seumniß dem Feinde dieser Einfall gegönnet wahr / schickete Tyriotes uñ Gallus mit 3000 leichten Pferden aus /frisch durchzuhauen / ob sie eigentlich erfahren könten / wie stark der Feind / und wer ihr Feldherr währe. Diese stiessen bald des andern Tages auf eine Feindes Schaar 800 stark / welche sie umringeten / 600 nidermacheten / und die übrigen gefangen nahmen / da hingegen sie nur 30 Mann einbüsseten / weil der Feind sich mit der Beute zuschwer beladen hatte / und das Gewehr nicht gebrauchen kunte. Die Gefangenen verhörete man stündlich / welche alles anzeigeten / daher Gallus ungeseumet mit sechs Reutern und vier Gefangenen Tag uñ Nacht zurücke ging / und seinem Herrn die Zeitung einbrachte. Herkules befragete diese Gefangene selbst / und nach eigentlicher Bekäntniß brach er mit den Völkern auff / sie guter Beute versichernd / da sie nur einen kleinen redlichen Saz mit ihm wagen / und dem Feinde den Raub abnehmen dürffen; welche sich alle verbunden / nicht anders /als Uberwinder / die Wahlstat zuverlassen. Madates wütete inzwischen gar gräulich / ließ alles / was er antraff / verwüsten und erschlagen / und meynete nicht / daß die Persen ihm das Häupt würden bieten dürffen / dann er wahr ein beschriehener guter FeldObrister / der mannichen trefflichen Sieg von den ReichsFeinden erstritten hatte. Als Herkules bey Tyriotes ankam / und die ganze Menge der Gefangenen mit freundlichen Worten verhörete / auch ihnen Speise uñ Trank zureichen befahl / und die Kleider ihnen wieder zugeben / welche man ihnen abgezogen hatte /trat derselben einer hin zu Tyriotes / und sagete in geheim zu ihm: Mich jammert von Herzen / daß dieser freundliche Held / so Henker-mässig sol geschändet werden / wie mans über ihn beschlossen hat / welches abzuwenden / machet mir Gelegenheit / daß mit diesem Herrn ohn meiner Mitgefangenen Wissenschafft ich reden möge. Tyriotes verschlief seines Herrn Wolfahrt nicht / zeigete solches an / und führete diesen Gefangenen in ein absonderliches Zelt / welcher zu Herkules und Ladisla also redete: Treffliche Helden /Gnn. Herren / ob ich gleich meinem Könige mit äidespflichten verbunden bin / kan ich doch nicht unterlassen / wegen ihrer / uns Gefangenen erzeigeter Guttaht / sie zuwarnen / daß mein König 20 handfeste Ritter mit grossen Verheissungen bestellet hat / euch in künftiger Feldschlacht lebendig zugreiffen / und möchten die Ruhten wol schon gebunden seyn / damit auff diesen fall ihr vor des Königes Augen schändlich sollet gestrichen werden. Herkules erbleichete vor diesem Schelmstücke / und sagete: Guter Freund / woher ist dir solches bewust? Ich bin dessen / antwortete er /von meines Vaters BruderSohn / einem Königlichen Trabanten höchstvertraulich berichtet / als welcher den Befehl selbst angehöret hat; so wollen nun Eure Gnn. mich nicht melden / und sich wol vorsehen /dann obgedachte Ritter werden sich nicht trennen /sondern euch hin und wieder suchen / und köñen bey ihren schwarzen Feldzeichen leicht zuerkeñen seyn; so ist auch im ganzen Heer ausgeruffen / daß / wohin diese Ritter sich wenden / man ihnen Raum geben /und sie durchlassen solle. Ladisla meynete vor Zorn und Eifer zubersten / und sagete zu dem Gefangenen: Dafern sichs also verhalten wird / wie du berichtest /soltu mit der Freyheit und andern ansehnlichen Verehrungen begabet werden. Ich bin wol zufrieden / antwortete er / daß neben meinen Mitgefangenen ich biß nach gehaltener Schlacht verstricket bleibe / da sich meiner anzeige nach / alles ausfündig machen wird. Ladisla nach des Gefangenen Abtrit / schwur seinem Herkules / wo er sonst lebete / wolte [828] er den verrähterischen König zum absonderlichen Kampff ausfodern. Sie liessen aber Tyriotes mit 1000 Reutern vorangehen / und folgeten behutsam nach / biß sie den Rauch hin und wieder auffgehen sahen / weil der Feind nicht allein die Dörffer / sondem alle fruchtbahren Bäume niderwarff / und mit Feur verzehrete. Tyriotes traff abermal einen Feindes Hauffen an 1500 stark / mit welchen ers wagete / 600 erschlug / weil sie wegen des vielen Plunders sich nicht recht wehren kunten / und die übrigen auff die Flucht brachte / da er nur zehn Mann einbüssete. Gallus ging einen andern Weg mit 2000 Reutern / und begegnete ihm ein Parthischer Obrister mit gleicher Anzahl / welche ebener gestalt wegen der vielen Beute sich auff ihren Pferden nicht behelffen kunten / daher sie bald im Anfange 400 Mann verlohren / biß die übrigen den Raub von sich warffen / und sich ihrer Haut rechtschaffen wehreten / doch weil sie übermannet / und guten teils verwundet waren / setzeten sie noch 300 zu / zogen sich zurük / und führeten drey gefangene Persen mit sich fort. Die beyde flüchtige Schaaren langeten zu einer Zeit bey Madates an / welcher die Gefangenen scharf fragete / und allen Bericht von des Persischen Heers beschaffenheit einnam / auch daß Herkules und Ladisla neben Pharnabazus die FeldObristen währen. Er ward dessen sehr froh / samlete das Heer schleunig zusammen / daß ja der Feind / wann er seine grosse Macht vernehmen würde / ihm nicht entginge / oder sich stärkete / wiewol er meynete / es würde ihm schlechte Ehre geben / einen so geringen Hauffen zuüberwinden / weil er nie eine Schlacht gehalten / in welcher sein Feind ihn nicht mit der Menge übertroffen hätte. Als seine Völker beysammen wahren / redete er sie also an: Frisch auff / meine Spießgesellen /lasset uns acht geben / daß wir den Feind vor der Flucht ertappen / und er sich nicht ins Gehölz verkrieche / da uns schwer fallen würde / ihm beyzukommen. Nachgehends foderte er die 20 Ritter vor sich / erinnerte sie ihres versprechens / und sagte ihnen allen Beystand zu. Herkules hatte Zeitung von seinem Auffbruche / wie er dann so unvorsichtig fortging / daß er von den unsern nichts erfuhr / biß er auff ein halb Meilichen nahe / bey ihnen wahr / ja wann der Persische Vortrab sich ihnen nicht gezeiget hätte / würden sie den unsern unvermuhtlich auffgestossen seyn. Herkules erkennete hieraus / was vor einen verwägenen Feind er vor sich hatte / baht Ladisla / er möchte nichts aus Eifer vornehmen / gab einem Persischen Herrn / Nahmens Abulites den ersten Angriff mit 5000 Reutern zutuhn / der sich doch furchtsam stellen / und nach kurzem Gefechte zurük weichen solte; Pharnabazus aber muste mit 5000 einen umschweiff nehmen / und sich verborgen hinter einem Hügel halten / biß er den Feind würde sehen hinter sich weichen / dann würde er seinem Verstande nach schon wissen / von hinten zu in sie zugehen / und die Flucht zuhemmen. Ladisla hatte das Heer zuführen / eine Manschafft 10000 stark / auff welchen Abulites sich zihen solte / und behielt Herkules 6000 vor sich / aber alle mit Speeren und durchneheten Panzern. So bald Madates der unsern inne ward / und ihre kleine Geschwader sahe / machte er seine Ordnung folgender gestalt: Seinem Obristen Verweser Bessus / einem hochmühtigen Ritter / gab er mit 9000 Reuter Schützen den Angriff; sein Feldmarschalk Bazaentes solte den Hauffen 18000 stark / führen / und behielt er selbst 11000 bey sich / womit er den nohtleidenden auff den unverhofften fall Entsatz geben wolte. Bessus setzete mit starkem Geschrey und hefftigem schiessen auff Abulites an / der mit gleichem Gewehr ihm begegnete / fuhr nach Herkules Vermahnung [829] vorsichtig / und ließ anfangs der Feinde Pfeile mit den sonderlich darzu bereiteten breiten Schilden aufffangen / daß der seinen fast keiner verwundet ward / und der mehrerteil ihre Pferde mit den durchnäheten Panzern verwahret hatten / hingegen wirketen seine Pfeile dergestalt / daß der Feinde in die 3000 erschossen /und 2000 hart verwundete auß der Schlacht zu weichen gezwungẽ wurden. Madates entsetzete sich des Unfals / ließ von Bazaentes Hauffen 3000 zu Bessus gehen / mit welcher Verstärkung er wütig mit entblösseten Schwertern in Abulites Ordnung fiel / der sich nach geno ener Abrede furchtsam hielt / und doch in guter Vorsichtigkeit zurücke weich. Ladisla sahe /daß Bessus seinen Anfall ohn geschlossene Glieder fortsetzete / deßwegen er Gallus mit 1500 hinein brechen ließ / der in kurzer frist 3000 Feinde nidermachete / und bekam Abulites Befehl von Herkules /sich zu wenden / und sein äusserstes zugebrauchen /welcher dann seine Tapfferkeit sehen zu lassen / dergestalt anfiel / daß dieser Feindes Hauffe in grosse Noht geriet. Madates sahe daß die seinen bloß durch nachlässige Unordnung sich in diese Gefahr gestürzet hattẽ / mahnete deßwegen Bazaentes auff / Bessus nach äusserstem vermögen zuentsetzen / welcher dann willens wahr / mit seiner ganzen Macht sich dahin zu wenden / sahe aber / daß Ladisla sich gegen ihn stellete / daher er jenem nur 5000 zum entsatze schickete / welche Madates mit 2000 vermehrete. Ladisla aber setzete seinen Vorsatz auff Bazaentes tapffer fort /grieff sehr eiferig mit dem Schwerte an / und befand über verhoffen harten Wiederstand / dz anfangs zu beyden Seiten viel Blut vergossen ward / biß Ladisla den Führer antraff und im dritten Hiebe ihm den Kopff herunter schlug / worauff sich die Feinde etwas zurücke zogen / wurden doch von des erschlagenen Bruder / Obristen Feldwachtmeister Meherdates wieder in Ordnung gebracht und angeführet. Bessus hatte auch schon seinen Geist auffgegeben / und solches von der Hand eines gemeinen Reuters / welcher wegen dieser Taht hernach zum Ritmeister gemacht ward. Bessus Hauffe ward fast ohn Gegenwehr nidergeschlagen / weil ihre Ordnung getrennet wahr / und schaffete der Entsaz wenig / so daß Madates selbst mit seiner Mannschaft hinan muste / welcher auch mit seiner Ankunft beydes Abulites und Gallus zurük prallete und Bessus überbliebene errettete. Inzwischen sahe Herkules die 20 bestelleten Ritter in blanker Rüstung mit schwarzen FeldBinden hin und wieder reiten / und in Ladisla Völker einbrechen / hatten auch das Glük / daß sie ihn selbst antraffen / und einmühtig zu ihm loßstürmeten; die so nähst umb ihn wahren / tahten alle mögliche Gegenwehr / und feirete Ladisla selber nicht / weil er bald merkete / was vor Raubvögel ihn angriffen / jedoch würde ihm unmöglich gefallen seyn / sich ihrer zu entbrechen / wann nicht Herkules ihn hätte entsetzen lassen / als welcher Tyriotes also anredete: Sehet da mein Freund / nun ist es Zeit / daß ihr eurem Herrn die versprochene Träue leistet / und unserer Abrede nach euch gemäß bezeiget. Dieser brach mit seinen zugeordneten 50 Rittern freudig auff / und setzete dergestalt an / daß jene 20 von Ladisla ablassen / und sich gegen diese kehren musten / welches Ladisla ersehend / ihnen noch 100 Reuter zuordnete / er aber ging mit dem gesamten Hauffen dergestalt in den Feind / daß derselbe hinter sich zu weichen genöhtiget ward / und inzwischen jene 20 Ritter allemiteinander lebendig gegriffen / und fest gebunden ins Lager geführet wurden. Herkules bekam diese fröliche Zeittung / griff Madates mit ganzer Macht an / und brachte damit Abulites wieder zum Stande. Ladisla wütete [830] an seinem Orte wie ein grimmiger Löue / biß die Feinde nach der Rechten außwichen / und mit ihrem FeldObristen / der noch starke Gegenwehr taht / sich zuvereinigen suchten; Herkules aber hatte Pharnabazus schon zu entbohten /von hintenzu einzubrechen / über dessen Ankunft die Feinde in grosses schrecken gerieten / weil sie biß daher seiner nicht wahr genommen hatten / doch erhohlete sich Madates / schickete ihm 3000 entgegen /und bemühete sich äusserst / Herkules geruheten Hauffen zu hintertreiben / welche mit ihren Speeren grossen Schaden getahn / und etliche tausend Sattelloß gemacht hatten / nunmehr aber unter ihres Häupts anführung das Schwert rechtschaffen gebraucheten /daher Madates fast in eine Raserey geriet / auff Herkules selbst ansetzete / und den Kampf verwägen gnug mit ihm auffnam / aber es währete nicht lange da ward er nach zimlicher Verwundung gefangen genommen / und nach dem Lager geschicket. Pharnabazus hatte mit Schmerzen geharret / seinen Muht an den Feinden zu kühlen / überfiel auch die ihm entgegen geschickete dergestalt daß sie zu weichen gedrungen wurden / gleich da Herkules und Ladisla von beyden Seiten ansetzeten / uñ ein solches schrecken in die Feinde brachten / daß sie schon begunten umb Gnade zu ruffen; aber Pharnabazus setzete von hinten immer hinein / so verstopfeten auch alle Persen ihre Ohren /und schlugen ohn Barmherzigkeit alles Tod / was in Waffen wahr / weil sie wegen der erbärmlichen Landes verwüstung gar zu hart erzürnet wahren / daher dieses grosse Heer so gar auffgerieben ward / dz auch nicht ein einziger Bohte davon kam / der diese Zeitung hätte nachsagen mögen. Des Feindes Lager wahr von dem Troß und anderen Mitläuffern besetzet / welche dem Raube nachstelleten / und muste Abulites mit 2000 Reutern dahin gehen / uñ verwehren / daß kein einziger davon entlieffe; zwar es hatten sich in die 300 auff Wagenpferde gesetzet / in Meinung / davon zukommen / aber sie wurden alle eingehohlet und nidergemacht / die im Lager gefangen genommen / uñ darauff die algemeine Plunderung auff der Wahlstat gehalten / was aber im Lager gefunden ward / von Wagen / Pferden / Gelde / und überaus grossem Raube / welchen sie zusammen geschleppet hatten /ward alles verwahret / daß es Artaxerxes geliefert würde. Nach erhaltenem Siege / danketen Herkules und Ladisla ihrem Gott vor seinen gnädigen Schuz /hernach ließ Ladisla sich verbinden / weil er etliche Wunden in der Schlacht / insonderheit von den 20 Rittern empfangẽ hatte / und muste ein jeder Obrister seine erschlagene anmelden: Abulites missete 1600 /Gallus 300 / Ladisla 1500 / Pharnabazus 260 / und Herkules 300 Mann / überal auff diesem ganzen Zuge 4000 Reuter / dahingegen das Parthische Heer 40000 stark auffgerieben wahr. Herkules ließ Madates samt den 20 Rittern vor sich fodern / und redete sie mit zornigem Gesichte also an: Saget mir Madates / und ihr alle miteinander / was vor unredlichen Wiederdrieß oder unbillichen Schimpf haben König Ladisla und ich GroßFürst Herkules euch jemahls bewiesen /daß ihr hindangesetzet unsers standes Hocheit / euch unterstehen dürffet / uns als Schuelknabẽ / zugreiffen / uñ der Zucht-Ruhten zu übergeben? Ich meine ja /wir haben vordißmahl / und schon zuvor eine gute bewehrung abgeleget / daß wir der Ruhten entwachsen sind / und ihr dürffet euch noch anmassen / wil nicht sagen / Fürsten / sondern Ritter und FeldObristen nach der Stäupruhte hinzuführen? Diese wunderten sich / woher den unsern solches kund währe / weil es von ihnen in höchster geheim war gehalten worden /und durfte ihrer keiner Antwort drauff geben / [831] daher Ladisla zu ihnen sagete: So wirdiget ihr überdaß uns noch keiner Antwort? Madates bistu ein redlicher Ritter / so melde Ursachen an / oder ich werde dich als einen Verrähter dem Diebshenker übergeben. Dieser war wegen der empfangenẽ Wunde etwas mat / und antwortete mit schwacher Stimme: Ich bin ein Diener meines grossen Königes / von dessen Anordnung ich keine Rechenschaft zu geben habe / und ob ich mich unterstandẽ hätte / meines Königes abgesagte Feinde zu fahen / würde mir solches kein redlicher Ritter verdenken; von Ruhten aber weiß ich nichts / habe es vielweniger angestellet / und mögen solches verantworten / die dessen mit fuge und Warheit können beschuldiget werden / wiewol ich nimmermehr traue /daß ein einziger von diesen gefangenen Rittern Wissenschaft davon habe. Es müste mir lieb seyn / sagte Herkules wann ihr Madates / euch dieser Beschuldigung entbrechen köntet / dann so würde ich Ursach haben / euch Gnade als einem guten Ritter zuerzeigen; aber daß ihr zugleich diese eure Mitgefangenen entschuldiget / setzet euch in grossen Verdacht / massen dieser ihr schelmisches Vornehmen uns viel zu wol bewust ist / und sol eine Folter bald aus ihnen bringen / was sie gütlich zubekennen sich wegern wollen; jedoch wil ich euch hören lassen / was ich von euch schon vorgewiß weiß; saget mir / welche unter euch sind die beyden / so die gröste Hoffnung gehabt / über die versprochene 3000 Kronen / noch die 24000 zuverdienen / und uns lebendig zu greiffen? Diese sahen daß der Anschlag verrahten wahr /gaben vor / sie währen ihres Königes Diener / dessen Befehl sie gehorsamen müsten. O ihr unredliche Schelmen / sagte Ladisla / seid ihr dann solche Diener / daß ungeachtet eures Ritterstandes ihr zu dergleichen unverantwortlichen Bubenstücken euch gebrauchen lasset? saget mir aber / ob Madates hieran so gar unschuldig sey. Die Gefangenen hoffeten / man würde gelinder mit ihnen verfahren / wann sie die Warheit bekeñeten / oder sonst Madates Mit-Schuld kund würde / bahten doch sehr / man möchte nicht in sie dringen / wieder ihren FeldHerrn zu zeugen / es würde derselbe wol anzeigen / wie es stünde. Ja /sagte Herkules / wir erwarten / was er vorbringen werde / nachdem uns ohn daß alles gnug bewust ist. Dieser fing an / ob er gleich nicht ersiñen könte /woher ihnen diese Heimligkeit kund getahn währe /wolte er doch gerade zu beichten / daß sichs also verhielte / er auch Wissenschaft darumb gehabt / und seines Königes Befehl gnug beweisen könte / der ihn als einen Diener schon entschuldigen würde / als einen zum Gehorsam verbundenen. Wolan / sagte Ladisla /wer sich dann unterfähet / seines Hern Schelmstücken zuverrichten / der sol und muß auch billig davor leiden; sprach ihnen hiemit die Urtel / daß sie alle miteinander von dem Büttel umb die Lenden biß auffs Blut solten gestriechen werden; Worüber Madates sich entsetzete / und begehren durfte / daß man mit ihm als mit einem gefangenen FeldHerrn / umbgehen solte. Aber Pharnabazus gab ihm zur Antwort: O du Schandflek aller morgenländischen Ritterschaft / wer hat dich gelehret / mit Königen und GroßFürsten dergestalt umbzugehen? ja wer hat dir Leben oder Freyheit versprochen / demnach du streitend gefangen bist? Also ward Tyriotes bestellet / etliche Steckenknechte herzufodern / welche alsbald die Rache volstrecketen / ob gleich Madates und sie alle miteinander viel lieber das Leben eingebüsset hätten. Herkules / so bald alle Anwesende Abtrit genommen /redet mit Ladisla und Pharnabazus / es währe nunmehr hohe Zeit / daß er sich nach Charas verfügete /das Fräulein loßzumachen / weil nicht so gar viel [832] Wochen von dem versprochenen Beylager mehr übrig währen / bestellete / daß die Gefangenen drey Tage angehalten würden / und verließ mit ihnen / daß inwendig drey Wochen er mit Gottes Hülffe wieder bey ihnen seyn / oder seinen Zustand ihnen überschreiben wolte. Ladisla hätte sich ungerne von ihm trennen lassen / doch weil er merkete / daß Herkules ihn mitzunehmen nicht willens wahr / und über daß seine Wunden zu schlim wahren / Tag und Nacht auff schnellen Pferden zu reiten / gab er sich zufrieden. Herkules nam seinen Gallus und zween Persische / der Parthischen Sprache wolerfahrne ädelknaben zu sich / gab ihnen schnelle Läuffer / und nach eingenommener Mahlzeit begab er sich noch desselben Tages in Gottes Nahmen mit ihnen auff den Weg / da er an vielen Orten gegen seine Wiederkunft auff den Herbergen frische Pferde auff sechs Menschen bestellete / und allenthalben Geld genug auff die Hand gabe / unter diesem einwenden / daß er in Königl. Diensten ritte / da gleichwol alles in Gallus / als des ältesten / uñ vermeineten HerrnNahmen geschahe. Ladisla aber und Pharnabazus führeten das Sieghafte Heer mit der überaus grossen Beute wieder nach Persepolis / nahmen alle im Lager Gefangene vor Leibeigene mit sich / und musten Madates samt den 20 Rittern in etlichen ůberbliebenen Reuter Hütten von 50 Reutern biß an den dritten Tag verwahret werden / da man ihm hernach ein schindicht Pferd zu reiten gab / und seine 20 gefärten zu Fusse neben ihm daher lieffen.

Ohngefehr fünff Tage vor dieser Zeit kam Leches zu Korinth an / woselbst er anlenden muste / weil sein Schiff an einer Klippen schaden geno en hatte. Markus ritte gleich dazumahl am gestade daselbst mit seiner Euphrosynen zur Lust umbher / sahen ihn aus dem Schiffe steigen / und wurden durch seine Ankunft teils erfreuet / teils furchtsam gemacht / weil sie weder Ladisla noch Fabius bey ihm sahen / ritten eilig zu ihm / uñ nach freundlichem umbsahen frageten sie / wo er seine Gnn. Herren gelassen hätte. Weit von hinnen / antwortete er / doch in hohen Ehren und gutem Wolstande; habe aber wenig Zeit mich alhie aufzuhalten / nachdem auff meiner Eile viel haftet. Also ließ er die Güter aus dem schadhafften Schiffe in ein anderes bringen / inzwischen sich Markus mit seiner liebesten beredete / in Geselschaft mit nach Padua zu fahren / hohlete auch alsbald seine Rustung / Kleider uñ eine zimliche Baarschafft samt vielen Kleinoten aus der Stad / und segelten frölich dahin mit erwünschtem Winde / da ihnen Leches allen Verlauff erzählete. Markus und Euphrosyne erlustigten sich sehr an solchen geschichten / und vertrieben die Zeit mit mannicherley Gespräch / biß sie in kurzer frist in dem nähesten Hafen hinter Padua anlangeten / die Güter auff Wagen packeten / und bey Nachtzeit nach Padua ritten / daß sie früh Morgens bey eröffnung der Tohre ihren Einzug hielten. Neda als Obristwachtmeister besetzete gleich die Posten / und ward Leches seines lieben Freundes unter dem Tohr gewahr / von dem er doch nicht wieder erkennet wurde / weil er alsbald sein Angesicht mit dem Mantel verhüllete / und hinter Markus als ein Diener her ritte / welcher von Neda gerechtfertiget ward / woher er kähme / was vor Sachen er auff den Wagen führete / und wo sie abzulegen gedächten; bekam aber zur Antwort: Er währe des Obristen Klodius guter Freund / und kähme von Korinth / ihn zubesuchen; die Wagen hätten freie Güter geladen / welche dem Stathalter solten geliefert werden. Bald gedachte Neda er würde der Markus seyn /von dem er so oft hatte reden hören / und sagete: Es wird mein Herr / dafern ich nicht irre / dieses [833] Orts nicht allein bey meinem Obristen / sondern auch bey höhern Leuten sehr wilkommen seyn. Leches wunderte sich höchlich / wie Neda sich in Römische Dienste begeben hätte / dann Markus hatte ihm von seiner Anwesenheit nichts gemeldet / wiewol ihm alles zugeschrieben wahr; gedachte endlich / er würde von der Königin hergeschicket seyn / Fr. Sophien auffzuwarten; wolte sich demnach vor ihm nicht länger verbergen / sondern sagte zu ihm: Wie dann / mein Bruder /werde ich dann an diesem Orte so gar unangenehm seyn? Neda sahe ihn an und erstarrete / bald aber fiel er ihn umb den Leib / sprechend: O mein werther Freund und Bruder / wie angenehm ist mir deine liebe / wiewol unvermuhtliche Gegenwart / da es sonst unserm Könige und Fräulein noch wol ergehet. Da ich von ihnen geschieden bin / antwortete er / habe ich sie gelassen / da ihnen nicht gar übel wahr / wovon hernach wird zureden seyn; biß aber gebehten / und melde uns so bald nicht / dann wir wollen / umb einen kleinen Auffzug zumachen / uns nicht so bald zuerkennen geben. Eben das sol mir lieb mit seyn / antwortete er / kehrete auch in aller stille mit ihm in die Herberge / in welcher er vor diesem von Libussen wegen seiner Brelen so artig auffgezogen wahr / und fiel ihm geschwinde ein / er wolte ihr diesen Morgen alles gedoppelt wieder einbringen; ging ohn fernern Verzug nach ihrem Gemache / und fand sie mit seiner Liebsten in einem Bette liegen und ein freundliches Gespräch halten / welches eben von Leches wahr / da Libussa jener klagete / sie hätte einen gefährlichen Traum von ihm gehabt / wolte nicht hoffen / daß ihm in der fremde ein sonderlicher Unfall zugestossen währe. Neda lauschete an der Tühr / und vernam ihre Reden / welche zu seinem Vorhaben nicht undienlich wahren / ließ sichs doch nicht merken / sondern klopffete leise an die Tühr / welche von einer Dienerin bald geöffnet ward / weil sie meynete / es währe irgend eine des Frauenzimmers; nachdem sie aber Neda sahe / wolte sie die Kammer wieder versperren; aber er wahr zu behende darzwischen / trat hinein / und nach volbrachtem Grusse baht er seines unzeitigen besuchens Verzeihung. Libussa / so vorne an schlieff / fragete / was die ursach seiner Ankunfft und traurigen Gesichtes währe? Worauf er zur Antwort gab: Er währe zugleich froh und betrübt; froh wegen guter Zeitung von König Ladisla und dem Fräulein; betrübt wegen einer NebenZeitung / mit welcher er sie ungerne betrübete. O ihr Götter / sagte sie hierauff; gewißlich ist mein Leches tod! Nein nein / antwortete er / nicht so schlim / er lebet noch / aber es ist etwas wunderlich umb ihn beschaffen. Libussa wahr sehr bekümmert / wuste nicht / was sie aus so tunkeler Rede schliessen solte / und baht / er möchte ihr die Angst benehmen / oder nur klar ausbeichten / damit sie erführe / was das grausame Glük mit ihr im Sinne hätte. Ach / sagte er / weil es euch ja muß gesaget werden / ist mirs leid / daß ich der ungenehme Briefträger seyn sol. Aus dieser Rede schloß sie vor gewiß / er würde schon tod seyn / daher belief ihr das Herz /daß alle ihre Geister stehen blieben / und ihr das Gesicht samt der Sprache verging. Jungfer Brela solches ersehend / machete sich bald auff / und trieb sie der Schrecken und die Angst so sehr / daß sie ihrer Blösse vergessend / sich im Bette auffrichtete / und Libussen mit Neda Hülffe so lange rüttelte / biß sie zu ihr selber kam. Es wahr ihm zwar diese Ohmacht leid / und fand doch eine Vergnügung wegen ehmahl erlittener Angst / tröstete sie nit desto minder auffs beste /nebest getahner Versicherung / Leches währe annoch frisch und gesund / aber hart gefangen / nicht umb Mord oder Ubeltaht / sondern bloß umb Liebe willen. [834] Wie dann? sagte sie / hat er sich etwa in ungebührlicher Liebe vergangẽ / so wird meine Hulde bald auffgeruffen seyn. Nein geliebte Wase / antwortete er / ihr verstehet mich unrecht; Er ist von einer vornehmen adelichen Witwen in Bestreitung ihrer Feinde gebraucht worden / da er sich dermassen tapffer gehalten / daß er mit frölichem Siege bey ihr auff ihrem Schlosse angelanget / und sie nicht allein ihm treffliche Verehrungen getahn / sondern mit diesen Worten angeredet: Manhaffter Ritter / eure Bedienungen sind so groß / daß ich fast nicht weiß / auff was gestalt ich dieselben vergelten könne / habe mich demnach erkläret / euch zum Herrn aller meiner Güter zumachen /und vor meinen Eheliebesten zuerkiesen / nicht zweifelnd / ihr werdet solches erbieten von mir annehmen /und hinführo euch nicht anders als ein Ehegatte gegen mich verhalten. Das muß ein kühnes Weib seyn /sagte Brela / die mit solcher Frecheit sich einem Ritter darbeut. Er fuhr fort in seiner Rede: Leches hätte mit aller Höfligkeit solches ablehnen wollen / als schätzete er sich so hoher Gunst unwirdig / auch allerhand Ausflüchte gesucht / biß endlich die Frau es vor eine Verhöhnung ausgedeutet / und zu ihm gesagt: Ritter / nachdem ihr nicht allein meine Feinde überwunden / sondern überdas mich selbst euch untertahn gemacht / sollet ihr keine Unwirdigkeit vorschützen /in Betrachtung / ich euch wirdig davor erkenne / es währe dann / daß ihr es zu meiner Verachtung tähtet. Als nun Leches sich hierauff nach ihrem Willen nicht hätte wollen vernehmen lassen / sondern vorgewand /er müste seiner Eltern bewilligung zuvor einhohlẽ /als unter deren Gewalt er währe; hätte die Frau ihn in ein wolgeziertes Gemach versperren lassen / da ihm mit köstlicher Speise und Trank auffgewartet würde /biß er in die Heyraht einwilligte / oder sein leztes entschuldigen darlegete / daß er mit einer Adelichen Jungfer schon ehelich versprochen / nicht mehr sein eigen währe / sondern lieber sterben / als diese gegebene Träue brechen wolte; dann sie könte ihm solches nicht zutrauen / es währe dann / daß seine Liebste selbst kähme / und sich ihr zeigete / alsdann wolte sie nicht allein ihn gerne erlassen / sondern diese seine gewünschete Heyraht zubefodern / das Beylager prächtig ausrichten / und auff ihren tödlichen Hintrit ihn zum Erben aller ihrer Güter einsetzen. Ach / sagte Libussa / hat euch Leches solches dann geschrieben? Nein antwortete er / nicht mir / sondern Herrn Markus zu Korinth / und nach Erzählung alles Verlauffs den Brieff mit diesen Worten geschlossen: Weil ich dann meiner herzgeliebeten Jungfer Libussen diese beschwerliche Reise nicht anmuhten kan noch mag /wollet ihr dieselbe versichern / daß zu Bezeugung meiner aufrichtigen Träue ich in diesem Gefängniß mein Leben zuenden entschlossen bin / spreche sie der mir beschehenen Zusage ledig und loß / und wünsche / Gott wolle ihr in künfftiger ihrer Liebe bessern Fortgang verleihen / als mir leider wiederfahren ist. Sehet geliebte Wase / solche Beschaffenheit hat es umb euren Leches / dessen Leben und Tod / meines ermessens nunmehr allein in euren Händen stehet. Libussa ließ die Trähnen häuffig fallen / und beklagete sehr / daß ihr Leches in diese Wiederwertigkeit gerahten währe / fragete endlich / in was Landschafft es dann währe. Das Land / sagte er / wird Oenotria geheissen / lieget nicht weit von einem Meer / und wolte ich euch gerne dahin begleiten / dafern ihr ihm die Barmherzigkeit erzeigen / und zur Vergeltung seiner Träue des Weges Ungelegenheit über euch nehmen woltet. Ja Vetter / sagte sie / wollet ihr mit mir reisen / wann meine Wase es zugeben kan / wil ich mich noch diesen Tag fertig machen. Brela betrachtete /daß [835] ihre angelobete Trauerzeit nunmehr zum Ende gelauffen / und schon zimliche Zurüstung auff das Beylager gemacht währe / daher sie lieber die Reise in etwas auffgeschoben hätte / durffte doch Scham halber nicht dawider reden / sondern gab vor / es währe ihr lieb / daß er ihrem Vetter zudienen / sich so willig anerböhte / baht demnach / er möchte unbeschwert einẽ geringen Abtrit nehmen / biß sie sich bekleidet hätten. Sehr gerne / antwortete er / aber ihr wollet ja nicht seumen / dann ich sage euch in höchstem Vertrauen / daß Herr Markus mit seiner Euphrosynen diesen Morgen alhie heimlich angelanget / und sich nicht anmelden wollen / biß sie Herrn Klodius und Fr. Agathen ohngefehr werden gesprochen haben. Ey / sagte Brela die gute Frau hat mir grosse Freundschafft erwiesen / und ist mir lieb / daß ich sie sprechen sol. Libussa ließ Agathen zu sich bitten / mit ihr hinzugen /und solte inzwischen Brela sich nach Fr. Sophien machen / ihr Leches Unfall und Libussen nöhtige Reise anzumelden. Agatha wahr schon von Neda unterrichtet / wie sie sich gegen sie verhalten solte / und ging er mit Klodius hin nach der Herberge / da das wilkommen heissen zimlich anhielt. Libussa folgete bald hernach mit Agathen / und sahe ihren Leches / so bald sie ins Gemach trat / bey Neda hinter dem Tische sitzen / worüber sie gar erstarrete / Neda aber geschwinde zu ihr sagete: Verzeihet mir Wase / daß ich die Angst / mir vor diesem auff eben diesen Zimmer angetahn / mit jetziger unvermuhtlichen Freude ersetzen wollen. Der Posse hätte ihr schier zu herbe gedaucht / doch weil sie durch ihres Liebsten gegenwart der vorigen Ohmacht gnug ergetzet ward / sagte sie zu Neda: Versichert Vetter / ich schenke euch diesen Saz nit / es koste wz es wolle. Leches ließ sie nit weiter reden / trat hinzu / uñ meldete ihr Ladisla / Herkules /Valisken und Gallus Gruß an; Sie wolte ihm anfangs nicht danken / viel weniger ihn wilko en heissen /meynete / er hätte diese Aufftreiberey mit Neda angelegt / welcher solches merkend / zu ihr sagte: Wase /tuht eurem Ritter keinen Schimpf / er hat des ergangenen nit die allergeringste Wissenschaft. So seyd mir wilko en Ritter Leches / sagte sie / uñ helffet mir drauff bedacht seyn / wie ich mich ehist an diesem räche / der mich heut diesen Morgẽ in Ohmacht und Trähnẽ baden gemacht / nur daß er seine Kurzweil daran haben / und durch meiner SeelenAngst sich erfreuen möchte. Geliebte Wase / antwortete Neda /habt ihr meine Reden ungleich verstanden / davor kan ich nicht büssen / wann ich aber dartuhe / und mein Bruder Leches selbst gestehet / daß ich die Warheit geredet / wollet ihr mir alsdañ auch verzeihen? Wie nun? sagte sie / wollet ihr mich darzu noch mit sehenden Augen blind / und mit hörenden Ohren taub machen? Leches verstund ihr Gezänke nicht / biß sie drey absonders traten / und Neda zu ihm sagete: Geliebter Bruder / ich habe heut deiner vertraueten angemeldet / wie in so grossem liebes Leiden du steckest /aus welchem niemandd als sie allein dich loß machen könne / welches ich unter verblümeter Rede vorgetragen / deren sie sonsten sich gar artig zugebrauchen weiß / und hat sich doch heut so wenig drein schicken können / daß ich mich ihrer Einfalt verwundern müssen; nun bedenket / geliebte Wase / was ihr noch heut zu leisten nur versprochen / und werdet nicht rükfällig. Libussa kunte nunmehr nachsinnen / daß er unter der Witwen die liebes Angst und das Verlangen hätte andeuten wollen / welches ihren Leches biß auff ihre Rettung gefangen hielte / weil es aber nicht nach den beschrankten Satzungen der Gleichnisreden von ihm vorgebracht wahr / sagte sie zu ihm: Vetter Neda /man muß die Verblümung nicht mit gar zu fremden Farben anstreichen / [836] sonst muß mans vielmehr vor ein ungereimtes Geticht als kurzweilige Erfindung außlegen; meine Zusage betreffend / ist selbe so beschaffen / daß ich sie gar wol halten kan / gestaltsam ich auff heut nichts als den Anfang versprochen habe. Sehr wol geredet / sagte er / uñ sey heut der Anfang / über achtzig Jahr aber das Ende. Libussa antwortete: Ich habe jezt nöhtigere Sachen zu handeln / als mit euch zu zanken / aber ich binde euch bey Verlust meiner Freundschaft ein / daß ihr den heutigen Verlauff niemand ohn Leches wissen lasset. Gleich hiemit fiel ihr ein / daß Brela hingangen wahr / es Fr. Sophien als eine Warheit anzutragen / sendete deßwegen Fr. Agathen Leibdienerin zu ihr / und ließ ihr sagen was Neda ihr heut vorgebracht / währe ein lauteres Getichte. Jene aber hatte es dem ganzen hohen Frauenzimmer schon kund getahn / und entstund darüber ein zimliches Gelächter. Libussa trat endlich hin zu Markus und dessen Eheliebsten / hieß sie wilkommen / uñ endschuldigte sich / wegen des langen verweilens /woran Neda die Schuld trüge. Es wahr aber ihr Gespräch kurz / dañ Neda schaffete bald / daß Leches wieder mit ihr allein zu reden kam; derselbe wuste nun das Gaben und Geschenke wie ein luftiger Wind die Liebe auffblasen / lieferte ihr demnach einen köstlichen Ring / den er zu Ekbatana / hatte machen lassen / welchẽ sie mit erbietung aller möglichen Vergeltung zu sich nam; er aber ihr zur Antwort gab: Was erbeut sich meine Freundin zur Vergeltung eines so schlechten Dinges? ich bitte sie wolle vielmehr mein Herz betrachten / und dasselbe in Ruhe zusetzen ihr lassen angelegen seyn / sich auch versichern / daß kein Tag eurer lieblichen Betrachtung mich berauben können / welche doch mit steter Unruhe vermischet gewesen / und noch wol verbleiben wird / dafern sie mich zum andernmahle ohn gehaltenem Beylager würde zihen lassen / welches zu verbitten / ich mich aller guten Freunde Beystand gebrauchen wil. Sie wahr seiner auffrichtigen Liebe gnug versichert / auch nicht abgeneiget die Hochzeit zu volstrecken / nur baht sie ihn / sich wenige Tage zugedulden / ihr Vetter Neda würde des fünfften Tages nach diesem mit Brelen fortfahren / da sie / wann es ihm ja also gefiele / ein gleiches tuhn könten / und solche Eile mit seiner hochnöhtigen Reise entschuldigen. Ich bedanke mich vor diese Einwilligung sagte Leches / wolte mich auch gerne biß dahin gedulden / dafern meine Reise nit so eilig wåhre / dann ich muß Morgen zeitig früh weiter fort nach Prag / und alsbald wieder nach Persenland / so daß unter Jahrsfrist ich schwerlich alhie wie der anlangen werde. Daß sind mir leidige Zeitungen / antwortete sie / deren ich mich nicht vermuhten wahr / uñ daher auff euer begehren mich umb so viel weniger zuerklären weiß / wollet demnach mit meinem guten Willen friedlich seyn / biß das Glük uns Zeit gönnen wird / unseren Willen zu vergnügen / alsdann sol euch das versprochene von mir unbrüchig gehalten werden / wann ich gleich noch manniches Jahr eurer Wiederkunft erwarten müste; weil aber von der Liebe zu reden hie keine Gelegenheit ist / wollet ihr mir verzeihen / daß ich einen kurzen Abtrit nehme / umb Fr. Sophien und dem Stathalter eure Ankunft anzumelden. Ging hiemit eilend hin / fand das Frauenzimmer noch beyeinander / und ward von ihnen mit einem Gelächter empfangen. Sie aber kehrete sich daran gar nichts / sondern sagte zu Frau Sophien: Gn. Frau / ich fodere von eurer Gn. ein gutes Bohtenlohn vor die fröliche Zeitung so ich bringe. Was vor Zeitung geliebte Freundin / antwortete sie / hat sichs etwa mit meines Bruders Söhnlein diese Nacht gebessert? Die Krankheit ist nicht zum Tode / [837] sagte sie /sondern ich bringe gute Zeitung von eurem Herzen-Schatze Ladisla / der ist Gott Lob frisch und gesund. Woher komt euch so angenehme Zeittung? fragete sie: Aus dem weit abgelegenen Persenlande / antwortete Libussa / und ist der Bohte glaubwirdig gnug / dann Ritter Leches ist diesen Morgen selbst ankommen /unserer Helden zustandes uns zuberichten / weiß doch nicht / ob er Gelder bringe oder ablangen wolle. Lasset immer ablangen / sagte sie / wann die unsern nur frisch und gesund sind; wir werden aber hingehen und meinem H. Vater diese Freude mitteilen. Libussa sagete / ich habe euer Gn. noch nicht alles kund getahn /Herr Markus und Fr. Euphrosyne sind mit ihm kommen / die eine schöne verständige Frau ist / und sich wol zuschicken weiß / auch in Kleidern sich gar zierlich hält. Ey so müssen wir uns auch ein wenig auffputzen / sagte sie / wollet demnach meinem Herr Vater ihre Ankunft ansagen. Aber Leches und Markus erwarteten dessen nicht / sondern gingen unangemeldet mit Klodius und Neda nach der Burg / da sie von ihm wol empfangen wurden. Nach verlauff einer halben Stunde kam Fr. Euphrosyne mit Fr. Agathen auch herzu / und ward von dem Frauenzimmer nach geschehenem freundlichen wilko en auff den Saal geführet / da inzwischen die Wagen auff dem grossen Vorhofe die treflichẽ Schätze abluden / die von den Dienern auff besondere Gemächer getragen wurden. Sie verwunderten sich alle / was in so vielen Truhen und Laden seyn möchte / biß Leches also anfing: Es haben meine gnädigste Herren / König Ladisla und GroßFürst Herkules / auch mein gnädigstes Fräulein Valiska mir gnädigst anbefohlen / allen und jeden gebührlichen Gruß zuvermelden / und beygelegte Brieffe zu übergeben. Reichete hiemit dem Stathalter zween / einen von Ladisla / den andern von Herkules; der sie ohn verweilen brach und frölich durch lase. Ladisla Schreiben wahr dieses:Mein Herr Vater; ich hoffe zu dem Almächtigen Gott / eure Gn. neben meiner herzgeliebeten Fr. Mutter werde annoch in guter Gesundheit leben; uns dieses Orts / hat unser Gott durch manniche Gefahr selbst geleitet / und endlich meine Frl. Schwester uns auff ihrem kostbahren Schlosse sehen lassen / geleben der guten Hoffnung / sie in kurzen aus des schnöden Wüterichs / Königes Artabanus Händen loßzureissen / und ihm die Kron dergestalt zu schütteln / daß dem Römischen Reiche er forthin wenig schaden sol. Daß mein geliebter Bruder Fabius nicht geschrieben / ist die Ursach / daß er mit einer starken Geschwade von hinnen nach Persepolis gangen ist / auff unsere Ankunft gute anstalt zu machen / dürfftẽ vielleicht den Parther ehist mit Feur und Schwert angreiffen / wovon Zeiger Leches / anjetzo bestalter Persischer Obrister zu Roß und Fuß gute nachricht geben wird. Womit ich schliesse / uñ nebest empfelung dem starken schutze Gottes verbleibe /weil ich lebe / meines Herrn Vaters bereitwilligster Sohn Ladisla. Geschrieben zu Charas in der Parthischen Königlichen Häuptstad am 28 Tage des Jenner Monats / im Jahr nach erbauung der Stad Rom 1177 im ersten Jahr nach dem 251 Olympischen Spiele.

Herkules Schreiben lautete also:Hochansehnlicher Herr Stathalter / als Vater zu ehren / wegen schuldiger Auffwartung / habe ich nicht unterlassen sollen /mein geringes Schreiben an ihre Liebe abgehen zu lassen / hoffe dero guten Wolstand zuerfahren / wie dann unsern hiemit zu wissen tuhe. Meine in ehren vertrauete Fräulein Valiska / welche in ihrer starken Verwahrung viermahl zubesuchen ich die grosse Ehre gehabt / entbeut euer Liebe freundlichen Gruß / und ob gleich der grosse Parther König Artabanus sie ihm als ein schier künftiges Gemahl uñ Königin auffhalten lässet / getraue ich doch durch meines Gottes Hülffe / sie in weniger Zeit meinen hochgeliebten Freunden zu Padua als mein Gemahl darzustellen. Inzwischen sey eure Liebe nebest allen den ihren Göttlicher Obacht geträulichst empfohlen von euer Liebe bereitwilligstem Herkules. Geschrieben in der Parthischen Häuptstad Charas / 760 Meile von Rom belegen.

[838] Nach verlesug lachete der Stathalter frölich / und sagete: O du wahrhaftiger und keuscher Liebhaber; ich muchte wol gedenken / das dein Herz und Seele durch dieser vortreflichsten Fräulein Entführung nicht umbsonst so hart getroffen ward / da du auff dieser Stelle durch solche Zeitung zur Erden nidergeschlagen wurdest. Wie so mein Herr Vater? fragete Fr. Sophia /gestehet dann Herr Herkules nunmehr / daß er verliebet? ja nit allein verliebet / sagete er / sondern auch verlobet. Wolte ihr damit den Brieff zu lesen reichen; aber Leches hatte schon drey andere Schreiben in der Hand / welche er ihr im Nahmen ihres Gemahls /Fräulein Valisken / und GroßFürst Herkules darbot /und von ihr lachend erbrochen und verlesen wurden.

Ladisla Schreiben an sein Gemahl:Herzgeliebeter Schaz: Wie heftig meiner Seele verlanget / mich selbst bey ihr einzustellen / wil die Zeit es doch nicht zugeben /und muß biß daher meine Schuldigkeit durch Schreiben und Bohten ablegen; mein wolergehen kan Leches außführlich berichten / und was mir vor Abenteur zugestossen sind. Herkules wird mit Gottes Hülffe seine nunmehr gestandene Liebe glüklich erhalten / dessen er schon einen guten Anfang gemacht / dürfte auch leicht geschehen / daß wir mehr Schätze in diesen Ländern / als in der Räuber Höhle erstritten / deren uns bereit wieder unsern Willen viel angebohten werden. Ich hoffe / Gott werde uns bald wiederumb zusammen bringen; inzwischen versichert euch / daß kein Tag hingehet / welcher nicht das Verlangen / meinen allerwerdesten Schaz zu sehen / in mir vermehren solte / muß doch bißdahin mich gedulden / und der lieben Zeit erwarten / da sein herzgeliebtes Gemahl frölich wieder sehen und umbfangen wird / deren ewig-ergebener Ladisla.

Die liebes Trähnen stossen Fr. Sophien unter dem lesen aus den Augen / und nach endigung sagte sie: Ich wil des guten Glückes in geduld erwarten / welches unsere verstörete Freude wieder ergänzen wird. Lase darauff Herkules folgenden Brieff.

Hochgebohrne Fr. Schwester; mir zweiffelt / ob ich mit meinem Schreiben angenehm seyn werde / der ich mit Schuld daran trage / daß eure Liebe von ihrem Herz vertraueten so lange mus geschieden seyn / wiewol dessen Nachfolge mir höchlich mißfallen / und ich wünschen möchte / daß er nebest ihrem Herrn Bruder K. Fabius sich der Reise enthalten hätte; weil aber eines Menschen Wille der Versehung Gottes nicht wiederstreben noch entgegen murren sol / wird meine Fr. Schwester ihre Sorge mässigen / und in Hoffnung / uns schier wiederzusprechen / aller Traurigkeit urlaub geben. Meine Frl. Wase / Frl. Valiska ist unter andern Ursachen auch deßwegen ihrem verwacheten Schlosse feind / daß sie der Kundschaft ihrer Fr. Schwester so lange entbehren muß. Sie wird von König Artabanus als Braut geliebet / aber so lange ich lebe / dürfte ihm das Beylager gewegert werden / wann Gott nicht zuwieder ist / dessen gnädige Hülffe ich in kurzerzeit meiner Fr. Schwester mündlich zuerzählen hoffe; Inmittelst befehle dieselbe ich dem alwaltigen Gott / bitte auch meine Frl. Schwester / Frl. Sibyllen / im gleichen Fr. Ursulen und Frl. Helenen meinetwegen Dienst- und ehrengebührlich zu grüssen / verbleibend /weil ich lebe / meiner Fr. Schwester dienst-ergebener Knecht Herkules.

Der inniglich verliebete Herkules / sagte sie zu den Anwesenden / wil mir zwar nicht offentlich beichten /und kan sich doch im Schreiben nicht so wol verstellen als vor diesem gegenwärtig. Ja / antwortete ihr Vater / vielleicht ist er versichert / daß die Augen / so ihn auff diesem Saal so inniglich pflegeten anzuschauen / und er selbe nicht in betrübnis setzen wolte / dieses sein Schreiben nicht werden zu sehen bekommen; über welcher Rede Fr. Sophia mit lachendem Munde ihre Wase Fräulein Sibyllen starre ansahe / die ohn daß den Stich auff sich zohe / und daher im ganzen Angesicht erröhtete; Sie verbarg sich aber hinter einem starken Niesen / welches ihr zu allem glük ankam / worauff ein zimlicher Husten [839] folgete / so daß die Anwesende von diesem Gespräch abgezogen wurden / und Fr. Sophia unverstöret den dritten Brieff /also lautend / lesen kunte.

Die gefangene Valiska / entbeut der Durch leuchtigsten Königin in Böhmen / ihrer herzgeliebeten Fr. Schwe ster freundlichen Gruß / und klaget / daß sie nicht gnugsame Busse erdenken kan / die unbilligkeit der Trennung ihrer Fr. Schwester von ihrem Gemahl / deren sie Ursach ist / abzutragen. Versichere meine Fr. Schwester sich kühnlich / daß mir das Leiden auch in etwas bekant ist /welches die ferne Abwesenheit eines allerliebsten Schatzes in verliebeter Seele erwecket / und ich umb so destomehr zur harten straffe mich selbst verurteile / daher ich deren mich zu entbrechen nicht willens bin / bitte nur freundlich / die Volstreckung auffzuschieben / biß mein Gott und Schöpffer durch seine allmächtige Gnade mich vor euer Liebe Gericht stellen wird / wil alsdann / was mein vertraueter Oheim / GroßFürst Herkules / und meine von Angesicht mir annoch unbekante Schwester Frl. Lukretie Pompejin / als meine geträue Vorsprachen nicht werden abbitten können / gerne und geduldig über mich nehmen / wann nur eure Liebe die wolbefugete Rache bißdahin außzusetzen kan beredet werden; inzwischen befehle eure Liebe ich der gewaltigen Obhuet Gottes zu aller gedeiligkeit geträulichst / und wie ich bin /also verbleibe ich Zeit meines Lebens meiner herzgeliebeten Fr. Schwester ganz ergebene Dienerin Valiska / jezo genennet Herkuliska. Gegeben auff meinem Königlichen Schlosse / vielmehr Zwänger zu Charas.

Frau Sophia betrachtete nach verlesung die zierlichen Buchstaben und artigen kunst Züge / die kein Schreibmeister hätte nacharten können / fing endlich mit einer verwunderung an: O welch eine ädle Seele muß in dem Herzen dieser unvergleichlichen Fräulein wohnen / daß in so überaus grossen Gefahr sie sich annoch ergetzen / und dem Unglük selbst troz bieten kan. Ja / antwortete Leches / mein gnädigstes Fräulein hat durch ihren unüberwindlichen Muht es dahin gebracht / daß Artabanus selbst sie fürchten muß / und habe ich mit Augen angesehen / daß in seiner Gegenwart sie einen vornehmen Parthischen Fürsten / des Königes nähesten Anverwanten erschossen / umb daß er Herrn Herkules verrähterischer weise über fiel /und schier ermordet hätte. Daß sind gefährliche Zeitungen / sagte Fr. Sophia; bitte aber / uns die Freundschaft zuerzeigen / und was mit unsern geliebten sich zugetragen / umbständlich zuerzählen / welches ich noch vor Morgen früh verschulden wil / und ich darzu gute Gelegenheit habe. Libussa stund nicht weit davon / merkete bald / worauf sie zielete / ließ sich doch nichts merken / sondern hörete fleissig zu / weil Leches schon in voller Erzählung war / da er alles anzeigete / was mit ihnen so wol auff der Reise / als zu Ekbatana und Charas sich zugetragen / ohn Fabius Verlust und was ihr Christentuhm betraff; Und als er in zwo Stunden seine Rede geendiget hatte / übergab er Fr. Sophien die von Frl. Valisken ihr zugeschickete Kleinot in einem von Perlen-Mutter zusammen gesetzeten Lädichen / welche sie überaus kostbar befand; nachgehends reichete er Fr. Ursulen / Frl. Sibyllen und Frl. Helenen / (die herzugefodert war) absonderliche Päklein Kleinot in Herkules Nahmen; Jungfer Brelen aber eine zimliche Lade mit 100000 Kronen angefüllet / wahren die Gelder / welche dem Fräulein zu Tyrus / und Herkules in Kreta vorgeschossen wahren / uñ wurden mit köstlichen Kleinoten hoch verzinset. Und ob gleich Brela vorwendete / der gröste Teil kähme ihrer Wasen Libussen zu / kehrete sich doch Leches daran nicht / sondern zeigete an / wie er schuldig währe seines Gn. Herrn Befehl außzurichten. Weiters foderte er Fr. Euphrosynen vor sich / händigte ihr 60000 Kronen baar ein / nebest vielen schönen Kleinoten / und sagte: Fürst Herkules wüste sich ihres ihm erzeigeten guten [840] Willens wol zuerinnern / wolte als ein dankbarer Schuldman das vorgestreckte vor dißmahl ablegen / und die gebührliche Dankbarkeit auff seine Ankunft auffschieben. Fr. Euphrosyne hätte sich dessen nicht versehen / wegerte sich auch / es anzunehmen; aber Markus / dem Herkules Sinn bekant wahr / sagete / es währe ein solches vergeblich / uñ seinem gnädigsten Herrn Herkules nichts unangenehmers / als die Wegerung seiner angebotenen Gnade. Zulezt ließ Leches drey ansehnliche schöne Laden von treflicher Arbeit aus dem reinesten Hebenholz /die er zu Tyrus gekauft hatte herzutragen / und sagte zu Libussen; sehet hie meine in ehren vertrauete Freundin; unser allerseits gnädigstes Fräulein hat mich mit leerer Hand nicht wollen lassen zu euch kommen / sondern diesen Schaz / benantlich drey Tonnen Goldes / neben beygefügeten Kleinoten mir zu gestellet / euch dieselben als einen Beutpfennig ihret wegen mitzubringen / werdet hieraus ihrer Gn. Gewogenheit erkeñen / und alles zu eurem besten gebrauchen. Die Jungfer entsetzete sich vor solcher Freigebigkeit / und fing mit trähnenden Augen an: O mein gnädigstes Fräulein / die ich in meiner Seele unverrukt trage / womit hat euer Gn. unwirdigste Dienerin diese mehr als Königl. Geschenke verdienen können? nun / ich werde die Gedächtnis dieser Gnade aus meinem Herzen nimmermehr kommen lassen. Wie? sagte Fr. Sophia / seid ihr dann eurem Ritter vor gehabte Mühe und geträue Einlieferung nicht auch dankbar? gewißlich Ritter Leches / ich werde nicht ruhen / biß ihr mir Volmacht gebet / den Tag eurer Heyraht zubestimmen. Ich verbleibe meiner gnädigsten Frau und Königin untertähnigst-gehorsamster Diener / antwortete er / aber wann der heutige Tag es nicht seyn sol / weiß ich selber nit / welcher dazu kan bestimmet werden / nachdem ich Morgen in aller frühe auffbrechen / und meine Werbung zu Prage verrichten mus. Libussa sahe / daß das Spiel angefiedert ward / und sagete: Keines weges / Ritter Leches / daß es heut geschehe / dann ich habe verredet / den einen Tag Hochzeit zu machen / und den andern / meinen Ehejunkern von mir zihen zu lassen. Fr. Sophia hielt dieses vor ihren Ernst / und zweiffelte / ob sie äusserst in sie dringen dürfte; Aber Leches zog ein Schreiben hervor / uñ sagete zu Libussen; sehet meine vertrauete / dz beste hätte ich schier unterlassen / ihr zu liefern / nehmlich dieses / von unserm Gn. Frl. an euch geschrieben / welches ihre Gn. mir zugeschikt /gleich da ich abzihen wollen. Sie erkennete alsbald die Hand / dann die Auffschrift wahr Teutsch / und lautete also:Meiner lieben geträuen Kammer Jungfer /Libussen / dieses zu eigenen Händen: Sie nahm den Brieff mit freuden an / küssete ihn / und bald nach erbrechung lase sie diese Teutsche Worte:

Herz liebes Kind / ich verhalte dir als meiner allerheimlichst-Vertraueten nicht / was gestalt mit meinem höchst- und einig-geliebeten Herkules ich in meinem stark bewachetem Schlosse zu vier unterschiedlichenmahlen mich durch längst begehrtes Liebes Gespräch ergetzet / auch der Hoffnung zu dem einigen wahren Gott /den ich nunmehr / ihm allein sey Dank / kenne / gelebe /es werde durch dessen Gnade und Schickung mich mein Innigst-geliebeter schier frey und ledig machen / worauff ich Tag und Nacht warte. O mein liebes Kind / wie nöhtig währe mir eine Zeit her deine Geselschaft und Trost gewesen / und wunderte mich sehr / wie ich mein Leben erhalten / und vor Unmuht mich nicht selbst erwürget habe. Ich lebe anjezt in zimlicher Zufriedenheit /aber weil meine Seele / der teure Herkules gleich heut davon zihen wird / und ich in ViertelJahres–frist ihn kaum werde wieder zusehen bekommen / wird mein Kummer wieder angehen; jedoch habe ich gnug / wann die Hoffnung mich erhält / biß ich im freyen Felde auff schnellen Pferdẽ mich mit meinem Erlöser befinden werde; alsdann wird Traurigkeit verschwinden / und alles Unglük vergessen seyn. Inzwischen lebe gesund biß uns Gott zusammen [841] füget / und bey Verlust aller meiner Hulde und Liebe / gib alsbald meiner höchstgeliebeten Fr. Schwester Fr. Sophien untergezeichnete Lateinsche Worte zuverlesen / und halte zugleich bitlich an / daß sie deren Inhalt zur schleunigsten Erfüllung gnädig befodern wolle. Deine gnädigst-gewogene Frl. Valiska.

Sie gedachte / was doch immermehr die unter gezeichneten Lateinischen Worte in sich begreiffen möchten / und fand diesen Inhalt:Straks nach Verlesung dieses Briefes mache dich fertig / mit deinem Leches noch desselben Tages Hochzeit zuhalten / damit an seiner nöhtigen Reise er nicht gehindert werde; und ob Leches zublöde seyn würde / es zusuchen / so bitte ich krafft dieses / dz meiner Fr. Schwester ihre Liebe solches ins Werk richten wolle. Du aber hüte dich vor Ungehorsam.

Nach Verlesung dieses verenderte sie ihre Farbe /und sagete überlaut: O mein ungnädiges Fräulein /was vor eine unerträgliche Last bürdet Eure Gn. mir auff. Fr. Sophia fragete sie / was vor unangenehmes sie in diesem Briefe fünde. Sie aber baht / einen Abtrit mit ihr zunehmen / und fing an: Gn. Frau / wann mein Gn. Fräulein mich hiesse in den Tod gehen /müste ich mich dessen nicht wegern; nun aber gebeut sie mir bey Verlust ihrer Hulde / welches die härteste Straffe ist / die mir kan gedräuet werden / daß nicht allein Eurer Gn. ich diese lateinische Worte lesen lassen / sondern auch umb Befoderung zu deren Erfüllung bey derselben bitlich anhalten sol / welches ich auch hiemit untertähnig wil verrichtet haben / nur daß Ihre Gn. es bey sich behalten möge. Fr. Sophia lase die Worte / lachete darüber / daß sie schütterte / fassete sie bey der Hand / und sagte: Kommet meine liebe Freundin / ich ersehe hieraus / wie hohe Gewogenheit diese Durchl. Fräulein zu euch träget / und wil ich der Sache schon ihre richtige masse geben; ging wieder mit ihr hin nach der Geselschafft / und sagete: Was euch in diesem Briefe so selzam vorkomt / wollen wir vor dißmahl aussetzen; Ich aber bestimme euch / Ritter Leches und Jungfer Lidussa / diesen Tag zu eurer Hochzeit / und wer mir darzwischen redet oder handelt / sol sich aller meiner Freundschafft und Hulde begeben. Die gute Braut sahe vor sich nider /durffte weder ja noch nein sagen / biß endlich Brela ihr zuredete / sie möchte sich in keine Ungelegenheit stürzen. Sehr wol / antwortete sie / da komt ihr mir eben recht; fing darauff an zu Fr. Sophien: Gnädigste Frau / wann ja Eure Gn. mir den so lieben und angenehmen Jungfern Stand länger nicht gönnen kan noch wil / erkenne ich mich zum Gehorsam schuldig / allein bitte ich untertähnigst / und bey der Erinnerung dero Liebe zu meinem gnädigsten Fräulein / Eure Gn. wollen meinem lieben Vetter Neda zum besten / ebenmässigen Befehl gnädigst erteilen / daß meine Wase Brela zugleich mit mir fortfahre / nachdem ihre versprochene Trauerzeit heut diesen Tag geendiget ist. Brela wolte viel einsperrens machen / aber nachdem Agatha und Klodius des guten Neda Wort redeten /hub Fr. Sophia an: Das wäre trauen eine schlechte Freundschafft / wann Jungfer Brela / in ansehung meiner Liebe zu Frl. Valisken / mich wolte lassen eine Fehlbitte tuhn; lieber erkennet eures Neda Wilfertigkeit euch ganzer 20 Wochen erzeiget / und höret auff /ihn auff leere Bäume hinzuweisen / auch / da ihr euer Gn. Frl. Valiska uñ mich liebet / so gehet stündlich hin / leget die Trauerkleider ab / und schlaget den verstorbenen aus dem Sinne / sonsten erzeiget ihr mir ein lauteres Mißfallen. Brela sahe / daß es anders nicht seyn wolte / bedankete sich der hohen gnade / und sagete zu Libussen: Jezt gönne ich euch von herzen /was euch heut früh begegnet ist / auch / wanns gleich mehr gewesen währe / dann ihr seyd freilich aus deren Zahl / die nicht ersauffen [842] wollen / sie zihen dann noch einen mit sich auff den Grund. Gebet euch zufrieden /antwortete Libussa / es gilt ja hie noch nicht ertrinkens; wodurch sie so ein hefftiges Gelächter bey den Anwesenden zurichtete / daß sie wünschete / geschwiegen zuhaben. Hiemit wahr nun der Kauff geschlossen / und nach kurzgehaltener Mahlzeit wurden unsere Bräute aufs beste ausgezieret / wobey Fr. Ursula sich ungerne fand / weil sie ihre Traurigkeit wegen des Nichtschreibens ihres Liebsten Fabius /nicht aus dem Sinne schlagen kunte. Leches hatte in zwischen die übergebrachten Schätze in drey Teile von ander gesetzet / der erste und gröste wahr Frl. Valisken / und erstreckete sich auff die 70 Tonnen Goldes an Kleinoten und gemünzetem Golde. Der ander Teil wahren Herkules und Ladislaen Schätze /welche nebest den vorigen Fr. Sophia zu ihrer Verwahrung nam. Der dritte und kleineste solte nach Prage überbracht und der Königin überliefert werden. Nach dieser Verrichtung ordnete es der Stathalter /daß die Verliebeten nach Römischen Gebrauch zusammen gegeben würden / welches Leches merkend /weil es wider sein Gewissen und Christentuhm lief /nicht einwilligen wolte / deswegen er Fr. Sophien an einen absonderlichen Ort baht / und sie also anredete: Gnädigste Frau und Königin; ich fürchte / Ihre Gn. und der Herr Stathalter werden meine Vereheligung mit heydnischen Gebräuchen und gewöhnlichen Opffern einzusegnen vorhabens seyn / welches ich untertähnigst verbitte / weil es wider mein Gewissen streitet / im übrigen bin ich ohn Ausrede untertähnigst gehorsam biß an den Tod. Sie antwortete ihm mit freundlicher Rede: Verschonet mein / Ritter Leches / mit dem Königes-Nahmen / biß ich die Herschung antreten werde; sonst ist nicht ohne / daß hierzu / dessen ihr gedenket / Anstellung gemacht wird; ich wil aber nicht Anlaß geben / daß durch mich einiges Menschen / viel weniger euer Gewissen sol verunruhet werden; Doch saget mir / da ichs wissen darff / seyd ihr etwa ein Christ worden? Leches gab unerschrocken zur Antwort: Gn. Frau; nachdem mein Erlöser JEsus Christ bey Straffe der ewigen Verdamniß gebohten hat / ihn vor den Menschen nicht zuverleugnen / und Ihre Gn. von mir solches zuwissen begehren / so bekenne ich gerne / daß ich ein Christ bin / und daß ich nie in meinem Gewissen recht zufrieden gewesen /ehe uñ bevor ich diesen allein seligmachenden Glauben gelernet und angenommen habe. Wo dann ist solches geschehen? fragete sie. Er antwortete / in der Medischen HauptStad zu Ekbatana / woselbst ich durch sonderbahre schickung Gottes bekehret bin. Erzählete hiebey kürzlich / was sich daselbst mit dem Gotteslåsterlichen Juden zugetragen hatte. Sie / nach ihrem Verstande / kunte daher leicht schliessen / ihr Ladisla würde eben diesen Glauben angenommen habẽ / welches eigentlich zuerfahren / sie zu Leches sagete: Ihr wisset / in was vor Hulde ich bey meinem und eurem Könige bin; so wil ich nun eine Frage / die ihr wol aufflösen köñet / in gröster Vertrauligkeit an euch legen / euch bey meinen Ehren versichernd / daß euch solches durchaus nicht zu schaden oder Gefahr gereichen sol / werdet ihr mich aber hintergehen /wüste ich solches nit zu verschmerzen. Leches entsetzete sich der starken Bedingung / erboht sich bey ritterlichen Ehren / alles zu sagen / was er gefraget würde / dafern es nicht Sachen beträffen / die von seinem Könige ihm ausdrüklich verbohten währen zumelden / und er an hohen äidesstat angelobet / sie keinem Menschen / wer der auch währe / zuoffenbahren /da er dann schon wüste / daß Ihre Gn. an seiner Verrähterey und Meinäid keinen gefallen tragen würde. Ihr seyd mir zu schlauh / [843] sagte sie / und stelle euch frey / zuantworten oder nicht; möchte aber herzlich gerne / und ohn eure Gefahr berichtet seyn / ob mein König Ladisla auch ein Christ worden währe. Leches wuste die unvermutliche Frage nicht auff stehendem Fusse zubeantworten; Zwar Herkules hatte ihm gebohten / sein Christentuhm / so viel möglich / zu Padua in geheim zuhalten / aber nicht zuverleugnen; von Ladisla aber dessen ichtwas zumelden / hatte er weder Geboht noch Verboht / sagte deswegen nach kurzem bedenken zu ihr: Weil Ihre Gn. mich vor aller Gefahr versichern / kan derselben ich die Warheit nicht verbergen / daß nehmlich GroßFürst Herkules /der vor Jahren schon ein Christ ist / meinen König hart angelegen / ihm den Glauben beyzubringen / aber ohn allen Verfang / biß mein König nach gehaltenem Stechẽ zu Ekbatana / davon ich zuvor gemeldet / sich freywillig erbohten hat / den Christlichen Glauben anzunehmen / und daß Eure Gn. mir trauen möge / habe ich selbst angehöret / wie Herkules dem Bischoff zu Ekbatana alles erzählete. Fr. Sophia geboht ihm / hie von keinem Menschen ichtwas zusagen; doch / sagte sie / habt ihr wol getahn / daß ihr mirs nicht verhaltet / dann ich bin willens / eben so wol eine Christin zuwerden / und mit meinem Gemahl einen Gott zuverehren / weil ohn das meine Fr. Mutter von Jugend auff eine Christin ist. Ach du gütiger Gott! sagte Leches /nun werde ich erst einen gewogenen König haben /wañ er vernehmen wird / daß Eure Gn. durch meine Vermittelung sich zum Christenthum bequemet / massen in alle seinem Gebeht zu Gott er dieses mit einschleusset / daß derselbe euer Herz zu seiner Erkäntniß erleuchten wolle. Diese Erleuchtung ist Gott Lob geschehen / antwortete sie / und wird meine Fr. Mutter mich in diesem neuen Glauben zu unterweisen /ihr schon lassen angelegen seyn. Ich wil aber gleich hin zu meinem Herr Vater gehen / damit die heydnischen Mißbräuche bey euer Vertrauung unterlassen werden. Und dieses erhielt sie leicht bey demselben /welcher alsbald muhtmassete / er müste das Christentuhm auff dieser Reise angenommen haben /weil er sich zuvor heydnisch gnug erzeiget hatte. So bald diesen beyden Bräutigamen ihre Bräute an die Hand gestellet wurden / hielt der Stathalter diese Rede an die anwesenden Gäste: Hochwerte Herren / Frauen und Fräulein / vielgeliebte Freunde und Anverwanten; nachdem durch des Himmels Versehung der ådle Mannfeste Ritter Herr Leches / bestalter Medischer Obrister zu Roß und Fuß / von meinem vielgeliebten Herrn SchwiegerSohn heut früh unvermuhtlich alhie anko en / und auffs schleunigste seine Reise weiter fortsetzen muß / hat uns gut gedäucht / ihm seine versprochene Braut / die ädle Tugendreiche Jungfer Libussen ehelich beyzulegen / und zugleich des auch ådlen Mannfesten Ritters Herrn Neda / mit der ådlen Tugendreichen Jungfer Brelen eheliche Vertrauung mit anzustellen. Weil dann die grosse Eile nicht zugeben wil / dz man Römische Bräuche dabey vorgenommen hätte / solche auch vielleicht einem und andern aus erheblichen ursachen möchten zuwider seyn / als wird niemand an deren Unterlassung sich årgern / und nicht destoweniger den neuangehenden Eheleuten den himlischen Segen und alle gedeiliche Wolfahrt wünschen / auch mit ihnen der Zeit gelegenheit nach / sich diesen Tag und Abend lustig und frölich erzeigen; Bald nahmen der Stathalter und Markus Jungfer Libussen / Herr Kornelius aber und Klodius Jungfer Brelen / und führeten sie ihren Bräutigamen zu / mit denen sie durch gegebene köstliche Ringe und handgeschlossener Träue sich vermähleten. Nach gehaltener Mahlzeit ward ein zierlicher Tanz geführet / und allerhand ehrliebende Kurzweil getrieben.

[844] Libussa verfügete sich inzwischen hin zu Fr. Sophien / und gab ihr zuverstehen / wie sie gesonnen währe / ihre heutige ausgestandene Angst noch diesen Abend an Ritter Neda zu rächen / hoffete / ihre Gn. würden ihr solches nicht verargen. Fr. Sophia antwortete: Das kan mich nicht irren / dann ihr seyd vor euch selbst des Verstandes / daß ihr wisset / wo ihr zukehren sollet. Diese ging hin / ließ ein Gemach / dem ihren allernähest hübsch auszieren / uñ ein schönes Bette zurichten / foderte hernach den Koch zu sich /dem sie / nach Verehrung vier Kronen / befahl / er solte der KüchenMagd / der Mörin so viel Wein reichen lassen / daß sie blindvoll würde / und man sie ohn ihr wissen tragen und heben könte; machte nach dieser Verrichtung sich wieder nach den Gästen / und suchte Gelegenheit / mit Neda freundlich zureden / zu dem sie sagete: Geliebeter Vetter / ihr habt mir noch nicht gedanket vor die Befoderung eures heutigen Beylagers; Zwar meine Wase hat deswegen heut schon einen starken Saz mit mir gehalten / darin sie ihren Unwillen gnug zuversiehen gab / was ihr mir aber vor Belohnung ausfolgen lassen werdet / muß ich erwarten. O meine herzgeliebete Wase antwortete er /ich erkenne ihre gute Gewogenheit sehr wol / und ist mir leid / daß ich sie heut früh dergestalt beleidiget habe; jedoch / wann die Schuld ohne Straffe nicht kan abgetragen werden / wil derselben ich mich gerne unterwerffen / doch auch daneben mich vorsehen / daß ich nicht blindlings ins Feur oder Wasser lauffe. Diese Straffe / sagte sie / wil ich mir vorbehalten haben / und weil ihr so vorsichtig spielen wollet /werde ich damit nicht eilẽ. Ich bitte aber / ihr wollet noch diese Nacht mich bey eurer Liebsten schlaffen lassen / alsdann sol sie euch morgen unversaget seyn. Dieser Vortrag wahr dem guten Neda nicht eben /baht sehr fleissig / sich dessen zubegeben / insonderheit / weil er nicht gläuben könte / daß Leches damit würde friedlich seyn. Ich zweifele selbst an seiner Einwilligung / sagte sie / meynete auch / euch vorerst zugewinnen / und hernach mit Leches desto leichter zuhandeln / dafern er aber nicht solte zubereden seyn /wolte ich ungerne / daß eure Liebste diese Nacht allein schlaffen / und mich morgen beschimpffen solte /mit welchen Gedanken sie doch schwanger gehet /und bey mir schon fleissig angehalten hat / ihr hierin behülflich zuseyn. O wie hefftig bemühete sich Neda /ihr solches abzubitten / daß er nicht wuste wie grosse Zusage der Dankbarkeit er ihr tuhn wolte / biß sie ihm endlich versprach / alle Mögligkeit anzuwenden; aber / sagte sie / ihr müsset acht haben / wann ich euch winke / daß ihr alsdann bereit seyd / alsbald mit mir zugehen / und muß ich mich zuvor an eure Liebste machen / sie zubetriegen / da ich diesen Vorschlag habe: Ich wil ihr einbilden / ob hätte ich Leches und euren Willen schon erhalten / weil ich mich aber befahre / ihr möchtet rükfällig werden / sol sie mir gerne folgen / und frühzeitig zu Bette gehen / dann wil ich euch nachführen / und möget ihr sehen / wie ihr sie auffs beste begütiget. Neda wahr wol vergnüget / und hatte hiemit der Anschlag auff dieser seite seine gute Richtigkeit. An der andern bedurffte es weniger Mühe; dañ als sie sich zu Brelen verfügete / sagte sie: Geliebete Schwester / verzeihet mir meinen heut begangenẽ Irtuhm / indem ich gewähnet / als währe euer äidliches Versprechen heut schon zum Ende / da doch nach fleissiger Betrachtung ich befinde / daß noch diese einzige Nacht dran fehlet / aber was schadet eine Nacht? Ich habe nur zu dem ende es euch sagen wollen / dz ihr nicht schier heut oder morgen es mir als einen vorsezlichen Betrug zuleget. Brela erschrak der Rede / und gab zur Antwort: Es hat mich selber mißdäucht / und würde zeit meines Lebens einen nagenden [845] GewissensWurm gefühlet haben / da ich also wieder äid gesündiget hätte; Wird also Ritter Neda krafft seiner mit eigenem Blute geschriebener Versicherung sich meiner diese Nacht entäussern. Ich weiß nicht / sagete Libussa / ob die Handschrifft ihn långer binde / massen ihr solche durch heutige Einwilligung selbst auffgeruffen habet. Jedoch / ist es euer ernstlicher Wille / wil ich wol Raht schaffen / daß ihr diese Nacht sein ohne werdet / aber ihr sollet mir äidlich versprechen / daß ihr mir gönnen wollet / morgen zeitig früh / eine halbe Stunde vor Tages ihn euch zuzuführen / dann um diese Zeit wahr es / da ihr euer Gelübde leistetet. Brela hielt an / sie möchte es biß folgenden Abends auffschieben /aber sie wolte nicht; dañ / sagte sie / sol ich morgen als eine Ehfrau mich mit der Haube deckẽ lassen / und ihr würdet alsdañ noch mit eurem Kranze prangen / würde ich gedoppeltẽ Spot uñ schimpf zu Lohne tragen; versprechet mir demnach / wz ich begehre / oder unsere Gn. Frau sol ihn in der Warheit euch selber zuführẽ. Wer war in grösser Angst / als die fro e Brela; doch weil sie sahe / daß sie aus zweyen übeln dz geringste wählen muste / willigte sie in die Bedingung / uñ versprach solches ohn arge List zu haltẽ. Nu / sagte Libussa / so machet euch über ein wenig mit euer Leibdienerin auf euer gewöhnliches Gemach / und wañ ihr mich morgen früh höret anklopfen / so tuht mir auff / alsdañ wollen wir mit einander nach dem darzu bereiteten Gemache gehen / welches / wie ihr wisset / gleich gegen über ist / da wil ich ihn euch auff ernennete Zeit zu führen. Brela wahr / ihr Gewissen zu retten / wol zu frieden / und erwartete der gelegenen Zeit / einen Abwich zu nehmen. Weil dieser Posse geschmiedet ward / hatte Fr. Sophia sich zu ihrer Mutter gesetzet /und ihr vertraulich offenbahret / daß ihr Ladisla den Christlichen Glauben angenommen / und Herkules schon vor längst ein Christ währe / deßwegen sie sich entschlossen / einen Gott mit ihrem Gemahl zuverehren / und nach diesem die heidnische Abgötterey fahren zu lassen / bähte / sie wolte ihr unterricht mitteilen / wessen sie in ihrem Christentuhm sich verhalten müste. Fr. Pompeja erfreuete sich hierüber von ganzem Herzen / und sagte: Ey nun wil ich gerne und willig sterben / nachdem ich meiner lieben Kinder auffs minste eins in der ewigen künftigen Freude wissen sol; Herkules Christentuhm / ist mir bald anfangs von ihm selbst bey eroberung der Räuber Höhle zuwissen getahn / welcher mir auch verheissen hat / mit aller mögligkeit sich dahin zubearbeiten / daß er Ladisla gewinnen möchte / und zweifele ich nicht / mein Gebeht / welches ich vor dich zu Gott geschicket / sey erhöret / und hiedurch des Heiligen GeistesWirkung die erbehten worden; Morgen geliebts Gott aber wil ich den Christichen Lehrer zu mir fodern / welcher in den nöhtigen Glaubens Stücken dich gnugsam unterweisen sol / nur hilff mir Gott bitten / daß er auch deines lieben Vaters Herz und Willen erleuchten / und die Begierde seiner Erkäntnis in ihm anzünden wolle /dein Gemahl und Herkules werden schon bemühet seyn / daß dein lieber Bruder bekehret werde. Fr. Sophia hätte gerne etwas unterricht dieser neuen Lehre von ihrer Mutter angenommen / ward aber von einem jungen Paduanischen Ritter zum Tanze geführet /gleich da Brela ohn Urlaub hinweg ging / und ihre Dienerin mit ihr gehen hieß / vorgebend / sie befünde sich nicht wol auff. Libussa folgete ihr bald nach /ließ dem Koche ruffen / und fragete / ob ihrem Befehl gelebet währe / und als sie vernam daß die Mörin sich sternvol gesoffen hätte / und in einem Winkel läge /ließ sie dieselbe auff die wolbereitete Ka er tragen /ganz nacket außzihen / ihre Lumpen wegschaffen /und [846] sie in das zierliche Bette wolzugedecket legen; ging bald wieder nach der Wirtschaft / woselbst Neda ihrer mit schmerzen wartete / und setzete sich ein Viertelstündichen nieder / hernach foderte sie ihn durch Winken zu sich / und sagete: Geliebter Oheim /ihr werdet eilen müssen / ehe euch die Tühr versperret wird / dañ sie ist herzlich müde / weil sie die vergangene Nacht wenig geschlaffen; sie hat aber ihre Leibdienerin schon an mich abgeschicket / daß ich mich bald bey ihr einstellen solle; so folget mir nun / ich habe ein kleines Licht bey ihr stehen lassen / daß ihr euch sanft entkleiden / und in aller stille zu ihr gehen könnet / dafern sie schon wird eingeschlaffen seyn. Ja meine herzen Wase / antwortete er / führet mich nur im stillen finstern hin / ich wil gerne folgen / und euer Lehre mich gemäß verhalten; gingen also biß an die Tühr des Gemaches / welche Libussa sanfte aufftaht /und zu ihm sagete: Gehet sein stille hinein / und wecket sie nicht zu früh / ich habe meinem Versprechen ein Genügen getahn / aber damit sie euch nicht entwische / wil ich das Hangschloß vor die Tühr legen /und so wahr ich redlich bin / nit ehe als eine halbe Stunde vor Tage euch zu wecken ko en / ists euch dañ noch zuzeitig / kan ich wieder hinweggehen /nachdem ich das äusserste Schloß werde bey seit getahn haben. Neda gab ihr zu guter Nacht einen freundlichen Kuß / wünschete ihr sanftes Wolergehen / und schlich in aller stille zur Kammer hinein / legte die Kleider ab / und machte sich in das vermeinete Bette / welches er so lang gewünschet hatte. Libussa machete die Tühr außwendig feste zu / und lauschete /wie es doch endlich ablauffen würde; das Licht stund im Gemache auff der Erden / hinter dem Brandeisen unter dem Schornstein / so daß der Schein auff das Bette nicht fallen kunte / noch er sehen / was vor einen Beyschläffer er bey sich hätte / welche / so bald er sich gelegt / dergestalt zu schnarchen anfing / und die unsaubern Winde von sich bließ / daß ihm ein grausen überging / und nicht glauben kunte / daß seine Liebste solcher gestalt sich geberden solte; bald fiel ihm ein / Libussa würde ihm die Vergeltung schon beygebracht / und ihm etwa einen trunkenen HundeBuben beygeleget haben / stund auff / und nam das Licht zur Hand / umb seinen Beyschläffer zubesehen / da er / in dem er die Decke auffhub / einen kohlschwarzen Leib sahe / uñ nicht anders wehnete / es währe irgend ein Gespenst / biß ihm einfiel / daß er eine Mörin in der Küche gesehen hätte. In dem er sie nun also entblössete / kam der Wein wieder von ihr /den sie mit zu grossem überflusse zu sich genommen hatte / daß er sich des bittern Lachens nicht enthalten kunte / und mit heller Stimme sagete: Nun mag meine Wase sich rühmen / daß sie mich redlich bezahlet habe wans nur nicht so gar zur unzeit geschehen wäre; aber o Wase Wase / wie handelt ihr bey meiner Liebsten! ging hiemit zur Tühr / in meinung sie aufzumachẽ / befand aber / daß es unmöglich wahr /daher er sich in die Geduld gab / nam ein Bankpolster und legte sich darauff / in Hoffnung etliche Stunden zu ruhen / welches ihm doch das abscheuhliche schnarchen der Mörin nicht zulassen wolte. Libussa hatte stets an der Tühr unvermerket zugehorchet /welches ihr so grosse Vergnugung brachte / dz sie nicht ein grosses darumb genommen hätte / ging endlich wieder nach der Geselschaft / die schon zimlich geringer worden wahr / und hatte mühe sich des Lachens zu enthalten / daher Fr. Sophia muhtmassete /sie würde Neda schon eins beygebracht haben / und fragete / worüber sie sich dergestalt belüstigte. Sie aber kunte vor Lachen es nicht erzählen / brachte endlich so viel heraus / daß Sophia und Sibylla vernahmen / sie hätte Ritter Neda die ganz trunkene [847] Mörin als seine Braut beygelegt / und das Gemach verschlossen / daß er die Nacht bey ihr außhalten solte; meldete daneben / was gestalt er sich gegen ihr verhalten / uñ auff der Bank sein Nachtlager genommen; taht nachgehends hinzu / durch was List sie ihn gefangen / uñ Brelen auff ihre Kammer verbannet hätte. Fr. Agatha hatte alles mit angehöret / und baht sehr / sie möchte so ungütlich mit ihm nicht handeln / sondern die verliebeten zusa en lassen; nachdem sie aber ingesamt die Ursach vernahmen / liessen sie es hingehen / und wurden von Libussen erinnert / keinem Menschen davon zu sagen / er möchte scherzweise damit auffgezogen werden / und dürfte daher Mord und Todschlag entstehen. Weil dañ die Gäste sich alle verlohren hatten / ging ein jeder an seine Ruhe / da Libussa ihrem Leches von Fr. Agathen und Euphrosynen zugeführet ward. Kurz vor der Sonnen Auffgang fingen diese verliebeten ihr Gespräch mit einander an / und beklagete sich Leches höchlich / daß er seine Eheliebste so schleimig verlassen / und gleich diesen Morgen von ihr scheiden solte; sie aber tröstete ihn mit seines Königes Unfall / und daß er ihrer Liebe desto mehrer versicherung hätte / erboht sie sich / mit ihm nach Prage zu zihen / und Neda samt Breien zu überreden / daß sie ihnen Geselschaft leisteten. Hierauff fing sie an so inniglich zu Lachen / daß Leches wunderliche Gedanken bekam / biß sie ihm kürzlich allen Verlauff mit Neda erzählete / und auff sein fleissiges anhalten in ihrem NachtMantel nach der versperreten Ka er ging / da nach leisem anklopfen sie zu Neda sagete: Lieber Vetter / werdet ihr nicht schier von euer Liebesten auffstehen? die Sonne dräuet uns schon den Tag / nachdem des Hahnen Geschrey den Monden hinweg gejaget hat. Dieser hatte nie keine wiedrigere Nacht gehabt / ward ihrer ankunft froh und sagete: Als viel ich höre / muß ich zu meinem Schadẽ auch den Spot noch haben; nun nun / geduld geduld /ich hoffe Denkzeit komme dereins wieder. Awe antwortete sie / wollet ihr noch trotzen und dräuen? auff solche Weise ko et ihr in Warheit nicht loß / viel weniger zu eurer Liebesten / sondern / dafern ihr nicht ohn einigen auffschueb mir die gestrige gar zu hohe Beleidigung abbitten / vor diese geringe Züchtigung mir danken / und bey ritterlichen Ehren versprechen werdet / es nimmermehr / weder durch euch selbst noch durch andere / einiger Weise zurächen / und also die UhrFehde wirklich abstattet / wil ich Fr. Sophien mit dem ganzen Frauenzimmer / auch eure Liebste selbst herzu führen / daß sie eure hintige Beyschläfferin sehen / und euch darzu Glük wünschen sollen. Nu erfahre ich erst recht / antwortete er / daß ein Gefangener Mann ein armer Mann sey / leistete also die Abbitte / und alles was von ihm gefodert ward; worauff sie die Kammer öffnete / und ihn ein wenig warten hieß / biß sie Brelen nach der Brautkammer geführet hätte / die sich anfangs zwar wegerte / weil der Tag so nahe wahr / auff getahne erinnerung aber ihrer geleisteten Zusage / sich darein gab / und mit ihr ging. Bald darauff hohlete sie Neda auch herzu / der von seiner Liebsten züchtig empfangen / und der unruhigẽ Nacht ergetzet ward. Drey Stunden nach der Sonnen Auffgang besuchte Libussa diese verliebeten / und taht ihnen zu wissen / daß ihr Leches sich schon zu seiner Reise fertig machete / und weil sie ihm einen Gefärten nach Prage zugeben versprochen / hoffete sie / sie würdẽ in Geselschaft mit zihen / und ihre Königin besuchen. O ja / sagte Brela / mich verlanget von herzen / mein Vaterland zusehen / und meine hochgeliebte Schwieger Eltern zu grüssen / wann nur mein liebster wegen seiner Kriegsbedienung hieselbst auff eine Zeit könte erlassen [848] werden. So fest habe ich mich nicht verbunden / antwortete er / zweifele auch nicht /meine Wase köñe bey Fr. Sophien es leicht erhalten /daß sie mir bey dem Stathalter Urlaub erlange. Also ging Libussa alsbald nach dem Frauenzimmer / und wahr Fr. Sophien erste Frage / ob sie sich des guten Neda nicht erbarmet / und seiner liebesten ihn zugeführet hätte; da sie alles umständlich erzählete / und hernach sagete: Gn. Frau / ich habe bey ihrer Gn. mich guten rahts zuerhohlen / wegen einer anmuhtung / die mein liebster heut diesen Morgen an mich geleget hat; O die anmuhtung / antwortete sie / dürfte ich leicht errahten; gilt / euer Leches hätte euch gerne auff der Reise zum Gefärten / damit er zu Nacht nicht allein schlaffen dürffe. Libussa ward hierüber schamroht / wunderte sich ihres tieffen nachsinnens /und gestund / daß es recht und eigentlich getroffen währe. Worauff Fr. Sophia zur Antwort gab; Ihr seid mir warlich zuvor kommen / sonst hatte ich mich schon berahten / euch solches als ein ernstliches Geboht aufzulegen. O Gn. Frau / sagte sie / so werde an euer Gn. ich keinen vorsprach haben / ungeachtet ich die feste Hoffnung mir gemacht hatte / dieselbe solte mich dieser Reise benehmen. O Schwester Schwester / sagte Fr. Agatha / ist dieses euer ernst /so falle mir ein Ohr ab. Wol wol / antwortete Fr. Sophia / wieder euren Willen sollet ihr zu dieser Reise nicht gezwungen werden / und bin bey Ritter Leches noch wol so viel mächtig / daß er mir solches begehren nicht abschlagen wird. Libussa wolte sich nicht verrahten / hielt dieses vor genehm und ging hin /ihrem Leches das leinen Gerähte auff den Weg einzupacken. Unterdessen ließ Fr. Sophia ihn zu sich fodern / und redete mit ihm was ihret wegen zu Prag solte bestellet werden / biß Libussa wieder kam / da Fr. Sophia zu ihm sagete: Wie kömt es / Ritter Leches / daß eure liebste mir hinte diese Nacht so ungehorsam worden ist / da ich zuvor ihren Willen dem meinen nie entgegen gemerket? jetzo aber habe ich diese Bitte an sie gelegt / daß sie euch Geselschaft auff der Reise leisten solte / welches ich doch bey ihr nicht erhalten kan / sondern sie lieget mich hart an / bey euch zuverbitten / daß ihr sie des anmuhtens erlassen möchtet. Er hielt ein solches vor scherz / weil sie sich ihm hierzu selbst erbohten hatte / nachdem sie es aber nicht beantwortete / fiel ihm ihr lachen ein / welches sie gleich auff solches versprechen getahn / sahe auch daß sie abermahl heimlich lachete; worüber er nicht zu antworten wuste / endlich die reine Warheit zu bekennen vornam / und seine Liebste hiedurch gar schamroht machete / daß Fr. Agatha anfing; warlich geliebete Schwester / diese Straffe wird euch von Gott zugeschicket / vor die eurem Oheim angelegte Unbilligkeit. Das ist gar ein Schwesterlicher Trost / antwortete sie / welchen mein ärgster Feind mir auch mitteilen wůrde; habe ich aber meiner Gn. Frauen anfangs die Warheit aus Schahm nicht bekennen dürffen / wil ich nun desto freier beichten / daß ich auch Neda und Brelen gebehten / uns Geselschaft zu leisten / dero behueff ich meinem Oheim Urlaub zu bitten / auff mich genommen habe. Ja wer dürffte euch dieses gläuben sagte Fr. Sophia / nach dem ihr schon auff einem vahlen Pferde ergriffen seid. O wehe mir armen / antwortete sie / habe ich wegen eines Scherzwortes dann allen Glauben verlohren / so mag Brela ihre Bitte selbst vortragen; aber ich bitte sagte sie zu Leches / gebet mir doch Zeugnis / weil ihre Gn. euch so viel trauet. Nicht allein Zeugnis / antwortete er / sondern ich bin kommen / deßwegen eine Bitte untertähnigst einzulegen. Ja euch / sagte Fr. Sophia / und nicht eurer liebsten zugefallen / sol Neda mitreisen /wie es dann / in ernst [849] zu reden / billig ist / daß er seines Ampts dereins bey seiner Gnädigsten Königin rechenschaft ablege. Also ließ sie Neda zu ihr ruffen /und erteilete ihm / in ihrem uñ ihrer Eltern Nahmen Befehl / was er zu Prag verrichten solte; und als sie solches geendiget hatte / fiel ihr Libussen Posse ein /daß sie sich lachens nicht enthalten kunte; er aber die Ursach merkend / sagte zu ihr: Ihre Gn. lachen ohn zweiffel meines Unglüks; damit ging das algemeine Gelächter erst an / welches Libussa durch ihre wunderliche Auffzüge stets häuffete; Fr. Sophia aber sagete zu ihm: Verzeihet mir Neda / daß ich eure hintige Gedanken gerne wisssen möchte. Die wahren sehr wunderlich und mannigfalt / antwortete er; doch /hätte ich das versperrete Gemach öffnen können /wahr mein ganzes vornehmen / ich wolte das heßliche Geschöpff ins Bette Tuch eingewickelt / sie vor allen anwesenden Gästen mitten im Saal nidergelegt / und mit meiner Wasen umb sie her getanzet haben. Dem hatte eure Wase vorgebauet / antwortete sie / hoffe doch / sie werde Bescheidenheit gebrauchet / und euch Zeit gegönnet haben / nach solchem Schrecken des heßlichen WunderTiehrs / an eurer Liebsten Schönheit euch wieder zuerhohlen. Ich bin mit allem wol zufrieden / sagte er / nachdem der heßliche Wuhl nicht erwachet / noch meiner inne worden ist / mag auch wol seyn / daß er noch in schnarchender und stinkender Ruhe lieget / welcher Beschluß ein neues Gelächter erweckete. Klodius und Markus hatten gleich diesen Morgen sich beredet / wie sie ihren liebsten Herren ein dankbares Gemüht erzeigen möchten /funden auch ihre Eheliebsten darzu ganz willig /daher sie Leches und Neda in den innersten Plaz fodern liessen / und sie verständigten / welcher gestalt sie auff ihre Wiederkunfft von Prage / willens währen / mit in Persen zureisen / und ihren Herren 1000 Römische wolversuchte Reuter auff eigenen Kosten zuzuführen / da ihn Eheliebsten ihnen auff der ganzen Reise Geselschafft leisten / und sich Fräulein Valisken zu dienste und untertähnigster Auffwartung darstellen wolten. Solches werden unsere gnädigste Herren mit gebührlicher Vergeltung erkeñen / antwortete Leches / und habe ich ohn das von ihnen Befehl / etliche Völker hieselbst zuwerben / da Fr. Sophia (wie ich mit ihr abgeredet) die Anreits Gelder alsbald auszahlẽ wird. So werde ich so liebe Freunde ohn mich nicht zihen lassen / sagte Neda / sondern von Prag ab / mich nach Teutschland erheben / und so viel in der Eile geschehen kan / eine versuchte Reuterey samlen /damit wir ein gestaltes Heer mitbringen / und unserer Herren Hocheit daraus von den fremden in etwas erkennet werde. Mir ist sehr liebe / sagte Leches / daß ich gelegene Freyheit bekomme / ausser den Befehl (welcher sich nur auff 4000 Reuter zum höchsten erstrecket) zuschreiten / und diese Völker mit Böhmischer guter Anzahl zustärckẽ. Der Stathalter hatte schon sechs Werber bestellet / denen Fr. Sophia auff 6000 wol versuchte Reuter drey Tonnen Goldes auszählete / und weil sie Klodius und Markus vornehmen von Leches verstund / boht sie ihnen zu dessen behueff eine Tonne Goldes; welches sie aber nebest ihren Ehe Liebesten beständig ausschlugen / vorwendend / sie wolten ihre eigene Leute / zu ihrer Herren Dienst in Persien führen. So wolte auch Neda keinen Heller von ihr empfangen / weil ihm Ladisla und Herkules Dankbarkeit gnug bekant wahr / und daß sie ihm alles reichlich erstatten würden. Aber Leches empfing sechs Tonnen Goldes von ihr / gingen ingesamt zum Frühstücke / und setzeten die beyde junge Ehemänner mit ihren Liebsten (denen Fr. Sophia 50 Reuter zur Begleitung gab) ihre Reise auffs schleunigste [850] fort / ruheten auch des Nachts wenig Stunden /biß sie drey Meile an Prag kahmẽ / woselbst Leches Vater der alte Pribisla seine freye Herschafft hatte. Hier muste Neda etwas voran reiten / und vernehmen / ob er daheim und in guter Gesundheit währe; den er in seinem Lustgarten fand / gleich da er eine Irrebahn von Buchsbaum legen ließ / und den Abriß selber machete / wie er vor dem in der Jugend in Italien gesehen hatte. Als er nun seinen Oheim Neda zu ihm hinein treten sahe / wahr ihm dessen Ankunfft sehr lieb / und fragete / was gutes neues er von ihrem Könige und dem verlohrnen Fräulein brächte; da nach kurzem Bericht ihres wolergehens ihm die Augen vor Freuden übergingen / und sagte: Nun so hoffe ich noch / da ich lebe / auch meinen Sohn dereins wiederumb zusehen. Neda sahe ihn in schwarzen Trauerkleidern / und vernam / daß vor 15 Wochen ihn seine einzige Tochter durch den Tod geraubet währe; wolte ihn aber wieder erfreuen / und sagte: Mein Herr Vetter / haben euch die Götter an dieser Seiten bekümmert / wil ich euch durch fröliche Zeitung von eurem Sohn wieder erfreuen / und sage euch vor gewiß / daß derselbe des Medischen GroßFürsten bestalter Obrister ist zu Roß und Fuß / und zur FeldHerrschafft über ein fliegendes Heer Anwartung hat; Durch seine Tapfferkeit hat er schon viel tausend Kronen erworben / und hat unser Gn. Fräulein ihm ihre allerliebste Kammer Jungfer Libussen zur Ehe versprochen / auch ihm schon drey Tonnen Schatz an Baarschafft / uñ eine Tonne Goldes an Kleinoten zu ihrer Brautgabe zugestellet / unter der gnädigsten Hoffnung / er werde ihm solche seines Sohns Ehe wol gefallen lassen. Der Alte entsetzete sich vor dem grossen Brautschatze / und sagte: Mein gnädigstes Fräulein wil schon in der Wildfremde leisten / was sie mir zu Prag verheissen hat / und mag mein Sohn sich solcher Heyraht wol vor glükselig schätzen / die mir nicht kan unangenehm seyn. Wol dann / mein geliebter Herr Vetter / antwortete Neda /so muß ich euch die reine Warheit sagen: Es ist also ergangen / wie ich gemeldet / und hat unser König und das Fräulein euren Sohn heraus geschikt / welcher neulich zu Padua Beylager / wie ich auch / gehalten / und mit seiner Liebsten haussen vor dem Tohr auff seines Vaters Befehl wartet. Der Alte ward hiedurch höchlich erfreuet / und sagete: Warumb bringet er mir dañ nicht selbst die erste Botschaft? Weil er annoch zweifelt / antwortete er / ob euch seine Heyraht angenehm sey. Was zweifeln / was angenehm /sagte der Alte / die Braut ist von gutem Adel und trefflicher Tugend / und was solte er seiner höchstgebietenden Fräulein Willen nicht gehorsamet haben? Ich danke den Göttern vor diese angenehme Tochter /und habe ursach / über der verstorbenen mich desto ehe zutrösten. Legte hiemit neben seinem Gemahl die Trauer Kleider ab / und empfing die ankommenden sehr frölich / welche aber wegen Eilfertigkeit nur ein Stündichen sich bey einer kurzen Mahlzeit auffhielten / und nebest Pribisla auff geruheten Pferden und Gutschen sich nach Prag erhoben. Eben dazumahl saß die Königin in ihrem Zimmer / uñ beweinete ihrer Kinder Verlust und Elende in der fremde / dessen Schuld sie fast alles auff Herkules legete / den sie doch nicht weniger als ihren Sohn liebete. Pribisla wahr bey ihr in grossen Gnaden / ging ungemeldet in seinen Feyerkleidern und güldener Kette umb den Hals / zu ihr ins Gemach / daß sie nicht anders gedachte / er währe Alters und Grams halben kindisch worden / rief ihn zu sich / und sagete: Wie nun / mein Pribisla / wie sehe ich euch in so ungewöhnlichen Kleidern? betrauret ihr eure Tochter solcher gestalt? Gnädigste Königin / [851] antwortete er / meiner Tochter Trauer halte ich daheime /aber öffentlich erfreue ich mich wegen meines gnädigsten Königs und Königlichen Fräulein gutem Wolergehen. Ja / sagte sie / ihr habt etwa hinte einen guten Traum gehabt. Freilich einen guten Traum / sagte er; dann mich dauchte gar eigen / mein Sohn Leches währe von meinen Gn. Könige und Fräulein abgefand / Eurer Hocheit deren gutes Wolergehen anzumelden /hätte auch seine Eheliebste Libussen mit sich gebracht / mir dieselbe an stat meiner verstorbenen Tochter zuliefern / da Ritter Neda und seine Eheliebste Brela ihn begleiteten; wie solte ich dann nicht ursach haben / die Trauerkleider abzulegen / und mich auffs beste auszuputzen? daß aber ihre Hocheit ich nicht länger in der Verwunderung auffhalte / mag dieselbe sich wol versichern / daß allerdinge / wie ich jezt gemeldet / mein lieber Sohn heut früh zu mir ko en ist / und erwartet mit seiner Gesellschafft hauffen vorm Schlosse / wann ihre Hocheit gnädigst belieben wird / ihn vorzufodern. Der guten Zeitung müsset ihr geniessen / sagte die Königin / dann eure Kleider machen mich schon gläuben / daß meinen herzlieben Kindern es annoch wol ergehe. Befahl hiemit einem Trabanten / die ankommenden herauff zuführen / da Leches durch viel Bediente die übergeschikten Kleinot und köstliche Sachen vor sich hertragen ließ / und zu der Königin Füssen nidersetzete; hernach sich auff die Knie niderlassend / den Gruß von Ladisla / Frl. Valisken und Herkules / auch von Artabanus und Phraortes anmeldete / nachgehends den grösten Teil der Kleinoten im Nahmen des Parther Königes überlieferte. Die Königin nebest allen anwesenden verwunderten sich des trefflichen Glanzes / dieser in so grosser Menge eingebrachten köstlichen Sachen /noch vielmehr aber / daß sie von unbekanten Königen und Fürsten geschicket wurden / daher die Königin sagte: Wie herzlich mich meiner lieben Kinder Wolergehen erfreuet / so voll Wunders bin ich wegen der grossen Menge dieser Kostbarkeiten / und kan nicht aussinnen / aus was Ursachen mir aus den fernen Landen die gar zu grosse Schenkungen gesendet werdẽ. Gnädigste Königin / antwortete Leches; Königes Artabanus meynung wird aus diesem Schreiben / von ihm mit eigener Hand unterzeichnet / gnugsam erhellen. Sie erbrach es alsbald / und weil Frl. Valiska es in Teutscher Sprache auffgesetzet / oder vielmehr verdolmetschet hatte / lase sie folgende Worte:Der grosse König Artabanus / Beherscher der Morgenländer /entbeut der Großmächtigsten Königin in Böhmen / Gruß und Liebe / und zeiget an / daß / nachdem das vortreflichste Fräulein der Welt / Frl Herkuliska / Euer Liebe Tochter / durch sonderbahre Versehung der himlischen Götter uns zugeführet worden / haben wir unsere Königliche Hulde derselben zugeleget / und sie vor unser künfftiges Königliches Gemahl angenommen / sind auch entschlossen / unser Hochzeit-Fest / nach Verfliessung der noch übrigen Monaten womit sie der Göttin Vesta von Jugend auff verbunden ist / hochfeyrlich zuhalten / der Hoffnung gelebend / Eure Liebe ihr solche Heyraht nicht allein wolgefallen lassen / sondern / dafern dieselbe von den Reichsgeschäfften sich abmüssigen kan / dem Beylager beywohnen werde / und sol deren Ankunfft uns sehr angenehm seyn; Weil auch die Liebe zu dem Fräulein uns so befftig eingenommen / daß wir den Ausgang des Jahrs nicht werden abwarten können / werden hiebey gewisse Gelder an ihre Geistligkeit übergeschicket / sie von solchem Gelübde frey zusprechen / und wird Eure Liebe die dabey gefügeten Kleinot / als ein Zeichen unserer Gutwilligkeit von uns anzunehmen / sich nicht wegern / auch im übrigen Zeigern unserm Diener Valikules allen Glauben zustellen. Im übrigen verbleiben wir Ihrer Liebe Schützer und vollkommener Freund Artabanus.

Die Königin wuste sich zwar in das Schreiben nicht zurichten / jedoch sahe sie daraus / [852] daß ihre Tochter dem fremden Könige solte vermählet werden / daher sie nach weit gehohletem Seuffzen sagete: So sey es dem Himmel geklaget / daß mein allerliebstes Kind in der Wildfremde ihr Leben zubringen sol / und ich sie wol nimmermehr wieder sehen werde. Das wende Gott ab / antwortete Leches / Ihre Hocheit werden ihre Frl. Tochter auff diesem Schlosse noch offt und viel sehen / dann diese vermeynete Heyraht wird GOtt gnädig abwenden / wie dieses Schreiben / von meinem Gn. Fräulein selbst auffgesezt / ohn zweifel mit sich führen wird. Die Königin nam den Brief mit grosser Begierde an / und fragete / warumb dann ihre Frl. Tochter / Herkulisla genennet würde / und wer der Valikules währe. Weil aber Leches sich auff des Briefes Erklärung berief / lase sie denselbẽ / also lautend:

Herzallerliebste Fr. Mutter; ich eure muhtwillige Tochter bitte ganz demühtig umb Verzeihung / daß derselben durch mein hinreisen nach Padua / so grosse Angst und Traurigkeit verursachet / welches doch ohn zweifel aus Gottes des Allmächtigen Schickung also hat ergehen müssen. Meinen bißher geführeten Zustand wird Zeiger dieses Leches / ausführlich berichten können. Aber du meine kühne Feder / beichte meiner herzallerliebsten Fr. Mutter und Königin meine kindliche Kühnheit / oder vielmehr herzliche Liebe gegen meinen wirdigsten Oheim / den unvergleichlichen Herkules / dessen Hulde mich nunmehr fast vor drey Jahren gezwungen /ihm auff sein stränges unabläßliches anhalten / eheliche Liebe und Pflicht zuversprechen / welche / in ansehung seiner Träue mich zuretten angewendet / ihm ob Gott wil / erster Zeit in keuscher Verehligung wirklich wird geliefert werden / und da meine Fr. Mutter hierin / nach mei nem hoffen / gnädigst gehehlen wird / sol dieselbe zeit ihres und meines Lebens an mir haben / wie ich bißher gewesen bin / ihre gehorsamste Tochter Valiska / jetzo Herkuliska genennet.

Alle anwesende sahen aus der Königin Angesichte / welches sich im lesen etliche mal verenderte / daß etwas sonderliches im Schreiben muste enthalten seyn / sie sagte aber kein Wort / sondern stund auff von ihrem Stuel / ging in ein NebenGemach / und hieß Leches folgẽ / zu dem sie hernach sagete: Bekennet mir die Warheit / hat Herkules meine Valisken schon in seiner Gewalt? Nein / gnädigste Königin / antwortete er / aber er wird sie mit Gottes Hülffe bald bekommen. Ist er aber / fragte sie weiter / nicht bey ihr gewesen? Ja / sagte er / zu unterschiedlichen mahlen /und zwar das lezte mahl fast einen ganzen Tag / doch in fremder angestrichener Farbe / und zweifele nicht /die Heyraht zwischen ihnen sey völlig geschlossen /dessen dann mein gnådigster König Ladisla sich mehr als keines dinges in der Welt erfreuet / und wird ihre Hocheit dessen ohn zweifel aus meines Königes und GroßFürst Herkules Schreiben vollkommen berichtet werden / welche ich hiemit gebührlich übergebe. Die Königin nam alsbald ein fröliches Angesicht an / setzete sich wieder an ihre Stelle / und lase vorerst Herkules Brief / wie folget:

Gnädigste Fr. Mutter und Königin; Eurer Königl. Hocheit ich untergebener Sohn / klage vor ihrem mütter lichen Herzen meiner Jugend Verwägenheit an / in dem ich meinen in dieser Welt herzallerliebsten Schaz / das unvergleichliche Fräulein Valiska umb eheliche Liebe /hinter ihrer und meiner Eltern Wissen ansprechen dürffen / da wir noch Kinder / und ohn alle arge Gedanken /unsere Herzen dermassen verknüpffet haben / daß sider dem weder Gefahr noch Gewalt sie trennen mögen. Zwar wie gröblich ich wider kindlichẽ Gehorsam gehandelt /gestehe ich gerne; Demnach aber eine lautere Unmögligkeit ist / unsere Gemühter zu scheiden / welche ihren eigenen Leib verlassend / sich in des andern eingesenket haben; als geleben wir beyde der tröstlichen Zuversicht /ihr mütterliches Herz werde uns nicht ungnädiger / als die göttliche Versehung seyn / welche dann gewolt / daß /ehe unsere Liebe gebrochen würde / wir mitten auff dem fest verwahreten Königlichen Schlosse unsere Ehe mit den teuresten Verheissungen [853] bündig machen müssen; Wil demnach Eurer Hocheit höchstgewünschtes Angesicht nicht sehen / es geschehe dann in Gegenwart der teuresten Fräulein Valiska / wo sonst Gott uns noch eine kurze Zeit das Leben fristen wird / und verbleibe ich /weil ich lebe / meiner gnädigsten Frau Mutter gehorsamst-untergebenster Sohn Herkules / jetzo Valikules genennet.

Die Freuden-Trähnen fielen unter dem lesen der Königin aus den Augen / küssete den Brief / und sagte: O mein allerliebster Sohn Herkules / ist mein höchster Wunsch ohn mein Wissen schon erfüllet / so wil ich nunmehr gerne sterben / und doch erst Liebe zu leben bekommen / damit ich deine Frucht sehen möge. Endlich lase sie auch Ladisla Brief / welcher nichts als Vergnügung über seines Herkules künftige Heyraht zuschreiben wuste. In dem sie nit mit Verlesung desselben bemühet war / höreten sie auf dem Schlosse / daß aus allẽ Gassen der Stad Alarm geblasen uñ geruffen / auch jeder zum Gewehr auff gemahnet ward / dessen sie nit wenig erschrakẽ / uñ bald Zeitung bekamen / es hättẽ sich etliche 1000 geharnischte Reuter im Felde blicken lassen / dz man nit wissen könte / obs Feind oder Freund wäre. Die Königin war in solchen fällen sehr geherzt / ließ alsbald 10 Reuter ausreitẽ / uñ Kundschaft einholẽ / welche alle gefangen geno en / uñ nit wieder gesehen wurdẽ / daher man ursach nam / sie vor Feinde zu halten / uñ begaben sich alle Mañschafft der Stad ins Gewehr /besetzeten Wall uñ Mauren aufs beste / uñ trugẽ Pfeile / Steine uñ allerhand Rüstung auf die Mauren /damit man den Feind abzuweisen bedacht wahr. Hingegen zogen die unbekantẽ Reuter den geradesten Weg auff die Stad zu / nicht anders / als stünden ihnẽ Tohr und Tührẽ offen / ungeachtet man ihnen zurieff stille zu halten / biß man endlich loßdrückete und die Pfeile ihnen in zimlicher Menge entgegen schickete /daß ihrer etliche beschädiget / und hinter sich zuweichen gezwungen wurden; worauff einer aus dem Hauffen hervor ritte / und mit einem lachen fragete: Ob sie Freunde und Bundgenossen mit feindlichem Geschoß abzutreiben befuget währen; GroßFürst Henrich aus Teutschland währe mit seinem Gemahl und Fräulein Tochter gegenwärtig / und begehrete bey seiner Fr. Schwester der Königin angemeldet zu werden. Aber der Obriste der Besatzung gab ihm zur Antwort / der GroßFürst aus Teutschland währe keine Blume die man von ferne riechen könte / so hätte man die außgeschikten Reuter aufgehalten / und dadurch Argwohn genug zu andern gedanken gegeben; dafern man aber den Großmächtigsten GroßFürsten sehen würde / solte dessen Hocheit alles offen stehen. Dem GroßFürsten gefiel solche Antwort wol / ritte näher hinzu / und ließ sein Angesicht sehen / welches alsbald von unterschiedlichen erkennet ward; worauff im Augenblik ein Freudengeschrey auff der Maur / und bald hernach in der ganzen Stad sich erhub;Der GroßFürst aus Teutschland lebe! Die Königin wuste / daß er ihr gedräuet hatte / bald unvorsehens ihr einen blinden Lermen zu machen / umb zu vernehmen / wie vor Unfall zu schützen sie sich gefasset und bereit hielte /zweifelte demnach an seiner gegenwart nicht / und sendete ihm den alten Pribisla entgegen / welchen der Fürst von ferne erkennete / und ihm nach seiner angebohrnen Freundligkeit entgegen ritte / sprechend: Lieber Alter / eure Gesundheit ist mir angenehm / doch hätte ich gemeinet / man müste euch nicht mehr unter den Lebendigen / geschweige unter jungen Hofeleuten suchen. Pribisla neigete sich tieff auff dem Pferde /und wahr willens abzusteigen / welches ihm aber der GroßFürst nicht gönnen wolte / sondern sagete: Sitzet mein lieber Alter; wie gehets [854] meiner Fr. Schwester? fürchtet sie sich auch vor feindlichen überfal? Meine gnädigste Königin / antwortete er / ist / dank den Göttern noch frisch und gesund / lebet auch ferne von aller Furcht / als lange eure Hocheit im Leben und gutem Wolstande sich befindet / und hätte dieselbe zu gewünscheter Zeit nicht kommen mögen / da sie gleich diese Stund von unserm Gnn. Könige und Fräulein / wie auch von dem unvergleichlichen und biß an der Sonnen Auffgang hochbenahmeten Helde Herkules / euer Hocheit Sohne sehr angenehme Zeitung und Schreiben bekommen hat. GroßFürst Henrich seufzete über dieser Rede und sagete: O du lieber und werter Sohn / wie unselig bin ich / daß durch verleugnung unser SchuzGötter du dich deiner Eltern und Vaterlandes / oder vielmehr uns deiner beraubet hast! wie schwer ist mirs / dich zu hassen / und doch unzulässig / dich zu lieben / als lange du den neuen Aberglauben nicht wirst abgeleget haben; sagte nachgehends zu Pribisla; es ist mir sehr lieb / daß mein Oheim und Wase annoch in gutem Wolstande leben /und fürchtete ich mich schon / nur Unlust durch meiner Schwester Trähnen einzunehmen. Ließ darauff sein Gemahl und Fräulein in einer Gutsche allernähest hinter ihm her zum Stad Tohr ein fahren / da sie auff dem Schlosse von der Königin sehr freundlich empfangen / nachgehends auff das Gemach geführet wurden / woselbst die treflichen Kleinot in grosser Menge annoch unbedecket stunden / an welchen Frl. Klara ihre Augen sehr belüstigte / daß sie fragens sich nicht enthalten kunte / von wannen doch solche scheinbare Sachen kähmen; welches die Königin alles erzählete /und ihren Bruder umb Raht fragete / wessen sie sich gegen den Parther König erklären solte; er aber zur Antwort gab; es währe eine wichtige Sache / und sähe er nicht / was man anders / als freundliche Einwilligung vornehmen könte / nachdem unmöglich seyn würde / dem mächtigsten Könige der Welt das Fräulein mit Gewalt zu nehmen. So wolte aber ich viel lieber sterben / sagte die Königin / als diesem hochmühtigen Wüterich eine Tochter geben / die ihm vielleicht als eine Leibeigene dienen müste / wann das erste Feur / welches am heftigsten zu brennen pfleget /würde gedämpfet seyn / und zweifele nicht / meine herzlieben Söhne Herkules und Ladisla / werden nicht ruhen / biß sie mein geliebtes Kind in Freyheit gesetzet haben; Und weiß mein Bruder noch nicht / weß ich gesinnet bin? Ich habe von 14 Jahren her meinem Sohn Herkules dieses mein Kind zugedacht / weil sie einer dem andern von Angesicht / Gemüht und vielen Eigenschaften sehr gleich sind / und da mir dieses fehlen solte / müste sie der Göttin Vesta biß an ihr Ende verlobet werden. Ach / sagte / die GroßFürstin /wañ ich den Tag dieser Heyraht erleben solte / wolte ich nachgehends mit frölichem Herzen sterben. Der GroßFürst redet ihr ein; Schweiget schweiget / mein geliebtes Gemahl / er hat unsere Götter verläugnet /daher kan ihm dieses nicht zugelassen werden / dann weil er dieser Ursachen halben ein Fürst ohn Land /und aus seinem Erbreiche muß verbannet seyn / wird er sein Leben im Ritterstande enden müssen / was solte dann meiner Frl. Wasen mit solchem Gemahl gedienet seyn? Die Königin lachete seiner Ernsthaftigkeit / und sagete: Geliebter Bruder / der Götter Vorsaz und versehung werden weder du noch ich zubrechen bestand seyn; wann nun unserm Sohn Herkules / ach dem frommen tapfferen und Tugendergebenen Herkules meine Tochter außersehen ist / wer wil sie ihm nehmen? hat er dañ gleich Teutschland nicht (wiewol sonder zweiffel ihm solches dereins / da er lebet / werden muß) [855] ey so kan der König in Böhmen /der ihn über sich selbst liebet / noch wol schichtung mit ihm halten / oder ihm ein Königreich gewiñen helffen. O herzgeliebte Fr. Schwester / antwortete die GroßFürstin / wie hoch bin ich euer Liebe verbunden / nach dem ihr euch meines Fleisch- und Blutes so hoch annehmet. Es ist mein Fleisch und Blut auch /sagte die Königin / welches ich so hoch zuerheben /und dem allerbesten Fürsten der Welt (niemand seinen Ruhm benommen) zu liefern bedacht bin; und weil mein Herr Bruder eine so wölfische Grausamkeit wieder einen so gewünschten Sohn gefasset hat / den alle Welt / ja der Käyser zu Rom selbst / ehret und liebet / wollen wir ohn sein Zutuhn diese Heyraht unserer lieben Kinder volzihen. Kränke mir meine Seele nicht mit solchen Aufflagen / antwortete der GroßFürst / die Götter wissen daß ich meines Sohns Unfall mit meinem Blute abzuwenden mich nicht wegern wolte / wans möglich währe / aber daß ich mein Kind lieber als meine Götter haben solte / müste ich billich in ihre Ungnade fallen / so behalte nun das trefliche Fräulein einem mächtigen Könige oder Fürsten vor /mit dem sie Land und Leute zubeherschen habe / wie sie scheinet darzu gebohren seyn / dann Böhmen wird sich schwerlich trennen; Teutschland ist ihm entzogen / weil er unsere Götter nicht wieder annehmen wil /und wird sich kein fremder angeben / der ihm Land und Leute abtrit. Unter diesen Reden hatte die Königin der GroßFürstin ihres Sohns Herkules Brieff zu lesen geben / die über dessen Inhalt unsäglich erfreuet ward / daß sie sagte: O du mein gewünschter Sohn /du Spiegel aller Tugend und Frömmigkeit; wann wirstu dich und dein wirdiges Gemahl mich wiederumb sehen lassen? Waß? sagte der GroßFürst / hat er sie schon geheyrahtet / und ist nährlich 21 Jahr alt? in solcher Jugend hätte ich mich gescheuet ein Weibesbild dieser gestalt anzusehen; nam den Brieff auch zur Hand / und nach verlesung sagte er: Unsere Kinder wollen mit ihren Kindern zeitiger spielen / als wir getahn haben; kan es dann möglich seyn / daß er seine Götter wieder annimt / sol ihm sein Erbrecht an meinem Reiche unbenommen bleiben; im wiedrigen / ist mir noch leid / daß meine Wase mit einem Christẽ /und mit einem Fürsten ohn-Land sol verheyrahtet werden. Mein Herr Bruder / sagte die Königin / warumb schilt- und schändestu die Christen / weistu doch so wenig als ich / was ihr Glaube ist. Leches trat gleich herzu / hatte die herlichen Kleinot / die Herkules seiner Frl. Schwester übergemacht / in zarte Seidene Tücher verhüllet / und Libussen und Brelen zugestellet / trat vor ihnen her / und reichete anfangs dem GroßFürsten und seinem Gemahl ihre absonderliche Schreiben von ihrem Sohn Herkules; hernach kehrete er sich zu dem Fräulein / ließ die Kleinot vor ihre Füsse legen und sagete: Durchleuchtigstes Fräulein / mein gnädigster Fürst und Herr / der tapferste Held auff Erden / Herr Herkules / entbeut euer Durchl. brüderlichen Gruß / und sendet derselben diesen Beutpfennig / mit Bitte / selben anzunehmen / und mit Schwesterlicher Gewogenheit und Träue ihm allemahl zugetahn zuverbleiben. Sie bedankete sich sehr /hub die Kleinot / so auff 80000 Kronen in Persen geschätzet wahren / mit grosser Begier / nacheinander auff / zeigete sie ihrer Fr. Mutter und wünschete / daß sie ihren herzgeliebten Herrn Bruder bald sehen möchte; die grossen Verehrungen könte sie nicht anders als mit Schwesterlicher geträuer Liebe erstatten /woran sie Zeit ihres Lebens nichts wolte erwinden lassen. Der GroßFürst brach seines Sohns Schreiben /und sagete: Weil mirs ausserhalb meines Reichs zukomt / werde ichs [856] ohn meiner Götter Zorn lesen können / und fand folgenden Inhalt.Großmächtigster GroßFürst und Herr / gnädigster Vater; dafern wegen meines einigen wahren Gottes / ich euch von denn verteufelten lügenhaften Krodenpfaffen nicht gar zu verhasset gemacht bin / Bitte ich in Kindlich er Demuht / diese weinige Zeilen mit Väterlichem Herzen zu lesen; Mein Gott / dem ich biß an mein Ende dienen wil / hat mir das Durchleuchtigste Fräulein Valiska zum künftigen Gemahl bescheret / mit der ich mich in aller Gottesfurcht ehelich versprochen / nach dem der grundgütige Gott ihr Herz in erkäntnis meines Heilandes Christus erleuchtet /worüber sie mit mir frölicher ist / als über alle irdische Wollüste dieser nichtigen Welt. So gebet nun bitte ich /euren Väterlichen Willen hierzu / erlasset euren Sohn alles falschen Argwohns / und seid versichert / daß er weder Tag noch Nacht vergessen wird / euch der Barmherzigkeit seines einigen wahren Gottes inbrünstig zu befehlen / verbleibet auch / weil er lebet / euer biß an Gott gehorsamster Sohn Herkules.

Die GroßFürstin sahe ihr Schreiben auch durch /welches also lautete:Gnädigste / herzallerliebste Frau Mutter / meinen Zustand uñ geschlossene Heyraht wird ohn zweifel meine gleichgeliebte gnädigste Fr. Mutter /Königin Hedewig überschreiben / und mein Herr Vater anmelden / Bitte sehr / bey dessen Hocheit mich zu entschuldigen / daß ohn dessen eingehohleten Raht und Willen ich diese Verlöbnis vergenommen / welches von mir nicht aus verachtung / sondern unmögligkeit unterlassen ist. Mein Gott wird mich dereins meiner herzlieben Eltern versöhnetes Angesicht sehen lassen / daß an deren höchstgewünscheten Gegenwart ich meine Seele ergetzen möge; bemühet euch aber / bitte ich Kindlich / meinen Herr Vater zu begütigen / Damit er die schändlichen Verleumdungen / durch welche ich von den verlogenen Pfaffen bey ihm angegossen bin / fallen lassen / und sein Fleisch uñ Blut / welches fremden nicht unangenehm ist /zu hassen und zu verbannen auffhören möge / als vor welchen zu sterben ich mich keinmahl wegern wil. Nun mein Gott wird der Unschuld beysteuren / und den unbillig-vertriebenen wieder einzuhohlen wissen / wiewol ich meinem Bruder Baldrich mein Erbrecht in der güte abzutreten (sintemahl mir der Odem nach der Herschaft gar nicht stinket) nicht ungeneiget währe / da es von mir gebührlich und ohn verletzung meiner Ehren begehret würde / dessen Gemüht gegen mich zuerfahren / ich grosses Verlangen trage / welchen nebest euch und meiner herzlieben Frl. Schwester ich der kräftigen Obhuet meines allein wahren Gottes empfele / als euer gehorsamster Sohn Herkules.

Der GroßFürst betrübete sich sehr über sein Schreiben / welches die Königin eigentlich wahrnahm / und zu ihm sagete: Gewißlich findet mein Herr Bruder unangenehme Sachen in seinem Brieffe. Was solte ich nicht finden / antwortete er: Die fleisse Hartnäckigkeit in dem neuen Glauben lässet sich je länger je stärker sehen / und dürfte er sich wol gar unterstehen /das Fråulein auff seinen neuen Gott hinzuführen. Daß wird ihm kein Mensch wehren können / antwortete die Königin / dann wie ich meinen König heyrahtete /muste ich mich dem Bömischen Gottesdienst gemäß verhalten; Aber es ist Zeit / sagte sie / daß wir das Abendmahl eiñehmen / hernach sol Leches erzählen /was ihm von unsern Kindern wissend ist. Frl. Klara machte unter diesem Gespräch gute Kundschafft mit Libussen / erkundigte sich / was vor Geschlechtes und Tugend Königs Ladisla Gemahl währe / uñ trug so grosse Beliebung zu ihr / daß sie unter der Mahlzeit bey ihr sitzen muste; weil sie auch merkete / daß sie mit künstlichem Perlensticken umbzugehen wuste /baht sie dieselbe / ihr ein Armband von ihren Haaren mit durchgesetzeten Perlen zumachen / welches noch desselben Abends geschahe. Leches aber erzählete allen Verlauff / was mit seinen Gnn. Herren und dem Fräulein sich zugetragen hatte / so wol zu Padua als in den Morgenländern / worüber der GroßFürst sich nicht wenig erfreuete / und aus väterlicher Inbrunst anfing: O du [857] mein wirdiger Sohn / du Zierde aller löblichen Teutschen Ritterschaft: wolte Gött / du hättest Rom nie gesehen / noch ichtwas von dem Christlichen Aberglauben gehöret / alsdañ würdestu dein /ja dein Teutschland biß an die Wolken erheben. Leches wahr in seinem Christentuhm sehr eiferig (wie er auch deswegen in seinem hohen Alter von den heydnischen Pfaffen erschlagen ward / und zugleich mit seiner Libussen die Krone du Märterer davon trug) kunte demnach solche Reden unbeantwortet nicht lassen /obs ihm gleich hätte das Leben kosten sollen / und sagete: Gnädigster GroßFürst / Eure Hocheit / bitte ich /wollen das Christentuhm nicht vor einen Aberglauben schelten / nachdem kein Mensch / ohn durch diese Lehre / die Seligkeit erlangen kan; Zwar ich bin auch von meinem lieben Vater gegenwärtig / im Böhmischen heydnischen Unglauben aufferzogen und unterrichtet / aber durch Gottes Gnade / und Hülffe meines Gn. Fürsten Herrn Herkules / habe ich so viel gefasset / daß ich mich vor Teufel / Tod / Helle und allen heydnischen Götzen / wie sie auch Namen haben mögen / im geringsten nicht mehr fürchte / und wann ich tausend Köpffe hätte / müsten sie alle springen /ehe ich die einmahl erkante Warheit verläugnen / oder den vorigen Gottesdienst wieder annehmen wolte. Eure Hocheit verzeihen mir / bitte ich untertähnigst /diese Kühnheit / daß ich sie und alle anwesende versichere / dafern sie meinen Gn. Herrn / GroßFürst Herkules seiner Andacht solten sehen / und als einen ausbündig-gelehrten Christen reden hören / würden sie gewiß gewiß den Kroden Teuffel und andere ihre ertichte Götzen vor ein kindisches Menschen-geticht halten. Der GroßFürst hätte schier eine Ungnade auff ihn geworffen / doch besan er sich / und antwortete mit scharffer Rede: Ritter / die Jugend hat die Unart insgemein / daß sie das neue erhebet / und das alte mit Füssen trit / daher wundert mich nicht / daß ihr eurem Alter nach / der Neuerung ergeben seyd; Weil euch aber eure Kappe biß auffs äusserste gefället /möget ihr sie immerhin tragen / nur dz ihr in meiner Gegenwart euch mässiget / meine Götter zuverkleinern. Leches erkennete / daß er über die Schnuhr gehauen hatte / und baht untertähnigst umb Verzeihung / nicht daß er der Götzen halben solches redete / sondern des GroßFürsten Ungnade von sich abwendete. Als er nun von ihm er sich zu der Königin / und sagte; wie er von seinem Könige befehl hätte / 6000 wolversuchte. Böhmische Reuter zu werben so währe der Stathalter zu Padua schon in voller Arbeit / 7000 Römische Reuter zubestellen / bähte / Ihre Hocheit möchte gnädigst einwilligen. Diese nun lobete solches Vorhaben / damit / sagte sie / unsere Kinder in der wilden fremde auff allen fall geträue Leute umb sich haben mögen. Hier sahe Neda / daß zeit seyn wurde /sein begehren vorzutragẽ / fing demnach also an: Großmächtigster GroßFürst / Gnädigster Herr / es würde dem unvergleichlichẽ Helde / Euer GroßFürstl. Hocheit Herrn Sohne eine sonderliche Freude seyn /dafern er etliche seiner angebohrnen Untertahnen bey sich haben / und den Morgenländischen Fürsten tähtlich zeigen könte / durch was unüberwindliche Fäuste Teutsche Freyheit bißher wider die Römische Macht beschützet und erhalten worden. Wann bey Ihrer Hocheit ich nun erlangen könte / daß vor baare Gelder ich eine Anzahl wolgeübete Reuter in ihrem Reich werben dürffte / wolte ich ihnen die Anreits gelder vergnügen. Meine Völker / antwortete der GroßFürst / dienen mir zwar und meinen Kindern umsonst / aber wann sie ihr Blut vor andere wagen / wollen sie dessen trauen ergetzet seyn; Saget mir aber /was [858] gedenket ihr auff ein Pferd zu geben? Meines gnädigsten GroßFürsten Herkules Ehr uñ Ansehen zuerhalten / sagte Neda / gebe ich auff jeden versuchten Reuter 50 Kronen baar; und von heut an gerechnet / verspreche ich ihnen doppelten Sold / sagte Leches. So müsset ihr viel Kronen bey euch führen / sagte der GroßFürst zu Neda / oder ihr werdet meiner Leute nicht viel begehren. An guten Kronen fehlet mirs nicht / antwortete er / wann nur 6000 gewünschete Reuter diese Stunde hie währen / die Gelder zuempfangen; und versichere sich Eure Hocheit / daß ihr Herr Sohn so viel Baarschafften zu Padua in Kasten stehen hat / damit er ein verfassetes Kriegs Heer von 50000 zu Roß und 150000 zu Fusse ein ganzes Jahr im Felde halten und befolden kan / welches ihm der Römische Käyser selbst kaum nachtuhn solte. Der GroßFürst bekam hieraus allerhand Gedanken / was solches Geld wirken könte / wann sein Sohn dereins ein ErbReich mit dem Schwerte zugewiñen sich unternehmen solte; doch setzete er dieses bald beyseit / und sagte zu Neda: Weil mein Sohn Herkules nach Ehren strebet / und Teutsches Lob weit auszubreiten bemühet ist / wil ich ihm vor dißmahl einen Reuterdienst tuhn / und ihm 6000 auserlesene Reuter meiner Leib-Schaar ohn Entgelt hergeben / die bißher in mannichem Scharmützel wider die Römer und andere Feinde sich haben finden lassen / dieselben wil ich besolden / so lange sie meinem Sohn zu dienste streiten /wo sie aber einem andern zum besten gebraucht werden / sollen sie von demselben doppelten Sold haben. Nun hatte der GroßFürst 8000 Reuter mit sich hergeführet / aus welchen er des folgenden Morgens die versuchtesten 6000 nam / die ihm schwören musten /seinem Sohn Herkules / dem sie solten zugeführet werden / in allem gehorsam zuseyn / und wider alle seine Feinde / so nicht Teutsche oder deren Bundgenossen wären / sich gebrauchen zulassen; übergab sie hernach Leches und Neda / und sagte: Da habt ihr die begehrte Anzahl Reuter / welche / da sie sich scheuhen solten / auff 20000 Feinde zu gehen / ich sie aller ritterlichen Ehren unwirdig halten wolte. Diese bedanketen sich wegen Herkules untertähnigst / gaben / ungeachtet des GroßFürsten Verbots / einem jeden durch die Bank 20 Kronen / dessen die hinterbliebene 2000 mit geniessen / und gleich so viel nehmẽ musten. Worauff der GroßFürst sagete: Seyd ihr auch zu freygebig von eures Herren Geldern. Nein / gnädigster Herr / antwortete Leches / von diesen Kosten komt unsern Gn. Herren nichts zu / sondern Neda gibts alles von seinem eigenen; und weil ich vielmehr Gelder bey mir führe / als ich zu der Volker Unterhalt bedarff / bitte ich untertähnigst / daß mir erlaubet sey /dem GroßFürstlichen Fräulein im Nahmen ihres Herrn Bruders Herkules / eine Tonne Goldes auff meine Verantwortung zum Beutpfennige einzuliefern. Der GroßFürst lachete des / und sagete: Was Brüder und Schwester einander schenken / stehet ihnen frey; muste also das Fräulein solche Baarschafft zu sich nehmẽ. Ritter Prinsla / Herr Stanisla Sohn / der etliche Jahr her in Schweden und Liefland durch manniche löbliche Taht ein gutes Lob erworben / hatte Leches / mit dem er in brüderlicher Freundschaft stund /seine Ankunfft erfahren / und erboht sich / 30 Pferde auff seine Kosten auszurüsten / uñ seinem Könige zuzuzihen. Leches erfreuete sich dessen höchlich / und baht ihn / sich nach guter Ritterschafft umzutuhn /damit er deren 6000 in geschwindester Eile zusammen bråchte / zåhlete ihm 200000 Kronen aus / und bestellete ihn zum FeldObristen Wachtmeister über alle diese Böhmische Völker. Dieser schickete alsbald 40 Werber aus / daß ein jeder 150 [859] Reuter / die alle schon gedienet hätten / oder zum wenigsten mit Gewehr zu Roß wol umzugehen wüsten / inwendig drey Tagen wol beritten / herbey schaffen solte. Herr Krokus nebenst seiner Frauen und Tochter wurden auch nach Hofe gefodert / unwissend / dz ihr Sohn Neda ankommen wahr / über dessen und seiner Eheliebsten Gegenwart sie höchlich erfreuet wurden; insonderheit machten Brela und Therba vertrauliche Schwesterschafft / und wurden alle vorige Mißverstände gänzlich vergraben. Prinsla hatte vor wenig Tagen sich in Therben sehr verliebet / gedachte / jezt wåhre Zeit /durch seine Wase Libussen es fortzusetzen / offenbahrete ihr seine Liebe / und baht umb Befoderung. Diese gab Brelen und Neda solches zu verstehen / die solche gewünschete Schwägerschafft nicht ausschlagen wolten / redete es mit der Jungfer und ihren Eltern / und funden sie an allen Seiten darzu willig / ward also des andern Tages ihre Hochzeit von der Königin auff dem Schlosse angestellet und frey gehalten. Brela ließ auch in der Königin Nahmen ihre Vormünder zur Rechnung fodern / deren einer / welcher aller ihrer Güter Auffkünfte gehoben / und unnüzlich verschwendet hatte / sich vor harter Straffe fürchtend /ihm selbst mit einem Stricke das Leben nahm / worüber Brela sehr unmuhtig ward / auch zur Bezeugung ihres guten willens gegen die Witwe und sechs nachgelassene Kinder / sie nicht allein aller Anfoderung frey und ledigsprach / sondern der Witwen 8000 Kronen schenkete / und zwo Töchter / eine von 15 / die andere von 12 Jahren vor ihre Leib Jungfern / Neda aber zween Söhne / einen 17 / den andern 10 Jahr alt /vor seine Auffwarter zu sich nam / dessen sie im ganzen Königreiche einen trefflichen Nahmen und hohes Lob bekahmen; Die übrigen beyden Vormünder musten von der Königin und dem Reichs Kanzler Herr Bretifla einen scharffen Verweiß annehmen / daß sie dem dritten allen Willen / mit fremden Gütern zu schalten verstattet / und ihrem Ampte so unfleissig vorgestanden währen / worüber sie in 4000 Kronen Straffe verdammet wurden / welches aber Brela selbst loß baht / und sie zu weiterer Vormundschafft über ihre Güter bestellete / da sie alle Träue und Fleiß erwiesen. Des vierden Tages nach Leches Ankunfft waren 6000 Böhmen bey einander / unter denen 1200 ädle und 300 Ritter sich stelleten; auch 300 junge Böhmische vom Adel / alle unter 19 / und über 14 Jahren / wurden von ihren Eltern mit geschikt / ihrem Könige in der fremde auffzuwarten. Frl. Klara hielt bey Libussen an / mit ihr in Teutschland zuzihen /und biß auf ihres Liebsten Wiederkunfft ihr Geselschafft zuleisten; auch wolte die Königin Brelen bey sich behalten; nachdem aber diese sich entschuldigte /ihrer Gn. Fräulein nachzihen zuwollen / trug Libussa eben dasselbe vor / und sagte zu dem Fräulein in aller andern Gegenwart: Ob gleich Eurer Gn. ich eine zeitlang auffwarten wolte / würde ich doch von ihrem Gn. Herr Vater nicht können geduldet werden / dann ich bin eine Christin / und müste mich befürchten / daß eure gottlose verlogene Kroden-Pfaffen mich wol gar erwürgeten. Worüber der GroßFürst mit einem lachen den Kopff schüttelte; wodurch aber sie erkühnet / zu ihm sagte: Durchl. GroßFürst / ich weiß sehr wol /daß alle Teutsche Pfaffen / uns Christen vor unzüchtige schandergebene Menschen ausruffen / aber ich rede alhie kühnlich aus / und sage / daß wer mein gnädigstes Fräulein und mich vor eine solche hält und schilt / ich denselben vor einen Schelm und EhrenDieb halte / biß er uns solches überweiset / und wann Eure Hocheit solchen bübischen und diebischen Verleumdungen Glauben zumisset / handelt sie [860] sehr unvorsichtig. Leches winkete ihr / sich zumässigen / deswegen sie damit abbrach / und der GroßFürst mit wenigem sagte / er wüste wol / wie weit er gläuben oder nicht gläuben solte. An diesem Tage empfing Leches von der Königin / GroßFürstin uñ dem Fräulein Schreiben / an Herkules / Ladisla und Valiska / und brachen des folgenden Tages / welcher der fünfte nach seiner Ankunfft wahr / ingesamt sehr früh auff / da Therba in ihrer Geselschafft mit fort ging / eileten auch nach aller Mögligkeit nach Padua zu. Auff den Römischen Grenzen wolte man sie nicht durchlassen /sondern etliche tausend zu Roß und Fuß verlegeten ihnen den Weg / biß Neda seine Römische Bestallung / und des Stathalters freyen Reise-Brieff aufflegete /worauff sie fortgelassen / und von 1000 Reutern nach Padua begleitet wurden. Ihre Ankunfft vor diese Stad erweckete nicht geringen Aufflauff / aber Leches uñ Neda stilleten es bald / da sie hinein ritten / und die Völker anmeldeten. Der Stathalter samt Klodius und Markus zogen hinaus / sie zubesehen / die von Prinsla und dem Teutschẽ Herrn Wedekind in eine zierliche Feld-Ordnung gestellet wahren. 2000 Teutschen führeten grosse SchlachtSchwerter / vor welchen die Italiäner sich entsetzen / meyneten nit / daß sie von Menschen Armen könten geführet werden; aber der angestellete ertichtete Feldstreit zeigete ihnen den ringfertigen Gebrauch deren / die damit bewehret wahren. Leches haht den Stathalter / daß ihnen ein Lager haussen vorm Tohr möchte gegönnet werden /musten aber auff dessen Geheiß alle in der Stad verleget / und als Bundgenossen gehalten werden / da sie sich so fried- und genüglich bezeigeten / daß die Inwohner ihnen Zeugnis gaben / sie währen nicht minder sitsam als streitbar. Frau Sophia wahr ihrer Ankunfft sehr froh / ließ die 300 ädelknaben in Roth Scharlaken mit güldenen Borten verbremet / kleidẽ /und gab dem Heer schöne Reuter Fahnen; Den Teutschen 30 Schneeweisse / in denen zu oberst der NahmeHERCVLES, und allernähest darunterVALISCA, mit güldenen Lateinischen Buchstaben / in der mitte aber zween güldene Löuen gegen einander auffrecht stundẽ / welche mit ihren rechten Tatzen dieses gekrönete Feur-roht-gemahlete Zeichen

hielten / unter dem zu Teutsch diese güldene Buchstaben geschrieben wahren:Sieg oder Tod. Der Böhmen 30 Blutrohte Fahnen hatten oben den NahmenLADISLA, und gleich darunterSOPHIA, in der mitte einen güldenen Löuen und Adler /die oberwähntes gekrönetes Zeichen hielten / mit dieser Böhmischen Unterschrifft:Ehre oder nichts. Die 6000 Römische Reuter wahren auch schon beyeinander / denen ein tapfferer Römischer Herr / Nahmens Kajus Autronius vorgestellet wahr / hatten 30 Himmelblaue Fähnlein / in welchen zu oberst geschrieben stund:Sub HAC VMBRA Securitas. Das ist /Unter diesem Schatten ists sicher; in der mitte aber der grosse gekrönete BuchstabeR / und über demselben ein güldener Adler mit außgebreiteten Flügeln / zu unterst in den Fahnen /Virtute, Non Dolo. Das ist;Durch Tugend nicht durch Betrug. Klodius uñ Markus hatten jedweder 500 trefliche Reuter / und jeder nur ein Fahne / einerley Gestalt / nur daß die eine grün / die ander Pomeranzengelb wahr / oben in denselben stunden diese Worte:Gratitudinis Symbolum. Das ist /Ein Zeichen der Dankbarkeit; in der mitte diese gekrönete BuchstabenHL, so daß auf einer Seite dasH, auff der andern Seite dasL fornen an stund; vor jedem Buchstaben saß ein geharnischter Ritter auff den Knien /mit emblössetem Schwerte / und zu unterst diese Worte geschrieben:Pro Dominis Cuncta. Das ist:Alles sol vor unsere Herren gewaget [861] seyn. Dieses Heer /stark 19 tausend Reuter / kam des Morgens vor Padua an / und lagen die folgenden beyden Tage daselbst stille. Des Tages vor ihrem Auffbruch empfingen Leches uñ seine Gesellen / wie auch deren Eheliebsten von dem Stathalter und Fr. Sophien / Brieffe und Befehl / was bey unsern Helden solte bestellet werden /und schenkete der Stathalter Leches eine grosse güldene Kette mit des Käysers Brustbilde / als einem Fürstlichen Abgesanten / da Fr. Sophia zu demselben sagete: Ich darff mein liebes Söhnlein / welches erst drey Monat alt ist / weder verlassen / noch auff dem ungestümen Meere wagen / sonst dürfte ich in Geselschafft mit reisen; was ich aber eurer Liebsten schon anbefohlen / wil ich euch auch fest eingebunden haben / daß ihr eurem Könige und GroßFürsten / meinem Gemahl und Bruder saget / ich lasse sie geträulich warnen / daß sie nicht / ihrer Art nach / sich in den grösten Gefährligkeiten ohn Noht zu tieff wagen /und nach der Fräulein erlösung sich durch anderer Leute Freundschaft nicht auffhalten lassen; ich nebest meiner Fr. Mutter und allen Christen zu Padua wollen vor sie zu Gott im Himmel fleissig behten / welcher auch unsere Seufzer erhören wird; gönnet uns dann der barmherzige JEsus / daß wir frölich wieder zusammen kommen sollen / werde ich schon darauff bedacht seyn / euch eine sonderliche Belohnung bey meinem Gemahl zuerwerben; vor dißmahl bin ich nur auff der Völker Unterhalt bedacht / dero behueff ihr acht Tonnen Goldes zuempfangen habet / und sind die Schiffe mit Speise / Trank / und Futterung überflüssig versehen. Hernach ließ sie etliche fuder Wein hinauß vor das Tohr auff den Plaz führen / woselbst Fulvius von Ladisla erleget wahr / da die Teutschen und Böhmen sich in zwo Hauffen lagerten / und mit grossen Humpen dergestalt auffeinander stürmeten / ob wolten sie einander zu Tode sauffen / doch wurden die Teutschen endlich der andern Meister und erstritten den Sauffpreiß. Da hätte man nun bey diesem Gelage ein Gesinge hören sollen von ihren alten Helden / welches so wüste und verwirret durch einander ging auch so gar ohn Liebligkeit / daß es allen Zusehern ein Grausen verursachete / und ins gemein wünscheten /der Himmel möchte sie vor der Teutschen Feindschaft behüten. Unterschiedliche Teutschen wurden über dem Trunk uneins / meineten / ihnen währe nicht gebührlich bescheid getahn / sonderlich beim Gesundheit-Trinken; nicht / daß nicht alles rein außgesoffen währe / dann dieses hätten sie vor einen unablöschlichen Schimpff gerechnet / welcher ihnen in allen ehrlichen Gelagen verweißlich auffgerücket werden müssen; sondern nur / daß dieser oder jener Gebrauch aus unacht unterlassen / oder das weite Gefäß nicht auff einmahl und in einem Athem außgeleeret / oder etwas neben hin getrüpfet währe; hierüber zanketen sie sich anfangs / folgete dañ ein Scheltwort / zog der ander die Faust / und schlug jenen übers Maul daß die rohte Suppe folgete; dieser verblutete sich zuvor / und nach dem er sich gewaschen hatte / foderte er jenen aus /und zerschlugen sich mit Fäusten drey unterschiedliche gänge / daß ihnen die Augen im Kopffe zuschwollen / meineten dann / sie hätten ihren Ehren gnug getahn / und vertrugen sich mit einem Handschlage / so daß ihres Streites weder von ihnen selbsten noch von einigen andern gedacht ward. Ein einfältiger / doch handfester teutscher Ritter / da ihm der Wein zu Häupte stieg / ließ ihm ein Glaß von zwey Massen einschenken / fassete es in den Arm und ging der SchauBühne zu / auff welcher der Stathalter mit den Paduanischen Rahts Herren und vornehmen Frauenzimmer saß / kniete vor dem Stathalter nider / [862] und brachte ihm seines GroßFürsten Herrn Henrichs Gesundheit auff einen Trunk; die ganze Geselschaft lachete über laut / meineten / es währe unmöglich / daß ers enden würde / aber er hütete sich fleissig / daß kein Tröpflein neben hin lauffen muste / hielt sein versprechen ehe mans inne ward / kehrete das Glaß umb / und ging hin / es wieder einschenken zu lassen. Der Stathalter fragete Leches / wie er dieser unmöglichen Anmuhtung abkommen solte; der ihm zur Antwort gab / dafern es nicht in güte geschähe / würde dieser es vor ja so grosse Schmach außruffen / ob währe sein GroßFürst an seinen höchsten Ehren geschändet: worüber gar ein Auffstand sich erheben dürffte; möchte demnach der Stathalter das Glaß annehmen / und ihn als seinen Dolmetscher reden lassen. Jener kam mit der streichvollen Humpe daher getreten / daß er ja kein Tröpflein verschütten möchte /und überreichete es sprechend: Sein GroßFürst währe ein so redlicher frommer Herr / dessen Gesundheit zu trinken sich kein rechtschaffener Kerl wegern würde. Der Stathalter empfing es willig / da Leches zu diesem sagete: Ritter / ich werde nicht unterlassen / eure Träue zu rühmen; weil aber der H. Stathalter erst neulich des Fiebers wieder genesen / und ihm unmöglich ist / bescheid zu tuhn / werdet ihr ihm gerne zu lassen / daß er etlichen des Frauenzimmers daraus schenke. Dieser gab vor / er hätte redlich außgetrunken / doch nähme er die Entschuldigung an / und erläubete ihm /dreyen Jungfern zu schenken / inmittelst wolete er hingehen / und eine andere Gesundheit anfangen. Der Stathalter nam diese Gelegenheit in acht / reichete seinen Dienern das Glaß hin außzutrinken / und als der Teutsche wieder umbkehrete / setzete er das leere Glaß an den Mund / daß jener meinete / er hätte den grösten Teil allein zu sich genommen / wahr wol zu frieden / und fing alsbald Königes Ladisla und dessen Gemahls Gesundheit an / die er Leches brachte / und ihm so genaue zu sahe / daß er in einem Trunke muste bescheid tuhn. Der Teutsche hatte noch das dritte Glaß neben sich gestellet / daraus trunk er GroßFürst Herkules Gesundheit Neda zu / der ihn auch befriedigte. Das Frauenzimmer wähnete / der Teutsche würde des vielen Weine bersten / welcher aber in sich selbst singend davon ging / und sich gegen eine Hecke stellend / sein Wasser ungescheuhet ließ nach dessen verrichtung er zu seiner Geselschaft sagete: Wann ichs nicht getahn hätte / währe euer wol keiner der Bescheidenheit gewesen / daß er jenen vornehmen Herren einen Trunk gebohten hätte; über welcher Einfalt alle Zuseher zum Gelächter gereizet wurden. Die trunken Bolten / nachdem weder Hände noch Füsse mehr gehorchen wolten / blieben unter dem freien Himmel biß an die Morgenzeit liegen / gingen hernach hin / und bahten von ihren Wirten das Morgenbrod / weil sie bald auffsitzen und fortzihen müsten; welches ihnen willig gereichet ward / dann der Raht daselbst bezahlete alles / und ordneten an / daß jeder Wirt seinem Reuter drey Kronen auff die Reise schenken muste; wovor Leches und Neda sich hoch bedanketen / nicht zweifelnd / ihre Gnn. Herren / würden es hinwieder zuverschulden wissen; nahmen damit Abscheid / und schieden frölich davon nach dem Meer hinzu / da eine grosse Menge Schiffe ihrer wartete. Fr. Sophia / Ursula und Sibylla gaben dem reisenden Frauenzimmer das Geleit biß ans Meer / da Ursula Euphrosynen ein Schreiben an ihren lieben Fabius zustellete / in welchem sie ihm sein Nichtschreiben höchlich verwieß / und daneben zu wissen taht / er würde auff glükliche Ankunfft sein liebes Söhnlein den jungen Fabius finden. Im außzihen hatten Klodius und Markus [863] mit ihren Völkern den Vorzug / ihnen folgeten die Teutschen unter Leches / der sonst GroßFeld Herr wahr; nach ihm ritten die Böhmen unter Prinsla / und hatte Neda als ein Römischer bestalter mit den 6000 Italiänern den Nachzug. Des Abends kahmen sie bey den Schiffen an / blieben die Nacht über liegen / und nach dem Fr. Sophia des Morgens sehr früh von ihnen Abschied genommen hatte /huben sie die Anker auff und segelten mit gewünschetem Winde davon; da die Römischen als des Meers erfahrene voran gingen / in der mitte die Teutschen /und die Böhmen hinten zu lezt blieben. Das Wetter fugete ihnen sehr wol / und gingen ohn hindernis Kreta vorbey / biß sie fünff mächtige Raub-Schiffe sahen / welche sich an drey Italiänische / die das Meer durchsucheten / gehenket hatten / und sie hart bestritten / aber die teutschen SchlachtSchwerter gingen mit vier Schiffen auff sie / matzeten alles nider und funden bey diesen Skythen / (die aus dem Euxinischen Meer bey Bisanz / jetz Konstantinopel genennet / in das Egeische gelauffen / und viel KauffmansSchiffe beraubet) eine trefliche Beute an Geld und Waaren /über 21 Tonnen Goldes gerechnet / welche folgender Gestalt außgeteilet ward. Die fünff ädle Frauen bekahmen jede 80000 Kronen; jeder Ritmeister / deren 94 waren / 4000 Kronen; gleich so viel Unter Rittmeister und Fähndriche / jeder 1500 Kronen; die Unter Kriegs-beamten jeder 250 Kronen / und endlich jeder gemeiner Reuter 50 Kronen. Herr Wedekind /Autronius und sieben andere / teils Teutsche / teils Böhmen / bekahmen jeder 12000 Kronen; und ward das übrige / 71500 Kronen unter die Schiffleute geteilet / welche hiedurch zur Arbeit willig gemacht wurden / daß sie in kurzer Zeit zu Tyrus anländeten / da sie nach auffgelegtem Käyserlichen Schein (welchen Herr Fabius zeitig genug zu Rom loßgewirket hatte) außstiegen / den nähesten Weg durch Syrien auff Damaskus nach dem Eufrat nahmen / und ihnen allenthalben frey Futter und Mahl geschaffet ward.

Wir kehren uns wieder hin nach den Parthischen Grenzen / umb unsern Herkules nach Charas zu begleiten / welcher mit seiner geringen Geselschafft sehr fort eilete / uñ Gott ohn unterlaß fleissig anrieff / weil er wol erkennete / daß ohn dessen sonderlichen Beystand ihm sein Vorhaben unmöglich fallen würde. Timokles wahr seiner Ankunfft sehr froh / und berichtete ihn / was massen er von dem Fräulein Befehl bekommen / inwendig sechs Tagen nach Persepolis zu reiten / dafern er nicht würde ankommen seyn / weil Artabanus trefliche Bereitschaft auff das Beylager machen liesse / welches etwa noch neun Wochen außstünde. Herkules foderte alsbald ein Schreibezeug /und verfertigte diesen Brieff an sein Gemahl.

Herzgeliebter Seelen-Schaz; nach dem wir vor wenig Tagen des Königes Heer gänzlich aufgerieben / welches alhier noch nicht ruchtbar ist / bin ich nach gehaltener Schlacht stündlich auffgebrochen / meinen Vorsaz / eure Erlösung betreffend / ins Werk zurichten / wozu der Almächtige Glük und gewünscheten Fortgang verleihen wolle. Es wird aber nöhtig seyn / daß eure Liebe sich alsbald auff etliche Baarschaften schicke / umb selbe unter ihrem ganzen Frauenzimmer außzuteilen / und zu verschaffen / daß eure Hoffmeisterin etlichen Krämerinnen einen freien Zutrit auff euer Schloß mache / mit welchen ich geliebts Gott Morgen bey euch seyn / und euch mit verstelletem Angesicht in gestalt uñ Kleidung (welche ich schaffen werde) einer Krämerin davon zu führen mich bemühen wil / da inzwischẽ euer Frauenzimmer mit den Krämerinnen ihre Kauffmanschaft etliche Stunden treiben müssen / damit unsere Flucht nicht so zeitig ruchtbar werde. Geichjezo gehe ich hin nach dem Könige / ihm anzumelden / [864] was gestalt ich auff meiner Reise nach Prag / in Mesopotamien von Phraortes Leuten beraubet / alle Sachen und Brieffe verlohren habe. Gott mit uns zu allem Glücke / woran wir nicht zweifeln wollen / dann Gott ist mit uns.

Als er diesen Brieff zusammen gelegt / und in den hohlen Pfeil verschlossen hatte / sagte er zu Timokles; schiesset dem Fräulein diesen Pfeil zu / und tuht ihr meine Ankunft durch das ehemahlige Zeichen zu wissen. Dieser wahr geschwinde fertig / ging hin uñ fand das Fräulein am Fenster stehen / da sie ihr Gebeht zu Gott richtete / und ihn von Herzen anrieff / daß er sich über sie gnädig erbarmen / uñ ihren Gemahl zu rechter Zeit hersenden wolte / damit sie nicht durch Gewaltähtigkeit / ihrer Ehren beraubet / und dem Gottlosen Könige in Ehebruch zuteile würde. Dieses Gebeht hatte sie kaum geendet / da sahe sie Timokles das weisse Tuch umb den Kopff schwingen / und den Bogen im Arme halten / welcher bald spannete / den Pfeil hinauff schoß / und alsbald wieder davon ging. Ach du allergnådigster Gott / sagete sie / nun ist es helffens zeit! fiel nider auff ihr Angesicht / und behtete mit häuffigen Trähnen dasVater Unser und etliche BehtPsalmen Davids / richtete sich hernach in fester Hoffnung zu Gott wieder auff / und hohlete den Pfeil /der ungezweifelten Zuversicht / er würde der lezte seyn. Nach Verlesung des Anschlages / welcher ihr wol gefiel / soderte sie ihre Hofmeisterin vor sich /und nach freundlicher Empfahung sagte sie zu ihr? Allerliebste Freundin / ich müste wol undankbar gescholten werden / wann die mir von euch erzeigete vielfältige Freundschafft ich nicht erkennen würde /durch welche ihr nicht allein mich in meinen Trübseligkeiten getröstet / sondern auch nach äusserstem Vermögen euch bey dem Könige bemühet / ihn von dem zu frühzeitigen Beylager abzuhalten / welches nunmehr in kurzer Zeit glüklich und mit meinem guten Willen vor sich gehẽ wird / da ich euch dann zu meiner obersten KammerFrauen bestellen / und eurem Sohn die bewuste freye Herschafft bey dem Könige loßwirken wil. Nachdem ihr aber wisset / daß ich auch gegen mein anwesendes Frauenzimmer gute Neigung trage / und willens bin / ihnen samt und sonders eine behågliche Gnade zuerzeigen / möchte ich zuvor einer jeden Sinn und Willẽ gerne prüfen; worzu ich dann drey unterschiedliche Mittel ausgesinnet habe; Das erste ist Kauffmanschafft / das andere der Trunk /das dritte und lezte einer jeden selbst eigener Wunsch. Morgen früh aber wil ich mit dem ersten den Anfang folgender gestalt machen; Ihr sollet mir dieses Kleinot um baare Gelder verkäuffen / die wil ich unter mein Frauenzimmer verteilen; Hernach werdet ihr euch bemühen / etlichen fremden Krämerinnen mit selzamen Wahren nachzufragen / die sollet ihr morgen zeitig früh herauff führen / daß meine Leute in eurer Gegenwart mit ihnen kauffschlagen / da ihr dann einer jeden tuhn und lassen / genaues dingen / und unterschiedliche Lust zu dieser oder jener Waare / so viel möglich ist / fleissig anmerken / und mir davon bericht tuhn müsset / doch also / daß ihr durchaus keiner einredet /sondern einer jeden freyen Willen zu handeln lasset; und ob euch dieses mein beginnen gleich anjezt fremde und kindisch vorkommen möchte / sollet ihr doch zu seiner Zeit von mir gnug berichtet werden / zu was Ende es von mir also angestellet sey. Gn. Fräulein /antwortete die Hofmeisterin / Euer Gn. hohe Vernunfft weiß solche verborgene Sachen zuerdenken /die ich und meines gleichen nicht begreiffen mögen /wiewol ohn zweifel Eure Gn. aus dieser Handlung viel Eigenschafften der Gedanken und des Willens[865] unsers Frauenzimmers erkündigen wird; und däucht mich schon / ich sehe mit Lust an / wie eine jede bald dieses bald jenes angreiffet / und sich selbst nicht erklären kan / was sie kauffen sol oder nicht. Darzwischen sollet ihr kein Wort reden / sagte das Fräulein /ob sie gleich biß an den späten Abend wählen oder dingen würden. Die Hofmeisterin versprach allen Gehorsam / ließ durch ihre Magd das Kleinot umb 2000 Kronen verkauffen / und stellete dem Fräulein das Geld zu / die solches in 15 gleiche Teile legete / und durch die Hofmeisterin unter dem Frauenzimmer austeilen ließ / verwendend / daß sie davor morgen ein Jahrmarkt kåuffen solten / da die Krämerinnen sich schon finden würden. Inzwischen ging Valikules nach des Königes Schlosse / und gab mit traurigen Geberden sich bey dem Hofmeister Herr Bagophanes an /wie es ihm leider gar unglüklich auff der Reise ergangen währe / in dem seine eigene / ihm von Phraortes zugegebene Reuter / zu Schelmen worden / seine beladene Maul Esel geplündert / seine 20 Parthische ädle Gefärten ermordet / und ihn gleichergestalt erschlagen wollen / währe ihnen aber durch seines Pferdes Geradigkeit entrunnen / und bähte demühtig / Ihre Gn. möchten ihm bey Königl. Hocheit Gnade und Vergebung erwerben; es währe von ihm nichts verwahrloset / sondern die Bosheit seiner ungeträuen Gleitsmänner hätte er nicht hintertreiben können. Bagophanes tröstete ihn / sein König währe so grausam nicht / daß er dergleichen fälle nicht erkennen solte /ging straks hin zu demselben / und sagte zu ihm: Allergnädigster König / es ist einer Ihrer Königl. Hocheit Diener im Vorhofe / der in Unglük gerahten / und seine anbefohlene Verschickung wegen boßhafften überfalles nicht hat verrichten können / bittet untertähnigst umb Gnade und Lebensfristung. Der König erschrak dessen / und fragete: Hat etwa Madates durch Verwarlosung die herlichen Völker auff die Fleischbank gefüret? Er ist vor weniger Zeit uns im Schlaffe vorkommen / als steckete er gar im Blute biß an die Ohren. Davor behüten uns die Götter / antwortete Bagophanes / dieses Blut wird kein Parthisches sondern lauter Persisches bedeuten; Es ist aber der Teutsche Valikules / unser Gn. Fräulein Herkulisken Diener / welcher zwischen dem Eufrat und der Tiger beraubet ist. So mögen die Räuber sich der Beute wol freuen / sagte Artabanus / dann sie haben über 15 Tonnen Goldes wert von ihm bekommen; laß ihn aber hervor treten / daß wir nach gestalten Sachen mit ihm verfahren mögen. Dieser rief ihm herzu / und sagete: Jüngling / bekenne nur recht zu / wie es ergangen ist /so hastu keine Gefahr. Valikules trat ehrerbietig hinein / taht einen Fußfall in sonderlicher Demuht und sagete: Allergnädigster und Gerechtester König; wann ein Diener seines Herrn Befehl durch Verseumniß /Unachtsamkeit oder Unträue übertrit / und dessen Schaden verursachet / muß er billich ohn Gnade deswegen gestraffet werden; ob er aber Barmherzigkeit verdiene / wann er durch Unfall / wie mir leider begegnet ist / den Zweg seiner Träue nicht erreichen kan / wil Eure Königl. Hocheit ohn alle Bedingung ich gerne zum Richter leiden. GroßFürst Phraortes hat nach gnädigstem Königl. Befehl mir und meinen Gesellen 50 Reuter zugeordnet / welche / so bald sie zwischẽ dem Tiger und Eufrat Flusse sich befunden /haben sie mir alle Briefe / samt den Kleinoten und Geldern abgenommen / meine Gefärten ermordet /und mich in der Flucht verfolget / deren ich drey nidergemacht / und dadurch Lufft bekommen / meines schnellen Pferdes mich zugebrauchen / dem ich auch mein Leben vor dasmahl zudanken habe; so bald es mich über [866] den Tigerfluß zurük getragen / ist es unter mir nidergefallen / daher ich manniche Gefahr unter den wilden Tihren und Räubern überstanden / denen ich zu unterschiedlichen mahlen wunderlich entgangen / auch einen zimlichẽ Weg mich durch das Land hindurch gebettelt / da mich unterschiedliche Persische Werber angepacket / denen ich entrunnen / und ein gutes Pferd mit davon gebracht habe. Diesem nach bitte Ihre Königl. Hocheit ich untertähnigst / mich alles ungleichen Verdachts allergnädigst zuerlassen /und mir Barmherzigkeit zuerteilen. Zwar es ist ein grosser Schade und Verlust / welchen ich erlitten habe / solte ich aber dermahleins wirdig geachtet werden /wider Ihrer Königl. Hocheit Feinde im Kriege gebraucht zuwerden / wil ich nicht ruhen / biß ich solchen Verlust wieder eingebracht habe. Bey uns bistu wol entschuldiget / sagte der König / aber wie wirstu deinem gebietenden Fräulein wilkommen seyn? Eben dieses ist zwar meine höchste Furcht / antwortete er /getröstete mich aber / daß wann das höchst-geweihete Häupt Gnade erzeiget / die Nebenglieder sich auch pflegen finden zulassen / und hoffe / meiner Gn. Fräulein Hofmeisterin werde auff meine Bitte mir Gnade erwerben / nachdem sie meines unfalls wird verständiget seyn; doch gehe es mir nach des Himmels Verordnung / so wil ich dannoch lieber in meiner Unschuld sterben / als daß ich hätte ausreissen / mich bey den Feinden Ihrer Hocheit in Dienste einlassen / und vor einen verlauffenen Schelmen mich ausruffen lassen sollen. Als er dieses geredet / und der König / die Hofmeisterin herzuhohlen / Befehl erteilet hatte / zeigete ein ädelknabe an / es währe ein Schreiben bey Königlicher Botschafft einkommen / welches an Ihre Hocheit hielte / reichete es zugleich über / und lase Artabanus folgenden Inhalt:König Ladisla aus Böhmen / nachdem er von Artabanus Könige der Parthen / an seiner Königlichen Wirde und ritterlichen Ehren / durch unterschiedliche Schmach / die ihm Artabanus nit unbewust sind / höchlich verletzet ist / gestehet hiemit / und krafft dieses / daß gedachter Artabanus daran nicht als ein König / sondern boßhaffter Schmäh Vogel gehandelt /welches er wider ihn in einem absonderlichen Kampffe /Mann an Mann / behaupten wil; fodert hiemit denselben aus / an den Persischen Grenzen zuerscheinen / oder da er sich dessen wegert / sol er als ein verzagter nicht-werter ausgeruffen werden / von seinem geschworen Feinde Ladisla.

Artabanus erzürnete sich hierüber dergestalt / daß er den Briefeträger mit eigener Faust niderhieb / stellete sich nicht anders als ein Wahnwitziger / und zuriß den Brief mit Händen und Zähnen in kleine Stückẽ / da er bey aller seiner Macht schwuhr / nicht zuruhen / biß er diesen undankbahren unwerten Buben zur gebührlichen Straffe gezogen hätte; doch kunte kein Mensch erfahren / von wem das Schreiben kähme / oder was dessen Inhalt währe / sondern nach dem er ausgeraset hatte / fragete er Valikules / ob er in der Rükreise bey Phraortes gewesen währe; O nein / antwortete er / es währe mir zu ferne dahin / und nicht zurahten gewesen / massen ich nicht weiß / wessen Eure Hocheit sich zu ihm zuversehen hat / weil sich heimliche Abgesanten von dem abtrünnigen Persen bey ihm finden liessen / mit denen man / wie ich ohngefehr hörete / gnug gefährliche Sachen handelte /daß Eure Hocheit ihm im grunde nicht zutrauen hat; Zwar er stellete sich gegen mich zimlich / aber / dafern er / wie man ausgeben wil / ein Glied der abtrünnigen Verbündniß seyn solte / dürffte ich schier nicht zweifeln / er hätte seinen Reutern selbst befohlen /das Bubenstük zubegehen. Eben das sind auch unsere Gedanken / antwortete der König / daher wir gelegenheit finden werden / uns [867] an diesem träulosen Buben zurächen / dem wir alle Königliche milde Gnade erzeiget; Weil du aber so grosse Zuversicht auff die Hofmeisterin setzest / welche dorther kömt / kanstu dich bey ihr melden. Er verrichtete solches auffs bestẽ / rühmete ihre Weißheit / durch welche sie bey seinem Gn. Fräulein in so hohem ansehen währe / klagete ihr sein Unglük mit wehmütigen Worten / und baht / daß sie sein Vorsprach seyn / und der Fräulein Gnade ihm erwerben wolte; Worauff er ihr allen Verlauff erzählen muste / und sie ihn hieß getrost und gutes muhts seyn / sie wolte es schon wissen recht zukarten / und müste er ihren ersten Eifer vorbey gehen lassen / und ihr nicht so bald vor die Augen kommen. Artabanus foderte sie nachgehends absonderlich vor sich / und fragete nach der Fräulein Wolergehen / da sie dann deren hohe Liebe gegen den König nicht gnug zurühmen wuste / gab vor / sie zürnete nicht wenig auff ihre Fr. Mutter / welche sie aus Unbedachtsamkeit der Göttin Vesten verlobet / uñ sie hiedurch von dem hochgewünscheten Beylager so lange währe aufgehaltẽ worden / zählete alle Tage der übrigen Wochen /und begehrete nichts liebers als deren Erfüllung; auff ihren dumkühnen Bruder und Oheim aber währe sie noch dergestalt erbittert / daß der gefassete Haß unversöhnlich schiene. Wir erfreuen uns des guten Willens / antwortete er / werden es auch zuvergelten unvergessen seyn; aber kommet doch ihrem Diener Valikules bey ihr mit einem guten Worte zu hülffe / nachdem der arme Tropff an solchem Unfall allerdinge unschuldig ist / dann sonst würde er sich nicht wieder eingestellet haben / und vermeldet ihr unsere Gnade und Gewogenheit. Als sie nun wieder von dem Könige ging / folgete ihr Valikules nach / fragete nach der Fräulein Wolergehen / und baht / nach erhaltener Gnade ihm auff morgen früh einen Zutrit zu ihr zumachen / damit er sich selbst bey ihr entschuldigen könte. Ja / sagte sie / dafern Ihrer Gn. es von mir nur kan eingeprediget werdẽ / daß sie euch ihr Angesicht sehen lasse. Solte Ihre Gn. sich dessen so hart weigern / antwortete er / so zeiget ihr an / ich habe etwas von ihrem Bruder und Oheim auff der Rükreise erfahren / welches ich zuvor Ihrer Gn. offenbahren müsse /ehe es dem Könige gemeldet werde. Dieses dürffte euch helffen / sagte sie / jezt aber habe ich nicht länger Zeit mit euch zuredẽ / weil ich fremde Krämerinnen auszuhören von ihrer Gn. befehlichet bin. Er verwunderte sich / dz schon so gute Anordnung gemacht wahr / ließ sich doch nichts merken / dann er seine beyden ädelknaben schon verkleidet / und mit ihren Kramlädichen auff die Schloßgasse gestellet / welche die Hofmeisterin ersehend / alsbald fragete / was vor Waaren sie feil trügen. Die eine / so überaus geschwätzig und verschlagen wahr / antwortete: Sie hätten allerhand fremde kostbahre Sachen erst vor wenig Stunden aus Indien gebracht / desgleichen dieser ends wenig / oder wol gar nicht zufinden währen / bähten sehr / Ihre Gn. möchte ihnen gute Kundschafft zur Handelung geben / welches sie mit einer möglichen Verehrung vergelten wolten. Mich bewäget eure Verehrung nicht / antwortete sie / aber stellet euch morgen früh zeitig vor jenem zierlichen Schlosse ein / daselbst wil ich eurer wahr nehmen / und euch guten Verdienst schaffen. Ihr aber / sagte sie zu Valikules /lasset euch bey ihnen findẽ / so kan ich euch wissen lasen / wessen mein Gn. Frl. gegen euch gesiñet sey; ging damit nach dem Schlosse / uñ Herkules mit den Krämeriñen nach seiner Herberge / denen er annoch nit eigentlich vertrauet hatte / wozu er sie gebrauchen wolte / biß des folgendẽ Morgens nam er sie in Gallus uñ Timokles gegenwart vor sich / uñ redete sie folgẽder gestalt an: Wolauf ihr [868] ädle geherzte Jůnglinge /heut diesen Morgẽ sollet ihr euch bey eurem GroßFürstẽ Artaxerxes / wil nit sagen bey mit / dergestalt beliebet machen / dz eure Glukseligkeit aller andern eures gleichen weit übertreffen sol; dann die allertreflichsten Herrschafften in ganz Persen / Meden und Assyrien sollen zu eurer freien Wahl stehen / welches ich euch bey meinen Groß-Fürstlichen Ehren verspreche. So höret nun / was vor geringe Dienste ich von euch fodere; Jezt sollet ihr die Krämer Kleider wieder anlegen / mit euren bewusten Waaren euch vor das bezeichnete Schloß verfügen / und auf einem absonderlichen Gemache dem Frauẽzimmer alles feil bieten; diese nun müsset ihr mit kurzweiligen Reden und kauffdingungẽ / auch abwechselung der gezeigeten waaren etliche Stunden lang auffzuhalten wissen /nach deren verlauff / ob ihr gleich weder Waaren noch Gelder mit bekähmet / sollet ihr die Kramer Kleidunghie in der Herberge ablegen / und mir des bezeichneten Weges nachrennen. Die Jünglinge bedanketẽ sich des hohen Versprechens / wolten schon wissen den Sachen recht zu tuhn / und alles nach Wunsch zu verrichten. Also muste der eine zwey Kleider übereinander anzihen / daß das Fräulein könte bekleidet werden / und hielten Gallus und Timokles sich zum schleunigsten Auffbruch fertig / nachdem sie den Wirt zu Dank vergnüget hatten. Des vorigen Abends hatte die Hoffmeisterin ihrer Meinung nach trefliche Mühe / ehe und bevor sie dem beraubeten Valikules völlige Gnade bey dem Fräulein erweckẽ kunte / dann wie sie dessen Bitte und flehliches Ansuchen bester massen anbrachte / seine Unschuld beschrieb / und daß nicht allein der König ihm gänzlich verzihen / sondern auch gnädigst begehret / eine Vorbitte bey ihrer Gn. seinetwegen einzulegen / antwortete sie: O mein gnädigster König und ihr / geliebte Freundin / seid gar zu gnädig; solte man einem solchen unvorsichtigen Menschen so bald verzeihung zusagen? Nein so schlecht muß er mir nicht entwischẽ; wer weiß / ob er auch unschuldig ist? ja wer weiß ob es nicht eine angelegte Karte seyn möchte? Ich wil schon wissen / durch allerhand tieffe Nachfragen ihn auff die Bewehrung zustellen / befinde ich ihn dann in seiner Verantwortung wanken / alsdann tröste ihn Gott; mit dieser Hand wil ich ihm seinen verdienten Lohn geben; trauen 15 Tonnen Goldes lassen sich so leicht nicht verschmerzen /daß man nicht eins Kundschaft abgehen lassen solte. Ach mein gnädigstes Fräulein / sagte die Hoffmeisterin / eure Gn. wollen sich nicht ohn Ursach eifern /noch über ihren geträuen Diener einen unverdieneten Zorn fassen; betrachtet / bitte ich / daß er so from gewesen / und sich wieder eingestellet hat / steckete er in Schuld / würde er entweder gar mit andern davon gelauffen seyn / oder zum wenigsten bey euer Gn. unfreundlichem Bruder Schuz gesuchet haben; wolle demnach eure Gn. sich gefallen lassen / ihn Morgen früh zu hören / und auff befindung seiner Unschuld (woran ich nicht zweifele) ihm Gnade erzeigen; und O wie glükselig würde ich mich schätzen / wañ ich vernehmen solte / daß nicht allein des Königes / sondern auch meine unwirdige Vorbitte stat und raum gefunden hätte. Valiska saß ein wenig als in Gedanken /und gab hernach zur Antwort: Valikules Valikules /du hast einen guten Engel angebehtet / der dir gerahten hat / diese kräftige Vorbitterin anzusuchen; dann versichert euch / meine geliebte Freundin / dz ich mehr euer Ansehen / als meines Dieners Schuld oder Unschuld bey mir gelten lasse / massen vor eure Wolfahre so viel Geld in die Schanze zuschlagen / ich mich nicht lange bedenken würde; so sey er demnach schuldig oder unschuldig / ihm muß euret / ja bloß allein [869] euret wegen verzihen seyn / wiewol michs erfreuet / daß beydes ihr und mein König ihn vor unschuldig haltet / und ihr vor einen schuldigen zu bitten euch nicht bewägen lasset; also werde ich ihn zu hören mich ferners nicht wegern / aber solches muß morgen in aller frühe geschehen / gestaltsam ich heut ohngefehr in meinem Jahrbuche gefunden / daß Morgen der unselige Tag ist / an dem mein geliebter Herr und Vater Todes verblichen / welchen ich jährlich mit fasten und behten in aller Einsamkeit zu begehen pflege / auch Morgen also begehen wil; solte er nun vor sieben Uhr sich nicht einstellen / alsdann kömt er umbsonst / und erinnere ich euch bey meiner Hulde und Freundschaft / daß kein Mensch / wer der auch seyn mag / den ganzen Tag über biß an ben Abend mich in meiner Andächt störe / biß ich euch selber zu mir ruffen werde. Die gekauften Waaren können mir des folgenden Tages noch zeitig gnug gezeiget werden / nur daß ich sie bey den Krämerinnen / ehe sie gekauft werden / sehen möge. Wer wahr froher als die Hoffmeisterin / die sich hierüber dermassen auffbließ / daß sie meinete / sie würde dereins mit ihr in gleicher Herrschaft sitzen / daß sie auch bey den andern dreyen Frauen / die mit im Frauenzimmer wahren /aber selten zu dem Fräulein gefodert wurden / sich desselben Abends noch einiger gewalt und botmässigkeit anmassen durfte / in dem sie ihnen gnug trotzig befahl / was sie tuhn und lassen solten; deren eine aber ihr mit Sanftmuht antwortete; Sie möchte sich der hohen Gnade / welche sie bey dem Fräulein erlanget / nicht überheben / vielweniger mißbrauchen / es könte leicht geschehen / daß auf hohes steigen ein tieffer Fall erfolgete. Die Nacht über ruhete das liebe Herz gar wenig / massen ihr / so bald sie ein wenig eingeschlummert wahr / nicht anders gedauchte / als währe sie in voller Flucht begriffen / da eine grosse menge Reuter sie verfolgeten; solches kam ihr zu dreyen unterschiedenen mahlen vor / da sie allezeit sich in herzlicher Andacht zu Gott kehrete / und umb glüklichen Fortgang baht / stund offters aus dem Bette auff / legte sich auff die blosse Erde / und taht ihr Gebeht mit solcher Andacht / daß sie morgens die Trähnenzeichen auff der Erden sahe.O mein gnädiger Gott und Heyland / also behtete sie / erbarme dich deines armen Geschöpffes / sihe an mein Vertrauen /welches ich auff deine gnädige Hülffe gegründet / uñ errette mich aus der Hand dieses gottlosen Artabanus / wie du den unschuldigen David aus Sauls Händen gerissen hast / zeug mich mit dem keuschen Joseph aus dem Gefängnis / und mit der Tugendliebenden Susannen erledige mich aus ehebrecherischen Händen; gib nicht zu Herr /daß ich in schanden verderbe / straffe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grim /dann Herr ich hoffe auff dich / darumb werde ich nicht fallen / ich harre des Herren / darumb wird er sich zu mir neigen. O Herr Gott höre das Gebeht und die heissen Seuffzer deiner elenden Magd / und verbirge dich nicht vor meinem flehen / gib mir Flügel / die mich aus diesem gefährlichen Gefängnis führen / zeige mir den Weg den ich wandeln sol / und geleite mich mit deinen Augen / so wil ich vor deine Gnade dir meiner Lippen Opffer mit herzlicher Danksagung darlegen / und deine unaußsprechliche Güte hin und wieder bekant machen Amen. Nun Herr deine Güte sey über uns / wie wir auff dich hoffen Amen.

So bald sie die ersten Zeichen des Tages hervor blicken sahe / machte sie sich aus ihrem Lager /schlug Feur / und bey einem Lichte setzete sie dieses Zettel auff:Geliebte Hoffmeisterin / werte Freundin /demnach der langgewünschte Tag meiner Erlösung kommen / und ich heimlich davon geschieden bin / wil ich euch träulich rahten / ihr machet euch mit eurem Sohne bey zetten aus dem Staube / und meldet ja meine Flucht niemand an / da ihr deren am ersten inne werdet / es dürffte euch sonst das Leben kosten / weil ihr euch von mir habt hintergehen lassen. Auff was Weise ich davon kommen bin / ist unnöhtig euch anzudeuten / werdet ihr euch aber bey mir angeben / wo ich seyn werde / sollet ihr von mir unbeschenket nicht bleiben.

[870] Nachgehends weckete sie ihre Leibdienerin / daß sie ins gemeine Frauenzimmer Gemach / ihrem gebrauche nach / ginge / und sie raum hätte ihr Gebeht und Andacht zu verrichten; blieb darauff eine Stunde in ihrem herzlichen Gebeht / und legte keine Kleider /ohn den SchlaffRok an / damit sie mit dem Kramer Kleide desto schleuniger fertig werden könte; und als sie ihr Herz völlig geschikt hatte / das äusserste zu wagen / auch / da es mißlingen solte / den Tod mit frölichem Herzen auszustehen / rieff sie der Hoffmeisterin / und fragete / ob Valikules sich einstellen würde. O ja gnädigstes Fräulein antwortete sie / nach dem ich schon gestern Abend ihm nebest den beyden Krämerinnen einen freien Zutrit bey dem Könige erhalten / wartet er in deren Geselschaft haussen schon eine Stundelang auff / ob euer Gn. gelieben möchte /ihn vorzufodern. Das Fräulein empfand nicht eine geringe Furcht im Herzen / fragete / ob das Frauenzimmer die Kauffhandelung gerne angenommen hätten /und als sie vernam / daß ihnen selbst darnach verlangete / hieß sie Valikules nebest den Krämerinnen herzu führen. Dieser hatte Zeit seines Lebens nie einen so furchtsamen Gang verrichtet; zwar seine Augen sahen das Schloß / sein Herz aber Gott im Himmel an / daß er ihm möchte gnädig und behülflich seyn / auffdaß er sein allerliebstes Gemahl nicht in den Tod stürzete / an stat er vorhabens währe sie zuerlösen. Er hätte aber keine verschlagenere Buben als diese beyden zu seinem Vorhaben wählen können /welche noch ein kleines einfältiges Mägdlein auß der Herberge mit sich genommen hatten. Als sie ingesamt auff den VörderSaal kahmen / zeigete die Hoffmeisterin dem Fräulein ihre Gegenwart an; welche zur Antwort gab / sie wolte Valikules vor hören / und hernach die Waaren besichtigen. Derselbe trat nun auff Befehl zitternd ins Gemach / taht ihr einen Fußfal / und sagte: Durchl. Fräulein / euer Durchl. unglükseliger Knecht Valikules / hat leider wegen seiner ungeträuen Gefårten / den aufferlegten Befehl nicht verrichten mögen / wie er wol gewünschet / uñ sich äusserst bemühet hat / hoffet demnach / bey derselben in ansehung seiner Unschuld / Gnade zuerhalten / und wil doch auff wiedrigen Fall lieber in Unschuld sterben / als unter dem Nahmen eines ungeträuen Verrähters davon streichen. Schöner Herr / antwortete sie /du weist dein Wort wol zu machen / daß du keines Vorsprachs bedarfst / aber danke dieser meiner geliebten Hoffmeisterin / daß ich weitere Nachfrage unterlasse / und bloß umb ihret willen dein verschone; so stehe nun auff / nach dem ich heut mit wichtigen Geschäften beladen bin / und nicht Zeit habe / dich lange zu hören. Valikules bedankete sich der erteileten Gnade / bezeugete seine Unschuld / und erboht sich zu fernerem Gehorsam; wendete sich hernach zu der Hoffmeisterin / küssete ihr die Hände / und bedankete sich sehr wegen getahner kräftiger Vorbitte /welches er nimmermehr aus seinem Gedächtnis kommen lassen wolte. Er stellete sich / als wolte er davon gehen / aber das Fräulein hieß ihn etwas warten / und befahl der Hoffmeisterin / daß die Krämerinnen herein geführet würden. Diesem ward alsbald folge geleistet / da nach wünschung eines gutẽ Morgens die eine anfing ihre Waaren hoch zu loben / und sagete: Schöne Jungfer wollet ihr mir den Kram abkauffen? ey lieber käuffet / ich wil mich wol handeln lassen; mein Zehrgeld habe ich auff der weiten Reise alles vertahn /daher muß ich etwas wieder lösen / dz ich aus der Herberge kommen kan; der leidige Krieg sperret den Handel gar / daß wir armen Krämer gar darüber an den Bettelstab gerahten / und noch wol gar aus der Welt lauffen [871] müssen. Ey lieber / schöne Jungfer /käuffet mir den Kram ab / ich habe gute frische Waaren / die wil ich sehr wolfeil geben / daß ihr mir nach diesem mehr abkäuffen möget. Das Fräulein / ungeachtet sie mit viel wichtigern Gedanken umbging /kunte das Lachen doch nicht lassen / und sagte zu der Hoffmeisterin / lasset die eine ein wenig bey mir / uñ nehmet die andere mit euch / ich wil sie euch bald nach schicken; aber / wie gesagt / daß mich kein Mensch vor Abends in meiner Andacht störe. Damit wahr nun diese Auffseherin abgeschaffet / die Krämerin zog das ober Kleid geschwinde ab / reichete es dem Fräulein / und sagete: Da Jungfer / brauchet es gesund und stark; und weil sie eine Kramerlade in die andere gesetzet hatte / gab sie die ledige von sich /und ging mit der gefülleten nach dem Frauenzimmer /da sie zu ihrer Gesellin sagte: Schwester / wie gehet dirs bey diesen schönen Jungfern? jene saursichtige hatte entweder nicht außgeschlaffen / oder ihr Bräutigam wahr ihr hinte nit nahe gnug gewesen; ich habe kein gut Wort bey ihr erhalten / viel weniger einen Heller gelöset; weil ich nun fürchtete du möchtest mir die besten Fische hinweg angeln / habe ich folgen wollen. Herkules da er sich mit seinem Gemahl allein befand / fiel mit ihr auf die Knie / und rieffen Gottes Barmherzigkeit inbrünstig an / daß er ihnen helffen /und gnädiglich verhüten wolte / damit ihretwegen kein unschuldig Blut vergossen würde; nachgehends sagte er zu ihr: Stehet auff mein Schaz / unsers bleibens ist hie nicht länger / und schämet euch nicht /dieses unwirdige Kleid anzulegen / und euren Rücken mit dieser Kramer-lade zu beschweren. Er striech ihr alsbald das Haar / Angesicht / Halß und Hände an /und als alles am Fenster in der Sonne trocken worden / und sie gnug gefärbet wahr / dz sie vor dem Spiegel sich selbst nicht kennete / zohe er ihr das Kramer Kleid an den Leib / grobe besudelte Strümpffe an die Beine / heßliche Schuch an die Füsse / stürzete ihr eine gemeine Weiber-Mütze auff / gleich wie die beyden Krämerinnen trugen / und band ihr das Lädichen auf den Rücken / welches sie mit den allerköstlichsten Kleinoten gefüllet hatte / so viel sie mit gemach tragen kunte. Als sie allerdinge fertig wahr / fing sie an: O du barmherziger Herr JEsus Christ / geleite uns mit deinen heiligen Engeln / daß wir in dieser Verstellung nicht ergriffen werden / sondern unerkennet hindurch ko en mögen. Wozu er ein andächtiges Amen sprach: Öffnete die Tühr des Gemaches in aller stille /und schauete sich umb ob irgend ein Auffmerker vorhanden währe / und als alles sicher wahr / winkete er ihr / da sie mit verwirretem Gemühte / doch voller Andacht / nicht anders als im halben Schwindel ihm auf dem Fusse nachtrat. Sie wuste sich Krämerisch gnug zu stellen / ging durch alle drey Wachten ungehindert fort / nur daß sie in der äussersten befraget ward / was sie feil trüge. Aber sie antwortete ihnen kein Wort / sondern Herkules sagte / weil sie von dem Könige mit grossen Kostbarkeiten zu dem Fräulein geschikt währe / würde man sie ungerechtfertiget lassen: worauff sie alle erstummeten / und nicht in geringe Furcht gerieten. Sie eilete inzwischen auff der Gasse / ob hätte ihr der Kopf gebrennet / daß Herkules ihr kaum folgen kunte / und weil sie ihren Timokles vor der Herberge stehen sahe / ging sie dahinein /und sagete zu ihm: Gott lob ich bin eine glükselige Krämerin worden; Er hätte sie nicht gekennet / aber die Sprache verstund er alsbald / nam ihr deßwegen die Bürde ab / und kam Herkules darzu / welcher befahl alle Sachen in einen Wetscher zu tuhn / und fest hinten auffs Pferd zu heften / ging mit ihr auff sein Gemach / herzete und küssete sie daselbst / und sagete: Bißhieher [872] hat uns der HErr / uñ schon mehr als halb geholffen; reiß ihr die Kleider vom Leibe / legte ihr ein Manneskleid von gutem Leder / und einen festen Panzer an / ein Schwert an die Seite / Stiefeln und Sporn an die Beine / und einen grauen Medischen Reit Rot umb den Leib. Darauff genossen sie etliche kräfftige eingemachte Sachen / auch etwas Brod und Fleisch / tahten einen guten Trunk gewässerten Wein /und setzeten sich in Gottes Nahmen zu Pferde / ritten algemach durch die Stad / und so bald sie im freien Felde sich befunden / gaben sie ihren Pferden die Sporen / und jageten den ganzen Tag dermassen fort /daß sie nicht ruheten / ohn daß sie zweimahl frische Pferde nahmen / und weder an Speise noch Trank gedachten. Valiska rennete stets neben ihrem Herkules daher / und tahten nichts / als daß sie Gott mit tränen den Augen danketen / und umb fernere Hülffe anrieffen; insonderheit stimmeten sie den 34 Psalm Davids an / welchen Herkules in teutsche Reimen gesezt /und vor seinem ersten Abzuge von Charas ihr denselben zugestellet hatte / daß sie ihn beyde außwendig singen kunten / welcher also lautete:


1
Ich wil forthin des HErren Preiß
Erheben was ich kan und weiß /
Und seinen Ruhm im Munde führen /
Den meine Seel ist freuden vol
Die sich des HErren rühmen sol /
Wie ihr rechts wegen wil gebühren.
2
Auff daß es der Elenden Schaar /
Die sonst in grossem trübsal wahr /
Mag hören / und sich hoch erfreuen;
So preiset nun den Herrn mit mir /
Last miteinander für und für
Uns seines Nahmens Lob verneuen.
3
Als ich in meiner grossen Noht
Demühtig suchte meinen Gott /
Wahr er mit Antwort mir nicht ferne;
Die grosse Furcht nam er mir ab /
Als ich zu ihm mich hin begab /
Und wahr mein Gott und Retter gerne.
4
Die nur auff ihn hinsehen frey /
Und rennen hin zu ihm ohn scheuh /
Der Angesicht wird nicht zu schanden.
Wie dieser Schwacher ihn an rieff /
Da ihn die harte Noht begriff /
Wahr Gott zu helffen bald verhanden.
5
Es lagert Gottes Engel sich /
Umb die ihn fürchten ängstiglich /
Und rettet sie aus allem Grauen.
Komt / schmekt und sehet / wie geträu
Und freundlich unser Gott doch sey /
Wol denen die fest auff ihn trauen.
6
Den HErren fürchtet allezeit
Ihr / die ihr Gottes Kinder seid /
Last euch vom Gottes Dienst nicht treiben.
Dann die ihn fürchten / leben wol
Kein gutes ihnen mangeln sol;
Sie werden wol ohn Kummer bleiben.
7
Die jungen Löuen / ob sie sind
Vor Wüten gleich als tol und blind /
Die müssen doch im Hunger darben;
Die aber Gott zu suchen gehn /
Hat man nie Mangel leiden sehn /
Sie ernten lauter volle Garben.
8
Ihr lieben Kinder hört mir zu /
Ich wil euch führen hin zur Ruh /
Und wahre Furcht des HErren lehren.
Wer ist / der gute Zeit begehrt /
Die weder Angst noch gram verzehrt?
Der wolle dieses fleissig hören.
9
Halt deine Zunge wol im Zaum /
Und gib den Lippen keinen Raum /
Betrug und Lügen anzusagen;
Laß böses ferne von dir seyn /
Und gehe gern den Frieden ein /
Den sey bemühet zu erjagen.
10
Des HErren Augen sehen drauff /
Ob die Gerechten seyn wol auff;
Ihr Schreien klingt vor seinen Ohren;
Sein Antliz aber ist gekehrt
Hin über den der gottloß fährt /
Das sein Gedächtnis sey verlohren.
11
So bald er das Geschrey vernimt /
Daß vom Gerechten zu ihm kömt /
Hat Er sein Ohr schon hingestrecket /
Er muß aus aller seiner Noht /
[873]
(Und hätt' ihn schon der bleiche Tod)
Zur Freude wieder seyn erwecket.
12
Gott nahet sich zu denen hin /
Die büssend brechen ihren Sinn /
Zuschlagner Geist ist seyn gefallen;
Und ob der Fromme leydet viel /
Ist solchem doch gesezt ein Ziel /
Dann Gott hilfft ihm aus diesen allen.
13
Es wird ihm sein Gebein bewahrt /
Und währ es gleich noch eins so zart /
So muß doch dessen keines brechen;
Das Unglük würgt der bösen Muht /
Und wer den Frommen arges tuht /
An dem wird Gott sich heftig rächen.
14
Die Seele seiner Knechte macht
Der HErr loß von der Hellen acht /
Er kan ihr Leyden nicht erdulden /
Und die sich wenden zu ihm her /
Verderben nun und nimmermehr /
Sie bleiben frey von allen Schulden etc.

Unsere beyde Krämerinnen hatten unterdessen ihr abenteurliches Affenspiel mit dem Frauenzimmer / lobeten anfangs ihre Waaren wolfeil / und wann nicht desto weniger jene gar geringe bohten / sagten diese /sie hätten sich verrechnet / und müste ein halb mahl mehr gelten / als sie es ausgebohten hätten / weil sie in die Land Münze sich nicht zuschicken wüstẽ; wann dann jene gar zu liederlich hohten / stelleten sich diese / als hätte man ihnen gar in die Ehre gegriffen /legetens wieder zusammen als im Zorn / und breiteten es doch bald wieder aus / sprechend: bedenket euch doch der Sünden / daß ihr uns vor so herliche Waaren ein so geringes Geld wegert; ja wann wirs hernäst nur wieder umb diesen Preiß einkäuffen könten / wolten wir uns glüklich schätzen; Die Noht treibet unß vor dißmahl / sonst währen uns diese Waaren umb so liederlich Geld nicht feile; Ja ich gläube / sagte die eine /wañ wir euch unsere Güterchen umsonst anböhten /nähmet ihr sie nicht / wo wir euch nicht Geld zugeben würden; O ihr Jungfern / seyd doch nicht so karg / als die vier Frauen / ihr werdet sonst euer lebelang nicht zu heyrahten kommen. Das Frauenzimmer zulachete sich des Gewäsches wol / endlich nach langem Gezänke / wurden sie des Kauffs eins / und gaben ihnen alle Waaren umb 1500 Kronen / nahmen nach Verlauff vier Stunden abscheid / mit vorwenden / sie wolten mehr Sachen herzu hohlen / und inzwischen das kleine Mägdlein bey ihnen lassen / dem sie bey der Mahlzeit ein stük essen geben möchten. So bald sie aber in ihrer Herberge sich befunden / legten sie ihre Kleider an / und nach eingekaufften Speisen / so viel sie füglich bey sich führen kunten / als dessen sie befehl hatten / jageten sie mit ihrẽ schnellen Pferden den bekanten Weg ungeseumet fort / und erfreueten sich nicht wenig der gelöseten Gelder. Als die späte Nacht einfiel / und Herkules zehn Meile fort gerennet wahr /hatte er keine Stad noch Flecken in der nähe / sondern muste zur rechten Seiten ab aus dem Wege reiten / da er ein geringes Dörflein ligen sahe / in welches sie einkehreten / und von ihren mitgeführeten Speisen mit aller Lust assen / auch mit einem WasserTrunk gerne vorlieb nahmen; Nachgehends ließ Herkules eine Sträu vor sich und das Fräulein in einer verfallenen Kammer machen / aber viel sanffter dauchte ihr diese Ruhe in den Armen ihres Herkules / als auff dem bißher gehabten Königlichen Lager. Dem Frauenzimmer auff Valisken Schlosse wehrete die Zeit lange / als die Krämerin in die vierde Stunde nach ihrem Abscheide nicht wieder kahmen / meyneten endlich / sie würden frische Käuffer angetroffen haben / und liessen das Mägdlein auch lauffen / welches seine Wohnung wol zufinden wuste. So mißdäuchte auch der Hofmeisterin die Zeit / daß sie von dem Fräulein nicht gefodert ward / dann der Abend wahr schon eingebrochen / da sie doch noch die allergeringste [874] Speise nicht genossen hatte; also ging sie leise nach ihrem Gemache / und horchete an der Tühr / ob sie etwas vernehmen möchte; klopffete endlich leise / und immer härter an / vernam aber durchaus nichts / und befahrete sich daher /es möchte ihr etwa eine Ohmacht wegen des langen fastens zugestossen seyn / wo sie nicht aus Müdigkeit eingeschlaffen währe; nahm endlich ihren Häupt Schlüssel / und öffnete die Tühr / uñ als sie niemand in der Stuben sahe / wolte sie die inner Kammer öffnen / ward aber des angeklebeten Zettels an derselben Tühr gewahr / welches sie lase / und die Einbildung fassete / das Fräulein wolte sie prüfen / wie heut das übrige Frauenzimmer / wiewol ihr das Herz schon zuzittern anfing; weil sie dann auch in der Schlafkammer niemand fand / schlug sie ihre Hände zusammen /und sagte: O weh O weh mir armen und elenden / nun muß ich doch samt meinem einigen Sohn eines grausamen abscheulichen Todes sterben / dafern wir uns nicht durch die flucht erretten; fassete in der Noht ein Herz / ging in das gemeine Zimmer / und meldete der Fräulein Leibdienerin an / weil Ihre Gn. etwas unpaß wäre / müste sie bey derselben diese Nacht bleiben /und solte sie derweil sich nach ihrem Lager verfügen; welches zwar dem Frauenzimmer ungewohnt vorkam / aber doch keine weitere Gedanken ihnen darüber macheten. Weil ihr dann allemahl frey stund / vom Schlosse zugehen / nam sie ihre besten Kleinot zu sich / ging zu ihrem Sohn in seine Herberge / und sagte zu ihm: O du mein liebes Kind / nun hilff / daß wir beyde unser Leben retten / sonst müssen wir ohn alle Gnade sterben; Ach ach / unser Königliches Fräulein ist heut heimlich ausgerissen / welche mir zuhüten anvertrauet wahr; so sattele nun alsbald deine beyden Pferde / nim deine besten Sachen zu dir / und gib mir ein Mañes Kleid / so wollen wir noch diesen Abend uns nach Hirkamen zu deines Vaters Bruder auff den Weg machen / ob wir verhoffentlich durchkommen / und unsere Seele erretten möchten. Der Jüngling erschrak der Zeitung / und stund wie ein Trunkener; aber als die Mutter ihn der Gefahr erinnerte / machte ers nach ihrem Willen / setzeten sich auff /und ritten mit einander zur Stad hinaus / gleich da man die Tohre schliessen wolte / dann weil man ihn als einen Königlichen Ausreiter kennete / ließ man ihn mit seinem Gefärten unbefraget frey zihen; die Wege wahren ihm sehr wol bekant / so gab der volle Monde ihnen Schein genug / daß sie die ganze Nacht reiten kunten / und solcher gestalt sich dem Tode entrissen. Des folgenden Morgens / eine Stunde vor der Sonnen Aufgang / weckete das Fräulein ihren Herkules sitsam auf / und sagte: Höchster Schatz / wir wer den dereins bessere Zeit zur Ruhe haben / vor dißmahl aber wird das sicherste seyn / daß wir uns in die Kleider bringen / und unsern Weg verfolgen. Herkules fuhr aus tieffem Schlaffe auff / umfing sie freundlich / und gab zur Antwort: Ich weiß nicht / wie mir Gott in dieser grossen Gefahr so sanffte Ruhe verleihet / es währe dann / daß die gröste Last meiner Sorgen mir vom Herzen gefallen ist / nachdem ich meinen allerwerdesten Schatz aus dem Königlichen Schlosse in ein elendes Bauren Hüttlein geführet /weswegen sie mir nicht unbillich auffsetzig ist. Ja /antwortete sie / vielmehr hat meine innigliche Wollust ursach gnug mich zu hassen / nachdem ich heßliche schwarze Krämerin ihn der schönsten Fräulein Lukrezien oder Sibyllen beraube. In diesem verliebeten Gespräch verharreten sie ein halb Stündichen legten hernach ihre Kleider an / und fertigten sich zur Reise. Als sie gleich auffsitzen wolten / höreten sie ein hartes Geklopffe an der Haus Tühr / da Timokles fragete / wer da währe. [875] Bald mache auff / antwortete einer haussen / oder wir wollen dich in stücken zerhauen. Nun helffe uns der allmächtige Gott / sagte Herkules /wir sind ohn zweifel ausgekundschaffet; lief zur Tühr / und baht / sie möchten Gemach tuhn / wann sie herein wolten / er könte die versperrete Tühr so bald nicht öfnen; hieß Gallus durch ein Loch sehen / wie viel haussen währen / und trug er inzwischen neben Timokles Holz / Stüel und Bänke zu / damit sie sich inwendig verbolwerketen / biß Gallus Zeitung brachte / es wåhren auffs höchste sechs oder sieben zu fusse mit kurzen Schwertern. Ey so habẽ wir keine Noht /antwortete er / setzete den Helm auff / fassete Schild und Schwert / und fragete mit ernstlicher Stimme /was ihr begehren währe. Wiltu es wissen? antwortete einer; Es sind nechten Abend etliche Pferde herein geführet / die stehen uns zu. Du wirst dich sehr irren /wiederantwortete Herkules in dieser Hütten ist nicht das geringste / wozu du Ansprache hast. Diese dräueten darauff allen den unsern den Tod / und fingen an der Tühr zubrechen; aber Herkules ging in aller stille zur Hinter Tühr hinaus / und hieß Gallus mit dem Schwert folgen / neben welchem das Fräulein sich hinaus drengete / überfiel auch mit Herkules zugleich diese Räuber unversehens / daß deren fünffe fast im Augenblik gestrekt lagen / und die zween übrige umb Lebensfristung bahten / legten auch das Gewehr nider / und zitterten wie ein Espenlaub. Bekennet mir / sagete Herkules / wo ihr sonst Gnade hoffet / ob eure Geselschafft in der nähe grosser sey. Ja / antworteten sie / gar zu himerst im Dorffe halten sich zehne im Wirtshause auff / welche uns / eure Pferde zurauben /abgeschicket haben. So müsset ihr auch unsere Verrähter nit seyn / sagte das Fräulein / und legete sie in zween Streichen zur Erden / dessen nicht allein Gallus / sondern Herkules selbst sich verwunderte / und zu ihr sagete: Geliebtes Herz / ihr habt recht geurteilet /und ist besser / sie sterben umb ihre Bosheit / als daß wir durch sie in grössere Gefahr gerahten; stiegen hiemit zu Pferde / welche diese Nacht wol gefuttert wahren / und ritten in aller Eile nach dem Heerwege / den sie gestern Abend verlassen hatten. Als sie auff demselben wieder anlangeten / sahen sie zween Reuter vor ihnen her reiten / setzeten ihnen nach / und funden /daß es ihre beyde Krämerinnen wahren / worüber sie sich höchlich erfreueten / hiessen sie wilkommen seyn / und frageten / wie es ihnen ergangen währe. Gnädigster GroßFürst / antwortete Ochus der lustigste / hätten wir mehr Waaren gehabt / so hätten wir mehr Gelder gelöset / müssen uns vor dißmahl mit 1500 Kronen genügen lassen / die uns zur Beute worden sind; aber hat Eure Durchl. nicht das Konigl. Frl. in ihrer Geselschafft / daß bey dero Durchl. ich meiner begangenen Grobheit untertähnigste Verzeihung bitte. Mein Fräulein / antwortete Herkules / ist zum Reuter worden / welche aber bey Leib und Leben keiner melden sol / biß ichs ausdrüklich heissen werde. Der Jüngling merkete wer es wahr / sprang vom Pferde / küssete ihr den Stiefel / und baht untertähnigst / der unbehöfelten Krämerin allergnädigst zu verzeihen / als welche bißher bey Fürst- und Königinnen niemahls keine Waaren verkäufft hätte. So habt ihr auch von mir sehr wenig Geld gelöset / antwortete sie / und mir dannoch alle eure Waaren feil gebohten / ist demnach euer Vezeihungs-bitten ein lauter überfluß / uñ werde ich schon wissen / wie ich eure Waaren zubezahlen schuldig bin / dürffet mir aber kühnlich alle beyde trauen /daß ihr durch diese kurze Krämerey euch ein grösser Glük eingekaufft habt / als ihr noch zur Zeit nicht wisset / dann ohn andere Vergeltung / die euch versprochen ist / wil ich einem jeden eine Tonẽ Schaz[876] baar / und 25000 Kronen an Kleinoten verehren; setzet euch aber risch zu Pferde / dann unsere Wolfahrt bestehet auff der Eile. Diese bedanketen sich der grossen Verheissungen / ritten frisch fort / uñ gelangeten umb den Mittag in einem Flecken an / da sie abermal wolgeruhete Pferde bekahmen / assen von ihren Speisen / tahten einen Trunk darzu / und kahmen gegen Abend in ein Städlein / 22 Meilen von Charas / da sie die andere Nacht in guter Sicherheit ruheten / und Gallus sich vor den Herrn und einen Königlichen Gesanten halten muste.

Dieser Tag aber wahr zu Charas wol ein Tag aller Unruhe und herzkränkenden Leides / dann gegen den Mittag kurz vor der Mahlzeit / sante der König einen Kämmerling nach der Fräulein Schlosse / die Hofmeisterin herzuhohlen / weil ihn verlangete zuerfahren /was vor Valikules sie erhalten hätte; Er wahr diese Nacht durch unterschiedliche Tråume erschrecket /dann erstlich kam ihm vor / es hätte Valikules sich allernähest bey ihn an den Tisch gesetzet / und ihm die besten Speisen vorm Maule weg gefressen; bald darauff sahe er im Traum einen grossen starken Löuen mit einem Schafs Felle bekleidet / welcher ihm den allerschönsten Vogel unter allen / aus dem Bauer hinweg risse; und drittens dauchte ihn / es schösse Valikules einen grossen Balken mitten durch sein Königliches Zimmer / daß es gar übern Hauffen fiel / daß er auch im schrecken aufffuhr / und noch voller Schlaffes seinẽ Traum selbst überlaut also ausdeutete: Valikules / Valikules / du dürfftest uns noch schlimme Händel machen / welchem wir beyzeiten vorbauen müssen. Er hätte denselben auch früzeitig vor sich fodern lassen / wann er nicht diesen Morgen durch Ankunfft Vologeses und anderer Grossen daran währe verhindert worden / mit denen er die ganze Zeit zubrachte. Als sein Abgeschicketer auff Valisken Schlosse anlangete / fragete er nach der Hofmeisterin / und bekam zur Antwort / man hätte sie sider gestern Abend nicht vernommen / wäre diese Nacht der Fräulein Schlafgeselle gewesen / und meldete sich noch nicht / welches sie groß wunder nähme. Mit dieser Antwort / sagte der Diener / werde Ihrer Hocheit ich nit dürffen unter die Augen treten / und muß ihr des Königes begehren angezeiget / mir auch richtiger Bescheid erteilet werden. Wir leistetẽ solches gerne /antwortete die vornehmste Frau / müssen uns aber mehr vor der Hofmeisterin / als vor dem Fräulein selbst fürchten / massen sie wegen erworbener Gnade so hochmühtig worden / daß es unerträglich fallen dürffte / da es noch lange wehren solte. Endlich erbot sie sich / hinzugehen / und ihr zuruffen; horchete anfangs / und bald darauff klopffete sie leise an der Fräulein Gemach / welches sie / weil ihr nit geantwortet ward / zum dritten mahle wiederhohlete / endlich mit klarer Stimme rief: Fr. Hofmeisterin / Ihre Königl. Hocheit begehren eurer; Nachdem sich aber kein Mensch hören ließ / ging sie wieder auffs gemeine Zimmer / und sagete: Ich weiß trauen nicht / was ich immermehr gedenken sol; ich klopffe / ich ruffe / und vernehme nichts. So muß ich versuchen / sagte der Kämmerling / ob ich die schläfferige Frau nicht ermuntern könne. Ach ach / antwortete die Leibdienerin / diß gehet nimmermehr recht zu / mein Gn. Fräulein hat so festen Schlaf nicht. Der Diener entsetzete sich hierüber / klopffete doch dreymahl sehr hart an / und als sich niemand meldete / sagete er: O ich glükseliger / daß ich den widrigen Zeitung eigentlicher Briefträger nicht seyn darff / und seyd ihr klug / sagte er zu dem Frauenzimmer / so sendet etliche eures Mittels mit mir nach dem Könige / damit ihr euch alles Argwohns [877] entbrechet. Ey / antwortete eine Jungfer / nahmens Kleofis / solte hie Entschuldigung von nöhten seyn / werde ich gewißlich nicht dahinten bleiben. Hierauff wolten sie alle mit fort / wie auch unverzüglich geschahe / befahlen doch der Wache / inzwischen fleissige Auffsicht zu haben / daß niemand von oder auff das Schloß gelassen würde / wer der auch seyn möchte. Der König saß in seinem Gemache / und dauchte ihn / sein Diener bliebe über Gewohnheit lange aus / da ihm doch zueilen befohlen wahr; auch fielen ihm seine Träume wieder ein / deswegen er geboht / daß man Valikules ruffen solte / und begunte schon auff den abgeschikten Kämmerling zumurren /mit befehl / daß man ihm entgegen lauffen solte / kam aber gleich mit dem Frauenzimmer daher gezogẽ /welches der König durch ein GukFenster ersehend /überlaut sagete: Die Karte ist falsch / und muß sich ein neuer Unfall zugetragen haben / wo nicht unser Fräulein wol gar tod ist. Er ließ das Frauenzimmer ohn Verzug vor sich treten / und sagete zu ihnen: Aus was ursachen dürffet ihr so verwägen seyn / und ohn Erlaubniß von eurem Schlosse gehen? Diese fielen alle vor dem Könige nider / uñ hub die ansehnlichste Frau / nahmens Artakama / also an: Allergnädigster König / es treibet uns warlich weder Lust noch Ungehorsam / diesen beschwerlichen Gang zutuhn / sondern / nachdem die Hofmeisterin gestern Abend vorgegeben / das Königl. Fräulein begehre ihres Beyschlaffes / ist sie von uns hinweg gangen / und biß diese Stunde nicht wieder kommen; Weil wir dann auff Ihrer Königlichen Hocheit gnädigsten Befehl die Hofmeisterin hersenden wollen / und an der Fräulein Gemach viel klopffens und ruffens gemacht / aber keines einigen MenschenGegenwart verspüren können /stellen wir ingesamt uns ein / solches untertähnigst anzudeuten / damit auff unverhoffeten Unglüksfall /welchen die Götter gnädig abwenden werden / wir ausser Verdacht bleiben möchten / wie wir dann allerdinge unschuldig sind. Der König erzitterte vor Angst über diesem Vorbringen / und sagte zu seinem Hofmeister Bagophanes: Bald und geschwinde gehe hin /und vernim / wie die Sachen stehen / dann das Herz träget uns ein schweres Unglük zu / wollen nicht hoffen / daß sich noch einer unser Söhne habe dürfen gelüsten lassen / uns im Grase zu hüten / und unsers höchst wertesten Schatzes mutwillig zubegehren. Dieser währe lieber in den Tod gangen / dann ihm schwanete nichts gutes / insonderheit / weil Valikules sich nirgends fand / dem er doch im nahmen des Königes Befehl erteilet hatte / alle Vor- und Nachmittage sich im innersten Platze des Schlosses sehen zu lassen /welchen er auch allemahl in seinem Herzen höher als einen schlechten ädlen Ritter gehalten hatte. Auff empfangenen Befehl baht er den König mit wehmühtiger Rede / ihre Hocheit möchten sich allergnädigst belieben lassen / etliche des Frauenzimmers ihm zuzuordnen / ob vielleicht deren Hülffe uñ Beystandes er solte benöhtiget seyn; wie leicht hätte es geschehen mögen / daß einer oder andern / ja wol beyden eine Ohmacht zugestossen währe / wo nicht wol gar ein grösser Unglük. Und wie kömt es / sagte er / daß der schlauhe kühne Valikules sich weder gestern noch heut hat sehen lassen? Lieget auch unter dieser Schaffsdecke ein grimmiger Löue verborgen / welcher durch Gelegenheit verführet sich der Fräulein unvergleichlicher Schönheit etwa hätte dürffen gelüsten lassen / worüber / angesehen ihre Tugend / ein Unfall hätte können entstanden seyn? O schweige schweige /antwortete der König / du reissest uns mit solcher wiedrigen Wickerey das Herz aus dem Leibe / und dafern du ein Traumdeuter bist / [878] hat der leichtfertige Bube uns das Fräulein ohn zweifel entführet. So gehe nun hin / uñ nim zu dir / welche du wilt / damit wir hinter die Warheit kommen. Bagophanes stellete sich willig und baht um Gnade / dafern er / welches er nicht hoffen wolte / wiedrige Zeitung bringen solte. Mitlerweile daß dieser mit dreyen Jungfern und zween Kä erlingen hinging / fragete Artabanus das übrige Frauenzimmer / ob ihrer keine den Valikules gestern und heut gesehen hätte. Sie beteureten alle / dz sider seiner Hinreise nach Prage / sie nichts von ihm gehöret oder gesehen hätten / welches dem Könige noch mehr verwunderns machete. Endlich sagete Fr. Artakama: Allergnädigster König; es hat die Hoffmeisterin mit uns ingesamt gestriges Tages ein recht Kinderspiel gehalten / dessen wir uns zum teil geschämet; sie teilete 2000 Kronen unter uns aus / und führete zwo fremde Krämerinnen zu uns / von denen wir in ihrem beywesen allerhand seltzame fremde Waaren kauffen musten / welche ihre Hocheit auff unsern Gemächern finden werden; und ob diese Krämerinnen zwar mit dem bescheide von uns gingen / daß sie wiederkommen / und mehr Waaren bringen wolten /haben sie uns doch den ganzen Nachmittag vergeblich warten lassen. O ihr Götter / antwortete der König /erhaltet uns in dieser Angst! O die Krämerinnen die Krämerinnen haben uns das Fräulen / das wunderschöne Fräulein / die volkommene Zierde der irdischen Welt / den unvergleichlichen Schaz des ganzen Erdbodems aus dem Schlosse / wie wir fürchten / aber nicht aus unserm Herzen hinweg gekauft; diese sind der Schaffpelz des boßhaften Löuen Valikules / des abgefeimeten Buben. Daß kan nicht seyn / sagete die Frau / dann die Krämerinnen schieden von uns umb den Mittag / aber die Hoffmeisterin berichtete uns Abends umb halb sieben / daß sie bey dem Fräulein schlaffen solte. Ja wer weiß / antwortete er / was unter diesem ertichteten Beyschlaffen mag verborgen schlaffen / welches die Abgeschicketen uns gar zu früh hinterbringen werden. Er Weissagete nicht falsch / dann als diese auff der FräulenSchlosse anlangeten /und zu unterschiedlichen mahlen an ihr Gemach mit grossem ungestüm klopffeten / aber doch weder Stimme noch einige Bewägung vernahmen / liessen sie durch einen Schlösser die Kammertühr auffmachen /da sie in das ledige Nest sahen; sie sperreten die Kammertühr auff / und sucheten hinter / unter und ober den Betlagern / und wo sich irgend eine Mauß hätte verstecken mögen; aber da wahr niemand; ihrer etliche liessen oben auff den Schloßgang / woselbst das Fräulein sich offt zuergetzen pflegete; andere durchsucheten alle Gemächer in der nähe / aber alles vergebens. Jungfer Kleofis / die schönste unter allen /welche das Fräulein ihrer Tugend und Frömmigkeit halben sehr liebete / blieb mit Bagophanes auff dem Gemache / und beklagete das grosse Unglük / so hieraus entstehen würde / wunderte sich daneben sehr /was gestalt das Fräulein hätte mögen davon kommen; und in dem sie ohngefehr vor sich nider sahe / ward sie des Zettels auff der Erden gewahr / welches das Fräulein ihrer Hoffmeisterin zur Warnung hinterlassen hatte / hub es auff / und nach verlesung sagte sie zu Bagophanes: O wir elenden / was forschen wir dem Fräulein lange nach? auff diesem Blade ist ihre Flucht deutlich außgelegt. Er nam es in gute Verwahrung / und sagete: Dieses sol dem unschuldigen Frauenzimmer verhoffentlich zu statten kommen / aber die Hoffmeisterin dürffte dadurch zu gleich mit entschuldiget werden / wo es sonst nicht ein verdecketes Spiegel fechten ist. Gleich sahe er noch einen zusammen gefalzeten Brieff / [879] welchen die Hoffmeisterin vor ihrem Abscheide geschrieben / auff dem NebenTische liegen / der also lautete:

Allergnädigster König / was vor ein herbes Unglük mein gnädigstes Fräulein von diesem Schlosse gebracht /ist mir unmöglich zuersinnen / es sey dann daß der boßhafte verfluchte Valikules zugleich eure Hocheit und mich hintergangen / und den Raub hinweg geführet hat /welches eigentlich zuerforschen / mir die Furcht eures unerträglichen Zorns nicht zulassen wil; ich bezeuge aber bey eurer Hocheit allerheiligstem Häupte / daß weder ich noch mein Sohn hierumb einige Wissenschaft getragen /vielweniger Raht oder Taht darzu verlihen / sondern um keiner Gefahr oder Freundschafft willen hätte ich unterlassen / es ihrer Hocheit anzuzeigen. Das ich aber durch der Fräulein Schreibẽ gewarnet / die Flucht zur Hand nehme / ist bloß darumb / daß nicht etwa durch des mir auffsätzigen Frauenzimmers Verleumdung bey ihrer Hocheit ich in ungleichen Verdacht gerahten / und in meiner höchsten Unschuld untergedrukt werden möge; zweiffele nicht / die Krämerey sey zu dem Ende angestellet / mir und andern die Augen zu blenden / welches alles die Zeit öffnen wird; daß auch der ertichtete Valikules vor diesem seinen Weg nicht nach Böhmen sondern nach der Fräulein Bruder angestellet / habe ich nunmehr starke Mutmassungen. Ihre Hocheit bitte ich durch alle Götter /sie wollen meiner Flucht mich nicht verdenken / welche mein unschuldiges Blut zuretten auff mich genommen habe / bin und verbleibe sonst ihrer Hocheit untertähnigste geträueste Magd Sysigambis das aller unglükseligste Weib auff dem ganzen Erdbodem.

Wie ein boßhaftes Weib / sagte er nach verlesung /muß die Hoffmeisterin seyn / daß sie ihren König noch darzu spotten und äffen darff. Aber hie muß man länger nicht seumẽ / ob die flüchtigen vielleicht noch könten erhaschet werden; lieff also aus ganzen kräften vor den andern her / daß ihm der Odem stehen blieb; und wie er in des Königes Gemach trat / und denselben so traurig sahe / fiel er zu seinen Füssen in Ohmacht als ein Todter Mensch nider. Dem Könige begegnete ein gleichmässiges / wurden aber von den Anwesenden wieder erquicket / und sagte Artabanus zu dem Hoffmeister; Sage uns du geträuer Diener / ist unsere Lust und Wonne gar Tod / oder lebendig verschwunden? Allergnädigster König / antwortete er mit schwacher Stimme; wir haben der Fräulein Gemach /und andere mehr fleissig durchsuchet / aber keine als diese gedoppelte schriftliche Nachricht antreffen köñen; reichete hiemit dem Könige beyde Schreiben hin / da inzwischen das anwesende Frauenzimmer ein so klägliches Geschrey uñ Heulen anfing / daß man sie mit Gewalt hinaus treiben muste / welches auch zu ihres Lebens Rettung dienete; gestaltsam der König vor erst nicht anders als ein grausamer Löue rasete /rieff und schriehe; fahet den boßhaften Räuber / und haltet ihn feste / daß er euch nicht entweiche / haltet ihn / daß wir durch gebührliche Rache den Meinäid vergelten / welchen er uns erwiesen hat. Wo seid ihr meine Henker / wo seid ihr? so recht! foltert und dähnet ihn die länge und quere / und was vor Pein ihr immermehr erdenken möget / lasset getrost über ihn ergehen. Wo ist unser Säbel / wo ist er? Aber durch unsere eigene Faust ertödtet zu werden / währe ihm viel zu grosse Ehre; er muß etliche Jahr ohn auffhören gequelet werden / damit er lange uñ ohn auffhören sterbe. Hierauff fing er an zu zittern und brüllen / daß jederman wähnete / er würde vor Zorn vergehen / und durfte ihm doch kein Mensch zureden / weil sie alle sich des Todes vermuhten wahren. Endlich verwandelte sich das viehische Rasen in ein wehmühtiges Klagen / da er zu ruffen anfing: O mein Fräulein / unsers herzen Krone / unserer Gedankẽ einige Wollust /unserer Begierden höchstvolkommene Vergnügung! O wo bistu wo bistu? hat ein [880] so ädler unerschrockener Geist von geschworner Träue können rükfällig werden / uñ durch den nichtwerten Valikules sich zur Flucht bereden lassen? Aber O du falscher Valikules /was vor Ungnade oder Wiederwillen haben wir dir erzeiget / daß du uns nach dem innersten unser Seelen greiffest / und uns den lebendigen Teil unsers Herzen raubest? Bagophanes erkühnete sich und sagete: Allergnädigster König / eure Hocheit wollen die Klage und den Eifer mässigen / und vielmehr darauff bedacht seyn / ob man das Fräulein in der Flucht ergreiffen könte. Geschwinde / antwortete er / daß alle Reuter dieser grossen Stad versamlet werden / ja daß alle unsere Untertahnen / Persenland als eine Fluht von fornen und hinten überschwemmen / damit unser Fräulein wiederbracht werde. Die Königlichen Trommeter fielen teils auff ungesattelte / teils auff ungezäumete Pferde / und bliesen erschröklich Lermen durch alle Gassen / so weit die Pferde lauffen kunten; etliche renneten ihre Pferde gar übern hauffen / nahmen aus den Häusern andere / uñ horeten etliche Stundenlang nicht auff zu blasen. Die ganze Stad ward hierüber erschrecket / daß alles was Waffen führen kunte / solche ergriff / und dem Schlosse zueilete / daher die nähesten Gassen dermassen mit Menschen angefüllet wurden / daß kein Reuter hindurch kommen kunte / und entstund durch diese Zudrängung ein solches Jammern und Wehklagen / daß der Schal biß gen Himmel fuhr / weil in die 4000 Menschen erdrucket wurden /und endlich die so zu Fusse wahren / sich in die nähesten Häuser zogen / wodurch den Reutern etlicher massen Luft gegeben ward. Inmittelst ließ doch das grausame Geschrey nicht nach / da einer rieff; der König währe erschlagen; ein ander / die Feinde hätten sich der Stad bemächtiget; und wuste keiner was er gläuben solte / biß endlich Bagophanes es dem Könige zuwissen taht / und ihn erinnerte / er möchte mit seinem Königlichen Stabe sich dem Volke auff der Zinnen zeigen / sonst währe unmöglich / den Aufflauff zu stillen / und etwas beständiges vorzunehmen. Der König folgete diesem Raht / uñ winkete / daß jederman stille seyn solte; da Bagophanes uber laut also rieff; Des grossen Königes Artabanus ernstlicher Befehl ist / daß alles FußVolk sich stündlich hinweg /und an ihre Arbeit mache / die Reuterey aber mit ihrem besten Gewehr erscheine. Da gab sich nun jederman zu frieden / und zogen hinter sich in die Häuser / deren eines auff allen Boden und Gemächern so gar überhäuffet ward / das es einfiel / und über 5000 Menschen teils erschlug / teils an allen Gliedmassen beschädigte / daß nicht 100 davon das Leben behielten. Noch kunten die Reuter keinen freien Zurit haben / welches das Nachdrücken aus den abgelegenen Gassen verursachete / biß gewisse Leute verordnet wurden / die hin und wieder außrieffen / dz das FußVolk zurük weichen / und den Reutern Lust geben solte. Als sich nun auff diese Weise die Reuterey häuffig mehrete / und ihrer 16000 gezählet wurden / gab der König seinem Hoffmeister Befehl / er solte als gevolmächtigter Feld Obrister ihm die Völker lassen anbefohlen seyn / sie auff allen Wegen Persenwerz verteilen / und ihnen eine gewisse Grenze Stad zur Versamlung ernennen; Wirstu nun / sagte er / unser Fräulein uns wieder lieffern / es geschehe gleich ohn oder mit der Völker Verlust / sol dir grössere Belohnung als nie keinem Menschen vor dir / wiederfahren; massen du der näheste nach uns seyn / und ganz Persenland erblich besitzen solt. Ihrer Königl. Hocheit gelebe ich gehorsamst / antwortete er; wie aber / wann das Fräulein sich beschweren solte / mit mir umbzukehren /und vor der Straffe [881] sich befürchtend / die Gegenwehr zur Hand nehmen / oder wol gar ihr selbst den Tod antuhn würde? Sie wird ja nicht ein ganzes Heer mit ihren Pfeilen auffreiben / sagte der König; laß aber seyn / daß sie einen oder etliche erscheust / welches in betrachtung so grosser Beute ein schlechter Verlust ist. Sich selber zuentleiben / ist gar zu herbe / und kan solches durch mannicherley Mittel abgewendet werden; Der Erlassung unser Straffe aber wollen wir sie leicht versichern; nam das SchreibeZeug / und setzete folgenden Brief auff:

Höchstgeliebtes allerschönstes Fräulein; Wir können uns nicht gnug verwundern / wie der Erz Zauberer Valikules Eurer Liebe Herz / Sinn und Gedanken durch seine Baktrianische Kunst und teuflische Zauberey so gar beschleichen / und zur heimlichen Flucht verführen können. Nachdem wir aber vernünfftig betrachten / daß menschliche Schwacheit zu geringe ist / dergleichen Verzäuberungen sich zuwidersetzen / weil die Erfahrung bezeuget / daß Menschen Witz hiedurch offt geblendet wird / daß wann man meynet / sich in der Liebsten Schos zulegen / man sich wol gar ins Wasser oder Feur stürzet; so rechnen wir demnach solche Flucht Eurer Liebe keines weges zu / wollen ihr auch deswegen nit die allergeringste Ungnade zulegen / sondern ersuchen dieselbe freundlichst / sich mit unserm geträuen Hofmeister Bagophanes vorderlichst wieder einzustellen / und nach verflossenen bestimten Wochen uns die wirkliche Liebe wieder fahren zulassen; ja umb destomehr zueilen / damit die Groß Königliche Parthische Kron Eurer Liebe ehist auffgesetzet werden / und sie die ungemässigte Herrschafft in gleicher Hocheit mit uns führen möge / wie solches hoffet / wünschet und begehret Euer Liebe ganz ergebener König /Freund und Bräutigam Artabanus.

Dieses Schreiben gefiel dem Hofmeister sehr wol /und baht den König / ihm Jungfer Kleofis mitzugeben / deren Dienste er sich auff mannicherley weise bey dem Fräulein würde gebrauchen können / als auff welche dieselbe allemahl vor andern aus / viel gehalten hätte; Dieses zwar brachte er zum schein vor /aber sein Herzging mit den Gedanken umb / sie zuheyrahten / weil er sich gegen sie hefftig verliebet befand; Es ward ihm solches gerne zugelassen / und machete er sich mit seinem Heer / welches in Zerteilung /achtzehn Wege auf Persen vornam / stündlich auff /da ihm des folgenden Tages sechs Meile von Charas der elende Parthische FeldOberste Madates auffstieß /welcher auff einem schäbichten Gaule ritte; seine 20 Ritter / die mit ihm gestrichen wahren / lieffen in armseliger Kleidung neben ihn daher / nicht anders / als wie ein hauffen Henkers Buben den ScharffRichter zubegleiten pflegen. Dieser sahe einen grossen Zeug gegen sich daher rennen / nahm endlich Bagophanes Kundschafft ein / der ihn sonst an Macht und Ehre sehr ungleich wahr / und fiel / in betrachtung seiner jetzigen Schande / vom Pferde in Ohmacht. Bagophanes entsetzete sich darüber / ließ ihn auffheben / und boht ihm ein treffliches Hand Pferd / welches anzunehmen er sich wegerte / und zu ihm sagete: Nein nein / mein Bagophanes / der unselige Madates ist viel zu hoch geschändet / daß er ein Ritterliches Pferd beschreiten solte / es währe dann / daß der grosse König ihn zuvor wieder ehr- und ritterlich machen wolte. Nam ihn darauff besonders / und gab ihm allen Verlauff in der kürze zuverstehen / da er mit diesen Worten beschloß: Er wolte allen redlichen KriegsBeamten seinen Unfall vorstellen / daß sie dergleichen Verrichtungen / andere zubeschimpffen / nicht solten auff sich nehmen; jezt zihe ich hin / sagte er / meinem Könige mich darzustellen / und wil lieber von ihm die Urtel des Todes erwarten / als eine Stunde in diesem Stande länger leben. Euer Gn. unfall ist mir sehr leid /antwortete Bagophanes / und nimt mich wunder / daß man zu Charas dieser schweren und [882] unerhörten Niderlage so gar keine Zeitung gehabt / ist auch schier ungläublich / daß kein einziger / der es nachsagen können / solte davon kommen seyn. Aber woselbst halten sich anjezt die beyden Teutschen Fürsten auff / deren Ihre Gn. meldung getahn? Das ganze feindliche Heer /gab er zur Antwort / hat sich nach Persepolis zurük gezogen / und stärken sich mächtig / haben auch des Tages nach meiner Niderlage ein fliegendes Heer 14000 stark aus Meden bekommen / welches der junge Fürst Arbianes selbst führet. So wird unserm Könige / sagte Bagophanes / die Skytische Hülffe nöhtig seyn / deren zugebrauchen er annoch im zweifel stehet / ungeachtet sie sich uns gutwillig anerbohten haben. Wolle demnach Eure Gn. eilen / unserm Könige der SachenZustand zuhinterbringen; mich betreffend / durchsuche ich alle Heerstrassen / das Königliche Fräulein auszuspüren / welche vorgestern heimlich entführet ist. Das hat kein ander Mensch getahn / sagte Madates / als der unvergleichliche Herkules / dann bald nach der Schlacht hat er sich verlohren / daß niemand / ohn seine vertrauetesten umb ihn einige Wissenschafft haben; Dafern auch dieser Held und sein Geselle / der Fräulein Bruder / nicht gewesen währen / wolten wir die Feinde wie Brod gefressen haben. Nahmen hierauff Abscheid / und ritten ein jeder seines Weges.

Unser Herkules mit seinem liebsten Gemahl / hatte / wie gesagt / die andere Nacht ihrer Reise in obgedachtem Städlein gute Ruhe und herzliche Vergnügung; bekahmen des folgenden Morgens daselbst frische Pferde / und weil Ritterliche Harnische zubekommen wahren / rüsteten sich Herkules / das Fräulein und Gallus völlig; kaufften auch fünff gute Bogen und so viel Köcher mit Pfeilen / daß sie einen zimlichen Anlauff auffzuhalten und abzutreiben bestand wahren / welches ihnen dann sehr wol zustatten kam /massen an diesem dritten Tage ihrer Reise sie einen unsichern Weg antraffen / da die verderbete abgebrante Parthische Bauren hin und wieder sucheten / die reisenden zuüberfallen / und Lebensmittel zuerbeuten; insonderheit stiessen um den Mittag bey 30 Bauren auf sie / hatten teils Spiesse und Schwerter von der Wahlstat geraubet / teils aber mit Axten / Sensen und Mistgabeln sich versehen. Herkules grüssete sie mit auffgeschlagenem Helme / und fragete / ob nicht eine Parthische Schaar von ungesehr 200 Reutern dieses Weges gezogen währe / bekam aber eine Antwort /die ihn gar zu unfreundlich dauchte / weil der Bauren Führer ihm befahl er solte absitzen / auch zugleich nach seines Pferdes Zügel greiff / welches Valiska ersehend / ihr Schwert zückete? und ohn Wortsprechen ihm die freche Hand vor die Füsse legete. Da hätte man ein Gedränge und fluchen sehen und hören sollen; woran sich aber die unsern wenig kehreten / sondern Herkules und Gallus zogen mit von Leder / Timokles aber und die beyden Jünglinge brauchten ihre Pfeile / daß in weniger frist der mehrer teil Bauren erschossen und nidergehauen wurden / und die übrigen meist verwundet / zur seiten ausrissen / welche zuverfolgen Herkules vor unnöhtig hielt / hieb sein Pferd an / und ermahnete die seinen / frisch fortzurennen /als viel es die Pferde ertragen möchten / dann er zweifelte nicht / Artabanus würde in höchster Eile ihm der Verfolger gnug nachschicken / welche nit seumen würden / Tag und Nacht zu jagen. Sie gerieten gleichwol noch etlichen kleinen Hauffen unter die Hände /deren sie doch mehr mit dräuen als Schwertschlägen abkahmẽ / und langeten kurz vor Abends bey einem seinen Städlein an / da ihnen gute Herberge zugewiesen ward / und sie bald anfangs erfuhren / daß der geschlagene Feld Oberste Madates [883] vor wenig Tagen mit geringer unansehnlicher Manschaft daselbst gewesen /und seine Weg nach Charas fortgesetzet hätte. So ist mir leid / sagte Herkules darauff / daß ich nicht zeitiger hieselbst ankommen bin / und nimt mich wunder /daß er mir nicht auffgestossen ist / dann ich bin von meinem grossen Könige ausdrüklich abgefärtiget / ihn bey dem Persen Artaxerxes loszumachen; jedoch /weil ich andere Geschäfte mehr bey demselben zuverrichten habe / muß ich gleichwol fort / und mich hindurch wagen. Es wird euch aber schwer fallen / durchzukommen / antwortete der Wirt / nicht allein wegen Unsicherheit der wilden Tihre / verlauffenen Hunde /und mutwilligen Räuber / sondern auch / weil alles der ends abgebrant / und weder vor Vieh noch Menschen ichtwas auf zwo Tagereisen zubekommen ist; jedoch / weil ihr alle wol beritten seyd / könnet ihr Futter und Mahl hinter euch auffnehmen; wiewol vor die Pferde etwas hieselbst zuerhalten Mühe geben wird. Herkules antwortete ihm: Mein Freund / schaffet ihr uns Notturfft / unser König hat Mittel gnug / es zubezahlen / obs gleich teur fålt; und wann ich gleich alles mein Geld auff der Reise vertähte / můste der Perse mir als einem Gesanten wol etwas vorstrecken. So schaffet uns nur einen guten geträuen Menschen /der uns durch sichere Nebenwege fortbringe / und lasset mich vor die Bezahlung sorgen. Der Wirt wahr ein geitziger Mensch / und dauchte ihn keine Gefahr zu groß / da Geld zuverdienen wahr; also wolte er nun auch vor dißmahl der Belohnung etwas mehr versichert seyn / und antwortete ihm: Die heimlichen Wege nach den Persischen Grenzen währen dieses Orts niemand so wol bekant als ihm / und wann sie ihm der Mühe zu diesen gefährlichen Zeiten ergetzen wolten /könte er sie führen / daß sie stets von der Landstrassen biß in Persen bleiben / und nicht desto weniger eine gute Abend-Herberge haben / auch des andern Tages der Persen GrenzeStad erreichen solten. Ich muß hören / sagete Herkules / was ihr fodern werdet / darauff habe ich hernach zuhandeln; doch solcher gestalt / daß ihr mich mit aller meiner Geselschafft und Pferden von dieser Stunde an / biß an die Persische Grenze Stad nottürfftig / und so viel möglich / nach meinem Adelichen Stande unterhaltet. Der Wirt überlegete alles auffs genaueste / und sagte: Wann er nit zu viel dingens machen würde / wolte ers mit einem Wort anzeigen / da er dann vor alles in allem gerechnet / 80 Kronen foderte. Worauff Herkules antwortete: Meynet ihr / mein Freund / daß ihr mit Krämern und Kaufleuten zuhandeln habt? Ich bin schuldig / euch eure Kosten samt der Mühe zubezahlen; drumb wil ich euch eine andere Rechnung machen: Sehet / da habt ihr vorerst vor euren gutẽ Willen einen King zur Verehrung / welcher euch 100 Kronen gelten kan; vor Kosten und Mühe aber wil ich euch 160 Kronen baar erlegen / die halbscheid gleich jetzo; und das übrige in der Persischen GrenzeStad. Der Wirt / nach Art der Geitzigen / trauete anfangs nicht /weil ihm dergleichen Handelsleute noch niemahls vorkommen wahren; ging hin / und ließ den Ring von einem Gold Schmiede besehen / der ihm 80 Kronen davor boht / daß er also nicht mehr zweifelte / und seinen Gästen aufftrug / was ihm in der Eile zubekommen möglich wahr; erzählete auch / daß Madates mit den seinen so traurig und betrübt gewesen / daß ihnen weder essen noch trinken schmecken wollen. Ja ich höre / antwortete Valiska / es habe ihm in Persen noch übeler geschmecket; dessen Herkules von Herzen lachete. Nach gehaltener Abendmahlzeit ward Herkules mit seinem Gemahl / die er vor einen jungen ädelmann ausgab / auff eine absonderliche [884] Kammer geführet / und ermahnete sie der Wirt / biß an die Zeit des Frühstückes sanffte zu ruhen; welchem sie stat gaben / und in Christehelicher Liebe sich zusammen hielten. Als der Tag durch die Fenster herein brach /und sie ihr Gebeht in herzlicher Andacht gesprochen hatten / sagete Valiska zu ihrem Herkules: Was hindert uns / mein Schatz / daß wir unsere angebohrne Gestalt uns nicht gönnen? Ich bin meinen heßlichen Händen so gram / dz ich sie fast nicht ansehen / vielweniger euch damit berühren mag. Hierzu wollen wir bald rahtẽ / antwortete er; dann so wir das Haar nicht endern / köñen Angesicht und Hände mit leichter Mühe wieder gefärbet werden; Also rieb er ihnen beyden solche Farbe ab / worüber sich das Fräulein höchlich erlustigte; dann ihr Herz wahr diesem Fürsten dermassen ergeben / daß sie es mit äusserlichen Geberden nicht gnug anzeigen kunte; und wann sie meynete / etwa eine freundliche Rede erfunden zuhaben /blieb ihr die Zunge bestehen / und verrichtete mit seuffzen / was das Herz nicht länger in sich behalten kunte. Ach / sagete sie dißmahl / gib du barmherziger Gott / daß ich diesen meinen auserwählten Schaz vor meinem Tode ja nimmermehr verlieren möge / und verzeihet mir / mein Seelichen / daß mein Mund viel zu stamlend ist / die inbrünstige Liebe auszusprechen / welche zu meinem GroßFürsten und Gemahl ich in keuscher Ergebenheit trage; es gehet mir als den Trunkenen / die durch krafft des Weins kühn gnug gemacht / und doch an den Gliedern gelähmet werden /sich der Waffen zugebrauchen. Also befihlet meine Seele der Zungen / meine Neigungen loßzubrechen /aber die taumtlichte Liebe bindet sie wieder / daß die Gedanken in Seuffzer sich verendern / und die Worte zwischen den Lippen brechen müssen. Die heydnischẽ Tichter / mein Schaz / mahlẽ die Liebe blind; verstossene Liebhaber schelten sie vor taub; ich aber klage ihre Stumheit an; Lieber gönnet mir / mein Seelchen / daß ich sie alle entschuldige. Die Tichter /nach ihrer närrischen Unbedachtsamkeit / haben unbedachtsame Liebe / welche ich eine Narren-Liebe nenne / verstehen wollen / und sind / in betrachtung deren / unbetrogen; Dann wer liebet / ehe er des geliebeten Erkäntniß hat / ist freylich am Verstande blind. Die verworffene Liebhaber reden von der geliebeten Ungewogenheit / als welche ihnẽ die Ohren verweigern. Wie viel besser nun ist meine Meynung gegründet / als welche der wahren Liebe Volkommenheit zuentwerffen bemühet ist / welche weit über Worte sich erhebet / uñ kein Mittel / sich völlig ans Licht zustellen / finden kan / wiewol sie sich / sehen zulassen /alle Krafft und Vermögen anzuwenden nicht unterlässet. Versichert euch aber / allerliebstes Herz / daß mir gleichsam ein Vorbändichen der Zungen / durch die Wiederstellung eurer warhafften Gestalt / gelöset und zerschnitten ist / nachdem mir anjetzo vergönnet wird / mich an dem geliebten Angesichte meines Herkules zuerlustigen / welches ich in langer Zeit / in freyer Sicherheit nit gesehen / und vergnüget mich nicht wenig / daß die heßliche Krämerin der verliebeten Valisken ein Stündichen Raum bey ihrem einig geliebeten gönnet. Unter diesen Reden kunte Herkules kein Auge von ihr abwenden / und ward durch ihre anmuhtigsten Blicke dergestalt aus sich selbst gesezt / dz ihm fast alle Krafft entging / dann wie er allemahl sich unwirdig geschätzet / ein solches Welt Kleinot zubesitzen /an dem auch der allergri este Menschen-Hasser und spizfindigste Klügling nicht den geringsten Fehler oder Flecken / so wenig an der Seele als am Leibe zu finden wuste; also kunte er kaum gläuben / daß die freie Niessung eines so volkommenen Gutes ihm so leicht gegönnet währe. Er schwieg eine Zeitlang auf[885] ihre geendigte Reden stille / weil er nicht wuste / mit was Worten er seine Vergnügung entwerffen solte /biß endlich des Herzen Brun loßbrach / und mit einem tieffgehohleten Seufzer also anfing: O mein teurestes Seelichen / ihr völlige Vergnügung meiner Sinnen / die sich doch nimmermehr vergnügen können; wodurch hat euer unwirdiger Knecht verdienet /von euer unvergleichlichen Volkommenheit so hoch geliebet zu werden / deren mein schwaches Vermögen und unvermögene Kraftlosigkeit im geringsten nicht gleichẽ / viel weniger die Vergeltung ergreiffen kan? Zwar die Verwägenheit hat mich kühn gemacht zu hoffen / und das hoffen zubegehren / und das begehren zulieben; kühn sage ich / aber nicht wirdig; deßwegen auch die wenigen in mir überbliebene Funken meines Witzes / die unter dem Begehren noch nicht allerdinge Tod / wiewol leztzügig wahren / mich allemahl errinnerten / in mich zu gehen / und nicht über mein Vermögen zu denken; mein Frevel aber reizete stark gegen / und raunete mir ins Ohr / nicht gar zu witzig zu seyn / sondern es auff Gottes Hülffe zu wagen / nach dem mannicher durch Glüksfall eine Beute überkähme / die durch nachdenklichen Verstand nimmermehr könte erlanget werden. Dieses /gestehe ich / hat meine Hofnung gelüftet / die sonst im ersten Grase hätte müssen ersticken. Aber O ihr mein Stralen-blankes Klelnot! wie hoch schwinget sich noch mein Glük über hoffen / in dem ich nicht allein mit satter Ergezligkeit geniesse / sondern auch mit ergetzender Wollust genossen werde. Belüstiget sich auch ein Schaz mit dem Besitzer / und nicht nur der Besitzer mit dem Schatze? Noch muß ich in höchster Belüstigung wirklich empfinden / daß mein Schaz sich erfreuet / in dem ich durch ihn erfreuet werde. O so bleibet nun in solcher Gewogenheit / ihr meine Lustquillende Seele / sagte er mit einem herzlichen Umbfangen / und was an meiner Unwirdigkeit und Tugend-Armut abgehet / wie dann sehr viel abgehet /daß erstattet / bitte ich / mit der Fülle eures überflusses / welcher tausend Königliche Fräulein völlig hätte auszieren können / und doch in dieser einigen Seele als in einem Horn der Fülle / ja als in einem unergrüdlichen Meer zusammen geflossen / mich mehr verwundern als gläuben machet. Daß ich aber auch die Liebes-betrachtung von meinem Schatze eingeführet / mit wenigem berühre / halte ich / man könne der Tichter Mahlerey / wann sie die Liebe blind bilden / in etwas entschüldigen / wo nicht gar auff eine gute Deutung zihen; dann freilich ist die wahre Liebe blind; aber wie und wann? Sie sihet offt das tadelhafte an dem geliebetẽ nicht / ob gleich dessen viel an ihm erscheinet / sondern aus grosser Zuneigung nimt sie das Unwerte unter den Mantel der Bescheidenheit / weil der Geliebte / dem solches anklebet ihr viel zu angenehm ist; und was sol ich von ihrer Taubheit sagen? kan sie auch geduldig anhören / wann das geliebete gelästert und geschändet wird? O nein O nein! hätte sie alsdann gleich tausendmahl tausend Ohren / müsten sie alle davor verstopfet seyn / insonderheit / wann Rache keine stat findet. Aber euer drittes / mein Seelichen / lasse ich gerne gelten / dann sonst müste ich mich selbst der Liebe entnehmen / die in meinem Herzen zwar ohn Ruhe brütet / aber keine einige Zucht aus der Schalen recht außhecken kan. Valiska kennete sein Herz wol / und wie ferne er von aller Schmeicheley wahr; nur eins taht ihr wehe / daß Herkules / welchen an Gottesfurcht / Tugend und guter Gestalt kein Mannesbilde übertraff / sich ihren Unwerten nennete / daher sie zu dieser Gegenantwort genöhtiget ward: Warumb schneidet ihr meiner Seele so unheilsame Wunden? [886] O ihr mein wirdigster Schaz; und stürzet mich in die tieffe der Bekümmernis / da ich meine den sturmlosen Trost-Hafen schon ergriffen zu haben? Meynet etwa der prüfende Herkules / Valiska kenne sich selber nicht? oder gedenket er / Königs Artabanus Liebe habe sie verwägen gemacht? oder / welches ehe geschehen mögẽ / der Name Herkuliska? Das unergründliche Tugend-Meer meines / ja Gott Lob / meines teuren Herkules ist mir nicht so gar unbekant / auff welchem schon in früher Jugend tausend Last Schiffe des unsterblichen Ehrenpreises mit vollem Segel daher prangeten; und wie hoch ist dessen die Kindische Valiska vergnüget / daß sie die seine heisset und ist! Meine halbtrockene Bach ist selig gnug / daß sie hieselbst den freien Einflus hat /da sie Wassers gnug findet / wie viel ihr sonst aus dürre ihres mangels gebricht. Ey wie mag dann mein wirdigster seine Volkommenheit beschneidẽ uñ durch solches ihm selbst angelegtes Unrecht dieselbe zugleich mit schamroht machen / die sich einzig darumb vor glükselig schätzet / daß ihr Gebrechen durch dessen Anschein ersetzet wird / welchen die Versehung uns als einen Spiegel vorstellet / umb zu erkennen /die Wunder des Schöpffers in nicht ersinlicher Ungleicheit uns Menschen mitgeteilet / doch also / daß in diesem dasselbe hervorstrahlet / was man in andern kaum funkeln sihet. Höret deßwegen auff / mein Seelen-Schaz / die eure / mit unverantwortlicher Verachtung euer / und unbefindlichem Lobe ihrer / fort mehr zubeleidigen / und versichert euch / daß wann Valiska nicht wüste / vor welchen sie Herkules müste ehren /sie denselben sich so leicht nicht würde ergeben haben. O Liebe Liebe! antwortete er; ich dürfte schier schwören / du währest nicht allein blind / taub / und stum / sondern auch erkäntnisloß! Ruhmwirdigste Herzens Krone / in was vor ein Muster dürffet ihr mich entwerffen? ja wol ein volkommener; ja wol ein spieglender / der aus Schwacheit und blöder Vernunft fast nicht gläuben darf / was er gegenwärtig umarmet; jedoch / Tugend schimmernde Seele / wann in euren Augen ich etwas bin uñ gelte / ist alles was ich suche / ist alles was ich wünsche / so weit Sterbligkeit und Weltruhm gehet; kein Mensch aber wird mich so verwägen machen / die Einbildung zu fassen / ich wolte mit der allein übertreffenden Valiska bey außteilung des erworbenen Preises zu gleicher hebung gehen; dann was sind meine Tahten gegen die ihre? ich habe etwa mit einem Räuber / vielleicht auch mit einem Ritter gekämpfet / uñ in beschützung meiner / mehr Vorsichtigkeit gebrauchet als jener; was gibt oder gilt aber daß? ein Fräulein / deren blosses Anschauen auch wieder ihren willẽ / allen Mäñern Brunst erwecket / hat ihre Ehre unter den wildesten Räubern Heldsiegig durchgebracht / mit ihrem unbestürmlichen Muht den grausamesten Wüterich gezähmet / den allerfrevelhaftesten bestürmer der Keuscheit abgetrieben / und ihn unter die siegreichen Füsse ihrer unüberwindlichen Oberschaft (so mag ichs mit gutem Recht nennen) als einen Leibeigenen Sklaven getreten. Da haben wir den Spiegel / dessen Klarheit die späten Nachkommen anbehten / und alle Tugendliebende mit zweifel streuender Verwunderung ansehen werden. Was beraubet ihr euch dann / O wahre Volkommenheit / eures Lobes? was zihet ihr eurem hochverdienten Ruhme denselben vor / der jenem ruhenden Wüterich zun Füssen gelegen ist? welchen aber euer einiger Wink in seiner heftigsten Raserey nidergeworffen / und geduldiger als ein Lamb gemacht hat. Ja mein Freund / ja meine Lust / sagte sie hierauff; ich merke wol daß die geraubete Valiska doch mit Gewalt über den Räuber-zwinger / [887] und die Gefangene über ihren Erlöser sich sol erheben lassen / welches sie etlicher massen mit geduldigen Ohren anhören möchte /wann sichs in den Schranken der Mässigkeit hielte /oder auffs wenigste sie ihrem Retter nicht vorgezogen würde / welchen sie weniger als sich selbst verachtet wissen kan; werden wir aber der angestrichenen Tocken ihr innerliches beschauen / dann wird sichs bald finden / daß in der Taht mir dessen nichts beyzumässen ist / durch welches ich vortreflich zu seyn getichtet werde; gestaltsam des grausamen Löuen Wuht nicht durch mich gebrochen ist; O nein O nein! sondern Gottes kräftige Hand hat denselben ohn mein Zutuhn nidergeschlagen und gefellet / sonst währe ich gegen ihn nicht anders als ein Täublein gegen den Adler zu rechnen gewesen; Aber mein Licht / last es seyn / daß ich mich gesträubet; Herkules / Herkules hat solches in mir gewirket; ja Herkules / auf den nach Gott alle meine Kraft sich gründet / alle meine Freude ruhet / so daß / wann er nicht gebohren währe / ich ohn vergnügung hätte bleiben müssen / oder ja nicht erfahren können / was vergnügung ist und heisset; dann was in dieser Vergängligkeit nicht Herkules ist / dz sehen meine Augen gar nicht an / oder nur /als währe es nichts und nichtig. Herkules Tugend hat mich munter gemacht wo ich munter bin; Herkules Seele hat meiner Geister Schlaff vertrieben / wann sie wachen; ja Herkules hat durch seine Liebe zu mir /die Kühnheit in mir auffgetrieben / daß ich Hoffnung gefasset / ein mehres in der Welt / als was man Gemein heisset / zu werden. Ich eriñere mich meiner stokfinstern Gedanken noch wol / welche / ehe und bevor sie von Herkules Strahlen erleuchtet wurden /sich nicht wusten von der Erden zuerheben / die aber nunmehr mit zuschweben sich bemühen / weil Herkules Geister sie nach sich in die höhe zihen; und wann ich meine himlische Glükseligkeit hinzu kneten wolte / wem habe ichs dann nähst Gott anders zu danken /als meinem Herkules / welcher durch meines Heylandes schickung aus mir stokblinden eine sehende / aus mir Gotzendienerin ein Christliches Fräulein / aus mir verdamten ein gnaden Gefäß gemacht hat. Ey so höret demnach auff / mein Schaz / das Werk über den Meister / und den Jünger über den Lehrer zuerheben / und sehet ihr ichtwas lobwirdiges an eurer Valisken / so bedenket allemahl / daß es von eurer Volkommenheit ihr mitgeteilet sey / die sich auch mit Leib und Seel euch zu eigen übergiebet / dz des lobwirdigen / so sie etwa an ihr haben möchte / ihr euch ohn alle Einrede und Wegerung gebrauchen / das unwirdige aber und unvolkommene / dessen gar viel ist / freundlich und mitleidig übersehen möget. Mir zweifelt nicht / unsere durchhin verliebete / hätten den ganzen Tag in solchem Gespräch zuverharren / sich nicht unwillig befunden / wie dann Herkules schon mit einer Antwort sich gefasset hielt / aber die nohtwendige Eilfertigkeit nebest Gallus Erinnerung / hub sie aus dem Bette / da Herkules sagete: Als viel ich merke / mein Schaz /werde ich euch diesen Saz müssen schuldig bleiben; wiederhohleten ihr Morgengebeht / und rieffen Gott umb ferneren Schuz herzlich an. Nach angelegeter Kleidung bestriechen sie Angesicht und Hände wiederumb / nahmen das Frühstük ein / und schenketen der Wirtin 20 Kronen Schlaffgeld / nebest bitte / sie möchte ihren Eheman erinnern / daß er sie des sichersten Weges zugeleiten nicht unterliesse; zähleten demselben die helffte des versprochenen Geldes / und vergewisserten ihn des übrigen mit einem Handschlage. So wolte er nun gleichwol sehen lassen / daß er in der dankbarkeit Schuele auch erzogen währe / belud zween Maul Esel mit den besten Speisen und etlichen[888] Schläuchen des besten Weins / auch mit Pferde Futter / und ritte mit ihnen einen schmalen gebahneten Steg /welcher weit von der Landstrassen / und doch viel richtiger zulief / da Valiska manniche kurzweilige Unterredung mit ihm hielt / und ihm allemahl widersprach / er würde in der benenneten Zeit ihnen die Persischen Grenzen nicht zeigen können / daß sie gar eine Wette von 50 Kronen darüber anstellete; welche zugewinnen er so geflissen war / daß er sie bey guter Tageszeit in die Herberge brachte / welches ein wolgebaueter Jäger-Stall wahr / mit Häu angefüllet. Sie hielten hieselbst das Abendmahl / und brachen eine Stunde vor der Sonnen Auffgang wieder auff / sich höchlich freuend / daß dieser der lezte Tag ihrer furchtsamen Flucht seyn solte.

An demselben erweckete Madates durch seine unvermuhtliche Ankunfft zu Charas grossen Aufflauff und Schrecken; dann er wolte durchaus weder Pferd noch Kleidung verendern / sondern ritte in so elender gestalt vor das Königliche Schloß / und ließ bey dem Könige sich anmelden; der unglükselige Madates hielte draussen / und erwartete Ihrer Königl. Hocheit schleunige Urtel wegen verlohrner Schlacht. Artabanus erschrak der Zeitung hefftig / saß gleich und gedachte an der Fräulein Verlust / und auf was weise sie immermehr bey hellem Tage hätte können von dem wolverwahreten Schlosse kommen / da alle Wachten so wol bestellet gewesen / und kein Mensch sie gesehen hätte; welcher Zweifel ihm doch vor Bagophanes Wiederkunfft benommen ward / da man ihm anzeigete / Valikules währe mit einer einzelnen Krämerin früh morgens von dem Schlosse gangen / welche zwar von Leibe wol gewachsen / aber unter dem Gesichte Sonnen-brändig gewesen / und währen die anderen beyde Krämerinnen erstetliche Stunden hernach gefolget. Woraus er ungezweifelt schloß / er würde ihr durch Zauberkunst das Gesicht verstellet haben; beklagete auch hefftig / daß auff diese weise Bagophanes alle seine Mühe / sie auszuspüren / vergeblich anwenden dürffte; doch tröstete er sich / wann nur Valikules zuerhaschen währe / müste er durch die Folter gezwungen / sie wol melden. Von dieser Betrachtung wendete ihn Madates Ankunfft ab / trug verlangen / seines Unfalls eigentlichen Bericht einzunehmen / und sagete zu dem Zeitungsbringer: Wil dann das rasende Glük uns auff allen seitẽ ansprengen? Laß ihn hervor treten /daß wir nach befindung mit ihm handeln können. Der Diener kam bald wieder / und brachte zur Antwort; Madates schätzete sich unwirdig / vor seines Königes Angesichte zuerscheinen / weil er von den Feinden seiner Ehren entsetzet / uñ durch Henkers Hand mit Ruhten biß auffs Blut gestrichen währe; Wann nun Ihre Königl. Hocheit ihn dieses Schandflecken allergnädigst benehmen / und in vorigen Ehrenstand setzen würde / alsdann wolte er gehorsamst hervor treten / oder im widrigen fall ihm selbst durch eigene Faust sein Leben abkürzen / welches er bloß aus Hoffnung /noch ehrlich zusterben behalten håtte. Der König sprang als ein Rasender / uñ sagete: Was? beschimpffet und schändet man uns also an unserm Feld Herrn uñ Blutverwanten? das muß schwer und hart gerochen werden; rief alsbald einem seiner Höflinge / daß er Madates ein gesatteltes Ritter Pferd / und Fürstliche Kleider bringen solte / nebest Anmeldung / der ihm bewiesene Schimpff solte hiemit ewig abgetahn und auffgehoben seyn. In dieser neuen Gestalt ging er nun hinauff / taht einen demühtigen Fußfall / und sagete mit jämmerlichen Geberden: Allergroßmächtigster Unüberwindlichster König; Euer Hocheit und Gnade[889] danke ich aus innerstem grunde meines Herzen alleruntertähnigst / dz dieselbe den Schandflek / mir als einem gefangenen Königlichen FeldObristen angelegt / allergnädigst abwischẽ wollen / wil nun desto lieber und williger sterben / weil ich den Tod wol verdienet habe / indem ich zu wenig gewesen bin / der Feinde Macht zuhintertreiben / wie mir ernstlich aufferlegt wahr; so würde uberdas schimpflich stehen / wann man sagen solte: Madates ganzes Krieges Heer /40000 Köpffe / sind vor ihres Königes Ehre und Wolfahrt ritterlich gestorben / und hat er nur mit 20 ausgestrichenen Rittern sein Leben erhalten. O wie angenehm solte mir der Tod von Feindes Hand gewesen seyn / weil ich / ohn Ruhm zumelden / so lange ritterlich gefochtẽ / als ich lebendigen Beystand um mich gehabt / dafern mich nur dz Schwert hätte erschlagen wollen; aber ich wahr mit meinen 20 Rittern verrahten / denen / die beydẽ Teutschen zufahen / und der Ruhte zuliefern / anbefohlen wahr / daher muste ich nach verlohrner Schlacht nebest ihnen leiden / was man jenen zugemässen hatte / und halff weder bitten noch bedingliches widersprechen / noch Todesbegierde / sondern die Hände band man uns / daß wir nicht selbst uns durch eigene Entleibung der Schande entreissen solten. So bitte ihre Königl. Hocheit ich nun untertähnigst / mir nach wiedererlangeter Ehre / die Todes Urtel ohn Barmherzigkeit zusprechen / welche ich mit frölichem Herzen anhören wil / auff daß nach diesem nicht jemand mich vorschützen / und sprechen möge: Madates habe es vor ihm wol ja so grob / und gröber versehen / und sey doch begnadet worden; welches mir unerträglicher als der Tod selbst seyn würde / nachdem ich vor diesem so mannichen Sieg erhalten / und vor dißmahl weder Spitamenes Beyspiel und Warnung / noch Fürst Vologeses Raht mir habe wollen lassen zu herzen gehen. Artabanus antwortete: Es ist eine sehr harte Niderlage / wie wir vernehmen /welches ohn allen zweifel bloß nur aus Unvorsichtigkeit verspielet ist. Ja sie ist verspielet / sagte Madates / aber nicht durch meine Unvorsichtigkeit; Ich habe in Feindes Grenzen etliche Tage mit Schwert und Feur alles verheeret / über 40 Dörffer / zwey Städlein /100000 fruchtbare Bäume verbrand / 8000 Menschen erschlagen / 14000 (so aber wieder erlediget) gefangen / und mit dem Feinde im freyen Felde / ohn Einräumung einiges Vortels / offene Schlacht gehalten /aber der beyden fremden Helden Macht nicht brechen können / deren Schwertern und Art zustreiten ich nichts in dieser Welt zuvergleichen weiß. Diese /diese einzelne Ritter wahren die Seele ihres Heers /und das Verderben meiner Völker; Sie brachen durch / wie der Bliz; der eine hat meinen geträuen Bazaentes im dritten Hiebe gefället / der ander mich nach harter Verwundung gefänglich annehmen lassen; und wie embsig sie fochten / hatten sie doch allemahl ein Auge im Nacken / welches allenthalben ordente / daß sie ohn verseumen Entsatz schicketen / wo es nöhtig wahr. Sind sie Menschen / allergnädigster König / so sind sie die vollkommensten / deren Beystand und Hülffe ich höher / als 100000 überschuß halten wolte; Als lange sie aber dem Feinde zugetahn bleiben / muß unser Krieg viel anders geführet werden / oder alle Völker gehen verlohren. Der König hieß ihn aufstehen / und sagte: Durch diesen Verlust ist noch weder gewonnen noch verspielet / und werden wir schon Mittel finden / diesen wütigen Jünglingen beyzukommen / wann unser Fräulein erst wird wieder erobert seyn / die von dem verwägenen Valikules / dem wir sein Leben gerettet und hoch begabet / räuberischer weise entführet ist. O gnädigster König / antwortete er; ich halte gänzlich / [890] der sieghaffte Herkules / welchen ich noch über Ladisla schätze / habe dieses selbst verrichtet und gebe Gott / daß wir nicht erfahren / daß er der Valikules selber / oder doch in dessen Geselschafft gewesen sey / aus dessen Händen das Fråulein zureissen / ist Bagophanes viel zu wenig /wann er gleich 20 Mann auff einem gegen ihn führete. Vologeses und Pakorus / welche etliche Tage in den Reichsgeschäfften / den Krieg betreffend / verreiset gewesen / kahmen zwo Stunden hernach bey dem Könige an / vernahmen den Verlust mit Schmerzen / und ermahneten ihn (weil sie das Unglük vor Augen sahen) sich der Reichsnotturfft anzunehmen; Sie hatten des Tages nach Madates Abzuge mit dem Könige ein ernstliches Gespräch gehalten / und ihn gebehten /den Vorsaz / der Fremden Ruhten-züchtigung betreffend / zuendern / und solches durch einen schnellen Nachreiter Madates wissen zulassen; aber es wahr alles umsonst; dann Artabanus lachete ihrer unzeitigen Vorsorge / und fragete / ob sie sich dann vor zween einzigen Jünglingen fürchteten / von denen man nicht eins wüste / ob sie auch einen einzigen Diener umb sich hätten / der ihnen zustünde. Worauff Pakorus dieses mahl antwortete: Allergnädigster König; daß wir diese beyden Fremdlinge nicht als zween einzelne Jünglinge oder Ritter / sondern als trefliche Helden und Kriegsverständige halten müssen /solches haben sie mehr erwiesen als uns allen lieb ist / indem sie in zwo Feldschlachten schon über 60000 der allerversuchtesten und besten Völker uns abgeschlagen / und zwar solches mit geringer Mannschafft und noch geringerem Verlust / daß an ihrer tapfferen Kriegserfahrenheit zuzweifeln wir keine Ursach haben. Betrachte ich dabey / wie sie das Fräulein von dem verwahreten Schlosse bey hellem Tage haben können herunter bringen (dann daß sie darunter stecken / zweifele ich nicht) / so muß ich mich über ihren Verstand und kluge glükliche Anschläge zum allerhöchsten verwundern / und daraus schliessen / daß wir uns ungleich mehr vor ihnen als vor des Persen ganzer Macht zufürchten / oder zum wenigsten vorzusehen haben; wendete sich hernach zu Madates / und sagte zu ihm: Euer Unfall ist mir leid / aber noch mehr der ritterlichen Völker ihr Verderben / mit deren Hülffe ich mir getrauet hätte / mehr als 100000 Persen auffzureiben; Aber geschehene Dinge sind nicht zuendern / wiewol euch dannoch hätte wollen gebühren / unsers allgemeinen Feldmarschalks Fürst Vologeses Vermahnung nicht so liederlich zuschätzen /sondern an des ritterlichen Spitamenes Unfall ein Beyspiel zunehmen; Habet ihr nun von dem eingebildeten Sieges-pracht-wagen nichts als die Ruhten bekommen / die ihr einem andern hattet gebunden /möget ihrs eurer Vermässenheit danken. Dieses sagte Pakorus / weil er in Erfahrung gebracht / dz er sich gerühmet hatte / er wolte seinen Siegprangenden Einzug zu Charas also halten / daß nur Persische Herren Standes den Wagen fortzihen / und die beyden fremden ihm die Ruhten vortragen solten. Nach dieser verweißlichen Rede kehrete er sich wieder gegen den König / und sagte: Wir sehen und empfinden / daß die Unglükszeichen / davon im ganzen Reiche ein halb Jahr und länger viel geredet ist / schon angefangen zuwirken / und erinnere ich mich jenes Sternsehers Warnung / daß Eure Königl. Hocheit von denen den allergrösten Schaden einnehmen würde / welche sie bedacht währe / am höchsten zubeschimpffen; gebe der Hi el / dz der schon erlittene nit nur ein Anfang eines viel grösseren sey. Ich zwar kan das mit gegenwertigem Herrn Madates uñ seinen zwanzig Rittern ergangene / nicht anders als eine göttliche Schickung rechnen / die [891] uns warnen wil / daß wir nach diesem unsern Hochmuht mässigen / einen kleinen Feind nit verachten / und von unverantwortlichen Beschimpfungen abstehen; und wo wir diese Lehre annehmen / wird uns noch wol zurahten seyn; wo nicht / so stelle ich mir vor Augen / daß wol ehe ein Alexander mit geringer Macht den grösten König aus seinem Reiche getrieben hat. Der König hatte keine gewaltigere noch verständigere Fürsten in seinem ganzen Reich als diese beyden / Vologeses und Pakorus / mit denen er sich nit überwerffen durfte / doch verachtete er alle Vermahnungen / und befahl / daß alle Macht des Reichs zusammen getrieben würde / damit der Schimpff an den fremden ohmächtigen Fürstlein zeitig könte gerochen werden; Madates aber und den 20 Rittern nahm er alle angelegte Schande ab / ermahnete sie zur Rache / und gab ihnen die versprochenen Gelder / als ob der Anschlag ihnen gelungen währe. Hernach fragete Vologeses den König / warumb er doch seinem Hofmeister Bagophanes ein Heer anvertrauet hätte /welcher zwar vor 20 Jahren ein Obrister über eine dreytausichte Schaar zu fusse / gewesen / aber das Ampt eines FeldObristen gar nicht verstünde. Ja ich gedenke auch / sagte Pakorus / wie wol geputzet und gestriegelt die fremden ihn uns werden zurük senden /wofern nur Unglük ihn an dieselben führet. Nun legete gleichwol derselbe allen fleiß an / dem Fräulein auff die Spuhr zu kommen / brachte auch in Erfahrung / daß vier Rittersleute die erste Nacht im obgedachten Dörflein mit sehr schnelllauffenden Pferden ankommen / und daselbst geruhet / früh morgens auch bald wieder fortgangen währen / woraus er gnug muhtmassete / wo diese es gewesen / ihm unmöglich fallen würde / sie einzuhohlen / weil der Vorsprung gar zu groß wahr; ließ nicht desto weniger 60 wolberittene voraus hauen / weil die Menge bey den engen Durchzügen sehr auffgehalten ward. Die unsern aber hatte Gott schon in Sicherheit gesetzet / dann nachdem sie aus dem Jägerhause auffgebrochen waren / eileten sie frisch fort / was ihre Pferde ertragen kunten /hielten des Mittages unter einem schattigten Baume eine kurze Mahlzeit / er quicketen ihre Pferde / und liessen sie frisch wieder fortgehen / da um drey uhr nachmittage ihnen etliche hohe Bäume von ferne erschienen / und ihr Führer sagete: Sehet da meine Herren / jene Bäume vor uns / stehen schon auff Persischem Grund und Bodem. Ey so halte ich die Wette mit euch / sagte Herkules / als die mein Geselle ohn zweifel verspielet hat. Habe ich dann verspielet /sagte Valiska / so habe ich nie keine Wette lieber gewonnen / als ich diese verspielet habe; kehrete sich hin zu dem einen ädelknaben / und sagte zu ihm: Mein Ochus / zählet unserm Wirte von euren wolgelöseten Geldern 50 Kronen aus / ich wil ohn anmahnen euch davor 1000 wieder geben. Der Wirt empfing die Gelder mit Lust / und nach geschehener Danksagung steckete er sie in den Futter Sak / da Herkules zu ihm sagete: Guter Freund / wann mein Weg mich wieder auff eure Heymat zuträget / werde ich kühnlich bey euch einkehren. Solches wolte ich vor eine sonderliche Gunst auffnehmen / antwortete er / und nach vermögen willig auffwarten. Sie ritten ohn auffhören fort / biß sie zu Abends vor ein wolbeseztes Persisches Städlein anlangeten / in welches man sie nicht einlassen wolte / weil die Tohre schon versperret wahren; nachdem aber Herkules der Schildwache zurief / einen Befehlichshaber herzufodern / und derselbe ankam / befahl er ihm / dem Obersten der Festung anzudeuten / des Teutschen GroßFürsten Herkules Bedienter hielte mit seiner Geselschafft haussen / und begehrete eingelassen zu [892] werden. Dieser wolte nicht so leicht gläuben / ging selbst auff die Maur / und rief / ob er schrifftliches Zeugniß auffzulegen hätte / solten ihm die Tohre willig geöffnet werden. Bald wurden ihm zween FreyBriefe / einer von Artaxerxes / der ander von Herkules selbst geschrieben / eingereichet /nach deren Verlesung sie nicht allein willig eingelassen / sondern in die beste Herberge eingelegt wurden /da ihnen der Oberste treffliche Speisen zuschickete /weil sie sich wegertẽ / mit ihm zuessen. Herkules begab sich vor der Mahlzeit mit seinem Gemahl auff ein absonderliches Gemach / und verrichteten in herzlicher Andacht ihre Danksagung zu Gott / ein Stunde lang kniend / mit auffgehobenen Händen.O du grosser Wunder-Gott / sagete Valiska unter andern;wir sind ja viel zugeringe aller Barmherzigkeit und Güte /die du uns armen Sündern tuhst / und wir vielmehr deinen Zorn als Hülffe verdienet haben; jedoch / damit dein heiliger Nahme geehret werde / so laß nicht abe / uns weiter zuschützen / und bringe uns unter der Begleitung deiner Heil. Engel / in unser Vaterland. Insonderheit behteten sie denIII / XX / XXIII / XXVII / XXX / XXXIV /XL / XLVI und XCI Psalm Davids / und hielten darauff in frölicher Gottesfurcht das Abendmahl / da ihr Führer mit ihnen zu Tische sitzen muste / dem Valiska die übrigen Gelder zustellete / und noch 50 Kronen zur Verehrung. Dieser sahe nunmehr / daß sie nicht Parthische / sondern Persische Leute wahren / welches ihn doch nicht irrete / nachdem er vor aller Gefahr gnug sicher wahr. Weil auch in Herkules / von Artaxerxes ihm gegebenen Freybriefe ausdrüklich gesetzet wahr / daß man ihn in allen Persischen Besatzungen nach Willen solte schalten und walten lassen /als ob er Artaxerxes selbst zugegen währe / legte Bubazes / Obrister des Orts / bey sich über / was vor ein grosser Herr dieser seyn möchte / da Herkules zu ihm schikte / mit begehren / biß an dẽ Markplaz auf ein Wort zu ihm zuko en; woselbst er ihm anzeigete / er hätte dem Parther Könige Artabanus einẽ schli en Possen gerissen / dz er ihn unverfolget nit lassen würde / wäre aber entschlossen / dessen an diesem Orte zuerwarten / uñ baht / es möchte der Oberste etliche Leute außschickẽ / daß man in aller stille in zwo oder drey folgenden Nachten so viel Reuterey als möglich seyn würde / und das Städlein einnehmen könte / herein brächte / welches zu ihrer beyder Ehr und Ruhm außschlagen solte. Bubazes erboht sich /auf seine Verantwortung zugehorsamen / und taht gute anordnung. Unterdessen redete Valiska mit ihrem Wirt / daß Morgen zeitig früh ein Kauffman mit güldenem und Seidem Gewande / auch etliche Schneider herzugefodert würden / legte sich nachgehends mit ihrem Herkules zu Ruhe / und wahren des Morgens frühe wieder auff / da sie vor etliche tausend Kronen köstliche Waaren zu Kleidern außnahmen /die in zween Tagen solten verfertiget werden. Dem alten Wirte ward sein Pferd und seine Esel mit guten Speisen wieder beladen / zu dem Herkules beim abschiede sagte: Mein Freund / ich möchte euch gerne einen guten Verdienst gönnen / nach dem ich sehe /wie ihr die Gelder so wol leiden könnet; deßwegen lasse ich euch wissen / daß ich eurem Könige Artabanus einen Reuterdienst erzeiget / welchen er mir ohnzweiffel durch nachschickung etlicher Völker vergelten wil; würdet ihr nun diese antreffen / so saget nur /ob sie einen / Nahmens Valikules suchen / köñet ihr ihnen denselbẽ nachweisen / dessen sie euch mit grossen schenkungen lohnen werden / und da sie solches unterlassen solten / wil ichs an ihrer stat leisten / wañ ihr werdet mit überkommen. Mein Herr / antwortete er / sich vor einen Auffsaz befürchtend / was unter Königen und grossen Herren [893] vorgehet / bekü ert mich wenig / jedoch wañ euch etliche guter meinung nachfolgen würden / und ich sie anträffe / wil ich mit überzukommen unvergessen seyn. Ging hiemit nach seiner Heimat zu / und gelangete des vierden Tages /nach dem er von Hause außgezogen wahr / wieder daselbst an / fand auch über vermuhten das Städlein mit Reutern erfüllet / dann dieses wahr eben der Ort /wohin Bagophanes seine Völker bescheiden hatte. Er selbst wahr vor drey Stunden daselbst angelanget /und erwartete seiner annoch hinterstelligen Mannschaft. So bald der Wirt in sein Hauß trat / vernam er / daß es Königliche Völker wahren / die etliche flüchtige verfolgeten / ließ sich bey Bagophanes angeben /und sagte zu ihm; Gnädiger Herr / ich werde glaubwirdig berichtet / daß unser König einem außgerissenen Diener nachfragen lässet; wann nun derselbe Valikules genennet würde / könte ich nicht allein gute Nachricht von ihm geben / sondern umb gebührlichen Lohn eure Gn. hin zu dem Orte führen / da er mit seiner Geselschaft sich auffs minste noch drey Tage auffhalten wird. Bagophanes sprang vor freuden auff /zog eine Handvol Kronen hervor / und sagte: Guter Freund / nehmet dieses zum Bohten Brod vorerst an /und leistet mir gebührliche Träue / die euch mit grossen Geschenken sol vergolten werden; aber lieber /wo meinet ihr / daß er anzutreffen sey? Er ist vor vier Tagen / sagte er / bey mir selb sechse zur Herberge gelegen / gab sich vor einen Königlichen Gesanten aus / der den Feld Herrn Madates zu lösen abgeschikt währe / uñ muste ich ihn des sichersten Weges nach einer Persischen Grenze Stad führen / da ich aus seinem beginnen wol vernam / daß er des abtrünnigen Persen Bedieneter ist. Bagophanes kunte ihm länger nicht zuhören / fragete / ob er nicht eine schöne Jungfer mit sich geführet hätte. Jener antwortete: Es währe ein sehr zartes Mensch / doch in Mannes Kleidern und Waffen bey ihm / die er vor ein Weibsbild hielte /dan wie schmal sie gleich sonst von Leibe und Gliedern / währe sie doch ungleich besser gebrüstet / als Jünglinge zu seyn pflegeten; ihr Angesicht / Halß und Hände / sagte er / sahen bräunlich / als von der Sonnen gebrant / und schien doch einer angestrichenen Farbe viel ähnlicher / welches ich abnahm / als sie einsmahls den Arm zimlich weit außstreckete / und an demselben eine dermassen weißlichte Klarheit erschien / als nie keinem Menschen mag zu Gesichte kommen seyn. Ihr bringet mir die angenehmste Zeitung von der Welt / sagte Bagophanes / und tuht mir leid / daß ich meine Völker nicht beysammen habe; doch weil des folgenden Morgens er nur 2000 missete / und 16000 bey sich hatte / brach er mit denen auff /ritte den ganzen Tag und die folgende Nacht ohn auffhören / biß er die Persischen Grenzen erreichete / daselbst / bey gutem angetroffenen Futter den Tag über ruhete / und bey lichtem Mondenschein nach mitternacht auffbrach / erreichete die Persische Stad vor der Sonnen Auffgang / und legte sich hinter einen langgestrekten Hügel / welcher mit dickem Gesträuche bewachsen wahr / daß man in der Stad seine Völker nicht sehen kunte. Nach Auffgang der Sonnen / schickete er einen Trommeter hinein / und begehrete vor sich als ein Königlicher Gesanter Freyheit / hinein zu kommen / umb etwas bey dem Obristen zu werben. Dieses ward Herkules alsbald zu wissen getahn / welcher begehrete / daß der Trometer eingelassen / und die Wache gar schwach und unansehnlich bestellet /insonderheit die Reuterey heimlich gehalten würde. Auch ließ man einen verschlagenen Kriegsknecht in Bauren-Kleidern heimlich außlauffen / umb zuvernehmen / was vor Völker etwa [894] in der nähe möchten verhanden seyn / welcher alles in Augenschein nam / uñ guten Bericht einbrachte. Der Trometer ward mit guter Antwort abgefertiget / und stellete sich Bagophanes selb zehne ein / seine Werbung abzulegen /der von seinem Trometer schon berichtet wahr / wie schlecht die Besatzung währe / welches er auch mit sonderlicher Lust also befand / nach Bubazes Hauß ritte / und ihn also anredete: Mannhafter Obrister; mein Großmåchtigster König Artabanus hat mich in aller Eile bißhieher abgefertiget / einer ihm durch List entführten Fräulein diß Schreiben einzureichen / und weil ich als gewiß berichtet bin / daß dieselbe sich an diesem Orte auffhalte / bitte ich freundlich / mir solches zuvergünstigen / und daß zugleich bey derselben ich meine kurze Werbung ablegen möge. Das ist ein verwägenes Anmuhten / antwortete Bubazes / in Feindes Stad denen nachzufragen / die sich vielleicht in Persischen Schuz möchten begeben haben. Ist aber das Fräulein / von welcher mir nichts bewust / wieder ihren Willen entführet? wie ich nicht anders weiß /sagte Bagophanes. Wie dann / und auff was Weise? fragete Bubazes weiter; und kan dieser euer König nicht ein Fräulein in seiner Festung schützen / wie wil er dan so weitläuftige Landschaften im Zaum und Gehorsam halten / die er ehmahls unterdrücket hat? Ich bin nicht befehlichet / sagte er / hierüber einigen Zankstreit mit jemande zu halten / aber das Fräulein betreffend / hält man davor / daß sie durch Zäuberkünste hinweg geführet sey. Durch Zäuberkünste? sagte Bubazes mit einem Gelächter; da gleich Valikules zur Tühr hinein trat / stellete sich / als währe ihm des Hoffmeisters Ankunft allerdinge unbewust / und verwunderte sich über seiner Gegenwart / grüssete und empfing ihn gar höflich / mit erbieten / ihm alle mögliche Dienste zuerweisen / weil er ihm neulich bey seinem Könige Gnade und verzeihung erworben /wovor er sich ihm schuldig erkennete. Der Auffzug schmerzete diesen sehr / hielt sich ernstlich / wolte ihn nicht ansehen / und sagete: Nachdem ich in Feindes Gebiet mich befinde / muß ich billich nach dessen Willen mich verhalten / bin aber bißher gewohnet /meinem Herrn auffrichtig uñ träulich zu dienen / auch dessen Schimpf uñ Schaden zuverhüten. So seid ihr auch ein redlicher Diener / antwortete Valikules / und wer anders dienet / der verdienet / daß ihn alle Welt hasse; aber wie befindet sich mein Herr so unvermuhtlich an diesem Orte / da ich ihn doch neulicher Zeit weit von hinnen zu Charas gesprochen? Mein Herr / antwortete ihm Bubazes / es sol dem Parther Könige ein Fräulein entführet seyn / die er gerne sprechen wolte / weil er der Meinung ist / sie halte sich dieses Orts auff; und nimt mich wunder / daß dieser König nicht eine einige aus seinem Frauenzimmer missen wil / deren er / gemeiner sage nach / ganze Häuser und Schlösser vol hat. Der Spot taht Bagophanes weh / und wahr ihm leid / daß er nicht alsbald die Gewalt gebrauchet hatte / durffte doch nicht ungütlich antworten / sondern baht / ihn mit Schimpfworten wieder seinen König nicht zubelasten / dessen Tuhn und lassen zuverantworten er nicht außgeschikt währe; so hätte sein König als der allergröste Welt Herr bißher niemand rechenschaft geben dürffen /möchte demnach auff sein Ansuchen gerne Antwort hören. Ich achte eures Gewäsches wenig / sagte Bubazes / so weiß ich auch von keiner fremden Fräulein /die sich alhie auffhalte / könnet also weiter zihen /und Nachforschung tuhn. Doch mein Herr / antwortete er / sie ist ohn zweiffel nicht weit von hinnen / dann gegenwårtiger Valikules / hat sie entführet. Ich? Bagophanes / sagte er; woher wisset ihr daß? zwar ich gestehe / dz [895] ich eine Krämerin mit mir von meiner gebietenden Fräulein Schlosse geführet; ist aber hochgedachtes Fräulein zugleich mit entsprungẽ / werdet ihr dieselbe nicht bey Valikules / sondern bey dem GroßFürsten der Teutschen / Herrn Herkules antreffen. Doch solte eurer Meinung nach / ich dieselbe entführet haben / wie haltet ihr mich dann so verächtlicht daß ihr bey diesem Herrn suchet / welches doch nicht in seiner / sondern in meiner macht stehen würde? Zwar dieser Herr kan euch wol freien Zu- und Abzug verstatten / aber das übrige / wie gesagt / müste bey mir gesucht werden. Dieser hoffete / es würde Bubazes solche ihm nachteilige Rede verantworten / weil es aber nicht erfolgete / sagete er: Es gilt mir endlich gleich / von wem ichs erhalte / wann ich meines Ansuchens nur gewehret werde. Wolan / sagte Herkules /ihr habt mir neulich einen freien Zutrit zu Artabanus gemacht / darumb wil ich euch wiederumb dienen /und mich bemühen / ob GroßFürst Herkules euch das Fräulein wolle sehen lassen. Ging hiemit nach seiner Herberge / stellete sich neben Valisken in seiner wahrhafften Gestalt / und legeten ihre neugemachten Kleider an / die eines Zeuges wahren / als ein Himmelblaues Seiden Tuch / mit schönen silbern Blumwerk. Sie hatten zween vergüldete Stüle mit güldenem Stük behänget / hinter ihnen stunden Gallus und Timokles in voller schimmernder Rüstung mit blossen Schwertern / und zu beyden Seiten die Persischen ädelknaben Ochus und Darius / in güldenem Stük gekleidet. Herkules ließ sein Goldgelbes Haar über die Schuldern hangen; das Fräulein aber hatte ihres in Gestalt einer Kronen auffgebunden / und hielten jedweder einen schneweissen Helffenbeinen Stab mit Golde beschlagen / in der Hand. Valiska sendete Darius in ihrem Nahmen nach Bubazes / mit bitte sie zubesuchen / und den Königlichen Gesanten mit sich herzuführen. Nun hatte dieser Obrister noch von ihr keine Wissenschaft / viel weniger / daß Valikules der GroßFürst Herkules währe / wie wol er aus den gefühteten Reden argwohnete / er würde sich in der Stad heimlich auffhalten / biß Darius ihn dessen anjezt verständigte / und er grosse Begierde bekam / diesem treflichen Fürsten auffzuwarten / daher er zu Bagophanes sagete: Herr Gesanter / wann es euch beliebet / ist das gesuchte Fräulein jezt müssig / euch zu hören; ging auch alsbald mit ihm hin. Als sie nun auff das Gemach traten / und Bubazes diese zwo herliche Fürstenbilder sahe / setzete er sich vor ihnẽ auff die Knie / und baht untertähnigst umb verzeihung / seiner aus unwissenheit begangenen unhöfligkeiten / weil ihrer Durchl. Anwesenheit ihm allerdinge verborgen gewesen; Herkules aber antwortete ihm: Mein lieber Freund / tuht uns keine Beschimpfung durch euer niderknien; ich erkenne euch an diesem Ort vor den /welcher an stat des Großmächtigsten GroßFürsten Artaxerxes diese Besatzung versihet. Bagophanes hatte das Fräulein in der nähe nie gesehen / und befand ihre Schönheit so beschaffen / daß sie der Nachfrage wirdig währe. Sie hatte ein köstliches Kleinot mit Artabanus Brustbilde am Halse / welches ihr zwischen den erhabenen Brüsten herunter hing; ihre Kehle war bloß / wie auch der rechte Arm / biß an den Ellebogen / welchen Herkules mit seiner Linken umbfassete /und machte ihre ernsthaffte verhaltung den Gesanten so bestürzet / daß alle vorbedachte Rede ihm entfiel /insonderheit / da er den treflichen Fürsten neben ihr sitzen sahe; endlich trat er hin vor das Fräulein / setzete sich nieder auff ein Knie / und fing also an: Unvergleichliches Fräulein / es hat mein allergnädigster König. Er wolte in seiner Rede fortfahren / [896] aber das Fräulein sahe ihn zornig an / und sagte: Was seid ihr vor ein blinder Gesanter? sehet ihr diesen vortreflichen Fürsten nicht / oder aber haltet ihr ihn einiges Grusses unwirdig? so packet euch bald von hinnen /oder ich werde euch Füsse machen; mein allergnädigster König Artabanus wird euch trauen nicht befohlen habẽ / dieselben zubeschimpfen / so mir lieb und angenehm sind / dann so lange seiner Königl. Hocheit ich Kundschafft gehabt / habe ich nie gemerket / dz er seine Diener zur unhöfligkeit angehalten hätte. Bagophanes antwortete: Durchleuchtigstes Fräulein / nachdem ich eines grossen Königes Gesanter bin / wil mir nicht gebühren / mich vor anderen zu demühtigen /als denen zuleisten ichs befehlichet bin; so kenne ich auch diesen Fürsten nicht / und habe ihn weder gesehen noch ichtwas von ihm gehöret. Herkules fing hierauff an: Höchstgeliebte Frl. Wase und Schwester /eure Liebe wollen sich hier an nit irren; Bagophanes hat nicht so gar unrecht geredet / auch mich nie als GroßFürst Herkules / aber wol als den verstelleten Valikules gekennet. Dieser hörete eigentlich daß es Valikules Stimme wahr; so fiel ihm auch Madates Rede ein / wunderte sich sehr / und sagte: Durchleuchtiger Fürst / dafern ihre Gn. der ehmahlige Valikules ist / bitte ich / mir zu verzeihen; vor meine Wenigkeit habe ich ohn schmeicheley ihre Gn. in meinem Herzen allemahl höher geachtet / als sie sich angegeben / währe auch bereit gewesen / derselben nach äusserstem vermögen alle Liebes und Freundschaftdienste zu erweisen / dessen ich die Götter zu Zeugen ruffe; doch wird mir niemand verdenken / daß wegen des grossen unterscheids / welcher an euer Gn. und des Valikules Angesicht erscheinet / ich in zweiffelhafter Verwunderung stehe. Solcher zweifel / antwortete Herkules / kan euch in keinen ungleichen Verdacht bringen / möget auch wol versichert seyn / daß ich noch diese Stunde erbötig bin / euch allen möglichen Willen zuerzeigen; aber woher sol meine Frl. Wase versichert seyn / daß König Artabanus euch ihretwegen abgefertiget / gestaltsam ihr dessen noch den allergeringsten Beweißtuhm nicht geführet habet. Durchleuchtiger Fürst / antwortete er / ich habe zwar von meinem Könige ein Schreiben an das Durchl. Fräulein / weiß aber nicht / ob ichs werde übergeben dürffen / weil ich leicht ermässen kan / daß des Valikules nicht zum besten darinnen mag gedacht werden. Daß hindert mich nicht / sagte Herkules; Ich habe schon unter meinem wahren GroßFürstlichen Nahmen von Artabanus schimpffs gnug einnehmen müssen /warumb solte mirs dann in Knechtes gestalt nicht begegnen? Uberdas seid ihr ein Diener / und habt eures Königes Schreiben nicht zubeantworten. Hierauff reichte er dem Fräulein das Schreiben / und baht untertähnigst umb genehme Antwort; welches sie mit ehrerbietung annam / fleissig durchlase / und mit einem sanften Lachen zu Herkules sagete: Durchl. Herr Oheim und Bruder / mein gnädigster König erzeiget in diesem Schreiben / als viel mich betrifft /Königliche Wirdigkeit / finde auch keine sonderliche Schmachreden auff Valikules / ohn daß er ihm die Baktrianische Zäuberkunst zuleget / worin er aber weit irret / massen mich ja der Wind nicht vom Schlosse gewehet / sondern bin mit gutem vorbedacht mitten durch die Wachten / mit vermahletem Angesicht / in Krämerkleidung davon gangen. Durchl. Frl. Wase / sagte Herkules; ob Artabanus mich vor einen Zauberer halte / mag er wissen / aber alsdann müste er mir nicht eine Kinderruhte binden / sondern ein Feur anzünden lassen / mich zuverbrennen / welches ich dann viel lieber als die Knabenzüchtigung erleiden [897] würde; doch sind seine ausgeschikte Zuchtmeister noch nicht recht gelehret / die Ruhte zu führen / deswegen man ihnen solche hat müssen zu kosten geben. Warnet aber euren König / Herr Bagophanes / daß er des dinges nicht mehr vornehme / dafern er nicht wil /daß allen seinen Rittern und FeldObristen / deren mein Bruder König Ladisla und ich habhaft werden /ein gleichmässiges widerfahren sol. Zwar ich habe Artabanus biß dahin vor einen König gehalten / aber nunmehr dürffte ich schier auff die Gedanken gerahten / er währe ein Schulmeister. Jedoch / daß ich den Gesanten nicht zu lange auffhalte / so wird meine Frl. Schwester ihm eine Antwort nach ihrem freyen Willen erteilen / welche ich stets gut heissen wil. Ja mein Freund Bagophanes / sagte sie hierauff; meines gnädigsten Königes Schreiben habe ich mit gebührlicher Ehrerbietung verlesen / nicht anders / als ob ich añoch auff seinem Schlosse gefangen währe; daß ich aber so furchtsame ertichtete Antwort / als damahls / von mir geben solte / bin ich nicht willens; deswegen höret meine Erklärung: Vorerst hat mein König mit diesem Schreiben mich aller vorigen Zusage ganz loßgesprochen / wie ich solches mit seiner eigenen Hand auffzulegen habe. Zohe hiemit Artabanus Versicherungs-Schreiben hervor / dessen in diesem Vierden Buche am 805 Blade meldung geschehen / gabs Bagophanes zulesen / und sagte weiter: Ob ich nun dieses gleich nit ansehen wolte / wie ichs auch nunmehr nicht ansehe / so muß aber doch mein und euer König durchaus wissen / daß ich keines geringen Standes noch von solchen Eltern entsprossen bin / denen in Ansehung König Artabanus ich Gehorsam versagen solte /sondern muß durchaus zu meiner Fr. Mutter reisen /und deren Bewilligung einhohlen / alsdann wird Euer König unbeschweret seyn / entweder selbst oder durch wirdige Gesanten umb mich zuwerben / und zuvernehmen / ob meine Fr. Mutter / und andere Königl. und HochFürstl. Anverwanten einwilligen können /und vielleicht nicht schon einem andern mich versprochen haben / welches ich eigentlich nicht wissen kan. Dieses alles / mein Freund Bagophanes / rede ich trauen nicht als eine verzauberte / sondern aus wolbedachtem Muht / so daß mein König die Einbildung der Baktrianischen Kunst wol mag fahrẽ lassen; welches seiner Hocheit zu hinterbringen / ihr unbeschweret seyn / und nebest freundlicher Begrüssung ihn aller meiner möglichen Ehrendienste versichern wollet; andere Antwort sol auch der Tod selbst aus mir nicht bringen / es währe dann / daß euer König mich dereins / weil ich noch unverheyrahtet / mit dem Schwert gewünne / dann solches erkennet auch meine Fr. Mutter zum Ober Herrn. Diese lezten Worte machten Bagophanes muhtig / bildete ihm auch ein /er hätte diese Bedingung schon so gut als erfüllet /und antwortete also: Durchl. Fräulein / nachdemmahl Euer Durchl. nicht gefället / mir andere Erklärung mitzuteilen / ungeachtet mein allergnädigster König ein bessers gehoffet håtte / muß ich mit dieser zufrieden seyn / zweifele nicht / mein unüberwindlichster König werde eine oder andere Bedingung einzugehen / sich schleunig erklärẽ / massen Eure Durchl. ich wol versichern kan / dz von deren Liebe abzulassẽ / seiner Hocheit unmöglicher ist / als sich selbst zuhassen. Des Großmächtigsten Königes gute Zuneigung gegen mich / habe ich wol gespüret / sagte sie / werde ihm auch nicht zuwider seyn / wann er obbenahmete Bedingung auff sich nimt; aber als eine von Räubern gefangene / und hernach verschenkete Leibeigene /gönne ich mich keinem Menschen nimmermehr. Hiemit nam Bagophanes Abscheid / und rief Herkules ihm nach: Lieber warnet euren [898] König / daß / wo es ihm umb meine Frl. Wase im Ernst zutuhn ist / er die vorgemeldete Bedingungen nicht auff die lange Bank schiebe / es dürffte ihm sonst ein ander in den Schnit fallen / gestaltsam meine Frl. Wase der Schönheit und des Alters ist / daß sich wol in kurzem ein Freyer finden dürffte / da es dann zu heissen pfleget / der erste führet die Braut vom Tanze. Das ist eine wolgemeynete Erinnerung / antwortete er / deren ich mit allem Fleiß werde eingedenke seyn; machte sich eilends zu seinen Völkern / und redete sie also an: Nun frisch auff / ihr meine lieben Söhne und Brüder; jezt hat das günstige Glük uns den Weg geöffnet / nicht allein den unserm Könige angelegten Schimpff zurächen / sondern dessen höchste Gnade zuerlangen / mehr als wir selbst wünschen mögen; sehet da / das elende Städchen / mit einer schwachen Maur und untieffen schmalen Wasser Graben umgeben; in diesem befindet sich unsers Königes entführtes Fräulein wider ihren Willen; dann nachdem die ihr angelegte Verzauberung ihre Wirkung geendet / und sie wieder zu vorigem Verstande kommen / suchet und wünschet sie nichts mehr / als durch uns gerettet zuwerden; Ich weiß / daß sie alle Augenblicke zählet / und horchet /ob nicht das Sturmgeschrey angehe / die Tohre gebrochen / die Mauren erstiegen / und sie aus des boßhafften Räubers Händẽ entrissen werde. So fasset nun ein Herz / uñ wagets auf gut Parthisch; Unsere Schwerter sollen in einer Stunde wieder erstreitẽ / was unserm Könige lieber als sein halbes Reich ist / und werden wir nichts so sehr beklagen / als daß diese unschazbahre Beute uns so wenig Mühe / Arbeit und Blut gekostet hat; Das Städchen ist mit schlechter Besatzung versehen / welche wir als einen Mann auffreiben wollen. Hierauff ordente er 300 Reuter / die des ganzen Heers Pferde hüten solten / die übrigen alle begaben sich zu fusse / hieben jedweder einen grossen Strauch aus dem dicken Gepüsche abe / legtens auff die Schulter / und lieffen damit der Stad ganz rasicht zu. Herkules ließ alle örter durch Bürger und Kriegsknechte durch einander vermischet / aufs beste besetzen / deren Anzahl in 3500 Mann bestund / die Reuterey aber samlete er in allen Gassen 6000 stark / und machte ihnen gute Hoffnung zur Beute / redete endlich Bubazes also an: Es ist ohn Noht / mein Freund /daß ich euch zur Manheit auffmahne / an welcher /angesehen euer GroßFürst euch diesen Platz anvertrauet / ich im geringsten nicht zweifeln sol; daß wir aber unserer Sachen einig seyn / und einer dem andern die hülffliche Hand bieten könne / ist dieses mein Vorschlag / welcher uns ohn zweifel den herlichen Sieg gebehren sol; stellet euch verzaget / und lasset den Feind nahe gnug kommen / verberget auch die Manschafft als best ihr könnet / biß ihr sehen werdet /den Feind guten teils über den Graben gelauffen seyn / dann gebet mir ein Zeichen; und wann ich mit ihnen in voller Arbeit seyn werde / so müssen Pfeile und Steine auf den Mauren nicht feyren / welche an 1500 Mann Schutz gnug haben / die übrigen 2000 behaltet bey euch zum Ausfall / an was Ort ichs begehren werde; alsdann wollen wir diese verwägene dergestalt dämpffen / daß ihnen der Kitzel bald vergehen sol. Hierauff teilete er die Reuterey in zween gleiche Hauffen / deren einen er Gallus untergab / mit befehl /wessen er sich verhalten solte. Bubazes wahr kaum auff die Zinnen gestiegen / da er den Feind schon sahe ankommen / nicht anders als ob der Wald zugleich mit ihnen fortgangen währe / uñ gedauchte ihn die Zahl wegen der Sträucher viel grösser als sie wahr. Als Herkules seine Waffen anlegete / hielt das Fräulein inständig umb Vergünstigung bey ihm an / daß sie mit ausfallen [899] möchte / welches ihr aber Herkules mit diesen Worten abschlug: Mein teures Herz / ich bitte durch Gott / von diesem Vorhaben abzustehen /und durch eure Gefahr nicht zuverursachen / daß ich mehr auff Beschützung eurer / als Abtreibung der Feinde müste bedacht seyn; bedenket / wie einen betrübten Herkules eure Verwundung machen würde /durch welche eure Schönheit auch nur im geringsten solte verletzet werden; einmahl ist gewiß / dz Gott keinen gefallen daran träget / wann man sich in unnöhtige gefahr begiebt; Lasset euch demnach / bitte ich / diese meine Abmahnung zu Herzen gehen / und machet mich in diesem Stücke glükselig. Valiska umfing ihn auff solche Rede gar freundlich / und nach gegebenem Kusse sagte sie: Ich bitte von ganzer Seele / mein höchstwerdester Schatz wolle mir diesen unbedachtsamen Frevel verzeihen / und es meiner unbesonnenen Jugend / nicht der Widerspenstigkeit zuschreiben; nach diesem werde ich behutsamer seyn /und nicht bitten / ehe ich bedacht habe. Ich wil dieses / geliebts Gott / auff meine glükliche Wiederkunfft beantworten / sagete Herkules / jezt werde ich hinmüssen / und vernehmen / wie geschikt der furchtsame Bagophanes sey / mir diesen Schaz zunehmen /den mein Gott so weit schon in Sicherheit gebracht hat. Nun hatte gleichwol derselbe unter seinen Völkern gute Anordnung gemacht / dann es wahren verständige Häuptleute unter ihnen / welche die Knechte anführeten / daß sie den Graben mit ihrem Reisig und darauff geschüttetem Sande und Steinen an fünff Orten ausfülleten / und frisch hinüber lieffen / sich des Stad Tohrs zubemächtigen. Es geschahe ihnen an ihrer Arbeit keine Hinderung / sondern zum scheine schoß man etliche unschädliche Pfeile heraus / und wahr in der Stad verordnet / daß etliche Weiber und Kinder hinter der Maur ein klägliches Geheule anfahen musten / als ob die Stad schon erstiegen währe; welches der Feind hörend / kaum abwarten kunte /daß der Weg über den Graben fertig wahr. Jedoch sahe sich Bagophanes nach art der furchtsamen wol vor / ließ 4000 den Sturm antreten / und stellete ihnen 3000 zum Entsatz / dafern sie abgetrieben würden; die übrigen 9000 behielt er auf begebenden fall bey sich in guter Ordnung / doch (welches ihm den grösten Schaden taht) alle zu fusse / weil er ihm nicht kunte träumẽ lassen / daß Reuterey in der Stad währe. Der erste Hauffe bemühete sich sehr / das Tohr zuerhalten / aber wann sie zu nahe traten / wurden sie mit den herunter gewalzeten Steinen dergestalt empfangen / daß sie in den ewigen Schlaff gerieten; so mangelte es ihnen an Feur und nöhtigem Sturmzeug / hatten weder Hacken noch Axten bey sich / nur daß sie mit grossen Bäumen wider das Tohr lieffen / biß es endlich begunte baufällig zu werden. Auch wahren noch etliche tausend mit ihrem Gesträuch übrig / welche solches an die Maur legeten / und mit Erde überschütteten / dz in kurzer Zeit sie diesen Zutrit fast der Mauren gleich erhöheten. Herkules dauchte nunmehr Zeit seyn / den Ernst zugebrauchen / und ließ einen frischen Persischen Obristen / namens Orobates mit 1000 Pferden von Suden her ausfallen / welcher die zum Entsatz verordnete 3000 antraff / mit denen er sich rechtschaffen abwetzete / und sie von dem Graben gegen sich zog / weil sie aber ganz verwägen zu ihm eindrungen / und mit Pfeilen ihm drange gnug tahten / schikte ihm Gallus 500 Reuter zum Entsatz /vor deren Ankunfft die Feinde nicht wenig erschraken. Inzwischen gingen Steine und Pfeile von der Maur gewaltig auff den Feind loß / daß sie weder zum Tohr noch zur Maur nahen durfften / sondern zurük über den Graben drungen / da ihrer 300 ersoffen. [900] Herkules nam auff solchen glüklichen Anfang mit Bubazes Abrede / wie ers halten solte / ging von Norden mit allen feinen 3000 Pferden auff Bagophanes an / welcher nunmehr / aber zuspät beklagete / daß er die Pferde hatte zurücke gelassen / ging deswegen mit seinen Völkern hinter sich / ob er einen Teil der seinen beritten machen könte / aber Herkules ließ ihn den Weg mit 800 Pferden ablauffen / und drang mit den übrigen hefftig auf den Feind hinein. Weil auch Orobates begunte getrieben zuwerden / entsetzete ihn Gallus mit seinen 1500 Pferden / welche in zimlicher Ausbreitung auff den Feind traffen / und auch an diesem Orte alles wieder gut macheten. Endlich fiel auch Bubazes mit 1500 Schützen zu fusse aus / welche von fornen zu dergestalt mit ihren Pfeilen traffen / daß es gewaltig über die Parthen ging / doch weil Herkules eine schädliche Vermischung der Völker besorgete /ließ er alle Reuter hinter sich weichen / foderte die übrigen zu fusse / biß auff 200 nahe / alle aus der Stad / machte eine neue ansehnliche Schlachtordnung / da er mit seinen Reutern zur Rechten / Gallus aber zur Linken / und Bubazes mit den Fußknechten in der Mitte hielt. Bagophanes wahr mit den seinen zwischen der Stad und den Persen eingeschlossen / und zwar in solcher Enge / daß er kaum Platz hatte / seine Leute zuordnen / da die verständigen Obristen und Hauptleute / ihm schon verweißlich vorhielten / daß er sie nicht allein ihrer Pferde beraubet / sondern nicht eins nachgeforschet hätte / wie stark die Feinde wären. Doch samlete ein jeder Obrister ein Häuflein um sich / so gut er kunte; Die unserigen gingen gar eiferig auff sie loß / und traff Herkules auff Bagophanes / der 800 umb sich hatte / welche nach kurzem Gefechte zustreuet wurden / und Herkules zu ihrem Heerführer sagete: Ergebet euch meiner Gnade / Bagophanes / so wil ich euch der vorigen Kundschafft geniessen lassen. Dieser nam solches willig an / warff sein Gewehr von sich / und ließ sich gefangen hinführen / welches seine Völker ersehend / auch umb Gnade rieffen / und das Gewehr von sich legten. Es hatte dieses Treffen kaum eine Stunde gewehret / da wahr der Sieg völlig erhalten / und ließ Herkules vom Streit abblasen / ward auch fast im Augenblik das Blutvergiessen gestillet / und muste Gallus mit 800 Mann hinreiten / des Feindes Pferde in Hut zunehmen / biß er folgen würde. An Feindes seiten wahren 4000 erschlagen / und 12000 gefangen / dann die Pferde Hühter ergaben sich Gallus gleich bey seiner Ankunfft. Herkules ging auch mit 500 Reutern dahin /und ließ zum Gepüsch hinein ruffen / daß wo etliche sich drinnen verstecket hätten / solten sie alsbald hervor kommen / oder eines schändlichẽ Todes sterben; aber nur etliche Troßbuben funden sich an. Jungfer Kleofis / und Herkules neulicher Parthischer Wirt /nachdem sie der ihren Niderlage gemerket / hatten sich aus Angst in eine Hecke verkrochen / und befrageten sich / wie sie es halten wolten; da der Wirt sagete: Ich wil mich meinen ehmahligen Gästen ergeben / von denen ich alle Gnade verhoffe; Und ich / sagte Kleofis / wil lieber in meiner gnädigsten Fräulein Dienste wieder eintreten / als den wilden Tihren hieselbst zur Speise dienen; machten sich auch eilig hervor / und liessen sich gefangen nehmen / welche als bald Herkules zugeführet / und von ihm gnädig angenommen wurden. Die Feindes-Pferde wurden alle nach der Stad getrieben / da sie als eine freye Beute solten ausgeteilet werden; welches bald geschahe / da jedem Reuter und Fußknecht / auch jedem Bürger ein Pferd mit allem Zubehör gegeben ward / nachdem die Befehlichshaber zuvor 6000 der besten ausgelesen hatten / von welchen Herkules 800 / [901] Bubazes 200 /und Gallus 200 wider ihren Willen nehmen musten. Es hatte an unser Seite wenig Blut gekostet; Herkules missete 60 Mann / Gallus 120 / und Bubazes 125. Die ganze Menge der Gefangenen (welche alle ansehnliche starke Mäñer / und der Kern der Parthischen Reuterey warẽ) wurden von 1500 Fußknechten uñ 2000 Reutern bewachet / dz man hätte sagen mögen /die Mäñer in grosser Anzahl wären von wenig Kindern gefangen / welches auch den Parthẽ so wehe taht / dz etliche Befehlichshaber unter ihnẽ sich selbst entleibetẽ; Insgemein aber rieffẽ sie / es müste Bagophanes verflucht seyn / dz er sich unterwundẽ hätte /etwas zuleisten / dazu er allerdinge ungeschikt wäre; Herkules selbst trug mitleiden mit ihnẽ / ritte zu ihnen hin / uñ redete sie also an: Ihr redliche Soldaten / dz besser sey / ein Löue zum Führer / und Hasen zu Kriegsknechten / als ein Hase zum Führer uñ Löuen zu Kriegsknechten / solches habt ihr heut mit eurem schaden erfahren müssen; ich vor mein Häupt zweifele nit / dz viel unter euch gefunden werden / welche düchtiger gewest währen zu befehlen / als euer Feld Herr zugehorsamen / aber ihr müsset mit dem Glückesfalle zu frieden seyn / und danket Gott / daß ihr nicht meinem Bruder und Oheim Könige Ladisla /sondern mir in die Hände gefallen seid / als der ich willens bin / dergestalt mit euch zu handeln / daß ihr mein gutes Herz und mitleiden in der Taht spüren sollet. Die Gefangene tahten alle einen Fußfal / aber keiner unter ihnen wolte ein Wort reden / aus Furcht / sie möchten bey ihrem Könige als meinäidige angetragen werden / und ließ ihnen Herkules Brod und Wasser zur Labung mitteilen; er erfuhr aber ohngefehr / daß noch 2000 Parthische Reuter zurük währen / denen er einen geherzeten Persischen Obristen nahmens Bahysthenes mit 3500 Pferden entgegen gehen ließ / welche sie nach verlauff drey Stunden antraffen / und als ermüdete leicht überwältigten / so daß sie deren 600 erschlugen / und 1400 mit sich gefangen führeten / jedoch auch 240 einbüsseten. Herkules ritte mit Bagophanes uñ Bubazes nach seiner Herberge / da Gallus die Gefangene Jungfer an ihrem Zelter nachführen muste / hinter welcher der gefangene Wirt ritte; unterweges sagete Herkules zu Bagophanes: Mein / wie habt ihr euch können bereden / eine Feldherrschaft über euch zunehmen / worzu ihr meines erachtens nicht wol unterrichtet seid; es wuste ja euer König /daß Valikules sich seiner Haut zimlich erwehren kan; doch was meinet ihr? wann Artabanus mich oder die meinen dereins in seine Gewalt bekommen solte; würde er mir auch die Gnade wiederfahren lassen / die ich euch und meinen Gefangenen erzeige? Diesem guten Herrn lag annoch seine Hoffmeisterschaft im Sinne / und antwortete mit wenigen; Das Glük währe Kugelrund / und sein König der mächtigste Herr der Welt / nicht anders als ein gäher Berg zu schätzen / in desser Tahle eine Werfkugel zwar etliche Halme einknicken / aber den Berg nicht hinauff rollen / viel weniger denselben umbwerffen könte; doch wie dem allen / so wüste sein König auch Gnade zuerzeigen /wie ers selbst in der Taht erfahren hätte; und weil dessen Hocheit ihm die Feldhauptmanschaft auffgetragen / hätte er gehorsamen müssen. Herkules wolte ihm diesen groben Streich zu gute halten / und antwortete; Ja / ich als Valikules weis etwas von eures Königes Gnade / aber nicht als Fürst Herkules / sondern hier erkeñe ich ihn nicht anders als einen gräulichen Wũterich / daher ich mich bemühen werde / ob seiner unbilligen Gewalt die Seulen nicht in etwas können erschüttert werden. Meinet ihr aber / Artabanus sitze über Glückesfal? Ey das Wiedrige [902] habt ihr ja schon erfahren / in dem ich Einsamer ihm seinen allerliebsten Schaz / dessen er unwirdig wahr / entführet habe. Unwirdig? sagete Bagophanes / der allermächtigste Beherscher dieser grossen Morgenländer? ey lieber /man verschone doch der höchsten Königlichen Wirde / damit nicht dereins gar zu schwere Busse darauff erfolgen müsse. Herkules hätte der Troz schier verdrossen / und sagete: So dürffet ihr mir noch wol dräuen? oder meinet ihr / der elende Valikules reite neben euch daher? könnet ihr meine Gnade nicht ertragen /so trauet mir / ich habe auch gelernet / scharf und ungnädig zu seyn. Ob nun gleich euer König ein grosser Wüterich ist / daß sichtet mich wenig an / ich werde aber die Mühe nehmen / ihn seiner gedräueten Ruhten gereuen zu machen; und versichert euch / daß wann ihr in meines Bruders / Königes Ladisla Gewalt währet / müstet ihr die Ruhten ja so wol als Madates /schmecken / und fehlet gar wenig / ich dürfte euch ihm zu schicken. Dieser begriff sich hiedurch / baht umb vergebung und Gnade / und erboht sich zu untertähnigem Gehorsam. Die Zeittung des Sieges durffte man dem Fräulein nicht bringen / dañ sie hatte auff der stärkesten Zinnen alles selbst angesehen / wahr auch schon vor der Schlacht von Bubazes angeordnet / daß der GroßFürstliche Hoff geöffnet / und Herkules eingeräumet würde; dahin sich das Fräulein bald nach erhaltener Schlacht begab / und auff einem herlichen Gemache ihren Herkules in Bagophanes Gegenwart mit einem lieblichen umbfahen / und anmuhtigem Kusse empfing / zu ihm sagend: Durchl. Herr Oheim und Bruder / wegen glüklicher überwindung eurer unversehenen Feinde / wünsche euer Liebe ich Glük /und bitte Gott von Herzen / Er wolle euren Waffen wieder allen unsern Feinden / stärke uñ Sieg geben /daß sie nach erlangetem Preiß und Ehre euch gesund uñ frisch wieder in euer GroßFürstentuhm geleiten. Aber mein Bagophanes / ich trage dannoch Mitleiden mit eurem Unfall / worin euch die lautere Unvernunft gestürzet hat / in dem ihr die von mir gesezte Bedingung / mich mit dem Schwerte zugewinnen / zur unglüklichen Stunde vorgenommen habet / da ihr etliche tausend Seelen drüber auffgeopffert / und aus einem freien Herren zum gefangenen Knechte worden seid. Ich wil aber den Durchl. GroßFürsten euretwegen bitlich anlangen / daß ihr mein Gefangener seyn möget /da ich dann in der Taht erzeigen wil / wie gewogen ich eurem Könige und allen seinen Leuten bin. Nicht allein Bagophanes / sagete Herkules / sondern 1000 Gefangene sollen euer Liebe geschenket seyn / doch habe ich noch ein ander par Gefangener im Pusche erhaschet / welches ich einliefern werde; hieß darauff Gallus / die Jungfer und den Wirt herein zuführen. So bald Valiska ihre geliebete Kleofis erblickete / trat sie ihr freundlich entgegen / umbfing sie / da sie niederknien wolte / und sagete: O meine liebe und angenehme Freundin / was vor gutes Glük hat euch hieher geführet? kommet ihr vielleicht auch / mich wieder zu hohlen? gewißlich habe ich umb verzeihung zu bitten / daß ich mein geliebtes Frauenzimmer / welches mir bißdaher Geselschaft geleistet / unbegrüsset verlassen; sie werden mich aber nach ihrer Gewogenheit entschuldigen / in betrachtung / daß die anzeigung meines Abzuges mein Vorhaben gar zu Wasser hätte machen dürffen. Aber lieber saget mir / ist auch einiges unschuldiges Blut / meiner Flucht wegen vergossen? und wie gehets doch meiner Sysigambis / die ausser zweiffel bey andern in grossem Verdacht stehet; aber ich schwöre bey dem wahren Gott daß vor meinem Abzuge sie eben so wenig von meiner Flucht /als der König selbst gewust [903] hat. Kleofis wolte niderknien / und umb Gnade und Schuz bitten / aber das Fräulein wehrete ihr solches / und sagete: Ich gebe euch / liebe Freundin / eben so hohe Versicherung /als ich selbst habe; fassete sie bey der Hand / und führete sie in ein Nebengemach / daselbst zu ihr sagend; Herzen Freundin / lieber saget mir / wie gefält euch mein Oheim / GroßFürst Herkules? Ach mein gnädigstes Fräulein / antwortete sie / ich gläube nimmermehr / daß seines und eures gleichen in aller Welt lebe /wolte ihn auch lieber vor einen Engel als Menschen ehren. O nein / sagte das Fräulein / er ist freilich ein Mensch; aber woltet ihr mir auch rahten / daß ich ihn umb Artabanus vertauschen solte? sehet / dieser unvergleichliche Held ist schon drey Jahr mein verlobter Bräutigam; ja er ist eben der euch bekante Valikules /der mit einer angestrichenen Farbe sich unkentlich machen kan; und was meinet ihr / wie meinem Herzen muß zu muhte gewesen seyn / da ich ihm entrissen /mich dem ungestalten und unflätigen Artabanus gönnen solte? Gnädigstes Fräulein / antwortete Kleofis; eure Durchl. behalten ja was sie haben / und gehen nimmermehr solchen ungleichen Tausch ein; zwar der König hat mich bloß zu dem Ende hergesant / daß eurer Gn. ich nicht allein auff dem Rükwege untertähnigst auffwarten / sondern dieselbe auch bereden solte / wieder mit umbzukehren / wovon ich aber kein Wort zuverlieren willens bin / möchte nur von Herzen wünschen / daß eure Durchl. sich meiner gnädigst erbarmen / und in ihre Dienste vor ihre Leibmagd mich auffnehmen wolte / damit ich dem unzüchtigen Könige mich nicht wieder stellen dürffe / vor dem ich /dem Himmel sey Dank / meine Keuscheit bißher erhalten habe. Meinet ihr / sagte Valiska / daß ich euch lassen werde / nachdem ihr mit dem Schwerte gewonnen / und ohn daß mir die Liebste meines ganzen Frauenzimmers seid? Ich wil euch nach Wirdigkeit versorgen / und köstlich verheyrahten; ob euch dann gleich euer Väterliches Erbe in Parthen zu rücke bleiben solte / wird sich der Brautschaz doch wol findẽ. Nach dem uns aber Obrister Bubazes zur Mahlzeit gebehten / und es schon zimlich spät ist / wollen wir uns nicht länger auffhalten. Gallus trat gleich zu ihnen hinein / mit vermelden / der GroßFürst währe mit Bagophanes schon hingeritten / und wartete die Gutsche im Vorhofe ihrer Ankunft. Also fuhr sie mit ihrer Kleofis hin / und wurden von Bubazes höflich empfangen. Beydem Essen ging mannicherley Gespräch vor / da unter andern sie auff der Fräulein Flucht zu reden kahmen / und sie alles erzählete / was gestalt sie ihre Hoffmeisterin hintergangen / und mit der Krämerey ihr die Blendung gemacht / daß sie Freiheit bekommen / in angestrichener Farbe davon zuscheiden. Worauff Bagophanes anzeigete / wie man die Hoffmeisterin in schwerem Verdacht hätte / ungeachtet sie sich mit einem Schreiben vor ihrem Abscheide höchlich entschuldiget; hätte auch ohn alle Gnade eines schmählichen Todes sterben müssen / da sie sich durch die Flucht nicht gerettet hätte. Valiska freuete sich sehr / daß sie davon kommen wahr / und muste Kleofis alles nach der Ordnung erzählen / wie es anfangs mit ihrer Krämerey / hernach mit der Fräulein Nachsuchung / und mit Artabanus Kummer ergangen; welches Bagophanes mit grossem Verdrus anhörete /und ihr durch Winken zuverstehen gab / sich in erzählung des lezten Stückes zu mässigen; welches sie aber nicht merken wolte. Valiska fragete sie / ob sie auch die beyden Krämerinnen noch kennen wolte / wañ sie zugegen währen; Und als sie solches bejahete / sagte sie weiter; Ey so schauet mir diese beyden Auffwarter etwas genauer an; [904] ja bey meiner Träue / antwortete sie / eben diese sind es / und hatte diese / auff Ochus zeigend / sehr grosse Brüste / wie eine Säugemutter. Dieser antwortete; ja hoch ädle Jungfer / selbige meine Brüste hätte ich gerne behalten / aber weil sie mit kräfftigem Laabwasser angefüllet wahren / schnitte mein Wirt zu Charas sie mir gar abe / einwendend /es müste sein König in seiner Ohmacht dadurch erquicket werden. Euer ädlen Tugend aber gebe ich den Ruhm / daß sie am frischesten gekaufft / und mir das meiste Geld gegönnet hat / welches ich auch schon an andere Waaren gelegt / nehmlich an lauter Bodem-lose Körbe und Brillen / mit welchen ich ehist nach Charas reisen / und sie König Artabanus feil bieten wil. Dieser Spott schnitte Bagophanes durch die Seele / insonderheit / als er Herkules und Kleofis darüber lachen sahe / und Valiska es nur mit einem leichten Schimpff beantwortete. Deswegen er / seinen König zuvertreten / zu Ochus sagete: Als ich ein Auffwarter wahr / muste ich höflicher von grossen Königen reden. Und als ich ein Feld Herr wahr / antwortete dieser / muste ich meinen Reutern die Pferde nicht selbst nehmen / sondern warten / biß sie von den Feinden herunter geschlagen würden. Alle anwesende fingen an hefftig zulachen / ohn Herkules mässigte sich / und sagte zu Bagophanes: Verzeihet mir / daß ich diesem meinen sehr lieben Diener nicht einrede /weil er durch seine Träue mich ihm zu hoch verbunden hat; Aber Ochus / der hinter Herkules stund / küssete denselben den Ermel in tieffer untertähnigkeit /und sagete: Durchl. GroßFürst / gnädigster Herr; ich bin allerdinge unfähig / solcher hohen Gnade / vor welche ohn fehlen Euer Durchl. ich Leib und Leben schuldig bin; Gebt euch zufrieden / mein Ochus / antwortete Herkules / was euch von mir versprochen ist /sol euch redlich gehalten werden. Unter dieser Beredung erhohlete sich Bagophanes / daß er alles unbeantwortet gehen ließ / fing auch an / aus vielen Merkzeichen abzunehmen / daß viel eine vertraulichere Freundschaft zwischen Herkules und dem Fräulein war / als die aus Verwandniß herrühret / daher sahe er nicht / wie seinem Könige würde zuhelffen seyn / welcher vor Liebeswuht nicht zubleiben wuste; doch ließ er sich des zweifels nicht merken / sondern als die Gelegenheit es gab / baht er das Fräulein / ihm die Gnade zuerzeigen / daß er nach seinem Könige zihen / und ihm allen Verlauff hinterbringen könte / wobey er noch die Frage hinan henkete / ob Ihrer Gn. nicht beliebete / an seinen König eine schrifftliche Erklärung auffzusetzen; Welches sie ihm höflich abschlug /mit vorwenden / einem Fräulein müste zur Leichtsinnigkeit ausgelegt werden / die in Heyrahtsachen die Feder gebrauchete / ehe und bevor sie durch ihre Eltern oder Anverwanten einem Bräutigam zugesagt währe; seine Erlassung betreffend / solte er gar keinen Zweifel haben. Er bedankete sich wegen dieser Gnade / und hielt noch weiter an um einen schriftlichẽ Schein / damit er bezeugen könte / Ihre Gn. gesprochen zuhaben. Sie wuste nicht / wie sie ihm dieses abschlagen solte / endlich sagete sie: Eurem Könige zuschreiben /könte ich mich noch endlich finden lassen; nachdem ich ihm aber niemahls als bey Frauenzimmer Briefe zugeschicket / bin ich gar nicht willens / solche Gewohnheit zu endern. So könte es / sagte er / bey Jungfer Kleofis sehr wol geschehen; Aber sie antwortete ihm: Meynet ihr dann / daß ich diese meine liebwerte Jungfer von mir lassen werde? Nein / nein / mein Freund / hätte ich mein ganzes Frauenzimmer bey mir / wolte ich sie nicht allein der Furcht künfftiger Schande benehmen / sondern sie durch adeliche Aussteur zu Ehren bringen / dañ ich weiß / [905] daß sie an ihrer Jungfrauschafft unverletzet sind. Bagophanes meynete / es würde Kleofis solches erbieten nicht annehmen; als er aber hörete / wie höchlich sie vor diese Gnade sich bedankete / und ihre jetzige Gefängniß vor ihr höchstes Glük rechnete / währe ihn fast vor leide geschwunden / dann er hatte sich in sie hefftig verliebet / und wahr willens / weil er ein Witwer wahr / sie zuheyrahten; hatte auch auff dieser Reise schon häuffige Ansuchung bey ihr getahn / aber keine genehme Antwort erlangen / noch sie zu seiner Liebe bewägen mögen; nur hoffete er / sie von dem Könige zuerbitten / wo nicht alsbald / aufs wenigste / wañ sie demselben eine zeitlang würde beygewohnet haben. Aber sie wahr einem andern in reiner Jungfrauschafft versehen; dann Bubazes bekam so inbrünstige Liebe über der Mahlzeit zu ihr (wie sie dann der schönsten adelichen Jungfern aus ganz Parthen eine / und ohngefehr von 17 Jahren wahr) daß er kein Auge von ihr abwenden kunte / dessen Valiska bald wahr nam /und ihr nicht übel gefiel / auch bald nach der Mahlzeit sie also anredete: Liebe Freundin / dafern ich nicht irre / hat Bubazes euch schon in sein Herz eingeschlossen / als der noch unverheyrahtet / und ein tapfferer Persischer Obrister von gutem Adel ist; da ich nun wissen solte / daß er euch gefiele / wolte ich dieser Heyraht schon raht schaffen. Kleofis erröhtete von Scham / und antwortete: Sie könte nicht gläuben / daß so ein vornehmer Obrister nach einer Gefangenen sich umsehen / geschweige / einige Liebe auff sie werffen solte; doch wann es ihr so gut werden könte / hätte sie es bloß ihrer Gn. zudanken. Lasset mich nur machen /antwortete sie / und soltet ihr einige Ansprach von ihm haben / so weiset ihn an mich / ich wil es schon zukarten wissen / daß es recht wird. Nach abgetragenen Speisen ward ein Tanz gehalten / da das vornehmste adeliche Frauenzimmer der Stad / und die sonst hinein geflöhet / anwesend wahren. Herkules aber ritte mit Bagophanes und Bubazes hinaus zu den Gefangenen / welche sich in 12 gleiche Schaaren setzen / und mit Würffeln spielen musten / welche Schaar dem Fräulein zufallen würde / und wahren die leztgefangene noch nit angelanget. Nach geendigtem spielen redete Herkules sie also an: Die / welche die meisten Augen geworffen / sind dem Durchl. Königl. Fräulein von mir geschenket / welche nebest ihrem Feld Herrn Bagophanes frey nach Hause zihen mögen / und ob gleich die andern mit mir biß nach Persepolis reisen müssen / sollen sie doch in der Taht erfahren /daß auch daselbst meine Gnade noch gültig sey. Die freygegebene bedanketẽ sich mit einem Fußfalle / zeigeten aber an / sie wolten lieber allein / als mit ihrem gewesenen unverständigen Feldherrn fortzihen / damit sie nicht aus Eifer und Rachgier sich an ihn vergrieffen; womit Herkules friedlich wahr / aber Bagophanes in sich selber grießgramete. Es musten jedoch diese freygegebene mit ihrem Auffbruch biß des folgenden Morgens verziehen / und ritte Herkules mit seiner Geselschafft wieder nach der Gästerey / woselbst der Tanz noch anhielt / und Valiska zu ihrem Herkules sagete: Mein Schatz / wie lange wird es nun wol seyn / als wir den lezten Tanz mit einander auff dem Prager Schlosse hielten / und die Fũsse mir ihr gebührliches Amt schier versaget hätten / weil mein kindliches Herz gar zu stränge belauffen war? Mein Seelichen /antwortete er / ich habe sider dem keinen Tanz geführet / daß dieser unser lezter mir nicht zu Sinne gestiegen währe. Ich wolte aber hoffen / sagte sie / es besser zumachen / da mir das Glük meinen Liebsten zum Tanze brächte. Darzu bedürffen wir keines sonderlichen Glückes / antwortete er; nam sie bey der Hand /und fing in Stiefel uñ Sporn [906] den zierlichsten Tanz mit ihr an / daß die anwesende bekenneten / in allen Morgenländern wäre desgleichen nie gesehen. Aber O wie verriet sich hieselbst ihre vertrauliche Liebe; wañ Herkules im begegnen ihr die Hände küssete / und sie ihm hinwieder nicht geringere Zeichẽ der Dankbarkeit sehen ließ. Nach dieses Endigung bestellete Valiska einen neuen / nam ihre Kleofis auff / und führete sie Bubazes mit diesen Worten zu: Herr Obrister / ich werde euch diese meine Jungfer zum Tanze liefern /deren Tugend und Frömmigkeit neben angebohrnem Adel noch wol eines ädlen Tänzers werd ist. Der verliebete Mensch hatte nichts mehr gewünschet / als durch Tanzes-gelegenheit mit ihr zusprachen / welches er dißmahl nicht verabseumen wolte / sondern nach geendigtem Tanze zu ihr sagete: Hochädle Jungfer / wann das Glük mich dereins so hoch beseligen wolte / daß von ihrer Vortreffligkeit ich vor ihren Ritter und Diener könte auffgenommen werden / würde ich den heutigen Tag / als den ersten ihrer gewünscheten Kundschafft / den Anfang meines wolergehens setzen / nicht daß aus Verwägenheit ich mich dieses Glüks wirdig schätze / sondern bloß ihrer guten Gunst müste ichs zulegen / dafern dieses mein hochbegieriges ansuchen stat und raum finden würde. Kleofis antwortete ihm: Gestränger Herr Obrister / ich eine arme gefangene / und verlassenes Wäyselein /bin nicht fähig / von einem solchen Ritter dergleichẽ Reden anzuhören / in Betrachtung / daß wenig gefunden werden / die anderer Leute Unglük in so traurigen fällen zubeherzigen pflegen; nicht / daß meinen Herrn ich unter diese eben mit zählen wolte / sondern meines Unfalls mich erinnernd / muß ich mich standhafftig darzu bereiten / wann der gemeine Weltbrauch mich auch treffen solte; Wann aber einiges Mitleiden über mein Elend bey dem Herrn Obristen sich merken lässet / muß ich dessen mich billich hoch bedanken /demũhtig bittend / in ehrliebender Gewogenheit fortzufahren; sonst zweifele ich nicht / mein Herr rede mit mir / als mit einer Hochädlen Jungfer des GroßFürstl. Persichen Frauezimmers / deren Stelle mit gebührlicher Antwort / weil sie mir unbekant ist / ich nicht vertreten kan. Hochädle Jungfer / wieder antwortete er; ich bitte dienstlich / mich solches Verdachts freundlichst zuerlassen / als ob mein Mund an einem Orte redete / uñ das Herz am andern liebete; sondern eure Hochädle Tugend / welche der Seelen prächtigste Schönheit ist / hat meine Leibes-Augen kühn gemacht / den treflichen Glanz der ihren zubetrachten / wodurch mein Herz dermassen eingenommen / und zu ihrem Dienste gezwungen ist / daß / da deren Gegenneigung zuerhalten ich fehlen werde / ich mich billich vor den unglükseligsten Menschẽ halten muß. Wolle demnach meine hochgeehrte Freundin meine Worte nicht auff den dritten zihen / sondern sich teur versichern / daß einzig sie allein ist / deren mich als eigen zuergeben / ich höchst wünsche / wann nur meine Unwirdigkeit mir den Weg zu ihrer Gewogenheit nicht verlegen möchte / als an deren vollkommene Tugend ich nicht reichen kan. Ach mein Herr / antwortete sie /ich weiß gar keine Vollkommenheit an mir / als des Unglüks; hat nun dasselbe meines Herrn mitleiden erwecket / erkenne ichs billich mit dankschuldigem Herzen; ein mehres zumelden / wil Jungfräuliche Zucht und Blödigkeit nicht zulassen; so bin ich auch meiner selbst nicht mächtig / sondern unter meiner Durchl. Fräulein Gewalt / als die mir völlig zubefehlen hat; was nun dieselbe mit mir schaffet / muß mir billich angenehm seyn. Bubazes fassete hieraus gute Hoffnung / wolte doch des gewissern spielen / und fragete / ob ihm dann könte erlåubet seyn / bey dem Fräulein [907] Ansuchung zutuhn / und sie ihm bey derselben nicht zuwider seyn wolte; welches sie nit zubeantworten wuste / erklärete sich endlich also: Es müste mir billich zur grossen Unhöfligkeit ausgelegt werden / wann dem Herrn Obristen mit dem Durchl. Fräulein nach belieben zureden / ich Einsperrung machen wolte / nachdemmal er dieses orts aus GroßFürstl. Persischer Gewalt zuordnen und zuschaffen hat. Bagophanes saß nicht weit von ihnen / kunte auch etliche Worte / aber doch ihrer Rede Inhalt und Meynung nit verstehen / doch sahe er aus ihren Geberden und der Jungfer Verenderung / daß Bubazes umb Liebe ansuchung taht / welches ihm sein Herz im Leibe bluten machete; Dann weil dieser ein junger frischer Ritter / er aber schon ũber 54 Jahr war / machte er ihm bald die Rechnung / er wůrde zum Korbträger gedeyen. Das Fräulein gab insonderheit acht auff sie /wuste doch wol / dz der Schluß durch sie muste gemacht werden / daher sagete sie zu ihrem Herkules: Gilt mein Schatz / wo ich nicht noch heut meine Kleofis verheyrahten werde. Sie wolte mehr sagen /aber Bubazes Leibknabe trat zu ihr / vorbringend /Ihre Durchl. würde von seinem Obristen untertähnigst auff ein kurzes Gespräch in das NebenGemach erbehten; dem sie auff dem Fusse nachfolgete / woselbst er nach gebehtener Verzeihung diese Worte hervor suchete: Durchl. Fräulein; wann Liebe und Scham zugleich an einem Joche zihen könten / würde ich nimmermehr die Künheit nehmen / Eurer Durchl. untertähnigst anzuzeigen / was massen meine Geister sich dergestalt in die ädle Jungfer Kleofis eingesenket haben / dz mir unmöglich ist / diese Flammen länger zuverbergen; Ich sehe aber auff Ehre / die sich in ehelicher Träue gründet / dafern durch Eurer Durchl. gnädigste Befoderung mirs so gut werden könte / wovor derselben zeit meines Lebens biß in den Tod mich verpflichtet zu seyn erkennen müste. Herr Bubazes /antwortete sie; da euch Gott eine züchtige und fromme / mag auch wol sagen / eine schöne ädle Jungfer versehen hat / würde sie euch an dieser redlich gehalten werden; Ihres gleichen habe ich in meinem ganzen Frauenzimmer nicht gehabt / und muß sie Gott ja sonderlich zu eurem und ihrem Glük hieher gefand haben. Da euch nun eheliche Liebe zu dieser Anwerbung treibet / wie ich gar nicht zweifeln wil / dann sol sie euch unversaget seyn / und wird sie verhoffentlich auff mein Begehren sich nicht wegern / einem solchen Obristen ihr Herz zuergeben; Drumb so stellet es nur in meine Hand / ich wil es schon einrichten / daß ihr beyderseits in kurzem vergnũget werdet; nur seyd vor dißmahl unbeschweret / einen kurzen Abtrit zunehmen / und die Jungfer zu mir herfodern zulassen. Bubazes / nach hoher Danksagung / ging wolgesinnet hin / setzete sich zu seiner Liebesten / und wolte ihr der Fräulein begehren selbst anmelden / baht anfangs / seine auffrichtige Liebe zu erkennen / und der Fräulein Willen nicht zuwiderstreben / nachdem dieselbe ihm völlige Zusage / biß an ihre Bewilligung getahn hätte; Worauff sie antwortete: Mein Herr / weil aus seinen Reden und beginnen ich satsam spüre / daß seine Liebesansuchung auf Ehre gebauet ist / wil ich sein geträues Herz auf solche weise gerne und willig annehmen / und ihm versprechen / daß alle meine Gedanken einig nach seinem Willen sollen gerichtet seyn; jedoch / wañ er mich zuvor durch redliche Zusage versichern wird / daß meine jetzige Armut / und daß ich in des unkeuschen Königes Frauenzimmer auffgenommen bin / er mir nimmermehr auffrücken wil / nachdem ich äidlich beteuren kan / daß an meiner Keuscheit Ehr ich allerdinge unverlezt blieben /massen ich desselben Tages nach Charas gehohlet worden / da mein Gn. [908] Fräulein daselbst angelanget ist / und ich alsbald auff ihrem Zimmer auffwarten / und stets verharren müssen. Bubazes versprach solches geträulich / und meldete ihr darauff an / daß das Fräulein sie absonderlich zusprechen begehrete / sahe auch / daß Bagophanes gleich aufstund / und ungefodert zu dem Fräulein in das NebenGemach ging; dessen Kleofis lachete / und zu Bubazes sagete: Gilt mein Herr / unser Hofmeister wird unsers vorhabens durch äusserliche Zeichen inne worden seyn / und sich unterstehen / Einsperrung zumachen / nachdem ich mich wol erinnere / wie überlästig er mir die ganze Reise über / mit seinem ungenehmen ansuchen gewesen ist; aber ich bitte sehr / mein Herr wolle sich dadurch nicht bewägen lassen / umb allerhand Unruhe zuvermeiden; ich wil mit zutuhn meiner Gn. Fräulein ihn schon wissen abzuspeisen / dafern er dessen ichtwas sich wird verlauten lassen. Ich habe nicht riechen können / antwortete er / warumb dieser Haberstolz mich etliche mahl so unwürsch angesehen / weil ich in den Gedanken stund / er würde seinen Anteil schon haben; nachdem nun meine hochwerte Jungfer mich aller Furcht selber benehmen wil (welches ich äusserst zuerkennen schuldig) gebe ich mich gerne zufrieden / könte auch nicht schaden / ob ihm gleich eine zimliche Nase angedrehet würde / damit er gewitziget / sich zu seines gleichen halten lerne. Also ward dieses Unglüklich-verliebeten gespottet; welcher / so bald er zu dem Fräulein kam / nicht ohne ihre Verwirrung sich vor ihr auf die Knie legete / und also anfing: Durchl. Fräulein / ob wol mein König das selige Glük nit haben mag / durch ihre unvergleichliche Schönheit in der Liebe vergnüget zuwerden / und ich deswegen nicht allein vergebliche Ansuchung getahn /sondern so manniche geherzte Seele umsonst aufgeopffert / so getröste mich dannoch untertähnigst / Ihre Durchl. angesehen der mir schon erteileten hochmilden Gnade / werde mein Verderben abzukehren / und ohn ihren Schaden oder Nachteil mir zu meinem besten gnädigste Befoderung zutuhn / sich nicht wegern / wovor zeit meines Lebens derselben mich äusserst verbinde. Ich lebe eure Freundin / antwortete sie /deswegen stehet auf / uñ lasset mich wissen / worin ich euch dienen kan; dann sollet ihr erfahren / dz ich geneigt bin / eure wolfahrt fortzusetzẽ. Nun dañ /sagte er / so habe ich meinẽ wunsch schon erhaltẽ /welcher hierin bestehet / dz Eure Durchl. meine in Ehrẽ höchstgeliebte Jungfer Kleofis nit aufhalte /sond'n gnädigst mit mir zihen lasse / weil derselbẽ ich mein Herz zu ehelicher Träue ergebẽ uñ eigen gemacht habe. Das Fräulein hätte ihr versprechen gerne zurük gezogẽ / oder aufs wenigste bedinget / begriff sich doch bald / uñ gab ihm zur Antwort: Stehet es also um euch uñ meine Kleofis / müste mirs trauen leid seyn / das ich ihr dieses Glük hindern solte / dann ich habe in Warheit nicht daß geringste von eurer verborgenen Liebe gewust / und nimt mich wunder / daß sie mir solches so gar verschweiget; damit ich nun bey euch nicht in Verdacht gerahte / als wolte ich einsperrung machen / wil ich sie alsbald zu mir fodern lassen / und in euer Gegenwart mit ihr reden. Dieser hielt seine Heyraht nunmehr vor geschlossen / wahr auch schon bedacht / wie artig er den Bubazes auffzihen / und seine eingebildete Liebe verhöhnen wolte; ging hin / und foderte die Jungfer mit diesen Worten von seiner Seite auf: Hochädle vertrauete Freundin /das Durchl. Fräulein begehret sie zu sprechen / und unsere Glükseligkeit zu volzihen / wie schiele Augen es gleich geben möchte. Unsere Glükseligkeit? antwortete sie mit einem züchtigen Lachẽ; ja ich wil gerne hingehen / uñ meiner Gn. Fräulein Befehl vernehmen; aber es ist gar zu viel / daß mein Herr die Mühe / mich zu fodern / [909] auff sich nimt / welches mir von einem Diener hätte können angedeutet werden; sagete hernach zu Bubazes: Mein Herr Obrister verzeihe mir / daß ich kurzen Abtrit zu nehmen befehlichet werde / und ging mit Bagophanes nicht ohn Gemühts- verwirrung hin. So bald sie ins Gemach trat /sagte das Fräulein zu ihr: Meine Freundin / warumb habe ich nicht wissen dürffen / das euer Glük euch so nahe ist / und ihr mit Herr Bagophanes in ehelicher versprechung stehet / welche zuverhindern oder auffzuheben / ich keines Weges gemeinet bin. Gnädigstes Fräulein / antwortete sie / eure Durchl. werden gnädigstes belieben tragen / Herren Bagophanes und mich ein wenig schamroht zu machen / sonst wüste ich mich durchaus nicht zu entsinnen / daß ich mit demselben mich weiter solte eingelassen haben / als mit dem Römischen Käyser / den ich niemahls gesehen; zwar ich gestehe gerne / daß Herr Bagophanes auff der Reise zur kurzweil sich eines und anders verlauten lassen / und mir zuerkennen geben / wie artig er ehmahls mit dem Frauenzimmer schwätzen köñen /welche er auffs Eiß leiten wollen / welches in ansehung seines Standes ich ihm gerne ũbersehen habe /auch meistenteils unbeantwortet vorbey streichen lassen / weil mirs umb seine stellung nicht zu tuhn wahr / und ich seinen Scherz wol verstehen kunte; daß ich aber demselben einige Zusage getahn / oder nur ein Zeichen der Einwilligung / da es sein Ernst möchte gewesen seyn / sehen lassen / wird mir in alle Ewigkeit kein Mensch überbringen; bitte demnach untertähnigst / eure Durchl. wolle nicht auff mich zürnen /noch einige Ungewogenheit mir zulegen / daß Jungfräuliche Scham mich abgehalten / ihrer Durchl. dessen ichtwas zuvermelden / und wundert mich höchlich / wie mein Gn. Fräulein dessen inne worden ist. So höre ich wol / sagte Valiska zu Bagophanes / ihr habt euch zwar einẽ Zweg vorgestekt / auch darnach geschossen / aber ihn beyweitem noch nicht erreicht. Dieser kehrete sich zu Kleofis mit diesen bewäglichen Worten; Ach meine hochwerte Freundin / wie kan ein so steinern Herz in dieser zarten Brust Herberge haben? das mein inbrünstiges vielfältiges Ansuchen noch vor eine scherzhafte Verstellung muß außgedeutet werden; erinnert sich meine herzgeliebete nicht /mit was teurer Verschwörung ich ihr verheissen / sie zur gebietenden Frauen über alle meine Güter / ja über mich selbst zu machen? auch sie nicht zu berühren / biß unsere Ehe von Königl. Hocheit selbst gewilliget uñ gut geheissen sey? nehmet bitte ich / mein ergebenes Herzwillig auff / und beseliget mich mit genehmer Antwort / sonst werde ich vor meiner Ankunft zu Charas in meinen Begierden verschmachten. Herr Hoffmeister / antwortete sie / daß ihr mir wol gewogen seid / weiß ich euch grossen Dank; euer übriges Begehren / wie ihr wisset / und ich auff der Reise euch bestendig außgesagt / ist mir gar nicht annehmlich / dessen Ursach ich nunmehr zu melden Freyheit habe / als nehmlich / daß ich nicht gesinnet bin / mich von meinem Gn. Fräulein scheiden zu lassen / sondern derselben gehorsamst auffzuwarten; so habe ich überdas ein Gelübde getahn / mit meinem Willen mich nimmermehr an einen Witwer zubefreien / der aus voriger Ehe Kinder gezeuget / weil dieselben ihren Stiefmüttern selten gewogen sind / und zu vielfältigen Unwillen Ursach geben; und wann dieses gleich nicht währe / wisset ihr ja nicht / ob euer König mich euch gönnen wolte; müsset also dessen bewilligung vor erst suchen / und hernach umb mich werben; doch könte der König so lange bedenkzeit nehmen / dz ich alt und heßlich drüber würde / und ihr alsdann mein nicht begehretet / so währe ich armes Kind am ärgesten [910] dran. Mein allerschönstes Liebchen / antwortete er; unser allerseits Gn. Fräulein / wird eures Dienstes euch gnädig erlassen / woran mir nicht zweifelt; meine Kinder sollen ihr nicht eins ins Gesicht kommen / sondern von ihrer Mutter Schwester erzogen werden / uñ wil ich meines allergnädigsten Königes Willen gar leicht erhalten / wolte auch unsere vermählung biß dahin gerne auffschieben / wann ich nicht zubefahren hätte / es möchten mir inzwischen andere einen Stein in den Weg werffen / und diesen werten Schaz hinreissen / massen ich schon heut erfahren / daß mehr Leute sind die Augen haben /und ungefälscheter Schönheit Urteiler sind. So höre ich wol / antwortete sie / ihr eifert schon wieder mich / und mißgönnet mir / mit andern zu reden; ey daß wird noch lange nicht mich zu euer Liebe bringen; aber schlaget diese Furcht aus dem Herzen; Kleofis ist so geringer Schönheit / daß wer sie bey Tage sihet / ihrer zur Liebe nicht begehren wird; jedoch / dafern Glük oder Unglük mich euch versehen hätte / alsdann könte solches niemand hindern / dann wer wolte des Himmels Schluß brechen? Ob gleich weder ihr noch ich einigen verfang absehen können. Aber die Götter behũten mich ja / daß leibliche Kinder meinetwegen ihres Vaters Gegenwart nicht beraubet werden; Und Herr Hoffmeister / was sol ich mir aus diesem eurem Erbieten gutes versprechen? muß ich nicht fürchten /daß nach meinem Tode / der in wenig Jahren sich zutragen könte / meine Kinder auch mũsten verstossen seyn / und ihrer künftigen Stieffmutter weichen? So lasset nun ab / bitte ich / mein zubegehren; habet ihr etwa von meinem Gn. Fräulein gute vertröstung erhalten / so bin ich auch schon von ihrer Durchl. versichert / daß sie wieder meinen Willen / als lange ich gehorsam / und untertähnigst- geträu verbleibe / mich aus ihren Diensten nicht verstossen wird. Bagophanes wolte seine Liebe nicht allein mit freundlichen Worten / sondern auch mit buhlerischen Handgeberden sehen lassen / streckete / in dem er antworten wolte /die Hand auß / sie bey dem Kinne zuergreiffen / ward aber heßlich abgewiesen / in dem Kleofis zu ihm sagete: Wie stellet ihr euch so unverschämt / Bagophanes? scheuhet ihr euch nicht vor meiner Gn. Fräulein Gegenwart / muß bey euch trauen sehr wenig höflicher Zucht übrig seyn / und findet sich an euch der Spruch / das Alter nicht zur Tohrheit hilft; darumb möget ihr wol eures Weges zihen / und euch versichern / daß ich mich lieber einem Löuen als euch ergeben werde. Bagophanes erschrak der Rede / und fragete / ob sie ihn dann ohn alle Barmherzigkeit tödten wolte. Ich werde / sagte sie / nicht Hand an euch legen; wann ihr aber nicht leben wollet / stehet euch frey / nach belieben zu handeln; jedoch danket den Göttern / daß ihr das Leben als eine Beute davon traget / welches ihr durch vielfältige Schmachreden wieder GroßFürst Herkules / wie alle Gefangene bezeügen können / zehnfach verwirket; zugeschweigen / dz ihr meiner Gn. Fräulein selbst nicht geschonet habt; aber was hält eure Durchl. (sagte sie zu dem Fräulein) sich bey diesem unbescheidenen so lange auff? geliebet derselben wieder nach der Geselschaft zu gehen /wil ich untertähnigst folgen. Gehet ihr hin / antwortete Valiska / demnach ich schon sehe / daß aus dieser Heyraht nichts werden wird; ich wil bald bey euch seyn. Nach ihrem Hintrit sagte sie zu Bagophanes; also sehet ihr nun mein Freund / daß euer Ansuchen nicht haften wil / ungeachtet ich euch gerne bedienet währe; deßwegen löschet / bitte ich / dieses vergebliche Feur / und wählet euch eine andere / die mehr Zuneigung zu euch fassen kan; dann was währe euch mit diesem Unglük gedienet / daß ihr eurer Feindin [911] an der Seite schlaffen woltet? euer König träget so hohe Gnade zu euch / daß ohn zweifel ihr bey demselben eine schönere und freundlichere aus seinem Frauenzimmer leicht erhalten möget / in welchem Garten dieser zierlichen Blumen mehr aufgewachsen sind. Wolte Gott / antwortete er / ich hätte vor einer halben Stunde mich so wol begreiffen können / als anjezt /nicht ein Wörtlein solte dieser hartnäckigten zu gefallen verlohren seyn. Aber O wie wird die Unweise sich dereins hinter den Ohren kratzen / daß sie den ohn Ruhm zu melden / ansehnlichen Bagophanes so liederlich über den Tölpel geworffen hat. Bißher hatte Bubazes in einem kleinen Nebenkämmerlein alles angehöret / und gefiel ihm seiner liebsten Erklärung dermassen / daß er ein volles Genügen daran hatte; Als er nun vernam / daß er dieses Mitbuhlers bereit loß worden wahr / verfügete er sich wieder nach der Geselschaft / da er seine Kleofis bey Herkules sitzen fand / dem sie erzählen muste / was sie von seiner Krämerin gutes gekauft hätte. Als Herkules ihn ko en sahe / rieff er ihn zu sich / er wolte ihm Raum bey dieser Jungfer machen / wo ihm sonst damit gedienet währe; welches er mit untertähnigster Danksagung annam / uñ dabey anzeigete / ihre Durchl. sein Gn. Fräulein hätte ihm diese Jungfer zur Ehe versprochen / bähte / seine Durchl. möchte gnädigst einwilligen / und sein Beylager befodern. Kleofis fiel ihm in die Rede / sagend; Herr Obrister / er lasse mich zuvor auch drum wissen / und eile nicht zugeschwinde / daß ich des heutigen Schreckens zuvor vergessen möge. Geliebte Freundin / sagte Herkules / darumb daß ihr dieser Schrecken nicht im Schlaffe wieder vorkomme / und grössere unruhe mache / wird sie gewißlich hinte nicht allein schlaffen müssen. Ich bedanke mich der gnädigsten Vorsorge / antwortete sie / und hoffe diese Nacht schon eine Beyschläfferin zuerbitten. Dieser Mühe bedarff es nicht / sagte Herkules / nach dem Obrister Bubazes seine Dienste willig anbeut. Also hatte nun Bagophanes sich seiner Anwerbung begeben / und das Fräulein ersucht / ihn unter sicherer Persischer Begleitung alsbald fortgehen zu lassen / und die Gefangenen auffzuhalten / biß er einen guten Vorsprung ihnen wũrde abgewonnen haben / damit sie ihn nicht gar erwürgeten. Sie versprach ihm solches nach seinem begehren / und ging wieder mit ihm nach der Geselschaft / da er mit mehr kaltem Herzen wieder kam / als er mit erhitzetem weg gangen wahr; wolte auch weder Kleofis noch Bubazes ansehen /sondern erwartete schleunigste Abfertigung / die ihm von dem Fräulein verheissen wahr / welche zu Herkules also anfing: Durchl. GroßFürst und Oheim; demnach dem Herrn Hoffmeister nach seinem Könige sehr verlanget / er auch mit einer sicheren Begleitung gerne fortgehen wolte / bittet er umb gnädigste Abfertigung / und etwa 20 Reuter zu seinem Schuz biß über die Persischen Grenzen / welches auff euer Liebe Bewilligung ich ihm zugesagt / uñ leicht zuerhalten gedenke / weil er mir ohndz als mein Gefangener übergeben ist. Was eure Liebe hierin ordnet / antwortete er / sol mir wolgefallen; aber sider ihrem Abwesen habe ich Obristen Bubazes diese Jungfer ehelich versprochen / und daß sie ihm noch hinte sol beygelegt werden / zweifele nicht / eure Liebe werde es nicht tadeln. Kleofis entsetzete sich darũber / und gab zur Antwort; Durchl. GroßFürst / ich bitte untertähnigst / diese Scherzrede zu wiederruffen / welche der Herr Hoffmeister wol im Ernst auffnehmen / und bey dem Könige vor Warheit angeben dürffte. Uberdaß ist mein flehentliches Ansuchen / bey dem H. Hoffmeister zu werben / daß in ansehung der ihm erteileten Gnade / er bey seinem Könige [912] erhalten wolle / daß meine väterliche Verlassenschaft mir allergnädigst abgefolget werde. Wird König Artabanus so höflich /und Bagophanes so dankbar seyn / antwortete Herkules / wil ichs an beyden zu rühmen wissen; wo nit; so verspreche ich hiemit meiner Freundin vor dieser ehrlichen Geselschaft / daß ich Gelegenheit suchen wil /so viel Güter aus Parthischem Gebiet ablangen zu lassen / daß sie wol und gedoppelt sol befriediget werden. Bagophanes taht als hörete er weder eins noch anders / nam kurzen Abscheid ohn sonderliche Ehrerbietung / und wolte fortgehen / da Herkules zu ihm sagete: Höret Bagophanes / euch sey vor dißmahl alles verzihẽ / nur hũtet euch / daß ihr hernähst nicht wieder unter meine Hände gerahtet / es dürffte sonst geschehen / daß ich das Alte mit dem Neuen hervorsuchete. Valiska winkete ihm / ohn Antwort fortzugehen / und sagte zu Herkules: Wie da mein Oheim; können eure Liebe sich an eines Esels Grobheit irren? er hats bey seinem Wüterich nicht besser gelernet /darumb köñen wir es nicht höher von ihm fodern. Betreffend aber meiner Jungfer Beylager / muß freilich dasselbe nicht länger auffgeschoben werden / sondern man sol das Eisen schmieden weil es heiß ist / es möchte ihr sonst zum andernmahle ungleich gehen /massen sie schon jezt von Bagophanes einen redlichen Korb erhalten hat; erzählete hiemit allen Verlauff / und sagte zum Beschluß: Da sehet ihr nun /meine Freundin / wie gefährlich es sey / wann man sich zu hart wegert; zwar ich habe so ungleiche Gedanken von Herrn Bubazes nicht / aber bey Bagophanes währe ich mirs auch nit vermuhten gewesen / und seid ihr gleichwol im gewissesten / wann ihr geschlossen habt. Die gute Jungfer sahe / daß es am Beystande mangelte / gab sich in ihrer Gn. Fräulein Willen / und wolte doch hoffen / sagete sie / ihren Liebsten dahin zu bereden / daß er das Beylager noch etliche Monat auffschöbe. Da gebe ich euch über zusammen / sagete Valiska / und mag ein jeder sein bestes prüfen; aber Herr Bubazes / damit eure Liebste nicht gar mit leerer Hand zu euch komme / wird sie euch diesen Abend 10000 Kronen wert Kleinot auff euer Bette legen / und sollen die gebührlichen Ehren-Kleider sich gegen die Hochzeit auch schon finden. Also ward diese Heyraht volzogen / und die Jungfer ihrem Liebesten desselben Abends zugeführet. Des folgenden Morgens brach Herkules mit den seinen auff nach Persepolis / und muste Bubazes mit seiner Kleofis ihnen Geselschaft leisten / an dessen Stelle Obrister Bahystehenes zum Befehlichshaber des Städleins eingesetzet ward. Die 1000 befreiete Gefangene musten erst des Abends nach Parthen gehen / die übrigen alle / an der Zahl 12400 musten mit nach Persepolis / und wurden von 3000 Reu ern begleitet / da sie dann in guter Sicherheit und möglicher Eile fortgingen.

Ladisla lebete diese Zeit über wegen seines lieben Herkules in grosser Furcht / und weil er so gar keine Zeitung von ihm hatte / dauchte ihn die Zeit sehr lange / ungeachtet der guten Geselschaft / die er an Artaxerxes / Arbianes uñ Pharnabazus hatte; bald fürchtete er sich / es möchte Herkules erkennet werden; bald gedachte er / die gar zuheftige Liebe würde ihn verblenden / daß er sein Vorhaben nicht klüglich gnug anfinge / und gereuete ihn sehr / daß er den Außfoderungs-Brieff an Artabanus nicht etwas hinterhalten hatte; und ob er gleich an seinen Wunden bald genaß / wahr er doch immerzu schwermütig; dessen Artaxerxes wol wahr nam / und allerhand Mittel suchete / ihn zuergetzen / aber alles vergebens; Ursach /er hatte seine Seele nicht bey sich / sondern sie Herkules nachgeschicket / daher er [913] auff Artaxerxes Nachfrage / was er vor ein traur-bringendes Anliegen hätte / einsmahls also antwortete: Eure Liebe wolle sich meiner schwermũhtigen Gedanken nicht wundern /welche nirgend als von der Abwesenheit meines geliebten Herkules herrũhren; dann er / ja einig er / ist die Seele meines Leibes / und die Fröligkeit meiner Seele; daß mir demnach unmöglich ist / ohn ihn vergnüget zuseyn / so wenig der Leib ohne Seele leben kan; dessen aber eure Liebe sich nicht verwundern /noch es vor eine törichte Einbildung halten wolle / angesehen von dem ersten Tage unser Kundschafft her /ich meine Eltern / Schwester und Vaterland verlassen / uñ an ihn mich gehalten habe. Ich muß gestehen /antwortete Artaxerxes / dz mir vertraulichere Freunde / als sie / niemahls vorkommen / die doch nicht minder in der Taht sich zuehren als zu lieben bemühet sind; und möchte ich gerne wissen / ob sie dann von Kindesbeinen auff / ihre Freundschafft geführet / oder doch ohngefehr an einander gerahten sind. Dieses /sagte Ladisla / wird kein Mensch besser / als ich selbst / Euer Liebe erzählen köñen / wann dieselbe es anzuhören / Beliebung träget; wobey ich mich doch bedinge / daß dieselbe ja nicht solche Worte von mir erwarte / welche die völlige Brunst meiner Zuneigungen gegen meinen Herkules recht ausdrücken solten. Ich wahr im Eilfften Jahr meines Alters / als mein Herr Vater höchstseel. Andenkens / den GroßFürsten in Teutschland / meiner Fr. Mutter Bruder besuchete /und mich als einen einigen lieben Sohn mit sich nam; Als wir bey ihm anlangeten / ließ er seinen grösseren Sohn / meinen lieben Herkules / aus der Schuele fodern / welcher damahls sieben Jahr und drey Monat (so eigen weiß ichs) alt wahr. Er kam frisch daher gelauffen / die Aeugelein blinzeten ihm wie helle Strahlen / und die Goldgelben Haarlocken von sich selbst gekråuset / flogen ihm über den Achseln / als hätte der Wind sein sonderliches Liebespiel mit ihnen getrieben; sein Antliz wahr als eines geschnizten Engelchen / und des ganzen Leibes Geschikligkeit nach allem Wunsch. Seine Fr. Mutter hatte ihn in Pfirsichblüte Taffet gar dünne gekleidet / weil es heisser Sommer wahr / daher man die Artigkeit seiner zarten Glieder eigentlich erkennen kunte. Wir sahen durchs Fenster ihn auff dem innersten Schloßplatze daher springen / und lief ihm ein grosser Jagt Hund zur Seiten / und sein Leibknabe hinten her. Wie er ins Gemach trat / zog er sein schwarzes Hütchẽ mit der weissen Feder sehr höflich abe / mit geschiklicher Verschrenkung des Leibes / daß seine Ehrerbietigkeit wol zuspüren wahr / trat gegen seinen Herr Vater /und fragte mit lieblichen Geberden / wer der ansehnliche fremde Fürst wäre. Der GroßFürst lachete anfangs / ohn zweifel vor Freuden / und antwortete ihm: Ich sehe wol / du wilt zuvor die Leute kennen / ehe du sie gebührlich empfähest; es ist dein Herr Vetter / der Großmächtigste König aus Böhmen / und dieser der junge Böhmische Herr. So bald er dieses hörete / setzete er sich vor meinem Herr Vater auff die Knie /und küssete ihm die Hände / stund bald wieder auff /und sagte mit eben so unerschrockenem als freundlichem Angesicht (ja mich deucht / daß ich die süsse Stimme noch in meinẽ Ohren schallen höre) Großmächtigster Unüberwindlicher König / gnädigster Herr Vetter; Eure Königl. Hocheit muß bey uns sehr wilkommen seyn / als dessen Angesicht zusehen / ich mir etliche Zeit gewünschet / dann von Ihrer Hocheit hoffe ich dereins den Ritter-Orden zuempfahen / wann ich dessen werde fähig seyn können. Mein Herr Vater sahe ihn mit Verwunderung an / und antwortete ihm: Herzgeliebetes Söhnichen / ich erfreue mich deiner vernünfftigen Herzhafftigkeit [914] und zierlichen Sitten /und dafern die Götter biß dahin mich fristen / werde ich nie keinem das Schwert mit freudigerm Herzen angegürtet haben. Unter dieser Rede sahe ich ihn /und er mich / inbrũnstig an / biß mein Herr Vater gegen ihn weiter also fortfuhr. Sihe da mein Söhnichen Herkules / hier habe ich dir meinen Sohn Ladisla zugeführet / Freundschafft mit ihm zumachen / hoffe /er werde auch nit gar aus der Art seiner Vorfahren schlagen. Darauff trat er zu mir / umfing mich / und sagete: Herzlieber Oheim und Bruder / es erfreuet mich sehr / dz ich euch als meinen geträuen Gesellen bey mir haben sol / möchte wünschen / daß bey eurem Herr Vater meinem gnädigsten Könige ich erhalten könte / daß wir biß an unser rittermässiges Alter mit einander den Büchern sie fleissig obliegen / uñ im schiessen und andern zulässigen Spielen uns üben solten / dafern euch meine Geselschafft als eines jũngeren nicht zuwider währe. Ich muß bekennen /daß durch seine Schönheit ich alsbald mich dergestalt gegen ihn verliebet befand / daß ich nicht wuste / was ich ihm zur Antwort gab; aber das weiß ich wol / daß unsern Eltern / insonderheit seiner Fr. Mutter die Augen voll Trähnen stunden / da sie ansahen / wie wir einer von dem andern kein Auge abwenden kunten / und das umfahen zum fünfften mahl wiederhohleten / biß ein Teutscher Pfaffe darzu kam / welcher uns beydẽ ersehend / sagete: O diese junge Herren /Durchl. Großfürst / werden gar zu früh zusammen gebracht / doch hats nach des Gestirns anzeige nicht wol anders seyn können; und zwar sie sind nun beysammen / aber Farbe wird es kosten / wer diese verknüpffete und verwickelte Herzen scheiden sol. Und warumb solten sie geschieden werden / sagte mein Herr Vater / nachdem sie inkũnfftig / da sie leben sollen /ihre Reiche nit besser als durch Einigkeit schützen können? Der Pfaffe wolte hierauff nicht Antwort geben / so achtete es auch keiner groß / dann alle anwesende gaben acht auff uns beyde / wie wir uns einander von oben an biß unten aus beschaueten / biß Herkules von seinem Herr Vater urlaub baht / daß wir hingehen / und uns im schiessen üben möchten; da wir alsbald unsere kindische Erfahrung sehen liessen /doch also / daß keiner den andern beschimpffen / oder ihm etwas zuvor tuhn wolte; wiewol / die Warheit zugestehen / er mir schon ũberlegen war / dessen ich mich nicht wenig schåmete. Als die Zeit wahr /schlaffen zugehen / fragete ich meinen Herkules / ob wir unsere Ruhstäte auch weit von einander haben würden / gab ihm auch zu vernehmen / dafern es ihm nicht zuwider / möchte ich gerne bey ihm schlaffen; welches eine Zohf Jungfer hörend / der GroßFürstin es anmeldete / die uns beyde zu sich foderte / und mit Leutseligkeit sagete: Weil wir des Tages über so gute Brüderschafft gemacht hätten / soltẽ wir die Nacht auch bey einander ruhen; welches mir eine angenehme Zeitung wahr / davor ich mich untertähnigst bedankete. Die acht Tage wir nun dazumahl beyeinander wahren / däuchten uns nicht so viel Stunden lang seyn /und hatte ich meinem Herkules mich dermassen ergeben / daß wie mein Herr Vater / da er auffsitzen wolte / zu mir sagete / es würde schier Zeit seyn / Prage wieder zusuchen / mir die Angst Trähnen aus den Augen hervor drungen; Zwar mein Herkules hielt mit mir bey meinem Herr Vater fleissig an / mich eine zeitlang bey ihm zulassen / wie die GroßFürstin imgleichen / nachdem sie unsere innigliche Traurigkeit sahe; aber mein Herr Vater gab ihr zur Antwort: Fr. Schwester / ich habe meinen Sohn auch lieb / und sehe ihn gerne vor mir / ungeachtet ich wol weiß / daß er alhie so wol / als bey mir zu Hause währe. Zu Herkules aber sagte er: Geliebter Sohn / jezt [915] muß mein Sohn Ladisla wieder mit mir zihen / wann wir aber wieder kommen / wollen wir ein ganzes Jahr hieselbst verharren. Ja wie bald geschihet solches / allergnädigster König? antwortet er; so ist mir auch das ganze Jahr zu verdächtig / nachdem Ihre Hocheit dißmal so schleunig hinweg eilet / noch ehe mit meinem herzlieben Bruder Ladisla ich rechte Kundschafft treffen mögen. Aber da halff alles nichts; ich muste auff die Gutsche mich setzen / so bald ich einen kurzen Abscheid von Herkules mit so verwirretem Gemũht genommen hatte / daß ich vergaß ihn zuumfangen; wie dann nicht geringere Verenderung ich an ihm gleichfals spũrete. Auff der Reise taht ich nichts als seuffzen / ungeachtet mein Herr Vater mich hart straffete /so kunte er mich doch darzu nicht bewägen / daß ich ihm gehorchet / und einen freyen Sinn angenommen hätte; ja weder essen noch trinken wolte mir schmäcken / schlieff auch des Nachtes sehr wenig / da ich im Schlaffe nur stets meinen Herkules rief / daher ich /wie wir zu Prag anlangeten / schon so schwach und bleich wahr / daß meine Frau Mutter sich darüber entsetzete / und nach meinem Gebrechen fragete / welches aber so wenig ich / als mein Herr Vater ihr sagen wolte. Nun hatte ich mir gänzlich vorgenommen zu sterben / weil mir unmöglich wahr / mein hefftiges Verlangen nach Herkules zuertragen / ward auch in wenig Tagen so matt / daß ich nicht gehen kunte /sondern stets zu Bette ligen muste. Meine Wärterin hatte / wann ich eingeschlummert wahr / gehorchet /daß ich unter den seuffzen den Nahmen Herkules offt genennet / zeigete es meiner Fr. Mutter an / und sagete: Dafern mir nicht beyzeiten Raht geschaffet würde /könte ichs nicht lange treiben. Also ward der Arzt zu mir geführet / dessen Gegenwart mir nicht angenehm wahr / insonderheit da er nach Begreiffung der Schlag Adern und Herzklopffens auch mein Wasser besahe /mich fast eine Stunde lang betrachtete / und endlich zu meiner Fr. Mutter sagete; es währe keine Krankheit / die durch Kräuter oder andere leibliche Arzney könte vertrieben werden / sintemahl alles übel des zarten Leibes einig und allein von der Unruhe des Gemütes verursachet würde; müste demnach ohn zweifel in kurzer Zeit vergehen / dafern mir nit Hoffnung zur Erlangung meines inniglichen begehrens gemacht würde. Darauff kam gegen Abend mein Herr Vater zu mir / fragend / ob ich nicht schier wieder gesund werden wolte / inwendig neun Tagen müste er nohtwendiger Geschåffte halber nach dem GroßFürsten reisen /wohin er mich mitnehmen wolte. Dieses wahr meine rechte Arzney; ich foderte Speise und Trank / und ging des vierden Tages / als fehlete mir nichts / ohn daß die Mattigkeit mir in den Knochen lag. Als der neunde Tag herbey kam / und ich keine Zubereitung zur Reise sahe / erkundigte ich mich bey den Trabanten uñ Gutscher / wie bald mein Herr Vater nach Teutschland würde; bekam aber zur Antwort: man währe kaum wieder zu Hause angelanget; ob ich meynete / dz man alle Wochen um einander nach Teutschland reisen würde? dessen bey meiner Frau Mutter ich mich beschwerete / vorwendend / die Knechte und Diener hielten mich so geringe / daß sie mich keiner warhafften Antwort wirdigten / welches ihnen zu seiner Zeit solte eingebracht werden; Worauff sie zur Antwort gab: den Dienern währe solches unbewust /und überdas die Reise wegen anderer Geschäfte auffgeschoben / müste demnach mich gedulden / biß es meinem Herr Vater würde gelegen seyn. Je warumb nicht? antwortete ich; und warumb solte mein Herr Vater meinet wegen früher oder später reisen? Aber damit ging die erste abgelegte Traurigkeit von neuen[916] wieder an; alle Lust zur Speise verschwand mir; schlaffen kunte ich nicht / und wahr doch einem schläfferigen Tag und Nacht ähnlich; kurz davon zureden; des sechsten Tages fiel ich in ein hitziges Fieber / daß die Aerzte an mir verzageten / und meine Fr. Mutter mich mit trähnenden Augen fragete / warumb ich durch Traurigkeit mich selbst tödten wolte / und ob ich meiner Eltern so gar überdrüssig währe? Davor behüten mich die Götter / antwortete ich; und wie kan ich der Krankheit oder dem Tode wehren? Aber O mein Hẽrkules / mein Brüderchen / möchte ich dich nur noch ein mahl vor meinem Tode sehen! doch ich bin gewiß / meine Seele wird nirgends als bey dir seyn / so bald sie nur den Leib erst wird verlassen haben. Auff solche Rede fiel sie ohmächtig auff mein Bette / und nachdem sie sich wieder erhohlet / ging sie hin zu meinem H. Vater / welchen sie mit vielem weinen und bitten bewogen hatte / mich / so bald ich gesund seyn würde / in Teutschland zusenden / brachte mir auch die hocherfreuliche Zeitung / die Reise solte nicht långer als biß auff meine Gesundheit verschoben werden. Aber der Glaube wahr mir benommen / und antwortete ich: Herzallerliebste Fr. Mutter /speiset mich nur nicht mehr mit falscher Hoffnung; ich befinde mich nunmehr so weit abgemattet / daß meine Seele meinem Willen bald gnüge tuhn wird; ist dann / daß ihr mich liebet / so nehmet meinen / ach ja / meinen allerliebsten Herkules vor euren Sohn und künfftigen Erben dieses Königreichs an / alsdann wird er meine Seele wieder mit sich herführen / und als lange er lebet / könnet ihr keinen bessern und wirdigern Sohn finden noch wünschen; daß ihr mich aber von ihm getrennet habt / ist die einige ursach meines herzu nahenden Todes. Mein Herzen-Kind / antwortete sie mit heissen Trähnen / schlage solche Todesgedanken aus dem Sinne / dann ich beteure es bey mütterlicher Träue / daß so bald du wirst gesund seyn /ich selbst dich nach deinem Herkules bringen wil. Es währe alles gut / sagte ich / aber es ist meines erachtens schon zu lange geharret. Wie ich dann in Warheit kaum so viel Kräfte / diese Worte auszusprechen /bey mir befand / und mich etwas erhohlen muste / da inzwischen meine Fr. Mutter sich übel hielt / und ich endlich baht / mich krank hinführen zulassen / ob vielleicht meines Herkules kräfftige Augelein mich wieder gesund machen würden. Der Arzt kam gleich darzu / hörete diese Worte / und sagte: Ja Ihre Hocheit versichern sich / daß das Herrlein das beste Mittel vorschläget / dann auff andere weise wird er in Warheit nicht genesen / als lange sein Gemüht den steiff-eingebildeten begierden nachhänget. Dieses schaffete so viel / daß mir alsbald eine Sänffte bereitet ward /und meine Fr. Mutter mich nach meinem Herkules brachte / da ich zwar auff der Reise nicht stärker /aber auch nicht schwächer ward; empfand dannoch eine sonderliche Erquickung / wann meine Fr. Mutter mich umb Herkules Sitten und Gestalt (den sie in fünff Jahren nicht gesehen) befragete; da ich alle Kräffte zusammen ruffte / ihr nach kindischem Vermögen solches zubeantworten. Unsere Ankunfft wahr dem GroßFürsten sehr fremde / und doch sehr angenehm / und ward mein Herkules alsbald zu mir vor die Sänffte gefodert / welcher / da ihm meine Schwacheit zuwissen getahn ward / mit weinenden Augen zu mir gelauffen kam / herzete und küssete mich inniglich / und sagte: O mein allerliebstes Brüderchen / wiltu dann deinen Herkules durch deinen Tod des Lebens zugleich mit berauben? lieber erhohle dich / und mache meine Hoffnung nicht zu Wasser /welche mich bißher festiglich versichert hat / wir wolten dereins durch Zusammensetzung unser Waffen /Ehr und [917] Ruhmerwerben / und du woltest uns beyde in diesen Jahren schon sterben machen? Ach du mein allerliebstes Seelichen / antwortete ich / warumb klagestu mich solcher Grausamkeit an / da ich ja nichts mehr suchen wolte / als vor dich zusterben / weil mir ein süsser und angenehmer Tod nicht begegnen möchte. Unsere Müttere höreten diesen Reden zu / und weineten so überlaut / daß der GroßFürst herzu lief /und nicht anders wähnete / ich würde schon verschieden seyn; als sie ihm aber unser beyder beginnen zeigeten (dann bald küssetẽ / bald trösteten / bald drücketen wir uns) wendete er sich mit halbnassen Augen umb / und kunte vor Mitleiden nicht mehr zusehen. Endlich sagete die GroßFürstin zu mir: Herzlieber Sohn Ladisla / biß du unbetrübet / du solt forthin bey deinem Herkules bleiben / das verspreche ich dir ohn alle Falscheit. Auff welche Rede mich nicht anders gedauchte / als krauete mir die Haut auff dem Häupte / und zöge sichs ũber meinen ganzen Leib / als ein naßfröstiges Tuch / welches mir zwischen Haut und Fleisch ein angenehmes kitzelndes schauren verursachete / daher mir eine Kũhlung in allen meinen Gliedern und Blut-Adern erwecket ward / und antwortete ich der GroßFürstin; Gn. Fr. Mutter / wolte Gott /mein H. Vater möchte in ihr gnädiges Erbieten einwilligen / alsdann würde ich ohn zweifel bald genesen. Liebes Kind / sagte meine Fr. Mutter; davor wil ich dir Bürge werden / und hast hieran im geringsten nicht zuzweiffeln. Herkules hatte bißdaher meiner Fr. Mutter nicht wahr genommen / auch sie zuvor niemahls gekennet / setzete sich deßwegen alsbald vor ihr nider auff die Knie / küssete ihr die Hände / und wolte seine Entschuldigung tuhn; aber meine Fr. Mutter hub ihn auff / und küssete ihn wol zehnmahl aneinander; Ach mein allerliebstes Engelchen / sagte sie / deucht mich doch nicht anders / ich sehe meiner kleinẽ Valisken Ebenbild vor mir; mein trauten Schaz /ich wundere mich nicht groß / daß mein Ladisla sich dermassen in dich verliebet hat / angesehen / mirs fast nicht viel anders gehen dürfte. Großmächtigste Fr. Königin und Mutter / antwortete er; ich bitte demühtigst umb verzeihung der von mir begangenen Grobheit / daß ihrer Hocheit ich nicht bald anfangs die Hände geküsset / wovon mich nichts / als vor erst die Unwissenheit / dann auch meines herzlieben Bruders Ladisla Schwacheit abgehalten hat. Mein allerliebstes Söhnichen / sagte sie / nicht bitte dessen einige Verzeihung / nur laß dir angelegen seyn / daß dein Bruder Ladisla bald wieder gesund werden möge / damit wir ihn nicht gar verlierẽ. Sie ging auch mit ihm an meine Sänfte / und fragete / wie ich mich befünde; ich sagete / sehr wol / wann ich nur ein wenig schlaffen möchte. Gleich kam ein Teutscher Pfaffe darzu / welcher des GroßFürsten Leib Arzt wahr / und meine SchlagAdern begrieff / auch nach meinen geführeten bezeigungen fragete; sagte hernach zu dem GroßFürsten; Gn. Herr / hier bedarffs meiner Kunst gar nicht /unser junges Herrlein ist bey diesem Kranken der allerbewehrteste Arzt / und werden wir in wenig Tagen besserung sehen / dañ es hat sich die Krankheit schon gebrochen / und bestehet in heilsamer Wandelung; riet auch daß mir Ruhe gegönnet würde / daher ward ich auff ein SchlaffGemach gebracht / weil es ohndaß schon Abend wahr / und ich die ganze Nacht sehr wol ruhete / bekam folgends guten Lust zur Speise / und nam an Kräften schleunig zu / daß am sechsten Tage nach meiner Ankunft ich mich in die Kleider machete / wiewol mir die Schwacheit wol vier Wochen anlag /und ich in solcher Zeit in die Luft nicht gehen / noch meinen Leib stark bewågen durfte. Drey Tage vor meiner Ankunfft [918] hatte Herkules ohn vorwissen seiner Eltern ein Schreiben an meinen H. Vater / durch hũlffe eines Stalknechtes abgeschicket / und in demselben instendig begehret / mich wieder zu ihm kommen zu lassen / damit wir fleissig miteinander in der Jugend die Sprachen lernen / und in kindlichen Waffen uns üben möchten / und wir nachgehends zur Ritterschaft desto fertiger uñ geschikter währen / welches ihm dañ mein H. Vater mit freundlicher Antwort bey eigenem Bohten einwilligte / noch ehe ich wieder außgehen durfte / er mir auch solches bald zeigete / und sich mit mir frölich stellete / weil wir nunmehr schriftliche Versicherung / die kein König bräche (wie er aus kindlicher Einfalt pochete) in Fäusten hätten. Aber mein Herr Bruder / sagte hieselbst Ladisla zu Artaxerxes; was gedenket doch wol eure Liebe / daß dieselbe ich durch Erzählung solcher kindischen Possen so gar beschwerlich bin. Durchaus nicht beschwerlich / mein Herr Bruder / antwortete er / sondern ich beteure bey meinen Ehren / daß ich nie angenehmere Erzählung mit meinen Ohren angehöret / und bitte sehr / eure Liebe wolle die Mühe nehmen / das übrige vollend mit allen umbständen hinzuzutuhn. Ist solches euer Liebe behäglich / sagte er / wil ich gerne fortfahrẽ / wie daß meine Fr. Mutter / nachdem ich die völlige Gesundheit erlanget / sich zur Heimreise wieder fertig machete / und mich fragete / ob ich nun meinen Willen vergnüget hätte / uñ wieder mit nach Prage wolte; welches mir nicht anders / als ein Donnerschlag im Herzen wahr / so daß ich Muht und Farbe verlohr / welches doch nicht lange wehrete /weil ich den Scherz daher abnam / daß sie alsbald Herkules Lehrmeister / einen gefangenen Römer /zwar jung / aber sehr geschikt / vor sich foderte / und ihm 100 Kronen schenkete / mich neben Herkules in Lateinischer und Griechischer Sprache fleissig zu unterweisen / versprach ihm dabey jährlichen Sold 400 Kronen / und / welches ihm das liebeste wahr / künftige Befoderung seiner ehmaligen Freyheit. Da wurden wir nun sehr wol angeführet / weil wir einander mit reizungen zum Fleiß auffmunterten / und pflag mein Herkules schon dazumahl dieses vor sein Sprichwort zugebrauchen:


Disce puer, juvenis quod agas, namque ante senectam Dura tibi nunquam concedunt fata quietem. Lern in der Kindheit / was du Jüngling must versehen / Dann vor dem Alter läst Gott keinen müssig gehen.


Daher er dann zum offtern mich vermahnete / wir wolten fleissig seyn / damit wir beyzeiten die Bücher hinlegen / und die Waffen zur Hand nehmen könten. In was Einigkeit nun wir unsere kindlichen Jahre zubrachten / währe weitläuftig zuerzählen / dabey ich doch unvergessen lasse / daß ich zuzeiten mit ihm eiferte / wann ohn mein vorwissen er sich in Gefahr wagete / und den grimmigen Wölffen nachstellete. Setzete ich ihn dann darũber zurede / warumb er mich dahinten gelassen / und ob er meinete / daß ich so viel Herzens nicht hätte / ein gleiches mit ihm zu wagen /gab er mir zur Antwort: Ja mein lieber Bruder / meinestu / ich könte über mein Herz bringen / dich in solcher Gefahr zu sehen? mich betreffend / setzete er wol hinzu / bin ich daher versichert / weil alle Sternseher und Zeichendeuter mir ein langes Leben zulegen / in welchem ich / sonderlich in der Jugend / viel Mũhe und Arbeit außstehen solle / daher befürchte ich mich nicht / daß mich die Wölffe zu reissen werden. Artaxerxes kunte sich nicht enthalten zu fragen / ob dann in der ersten Jugend er schon so gräuliche Tihre hätte bestehen dürffen. Ja / sagte Ladisla / solte euer Liebe ich solches alles [919] berichten / müste ich lange Zeit haben; ehe und bevor ich ihn jemahls gesehen / hatte er schon einen ungeheuren grossen Wolff belauret /und ihn schlaffend mit seinem Kinderdegen / den er ihm in den Rachen gestossen / umbracht. O wie offt wünschete er / da er kaum von 13 Jahren wahr / daß es Löuen und Bähren in Teutschland geben möchte /auff daß er sie nicht allein kennen lernete / sondern sich auch an ihnen versuchen könte. Er wahr so glükselig in alle seinem Vornehmen / daß ihm nichts mißlung; und die Warheit zu sagen / überlegete er zuvor alles sehr vernünfftig / und verrichtete hernach was beschlossen wahr / mit sonderlicher Eilfertigkeit /pflegete auch zu sagen:Wol bedacht und furchtsam verrichtet / ist scheltwirdiger / als eine unbesonnene frische Taht; dann dieses geräht offters / jenes nimmermehr. Neben dieser seiner Herzhaftigkeit aber wahr er so Gottfürchtig und tugendhaft / daß er weder fluchen noch Spotreden von Göttern hören wolte. Keine Uppig- noch Leichtfertigkeit habe ich Zeit meines Lebens an ihm gespüret / halte auch / daß wann meine Frl. Schwester nicht in der Welt währe / würde er sich von aller Weiber-Liebe abgehalten haben. Der Unzucht ist er spinne feind / daß er auch mit denen / die deßwegen berüchtiget / nie umbgehen / noch gemeinschaft haben wollen. Als er von 15 Jahren / und schon zimlicher Leibesstärke wahr / dz man ihn vor achzehn jährig hätte halten mögen / ritte ich mit ihm durch einen lustigen Wald / in welchen wir den Füchsen und Hasen auffzulauren pflegeten; da wir nun den verborgensten Wegen nachjageten / und von ferne einer zwangleidenden Dirnen Geschrey höreten / jedoch nicht eigentlich wusten / was Gewalt ihr angelegt würde / übergaben wir unsere Pferde den mitlauffenden Leibdienern / folgeten der Stimme zu Fusse durch Püsche und Hecken nach / biß wir eines vornehmen wolbekanten teutschen Herrn gewahr wurden / der mit einem jungen wolgestalten / doch armselig bekleideten Bauren Mägdlein bemühet wahr / sie zu seinem unkeuschen Willen zu überwältigen / dem sie zwar nach äusserstem Vermögen wiederstund / aber gleich an dem wahr / daß sie hätte erliegen müssen / weil der Gewalttähter seinen beyden reisigen Knechten hinzu geruffen / und sie aller Kleider hatte berauben lassen. Herkules bekam sie ehe ins Gesicht als ich / sprang mit entblössetem Degen hinzu / und fragete den Vergewaltiger / ob ihm gebührete dergleichen Boßheit zu verüben. Seine Knechte / die uns beyde kenneten / flohen davon / ihr Herr aber fing mit einer leichtsinnigen Entschuldigung an / es währe seines Untertahnen /und eines Bauren Tochter / möchte demnach ihre Fürstl. Gn. sich daran nicht ärgern. Herkules kunte ihm solchen Frevel nicht zu gute halten / und sagete: O ihr verwägener Ritter / habt ihr so geschworen /Jungfräuliche und alle Weibliche Ehre nach vermögen zu schützen? sahe ihn mit feurigen Augen an / und ging mit dem Schwerte auff ihn loß. Dieser zückete seyn Gewehr / sich zu schützen / und baht / ihre Gn. möchten einhalten / und ihm nicht Ursach geben / einige Nohtwehre zu tuhn / dessen er gerne geübriget seyn wolte; wodurch Herkules noch mehr erbittert /ihm sein bestes zu prüfen befahl / und nam einen rechtmässigen Kampff mit ihm an; dessen ich mich nicht wenig entsetzete / mich auch bemũhete / ihn davon abzuhalten; aber ehe ich michs versahe / hatte er seinem Gegener schon eine Wunde in den rechten Elenbogen geschlagen / daß er das Schwert fallen ließ / und in Ohmacht nidersank / da er ihm vollend den Kopf herunter schlug / und selben dem Mägdlein /welches nacket auff der Erden saß / einhändigte / warf ihr hernach des erschlagenen Reitrok über / und hieß sie mit dem [920] Kopfe nachfolgen; jedoch hatte Herkules auch einen Schramhieb über den rechten Arm bekommen / woraus gar wenig Blut floß / welches er mit dem Finger abwischete / und in die höhe mit diesen Worten gen Himmel warf; Ihr Götter schũtzet mein Blut / so lange ich das Unkeusche zuvergiessen geneigt bin; solte ich aber zu gleicher Untugend mich verleiten lassen / alsdann zuschmettert mit eurem Donner alles was an mir ist. Wir eileten wieder nach unsern Pferden / setzeten uns auff / uñ liessen das Mägdlein mit dem Häupte / welches sie offenbahr tragen muste / allernähest hinter uns her folgen. Alle die uns begegneten kenneten dasselbe / und entsetzeten sich / und da wir vor dem GroßFürstlichen Schlosse anlangeten / da der GroßFürst mit seinem Gemahl und vornehmsten Hofleuten sich im grünen erlustigte / stieg Herkules vom Pferde / hieß das Mägdlein folgen / trat vor seinen H. Vater / und redete ihn also an: Gnädigster Herr und Vater / wann die mächtigen Götter Land und Leute straffen / geschihet solches wegen der Inwohner Boßheit und Untahten / welche von der Erde schreihen und des Himmels Ungnade über schuldige und unschuldige zu gleich erwecken; solches Verderben aber abzuwenden / lässet die Obrigkeit ihr billich angelegen seyn. Nun ist leider der verfluchte Wahn bey etlichẽ eingerissen / die sich ihres adelichen Geblüts durch stolzen Pracht ihrer Schild uñ Helme berühmen / daß sie meinen es stehe ihnen frey / der armen ihnen untergebenen Bauren Töchter nach Willen zumißbrauchen / welches doch eine so unverantwortliche Schande ist / die allein gnug währe / sie aller ihrer Freyheiten und begnadigungen zu berauben; dann eben hiedurch reizen sie der keuschen Götter und des reinen unbeflekten Himmels Zorn wieder uns. Sehet mein H. Vater / einen solchen Schandbuben habe ich ohngefehr in einem Lustwalde angetroffen / welcher diese unschuldige Tochter gewaltsam zu schänden / mit zween starken Knechten in bemühung wahr / und nur bloß der Götter Barmherzigkeit ihre Ehre bewahret hat; denselben habe ich aus rechtmässigem Eifer zu Rede gestellet / und da er nur seine wolzugelassene Macht vorschützete / ihm im gleichen Kampfe vor freier Faust den Lohn seiner Boßheit durch der Götter Hülffe erteilet / nicht zweifelnd /mein gnädiger Herr und Vater werde solches an mir nicht straffen / sondern mit väterlicher Huld uñ Gnade gewogen bleiben; fassete hiemit das abgehauene Häupt / warf es vor des GroßFürsten Füsse / und sagete: So müsse es allen denen ergehen / die durch unzüchtigen Muhtwillen ihren viehischen Begierden folge zu leisten / ungescheuhet sind. Alle Anwesende / auch der GroßFürst selber / entsetzeten sich vor seinen feurigen Augen / erkenneten auch / das es des berũmten Ritters Ingevons Häupt wahr / daher sie es groß Wunder nam / daß der junge Herr einen Kampf wieder ihn annehmen / vielmehr aber / ihn überwinden können. Sein Herr Vater sahe ihn zu gleich mit freudigen und betrübeten Augen an / und fragete nach / ob der Entleibete / nach dem er von Herkules zu Rede gestellet / sich ihm wiedersetzet / und zum Kampfe anlaß gegeben hätte; welches ich zu beantworten scheuh trug / und meinen Herkules reden ließ; welcher geradezu bekennete / und von mir Zeugnis begehrete. Worauff sein H. Vater zu ihm sagete: Lieber Sohn / daß du an der Unkeuscheit Abscheuh trägest / stehet dir rühmlich an / aber der höchsten Obrigkeit / und des Landes Gesetze zu überschreiten / ist so wenig dir als einem andern zugelassen. Nun weistu wol / daß in allen meinen Ländern und Herrschaften alles Faustrecht und Außfoderung bey Straffe des Henkens ernstlich und ohn alle Bedingung [921] verbohten ist; wie hastu dich dann erkühnen dürffen / diesen Ritter außzufodern / da er nach Urtel und Recht hätte können gestraffet werden? Sihestu nicht daß du eben hiedurch dein Leben verwirket / und dich zum Ubeltähter gemacht hast? Seine Fr. Mutter hörete dieses /und erstarrete vor schrecken / wie es mir dann nicht viel anders erging; aber mein Herkules fing mit unerschrockener Herzhaftigkeit und überlauter Stimme also an: Ihr Götter / die ihr aller Unzucht von Herzen feind und zuwieder seid / lasset euch / bitte ich / das Opffer angenehm seyn / welches ich euch geschlachtet habe / umb euren Zorn zu stillen / nicht daß ich einige Rachgier oder Hochmuht ergehen lassen / sondern die Schande vergelten möchte / die ohn zweifel wegen Vorbitte anderer seines gleichen / nicht gebührlich gestraffet währe / wie ich dessen unterschiedliche Begebnissen leider einführen kan. Ihr aber Gn. Herr und Vater / findet ihr an eurem Sohn einen muhtwilligen Ubertreter euer löblichen Satzungen / wolan / so stehe ich alhier / verfahret mit mir nach Recht / damit ihr hernähst nicht hören dürffet / ihr hättet nach Gunst oder Ansehen gerichtet; ja lasset nur mein Genik durch den Strang brechen / weil ich ohndz nicht Lust habe in solcher Landschaft zu leben / oder selbe dereins zu beherschen / da der muhtwillige Adel (ich rede nicht von frommen) an den Untertahnen sich zu versündigen / ihm sichere Freiheit einbilden darff. Ich meinete gänzlich / das Herz würde mir im Leibe vor unmuht bersten / wolte doch nicht reden / sondern des GroßFürsten Antwort zuvor hören; welcher also anfing: Ich werde vor mich selbst die Urtel zu sprechen /mich wegen väterliches Verdachts entbrechen / und den gesamten Landständen alles in die Hände geben; inzwischen soltu als ein Ungehorsamer und Ubertreter der Landes Satzungen gefänglich genommen werden; befahl hiemit seinẽ Trabanten / ihn in die Gefängnis zu legen. Herkules aber sagte: Nein mein H. Vater /ich bin als ein Sohn schuldig / euch ohn Gewaltsamkeit zu gehorsamen / uñ von mir selbst nach dem Gefängnis zu gehen. Hier kunte ich nun mich länger nit einhaltẽ / zog mein Schwert aus / setzete es an mein Herz / und sagete zu Herkules; Bruder / dafern dein Fuß einiges Gefängnis betreten wird / wil ich mich alsbald selbst niderstossen; hernach redete ich also den GroßFürsten an; Was eure Hocheit willens ist mit ihrem Sohn anzufahen / deßgleichen Teutschland nie gezeuget hat / nehme sie nur bald vor / und doch also / das im Leben und Tode ich ihm Geselschaft leiste; mein Herkules hat nichts wieder Recht oder Billigkeit gehandelt / und dafern er den verwägenen Schelm nicht angegriffen / wolte ichs getahn haben; kan nun ein Mensch durch eine Taht zugleich die Götter dem ganzen Lande versöhnen / und der Gesetze Straffe zum schmählichen Tode über sich laden / solches lasse eure Hocheit ich verantworten; gelobe aber hiemit den Göttern / daß da eure Hocheit meines Lebens wieder meinen Willen schonen / und meinen Bruder als einen schändlichen Dieb henken lassen würde / ich seinen Tod an allen seinen Richtern und Verurteilern dereins so grausam rächen wil / daß allen / die es hören werden / die Haare davor zu Berge stehen sollen. Hiemit fassete ich Herkules beim Arme / welcher willens wahr / nach dem Gefängnis zu gehen / und sagete zu ihm: Herzlieber Bruder / dafern du dich wegerst hier zu bleiben / biß dein H. Vater dich der Gefängnis entnimmet / wil ich dich und mich niderstossen; du hast dich in deinem ganzen Leben aller Tugend befliessen / die keiner Bande oder Gefängnis werd ist. Herkules entsetzete sich hierüber / fiel mir zun Füssen / und baht durch alle Götter / [922] ich möchte ihn vom gebührlichen Gehorsam nicht abhalten; ich aber kehrete mich wieder zu dem GroßFũrsten / und sagete: Ist ihre Hocheit annoch willens / ihren allertreflichsten Sohn vor seiner inkünfftig eigenen Untertahnen Gericht zustellen / so benehmen sie ihn nur der schmählichen Gefängniß / und lassen ihn auff seinem eigenen Gemache bewachen / damit sie mich nicht zwingen / ihre Grausamkeit anzuklagen. Die GroßFürstin taht mit dem sämtlichen Frauenzimmer / unter denen des erschlagenen Eheweib selber wahr / einen Fußfall / und hielten kläglich an / meinem lezten ansuchen stat zugeben; aber er stellete sich / als hörete ers nicht / und fragete mich / wer mich so kühn gemacht hätte / in seiner Gegenwart das Gewehr zublössen; gab auch den Trabanten einen Wink / mich gefänglich anzunehmen. Ich dieses merkend / taht einen Sprung nach meinem Pferde / setzete mich drauff / und wahr willens auszureissen / nicht eben /mein Beschimpffung abzuwenden / sondern mich nach Hũlffe / meinen Herkules zuretten / umzutuhn. Der Trabanten einer folgete mir auff Herkules Pferde nach / mich zugreiffen / welchen ich aber mit einem Hiebe des Lebens beraubete / und zwar / zu meinem Glücke / hinter einer Hecke / daß niemand dessen so zeitig wahr nam; rante also ohn Hinderniß fort nach einem grossen Dorffe / klagete den Bauren / welcher gestalt der GroßFũrst seinen Sohn und künfftigen Erben wolte henken lassen / daß er die Schändung einer Bauren Tochter an einem mutwilligen vom Adel mit dem Tode gestraffet / und baht sie / des jungen Fürsten sich anzunehmen / und gegen den Adel ihm Schuz zuhalten / mit dem versprechen / ich wolte an ihrer seite stehen / und bey ihnẽ leben und sterben. Diese wahren gleich willig / sendeten schnelle Pferde nach allen umliegenden Dörffern / unb brachten in dieser Nacht 8000 wolgerüstete Bauren zusammen /mit der Verheissung / es solten inwendig 24 Stundẽ ihrer 40000 beyeinander seyn. Die vornehmsten fielen mir zu fusse / und bahten / daß ich in meinem Vorsaz beständig verbleiben wolte / alsdann wolten sie nicht leben / oder den jungen Fürsten wegen solcher löblichẽ Taht in Freyheit setzen. Ich schwuhr ihnen meine Träue / hieß sie mir folgen / und mehr bewehrte Völker beysammen treiben / ging dieselbe Nacht mit diesen meinen muhtigen Leuten fort / und belagerte das GroßFürstliche Schloß noch vor der Sonnen Auffgang. Der GroßFürst hatte sich inzwischen von seinem Gemahl begütigen lassen / daß Herkules mit dreyen vom Adel (die ihm weder böses noch gutes zugeredet hatten) nach seinem Gemach gangen wahr /das Recht daselbst abzuwarten / und wahren sie allesamt der Meynung gewesen / ich würde nach Böhmen geflohen seyn / von dannen Hülffe zuhohlen. Früh Morgens wahr dem GroßFürsten auff seinem Lager zu wissen getahn / das Schloß währe von Gewapneten ganz umringet / deswegen er alsbald heraus schickete / umb zufragen / wz vor Leute solches ihnen hätten unternehmen dürffen. Ich hielt den Gesanten ein wenig auff / daß er ansehen solte / wie eben dazumal mein Lager mit 6000 Mann verstärket ward / welche sich nicht anders als grimmige Löuen erzeigeten; doch nach verlauff einer halben Stunde ließ ich ihn mit dieser Antwort zurücke gehen: Der Königliche Erbe aus Böhmen / wolte sein Häupt nicht sanffte legen / biß er seinen unschuldigen Bruder Herkules von der ungerechten Schmach erlöset hätte; Er bedingete sich auch / wegen des ihm-selbst angetahnen Schimpffs / und bliebe im übrigen Ihrer Hocheit auffwärtigster Knecht / nur daß er fürchtete / dafern ihre Hocheit sich nicht bald eines andern bedächte / dürffte die ganze [923] Teutsche Baurschafft schwürig werden /und den ganzen Adel ausrotten. Meine Völker fingen inzwischen ein wüstes Geschrey an / ob man die jungen Fürsten als Diebe henken wolte / die der armen Untertahnen sich annähmen / und an des Adels Grausamkeit mißfallen trügen. Welches da es dem Groß Fürsten hinterbracht worden / hat kein Mensch an ihm merken können / obs ihm lieb oder leid währe. Meine Völker aber mehreten sich des Tages dergestalt / daß gegen der Sonnen Untergang ich 36000 zählen ließ /hatten auch in die 80 von Adel gefangen mit sich gebracht / denẽ sie schon begunten schweres übel zudräuẽ / liessen sich aber doch von mir einreden / und hielten sie höflich gnug. Die im Schlosse kunten sich nicht erklären / was sie tuhn oder lassen solten; Zwar die Besatzung drinnen wahr stark genug / einen zimlichen Anlauff abzuschlagen / aber solcher Menge / die sich zu mir samlete / zu widerstehen / wahr ihnen unmöglich. Der GroßFürst hatte gegen den im Schlosse anwesenden Adel sich vernehmen lassen / er zöge sichs vor eine grosse Beschimpffung an / dz ich ihm seine Untertahnen auffgewiegelt / und ihn damit belagert hätte / schickete auch drey ansehnliche Herren umb den Mittag an meine Leute / und ließ ihnen andeuten / dafern sie mich dem GroßFũrsten liefern /umb Gnade ihres Irtuhms bitten / straks angesichts abzihen / und die Waffen niderlegen würden / solte ihnen alles verzihen seyn; im widrigen mũsten sie andern zum abscheuhlichen Beyspiel wegen dieser unverantwortlichen Auffruhr gestraffet werden. Diese Gesanten ließ ich alsbald gefangen nehmen / und nahe vorm Schloß Tohr drey Galgen auffrichten / stellete darauff meinen Leuten frey / sich zubereden / was sie ihrem GroßFürsten zur Antwort geben wolten; Da sie einhellig schriehen: Der tapffere junge Fürst Herkules müste auff freyen Fuß gestellet / und aller Beschimpffung entnommen seyn / oder sie wolten den ganzen Adel ausrotten / und die / so des jungen Fürsten Taht nicht billichten / den Göttern als ein angenehmes Opffer abschlachten. Ich erinnerte sie in meiner Gefangenen gegenwart / der Bescheidenheit; man solte bey dem GroßFürsten bitlich ansuchen / daß ohn einig angestelletes Gericht / der junge Fürst seiner Hafft erlassen / und seine Taht vor löblich und rechtmässig gesprochen würde / vorerst. Zum andern / daß ich Ladisla / von dem GroßFürsten wegen dieses beginnens weder gahasset noch verfolget; dann vors dritte / dem übermühtigen Adel die freye Macht zusündigen benommen würde / so daß man ihnen Gesetze aus GroßFürstlicher Macht vorschriebe / keinen ihrer Untertahnen ohn Urtel und Recht zustraffen / vielweniger /ihre Kinder zuschänden / sondern wer hinfüro sich unterstünde / des ertödteten Ingevons Schande zubegehen / derselbe von dem GroßFürsten an Leib und Leben gestrafft werden solte. Schließlich bliebe das Land-Gesetze wegen der Ausfoderung in seinem Werd / jedoch unter dieser Bedingung / daß wer einen wegen überzeugeten Nohtzwanges zum Kampffe ausfoderte / nicht allein ungestrafft bleiben / sondern als ein Freund der Götter geehret werden solte. Diesen meinẽ Vorschlag liessen sich alle meine Leute gefallen / und machete ich einen Ausschuß von zehn Mann / denen ich durch einen vom Adel bey dem GroßFürsten sicher Geleit suchete / aber vor folgenden Morgen keine Antwort bekam / da ich schon 48000 Mann stark wahr / welche zutrotzen begunten / wofern ihr GroßFürst durch des Adels getrieb sich einnehmen liesse / und seinen Untertahnen Schutz und Recht versagete / müste man Hand an solche Verführer und ihres gleichen legen; weil aber mein Abgesanter wieder kam / sich anfangs zwar in des GroßFürsten [924] Nahmen beklagete / und doch das Geleit nach allem begehren mit sich brachte / unterrichtete ich meine zehn Männer / wie sie sich untertähnigst verhalten / die zugelegte Auffruhr ablehnen / sich zu allem Gehorsam erbieten / und die begehrte vier Stücke bitlich suchen solten; wie sie dann solches wol und gebührlich verrichteten / und durch solche Demut den GroßFürsten gar gewonnen / wiewol er sich gegen sie mit keinem Worte erklärete / sondern sie frey abzihen / und durch einen vom Adel ihnen andeuten ließ / er wolte / in Betrachtung seiner väterlichen Hulde gegen seine Untertahnen / die bitlich gesuchten Stücke gnädigst in Bedacht zihen; inzwischen geböhte er allen versamleten bey Leib- und Lebensstraffe / an keinem vom Adel /auch nicht an des entleibeten Ingevons nähesten Blutsverwanten sich zu vergreiffen. Die GroßFürstin hatte sich heimlich zu meinen Abgesanten gemacht /und befohlen / ihrem herzlieben Sohn Ladisla zusagen / daß er ohn gegebene rechtmässige Ursach sich aller Tähtligkeit enthielte / und in seinem Vorhaben getrost und herzhafft fortführe / solches würde den armen Baursleuten sehr heilsam und ersprießlich seyn. Mein Herkules aber / da er meines tuhns berichtet worden /hatte vor Angst kein Wort reden können / und an seinen H. Vater begehret / ihn gnädig und väterlich zuhören / welches ihm doch gänzlich abgeschlagen wahr / wiewol seine Fr. Mutter ihm vertraulich bey einer Magd zuentbohtẽ / er solte unbekümmert seyn / Ladisla hätte nichts ohn ihren Befehl und Anordnung getahn; Worauff er dann zu frieden seyn müssen / insonderheit / weil meine Völker sich allerdinge ruhig verhielten / und des GroßFürsten Erklärung erwarteten /sich aber gegen meine drey Gefangene und die andern ädlen ausdrüklich vernehmen liessen / dafern der GroßFürst durch böse Rahtgeber verleitet würde /wolten sie den ganzen Adel lebendig spiessen / ihre Güter rauben / und damit über Rein unter der Römer Herschaft sich begeben. Der GroßFürst ging mit dem bey sich habenden Adel fleissig zu rahte / und hielt ihnen vor / ob zwar der Auffstand durch Ladisla erwecket / unverantwortlich / und straffbar währe / sähe er doch / daß in Betrachtung seiner mehr als brüderlichen Liebe gegen Herkules / er nichts unbesonnenes /aus kindischer Unwissenheit / sondern das vorgenommen hätte / welches Freunde und Feinde loben müsten; daß er aber sich gegen seinen Sohn so hart und unfreundlich erzeiget / hätte er wegen des Adels tuhn müssen / damit sie nicht etwa einen Auffstand im Reiche verursacheten / oder ihn beschuldigten / daß er seinen Kindern nachgäbe / die Reichs Satzungen zuübertreten; Sie solten bedenken / ob eine löblichere Taht in aller Welt von einem geübeten Ritter hätte mögen verrichtet werden / als sein annoch so junger Sohn Herkules durch kũhne Ausfoderung auff der Götter Schuz sich verlassend / begangen / und glũklich vollendet / wovor ihm billicher eine Ehren Kron als die schimpfliche Gefängniß gebühret hätte / und wåhre keiner vom Adel der Auffrichtigkeit gewesen /einige Vorbitte vor denselben einzulegen / welches doch des erschlagenẽ Wittib gutwillig uñ ungeheissen getahn. Nun währe ihm von herzen lieb / daß sie ihm Zeugniß geben müsten / wie unschuldig er an Ladisla vorhaben währe / auch bloß auf ihr gutheissen unterlassen hätte / ihn in der flucht zuverfolgẽ / wovon er doch weiters nicht reden wolte; nur solten sie reiflich erwägen / und ihr Gut dünken über die vorgetragene Stücke ohn alle scheuh anzeigen; er vor sein Häupt hätte den Muhtwillen etlicher vom Adel in seinem Herzen zwar höchlich bißher beklaget / aber zur abschaffung des Unwesens nicht greiffen dũrffen / weil die gröste Boßheit von den ansehnlichsten [925] Seulen des Vaterlandes / oder doch von ihren Kindern begangen währe; diesem hätten die Götter länger nicht zusehen wollen / und es durch seinen frommen tugendliebenden Sohn also geschicket / daß durch die Untertahnen des Adels Frecheit beschnitten werden mũste; währe es nicht zuerbarmen / daß wann etwa ein Unädelgebohrn er durch Liebe zu einer ädelgebohrnen Jungfer / nicht allein mit ihrem guten Willen / sondern wol hefftiger Anreizung sich hielte und sie ehelichte / derselben Anverwanten einen solchen Schwager durchaus Tod haben wolten? hingegen / wann ein ädelgebohrner / eines Bürgers oder Bauren Tochter schändete / und wol gar nohtzwängete / solcher boßhafte Frevel allerdinge ungestraffet hingehen solte? Sie möchten dieses betrachten / und es miteinander überlegen / damit den vergrelleten Untertahnen könte geantwortet werden / welches vor sein Häupt zu tuhn / ob er gleich aus GroßFürstlicher Macht wol befuget währe / er dessen doch bedenken trüge / damit man sich über ihn hernähst nicht zubeschweren hätte. Der anwesende Adel hörete solches mit grosser bestürzung an / dañ ihr Gewissen überzeugete sie grossenteils / daß sie mit ihren Untertahnen mehr gewaltsam als gũtig umbgingen / und taht ihnen weh / daß die Bauren ihnen Recht vorschreiben / und ihrer Macht gewisse Schranken flechten solten / beschwereten sich dessen auch zum höchsten / nebest anzeige / daß der Bömische junge Fürst des Teutschen freien Adels Freiheiten zuschwächen bemũhet währe. Der GroßFürst fragete sie / was von ihnen in den begehreten Stücken dann so höchlich getadelt würde / solches solten sie anzeigen / und seiner gnädigsten Erklärung versichert seyn; worauff sie aber kein Wörtlein zu antworten wusten / ohn dz ihrer wolhergebrachten Freiheit und adelichen Ansehen grosser eingriff geschehen würde / wann ihnen der Bauren Anmuhten solte auffgedrungen werden. Der GroßFürst eiferte sich darüber nicht unbillich / und brach endlich also loß; Was bildet ihr euch dañ wol ein / als ob euer Frevel durch aus nicht gezähmet seyn müste / und ihr unter dem Deckel der adelichen Freiheit allen Muhtwillen verũben dürftet? Ich habe lange gnug mit euer etlichen durch die Finger gesehen / dann alle beschuldige ich keines weges / sondern nur die Verbrechere /welche mir nicht so gar unbekant sind; aber hernähst wil ich durchaus dergleichẽ unverantwortliche Frecheit nicht mehr dulden / ich möchte sonst (wie mein lieber Sohn Herkules recht saget) mit allen meinen Untertahnen in der Götter Ungnade und Straffe fallen. Hieß sie hierauff weg gehen / und daß seine Söhne Herkules und Baldrich / wie auch sein Gemahl uñ junges Fräulein / dazumahl im achten Jahr ihres alters / herzu gefodert würden. Herkules wahr der lezte gewesen / und hatte mit nidergeschlagenen Augen und blödem Angesicht wegen meiner Auffruhr sich eingestellet / auch alsbald einen Fußfal getahn / in Meinung / mir Gnade zuerbitten; Aber sein Herr Vater hatte ihm alsbald ernstlich gebohten / auffzustehen /und ihn nachgehends also angeredet: Du mein lieber Sohn / und höchste Vergnügung meines Herzen; welche Worte seine Fr. Mutter hörend / vor freuden in Ohmacht nidergefallen wahr / weil sie aus seinem vorigen ertichteten Zorn sich einer harten Urtel befürchtet hatte; und als sie wieder durch ihren Herkules und Baldrich erquicket worden / hat sie folgende ihres Gemahls Reden mit sonderlicher Wollust angehöret: ich danke den Göttern / daß durch deine preißwirdige Taht sie meinen GroßFürstlichen Stuel / wie ich lange Zeit vergeblich gewünschet / dereins befestiget / und wieder etlicher des Adels Frecheit / welche ohn [926] verderbung meines Reichs ich nicht zwingen kunte / nunmehr unbewäglich / dir mit zum besten / gegründet haben. So gedenke nun nicht / mein Sohn / daß mein bißher ertichteter Zorn / dir und deiner erworbenen Ehre / icht was zuwieder gesucht / sondern umb des Adels willen / hat es / ohnzweifel aus stifftung der Götter / geschehen müssen / welchen ich durch glükliches vornehmen deines geträuen Bruders nicht mehr zu fürchten habe / und schon Mittel finden wil / daß ihre Freiheit zu sündigen / auffgehaben werde; höre demnach auff / dich als einen Ubeltähter zu schätzen /und bitte durchaus keine Verzeihung / die vielmehr ich dafern ich dein Vater nicht währe / bey dir suchen müste; biß mir aber in diesem Stük gehorsam / und reite mit deinem Bruder Baldrich hinaus zu Ladisla /welchen du wirst zubereden wissen / daß er sich hieselbst bey mir auff Gnade und Ungnade einstelle / jedoch / daß du bey verlust meiner Hulde ihm meines guten Willens keine meldung tuhst / sondern vielmehr begehrest / daß die drey Gefangene von Adel / denen er zweifels ohn / die drey Galgen hat auffrichten lassen / zugleich mit ihm ko en / wie auch andere ädle mehr (da es bey dem Volke zuerhalten) welche sie gefangen haben. Herkules / ungeachtet mannicher aus solcher Anmuhtung nichts gutes geurteilet hätte /wahr hierzu willig / und sahe ich ihn nebest seinen Bruder Baldrich dorther reiten / denen ich zu Fusse entgegen lieff / meines Herkules Pferd beym Zügel fassete / und ihn nach meinen Völkern hinleiten wolte; Er aber warff sich herunter / und sagte zu mir; Du weist Bruder / daß ich dich herzlich / wie meine eigene Seele liebe; so laß mich nun deine rechtschaffene Neigung hinwieder sehen / und reite mit mir hin zu meinem H. Vater; wirstu dich dessen wegern / so sol dir hiemit meine Freundschaft auffgekündiget /und dagegen alle feindselige Rache angemeldet seyn. O Bruder Bruder / antwortete ich / hastu dann so grosse Lust zu sterben / da du mit leichter Mühe leben köntest? oder meinestu / daß ich diese Völker meinetwegen / und nicht vielmehr / dich zu retten / so glüklich gesamlet habe? ich wolte weiter reden / aber mein Hauffe ward Herkules Ankunft inne / deßwegen sie herzuranten / und mit einem grossen Freudengeschrey ihn vor des Vaterlandes Zier / der Boßheit Rächer /und der Unterdrükten Schützer außrieffen / erbohten sich / Leib uñ Leben vor ihn gutwillig auffzusetzen /weil er ein armes Baurẽ Mägdlein zu retten / sich nicht zu hoch geschätzet hätte / bahten endlich / daß er sich ihrer weiter annehmen / und bey seinem Herr Vater verhandeln möchte / daß dem Adel die übermachte Gewalt zur ungebühr / gemässiget würde. Herkules wolte ihm zwar die Leute nicht ungewogen machen / redete aber doch nicht sonderlich freundlich mit ihnen / sondern sagte: Er bedankete sich ihres guten Willens / könte gleichwol nicht loben / wann die Waffen von ihnen wider seinen Herr Vater solten ergriffen seyn / und wolte er lieber sterben / als auff solche weise beym Leben erhalten werden. Ein alter Mann gab ihm darauf zur Antwort: Sie hätten sich nicht so weit vergessen / daß sie ihrer lieben und höchsten Obrigkeit sich widersetzen wolten; nur währe ihr steiffer Vorsaz / ihren künfftigen GroßFürsten aus des Adels Händen zureissen / damit derselbe nicht Schimpff erlitte / welcher das Land den Göttern zuversöhnen sein eigen Blut nicht sparete. Herkules machte hierauff ein freundlicher Angesicht / und sagte: Er hätte vor dißmahl keine Freyheit von seinem H. Vater / mit ihnen sich in Gespräch zubegeben; kehrete sich wieder zu mir / und fragete / ob ich der geschwornen Träue eingedenke seyn / und mit ihm reiten wolte. Ja mein Bruder / antwortete ich / [927] nachdem du viel zu großmühtig bist / einigem Menschen vor dein Leben zudanken / so wil ich mit dir reiten /und meines Verbrechens wegen ja so willig sterben /dein Leben zuerretten / als ich sonst mit dir zuleben wũnsche. Sage mir weder von leben noch sterben /antwortete er / sondern laß uns ohn Verzug meines H. Vaters Willen vollbringen / und das übrige der himlischen Versehung befehlen / so daß die drey Gesanten / und der ganze anwesende Adel ohn verweilen / mit uns fortzugehen / frey gelassen werden. Meine Völker wolten in meinen Abzug durchaus nicht gehehlen / erinnerten mich unsers geschlossenen Bundes / und daß ich mich nit in Unheil stürzete. Aber mein Herkules versicherte sie / sie würden ihres GroßFũrsten Gnade nicht besser / als durch Einwilligung erlangen. Ich selbst / wie zweifelhaftig ich auch wahr / redete ihnen zu / es hätte die Meynung nicht / daß ich sie verlassen / sondern ihr Wort reden wolte / und da sie inwendig sechs Stunden mich nicht sehen würden / soltẽ sie nach gefallen an der ädlen ihren Gütern und Leben handeln / nur / daß alle schon gefangene ädle mir mit gegeben wũrden / damit die andern desto leichter zur Billigkeit gebracht würden. Worauff sie dann alles einwilligten / ich auch zimlichen Trostschöpffete / nit zweifelnd / mein Herkules würde mir schon einen Wink geben / dafern mir Unfall bereitet währe. So bald wir auff dem Schlosse uns befunden / wurden alle meine Gefangene vor den GroßFürsten gefodert /welche er im beyseyn der andern fragete / wie es ihnen er gangen; wie die Bauren sich gegen sie und ihre Güter bezeigeten / und was vor Raht sie gäben / nachdem er mich als den Anführer in seiner Gewalt hätte. Worauff die drey Gesanten geantwortet hatten: Sie könten nicht absehen / was gestalt der allgemeine Bauren Auffstand könte gestillet / und der Adel gerettet werden / wo man ihre gesuchte Stücke nicht einwilligte; der Eifer bey den Bauren wider den Adel währe zu hefftig / hätten ihnen auch so abscheuhliche Tahten erzählet / die fast unmöglich währen zugläuben; biß daher enthielten sie sich aller Tähtligkeit /und solches auff eiferigen Befehl des Böhmischen jungen Fürsten / dem sie sich zu Rettung ihres hochgewogenen jungen GroßFürsten mit Leib und Gut zu allem Gehorsam verpflichtet; Speise und Trank liessen sie aus ihren Dörffern ihnen zufũhren / und was ihnen die von Adel freywillig (also müste mans ja heissen) schenketen / davor danketen sie; und könten sie ungemeldet nicht lassen / daß der Böhmische Fürst ihres gnädigsten herschenden GroßFürsten Wort dergestalt bey den Bauren geredet / daß es nit zuverbessern stünde; würde endlich sehr nöhtig seyn /daß derselbe bald wieder zu ihnen gelassen würde /damit nit etliche verwägene sich einer Gewaltsamkeit wider den Adel unterfingen / wozu ihrer sehr viel nicht ungeneigt währen. Nach solchem vorbringen musten sie alle einen Abtrit nehmen / ich aber und Herkules zu ihm kommen / da er / so bald ich ins Gemach trat / mir freundlich entgegen ging / und nach väterlicher Umfahung sagte: Gesegnet sey die Stunde / mein lieber Sohn und Oheim / da euer Herr Vater euch mir zugeschicket hat; Euer Vornehmen haben sonder allem zweifel die gũtigen Götter euch eingeblasen / dessen glüklichen Verfolg ich nicht besser wünschen mögen; Versichert euch demnach / daß wie ich meinem Herkules niemahls einige Ungewogenheit zugelegt / und mir seine löbliche Taht sehr wol gefallen / also ist mein Gemüt gegen euch nicht anders gesinnet gewesen. So verzeihet mir nun / was ich bißher getahn / und ihr dessen wichtige Ursachen wol erfahren werdet / und gehet hin / euch mit eurem Herkules zuergetzen / biß ich euch werde ruffen lassen. [928] Da musten nun alle meine Gefangene wieder vortreten / mit denen er sich absonderlich beredete / und nach verlauff einer Stunde / ausserhalb des Schlosses im freyen Felde eine Schau Bühne auffrichten ließ / worauff er mit mir und Herkules trat / die gefangene vom Adel aber darunten stehen musten / uñ der GroßFürst also zu dem Volke redete: Ihr fromme und redliche Teutschen; es erscheinet aus eurem jetzigen Vornehmen Sonnenklar / daß ihr gleichwol euer jungen Herschafft euch anzunehmen willens seyd / wann ihnen etwa Gewalt oder andere Widerwertigkeit zustossen solte. Ob nun zwar ich an meinen Söhnen / Ladisla und Herkules ihr Verbrechen zustraffen wol befuget währe / so habe ich doch in Ansehung eurer kräfftigen Vorbitte sie nicht allein zu Gnaden wieder angenommen / und alles verzihen / sondern auch eurem übrigen untertähnigsten rechtmässigen ansuchen stat gegeben / tuhe auch solches hiemit und krafft dieses / also und dergestalt / daß der von etlichen des Adels bißher verübeter Muhtwille gänzlich abgeschaffet / und euch samt und sonders Fürstlich Schuz gehalten werden sol. Im übrigen ist der von meinem Sohn Herkules rechtmässiger weise erschlagene von mir dahin verdammet / daß sein Nahme an dieser von euch auffgerichteten Galgen einem sol angeschlagen / sein Häupt daselbst hinauf gestekt / uñ sein Leichnam darunter begraben werden. Hingegen sollet ihr samt und sonders gehalten seyn /euren adelichen Oberherren allen schuldigen Gehorsam und Dienste zuleisten / auch nicht ohn ursach euch über sie beschweren / sondern sie halten / wovor sie euch gesetzet sind. Eure jetzige genommene Waffen sollen keines weges gestraffet noch geunbillichet werden; aber dafern ihr oder jemand anders sich nach diesem ein gleiches (es geschähe dann zur Rettung eurer Obrigkeit und deren angehörigen mit meiner guten Bewilligung) würde gelüsten lassen / sol es ungestraffet nicht bleiben. Vor dißmahl verfüge sich ein jeder nach Hause / und bleibe seinem GroßFürsten und dessen Erben geträu und ergeben; Die Bewilligung eures geschehenen bitlichen ansuchens / sol in allen Stücken folgen / erstes Tages schrifftlich auffgesetzet / und in meinem Reiche öffentlich / als ein ewig beständiges Gesetz ausgeruffen werden. Hierũber erhuhb sich unsägliche Freude bey allem Volk; Sie rieffen ihrem GroßFürsten und der jungen Herschafft Glük / langes Leben und alle Wolfahrt zu / und erbohten sich / vor dieselbe alles willig auffzusetzen. Auch so bald wir wieder nach dem Schlosse umkehreten / gingen sie von einander / ein jeder an seinen Ort. Bald darauff ließ der GroßFürst den Adel zusammen fodern / hielt ihnen das begehren des gemeinen Mannes vor / welches sie nohtwendig billichen musten /und geboht ihnen / sich gegen die Untertahnen anders zubezeigen / als vorhin von etlichen geschehen währe; welches sie aus furcht der Straffe willig annahmen /und allen willigen Gehorsam versprachen / wiewol sehr viel unter ihnen wahren / denen solches ũberaus wol gefiel / als welche an der andern ihrem Frevel grossen Mißgefallen hatten. Mein Herkules aber wuste sich dergestalt gegen den Adel freundlich zubezeigen / daß er aller Herzen gewan / und sie ihn ja so inniglich liebeten / als der gemeine Mann selbst. Nach dieser Zeit gab der GroßFũrst seinem Sohn eine zimliche Anzahl Knechte / und ordnete ihm die erfahrnesten Häuptleute und Ritter zu / von welchen er des Kriegs unterrichtet / und in allen Ritterspielen geübet ward / worzu er dann sonderliche Beliebung trug / auch im Reiten und Stechen etliche vortelhafte Stücke selbst erfand / durch deren Anwendung er mannichen Sieg erhalten hat. So schikte mein H. Vater mir[929] auch meine Leute / weil ich noch nicht gesinnet wahr / Prage zusehen / wiewol meine Eltern uns alle halbe Jahr besucheten / biß mein Herkules sein / auf zween Monat nahe / 17 des Jahr hinter sich gelegt hatte / und König Amund in Schweden / seiner Fr. Mutter Herr Bruder / von dem GroßFürsten umb etliche tausend Mann zum Beystande / wider seine ungeträue Nachbarn die Reussen anhielt / da wir beyde Lust bekahmen / diesen ersten Kriegszug vorzunehmen / und mit einem Heer von 12000 Mann über die OstSee nach Schweden schiffeten / woselbst wir wol empfangen wurden / und den Reussen mit unser geringen Manschafft nicht wenig abbruch tahten / da insonderheit mein Herkules in einem absonderlichen Kampffe wider einen wolgeübeten Dänischen Fechter grosse Ehr einlegete / als welchen er vor freyer Faust erschlug / uñ dadurch dem Feinde eine statliche Festung abgewan. Nach dieses Kriegs Endigung / der nach des Schweden Wunsch durch gütlichen Vergleich beygeleget ward / besahen wir Dånnemark und Reussen /und unterliessen nichts / was zu ritterlicher übung / in Stechen / Fechten / Reiten / Ringelrennen / Schiessen / Werffen / Lauffen / Ringen / Stürmen / und dergleichen erfodert ward; endlich / nach dem wir zwey Jahr in diesen mitternächtigen Ländern zugebracht hatten /erhielt ich bey meinem Herkules / mit mir nach Böhmen zureisen / weil die Land Stände mich nicht länger ausserhalb Reichs lassen wolten / in betrachtung ich der einige Erbe währe. Er wolte in dieser seiner Erzählung fortfahren / aber es trat ein ädelknabe ins Gemach / und berichtete / der Fürst von Susa wåre mit seinem KriegsHeer 16000 zu Fusse und 24000 zu Rosse ankommen / und hielte er schon vor dem Schloß Tohr. Er hätte mir nie zu ungelegener Zeit kommen mögen / sagte Artaxerxes / weil er mich in Anhörung der anmuhtigsten Begebnissen störet. Ich weiß nit / antwortete Ladisla / daß Eure Liebe durch meine unliebliche Erzählung solte können erlustiget werden / aber das weiß ich wol / daß dieser Fürst von Susa einen frechen Unwillen auff mich und meinen Herkules ohn alle gegebene ursach geworffen / so daß ich fürchte / wo er nicht nach lässet / er mich so lange treten wird / biß ichs mir ihm auff die Faust zuwagen wider meinen Willen gezwungen werde; möchte demnach von herzen wünschen / daß er sich eines andern bedächte / als dann solte das alte ab und vergessen seyn. Eure Liebe machen sich dieses Fũrsten halben keine Gedanken / antwortete er / ich wil schon wissen / ihm diese Stunde gebũhrlich zuzureden; solte er dann auff seinem Troz verharren / so stehe er auch seine gefahr; sonst ist er eine feige Mämme / weiß zwar das Maul zimlich zugebrauchen / und mit dem Frauenzimmer zuscherzen / aber die Waffen haben vor ihm gute Ruhe / und ist mir mit seinen Völkern mehr als mit ihm selbst gedienet / deren er mehr / als sein Anteil bringet / aus lauterm Stolz zusammen getrieben hat. Pharnabazus ward abgeschicket / ihn auff das Schloß zuführen / welche Ehre er lieber einem andern gegönnet hätte. Als nun dieser ihn empfangen wolte / und jener aus seiner Gutsche stieg / trat er fehl / und fiel zu Pharnabazus Füssen nider / welches von den anwesenden unterschiedlich ausgedeutet ward /insonderheit / weil er im Koht sich heßlich zurichtete / da Pharnabazus lachens sich nährlich enthalten kunte. Er schämete sich sehr / ließ von seinen Dienern sich geschwinde abwischen / hångete einen renlichen Reit Rok umb sich / und ging biß in den mittelsten Plaz / da ihn Artaxerxes mit diesen Worten empfing: Durchl. Oheim / Eure Liebe ist mir als ein vornehmes Glied unser Verbündniß wilkommen / und bitte dieselbe auffs fleissigste / sie wolle den trefflichen [930] Helden / König Ladisla und GroßFürst Herkules allen guten Willen erzeigen / wie durch ihre herlichen Siege und Anwendung ihres Bluts sie umb uns wol verdienet haben; solte aber diese meine wolgemeynete Warnung nicht stat finden / wird gewißlich Eure Liebe sich in unnöhtige Gefahr setzen / welches mir sehr leid seyn wũrde / und ich doch nicht abzuwenden wüste / angesehen / unser ganzes Heer so ungläubliche Zuneigung gegen diese Fũrsten träget / daß sie alle willig sind / vor ihre Wolfahrt zusterben. Gobares hatte seiner Spizfindigkeit nach schon ausgesinnet /wie er unsern Helden einen heimlichen Schimpf antuhn wolte / ungeachtet er ihres trefflichen verhaltens gnug berichtet wahr; diese Warnung aber schreckete ihn ab / daß er sich eines andern bedachte / gelobete auch / dafern ihm nicht augenscheinliche ursach gegeben wũrde / Ehren halben anders zutuhn / wolte er äusserliche Freundschafft mit ihnen zuhalten sich nicht wegern / ob gleich sein Herz nimmermehr einige Vertrauligkeit auff sie setzen könte. Solches zuunterlassen / sagte Artaxerxes / stehet zu seinem belieben / wann er ihnen nur nicht mit spitzigen Reden / oder widrigen Geberden so nahe trit; dann sie sind in Warheit vernünfftige Fürsten / denen man keinen Dunst vor die Augen machen kan. Sie gingen nach dem Gemache / woselbst Ladisla mit Arbianes Unterredung hielt / und ihn umb einen Reuterdienst baht / ihm etliche seiner Völker herzuleihen / mit denen er seinem Herkules entgegen reiten wolte. Meine Völker / antwortete er / sind zu Ihrer Durchl. Gehorsam / wie imgleichen ich selbst / mit allem /was ich bin und vermag / daß dieselbe also meiner Leute / als ihrer selbst eigenen zugebrauchen haben /mit angehängter Bitte / mir den Mit Rit freundlich zugönnen. Was könte mir angenehmers seyn / sagte Ladisla / als euer Liebe Geselschafft? Ist demnach nichts übrig / als daß wir uns zur Reise fertig machen / und etwa 4000 Mann mit uns nehmen. Gleich trat Gobares ins Gemach / grüssete Ladisla freundlich / und wünschete ihm wegen der in beyden Schlachten erlangetẽ Ehr / Glük; taht auch sonst etliche Wortgeprånge hinzu / wodurch er seinen Stolz zimlich blicken ließ; da ihm von Ladisla geantwortet ward: Er bedankete sich freundlich / vor beschehene Glükwünschung /hiesse ihn mit seinen treflichen Völkern wilkommen seyn / und håttẽ seine geringe Tahten keine sonderliche Ehre verdienet / wiewol sein Wille nichts suchte /als der HochFürstlichen Verbündniß angenehme Dienste zubezeigen. Hernach offenbahrete er Artaxerxes seine vorgesezte Reise / und ließ alles zum frũhen Auffbruch künfftigẽ Morgens zurüsten. Als sie nun des Abends miteinander zu Tische sassen / entstund schnelle gleich über dem Schlosse ein starkes Wetter /mit hefftigem Blitze / taht aber nur einen / wiewol sehr harten Schlag in das GroßFürstliche Gemach / so das Speise und Trank auf dem Tische verschüttet /und Gobares am linken Arme / doch nur ein wenig gerühret ward; aber die Kleider fingen ihm auff dem Leibe an zubrennen / und umzog ihn der Dampff vom Schlage / so gar / daß er drinnen hätte ersticken mũssen / wo nicht Ladisla ihm beym Leibe ergriffen /und mit sich hinaus geschleppet hätte; über welchen Freundschafft-Dienst er sich so gar nicht bedankete /daß er auch gegen Artaxerxes sich beschweren durffte / er wåhre von ihm gar unhöflich angetastet / uñ als ein MäelSak fortgeschleppet. Der ihm aber hart zuredete: ob er nicht erkeñen könte / daß er in Lebens gefahr gewesen / uñ zweifels ohn umkom?en müssen /wann auff solche weise er nicht gerettet währe; möchte demnach den gar zu hohen Muht brechen / und den heutigen gedoppelten Unfall nicht ohnbetrachtet hingehen lassen; [931] vielleicht witzigten ihn die Götter /nicht über sein Vermögen zugedenken / er möchte sonst / ehe man sichs versåhe / an stat des Fluges gen Himmel / in einen Pfützenfall gerahten. Er hätte ihn weiter angegriffen / sahe aber / daß er in Ohmacht fiel / und ließ ihn auffs beste labẽ / und mit allerhand köstlichen Arzneyen versehen. Ladisla brach des folgenden Morgens auf nach den Parthischen Grenzen /in Meynung / ohn einen Streif in Feindes Land nicht umzukehren; aber Herkules begegnete ihm noch desselben Abends / fünff Meile von Persepolis bey einem Städlein; doch kenneten sie einander wegen der verschlossenen Helme nicht / biß sie nahe zusammen stiessen / und aus der Rede Kundschafft nahmen /warffen darauff die Helme von sich / und empfingen sich auf den Pferdẽ mit herzbrüderlicher Vergnügung / da Ladisla sagete: Ich erfreue mich von ganzer Seele / mein Bruder / daß ich dich frisch uñ gesund wieder sehe; aber berichte mich doch / ob meine Frl. Schwester glüklich erlöset sey. Valiska wahr in der Gutsche ihres Bruders inne worden / sprang in ihren köstlichen Kleidern behende heraus / und lief ihm in hoher Neigung entgegen; welches er ersehend / vom Pferde stieg / und mit offenen Armen ihr begegnete / umfingen einander mit solcher Inbrunst / daß ihnen der gröste Teil ihrer Krafft entging / sie auch einander kein Wort zusprechen kunten / sondern durch küssen und herzen ihre Gewogenheit anzeigeten / biß sie endlich zu ihm sagete: O mein herzallerliebster Herr Bruder / warumb hat er sich doch meinetwegen von seinem allerliebsten Gemahl in diese abgelegene weite entzogen / die sich billich über mich beschweren muß; Gott weiß / wie herzlich michs tauret / daß dieser grossen Mũhe und Gefahr ich habe müssen ursach seyn / getraue doch meinem Gott / er werde uns die unsern schier wiederumb sehen lassen. Hiermit umfing sie ihn abermal / mit Erzeigung aller schwesterlichen Freundligkeit und Liebe. Ladisla verwunderte sich ihrer / daß sie so mänlich und vollkommen worden / ungeachtet sie nur 16 Jahr und 12 Wochen alt /aber wol von 18 Jahren anzusehen wahr; so liebete er sie nicht allein als seine einige Schwester / sondern /welches er höher achtete / als seines Herkules wirdig geschåtzete und versprochene Braut / und gab ihr zur Antwort: Herzgeliebete Frl. Schwester / dem allmåchtigen Gott sey Preiß uñ Dank vor ihre gnädige Erlösung / der uns auch weiter geleiten und schützen wird. Was beklaget sie aber meine Nachfolge / da doch alle ungelegenheit ihr meinet und meiner Liebstẽ wegen zugestossen ist / und ich daher umb so viel mehr mich schuldig weiß / ihrer Rettung nachzudenken / wiewol darzu ich weniger als nichts verrichten können. Sie wolte ihm dieses beantworten / aber Arbianes / welcher bißher mit Herkules gesprachet hatte / setzete sich vor ihr auff ein Knie / und nach geleistetem Handkusse fing er also an: Durchl. Fräulein, Eure Durchl. bittet ein unhöflicher Knecht demühtigst umb Vergebung ehmalen begangenen Frevels / welchen die blosse / oder vielmehr verdeckete Unwissenheit in ihm verursachet / erbeut sich nach äusserstem Vermögen zum gehorsamsten Abtrage / unter willigster Auffwartung / mit alle dem / was seine wenige Schwacheit kan und vermag. Das Fräulein bemühete sich / ihn auffzurichten / und gab zur Antwort: Durchleuchtiger Fürst / ich habe dieses Schimpffs mich billich zubeklagen / und werde Abtrag fodern / daß Eure Liebe unsere fest beschworne brũderliche Freundschafft / so bald aus der acht gesetzet / und mich nicht anders / als eine wildfremde / wil nicht sagen / aufgeblasene und vermässene empfåhet / welche zugeben könte / daß so ein trefflicher Fürst zu ihren Füssen låge; sonst erfreue ich mich Euer [932] Liebe guten wolergehens von herzen / und erkenne mich schuldig / der /zeit meines vermummeten elenden Standes / mir überflüssig erzeigeten hohen Zuneigungen / als lange ich lebẽ werde / eingedenke zuseyn / und mich der Erstattung zubemühen. Arbianes wuste vor freuden nicht zuantworten / dann die übermässige Schönheit / die er vor Augen sahe / benahm ihm die Rede; welches sie merkend / nach seiner Eltern / auch Herrn Mazeus und der seinen Zustand fragete; Worauff er anzeigete /er hätte von denen Befehl / Ihrer Durchl. Rettung bey schleunigster Botschafft anzumelden / würden alsdann ingesamt bald überkommen / und wegen beschehener schlechten Auffwartung sich entschuldigen. Herkules sahe / daß die Dunkelheit einbrach / ließ die Völker / weil daselbst viel Graß vor die Pferde wahr /sich ins offene Feld lagern / und die Gefangenen zwischen sich nehmen / auch aus dem nähstbelegenen Stådlein essen und trinken vor liederliche Bezahlung ihnen zuführen; Er aber mit Ladisla / Arbianes / dem Fräulein und Kleofis / kehreten daselbst ein / und zogen Gallus / Timokles / und die beyde Persische Jünglinge als Auffwarter mit ihnen / woselbst Herkules seinem Ladisla vertraulich offenbahrete / daß am Tage seines mit Mithrenes gehaltenen Kampffes / er mit seinem Schatze die Ehe richtig gemacht / welches er bißher nit melden mögen / nachdem er von dem Fräulein erbehten worden / es so viel möglich / in geheim zuhalten. Nun GOtt Lob / antwortete Ladisla /so ist die Heyraht vollzogen / die ich bey mir selbst gemacht / ehe und bevor ihr einander gesehen; zweifele auch nicht / meine Frau Mutter werde hierüber sich höchlich erfreuen / angesehen der mütterlichen Neigung / damit sie dir zugetahn ist. Sie macheten aber nach gehaltener Mahlzeit ein gemeines Lager / da Ladisla zwischen Valisken und Herkules / und Arbianes diesem an der Seite schlaffen muste. Des folgenden Tages brachen sie gar frũh auff / liessen die Völker samt den Gefangenen ihnen folgen / und ritten mit 40 Pferden schnelle fort / daß sie noch vor Essenszeit vor Persepolis anlangeten / und Arbianes voraus hieb /dem GroßFürsten ihre Ankunfft zuvermelden / welcher neben Pharnabazus ihnen hinaus vors Tohr entgegen ritte / sahe das Fräulein aus der Gutsche steigen / ging ihr entgegen und wilkommete sie mit höchster Verwunderung ihrer Schönheit und Ansehens. Vortrefliches Fräulein / sagte er / ich erfreue mich ihrer glüklichen Erlösung / hoffe es sol Artabanus die ihrer Liebe zugefügete Schmach der Gefängnis mit seinem Leben dereins büssen / weil ein wenigers ich von ihm nicht fodern kan. Valiska bedankete sich der Gewogenheit sehr / und baht umb verzeihung / daß sie seinen Obristen Bubazes mit auffgesprochen / alsdem sie ihre Jungfer verheirahtet / deren sie nicht wol entbehren könte / und sie doch von ihrem Liebsten nicht hätte trennen mögen / hoffete / seine Durchl. würde dieses nicht ungleich empfinden / und ihm etwa in der nähe Dienste geben / wie seine Mannheit verdienete /die er in abtreib- und erlegung der Feinde ritterlich hätte sehen lassen. Er hat euer Liebe billich gehorsamen sollen / antwortete Artaxerxes / und werde ich ihn von nunan zum Obersten dieser Stad Besatzung bestellen / damit neben seiner Liebesten er seiner höchstgebieten den Fräulein untertähnigste Aufwartung leisten könne; vernehme sonsten gerne / dz er dem Feinde sich unerschrocken gezeiget hat / wiewol von diesem Verlauff mir noch nichts vorkommen ist. Herkules erzählete ihm kürzlich wie es mit der Fräulein Erlösung / und Bagophanes Verfolgung abgelauffen wahr / daß auch das Fräulein 1000 Gefangenen die Freiheit geschenket / und [933] die übrigen sich bald stellen würden. Sie warteten auch daselbst im Felde biß in die dritte Stunde / da die Gefangene ankahmen / welche Herkules dem GroßFürsten einliefferte / nebest anzeige / daß er ihnen versprochen hätte / bey ihm Gnade zuerwerben; Aber er wolte sie keines weges añehmen / sondern schenkete sie dem Fräulein / nach belieben damit zu schalten; welche zur Antwort gab / sie verstůnde leicht / daß seiner Durchl. mit dem unnützen Gesinde nicht gedienet währe / und demnach ihr die Ehre gönnete / sie frey zu geben; wolte also / da ihrer Durchl. es nicht zu wieder / sie mehrenteils ihrem Könige Artabanus wieder zu schicken /und von den leztgefangenen 600 vor Leibeigene behalten / welche ihrem Herrn Bruder und Herrn Oheim bey ihren Leib- und Hand Pferden dieneten; Diese Zahl ward von den geradesten und jũngsten außgesucht / in die Stad geführet / und mit Knechtischen Ketten belegt / hatten doch einen gelinden Dienst /und hielten sich biß auff sehr wenige geträu und fleissig. Die übrigen redete Valiska also an: Sehet diesen Großmächtigsten GroßFürsten des uhralten Persischen Reichs / ihr Gefangene / und danket seiner Hocheit gebührlich / daß er meiner Wenigkeit euch geschenket / und wieder frey zu lassen gnädigst beliebet hat. Teilet euch aber also bald / und lasset alle Obristen / Ritmeister / und ädle Ritter absonderlich treten. Dieses geschahe alsbald / und wahren derer 14 Obristen / 40 Ritmeister und 36 ädle Ritter / 90 an der Zahl / zudenen sie sagete: Wählet einen aus eurem mittel / daß er mit dem Hauffen / welchen ich ihm zuordnen wil / fortgehe / und dem Könige Artabanus anmelde / es habe GroßFürst Herkules aus Teutschland euch seine Kriegsbeamten und Ritter bißdahin gefangen behalten / daß meiner Freundin Kleofis väterliches Erbe umb zwo Tonnen Schaz (dann so hoch wahr es angeschlagen) verkauft / und das Geld in Persepolis ihr gelieffert werde / alsdann wil ich euch allen die Freiheit auch zustellen; solte aber euer König sich dessen wegern / müsset ihr alle neunzig /Zeit eures Lebens Leibeigene seyn und bleiben. Diese erbohtẽ sich / so viel Gelder vor sich selbst ũberzuschicken; aber sie antwortete ihnen; ihr höret /was euch gesagt ist / der König selbst muß es von der Erbschaft senden / oder ihr bleibt Leibeigene; rieff darauff zwanzig gemeinen Gefangenen / gab ihnen /und dem abgeschikten Ritmeister gute Reitpferde mit allem zubehör / welche Timokles von der Beute bekommen hatte / und hieß sie schnelle fortreiten / dem Könige solches anzumelden / und daß man inwendig vier Wochen die Gelder haben / oder die Bürgen Leibeigen machẽ wolte. Ihr müsset aber / sagte sie /diese 21 Pferde so gut wieder herschaffẽ als ihr sie empfanget / oder meinem Timokles vor jedes durch die Bank 200 Kronen schicken. Diese gingen alsbald fort / den Befehl außzurichten. Als diese weg wahren /sagete sie zu dem grossen Hauffen der Gefangenen; folget ihr nun euren Vorreitern / und zeiget eurem Könige an / daß ihr den Großmächtigsten Artaxerxes nebest meinem H. Bruder König Ladisla gesehen / und meines Herrn Oheims GroßFürst Herkules sie greiches Schwert empfunden habet; auch daß ich ihn bitlich vor mich allein ersuchen lasse / nicht allein mit höchstgedachtem Beherscher des Persischen Reichs einen guten Vergleich und Nachbarliche Freundschaft auffzurichtẽ / sondern auch die meinen / wegen zugefũgetẽ Schimpfs zuvergnügen. Ja / taht Ladisla hinzu / sprechet; ich lasse nach wirdiger Begrüssung ihn fragen / ob er auff mein neulich eingeschiktes Schreiben sich nicht schier erklären werde / damit ich wissen möge / an was Ort und Ende ich seines Speers und Säbels wahrnehmen solle. [934] Herkules verstund hieraus / was vor einen Brieff Artabanus in seiner Gegenwart so grimmig zurissen / und erzählete es vor allen Anwesenden öffentlich; dessen Artaxerxes wol lachete / und zu Ladisla sagete / daß es die Gefangenen höreten: Mein Herr Bruder hätte meines ermässens dem unzüchtigen Wũterich nicht einen Absags Brieff / sondern ein stolzes Mägdlein zuschicken müssen / die er mit den Zähnen so leicht nicht würde zurissen haben; demnach wir aber Gelegenheit finden werden / ihn zum Treffen zubringen / wollen wirs biß dahin auffschieben / und nach Zeits gelegenheit ein wenig Speise zu uns nehmen / weil auff solche Gäste ich mich heut nicht geschicket habe. Die Gefangene danketen vor ihre Freiheit mit einem demühtigen Fußfalle / und wurden mit nöhtigen Speisen versehen /auch von 3000 Reutern biß an die Parthischen Grenzen begleitet. So bald die unsern dz Schloß erreichet hatten / gingen die Fürsten ingesamt nach Gobares Gemache / und besucheten ihn ehrenhalber / welcher wegen des Schreckens uñ Schlages sich unpaß befand; doch ging das Fräulein nicht mit / sondern ließ von Kleofis sich auff einem absonderlichen Zimmer einwenig zieren / da sie nach gehaltener Mahlzeit aller hand unterredung pflogen / insonderheit das Fräulein wie Arbianes und Pharnabazus. Gobares wahr fast zornig / daß das Fräulein ihn zubesuchen nicht wirdigte / doch weil er ein sonderlicher Liebhaber des schönen Frauenzimmers wahr / hätte er gerne wissen mögen / ob dann etwas sonderliches an ihr /daß der Mühe / ihretwegen so viel zuwagen / wert währe; foderte deßwegen seinen Schmarotzer und Kupler Bagoas zu sich / er solte dem GroßFürsten bey Tische aufwarten / und das fremde Fräulein eigentlich betrachten / daß er sie ihm auffs genaueste beschreiben könte / da sie dessen wirdig währe. Dieser hielt sich dem Befehl gemäß / kam nach verlauff einer Stunde wieder / und taht folgenden Bericht: GroßmächtigsterFürst / allergnädigster GroßHerr; Als ich in den Saal trat / woselbst die stolzen Fremdlinge mit Artaxerxes (welcher euer Hocheit billich die Oberstelle / als dem berümtesten Helde der Welt abtreten solte) Mahlzeit hielten / und weiß nicht was vor ein ungeschiktes Geplauder führeten / ward ich eines treflich schönen Bildes gewahr / deßgleichen in euer Hocheit ganzem Zimmer nie ist gesehen worden. O mein Bagoas / fiel ihm Gobares in die Rede / hilff ja bald nachsinnen / daß ich ihrer geniessen möge. Dieser geniessen? antwortete er; nicht ein meid / sondern ihre Hocheit werden mir Königlich versprechen / daß ich Freyheit haben solle / mich an ihrer schöne zuergetzen. Bistu Narr unwitzig? sagte Gobares / was woltestu nach der Speise schnappen / die nur unsers gleichen vorbehalten wird? verzeihet mir / allergnädigster Herr / sagte Bagoas / ich rede nur von der Fräulein Dienerin / die so völlig schön und zierlich ist daß ihres gleichen ganz Susa nicht kennet. Aber Odas unvergleichliche Fräulein! ihr Götter / und nicht mein geringster Gott / Gobares / straffet mich euren Diener nicht / daß ich mich er kühne / eine volkommenheit zubeschreiben / die den Himmel selbst übertrift / und von keinen andern Eltern / als von der Sonnen uñ dem Morgenstern kan gezeuget seyn. Die Griechen haben viel von ihrer Helena geschrieben / aber dieses Fräulein / dieses göttliche Fräulein / ist eine vielhundertausendmal volkommenere Helena / umb deretwillen nicht nur Artabanus sein Reich / sondern Jupiter selbst seinen himlischen Siz verlassen / und mit diesem Wunder-Bildichen sich in einen engen Winkel verstecken solte / damit nicht jemand ihm diese übervolkommene Glũkseligkeit mißgönnen / und neben ihm [935] der allersüssesten Niessung begehren möchte. O du mein ungelehrter Pinsel / woher wiltu doch Farben nehmen / diese Hi elszierde / dieses Wunder-schön /auch nur nach den gröbesten Zügen zuentwerffen? Alle Leibes und Seelen volkommenheiten / ja der Kern aller vortrefligkeit und Zierde / samt einer demũhtigen Höfligkeit / und höchstwolgestalten Demuht / die kein ståublein der Königlichen Hocheit verschenket / finden sich bey diesem Fräulein / O wunder! dermassen überflüssig in unnachdenklicher völle / daß ich mit einem Kinderlöffel das Persische Meer außzuschöpffen mir ehe getraue / als zubeschreiben / was meine Augen an diesem Lust Himmel gesehen. Tausendmahltausend Fräulein könten mit ihrer Schönheit zu aller gnũge außgezieret werden /und behielte sie dannoch einen solchen Vorsprung /der bey tunkeler Nacht / ja mit beschlossenen Augen möchte erkennet / und von dem allerwirdigsten Könige biß auffs sterben wirdigst geliebet und heftigst begehret werdẽ. O schweige Bagoas / schweige / sagte Gobares; dieser Reden bin ich ja an dir nit gewohnet. Vielzuwenig / allergnädigster Herr / viel zu einfältig /viel zu schlecht sind meine Worte / sagte er; meine Augen wolten anfangs nicht trauen / was ihnen vorstund; meine Vernunft überlieff von verwundern / als ich dieses himlische Meisterstũk erblickete; ja in so tieffes Mißtrauen geriet ich dazumahl / daß ich meinete / die Volkom?enheit selbst / oder doch ihr Abdruk währe mir in etwa einer Verzũckung erschienen; ich begunte schon zu wanken als ein Trunkener / und wolte Weirauch und Kohlen fodern / eurer Hocheit Schuz- und Liebes-Göttin zu opffern / als die den wirdigsten Ort bey dem Tische bekleidete / uñ vielleicht von niemand anders / als nur von mir gesehen würde; aber ich besan mich / da sie die unvergleichlichsten Lippen / (vor denen die Rubinen und Korallen erbleichen) in höchster Zierligkeit von einander taht / und die gleichriegigen Helffenbeinen Zähnlein sehen ließ /zwischẽ denen eine dermassen anmuhtige wol klingende Stimme hervorbrach / daß mich gedauchte /Schüsseln und Gläser würden einen Freudentanz auff dem Tische anfahen / gestaltsam meine Vernunft sich alsbald in der Urtel verstöret befand / ob meine Ohren vom hören / ober die Augen vom anschauen mehr belüstigung empfingen. Zwar ich habe ihr Angesicht mit den Gedanken eine grosse Stunde / die mir kein Augenblik dauchte / tiefsinnigst überlauffen / aber unmöglich wahr mirs / ichtwas davon recht zu fassen; dann / betrachtete ich ihre himlische Stirn / so zogen mich ihre beyde Sonnen (die Augen meyne ich) davon ab / sie zu beschauen; aber die Augenlieder / O der schönsten Vorhånge! machten mich dann in sich alsbald auff ein neues verliebet; wo zwischen die über allen Wunsch wolgestalte Nase sich legete / und zu ihrer nachdenkung mich einlude. Aber O ihr Wångelein / wer hat jemahls eine solche Vermischung des allerlebhaftesten rohtweisses gesehen? Der nicht minder sũsse als schöne Mund überwieget weit meine Reden / weil er in dieser Welt keinen gleichen hat. Das Kiñ mit einem kurzen Rizlein durchzogen / gibt den übrigen Stücken nicht daß allergeringste bevor; und daß ich der güldenen Haare nicht vergesse / die auff beyden Seiten über den Schuldern von sich selbst gekräuselt / herab hingen / halte ich deren jedes vor eine gnug starke Kette / aller anschauenden Herzen im Nuh dermassen zu fesseln / daß sie nichts anders wünschen / als in den Diensten dieser vol-schönen zusterben. Kurz uñ mit einem Worte zusagen; dieses / ja einig dieses Fräulein ist es / die euer Königl. Hochheit Liebe und Huldeich wirdig achte. Gobares hörete zu als ein Verzücketer / und sinnete [936] unter dieser Erzählung schon nach / wie er dieses anmuhtige Tåubelein berůcken / und mit seinem Garn zu sich reissen möchte / die er doch weder gesehen / noch geprũfet /ob sie von den Zahmen währe / die jedermans Freunde sind. Es machte ihn auch diese Begierde so munter / daß des dritten Tages nach ihrer Ankunft / an welchem das Freudenfest ihrer Erlösung und Bubazes Hochzeit solte gehalten werden / er sich aus seinem Lager erhub / und mit prächtiger Kleidung sich belegete. Valiska hatte sich auch Königlich gezieret / und zugleich ihre Kleofis mit vielen Kleinoten behänget. Nun wolte er aber dem Fräulein eine Ehre tuhn / und seines ersten Außganges sie auff ihrem Gemache besuchen / schickete auch einen wolgepuzten ädelknabẽ zu ihr / mit vermeldung / da ihrer Durchl. es nicht zu wieder / wolte sein Fürst deroselben in ihrem Gemache gerne auffwarten / und wegen gesunder ankunft ihr Glük wũnschen; welches ihm dañ mit hoher Danksagung verwilliget ward. Es kam aber gleich darauff Herkules zu ihr gangen / und foderte sie auff Ladisla Gemach / etliche nothwendigkeiten abzureden / da inzwischen Gobares sich einstellete / und Kleofis allein ersehend / sie vor das Fräulein hielt / auch alsbald in heisser Glut gegen sie entzündet / sich auff die Knie niederlegete / und ihr die Hand küssend anfing: Durchl. Fräulein. Diese erkennete seinẽ Irtuhm / trat zurück / uñ sagete mit grosser Schamhaftigkeit; Durchl. Fürst / gnädiger Herr; ich bitte untertähnig umb vergebung / ihrer Durchl. anzudeuten / daß dieselbe an mir unwirdige sich irren / weil ich ja nicht das Durchl. Fräulein / sondern nur dero Dienerin bin. Gobares zürnete auff sich selbst / daß er vor einer ädel Jungfer sich gedemühtiget hatte / stund bald auff / und inbetrachtung ihrer Schönheit / sagte er; Schönste Jungfer / mein Irtuhm kan zu nichts schädlich seyn / massen eure Volkom?enheit wol verdienet / daß sie von Fürsten geehret und geliebet werde; wie ich mich dann gegen sie zu aller Freundschaft anerbiete. Nun hatte Herkules Leibknabe diesen Fürsten in der Fräulein Gemach treten sehen / und deutete es seinem Herrn in der Fräulein Gegenwart an / die aber ihren Bruder und Liebsten baht / mit ihr zugehen / weil sie bey fremden nicht gerne allein währe; hätte ohndaß ein schlechtes Herz zu ihm / wegen der Ungewogenheit / die er ihnen ehmahls erzeiget. Als nun Gobares sie herein treten sahe / gedauchte ihn nicht anders / er såhe eine Himmels Königin; dann wie freundlich sie sonst wahr / nahm sie sich doch vorsezlich einer sonderlichen Ernsthaftigkeit an gegen ihn / in dem sie nach beschehener Neigung zu ihm sagete; Durchl. Fürst / die Ehre ist zu groß und unverschuldet / daß seine Liebe auff einem einsamen Zim?er mich besuchen wollen; erfreue mich dannoch ihrer Liebe wieder erlangeter Gesundheit / und bitte / dieselbe mit meinem Herrn Bruder und Oheim nach dem Hochzeit Saal gehen wolle / wohin ich mit dieser Braut bald folgen wil. Gobares stellete sich überaus höflich /küssete ihre zarte Hand kniend / uñ redete sie also an: Durchleuchtigstes unvergleichliches Fräulein / es hat die Schuldigkeit mich auffgemahnet / ihrer Durchl. gehorsamst auffzuwarten / als deren glükliche Erlösung und wieder erlangete Freiheit mich zum höchsten erfreuet hat / so bald ich inne worden bin / daß der unflähtige Wüterich Artabanus in seinem unverantwortlichen Vorhabẽ verstöret / uñ euer Durchl. Ehre gerettet ist / gelobe auch euer vortefligkeit hiemit äidlich an / daß ich meines Fũrstentuhms äusserste Macht anwenden wil / damit die Unbilligkeit gerochen werde / welche euer Durchl. durch gefångliche auffhaltung schimpflich angeleget ist. Valiska nöhtigte ihn auffzustehen / bedingete sich der gar zu grossen Ehre / und nach beschehener Danksagung [937] wegen des hohen Erbietens / rühmete sie seine Fürstliche Tapferkeit / daß sie hiedurch verbunden würde / seine Tugend groß zuachten. Herkules gefiel nicht übel / dz dieser unfreundliche einen bessern Willen gefasset hatte / welches er auch bey ihrer ersten Besuchung sich merken lassen / und weil er das Fräulein nach dem Saal zubegleiten sich selbst anerboht / kunte sie ihm solches nicht wegern; da er von Begierden und unkeuschen Reizungen sich dermassen angefüllet spüren ließ / daß er die Flammen so wol nicht unterdrücken kunte / daß Ladisla / der seiner Unzucht von Artaxerxes berichtet wahr / es nicht solte gemerket haben / und daß er mit weit andern Gedanken umb ginge / als die Worte lauteten; dessen er doch gegen Herkules / Ungelegenheit zuverhüten / sich mit keinem Worte vermerken ließ / insonderheit / weil ihm beydes seiner Fräulein Schwester Zucht / und Gobares Furchtsamkeit gnug bekant wahr. Die vornehmsten Obristen des Persischen Heeres wahren zur Hochzeit geladen / die zwar Bubazes wegen seiner Heyraht glükselig preiseten / aber an Valisken sich dermassen vergaffeten / daß ihre einhellige Urtel wahr / es könte ein volkommener Glük als die wirkliche Niessung ihrer Schönheit / nicht erdacht werden. Bey der Mahlzeit saß Gobares dem Fräulein allernähest / dessen er auff Artaxerxes schlechte nöhtigung sich nit wegerte /und sattelte ihn die Hoffnung dermassen / daß er an nichts gedachte / als wie er Gelegenheit finden möchte / ihr seine Liebe verstehen zugeben / dann er wahr noch unberichtet / daß Herkules sich mit ihr versprochen hätte. Das adeliche Persische Frauenzimmer hatte sich in zimlicher anzahl eingestellet / die nach auffgehobenen Speisen einen zierlichen Tanz nach Landes Art unter sich hielten / biß Ladisla seine Frl. Schwester auch zum Tanze führete / und sie ehrenhalber Gobares brachte / welcher sich dessen hoch bedankete / und gleich mit den Gedanken umbging / Gelegenheit zu haben / wie er sein Gemahl umbringen /und hernach das Fräulein ehelichen könte. Im Tanze wendete er alle Zierligkeit an / worin er besser als in Waffen geübet wahr / und nach dessen Endigung redete er sie also an: Unvergleichliches Fräulein / Himlisches Bilde; wie inbrünstig suchet meine flammenhitzige Seele / die Begierden anzuzeigen / welche mich treiben / die Volkommenheit anzubehten / so ihrer vortrefligkeit beywohnet. O du glükseliges Feur / daß von den Strömen dieses süssen erquikwassers sol gelöschet werden! O ihr hoch begnadete Augen /die ihr dereins vergünstigung haben sollet / die unaussprechliche Schönheit dieses göttlichen Leibes anzuschauen. So bitte und flehe nun du durch uñ durch verliebeter Gobares / dz deine begierige Knechtschaft in deren Diensten möge auffgenom?en werden / die von deiner Seele über den Himmel selbst geschätzet wird. Das Fräulein hörete diese reden mit solchem Unwillen an / daß ihr das Herz im Leibe erzitterte /wahr anfangs bedacht / ohn Antwort von ihm zugehen / aber umb auffsehens willen / und daß ihm sein falscher Wahn gänzlich möchte benommen werdẽ / gab sie ihm mit ernstlichen Geberden diese Antwort: Gnug / Fũrst von Susa / gnug / wo es nicht gar zuviel ist; und wes zeihet ihr euch gegen ein Königliches Fräulein / die ihre Ehre tausendmahl lieber als ihr Leben hat? Ich kan beteuren / daß der grosse Artabanus selbst der Verwägenheit nicht gewesen ist / mit dergleichen Anmuhtungen mich anzusprengen / da er doch ohn ein eheliches Gemahl lebet; und Fürst Gobares / der geheyrahtet hat / solte ungebührliche Liebe bey mir suchen dürffen? meinet ihr etwa / ich werde euch dem grössesten Könige vorzihen / und euch in Unzucht folgen lassen / was jener in Königlicher Heyraht nicht erhalten mögen? lasset euch ja in Ewigkeit solcher Reden nicht mehr verlauten / [938] daß ich nicht verursachet werde / mich dessen zubeschweren. O nein; Valiska ist keine himlische / vielweniger göttliche / aber auch ja so wenig eine leichtsinnige / die auff unzüchtiges Feur ihr Löschewasser schütten /oder unbendigen Augen mehr als den Weg neben hin gönnen solte. Bedenket hernähst meine Hocheit / und entschlaget euch der Gedanken / ichtwas unkeusches bey mir zuerhalten / so wil ich diesen euren Frevel unter die Füsse der Vergessenheit treten / und eures Unglüks keine Ursach seyn; im wiedrigen sol diese meine Hand durch rechtmässigen Kampff sich an euch rächen. Hierauff wolte sie seine Antwort nicht erwarten / sondern nach höflicher Neigung (umb der Anwesenden willen) trat sie zu Kleofis / hielt einen Tanz mit ihr / und führete sie Artaxerxes zu / der nach dessen Endigung ihr ein Adelgut nahe bey der Stad gelegen / zur Außsteuer schenkete. Es hatte sich Gobares an seinen alten Plaz wieder gesetzet / und muste Valiska / Argwohn zu meiden / sich zu ihm verfügen. Er wahr aber der unvermuhtlichen Antwort so bestürzet / daß er meinete / zu verzweifeln / weil der stolze Nar ihm nicht einbilden können / das sein Anmuhten ihm solte versagt werden. Gleich wie aber einem Fieberkranken durch wegerung des Trunks der Durst und die Sauffbegierde nur gemehret wird / also nahmen die Begierde der abgeschlagenen Niessung bey diesem Unzüchtigen heftiger zu / ward auch in etwas wieder auffgerichtet / wie er sahe / daß sich das Fräulein zu ihm setzete / und keinen Wiederwillen merken ließ / fing demnach viel einander Gespräch mit ihr an / und beklagete das Leid ihrer Fr. Mutter / in welches sie durch ihre gewaltsame Entführung gestürzet währe. Aber so blödes Gehirns wahr sie nicht / daß sie dieser Stellung nicht solte wahrgenommen haben; wahr doch wol zu frieden / daß er seyn selbst acht hatte / und beantwortete es mit guter Freundligkeit. Desselben Tages wählete sie zwo zierliche ädle Jungfern / Andia und Amestris / die ihr stete Geselschaft leisten solten / nam auch eine Leibdienerin an / nahmens Apame / die äusserlich sich srom zu stellen wuste / aber im Herzen voller Leichtfertigkeit wahr. Diese Nacht volführete Gobares mit Seufzen und Liebesgedanken / dessen Ursachen sein Bagoas zuerfragen sich erkühnete / und von ihm vernam / wie abschlågige und zwar schimpfliche Antwort ihm das Fräulein auff sein Ansuchen erteilet / so daß er zu sterben sich erwogen hätte / weil ohn sie zu leben ihm unmöglich währe. Dieser aber tröstete ihn mit frischen Reden / man müste in der gleichen Sachen sich nicht übereilen; gut Ding wolte weile haben / und währe ihre Hocheit trauen zum Künstler verdorben /wann sie an einer treflichen Arbeit so bald erliegẽ wolte / da jene offt etliche Wochen nur mit den gröbesten Feilen zubringen müsten / wann sie etwas sonderliches vorhätten. Was man mit leichter Mühe erlangete / gäbe kurze Wollust / uñ brächte die erlittene Gefahr nach erhaltenem Gute eine sonderliche Vergnügung / wañ wir daran gedächten; Eure Hocheit betrachten sagte er / was Artabanus vor Schmerzen wegen des gänzlichen Verlustes dieser Volkommenheit erdulden muß / und sie wolte auff der ersten Stuhffe verzagen / da sie nach diesem allerschönsten Gewächse steigen? nicht also / mein König; sie wil ohnzweiffel die Bewehrung eurer Beständigkeit zuvor haben / ehe sie sich vertraulich heraus lässet, aber ob sie gleich durchaus nicht wolte / müste man deßwegen dann an gutem Verfolg alsbald verzweifeln? Sie lasse nur mich machen / und verheisse mir die Kleofis / die mein Herz besessen hat / so wil ich schon mittel finden / auch wider ihren Willen Euer Hocheit sie zuliefern / da wir sie in aller stille nach Susa bringen / uñ euer Herz nach allem Wunsch vergnügen wollen. Gobares wuste / daß er zu solchen Sachen [939] sehr arglistigund verschlagen wahr / versprach ihm daher die Kleofis zum Weibe / und daß er ihm eine freye Herschafft in seinem Fürstentuhm erblich schenken wolte. Hierauff machte Bagoas sich des folgenden Tages an Apame der Fråulein Magd / gab grosse Liebe vor /und durch Schenkung erhielt er bey ihr seines unzüchtigen Muhtwillens Vergnügung / wodurch er sie nachgehends zu seinem begehren ihm verbunden machete. Fabius / der den Nahmen Kleon abgelegt / und sich Brokubelius nennete / wolte in der Persischen Grenze Stadt die Zeit nicht vergeblich zubringen / sondern weil er vernam / daß alle Ritter / so durch Persen reiseten / auffgehalten und in Dienste genommen / oder aus dessen Wegerung vor Feinde und Verrähter gehalten würdẽ / machte sich Sudwerz nach dem Königreich Armuzia / jezt Ormus geneñet / und am Persischen Meer gelegen / woselbst er 1000 wolversuchte Reuter annam / mit denen er sich des Weges / den er kommen wahr / auff die Fahrt begab / in Meynung /einen weiten Umschweiff durch Assyrien und Meden zunehmen / und von dannen nach Parthen sicher zugehen / weil er gänzlich meynete / Ladisla würde bey Artabanus Dienste genommen / und vielleicht seinen Herkules daselbst angetroffen haben. In den Persischen Grenzen geriet er mit einem grossen Indier in Streitigkeit / den er zufusse bestund / und in offenem Kampffe erlegete / wodurch er bey seinen Leuten ein grosses Ansehen bekam. Sein leibeigener Orsillos wahr ihm in Armuzia wunderlich wieder in die Hände gerahten / dann dieser hatte durch rauben und stehlen so viel gesamlet / daß er ein gutes Pferd und nöhtige Rüstung eingekaufft / in willens / Bestallung zu nehmen; und weil er hörete / daß Obrister Brokubelius frische Anreitsgelder gab / machte er sich hin zu ihm /solche zuempfangen; aber O wie entsetzete er sich /da er sein Angesicht sahe / auch Fabius / der ihn alsbald kennete / ihn also anfuhr; Woher führet dich das rachgierige Unglük zu deiner gebührlichen Straffe? und wer hat dich meinen leibeigenen in diesen Reuter Harnisch verstecket? Dieser fiel demühtig vor ihm nider / und baht sehr / ihn frey zulassen / nachdem er seiner Bosheit wegen gnugsame Straffe ausgestandẽn hätte / bekennete auch alles / wie er sein Leben errettet / und davon gelauffen währe; aber die Gedächtniß des ausgestandenen Schimpffs lag Fabius viel zu hart im Sinne / daher er ihm den Harnisch abzihen / und mit Knütteln hefftig abschlagen ließ / hielt ihm seine Unbarmherzigkeit vor / und ließ ihm schwere Ketten /daß er nicht entlauffen solte / anlegen; also muste er sich auffs neue rechtschaffen leiden / und als ein Gefangener neben seiner wolgeputzeten Ritterschafft daher lauffen. Zu Charas gingen diese Zeit die Sachen wunderlich durcheinander; dann König Artabanus / wie bemühet er gleich wahr / seine Völker schleunigst zusamlen /wolte doch eine so grosse Macht sich nicht aus dem Sacke schütten / noch die nöhtige Ausrüstung und Unterhaltung mit Worten sich schaffen lassen; überdas wahr sein Gemüht wegen der Fräulein Flucht dermassen erschlagen / daß er dem Kriegswesen nicht gebũhrlich obliegen kunte / und hatte noch Hoffnung /sein Bagophanes würde etwas statliches ausrichten. Als aber derselbe so gar einsam (massen er aus der Parthischen Grenze Stad nur vier Kriegsknechte zur Begleitung mit sich genommen) wiederkam / und ihm angezeiget ward / daß er vor dem Schloß Tohr gar einsam / umb vorgelassen zuwerden / anhielte / währe er schier von Sinnen kommen. Doch ließ er ihn vorfodern / und so bald er ihn sahe / rief er ihm zu: Wie ist dirs ergangen / Bagophanes / hastu des Spitamenes und Madates Glük gehabt? Er [940] taht alsbald einen Fußfall / und fing also an: Allergnädigster König; ich habe allen möglichen fleiß angewand / dem Fräulein auff die Spuhr zukom?en / habe auch die Grenze Stad / in welcher sie sich auffhielt / ausgekundschaffet /meine Völker heimlich verstekt / und mich dahin begeben / sie gesprochen / das Schreiben ihr geliefert /und zur Antwort bekommen; Sie könte sich nicht als eine geraubete und gefangene verheyrahten / sondern dafern der grosse König entweder von ihrer Fr. Mutter Einwilligung erlangete / oder sie mit dem Schwerte gewünne / währe sie darzu bereit und willig. Was solte ich nun getahn haben / allergnädigster König? Das Städlein wahr mit schmalen Graben und geringen Mauren umgeben / ich merkete dariñen wenig Völker zur Besatzung; hingegen hatte ich 16000 Mann bey mir; aber auch bey ihr wahr der tapffere Teutsche Herkules; was solte ich getahn haben / allergerechtester / allerweisester König? Nun merken wir erst /sagte Artabanus / daß wir an dir einen Narren ausgeschicket haben; fragestu noch / was du hättest tuhn sollen? Du hättest sollen das schwache Stådlein anlauffen / stũrmen / unser Fräulein retten / den Buben Herkules erwürgen / und alle Inwohner samt der Besatzung nidermachen; und hättestu nur so viel Herzens gehabt / würden wirs unvergolten nicht lassen /obs gleich mißlungen währe. Allergnädigster König /antwortete er; ich habe es gleich also zumachen vorgehabt / ich habe die Stad mit den meinen angelauffen und gestürmet / unter der Meynung / weil sich keine Völker / ausser geringer Besatzung dariñen vernehmẽ liessen / bald Meister zuwerden; aber / ehe ich michs versahe / und ich das eine Tohr samt der Maur schier in meiner Gewalt hatte / da fielen von beyden seiten bey die 10000 der wolversuchtesten Reuter unter Herkules Anführung auff mich an; bald drungen etliche tausend Schützen zu fusse mit heraus / daß meine Leute / die sich zum Sturm enge bey ein ander hielten / kein Feld gewinnen / noch in eine rechtmässige Schlacht Ordnung sich stellen kunten / daher mir in die 4000 / wiewol nicht ohn der Feinde Blut / nider gemacht / die ũbrigen in der enge gefangen genommen wurden; welche aber von Herkules gute Vertröstung zur Freylassung bekahmen. Ich bin nachgehends von Herkules gewirdiget / bey seinem Tische Speise zunehmẽ / und habe von dem Fräulein in absonderlichem Gespräche gnug verstanden / daß /nachdem sie von der Bezauberung befreyet / sie nichts lieber wünschet / als durchs Schwert erstritten zuwerden. Eins ist noch von meiner Erzählung übrig / welches ohn zweifel eurer Königl. Hocheit eben so grosses verwundern bringen wird / als mir; daß nehmlich der Schwarzkünstler Valikules das Angesicht der Fräulein bey der Wegführung verstellet / wie er sich selbst verstellen kan / massen sein Angesicht / welches er uns alhier hat sehen lassen / nicht sein eigentliches / sondern ein angenommenes ist / sonst wann er in seiner wahren Gestalt sich sehen lässet / ist er der schönste Jüngling / mit gelbem Haar und zartem Angesicht / und eben der Teutsche GroßFürst Herkules /dessen Waffen nicht ohn ursach so hoch gerühmet werden. Weil ich nun in diesem Zuge eben dasselbe vorgenommen habe / welches Ihrer Königl. Hocheit eigener Wille gewesen ist / hoffe ich gänzlich / dieselbe werde nach ihrer beywohnenden Gerechtigkeit /wegen meines unfalls allergnädigstes Mitleiden tragen / und sich versichern / daß ich leben und sterben / ja auch nach meinem Tode bleiben wil / Ihrer Königl. Hocheit allergeträuester Diener / uñ gehorsamster Knecht / ohn alle Ausrede. Der König gab sich in allem zufrieden / aber als er vernam / daß er von Valikules so schlim- uñ verächtlich hintergangen wahr /währe er schier von Sinnen kommen / dräuete ihm auch [941] die abscheuhlichste Pein und Straffe / welche er erdenken könte / und daß alle Verrähter an ihm sich spiegeln solten. Hernach bedachte er sich ein wenig /und sagte bald darauff: Nun dann / weil ja unsere Groß Königl. Braut mit dem Schwerte sol und wil gewoñen seyn / wolan / so muß es auch geschehen / und wollen wir selbst mit einem unüberwindlichen Heer von 500000 streitbahren Kriegsleuten zu Felde gehen; aber mein Bagophanes / dürffte auch der freche Bube mit dem gezwungenen und bezauberten Fräulein nacher Teutschland sich erheben / ehe wir Persen erreicheten. Davor wil ich hafften / daß es nicht geschehen werde / antwortete er; dann der weißmäulichte Herkules darf noch wol dräuen / diese Länder nicht zuverlassen / biß Artabanus (so verächtlich redete er) wegen der angebotenen Ruhten ihm Abtrag gemacht habe; Weil ich nun ein solches unbeantwortet nicht lassen / noch die Königl. Beschimpffung anhören kunte / hätte mirs umb ein Haar das Leben gekostet. Ey / sagte der König / Abtrag sol er haben / aber dermassen ungnädig / daß ihm die Haut davor schauren sol. Ihm aber erteilete der König völlige erlassung /da unter andern er dem Könige der Sysigamben Unschuld / und wie sie von Valikules und dem bezauberten Fräulein hintergangen währe / erzåhlete. Der König fragete ihn / wo er dann die zierliche Kleofis gelassen / welche er ihm vor gehabte Mühe zum Gemahl zugedacht hätte. Sie ist als eine gefangene auffgehalten / antwortete er / hat sich bald darauff mit einem Persischen Obristen leichtfertig gnug verheyrahtet / und alle Parthische Träue abgeleget / da Herkules noch wol an mich begehren durffte / bey dem Könige abzufodern / daß ihr väterliches Erbe ihr ausgefolget wũrde / wo sonst im widrigen falle er nicht ein fünffdoppeltes aus Parthen ablangen solte. Laß lauffen / laß Kleofis lauffen / antwortete der König /Kleofis gibt oder nimt uns nichts / deren Verlassenschafft dir krafft dieses erblich sol geschenket seyn /solt auch die freye Wahl unter unserm ganzen annoch unausgezeichneten Frauenzimmer zu deiner Verheyrahtung haben; dessen er sich untertähnigst bedankete / sahe auch mehr auff Schönheit als auff Zucht / und wählete eine Armenische / die zwar an Leibes Zierligkeit vortrefflich / aber aus einem gemeinen Frauen Hause genommen / und wegen ihrer Schönheit dem Könige geschenket wahr. Des folgenden Tages stelleten Vologeses und Pakorus nebst andern vornehmen Kriegshelden sich bey dem Könige ein / vernahmen Bagophanes obgedachtes Vorbringen / und wolten nicht viel dawider reden / weil der König ihn selbst entschuldigte. Die ersten tausend von dem Fräulein freigegebene kahmen des dritten Tages auch an / liessen sich vorerst bey Vologeses melden / und klageten über Bagophanes vielfältiges grobes versehen / nebest anzeigung / daß sie von dem ganzen gefangenen Heer Vollmacht und Befehl hätten / ihn deswegen bey dem Könige anzuklagen / aber er widerriet ihnen solches geträulich / weil sie nicht allein bey dem Könige kein Gehör haben würden / sondern Bagophanes aus Königlichem Befehl also gehandelt / und nichts aus Betrug oder Verrähterey vorgenommen hätte. Der abgeschikte Obriste mit seinen 20 Reutern kam auch bald hernach / und gab Pakorus der Fräulein Vortrag wegen Kleofis väterlichen Erbes zuvernehmen / welcher nebst Vologeses es dem Könige vortrug / und zur Antwort bekam: Er hätte solches alles schon seinem geträuen Hofmeister geschenket. Sollen dann die 90 Befehlichshaber im stiche bleiben? fragete Pakorus /so werden hernähst Eure Königl. Hocheit deren wenig bekommen / wofern man diese mit einem so gerignen Lösegelde freizumachen unterlassen wird. Und als der König [942] darauff zuantworten verzog / sagete Vologeses zu Pakorus; komt mein Freund / wir wollen uns in den nähesten Graben stürzen / umb der Quaal und des Jammers abzukommen; dann Artaxerxes der Abtrünnige hat dieses Mittel erdacht / unserm Könige alle Kriegsverståndige abspenstig zu machen; gehet ihm solches an / so ist Charas sein eigen / ehe ein viertel Jahr zum Ende läuft / welches Elend ich nicht begehre zuerleben. Der König bedachte sich darauff / kauffte Bagophanes solches geschenke wieder abe / und gab diesen beyden Freyheit / damit / ohn feine Verkleinerung / nach belieben zuschulten / welche nicht allein alles geträulich an Kleofis übermachten / sondern bewägeten auch der Gefangenen Obristen und Ritmeistere Gemahlen und Verwanten / daß sie eine Tonne Schaz / Kleofis zur Verehrung / dabey legeten; welche Höfligkeit Herkules bey der Lieferung so wol gefiel /daß alle diese 90 Gefangene mit Pferden und Rustung versehen / und zurũk geschicket wurden / weil auch Timokles ein Gedoppeltes vor seine Pferde bekem?en hatte. Vordißmahl aber hielt der König mit vorgedachten Herren als vornehmsten Reichs Seulen wegen des Kriegs / Unterredung / und daß in sechs Wochen alles zum grossen Feldzuge solte fertig seyn. Zwo Wochen nach Bagophanes Wiederkunft / ward von dem Könige und den Vornehmsten Reichs Fürsten (die sich nunmehr des Werks ernstlich annahmen) vor gut angesehen / daß Fũrst Vologeses selbst noch einmahl mit einem kleinen Heer von 36000 wolgeübeten Reutern an die Persischen Grenzen ginge / sich der Kriegsart der beyden Fremden eigentlich zuerkunden /und eine Schlacht / wann er Vortel sehen würde / mit ihnen zuwagen / auff daß / wo möglig / der empfangene dreyfache Schimpff außgelöschet / und den Völckern ein Muht gemacht würde. Der König gab ihm Befehl / die Persische Grenze Stad / da Bagophanes Abbruch gelitten / der Erden gleich zumachen / alle Gewapneten niderzuhauen / und die Wehrlosen gefangen zu nehmen. Worauff Fürst Vologeses zur Antwort gab; Wañ man wolte Städte belagern und stũrmen /müste man darzu Fußvölker uñ ander gebührlich Zeug gebrauchen; er währe nit willens sich Bagophanes gleich zuverhalten / sondern dem Feinde im Felde entgegen zuzihen / und allen möglichen Fleiß anzuwenden / ob die zornigen Götter sich wieder gnädig erzeigen / und ihm einen ehrlichen Sieg gönnen wolten; wo nicht / müste er auch zufriede seyn / und dem Himmel seinen Willen lassen; inzwischen würde der König die Streitwagen / Elefanten und Völker durch die bestelleten Obristen täglich lassen ũben und zum Treffen gewähnen. Spitamenes uñ Madates wahren zugegen und zeigeten ihm geträulich an / was vor eine Art in Schlachten sie von unsern Helden angemerket hatten / wiederrihten auch diesen Zug / welchen Vologeses gerne von sich abgewälzet hätte / weil er sich außdrüklich vernehmen ließ / der Sinn trüge ihm zu /daß er ohn Schlappe nicht wiederkehren würde; Aber des Königes Wille muste vor sich gehen / bloß nur /daß unsere Helden von ihrer Heimreise abgehalten würden / dessen er sich doch nicht durfte merken lassen / wiewol er allemahl die hohen Häupter erinnerte /sie würden den ihm von dem Buben Valikules angelegten unablöschlichẽ Schimpf nicht ungerochen lassen. Artaxerxes Kundschaffer zu Charas schrieben ihm Vologeses Auffbruch zeitig über / daher die Unsere schlossen / dem Feinde an den Grenzen vorzubeugẽ / und wo möglich / auff Parthischem Grund und Bodem zubegegnen. Der Persen GroßFürst fragete Gobares aus Höfligkeit / was vor Feld Herren gegen den Reichs beschriehenen Vologeses würden zuwählen seyn; welcher antwortete: Weil die tapffere Helden / [943] König Ladisla / und GroßFürst Herkules dem Feinde schon einen Schrecken eingejagt / würden sie ohnzweifel die geschiktesten darzu seyn / und könten Fürst Arbianes und Herr Pharnabazus hieselbst zugleich mit Ehre gewinnen / währe vor sich willens /ihnen von seinem Heer eine anzahl Völker zuzugeben. Artaxerxes gefiel dieses wol / und wurden die unsern vermocht / diesen Zug auch noch auff sich zunehmen / schlossen alsbald / daß sie des folgenden Tages auffbrechen / und mit 30000 zu Rosse dem Feinde hoffeten gewachsen zu seyn. Sie teileten ihr Heer in drey Hauffen; den ersten / welches lauter Meden / 8000 stark / führete Pharnabazus; den andern / 12000 / halb Persen und halb Sustaner / nam Ladisla; den dritten / 10000 / als 7000 Persen mit durchnäheten Pferde Panzern (womit Ladislaen Persen auch versehen wahren) / und 3000 Susianer / behielt Herkules bey sich. Artaxerxes foderte Bubazes / Tyriotes und Gallus vor sich / gab ihnen über die vorigen /1000 wolgewapnete Persische Reuter zu / und taht ihnen grosse Verheissungen / wo sie in führung des Vortrabs vorsichtig und tapffer sich verhalten würden / zählete auch diesem ganzen Heer drey Monat Sold aus. Nach ihrem Auffbruch schrieb er an alle Bundsverwanten / mit den annoch ungelieferten Völkern zu eilen / weil der Feind in wenig Wochen mit ganzer Macht ihm auff den Leib fallen würde; befahl Gobares die Oberauffsicht über die Stad und Schloß Persepolis / und ritte Tag und Nacht umbher / seine hin und wieder verlegete Völker zubesichtigen / und sie fertig zuhalten. Fürst Vologeses führete sein Heer gar vorsichtig / nicht willens / aus unbedachtsamkeit zuverspielen; er hatte aus allen umständen gemerket /daß die Parthische Wuht gegen die Teutsche Streit-art nicht hafften wolte / wahr auch des Vorhabens / der unsern auff Parthischem Grunde an einem vortelhaften Orte zuerwarten / und ordente einen Unverzagten Obristen / nahmens Phraates / den Vortrab / 1200 stark zu führen / und gute Kundschaft einzuzihen. Die unsern hingegen / als sie in Persen nichts von dem Feinde vernahmen / gingen über die Parthischen Grenzen eine halbe Tagereise / da Bubazes etliche /so sich vor Hirten außgaben / und verkleidete Kundschaffer wahren / auff fing / und sie Herkules zuschickete; er aber ging mit den seinen ein wenig zu kühn fort / und traf / ehe er sichs versahe / auff Phraortes Hauffen / schickete sich doch unerschrocken zum Streit / und hielt des Feindes ernstlichen Angriff ritterlich aus / da es dann zu beiden Seiten scharff zuging / biß unser Hauffe etwas nachließ / und sich nach der Fluche umbsahe / so daß / wann Tyriotes Tapfferkeit es nicht getahn / ihres Gebeins nicht davon kommen währe; dann er verteilete seine Völker / sendete Bubazes / der die gröste Noht litte / entsaz / und ließ ihn ermahnen / Stand zuhalten / der Feind würde bald nachlassen / wann nur noch ein redlicher Saz gewaget würde. Hiedurch hielt er die seinen von der Fluche abe / setzete sich mit Gallus zusammen / der den seinen noch zimlich gewachsen wahr / und wütete wie ein Löue. Gallus geriet unversehens an Phraates / uñ wurden beyderseits hart verwundet / daß sie sich aus der Schlacht musten führen lassen; worauff die Parther den Muhe zimlich sinken liessen / doch in guter Ordnung zurük zogen / nach dem sie 600 eingebüsset / 50 von ihnen gefangen / und der mehrerteil von den übrigen verwundet wahr. Die unsern durften aus Furcht eines Hinterhalts ihnen nicht nachsetzen / hatten auch keine Seide dabey gesponnen / sondern 400 wahren Tod / 20 gefangen / uñ 200 nebest ihren dreyen Führern hart verwundet. Als sie bey Herkules mit blutigen Köpfen ankahmen / ward ihre Tapfferkeit gerühmet / und die Gefangenen befraget / worauff Herkules mit guter vorsichtigkeit [944] fortzog / uñ zu Pharnabazus sagete: Habe ich an Artabanus Hofe einige Kriegsverständige / aber auch redliche auffrichtige Herren gekennet / so sind es Fürst Vologeses und Fürst Pakorus / daher wir dem Feinde mit gutem bedacht entgegen gehen / und nichts ohn Raht und Uberlegung anfahen müssen. So brachten die Parthische abgewichene / ihre Gefangenen auch ein / welche alles anzeigetẽ / wie es mit dem Persischen Heer beschaffen wahr / und wunderte sich Vologeses nicht wenig / daß so unbenahmete in geringerer Anzahl den geübeten Phraates aus dem Felde geschlagen hatten. Ob er nun gleich wuste / das er den unsern an Mannschaft überlegen wahr / wolte er doch darauff nicht trotzen / sondern suchete / wie er einen Vortel gewinnen / und seinem Feind ohn sonderlichen Verlust Abbruch tuhn möchte; legete sich deßwegen an einen Ort / da er vor Menschen und Vieh notturfft hatte / ließ sein Lager von fornenzu wol verschanzen / und schickete unterschiedliche Kundschaffer aus / deren etliche ergriffen und gehenkt wurden / etliche kahmen durch und verkündigten der unsern Ankunft. Nicht weniger hatte auch Herkules gewisse Zeitung / was Gestalt der Feind sich gelagert / und nach der Linken zu / sich umb mehrer Sicherheit willen an einen breiten Hügel mit dorn Hecken bewachsen / nach der Rechten an einen Fluß gelegt hätte / welcher wegen seiner hohen Ufer nicht zu reiten währe; worauff Ladisla antwortete: Dafern er die Schlacht zu wagen gedenkt / wird er aus dem Schlupfloche wol hervor brechen müssen. Herkules aber befürchtete sich / er würde willens seyn / den Streit in die Harre zuspielen / biß ihm eine grössere Macht zukåhme / oder Artabanus wol gar mit dem Häupt Heer folgete / nam deßwegẽ vor /allen möglichen fleiß anzuwendẽ / dz er ihn zur Schlacht reizẽ möchte / daher er ihm bey seinem Leib Trometer folgendẽ Brief zuschickete. Herkules / gebohrner GroßFürst aus Teutschland / entbeut dem hochberühmten Fürsten / und Parthischen Obristen Feldmarschalk / Fürst Vologeses seinen Gruß und alles liebes / schätzet sich glükselig einen solchen Gegenstreiter angetroffen zuhaben / der des Kriegs verständig / auffrichtigen Herzens / und ritterlichen Ehren den Ruhten Schimpf anzulegen nicht willens ist; weil er auch seine Mannschaft zu dem Ende hergeführet / mit dem großberühmten Feld Herrn einen Versuch zutuhn /und von dessen Erfahrenheit etwas zu lernen / hoffet er die Ehre zu haben / ihn im freien Felde zu sehẽ / und seine kräftigen Schwertstreiche mit dem Schilde / oder da es so fallen solte / mit dem Leibe auffzufangen / versichert denselben hinwieder aller absonderlichen Freundschaft und Dienste / so dem Häuptwesen unschädlich /und seinen GroßFürstlichen Ehren unnachteilig sind / verbleibend desselben bereitwilligster Freund und Diener Herkules. Vologeses ließ den Gesanten wolhalten / uñ nach verlesung fertigte er ihn wolbezechet / und mit einer gũldenen Kette begabet wieder ab / da sein Leib Trometer mit reiten / uñ Herkules folgende Antwort zustellen muste: Vologeses / bestalter Marschalk des grossen Königes Artabanus / wiedersetzet den übergebrachten Gruß mit gleichem / und füget dem hochberühmten Helde / GroßFürsten Herkules dienstlich zu wissen / daß / so bald seiner Reuter Säbel gnug werden gewetzet seyn / er zum begehrten Versuch sich willig einstellen / und der höflichen Außfoderung stat geben wolle / da er dann des Sieges (wo ihm die Götter es gönnen) sich hoch rühmen / und da er unterliegen sol / einem solchen treflichen Feld Herrn die Uberwindung nicht mißgönnen wird; da auch ohn verletzung seiner ehren hochgedachtem GroßFürsten einige Dienste von ihm könten erzeiget werden / verbindet er sich hierzu / als dessen Durchl. bereitwilliger Freund und Diener.


Vologeses.


Herkules / als er das Schreiben gelesen hatte / sagte zu Ladisla / und etlichen andern: Gewißlich solte Artabanus sich glükselig schätzen / wann er dieser bescheidenen Leute viel [945] hätte; und wiewol ich das mir zugelegte Lob vor einen höflichen Scherz halte / wil ich ihn dessen doch geniessen lassen / wo ich sonst kan. Ließ darauff den Trompeter gleicher gestalt voll sauffen / schenkete ihm eine güldene Kette und 500 Kronen / und schikte Vologeses bey ihm einen wolschneidenden Säbel / dabey er ihm mündlich sagen ließ; solcher art währen seiner Leute Schwerter vor seinem Auszuge gewetzet / und hätte nicht gemeynet /daß die hochbeschriehenen Parthischen Streiter solches biß auff die lezte Stunde spareten / da man auff sie vergebens warten / und die güldene Zeit in Müssiggang verzehren müste. Aus welcher Antwort dann Vologeses unsers Herkules unũberwindlichen Muht und treffliche Geschwindigkeit leicht abnam / und dadurch desto mehr zur Aufsicht angereizet ward. Des dritten Tages stellete Herkules seine Völker in das Feld / den Feinden recht unter Augen / ließ auch einen Persischen Obristen mit 1000 Pferden biß an Feindes Lager gehen / welche aber mit Pfeilen abgetrieben /uñ ihrer wol 150 beschädiget wurden; daraus Herkules eigentlich spũrete / daß der Feind nicht gesinnet währe / so bald Schlacht zuliefern. Hielt deßwegen engen Kriegs Raht / ließ den Fluß bey Nachtzeit zwo Meile auffwarz besichtigen / uñ funden einen Ort /dem mit Schauffeln und Hacken zum durchreiten leicht kunte geholffen werden. Des folgenden Tages stellete er seine Schlacht Ordnung abermahl wie vorhin / ließ auch die Reuter biß ans Lager hauẽ / welche mit Geschoß abgetrieben wurden / deswegen er sein Lager abbrechen ließ / und vor seinem Abzuge folgendes Schreiben an Vologeses sendete: Nachdem ich die vergebliche Hoffnung gefasset / den bißher so unverzageten Feld Herrn Fürst Vologeses im Felde zusehen / werde ich die Höfligkeit gebrauchen /und ihm weitern Raum zu geben / hinter mich rücken /ob ihm daselbst belieben möchte / mir seinen so lange gewetzeten Säbel dereins bloß sehen und empfinden zumachen; bin nicht desto minder seiner Liebe bereitwilliger Freund und Diener Herkules / sonst sein verschuldeter ehmaliger Valikules. Brach alsbald nach dessen absendung auff / und setzete fleissige Schildwachen aus / auff des Feindes vornehmen acht zugeben / und ihm solches zu hinterbringen. Noch wolte aber der Parther sich nicht dran kehren / und blieb in seinem Lager unverrucket liegen; dann von hinten zu hielt er sich ganz sicher / und ward ihm alle Notturfft überflüssig zugeführet. Als der Abend herzu nahete / teilete Herkules sein Heer in vier Hauffen; den ersten gab er Ladisla / 4000 Susianer / und gleich so viel Persen / damit er den ersten Angriff tuhn solte; den andern Arbianes / 6000 Meden / Ladisla zum Entsatz; den drittẽ Pharnabazus / 5000 Susianer und 3000 Meden; den vierden und lezten 8000 Persen / behielt er vor sich selbst. Nach gemachter Teilung musten Ladisla und Arbianes nach des Feindes linke seite hinter dem Hügel die Nacht ihren Weg in aller stille fortsetzen; Herkules aber und Pharnabazus gingen auff den rechten Flügel über das Wasser / und weil sie den fernesten Weg hatten / verliessen sie es mit Ladisla / er solte hinter dem Berge halten / und sich nicht sehen lassen / biß er hörete Pharnabazus den Angriff tuhn / alsdann solte er mit den seinen frisch ansetzẽ. Diesem ward redliche folge geleistet / glückete ihnen auch / daß sie zu beyden Seiten bey dem Feinde in aller stille herkahmen; dann weil diese die unsern hatten auffbrechen / und den geradesten Weg zurücke nehmen sehen / wurden keine ferne Wachten ausgestellet. Ladisla hatte zwar den kürzesten / aber den schlimmesten Weg / daher er fast zu einer Zeit mit Herkules an den bestimmeten Ort anlangete. Eine Stunde vor Morgens aber schickete Vologeses [946] 1000 Reuter aus / etliche tausend Bauren zusammen zutreiben / die sein Lager von forne her noch immermehr verschanzen solten. Diese stiessen auff Pharnabazus Hauffen / der sie anfangs / weil es in der Demmerung wahr / vor Herkules Leute hielt /und ihnen freyen Anzug gönnete; Ihrem Führer aber mißdauchte es / ungeachtet alle seine Reuter in gleichem Wahn mit Pharnabazus wahren / und daher sich bald verrieten / auch darauff mit aller Macht angegriffen / und biß auff 300 erschlagen wurden; Welche übrige zurük gingẽ / und Vologeses die Zeitung ihrer Niderlage brachten / welcher zur Antwort gab: Jezt erkenne ich meines Königes widriges Glũk; ließ auch stündlich zu Pferde blasen / und 8000 Mann sich ins Feld setzen / damit er in seinem Lager / welches von hinten zu ganz offen war / nicht angegriffen würde. Doch ließ er seinen Muht nicht sinken / sondern weil er vernam / daß der feindliche Hauffe auffs höchste 8000 stark währen / hoffete er / es würde nur eine streiffende Rotte seyn. Herkules hielt nicht weit von Pharnabazus / sahe und hörete alles / und befragete die Gefangenen wegen Zustandes ihres Lagers / und da er solches von hinten zu unvergraben seyn vernam / hieß er Pharnabazus frisch darauff gehen; Welcher sich alsbald ins offene Feld zog / und des Feindes Reuterey halten sahe / auff welche er seine 5000 Susianer ansetzen hieß / deren Führer aber / nahmens Artuasdes sich dessen wegerte / vorgebend / er hätte von seinem Gn. Fürsten Gobares befehl / sich im ersten Anfall nicht gebrauchen zulassen. Pharnabazus muste wegen des Feindes Gegenwart durch die Finger sehẽ / ließ 2000 Meden gar behuhtsam den Streit anfahen / und taht Herkules des Susianers Ungehorsam zuwissen / der sich einer heimlichen durch Gobares gestiffteten Verrähterey besorgend / eine kurze Erklärung fassete / und mit eigener Faust (da er die Susianer mit den seinen umgeben hatte) diesen Widerspenstigen erstach / die übrigen fragend / ob sie fechten oder sterben wolten. Diese sahen sich übermannet und umringet / gelobeten allen Gehorsam / und wurden durch alle Glieder der Persen verstecket / daß also diese gefährliche Auffruhr im Augenblik gestillet wahr. Herkules sahe die 2000 Meden / als übermannet / weichen / uñ schickete ihnen 4000 zum Entsaz /kunte doch den Feind auff die Weichseite nicht bringen. Ladisla hatte durch seinen ausgeschikten Reuter /Pharnabazus Anfall in Erfahrung gebracht / ermahnete demnach die seinen / geherzt zuseyn / damit sie nach erstrittenem Siege die reiche Beute erlangen möchten; da seine Persen sich frisch genug / aber die Susianer sich träge und ungehorsam erzeigeten / auch ihr Obrister Mithrazenes sich ausdrüklich vernehmen ließ / die ädlen Susianer währen ungewohnet / sich von fremden befehlen zulassen / und weil er im geheimen Kriegs Raht währe vorbey gangen / wolte er streiten / wanns ihm geliebete. Da schlage Unglük zu / antwortete Ladisla / macht Gobares uns solche schlimme Possen / so ist besser / ihr meine geträue und liebe Persen / daß wir diesen innerlichen Feind erst dämpffen; griff darauff die Susianer mit seinen Persen an / und foderte Arbianes zum Beystande. Mithrazenes wahr nicht faul / reizete die seinen an / ihres Fürsten Befehl zuerfüllen / und überfiel Ladisla mit sechs Gehülffen ganz grimmig / der sich aber ritterlich wehrete / weil er von den seinen unverlassen blieb / und in wenig Streichen den ungeträuen Verrähter betäubete / daß er vom Pferde stürzete / und von dreyen Persen gefangen angenommen ward. Arbianes / so bald er diese Auffruhr vernam / ging mit allen seinen Völkern loß / und kam zu rechter Zeit / gleich da die Persen zuweichen gezwungen wurden / fiel mit grossem wüten in die Susianer / und erschlugen ihrer in kurzer Zeit 1500; die übrigen bahten [947] umb Gnade /wurden auch auffgenommen / und dermassen untergesiekt / daß ihrer nit zween bey einander blieben; doch hatte Ladisla von seinen Leuten auch 200 eingebüsset / ließ den Verrähter Mithrazenes hart gebunden verwahren / und ging mit 3000 ins Feld / sich dem Feinde zuzeigen / welcher seiner bißher noch nicht wahr genommẽ hatte / zu der unsern grossem Glük; dann währen sie der Auffruhr berichtet gewesen / würde der Sieg ungezweifelt in ihre Hände gefallen seyn. Herkules wunderte sich / daß Ladisla so lange verzog / dessen Hũlffe er hoch benöhtiget wahr / weil Pharnabazus / der mit 6000 dem Feinde noch Wiederstand hielt / hart gedränget ward; dann Vologeses hatte den seinen noch 3000 geruhete zugeschicket /wodurch Herkules verursachet ward / ein gleiches bey Pharnabazus zuleisten; weil er aber Ladisla mit solcher Manschafft herzu eilen sahe / fassete er gute Hoffnung zum glüklichen Verfolg; wie dieser dann durch seine Ankunfft die Parther alsbald hinter sich weichen machete / massen der Eifer wider Mithrazenes gefasset / noch hefftig bey ihm brante / daß dessen Wirkung die Feinde wol empfunden / welche er als eine Fluht überfiel / und Pharnabazus Lufft machete /der schon etliche / wiewol geringe Wunden empfangen hatte. Vologeses brachte in Erfahrung / daß der lezte Entsaz hinter dem Hügel hervor gebrochen währe / und er nicht mehr zweifelte / des Feindes ganze Heer würde sich der Nacht gebrauchet haben /und von beyden seiten herüber gangen seyn / deswegen er einen frischen hauffen 8000 stark gegen ihn angehen ließ; aber Ladisla weich behutsam hinter sich /den Feind ins Feld zulocken / ließ auch Arbianes mit 7000 zu sich fodern / der nach allem Wunsch ankam /und neben Ladisla dem Feinde sehr gedrange taht; dann die Parther wahren zu weit gangen / daher sie fast gar umringet / und in grosser Menge nidergeschlagen wurden / daß ihrer 5000 gestrecket lagen /ehe ihnen Entsaz zukam. Vologeses wahr des versehens unwillig / ließ ihnen doch 6000 zu hülffe gehen /mit Befehl / bald auff geschehenen Entsaz umzukehrẽ. Es sahe aber Herkules mit Freuden / daß Pharnabazus Völker sich so tapffer hielten / und ihre Feinde weidlich umtrieben / daß sie endlich zuweichen gedrungen wurden / und Vologeses auffs neue sie mit 2000 geruheten verstärken muste; So widersetzete sich auch Ladisla dem einbrechenden Entsaz / und ließ Arbianes die umringeten und abgematteten warm gnug halten /empfand aber anfangs harten Wiederstand / weil seine Leute schon viel ungemach ausgestandẽ / und sich abgearbeitet hatten; nachdem aber seine übrige geruhete 1500 stark ihn entsetzeten / ermunterten sie sich / daß der Streit eine gute weile in gleicher Wage hing; aber an Pharnabazus seite fingen die Parther an Meister zuspielen / welches Glük Vologeses nicht bedacht wahr aus den Hånden zulassen; und weil er meynete /Herkules hätte hieselbst bißher gefochten / und sich ermüdet / drang er mit seinen ũbrigen / 7000 stark /wie ein Wetter loß / und fiel so erschreklich über Pharnabazus Hauffen / daß dieser sein Leben durch Ritterliche Gegenwehr zuverkauffen / und den Plaz tod zuerhalten ihm gänzlich vornam. Hieselbst wolte nun Herkules seinen Freund nicht im stiche lassen /brach auch mit seiner Mannschafft 7000 stark loß /und machete ihm durch seine Ankunfft Luft / daß er hart verwundet / einen Abtrit nam / nachdem er 7000 erschlagen / und 4000 eingebüsset hatte. Herkules hatte in diesen Morgenländern so grossen Eifer in keiner Schlacht spüren lassen / dann alles / was er traff /muste zu grunde gehen / und machte sein Blänke sich so bekant / daß jederman / Freund und Feind den Reuter dabey erkennete; seine Völker wurden durch ihres Feld Herrn Tahten auffgemuntert / ihm nachzufolgen / daher ein grausames Blutstürzen [948] sich erhuhb / angesehen die Parther / welche Vologeses anfũhrete / sehr streitbar wahren; Doch verwunderte sich der Parthische Feld Herr über Herkules Kriegs-Erfahrenheit / die Völker zuschwingen / die Glieder zustärken / den Bedrångeten Hülffe zuschicken / und dz er dabey nebest seinem Pferde solche Tahten verrichtete. Arbianes / ob er gleich hart verwundet / erlegete doch seine Feinde am ersten / daß ihm etwa 1500 entrunnen / ging darauff Ladisla zuhelffen / der überaus harten Widerstand hatte / und jagete durch seine Ankunft den Feinden nicht geringen Schrecken ein. Artabastes / der diesen Parthischen Hauffen führete / als er die geschlagen sahe / denen zuhelffen er ausgeschicket wahr / wolte ũber Befehl nicht schreiten / deswegen er sich allgemach zurücke zog / und mit Vologeses zusammen setzete / daß ihr gesamter Hauffe in 16500 Mañ bestund. Ladisla ließ solches geschehen / weil er hiedurch gelegenheit bekam / sich mit seinem Herkules zuvereinigen / welchen er mit Freuden annoch unverlezt befand / und sie eine neue Ordnung zur gemeinen Schlacht stelleten / weil die Feinde desgleichen tahten / und beyderseits etliche geringe Hauffen inzwischen fechten liessen; Ihre annoch ũbrige Manschaft zur Schlacht geschikt / war über vermuhten 16000 Mañ / nebest 4000 verwundeten / daher sie am Siege fast nicht mehr zweifelten. Herkules vermahnete die seinen kürzlich zur Tapfferkeit / sonderlich die Susianer / worauff ihr Verbrechen ihnen allerdinge solte erlassen seyn; da sie sich dann sehr wol erkläreten. Vologeses entsetzete sich über seinen grossen Verlust / ließ sichs doch bey den seinen nicht merken / und wolte das Heer zur Tapfferkeit anmahnen; aber Herkules war ihm zu zeitig auff dem Dache / und setzeten beyderseits also drauff / als welche entweder siegen oder sterben wolten; daher dieser Anfall so hefftig und blutig wahr / daß die ersten wie Mũcken von den Pferden stoben / und die folgenden immer vor sich hin würgeten. Herkules und Ladisla wolten sich nit trennen / und trieben solch Wunder / daß die Feinde sich davor entsetzeten. Sie hatten 5000 der allerstreitbaresten Persen und Meden umb sich gesamlet /die nebest ihnen alle Mögligkeit anwendeten / den Feind auff die Flucht zubringen; anfangs kostete es an beyden Seiten fast gleiche viel Blut / aber mit der Zeit liessen die Parther abe / da der unsern Kraft zunam; wiewol Vologeses immer vor sich weg wütete / und den Sieg ohn des Himmels Dank erstreiten wolte /daß endlich Herkules auff ihn traff / da er gleich einen Persischen Ritter / dem er sonderlich geneigt war / niderschlug / deswegen er auf ihn mit diesen Worten setzete: Feldmarschalk / wir werden / unsern Ehren gnug zutuhn / uns versuchẽ müssen; überfiel ihn auch so hefftig / daß er die Hiebe nur auszunehmen gezwungen ward. Seine Leute / so umb ihn hielten /wolten diesen Streit sperren / aber Ladisla mit den seinen trieb sie abe / daß Herkules Raum gewan / mit ihm nach belieben zuverfahren / wiewol sich dieser durch Verzweifelung endlich ermannete / und unserm Herkules fühlen ließ / daß er nicht so gar unwichtige Arme hatte; es wolte aber in die länge nicht helffen /sondern nachdem er unterschiedliche Wunden empfangen / uñ die meisten Kräfte verlohrẽ hatte / sagte Herkules zu ihm: Mein Freund / ich bin euch verbunden wegen eurer Redligkeit / darumb / wo ihr ruhen könnet / wil ich mich ferner an euch nicht vergreiffen; ihr empfindet eure Wunden / und daß eure Leute sich schon nach der Flucht umsehen / daher nehmet eurer selbst wahr / weil ich euch weder tod noch gefangen wissen möchte; ließ auch alsbald von ihm abe / und wendete sich mit Ladisla und seiner besten Manschafft nach der Linken / woselbst Arbianes Hauffe zimlich hart gedränget ward; aber auff ihre Ankunfft wendete sich das Spiel gar zeitig. Vologeses kunte Herkules [949] Tugend und Frömmigkeit in seinem herzen nicht gnug rühmen / sahe / dz seine Ordnung getrennet wahr / nam 4000 Reuter zu sich / und wagete mit ihnen einen geringen Anfall / ward aber von Ladisla mit 6000 stark angriffen / und nach kurzem Gefecht in die Flucht getrieben; Der Obsieger wolte jenen nachhången / aber Herkules foderte ihn ab / und sagete: Lieber laß ihn reiten / daß er mit dieser geringen Manschafft etwas Ehre erhalte / und seinem Könige von uns Zeitung bringe; welches er dann gerne geschehen ließ / aber den übrigen den Weg zur Flucht abschnitte / deren 4000 gefangen wurden / uñ grossen teils Befehlichshaber / als 18 Obristen / 60 Ritmeistere / 65 Unter Ritmeistere / 58 Fähndriche / 400 Unter Befehlichshaber / und 3409 gemeine Reuter; die ũbrigen 28000 wahren drauff gangen; wiewol der Sieg an unser seite auch Blut gekostet hatte; dann 15000 wahren erschlagen / und 3000 verwundet / deren inwendig drey Tagen 1800 sturben; und war fast kein Befehlichshaber / der nicht seine Wunden zuzeigen gehabt. Herkules wahr ein wenig an der linken Hand und am rechten Beine von Vologeses versehret. Ladisla hatte drey zimliche Wunden / wiewol ohn gefahr. Pharnabazus wahr hin und wieder zuhacket / daß man 15 Wunden / groß und klein an ihm zählete; Arbianes wahr am rechten Arme zweymahl / und am Halse /auch in der linken Hufft verwundet; Bubazes / Tyriotes und Gallus wahren schon von dem Vortrabe also zugerichtet / daß sie der Schlacht nicht beywohnen kunten. Allermeist aber wahr es über die träulosen Susianer gangen / deren kaum 1800 ũbrig wahren. Der boshafte Mithrazenes ward mit schweren Ketten herzu geführet / uñ mit harter Pein bedräuet / da er nicht gerade zu bekennen würde; sagte darauff freiwillig aus / er und sechs seiner Spießgesellen hätten von ihrem Fürsten unter grossen Verheissungen den ausdrũklichen Befehl / Herkules und Ladisla entweder mit fuge niderzumachen / oder sonst / durch was Mittel sie köntẽ / zuverhelffen / dz sie in Feindes Hände gerieten / ob gleich die Schlacht hiedurch solte verlohren gehen; rief auch von den añoch ũbrigen Susianern zween zu Zeugen / die alles bejaheten. Nun wolan / sagete Ladisla zu Herkules auf Teutsch; ist das unser Lohn der Träue und Auffrichtigkeit / werden wir uns witzigen lassen / bald davon zueilen /wiewol ich niemand als den Verrähter Gobares beschuldige. Herkules stimmete mit ein / liessen die erschlagenen plündern / bey denen sie sehr viel Goldes funden / wie auch bey den Gefangenen / daß keiner unter 300 Kronen / und etliche über 3000 an Baarschafft / Ringen und Kleinoten bekahmen. Was im Lager wahr / nahmen Herkules und Ladisla zu sich /auf 15 Tonnen Goldes am Wert; bekahmen über 40000 reisige und Wagepferde / von denen jeder Reuter durch die Bank eines bekam / die übrigen dem GroßFürsten Artaxerxes nebest der Lager Beute vorbehalten wurden; Sie eileten sehr / Persepolis zuerreichen / nicht allein / weil sie in der Furcht stunden /Vologeses möchte sich in der Eile stärken / und ihre schwachen Völker überfallen / sondern auch / weil Herkules eine sonderliche Schwermütigkeit bey sich befand / welches er Ladisla zuvernehmen gab. Leches und Neda mit ihrem dreyfachen Heer / hatten ihre Reise nun mehr fast zum Ende gebracht / so daß sie schon das Land Susiana hinter sich gelegt /und die Persischen Grenzen erreichet hatten / zogen immer frisch fort / biß sie sieben Meile an Persepolis kahmen / und sich freueten / daß sie ihre Herren schier sehen würden; das Frauenzim?er befand sich wegen der langen Reise nicht zum besten auff / insonderheit Therba / die auff dem Meer in ein Fieber gefallen wahr / welches noch etwas anhielt / und sie sich in einer Sänfte tragen [950] ließ. Des folgenden Morgens brachen sie frühe auff / wo möglich / die GroßFůrstl. Stad zuerreichen / und muste Markus mit 1500 Böhmen neben einen Wegweiser und Dolmetscher den Vortrab halten / da inzwischen das Heer folgete. Dieser wahr ohngefehr anderthalb Meilen fort geritten /da sahe er einen ansehnlichen Reuter Hauffen von 1000 Pferden von der rechten Hand Sudwertz auf sich zu reiten / gegen welche er alsbald sich in Ordnung stellete / und durch seinen Wegweiser fragen ließ /wessen er sich zu ihnen versehen solte. Diese hatten auff allen Fall sich auch zum Schimpf und Ernst fertig gemacht / kunten leicht gedenken / daß sie in Persischen Diensten währen / und sie ihren Weg ungehindert nit würden zihen können / gaben demnach zur Antwort: Ihretwegen hätte sich kein Mensch zubefahren / ob er gleich einzeln zöge / weil sie nicht Raubens halben / sondern Ehre zuerwerben sich außgerüstet hätten; welche Antwort Markus verächtlich vorkam / und eigentlicheren Bericht begehrete / ob sie Freund oder Feind währen / insonderheit / unter was Führer sie rittẽ. Nun hätte Fabius sich des Bescheides gerne gewegert / nach dem er den Weg nach Charas vorhatte / weil er aber einen gewaltigen Staub von Westen her merkete / uñ leichtlich schliessen kunte /es müste ein grosses Heer verhanden sein / gedachte er sich zuerklären; er samt den seinen währen des GroßFürsten in PersenFreunde und Diener; wor auff Markus seinen Helm abzog / hinzu ihm ritte / und alsbald von ihm erkennet ward / daher er ihm freudig entgegen rennete / und zu ihm sagete: O mein werder Freund uñ Landsman / was vor Glük füget uns in dieser Fremde zusammen? Markus sprang ab / küssete ihm die Hand / und zeigete an / wie glükselig er sich schätzete / ihn angetroffen zu haben; meldete ihm auch seiner Eltern / Gemahl und Schwester Gruß an /und daß sie noch alle wol lebeten. Wie? antwortete Fabius / wissen dann die meinen / daß ich noch lebe? Und von wannen kommet ihr? von Herrn Ladisla oder von Padua? daß ich von Padua kom?e / antwortete er /wird meinem Herrn ohnzweifel bewust seyn. O mein Freund / sagte Fabius / als viel ich aus eurer befremdung vernehme / wird den meinigen und euch selbst mein ũberstandenes unaußsprechliches Unglük unwissend seyn. Aber was komt dort vor ein ansehnliches KriegsVolk hinter euch her? Hat mein Herr / antwortete Markus / einiges Unglük erlitten / ist mir sehr leid / und freue mich / dz Gott solches weggenem?en hat; jenes KriegsHeer / dessen ich ein Mitglied bin /kömt meinen gnådigen Herren ingesamt zu / unter denen mein Herr 6000 Römische untadeliche Reuter von seinem HerrVater zuempfangen hat / und zihen wir gleich auff Persepolis zu / wohin wir von unsern gnädigsten Herren bescheiden sind. O der glükseligen Stunde / sagte Fabius / die mich zu euch hergeführet hat / da ich sonsten / in Meynung meine Freunde zu finden / dem Verderben in die Hände gefallen währe. Aber sehet dort gleich von Osten her den dicken Staub / es wird gewißlich ein Heer auff uns stossen /die euer Ankunft Bericht eingezogen / und euch vor Feinde halten. Leches sahe Fabius von ferne daher reiten / sprang vor freuden aus dem Sattel / lieff zu ihm / und sagte mit fliessenden Augen: O mein hochwerter Herr / wo hat er sich doch so lange auffgehaltẽ? oder komt er etwa von meinen gnädigsten Herren her? Mein werter Freund / antwortete er; ist ihm dann auch mein Verlust unbekant / mũste groß Wunder seyn / daß sie mich nit eins solten gemisset haben. Mehr als zu ängstig gemisset / antwortete er; aber ich komme von Padua und Prag / dahin meine gnädigste Herren mich von Charas außgeschicket haben / und von meines Herrn weiteren ergehen mir nichts bewust ist. Meine Abenteur sind [951] wunderlich / und nicht ohn Mitleiden anzuhören antwortete er / wovon wir nach diesem reden wollen. Vordißmahl aber die Ursach jenes Staubes überlegen / welcher ohnzweifel ein starkes Heer zeigen wird / so uns rechtfertigen möchte. Also wurden die Völker in Ordnung gestellet / und Fabius wieder seinen Willen zum Volmächtigen FeldHerrn gesetzet; Leches mit den Teutschen hielt den Rechten; Neda und Priesla mit den Böhmen den linken Flũgel; er aber samt Klodius und Markus mit 7000 Römern uñ seinen 1000 geworbenen sinnden in der mitte / hielten auch nicht lange / da sahen sie ein grosses Volk zu Roß und Fuß durcheinander Schaarsweise als Flüchtige daher zihen / ob würden sie gejaget. So bald sie der unsern gewahr wurden / stutzeten sie / und gaben sich in Ordnung / so daß jeder Reuter-Flügel 7500 Köpffe / und das FußVolk in der mitte 16000 Mann stark wahr / schicketen auch alsbald etliche aus / die Menge der unsern zu überschlagen /und daneben zuvernehmẽ / wessen sie willens währen. Diese kahmen mit gnug trotzigem Muhte / und begehreten kurzumb zu wissen / was Volk sie währen / und wohin sie gedächten. Fabius antwortete; Sie würden solches anzuzeigen sich nicht wegern / so bald sie wüsten / welcher Fũrst oder grosser Herr es von ihnen foderte; und weil diese solches ohn Befehl nicht melden wolten / hinterbrachten sie diese Antwort. Als Gobares vernam / daß er diesen an der Zahl ũberlegen wahr / ergriff er seinen gewöhnlichen Hochmuht / und ließ ihnen andeuten; ob er gleich nicht schuldig währe / als ein grosser ReichsFürst sich so weit zu demühtigen / wolte er dannoch seinen HochFürstlichen Stand und Nahmen / als ein Beherscher des Reichs Susiana nicht vertuschen. Wie? fragete Fabius mit grimmigem Gesichte / ist er etwa Fũrst Gobares? Ja antwortete dieser / daß ist sein HochFürstlicher Nahme. Hierauf entbrante er mit grimmigem Zorn / und sagte zu Leches und den andern Häuptern: O ihr meine liebe werte Herren und Freunde / eben dieser Verrähter hat mich heimlich und öffentlich wollen ermorden lassen /und zwar ohn alle Ursach; bitte deßwegen von Herzen / verlasset mich nicht / daß ich mich räche / und mein Schart außwetze. Sie erbohten sich / er solte nach belieben handeln / sie wolten Leben und Blut bey ihm auffsetzen. Worauff er dem Abgesanten zur Antwort gab; Reitet hin / und saget eurem Fũrsten dem Bluthunde / es finde sich hieselbst ein redlicher Ritter / an dem habe er ehmahls verrähterlich gehandelt / werde deßwegen von demselben zum absonderlichen Kampffe auff Leib und Leben außgefodert / dessen er sich nicht entbrechen kan / wo er nicht vor einen öffentlichen Schelm und Meuchelmörder wil außgeruffen seyn. Der Abgesante erschrak dieser Rede / einwendend / er würde solches seinem Fürsten durch seine eigene Leute melden lassen / und der Antwort gewärtig seyn. Leches erboht sich diese Werbung abzulegen / nam 20 Teutschen mit grossen Schlacht Schwertern zu sich / und foderte den Fürsten zum Gespräch / dem er eben dieselben Worte mit unerschrockener Stimme vortrug; welcher des Schimpfs zu bersten meinete / und zur Antwort gab; Du unverschämter Bube / sage dem ehrenrürigen Schelmẽ / er sey viel zuwenig / Fürsten außzufodern und zu schelten. Du Schelm leugst beyderley / anwortete Leches; dieser und ich sind redlich / aber du stirbest wol ein Schelm. Da solte man nun ein gemurre unter Gobares Völkern gehöret haben / da bald der eine rieff; der Fürst mũste seinen ehrlichen Nahmen durch sich selbst oder durch einen andern rächen; ein ander; was solte ein Fürst einem unbekanten Ritter sich zum Kampfe darstellen? Gobares wahr sehr listig / und begehrete an seine Völker / den Schluß alsbald zu machen / ob er [952] selbst fechten / oder die Schlacht wagen solte / währe er zu beyden bereit; entschuldigte sich hernach / es würde ihm fälschlich angetichtet / daß er jemahls einigen Ritter solte beleidiget habẽ / als welche er vor der WeltZierde hielte. Alsbald ward einhellig geschlossen / man solte an des Fürsten stat einen Ritter ordnen / der diesem verleumder den Lohn seiner Boßheit gäbe / und da andere mehr sichs annehmen würden / wolte man eine Schlacht gerne eingehẽ. Hierauff gab sich ein ansehnlicher Ritmeister hervor /uñ fragete / was des Kämpfers Belohnung seyn würde / und als Gobares antwortete; nicht geringer als eine freie Herrschaft erblich; fassete dieser sein Speer zur Hand / tum?elte sein Pferd / und gab durch Winken seine Außfoderung zuverstehen. Fabius ließ forschen /ob Gobares sich selbst stellete / und als Leches ein wiedriges vernam / wolte er nicht / daß ihr erwähleter FeldHerr einem andern stehen solte / sondern rieff auff Teutsch; ihr Brũder; wer wil 1000 Kronen verdienen / und jenen stolzen Tropff nidermachen? Daß wil ich tuhn / sagte ein Teutscher Ritmeister / nahmens Herman; nam sein Schlacht Schwert zur Faust /uñ setzete ohn weitere nachfrage auff jenen zu / welcher ihn daher kommen sahe / das Speer einlegete /und aus diesen grimmig zurennete; der sich aber im Sattel drehete / daß er neben hin stieß / und ihn dagegen im vorüberrennen mitten im Leibe halb abhieb /daß ihm das Eingeweide aus dem Bauche floß / und im Augenblik Tod nider stürzete. Der Sieger aber verfolgete des erschlagenen Pferd / welches nach des Feindes Heer umbkehrete / fassete es beim Zügel /und brachte es ritterlich davon / ungeachtet etliche hundert Pfeile auff ihn loßgeschossen wurden / wie wol ohn alle beschådigung. Gobares erschrak des Unfals / vermahnete doch seine Leute ritterlich zufechten / und solte in einer halben Stunde / wie er rühmen durffte / diese Handvol Räuber gänzlich auff gerieben seyn. Fabius wahr auch nicht willens / seinẽ grösten Feind abzihen zu lassen / machete aber auff Leches Raht die Schlachtordnung also / dz die Teutschen mit 1000 Böhmen verstärket / abstiegen / und unter Leches und Prinsla sich zu Fusse gegen des FeindesFußVolk stelleten. Neda uñ Markus nahmen den linken Flügel / 5000 Böhmen und 1000 Römische; Fabius und Klodius den Rechten / 6000 Römer und Fabius selbst geworbene. Die Teutschen uñ Böhmen fingẽ anfangs ein erschrekliches Geschrey an /zogen in der Reuter begleitung Fuß vor Fußfort / und überfielen mit ihren SchlachtSchwertern den Feind dergestalt / daß sie deren alsbald 1500 niderhieben /und keinen einzigen Mann verlohren; dañ hinten in des Feindes Heer kam ein Geschrey / wie daß von Persepolis her noch ein grosses KriegsVolk auff sie anzöge / welches die Ursach wahr / daß sie alsbald ihre Ordnung zu Fusse und Pferde trennen liessen / da Fabius auff Gobares traff / ihn mit grim?igen wüten überfiel / und nach wenigen Streichen ihn in die Schulder verwundete / dz er vor Schmerzen das Schwert fallen ließ. Die seinen hätten ihn gerne gerettet / aber fünff Römer packeten ihn auff Befehl an /bunden ihn mit Riemen / weil sie merketen / daß er sich selbst entleiben wolte / und fũhreten ihn nach dem Lager. Seinen Völkern wahr der Muht so gar entfallen / daß sie keine Gegenwehr tahten / meineten /sie währen allenthalben umbringet / und bahten umb Gnade / welche ihnen dergestalt wiederfuhr / daß das FußVolk / von denen 3000 nidergehauen wahren / ihr Gewehr niderlegen / und die Reuterey absitzen muste / und wahr zu verwundern / daß von den unsern kein einziger Tod / nur 86 verwundet wahren. Die unsern nahmen der Feinde Pferde zur guten Beute / auch ihre Kleider und Baarschaften / dz die Susianer allemiteinander fast gar [953] nacket stunden / und vor Scham nicht zu bleiben wusten / nach dem sie sahen / daß wegen des andern Heeres nur ein vergeblicher Schrecken gewesen wahr. Fabius ersahe hinter einem Hügel etliche hundert Reuter halten / wohin er mit Leches uñ Klodius / in begleitung 600 Römer sich begab / da jene / so bald sie ihn kommen sahen / in höchster Eile davon ranten / und vier Sänfften neben einer Gutsche stehen liessen. Fabius trug Verlangen / zuerfahren / was hierin verwahret wũrde / ritte hin nach der vördersten und ansehnlichsten / hub den Vorhang auff / und ward mit höchster bestürzung eines überaus schönen und zarten Weibsbildes darinnen gewahr / welche auff dem Rücken ganz außgestrecket lag; sie hatte nichts an ihrem ganzen Leibe / als ein zartes Hemde / welches doch den Augen nicht alle erkäntnis der Gliedmassen entzog / absonderlich / weil der Busem ihr offen stund / ihre Hände und Füsse aber mit rohten seidenen Stricken angefesselt wahren / hatte auch einen Knebel im Munde / dz sie weder reden noch einen Laut von sich geben kunte. Anfangs meinete Fabius sie währe Tod / weil alle lebhafte Farbe aus ihrem Angesicht hinweg gewichen / uñ die Augen starre gen Him?el gekehret wahren. Als sie nun diesen schönen unbekantẽ Mañ sahe / und ihm mit winseln und Häuptwinken ihres Lebens gnugsame anzeige gab / da ihr zugleich eine grosse QuelleTrähnen aus den liebreichen Augelein hervordrungẽ / ward er von Mitleiden so hart eingenom?en / daß er anfangs kein Wort sprechẽ / noch sich was zu tuhn währe / besiñen kunte / nam doch bald seinen zerhauenen ReitRok /und warf ihr denselben über den Leib / sprang vom Pferde / fassete den Dolch / und schnitte ihr damit die Hände und den Knebel loß; worauff sie zu ihm sagete: Mein ehrlicher Ritter / wer ihr auch seid / ich erkenne mich euch mit alle meinem vermögen schuldig /dafern ihr mich vor Unehr schützet / welche bißher götliche Barmherzigkeit gnädig von mir abgekehret hat; solte euch aber solches zu leisten unmöglich seyn so schneidet meinen Lebens fadem so kühnlich ab wir ihr anjezt den Strik an meinen Händẽ zubrochen habet. Trefliches Fräulein / antwortete Fabius / welches Tigertihr ist so grausam / das ein solches himlisches Bilde so unbarmherzig hat binden und beschimpfen mögen? Ach der unmenschliche Gobares /sagte sie / der Feind aller Ehr und Tugend hat mich in diesen elenden Stand gesetzet. Aber saget mir / mein Herr / bitte ich hat die mir in den Ohren sausende Schlacht mich von diesem boßhasten Menschẽ errettet? Ja höchstgepreisetes Fräulein / sagte er / der schelmichte Gobares sol forthin sich keines Bubenstückes mehr gelüsten lassen. Nun mein Herr / antwortete sie / so versichert euch bey meinen ehren / die mir Gott unverlezt behalten hat / daß ich euch diese geschehene Rettung dergestalt vergelten werde / dz meine Dankbarkeit / so weit sie reichen mag / sol gespüret werden / und habt ihr euch überdas zween unsterbliche Freunde / einen König / nahmens Ladisla /und einen GroßFürsten nahmens Herkules / erworben. O ihr Götter / O ihr Götter! fing er hierauff an / fassete ihre Hände / und küssete sie so inniglich / daß sie mit seinẽ bewägungs-Trähnen befeuchtet wurden /und sie nicht anders meinete / er wũrde durch ihr Ansehen zu unzimlicher Lust gereizet / ihrer Ehren abbruch tuhn / daher sie zu ihm sagete: Mañhafter Ritter / ich bitte euch durch die Barmherzigkeit Gottes /leget mir keine Gewalt zur Unehr / oder einige Verlez- und beschimpfung meiner Keuscheit an. Sie wolte mehr reden / aber Fabius mit entblössetem Häupte und fliessendẽ Trähnen fiel ihr also ein: Durchleuchtigstes unvergleichliches Fräulein / wahres Ebenbilde aller keuschen Tugend; ich bitte durch Gott / ihre Durchl. wolle von ihrem untertähnigst-gehorsamsten Diener nicht so [954] widrige Gedanken schöpfen /der nichts mehr wünschet und begehret / als vor dero Ehr und Leben sein Blut und Herz auffzuopfern; nur bitte ich untertåhnigst umb gnädigste Verzeihung /daß durch mein unbesonnenes vornehmen ich derselben zu solchem Argwohn ursach gegeben habe; Ich nach meinem wenigen Vermögen und unwankelbaren Willen bin uñ verbleibe ihrer Durchl. ergebenster Knecht K. Fabius von Padua. O mein barmherziger Gott / sagte sie mit einem lieblichen lachen; hastu mir den so lang gewünscheten Freund und hochwerten Schwager und Bruder in meinen höchsten Nöhten und unaussprechlichem Elende zuführen wollen / daß er seinen allerbesten Freunden Ladisla und Herkules ihre Schwester und Wase erretten müssen? O mein Herr und Bruder / sagte sie weiter / gönnet mir / daß ich zum Zeichen der Dankbarkeit und Freude über euer Liebe Gesundheit / dieselbe Schwesterlich umfahen möge; wickelte hiemit den ReitRok umb ihren Leib /und umfing ihm den Halß mit beyden Armen / da sie ihm zugleich einen züchtigen Kuß boht. Er hingegen meynete / ihm könte grössere Herligkeit nicht zustehen / als daß er eine solche Taht verrichten helffen /die seinen Freunden Ladisla und Herkules könte annehmlich seyn / demütigte sich sehr gegen sie / und sagete: Nachdem er das Glũk gehabt / Ihrer Durchl. einige Dienste zubezeigen / wolte er sein bißher erlittenes Unglük gerne vergessen; beklagete daneben / dz er nicht straks angesichts / ehe er die Sänffte geöffnet / sein Kleid ihr über geworffen hätte / welches er nicht unterlassen wollen / dafern er ihrer Durchl. gegenwart einigen wink gehabt / und stellete endlich ihrem Willen anheim / mit was Straffe der gefangene ErzRäuber Gobares solte beleget werden. Sie erröhtete über der Gedächtniß ihres Leibes Blösse / mit anzeige / wie eine grosse Pein es ihrer Seele währe / daß der unverschämte Bube sie in solcher Gestalt hätte fahen / binden und fortschleppen lassen / an dem sie sich zurächen gänzlich entschlossen währe / nachdem sie h \rete / daß er gefangen wäre. Leches und Klodius funden die andere drey Sänfften auch mit dreyen der Landes art nach schönen Weibsbildern in gleicher blösse /beladen / und wahren / Kleofis / Andia und Amestris /griffen alsbald zu ihrẽ BrodMessern / und schnitten ihnen die Knebel aus dem Munde / auch Hände und Fũsse loß / daß sie sich zusammen zihen / und in etwas verhüllen kunten. Endlich ward Leches gewahr / daß ein Mann und Weib in der Gutsche sassen / und sehr bluteten / dañ jodes hatte ein Messer in der Brust stecken; dessen er erschrak / und sie gutes muhts seyn hieß; das Weib ihm aber antwortete; Wann wir gutes muhts seyn solten / müstet ihr nicht kommen seyn; Worauff er sagete: Harret / seyd ihr da zubrochen /muß man euer um so viel fleissiger warten; zohe ihnen die Messer / welche sie aus Verzweifelung selbst / und doch nicht tief genug hinein gestossen /aus den Wunden / uñ band sie mit den Riemen feste /die er von der Gutsche lösete. Als solches geschehen /rief ihnen Fabius / und sagte: Kom?et her meine Freunde / und grüsset das vortrefflichste Fräulein der Welt in ihrer äussersten Beschimpffung / die nimmermehr kan gebüsset werden. Mein Herr Bruder / antwortete das Fräulein / wolle mit solchen unverdieneten Ehren-Nahmen mich doch nicht weiter schamroht machen / nachdem ich schon vorhin die Augen nit kũhnlich auffschlagen darff. Leches trat hinzu / gedachte alsbald / ob nicht das Königl. Fräulein zugegen seyn würde / welches ihm die Vernunfft und Augen blendete / daß er sie nicht erkennen kunte; sie aber ihn erblickend / alsbald zu ihm sagete: So so mein geträuer Leches / jezt habt ihr euer dienstwilliges Herz mir so klärlich zu erkennen gegeben / dz ich zeit nachzudenken fodern muß / wie ichs gebührlich ersetze. Er kunte [955] aber vor Bestürzung und Freude kein Wort sprechen / sondern nach unterschiedlichen tiefgehohleten Seuffzen / fiel er vor ihr nider in die Knie / fassete ihre Hand / uñ küssete sie ohn unterlaß / biß er sich erhohlete / von der Erden auffstund / und also anfing: Allergnädigstes Fräulein / wie kan ich der grundlosen Güte unsers Heylandes gnug danken /welcher nach seiner Göttlichen Versehung mich so glüklich geführet hat / daß dem Verrähter ich auf dieser Reise antreffen / und durch Euer Durchl. Kriegs Heer / welches den Nahmen Valiska zum Feldgeschrey gehabt / er zur gebührlichen Straffe durch Herr Fabius / welcher gleich unvermuhtlich zu uns gestossen angehalten worden; meine geringfũgige Dienste /mit welchen Euer Durchl. ich ja als ein angebohrner Untertahn aus Pflicht verbunden bin / können von derselben durchaus keine Belohnung verdienen / und wann sie es ja verdieneten / währen sie viel tausendfach schon vergolten. Wir wollen uns hierüber vor dißmahl nicht zanken / antwortete sie / helffet vielmehr / daß meines Frauenzimmers eine in etwas gekleidet werde / damit sie zu mir kom?e / und die Füsse loßknüpfe. Ganz willig und gerne / sagte er /warf seine Rüstung hinweg / sprang auffs Pferd / und rante spornstreichs nach dem Lager / da er die Gutsche / auff welcher Libussa samt Brelen / Euphrosynen und Agathen beyeinander fassen / und wegen des erhaltenen Sieges sich hoch freueten / aufs allerschnelleste ihm folgen hieß / auch Neda und Markus einen Wink gab mitzureiten. Unterdessen hatte Klodius sich vor dem Fräulein nidergelegt / mit gar untertähnigen Worten ihre Wiederwertigkeit beklaget / und sehr gebehten / ihre Durchl. wolte den unwerdesten Klodius / welcher dem Könige Ladisla und GroßFũrsten Herkules eine zeitlang auffzuwarten / das hohe Glük gehabt / unter die Zahl ihrer geringsten / wiewol allergeträuesten Knechte auffnehmen. Mein lieber Freund Klodius / antwortete sie / meynet ihr / daß mein Oheim und Bruder mir eure redliche Tråue und aufrichtige Dienste ungemeldet gelassen? euer bereitwilliges Herz gegen dieselben / zeiget ihr ja ũberflüssig an / indem ihr euer Vaterland und Güter verlassend / ihnẽ biß hieher zu Wasser und Lande gefolget seyd / welches sie schon werden zuvergelten wissen /und ich mich zugleich mit ihnen bemühen wil / euch der Mühe zuergetzen; aber lieber saget mir / wie gehet es meines Herrn Bruders Gemahl Königin Sophien /meiner höchstgeliebeten Fr. Schwester? Sehr wol /Gott Lob / antwortete er / welches vielleicht angenehmere Bohten mit schrifftlichen Zeugnissen werden auffzulegen haben. Indem kam die Gutsche daher gerennet / welche Leches öffnete / und zu dem Frauenzimmer sagete: Heraus / und löset einer gefangenen die mit höchstem Unrecht gebundene Füsse / welche zuberühren kein Mannesbilde unter uns wirdig ist. Libussa saß im Aushange / sprang geschwinde hervor /und eilete nach der Fräulein Sänffte / erkennete alsbald ihr Angesicht / und fiel vor unmässiger Freude als eine Leiche auf Klodius / welcher ihr zur seite stund. Brela ersahe solches / wuste nicht / was vor schnelle Ohmacht sie niderwarff / kuckete in die Sänffte / und indem sie das Fräulein erblickete / stürzete sie gleich neben Libussen nider; dessen Valiska sich entsetzete / und die umstehende baht / ihnen Erquickung mitzuteilen; welches Agatha mit fleiß verrichtete; Euphrosyne aber / von Fabius vernehmend /daß sie das Fräulein währe / fassete mit sonderbahrer Liebligkeit ihre Hände / küssete und drückete sie /und fing also an: O du glükselige Euphrosyne / die du wirdig bist / dieser allertrefflichsten Fräulein auffzuwarten / nach deren Kundschafft man so lange Zeit vergeblich hat seuffzen müssen. Aber O du gräulicher Bluthund / Wũterich und Erzbösewicht / welche Löuin hat dich geworffen / welches Tigertihr [956] hat dich gesäuget und aufferzogen / daß du diese Soñe der Vollkommenheit hast fesseln und binden können? Verzeihet / bitte ich / Durchleuchtiges uñ unvergleichliches Fräulein / mir / euer Durchl. untertähnigst-ergebener Magd Euphrosynen / daß dieselbe ohn Ihrer Durchl. Befehl sich zur Bedien- und Auffwartung anträget / ehe sie vor dũchtig erkläret ist / und lasset gnädigst wissen / womit Euer Durchl. sie etwa möchte dienen können. Aber O ich unbesoñene / sagte sie; lief hin nach der Gutsche / in welcher ihre KleiderLade stund / daraus nam sie einen Himmelblauen UnterRok mit Silber durch und durch gesticket / uñ ein Oberkleid aus einem hellscheinenden SilberStücke gemacht; auch gestickete Schuch und Seidene Strümpffe / und trug ihr solches alles zu / da inzwischen die anwesende Mannesbilder einen Abtrit nahmen / und Euphrosyne nach gebehtener Verzeihung den ReitRok hinweg warff / und ihrer vollkommenen Leibes Schönheit sich nit gnug verwundern kunte / da dz Fräulein also zu ihr anfing: Allerliebste Freundin /mein Oheim Herkules hat eure Tugend und Freundligkeit mir nicht vergeblich gerühmet; aber was hat euch meine geliebte doch immer und ewig bewogen / diese beschwerliche Reise zutuhn / vor welcher sich auch die herzhaftesten Männer entsetzen. Durchl. Fräulein /antwortete sie: Diese Frage wil ich hernach weitleuftig beantworten; welches sie in Gedanken redete / dañ sie hatte sich an ihrer Schönheit gar vergaffet / und des Strickes an ihren Füssen nicht wahr genom?en / daß Valiska endlich zu ihr sagete: Herzgeliebete Freundin / leihet mir ein Messer / daß ich meine Füsse frey mache / welche sie der hinte umb zwolff Uhr also gebunden sind. O du blinde Euphrosyne / fing sie zu ihr selber an / wo hastu deine Augen und Gedanken? zog hiemit ihr kleines Messerlein hervor / und sägete damit / biß sie endlich gewan; kũssete hernach die Füsse / und sagete: O Durchleuchtigster GroßFürst Herkules / was vor ein Meister-Bilde hat der Him?el euch vorbehalten? und wañ dieses Fräulein ungebohren währe / würde keine andere dieser Welt euer Liebe wirdig seyn. Valiska trug grosse beliebung an ihrem Liebkosen / weil sie sahe / dz es ohn falsch von Herzen ging / und antwortete ihr: Allerliebste Freundin / ihr erhebt mich weit über meine gültigkeit / dann ich selbst schätze mich dieses Fürsten / ach dieses teuren Fürsten / noch lange nicht wert. So tuhe ichs aber / gnädigstes Fräulein / sagte sie / uñ alle Menschen / welche eure Durchl. keñen /werden solches tuhn; dañ ob gleich GroßFürst Herkules ohn seines gleichen / so viel Mañesbilder betrift /lebet / so hat er doch / Gott Lob / eine gleiche unter den Fräulein / welches dem ganzen weiblichen Geschlechte ein unsterblicher Ruhm seyn und ewig bleiben muß. Als nun Valiska ihr die Kleider wolte anlegen lassen / hatte Agatha durch viel bemühung und zutuhn etlicher ihrer Mägde / Libussen und Brelen wieder zu sich selber gebracht / welche sich erhoben /und ũber das Fräulein herfielen / ob hätten sie dieselbe erdrücken wollen / welches / angesehen ihrer geträuen Liebe / sie ihnen durchaus nicht vor übel hielt; nur erinnerte sie dieselben / sich in der Heftigkeit ihrer Freude zu mässigen. Wie? sagte sie zu ihnen; kom?et ihr deßwegen zu mir / mich mit eurer Ohmacht zubetrüben / und mit euren Trähnen zuersticken / da ich meinete / an euch als meinen vertrautesten Freundiñen / und eine Zeitlang mitgefangenen /nun aber miterlöseten mich frölich zuergetzen? Zwar wañ der barmherzige Gott euch und das Heer nicht zu so glüklicher Stunde hätte hergefũhret / würdet ihr Ursach zu euren Trähnen gefunden habẽ / nehmlich entweder meinen todten Leichnam / oder mich als eine geschändete / oder wol beydes zubeweinen; aber gleich wie der Menschen Dieb mit solchem Vorsaz umbging / hat [957] ihn Gott durch eure Zukunfft daran verhindert; des freuet euch mit mir / und lasset alle Traurigkeit fahren. Hierauff erhohleten sie sich endlich /da jede von ihnen der Fräulein eine Hand fassete / und Libussa also anfing: O mein gnädigstes und über Seel giliebetes Fräulein; muß ich dann ihre Durchl. in einem elendern Stande antreffen / als ich sie leztmahl verlassen habe? solches sey dem gerechten Gott geklaget; Aber O du Grund Schelm / was vor Straffen wird der allergrausamste Henker er siñen können /damit dir nach Verdienst gelohnet werde? Gib dich mit mir zufriedẽ / liebes Kind / sagte das Fräulein /ich bin zwar heut in dem allerelendesten Stande meines ganzen Lebens gewesen / so daß mein Ochsen-und Hunde-Streit / mein Pragischer Moldau-Sprung /und Italiänische Gefängnis hier gegen fast nichts zuachten; aber Gott Lob / Gott Lob / ohn einige wirkliche Verletzung meiner Ehren; daher wollen wirs als ungeschehen / oder doch als überwunden halten / auff dz unsere gebührliche Freude nicht gestöret werde; richtete sich damit auff / und ließ sich von ihnen beyden nach begehren küssen und umfahen. Weil sie aber sahe / daß kein Auffhören da wahr / sagte sie endlich: Sol ich dañ den ganzen Tag alhie vor euch nacket liegen? Hastu vergessen / Libussa / wie bald du mich /wann ich auffstund / zubekleiden pflegtest? Ja ja /mein Herzallerliebstes Fräulein / antwortete sie / ich bin nun vergnüget / daß Eure Gn. ich wiederhabe; gönnet mir aber doch das zubesehen / wornach meine Seele so grosses verlangen getragen hat. Euphrosyne nam den UnterRok / und legte ihr denselben an; Brela suchte die Strũmpffe und Schuch hervor und bekleidete ihr die Beine; Libussa ergreiff das Oberkleid / und zohe ihr solches an / und indem sie ihr den Busem verschnürete / raunete sie ihr sanffte ins Ohr: Ach daß Herkules dieses an meiner Stelle verrichten solte; sie aber gab ihr zur Wieder Antwort: Wann du ihm solches als zum ersten mahl wünschest / bistu zu spät kommen; zum lezten mahle aber würde es viel zu früh seyn. Ey Gott Lob / sagte Libussa überlaut / so wollen wir der jetzigen Widerwertigkeit vergessen; fassete das Fräulein unter die Arme / und zohe sie aus der Sänffte hervor / da der ankom?enden Freude erst recht loß ging; in sonderheit bey Libussen und Brelen / als sie diese in so treflicher Volkommenheit vor sich stehen sahen / und vor Wollust nicht wusten / was sie anfahen solten. Agatha trat auch herbey / und ergab sich dem Fräulein zu Dienste; und weil sie und Euphrosyne gleich neben einander stunden / redete sie alle beyde also an: Ihr meine grundgeliebete Freundinnen; wie hoch ich euch verbunden bin / weiß ich sehr wol; aber wie ich mich loswirken möge / sehe ich nicht / es währe dann / dz ihr meinen beharlichen Freundes-Willen / und die mögliche Erstattung vor gültig erkennen wollet; Ihr Fr. Agatha habt mir meinen einigen herzallerliebsten Bruder vom Tode erlöset / und euch darüber in solche Gefahr gesetzet / die euch bey nahe zu staub und Asche verbrennet hätte; was hätte eine geträue Freundin mehr tuhn können? Ihr Fr. Euphrosyne habt meinem höchstgeliebeten Oheim / Schaz / und versprochenen Bräutigamb die Hände loßgebunden / und dadurch ihn von dem Henker-Schwert frey gemacht; worüber ihr schier selbst von eurem ungeträuen Ehegatten entleibet währet; was hätte eine Schwester heilsamers verrichten können? Vor solche Woltahten sage ich euch von herzen dank / und werde zeit meines Lebens mich bemühen /es mehr in der Taht / als prächtigen Worten erscheinen zulassen / wie hoch ich diese eure Woltahten schätze. Durchl. Fräulein / antwortete Euphrosyne /haben wir beyde einen aufrichtigen Willen gehabt /den beyden fröm?esten und redlichsten Fürsten der Welt untertähnigste Dienste zuleistẽ / so ist doch derselbe so unkräftig gewesen / dz ausser seufzen uñ wünschen er nichts hat verrichten mögen; hingegẽ sind wir alle beyde von höchstgedachten teurẽ Fürstẽ vom Tode uñ Verderbẽ gerettet / uñ in gutẽ Wolstand gesetzet; wir sind durch sie zu grossem Reichtuhm uñ ädlen from?en Ehegatten gebracht / dz uns allerdinge unmöglich ist / solche Woltaht recht zuerkeñen / geschweige zuvergelten; und nun wil eure Durchl. gnädigstes Fräulein / uns mit neuem ganz unverdienten erbieten / dessen wir allerdinge unfähig sind / in unsern dankschuldigen Gedanken irre machen; köñen wir vor Dienerinnen angenom?en und gewirdiget werden / so haben wir den höchsten Zweg unser gewünschten Glükseligkeit erreichet / ein mehres / wie wirs nicht fassen können / also vermögen wir auch nicht / es zuertragen; bitten umb beharliche Gnade /uñ verbleiben untertähnigst gehorsam. Das Fräulein wolte solches beantworten / aber Kleofis / der die Zeit in der Sänfte zu lange wehren wolte / steckete den Kopff hervor / und rieff mit lieblicher Stim?e; Gnädigstes Fräulein / wir euer Durchl. untertähnigste[958] Dieneriñen / erfreuen uns derselben glüklichen Errettung von Herzẽ / demühtigst bittend / uns bey dem anwesenden fremden Frauenzim?er etwa ein geringes Kleid loßzumachen / damit wir uns ein wenig bedecken mögen. O ja / sagte Valiska; und muste Libussa alsbald mit der Gutsche nach dem Lager rennen /unter welcher Zeit Neda raum bekam / bey dem Fräulein sich zumelden / welchen sie also empfing: Ich weis nicht / mein Freund / ob ich euch mit kühnen Augen ansehen darff / in betrachtung / der euch von mir angefügeten Unbilligkeit / daß ich eure liebste Brelen genöhtiget / sich einem andern zuergeben /wiewol bald nach ihrem abscheide mich solches sehr gereuet hat / uñ gefält mir überaus wol / daß ihrs so habt können über euch hingehen lassen / und nicht destoweniger / wie ich merke / der Brelen Freund seyn; ich kan nicht mehr / als mich erbieten / es nach mögligkeit in andere Wege zuersetzẽ Brela solches hörend / fing an zu schmuzern; er aber gab zur Antwort; Durchl. Fräulein / daß dieselbe meine versprochene Brelen jensmahl an den MeerRäuber Alexander verlobet / bedanke ich mich untertähnigst / als wodurch dieselbe mir wieder eingeliefert ist / massen dieser Reise-Bräutigam nicht allein mein Brelichen ohn alle anfechtung ihrer Zucht / nach Padua wol übergebracht / sondern auch in der Stunde meiner Ankunft daselbst / mir dieselbe ohn einige Wiederrede / mit allen seinen Gütern übergelassen. O daß mus wol ein redlicher from?er Alexander seyn / sagte Valiska. Ja / antwortete er / ich habe ihn nicht anders als from gekant. Brela kunte solchen Spot nicht wol leiden / uñ sagte zu ihm; habt ihr eure Zusage jenseit des Meers getahn / schon vergessen? erzählete auch dem Fräulein / was gestalt Alexander des Tages vor dem angesetzten Beylager umbkom?en währe. Libussa kam mit den Kleidern wieder an / lieferte sie dem entblösseten Frauenzim?er / uñ meldete dem Fräulein vieltausend grüsse an von Prag und Padua / lockete sie auch von der Geselschaft abe / umb mit ihr allein zu reden / da sie ihr nit allein zuvernehmen gab / wie herzlich ihre Fr. Mutter sich über ihre künftige Heyraht mit Herkules erfreuete / sondern auch / was gestalt der junge Frankische GroßFürst aber eins um ihre Heyraht geworben / und bey der Gesandschaft selbst als ein Schreiber gewest / hätte anfangs ihre Entführung vor ein Geticht gehalten / nachgehends seine Ohmacht darüber sehen lassen / und währe zu Prag die Zeitung erschollen / daß er vor grosser Liebe in eine Unsinnigkeit gerahten / und unter Ketten und Banden in einem verschlossenen Gewölbe müste gehalten werden / gäbe vor / er währe GroßFürst Herkules / und müste den Franken Markomir erwürgen / darumb daß er ihm nach seinem Gemahl stünde / ihm dasselbe abzuspenstigen. Sie hörete solches mit entsetzen / und sagte; Es ist mir dieses jungen FürstenUnfal herzlich leid / weil ichs aber nicht zuendern / vielweniger ihn zuvergnügen weiß / mus man solches dem lieben Gott heim stellen / welchen ich inbrünstig anruffen wil /daß er ihm seine Vernunft wieder heilen / und die vergeblichen liebes Flam?en in seiner Seele außlöschen wolle. Ich kan mich aber mit dieser Zeitung vor dismahl nicht ängsten / weil ich nicht weiß / ob mein voriges Elend oder die jetzige Freude grösser ist / nachdem ich nicht allein der meinen Gesundheit und Wolergehen nach geschehener Erlösung erfahren / sondern meinen H. Schwager und Bruder H. Fabius angetroffen / und dich meine allergeträueste alte Trösterin wieder bey mir habe; zweifele auch nicht / du werdest mit deinem Leches schon beygeleget seyn; Ist daß fragens wert / Gn. Fräulein / antwortete sie /; ich habe wol gewust / und bin ich niemahls auff eure Gn. zorniger gewesen / als das sie mich vor meiner Gn. Königin so beschämet / daß ich umb das schleunige Beylager selbst habe anhalten müssen Hastu mir aber gehorsamet / fragete Valiska. Was solte ich nicht gehorsamet haben / sagte sie / lieber hätte ich ihn selbst darzu gebehten / ehe euer Gn. Hulde ich mich verlustig machen wollen / wiewol ich mich deßwegen von meinen Gespielen auff dieser Reise rechtschaffen habe leiden müssen; doch die Warheit zu sagen / wahr mirs eben so hart nicht zu wieder / als ich michs äusserlich annam. Valiska lachete ihrer lezten Worte und sagete: So wirstu nun erkennen / daß ichs gut mit dir gemeinet habe; wie anders? antwortete sie / wann nur meiner ehemahligen Freiheit nach / ich fragen dürfte /wovor eure Gn. ich nunmehr halten solte / und zwar in vertrauen. Sie wolte mit ihr scherzen / und wieder antwortete; Bistu so lange mit mir umbgangen / und weist noch nicht / wovor du mich halten solt? weistu nicht / daß ich Valiska bin? ja weistu nicht daß ich das Königliche Fräulein aus Böhmen bin? endlich /weistu nicht / daß ich der geraubete Herkuliskus bin? ich halte / du werdest dein Gedächtnis zu Padua vertauschet / oder es deinem Leches [959] samt deinem Brautschatze geschenket haben. Diese machete ihr wegen des lezten Worts Gedanken / und sagete: Ich bitte umb gn. verzeihung / daß euer Durchl. vor den übermässigen übergeschikten Brautschaz ich annoch nicht gedanket habe. Davor wil ich keinen Dank haben /antwortete sie / ist dir auch nicht als ein Brautschaz zugeschikt / massen denselben ich dir erst in Böhmen oder Teutschland geben wil. Aber weistu nun wieder /wovor du mich halten solt? wie solte ichs wissen? antwortete sie / habt ich euer Gn. hieselbst gehütet als zu Prag? Du loser Sak / sagte Valiska / habe ich mich dañ zu Prag also bezeiget / daß ich einer Hüterin bedurft hätte? Darauf wil ich nicht antworten / sagte Libussa / eure Gn. sagen mir dann zuvor in vertrauen /wovor ich als die verschwiegene geheime Libussa dieselbe halten sol. Ich muß dir wol beichten / antwortete sie / wil ich sonst friede und deine Gnade haben; aber wie würde dirs gefallen / wann ich dir anvertrauete /daß ich schon in geheim von 20 Wochen her / meines allerliebsten Herkules Gemahl bin? Ich bin vergnüget / sagte jene: Aber eriñert sie sich auch gnädigst / was in ihrem grossen trübsal wegen Herkules Verlustes und Abwesenheit ich ihr stets einbildete? O ja mein herzliebes Kind / O ja / sagte sie / ich erlüstige mich an meinem Herkules nie keinmahl / daß ich deines Trostes nicht gedenken solte / habe auch in der Taht erfahren / daß keine liebes vergnügung süsser und erquiklicher sein kan / als die mit Angst und Gefahr erlanget wird; aber mein Herzen Kind / möchtestu nun erst meinen Herkules sehen / wie seine Trefligkeit inwendig drey Jahren zugenommen hat! Wie nun mein Fräulein / antwortete sie / hat dann eure Gn. ihrem Herkules auch die Gedächtnis samt dem Brautschatze geschenket? Ich bin ja bey ihm gewesen / da er mich aus Räuber Händen erlöset. O ich unbedachtsame /sagte Valiska weiß ich doch selber nicht / was ich vor freuden rede; doch höre; wirstu auch deinen Schaz den damahligen Räuber Gallus ohn Scham ansehen können / daß du ihm so ungeträu gewesen / uñ Leches angenom?en hast? dann ich versichere dich / daß dieser meines Herkules und mein liebester Diener ist. So mus ich ihn wol vor meinen Augen leiden / antwortete sie / und hat mir Brela solches schon angezeiget / daß Fürst Herkules ihn fast als sein ander Herz halte. Nicht vielanders / sagte das Fräulein / und währe Leches nicht in der Besitzung / müstestu ihm dein versprechen wol halten. Libussa lachete / und kam wieder auff die alten Geschichte / da sie unter andern fragete: Ach mein wunderschönstes Fräulein / wil sie mir dann nunmehr meine oftgetahne Frage beantworten / was ihre Gedanken wahren / da ich ihr des allerschönsten Herkules zarte Arme / wie er schlieff / zum erstenmahl zeigete? Das Fräulein gab ihr einen liebes Backenstreich / antwortend; must du noch mit deinen alten Schmeichelnahmen umb dich werffen? Diese küssete ihr die Hand / und sagete: O des lieben und sanften Schlages / daß ich den nun wieder auffs neue bekommen habe; aber bekennet mir mein Fräulein /bekennet wornach ich frage. Eja doch / antwortete sie / ich weiß doch wol / daß du mein innerstes Herz allemahl sehen und wissen wilt / und fragest nach einem Wege / der dir schon gnug bekant ist / wie nehmlich meine dazumahl kindische Seele / mit freuden angefüllet ward / durch eine Liebe / welche sider dem ohn auffhören gewachsen / und noch diese Stunde zuwachsen nicht auffhöret. Aber wir müssen nicht zu lange unser Gewäsche treiben / weil die übrigen mirs verargen könten. Markus hatte bißher seine Schuldigkeit bey ihr noch nicht abgelegt / welcher anjezt zu ihr trat / und sehr wol empfangen ward. Endlich fassete sie Herrn Fabius bey der Linken / und Libussen bey der rechten Hand / nöhtigte sie mit sich auff die Gutsche / und fuhr mit ihnen nach dem KriegsHeer / dem ihre Anwesenheit schon zu wissen getahn wahr /daher sie von ihnen mit einem grossen Freuden-Geschrey empfangen ward.


Ende des Vierden Buchs / und des Ersten Teils Des Christlichen Teutschen Herkules. [960] [1]

Ander Teil

Widmung
An die Allergroßmächtigste / Unüberwindlichste und Preißwirdigste Römische Käyserliche Majestät
Alleruntertähnigste Dankbezeigung vor die dem Teutschen Herkules und seiner Böhmischen Valisken allergnädigst erteilete Freyheit / Schutz und Begnadigung.
Die höchste Majestät der ganzen Christen-Welt
Hat Herkulessen Wunsch und der Valisken Sinnen /
Mehr als ihr Hoffen wahr / in Fried und Ruh gestelt /
Sie fürchten sich nicht mehr vor feindlichem begiñen /
Noch vor Verleumders Gifft. Des bittern Hassers Schuß
Geht schadloß neben hin; weil sie des Adlers Flügel
In freyen Raum gesezt. Des Neiders dräuen muß
Ihm selbst nur schädlich seyn. Sie sitzen auff dem Hügel
Der festen Sicherheit. Der Dieb' und Räuber Schaar
Zeucht ihre Klauen ein. Wer hier wil Frevel üben /
Hat seine Straffe schon ohn unsere Gefahr;
Der Adler hält uns Schuz / drumb kan uns nichts betrüben
Im sichern Loberkranz. O höchste Majestät!
Was sol Eur Herkules / was sol Valiska stellen
An gültign Dankes stat? Die Woltaht übergeht
Ihr Unvermögen weit. Gleich wie die hohen Wellen
[3]
Herfallen über Grund und Tieffen. Wie der Schein
Der Sonnen / unser Licht läst keinen Schatten bringen;
So fält Valisken ihr Vemögen gänzlich ein /
Und läst ihr Herkules nichts als nur Wort' erklingen /
Doch Worte / die hervor aus tieffstem Herzen gehn /
Und seufftzen / daß sie nicht so lautbar können schallen /
Als wol ihr wünschen ist. Nun wol! vor Gott bestehn
Am besten / die vor ihm demühtig niderfallen /
Und sagen willig an / daß ihr Vermögen bloß
Ein reiner Wille sey. Die pflegt Gott zuerheben /
Und schätzet sie vor gnug. Bleht man sich selber groß
Nach Pfau- und Kröten Art / das ist ein wiederstreben
Und schändlicher Betrug. Ein solcher schlimmer Wuhl
Muß / wann er gleich vermeint / er steh' auff hoher Zinnen /
Eh' als ers selber weiß / hinunter in den Pfuel /
Dann wird er seines Nichts mit Schand und Schaden innen.
Valisk' und Herkules erkennen / daß sie schwach
Und allerunwerd sind. Durch Käyserliche Güte
Stehn sie / und sonsten nicht. Es rinnet ihre Bach
Aus Käysers Gnaden-Meer. Sie stehen in der Blüte /
Dann dessen Woltaht-Schein beut Krafft und Wärme dar.
Deß bringen sie den Dank demühtigst / und ergeben
Sich dessen Majestät zu eigen ganz und gar /
Von welcher sie ihr' Ehr erlanget und ihr Leben.
Drumb stimmen sie mit Mund und Herzen überein /
Des Käysers wollen wir Gehorsamst-eigne seyn.
5. Buch
[4] Das Fünfte Buch.

Herkules und Ladisla setzeten nach erhaltenem Siege ihre Reise auff Persepolis schleunig fort / so viel der Verwundeten Gelegenheit zulassen wolte; und als sie die Stad von ferne liegen sahen / sagte Herkules zu seinem Freunde: Unsere Valiska wird mit Verlangen nach uns außsehen / weil wir unsern durch Gott bekräftigten Sieg ihnen nicht zu wissen gemacht haben. Gleich in dem sahen sie eine zimliche Geschwade Reuter von der rechten Seiten auff sie zurennen / von denen sie bey ihren Fahnen bald erkennet wurden; dann es wahr GroßFürst Artaxerxes / welcher nach angestelleter guter Ordnung bey seinem HäuptHeer wiederumb zurücke kahm / und ritte ein Medischer Abgesanter hinter ihm her. Sie empfingen einander überaus freundlich / und wahr wegen der treflichen Uberwindung sehr hohe Freude; daher Artaxerxes zu unsern Helden sagete: Nun ihr meine sehr werte Herren / und vertrauete Brüderliche Freunde; freilich wird euer Ruhm und Ehre in diesen Morgenländern tauren /als lange die ErdenKugel von dem Meer unüberschwemmet bleibet / und ist die Fürstl. Verbündniß schuldig / eure hochansehnliche Dienste nach allem Vermögen zuerkennen. Hernach begab er sich hin zu den Sänfften / in welchen Pharnabazus / Arbianes /Bubazes / Tyriotes und Gallus getragen wurden / zeigete sein Mitleiden wegen ihrer Verwundung an / und versprach es mit Vergeltung / Gnade / und Freundschaft zuersetzen. Endlich rühmete er das ganze Heer wegen ihres wolverhaltens / und verhieß ihnen sämtlich drey Monat Gold zur Verehrung; worauff er von unsern Helden in die Mitte genommen / und aller Umstände ihres Sieges berichtet ward / da er sich nicht gnug verwundern kunte / wie sie den hocherfahrnen und vorsichtigen FeldHerrn Vologeses hätten mögen berücken und aus dem Felde schlagen. Er hingegen meldete ihnen des HäuptHeers Menge und Zustand an / und wie sie der Stad Persepolis naheten / sagte er: Mich wundert nicht ein geringes / wo Fürst Gobares Völker mogen blieben seyn / weil ich keinen davon auff meinem Rükwege angetroffen / da sie doch diesen Streich her auf meine Anordnung eingelegt wahren; und hat er ja keine Volmacht / seines gefallens sie an andere örter zuführen; biß daher habe ich gewähnet / meine Herren würden sie zum Entsaz abgefodert haben. Ladisla erschrak der Rede höchlich /und sagte; lasset uns der Stad zueilen / dann dieses gehet nimmer mehr recht zu / und wende Gott gnädig ab / daß Gobares nicht gar zum Schelm und Verrähter worden sey / wie seine Völker / die wir mit uns geführet / in dem sie teils nicht fechten wollen / teils auff uns [5] zugeschlagen / und umb ein Haar uns den Sieg auß den Händen gerissen hätten. Herkules sahe ihn an / entsetzete sich vor seinen Scheltworten / und redete ihm also ein: Wie mein Bruder? warumb schiltestu diesen Fürsten / ehe er der Untaht überzeuget ist? vielleicht ist er unschuldig an dem verrähterischen Vornehmen seiner Leute. O Bruder / antwortete er /des vergangenen bin ich gewiß genug / helffe nur Gott / daß nicht wol ein schlimmers in unserm abwesen von ihm begangen sey dessen ich sehr starke Muhtmassungen habe. Ich verstehe nicht / sagte Artaxerxes / worauff mein H. Bruder zihlet; solte aber Gobares zum Schelme worden seyn / wollen wir uns darüber wenig beku ern / worauff aber sehr schwere Rache erfolgen wird. Gott verhüte es / antwortete Ladisla /daß meine Furcht nicht eintreffe / so sol das ergangene mich nicht großirren. Als sie zur Stad einritten /fragten sie / wo Gobares Völker währen. Der Häuptman gab zur Antwort; sie könten nichts eigentliches davon wissen / ohn daß er gestern Abend alle seine Völker vor dem Westentohr in möglicher Stille versamlet / und umb Mitternacht davon gezogen / auch etliche Sänften / wie man sagte bey sich gehabt / und darinnen seine liebsten Schätze hinwegtragen lassen. Seine Schätze? sagte Artaxerxes / hat der Verrähter Schätze auff meinem Schlosse? vielleicht hat er meine SchazKammer beraubet? Ladisla zweifelte nicht mehr an der Warheit / und sagte zu Herkules: Mein Bruder / erschrik nicht; ich fürchte er habe nicht seinen / aber wol deinen Schaz entführet / welchen wir mit GottesHülffe bald wiederhohlen wollen / weil er erst diese Nacht davon gezogen ist. O mein Bruder / antwortete er; so hoch wird mich mein Gott verhoffentlich nicht straffen. Ihm ward aber so unsachte auf dem Pferde /daß er sich nicht mehr halten kunte / welches Artaxerxes ersehend / ihn in das näheste Haus geleitete / da ihm sein Herz dergestalt belieff / daß ihm alle Sinne entgingen. Ladisla rante in Geselschafft etlicher Reuter nach dem Schlosse / sprang vom Pferde / und ohn wortsprechen lieff er nach der Fräulein Gemache /welches er offen fand / und Herkules LeibKnaben samt Timokles in voller Ohmacht auff der Erde liegen; der Fräulein / und drey andere Weibliche Kleider aber mitten im Gemache auff einem Tische / und eine außgelöschete Kerze auff der Tühr Schwelle. O mein Gott / sagte er / wie werde ich doch meinem lieben Herkules diß berichten können? Er rüttelte Timokles so lange / daß er zu sich selber kam / und sagte zu ihm: Höre mein Geträuer; wie ist dieses zugangen? Ach Gn. Fürst / antwortete er; mir ist hievon nicht das allergeringste bewust / nur wie ich komme / auffzuwarten / finde ich leider wie es stehet. Ladisla wolte alhier nicht viel Zeit verlieren / ging nach der Schloß Häuptwache / und fragete; wo Fürst Gobares währe; aber da wahr niemand / der hievon einige Nachricht zu geben wuste; nur daß etliche davor hielten / er würde auff seinem Gemache / und wol noch in der Ruhe seyn. Wie / sagte Ladisla habt ihr dann hinte alle nur des Schlaffs gewartet? Er wird ja nicht mit allen den seinen über die Maur geflogen seyn. Der Häuptman antwortete: Durchl. Fürst / es ist ja diese Nacht ein wunderliches wesen auf dem Schlosse gewesen; aber unser keiner hat bey Leib uñ Lebensstraffe sich dürffen sehen lassen; retten / fahren / lauffen und bestellen hat man eine gute weile gehöret; wer es aber gewesen / und was es bedeutet hat / ist uns allerdinge verborgen. Es stund ein Kriegsknecht auf der Schildwache / der berichtete: Er hätte ein klägliches geheule etlicher Weibesbilder gehöret / welches sich doch bald gestillet / und darauff währe der Abzug [6] geschehen. Dessen muß ich sichere Gewißheit haben /sagte Ladisla; ließ Timokles nach Gobares Gemache lauffen / um zuvernehmẽ / was vor Zeichen sich daselbst würden findẽ lassen. Aber da war eine gleichmässige Einsamkeit / ohn dz er etliche rohte Seidene Stricke liegen sahe / die er auffhub / und mit sich nahm. Also wolte Ladisla hieselbst nicht länger verweilen / ritte straks nach Herkules und traf ihn in jämmerlicher Klage an. Artaxerxes tröstete ihn auffs beste: es währe ja noch ungewiß; und ob gleich die Entführung geschehen / wolte er sein Haupt nicht sanffte legen / biß es grausam gestraffet währe. Ach ach / sagte Herkules / hiedurch bekomt mein Fräulein ihre Ehre nicht wieder / wann ihr solte Schande zugestossen seyn. Ja wer weiß / ob sie nicht bereit Todes verblichen; dann lebendig hat sie sich in seinen boßhafften Willen nicht ergeben / dessen ich wol versichert bin. Ladisla kam gleich darzu / und sagte: Herzlieber Bruder / stärke dein Gemüht / und laß dich Unfal nicht erdrücken; klagen hilfft nicht / und seumen nutzet nicht; laß uns den Almächtigen Gott zu hülffe nehmen / und unverzöglich folgen / so können wir ihn noch vor Abends ereilen / weil er mit Fußvolk und Reutern zugleich fortgehet. Auf dem Schlosse ist nichts ungebührliches vorgangen / sondern man hat nur zum Abzuge geeilet / und das Fräulein neben dem Frauenzimmer aus den Betten geraubet / und in den Sänfften davon geführet. Herkules bedachte sich nicht lange / sprang auf sein Pferd / und in Geselschafft Artaxerxes und Ladisla setzete er dem Huefschlage nach / da alle anwesende Persische und Medische Reuterey folgeten / und was in Persepolis kunte beritten gemacht werden.

Fabius hatte den gefangenen Gobares vor sich bringen lassen / sahe ihn mit gri igen Augen an / und sagte zu ihm: Du schändlicher Verrähter und meinäidiger Räuber der Königlichen Fräulein; kennestu auch Kleon noch / welchen du umb falsches verdachts willen hast wollen schelmischer weise ermorden lassen? Dieser sahe ihn an / und erschrak daß er als ein Laub zitterte / auch kein Wort reden kunte. Wie bistu nun so verzagt? fuhr Fabius fort; ist diß der tapfere Gobares / der nicht gnug hat / seiner Untertahnen Weiber zu schänden / er mus auch Königen und Fürsten ihre Fräulein durch gewaltsame Dieberey entführen? doch werden die Götter mit dir lange gnug durch die Finger gesehen haben / wann du nur mit einem Halse alle deine Bubenstük bezahlen köntest. Er wolte in seinem Zorn fortfahren / aber Leches rieff überlaut: Bald zu Pferde / bald zu Pferde! dort vor uns erhebet sich ein dicker Staub / welcher uns eines neuen Heeres ankunfft verständiget. Die Gefangenen / insonderheit Gobares und die man auff der Gutsche bekommen /wurden fleissig verwahret; Fabius aber stellete die Völker in schöne Ordnung / des Vorsatzes / einen redlichen Stand zu halten / was sich auch begeben würde. Das Fräulein foderte alsbald Pferd und Gewehr / und sagte mit sonderlicher Anmuht: Ich wil meine allerliebste Teutschen selbst führen / ob ich vielleicht noch dereins ihre GroßFürstin würde; worüber diese Völker sich so inniglich freueten / daß sie einmühtig rieffen; Unsere GroßFürstin lebe / unsere GroßFürstin lebe! wolte auch ein jeder der näheste zu ihrem Schutze seyn / und halff nichts / daß Libussa und Euphrosyne nebest dem andern Frauenzimmer sie mit Trähen bahten / sich des gefährlichen Wagstückes zubegeben. Leches und die Böhmen ingesamt setzeten sich zu ihrer Rechten; Fabius und die Römer zur Linken / und tahten einen Wich in etwas hinter sich /damit sie auff allen FalPlaz und Raum zum Gefechte[7] haben könten; dann die nidergehauene Susianer würden ihnen sehr hinderlich daran gewesen seyn. Herkules mit den seinen eilete dermassen fort / daß die Pferde kaum mehr fortschreiten kunten / biß sie endlich an die leeren Sänften kahmen / und mit schmerzen sahen / daß die Eyer ausgenommen / und die ledigen Nester blieben wahren; worüber Herkules einen tieffen Seuffzer ließ / und zu Ladisla sagte: Ach GOtt / wer weis nun / wohin mein Fräulein des schändlichen Bösewichts mutwillen zuersättigen / geführet ist? ritten gleichwol fort / und sahen von ferne eine grosse menge erschlagener Kriegsleute liegen / auch in der nähe einen Verwundeten aus dem Pusche hervor kriechen / welcher auff ihre Nachfrage zur Antwort gab: Es währen eine grosse menge wilder erschrecklicher Leute über sie kommen / deren Sprache kein Mensch verstehen können / und hätten ihre Völker nicht anders als Schaffe abgeschlachtet / auch die schönen Weibsbilder (mit ihrem guten Willen / wie sichs ansehen lassen) aus den Sänfften hinweg geführet; könten noch nicht gar weit seyn / weil dieser Jammer vor wenig Stunden sich zugetragen / und sie noch vor gar kurzem sich mit einem sonderlichen Freudengeschrey hätten vernehmen lassen. Ey so mögen sie so wilde seyn als die ehmahligen Himmelstürmer / lasse ich ihnen doch diese Beute nicht / sagte Herkules / es sey dann / daß sie mich auch niderhauen; sahe zugleich eine Schaar von 300 Reutern gegen sie daher traben /welche die grossen schimmernden Schlachtschwerter umb ihre Häupter kommen liessen. Leches wahr ihr Führer / setzete auff Herkules freudig an / und da er nahe zu ihm kam / redete er mit auffgeschlagenem Helme also: Ihr Ritter; das Durchl. Königl. Fräulein aus Böhmen / Fräulein Valiska / und ihre KriegsObersten / begehren von euch zu wissen / wessen sie sich zu euch zuversehen / und ob ihr gesinnet seid /dem schelmischen Gobares beystand zu leisten / alsdann saget man euch ab auff Leib und Leben. Herkules wahr hierüber so voller freuden / daß er sein selbst vergaß / setzte seinen Helm ab / dann er kennete Leches / und sagete: Wie nun mein geliebter Freund /hat unser GOtt euch zu so glükseliger Stunde hergesand / mir meiner Seelen Lust zu retten? trauen ich werde satsame Ursach haben / eure Träue zuerkennen. Leches sprang alsbald vom Pferde / warff Helm und Schwert hinweg / küssete ihm die Hand / und weinete vor freuden / sendete auch alsbald einen Reuter zurük / dieser Freunde gegenwart anzumelden; dessen Fabius hoch erfreuet ward / schikte seiner geworbenen Reuter einen an Ladisla / und ließ ihm sagen. Es hielte dort bey dem sieghaften Heer ein Ritter / der nähst demühtiger begrüssung bey ihrer Durchl. umb verzeihung bitten liesse / daß er ehmahls ungeträue Geselschaft geleistet / und sie verlassen hätte. Ladisla kunte solcher geschichte sich nicht erinnern / und antwortete: Ritter / mit meinem wissen habe ich nie dergleichen unträuen Gesellen gehabt; da ich aber seinen Nahmẽ wissen solte / möchte ich mich dessen besiñen. Dieser sagte / wie wolte eure Durchl. den Nahmen eines so bekanten Freundes nicht wissen welcher dort herreñet / eure Durchl. selbst zu sprechen. Ladisla erwartete sein / wuste nicht wovor er ihn halten solte / weil er mit verschlossenem Helme daher kam /uñ mit verenderter Sti e ihn auff Persisch also anredete: Durchl. Fürst / ein ehmahls abgestrichener Landsknecht / hat seinen fehler erkeñet / uñ sich wieder finden wollẽ / nachdem er sich keiner Gefahr mehr zubesorgẽ hat / uñ forthin in sicherheit reiten kan; zweifelt nit / es werde der verlohrne Fabius wiederum köñen angenommen werden. O mein herzgeliebter Bruder / antwortete Ladisla / lebet ihr noch? ey Gott lob [8] Gott Lob! nun bin ich mit allem wol zufrieden /und werde mit frölichem Angesicht dereins wieder vor euren und meinen H. Vater treten können; Aber wie hat mein Bruder sich so lange können verborgen halten? Fabius antwortete / ich bin nicht allerdinge verborgen gewesen / sondern habe meinen Wandel geführet in Ketten und Banden / unter Schlägen uñ Streichen / in Mühe und unflätiger Arbeit / bald Leibeigen bald frey / und zum andernmahl mit meinem eigenen Gelde von mir selbst verkauft / womit wir uns vordißmahl nicht weiter betrüben wollen; nur freue ich mich / daß mein abgesagter Feind Gobares / der mich unterschiedlichemahl zuermorden gesucht /unter meine Hände gerahten ist. So hat der Schelm unser aller Feind und Mörder seyn wollen / sagte Ladisla; O wann er nur mit einem Halse bezahlen könte! Das Fräulein wolte ihren lieben Herkules auch erfreuen / setzete sich mit Euphrosynen und Libussen in eine Gutsche / und fuhr geschwinde hin zu ihm. Er gedachte bald / was vor ein Schaz auff dem verdekten Wagen seyn würde / und rante ihr auff seinem Blänken frisch entgegen / welches sie ersehend / vom Wagen sprang / und seine Näherung mit liebscheinenden Auglein erwartete / da er auch vom Pferde stieg /und ihr mit offenen Armen entgegen trat / sie einander auch nicht anders empfingen / ob währẽ sie etliche Jahr lang geschieden gewesen / und sagte sie mit trauriger Sti e zu ihm: Herzgeliebter Schaz / darff auch die geraubete Valiska sich kühnlich wieder zu ihrem Fürsten hinbegeben? Ach mein Herz / sagete er / warumb fraget sie solches? ist euch etwa wieder euren Willẽ Schmach angeleget / so schlaget es / bitte ich /aus dem Siñe / nachdem der grundgütige Gott uns wieder zusammen gefüget hat. Ja freilich ist mir Schmach angetahn / sagte sie / aber Gott Lob / ohn alle verletzung meiner Ehren / welches ich bloß nur der barmherzigkeit Gottes zu danken habe / welcher des FrevelersMuht und Macht gebrochen / uñ ihm alle Gelegenheit gehindert hat; wiewol er dannoch die Straffe außstehen sol / weil ich ihn in meiner Gewalt habe. Als Herkules diese angenehme Zeitung hörete /küssete er sie herzlich / und sagete: Ey so bin mit meines lieben Gottes väterlicher Züchtigung ich wol zu friedẽ / nachdem Ehre uñ Keuscheit erhalten ist. Aber was treten dort vor schöne Frauẽ her? die gewißlich dieser LandesArt nicht sind. Das Fräulein lachete / wolte sie doch nicht nennen / sondern winkete ihnen / fortzugehen. Fr. Euphrosyne und Libussa traten voran / Brela und Agatha folgeten / kehreten sich an das Fräulein nicht / sondern stelleten sich mit tieffer Neigung vor Herkules / da die erste ihm die Hand küssen wolte / welches er doch nicht zugab / sondern im umbfahen sie freundlich küssete / und mit grosser Verwunderung zu ihr sagete: O ihr meine geträue und werte Freundin / was bewäget sie immermehr / diese ferne Reise zutuhn? Durchl. GroßFürst / antwortete sie / die häupt Ursach unser aller ankunft ist das Verlangen / das aller volkommenste Menschen-Par dieser Welt zu sehen / und uns ihnen zu Dienste zuergeben. Meine neben Ursach ist / daß ich das mir in verwarung gegebene Ringelein / wieder einliefern möge /ehe ichs verliere / welches ich hiemit untertähnig einreiche. Frl. Valiska keñete solches alsbald / nam es ungeheissen zu sich / und sagete: Geliebte Freundin /dieses stehet eigentlich mir zu / drumb habe ich beydes vor gute Verwahrung und vor eure überkunft zu danken. Meine geliebte Wase Agatha / fuhr jene fort /nach dem sie berichtet ist / daß ein so teurer Fürst sie von dem kalten liebes Feur des alten Mannes / und gar zu heissen Flammen der unverdientẽ Straffen erlöset / hat sie ihre Schuldigkeit [9] nach vermögen abzulegen / mit mir reisen wollen. Meine Schwester Libussa kan durch beredsamkeit ihre Notturft selber wol vortragen / würde sie sich dessen etwa schämen / erkenne ich mich schuldig / ihr Wort zu reden; Kurz zu melden; sie kömt / untertähnigst zu danken / daß ihre Gn. den bewehrten Arzt ihrer Krankheit hat senden wollen / der das geängstete Herz gar sanft und glüklich geheilet hat; währe er aber fünff Stunden länger aussen blieben / hatte man sich schon erkläret / ihn aus der vermeinten Gefängnis loß zu machen. Fr. Brela / halte ich / sey meiner Gn. Fräulein halben mit überkommen / umb zufragen / was vor einen Rükweg deren Durchl. zuhalten willens / weil sie zu Tyrus durch freihische Gedanken verhindert worden / solches zuerforschen; und nachdem sie etwas furchtsam ist / uñ nicht gerne allein schläfft / hat sie ihren liebsten / ihres liebsten Schwester wolt ich sagen / mir auff gesprochen. Das Frl. hatte grosses gefallen an dieser beredsamen Frauen Kurzweil / da Libussa sich schon fertig hielt / ihr eins wieder anzubringen / durffte aber Herkules nicht in die Rede fallen / welcher Euphrosynen zur Antwort gab: Geliebte Freundin; ihr freundwilliges Herz gegen mich / hat sie mir schon gnugsam zuerkennen gegeben / da ich als ein Ubeltähter vor ihren Augen stund /wovor ich ihr Zeit meines Lebens werde schuldig bleiben; und nun folget sie meinem hochgeliebten Fräulein und mir / einen so beschwerlichen fernen Weg über Meer und Land; dürfte auch schier errahten / daß die übrigen meine sämptlich geliebte Freundinnen durch ihr Auffmahnen hierzu beredet sind / und also auch deren gewünschte Gegenwart wir ihrer guten befoderung zu danken haben; empfing hier auff die andern ebenmässig / und bedankete sich ihrer Ankunft. Noch hätte Libussa sich gerne an Euphrosynen gerochen / ward aber durch Klodius dran verhindert /welcher sich vor Herkules in die Knie setzete / und bey dieser Rede ihm die Hand küssete; Durchleuchtigster Fürst / Gn. Herr; euer Durchl. ich unwirdiger Knecht habe nicht umbhin gekunt / dieses gute Glük zuergreiffen / und deroselben untertähnigst zu folgen /nachdem euer Durchl. ich alle meine Wolfahrt nähst Gott zu danken habe; bitte demnach untertähnigst /dieselbe wollen mich in den ehmahls bedienten Plaz gnädigst wieder auffnehmen / welches mir ungleich angenehmer als meine Paduanische Oberhäuptmanschaft seyn sol. Herkules richtete ihn auff und antwortete: Mein geträuer und lieber Freund Klodius / eure ankunft ist mir sehr lieb / werde mich auch bemühen solche Träue zuerkennen; daß ihr aber euch verringern / uñ in einen nidrigern Stand treten soltet / würde ohn meine Undankbarkeit nicht geschehen können; muß also dahin trachten / daß ihr mit grössern Ehren und Nahmen aus diesen Ländern scheidet / als ihr hinein ko en seid; und nicht allein ihr / sondern alle / die aus gleichmässiger zuneigung uns gefolget sind. Nach diesem stelleten sich Markus / Neda uñ Prinsla bey Herkules ein / und wurden sehr freundlich empfangen. Zu allerlezt trat auch Neklam herzu / der eine Feldwebelschaft unter den Böhmen bedienete / hatte sich aber von dem Fräulein noch nicht sehen lassen / kniete dißmahl vor Herkules und ihr nider / und sagte: O gnädigstes Fräulein / daß ich nun von den Göttern Flügel erbitten könte / umb nach Prage zu fliegen /und meiner allergnädigsten Königin ihrer Durchl. Wolergehen anzumeldẽ. Sihe da Neklam / sagte sie /hastu in dem unglükseligen Flecken nicht Wunden gnug empfangen / du must sie auch hier suchen gehen? Ja / antwortete er; ich bin heut durch diesen Arm / den linken zeigend / geschossen / aber sanftere Wunde ist mir nie geschlagen. Gib dich zufrieden /[10] sagte sie / ich wil sie dir verbinden / daß du dichs erfreuen solt. Er meldete darauff des alten Wenzesla untertähnigsten Gruß an / und daß derselbe gerne diesen Zug mit getahn hätte / wann seine Königin es nur hätte erlauben wollen. Das Fräulein nam den Gruß mit guter freundligkeit an / und übergab Neklam ihrem Herkules zum geheimen Diener an Gallus stat /weil ohndaß derselbe wegen der Kriegsgeschäffte ihm nicht auffwarten kunte. Die andern wahren unterdessen nach Ladisla gangen und hatten die Gebühr abgelegt / der sich über ihrer Ankunft nit wenig freuete. Damahls ritte Artaxerxes hin zu dem Fräulein / stieg vom Pferde / und redete sie also an: Durchl. Fräulein; ich erfreue mich von Herzen / wegen euer Liebe geschehenen wunderbahren Rettung / neben angehängter Bitte / keine ungleiche Gedanken von den Morgenländischen Fürsten in gemein zufassen / ob gleich ein Schand-Bube sich unter ihnen hat wollen finden lassen. Durchl. Fürst und Herr / antwortete sie; Ihrer Liebe Auffrichtigkeit werde weder ich noch jemand in zweifel zihen / nachdem dieselbe viel zu ädel ist / Untugend zu schützen / vielweniger zubegehren; baht ihn nachgehends / er möchte neben Herkules / Ladisla und Fabius einen geringen Abtrit mit ihr nehmen /weil sie etwas vorzutragen hätte; und als ihr dieses gerne verwilliget ward / neigete sie sich tieff / und sagte mit ernsthaften Geberden: Großmächtiger Groß Fürst und Herr: wann die HochFürstliche Verbündnis einen ihres mittels gewust hätten / der ein so löbliches hochwichtiges Werk zu handhaben düchtiger währe /würden sie ohnzweifel denselben darzu haben erkohren; aber freilich ist das einhellige Loß billich auff eure Durchl. gefallen / weil Gott selbst deren Seele mit klugem / tapferen und gerechten Muht weit vor andere begabet / damit durch ihre Versehung und Weißheit / dem bösen gesteuret / gewaltsamkeit auffgehoben / Schande getilget / uñ Gerechtigkeit erhalten werden möge. Dieses gibt mir ungezweifelte Versicherung eure Durchl. werde mir gnädig gönnen / mit dem boßhaften Räuber nach Recht zuverfahren / auff daß andere ein Beyspielnehmen / sich solches Bubenstüks zuenthalten / welches in keines Menschen Herzen auffsteigen kan / er habe dañ alle Ehr und Redligkeit verschworen uñ aus seiner Seele verbannet. Artaxerxes neigete sich hinwieder gegen sie / und antwortete: Durleuchtigstes unvergleichliches Fräulein; das hohe Lob / von euer Liebe mir gesprochen /reichet noch lange an mein unvermögen nicht / wiewol die Begierde Fürstlich zuhandeln / ich bey mir gerne wolte spüren lassen; wann ich nun dieses unredlichen Räubers mich einiger Weise zum Schuz annehmen wolte / was tähte ich anders / als daß ich mich in gleichmässige Schuld und Boßheit stürzete / in welcher dieser Unflaht öffentlich ergriffen ist? So hat nun eure Liebe völligen Gewalt diesen verwägenen Buben an Leib und Leben zustraffen / welches Herr Fabius schon vor meiner Ankunft erstritten / und zu leisten gute Mache gehabt hat. Das Fräulein bedankete sich des erbietens / und hielt weiter an / daß der Räuber möchte vorgefodert werden / damit er nicht allein ihrer durch Gottes Gnade erhaltenen Ehre Zeugnis gäbe / sondern auch Ursach seines frevelhaften Vornehmens anzeigen / und davor antworten möchte. Solches ward ungeseumet ins Werk gerichtet / uñ er gebunden herzu geführet / da er mit erschrockenem Gewissen daher trat / und von Artaxerxes mit diesen Worten zu Rede gestellet ward: Du boßhafter Dieb und Räuber / sagte er / was vor teuflischer Getrieb hat dein verhuhrtes Herz gereitzet und kühn gemacht /eine so schändliche Taht zubegehen / welche nie von keinem [11] Fürsten erhöret ist? hatte dieser trefliche Fürst (auff Herkules zeigend) sein geliebtes Fräulein zu dem Ende von des einen Räubers Hand frey gemacht /daß sie in die deine wieder gerahten solte? ja hatten diese Helden umb unsere HochFürstl. Verbündnis verdienet / daß man ihnen die ihrigen so diebischer Weise von der Seite hinreisse / da sie inzwischen ihr Fürstl. Blut vor unsere Wolfahrt vergossen / und den Feind niderlegten / und du nicht düchtig wahrest / mit einem einzigen SchwertSchlage dem gemeinen Wesen hülffe zuleisten? und findest dich nun so geherzt /deine Verschlagenheit in Schelmstücken außzuüben? Gobares merkete / das seines Lebens nicht viel mehr seyn würde / wolte aber noch zulezt seiner Zungen freyheit gebrauchen / und antwortete ganz verwägen: Artaxerxes / ich bin so wol ein Fürst als du / und weiß mein Fürstliches Geblüt ungleich weiter herzuhohlẽ als du; so habe ich meines tuhns und lassens dir durchaus keine Rechenschaft zugeben / warumb setzestu dich dann selbst vor einen Richter ein / und darfst einem herschenden freien Fürsten deine Urtel anbieten? Artaxerxes wolte sich hierüber eifern; welches Herkules merkend / dem Räuber diese Antwort gab: Ihr ganz unvernünftiger / und aller Fürstlichẽ benennung unwirdiger; wie seid ihr dann so gar verblendet / daß ihr nicht erkeñen möget / das ihr als durchs Schwert überwundener besser tähtet / wann ihr umb Gnade anhalten würdet / als daß ihr lästert und trotzet? Er aber wolte hierauff nichts antworten / sondern fuhr also fort: Höre Artaxerxes was bildestu dir ein? verdreust dichs etwa / daß durch entführung dieser unvergleichlich / schönen Fräulein (welche zurauben ein recht Fürstlich liebes Werk ist) ich dich in deiner Niessung stören würde? oder schätzestu dich allein vor einen Erkenner der wahren Schönheit? O Artaxerxes du betreugest dich selber; ich habe bessere Augen als du / und mag ich ja so gerne geniessen als du. Artaxerxes kunte sich weiter nicht enthalten / und brach also loß: Was lästerstu SchandSchelm? legestu diesem züchtigen Fräulein Unzucht zu / welche sie mit mir pflegen solte? Ich halte es vor keine Unzucht /sagte dieser / wans aus inniglicher Liebe geschihet. Ataxerxes wieder antwortete: So wiltu mich gleichwol bey diesen Helden in Verdacht bringen / als stünde ich nach unzimlichen Sachen? und rechnest es vor keine Unzuch / da man einer verlobeten Braut nach ihrer Ehre stehet? du oder ich müssen hierüber zuschanden werden / und must deiner Verleumdung Ursachen anzeigen. Hiemit rieff er / man solte etliche SteckenKnechte und HenkersBuben her zu fodern /welche alsbald kahmen / und Befehl empfingen / daß sie stündlich ein Werkzeug zurichten / und diesen Verleumder foltern solten / biß er bekennen würde /von wem / oder durch wessen anzeige er solches hätte. Der Bube erschrak dieser Urtel höchlich / und fing an sich zubedingen / man solte mit ihm als mit einem Fürsten verfahren / der keinẽ Menschen wirklich beleidiget hätte. Aber die Schergen kehreten sich an nichts / schlugen zween starke Pfäle in die Erde /legten ihn auff ein gemachtes Stel / und führeten die näheste Gutsche herzu / befestigten ihm die Hände über Häuptwerz an den Pfälen / und den andern Strik umb die Füsse geschlagen / krecketen sie mit dem GutschRade umb / und zogen ihm alle Glieder aus den Gelenken / dz er vor unsäglichen Schmerzen ein elendes Geschrey trieb / und Herkules selbst zu Mitleiden bewägt ward / auch anhielt / man möchte ihn ohn fernere Peinigung abtuhn. Aber Artaxerxes antwortete: Mein hochwerter Herr uñ Bruder; es muß der boßhafte Verleumder mir die auffgebürdete Unbilligkeit beweisen / oder [12] seine schändliche Lügen bekennen; wo nicht / sol er diese Schmerzen biß an sein Ende leiden; dann wie dürfte eure Liebe ich kühnlich anschauen / wann in deren Herzen ein solcher Stachel bleiben solte? Gobares wahr durch die Pein schon ganz mürbe gemacht / baht umb Gnade / wolte gerne alles aus beichten / da man nur mit der Peinigung inne hielte. Also richtete man ihm die Glieder wieder ein /und hieß ihn nieder sitzen / weil er Schmerzen halben nicht stehen kunte; worauff er also anfing: Ich kan nicht gläuben / daß einiges Mannes-bilde sich solcher übertreflichen Schönheit enthalten könne / mit welcher dieses Fräulein / ob allen Menschen dieser Welt begabet ist / wann ihm nur einige Gelegenheit darzu offen stehet; weil du nun / Artaxerxes / so gute Freundschaft mit diesen beyden Fremdlingẽ hältest /bildete ich mir ein / sie würden dir ihre Schwester und Wase nicht versagen / und du der niedlichen Kost schon genossen haben / deren ich auch schon allernähest wahr / und bloß nur dieser falsche Kleon mich daran verhindert hat / der mir schon anderwärz im Grase gehütet / dessen ihn die hellischen Götter lohnen wollen. Bistu nun hieran unschuldig / schreibe ich solches nicht deinem Unglük / sondern unverstande und Blödigkeit zu. O du unkeuscher Bube / antwortete er; also urteilestu von andern nach deinem viehischen Sinne; zwar mich wird vor erst mein Gewissen /hernach dieses Durchl. keusche Fräulein / von deinem falschen Argwohn leicht loßsprechen; dir aber sol nach deiner Beichte die Straffe gesprochen werden. Als jener diese Urtel hörete / baht er um einen schleunigẽ Tod / und bekennete / sein Bagoas und der Fräulein-Magd hätten den Anschlag gemacht uñ ins Werk gerichtet / ohn deren zuschürung er das Herz nimmermehr gehabt hätte / solches vorzunehmen. So bedenket nun mein Fräulein / sagte er weiter / das alles mein beginnen aus übermässiger Liebe / und nicht aus Feindseligkeit entstanden; ja bedenket / daß euch meinetwegen nicht die geringste Ehrenkränkung begegnet ist / und helffet bitten / daß mir der Tod ohn sonderliche Pein angetahn werde / nachdem ich dessen schon gnug / uñ mehr als einem Fürsten je begegnet / außgestanden habe. O du zernichteter Bösewicht / antwortete sie / nennestu deine vihische Unkeuscheit eine Liebe? wahre Liebe hat mit der Untugend durchaus keine Gemeinschaft / und hättestu mich geliebet /würdestu solches zu meinem besten / nicht zu meinem Verderben getahn haben. Daß mir aber meine Ehr und Keuscheit unversehret blieben ist / danke ich bloß und allein Gottes Barmherzigkeit / welche deinen Vorsaz verhindert / dein Vermögen gebrochen / und die Gelegenheit dir benommen hat; jedoch / daß du oder deine Verwanten mich keiner Grausamkeit beschuldigen mögen / kan ich wol leiden / daß dir das Leben geschenket / und du mit einem Stabe und Zehrpfennige abgewiesen werdest. Ladisla redete ihn hierauff an /und sagete: Gobares / bekenne mir doch / warumb du eine solche Verrähterey angerichtet / daß du mich und meinen Bruder hast wollen durch deine Leute in der Schlacht hinrichten lassen / wodurch du ja dem algemeinen Feind den Sieg würdest in die Hand gespielet haben? und leugne mir nicht; dann dein verrähterischer Mithrazenes / welchen ich in Ketten und Banden habe / hat schon völlige Bekäntnis abgelegt. Dieser antwortete; die Liebe währe Augen- und Sinnen blind / welche ihm solches alles an die Hand gegeben / weil er wol gewust / daß so sie leben würden / er das Fräulein nicht lange hätte behalten mögen / und währe ihm bey jezt gestalten Sachen herzlich lieb / dz der Anschlag nicht gerahtẽ währe. Artaxerxes fing hierauff zu dem Fräulein an: So kan ihre [13] Liebe noch ihre Simme geben / daß ein solcher schändlicher Verrähter / welcher auff einmahl ihrer eigenen Ehre / ihres Herrn Bräutigams und Herrn Bruders Leben / und der Fürstl. Verbündnis Wolfahrt nachgestellet hat / das Leben behalten solle? Doch wolan / damit eure Liebe sehe / wie hoch ihr Wort bey mir gelte / sol der Diebische Menschen Raub ihm in der Urtel nicht zugerechnet werden / aber daß er dem algemeinen Feinde hat wollen den Sieg in die Hand spielen / und unsere hochverdiente FeldHerren ermorden / da durch hat er verdienet / das er lebendig gespiesset / oder ans Kreuz geheftet werde. Herkules aber redete ihm ein / er möchte ihm zugefallen sich seiner Gnade erinnern /und dem verbrecher das Schwert wiederfahren lassen; welches er auch erhielt / weil Gobares selbst deßwegen einen Fußfal taht / und auff erlangung sagete: Nun wil ich mit meinem Blute gerne bezahlen / was ich verschuldet habe / wünsche auch / dz alle Fürsten und Gewaltigen sich an mir spiegeln / sich vor Schmeichler und Fuchsschwänzer hüten / uñ ihren Begierden den Zaum nicht weiter / als Erbarkeit gönnet / schiessen lassen mögen; in der Jugend hatte ich mir vorgenommen eine solche Lebens Art zu wählen /welche bey ehrliebenden Ruhm und Lob verdienet /aber durch gegebene ärgernis meines Vaters / und reizung deren / die aus meiner Freyheit ihren Vortel sucheten / bin ich von solchem Vorsaz abgeleitet worden; also geschihet mir nun endlich / wie ichs verdienet habe / bitte auch alle und jede so ich beleidiget /umb vergebung / allein den falschen Kleon nicht. Ey so habe ich umb so vielmehr Ursach / sagte Fabius /deine boßhaffte Schelmstücken auszutragen. Artaxerxes kunte ihn länger nicht vor sich sehen / deßwegen ihm der Kopff herunter geschlagen ward. Es wahren noch 9000 zu Fuß und 10000 Reuter von Gobares KriegsHeer übrig und gefangen verwahret / dieselben wurden auffs neue in Pflicht und äide genommen /wozu sie sehr willig wahren / verfluchten auch ihren gewesenen Fürsten / der sie bey solchen Schelmstücken hätte gebrauchen wollen. Drey ihrer vornehmsten Obristen / und acht andere Ritter wurden an Ketten gelegt / auff welche die Magd bekennete / daß sie diese Taht ins Werk gerichtet hätten. Nun hatten unsere Helden biß daher nicht muß gehabt / nachzufragen / woher ihnen dieses wolgerüstete Volk kähme /wiewol sie die Teutschen an ihrer Farbe und kräftigen Gliedern leicht kenneten / ruffeten Leches zu sich /der sein Vorhaben schon angeordnet hatte / daß alle Fähndriche / so wol Römische / als Teutsche und Böhmen herzutreten / und dem Fräulein ihre Fahnen zun Füssen niderlegen solten / mit bitte / dieselben vor die ihren zuerkennen und anzunehmen / weil sie ihrer Durchl. zu Dienste und ehren von der Großmächtigen Königin in Böhmen / Fr. Sophien gerichtet währen. Das Fräulein bedankete sich der Ehren / welche sie billich erkennen müste / schätzete sich aber derselben ganz unwirdig / insonderheit / weil ihr Herr Bruder König Ladisla / und ihr versprochener Bräutigamb GroßFürst Herkules gegenwärtig währen; musten also Herkulessen die Teutschen / Ladisla die Böhmen / und Fabius die Römer zugewiesen werden /ohn Klodius und Markus brachten ihre eigene selbst herzu / und redete jener in ihrer beyder Nahmen also: Durchleuchtigste gnädigste Fürsten und Herren; nachdem diese beide Fähnlein über tausend Reuter wir vor uns selbst / zu untertähnigstem Dienst und Gehorsam / euren Durchleuchtigkeiten gerichtet / als ist unsere demühtigste Bitte / dieselben als ein geringes jedoch begieriges Zeichen unserer dankwilligen Herzen /gnädigst anzunehmen; dann mit dieser unser [14] Mannschaft sind wir außdrüklich außgezogen / vor unsere gnädigste Herren entweder frölich zu sterben / oder mit und bey ihnen glüklich zu leben. Unsere Helden verwunderten sich der grossen Träue dieser beyder /angesehen sie ihnen weder untertahn / oder sonst verpflichtet wahren; uñ gab ihnen Ladisla zur Antwort: Eure redliche Gemühter haben wir schon vor diesem gnugsam erkennet / aber anjezt lasset ihr sie Sonnen klar leuchten; doch seid versichert / es sol / da wir leben / zu eurem Glük und Ehren außschlagen; wir nehmen die angebohtene Völker gerne an / wollen ihnen auch redlichen Gold verschaffen / und sie auff Plätze führen / da Ehr und Gut kan erstritten werden. Nach diesem taht Leches seine Rede an Herkules mit diesem Vorbringen; Durchleuchtigster GroßFürst /gnädigster Herr / der Großmächtigste unüberwindlichste GroßFürst und Beherscher der Teutschen /GroßFürst Henrich / euer Durchl. Herr Vater / hat mir 6000 Mann von ihrer Hocheit Leib-Reuterey zugestellet / und zu mir gesprochen; zeug hin Leches / und sage meinem Sohn Herkules / daß er den Zweg aller seiner handelungen lasse die Tugend seyn; alsdann wird er Teutsch handeln; Hier schicke ich ihm eine geringe Schaar Reuter / ja so willig zum Tode als zum Leben; solte ihm aber ein mächtiger Feind zuwachsen / dessen Land und Leute zugewinnen er vorhabens währe / sol er mir solches schleunig zuwissen machen / alsdañ wil ich ihn mit 150000 streitbahren Teutschen verehren / und biß zur Stelle mit zehrungs Kosten sie frey halten. Herkules fragete ihn / ob er dann in Teutschland bey seinem H. Vater gewesen; Nein /antwortete er / sondern ihre Hocheit neben dero Gemahl und Frl. Tochter kahmen in einer Stunde mit mir zu Prage an / nicht ohn sonderbahre schickung Gottes. Neda hatte unterdessen die 300 Bömische ädelknaben sich mit ihren zu Padua empfangenen Kleidern außputzen lassen / traten mit ihrem Führer Prinsla daher / und wendeten aller anwesenden Augen auff sich hin. Sie neigeten sich gegen die Fürstliche Geselschaft / und hielt Prinsla diese Rede zu Ladisla: Großmächtigster König / gnädigster Herr; diese 300 Böhmische ädelknaben / stellen sich auff meiner gnädigsten Fr. Königin / und ihrer selbst eigenen Eltern Befehl hieselbst ein / auff ihrer Durchl. Leib zu warten / und aus dero Tuhn und Wesen zulernen / was gestalt sie dereins ihrem Könige und dem Vaterlande können ersprißlich seyn. Wer hat sie dann so schleunig außgeputzet? fragete er. Ihrer Durchl. Gemahl zu Padua / gab er zur Antwort / deren Durchl. mir dann gnädigst befohlen / bey ihrem Herzallerliebsten Gemahl dieses zu werben / daß so offt ihre Durchl. diese ihre ädelknaben ansehen würde / dieselbe ihres herzlichen Verlangens sich dabey erinnern / und die Rükreise beschleunigen möchte. Artaxerxes sahe nunmehr /was vor Gäste / er bey sich hatte / und gab seine freude durch mannicherley bezeugung an den Tag; welches Herkules merkend zu ihm sagte; Durchl. Fürst /ich meine / wir haben noch so viel Tageszeit übrig /daß wir unsere wenige Leute mustern können / welche alle in ihrer Liebe Diensten leben und sterben sollen. Er bedankete sich des Erbietens / und versprach ihnen hohen Sold. Anfangs besahen sie die Römischen Völker / an denen sie satsames Genügen hatten; nachgehends zogen Klodius und Markus mit den ihren auff /unter denen man keinen undüchtigen Mañ fand. Darauff folgeten die Böhmen / und endlich die Teutschen / welche Artaxerxes nicht gnug beschauen kunte; dann er hatte auff der Wahlstat mit verwunderung angesehen / wie etliche Susianer in der mitte des Leibes als eine Stekrübe abgehauen wahren; nahm [15] ihm deßwegen vor / da ers bey Herkules erhalten könte / sie nimmermehr zuverlassen. Nach gehaltener Heeres Beschauung redete Artaxerxes unsere Helden also an: Hochwerte Herren und Freunde / ich erinnere mich /daß unser keiner heut diesen Tag weder Speise noch Trank genossen hat; ist demnach nöhtig daß wir uns nach dem nähesten Flecken machen / auff daß dem Leibe auch die Notturft gereichet werde / nachdem die Gemühter befriediget sind. Leches zeigete an / ihre Feldköche und Schenken hätten zur Notturft bey sich /womit alle anwesende Völker könten gespeiset werden; uñ da die HochFürstl. Geselschaft mit einem Zeltlager vor gut nehmen wolten / könte man darzu auch gelangen. Der Vorschlag wahr ihnen allen angenehm / daher ein grosses Feldlager von drey unterschiedlichen Plätzen abgestochen ward; einer vor die Persen / der ander vor die Susianer / der dritte vor die Fremden / welche wegen gemachter Beute von dem ganzen Susianischen Heer erobert / guter Dinge wahren. Herkules und das Fräulein gingen vor der Mahlzeit ausser dem Lager umbher / tahten ihr Gebeht zu Gott / wegen geschehener gnädigen Rettung / und beredeten sich nachgehends / wie sie inkünftig ihre Sachen anzustellen hätten; ihre Stimme ging dahin / man möcht die Rükreise nach Padua erstes Tages fortsetzen / auff daß ihre hochbekümmerte Fr. Mutter getröstet / und Ladisla Gemahl erfreuet würde. Aber Herkules führete ihr zu Gemüht / es würde ein Zeichen grosser Undankbarkeit seyn / dürfte ihnen auch zur verzagter Kleinmühtigkeit gerechnet werden / wann sie nicht zuvor der Häupt-Schlacht beywohneten; welches sie ihr gefallen ließ / wiewol mit dem außdrüklichen vorbehalt / daß sie nicht von ihm bleiben / sondern mit fortgehen wolte. Welches er ihr dañ bewilligte / jedoch nach versprechung / sich in kein Gefechte mit einzulassen. Die fünff junge Frauen / insonderheit Euphrosyne und Libussa / wahren sehr bemühet / die Mahlzeit anzurichten / schaffeten auch so viel / an herlichem Zuckergebak / daß Herkules fragte / ob solches von ihrer Hochzeit übrig währe; welches Fr. Agatha / bejahete. Artaxerxes vernam aus Fr. Euphrosynen Rede / daß sie eine Griechin wahr / fragete sie demnach / ob sie der beyde Herren / Parmenions und Perdickas keine Kundschaft hätte / deren langwiriges aussenbleiben ihn wundernähme / massen er dem ersten zimliche Wechsel als seinem bestalten Obristen übergemacht hätte / eine Anzahl Völker davor zu werben; der andere währe vor diesem sein Spießgeselle gewesen / dem er seine Anverwantin gefreiet. Euphrosyne ward dieser Rede etwas bestürzt / erhohlete sich aber bald / uñ antwortete: Großmächtiger GroßFürst /eure Durchl. suchen die Todten bey den lebendigen /wie ich wol berichten kan / und dessen gute Wissenschaft habe; massen Parmenions Bruder mein erster Ehegemahl gewesen / und Perdickas meiner Wasen Fr. Agathen nähester Anverwanter; ob nun etwa diese beyde euer Durchl. lieb mögen gewesen seyn / zweifele ich doch nicht / diese beyde Fürsten gegenwärtig /werden bey deroselben etwas mehr gelten / welches ich nicht ohn Ursach rede. Vielleicht / sagte Artaxerxes / haben sie ihren bekanten Hochmuht an meinen hochwerten HerrnBrüdern wollen sehen lassen / und haben drüber den verdienten Lohn bekommen? Es verhält sich also / antwortete Herkules / und kan eure Liebe ich wol versichern / dz mein Bruder Ladisla und ich dieser beyder wegen in die gröste Noht / uñ gar unter Henkers Hände gerahten / aber durch Gottes sonderliche Gnade / und dieser beyden Tugendliebenden Frauen Vorschub dem schändlichẽ Tode entrissen; erzählete hierauff umständlich / [16] was sich zwischen ihnen zugetragen hatte. Worauff Artaxerxes diese beyde Frauen hochrühmete / und ihnen ein sonderliches Gnadengeschenk versprach / welches er ihnen auff Herkules HochzeitFest lieferte / als etliche Kleinot / die ingesamt auff eine Tonne Goldes geschätzet wurden; insonderheit wahr ihm liebe / daß seine Wase sich gegen Ladisla so freundlich bezeiget hatte. Frl. Valisken wahr ihres Herkules Gefahr nie so außführlich erzählet / schlug Euphrosynen auff die Schulder / und sagte: Meine geliebte Freundin / ihr habt eigentlich mir zum besten diesen Fürsten beim Leben erhalten / dz wil ich euch Zeit meines Lebens geniessen lassen / so viel ich leisten / uñ euer Stand annehmen kan. Sie aber antwortete in untertähnigkeit / es möchte ihre Durchl. sie nicht zu blöde machen mit gar zu hohem erbieten / nachdem ihre geringe Gewogenheit (dann ausser dem Willen hätte sie nichts vermocht) schon tausendfach ersetzet währe. Der Abend wahr über der lanwierigen Erzählung hingelauffen / so hatten unsere Helden in etlichen Nachten wenig geruhet / daher wurden ihnen die Schlaffstäte bereitet / da Artaxerxes ein sonderliches Gezelt hatte; Fabius / Leches und Klodius beyeinander blieben; und Markus / wie untertähnig er sich entschuldigte /unserer Helden Schlaffgeselle seyn muste / welches ihn eine grössere Ehre seyn dauchte / als hätte man ihn auff des Römischen Käysers Stuel gesetzet. Das Fräulein wählete Euphrosynen und Libussen zu Beyschläfferiñen / wie sie wünscheten / nahmen sie zwischen sich / und entkleideten sie miteinander / hatten auch ihr Gespräch auff dem Lager etliche Stunden / und befahl das Fräulein / es solte Libussa ja so vertraulich mit ihr reden / als wan sie alle in währen. Weil auch derselben unmöglich wahr / ihrer Libussen etwas zuverbergen / offenbahrete sie ihnen beyden ihre Heimligkeit / daß sie ihres Herkules Gemahl schon von 20 Wochen währe / und von der Zeit her sich von Gott merkete gesegnet seyn; welches Euphrosyne also beantwortete: O mein Gn. Fräulein /wie habe ich dieses schon so bald gemutmasset / als ich ihr empfangen sahe; dann Eheliche Liebe lässet sich nicht bergen / man wickele es gleich so kraus und bund als man wil; bald verrahten uns die Augen / bald die Hände / und ist leicht geschehen / daß in Gedanken uns ein Wort entfähret / welches der Warheit wieder unsern Willen Zeugnis geben muß; ich wil aber eure Durchl. von der nöhtigen Ruhe nicht auffhalten; wünschete ihr hiemit eine geruhige Nacht / uñ schlieffen biß an den lichten Morgen / da Brela zu ihnen kam / und dem Fräulein ihre besten Kleider anzulegen brachte / weil ihr Euphrosynen Röcke zu weit wahren. Der UnterRok wahr Violen-Braun / mit einer SilbernGrund und köstlichem Perlen Gebreme; das OberKleid / hoher Pomeranzen Farbe / mit Gold und Indianischen Perlen reichlich gesticket / wobey sie allerhand nöhtiges leinen Gerähte gelegt hatte. Euphrosyne nam es alles zu sich / legte es dem Fräulein an /und betrachtete inzwischen ihre übermässige Schönheit / da sie sagte: Es währe nicht möglich einem Menschen zu gläuben / dz die Welt ein so volkommenes Meisterstük hervorbringen könte / wann mans mit Augen nicht besähe; doch muste billich / sagte sie / euer Durchl. unvergleichliche Seele in solcher treflich außgeziereten Herberge wohnen / da ihr nicht ungütlich geschehen solte. Das Fräulein sahe wol /daß die Liebe sie zu solcher Rede antrieb / und antwortete ihr: Geliebte Freundin; ich halte ihr wollet mich gegen mich selbst verliebt machen; oder sehen eure Augen schärffer als die meinen? Zwar dz sie mir nicht ungewogen sind / gibt eure Zunge gnug zuverstehen / da ich doch wol [17] weiß / daß meines gleichen viel in der Welt sind; und wer wolte mir in diesem Stük rahten / euren Worten zu gläuben / weil sie ausgewogenheit herfliessen / welche das Urtel der Warheit leicht überschreiten kan. Wie? sagte Euphrosyne / redet dann der trefliche Fürst Herkules anders als ich? Mein Herkules / antwortete sie / spielet mit mir als mit einem Kinde / und saget mirs vor / wie er meinet ichs gerne höre / deßwegen habe ich ihm in dieser Sache gleich so wenig zutrauen. Ey mein Fräulein /sagte sie / so trauet doch euren selbsteigenen Aügelein / die mit ihren durchbrechenden Strahlen aller ehrliebenden Herzen zu ihrem Dienste zwingen; und wolte Gott / daß ihrer Gn. meine geringfügige Auffwartung gefallen könte / und ich so bitselig währe /daß dieselbe mich nimmermehr von der Zahl ihrer Leibdieneriñen außschliessen wolte / dann würde ihre Durchl. mich in meine höchstgewünschte Glükseligkeit versetzen. Meine werte Freundin / antwortete sie /ich merke wol / daß ihr in erkäntnis meine Gedanken und Begierden / als meines Leibes / viel ein schäffer Gesicht habet / weil ich gleich mit dem Vorsatze umbgehe / wie ich euch in meiner stets wehrenden Geselschaft haben und behalten könne; welches aber euch anzumuhten mich nur abgeschrecket hat / daß euch und euren Liebsten die Liebe zum Vaterlande zu sehr möchte eingenommen haben; weil ich nun euren guten Willen vernehme / wo sonst euer Markus einwilligen wird / sollet ihr meine OberkammerFrau /und Libussa meine OberHoffmeisterin seyn / welches ich ihr schon vor drey Jahren verheissen habe. Euphrosyne ward dessen überaus froh / und antwortete: O meine Durchleuchtigste Fürstin; wie kan diese hohe Gnade ich immermehr erkennen / die weder mein Verstand begreiffen / noch mein Wille vergnügen kan /nachdem meiner Unwirdigkeit ich mich sehr wol zuerinnern weiß; doch gelebe ich der Hoffnung / eure Durchl. werden meine innigste Begierden gelten lassen / da mein Vermögen an gebührliche Verrichtung dieses hohen Amts nicht reichen kan. Meinen Liebsten betreffend / werde ich ihm die alllerangenehmste Zeitung bringen / weil ohndaß sein einziger Wunsch ist / die Gelegenheit zu finden / welche ihn in stetswehrenden Dienstẽ seiner Gnn. Fürsten erhalten möchte. Libussa wahr hingangẽ etliche trefliche Häupt-Bruft und Armkleinot herzuhohlen / womit sie das Fräulein außschmücken wolte / uñ als sie wiederkam / sagte Euphrosyne zu ihr: Herzliebe Schwester /euer und mein Wunsch ist nun erfüllet. Was? sagte sie / bleibẽ wir miteinander bey unser Gn. Fürstin? ich vor mein Häupt / antwortete sie / habe mir einen guten Dienst außgebehten. Libussa stund und sahe die Fürstin an / etwas zweifelnd / ob sie der ehemahligen Zusage würde eingedenke seyn / welche zu ihr sagete: Seid ihr beyde dann eins worden bey mir zu bleiben /muß mir solches sehr lieb seyn / und ist unnöhtig /daß ich dich deiner Hoffmeisterschaft eriñere / worzu ich dich schon vorlängst bestellet habe. O Gn. Fürstin / antwortete sie / Ist eure Gn. der ehemahligen Verheissung noch engedenke / die ich fürchtete längst vergessen seyn? Nun; sagte sie / so hastu an mir wol zweifeln können / da du wol weist / daß dir allein ich mein ganzes Herz vertrauet habe? Durchl. Fürstin /antwortete sie; Zu jenerzeit hatten ihre Gn. noch nicht was sie anjezt haben / und kunte mein Trost in etwas angenehm seyn / der nunmehr unnöhtig ist; so pfleget auch kindliche und erwachsene Gnade selten überein zustimmen. Gut Libussa / gut / sagte sie / jezt gibstu an den Tag / wovor du mich hältest / ungeachtet du so manniche Bewehrung von mir eingenommen hast; erinnere dich wie oft hastu mein schwermühtiges Herz[18] und höchstbetrübte Sinnen durch deine TrostReden ergetzet / da ich sonst wegen verlustes meines Herkules ohn zweifel untergangen währe / dessen du bey uns beyden geniessen solt / weil die Seele in uns ist; dann du nähst Gott / hast mich ihm erhalten / uñ mich mir selbst. Als Libussa dieses hörete / fiel sie ihrer vorigen Gewohnheit nach ihr umb den Hals / küssete und herzete sie / neben erinnerung der verlauffenen Dinge; zohe sie nachgehends auff ihre Schoß / und legte ihr die Kleinot an sprechend: Ey wie sol meine außerwählte Fürstin ihrem Fürsten noch heut so wol gefallen / dem treflichen Fürsten / deßgleichen in der Welt nit lebet / und ihm deßwegen diese billich vorbehalten ist / vor deren Schönheit alle andere erbleichen / und sich verkriechen muß. Die Fürstin lachete ihrer / uñ sagte: Da höre ich recht meiner Libussen alte Geige / auff welcher sie mir in der Jugend (ist noch nicht gar lange) pflag vorzuspielen; aber du betreugst mich forthin nicht mehr also / sondern zeug hin nach Padua und singe der vortreflichsten Fräulein von Rom / Frl. Sibyllen dieses Liedlein vor. Fräul. Sibyllen? sagte Libussa / ja wol Frl. Sibyllen; ich verachte den Mond nicht / aber weit gefehlet / daß er der Sonnen angewinnen solte / dessen er sich auch nicht unterfähet / sondern es verlanget ihn vielmehr / daß dieser ihre unvergleichliche Strahlen ihn anscheinen mögen. Du redest etwa aus Irtuhm / sagte das Fräulein / in dem du meine Strahlen nennest / und Fürst Herkules seine verstehest / welche diesen Monde /wie ich erfahren / rechtschaffen sollen beschienen haben. Wie verstehe ich daß? fragete Libussa. Wie anders / sagte das Fräulein / als daß Phæbus mit der wunderschönẽ Sibyllen (Dianen wolte ich sagen) frisch gebuhlet? Ey ey / Gn. Fürstin / antwortete sie /dieser Eifer hat keinen Grund / und so bald sie nur dieses Blut fromme Fräulein sehen wird / sol sie diesen Verdacht bald aus den Ermeln auff die Erde schütten. Ich weiß nicht / antwortete sie / was geschehen wird / aber daß weiß ich wol / daß sie nicht viel geringer als Braut und Bräutigam gespielet haben /welches ich meinem Herkules verzeihen muß / als durch übermässige Schonheit darzu genöhtiget. Verzeihe es euch Gott / sagte sie / daß ihr unschuldigen Leuten solches auffbürdet / obs gleich euer Gn. Scherz ist; und redet mir nur weiters nicht ein / dann Frl. Sibyllen Schönheit gleichet der euren noch lange nicht / welche sich überdaß in dieser Zeit über die helfte gemehret hat. Nun gewißlich / sagte die Fürstin / du weist deines HoffmeisterinAmts dich redlich zugebrauchẽ / massẽ mein liebster SchazFürst Herkules selbst / mich kein mahl hat schweigen heissen. Da lieget nichts an / antwortete Libussa / ich wil euer Gn. es nit anhören / noch zu gute halten / wann sie ihre eigene Schönheit beschimpfet / in welche ich mich dergestalt verliebt habe / daß wann so viel bewehrter Völker nicht umb uns hielten / würde ich bald der andere Gobares werden. Die Fürstin und Euphrosyne lacheten der rede überlaut / und fragete diese: Schwester Libussa / was wolte sie dann mit unser gnädigsten Fürstin anfangen / wann sie diesen köstlichen Raub erhalten hätte. Ey ja / antwortete jene; so sähet man die jungen Füchse; daß würde ich so überlaut hersagen; raunete hierauff der Fürstin etliche Wort ins Ohr / und sagte hernach; Gnug von diesem; aber wil eure Gn. mir auch versprechen / daß sie hernähst ihrer außbündigen Schönheit keine verachtung mehr zulegen wolle / die ich rühmen uñ vertähtigẽ wil so lange ein warmer Blutstropffe in mir ist / dann ich gebe mich vor ihrer Durchl. Ritter an. Einen solchen Ritter müste ich nicht außschlagen / antwortete die Fürstin; ihr müst mich aber / Herr Ritter / [19] nicht zu viel rühmen / noch mit unwarheit mich vertähtigen. Mit unwarheit? sagte Libussa; ja wans die Noht erfoderte tähte ichs ausser zweiffel / und redete auff einandermahl die Warheit gedoppelt. Gleich trat Herkules zum Zelte hinein / und schämete sich Libussa / dz in seiner Gegenwart sie die Fürstin auff der Schoß hielt; welche aber deßwegen nicht aufstund / sondern ehe sie ihn zu Worten kommen ließ / sagte sie zu ihm: Mein trauten Schaz / jezt sitze ich auff meiner Trösterinnen Schosse / die mir auff solche Weise manniche Trähnen abgewischet / auch wol ein innigliches Lachen heraus getrieben hat. O der unnützen Trösterin / sagte Libussa; Gott Lob und Dank / daß der Tröster selbst zu gegen ist. Herkules umbfing sein liebstes Gemahl /fragte wie sie unter den Zelten zwischen so lieben und anmuhtigen Freundinnen geruhet hätte / und sagte zu den beyden Frauen; Ihr habt mein liebstes Engelchen treflich außgeputzet / gedenke / ihr seid gesonnen / sie mir noch künftige Nacht zuzuführen / es währe dañ /daß meine Freundin Libussa zum Gobares würde. Hieraus vernahmen sie / daß er ihre Reden draussen angehöret hatte / worüber diese sich schämete / daß sie unter dem ganzen Angesicht roht ward / wolte auch davon lauffen / wann nicht Euphrosyne ihr den Außgang verwähret hätte; dessen aber die Fürstin von Herzen lachte / und zu ihr sagte: Sihe da du Plaudermaz / da bistu einmahl redlich angelauffen; doch / ungeachtet Gott Lob meine Ehr unverlezt blieben ist /wolte ich dannoch ein dutzet Tonnen Goldes drumb geben / daß ein solcher Gobares / wie du bist / mein Rauber gewest währe. Ein so angenehmer Gobares zu seyn / habe ich auch nur gewünschet / sagte Libussa /hoffe demnach mein Gn. Fürst werde mir meine Unvernunft gnädig verzeihen; ich erbiete mich aber / daß neben meiner Schwester Euphrosynen / euer Gn. wir das allerschönste Fräulein der Welt diesen Abend zuführen wollen. Daß soltu wol lassen / sagte die Fürstin / oder ich würde mich an demselben Fräulein heßlich vergreiffen. Gut gut antwortete sie / ists dann kein Fräulein / so sols doch die allerschönste Fürstin der ganzen Welt seyn; und hat schon diese Nacht mich nichts so sehr geirret / als daß mein Gn. Fürst nicht hat sollen meine stelle bekleiden. Daß sagestu sonst nirgends umb / antwortete die Fürstin / als daß ich dich wieder deinen Willen diese Nacht / von deinem Leches abgehaltẽ habe. Hat eure Gn. diesen Weissager Geist zu Ekbatana / oder zu Charas empfangen? sagte Libussa; weil ich aber mit meiner Schwester Euphrosynen / wegen des Auffbruchs allerhand zubestellen habe / wollen ihre Durchll. beyderseits unsern Abtrit nicht verargen; womit sie davon gingen. Herkules erkennete ihre Höfligkeit / näherte sich zu seinem Schaz / und baht inniglich / das ergangene aus dem Sinne zu schlagen / nachdem der boßhafte Mensch seine Straffe empfangen hätte. Sie versprach ein solches zu tuhn / klagete doch mit Trähnẽ /wie der gottlose Mensch seine ehebrecherische Augen an ihr geweidet / da er stets neben ihr hergeritten /und mit vielen bewäglichen Worten sie zu seiner Liebe bereden wollen / biß er endlich den Pusch / da die Sänfte stehen blieben / erreichet / und schon etlichen befohlen hatte / sie loßzumachen / uñ gebunden hinter die Hecke zu tragen; aber Gottes Barmherzigkeit / sagte sie / kam mir dazumahl augenscheinlich zu hülffe; dann es erhub sich ein Geschrey / es liesse sich ein KrigsVolk sehen / von denen man nicht wüste / ob sie Freund oder Feind währen. Ich sahe dem Bubenes eigen an / daß ihm das Gewissen gerühret ward / weil vor schrecken alle lebendige Farbe ihm unter dem Gesichte verging; Er ließ auch meine Sänfte alsbald rings umbher [20] zumachen / und eine starke Schaar mich verwachen / da ich Zeit wehrender Schlacht mit tausend ängsten beladen wahr / biß Herr Fabius bey mir anlangete / und meine blösse vernehmend / mich mit seinem ReitRocke bedeckete / da ich von dem Frauenzimmer bekleidet ward. Herkules hörete es mit nassen Augẽ an / weil bey der Erzählung es ihr an Trähnen auch nicht mangelte; tröstete sie hernach mit den allerfreundlichste Worten / uñ danketen sie Gott ingesamt herzlich vor diese milde und väterliche Barmhertzigkeit / versprachen auch einander /dieses Unglüks nicht mehr zu gedenken / sondern ergetzeten sich ein Stündichẽ durch ihr gewöhnliches Liebegespräch / biß Euphrosyne wieder kam / uñ der anderen Fürsten Ankunft vermeldete; denen sie entgegen traten / und Artaxerxes nach empfahung das Fräulein also anredete: Wann ein Fürst / ja auch ein geringer Betler einer Untaht beschuldiget wird / ist ihm erläubet seine Zeugen zuführen / welche / da es möglich ist / seine Unschuld darstellen / und der Beklagte dadurch in seiner guten Sache nicht allein der Schuld /sondern auch dem Verdacht entzogen werde; wo nicht; muß der Kläger seine Zeugen / oder andern Beweißtuhm beybringen / und den Beklageten der Untaht überführen. Nun hat aber / Durchleuchtigstes Fräulein / mein schändlicher Verleumder in meiner Anklage nur seine lügenhafte Zunge / und ungegründeten Argwohn wieder mich dargestellet / welche er nachgehends nicht allein selbst zu Lügenern gemacht / sondern auch überdz noch verzeihung seines verbrechens gebehten / daher ich hoffe / nicht allein vor ihrem / sondern auch vor meiner Herren BrüderGerichte / von solcher Boßheit loßgesprochen zu seyn. Sol ich aber überdaß noch meiner Unschuld Zeugen heran ruffen; so stelle ich vor erst mein rein-lauteres Gewissen / welches / wann es von ihren Liebten ingesamt so wol als von meinen inwendigen Augen könte gesehen werden / würde ich allerdinge frey und loß seyn. Ich ruffe überdaß eure Liebe selbst zum Zeugen / durchleuchtigstes Fräulein / uñ zweifele nicht / sie werde in einer so heiligen Sache sich nicht wegern /der göttlichen Warheit und himlischen Gerechtigkeit zu steur / dasselbe anzuzeigen / was ihre Wissenschaft erkeñet / und ihr Herz gedenket. Schließlich werden auch meine Herren Brüder sich gutwillig vernehmen lassen / ob ich ihnen einige Ursach gegeben habe / dasselbe von mir zu muhtmassen / dessen der Bübische Verleumder mich bezichtiget hat. Die Fürstin wolte seiner entschuldigung länger nicht zuhören / die er mit sehr ernsthaften Geberden vorbrachte / uñ gab ihm zur Antwort: Großmächtiger GroßFürst; der Gott / dem nichts verborgen seyn kan / stehet an meiner Seite als ein unfehlbahrer Zeuge / daß wie eure Durchl. mir nicht die geringste Ursach gegeben / dieselbe in Verdacht zuzihen / also ist mir auch ein solcher gedanke nicht ins Herz kommen / daß bey euer Durchl. ich mich dessen zubefahren hätte; so stehe ich in gleicher Hoffnung mein Herr Bruder / und mein Herr Oheim Herkules / als mein versprochener Bräutigam / werden ihnen dasselbe / meiner Zucht und ehrliebenden Willens lassen Beweißtuhms gnug seyn /daß der grosse König Artabanus weder durch Geschenk noch liebkosen dasselbe von mir hat können erhalten / daß ich auch meine Hand von ihm hätte berühren lassen / nachdem ich einmahl von ihm abgesondert wahr; zweifele demnach eure Durchl. gar nicht / dz dieselbe nicht eben so unschuldig von meinem Herrn Bruder und Oheim solte gehalten werden /als von mir selbst. Ladisla sagte mit wenigen: Wañ er wissen solte / daß seine Liebe der GroßFürst ihn des Verdachts nicht erlassen könte / ob [21] solte er dem verrähterischen Buben mehr gläuben / als seinem blossen Nein / würde er in seiner Geselschaft sich nimmermehr frölich können finden lassen. Herkules stellete sich dabey am traurigsten / und zeigete an; er hielte bey dieser unglüklichen Begebnis dieses vor das unglüklichste / daß er solte in Verdacht gezogen werden / als zweifelte er an ihrer beyder Zucht und ehrliebenden Gemühtern; und beschloß hiemit: Es währe alle Gedächnis dieses Erzbösewichts ganz überflüssig /welcher nirgend besser / als in dz Buch der Vergessenheit eingeschrieben würde; mahnete sie ingesamt zum Auffbruche auff / und zogen in schöner Ordnung fort / da das Fräulein sich mit ihrem Frauenzimmer in eine grosse Gutsche setzete / und allerhand unterredung pflogen. Der elende Orsillos sahe jezt / was vor einen grossen Herrn er an Kleon ehmahls zum Leibeigenen gehabt / und wahr ihm sein Verbrechen gegen denselben sehr leid / welches zuerweisen / er zu ihm ging / und untertähnigst anmeldete / daß er die vier Räuber / so ihn anfangs verkauft / unter den Susianischen Völkern gesehen / denen er ihre Straffe wol gönnen möchte / weil sie leider seine Gnaden in ihr ehmahliges / und ihn selbst in diß gegenwärtige Elend gestürtzet hätten. Fabius zeigete es Ladisla an / uñ wie unbarmherzig sie mit ihm verfahren / deßwegen sie alsbald vorgefodert / überzeuget / und nach erschreklicher prügelung / welche Orsillos verrichten muste / an Bäume auffgeknüpft wurden.

So bald die Fürstliche Geselschaft zu Persepolis anlangete / gingen sie hin / Arbianes und Pharnabazus in ihrer Schwacheit zubesuchen / uñ erfreueten sich diese wegen Fabius Ankunft. Nun wolte Artaxerxes seine Dankbarkeit unsern Helden gerne in der Taht sehen lassen / und erklärete Frl. Valisken zu einer Fürstin des ganzen Landes Susiana / welches sie erblich besitzen / und ihrem künftigen Gemahl als ein HeirahtGut zubringen solte. Und zwar hiedurch suchte er Herkules in diesen Landschaften zubehalten /nicht zweifelnd / er würde durch seine glüklichen Anschläge des Parthen Macht und Hochmuht bald brechen / uñ die Persische Freiheit befestigen. Valiska bedankete sich sehr der gar zu grossen Königlichen Schenkung / welche von ihr ja nicht verdienet / sie auch weder zuersetzen noch zubeantworten wüste /und deßwegen einen kurzen Abtrit mit ihrem Bräutigam uñ Bruder nam / denen sie diesen Vorschlag taht; weil ihr wol bewust / daß ihr Liebster nicht willens währe / in diesen Ländern seinen Siz auffzurichten /und aber nach ihrem Abzuge des Fürstentuhms Susiana Einkünfte sie schwerlich heben würden / als währe ihre Meynung / es H. Pharnabazus auff diese Weise zuzuwenden / daß ers mit Frl. Barsenen als eine Heimsteur empfinge; also könte sie nicht allein dieses Herrn Träue / sondern auch dieser Fräulein Liebe /welche sie ihr als ehmahligem Herkuliskus angebohten / auff einmahl vergelten. Dieser Vorschlag gefiel ihnen sehr wol / gingen wieder ins Gemach / und gab sie dem GroßFürste diese Antwort: Durchl. GroßFürst / die mehr als Königliche Schenkung / aus welcher ihrer Liebe hohe Zuneigung gegen mich und die meinen Sonnenklar erhellet / nehme ich mit gebührlicher Dankbarkeit an; befinde mich auch neben meinen Herrn Bruder und Oheim / ihrer Liebe davor hoch verbunden; demnach wir aber nicht willens sind / in diesen Ländern zuwohnen / sondern grosses Verlangen tragen / nach unsern Eltern und Vaterlande; als bitte ich demühtig / ihre Durchl. wolle ihr meinen Vorschlag gn. gefallen lassen / daß ich dem wolgebohrnen und mit allen Tugenden außgezierten Fräulein Barsenen dieses [22] Fürstentuhm erblich aufftrage /mit dem bedinge daß sie es Herrn Pharnabazus als ein Heirath Gut und wirdige Außsteur zubringen möge /da sonst derselbe zu diesem Fräulein liebe tragen kan / welches ich gerne sehen möchte. Artaxerxes hätte ni ermehr gemeinet / daß Herkules und Valiska sich der Besitzung dieses treflichen Fürstentuhms entschlagen würden; und gab zur Antwort: Trefliches Fräulein / ich merke wol / daß mein weiteres nöhtigen vergeblich seyn / auch dadurch meines geliebten Oheims gedoppeltes Glük verhindert würde; lasse mir deßwegen solches gefallen / und zweifele nicht / mein Oheim werde solches wirklich zuerkeñen geflissen seyn / auch dieses wirdige Fräulein mit solcher Fürstlichen Aufsteur nicht außschlagen. Pharnabazus wuste nicht / was er vor freuden antworten solte /richtete sich im Bette auff / und mit gebogenem Häupte bedankete er sich untertähnig nahm auch den Vorschlag an / doch mit dem bedinge / dafern Frl. Valiska zur anzeige eines dankbahren Gemühtes dreissig Tonnen Schaz / und jährlich / so lange sie und Groß Fürst Herkules lebeten / drey Tonnen Goldes von ihm annehmen / auch beyderseits den Nahmen eines Fürsten und Fürstin zu Susa führen wolten. Hieran handelt mein Oheim Fürstlich / sagte Artaxerxes / hoffe auch / das Durchl. Fräulein werde auff meine vorbitte sich nicht wegern / dieses einzuwilligen. Sie wolte solches nicht beantworten / sondern baht Herkules /ihre Stelle zuvertreten; welcher also anfing: Durchl. GroßFürst; es ist das angebohtene gar zu viel; massen auff solche Weise dieses Fürstentuhm nicht verschenket sonder teur verkauft ist; weil ich aber Herrn Pharnabazus Willen sehe / welchem zu wiedersprechen ich nur vergebliche Mühe anwenden würde / insonderheit / da eure Liebe es selbst rühmet / nehme ich solches im Nahmen meiner versprochenen Fräulein an / wünsche euch / Durchleuchtiger Fürst / Herr Pharnabazus / zu dieser Fürstlichen Hocheit / und zu der wolwürdigen Fräulein Braut / Glük und Gottes Segen / wie eure Tugend und Mañheit es wol verdienet / und wird nichts mehr übrig seyn / als daß die schnelleste Botschaft an H. Mazeus und bevorab an GroßFürst Phraortes abgefertiget werde / damit ungemeldet unsers vorhabens sie eiligst herüber kommen / und dieses Beylager Fest / mit meinem zugleich möge gehalten werden / wie ich dann nicht zweifele / es werden die Verwundeten allerseits gegen die Zeit genesen. Stündlich ward dieses ins Werk gerichtet / und auff demselben Gemache Mahlzeit gehalten / da die Fürstin erzählete wie es mit ihrer entführung eigentlich ergangen währe; nehmlich / es hätte Gobares des dritten Tages nach unser Helden abzug gegen den Feind / ein mit lauter liebes Waaren angefülletes Schreiben / an sie abgeschicket / welches nach verlesung sie ihm zurücke gesand / und durch ihre Jungfer Amestris anmelden lassen / dafern er dergleichen ansuchen sich nicht enthalten würde / wolte sie seiner Unkeuscheit mit blutiger Rache zubegegnen wissen; ob er schon vergessen hätte was gestalt sie ihn bey dem Tanze abgewiesen? er / noch kein ander Mensch solte sie bereden / ihre teur versprochene Träue zu fälschen; sähe auch ihn Gobares / viel zu unwirdig ihrer Liebe an. Hierauff hätte er sich außdrüklich vernehmen lassen /er wolte dessen hinfort allerdinge müssig gehen / sie möchte nur sein Ansuchen / Unglük zuvermeiden /niemand offenbahren. Des Abends vor ihrer nächtlichen entführung währe sein Schmarotzer Bagoas zu ihr kommen / und angehalten ihm ihre Leibdienerin Apame ehelich abfolgen zulassen / weil vor vier Monaten schon er sich mit ihr versprechen; welches sie ihm nicht abschlagen [23] wollen / sondern biß auff GroßFürst Artaxerxes Wiederkunft außgesetzet; womit sie auch beyderseits friedlich gewesen. Ich ließ aber /fuhr sie fort / mein Gemach des Nachtes inwendig fest verriegeln / und muste diese lose Haut es ja dißmahl in aller stille geöffnet haben; dann umb Mitternacht traten sechs gewapnete mit brennenden Fackeln hinein / deren geräusche mich bald erweckete / und mag wol sagen / daß zeit meines Lebens ich niemahls höher erschrecket bin. Dann sie hielten die Schwerter in den Fäusten / und dräueten uns allen den Tod / da wir einiges Geschrey machen würden; wiewol meine Kleofis / wie auch Amestris und Andia sich wenig dran kehreten / und sich ihrer Kehle weidlich gebraucheten / biß ihnen die Zunge mit einem Knebel gehemmet ward / welches mir gleichmässig geschahe /und wurden wir an Händen und Füssen zusammen gebunden / und in die verordente Sänften getragen; doch ließ Gobares sich nicht bey mir finden / biß wir schon einen zimlichen Weg fortgetragen wahren / und die lichte Sonne auffging / da kam er herzugeritten an meine Sänfte / und baht höchlich umb verzeihung wegen angelegter Gewaltähtigkeit / wozu ihn nichts als die übermässige Liebe gezwungen; hoffete / ich würde sein ergebenes Herz erkennen / und ihn zum Liebesten willig auff und annehmen / weil es ja durchaus nicht anders seyn könte. Es ist ein dumkühnes Stük von einem verzageten Menschen / sagete Artaxerxes / und hat der Unflat vor unkeuschen Begierden nicht absehen können / wie es ablauffen würde.

Leches und Libussa liessen sich anmelden / sie hätten etliche Schreiben einzureichen / wurden auch als bald vorgelassen / und übergab Leches vorerst H. Ladisla seiner Fr. Mutter / Schwähers / und Gemahls Briefe; hernach H. Herkules von seiner Fr. Mutter /auch von der Königin in Böhmen / von H. Fabius dem Stathalter zu Padua / und von Fr. Sophien. Endlich Herrn Fabius von seiner Fr. Ursulen; welche alle miteinander begierig gebrochen und frölich gelesen wurden / da Ladisla und Fabius wegen ihrer jungen Herrlein; Herkules und Valiska wegen der Eltern freude über ihrer Heyraht bericht empfingen / uñ sich daran herzlich ergetzeten. Libussa wolte ihre empfangene Brieffe von Frl. Klaren an Herkules und Frl. Valisken auch einliefern / und zugleich das überschikte Haaren Armband / welches Herkules alsbald umb den linken Arm legte / demnach er das von seinem Fräulein zu Padua empfangene am rechten trug. Nach diesem taht Herkules wegen der erhaltenen Schlacht wieder Vologeses volligen bericht / und ließ Artaxerxes die 15 Tonnen Goldes eroberter Beute einreichen /welche er aber durchaus nicht annehmen wolte / sondern unsern Helden wieder zustellete / einwendend /er würde gar zum undankbahren / wann er ihnen daß mit ihrem Blute erstrittene abnehmen solte. Der gefangene Susianer Mithrazenes ward neben Bagoas und der Verrähterin Apame vor Gericht gestellet / und nachdem sie ihre Boßheit gestunden / anfangs erschreklich gegeisselt / uñ hernach an Kreuze geheftet. Sonsten ward Herkules HochzeitFest ganz Königlich / und alles nach Artaxerxes Willen angeordnet / da inzwischen der betrübte und verliebte Artabanus wegen des entflogenen Täubeleins sich zu hermen nicht auffhören kunte / uñ vermehrete ihm der außgerissene Vologeses seinen Kummer umb ein grosses / als derselbe des Tages vor seiner ankunft ihm seine Niederlage durch einen Reuter zu wissen taht / gleich als Bagophanes bey ihm saß / und die trefliche Schönheit der Fräulein ihm oft wiederhohlen muste. [24] Er führete sonst gar ein einsames Leben / und durfte fast niemand als dieser Fuchsschwänzer vor ihn kommen / weil er durch Schmeichelreden ihm noch allemahl Hoffnung zur wiedererlangung machete. Nun ging ihm gleichwol diese Niederlage sehr zu Herzen / insonderheit /da Vologeses des folgenden Tages selbst vor ihn trat /allen Verlauff umbständlich erzählete / und Herkules Tapfferkeit / nebest auffweisung seiner schriftlichen höflichen Außfoderung dermassen rühmete / daß er ungescheuhet bekennete / er allein währe des Persen Schuz; und wo einiger Mensch der Parthischen Macht eintrag oder abbruch tuhn könte / währe es niemand als dieser unvergleichliche Held / welchen er mehr als 200000 Persen fürchtete. An meinen dreyen Dienern sagte er: Ließ er mir auff diesem Schlosse sehen wie er fechten könte; In dieser Schlacht hat er solch Wunder getrieben mit seiner Faust / ob wolte er mein ganzes Heer allein nidermachen. O wie übel haben wir gehandelt / dz wir ihn und seinen ihm fast gleichen Gesellen mit so hoher beschimpfung der angedräuetẽ Ruhten zur Rache gereitzet / welche von den Feinden an Unsere Seite zuzihen ich weder Mühe noch Kosten sparen wolte; dann ihre Hülffe solte unser Glük und des Persen gewisser Fal seyn. Ich halte sie fast nicht vor blosse Menschen / und sind sie es / so sind sie die aller volkommensten. Ihre Schwerter erschrecken ihre Feinde / und machen ihre unerfahrne Kriegsleute muhtig. Ihre Anschläge dringen durch / deren man sich verwundern muß / und ihre Freundligkeit stihlet Freunden und Feinden das Herz ab. Ihr Parthischen Schuzgötter / befestiget unsers Königes Artabanus Stuel / und vereiniget seine Hocheit mit diesen beyden fremden; oder da solches nicht geschehen kan / so erwecket ihnen in ihren Ländern so viel Feinde / daß sie unser vergessen / und Persen verlassen mögen; solte aber auch dieses den Göttern nicht gefallen / müssen wir trauen hernähst mit keinem fliegenden Heer mehr angestochen kommen / sondern die allergrösseste Macht zusammen zihen / und in guter Vorsichtigkeit ohn unzeitigen Eifer oder Feindes-verachtung / die Häuptschlacht wagen / da dañ ihre Hocheit selbst durch ihre Gegenwart dem Heer einen Muht einblasen / und sich der angenommenen Schwermühtigkeit entschlagen werden / auff daß des Reichs algemeine wolfahrt hiedurch nicht verabseumet / oder wol gar in unwiederbringliches Verderben gestürzet werde; dann die Feinde müssen so schlecht nicht besponnen seyn /massen mir heut ein schnelreitender Bohte bericht getahn / dz der ungeträue Mede Phraortes allein mit 50000 Mann in vollem anzuge nach Persen begriffen sey / dessen einiger Sohn Arbianes sich bey neulicher Schlacht finden lassen / und die besten Völker geführet. Eile aber wil uns nöhtig seyn / sonst möchten die Römer wol gar sich mit hinein flechten / die vielleicht mit den fremden Herren in verbündnis stehen. Dieses allergnädigster König / ist mein Raht in unterschiedlichen Vorschlägen / welche allerseits können versucht / und inzwischen die ganze Macht zusammen geführet werden; ich verpflichte mich / mein Leib und Leben geringe zuachten / nur dz ihrer Hocheit ich angenehme Dienste erzeigẽ / uñ den empfangenẽ Schimpf /welchen weder aus unvorsichtigkeit noch Frevel ich einnehmen müssen / rächen möge. Artabanus wuste wol / daß er dieses Mannes gleichen in seinem Königreiche nicht hatte; seine Träue und festes Herz wahr ihm bekant / und wie mannichen herlichen Sieg er ohn sonderlichen Verlust von den Reichsfeinden erhalten; wunderte sich demnach sehr / daß er dißmahl eine so schändliche Niederlage erlitten hatte / uñ setzete ihm vor / alle Macht anzuwenden / [25] daß in kurzer Zeit ganz Persenland mit seinem KriegsHeer überschwemmet würde. Es kam ihm zu gutem Glük / daß die Skythen sich selbst anerbohten hatten gegen erlegung acht Tonnen Goldes / ihm mit 80000 Mann zuzuzihen /welches er willig annam / und die Gelder alsbald übermachte; jedoch wolte er den gegeben Raht nicht aus der Acht lassen / ob er / wo möglich / nicht allein unsere Helden auff seine Seite bringen / sondern zugleich auch sein eingebildetes höchstes Gut durch eben diß mittel überkommen könte; schikte demnach einen ansehnlichen Parthischen Herrn / nahmens Sysimithres mit 500 Reutern ab / dem er drey unterschiedliche Schreiben zustellete / eines an Herkules und Ladisla zugleich / das andere an das Fräulein; das dritte an Herkules absonderlich / im falle das erste wol angenommen würde. Hiebey wurden dem Fräulein alle ihre hinterlassene Kleider und Kleinot / und dabey noch ein neues / so auff zwo Tonnen Schaz außtrug /zugeschicket. Nicht destoweniger führete man die Völker fleissig zusammen und übete sie täglich in den Waffen / wobey Vologeses und Madates sich weidlich gebraucheten; dann dieser insonderheit hoffete seinen Schimpf wieder einzubringen.

Des neunden Tages nach Frl. Valisken Erlösung überfielen Euphrosynen die Geburts wehe / und bald hernach Fr. Agathen; da jene einer Tochter; diese zween ZwillingsSöhne genaß / wurdẽ auch nach kurzer Zeit durch die H. Tauffe der Kirchẽ Gottes einverleibet / da die Tochter Valiska / die Söhne / Herkules und Ladisla genennet wurden. Nach Euphrosynen entbindung zween Tage / kam Phraortes mit einem schönen KriegsHeer zu Persepolis an. Mazeus führete die Reuterey 30000 stark; das Fußvolk 20000 Phraortes Bruder-Sohn / Herr Artobarzanes / der sein Gemahl /die schöne Atossa bey sich hatte; und weil Arbianes der Fräulein ankunft von Charas schon hinüber entbohten / kam GroßFürstin Saptina mit Fr. Roxanen und Frl. Barsenen mit herüber / daß sie ihr eine Zeitlang Geselschaft leisten möchten. Sie wurden von den unsern wol empfangen / und schämeten sich fast / daß sie der Fräulein Verstellung nicht hätten merken mögen; insonderheit überging Frl. Varsenen eine heftige Schamröhte / da sie von der Fürstin empfangen ward / und ihr die Liebes-anmuhtungen / welche sie vor diesem merken lassen / ins Gedächtnis kahmen. Sie besucheten den verwundeten Pharnabazus und Arbianes / die sich schon zimlich erhohlet hatten / und in ihren SchlafRöcken sitzen kunten / und wolte die Fürstin mit ihrer Heyrahtsache nicht lange zurük halten / daher sie zu Frau Roxanen also anfing: Geliebte Freundin / ich habe mich fleissig bemühet / wie ich die grosse Freundschaft / mir von euch uñ euer Frl. Schwester / meiner auch geliebten Freundin erzeiget /in etwas ersetzen möge / da dann dieses gute Glük /wie ich gänzlich meine / mir zugestossen / daß ich Gelegenheit bekommen / jezt wolgedachte Fräulein dem Durchleuchtigen Fürsten zu Susa ehelich zuversprechen / nachdem solches dem Großmächtigen GroßFürsten H. Artaxerxes wolgefallen / uñ mein geliebter H. Bruder und H. Oheim es vor sehr gut befunden; zweifele demnach nit / sie ihres Orts werden gerne darein gehelen / und ihnen solch gewünschte Heyraht lassen angenehm seyn. Fr. Roxane uñ ihre Frl. Schwester erröhteten wegen dieses unvermuhtlichen vorbringens / als davor sie heftig erschraken /wie nicht weniger GroßFürstin Saptina selbst / als welche die Heyraht ihres Bruders schon mit ihr abgeredet und geschlossen hatte; begehreten daher einen kurzen Abtrit / welcher ihnen gerne gegönnet wahr /und Zeit [26] ihres abwesens die Fürstin zu den Anwesenden sagete: Ich werde diesen meinen geliebten Freundinnen wunderliche Gedanken gemacht haben / weil ich ihnen den jetzigen Fürsten von Susa nicht genennet; wie dann in Warheit geschahe / massen diese drey sich keines Schlusses zuerklären wusten. Zwar das Fürstentuhm Susiana wahr ihnen angenehm / aber Gobares / welchen sie vor einen Witwer hielten / gar zuverhasset / und wahr das Fräulein nicht bedacht denselben vor Pharnabazus zuwählen; beschlossen demnach / bey der Fürstin anzuhalten / daß sie von solchem Vorhaben abstehen möchte; gingen zu ihr hinein / und fing Fr. Roxane also an: Durchleuchtigstes Fräulein / daß eure Durchl. ihr gnädigst wollen gefallen lassen / vor meiner Frl. Schwester Wolfahrt zu sorgen / unter dem gn. Vorsaz / sie gar in den Fürstenstand zuerheben / davor bedanken wir uns untertähnigst; weil aber meine Frl. Schwester sich nicht kan bereden lassen / eine so ungleiche Heyraht einzugehen / da sie ohnzweifel von demselben Fürsten schier heut oder Morgen zu unwert seines Ehebettes möchte geschätzet / und nach kurzer Zeit wol gar verstossen werden / insonderheit / wañ eure Durchl. diese Länder bald verlassen solte; so ist unsere untertähnigste Bitte / uns dieser Heyraht gnädigst zuerlassen / uñ diesen Fürsten einer Standesmässigen wirdigeren Braut zuzuführẽ; zumahl daß meine gnädigste GroßFürstin meiner Frl. Schwester wol schon einen andern Gemahl möchte ausersehen haben. Herzgeliebete Freundinnen / antwortete die Fürstin / ich hätte nimmermehr gedacht / daß sie mir dieses mein so wolgemeintes Ansuchen würden so kurz vor der Faust abgeschlagen haben / welches doch meines ermässens nicht zu endern stehet / ich mich auch dessen verpflichten wil / daß meine höchstwerte Eltern / GroßFürst Phraortes und dessen Gemahl in diesen meinen Vortrag noch wol gehehlen werden; hoffe also / von ihnen eine genehmere Erklärung zu hören / uñ wollen sie beyde sich kürzlich bereden / und ihre endliche Meynung mich wissen lassen / wornach ich mich als dañ gerne richten und schicken wil / muß euch doch eine Geheimnis offenbahren / was gestalt der Fürst zu Susa und mein Freund Pharnabazus nunmehr in solchem Bunde stehen / das dieses sein Gemahl jenem /uñ jenes seine / hinwiederumb diesem gemein seyn solle. Die beyde Schwestern ängsteten sich dergestalt / daß ihnen der Schweiß außbrach / traten ab / und wahr ihnen die lezte Zeitung so unangenehm / daß sie so wol Pharnabazus als den Susianer anfeindeten; endlich machten sie den Schluß / daß das Fräulein durch einen Fußfal / umb die Ehe auffzuruffen / anhalten solte; welche darzu fertig wahr und mit tränenden Augen sich vor der Fürstin in die Knie nidersetzete / willens nicht auffzustehen / biß sie gnädige Antwort erlanget hätte. Aber die Fürstin sprang geschwinde auff / richtete sie küssend in die höhe / und sagte: Herzen Freundin als Schwester / beschimpfet mich nicht mit diesem Vornehmen / und bringet mir euren endlichen Willen stehend vor. Ja / nach meiner gnädigsten Fräulein Befehl / antwortete sie / und fuhr also fort: Nach dem ich das feste Vertrauen zu euer Durchl. gefasset habe / dieselbe werde mir keine andere Gnade wiederfahren lassen / als welche meinem Herzen angenehm / und ich aber meine Seele dessen durchaus nicht zubereden weiß / daß ich dem Fürsten zu Susa mich ehelich ergeben solte / vielweniger mich mißbrauchen zulassen willens bin / als bitte ihre Durchl. ich untertähnigst / dieselbe wolle mich dieser Unangenehmen gnädigst erlassen. Ey meine allerliebste Freundin / sagte die Fürstin / ich kan in diese eure Bitte durchaus nicht willigen / sondern mein Wille und Vorschlag [27] muß richtig erfüllet werden / insonderheit weil der Durchl. Fürst von Susa sich hierin gänzlich ergeben / ja durch euch ein Fürst zu Susa werden sol. Aber kennet ihr auch / herzen Freundin / kennet ihr auch denselben Fürsten recht / welchen ich durch euch zum Fürsten in Susa zu machen bedacht bin? oder gedenket ihr / ich werde euch den gottlosen ehrvergessenen Schelm / Bösewicht und Verrähter Gobares zufreien / welcher vor weniger Zeit an mir zum Räuber worden / und durch rechtmässige Urtel des Großmächtigen GroßFürsten enthäuptet ist? Ey habt doch nit solche ungenehme Gedanken von mir; sehet jezt hochgedachter GroßFürst hat mir das ganze Fürstentuhm Susiana erblich geschenket / uñ dasselbe sol euch / Durchleuchtiges Fräulein / anjetzo von mir hinwiederumb geschenket / auch ihr kraft dieses zu einer herschenden Fürstin zu Susa erkläret seyn / doch mit diesem bedinge / daß ihr solches dem Bräutigamb / welchen ich euer Liebe zugedacht / als eine wirdige Heimsteur zubringet / uñ ihn dadurch zum Fürsten über Susiana machet; dieser aber ist der schon darzu erwählte und erklärete Durchleuchtige Fürst / Herr Pharnabazus / alhie gegenwärtig. So erkläre sich nun eure Liebe / ob sie sich eines andern bedenken könne / und nehme mit ihrer Fr. Schwester zur beredung einen kurzen Abtrit; ich halte gänzlich davor / meine herzgeliebete Eltern / GroßFürst Phraortes und die GroßFürstin Fr. Saptina / werden ihnen solches wol köñen gefallen lassen. Da wahr nun lauter verwunderung und freude bey den Unwissenden. Phraortes fragete / ob sichs dann mit Gobares also verhielte / und was vor ein schändlich Bubenstük er begangen hätte. Welches die Fürstin mit wenigen beantworete: Es verhielte sich also / und würde alles zu seiner Zeit weitläuftiger erzählet werden / nur möchte die GroßFürstin sich mit Fr. Roxanen und dem Fräulein gnädigst bereden / ob diese Heyraht / wie sie gar nicht zweifelte / könte gefällig seyn. Aber Fr. Roxane fing also an: Durchleuchtigstes Fräulein / es bedarfs meines erachtens nicht / meine gnädigste GroßFürstin zu fragen /ob sie ihren allerliebsten Herr Bruder gerne zu Fürstlicher Hocheit befodert sehe; aber wie sollen ich und mein Frl. Schwester doch in ewigkeit diese übermässige Gnade ersetzen / welche unsere Erkäntnis überwieget? gestaltsam eure Durchl. uns viel ein grösseres leistet / als wir von allen Göttern ni ermehr hätten dürffen bitten. Wir untergeben uns allerdinge euer Durchl. und unser gnädigsten GroßFürstin gehorsam /alles nach gnädigstem gefallen zuordnen und zu schliessen / deren untertähnigste Dieneriñen wir Zeit unsers Lebens verbleiben wollen. Es darff solcher niderträchtigen erbietungen nicht bey vertraueten freunden / sagte die Fürstin; Nur erkläret euch mein Fräulein Barsene / ob mit eurer Fr. Schwester einwilligen /ihr auch friedlich seid. Gnädigstes Fräulein / antwortete sie / mir ist unmöglich / euer Durchl. vor Scham ein anders zu antworten / als daß ihrer Durchl. gehorsamste Dienerin ich zu leben und sterben begehre; uñ ob mir zwar diese Heyraht billich angenehm ist und seyn muß / werden mir doch die Götter Zeugnis geben / daß wañ ich meines künftigẽ Leben-Standes freie Wahl hätte / ich lieber bey ihrer Durchl. stäte Kammerdienerin / als ohn deren Geselschaft eine mächtige Fürstin zu seyn begehre. Und weil bey solcher Rede ihr die Trähnen hervordrungen / erkennete daher die Fürstin ihre heftige Liebe gegen sie; umbfing sie deßwegen mit beyden Armen / küssete sie auff die Stirn /Mund und Wangen / und sagte: Versichert euch mein trauten Schwesterchen / daß ich euch unter meine allerliebsten und besten Freundiñen gesezt habe / achte daher dieses [28] ihr auffgetragenes Fürstentuhm viel geringer / als daß ich eure Gewogenheit solte meynen dadurch ersetzet zu habẽ. Ob wir dañ gleich nit möchten stets beyeinanderleben köñen / sollen unsere Herzen doch untrenlich beysammen bleiben. Darauff führete sie dieselbe vor Pharnabazus Bette / und mit gegebenen Ringen bestätigte sie diese Ehe / da Phraortes und andere gegenwärtige der Fürstin vor solches geschenkte Fürstentuhm sehr danketen / und den Verlobeten Glük und Heyl wünscheten. Ladisla setzete das gedoppelte Hochzeitfest auff den stebenden nach diesem Tage an / weil die Aerzte den Verwundeten auff solche Zeit völlige Gesundheit versprachen; und ob gleich Fr. Roxane ihre Entschuldigung einwendete / sie würde mit gebührlicher Kleidung so bald nicht fertig werden / mochte es doch nit helffen / weil Frl. Valiska mit zustimmete / sie wolte dem Parthischen Wüterich nicht länger zugefallen warten / damit seine annoch übrige Hoffnung er möchte sinken lassen /und sich ihrer Liebe begeben; so könten die nöhtigsten Kleider nochwol verfertiget werden; und wer weiß / sagte sie / woher uns noch Kleider von Gott bescheret werden / welcher uns unsere Bräutigam zugeführet hat. Bey der Mahlzeit ward Gobares Boßheit erzählet / nachgehends fragte die Fürstin Herrn Mazeus / ob sein alter Kriegsknecht Boges /und sein Schütze Batis noch im leben währen / möchte sie dieselben gerne sprechen. Fr. Roxane gab zur Antwort; der Schütze hätte gar untertähnig bey ihr umb eine Vorbitte bey ihrer Durchl. angehalten / das ihm sein Verbrechen gnädigst möchte vergeben werden / wie dann GroßFürst Herkules dessen gnädigste Verheissung getahn hätte. Warumb aber der alte Boges so inständig umb die mitreise nach Persepolis angesuchet / könte sie nicht wissen weil sie nicht gedacht / daß ihre Durchl. des unachtsamen Menschen einige Kundschaft gehabt hätte / und könten dieselben wol stündlich vorgefodert werden. Der Fürstin wahr hiezu sonderlich liebe / hieß den Alten zu erst herhohlen / welcher sich von seinem verdienten Solde zimlich gekleidet hatte. Als nun derselbe in den Saal trat /kennete sie ihn alsbald / und sagte zu ihm: Guter Freund Boges / eriñert ihr euch noch des mir ehemahls erteilten trostes / da ich den Adler fellete? Ja Durchl. Fräulein antwortete er / wann nur eure Durchl. ihrer damahligen Zusage sich annoch eriñern möchte. Warumb nicht? sagte sie / ich wil / wo ich kan / euch dessen ergetzen / dann ihr habt dazumahl meine traurige Seele auffgerichtet; darumb bittet nur von mir kühnlich / wie ihrs gerne haben woltet. Dieser fiel auff die Knie / und hielt an / ihre Gn. möchten bey seinem Herrn Mazeus ihm dz Tohrhüter Ampt auff seinem Schlosse loßbitten / welches ein ruhiger Dienst währe / der ihm als einem alten abgelebeten Knechte wol anstünde. Ach du fromme Einfalt / sagte sie mit verwunderung; gab ihm aber zur Antwort: Sie würde ihm hierin schwerlich dienen köñen / weil sie den jetzigen Tohrhüter nicht außstossen / noch dessen Seufzen wieder sich selbst reizen möchte; demnach würde er andeuten / ob nicht etwas bessers vor ihm währe; als wañ etwa ein statlicher Meierhoff / oder wolgelegene BaurenSchenke unter H. Mazeus loßfiele / wolte sie ihm darzu gerne behülflich seyn. Boges gab vor / er dürfte sich so weit nicht erkühnen; so gehörete auch eine Anlage darzu / die er nicht hätte /doch stellete ihrer Durchl. er alles heimb. Die Anwesende zulacheten sich seiner wol / aber Fr. Roxane /die seine Art wol wuste / schlug ihm vor / sie wolte ihn zum Obersten Auffseher über ihren Lustgarten setzen / und daß er den Arbeitern darinnẽ solte zubefehlen haben; wolte er dann einen jungen [29] Löun daneben zähmen (womit er wol umbzugehen wuste) solte zu seinem belieben stehen. Das ihr aber wegen gar zu grosser Mühe euch nicht zubefürchtẽ habt / sagte sie /so sol mein Gärtner alles vor euch verrichten / daß ihr nur des Abends zusehet / was im Garten gearbeitet sey; vielleicht vermacht euch dann dieses Königliche Fräulein noch wol einen Handpfennig über euren Jahrslohn den ich euch geben werde / uñ hiemit euch jährlich 100 Kronen verspreche nebest freier Speise und Trank vor euch und alle die euren / so gut es meines Gemahls ädle Leibdiener bekommen / denen ihr auch in Kleidern sollet gleich gehalten werden. Dieser fiel vor ihr nider / bedankete sich untertähnig / und gab vor / er bedürfte dabey weder Jahrgeld noch einen Handpfennig / weil sein Weib und sechs Kinder die Garten Arbeit könten helffen verrichten. Frl. Valiska hieß ihn auffstehen und befahl ihrem Timokles / er solte ihm eine Gutsche mit vier starken Pferden anspannen / und in zwo Laden 8000 Kronẽ darauff setzen lassen / nebest nöhtigen zehrungs Kosten / vor ihn seine Fuhrleute und sechs Reuter zur begleitung; darnach sagte sie zu Boges; zihet nun hin und tretet euer Ampt an / die jeztgenanten Kronen aber bringet euer Frauen und Kindern zur verehrung mit / und da ihr schier heut oder Morgen zu deren ehrlichen aufferzihung und außsteur ein mehres werdet benöhtiget seyn / wil ich das Fürstl. Fräulein Barsenen bitten / dz sie euch mit einem Ehrenpfennige zu hülffe komme. Ja mein Boges / sagte dieselbe / ich wil einem jeden von euren Kindern hiemit 1000 Kronen zu Heyrahtgeldern vermacht haben. Gar zu viel / gar zu viel /gnädiges Fräulein / antwortete er / ich habe schon mehr als mir nütze ist / uñ muß man aus einen Betler nicht einen Freiherrn machẽ / er möchte sonst hernach kein gut tuhn / welches mir und meinen Kindern leicht wiederfahren könte. Aber wie werde ich meinem Weibe so angenehm seyn; sie hat mir sonst allemahl vorgeworffen / daß sie mich ernähren müste; bedankete sich nachgehends untertähnig und fuhr frölich davon. Der Schütze Batis ging mit grosser furcht hinein / aber Frl. Valiska hieß ihn gutes muhts seyn; sie wolte ihm hernähst kein Geld mehr abgewinnen / und währe ihr lieb / daß ihr Oheim ihm alles wieder zu gestellet hätte; nur daß er zusähe / und ers nicht zum andernmahl verwettete; schenkete ihm auch 5000 Kronen / worzu ihm Pharnabazus ein Landgut versprach /dz er hernähst ruhige Tage haben solte. Es hatte aber Mazeus seinen zahmen Löuñ ihr mitgebracht / aber ihn noch nicht sehen lassen / den muste Batis herzuführen; welcher alsbald sich zu ihr hinbegab / und wie ein Hund sich an ihren Kleidern streichelte / dessen sie sich alle verwunderten. Sie kante ihn auch alsobald / und sagte zu Mazeus. Mein geliebter Herr und Freund; ich werde die Kühnheit nehmen / und euch um diesen Löuen begrüssen / wann ichs nur zuersetzen wüste. Er aber antwortete: Gn. Fräulein / ich habe ihn zu dem ende mit gebracht / wann ihrer Durchl. ich ihn bieten dürfte / meine sonst ja / es sey vielhundert tausendfach schon vergolten. Phraortes erinnerte Herrn Herkules seiner ehmaligẽ Zusage / und baht /die Assyrischen Völker / die sich auff 30000 zu Roß und 35000 zu Fuß erstrecketen / nebest seinem Medischen Heer 30000 Reuter und 20000 Fußknechte unter seine ungemässigte FeldHerschaft zunehmen. Artaxerxes trug imgleichen Herrn Ladisla die gesamten Hirkanischen Baktrianischen / Margianischen /Arischen und Drangianischen Völker auff / 58000 zu Pferde und 40000 zu Fusse; welches Ampt sie dergestalt auf sich nahmen / deß Herkules sich vor GroßFürst Phraortes; Ladisla vor Fürst Menapis in [30] Hirkanien Feldmarschalk halten wolten. Artaxerxes hatte sonst noch 18000 hin und wieder geworbene Reuter /welche er Fabius untergab; seine Persen aber 14000 zu Roß / uñ 46000 zu Fuß wolte er selbst führen. Pharnabazus ergänzete das Susianische Heer / das es 40000 Mann / halb Reuter / und halb Fußknechte /stark wahr. Arbianes fliegende Heer wahr auff 14000 Mann wieder ersetzet und Leches zum Feldmarschalk drüber verordnet. Hierzu die Teutschen Böhmen /Römer und Fabius selbst geworbene gerechnet / erstreckete dieses gesamte Volk sich auff 204000 Reuter / uñ 161000 Fußknechte / von welchen 6000 Schützen auff die 300 wol abgerichtete Elefanten gesetzet wurdẽ / deren Gebrauch in künftiger grossen Feldschlacht Herkules gerne abgewendet hätte / und doch damit nicht loßbracht / weil er sahe daß die Morgenländische Fürsten so viel darauff hielten. Nun hatte Artaxerxes bey einem reitenden Bohten nach Susa allen Verlauff wegen Gobares geschrieben / und daß Pharnabazus ihnen wiederumb zum Fürsten angewiesen währe / wodurch die Landstände hoch erfreuet wurden; dann sie wahren mit Gobares übel zufrieden /daß er so gar nicht auff des LandesWolfahrt achtete /sondern nur den Leibeslüsten uñ dem schändlichẽ Geize nachhing; santen vor dißmahl zwanzig ihres mittels / ansehnliche Herrn nach Persepolis / ihrem neuen FürstenGlük zu wünschẽ / welche auch einen grossen Schaz / aus eigenwilliger freigebigkeit zu sammengelegt / mit übernahmen. Fürstin Rhodogune Gobares Gemahl die ihm wegen seiner Unkeuscheit nicht sonderlich gewogen wahr / sagete öffentlich; die Götter hätten seinem Unwesen länger nicht zusehen können; ließ durch getreue Leute die Fürstliche Schazkammer besichtigen / zog nach Persepolis / lieferte Pharnabazus die Schlüssel und Rechnung des KammerSchatzes 170 Tonnen Goldes hoch / und baht umb ein Fürstliches Leibgedinge / weil sie an ihres Gemahls-Verbrechen unschuldig währe. Fürstin Valiska legete ihr wegen ihrer frömmigkeit grosse Gewogenheit zu / nam sich ihrer sehr an / und erhielt leicht / daß sie biß auff Pharnabazus Einzug zu Susa auff dem Fürstlichen Schlosse daselbst bleiben /nachgehends jährlich 25000 Kronen Unterhalt haben /uñ entweder nach belieben zu Susa verbleiben / oder ihr einen Ort zum Leibgedinge wählen solte. Frl. Barsene trug auff ihres Liebsten Begehren Frl. Valisken obgedachten Susianischen Ka erSchaz auff; bekam aber zur Antwort; es hätte die Meynung nicht / daß sie die Vogel außnehmen / und das ledige Nest ihr lassen wolte / es währe schon mehr als zuviel / daß sie Herrn Pharnabazus Erbieten wieder ihren Willen hätte müssen gelten lassen.

Artabanus Gesanter / H. Sysimithres eilete mit seiner Geselschaft auff abgewechselten Pferden zimlich fort / da er des Tages vor dem HochzeitFest zu Persepolis anlangete. Auff den Grenzen geriet er einer Persischen Schaar von 1000 Reutern in die Hände / die ihn sicher durchbrachten / da er alsbald bey unsern Helden und dem Fräulein ohn der Morgenländischen Fürsten Gegenwahrt gehör begehrete. Ladisla Meynung wahr / man solte ihn unverrichteter Sache abzihen lassen / aber Artaxerxes und Phraortes bahten /die Werbung anzunehmen / und den Gesanten bey dem HochzeitFeste zubehalten / daß er davon bericht tuhn / und des verliebeten Königs Gedanken abwenden könte / wann er sehen würde / daß er durch den Korb gefallen / und ein ander schon in voller niessung sässe. Die unsern liessen ihnen solches gefallen und machten sich samt dem Fräulein nach dem grossen Saal / [31] da die 300 Bömische ädelknaben auffwarten /und 500 Teutsche mit Schlachtschwertern haussen die Wache halten musten. Kleofis und das Bömische Frauenzimmer stunden in prächtiger Kleidung hinter dem Fräulein; Leches mit seinen vier Gefärten / auch Tyriotes und Gallus / hatten ihre glänzende Rüstung angelegt / die Helme auffgeschlagen / und die blossen Schwerter in Händen. Ladisla saß zur Rechten; Herkules zur Linken / uñ das Frl. in treflicher Zierde und grosser freundligkeit in der mitte. Als Sysimithres auff erfodern hinein trat / entsetzete er sich vor solchem Pracht / ließ der Fräulein Kleider / an der Zahl 43 mit allem zubehör / von Indianischer reiner Linnewad / geflicketen Schuhen und dergleichen sachen / in grossen mit Silber beschlagenen Laden nachtragen /und die Kleinot in einer weissen Helffenbeinen / mit Golde umblegeten grossen Schachtel / auff welcher eine kleinere stund / darinnen das neue Kleinot versiegelt wahr. Nach gebührlicher Begrüssung aller dreyen / wendete er sich zu dem Fräulein / neigete sich tieff vor ihr / und redete sie also an: Durchleuchtigstes /Großmächtigstes Königliches Fräulein; der grosse König Artabanus / Beherscher aller Morgenländer von dem Meer biß an den Ganges / entbeut euer Durchl. Königlichen Gruß und ergebene Liebe / sendet deroselben dieses eigenhändige Schreiben / nebest ihren hinterlassenẽ / Kleidern / Kleinotẽ / uñ einem neuen Kleinot; bittet / ihre Durchl. solches alles mit guter Gewogenheit annehmem / und seiner Königl. Hocheit schrifftliche genehme Antwort wiederfahren lassen wolle. Das Fräulein bedankete sich sehr / fragete nach seiner Hocheit wolergehen / und zeigete darüber ihre Genügenheit an; wendete sich hernach gegen Ladisla und Herkules / umb zuvernehmen / ob ihr erläubet währe / dz Schreiben mit beygefügten Sachen anzunehmen; und auff bewilligung brach sie es /und lase vor sich allein folgende Worte.

Der grosse König Artabanus erbeut dem Durchleuchtigsten Fräulein / Frl. Herkuliska / seiner Königlichen verlobeten Braut herzlichen Gruß und alle Gewogenheit /und verwundert sich höchlich / warumb dieselbe ihr gro sses Verlangen nach ihrem Herr Bruder und Oheim / ihm nicht angedeutet / daß er sie mit einer sicheren Begleitung von 200000 Mann hingesendet / und ihr diese gebührliche Ehre bezeiget hätte; jedoch weil ihrer Liebe gefällig gewesen / in schlechter stiller Geselschaft nur mit ihrem geträuen Diener Valikules (dem wir / wie er weis /mit Königlichen Gnaden gewogen sind) diese Reise auff sich zunehmen / haben wir solches keines weges tadeln wollen; nur tuht uns wehe / dz sie in gar zu unwirdiger Kleidung / wie gesagt wird / sol hingereiset seyn; welches / da wirs in erfahrung gebracht / haben wir nicht unterlassen sollen / ihr durch unsern Hoffmeister Bagophanes nachzufragen / welcher uns aber zur betrübten Zeitung gebracht / daß er eure Liebe nicht habe antreffen können / sondern von Feinden verrähterlich überfallen und geschlagen sey Daher wir Zeigern dieses / unsern lieben geträuen Sysimithres abfertigen / ihre Kleider und Kleinot /auch daneben noch ein absonderliches / alles zur bezeugung ungefärbeter Liebe / nachsenden / und dabey sie freundlich ersuchen wollen / auffdas ehiste mit ihrem freundlichen lieben H. Bruder und Oheim sich bey uns unwägerlich einzustellen / damit unser beschlossenes /und so münd als schriftlich bestätigtes Beylager (auff dessen Feyr Königlich zubereitet wird) könne gehalten / und euer Liebe die GroßKönigliche Kron auffgesetzet werden; und wie wir uns hierzu gänzlich verlassen / also verbleiben wir derselben zu ehelicher Liebe uñ Träue stets ergebener.


Artabanus.


So bald der Gesante die ganze Verlesung des Schreibens merkete / ließ er alle Sachen zu ihren Füssen niedersetzen / nur das einzelne Kleinot reichte er verschlossen über. Sie hingegen baht ihn / einen geringen Abtrit zunehmen / damit sie sich einer beständigen [32] Antwort erklären könte; ließ die ihrigen den Brief lesen / und kunten sich des kindischen Vornehmens nicht gnug verwundern. Sie liessen den Gesanten balt wieder fodern / welchen sie fragete / ob er etwan auch an ihren Herrn Bruder und Oheim einige Werbung hätte / könte er solche ablegen / und auff einmahl fügliche Antwort bekommen. Worauff er zu ihnen also anfing: Durchleuchtigste Fürsten / Hochberümte Helden; der unüberwindlichste König Artabanus entbeut euren Durchll. seinen Grus und Liebe /übersendet denen zugleich dieses Schreiben / und zweifelt nicht / sie als seine hochgeliebte Freunde /welche zu beleidigen er nie willens gewesen / auch nicht seyn wird / werden solches als ein unfehlbares Zeichen seiner guten Gewogenheit vermerken und auffnehmen. Seiner guten Gewogenheit? sagte Ladisla; gewißlich / Herr Gesanter / werdet ihr euch an uns irren; massen Artabanus euer König uns bißher nicht vor Freunde / sondern vor Leibeigene uñ Bettelbuben gehalten / die er als Hundejungen streichen zu lassen sich untersahen dürfen / dahin es aber wils Gott nimmermehr kommen sol. Dieser Rede nun wuste Sysimithres sich so verwundernd fremde zustellen / daß unsere Helden schier nicht wusten / wie sie mit ihm dran wahren. Ey ihr Durchll. Fürsten / sagte er / wie solte mein Allergnädigster König eine solche Untaht in den Sinn nehmen können / angesehen seiner hohen Vernunfft / und dz er mit euer Durchll. sich so nahe zuverschwägern gedenket? Meine gnädigste Herren wollen doch so ungleichen Argwohn von seiner Königl. Hocheit nicht schöpffen / ob gleich dessen Wiederwertige etwa falsche Brieffe oder ertichtete verleumdungen außsprengen würden / umb / eure Durchll. meinem grossen Könige abgeneigt zumachen / welcher trauen von euer vortrefligkeit viel zu hoch hält / wie ohn zweifel dieses Gnadenschreiben außführẽ wird. Herkules antwortete; Es müste uns sehr lieb seyn / wañ euer König solcher Schuld sich entbrechen / oder einiges Zeichen der Gewogenheit uns darlegen könte / da wir des wiedrigen seiner Leute Blut darstellen wollen / als unfehlbahre Zeichen. Zwar unter dem nahmen Valikules / nach welchem ich euch / Herr Sysimithres nicht werde unbekant seyn /habe ich mich über euren König nicht in allem zubeklagen; aber Herkules weis seiner guten zuneigung nichts rühmliches nachzusagen. Hier wuste nun dieser Fuchs abermahl seine Verwunderung darzustellen / ob Herkules und Valikules unter so ungleicher Gestalt ein einiger Mensch seyn solte; er aber wolte sich darüber mit ihm nicht zanken / sondern fragete / was Madates und andere Feldflüchtige ihm nachsageten. Welches er beantwortete; ihm wäre zwar vorkommen /daß etliche Parthische und Persische geringe Schaaren sich etwas gezauset / und beyderseits zimliche Schlappen davon getragen / daß aber ihre Durchll. solten mit eingemenget seyn / obs gleich von etlichen gesagt würde / könte mans doch nicht gläuben; und wüste er gewiß / daß wann seinem Könige vorkommen würde / dz etliche seiner Völker sich gegen sie feindlich bezeiget / müsten sie ohn alle Gnade es mit dem Halse bezahlen / weil des grossen Königes Gewogenheit gegen ihre Durchll. viel zu groß / und allen bekant währe. Gut Herr / sagte Ladisla / euch zugefallen wil ich etwas davon gläuben / aber gleichwol sonst nicht; nachdem meine Leute aus Charas mich weit ein anders berichten. Hieß ihn darauff ein wenig abtreten / so wolten sie das Schreiben verlesen / und sich auff eine Antwort bedenken. Sie funden aber diesen Inhalt.

Der grosse König Artabanus / entbeut dem gewaltigen Könige der Böhmen / Herrn Ladisla [33] und dem mächtigen GroßFürsten der Teutschen / Herrn Herkules / seinen geliebten Freunden / Söhne und Schwägern Glük und Heyl. O der elenden Schwägerschaft / sagte Herkules mit einem Gelächter / welche nur im einbilden bestehet /und nimmermehr zuwerke kan gerichtet werden. Sie lasen aber weiter:Wir können uns nicht gnug verwundern / aus was Ursachen meine Freunde ihre Fräulein Schwester und Wase / unsere versprochene GroßKönigl. Braut / lieber durch hohe Gefahr zu sich fodern lassen /als sie auff ihrem Königlichem Schlosse besuchen wollen / angesehẽ der hohen Begierde / die wir gegen euch tragen / nicht allein in eure Kundschaft zukommen / sondern euer wirdigkeit nach euch zu ehren. Lasset ja unsere Wiederwertigen euch von uns nicht einbilden / was in unsern Sinn niemahls gestiegen ist; stellet euch nur ungeseumet ein / auff daß wir unsere Begierden an euch ersättigen mögen (daß möchte uns wol zu scharff fallen /sagte Herkules /) sintemahl unser fester unbewäglicher Schluß ist / daß unser geliebten Fräulein Herrn Bruder der Nahme eines großmächtigen Königes in Persen / Assyrien und Susiana; ihrem Herrn Oheim aber der Nahme eines Königes in Meden / Hirkanien und Baktriana erblich sol erteilet und bestätiget werden / da sie nicht als unsere Schwäger oder Söhne / sondern wie Brüder in gleichmässiger Gewalt / Macht und Ehre / mit uns herschen sollen; wollen auch nicht ruhen / biß ihnen solche Königreiche durch unser Schwert gewonnen und eingeräumet / die Wiederspenstigen und unrechtmässigen Besitzer aber erschlagen und abgestraffet sind. Dessen versichert sie ihr ganz geneigter und steter Freund Artabanus.

Nach verlesung reichten sie es dem Fräulein hin /welche es durchsehend / mit einem höflichen Gelächter sagte: die Worte sind gut / sagte der Wolff / aber ich komme den Bauren nicht ins Dorff; merke gleichwol / wann mein Herkules mich / uñ ich ihn abtreten könte / dürften wir des ergangenen endlich nach verzeihung erhalten. Aber mein Herr Bruder Ladisla hat sich wegen dieser unmögligkeit am meisten zubeschwerẽ / weil ihm hiedurch der Nahme (freilich der Nahme und nichts mehr) eines mächtigen Königes in Persen entrücket wird; den er aber / wie ich weiß / lieber entrahten / als mit seiner lieben Freunde / GroßFürst Artaxerxes und anderer Schaden annehmen wil. Sie traten enge zusa en / und verglichen sich einer Antwort; und als Sysimithres wieder eingefodert wahr / gab ihm das Fräulein diesen Bescheid: Daß der grosse König Artabanus nicht allein freundlich an mich geschrieben / sondern mir auch meine Kleider und angehörige Sachen / nebest einem neuen Geschenk zugesand / daraus verspüre ich seine hohe Gewogenheit / werde es auch Zeit meines Lebens hochzurühmen wissen / und mich bemühen / daß seiner Königl. Hocheit Unglük und Gefahr ich abwenden helffe / und ihm alle Freundschaft / die ohn abbruch meiner Ehren kan geleistet werden erzeige; ein mehres wird mein gnädigster König / so lange er redlich ist / von mir nicht begehren / vielweniger fodern können. Weil aber Morgen alhie zwo Fürstliche Heyrahten sollen volzogen werden dafern Gott wil / und meine Herrn Brüder dabey seyn müssen / wird der Herr Gesanter eines Tages auffschub zur gebührlichen Antwort uns nicht verdenken / sondern als ein lieber und werter Gast sich mit dabey finden lassen / da ihm dann alle gebührliche Ehre geleistet werden sol. Sysimithres ließ sich dazu willig bereden / hoffend es würde alles nach seines Königes Willen gehen; baht aber sehr / es möchte dem Persischen und Medischen GroßFürsten der gelieferten Schreiben Inhalt vor seinem Abzuge nicht zu wissen getahn werden; welches ihm verheissen ward / und musten Tyriotes und Gallus ihm in seiner Herberge Geselschaft leisten / welche ihm allen Verlauff der geschehenen Entführung erzähleten. Sie aber gingen hin [34] nach der Fürstlichen Geselschaft /gaben den beyden GroßFürsten die Schreiben zu verlesen / welche sich deren gnug zulacheten; doch /sagte Artaxerxes / ist mirs lieb / daß er durch Schaden klug wird / und Tugend besser achten lernet; hoffe daher / er werde forthin seine KinderRuhten ins Feur werffen / und nach einem Säbel sich umbtuhn. Nach gehaltener Mahlzeit baht Frl. Valiska die GroßFürstin Saptina / samt Fr. Roxanen und Frl. Barsenen / mit ihr zugehen / und ihre Kleider helffen außzulegen / da sie zu Fr. Roxanen sagte: Geliebte Freundin / ihr beschweretet euch neulich wegẽ mangel der Kleidung zur Hochzeit / die uns Gott in gutem überflusse bescheret hat; und hätte mein Bräutigamb Artabanus mir dieselben zu mehr gelegener Zeit nicht schicken können; bekomme also mittel / meiner Freundin vor den Rok / welchen sie mir nach Charas vertraulich mit gab / einen andern zuzustellen. Des folgenden Tages putzeten die Hochzeiterinnen sich treflich aus; Frl. Valiska legte ihr schneweisses Kleid an / neben darzugehörigen Kleinoten / welches Artabanus ihr auff ihren Geburtstag verehret hatte; das neue überschikte Kleinot wahr ein Bruststük in gestalt einer Sonnen / die grosse Strahlen von sich warff / wann die rechte Sonne darauff schien; und dieses sagte sie /wolte sie an ihrem höchsten Ehrentage dem Könige Artabanus zugefallen tragen. Herkules bekleidete sich auch ganz weiß / und wolte Ladisla seiner Gewohnheit nach / ihm nicht ungleich seyn. Frl. Barsene muste von den Parthischẽ Kleidern ein grün Güldenstük / mit den schönsten Rubinen stark besetzet / anlegen / weil ihr Bräutigamb sich in solche Farbe gekleidet hatte. Als sie miteinandern nach dem grossen Saal gingen / liessen sie den Parthischen Gesanten / aller Ursach ungemeldet / fodern / welcher /da er alle Anwesende so treflich gekleidet / und Frl. Valisken neben Herkules in solcher Pracht sahe / sich dessen nicht wenig verwunderte; hatte doch niemand den er fragen durfte / sondern sahe / daß unsere Helden / und alle / so des Christlichen Glaubens wahren /in ein Nebengemach traten / biß Pharnabazus mit seinem Fräulein nach Heidnischem Gebrauch getrauet wahr; hernach sich in voriger Ordnung einstelleten /und Herkules die Anwesenden also anredete: Großmächtige / Durchleuchtige / Wolgebohrne / auch ädle / hochwerte Herren / Freunde und Freundinnen; nachdem der grosse Gott Himmels und Erden mir unwirdigen mit so grosser Gnade erschienen / daß ich das Durchleuchtigste Fräulein / Frl. Valisken / gebohrnes Königliches Fräulein aus Böhmen / aus dem fest verwahreten Schlosse ihrer Gefängnis zu Charas erlöset /und aber schon über drey Jahr mit derselben ehelich versprochen bin / als ist mein jetziger Vorsaz und Wille / auff teils eingehohlete / teils gegenwärtige Bewilligung ihrer Fr. Mutter / der Großmächtigsten Königin in Böhmen / und ihres Herrn Bruders / des auch Großmächtigsten Königes daselbst / heut diesen Tag mein hochzeitliches EhrenFest anzustellen / und solche unsere Ehe nach Gebrauch unsers Glaubens durch einen Lehrer oder geistlichen Vater einsegnen zu lassen / damit ich dem Parther Könige Artabanus in der Taht zeigen möge / daß er unbilliger weise dasselbe besitzen wolle / welches keinem Menschen in dieser Welt / als allein mir / mit rechte zustehet; und er also dereins ablassen möge einem Gemahl nachzutrachten / die einem andern schon vermählet ist. Wann ich aber dieses alte Recht zu meiner längst versprochenẽ Frl. Braut nicht hätte / und König Artabanus nicht als ein Gewaltähtiger / sondern als ein höflicher König sie vor erst würde in freien Stand eingesetzet / und nachgehends ihrer [35] Frau Mutter und anderer Blutverwanten Bewilligung gebührlich gesucht haben / solte er von mir unverdrungen blieben seyn. Weil er aber mit Gewalt verfuhr / das Fräulein in eine Gefängnis versperrete / und uns durch Schreiben gebieten wolte / seine Heyraht gutzuheissen / ja ihn noch wol mit einem Fußfalle zu bitten / daß er sie ehelichen möchte / auch überdaß / wie gesagt / mein Anspruch zu diesem Schatze viel zu groß wahr / hat man sich an dieser Seite billich bemühet / eine unschuldig Gefangene loßzuwirken / damit sie nicht in Laster und Ehebruch gerahten / sondern ihrem verlobeten Bräutigamb ungekränket zugeführet werden möchte. Dieses / Herr Gesanter / werdet ihr eurem Könige zur Antwort überbringen / und ihm die lautere Unmögligkeit seines ansuchens darlegen / dessen er nach diesem müssig zugehen / sich wol besinnen wird / wo er sonst nicht seinen Wiz und Verstand gefressen hat. Was seine entschuldigung betrift / daß er meinem Bruder /Könige Ladisla und mir / stets wil gewogen gewest seyn / und nie keinen Schimpf zugelegt haben / möchten wir vielleicht vor ein Zeichen seiner bereuung außlegen / wans ihm ernstlich währe / aber aus dem Sinne wird er uns nicht schwetzen / was durch so vieler außsage mitten in der Geisselung beständig bejahet ist / ja mit so viel vergossenem Blute versiegelt. Wir wollen aber / wann wir eures Königes beständige Freundschaft weiter erfahren / alles Schimpfs und Hohns vergessen / und zwischen ihm und seinen Fürsten uns als Mitler gebrauchen lassen / daß er derselben Freundschaft weiter geniessen könne / und nicht Ursach habe / neue Persische und Medische Könige zuwählen / worauff er vielleicht schon möchte bedacht seyn. Als er zu reden auffgehöret / fing Frl. Valiska an: Ja Durchleuchtigster GroßFürst Herkules; ich gestehe vor dieser HochFürstlichen / auch sonst ansehnlichen Geselschafft / daß euer Liebe ich von solcher zeither verbunden bin / auch nie kein mahl anders gesinnet gewesen / als euer Liebe meine schuldigkeit zu liefern / oder einer andern getzwungen Heyraht (die nicht anders als ein Ehebruch seyn können) durch einen ehrlichen Tod vorzuko en. Zwar König Artabanus hat mich genöhtiget / ihm die Ehe zuversprechen / aber weil es wieder Recht und billigkeit /auch wieder meinen Willen und aus Zwang geschehen / wird ein jeder redlicher Mensch mich davon loß und frey sprechen; ja König Artabanus selbst kan mir nichts anhaben / in betrachtung / daß er wieder Hand und Siegel gehandelt / und vor außgang der bestimmeten Wochen bey mir angesuchet hat. So danke ich nun billich dem allerhöchsten Gott / daß er meinem versprochenen Bräutigam das Glük verlihen hat /mich loß zu machen / welches nicht weniger Könige Artabanus als mir selbst lieb sein sol; gestaltsam mein ganzes vornehmen / im fall ich ihm hätte zugeführet werden sollen / auf seinem / oder ja unser beyder Tode bestund / so das mit einem Messer / welches ich in meinem Luftweher verborgen trug / ich ihm das Herz im Leibe wolte gesucht haben / wann er mich hätte berühren wollen / was mir gleich drüber begegnet währe. So saget nun / Herr Sysimithres / dieses alles eurem Könige / und daß ich einen Abscheuh und Greuel an ihm habe / als lange er mich zu seinem unkeuschen Willen suchet; saget ihm / er möge sich an seines Sohns Gotarzes Unfal spiegeln / dem ich mich / währe ich unversaget gewesen / viel lieber als dem Vater gegönnet hätte; aber er muste durch diese Hand am Leben gestrafft werden / als er mir ungebührliche Sachen anmuhtete / wie König Artabanus wol weiß /ob ers gleich keinen Menschen wissen lässet. Kurz davon zu reden / ihr sehet / Herr Gesanter [36] daß eures Königes Heyraht mit Valisken oder Herkulisken nur in blosser Einbildung bestehe / weil ich ihrer zween nicht auff einmahl freien kan. Dieser hatte bißher als ein Verwirreter zugehöret / sahe daß er recht genarret wahr / da man ihn / andere zunarren außgeschikt hatte; auch daß seines Königes Hoffnung gar im Brunnen lag / und wuste nicht / wie ers best angreiffen solte. Er hatte den an Fürst Herkules absonderlichen Brieff noch bey sich / sahe aber wol / daß er ihn wieder muste zurük tragen; endlich fassete er ein Herz / und stellete eine Frage an: Ob nicht zuerhalten stünde / daß die Vermählung biß dahin aufgeschoben würde / und er mit schnellen Pferden seinem Könige solches hinterbrächte; dessen Herkules lachete / und zur Antwort gab: GuterFreund; hiemit würde so wenig eurem Könige als mir gedienet seyn; dann vor erst höret ihr ja / daß das Fräulein lieber sterben als ihn ehelichen wolle; hernach versichere ich euch /wañ euer König mir gleich seine Herschaft abtreten /und Indien darzu schaffen könte / gäbe ich ihm doch diesen Schaz nicht drumb. Ladisla kunte sich nicht wol mässigen / und fing an: Höret Sysimithres; wañ ich wissen solte / oder einige furcht hätte / dz Artabanus (der durch sein falsches auf Schrauben gesetzetes Schreiben mich ja so hoch / als durch den Ruhten-Schimpff beleidiget) meiner Frl. Schwester teilhaftig werden solte / wolte ich gleich diese Stunde mein Schwert durch ihr Herz stossen / umb daß sie nicht selbst Mörderin an ihrem Leibe werden dürffte; diesem meinem Bruder / dem GroßFürsten aus Teutschland wolte ich sie lieber zur Leibeigenen / als eurem Wüterich zum herschenden Gemahl geben; dann wir unsers Orts sehen im Heyrahten nicht auff äusserliche Macht / sondern auff Tugend / deren euer König so nottürfftig ist / daß andere Fürsten sich schämẽ / von ihm einigen Befehl mehr anzunehmen. Ist er dann mit dieser Heyraht nicht zufrieden / ungeachtet er ja nicht die allergeringste befugete Ursach der Einsprache hat / so lasse er uns nur wissen / was er dagegen vorzunehmen willens sey / alsdann sol er uns ohn Antwort nicht finden / er begehre sie gleich Münd- oder Schrift- oder Ritterlich. Foderte hiemit den Christlichen Lehrer herzu / welcher die Vermählung in Sysimithres beywesen verrichtete. Bey dem Hochzeitmahl ward derselbe als ein Königlicher Gesanter gar oben angesetzet / und beyde Fürstliche Bräute ihm zur Seiten; da unsere Helden und Pharnabazus sich gnug freundlich gegen ihn stelleten / aber Artaxerxes und Phraortes tahten / als ob sie ihn nicht sähen; liessen sich doch keines unwillens merken / und hatten allerhand unterredungen von außländischen Sachen. Den Tanz fing Ladisla mit seiner Frl. Schwester an / führete sie hernach seinem Herkules zu / der sie dem Gesanten brachte / zu welchem sie sagete: Jezt wil ich mir einbilden / als tanzete ich mit meinem allergnädigsten Könige / als dessen Hocheit ich / ausserhalb ehelicher Liebe / von Herzen gewogen bin / weil er dannoch auff mein heftiges ansuchen sich zur Zucht und mässigkeit hat anweisen lassen / daß ich Gott Lob / meine jüngfräuliche Ehre vor ihm erhalten; möchte wünschen / daß er sich meiner begeben könte / wie er dann nunmehr wol tuhn wird. Ihr seid des verstandes / mein Herr / daß ihr ihm sein blindes Vornehmen wol außreden werdet / damit er durch diese Unbedachtsamkeit sich nicht gar ins Verderben stürze / welches ich ihm nicht gönnen wolte. Sysimithres wünschete dieses selbst / sagete / er wolte hoffen /sein König würde sich finden / wann ihn nur der Spot nicht zu sehr höhnete / daß seine vermeinete Braut bey seinen ärgsten Feinden dem Persen und Meden auffgehalten [37] und verehelichet würde / die hernähst ohn zweifel dessen schwere Straffe zugewarten hätte; sein König Artabanus währe von solcher Macht / daß der Römische Käyser sich vor ihm fürchten müste /daher er seinen Lehnträgern solche bespottung nicht zu gute halten würde. Das Fräulein antwortete ihm: Sie hätte der Fürsten Sache wieder den König nicht zu verfechten / nur dieses möchte er wol wissen / daß die Parthen finden würden was sie wol nicht sucheten; und wañ diesen Fürsten wegen ihrer Heiraht solte zugesetzet werden / dürften wol ihr Bräutigam und Bruder so bald noch nicht räumen / die sonst ehisten Abscheid zunehmen gesinnet währen. Der Gesante wolte sich weiter nicht einlassen / sondern hielt an umb Morgenden Abschied uñ schriftliche Antwort / welches sie ihm zu werben verhieß. Am späten Abend wurden beyde FürstlicheBräute ihren Gemahlen zugeführet / ungeachtet die Böhmische wol der kühnheit gewesen währe / ohn begleitung zu ihrem Herkules zugehen; wie dann ihr Bruder sie damit auffzohe / und sie es mit dem wunsche beantwortete / daß sie nur bald zu Padua anlangen möchten. Libussa hatte Frl. Klaren aus Teutschland Brustbildichen / eines guten Tahlers breit / sehr wol gemahlet / und mit dero untergezeichnetem Nahmen / von ihr zum Gedächtnis empfangen / welches sie diesen Abend ohn gefehr fallen ließ / und von Arbianes gefunden ward / der aus dem Nahmen sahe / wessen Bilde es wahr / und verliebete sich dergestalt daran / daß man ihn nachdem eine zeitlang nicht frölich sahe. Des folgenden Morgens gab man Sysimithres abscheid / und keine fernere Antwort / als einen schriftlichen Beweiß / daß er zwey Schreiben an gehörigen Ort wol eingeliefert / und darauff mündliche Antwort empfangen hätte / welche er seinem Könige / vermöge seiner Pflicht wol anzeigen würde. Fürstin Valiska aber schikte dem Gesanten bey Kleofis eine trefliche güldene Kette zur verehrung / die er mit dank añam / uñ ihrer Durchl. dabey zugedenken sich erboht. Tyriotes hatte sich in Fr. Valisken Kammerjungfer Amestris verliebet / welches er Leches zuverstehen gab / der ihm so wol zu hülffe kam /daß sie ihm des dritten Tages hernach beygelegt ward; und weil er sich schon etlichemahl im gefechte wieder die Feinde rühmlich verhalten hatte / schenkete ihm Pharnabazus eine freie Herrschaft in Susiana / und gab ihm 6000 Reuter zuführen / die er so wol abrichtete / daß unter allen Susianern ihres gleichen nicht wahr. Also lebeten sie alle miteinander / Herr und Knecht / in täglicher fröligkeit / ohn der elende Orsillos muste sich immerfort mit schweren Ketten schleppen / und die unflätigste Arbeit bey sehr geringer Speise verrichtẽ / wobey ihm täglich die Peitsche gegeben ward / und ihm noch das unerträglichste wahr /daß er nicht eins um erleichterung anhalten durfte /biß endlich des dritten Tages in dem Hochzeitfeste /als er den Köchen Holz spaltete / Libussa ihn ersahe /und durch Timokles forschete / was vor ein Mensch er währe; welchem er sein Unglük zuerkennen gab / und sehr kläglich baht / ihm ein untertähnigstes Bitte-Schreiben an die junge GroßFürstin Valiska auffzusetzen / daß sie vor ihn bey seinem Herrn Fabius umb linderung der Straffe / oder da es möglich / umb vorige Freyheit gnädigste Vorbitte tuhn möchte. Libussa wahr ohndaß mitleidig / übergab solches Schreiben ihrer Gn. Frauen bey der Mahlzeit / welche es öffnete / und folgenden Inhalt lase:

Ich der ehmahls verwägene / nun eine Zeit her hart büssende / und mit Ketten schwer beladene Orsillos /falle vor der höchstberühmeten Barmherzigkeit der Durchleuchtigsten GroßFürstin Frau [38] Valiska in tieffester reue meiner groben Sünden nider / und bitte alleruntertähnigst / dieselbe wolle lauter umb Gottes willen mein Elend allergnädigst ansehen / und bey meinem ungnädigen hocherzürneten Herrn / Herrn Fabius / durch ihre kräftige Vorbitte mir allerelendesten Menschen zu hülffe kommen / damit dessen harter Zorn möge gelindert / und ich der schweren Ketten erlassen werden / weil seiner Gnaden ja mit meinen unnützen Diensten nicht gedienet ist / und ich meine begangene Boßheit nicht / als durch anzeigung eines herzlichen wehleidens büssen oder ersetzen kan. Dieses wird der Himmel selbst eurer Durchl. vergelten / und ich wil solche Hochfürstliche Woltaht Zeit meines Lebens zu rühmen unvergessen seyn.

Die GroßFürstin wuste nicht / was dieser arme Sünder verbrochen hatte / wolte auch gegen Fabius dessen ehe nicht gedenken / biß sie von Timokles völligen bericht einnam; worauff sie zu Fabius sagete: Hochwerter Herr Bruder / wann ichs wagen dürfte /etwas an seine Liebe zubegehren / daß vielleicht ein ander nicht erhalten würde / wolte ich derselben meine Kühnheit / deren in solchen fällen ich mich zugebrauchen weiß / wol sehen lassen. Er gab ihr zur Antwort: Durchl. GroßFürstin; ihre Gn. wollẽ / bitte ich sehr ihrem Knechte befehlen / alles was in seinem geringen Vermögen seyn wird. Hier ist kein befehlen /sagte sie / nur allein versuche ich bey meinem H. Bruder / einige Vorbitte vor einen bußfertigen armen Sünder einzulegen / dem sein Verbrechen herzlich leid ist / und sich zur besserung anerbeut. O Bube Bube! sagte Fabius so bistu mir gleichwol noch zu schlauh / und wer hat dir diesen Raht gegeben? Zwar Durchl. GroßFürstin / wann ich der Schelmen eine Welt vol hätte / müsten sie ihrer Durchl. alle geschenket seyn / ungeachtet ich von ihm dasselbe erlitten /was zuerzählen ich mich schämen mus / und vor diesem mir wol nie einbilden können / daß mir solches zuerdulden möglich währe; jedoch bitte ich dienstlich ihre Durchl. wolle ihn in seiner jetzigen Gestalt herruffen lassen. Timokles hohlete ihn / mit vertröstung /er solte gutes Muhts seyn / seine Sache könte noch wol gut werden / und besser als er je gemeinet. Als er in den herlichen Saal mit seinen Ketten trat / taht er einen demühtigen Fußfall / daß ihm die Augen übergingen / und er vor herzleid kein Wort sprechen kunte; dann es wahr ihm der begangene frevel von Herzenleid. Fr. Valiska mochte sein Elend kaum ansehen / und Fabius selbst hielt davor / er hätte vor die ihm fünff Wochen lang angelegte Unbarmherzigkeit nunmehr fast außgebüsset; rieff ihm zu / vor den Tisch zutreten / und sagete: Orsillos / gedenkestu einige Gnade zuerhalten / so erzähle alles groß und klein / was vor Arbeit / Schmach und Streiche du mir auffgelegt hast. Dieser baht umb gnädigste Erlassung; es währe ihm unmöglich / ohn Trähnen an seine Sünde zugedenken / und würde ihm das Herz zerspringen / wann ers noch erzählen / und seinen Gn. Herrn so hoch beschimpfen solte. GroßFürstin Valiska ließ ihm ein zimliches Glaß mit Wein reichen /wodurch er etwas kühner ward / und er alles von Anfang biß zum Ende erzählete / jedoch von Kleon als von einem dritten und abwesenden redete. Als nun Fabius darauff den Anwesenden zuvernehmen gab /daß er selbst der Kleon währe; sagte Artaxerxes; so viel deine Beichte meldet / Orsillos / hättestu vorlängst am Kreuze büssen sollen / und hat dein ehmahliger Fürst nie keine löblichere Taht verrichtet / als daß er dich zum Leibeigenen gemacht hat. Ja / sagte GroßFürstin Valiska / er hats grob genug gehechelt; jedoch wann er mir einen gnugsamen Bürgen schaffen kan / daß er hernähst from werden / und solcher Boßheit feind seyn und bleiben wolle / hoffe ich ihm noch wol Gnade zuerwerben. Der arme Tropf [39] begunte ein Herz zufassen / sahe wol daß der Bürge aus scherz begehret ward / und gab zur Antwort: Allervortreflichste GroßFürstin; ich bin viel zu unwirdig / daß ihre Durchl. vor mich unwirdigen Sünder ein Wörtlein verlieren / oder anwenden sol; würde mich dessen auch ni ermehr unterstanden haben / dieselbe darumb zuersuchen / wañ nicht die äusserste Noht mich gedränget hätte; nachdem ich aber mich nicht erkühnen darff / solche Herren der Welt / alhie versamlet /umb Bürgschaft zubegrüssen / und geringere Leute /inbetrachtung ihrer Hocheit / es schwerlich verrichten können; als wil vor erst diese Ketten euer Durchl. ich verbürgen / mit dem freien erbieten / dafern mich hernähst einiger Mensch neuer übeltaht wird überzeugen können / ich nicht allein aller Menschen / sondern auch der Götter Gunst und Gnade mich auff ewig verzeihen wil; und wann mein Gn. Herr Fabius / des gehorsamster und ergebenster Knecht ich die übrige Zeit meines Lebens seyn und verbleiben wil / diese Bürgschaft über sich nehmen wolte / hätte dessen Gn. sich ja keiner Gefahr zubesorgen / inbetrachtung / dz mir der Kitzel dergestalt / wiewol recht nach meinem Verdienst vertrieben ist / daß ich mich davor nach diesem wol hüten werde; worauff er bitterlich anfing zu Weinen / daß die Trähnen von ihm auff die Erde fielen /und Fabius dadurch dergestalt gerühret ward / daß er zu ihm sagete: Stehe auff Orsillos / ich wil aller Schmach vergessen / und den Zorn wegwerffen / kan demnach wol leiden / daß die Durchl. GroßFürstin dich deiner Ketten benehme / und dich in vorige Freyheit setze. Der GroßFürstin stunden vor mitleiden die Trähnen in den Augen / uñ sagte zu diesem elenden Menschen; guter Mann / euer Unglük ist euch sehr heilsam gewesen / und eine kräftige Arzney / die Boßheit von euch außzutreiben / derẽ ihr vor diesem seid ergeben gewest; so denket nun stets an diese Gnade /welche euer Gn. Herr / H. Fabius euch jetzo erzeiget /in dem er alle eure grobe Beleidigung euch vergeben /und in vorige Freyheit euch wieder hingestellet hat. Also hatte dieser Unglükselige hiemit sein Elend überstanden / uñ erteilete ihm Fürst Pharnabazus einen Freybrieff / wurden ihm auch von den Anwesenden Fürsten und KriegsObersten in die 800 Kronen geschenket / da ihm Fabius überdaß ein Pferd und gutes Kleid gab / und ihn nach seinem GeburtsFlecken auff sein voriges Erbgut hinzihen ließ. Als er daselbst wolgeputzet ankam / hatte er sich doch in dieser kurzen Zeit so verendert / daß ihn weder die Nachbarn noch sein eigen Weib kennete; und wie er sich kund gab / wahren alsbald etliche / die sich nach Frau Statiren macheten / ihr seine Ankunft anzumelden /wie sie kurz nach seiner Flucht hatte bestellet; da sie alsbald neun Reuter nach ihm schickete ihn zu fahen /aber er trat vor die Obrigkeit des Flecken / zeigete seinen Freybrieff / und begehrete Schuz wieder Gewalt / welcher ihm auch geleistet ward / da er sich gegen die Abgeschickten erboht / freywillig mit ihnen zureiten. So bald er auff Nabarzanes Schloß kam /und die Frau ihn ins Gesicht fassete / befahl sie ihrem Gesinde / ihn vom Pferde zureissen und am Pranger zu tode zustreichen. Er aber gab ihr diese beherzte Antwort: Gn. Frau / haltet ein / ich gestehe euch durchaus keiner Oberbotmässigkeit / nachdem ich nie euer Gn. Leibeigener gewesen / und nunmehr von meinem Gn. Herrn Kleon allerdinge frey gesprochen bin. Was? rieff sie mit frölicher Stimme / lebet dann mein Kleon noch? Er aber blieb in seiner Erzählung /und sagte: Ja von dem Durchleuchtigen Römischen Herrn / welcher den unkeuschen verfluchten Verrähter und Fräulein-Räuber / den unseligen Fürsten Gobares [40] mit seiner Hand gefangen genommen / und nebest anderen grossen Herren zum Tode verdammet hat / wie ich solches mit meinen Augen angesehen / und in meinen damahligen Ketten nicht zehn Schritte davon gestanden bin / da ihm der Diebshenker anfangs seinen schnöden Leib auff der Folter zerrete / uñ ihm hernach den Schedel herunter schlug / welches ihm noch zur sonderlichen Gnade wiederfuhr / weil er das Kreuz billicher hätte bekleiden sollen. So begeben sich demnach eure Gn. dieses vorhabens / und ehren diesen Freybrieff / welchen euer und mein jetziger gnädigster LandsFürst / Herr Pharnabazus mir erteilet / als welcher meines gnädigen Herrn Kleons vertraueter brüderlicher Freund ist. Statira lase den Brieff /und gab ihm zur Antwort: Nachdem euer Herr Kleon euch das Verbrechen verzihen / habe ich mit euch im unguten nicht zu tuhn / sondern wünsche euch Glük zu eurem Wolstande. Nabarzanes stund dabey als ein träumender / und sagte zu seinem Gemahl: Wie / lebet dann Kleon gleichwol noch / und ihr habt mir ihn so gewiß Tod gesagt? so wird ja niemand als er selbst mich im Bette so elendig zugerichtet haben? Was weis ichs so eigen? antwortete sie; und wie hätte er bey schlaffender Nacht auff unsere versperrete Kammer kommen können? es wird etwa sein Engel gewesen seyn / welcher den Frevel an euch nicht hat wollen ungerochen lassen. Ist er aber ein so gewaltiger Herr /und unsers neuen Fürsten gleimässiger Freund / so seid ja bald darauff bedacht / wie ihr Gnade und verzeihung eures verbrechens bey ihm erlanget; Ich vor mich habe ein gutes Gewissen / daß ich ihn nicht beleidiget / sondern mehr als keinen Menschen in dieser Welt geliebet habe / wie dann seine Tugend ein solches wolverdienet. Ihr aber Orsillos / komt / ihr solt zur anzeige meiner guten Gewogenheit mit uns zu Tische gehen; gedenket des geschehenen nicht weiter und versichert euch / daß eure damahlige Geisselung von eurem H. Kleon selbst bestellet / und durch jenes Fenster angesehen ward. Alles Gesinde verwunderte sich dieser Verenderung / und daß Orsillos mit ihrer Frauen Mahlzeit hielt / welcher nach auffgehobenen Speisen den ganzen Verlauff mit Gobares erzählen muste / und kunte sie nicht unterlassen den Unfall zubeweinen / wovon sie doch bald abbrach / und nach Kleons Wesen fragete; Welches er alles meldete / und daß er mit seinem rechten Nahmen nicht Kleon / sondern Fabius hiesse / währe ein Hochädler Herr aus Rom / und des Römischen Stathalters zu Padua einiger Sohn / ein Römischer Rahts Herr / und Obrister über eine Legion Römisches KriegesVolk / dem sein H. Vater neulich 6000 Römische Reuter zugeschikt /die ihm auffwarten müsten; hätte auch Gobares Heer geschlagen / ihn selbst gefangen / und das geraubete Königl. Fräulein / deren an Schönheit / Waffenserfahrenheit / freudlichkeit / Tugend und frömmigkeit in der ganzen Welt kein Mensch gleichete / erlöset; und eben diese GroßFürstin / sagte er / hat durch ihre kräfftige Vorbitte mir Gnade und freyheit erworben /da ich sonst Zeit meines Lebens in schweren Ketten hätte müssen zubringen. Ist dann dieses Fräulein etwa seine Liebste? fragte Statira. O nein / antwortete er: Sie ehret ihn zwar hoch / aber er wartet ihr auff als ein Diener. Es ist aber ein ander Hr. GroßFürst Herkules / deßgleichen durchaus nicht zufinden ist; alle Fürsten ehren ihn; unser Fürst Pharnabazus stehet ihm zudienste / uñ ist fast gleicher Schönheit mit dem höchstgedachten Fräulein / ein Herr / dem die ersten Haar des Barts kaum anzumerken sind / uñ hat doch den Preiß /das sein Schwert unüberwindlich sey; dieser hat vor wenig Tagen [41] Beylager mit diesem Königl. Fräulein gehalten; deren Herr Bruder ist auch daselbst / ein herschender König in Böhmen / dem 300 ädelknaben auffwarten; derselbe sol Herrn Fabius meines Gn. Herrn einige Schwester zum Königlichen Gemahl haben / woraus leicht abzunehmen / was vor ein vornehmer Herr der errichtete Kleon seyn müsse. Pfui ihr blinder unverständiger Mensch / sagte Statira hierauff zu Nabarzanes; kuntet ihr euch daß von mir nicht einbilden lassen / daß Kleon mehr als ihr und eures gleichen währe? alle seine Geberden gabens an den Tag; und was hätte ich sonst vor Ursach gehabt / ihn zu ehren und zulieben? Dieser wuste nicht / wo er vor Furcht und Angst bleiben solte / dann er meynete /Kleon währe schon vor dem Tohr / ihn zuerwürgen /und sein Gemahl zu Heirahten; baht sie demnach inständig / ihm Gnade bey Kleon zuerwerben / dem er herzlich gerne abtrag machen / und ihm alles abtreten wolte / wañ er nur das blosse Leben davon brächte. Aber zu seinem sonderlichen Troste hörete er / daß Fabius schon geheyrahtet / und neulich von seinem Gemahl Schreiben gehabt hätte. Statira stellete sich gleichwol / als wüste sie wenig Raht / und taht den Vorschlag / er solte 12 ReitRosse / die Kleon selbst abgerichtet / mit dem allerbesten Zeuge belegen / ihm dabey vor etliche tausend Kronen Kleinot schickẽ /und selbst mitzihen / ob er verzeihung erhalten / und in ruhiger besitzung seiner Herschaft uñ geschenketen Güter bleiben könte; welches alles er gerne einwilligte / ohn daß er baht / sie möchte an seine stat die Reise auff sich nehmen / weil sie alles viel leichter erhalten würde; wozu sie sich dann nicht lange hätte bitten lassen / wann nicht ihr Gewissen der begangenen Leichtfertigkeit sie bezichtiget / daß sie durch die äusserste bedräuung ihn zu ihrer Liebe gezwungen hätte. Hierzu kam / daß er weder münd- noch schrifftlich sie grüssen ließ / welches aber Fabius gereuete /und ihm erst des andern tages nach Orsillos Abzuge einfiel; Sie hielt demnach vors beste / es dißmahl mit einem Schreiben zuverrichten; schenkete Orsillos 80 Kronen / und baht ihn / ihretwegen nach Persepolis zureisen / uñ ihren Dienern Gesellschaft zuleisten; als er sich nun darzu willig finden ließ / setzete sie folgenden Brieff auff.

Dem Durchleuchtigen Römischen Herrn / Herrn Fabius / entbeut Statira herzlichen Gruß und bereitwilligsten Gehorsam; Durchleuchtiger Herr; es beklaget mein Gemahl mit mir / die grobe Blindheit unser Vernunft an /daß ihrer Gn. Vortrefligkeit wir unter dem ertichteten Nahmen / oder vielmehr unter dem durch Unglük auffgelegten Deckel der Knechtschaft / nicht haben erkennen können / da dieselbe doch so klar hervor leuchtete / daß die unverständigsten sie mit Händen hätte greiffen mögen. Aber ungleich tieffer gehet uns zu Herzen / die grosse Unbilligkeit / euer Durchl. von uns / wiewol aus unterschiedlichen bewägungen angelegt / welche zu büssen wir so willig als schuldig sind / wann nur einiges Vermögen da währe. Mein Herr / bitte ich demühtig / wolle meinem Gemahl seinẽ Unverstand / und mir die hefftigkeit aus ergebener Seele entsprossen / gnädig über sehen /und diese groben Fehler mit dem Mantel seiner hohen Vernunft und Güte zudecken / da sonst ihre Durchl. einige Begierde / die Errettung ihres Lebens betreffend / an mir gespüret. Wir stellen unsere Wolfahrt zu euer Durchl. gnädiger anordnung / und bitten untertähnig / dieselbe wolle bey unserm Gn. Fürsten uñ Herrn / Herrn Pharnabazus uns in Gnade und Gewogenheit bringen / daß wir in Besitz- und Niessung unser Güter ohn verunruhet mögen geschützet werden; übersenden euer Gn. die von ihr selbst abgerichteten Pferde / und etliche geringe Sachen dabey / mit bitte / solches von uns anzunehmen; erkennen uns zwar schuldig / unser Verbrechen selbst mündlich abzubitten; weil aber wir nicht wissen / ob ihre Gn. unsere Gegenwart erleiden könne / sind wir biß dahin alle Stunden bereit und willig derselben untertähnig auffzuwarten / und dessen gnädige verzeihung zusuchen /wessen Mund und Feder [42] zugedenken sich scheuet; befehle eure Durchl. dem Schuz aller Götter / verbleibend / als lange ich lebe / deroselben zu dienst ergebene / und ge horsame Statira.

Die Botschaft ward auffs schleunigste fortgesand /und erwartete Statira mit höchstem verlangen / was vor Antwort sie von ihrem lieben Kleon bekommen würde. Es trug sich aber des folgenden Tages ein kläglicher Fall zu / dz der gute Nabarzanes auff der Hirschjagt von einem grimmigen Löuen unvermuhtlich überfallen / und in stücken zurissen ward / worüber sein Gemahl sich anfangs zwar entsetzete / aber weil sie schlechte Liebe zu ihm trug / sich bald zufrieden gab / und ihm eine ehrliche Leichbegängnis mit zimlichen Kosten außrichtete.

Zu Persepolis hatte man acht Tage in freuden gelebet / nach deren Endung man sich des Krieges nach äusserstem Vermögen annam / und wurden die Völker ihren FeldHerren / wie oben gemeldet / angewiesen /denen sie gleich so wol / als der Fürstlichen Verbündnis schwören musten. Herkules sahe vor gut an / daß man mit dem Feldzuge eilete / damit der Feind nicht auff Persischem Boden festen Fuß setzete / welches ohn gänzliche verderbung des Landes nicht geschehen würde / und währe nicht besser Kriegen / als wann man die Pferde an Feindes Krippen bünde; dann ob sie gleich daselbst ungeladen kähmen / hülffe ihnen doch dz Futter ungleich besser / als da mans ihnen kärglich müste zumässen. Hernach hielten sie Kriegsraht / ob sie gar absonderliche Heere führen /oder alle Völker zusammen stossen wolten / und bekahmen von Charas durch ihre heimliche Kundschaffer Zeitung / daß Artabanus auff Sysimithres Wiederkunft loßbrechen / und selbst mit zufelde gehen würde; Woraus Artaxerxes muhtmassete / daß er seine ganze Macht in ein Heer zufassen gesinnet währe / weil er solcher Art sich stets gebrauchete /und sie daher zurahte wurden / sich auff eben die Weise zusetzen; wurden also alle FußVölker zusammen geführet / welchen Artaxerxes selbst vorstehen wolte / nebest dem Medischen GroßFürsten. Herkules und Pharnabazus nahmen die Medischen / Assyrischen und Susianischen Reuter same den Teutschen und 6000 geworbenen / das ihr Heer in 92000 Mann bestund. Ladisla hatte die Persischen / Hirkanischen /Baktrianischen / Margianischen / Arischen und Drangianischen nebest seinen Böhmen und 2000 Geworbenen / die ingesamt 80000 Mann außtrugen. Fabius hatte den Vorzug mit allen Römischen / deren 7000 nebest seinen eigenẽ Geworbenen 1000 / und noch 10000 anderen Geworbenen / ingesamt 18000 Reuter. Arbianes mit seinem fliegenden Heer / 14000 stark /begleitete das Frauenzimmer / und wurden die Elefanten zwischen das FußVolk gefasset / welches mit den Elefanten-Schützen 161000 außtrug. Artabanus feirete auch nicht an seinem Orte / weil ihm seiner Feinde Macht von unterschiedlichen Ländern und Städten zu geschrieben ward / daher er sich um Mannschafft sehr bewarb / auff daß er den unsern mit der Menge möchte überlegen seyn / bekam deren auch eine grosse Anzahl / weil die wenigsten der Fürstlichen Verbündnis sich des Abfals durfften merken lassen / sondern ihm freie Werbung gestatten musten. Seinen Auffbruch hinderte nichts als des Skytischen Heeres anzug / und seines Gesanten Sysimithres Wiederkunft / deren er zuvor erwarten uñ die Antwort wissen wolte / weil er durch Bagophanes Einbildungen sich einer gewünscheten Verrichtung vermuhten wahr / daß er sich schon gegen denselben vernehmen ließ / wie mit harten Straffreden er das Fräulein [43] anfahren / und ihren Bruder und Oheim die eine Stunde vor Könige in Persen und Meden erklären / und die andere Stunde sie lebendig schinden lassen wolte. Aber O wie ging ihm dieser Anschlag so gar zunichte / als der Gesante sich wieder einstellete / welcher sich der lauteren Warheit gebrauchen wolte / und mit dürren Worten andeutete /mit was schlechter ehrerbietung die Königlichen Brieffe währen angenommen / und hönisch verlachet worden; und ob gleich das Fräulein zimliche Höfligkeit gebrauchet / währe es doch nur bloß zum scheine geschehen; massen sie in Gegenwart nicht allein der Fürsten / sondern aller vornehmen Herren und Kriegs Obristen sich öffentlich verlauten lassen; sie hätte den König zuentleiben den steifen Vorsaz gehabt / dafern die Rettung dem falschen Valikules solte gefehlet haben; ihr Bruder aber hinzugetahn / daß er seine Schwester lieber erwürgẽ / als sie Artabanus / (so schlecht hin hätte er seine Königl. Hocheit genennet) zum Gemahl gönnen wolte; und währe endlich das ganze Wesen dahinaus geschlagen / daß er selbst hätte müssen ansehen / wie Herkules sich mit ihr ehelich vertrauet / und des Abends sie mit sich nach Bette geführet / da sie bey dem Hochzeit Feste in den übergeschikten Kleidern uñ Kleinoten nicht anders gepranget / als ob sie dieselben dem Könige als eine Beute abgeno en hätte. Nach welcher erzählung er mit einer bewäglichen Rede anfing den König von dieser Liebe / die nunmehr unmöglich währe / abzurahten. Es hörete aber Artabanus diese Zeitung mit grosser Ungeduld und eiferiger Bewägung an / daß er meynete vor unmuht zubersten / schwuhr auch bey seinem Häupte und Reichsstabe / diese Schmach und beleidigung dergestalt zurächen / daß alle Welt ein Beyspiel daran nehmen solte; und kunte dañoch die Liebe nicht dämpffen / sondern wie unmöglicher man ihm die eingebildete niessung machete / je heftiger er darnach sich sehnete / daß er nicht umbhin kunte /seinem Bagophanes zuvertrauen / er wolte nicht destoweniger Herkulisken zum Gemahl haben / so bald er den Erzverrähter Valikules hingerichtet hätte. Daß nun solches zeitig gnug ins Werk gerichtet würde /befahl er alle Völker vor Charas zuversamlen / deren algemeiner Heerschauung er selbst beywohnen wolte. Der gebohrnen Parther wahren 120000 zu Roß / uñ 60000 zu Fusse. Das Skytische Heer bestund in 70000 Reutern und 20000 Landsknechten / unter welchen 10000 freywillige wahren. Die Geworbenen auß allen Landschaften erstrecketen sich auff 80000 zu Pferde / und 100000 zu Fusse; und hatten sich noch viel Indianer / als 26000 Reuter und 14000 Fußgänger von ihm bestellen lassen / daß also seine Reuterey 296000; dz Fuß Volk aber 194000 Mañstark wahr; ein Heer von 490000 Köpffen. Sie wahren schon alle mit Gewehr wol versehen / und durch tägliche Ubung zum Schimpff und Ernst abgerichtet / beydes in Feldschlachten uñ bestürmung der Städte und feindlichen Lagers sich gebührlich zubezeigen / dann Artabanus wahr nicht willens lange zuspielẽ / sondern in einem Ruk alles zuüberwältigẽ / damit ja die fremdẽ aus Teutschland mit der schönen jungen Frauen ihm nicht über Meer entgehen möchten. 500 Elefanten hatten 12000 Schützen auffgeladen / bey denen Artabanus sich selbst wolte finden lassen / und wurden zwischen das FußVolk eingeschlossen / über welches ein gewaltiger Parthischer Fürst / Herr Pakorus gesetzet wahr / ein Held / sonderlich zu Fusse zustreuen / deßgleichen in allen Morgenländern nicht zu finden wahr / weil er nicht allein guter Fäuste / und treflicher Kräfte und erfahrenheit / sondern dabey vorsichtig / verständig und Tugendhaft / [44] auch eine Schlacht zu ordnen geschikt wahr. Die Partische Reuterey ward in drey Teile gesetzet; den ersten führete Dorylaus zum vortrabe / ein verwägener Mensch / und bestund in 40000 Reutern / als 26000 geworbenen / 10000 Parthen / und 4000 Skythen. Den linken Flügel befehlichte Fürst Osazes / ein Ritter von grosser Leibeskraft / der in ritterlichen übungen nie unten gelegen wahr. Sein Heer begrief in sich 55000 Parthen /66000 Skythen / und 7000 geworbenen / ingesamt 128000 Köpffe. Den rechten Flügel hatte Fürst Vonones / des Königes naher anverwanter / uñ ein außbund eines guten FeldObristen; er führete 55000 Parthen /26000 Indier / und 47000 geworbene / wahr also gleich so stark als Osazes. Ein Sogdianischer Herr /nahmens Arimazes / wahr über die 1200 Eiserne Streitwagen geordnet. Der gestrichene Madates über die 12000 Elefanten-Schützen; und Fürst Vologeses wahr algemeiner Feldmarschalk über das ganze Königliche Heer. Als dieser erschrekliche Macht gemustert ward / saß Artabanus auff einem hohen Turm /von dannen er alles eigentlich wahrnehmen / und das ganze Heer übersehen kunte; sein Fuchsstreicher Bagophanes stund neben ihm / und füllete ihn mit Hoffnung von oben an biß unten aus / wie es möglich währe / daß die abtrüñigen Auffrührer so grosser Macht wiederstehen solten / unter welchen kein undüchtiger Mann währe. O wie heftige Reue wird dem Königlichen Fräulein in wenig Tagen kommen /sagte er / daß sie eure Hocheit verlassen / uñ an den unbärtigen Laffen sich gehenket hat / welcher die ersten Früchte ihres schönen Leibes gebrochen / zu deren niessung niemand / als ihre Hocheit berechtiget ist; jedoch kan eine schöne junge Witwe auch noch wol ihren Mann erfreuen / die ich dann in kurzen gedenke eurer Hocheit zuzuführen. Artabanus ward hiedurch so enttzündet / daß er vor ungeduld nicht zu bleiben wuste; die Seufzer brachen ihm loß / uñ fing an zu ruffen; O du außbund der ungefärbeten Schönheit / du allerholdseligste Herkuliska; wie hastu doch aus getrieb einer töhrichten Liebe die höchste Ehr dieser Welt verlassen / und mit Leib und Lebensgefahr dich von hinnen machen können / da dir doch alles /was dein Herz wünschete / gegönnet / und willig eingereichet ward; dir stund frey / mein Blut in meinen Anverwanten und liebstem Sohne zuvergiessen; mehr Verehrungen hastu meinetwegen empfangen / als niemahls einige Königin vor dir; und mochte doch dieses alles deine Dankbarkeit nicht heraus locken. O du nichtiger boßhafter Valikules / hättestu dir nicht irgendwo ein Weib uñ Beyschläfferin suchen können /du mustest uns dañ den treflichsten Schaz unser Seelen diebischer Weise entfuhren? Nun nun! wir müssen / wiewol ungern / dir die ersten Blumen und Liebesniessung gönnen / aber wüstestu / wie teur sie dir stehen wird / du soltest dich nicht so bald daran vergriffen haben; dañ wir wollen dich an allen deinẽ Gliedmassen / sonderlich / die uns am meisten beleidiget /dergestalt peinigen und quälen / daß du ein Beyspiel seyn solt der ganzen Welt; damit hinfüro niemand sich gelüsten lasse / dergleichen frevel und muhtwillen an Königlichen verlobeten Fräulein zubegehen. Aber ruffe mir Sysimithres her / sagte er zu Bagophanes / daß er uns außführlich erzähle / in was Schönheit er sie leztmahl gesehen. Dieser merkete / daß den König solches zuhören / die unnützen Begierden antrieben / gedachte deßwegen / alle seine Reden dahin zurichten / daß ihm die vergebliche Liebe möchte benommen werden / und sagte: Allergnädigster König; die Schönheit / so ich leztmahl an der GroßFürstin Valiska gesehen / kam alle von ihrer GroßKönigl.[45] Hocheit her; sie hatte nicht ein Fädemchen an ihrem Leibe / den sie nicht aus den mit überbrachten Laden entlihen hätte / und ob gleich diese Außreisserin sich damit ein grosses dünken lässet / so ist es ihrer Königl. Hocheit doch ein geringer Verlust / als welche noch wol ihr ganzes Frauenzimmer auff solche Weise außputzen könte / ohn einigen Abbruch ihres unermäßlichen Schatzes. Ey du einfältiger / sagte Artabanus; bestehet dir die Schönheit dañ in den Kleidern /so laß dir ein wolgepuztes Leibes-heßliche Baurenstük oder Dirne herzuführen / alsdañ wird sie dir schön genug seyn. Wir fragen nicht / was vor Kleider unser Fräulein am Leibe getragen / sondern wie ihr dieselben angestanden; ja vielmehr was vor Schönheit an dem entblösseten teile ihres unvergleichlichen Leibes sich sehen lassen. Eure Königl. Hocheit / antwortete er / fodern von mir etwas / dessen ich entweder keinen Verstand habe / oder doch mit euer Hocheit ungleicher Meynung bin. Doch vor erst hat sie einen menschlichen Leib / wie andere Weibesbilder / nur daß die zarte Haut und weisse Farbe / sie bey uns Morgenländern selzam machet /welches aber den Mitternächtigẽ nichts neues ist / als die von der Sonnen nicht gefärbet werden / wie wir dieses Orts. Solte ich nun meines Herzen Meynung von mir sagen / so halte ich diese Farbe an ihr vielmehr vor eine Unvolkommenheit / als vor eine Zierde / dann sie rühret anders nirgendher / als von der Unglükseligkeit ihres Vaterlandes / da die Sonne / als gar zu weit entfernet / den Menschen die gebührliche Farbe nicht anstreichen kan / sondern sie erbleichẽ lässet. Man betrachte nur einen Kirsch- oder Pflaumen-Baum / dessen eine Seite durch stäter beschattung des zu nahe stehenden Gebäues / von der Sonnen abgekehret ist; ob nit daselbst die Früchte bleich und ungefärbet blieben / so daß man sie nicht eins geniessen kan. Ich halte davor / es sey mit den Menschen unterschiedlicher LandesArten gleich also; aber die der Sonnen und ihrer Wirkung geniessen / sind ohnzweifel die volko ensten; uñ wird demnach mir kein Mensch nicht einbilden / daß mein Gemahl / die fein bräunlich / und an allen Gliedern gesetzt / nicht solte ungleich schöner / als diese junge GroßFürstin seyn. Ich werde aber auch ihre Sitten und Geberden etwas berühren müssen; diese nun straff ich nicht / nach dem äusserlichen Ansehen / und kan wol sein / daß sie von ihrem wol unterwiesenen Frauenzimmer hieselbst / solche Höfligkeit gefasset; aber andere weibliche Tugenden finde ich in zimlicher sparsamkeit bey ihr. Dann vor erst ist sie blutgierig; durfte nicht allein in ihrer Königl. Hocheit anwesenheit / den berümten Fürsten / Herrn Vologeses den jüngern erschiessen /sondern sie berümte sich offentlich / in aller andern Gegenwart / daß sie den treflichen Königlichen jungen H. Herrn Gotarzes mit ihrem Brodmesser entleibet; ja wie sie ihre Königl. Hocheit selbst im BrautBette hätte auffopffern wollen / wie solches ehmahls einem Assyrischen FeldHerrn Holofernes von einem Judischen Weibe / nahmens Judith solte begegnet seyn. Nun sind ja die ersten beyden Mordtahten ihr geglücket / und grauet mir nicht wenig / wañ ich an das dritte gedenke / daß vielleicht hätte können ins Werk gerichtet werden; daher wir den Parthischen SchuzGöttern billich danken / daß sie dieses unaußsprechliche Ubel gnädig abgewendet / und ein solches mörderisches Fräulein aus unserm Lande verbannet haben. Mag demnach der weißmäulichte Herkules sich eine Zeitlang mit ihr schleppen / biß sie seiner müde wird / wie sie mir dañ sehr unbeständig vorkomt; hernach wird sie ihn schon abschlachten / und einen frischen Reuter suchen. Bagophanes sahe / daß dieses lauter tödliche [46] Dornen / ja Schwerter-Stiche in Artabanus Herzen wahren; gedachte deßwegen sich durch eine verantwortung beliebet zu machen / und fing also an: Ich weiß nicht / Herr Sysimithres / ob ihr nicht allein der Vernunfft abgedanket / sondern gar blöder Augen und unsinlicher Sinnen worden seid / in dem ihr lästern und straffen dürffet / was alle Menschẽ rühmen / und GroßKönigl. Hocheit selbst vor ihren unvergleichlichen Schaz hält. Dreyerley habt ihr an dem vortreflichsten Fräulein der Welt (ja ich halte sie noch vor ein unberührtes Fräulein; massen die Parthischen Götter dem Diebischen Räuber Herkules das Vermögen nicht gönnen werden / ihr den genies abzurauben / welcher ihrer GroßKönigl. Hocheit einig und allein zustehet / sondern sie werden ihn lähmen und schänden / als der des guten unwirdig ist) so sage ich nun; dreyerley habt ihr an diesem unvergleichlichen Fräulein getadelt und beschimpffet / wo nicht gar geschändet; vor erst / ihres Leibes allerzarteste Schönheit; hernach ihrer Sitten und Geberden höchstwolgestalte bildung; und endlich ihre Liebesneigungen gegen unsern grossen und höchstherschenden König. Das lezte muß ich im anfange wiederlegen /dañ es deucht mich das wichtigste seyn. Hier sprechet ihr nun; das Fräulein habe sich eines vorgehabten Mordes gegen unsern höchstgedachten König vernehmen lassen. Ja wer hats gehöret? Herr Sysimithres. Hat sie es ihm dann in vertrauen gebeichtet / und da sie mit ihm allein wahr / daß sie nach ihrem Willen reden durfte? Nein; in gegenwart ihres Bruders und Oheims / der beyden Wüteriche / welche sie hierzu gezwungen. Ey daß währe wol ein statlicher Beweißtuhm / daher man der Fräulein eigentlichen Willen urteilen solte? Sie hat Bagophanes ihres Herzen Meynung wol auf andere Weise entdecket / mein Herr Sysimithres; da sie mit mir einen Abtrit in ein Nebengemach nam / und sich beklagete / was gestalt der Zäuberer Valikules / der ja sein Antliz verendern kan / wie oft / und auff was Art er wil / sie durch seine Schwarzkunst Wizloß gemacht / uñ als im tieffen Schlaffe entführet / daß sie noch nicht wissen könne / wie ihr geschehen sey; welches ich dann umb so viel gewisser seyn halte / weil auch ihr Angesicht allerdinge ist verendert gewesen / und ihr Wirt / da sie geherberget / solches bezeugen kan / wie er auch schon äidlich darüber ist befraget worden. O wie beklagete sie gegen mich / daß sie dem Allergroßmächtigsten Könige entführet / sich ohnzweifel rechtschaffen würde müssen streichen und stäupen lassen / weil sie nicht unterlassen könte / nach ihm zu seufzen; und währe ihr noch diese Hoffnung übrig / ihr allergnädigster König / der einige Schaz ihrer Seelen / würde sich ihrer erbarmen / und mit dem Schwerte sie loßmachen. Sehet Herr Sysimithres / diß ist ihr vorgenommener Mord; diß ist ihr verborgenes Messer im Luftweher; ja freilich im Luftweher / das ist / in der tichtung / die in der Luft verwehet wird. Aber sie sol ja den treflichen Fürsten Gotarzes entleibet haben. O ein neues Gedichte! zu welcher Zeit? an was Orte? etwan auff ihrem Schlosse? ey fraget ihr Frauenzimmer / ob sie dessen einige Wissenschaft habe; oder anderswo? warumb weiß dann Königl. Hocheit nichts drumb? Es ist wahr / daß der junge Fürst verlohren worden / aber weit von hinnen; nicht auff dem Wege Persenwerz / sondern nach Indien zu / woher er ein KriegsHeer seinem Herr Vater uñ Könige zuführen wollen. Vologeses niederschuß haben weder ihr noch ich zu rechtfertigẽ / welchen GroßKönigl. Hocheit selbst gebillichet / dabey es seyn verbleiben hat. Also werdet ihr nun lernen / Herr Sysimithres / daß ihr nur durch ein blindes schrecken auffgezogen [47] seid / und das Fräulein nicht anders hat reden oder sich anstellen dürffen. Nun müste ich mich bemühen / der Fräulein Sitten und Geberden zubeartigen; ja wann einiger Gebrech der Volko enheit daran erschiene; wer hat jemahls etwas volständigers an einem Fräulein gesehen / als wann diese unvergleichliche gehet / stehet / sitzet / tantzet / und nach Standes unterscheid so mañiche Art im empfahen / anreden / handbieten abzuwechseln weis / dz mans nur mit entzücketer verwunderung ansehen muß. Aber Herr Sysimithres wil GroßKönigl. Hocheit bereden / ihr Frauenzimmer zu Charas habe sie solches gelehret. Ey gehet hin mein Herr / und fraget / die meisten sind annoch verhanden / welche unter ihnen Meisterin gewesen; und wann ihr in diesem Stük die Warheit an euer Seiten habet / wil ich alles gelogen haben / sonsten richte ich euch uñ euer übriges nach diesem. Ich muß mich aber fast zum Schiefer lachen über der Vergleichung zwischen dem allerschönsten Fräulein uñ eurem Gemahl / deren Ehre ich durchaus nicht schände / weil nie keiner gehöret / daß derselben einiger solte nachgestellet haben; Aber mein Herr / die reizungen / verzeihet mir / sind auch nicht darnach / from ist sie / auch einfältig und blöde gnug / aber schönheit halben habt ihr sie nicht geheyrahtet / und gedenke ich noch wol / daß ihre Fr. Mutter zu sagen pflag; Wie haben doch zween gnug schöne Ehegatten eine so ungeschaffene Tochter zeugen können? und wie werde ich dereins meiner Odatis loß werden? ich muß ihr verstelletes Angesicht mit Kleinoten bedecken / und ihren schwarzgelben Leib mit dickem Silberschaum und Perlen vermahlen; gehet sie dann gleich etwas krum /wil ich sie mit güldenen Stützen gerade stellen / und ihre Ungestalt mit klingenden Pfeñigen noch wol beliebet machen. Ich rücke euch dieses nicht auff / Herr Sysimithres / nur allein beweise ich / das eure Urtel /die Schönheit betreffend / ja so vernünfftig sey / als dieser Stab. Dann lieber saget mir; hat auch wol einiger Mensch ein Fräulein von so überaus wolgestalten Gliedmassen gesehen / als diese ist; betrachtet / bitte ich / ihr Häupt uñ Angesicht; das güldene Haar / die glatte erhabene Stirn / die gleichgezogenen Augenbrahnen / die lachenden Aügelein / wahrlich zwo reitzende Sonnen an diesem Liebes-Himmel. Was sol ich von den weder geschwollenen noch eingesenketen Wängelein sagen? deren rohtes dem weissen einen unbeschreiblichen Glanz erteilet / und dannoch sich anders nit ansehen lässet / als ob diese Farben einẽ stetswehrenden Streit untereinander führen / welche unter ihnen dem Fräulein die anmuhtigste behägligkeit erteile. Die Nase ist nach allem Wunsch gerade /und durchaus nicht brackig; die Lippen trotzen den Rubinen / die Zähne dem Helffenbein / der Odem den allerwolrichensten Kräutern. Aber O des Honigsüssen Züngeleins / daß kräftig gnug ist / die todten zum Leben zu erwecken. Und wer hat jemahls ein anmuhtiger Kin gesehen? verzeihet mir / ihr pflaumenweiche Alabaster Händichen / daß ich weder euch noch eure Fingerlein / die zehn schmeidige Liebes-pfeilichen /so das Herz durchboren / zubeschreiben weis / sondern nur erstumme / wann ich die lebendigen DemantNägel an ihnen betrachte. Gewißlich / ihr Händichen /da ich / euch zuküssen und zuberühren gewirdiget wahr / dauchte mich / es währe ein göttlich Fleisch. Das völlig gesezte / uñ länglicht gestreckete Hälselein wird weder Praxiteles durch alle seine Kunst aus einem Marmel nachbilden / noch Apelles mit so hoher Farbe anstreichen können. O der gleichmässigen wolgefügten Schuldern! weiter gehe nicht Bagophanes /mit deiner kühnheit / ob du gleich die Apfel-rund-erhobenen Brüstlein mit einer zarten [48] Linnewad eingehüllet / aber nie etwas wolständigers oder anmuhtigers gesehen hast / und deine Augen nicht den allergeringsten Unterscheid der Zierligkeit und grösse an diesen einträchtigen Zwilling-Rehen merken kunten. Wer nun mir nicht gläuben wil / der frage ihr hieselbst anwesendes Frauenzimmer / ob sie sich unterstehen dürffen / ihres Busems volkommenheit außzureden. Das übrige ihres Leibes bleibet noch zur Zeit allen Mannesbildern verborgen / biß ihre GroßKönigl. Hocheit sie wieder bekommen wird; dañ ich weiß / daß sie dem Laffen Herkules solches nimmermehr sehen lässet. Dieses alles nun darf Herr Sysimithres nicht allein geringe schätzen / sondern es gar als eine Gebrechligkeit verwerffen. Aber er sage mir /bitte ich / aus was Ursachen er die zarte Haut und schneweisse Farbe ein Häupstük der Schönheit seyn /leugnet? kan er etwa die schärffe der Haut / und schwärze der Farbe ohn anhang der heßligkeit ihm wol einbilden? ja / spricht er; die schwarzen Kirschen und Pflaumen sind besser dann die weissen. Ey der ungereimten Vergleichung! H. Sysimithres / wisset ihr nicht / daß dieser gewächse Schönheit in der schwärze bestehet? ists aber mit den Weibsbildern auch also beschaffen / ey so ist trauen eure Odatis noch lange nit schön genug / sondern ihr müsset sie in die Schwarzfärbe schicken; oder fürchtet ihr was ungenehmes von den Färberknechten / so fahret mit der Schwarzbürste über ihren Leib / wie euer Junge über die Stieffeln / stellet sie an die Heerstrasse / und fraget / ob sie dann nun nicht schier hübsch und schöne gnug sey. Ja ja Herr Sysimithres / wir müssen nunmehr die Weiber nach euer Urtel aus Morenland hohlen / da es ihnen an der Sonne nicht gebricht / sondern sie schwarz genug gefärbet werden. Deucht euch aber dieses ungereimet / so beschuldiget hinfüro die liebe Sonne nicht / umb das sie dieses allerschönste Fräulein nicht schwarz färben wollen / und lernet die Ungültigkeit euer gleichnis von den Pflaumen Bäumen /aus meiner vielbessern erkennen. Wann ihr grobe und zarte Linnewad an die Sonne außleget / welche machet sie doch am weissesten? die grobe / oder die zarte? Es ist hie keiner Nachfrage von nöhten / die BaurenMägdlein wissens wol. Nur dieses einige hat etwas Schein / daß ihr saget / die weisse Farbe sey bey den mitternächtigen Völkern gemein. Gesetzet; sind aber die Weibsbilder alle bey ihnen so zart / so wolgestalt / so artig gegliedert? und last es seyn / daß die Farbe von ihrer Landesart / und gemein sey; so ist sie uns aber selzam uñ fremde. Das selzame aber wird immer am höchsten geschätzet / wo es dessen sonsten wert ist. Was machet den Tyrischen Purpur in andern Ländern teur? je weil man ihn daselbst nicht zurichten kan. Nun Herr Sysimithres / so lasset doch die Schönheit dieser unvergleichlichen Fräulein unangefochten uñ ungeschändet / wovon euch abzuhalten dieses gnug seyn solte / daß sie unserm allergnädigsten Könige gefället / dessen Urtel und Wille ja den euren billich zum gehorsamen Untertahnẽ haben sol; wiewol bey dessen GroßKönigl. Hochheit euch zuverunglimpfen ich durchaus nicht gesonnen bin / sondern vielmehr darlege uñ erweise / daß euer J tuhm nicht aus Vorsaz oder wiederspenstigkeit / sondern bloß aus unbedachtsamen unverstande / in dieser Sache zu urteilen / herrühret / und ihre GroßKönigl. Hocheit euch deßwegen allergnädigst verzeihen wird. Artabanus wahr durch diese Beschreibung der Schönheit und Wiederlegung der Sysimithrischen gründe in allen seinen bewägungen zugleich auffgemuntert; er kunte weder den Liebesreizungen / noch dem über Sysimithres gefasseten Eifer steuren / daher er mit rasender Sti e also loßbrach: Demnach [49] du ungehorsamer wiederspenstiger Bube dich unterstehen darfst / dasselbe schimpflich zuverachten / welches wir uns sonderlich außersehen / und es zuerlangen / Leib und Gut wagen wollen / hastu dich forthin keiner Königlichen Gnade mehr zugetrösten; uñ ob du zwar dein Leben verwirket hast / wollen wir doch nach der schärffe nicht verfahren / sondern du solt in das Untergemach dieses Turms gehen / biß wir uns einer gewissen Straffe erkläret haben. Der erschrockene Mensch fiel vor ihm nider / und baht sehr kläglich / ihm seine unbedachtsame Reden allergnädigst zuverzeihen / weil er sie böser Meynung nit vorgebracht / sondern in den Gedanken gestanden / ihre Hocheit hätten einen ungnädigen Willen auff das Durchl. Fräulein geworffen /wolte sich hinfüro wissen zuhüten / auch sonst in allen begebenheiten sein Blut und Leben vor ihrer Hocheit Wolfahrt willigst anwenden. Weil dann Bagophanes auch sehr vor ihn baht / überkam er endlich verzeihung / jedoch mit dem bedinge / daß da er dieses Gespräch einigem Menschen offenbahren würde /er eines schändlichen todes sterben solte. Hiedurch ward Sysimithres gewitziget / seiner Zungen Freyheit zu mässigen / und in dem er seines Königes bestes suchete / zugleich auch seiner eigenen Wolfahrt wahr zunehmen; dann grosse Herrn können von ihren Untertahnen die Unterweisung zum guten nicht wol annehmen / insonderheit wann sie einer wüterischen Art sind / und ihren Willen zur Richtschnur der Erbarkeit setzen; aber den Ohrenbläsern und lasterhaften / und die alle Tugend / so wieder des Königs Willen strebet / unterdrücken / denen stehet gemeinlich der Fürstliche Saal offen / welche man doch billich mit verfluchung und instendigem Gebeht der unmündigen Kinder tödten solte / weil von ihnen alle Landes verderbung herrühret / und umb ihretwillen die frommen solche Straffe über sich nehmen müssen / welche sie nicht verschuldet haben. O des glükseligen Landes /dessen Fürst oder König nicht gedenket / er könne allein rahten / sondern höret auch die / so bey redlichen Leutẽ wol geachtet sind / insonderheit / wann sie nicht so sehr auff die bereicherung ihrer selbst oder der Fürstlichen Schazkammer / sondern auff des Fürstlichen Hauses und des Landes wolfahrt sehen. Wie leicht ist es geschehen / daß ein boßhafter Mensch unter dem Schatten einer sonderlichen Frömmigkeit und untertähnigen gehorsams sich bey dem Fürsten beliebt machet / und wann er erst freien Zutrit hat / gibt er genaue achtung / wohin dessen Gemüht am meisten sich lenket; findet er ihn dem Trunk zugetahn / so ist er mit Bechern und Gläsern bereit und fertig; ist er liebsüchtig / so rühmet er ihm fleisches Wollust / und weiß das Laster der Unzucht so artig zuentschuldigen / als währe es eine halbe Tugend /durch unsere Eltern selbst uns eingepflanzet / dessen lässet sich dann ein ohndaß freier Herr leicht bereden / und da er vorhin den Begierden kaum das Schwankrütlein erteilete / häuet er sie mit beyden Sporen an /daß er alle so ihm im Wege stehen / übern hauffen rennet / und von allem guten reine Bahn machet / biß ihm niemand einreden darff. O ihr Fürsten / O leidet ja diese Schmeichler an euren Höfen nicht / die euch nur nach dem Maule reden; ihr seid ja in euer Jugend zum guten und löblichen angeführet / und wisset /was an sich selbst straffbar und lobwirdig ist; drumb leihet denen eure Ohren nicht / welche vorgeben dürffen / einem Fürsten stehe dieses oft wol an / was andere mit dem Kopfe bezahlen müssen. Hätte Artabanus auff richtige Rähte hören wollen / die sein und seines Reichs bestes sucheten / und dagegen den Fuchsschwänzern / Bagophanes und andern seines gleichen nicht ins [50] Maul gesehen / vielleicht herscheten die Arsazier noch über die grossen Morgenländer; weil er aber den leidigen falschen einbildungen folgete / muste er Leben und Reich mit einander verlieren /wiewol unsere Geschichte bißdahin sich nicht erstrecken wird. Als Sysimithres von ihm gangen wahr / trat Bagophanes Gemahl wieder hinein; sie hatte sich überaus prächtig / aber sehr leichtfertig gekleidet /und hielt bey dem Könige an / ihr allergnädigst zuerlauben / daß sie mit dem Königl. Frauenzimmer reisen möchte / damit sie seiner Feinde und Auffrührer Niderlage ansehen / und dem Königl. Fräulein / so bald sie erlöset währe / untertähnigst auffwarten möchte; welches ihr gerne gewilliget ward / weil durch ihre süsse Reden und blinzende Augen / die ihr sonderlich wol anstunden / sie den König schon in Liebesstricken gefangen hielt / und seiner mehr als einige andere genoß; worzu Bagophanes nicht allein durch die Finger sahe / sondern sich groß dauchte /daß er in solchen Gnadẽ lebete. Inzwischen erhoben die unsern sich von Persepolis / und führeten ihre muhtigen Völker / denen Herkules und Ladisla nichts als von grosser Beute vorschwatzeten / nach den Parthischen Grenzen in obgemeldeter Ordnung hin / so daß das ganze Heer sich in die breite fast einer Viertelmeile außdehnete. Des vierden Tages nach ihrem Auffbruche / kam Orsillos mit Fr. Statiren Dienern an / lieferte alles / samt dem Schreiben / Herrn Fabius ein / und zeigete an / wie sehr sie umb schriftliche Antwort bitten liesse. Dieser erinnerte sich zwar seiner Sünde / wozu sie ihn fast genöhtiget / betrachtete doch daneben die empfangene Woltaht / deßwegen er alles annam / und im nähesten Flecken dieses Antwortschreiben auffsetzete.

Wolgebohrne Frau / hochwerte Freundin; billich müste ich der Undankbarkeit beschuldiget werden / wann meines Lebens erhaltung derselben ich nicht zulegete /und die vielfältigen Woltahten nicht erkennete; und ob zwar unsere gar zu frey gebrauchete Kundschaft mir nicht gebühren wollen / weil ich zu Padua mein liebes Gemahl habe / so sind doch geschehene Dinge nicht zuendern / daher wir des verlauffenen vergessen / und hinfüro einer anderen zulässigen Freundschaft uns befleissigen wollen. Gegen ihren Gemahl / Herrn Nabarzanes /den ich freundlich grüsse / hätte sich meine Seele vielmehr zuentschuldigen / werde mich auch bemühen / solchen ungebührlichen Frevel in andere Wege zuersetzen. Bedanke mich sonst wegen der übermachten Geschenke dienstlich / und bitte sehr / nach gehaltener Schlacht / dafern ich lebe / mich neben Herrn Nabarzanes zu Persepolis zubesuchen / weil ich zweiffeln muß / ob meine Rükreise / sie zusprechen / erleiden werde. Im übrigen hat meine Freundin sich zuversichern / daß bey meinem Herr Bruder Fürst Pharnahazus ich nicht allein ihr guten Schuz und versicherung aller ihrer jetzigen Güter / sondern derselben vermehrung leicht erhalten werde. Vor dißmahl fodert mich der Trometenschal zu Pferde / daher ich abbrechen muß. Empfele meine Freundin samt ihrem Gemahl der Götter obacht / verbleibend / weil ich lebe /derselben bereitwilliger Diener Kajus Fabius / ehmahls Kleon.

Bey diesem Schreiben versiegelte er ein Päklein Kleinot / viel höheres werts / als ihm zugeschikt wahren / stellete Orsillos alles zu / uñ daß ers auffs schleunigste überbrächte / schenkete ihm dabey 200 Kronen / und hieß ihn mit nach Persepolis kommen /dann wolte er ihn der empfangenen Streiche ergetzen. Nach seinem Abscheide brach Fabius auff / dañ er hatte den Vorzug mit seinen Völkern / die schon vorhin wahren / und nichts als des Feindes schleunige Ankunft wünscheten; so nam auch Artaxerxes ein unfehlbares Zeichen des künftigen Sieges daher / daß alle KriegsObersten mutig und des Streits begierig wahren; ohn der einige Arbianes kunte durch nichts zur Fröligkeit bewäget werden / wo [51] er reisete oder ruhete / wahr er stets schwermühtig und mit tieffen Gedanken beladen / daß ihm nicht allein die lebhafte Farbe / sondern auch das Fleisch entging / dessen niemand fleissiger als sein Feldmarschalk Leches / und GroßFürstin Valiska wahrnahmen; und diese zwar merkete aus allen umbständen / daß er mit heimlicher Liebe angefochten ward; daher sie sich / inbetrachtung seiner ehmahligen Neigungen einer ungebührlichen Lust bey ihm ihretwegen befahrete / welche ihm zubenehmen / sie schon auff allerhand Mittel bedacht wahr; dann sie zweifelte nicht / sein Gemüht könte durch angezeigete wichtige Ursachen / von dem Irwege zur Tugend wiedergebracht werden; weil er sich aber durchaus nichts gegen sie vernehmen ließ / argwohnete sie daneben / ob er irgend an Libussen sich vergaffet hätte / dann er suchete oft Gelegenheit / mit ihr allein zureden / dabey er viel und mancherley Verenderung sehen ließ. In diesen ungewissen Gedanken verblieb sie biß an den dritten Tag nach ihrem Auffbruch / da Leches ihr zuverstehen gab / er hätte ihn des vorigen tages in seinem Zelte auff den Knien sitzen / und ein kleines Brustbildichen in beyden Händen als einen Spiegel halten sehen / welches er bald geküsset / bald mit Tränen befeuchtet / bald als eine Göttin angebehtet; und da er nit irrete / währe es des Durchl. Fräulein aus Teuschland / Frl. Klaren Bildnis / welches seine Libussa verlohren / und er etwa müste gefunden haben. Die GroßFürstin schlug vor freuden in die Hände / und antwortete ihm: O wie tuht ihr so wol / daß ihr mir solches offenbahret; dann ich habe mir in Warheit sehr gefährliche Gedanken wegen dieses Fürsten Traurigkeit gemacht / daß ich selber schwermühtig drüber worden bin; ich bitte aber / ihr wollet dieses alles in höchster geheim halten / und keinem einigen Menschen offenbahren / auch gegen Arbianes selbst euch nichts merken lassen. Ließ ihn von sich / foderte ein Pferd / uñ ritte hin nach ihrem Herkules / dem sie mit freuden entdeckete / sie hätte Arbianes anliegen erfahren; erzählete ihm alles / und fragete / ob er nicht meinete / daß ihm in dieser Liebe könte geholffen werden; zum wenigsten müste man ihm völlige Hoffnung machen / daß der unlust Brunnen bey ihm gedämpfet würde / und er sich nicht selbst durch grämnis verzehrete. Herkules gab seine Antwort; wann es in seiner Macht stünde / wolte er ihm seine Frl. Schwester nicht versagen; weil er aber weder seiner Eltern noch Schwester Meynung wüste /ob sie in so weit abgelegene Heyraht einwilligen würden / könte er nichts beständiges rahten. Zwar ihm gute Hoffnung zu machen hielte er vor nöhtig / doch daß man gleichwol nichts mehr verspräche / als man halten könte / und der junge Fürst samt seinen Eltern nicht Ursach hätte / sich dessen hernähst zubeschweren. Mein Schaz / sagte sie / ich wil schon wissen die Mittelbahn zutreffen / gelebe auch der Hofnung / die Heyrath mit Gotteshülffe zu schliessen / da er sonst mit uns nach Teutschland zuzihen Herzens gnug hat /welches ich ihm doch nicht anbieten werde / sondern seiner freywilligen Erklärung erwarten; kehrete wiederumb nach ihrer Gutsche / und foderte Libussen zu sich / fragete nach der Fräulein Art und Sinnen / und befand aus allen umbständen / daß sie sitsam / ohn falsch / und wol zubereden währe / offenbahrete ihr hernach ihr Vorhaben / und ließ sie wieder von sich. Und als Arbianes bald darauff vor ihrer Gutsche her ritte / baht sie ihn / sich zu ihr zusetzen / da sie ihn also anredete: Fürst Arbianes / in ehren hochgeliebter Herr Bruder; wie ich anfangs in euer Liebe Kundschaft gerahten bin / habe ich viel eine frölichere Weise bey ihm gemerket / als er jetzund spüren lässet; ja wañ dazumahl mein [52] Herz mit tausenderley Angst und Sorge umbspannet wahr / machte seine anmuhtigkeit mich derselben zum oftern vergessen. Wohin ist doch nun das freie Gemühte gereiset? woher komt dieser unliebliche Wechsel / der das allergeringste Zeichen einer Fröligkeit an ihm nicht mehr wil scheinen lassen? Ist euer Liebe etwa einige Unbilligkeit begegnet / so gebe sie mirs zuverstehen; oder findet sich einiger Mensch in dieser Geselschaft / dessen Gegenwart er nicht ertragen kan / so mache er mir denselben nahmhaftig; oder empfindet er Leibes Schwacheit / welche der Arzney bedürffte / wird er sich ja selber nicht verseumen; oder welches ich am ersten gläube; liebet mein Herr Bruder an einem Orte / da er ohn Ehren-abbruch zugelassen werden kan (dann ich halte ihn viel zu Fürstlich / daß er ungebührlich lieben solte) so lasse er michs kühnlich wissen; ich weiß wie verliebten umbs Herz ist / uñ weiß daher auch / wie man in diesem falle Raht schaffen kan. Arbianes / der ohndz bey Frauenzimmer blöde wahr / und die GroßFürstin hochehrete / ward wegen dieses Anspruchs mit einer grossen Schamröhte übergossen / und weil ihm unmöglich wahr zu antworten /auch nicht wuste / was er antworten solte / ließ er an stat der Rede einen schweren Seufzen / dañ die Zunge wegerte sich ihres Amtes / und die Vernunft in der Begierde zu kraus verwirret / hatte nicht Zeit zubedenken / womit diese tief forschende Frage solte ersetzet werdẽ; welches die GroßFürstin merkend / also fort fuhr: In ehren hochgeliebter Herr Bruder; ob eure Liebe gleich auff meine Frage schweiget / gibt doch der einige Seufzer vollige Nachricht / und verständiget mich daß ihr liebet; ja ihr liebet mein werter Fürst / welches ihr so wenig zuverbergẽ wisset / als ich zu jener Zeit / da Fürst Pharnabazus mir meines Schatzes Brustbilde zeigete / wie euch unvergessen ist; rechnet ihr mich dann unter die Zahl eurer guten Freunde / so gebet mir euer Anligen zuverstehen / und prüfet mich in diesem Stücke / wie ich gegen euch gesinnet sey. Arbianes empfing hiedurch ein Herz / küssete ihr die Hand mit grosser Höfligkeit und ehrerbietung und sagte nachgehends: Durchleuchtigste GroßFürstin; ihrer Durchl. ich unwirdiger Knecht bin viel zugeringe / so hohes erbieten anzuhörẽ; dann es übertrift nicht allein mein Vermögen / sondern alle erkäntnis /daß ich daher mich keiner Antwort zuersinnen weiß; wann aber vor diese erzeigete hohe Gnade mein ungültiges Blut gnug währe / daß in ihrem Dienste es vergossen würde / wolte ohn einiges wegern ich mich zum Opfer darstellen; fassete ihre zarte Hände zum andernmahle / und küssete sie ganz inniglich / daß sie von neuen fürchtete / er würde gegen sie entzündet seyn; welches unbillige Feur zu dämpffen / sie zu ihm sagete: Mein Herr Bruder erzeiget mir in Warheit gar zu grosse Ehr / die mir allerdinge unangenehm ist /nachdem wir nunmehr in solche Kundschaft gerahten sind / daß viel besser währe / wir setzeten diese Höfligkeit bey seite / als die nur den Fremden zustehet; ich erkenne ohndaß sein gewogenes Herz / welches ich auff allen Wegen / die Zucht und Gesetze nicht verschliessen / nach äusserstem Vermögen zuersetzen mich willig erbiete / und mein Herr Bruder hieran nicht zuzweiffeln hat; aber er antworte mir / bitte ich /auff meine Frage; ist dann dieselbe / so er liebet (dann ich weiß gewiß daß er liebet) ein unversagtes Fräulein / so verlasse er sich nur kühnlich auff meinen Beystand; solten aber über alles verhoffen / seine Siñen durch einer verheirahteten Zierligkeit berücket seyn /wie dann ein Mensch wol verleitet werden kan / ey so wolle mein Herr Bruder sich ja beyzeiten begreiffen /und mit solcher Unbilligkeit seine Seele nicht beladen; wie [53] ich dann wol weiß / daß er solches tuhn /und sich einem so unverantwortlichen Laster nicht ergeben wird. Ich bin kühn mein HerrBruder / daß ich solches reden darff; aber sein verdächtiges zurük halten erwecket diese Sorge in meinem Herzen / die ich vergeblich seyn hoffe / und dannoch an seiner willigen verzeihung nicht zweifele. Arbianes erschrak dessen nie wenig / dann er merkete / daß wegen seines verhaltens sie diesen Verdacht fassete; deßwege er /solchen gänzlich außzureuten vor nöhtig hielt / und ihr also begegnete: Durchl. GroßFürstin; wañ ihrer Durchl. ergebener Knecht Arbianes mit unzimlichen Gedanken umginge / müste er billicher in Schmach und Schande / als bey ihrer Liebe auff der Gutsche sitzen; wolle demnach dieselbe mir höchst verzeihen /wañ etwa meine stumme unverständliche Reden / sich nicht gnug haben erklären können / denen die Zunge jezt zu hülffe kömt / uñ ihre Liebe versichert / dz dergleichen ungebührligkeiten mir bißher ja so ferne / als deren straffen selbst geblieben sind. Daß aber ihre Liebe sich über meine gebührliche Ehrerbietung bebeschweret / und selbe mir verbeut / dadurch leget sie mir eine schlechterdinge unerträgliche Last auff / welche über mich zunehmen / ich mich ungescheuhet wegere; dann ich wil lieber tausendmahl sterbẽ / als euer Liebe unvergleichliche Wirdigkeit zu ehren unterlassen. Sonsten daß eure Liebe auff die Frage zu antworten mir ernstlich gebeut / mus ich meinen Vorsaz brechen / und ihr unverhalten seyn lassen / daß ich bißher nur eine Sonne am Himmel erkennet; aber jezt deucht mich / breche eine Neben-Sonne hervor / wiewol unter dicken Wolken verhüllet / welche anzubehten ich dermassen gezwungen werde / daß ich aller irdischen sachen drüber vergesse; ihre blicke / die nicht mich / aber ich sie durch die Wolken sehe / speisen mich / tränken mich / leiten mich; sie sind mein schlaffen / mein wachen; mein denken und sinnen / so daß inbetrachtung dieser Volkommenheit mich zu üben / mir so lange werde lassen angelegen seyn / biß die Seele sich wegert dem Leibe solche mitleistung länger zugönnen; alsdann wil ich (spricht meine Seele) bey der HäuptSonnen mich unvermerket halten / ob vielleicht in dero Geselschaft angeno en / ich dahin gelangen könte / woselbst mir vergönnet seyn wird / ausser dem Leibe zubesichtigen / was ich mit den Augen meines Häuptes anzuschauen unwirdig bin / auch vielleicht dieses garzuschwache Gesicht nicht ertragen würde. Die GroßFürstin antwortete ihm mit einem freundlichen Lachen: Hochwerter HerrBruder; meines unbesonnenen Argwohns halben erkenne ich mich in euer Liebe Straffe verfallen seyn / dessen ich mich auch nicht entbrechen wil / da ichs sonst mit besseren diensten nicht ersetzen / und mich loßarbeiten kan; betreffend euer Liebe verdeckete Reden /wolte ich sie zum teil errahten / aber alle sind sie mir nicht behäglich / wil doch anfangs mich in kein unnöhtiges Gezänke einlassen / so viel mich selbst betrift / weil ich schon anhören müssen / daß ihr mir in diesem stücke allen Gehorsam abschlaget. Wie aber /mein HerrBruder / darff ich dann dieser Neben-Sonne (wie ihr sie nennet) nicht bessere Kundschaft haben? vielleicht möchte die vermeinete andere Sonne / (aber O der elende Soñe!) bey dieser Neben-Sonne wirken können / daß ihr zu liebe sie euch ihre Strahlen nicht allein mitteilete / sondern niemand anders als nur euch / damit beschiene. Ich rede ernstlich mit euch /mein HerrBruder / uñ wollet ihr euren Zweg erreichen / müsset ihr trauen euch selbst nicht fesseln; deßwegen lasset mich eure Heimligkeit wissen / und gedenket nur sicher / daß ihr mit derselben redet / die eure Liebe als viel und sorgfältig sie kan / zubefodern willens ist. [54] Aber ich sehe / das euer Herz mein Ansuchen nicht fassen / vielweniger der Zungen gebieten wil /daß sie den Nahmen außspreche / den die Seele so wirdig hält. Wann ichs aber von mir selbst errahten würde / wovor wollet ihr solches rechnen? Gewißlich / antwortete er / vor ein Zeichen eines glüklichen außschlages. Der Hoffnung gelebe ich auch / sagte sie /uñ wil nicht länger warten / euch meine Zunge zuleihen; höret nur zu. Ihr liebet / Fürst Arbianes / ein GroßFürstliches eurem Stande gemässes Fräulein /und zwar / die ihr Zeit eures Lebens nicht gesehen /nehmlich meine Frl. Wase / und meines lieben Herkules Schwester Frl. Klaren; gewißlich ein Fräulein / die liebenswert ist / und wol eine Sonne möchte genennet werden / dafern mir solcher Nahme zustünde / dem ich aber wiederspreche. Mein Herr Bruder Arbianes; er erblasse nicht so über meiner Rede; ich sage noch mehr: Diese Sonne / wie ihr sprechet / ist mit dicken Wolken bedecket; ja mit so viel Wolken / als zwischen hier und Teutschland schweben; und dannoch sehet ihr deren blicke; ists nicht also? aus dem gefundenen Brustbildichen / welches ungeachtet aller fleissigen Nachfrage / ihr so heimlich haltet / und als einen Diebstahl bey euch verwahret / da es euch doch sehr wol gegönnet ist. Verberget euch forthin mehr vor euer Schwester Valisken / deren Geist alle eure Heimligkeiten außforschen kan; ja auch sihet / wann ihr auff den Knien / oder wol im Bette dieses liebste Bildichen bald besehet / bald küsset / bald mit Trähnen befeuchtet / bald säuberlich abwischet / bald gar anbehtet. Da habt ihr nun Fürst Arbianes / was ihr schon selber wisset / und dannoch zu wissen begehret. Durchleuchtigste GroßFürstin / antwortete er; von Herzen wünsche ich zu wissen / wer doch immer und ewig mein Verrähter / ja wer meiner heimlichsten Gedanken und handelungen anmerker und außschreier seyn mag; inbetrachtung ich keinem Menschen dieser ganzen Welt das allergeringste von meiner Liebe geoffenbahret / auch niemand das gefundene Bildichen sehen lassen; demnach ich aber alles / was eure Liebe mir vorgehalten / gestehen mus / wil ich nichts in abrede seyn; nur bitte ich in demühtiger zuversicht / eure Liebe wolle niemand hievon ichtwas melden / massen ich mich viel zu unwirdig weiß / an solche Sonne hinzureichen / die ich mehr anbehte als liebe. Ich aber gebiete euch / sagte sie / daß ihr einen Muht ergreiffet / und eures GroßFürstlichen Standes euch erinnert /der billich nicht unter sich gedenket; nur leget die biß her geführete Traurigkeit abe / und erzeiget euch als ein wirdiger Liebhaber; insonderheit bedenket / was vor ein Schreiben ihr an das Fräulein abgehen lassen wollet / welches neben dem meinen ich straks Morgen fortschicken wil / euch den Weg zu dieser Sonne zu bahnen. Aber ihr müsset mir gönnen / daß ichs mit euer Fr. Mutter rede / und sie es eurem H. Vater vortrage / damit ich schier heut oder Morgen nicht vor eine heimliche Kuplerin gehalten werde. Arbianes wuste nicht / was er vor freuden antworten solte / stellete ihr alles heim / und ließ ihr auff begehren das BrustBilde; foderte seine Fr. Mutter hin / und daß GroßFürstin Valiska sie ingeheim gerne sprechen wolte; baht daneben sehr / da etwa seiner gedacht würde / ihm Mütterliche Liebe und Träue zuerzeigen /welches er Zeit seines Lebens Kindlich erkennen wolte. So bald GroßFürstin Saptina zu ihr kam / fing diese an: Geliebete Fr. Mutter; des lieben Fürsten Arbianes Anliegen / welches ihn dermassen von ihm selber bringet / habe ich nunmehr glüklich erfahren / bin auch schon in verfassung / wie man ihm Raht schaffen könne. Was ich nun stets gemuhtmasset / finde ich mehr als alzu wahr / und [55] mag euer Liebe nicht bergen / daß seine bleiche Farbe und fleisches Verschwindung nichts als ein Liebesleiden ist; doch liebet er an solchem Orte / dessen er / meiner Meynung nach /nicht kan schande haben. Ob ich nun gleich mich seiner gerne und billich annehme / werde ich doch durchaus nichts anfahen / es geschehe dann mit euer Liebe und ihres Gemahls wissen und einwilligung / ungeachtet der Fürst anfangs sehr angehalten hat / seinen Eltern davon nichts zumelden. Die GroßFürstin bedankete sich des geneigten willens / könte aber nicht ersinnen / sagte sie / wie ihr Sohn in Liebe eines wirdigen Fräuleins gerahten mögen / weil er biß daher bey seinem H. Vater stets daheim gewesen / und dieser örter dergleichen Frauenzimmer sich nicht hätte sehen lassen / inbetrachtung / daß Artaxerxes sein Gemahl und Kinder von sich hinweg in der Römer gebiet geschicket hätte / welches ihm etliche Weissager und Sternseher als ein hochnöhtiges Ding gerahten. Es ist alles wahr / antwortete sie / aber er liebet / was er noch nicht lebendig / sondern nur bildnisweise gesehen hat; reichete ihr hiemit Frl. Klaren Gemählde und sagete: Sehet / geliebte Fr. Mutter / dieser Abriß ist aller seiner Traurigkeit Ursach / welches meine Hoffmeisterin Libussa verlohren / und von ihm ist gefunden worden. GroßFürstin Saptina sahe es mit verwunderung an / uñ befand es Fürstin Valisken sehr ähnlich seyn / daher sie sagte: O lieber Sohn / du hast nicht allein gar zu hohe / sondern auch unbilliche Gedanken gefasset / nachdem ich nicht anders gedenkẽ kan / als dieses sey euer Liebe Bildnis. Ja / antwortete sie / dieses Fräulein ist mir nicht ungleich / weder an Gestalt / noch Stande / und heisset Frl. Klara / meines Herkules leibliche und einige Schwester; dafern nun seinen Eltern diese ihres Sohns Liebe nicht zuwieder ist / welches ich vor allen dingen wissen muß; und hernach dieses Frl. inwendig Vierteljahrs frist nicht verlobet / wil ich mich gerne bemühẽ / ihm in dieser Heyraht bedienet zu seyn; wiewol andere als vertrauete Freunde aus meinem erbieten muhtmassen könten /ob böhte ich meine Frl. Schwester feile; dessen in diesem falle ich mich nicht fürchte. Fr. Saptina fiel ihr umb den Hals / herzete und küssete sie / und gab zur Antwort: Ach daß mein GroßFürst dieses erbieten anhören solte / welcher in dieser Welt höhers nit wünschet / als daß sein Sohn wirdig währe / mit dem HochFürstl. Teutschem Geblüte sich zuvermengen; deßwegen wird eure Liebe uns allerseits zu ihren Diensten verbinden / wann sie diesem Vorhaben beständig nachsetzen wird. Woldann / sagte Fr. Valiska / ist eure Liebe dessen gewiß / so wollen wir dem Vater es noch so bald nicht offenbahren / sondern eine eilige Botschaft nach Teutschland abfertigen / und diesem Fräulein in des jungen Fürsten Nahmen etliche Kleinot schicken / nicht zweifelnd / ich werde auff mein Schreiben schleunige Antwort bekommen. Saptina machte sich geschwinde nach ihrer KleinotLade /nahm achte der besten uñ kostbahresten hervor / auff 80000 Kronen geschätzet wozu Valiska eben so viel /gleiches preises legete / redete alles mit Herkules ab /der ihr Schreiben verfertigen halff / und empfing sie von Arbianes einen köstlichen Ring / daneben ein Lateinisch Schreiben / in welches sie den Ring hinein legete / und einen Umbschlag darumb an das Fräulein. Inzwischen hatte sie nach Ladisla geschicket / daß er Neklam in den Bömischen Adelstand auffnehmen /und ihm Urlaub geben möchte / weil sie ihn nach Teutschland zuverschicken hätte. Azores ein Dolmetscher ward von Herkules mit gleicher Ehre angesehen / wie auch ein Teutscher / nahmens Ruprecht / welcher aus denen wahr / die Herkules [56] zu Padua loßgegeben hatte. Diese drey empfingen die Brieffe samt den Kleinoten und Geleits Brieffen / daß man sie allenthalben frey zihen lassen / uñ allen möglichen Vorschub zu ihrer Reise tuhn solte. Fr. Valiska unterrichtete sie alles dessen / was sie wolte bestellet haben /mit ernstlichem Befehl / Tag und Nacht / so viel möglich / zu eilen / daß sie bald wiederkommen / und in der Rükreise auff Jerusalem und Damaskus zuzihen solten / wann sie verhoffentlich schon würden abgezogen seyn; gab ihnen auch 30 Reuter / welche sie biß an den Eufrat begleiten solten; und muste von der Stunde an Arbianes auff Fr. Valisken Vermahnung sich alle Tage von Leches in der teutschen Sprache unterrichten lassen / welche ihm zimlich schwer ankam.

Diesen Abend empfing Artaxerxes aus CharasBrife; der König währe mit einer ungläublichen Menge Volks / schon vor etlichen Tagen auffgebrochen / und ginge der gemeine Ruff / er wolte ganz Persen zur Wüsteney / und alle Inwohner zu Leibeigene machen. Artaxerxes hielt hierauff Kriegsraht / und begehrete anfangs Herkules Meynung zuvernehmen / welcher also anfing: Es erfreuet mich sehr / daß Artabanus es auff die Spitze wagen wil / und den ganzen Kern seiner Mannschafft uns darstellen. Wir haben GOtt Lob / eine solche Menge wolgeübeter Völker / daß ich mit der helffte ihm das Häupt bieten / und seinen überfluß durch GOttes Hülffe dergestalt verwickeln wolte / daß sie mit ihren eigenen Schwertern sich niderschlagen /und den Weg zur Flucht durch ihre Herzen öffnen solten. Damit wir aber desto behutsamer und in mehrer sicherheit gehen / währe mein unvorgreiflicher Raht /wir setzten in guter Vorsichtigkeit gerade auff des Feindes Land / liessen die Inwohner frey ruhig bey dem ihrigen / daß sie nur nach vermögen Futter und Mahl schaffeten / und legeten uns an einen vortelhaften Ort mit einer angenommenen äusserlichen Furcht /wodurch der Feind in unvorsichtige Verwägenheit gestürzet / und alsdann mit geringem Verlust der unsern gedämpfet werden kan. Ob wir uns dann gleich nicht gar weit in Feindes Land zihen / schadet nicht / weil wir aus allen umbliegenden Freundes örtern alle Notturft überflüssig haben / und dem Feinde seinen Troz und Grim gar wol außharren können / wie ich mich dann keiner zeitigen Schlacht vermuhten bin /wo sonst Fürst Vologeses das Häuptwerk führet. Dieser Vorschlag ward von allen gut geheissen und angenommen / und der Weg mit zimlichen Tagereisen fortgesetzet / weil alle engen Durchzüge erweitert wurden / und legten sich auff Feindes Grund und Bodem / an einen Ort / da sie Wasser und Raum vor Menschen und Pferde hatten / auch keines Hinterhalts sich befürchten durfften. Fabius ging hieselbst mit seinen Völkern vor dem HäuptHeer / besser in Feindes Land / nachdem man ihm 5000 Römer abgenommen / und an deren stat 2000 Teutschen / 2000 Böhmen und 7000 von Arbianes fliegendem Heer zugegeben hatte / daß seine Völker auff 24000 Mañ bestunden. Herkules und Ladisla erinnerten ihn Brüderlich der guten Vorsichtigkeit / das er ja richtige Kundschaft halten /und sich in kein Treffen einlassen möchte / es währe dañ / daß er sicher wüste / dz nur ein fliegendes Heer auff ihn stiesse / welches von dem HäuptHeer nicht könte entsetzet werden. Artaxerxes gab ihm einen wolversuchten aber etwas furchtsamen Persischen Herrn / nahmens Phrataphernes zum GroßOberwachtmeister zu / und wünschete ihnen glük zum guten anfange. Artabanus wahr nicht weniger bemühet / seiner [57] Schanze acht zu haben / ließ nach gehaltener algemeiner Heersbeschauung seinen Völkern durch die Bank einen Monat-Sold erlegen / welches über 40 Tonnen Goldes außtrug / mit der Verheissung / dafern sie frisch fechten und das Feld erstreiten würden / solte ihnen abermahl so viel außgezählet / und doch am gebührlichen Solde nichts abgekürzet werdẽ; wodurch sie sehr willig und muhtig gemacht wurden; brachen auch bald auff / und hielten ihren Zug eine halbe Meile breit. Vologeses versahe alles durch gewisse vorsichtige Leute / und wolte nichts unbedachtsames vornehmen / weil er der unsern wachsame Vorsichtigkeit gar zu wol erfahren hatte; taht auch so viel bey diesem Feldzuge / daß wann seine Gegenwart nicht gewesen währe / alle Völker würden auf die Schlachtbank geliefert seyn; dann Artabanus verließ sich auff die grosse Menge / meynete es könte ihm nicht fehlen / sondern müste eilen / damit das Fräulein nicht vor seiner ankunft entführet würde; ja er stund fest auff der meynung / die Reuterey solte voraus zihen / und das Fußvolk algemach folgen; aber Vologeses zeigete die Gefahr / und brachte alle FeldObristen auff seine Seite / daß der König seinen Vorsaz endern muste. Er bekam aber auch Zeitung / daß der Perse mit allermacht fortrückete / und nicht weit von den Parthischen Grenzen währe / ginge gar behutsam / und würde die Reuterey in die 200000 stark von den beyden fremden Fürsten; das Fußvolk / etwa des vierdenteils geringer / von Artaxerxes und Phraortes geführet. Artabanus ließ sich darauff vernehmen / es währe unmöglich / daß die Auffrührer so stark seyn könten /doch es sey wie ihm wolle / sagte er / so ist doch der Sieg unser / wañ wir ihn nur hohlen dürffen; unsere Macht ist über den vierdenteil grösser / die Völker alle geübet und mit waffen wol versehen; geschwinde lasset uns auff sie angehen / daß die Fremdlinge uns nicht entlauffen / wann sie unsers anzuges gewahr werd; dann wir müsten uns immer und ewig schämen / daß die frechen Buben lebendig davon kommen /und des uns zugefügten Schimpfs sich anderweit berümen solten. Vologeses sahe vor Augen / daß auff solche Weise die Niederlage gewißlich erfolgen würde / welches nach mögligkeit zuverhüten / er in aller FeldObristen Gegenwart den König also anredete: Ich bin zu wenig / ihrer Königl. Hocheit und gegenwärtigen hochverständigen Fürsten / einigen Raht vorzutragen / und zwinget mich dannoch mein Gewissen / und der schwer geleistete Aid / das ich mein gutdünken unangezeiget nicht lassen kan. Vor erst bleibe ich noch bey meinem festgelegeten Grunde / daß wir vorsichtig spielen müssen / wann wir nicht verspielen wollen; und wann wir die Täg- und stündliche Kundschaft nicht fortsetzen / werden wir diese tapffere Völker ins verderben stürzen / ehe sie es selbst inne werden. Es ist nicht der Perse Artaxerxes / noch der Mede Phraortes / noch der Hirkaner Menapis / die an jener Seite alles versehen; dann diese / wie frech und verwägen ihrer etliche seye mögen / achte ich sie doch nicht eines Pfifferlinges wert; sondern es sind Herkules und Ladisla / zween Strahlen und Donnerkeile /die ihre Stärke mit Wiz anwenden / und ihren Wiz durch Vorsichtigkeit stärken. O lasset uns ihre Jugend nicht verachten / wie vor zeiten der großmächtige Darius den Mazedonischẽ jungen Alexander verachtete /und darüber Reich uñ Leben verlohr. Fraget Spitamenes / Madates / Bagophanes und mich / wie sie fechten und zugleich befehlen. Haben sie so viel Völker /als gesagt wird / und ich schwerlich gläuben kan / ja haben sie gleich den drittenteil weniger / so wil ihrer Königl. Hocheit ich mein Leben zu pfande geben /daß sie es nicht aufs [58] lauffen / sondern streiten setzen werden / und wir daher nicht Ursach haben / das Heer durch grosse Tagereisen abzumatten. Habe ich nit allemahl erinnert / man müste den Auffbruch nicht verweilen / damit die Feinde uns nicht in unser Feldmark begegneten? Aber wer hat mich hören wollen? ja wer hat mich nicht verlachet? versichere sich ihre Königl. Hocheit / daß Herkules und Ladisla ihre Leute in Charas haben / und von ihnen tägliche Zeitung einnehmen / was zu Hofe und bey dem Heer vorgehet; meynet eure Hocheit / dz sie unsern Aufbruch nicht gewust haben / ehe wir zu Pferde blasen lassen / und einen Schrit fortgesetzet? wer hatte ihnen Madates und seine Ritter verrahten? sie wustens ja / und wusten ihre Abzeichen nach den allergeringsten umbständen. O so lasset uns doch auch Vorsichtigkeit gebrauchen / welche / ob sie uns gleich nicht nöhtig währe / sie uns doch nicht schädlich seyn kan. Nicht rede ich solches / ob wolte ich am künfftigen Siege zweifel tragen; welchen wir gleichwol noch nicht in den Händen haben / nur wünsche ich / die Auffsicht im Spiel / deren hindansetzung uns dürfte schädlicher seyn / als der Feinde Schwerter; dann wir hören ja /das ein wolgeseztes Heer es mit uns aufnehmen wil /und wir nicht so gar ohn Blut die Wahlstat behäupten werden. Ihre Königl. Hocheit gedenke meiner / wo nicht der Feind ihm schon einen bequemen Ort außersehen hat / da er mit Vortel streiten / uñ unserer Menge die freie Außdehnung benehmen kan; was hilfts uns dann / ob wir mehr oder weniger haben? Als vor acht Jahren ich 60000 Indier mit 20000 Parther erlegete / halff mir der Ort / sonst währe ich gefressen worden; diesem nach müssen wir nicht allein des Feindes Völker zählen / sondern ihrer Führer Wiz und des Orts Gelegenheit beherzigen / als dann wollen wir mit ihnen das Spiel frisch angehen / und umb den Stich mit ihnen die Haar zausen. Der König hörete fast unwillig zu / meynete / es stünde seiner Macht schimpflich an / durch dergleichen Vorsichtigkeit einiges Zeichen der Furchtsamkeit sehen zulassen; Weil aber alle FeldHerren Vologeses beypflichteten / und nicht allein durch einführung unterschiedlicher begebenheiten erhärteten / daß durch geringe Verwarlosung oft die grössesten KriegsHeere in äusserstes verderben geführet währen / und daß die kluge Vorsichtigkeit keinem zur furcht außgelegt werden möchte; ließ er sich bereden / nur daß er mit einem Hohnlachen fragete / ob dann die beyden jungen Laffen eisern oder stählern währen / daß man sie dergestalt fürchtete; ja ob nicht eine kleine Schaar nach der andern an sie setzen könte / biß sie entweder lebendig gegriffen / oder nidergesäbelt währen. Worauf Vologeses mit wenigem antwortete: Es währe ihrer Königl. Hocheit ohn sein erinnern / wol bewust / daß im Felde eine jede Schaar ihre bestreiter fünde / daß wann sie meyneten ein abgemattetes Häuflein anzugreiffen /würden solche alsbald von andern entsetzet; wiewol er selbst hoffen wolte / man würde diesen beyden unverzagten und tapferen Helden auf solche oder dergleichen Art beykommen können. Ein sehr verwägener Parthischer Herr / nahmens Dorylaus / dem der Vortrab anbefohlen wahr / ließ sich vernehmen / er vor sein Häupt könte nicht absehen / was vor sonderliche Gefahr bey diesem Zuge zubefürchten währe; je näher ihnen der Feind stünde / je zeitiger könte man mit ihnen fertig werden. Welches dem Könige so wol gefiel / daß er zu ihm sagete: Du erzeigest dich auff gut Parthisch / mein Dorylaus / deßwegen brich auff mit deinem Heer / und hohle die erste Ehre von den Persischen weichlingen. Dieser nicht faul / hieß seinen Völkern das Zeichen gebẽ / [59] und erklärete sich /nicht zu ruhen / biß er so manniches Persen Zunge dem Könige liefern könte / als er Reuter unter seinem befehl hätte. Vologeses wolte ihm nicht bald anfangs einreden / aber da er im Auffbruch begriffen wahr /trat er mit Pakorus und Vonones hin zu ihm / und band ihm hart ein / sich ja in keine Feldschacht einzulassen / er sähe dann / daß er beydes an Macht uñ Orts Gelegenheit den Feinden überlegen währe. Dieser aber rechnete solches vor eine Beschimpfung / und gab zur Antwort: Sein König hätte ihm Freyheit anzugreiffen erteilet / und könte man allemahl weder den Ort mässen / noch der Feinde Köpffe zählen; wünschete demnach / daß inwendig 24 Stunden ihm etwa 60 oder 70 tausend Persen auffstossen möchten /umb Gelegenheit zu haben / sein Versprechen bald zu leisten / und trüge er grosses verlangen / zuerfahren /ob die lustergebene Weichlinge die Persen in so kurzer Zeit ein MannesHerz und EisernFleisch bekommen hätten. Worauff Vologeses die Anwesendẽ zu Zeugen rieff / und sagete: Höret Dorylaus / ich verstehe eure schimpfliche Spotreden sehr wol / deren zu gelegener Zeit ihr mir rechenschaft geben sollet; aber umb euer guten Völker willen warne ich euch noch einmahl als ein Freund; werdet ihr bey diesem Vorsatze verharren / so ist dieses redliche Heer schon ein Opffer der Feinde; es sey dann / daß ihr etwa einen ruchlosen Persen antreffet; ich bin auch ehmahls verwägen gewesen / aber es wil sich nicht allemahl so tuhn lassen; fahret nur wol / gesund sprechen wir uns wieder. Dorylaus entschuldigte sich mit wenigem / er hätte niemand beschimpfet / aber er bähte die Götter nochmahls / daß sein Wunsch bald erfüllet würde / ob gleich zehn Herkules und zwanzig Ladisla unter den Feinden währen: wüste auch schon / daß geträue Diener eines Königes / einer dem andern sein besser Glük nicht göñeten. Pakorus kunte solche Freyheit nicht länger dulden / und gab ihm zur Antwort: Mein Kerl /du solt gleichwol wissen / daß du mit dem algemeinen Feldmarschalk redest / welcher dich zu vermahnen / ja dir zubefehlen hat / und dafern du lebendig wiederkommen wirst / werde ich dich auch zubesprechen haben. Dieser wuste daß Pakorus seines gleichen an Kraft und Kampfs-erfahrenheit unter allen Parthen nicht hatte / deßwegen wolte er seinen Zorn nit reizen / sondern sagte: Gn. Fürst / ich verbleibe euer Durchl. gehorsamer Diener / und gehe fort auff unsers Königes Befehl. Nun schikte sichs gar bald / daß diesem frechen Menschen sein Wunsch in die Hand fiel / wiewol zu seinem schweren Unglük; dañ Fabius hatte desselben morgens sehr früh Kundschaft eingezogen /daß des Feindes Heer nicht so gar weit währe / wehrete auch nicht lange / daß ein reitender Bohte in dem Flecken / darin sich Fabius gelegt hatte von dieses Dorylaus Anzug Zeitung brachte; dann Fabius gab sich mit seinen Völkern vor Parthisch an / die im Königreiche Armuzia geworben währen / uñ nach dem Häuptlager eileten / welches ihm sicher gegläubet ward. Er fand hieselbst Futter und Mahl vor Pferde und Menschen / daß sie sich wol labeten und drey Stunden ruheten; gab inzwischen Phrataphernes zuverstehen / daß er gesonnen währe / diesem Feinde auff gute begebenheit Fuß zuhalten / ob sie ihnen gleich an der Zahl in etwas möchten überlegen seyn; dann sie zögen in aller sicherheit daher / und würden kaum Zeit gewinnen / sich in Ordnung zustellen. Dieser wiederriet solches heftig / weil ihnen ohn Vortel zuschlagen verbohten / und der Feind an Mannschaft viel zu stark währe; so würde auch viel darauff gesehen / wie das erste Treffen ablieffe; währe demnach seine Meynung / daß man sich zurük [60] zöge / und mehr Hülffe foderte. Aber Fabius wuste ihm dieses beständig zu wiederlegen; den Vortel müste man suchen /und fleissig darnach aus seyn / alsdann fünde er sich wol selbst; er achtete den geringen überschuß an feindes Seite nicht; wann der gröste teil geschlagen währe / solten die übrigen nicht viel wesens machen; hoffete auch die Schlacht also zuführen daß ihm der Sieg nicht entstehen solte. Weil nun Phrataphernes noch immer das Wiederspiel hielt / rieff er H. Herman und H. Marobod / welche die Teutschen und Böhmen führeten / mit in den Raht / welche nach ihrer Herzhaftigkeit sageten / es würde ihnen eine ewige Schande seyn / wann sie mit so statlichen Völkern sich scheuhen solten / den Feind zuversuchen; wer nicht wagete / der gewünne nicht; könte man das Feld nicht erstreiten /müste man doch den Muht sehen lassen / und da man übermannet währe / stünde ihnen der Abzug offen / da ihnen die Feinde aus furcht eines Hinterhalts nicht eilig folgen würden; währe demnach ihre bitte / diese Gelegenheit / Ehre und Beute zuerlangen / nicht unter den Händen zerrinnen zulassen / und würde man ihren Teutschen und Böhmischen Völkern / wie wenig ihr auch währen / die Freyheit gönnen / sich an den Feind zureiben / wann auff den unverhoffeten Fall die übrigen sich nicht wagen wolten. Hiemit wahr der Perse überstimmet daß er einwilligte / brachen in allerstille auff / und liessen unterschiedliche einzelne Reuter hin und wieder außgehen welche drey Bauren auf fingen /uñ diese Kundschaft einzogen / Dorylaus Vortrab hätte sich eine gute Meile von dannen ins offene Feld nider gelassen / und läge in aller sicherheit. Fabius ordente seine Völker / und gab Phrataphernes 10000 Mann / die Teutschen / Böhmen / Römer / samt sei nen 1000 gewerbenen / und die 7000 Meden behielt er bey sich / und gingen in zween Flügeln eilig fort. Auff halben Wege fingen sie noch drey einzelne Reuter und sechs Bauren / gegen welche sie sich Parthische erkläreten / und von ihnen Bericht empfingen /ihr Heer währe 40000 stark / die helffte stünde in guter bereitschaft / die andern hätten ihre Pferde in die Graßweide gejagt. Wolan / sagte Fabius / unsere Zeit ist kommen; hieß Phrataphernes nach der Linken zihen / umb zuverhüten / daß die Abgesattelten nicht zu Pferde kähmen / die er leicht überfallen / oder doch nur aufhalten könte; den seinen aber redete er frisch zu; jezt währe Zeit / ein manlich Herz sehen zulassen; ruhm würde nicht durch Furcht und Faulheit / sondern durch unerschrockenen Muht erworben; es währe der erste Angriff welchen das Glük ihnen in die Hand gespielet hätte / der müste frisch gewaget seyn / alsdann würden die Götter sich mit einmischen / und den Sieg zu wege bringen. Dieses trug er ihnen Persisch und Lateinisch vor / welches ein Teutscher / der Latein kunte / seinen Landsleuten und Böhmen verdolmetschete / die sich alle freudig erzeigeten / und auff den Feind loßgingen. Fabius hatte an seiner Seiten drey hauffen gesezt; der erste wahren 4000 Meden / der andere die Teutschen (unter denen 250 Schlachtschwerter) und Böhmen / ingesamt auch 4000 / den dritten /als 2000 Römer / seine 1000 geworbene / und 3000 Meden behielt er vor sich selbst. Als sie des Feindes Schildwache ersahen / gingen sie eiferig auff dieselben loß / und zerhieben sie in Stücken / wiewol deren zween hart verwundet davon kahmen / und doch /weil ihnen der gerade Weg abgeschnitten wahr / bey den ihren nicht so bald anlangen kunten / daß sie die Gefahr hätten andeuten mögen; dann Fabuis setzete frisch fort; ward gleichwol von Dorylaus so zeittig ersehen / daß er ihm 6000 geworbene entgegen schickete / die ihn weichend [61] fechtend auffhalten solten / biß er seine Ordnung etwas besser gerichtet hätte. Fabius wolte diesen / seinen Medischen hauffen entgegen schicken / aber die 2000 Teutschen hielten an umb den ersten Angriff / und stürmeten mit solcher Wuht auff diese Feinde / daß deren in einer viertelstunde über 4000 nidergehauen wahren / dessen Freunde und Feinde sich entsetzten. Dorylaus wuste nicht was er gedenken solte / daß die seinen wie Mücken zur erde stürzeten / und schickete ihnen 3000 Parther und 1000 Skythen zum entsaz; aber die Böhmen gingen diesen unerschrocken entgegen / und hielten sie ritterlich auff / biß die Teutschen mit den ihren fertig wahren / da wolten sie den Böhmen die hülfliche Hand bieten; welches Dorylaus ersehend / ihnen 3000 geworbene entgegen gehen ließ / denen sich 1500 Teutschen wiedersetzeten / die übrigen gingen den Böhmen zuhülffe / und tahten ihnen solchen Beystand /daß sie den Feind auff die Weichseite brachten / nachdem an diesem Orte 600 Skythen und 1000 Parther gestrekt lagen. Ihr FeldHerr sahe daß dieses endlich kein gut tuhn würde / schickete deßwegen nach den Ruhenden / die eine Viertelmeile von ihm in den Wiesen lagen / und ließ sie auffs schnelleste zu sich fodern / mit anzeige / daß die Noht grosse Eile bedürffte. Er aber brach mit seinen übrigen 7000 loß / in Meynung / die 1500 Teutschen einzuschlissen; aber Fabius griff sie von einer Seite mit den 4000 Meden /von der andern mit seinem eigenen hauffen an / da die Römer sich sehr wol hielten / und mit ihren Speeren 800 Feinde zu Bodem wurffen / aber doch dieselben auff die Weichseite nicht bringen kunten; den Meden ging es sehr hart / dann 3000 wolgeübete Skythen und Parther traffen auff sie / denen sie bey weitem nicht gewachsen wahren / sondern zeitig zurük wichen /nachdem ihrer 800 erschlagen / und 1500 hart verwundet wahren. Fabius befürchtete sich aus dieser schlechten bezeigung seiner Meden / es möchte Phrataphernes an seinem Orte nicht wolgehen / wolte deßwegen alhie nicht lange seumen / und die obgedachten nohtleidenden Meden vor erst entsetzen / welches ihm so wol glückete / daß er sie wieder in Ordnung und zum Stande brachte. Doch wolte ihm Dorylaus nicht lange Zeit gönnen / sondern setzete so grimmig auff ihn hinein / daß wo die Römer ihre Glieder nicht so fest gehalten diese ohnzweiffel durch gebrochen / und ein grosses Blutbad angerichtet hätten. Die 1500 Teutschẽ richteten in kurzer Zeit 1800 von den 3000 geworbenen zu grunde / weil sie nicht sonderlich erfahren wahren / daher die übrigen sich auff Dorylaus hauffen zogen / und hingegen die Teutschen sich mit Fabius zusa en setzeten. Da gab es nun einen überaus harten Streit / und bemüheten die Meden sich äusserst / den genommenen Schimpff zuersetzen. Die beydẽ FeldObristen gerieten in absonderlichen Streit aneinander / und weil sie beyderseits guter Fäuste und unverzagtes Herzens wahren / wolte keiner dem andern nachgeben / biß endlich dieser Kampff durch etliche Parther und Römer getrennet ward. Die Böhmen mit ihrem Teutschen Entsaz / hatten ihren Feind auch so weit schon gebracht / daß sie sich nach Dorylaus hauffen hinzogen / der noch einen starken hauffen machte / in Hoffnung / die unsern so lange auffzuhalten / biß ihr Entsaz ankähme. Aber so bald Fabius die seinen auch zusammen gesezt hatte / hieß er die Teutschen und Böhmen ruhen; mit den übrigen traff er auff den Feind mit solchem Ernst / daß er nicht stand halten kunte / wiewol er als ein rasichter Hund umb sich hieb. In dem sahe H. Herman einen frischen hauffen / 800 stark / mit verhengetem Zaume daher rennen / und fürchteten sich die unsern sehr / Phrataphernes würde [62] den kürzern gezogen haben; an dessen Seite es also erging. Als er muhtig gnug mit seinen 10000 Reutern ansetzete / traff er zu seinem Unglük auff einen Graben / welcher zwar nicht breit / aber zimlich tieff wahr / das die Pferde überzuspringen scheuh trugen; daher der Feind so viel Zeit gewan /daß 1000 Skythen und 2000 Parthen sich zu fusse in Ordnung setzeten / und die unsern / so etwas furchtsam angingen / auffhielten biß etliche tausend zu ihren Pferden kahmen; und weil es ohndaß ein zimlich enger Plaz wahr / kunten sie die unsern zur Noht bestehen; hätten auch / da sie alle zu Pferde sassen (dann ehe sie zun beinen kahmen / wurden ihrer kaum 2500 erschlagen) die Persen leicht abtreiben und gar auffreiben köñen / nachdem sie ihnen beydes an Mañheit uñ Menge überlegen wahren; aber es geriet Phrataphernes zum guten Glük / daß eine Botschaft über die andere von Dorylaus ankam uñ beystand foderte /daher sie 4000 Parther und gleich so viel geworbene ihm zuschicketen; die übrigen hielten so fest Wiederstand / daß die Persen ihnen nicht allein nichts angewinnen kunten / sondern etlichemahl zu weichen gedrungen wurden. H. Herman empfing die geruheten mit solchem einbruche / daß ihrer bald anfangs 3000 stürzeten / dañ sie hatten ihre Glieder nicht fest geschlossen / und wurden von den Schlachtschwertern immer nidergematzet / denen sie nicht zubegegnen wusten; wiewol 2000 Parther von diesem hauffen eine besondere Schaar macheten / und damit den Teutschen zur Seite eingehen wolten / worauf sich diese wenden und eine andere Ordnung machen musten. Das Glük fügete die beyden FeldHerren abermahl aneinander / da Fabius seinem Feinde im dritten Hiebe den rechten Arm lähmete / daß er das Schwert fallen lies / und als er außreissen wolte / stieß er ihm das Schwert in die Gurgel / daß er zu bodem stürzete; die Römer umb ihn her trieben die Feinde ab / und machten ihm Raum / daß er absteigen und dem erstochenen das Häupt abschlagen kunte / welches ein Ritter auff sein Speer stecken / in die höhe richten / und dabey auff PersischGewonnen Gewonnen ruffen muste; Worauff den Feinden dieses Orts das Herz entfiel / daß sie wie das Vieh nider gesäbelt wurden / wobey die Meden sich vor andern wol gebraucheten / so daß von dieser Schaar etwa 290 verwundete davon flohen. So bald dieser Sieg behäuptet wahr / ging Fabius mit 800 Teutschen / 1500 Böhmen und so viel Römern nach Phrataphernes / welcher von den Parthen dergestalt geängstet ward / daß er die seinen kaum von der Flucht abhalten kunte. Er vor sein Häupt hatte ritterliche Gegenwehr getahn / und einen berümten Parthischen Obristen / nahmens Pampazius erleget; aber die seinen wusten sich in die schweren Streiche nicht zuschicken / also daß ihrer schon 3000 erschlagen und 2000 verwundet wahren / da Fabius bey ihnen ankam / und mit seinem hauffen dergestalt einbrach / daß die Persen Lufft bekahmen / und sich des entsatzes höchlich freueten. Hier ging es nun dergestalt über die Feinde / daß sie zurük getrieben wurden / wobey die Römer sich sehr wol hielten. Das andere Heer / welches Fabius zurük gelassen hatte / umbringete die übrigen Feinde / mit welchen die Teutschen und Böhmen ihr Handgemenge hatten / und lieffen nicht abe /biß sie alle miteinander erschlagen wahren. Nur hatte sich gegen Fabius ein Häuflein von 500 Skythen und 2500 Parthen gesetzet / die sich über die masse wol hielten / uñ ungerochen nicht sterben wolten / daher er ihnen Freyheit und Leben versprach / welches sie annahmen und das Gewehr von sich wurffen. Hiemit wahr der herliche Sieg erstritten / wiewol nicht so gar ohn Verlust; dann 6500 Meden [63] und geworbene wahren erschlagen und 5400 hart verwundet. Von den Römern lagen 28 Mann; von den Böhmen 12 / und von den Teutschen / daß zu verwundern / nur 14 / von Fabius geworbenen aber 150 auff der Wahlstat; wiewol 200 Römer / 120 Böhmen / und 90 Teutsche /auch 160 geworbene Fabische dergestalt verwundet wahren / daß ihrer fast die helffte im folgenden Häupttreffen nicht kunten gebraucht werden. Funden sich also alles in allen an unser Seite 6704 erschlagene / und 5970 verwundete. Hingegen lagen 36700 Feinde auff der Wahlstat gestrecket. Zeit des treffens hatten sich zehen geworbene Hirkanier und Assyrische von dem Feind an unsere Seite begeben / weil sie zu dienen von den Feinden gezwungen wahren; hielten sich auch so tapffer in der Schlacht / daß sie 23 von den Feinden erlegeten / und ihrer fünffe dagegen das Leben einbüsseten; die übrigen wurden biß auff einen / zimlich verwundet / und zeigeten nach erhaltenem Siege Fabius an / was gestalt Dorylaus seinem Könige 40000 Zungen von Persischen Kriegsleuten versprochen hätte; worüber das Heer sich dergestalt eiferte / daß sie allen erschlagenen Feinden die Zungen außschnitten / und sie den gefangenen zutragen auffbürdeten; Fabius aber des Dorylaus Zunge selbst zu sich nam / und das Häupt einem Römer zu tragen gab. Die Plunderung der Erschlagenen ward den Völkern gegönnet / da sie überaus grosse Beute macheten / massen keiner an Feindes Seiten gefunden ward / der nicht 20 und mehr Kronen bey sich gehabt hätte. Phrataphernes erinnerte die Persischen Reuter / sie möchten bedenken / daß die Fremden das meiste bey dem Treffen verrichtet / und allenthalben kräfftigen Entsaz geleistet hätten; währe demnach billich / dz man ihnen von der Beute etwas vorab gönnete; wodurch er erhielt daß alle geraubeten Gelder und Geschmeide herbey gebracht wurden / da sich 889000 Kronen an Baarschafft / 3000 Ringe / durch die Bank auff 120000 Kronen / 230 par Armbänder auff 112000 Kronen am wert befunden / welches ingesamt 1121000 Kronen außtrug / und in zween gleiche Teile gelegt ward / so daß die Persischen Völcker (deren noch 11350 lebendig wahren) die eine helffte; die Teutschen / Böhmen und Römer aber (deren Zahl in 5964 bestund) die andere helffte bekahmen / da einem jeden gemeinen Reuter 48 Kronen; jedem unterbefehlichs haber (deren 120) 235 Kronen; jedem Fähndrich und Unterritmeister (deren 60) 1800 Kronen; jedem Rittmeister (deren 30) 3000 Kronen; und jedem Obristen (deren 3) 18000 Kronen außgeteilet wurden; den überschuß gab man den Troßbuben. Die Pferde der erschlagenen wurden auffgefangen / deren sie 44000 bekahmen / und nach obiger gleicheit außteileten / so viel sichs leiden wolte. Was aber ausser den Reitpferden im Lager gefunden ward / als 120 Wagen mit Speise / Trank / Kleidern / Gezelten und Gelde (welche Baarschaft auff acht Tonnen Goldes sich erstreckete) solches alles nam Fabius zu sich in verwahrung / speisete die Völker eilig / und kehrete noch denselben Abend umb nach dem Häuptlager / woselbst er des folgenden Tages bey spätem Abend anlangete /und von ferne mit grossem Freudengeschrey empfangẽ ward. Die gesamte Fürsten ritten ihm frölich entgegen / und sahen bey den vielen gesattelten ledigen Pferden / daß eine sehr grosse Menge der Feinde muste erschlagen seyn / worüber unsere Helden insonderheit sich höchlich erfreueten / daß ihrem lieben Freunde es so wol gelungen wahr / welcher den Helm abtaht und mit diesen Worten Artaxerxes anredete: Durchleuchtigster GroßFürst / gnädiger Herr; hier liefere ich euer Durchl. des verwägenen [64] Parthischen FeldHerrn Dorylaus sein Häupt / welches mir das Glük gegönnet /und dabey 3000 gefangene Skythen und Parthen /(denen ich / weil sie ihrer Haut sich redlich gewehret /Leben und Freyheit versprochen) nebest 36000 Zungen der erschlagenen Feinde / welche ihnen zur Rache billich abgeschnitten sind / weil Dorylaus seinem Könige 40000 Persische Zungen versprochen hatte. Ich habe diesen Sieg von dem Himmel umb 6704 Köpffe meines Heers erhalten; die übrigen haben die Beute auff der Wahlstat brüderlich geteilet / und was ich im Lager angetroffen / überlieffere ich hiemit euer Durchl. als dem algemeinen OberFeldHerrn untertähnig ein; das Glük gönne uns / daß die künftige Haupt-Schlacht mit gleichmässigen / oder wie ich hoffe / besserem verfolg ablauffen möge. Artaxerxes umbfing ihm mit beyden Armen / rühmete seine Tugend und Mannheit vor dem ganzen Heer / und nachdem er ihm die mitgebrachte Beute eigentuhmlich zugesprochen hatte / warff er ihm eine DemantKette /am wert über 80000 Kronẽ an den Hals / womit er ihm Dorylaus Häupt ersetzete. Es entstund aber eine solche Freude bey dem Häupt Heer / als ob des Fein des ganze Macht schon gebrochen währe; nur die Teutschen / so zurük blieben wahren / liessen sich traurig merken / dz sie hätten feiren müssen / als sie ihrer Landsleute wolbespikte Beutel und trefliche Pferde sahen. Doch versicherte sie Herkules / daß sie inwendig fünff oder sechs Tagen sich dessen nicht mehr betrüben solten. Auch Artaxerxes wie er von den Persen berichtet wahr / was vor Tahten die Teutschen begangen / wunderte sich dessen so gar / daß er sie vor sich foderte / ihr Wolverhalten rühmete / und jedem durch die Bank 12 Kronen außteilen ließ; hernach ward allen Teutschen / Böhmen und Römern des ganzen Heers gleich so viel gegeben / umb daß sie zur bevorstehenden Schlacht solten auffgemuntert werden. Sie hatten alle erschlagenen unsers Heers mit sich auff Pferden und Wagen übergebracht / welche ehrlich begraben / den Teutschen / Böhmen und Römern aber grosse Mahlsteine auffgerichtet wurden. Die obgedachte von den Feinden übergelauffene wurden wegen des feindlichen Lagers befraget / wovon sie aber wenig Nachricht zugeben wusten / weil sie erst neulich auffgefangen / und zu dienen gezwungen wahren. Aus den Gefangenen aber kunte man nichts kriegen / sondern gaben zur Antwort: Sie währen entschlossen gewesen auff der Wahlstat ritterlich zu sterben / da ihnen der FeldHerr Leben und Freyheit angebohten hätte / welches sie auch angenommen / und auff solche masse sich ergeben; nun währen sie nicht gemeinet / sich als Verrähter gebrauchen zulassen /sondern viel lieber zu sterben / da dañ ihr Blut über Fabius Rache schreihen solte. Artaxerxes wiederantwortete: Hiedurch würde das versprochene durchaus nicht gebrochen / sondern Kriegsgebrauch währe / das gefangene auff die Befragung richtigen bescheid geben müsten; drang doch weiter nicht in sie / sondern sonderte die Skythen ab von den Parthen / uñ sagte zu ihnen: Euer FeldHerr Karthasis ist mein ehmaliger Spießgeselle / und hätte mich zu ihm nicht versehen / das er sein berümtes Schwert wieder mich auffheben würde; jedoch stehet einem Ritter frey / zu dienen wo er wil / wans nicht wieder sein Vaterland gilt. Ich wil aber umb unser alten Kundschaft willen euch wieder zu ihm hinschicken / und solt ihr nähst anmeldung meines Grusses ihm hinterbringen; ich hätte so wol frische Gelder als der Parthische Wüterich / die ich ihm lieber als einem andern gönnen möchte / aber weil ihm die Parthischen besser gefallen / wolle ich ehist mit ihm spielen / wer sie miteinander haben [65] solle. Hernach deutet Vologeses und Pakorus an / sie sollen sich auff geruhete Arme schicken / ich wolle ihnen zu dreschen gnug schaffen; doch daß sie als redliche Fürsten ihrem unredlichen Wüterich zureden / der Persen Zungen hinfüro zu schonen / wie ich dann nimmermehr gläuben kan / daß sie ihrer selbst so gar vergessen / und des Dorylaus Vornehmen / welches Artabanus eingewilliget / ihnen haben gefallen lassen; Im wiedrigen wil ich alle Parthische Inwohner und Kriegsleute / hoch und niedrig / die mir unterhanden kommen / ohn Zungen / Ohren und Nasen lauffen lassen. Hierauff schenkete er einem jeden ein gesatteltes Pferd und drey Kronen / und daß er sie des folgenden Morgens unter sicherer Begleitung wolte nach ihrem Lager bringen lassen; dessen sie sich höchlich bedanketen / uñ doch nicht das geringste von ihrer Völker zustande melden wolten. Nachgehends wurden die Parther von einander geführet / und mit bedräuung befraget / da sich ihrer fünffe schrecken liessen / und was sie wusten anzeigeten /mit bitte / es ihren Spießgesellen nicht kund zutuhn /sie müsten sonst ohn alle Gnade sterben. Die Fürsten gingen zuraht / wie sie es mit den übrigen Parthen halten wolten / von denen GroßFürstin Valiska ihr etliche zu schenken baht / welche sie Artabanus zur Verehrung übersenden wolte; worauff ihr Artaxerxes den ganzen hauffen / nach belieben damit zu schalten / übergab; welche des folgenden Morgens zu Fuß mit den berittenen Skythen unter der Begleitung 600 Reuter fortgeschikt wurden / so daß jedem ein mit Parthischen Zungen gefülleter Beutel auff den Rücken gebunden ward; einer aber des Dorylaus Kopff und Zunge absonderlich tragen muste; dessen sie sich zwar anfangs wegerten / aber / auff gesprochene Urtel / daß ihnen allẽ die Zunge solte aus dem Halse geschnitten werden / solche ungenehme Bürde gerne über sich nahmen / nebest geleistetem Aeidschwur /sie ihrem Könige bloß zu lieffern; da dann ein Gesanter voraus nach dem Lager ritte / umb zu fragen / ob der Persischen begleitung freyheit könte gegeben werden / ihnen etliche gefangene zuzuführen.

Die außgerissene Parthische Reuter durfften nicht alsbald nach dem HäuptHeer kehren / weil sie über daß alle verwundet wahren / und deßwegen die nähesten Flecken und Dörffer suchten / ihren Wunden Raht zuschaffen. Etliche Kundschaffer / die von Vologeses außgeschikt wahren / und etwa eine Stunde nach Fabius abzug an die Wahlstat gerieten / ritten schleunig wieder zurük / jageten die ganze Nacht /biß sie umb den Morgen im Lager anlangeten / und in allerstille nach Vologeses Zelt gingen / mit bericht /Dorylaus ganzes Heer läge auff der Wahlstat erschlagen / schiene fast / als hätten sie sich selbst untereinander ermordet / und währen in ihrem eigenen Blute ersoffen / weil man nichts als lauter Parthische Völker liegen sähe. O des Jammers! sagte Vologeses; O wie bin ich leider sein gar zu wahrhafter Wahrsager gewesen! foderte Pakorus und Vonones zu sich / und klagete ihnen den schweren Unfall. Der verwägene Mensch / sagte er / hat zwar den Lohn seines frevels eingenommen / aber mich dauret der guten Völker; ohn zweifel wird ihm Herkules oder Ladisla das Fel also gegerbet haben / ehe ers recht inne worden / welches mir zwar leid ist / aber doch wegen unsers Königes mich in etwas erfreuet; dann es kan ihm zur Warnung Dienen / daß man den Feind unverachtet lasse /welchen er viel zugeringe schätzet. Der Bube ist meinem Schwerte entgangen / sagte Pakorus / dessen er vielleicht unwirdig gewesen; halte aber vor best / daß wir dem Könige es noch zur Zeit verschweigen / [66] und auff eigentlichern Bericht warten / welcher uns ohndaß mehr als zu früh ko en wird; wie solches auch geschahe; massen nach verlauff fünff Stunden die Verschlagene ankahmen / welche Vologeses ausser dem Lager aufffangen uñ vor sich allein fodern ließ / die ihm dann den Verlauff / ohn was mit denen in den Wiesen sich begeben hatte / erzähleten. Er machete sich darauff mit obgedachten beyden FeldHerrn nach dem Könige / ließ auch Osazes und Karthasis herzu ruffen / und fing also an: Allergnädigster König; hier stehen die teuren Fürsten / Herr Pakorus und Herr Vonones / die mit Ohren angehöret / wie geträu- und brüderlich Dorylaus von mir gewarnet worden / er solte sich ja nicht erkühnen / noch den Feind verachten / damit er das ihm anvertrauete Heer wieder liefern könte; aber an stat seines mir schuldigen gehorsams / hat er mich mit solchen schimpfliche Spotreden aufgezogen / daß Fürst Pakorus verursachet worden / ihn deßwegen zu rede zustellen / wozu ich mich zu gut hielt; worauff aber dieses erfolget / daß er als ein Unbesonnener fortgezogen / sich ins offene Feld unbeschanzet nidergeschlagen / und die halbscheid seiner Pferde ins Graß gejaget / als ob gute Sicherheit währe; worauff ihn der Feind mit geringer Mannschafft angegriffen / und nach kurzem Gefechte /neben allen den seinen / wie man nit anders weiß / nidergehauen hat; ist es aber nicht eine überaus grosse Schande / in solcher Unvorsichtigkeit zu gehen / da man einen solchen muhtigen Feind in der nähe hat? und von ihm nichts zuwissen / ehe man das Schwert im Eingeweide empfindet? zwar ich bin gnug entschuldiget / dann an meiner Warnung hats nicht gemangelt / und möchte wünschen / daß durch euer Königl. Hocheit anmahnung er nicht währe sicher gemacht / die solchen Frevel ihm eingegossen hatte /daß er wünschete / nicht unter 60 oder 70 tausend Feinde auff einmahl anzutreffen. Eines setze ich nur hinzu; hätte Dorylaus mich hören wollen / so lebete er noch mit den seinen; und geben die Götter / daß nicht seines gleichen hochmühtige Freveler uns die Sache noch viel schlimmer machen. Artabanus erschrak der Zeitung / und fragete nach / wie stark die Feinde gewesen; und als er deren geringe Mannschaft vernam /währe er vor Eifer schier aus der Haut gefahren. Aber Vologeses tröstete ihn; es könte ihnen sämptlich dieser Unfall zur warnung dienen / daß man desto vorsichtiger spielen lernete / damit nicht durch frecheit verlohren würde / was die Vorfahrẽ durch herzhafte Vorsichtigkeit des Arsazes vor vierhundert und etliche siebenzig Jahren ritterlich erstritten / und seine Nachkommen bißdaher kräftig erhalten hätten; vielleicht würden die Feinde hiedurch sicher und verwägen / dz in der Häupt Schlacht alles zehnfach könte eingebracht werden.

Des folgenden Tages gar früh gab sich der Persische Heer Hold an / und auff sein begehren erlangete er vor die Begleitung freien Abzug; jedoch daß ihnen 1000 Reuter unter Vologeses und Pakorus auführung solten entgegen zihen / und die Gefangenen annehmen; welches alsbald geschahe / da der Persische Führer diese Rede vortrug: Hochansehnliche Herren; nachdem von der Durchleuchtigsten GroßFürstin uñ Frauen / Frauen Valiska / ich gnädigst befehlichet bin / niemand anders als dem grossen Könige Artabanus meine Werbung vorzutragen / als ersuche ich die Herren / daß sie mich bißdahin geleiten. Vologeses und Pakorus beredeten sich dessen / liessen die Persische begleitungs Reuter zurük zihen / und mit den gefangenen Parthen kehreten sie umb nach ihrem Lager / da die [67] freygegebene Skythen in einem absonderlichẽ hauffen ritten. Vologeses fragete die Parthen / was sie in ihren Beuteln trügen / und bekam zur Antwort; es währe des Dorylaus straffe; wobey ers auch vordismahl bewenden ließ. Der Gesante ward bald vorgefodert / massen der König sehr begierig wahr / ihre Werbung zuvernehmen; und brachte dieser vor: Er währe von der Durchl. GroßFürstin Valiska / ehmahls Herkuliska genennet / an ihre Königl. Hocheit abgefertiget umb dieses verzutragẽ: Es hätte höchstgedachte GroßFürstin in erfahrung gebracht / daß gegenwärtige 2500 Gefangene ihrer Hocheit angehöreten / uñ sie deßwegen alsbald von der Dorylaischen straffe loßgebehten / um ihrer Hochheit dieselben ungestümmelt wieder zu geben / nachdem sie wol erkennete / derselben sehr verschuldet seyn / wegen vielfältiger empfangenen Woltahten; tähte ihr demnach leid / daß wegen längst zuvor geschlossener Heyraht mit GroßFürst Herkules / sie in diesem Stük ihrer Königl. Hocheit nicht wilfahren können / deren sie in allem übrigen / Zeit ihres Lebens gehorsam und bereitwilligste Dienste erzeigen / sich auch derselben zu aller väterliche Gewogenheit wolte anbefohlen haben. Artabanus hatte ihm viel eine andere Ursach der Gesandschafft eingebildet; nachdem er aber alle abdankung der ehelichen Liebe hörete / sahe er den Redener mit grimmigen Augen an / und fragete; wer ihn so verwägen gemacht hätte / mit solcher Werbung vor seinem Stuel zuerscheinen; meynet der abtrünnige Bube Artaxerxes / sagte er / daß es uns umb ein Händichen vol nichtwerter gefangenen zu tuhn sey / welche wir ihres unverhaltens selbst am Leben straffen werden. Der Gesante antwortete unerschrocken: Diese Kühnheit vor eure Königl. Hocheit zutreten / hat die Versicherung meiner Gn. GroßFürstin mir gemacht /nebest dem gemeinen VölkerRecht / welches allen Gesanten freyheit verspricht. Vologeses hieß den Gesanten einen Abtrit nehmen / und die gefangenen Parthen vorfodern / die mit kläglichen Gebärden und fliessenden Augen alle mitgebrachte Zungen nebest Dorylaus Häupt vor des Königes Füssen außschütteten /und der vornehmste unter ihnen also anfing: Allergroßmächtigster König; die Götter müsse es erbarmen / daß ihrer Groß Königl. Hocheit wir dieses elende Schauspiel anzurichten / durch einen schweren äidschwur gezwungen sind / wo wir sonst nicht alle miteinander auch unserer Zungen hätten wollen verlustig seyn. Sehet / allergnädigster König / sehet alhier mehr als 36000 Zungẽ / von unserm FeldHerrn Dorylaus uñ seinem KriegsHeer / welche die Feinde ihnen nach ihrem tode außgeschnitten / weil sie in erfahrung gebracht / daß Dorylaus euer Hoheit eine anzahl Persicher Zungen sol versprochen haben; ich scheuhe mich zuerzählen / was vor hönische reden von dem Persischen und Medischen Fürsten über diese Zungen sind außgeschüttet worden; ob die Parther Lust beko en hätten / Zungen zufressen. Allergnädigster König; haben wir armen gefangenen daran gesündiget / daß wir aus furcht unsere Zungen zuverlieren / uns zu dieser Verrichtung äidlich haben verbinden lassen so stehen wir hie / es mit unsern Köpffen zubüssen /als welche wir tausendmahl lieber / dañ nur die Zunge / verlieren wollen. Artabanus stellete sich nicht anders / als ob er rasend währe; befahl die Zungen hinweg zutragen / und die Gefangenen allein zuführen; und weil er vor Zorn nicht reden kunte / ließ er alle hohe Befehlichshaber zusammen kommen / und hierüber Raht halten; welche einen Abtrit begehreten / uñ auff gemachten Schlus durch Vologeses dieses vortrugen: Allergroßmächtigster König / wir ingesamt [68] euer Königl. Hocheit allergehorsamste Untertahnen und Diener / zweiffeln gar nicht / uns werde unser wolgemeineter Vortrag nicht ungleich außgelegt werden. Eure Königl. Hocheit werden sich allergnädigst erinnern /wie der freche Dorylaus sich vernehmen ließ / so viel Zungen der Persen einzulieffern / als er Reuter unter seinem befehl hätte. Dieses wird zweifels ohn den Feinden verrahten seyn / daher sie an unsern Leuten solches volstrecken / und uns verweißlich vorhalten wollen / man solle dergleichen unerbarkeiten müssig gehen / und nicht zu hoch trotzen weil das Glük Kugelrund ist / und bey niemand sich beständig erzeiget. Wolte Gott / daß wir durch uns selbst uns dessen erinnerten / und der Feinde unterweisung es nicht bedürffte / so dürfften wir dieses elende Schauspiel nicht vor unsern Augen dulden. Unser aller Meynung ist /Dorylaus habe durch sein frevelmuhtiges Vornehmen und erbieten / der Götter Zorn auff sich geladen / uñ durch deren wunderschickung den Spot einnehmen müssen / welchen er andern zugedacht hatte. Nicht sage ich dieses / den Todten anzuklagen / welcher seine Straffe schon außgestanden hat / sondern die Lebendigen zu warnen / daß sie sich an diesem Unfalle spiegeln; wiewol ich diese Taht der Feinde nicht gut heisse / sondern vielmehr der Rache wirdig schätze; jedoch nicht durch gleichmässiege Zungen-abschneidung / sondern durch niderschlagung der Tähter / und aller deren / welche ein gefallen daran tragen. Herrn Karthasis haben seine wiedergeschikte Skythen des abtrünnigen Artaxerxes dräuung angemeldet / dafern uns die Begierde nach der Persen Zungen nicht vergehen werde / wolle er ohn unterscheid allen Parthen / deren er mächtig wird / Nasen und Ohren darzu abschneiden; und wer kans ihm als einem Feinde verdenken? Nun begeben sich die Fälle wunderlich / und kan ein tapfferer Mann leicht in Feindes gewalt gerahten; aber würde derselbe nicht tausendmahl lieber sterben / als solcher dreyfachen nöhtigen und wolständigen Häupt-Glieder beraubet seyn? Lasset uns deßwegẽ Freunden und Feindenkund machen / daß des Dorylaus Zungen-hunger (so muß ichs mit dem Feinde nennen) unser keinem je gefallen habe; und doch der Durst der Rache in uns so groß sey / daß er weder mit Wasser noch Wein / sondern bloß nur mit der Feinde Blut könne gelöschet werden. Vor dißmah folge eure Königl. Hocheit unserm geträuen Raht /und stelle sich / als wüste sie nichts umb diesen Zungenschnit / daß wird den Feind mehr kränken / als wañ man sich darüber ungeberdig stellen / oder groß eifern wolte. Artabanus erhohlete sich hierauff / und stellete seinen Fürsten anheim / mit dem Gesanten nach gut achten zu handeln / dem er sonst die Straffe zugedacht hätte / daß man ihm die Zunge / samt Ohren und Nase abschneiden / und sie dem abtrünnigen Buben zuschicken solte. Welche Rede aber mit stilschweigen beantwortet ward / und foderte bald hernach Vologeses den Gesanten vor sich / da er zu ihm sagete: Hat Artaxerxes sonst nicht gewust Kundschaffer außzusenden / als unter dem nahmen eines Weibsbildes / und einlieferung etlicher wenig gefangenen / die man nicht begehret hat? Zwar man könte dir nach Recht verrähters Lohn außfolgen lassen; aber weil dem großmächtigsten Beherscher der Morgenländer mit so schlimmen Blute nicht gedienet ist / wird man dir deine Tohrheit zu gute halten / und schon wissen / wie man die unredliche abscheuligkeit /durch abschneidung der Zungen denen angelegt / die keiner verleumdung noch verrähterey konnen beschuldiget werden / ernstlich rächen sol / nachdem man dieses Orts versichert ist daß man zu solcher Untaht /an ehrlich gestorbenen [69] begangen / keine Ursach gegeben hat / sondern dergleichen vornehmen verfluchet /daher man versichert ist / die Götter werden solche grausamkeit straffen / worzu alle redliche Parther und Parthers-verwanten sich wollen gebrauchen lassen. Hierauff muste er alsbald fort / und seinen Leuten folgen welche er auch zeitig erreichete. Die Parthischen Feld-Herrn aber verfügeten sich hin nach den freygelassenen Skythen / und nahmen völligen bericht ein von allem verlauff / und daß weder Herkules noch Ladisla dem Treffen beygewohnet / sondern ein Römscher junger Herr / nahmene Fabius / der bey Artaxerxes in grossem ansehen währe / und mit den beyden fremden als ein Bruder umbginge; die Persischẽ und Medischen Völker hätten sich in der Schlacht zimlich schlecht gehalten / denen man mit leichter mühe würde abgeholffen haben / aber es währen dreyerley fremde Völker dabey / als Teutschen / Böhmen und Römer / deren geringe Mañschaft allen schaden getahn; wüsten auch nicht / daß sie Zeit ihres Lebens solche Kriegsleute gesehen; massen sie weder Speer noch Schwert scheuheten / und alles was sie träffen /zu grunde gehen müste. Die Teutschen / welche den grösten Schaden getahn / führeten zierliche Fähnlein /uñ die nahmẽ HERCVLES und VALISKA daran geschrieben. Artaxerxes Heerlager hätten sie gesehen /aber nie kein wolgestalters; währe einer gewaltigen Stad ähnlicher als einem Feldlager; mit Graben und Wällen umbfasset / hinter welchen sie vor allem anfall ganz sicher lägen; der Völker währe eine sehr grosse Menge / man sagte von 400000 Mann / alle wol bewehret; Speise und Trank führete man ihnen häuffig zu / und mangelte nichts an allem was zu einem wolbestalten Feldzuge erfodert würde; insonderheit aber hätten sie sich verwundern müssen über der grossen freudigkeit / welche alle Völker erzeigeten / da sie nichts als die HäuptSchlacht wünscheten / welche zu gewinnen / oder willig zu sterben sich hoch und nidrig verbunden hätten. Sie wiederhohleten auch / was sie mit Karthasis / Vologeses und Pakorus zu reden /von Artaxerxes absonderlich befehlichet wahren. Welches alles niemand besser als Vologeses anmerkete / und daraus erkennete / wie schwer es ihm fallen würde / den Sieg dergestalt zubehäuptẽ; verwunderte sich auch über Artaxerxes freymühtigkeit / daß er den König offentlich schmähen / und dessen FeldHerren grüssen und warnen lassen dürffte. O / sagte er / wie eine schlechte Morgensuppe solten uns die Persen und Meden seyn / wann die fremden von ihm abgesondert währen; diese / diese sind seine Seele uñ sein Muht /sonst hätte er das Land schon verlauffen müssen. Und O ihr Fürsten uñ Herrn / helffet / bitte ich / sinnen und tichten / wie wir diese zween Helden von ihm abreissen / oder sie fellen mögen / daß wird uns eben so viel / als die völlige überwindung seyn. Sie gingẽ hierauff wieder nach dem Könige und führete Vologeses daselbst eine bewägliche Rede / wie grosse vorsichtigkeit man in einer Sache anzuwenden hätte /auff deren Gewin und Verlust unser Heyl und Verderben beruhete; auch wie ein gefährliches Ding es währe / einen starken / sieghafften und muhtigen Feind in seinem Vortel anzugreiffen / der an allen nöhtigen sachen überfluß hätte; und schloß endlich dahin; er hielte vor das beste und sicherste / man spielete den Krieg anfangs etwas in die Harre / des Feindes gefasseten Muht zu brechen; zum wenigsten / biß man durch eine absonderliche kleine Schlacht den genommenen Schimpff (der nicht so gar ohn Schaden währe) wieder einbrächte / oder / wo möglich / die Teutschen von ihm zurük nach ihrer Heimat zögen /welche ohn zweiffel nicht lange in [70] der Fremde bleiben würden / nach dem sie ihren Vorsaz erhalten / und das Fräulein / welches schiene dem Parthischen Stuele zum schaden gebohren seyn / wieder bekommen hätten / welches wieder zugewinnen / der König nicht begehren würde / nachdem sie sich verheirahtet hätte /und wol ein kleines Meer Parthisches Blutes kosten würde / da man sichs unterfahen wolte. Zwar er zweifelte nicht / ein und ander dürffte ihm diesen Vorschlag zur kleinmühtigkeit außlegen / aber solches wolte er gerne über sich gehen lassen / weil ihm sein Gewissen Zeugnis gäbe / daß er auff nichts / als auff des Parthischen Reichs erhaltung / seines Königes wolfahrt / und des Heeres mögliche verschonung sein ganzes absehen hätte. Dem Könige dauchten diese Reden lauter stachlichte Dornen / ja Schwerter und Spiesse in seinem Herzen seyn / deßwegen er im Zorn also loß brach: Ist euch das Herz schon entfallen /Vologeses / und habt den Feind noch nicht gesehen? oder sind wir zu dem Ende mit diesem fast unzählbahren / unüberwindlichen Heer außgezogen / daß wir in unsern Zelten stille sitzen / und etwa Eyer außbrüten wollen? Auff diese Weise haben unsere Vorfahren das Reich weder erstritten noch geschützet / sondern wann Feinde entstunden / griffen sie frisch an / und legten sie zu bodem; und wir solten den Auffrührern /unsern Untertahnen zusehen / wie sie unser Land und Leute verderben / unsern Kriegsleuten die Zungen außreissen / ja auff unserm Parthischen Grund und Bodem liegen / und ihres willens spielen? Nein Vologeses / hier zu bringet ihr uns noch nicht / noch einiger Mensch. Und was hätten wir dessen doch vor Ursach? ein tapfferer Mann / wann ihm schimpff und schaden angefüget wird / suchet er schleunige Rache; und wir sollen nach dessen einnehmung geduldig ruhen / damit wir nicht etwa ein schlimmers empfinden? Ey ey / welch eine Tapfferkeit ist daß! Sollen wir aber auff zweer / ja bloß nur auff zweer verlauffener Buben abzug lauren / damit sie nicht unser ganzes Heer (dann die übrigen werden ja nichts geachtet) auffreiben? Ey mein Vologeses / wir möchten wünschen / daß einem andern als euch / diese rede entfahren währe. Doch daß ihr euren Irtuhm erkennet / so wisset / daß eine grosse Ursach unsers Zuges eben dieses sey / daß wir diese beyden verächter unser Hocheit härtiglich zu bestraffen / und unsere verlobete Braut wieder zugewinnen / uns gänzlich vorgenommen haben. Währe es aber nicht ein schönes fressen vor unsere Abtrünnigen / wann sie durch bedräuung /uns Zungen / Ohren und Nasen abzuschneiden / uns dz Herz gar hinweg rauben / und nach unser Häuptstad zurüke treiben könten? Diesen Spot zu meiden /entschlage sich nur ein jeder der Gedanken / daß wir bedacht seyn solten / unsere und des Reichs abgesagte Feinde ohn angefochten zu lassen. Nein nein! wir wollen sie / ehe die Soñe dreymahl auff und untergehen wird / getrost angreiffen / uñ wo sonst kein ander verhanden ist / unsern Leib an die Teutschẽ Laffen setzen; oder da sie uns Streits versagen / ganz Persen mit Feur und Schwert durchächten. Wer nun dieser unser meynung zuwieder ist / der melde sich bey zeiten / auff daß wir uns vor demselben zu hühten wissen. Allergnädigster König / antwortete Vologeses /euer Königl. Hocheit Wille ist mir befehls gnug / dem ich und ein jeder billich folgen sol und wil; jedoch habe ich meine meynung weder aus furcht meiner Nasen und Ohren / noch aus verrähterischem Herzen vorgetragen / nachdem mir mein Gewissen Zeugnis gibt / das mein Gut / Blut / Ehr / und Leben meinem Konige ohn alle bedingung ganz eigen ist; und gebe der Himmel daß euer Hocheit niemahls gereue meinen Raht [71] verachtet zuhaben; ja daß klein und groß Ursach haben möge / nach diesem zusprechen: Vologeses Raht hat nichts getaucht. Weil dann der unwiederrufliche Schluß gemacht ist / dz die Schlacht ehistes sol gewaget seyn / wil ich alles mein vorige in die Erde verscharren; aber auff diesem meinem Häuptgrunde stehe ich feste / wir müssen behutsam verfahrẽ / wann wir nicht fallen wollen; dann wir haben Männer vor uns; wir haben mit vorsichtigen / herzhaften und glükseligen zu fechten; aber den Göttern sey dank /nicht mit unüberwindlichen; so stehet die Gerechtigkeit auff unser Seite / deren der Himmel allezeit wol wil / da jene nur auff den Frevel bauen; wir streiten vor unsern König / von dem jene abgefallen; suchen Friede zustiften / welchen jene gebrochen; und gedenken die Boßheit zustraffen / deren jene ergeben sind; wil nicht sagen / daß wir an geübeter und versuchter Mannschafft dem Feinde es zuvor tuhn. Deßwegen bestimme eure Königl. Hocheit den Tag uñ die Stunde / ich bin fertig und bereit / mit gleichem Herzen zum tode und zum Siege. Nun höre ich den ehmahligen Vologeses / sagte der König welcher nicht wähnen darff / als ob wir ihn einiger träulosigkeit zeiheten. Aber mein Karthasis / was gebt ihr vor einen Raht? ihr pfleget ja nicht gerne lange zu feiren. Allergroßmächtigster König / antwortete dieser: Ich habe nie mit stille sitzen etwas gewinnen können / ohn beim Würffel- und Kartenspiel; wiewol ich nit zweifeln wil / Herrn Vologeses Vorschlag sey der sicherste Weg / den Feind zu schwächen; jedoch halte ichs mit euer Königl. Hocheit / unter der Hoffnung / je frischer man an den Feind gehen wird / je geherzter werden unsere Völker gemacht und die Wiederwärtigen erschrecket; achte sonst vor dienlich / daß man in unserm Lager durch die übergeschikten gefangenen außsprenge / Dorylaus sey der ganzen Feindesmacht in die Hände gerahten / und mit den seinen wieder gegebene Träu und Glauben ermordet; welches nit allein die unsern aller furcht entheben / sondern auch einen Eifer und Rachgier bey ihnen erwecken wird / wodurch man den Sieg gewaltig befodern kan. Ich vor mein Häupt wil nichts lieber wünschen / als eben an dem Orte zufechten / wo selbst der hochberümte junge Fürst Herkules sich wird findẽ lassen / nachdem ich sonderliche gute Lust habe / sein Schwert zuprüffen. Dieser Vortag gefiel Artabanus / ermahnete ihn zur beständigkeit / und versprach ihm / dafern er ihm Herkules lebendig oder Tod liefern würde / solte es ihm mit einem Fürstentuhm und sechs Tonnen Schaz vergolten werden; welches das rechte Wasser auff Karthasis Mühle wahr / als der umb geniesses willen keine mögligkeit unterließ. Vologeses ließ die an Dorylaus ertichtete Verrähterey offentlich außruffen / und zugleich andeuten / daß ein jeder sich gegen Morgen früh zum Auffbruch fertig halten solte / da man sie zur Rache und Beute anführen wolte.

Der Persische Gesanter eilete sehr / die empfangene Antwort seinem GroßFürsten zu hinterbringen / deren sie wenig achteten / und wol sahen / daß Vologeses des Dorylaus vornehmens sich schämete / erfreueten sich aber höchlich da in folgender Nacht sie Zeitung bekahmen / daß die Feinde auffgebrochen währen /und gerade auff sie angingen; worüber Herkules vor freuden auffsprang; dann weil er vernam / daß alles von Vologeses geordnet würde / dessen Art ihm wol bekant wahr / befahrete er sich einer langwierigen Verzögerung / wodurch sie von ihrer hochgewünschten Rükreise dürfften abgehaltẽ werden; welchem vorzubauen er seine Stimme im Kriegsraht allemahl dahin richtete / man [72] solte des Feindes nicht erwarten /sondern / umb ihn zur Schlacht zubringen / etliche Meilen ins Land rücken / welche er durch Gottes hülffe gedächte zuerhalten. Diesem setzeten sie umb so viel eiferiger nach / da ihnen des Feindes Auffbruch kund getahn ward; und erhielt Valiska bey ihrem Herkules / daß sie mit zu Felde ging / weil Artaxerxes ihr einen treflichen Elefanten mit einem niedrigen festen Turm zurichten ließ / der von 2000 Schützen begleitet ward; wiewol sie / umb Argwohn zuverhüten / sich stets bey den andern Elefanten hielt. Als nun ein jeder FeldHerr sich nach seinen Völkern hin begeben wolte / redete Artaxerxes unsere Helden an / bedankete sich der schon geleisteten Dienste / und baht / die bevorstehende Schlacht ihnen befohlen seyn zu lassen /welches die gesamte HochFürstl. verbündnis / und jedes Glied derselben vor sich erkennen würde. Sie hingegen versprachen alle mögligkeit / sich zubemühen / daß sie in Artabanus Gegenwart möchten sehen lassen / wie sie sich so wenig vor seinem Säbel als vor seinen Ruhten fürchteten; verfügeten sich zu ihren anvertraueten Völkern / und gingen in gevierter Schlachtordnung freudig fort / da Leches und Arbianes (welcher jezt schon alle traurigkeit abgelegt hatte) mit 14000 Pferden den Vortrab hielten / und außdrüklich befehlichet wahren / nicht zu schlagen / sondern nur / wo möglich / etliche gefangene einzubringen /und auff erblickung eines starken Heers / hinter sich zugehen. Artabanus zohe in gleicher behutsamkeit etwas langsam fort / wegen etlicher engen Wege / und bekam gegen Abend Kundschafft der Perse währe aus seinem festen Lager loßgebrochen / und ginge gerade auff ihn zu mit aller seiner Macht. Daher Vologeses vor rahtsam hielt / man solte nicht weiter zihen / weil hieselbst ein weites ebenes Feld zur Schlacht sehr bequemlich währe; versicherte auch den König und die andern Häupter / daß Herkules nicht weichen / sondern alle Gelegenheit zur schleunigen Schlacht suchẽ würde. Die unsern traffen nichts denkwirdiges an /ohn dz die außgeschikten Kundschaffer einbrachten /an was Ort Artabanus sich nider gelassen hätte; deßwegen sie diese Tagereise endigten / und nur eine halbe Meile sich von dem Feinde lagerten / da ihre Völker zur gnüge gespeiset / und zur ruhe gelassen wurden. Umb Mitternacht bekahmen sie eigentliche Kundschaft / wie nahe ihnen der Feind währe / worüber sich Herkules erfreuete / und zu Artaxerxes / der mit ihm in einem Reuterzelte lag / sagte: Nun hat gewißlich der verständige Vologeses mit seinem nüzlichen Raht nicht mögen gehöret werden; dann ich weis / wañ es bey ihm stünde / würde er so eilig nicht fortgangen seyn / und dürfte ich schier wetten / der Wüterich fürchte sich / ich werde ihm mit meiner Valisken entlauffen. Beiderseits stelleten sie ihre Schildwachen gar weit und bey ganzen Schaaren aus / und weil der Angriff an beiden seiten verbohten wahr / hielten sie gegen einander mit blossem Gewehr / und fingẽ nichts tähtliches an / ohn daß sie einander mit Worten und Geschrey umbetrieben / da die unsern von jenen vor Zungendiebe; jene aber von den unsern vor Zungenfresser gescholten wurden. Vor Tage musten beyde Heere sich mit Speise und Trank laben / und ward an Persischer seite ernstlich befohlen / daß ein jeder ein stük Brod und etwas Gewürz bey sich stecken solte /damit wann die Schlacht etwas lange anhalten würde /sie sich laben und erfrischen könten. Herkules mit seinen Christen hielt ein andächtiges Gebeht zu Gott /uñ ließ das 14 Kapittel des ersten Buchs Mose von einem Christlichen Lehrer außlegen; nach dessen endigung zum Auffbruch geblasen ward. Nun hatte Artabanus diese Nacht weder [73] Schlaff noch ruhe haben können / ohn gegen Morgen kam ihm vor / als hätte Artaxerxes der Perse einen dreypfündigen Stein auff sein Schloßdach zu Charas geworffen / wovon es gar zerschmettert worden. Er erschrak dessen nicht wenig / zeigete es anfangs Bagophanes / und auf dessen Raht Vologeses an / welche beyderseits sich munter bezeigeten / als währe solches nicht zu achten; wiewol sie viel ein anders im Herzen befürchteten / uñ dieser dem Könige riet / es würde seiner Königl. Hocheit nicht ungleich können außgedeutet werden /wañ dieselbe die beyden abtrünnigẽ Fürsten vor der Schlacht durch ein gnädiges Schreiben ihres schuldigen Gehorsams erinnerte / und auff dessen bezeigung ihnen Gnade und ihres verbrechens vergebung anböhte. Die Furcht machete / daß er sich hierzu leicht bereden ließ / setzete es mit eigener Hand auff / zeigete aber niemand den Inhalt / sondern versiegelte es / und schikte es durch einen Heerhold über; welcher gleich im anfange des Auffbruchs sich bey Artaxerxes melden ließ / und ihm den Brieff dieses Inhalts einlieferte:

Der grosse König Artabanus wil nicht unterlassen /sein liebreiches Vaterherz / auch den Abtrünnigen Söhnen Artaxerxes und Phraortes / und allen denen / die ihnen mit verbund sind / darzulegen; erbeut sich allergnädigst / das Verbrechen zu übersehen / die Straffe abzustellen / und sie nach wie vor als geträue Fürsten und Reichs Seulen zu halten / dafern sie nur ihre Missetaht erkennen / umb Gnade anhalten / auffs neue sich dem Reich und ihrem Könige verbinden / und ihm die beyden Fremdlinge aus Teutschland und Böhmen / nebest dem entführten Fräulein alsbald lebendig übergeben und einlieffern. Solten sie aber wieder vermuhten sich dessen wegern / und diese väterliche Gnade verachten / wil er an dem erschreklichen Blutbade / und der gänzlichen verhehrung der Persen- und Meden länder allerdinge entschuldiget seyn / und an den Uhrhebern es hernähst ernstlich zu straffen wissen.

Artaxerxes trug bedenken / es einigem Menschen sehen zu lassen / dessen er sich gegen unsere Helden also entschuldigte: Hochwerte Herren Brüder; sie wollen mir vergeben / daß vor gehaltener Schlacht ich ihnen diesen Narren-Brieff nicht zeige / weil er absonderlich mich betrift / uñ ich ihn mit wenigen beantwortẽ wil; setzete auch alsbald folgendes auf:Artaxerxes und Phraortes / auch andere löbliche Fürsten dieser Morgenländer / haben Artabanus den Parther nie zum Vater / aber wol zum Wüterich und Henker gehabt / dessen übermuhtigen frevels sie lebendig oder Tod abseyn wollen / und daher seiner Gnade durchaus nicht begehren / erkennen sich auch vor keine Verbrecher / sondern beschützer ihrer Freyheit / insonderheit vor geträue Freunde Königes Ladisla und GroßFürst Herkules / die ihnen ja so lieb sind als ihr eigen Leben; und wer die Durchl. GroßFürstin Valiska ihnen entzihen wil / muß zuvor aller unser Mannschafft die Hälse gebrochen haben. Der übrigen dräuungen wil man gewärtig seyn / aber mit diesem bedinge / daß man umb die Meisterschaft spielen wird.

Diese Antwort reichete er in unserer Helden und anderer Fürsten und Herren Gegenwart dem Heerhold mit diesen Worten ein: Sihe da / mein Kerl / einmahl Antwort vor allemahl; und wer mir dergleichen anmuhtung nach diesem / schrift- oder mündlich bringen wird / sol an stat Trinkgeldes den Galgen bescheissen. Die Anwesende merketen aus seiner verenderung /daß es ein wichtiges betraf; aber niemand / ohn allein Herkules kunte es aus sinnen / wiewol er sichs gar nicht annam. Sie ordenten ihre Völker alsbald zur Schlacht / so daß Artaxerxes / Phraortes / Fabius und Artobarzanes das FußVolk uñ die Elefanten führeten; Herkules aber mit Pharnabazus / Arbianes / Leches /Klodius und Markus den rechten Flügel der Reuterey / welcher also abgeteilet wahr. Pharnabazus [74] ging voran mit seinen 20000 Susianern / uñ hatte 500 Teutschen um sich zum Leibschutze. Arbianes zohe hinter ihm her mit 20000 Meden / und hatte gleichergestalt 500 Teutschen bey sich. Den dritten Hauffen führete Leches / 20000 Assyrer und 500 Teuschen /deren hundert die grossen Schlacht Schwerter führeten. Den vierden und lezten behielt Herkules vor sich selbst / 10000 Assyrer / 10417 geworbene / 4441 Teutschen / 5872 Römer / und 770 Fabius geworbene; und sahe Herkules vor gut an / daß Markus seine und Klodius 1000 Römer Arbianes zuführete /daß also dieser Flügel 94000 Reuter stark wahr. Herkules ritte stets neben Pharnabazus vor dem ersten hauffen her / uñ ließ Klodius zum Statverweser bey seinem eigenen / da er dann auff seinem wolverwahrten Blänken sich so freudig erzeigete / auch den Völkern so geherzt und freundlich zu redete / daß sie alle entschlossen wahren / mit ihm zu siegen oder zu sterben. Den linken Flügel befehlichte Ladisla / welcher eine gleichmässige abteilung mit Herkules abgeredet hatte. Unter ihm ging Prinsla vor an mit 12000 geworbenen / 8000 Hirkanen und 500 Böhmen. Diesen folgete Neda mit 10000 Baktrianern / 10000 Arischen / und 500 Böhmen. Den dritten hatte Mazeus 14100 Meden / 6900 Drangianer / und 500 Böhmen. Den vierden behielt er vor sich / als 4428 Böhmen / 14000 Persen uñ 13072 Margianer / wobey er seinen Tyriotes zum Statverweser bestellete / weil er sich vor dem ganzen Flügel sehen ließ / welcher in gleicher anzahl mit dem linken wahr. Das FußVolk ward in vier hauffen gesetzet; den ersten führete Artobarzanes (Phraortes Bruder-Sohn) und Gallus / 20000 Susianer / 8000 Drangianer / und 6000 Assyrer. Den andern Fabius /12000 Hirkaner / 15000 Arische / und 7000 Margianer; Den dritten Phraortes / 20000 Meden 13000 Baktrianer / und die Elefanten / auff welchen sich 7000 Schützen hielten. Den vierden und lezten Artaxerxes selbst / 48000 Persen; und blieben 6000 FußKnechte zur besatzung des Lagers; daß also die ganze Reuterey in 188000; und das FußVolk / welches sich in der Schlachtordnung befand / in 156000 Mann bestund / ein KriegsHeer von 344000 bewehrten Kerlen.

Artabanus lies durch Vologeses seine Völker auch in Ordnung stellen / welcher von den geworbenen Fußknechten den abgang der Reuterey unter Dorylaus / ersetzet hatte / wie imgleichen auch dz Skytische Heer von ihren Fußgängern; an deren stat 37000 Parther dem FußVolk wieder zugegeben / und deren anzahl auff 196000 ergänzet ward / über welches Fürst Pakorus Obrister FeldHerr wahr / der sich in vier starke hauffen setzete. Den ersten gab er einem kühnen und verständigen Parthischen Herrn / nahmens Surinas / 42000 geworbene Knechte. Den andern / Fürsten Orodes / 16500 Skyten / 14000 Indier / und 11500 geworbene. Den dritten / Herrn Archelaus /20500 geworbene und 21500 Parther. Den vierden behielt er bey sich / 50000 Parther. Nähst ihm hielt Madates mit den Elefanten / auff welchen 12000 Schützen wahren / wobey Artabanus sich selbst befand; uñ wahren 6000 Parther im Lager zur besatzung blieben. Den linken Flügel der Reuterey führete FürstOsazes / 146500 Mann stark / welchen er gleichmässig in vier grosse Geschwade verteilete. Bey dem ersten wahr FürstMithridates 25500 allerhand zusammen gelesene Völker / und 5000 versuchte Parther. Bey dem andern / Herr Argunthis GroßOberwachtmeister von Karthasis / 31000 Skythen. Bey dem dritten Karthasis selbst / 35000 Skythen. Bey dem vierden der FeldHerr Osazes / 50000 Parther. Der rechte Flügel [75] unter Fürst Vonones wahr gleich so stark an Mannschaft / auch in gleich so viel Heere abgeteilet; das erste bekam Herr Oxatres 32000 geworbene /zum angriff. Das andere Pardion / ein Handfester Indianischer Herr / von 26000 seiner Landsleute und 5000 allerhand gesamleten. Das dritte Herr Dataphernes / 15000 geworbene / 13500 auß dem FußVolk gesamlete / und 5000 versuchte Parther zum Leibschutze. Das vierde hatte Vonones selbst zum Stichblade dieses rechten Flügels; 50000 Parther / den Kern der Ritterschaft.

Als diese beyde Heere gegen einander hielten 845000 Mann zusammen gerechnet / (so hatten sich die Völker beiderseits auff dem Zuge und im Lager gestärket) wahr niemand der nicht überlegete / was vor eine erschrekliche Blutstürzung in wenig Stunden sich zutragen würde; nur der einige Artabanus wahr blind vor Eifer und Liebe / daß er weder seines Heils noch schadens wahr nam. Arimazes wahr befehlichet /mit den 1200 Streitwagen den ersten Angriff zu tuhn; und weil die unsern davon gute wissenschaft hatten /folgeten sie Herkules Raht / in dem sie 4000 zu Fusse mit langen Spissen / und zwischen ihnen 4000 der allerbesten Schützen desselben Weges in die länge herstelleten / da sich 50 Wagehälse mit 5000 Kronen willig erkäuffen liessen / daß sie mit angezündeten Fackeln / Stroh und Flachs / welches sie auff Knäbelspiesse stecketen / den Wagen entgegen treten / und die Pferde damit verschüchtern wolten; welches auch sehr glüklich von statten ging / und ihrer nur zehn drüber ums Leben kahmen; dann als dieser Wagen anfangs 50 loßbrachen / wurden sie durchs Feur erschrecket / daß sie umbkehreten und sich in einander wickelten / da die bestelleten Schützen nicht feireten / sondern die Pferde niderschossen. Nach diesem gingen 300 andere loß / deren Rosse gleichergestalt das Feur scheuheten / und zur seite außlieffen /daß sie von unserm Heer mit Pfeilen alsbald undüchtig gemacht wurden. Artabanus sahe / daß die ser Anschlag / auff welchen er fast getrotzet hatte /von Freunden und Feinden als ein Kinderspiel verlachet ward / deßwegen er befahl / daß die übrigen auff gelegenere Zeit versparet würden / und der linke Reuter Flügel den Angriff tähte. Also ging Mithridates frisch loß mit den seinen / die alle Schwerter und Bogen führeten. Den ersten angriff tahten sie mit schiessen / aber Pharnabazus / welcher ihm begegnete schonete sein auch nicht; uñ weil die unsern den Wind zum vortel hatten / wirketen ihre Pfeile weit besser als der Feinde / und erlegeten deren 3000 / da von den unsern etwa 50 erschossen wurden. Hierauf wolte Pharnabazus mit dem Schwert ansetzen / aber der Feind weich seiner Art nach zurük / und schoß die Pfeile hinterwerz / daß wo die unsern nicht so behutsam gangen währen / würden sie grossen Schaden genommen haben; weil sie aber sich bey zeiten zurük zogen / ging es noch gnädig ab / wiewol sie 165 dabey einbüssetẽ / uñ 300 zum gefecht undüchtig gemacht wurden. Osazes brach darauff mit seinem hauffen selber loß / die eine solche Menge Pfeile von sich schicketen / daß sie als Hagel niderfielen; aber Herkules / der sich mit Arbianes zusammen gesezt hatte /wichen zurük / daß die Pfeile zu kurz fielen / und etwa 100 Mann verwundeten und 36 erschossen / die von Arbianes Heer wahren. Die unsern zücketen hieselbst noch keine Bogen / stelleten sich gleichwol als wolten sie eiferig ansetzen / wodurch Osazes muhtig ward / und gedachte sie nahe gnug kommen zulassen /und alsdann im weichen ihnẽ grossen Schaden zu tuhn; aber Herkules wiche zugleich mit / daß jener abermahl seine Pfeile umbsonst verschoß. Bald darauff wendete sich Herkules / hieß die seinen freudig loßdrücken / [76] und traffen so wol / daß 5000 Parther sitzen blieben / und 3000 hart verwundet wurdẽ / da hingegen der unsern etwa 200 von Arbianes Heer verletzet und 80 zu bodem gestürzet wurden; daher diesem Feindes hauffen nicht mehr gelüstete / sich unter die Pfeile zuwagẽ. Herkules sendete unter diesem Schiessen seinen Klodius an Ladisla / und ließ ihm ansagen / daß er aus der erfahrung gelernet / wie man sich bey diesem Pfeil-Treffen zuverhalten hätte / welche unterrichtung ihm wol zu statten kam. Artabanus sahe / daß der Bogen Streit / welcher der Parther bestes wahr / und er darauff seine gröste Hoffnung gesezt hatte / ihm den Sieg nicht bringen würde / wie ihm solches auch Vologeses schon hatte zuvor gesagt / daß Herkules viel zu behuhtsam währe / und die fliehenden so blindlings nicht würde verfolgen lassen /welches er zwar dazumahl verlachete / aber es in der Taht mit grossem unlust und verlust erfuhr; befahl demnach / es mit dem Schwerte auffs tapferste zu wagen / und den ersten Feinden nur getrost entgegen zugehen / alsdann würde das Feld leicht zuerhalten seyn. Es wahren hierzu seine Leute willig / und die unsern sehr froh / daher sie / als hätten sie sich dessen verglichen / zu ihren Schwertern griffen. Mithridates setzete abermahl voraus / welches Pharnabazus ersehend / den seinen geherzt zuredete: Sie solten gedenken / dz sie Männer währen / und die verübte träulosigkeit ihrer Landsleute unter Gobares / mit einer ruhmwirdigen Taht abwischeten / damit die Susianer /so vor diesem die ädlesten geachtet / ihren Ruhm und Preiß nicht verlieren möchten. Führete sie damit an den Feind / und griff mit ganzer Wuht an / da seine Leute / die sich alle zum Tode bereitet hatten / nichts mehr begehreten / als ihr sterben noch lebendig zurächen; und wann einer seinen Feind erlegt hatte / meinete er daß seine getahn haben / wiewol ihrer viel den dritten vierden und mehr hinrichteten / und gleichwol ohn sonderliche Wunden blieben; und tahten die 500 Teutschen hieselbst ein grosses durch ihr tapfferes vorgehen / denñ die Susianer rechtschaffen folgeten. Mithridates wahr dieses verzweiffelten fechtens an den Persen nicht gewohnet / bemühete sich sehr /ihren dolkühnen Einbruch auffzuhalten / aber vergebens; dañ da wahr kein weichen / biß Mann oder Pferd stürzete; und gab ein lustiges ansehen / daß des Feindes hauffe / welcher drey gegen zween hatte / in kurzer Zeit geringer ward als diese. Niemand freuete sich dessen mehr / als ihr Führer / welcher nur suchete Mithridates anzupackẽ / der sonst sein vertraueter brüderlicher Freund wahr; samlete deßwegẽ eine Schaar von 150 Teutschen umb sich / brach mit ihnen durch / und traff seinen Mann zeitig an / welchen er mit aller Macht überfiel / aber gute gegenwehre fand; doch halff ihm das Glük / dz seines Feindes Pferd über eines ertödteten Harnisch strauchelte / und mit samt seinem Reuter zu bodem fiel. Da hätte man mögen ein verwirretes schlagen sehen; jene wolten ihren FeldHerrn retten / und diese den so gut als gefangenen nit verlassen. Aber der Teutschen Schwert drang durch / daß Pharnabazus gelegenheit bekam abzusteigen und ihm auffzuhelffen / da er zu ihm sagte: Bruder gib dich / daß du leben bleibest / du weist daß ich allemahl dein Freund gewesen bin. Ich muß mit des Glückes Unfal zu frieden seyn / antwortete dieser / gab das Schwert von sich / und ward von 20 Susianern nach Arbianes geführet / der ihn Artaxerxes zusendete. Vologeses sahe diesem Treffen mit grossem Unlust zu / hielt neben Osazes / und sagte: Jedes Ding hat seine Zeit und verenderung; wie haben doch die Persen in so kurzer Zeit solchen beständigen Muht gefasset / dz da ihrer drey vorhin [77] kaum einen Parther bestreiten durfften / jetzo einer dreien scheinet gewachsen seyn. Machte sich nach Argunthis / und redete ihn also an: Geehrter Spiesgeselle / auff! und lasset jezt sehen / daß SkytischeFunken heisser als Persische Flammen brennen; mich deucht / Mithridates werde eures entsatzes schier benöhtiget seyn. Dieser brach bald loß / in meynung / Pharnabazus abgematteten hauffen / wie eine Fluht zu überfallen; Aber Herkules seien Auffbruch ersehend / munterte Leches also auff: Sehet / dort ist Ehre zubekräfftigen; haltet euch frisch / daß Pharnabazus guter anfang besser fortgesetzet /und er mit seinem hauffen vor des einbrechenden frischen Feindes Wuht erhalten werde; taht ihm zusage guter vergeltung / und ließ ihn damit fortgehen / da er zu gewünschter Zeit ankam; massen Argunthis sich mit solchen kräfften an die Susianischen Völker henkete / daß sie als ermüdete bald würden hingerichtet seyn; aber Leches einbruch zog ihn ab / und ließ Herkules Pharnabazus ansagen; dafern die Mithridatischen nicht stark auff ihn drüngen / möchte er seine Völker abführen / aber jene wichen ohndaß / daher leistete er folge / weil er 5000 eingebüsset / und 4000 verwundete hatte / da an Feindes seiten 13000 ins Graß gebissen / und 9000 verwundet wahren. Leches ging anfangs mit den Skythen gar behutsam / und ermahnete die seinen / sich vor des Feindes dräuen nicht zu entsetzen / sondern von ihm uñ den Teutschen ein Beyspiel zunehmen. Von den Teutschen behielt er 100 Schlachtschwerter bey sich / die andern hatte er unter seine Assyrer verteilet / daß jede zwotausichte Schaar / 40 Teutschen bey sich hatte / welche die er sten Glieder macheten. Dieser fund wahr ihnen sehr nützlich / dann die Teutschen brachten diesen Wahn in die Skythen / ihre folger währen eben ihrer Art /wie sie dann in warheit alle mögligkeit anwendeten /und ihren Vorgängern kek nachsetzeten / kunten aber den Feind durchaus nicht auff die Weichseite bringen. Die Blutstürzung wahr anfangs an beyden seiten fast gleich / aber in die harre würden die Assyrer es nicht gespielet haben; deßwegen ließ Herkules 2000 Römer und 4000 frische geworbene unter Klodius anführung ihnen zu hülffe gehen / welche dann rechtschaffen erwiesen / daß sie wol ehmals es mit ihren Feinden hätten zu tuhn gehabt; wiewol die 100 Schlachtschwerter die allerbeste Wirkung verrichteten / vor denen Vologeses auch von ferne sich entsetzete / und meynete anfangs / diese wenige nur würden bey dem ganzen Heere seyn / ließ demnach Argunthis erinnern / dieselben absonderlich anzugreiffen; aber es wolte niemand gerne hinan / biß Argunthis 600 beherzete Ritter umb sich samlete / und mit blinder Wuht auff sie hinein ging; wodurch aber Leches sich nicht schrecken ließ /sondern dreyfachete sie auch mit frischen Römern /und ging diese kleine Schlacht mit ihnen ein; Härterer Saz wahr bißdaher nicht geschehen; die beyden Führer traffen aneinander / uñ zuwetzeten sich rechtschaffen / biß etliche Skythen ihrem FeldHerrn beystand leisteten; worüber ein teutscher Ritmeister / nahmens Schwerting / ergrimmete / und Argunthis Pferd mit seinem Schlachtschwerte niderhieb / daß er drunter zu liegen kam. Leches hätte ihn gerne gerettet / aber das Gedränge umb ihn von seinen eigenen Leuten / wahr zu groß / die mit ihren Pferden ihn zutraten / da er einezeitlang unter den Pferdefüssen ein jämmerliches Geschrey trieb / welches seine Skythen zu tödlichem grimme auffmachte / daß sie wie blinde anfielen / und mit ihrem Führer zusterben sich erkläreten. Die Assyrischen kunten solcher Macht nicht wiederstehen / und begunten hintersich zu weichen / uñ währe Klodius[78] Beystand nicht gewesen / hätten die Teutschen / als die zu flihen ungewohnt wahren alle Haar lassen müssen. Herkules kunte bey seinen Völkern nicht lange stille halten / umbritte selb sechs hin und her / uñ machte die seinen durch herzhafte Worte sehr freudig. Sein Pferd ging als ein Pfeil m der Luft / welches Vologeses von ferne sehend / sich nach Karthasis wendete / und zu ihm sagte: Sehet dort mein Freund; jenes ädle Pferd / daß seines gleichen nicht haben sol / gibt seinen Reuter den muhtigen Herkules zuerkeñen / da ich doch gemeinet / er hätte vor längst schon gefochten. Ist der Reuter wie das Pferd / antwortete diese /so dürfte er den Parthischen Stuel zubehäupten kek gnug seyn. Inzwischen sahe Herkules der Assyrer außweichen / und schikte ihnen 2000 geworbene zum entsaz / welche nicht allein alles wieder gut macheten / sondern mit der Teutschen und Römer hülffe der SkythenVorsaz brachen; dann ihre Zahl hatte sehr abgenommen / uñ wahren von 31000 kaum 15000 übrig / welche aber 9000 Assyrer / und 40 Teutschen mit sich in den Tod genommen hatten. Karthasis sahe der Skythen geringen überschuß / und begehrete von Osazes / daß er sie mit etlichen Parthen entsetzen möchte / wozu er sich ungerne verstund; dañ er wolte seine Mannschaft nicht schwächen / mit denen er bedacht wahr / den Sieg zugewinnen; weil aber Vologeses selbst es vor rahtsam hielt / muste er 8000 unter Phraates fortgehen lassen / die aber wegen der Verzögerung zu späte kahmen; dañ als die Teutschẽ und Römer ein Loch in die Skythen gebrochen hatten /gingen die andern mit zu / und hieben sie wie Mücken nider / daß bey der Parther ankunfft etwa noch 6000 übrig wahren. Herkules sahe Phraates daher traben /und sendete ihm Arbianes und Markus mit 10500 Meden und 500 Römern entgegen / denen er alsbald noch 500 Teutschen uñ gleich so viel von Fabius geworbenen nachschickete; Klodius aber und Leches foderte er zurük; dann er merkete / daß sie schon zu weit gangen / und dem Parthischen FußVolk unter die Pfeile gerahten wahren / weil die übrigen Skythen dahin ihre Zuflucht nahmen / auch endlich bey Karthasis schnaubend ankahmen / und Argunthis elenden Tod mit seuffzen beklageten; welcher ihnen zur Antwort gab: Seine Zeit ist kommen / und sein Wunsch erfüllet / daß er das Schwert in der Faust haltend sterben möchte; ihm ist nirgend besser mit geholffen / als dz wir seinen Tod zu rächen / uns lassen angelegen seyn. Vologeses hatte seinen Oheim Phraates vermahnet / des Parthischen nahmens eingedenk zu seyn / mit der Verheissung / da ihm der Feind zu schwehr würde / wolte er ihn zeitig gnug entsetzẽ; ging deßwegẽ wolbedacht hinan / in willens Leches anzugreiffen; aber Arbianes begegnete ihm tapffer / dessen Menge er doch nicht scheuhete / sondern mit einem heftigen Angriff sie auffhielt. Markus sahe / daß die Meden im vorzuge sich trennen liessen / setzete sich deßwegen mit 500 Römern vorne an / und brachte damit den ganzen hauffen zum stande / daß die Parther als die wenigsten wieder weichen musten / welches ihm aber 25 Römer kostete. Nun wahr Phraates sehr verschmizt / daher er sich einer Furcht añam / und sich zurücke zog / daß er die unsern unvermerket unter des Fußvolks Pfeile lockete / ließ hernach seine Völker vonander gehen / daß die unsern kunten getroffen werden / da dann jene eine solche menge Pfeile unter sie schicketen / daß jederman meynete / ihres Gebeins würde nicht davon kommen. Arbianes ermahnete seine Leute zur Flucht / wodurch der mehrerteil gerettet ward / verlohr doch in diesem unfalle 3000 Meden und 25 Römer / und wahren im Gefechte schon 1400 Meden [79] den nidergehauen / aber dagegen auch 2300 Parther sitzen blieben. Arbianes selbst ward von zween Pfeilen an der linken Hand und rechten Beine beschädiget; Markus Pferd ward erschossen / und kam mit Noht auff ein anders. Auch wurden 900 Meden / 40 Römer / und 15 Teutsche hart getroffen /daß sie der Schlacht ferner nicht beywohnen kunten. Herkules betrübete sich des unfals; weil aber Arbianes ohn tödliche Wunde blieb / ward er froh / und setzete sich mit seiner ritterlichen Schaar dem Feinde näher; befahl doch zuvor Leches und Klodius / die übrigen Völker / so noch nicht getroffen hatten / nicht anzuführen / biß ers geböhte / oder sie sehen würden ein frisches feindliches Heer loßbrechẽ / dem sie alsdann begegnen solten. Pharnabazus und Markus gab er die annoch vermögenden Völker / die schon getroffen hatten / welche 37760 stark wahren / sie auff allen fall fertig zuhalten. Er aber nam 22500 / so von seinem hauffen noch bey ihm hielten / als 10000 Assyrer / 4417 geworbene / 270 Fabius eigene / 3872 Römer / 3941 Teutschen / und redete sie auf Teutsch / Römisch und Persisch an; Sie solten sich nach ihm richten / und ihrer Ehr und Mannheit eingedenke seyn; Gott teilete den Menschen nichts mit ohn mühe; so währe dz Feld an ihrer seiten schon fast erstritten; ein kleiner Schweiß währe umb so grosse Beute / die ihnen bevorstünde / noch wol anzuwenden; sie solten nur behutsam fahren / keinen möglichen Schlag verseumen / und ihrer eigenen beschützung unvergessen seyn / auch fleiß anwenden / daß sie ungetrennet blieben / und sich nicht im ersten anfall aus dem Athem arbeiteten. Hernach sagte er zu seinen Teutschen absonderlich: Ihr meine lieben Teutschen / die ich so herzlich als Söhne und Brüder liebe; lasset uns einer dem andern biß in den Tod träulich beystehen / und zweiffelt nicht / Gott werde uns gnädig hindurch helffen. Hiermit munterte er seinen ädlen Blänken auff /ließ sein nohtfestes Schwert dreymahl umb den Kopff gehen / und setzete fort in fest geschlossener Ordnung / erwartend / was vor ein Feind ihm begegnen würde. Vologeses sahe ihn daher prangen / und sagte zu Karthasis; Mein Freund erinnere sich seines gestrigen Wunsches / welchen Königl. Hocheit als ein Versprechen auffnahm / und mit grosser mildigkeit zuersetzen sich erboht; dort kömt Herkules her / die starke Seele der ohmächtigen Persen / der gleichwol ein Mensch /ja noch ein lauter Jüngling ist / und demnach durch mänliche Kraft wol kan gezähmet und gelähmet werdẽ. Ich erfreue mich seiner ankunft / antwortete er / habe mich auch eigentlich auff diesen meinen Mann gesparet / sonst würde ich meinen Argunthis unentsetzet nicht gelassen haben. Redete nachgehends seine Völker an; Jezt währe Zeit / die Skythische unüberwindliche Mannheit sehen zulassen / und der Brüder Tod / die dort gestrecket lägen / eiferig zurächen /nicht durch blossen Zorn / sonder mit der Taht. Der Sieg währe ihr / wann sie ihn nur behäupten dürfften; brach damit loß / und führete alle übrige Mannschaft in vorsichtiger Ordnung an. Herkules hatte seine 1000 Schlachtschwerter in die mitte gesetzet / die Römer aber vorne an / weil sie Speere führeten / damit sie auch den Angriff tuhn musten / und geriet ihnen derselbe so wol / daß über 2000 nider gerennet / und von ihrer Gesellen Pferdẽ mehrenteils zutreten / auch sonst noch 1000 zum gefechte undüchtig gemacht wurdẽ. Karthasis hatte auch SpeerReuter / aber sie wahren dieses Streits ungeübet / und führeten zu kurze Spiesse / welche zwar / wañ sie traffen / den Gegener mächtig außhoben; aber kaum 80 Römer wurden gefellet / deren 56 durch hülffe der ihren wieder zu Pferde kahmen / die [80] übrigen aber das Leben zusetzen. Als dieses Treffen glüklich geendiget wahr /griffen die Römer zu den Schwertern / hatten sich doch wegen des Speer rennens zimlich getrennet /welches ihnen übel würde bekommen seyn / wann nicht auch die Feinde ihre Glieder zufüllen etwas Zeit hätten anwenden müssen. Als sie auffs neue traffen /gingen die Skythen ihrer Art nach / sehr feurig loß /aber der Teutsche Wedekind und der Römer K. Autronius / nahmen ihres FeldHerrn warnung in acht /brauchten samt den ihren das Schwert mit vortel / und den Schild zur fleissigen beschirmung daher der heftige Sturm der Skythen / mehr getöß als Wunden gab /und hingegen der Feind mannichen abgesattelten missen muste. Herkules rühmete der seinen wolverhalten / und sagte zu den Schlachtschwertern / gehet nun hin / und arbeitet so lange es die Arme erleiden mögen /auff daß ihr sehen lasset / wie erschreklich ihr den Römern selbsten seid; aber vertieffet euch nicht zu weit in den Feind hinein. Sie ritten hierauff fuß vor fuß / dehneten sich in die breite aus / und fielen mit solchen hieben zur rechten Seite in den Feind / daß ohn verlust einiges Mannes sie 3000 Skythen im ersten angriff zu grunde richteten. Herkules entsetzete die Römer und ersten Teutschen mit 6000 Assyrern; da hätte man ein Gemätsche sehen sollen; dann als diese Assyrer der Teutschen und Römer tahten sahen /uñ Herkules sie zu gleicher tapferkeit vermahnete /hielten sie sich so ritterlich / daß keiner unter ihnen zu tadeln wahr. Karthasis muste nohtwendig seine Völker teilen / und den Schlachtschwertern 6000 Skythen entgegen ordnen / mit den übrigen ging er unerschrocken auff Herkules macht / dessen Pferd nie kein mahl seine Tugend hatte sehen lassen wie anjezt. Er hatte diesem ädlen Blänken eine leichte Rüstung angelegt /welche nur von Linnewad / und mit stählenem Draht durchzogen / aber so hart durchnähet wahr / daß weder Pfeil noch Schwert drauff hafften kunte / es zu beschädigen; diese seine sicherheit merkete es gleichsam / schlug und biß von sich / daß ihm niemand nahen durffte; so schlieff trauen sein Reuter auch nicht / sondern was er traf muste zu grunde gehen. Karthasis sahe ihn solch wunder treiben / machte sich an ihn / uñ sagte: Fürst Herkules / es beut euch Karthasis der Skythe seinen Gruß an; schlug auch mit dem Worte ihn über die Schulder / daß ihm die linke Hand davon schmerzete / und er den Schild kaum halten kunte / welches sich doch bald wieder verzog; und antwortete er nur dieses wenige: Des muß Karthasis dank haben; aber das Schwert ließ er ihm dergestalt umb die Ohren sausen / daß er mühe hatte sich zu schützen.

Wir müssen aber des andern Flügels nicht gar vergessen / woselbst die unsern zum Treffen nicht gelangen kunten / biß an der andern seite der Bogenstreit geendet wahr / welches Artabanus also ordente /damit er an diesem Orte desto eigentlicher sehen möchte / wie die Persen von den seinen (also hatte er sichs eingebildet) hauffenweise nidergeschossen würden. Weil es aber hieselbst sich nicht nach Wunsch fügete / muste Vonones mit seinem Flügel sich eben zu solchem Treffen fertig machen / ritte auch auff Ladisla weidlich loß / in meynung / er solte deßgleichen tuhn. Aber er wahr von Herkules gewarnet / deßwegen er auff stillem Fusse jenen die Pfeile entgegen schicket / so bald er den Feind damit ablangen kunte /welches dem guten Vonones den Seiger gar verrückete / daß nach hinterlassung 3000 todten er unverrichteter sache abzog / uñ kaum 200 von den unsern beschädiget hatte. Dataphernes / welcher bißdaher geruhet / wolte es besser machen / taht auch unter Mazeus [81] Völkern zimlichen schaden / deren er 1200 erschoß; aber er geriet dagegen dem Persischen Fuß Volk unter die Pfeile / die ihm seine Völker / worzu Neda seine Baktrianer weidlich hulffen / dergestalt zurichteten / daß ihrer 13000 gestrekt lagen / und 10500 hart verwundet wurden / daß wañ die übrigen nicht die schleunige Flucht ergriffen hätten / währe ihrer keiner davon kemmen. Also liessen die übrigen unter Oxatres und Pandion sich witzigen / daß sie ihre Pfeile zwar verschossen / aber wegen der andern behutsamkeit nichts sonderliches verrichten kunten; doch felleten sie von Prinsla 600; von NedaVölkern 450 und verlohren dagegen der Parther 1700; der Indier 1450 Reuter. Vonones wahr sehr ungehalten /daß Dataphernes die herlichen Völker auff die Fleischbank geführet / und dagegen dem Feind keinen abbruch getahn hatte; rieff Herrn Oxatres zu sich /und befahl ihm / auff Prinsla Geschwade anzugehen; der ihm dann freudig mit den seinẽ begegnete / und ob er gleich im anfange harten Wiederstand spürete /brach er doch endlich durch / verwundete den Führer selbst schwerlich / und reiß ihn mit gewalt vom Pferde / daß ihm weder seine eigene / noch der seinen gegenwehr helffen mochte / sondern ward von 30 Hirkanern nach Artaxerxes geführet / bald nach Mithridates ankunfft / da sie einer dem andern geselschaft leisteten / und einander erzähleten / wie sie in voriger Nacht einerley Traum gehabt / und sie gedaucht hätte / als gingen sie vor dem Parthischen Kriegsvolk her durch ein grosses Wasser / da die anderen ihnen nachfolgeten; woraus sie der ihrigen gänzliche Niederlage muhtmasseten. Nach Oxatres gefängnis ging das Blutvergiessen erst recht an; gestaltsam die unsern den erstrittenen Vortel nicht aus den Händen lassen /und jene ihres Führers Gefängnis rächen wolten /daher an Feindes seiten 15000 ins Graß sitzen gingen / 6000 hart verwundet wurden / und die übrigen sich nach Entsaz umbsahen / da von Prinsla seinen geworbenen nur 1800 von den Hirkanern 400 / und von den Böhmen 4 umkahmen / nebest welchen sich 300 verwundet befunden. Pandion der Indier schickete Oxatres hauffen seine 5000 gesamleten und 1000 Indier zum Entsaz / die sich zwar an Prinsla macheten / aber dergestalt empfangen wurden daß ihnen arbeit genug geschaffet ward. Dataphernes sahe diesen Entsaz noht leiden / und schickte ihnen von seinen annoch übrigen 10000 gesunden / 6000 zu hülffe; aber Mazeus ging ihnen entgegen mit seiner ganzen Macht / daß Prinsla freien Abzug bekam / nach dem er noch 2500 von den Feinden nider gelegt / und die übrigen zurük gingen /wobey er gleichwol auch noch 600 eingebüsset hatte /und 200 verwundet wahren / und ward er wegen seines wolverhaltens von Ladisla sehr gerühmet. Obgedachte / so gegen Mazeus angingen / gebrauchtẽ sich ihrer Fäuste rechtschaffen / aber sie wahren mehr als dreyfach übermannet / daher sie mehr Beystand von ihrem FeldHerrn begehreten / welcher seine annoch übrige 4000 / und 5000 Indier von Pandion zu sich nam / damit er hoffete die verlohrne Ehre wieder einzuhohlen. Sein erstes häuflein zog sich enge zusammen / und drungen mit gewalt hinein / da ihnen Mazeus gerne freiẽ eintrit gab / in meynung / sie einzuschliessen / und in der enge nider zu machen; aber der Anschlag mißriet ihm; massen er mit den feinen selbst umbzingelt ward / als Dataphernes ihn angriff / gegen welchen sein halbes Heer sich wenden muste / uñ die eingeschlossene Feinde daher Luft bekahmen / die sich ihrer Haut redlich wehreten. Ladisla sahe / daß dieses kein gut tuhn würde / und gab Tyriotes von Neda hauffen 6000 Baktrianer / damit er auff [82] Dataphernes traff. So bald Mazeus hieselbst loßgelauffen wahr / taht er den ersten eingewickelten so gedrange /daß sie alle den Tod tiesen musten. Worauff er sich mit Tyriotes zusammen setzete; wiewol er in diesem sehr herben Treffen 6500 Mann eingebüsset hatte /und 3400 hart verwundet wahren; da sie dann dem Feind so hart zusetzeten / daß er sich auf Pandion zurüke zihen muste. Derselbe wolte nun seinen guten Freund nicht im stiche lassen / sondern ging loß mit seinen annoch übrigen 20000 Indiern / vorhabens /mit Mazeus und Tyriotes (welcher 800 Baktrianer zugesezt hatte) das garaus zuspielen; aber Ladisla / dem die Zeit ohn daß schon zu lange wehrete / ging auff ihn mit 14000 Persen und 7000 Margianern / und muste Neda seine 6072 übrige Margianer / samt allen Böhmen (deren er nur 150 zu sich foderte) zu seinem Heer nehmen; er aber / in dem er loßbrach / befahl Mazeus und Tyriotes / alle annoch gesunde Mannschaft / die schon getroffen hatten / in einen hauffen zusetzen / und seiner verordnung gewärtig zu seyn; und stürmete darauff dergestalt zu Pandion ein / als hätte er ihn gleich anfangs mit seinem ganzen Heer übern hauffen rennen wollen. Weil dann dieser auch bisher gewohnet wahr zu siegen / wolte er so bald sich nicht treiben lassen / daß also dieses der allerheftigsten Treffen eines wahr / davon je mag gehöret seyn. Beyde Heerführer gaben durch ihrer Schwerter wirkung den ihren ein Beyspiel / wessen sie sich verhalten solten; Verlust und Gewin blieb in gleicher Wage / so lange Pandion Freyheit hatte sich hin und her zuwenden / aber weil ihn Ladisla mit seinen wenigen / doch außerlesenen suchete / traff er ihn endlich an / schlug ihn umb den Kopff daß ihm beyde Ohren gelleten / und sagte: Mein / du must nicht gedenken /ob sey dir das Feld allein eingeräumet. Dieser fühlete die schweren streiche und bezahlete baar / so viel er kunte / daß Ladisla am linken Beine etwas verwundet ward / welches zuvergelten er seine Hiebe verdoppelt / dz dem Indier der Helm auffsprang / und zugleich einen geringen Schramhieb über die Backe bekam. Ladisla meynete / er währe sehr verwundet / und ermahnete ihn / sich zu ergeben; aber dieser bekam hiedurch nur Zeit / seinen Helm gleich zurücken; worauf er alsbald die Rache vornam / und Ladislaen mit aller Krafft zusetzete / dessen Pferd er in den Hals verwundete / das es strauchelte / und er sich deßwegen auff die Füsse begeben muste / nam doch seiner Schanze wol wahr / und hieb seines Feindes Pferde die Vorderfüsse entzwey das es auff den Kopff stürzete / und Pandion herunter fiel / auff welchen Ladisla sich setzete / und seinen Leuten zurieff / sie solten niemand herzu dringen lassen; reiß ihm hernach den Helm ab /und stellete sich / als wolte er ihm das Häupt abschlagen; dieser aber fragete; wer sein Obsieger währe. Der heisset Ladisla / gab er zur Antwort; und könnet ihr euch gefangen geben wil ich euer Mannheit wegen euch nicht weiter beschädigen. Ja / sagte dieser /einem solchen preißwirdigen Könige ergebe ich mich willig / dem zu dienen ich ohn daß geneigt bin. Also nam er das Schwert von ihm / und ließ ihn aus dem gedränge nach Artaxerxes führen / der seiner Gefängnis froh wahr. Die übrigen Indier / als sie ihr Häupt verlohren hatten / wurden wie das Vieh abgeschlachtet / daß ihrer kaum 6000 übrig wahren / als Vonones ihnen 12000 Parther zum Entsaz schickte / welche den Persen eine harte Nuß zu beissen wahren / weil deren schon 3500 gestrekt lagen / und 1500 sich hefftig verwundet befunden / auch durch dieser ankunft noch 2000 fielen / daß wo Ladisla mit 2000 herzhaften Rittern nicht gegenstand gehalten / währen sie alle nidergesäbelt worden; Neda [83] brach aber mit seiner Mannschafft (ohn daß er die Böhmen ausser 300 /alle zurük ließ) zu rechter Zeit auff und entsetzete seinen König / erschlug auch einen vornehmen Parthischen Obristen bey seiner ankunft / und drücketen seine Leute ihm dergestalt nach / daß Ladisla Zeit hatte / die abgemattenen Persen und Margianer abzuführen / und alle seine annoch gesunden Völker auff den lezten Saz zuordnen. Und ob wol Neda gefechte nicht lange währete / erschlug er doch der Parther 4500 / und verwundete ihrer 2300 / dagegen er 1500 zusetzete und 600 verwundet wurden.

Im rechten Flügel haben wir bißdaher Herkules und Karthasis sich zausen lassen / die ein langwieriges Gefechte trieben; dann Herkules eilete nicht mit ihm /weil er sahe / daß die seinen hiedurch Lufft bekahmen / die Skythen niderzuhauen / denen sie übrig gewachsen wahren / weil Leches und Klodius mit ihren 9500 frischen Meden und 500 Römern / so von Arbianes Heer noch nicht gefochten hatten / sie stärkete; und merkete Karthasis wol / daß sein absonderlicher Streit den seinen sehr schädlich wahr / deßwegen er alle kräffte samlete und entweder gewinnen oder verspielen wolte / auch Herkules selbst gestund / er machte ihm gnug zuschaffen; aber mit dieser letzen abmattung wahr es geschehen; dann Herkules / der sich gewaltig gesparet hatte / verwundete ihn an etlichen orten / daß er kraftloß ward / uñ sich kaum auff dem Pferde halten kunte / daher er ihn ferner nicht beleidigen wolte / sondern sagte zu ihm; Herr Karthasis / ich meyne / wir haben beyderseits unsern Ehren gnug getahn; seid demnach mein Freund biß auff eure gute Erlösung / die euch nicht sol gehindert werdẽ. Woldañ / Durchleuchtigster GroßFürst / antwortete er; ob mir gleich der Tod erträglicher als die ergebung währe / wil ich doch eurem befehl gehorchẽ; reichte ihm auch dz Schwert / welches er doch nicht annehmen wolte / und ward von 30 Meden hingeführet /denen Herkules befahl / daß er redlich und alsbald verbunden würde. Es ist nicht zubeschreiben / was vor Jammer bey den Skythen über seiner Gefängnis entstund / die als verzweiffelte unsinnige Leute ihren Feinden in die Schwerter fielen / und doch ungerochen nicht sturben / welches meist über die Meden ging /die solchen Anfall abzuhalten nicht bestand wahren. Nun wolte gleichwol Herkules seiner Teutschen kräfte biß auff Osazes sparen / deßwegen er Pharnabazus mit 8000 so schon gefochten / herzu foderte / die Teutschen und Römer abzulösen; dann ungeachtet von diesen Skythen nicht über 12000 mehr übrig wahren / wolten sie doch nicht weichen / sondern ihres FeldHerrn Gefängnis rächen / daher von den Meden und Assyrern 8500 erschlagen wurden. Der Römer lagen an diesem orte 300 / der Teutschen 85 /und 70 von Fabius geworbenen / im Sande und Blute. Fürst Osazes machte sich fertig zum lezten angrif / uñ Vologeses hielt es schon so gut als verspielet; wahr auch bedacht / seinen König zum abzuge zubereden /und dem zornigen Glük zuweichen. Leches uñ Klodius tahten vor ihr Häupt alle mögligkeit / die Skythen abzutreiben; aber ihre Leute mehrenteils / wahren so harter püffe nicht gewohnet / daher sie sich trennen /und diese ihre beyden Führer nebest etlichen wenig Teutschen und Römern im stiche liessen / daß sie beyde nicht allein verwundet sondern auch gefangen wurden; währe auch umb die übrigen getahn gewesen / wann nicht Herkules mit seinen Teutschen und Römern / die schon abgeführet wahren / sie entsetzet hätte / da es von neuen anging / daß noch 3000 Skythen nidergehacket wurden. Osazes brach hieselbst loß / und wahr entschlossen zu siegen oder zu sterbẽ[84] dem Herkules mit aller unverwundeten Reuterey großmuhtig begegnete / und sich stark genug befand diesen lezten Saz zuerhalten; aber es entstund plözlich ein so heftiges Ungewitter mit Donner Bliz und Schlagregen / daß weder Menschen noch Vieh sich behelffen kunten / und wahr erschreklich zu sehen /daß das Regenwasser mit dem Blute vermischet daher lieff / worüber die Haar allen zuberge stunden / weil sie bedachten / daß noch wol etwas gräulichers erfolgen möchte. Vologeses hielt es vor ein sonderliches Glük / weil er keine Hoffnung zum Siege hatte; befahl auch / daß nach geschehenem abzuge ein jeder FeldHerr ihm die Zahl seiner erschlagenen und hart verwundeten einreichen solte; da sichs fand / daß der linke Flüge / welcher vor der Schlacht 146500 Reuter hatte / dergestalt geschwächet wahr / daß nur noch 53200 gesunde davon übrig wahren; dann 80300 wahren gefellet / und 13000 hart verwundet; und welches am meisten betrauret ward / lebeten von 66000 Skythen nur noch 9000 / deren 1000 zum gefechte nicht kunten gebrauchet werden. Im andern wahr es nicht viel gnädiger zugangẽ; massen von demselben 64700 tod / und 18800 hart wund / also noch 63000 vermögende übrig wahren / daß Vologeses sich höchlich verwunderte / wie in so kurzer Zeit eine so grosse Mannschaft / als 145000 hätte können erschlagen /und überdaß noch 31800 verwundet werden. Gleichwol hatte es an Persischer Seiten auch Seelen gekostet; dann Herkules missete 27800 Mann; und funden sich 5555 beschädigte / daß sein gesunder überschus noch in 60645 Köpffen bestund. Unter den erschlagenen wahren 125 Teutschen und 374 Römer; unter den verwundeten aber 40 Römer und nur 15 Teutsche. Ladisla hatte noch weniger eingebüsset; massen er nur 19354 todten und 6200 verwundete hatte; da unter den Todten 25 Böhmen / und deren 160 unter den beschädigten wahren / seine gesunde Mannschaft aber noch in 68446 Köpffen bestund; kunten demnach noch 129091 Reuter an den Feind führen / welcher sich nur noch 116200 Reuter stark befand. Vologeses machte sich mit der auffgesetzten anzahl seiner verlohrnen nach dem Könige / welcher weder mit sich selber / noch mit dem Heer / noch mit den Göttern zufrieden wahr. Mit sich nicht / dann es reuete ihn / daß er Artaxerxes so viel Ehr und Gnade angetragen; mit dem Heer nicht / weil es seiner meynung nach viel zu verzagt gefochten; mit den Göttern nicht; weil sie zu gut Persisch wahren / und das ungestüme Wetter / wie er vorgab / zur unzeit daher stürmen lassen / daß er die Fremden samt dem Fräulein nicht in seine Gewalt bekommen mögen. Als sein Feldmarchalk zu ihm trat / und die menge der erschlagenen hoch betraurete; gab er zur Antwort: Feige Memmen liegen besser im Sande / als dz man sie mit schwerem Solde unterhält; wir haben gemeynet / Kriegsleute gehabt zuhaben /und sind kaum Schatten von Kerlen gewesen. Ists nicht eine schande / daß man den weibischen Persen so viel Blut gegeben / und dannoch der beyden jungen Laffen noch keinen / weder erschlagen noch gefangen haben mag? Vologeses befand sich hiedurch sehr beleidiget / und sagte darauff: Dafern ihre Königl. Hocheit dem Kriegsvolk einige furchtsamkeit beymisset / tuht sie ihnen sehr ungütlich / und kan ich dieselbe wol versichern daß nicht die ungeübeten / sondern die allerbesten Völker uns leider abgeschlagẽ sind; drum lasse eure Hocheit ja bey Leib und Leben sich dieser beschuldigung gegen keinen Menschen merken / wo sie sonst der Völker Herz nicht gar von sich abwenden wil. Ich bin vor diesem auch in Schlachten mit gewesen / aber härter Stand ist mir Zeit meines Lebens [85] nicht vorkommen / und traue eure Hocheit nur ungezweifelt / daß die beyden Fremden / den Jahren wol / aber nicht dem verstande / noch der Faust nach /vor Jünglinge zuschelten sind / wo wir nicht unsere vornehmste Obristen gar zu Kinder machen uñ außschreihen wollen; jedoch / hätten sie die Schlachtschwerter / welche uns den grösten schaden getahn /nicht bey sich gehabt / solten die Feinde sich unsers Bluts nicht groß rühmen. Artabanus begehrete zuwissen / was diese dann vor ungeheure währen; deßwegen Vologeses drey gefangene Susianer herein führen ließ / welche darauff antworteten: Es währen vor wenig Wochẽ 7000 Römer / 6000 Böhmen / und 6000 Teutschen den beyden Helden und H. Fabius auffzuwarten ko en / unter denen 2000 Teutschen die Schlachtschwerter (daher sie selbst auch Schlachtschwerter genennet würden) wie leichte Spizruhten führeten / und sich nit scheuheten / daß ihrer hundert auff tausend und mehr angingen; Artaxerxes gäbe ihnen dreyfachen Sold und grosse verehrungen / und hätte der König aus Teutschland seinem Sohn Herkules 150000 Mann zusenden angebohten / aber allem ansehen nach / begehrete Artaxerxes deren in so grosser menge nicht / ob sie ihnen etwa diese Länder möchten besser als ihr Vaterland gefallen lassen / und sich unterstehen / die Freunde mit samt den Feinden auffzureiben. Vologeses hörete dieses mit leidigen Ohren an / und trug ihm der Sinn wenig gutes zu / insonderheit / wann er dem grausamen Wetter nachdachte / welches von Persen entstanden wahr / und sich nach Charas hinzog / woselbst es auch grossen schaden an den vornehmsten Gebäuen getahn / uñ den herlichsten Saal auff dem Königlichen Schlosse sehr heßlich zugerichtet hatte / wie man hernach erfuhr. Nach abtrit der befrageten Gefangenen / ließ Vologeses den König wissen / man hätte zween vornehme Herrn von den Feinden gefangen / als einen Bömischen / und einen Römischen / die man wegen ihrer tapferkeit hoch rühmete. Wol wol / antwortete Artabanus / man gebe ihnen den Lohn / und lasse sie durch des Schwerts Spitze lauffen / damit die Auffrührer daher unsern Zorn und Eifer erkennen / uñ zu gleicher straffe sich gefasset machen. Einen solchen Lohn? sagte Vologeses; Sie sind ja weder Verrähter noch meinäidige / sondern in der Schlacht gefangẽ; und was man mit diesen vornehmẽ wird / müssen unsere FeldHerrn / Karthasis / Pandion / Mithridates und Oxatres auch erwarten. Der König entsetzete sich über deren Gefängnis / und fragete / welches so mächtige Schwert diese Helden hätte demühtigen können; der teutsche Bliz Herkules / antwortete Vologeses /hat den Skythen; und der Bomische Donner Ladisla den Indier nidergelegt / und mit einzelner Faust gefangen / welche wir vor junge Laffen schelten. Hat dann das Unglük diese Unholden uns zur beleidigung außgehecket? sagte Artabanus; befahl die beyden gefangenen / Leches und Klodius ihm vorzustellen / welche dann mit guter freidigkeit und zimlicher ehrerbietung zu ihm in sein Gezelt traten / und von ihm also angefahren wurden; Wer hat euch Landstreicher so verwägen gemächst / daß ihr an unsern Völkern euch vergreiffen / und wieder uns fechten dürffet? wie wann wir solchen frevel an euch nach verdienst abstraffeten / wer würde uns solches wehren? Leches gab unerschrocken zur Antwort: König der Parther; mein Geselle und ich sind keine Landstreicher / sondern ehrliche Ritter / und dienen unsern allerliebsten Herren /den beyden großmächtigsten / Könige Ladisla uñ GroßFürsten Herkules. Ob nun dero Königl. Hocheit und GroßFürstl. Durchl. Ursach haben / euer Heer anzugreiffen / haben wir nicht [86] zuverantworten; so viel aber wissen wir wol / daß wo man wieder Kriegsgebühr mit uns umbgehen wird / unsere Herren mächtig genug seyn / uns Blut zurächen. Weil er dieses vorbrachte / ward Vologeses angemeldet / es währe ein Trometer von Fürst Herkules mit einem Schreiben ankommen / welches an den Feldmarschalk hielte. Er befahl das mans ihm alsbald brächte / hieß die Gefangenen abtreten / und lase in Artabanus gegenwart folgenden Inhalt:

Dem Durchleuchtigen Fürsten / und Hochberümten Parthischen Feldmarschalk / Herrn Vologeses / entbeut Herkules / bestalter Persischer Feldmarschalk / gebohrner GroßFürst der unüberwindlichen Teutschen / seinen Gruß und Dienst / und ersuchet dessen Liebe hiemit freundlich / daß den beyden Gefangenen seinen lieben geträuen Leches und Klodius / ihre Wunden redlich verbunden / sie auch sonst als freie wolgebohrne Herrn in ihrem Gefängnis gehalten werden / welches mit gebühr erstattet werden sol / und ich das Vertrauen zu euer Liebe auffrichtigkeit trage; solte ihnen aber ichtwas ungebührliches begegnen / welches abzuwenden eure Liebe nicht vermöchte / sol es an meinen vier ansehnlichen Gefangenen grausamlich gerochen werden / denen ich biß auff diesen unverhoffeten Fall allen brüderlichen Willen zuerzeigen / nicht unterlassen werde / und hiemit Fürst- und ritterlich verspreche; gelebe auch der Hoffnung / es werde der zornige Himmel uns Morgen gütiger seyn /und mir fernere Kundschafft mit Fürst Vonones / oder Osazes / oder auch wol Pakorus gönnen / denen ich meine bereitwillige Dienste als redlichen Fürsten und auffrichtigen ehrliebenden Rittersleuten und tapfferen Helden entbiete / verbleibe auch euer Liebe in absonderlicher Freundschafft willigster Diener Herkules.

Vologeses wolte nach verlesung kein Wort hinzu tuhn / sondern erwartete des Königs Erklärung; welcher in sich selbst grießgramete / dz seiner so gar mit keinem Worte gedacht ward / als ob er nicht eins dazu gehörete. Zu gutem Glük kam Pakorus in das Zelt getreten / zu dem Vologeses sagte: Bruder / ich habe einen Gruß an dich von dem Persischen Feldmarschalk / GroßFürst Herkules. Ich bedanke mich des ritterlichen Helden / antwortete er / welcher mich heut von ferne ein solches Gefecht hat sehen lassen / deßgleichen Zeit meines Lebens mir nicht vorkommen ist; aber vielleicht ist es ein Schwert Gruß. Man kan es deuten wie man wil / sagte Vologeses / und gab ihm den Brieff zu lesen; welcher darauff anfing: Sihet dann GroßFürst Herkules uns Parther vor solche Leute an / die kein Kriegsrecht gelernet baben? man hat mir nicht gesagt / dz die beyden Gefangene verwundet sind / sonst wolte ich sie schon haben verbinden lassen. Aber ihre Königl. Hocheit tähte sehr wol /sagte er / wañ sie dieselben entweder gar nicht vor sich liesse / oder ihnen mit freundligkeit freien abschied gäbe. Das erste ist schon zuspät / sagte Vologeses / massen unser König ihnen schon bedräulich zugeredet hat. Das ist mir leid / antwortete er / inbetrachtung des grossen verlustes / welchen wir heut eingenommen; und ich ihn doch mit nichten unsern Völkern / welche sich in warheit tapffer gnug bezeiget / zulegen kan / sondern dem Unglük / welches uns dieser beyder fremden Fürsten feindschaft auffgebürdet hat. Und O wolte der Himmel / daß wir mit denen möchten verglichen seyn / der Perse und Mede solten ihren Hochmuht bald sinken lassen. Kan aber solches nicht geschehen / möchte ich wünschen / wir hätten diese Stunde einen ehrlichen Vergleich mit den Auffrührern; dann wo unser verfolg nicht glüklicher ablauffen wird als der Anfang / wird die Erhaltung des Parthischen Stuels nicht Menschen / sondern den Göttern zuzuschreiben seyn. Doch wird man hievon zur andern Zeit zu rahtschlagen haben / da Königl. Hocheit Wille und Befehl die einige [87] Richtschnur meines verhaltens (so viel in meiner Kraft ist) seyn sol; vor dißmahl werden wir des Gebohts erwarten / wie es mit diesen Gefangenen solle gehalten werden. Es verdroß zwar Artabanus diese Rede nicht wenig / als welche zur wiedererlangung der Fräulein gar nicht vorträglich wahr / durfte sich doch dessen nicht mer ken lassen / weil Pakorus im ganzen Reich ein sehr grosses ansehen hatte; gab auch vor dißmahl ihnen beyden die Freyheit / mit diesen beyden Gefangenen (denen sonst billich die Zunge solte außgeschnitten werden) nach willen zuhandeln. Da setzete sich nun Vologeses nider in seinem Zelt / schrieb eine Antwort an Herkules / und schenkete dem Trometer 100 Kronen; sendete doch den Brieff bey seinem Leib Trometer in dieses Geselschaft fort / welche / fehlete nicht viel / auff diesem kurzen Wege von den Scheltworten zun Schlägen geschritten währen. Pakorus ließ inzwischen Leches und Klodius Wunden besichtigen / welche wenig zubedeuten hatten. Artaxerxes empfing nach gehaltener Schlacht unsere Helden überaus freundlich / dañ er hatte auff einem hohen Elefanten ihr wolverhalten gutenteils gesehen / wuste auch daß die beyde vortreflichste FeldHerrn Karthasis und Pandion durch ihre Hand erleget und gefangen wahren. Sie wolten als Obsieger von der Wahlstat nicht weichen / sondern schlugen daselbst ihr Lager / liessen die Zelten auffrichten / und alsbald mit einem Graben umbgeben / welches in zwo Stunden fast geschehen wahr / uñ die Gefangene mit höchster verwunderung ansahen / denen aller guter wille als Freunden / so wol von Artaxerxes und Phraortes / als von unsern Helden erwiesen ward. Ihre Wunden wahren bald anfangs auffs fleissigste versehen; insonderheit stellete Artaxerxes sich höflich gegen den Skythen / uñ Indier / dann sie wahren vor dem in der Jugend mit ihm unter einem Obersten / Ritmeister gewesen. Karthasis aber steckete es ihm nicht unter die Bank / sondern sagte dürre heraus; Versichere dich Herr Bruder / daß deine Menge den endlichen Untergang von dir nicht würde abgekehret haben / wann der kleine teutsche Hauffe mit ihrem GroßFürsten nur ein halbviertelmeilichen von dir solte gewesen seyn. Gut Herr Bruder /antwortete er / stinken dieselben deinen Skythen so gewaltig zu / muß ich mit meinem H. Bruder GroßFürst Herkules handeln / daß er sie dir nicht lasse nachhauen / wann du nun Morgen nach Charas wol gar zu fusse wirst neben dem Wüterich hertraben müssen / dem du nit ohn beleidigung unser Freundschaft deine Dienste wieder mich angebohten hast. Pandion / der etwas frecher wahr / ersetzete dieses also: Ja Herr Bruder / wann nun dieses geschehen solte / wem würde dann die Ehre des Sieges seyn? würde man alsdañ nicht sagen; GroßFürst Artaxerxes aus Persen ist kek durch andere Leute? wie er dann freilich ist. Aber wie wirds fallen / wann diese SchuzGötter abzihen werden? Ich rühme mich des beystandes meiner geträuen Freunde / antwortete er /und ihre Ehre zubefodern / sol mein Gut und Blut mir nit zu lieb seyn; wir wollen aber diese SchuzGötter bey uns behalten / und dem einen den Parthischen; dem andern den Indischen Reichsstuel erstreiten helffen; dann der HochFürstl. verbundnis Vorsaz gehet nicht weiter / als den Parthischen Hochmuht zu dämpffen / und an dessen stat einen König zusetzen /der seine Fürsten nicht als Leibeigene / sondern als freunde hält. Herkules trug unwillen an diesem Gespräch / und gab er Karthasis zur Antwort: Meine Herrn; sie nach ihrer alten brüderlichen Kundschaft haben dieser Scherzreden gute Freyheit / sonsten wann es zur ernstlichen verantwortung kommen solte / müste ich trauen [88] zeugen / daß nit allein meine wenige Leute / sondern auch andere sich redlich gehalten; zweifele auch nicht / es hätte GroßFürst Artaxerxes durch seine Völker eben dasselbe verrichtet / was durch anderer zuzihung geschehen. Es wahr von Artaxerxes befohlen / daß alle die bey Leches so schändlich gehalten / solten Wehrloß gemacht / und hingeführet werden / daß sie in der Gefangenen gegenwart der zehndeteil gehenket / die andern aber alle zur ewigen Knechtschafft verstossen würden. Aber GroßFürstin Valiska brachte es mit ihrer Vorbitte dahin / daß aus dem verurteileten zehndenteil der zehnde solten zur straffe gezogen / uñ die andern ihr geschenket werden; welche sie also anredete: Freylich habt ihr alle mit einander den Tod wol verdienet / weil ihr eure Führer verlassen / und aus furcht davon gerücket seid; aber ich wil euch vor meine FußSchützen bestellen /und da in künfftiger Schlacht ihr euch redlich halten /und den heutigen Schandflek abwischen werdet / sol alles gebüsset seyn. Vor welche Gnade sie einen demühtigen Fußfall tahten / und nachdem sie auffs neue in äid genommen wahren / sich verbunden / entweder ehrlich zusterben / oder das Verbrechen einzuhohlen; da endlich Valiska auch die andern verzehndeten biß auff drey Köpffe verbaht. Vologeses und Pakorus tahten Leches und Klodius gütlich / stelleten ihnen ihr Gewehr / Waffen und Pferde zu / und liessen sie in begleitung 50 Parthischer Reuter nach Artaxerxes Lager zihen; machten sich hernach wieder nach Artabanus / und frageten / wie ihre Königl. Hocheit es nach diesem wolte gehalten haben; Weil er aber ihre meynung zuvor hören wolte / ließ Vologeses alle FeldHerrn hinzu fodern / da er also anfing: Es ist das Glük uns heut sehr zuwieder gewesen / da des feindes Schwert über den halben teil unser Reuterey nidergehauen und hart verwundet / insonderheit / welches zubeklagen / fast das ganze Skythische Heer / und das Indische zugrunde gerichtet hat / da wir doch meineten / sie allein währen gnugsam / des feindes Macht zubrechen. Ich weiß nicht / wie so gar alle dinge der veränderung unterworffen sind / und ein jeder seinen Meister findet; dañ wo vor hat Karthasis mit seinen versuchten Reutern sich bißher gedemühtiget? oder wo ist er nit durchgebrochen / wo er ernstlich angesetzet? Und vor dißmahl hat eine geringe handvol Volks ihm fast den Garaus gemacht. Ich schreibe den Persen nichts häuptsachliches zu / ob sie gleich umb ein grosses sich gebessert haben; ihres Gebeins solte nicht übrig seyn / wann Herkules und Ladisla mit ihren wenigen Teutschen und Römern (dann die Böhmen haben nicht eins getroffen) ihre Vormaur und Schuz nicht gewesen währen. Nun ist gleichwol die Parthische Macht hiedurch noch nicht gebrochen / aber doch zimlich geschwächet / welches ich freylich der himlischen Verordnung zuschreibe / die uns sehen lässet / das alles Irdische der Verwandlung unterworffen sey. Vor dißmahl werden wir allen unsern Wiz / Krafft uñ vermögen anzuwenden habẽ / wie die empfangene grosse Wunde zuverbinden und zuheilen sey / da wir unter zweien Wegen gewißlich einen zuwählen haben; nehmlich den Streit Morgendes Tages fortzusetzen / oder einen kurzen anstand der Waffen zu machen; dann ein völliger Vertrag scheinet noch zur Zeit allerdinge unmöglich. Sol ich nun mein Herz außschütten / und vor meinem großgebietendem Könige und diesen verständigen FeldHerren / als unsers Reichs Seulen / meine unverfängliche Meynung sagen; so ist gewiß / daß der Sieg an unser seiten nicht allein mißlich / sondern fast unmöglich seyn wird / inbetrachtung daß unsere Feinde uns nunmehr ohn zweiffel an Reuterey [89] überlegen sind / und wir bloß allein auff unsere übrige Parther uns zuverlassen haben. Wolte aber jemand einwenden / wir könten von unserm Fußvolke ein halb hundert tausend Mann beritten machen; gebe ich solches zwar nach / halte aber davor / es sey vor dißmahl dem Parthischen Stuel nichts heilsamers / als daß wir uns zurücke zihen /und uns an eine Enge legen / das Heer gewaltig stärken / und den muhtigen Feind etliche Wochen auffhalten; alsdann werden wir des sichersten spielen / und nicht durch unzeitigen Eifer verwarlosen / was Kindes Kinder würden beklagen müssen. Jedoch / solte Königl. Hocheit ein anders gesinnet seyn / und die anwesende Fürsten meinen Vorschlag aus einigem grunde zu tadeln haben / wil ich folgen wohin man mich haben wil / nur allein / daß meine Reden wol erwogen / und als redlich und träuherzig auffgenommen werden mögen. Artabanus merkete / daß die übrigen ihnen diesen Vorschlag nicht übel gefallen liessen /wuste auch aus Pakorus vorigen Reden / daß derselbe einer gleichen Meynug wahr / daher er niemand mehr wolte lassen zun Worten kommen / sondern fuhr also fort: Wann die Auffrührer umb anstand anhalten wolten / würden wir ihnen denselben nicht umb hundert Tonnen Goldes verkäuffen; aber Vologeses dürffte ihnen denselben fast anbieten. Sind wir dann irgend schon aus dem Felde geschlagen? oder sind wir so gar bloß von Kriegsleuten / daß wir aus Noht dem Feinde weichen müsten? wir haben ja noch mehr als 300000 bewehrter Mañ umb uns / und wissen / daß wir den Feind an der menge übertreffen / welcher uns ja seines Bluts auch wird gegeben haben. So sind unsere Parther / der Kern und außbund unsers Heers noch zum Treffen nicht kommen / und wolten am Siege verzagen? Ey mein Vologeses / lasts seyn / daß wir eine Handvol Knechte mehr verlohren haben / als der Feind / solte daß unsern Muht brechen? ja lasts seyn /daß die ganze Reuterey geschlagen währe; müsten wir deßwegen uns vor den abtrünnigen Buben in einen Winkel verstecken? der Regen beuget die Kräuter nach der Erden / und drücket ihnen den Kopff nider /aber er teilet ihnen zugleich die Krafft mit / sich wieder auffzurichten. Ein unverzagtes Herz muß auch wol einen Schimpff über sich nehmẽ / aber es suchet sein Schart außzuwetzen. So ist demnach unser Vorsaz und Schluß / mit dem Lager eine gute halbe Meile hinter uns zurücken / umb so viel bessern Raum zur morgenden Schlacht zugewinnen / und daran zusetzen / was in unserm vermögen ist / was gilts / es werden Morgen die himlischen Zeichen anders stehẽ als heut. Daß wir aber von anordnung der künftigen Schlacht unsere Meynung sagen / so halten wir von dergleichen Treffen nicht / da man mit zerteileten Völkern fechtet. Mañ lasse Morgen den hellen Hauffen treffen / dann so dringet die Macht besser durch / insonderheit beim Bogenstreit / in welchem die teutschen Wölffe ja so bald und leicht als die andern können gefellet werden. Aber auch das gesamte Schwert dringet besser durch /und ob dañ gleich an Feindes Seiten ein Fähnlein oder etliche guter Knechte sind / können doch dieselben nicht allenthalben zugegen seyn / und müssen endlich mit daran / wann die übrigen getrennet sind. Ist also nöhtig / unsere Völker auffzumuntern und zu stärken. Zwar es hat ein teil der Reuterey abgesattelt / aber die Pferde haben sich mehrenteils wieder nach unserm Lager gewendet (wer wolte daß nicht vor ein glückes Zeichen rechnen) welche man mit frischen Reutern von unserm Fußvolk freilich besetzen kan / ob wir gleich nicht absehen können / warumb unser Feldmarschalk solches vor ungereimt hält. Die Schlachtordnung [90] zu Roß sol vor den Elefanten hergezogen werden / daß wann der Feind sich nahet / man von oben her mit Pfeilen in sie schiessen könne. Unsere Parther stelle man die halbscheid vorne an / die werden vor andern ihrer Mannheit und Pflicht eingedenke seyn /und den Ohmächtigen Weichlingen den Sold ihrer Auffruhr geben. Nun wird hiemit unserm lieben geträuen Vologeses befohlen / anzusagen / wie ihm dieser Vorschlag gefalle. Dieser wegerte sich zu antworten / ehe Pakorus nebest Vonones und Osazes ihre Meynung angezeigt hätten. Artabanus muste damit zufrieden seyn / und erläubete Pakorus zu reden / welcher ungescheuhet sagete: Er merkete wol / daß wer sichere uñ heilsame Rahtschläge vortrüge / dürfte fast darüber in verdacht der kleinmühtigkeit fallen; könte aber dannoch nicht umbhin / zubekennen / daß Fürst Vologeses dasselbe eingeführet / worauff sonder zweiffel des Parthischen Reichs Wolstand beruhete. Ihre Königl. Hocheit möchte sich allergnädigst erinnern / was neben Fürst Vologeses er bey erster zubereitung zu diesem Kriege als nohtwendigkeiten eingeführet hätte; man müste sich nicht nur auff eine Schlacht / sondern auff einen Krieg schicken; man müste ein Heer ins Feld führen / und das andere zum Nohtfall fertig haben; man müste einen gelegenen sichern Ort kiesen / dahin man / wans die ärgeste Hand gewinnen solte / sich zihen und von neuen stärken könte; daß alles währe verworffen und verachtet. Nun stünde zwar der Parthische Stuel bißher feste / aber er stünde gleichwol nicht im Himmel / sondern auff der Erden / da er durch Unglük (welches die Götter ja verhüten wolten) könte umgestossen werden; möchte demnach gerne wissen / daß wann die morgende Schlacht unmahl fallen solte / welches in der Götter Händen stünde / wie mans doch alsdann weiter anschlagen wolte; ja wie man des Königes einzigen Leib in sicherheit bringen / und aus der Feinde Klauen erretten wolte. Hierauff würde man noch wol können bedacht seyn / wann man etwas Zeit hätte / weil mans bißher nicht hätte achten wollen / aber die bestimte und schon geschlossene morgende Schlacht verhinderte solches alles / daß man auff nichts könte gedenken / als wie die Völker in höchster Eile ohn Nachtruhe möchten verstärket werden; solte demnach / zur gewinnung der teuren Zeit sein Schluß dieser seyn / daß wann sein König bey voriger Meynung verbliebe / wolte er sich redlich erkläret haben / bey demselben zu leben und zu sterben. Die andern erbohten sich eben dessen / welches auch Vologeses wiederhohlete / und mit diesem Wunsche beschloß / daß die Götter es schicken möchten / daß nach verlauff 24 Stunden er mit fuge und warheit vor den schli esten Rahtgeber und unverständigsten Kriegsmann könte gescholten werden. Artabanus wahr sehr froh / daß der Schluß also fiel / und seinen blinden Begierden ein genügen geschahe / dann er wahr schier Sinnloß vor Liebe / und hatte ihm steiff eingebildet / es müste ihm seine Herkuliska wieder werden / und der Feind untenliegen. Er wolte alsbald anordnung tuhn / woher das Fußvolk solte verstärket werden; aber es erhub sich im Vorlager ein grosses freuden Geschrey / und als man nach der Ursach fragete / kam Karthasis daher geritten / dem seine überbliebene Leuthe diese Ehre antahten. Der König ließ ihn alsbald zu sich fodern / erfreuete sich seiner ankunfft / und fragete / wie es ihm vorstünde / und ob er auch von den Abtrünnigen und Fremden währe beschimpffet worden. Worauff er diese Antwort gab: Großmächtigster König; ich scheuhe und schäme mich nicht zubekennen / daß ich des allervortreflichsten und unvergleichlichen Helden / des teutschen Herkules Gefangener gewesen /[91] und von ihm in einem auffrichtigen absonderlichen Kampffe ritterlich überwunden und Krafftloß gemacht bin / dann ich habe an ihm meinen Meister funden /den allerbesten Kämpffer / verständigsten FeldHerrn und leutseligsten Fürsten / dessen Tugend und Frömmigkeit der Welt beherschung gnug fähig ist. Er hat mich nicht als einen Gefangenen / sondern als einen Freund und Bruder gehalten. Das erste Geboht an seine Leute / da er mich gefangen fortschikte / wahr /daß man mich ehrlich halten und redlich verbinden solte. Nach geendigter Schlacht / hat er mir die Persische Kriegsmacht gezeiget / die trauen nit zuverachten / ja schwerlich zuverbessern / aber viel anders als auff Persisch angestellet ist; und hat eure Königl. Hocheit sich zuversichern / daß ob sie gleich auch gute Völker eingebüsset / dannoch ihr KriegsHeer sich auff die 300000 Köpffe wehrhafter guter Mannschaft erstrecket. Sonsten schwöre ich / das kein verächtliches Wort aus dieses Helden Munde gangen / dadurch eure Königl. Hocheit / oder deren Leute möchten beschimpffet seyn; Ruhmretigkeit hörete ich ja so wenig von ihm / sondern er stellete sich / ob wüste er von dem Treffen nicht daß allergeringste. Alles sihet auff ihn / alles höret ihn / alles fraget ihn / als währe er alles. König Ladisla hanget ihm an als eine Klette /und wahr überal vergnüget / da er seinen Herkules frisch und gesund aus der Schlacht kommen sahe /welcher sich gleichwol etwas unwilliger über eure Königl. Hocheit vernehmẽn ließ / weiß nicht / wegen weß empfangenen Schimpffes / wiewol mit wenigen und unschimpflichen Worten. Darf ich meine Meynung sagen / so gedünket mich / es streiten diese beyde Helden wieder uns ohn feindseligkeit / und wir reizen sie ohn gnug wichtige Ursachen zu unserm verderbẽ / welches uns wenig Vortel bringen dürffte. Ich rede dieses nicht / als währe ich Persisch / das ist /träuloß worden / dann an Parthischer seiten habe ich mich verbunden zu leben und zu sterben. Daß ich aber die Tugend auch an den Feinden rühme / wird mir niemand verargen; aber ich weiß nicht / ob ich diese beyden Helden vor unsere Feinde halten sol. Sie gestehen / ich habe ihnen den grösten Schaden getahn / noch bin ich von ihnen als ein Freund geehret / ungeachtet eurer Königl. Hocheit sache ich ungescheuhet behäuptet / und des Persen abfall gescholten /wobey sie sich gestellet ob ginge sie das Häuptwesen gar nicht an. Der Perse hat schon viel Höfligkeit von ihnen gelernet / welches er sehen ließ / in dem er mein Vorbringen teils großmühtig / teils scherzhafft beantwortete / auch teils mit stille schweigen vorbey gehen ließ; nur dieses meldete er außdrüklich / er möchte GroßFürst Herkules den Parthischen / und Könige Ladisla den Indischen Reichs Stuel wol göñen und gewinnen helffen / welches sie doch / dem äusserlichen ansehen nach / beyde nicht achteten. Als wir in Geselschafft redeten / trat die Göttliche Valiska /GroßFürst Herkules Gemahl in das Zelt / eine Fürstin / deren gleichen der Erdbodem schwerlich gezeuget hat; ihr gang wahr züchtig / ihr ansehen über menschlich / ihre schöne himlisch / ihre Rede mit der allerlieblichsten Demuht vermischen doch so kräftig / daß kein Pfeil so scharff durchs Fleisch dringet / als ihre Honigsüsse Worte durch die Seele der Anwesenden. Artaxerxes ehrete sie als seine gebietende Königin; Phraortes / den sie ihren Vater nennete / hielt sich vor ihren Diener; der junge Arbianes in dem ein guter Landsknecht stecket / wartete ihr auff; der Römer Fabius / der seinen Feind wol sehen mag / setzete ihr den Stuel; sie aber sagte zu ihm: Mein Herr Bruder /ich habe viel einen sanfteren Siz auff meines teuren Herkules Schosse; [92] taht sich auch zu ihm nicht anders / als ein Kind zu seiner Mutter; So ließ hingegen er nicht weniger spüren / wie hoch er dieses Kleinot der Welt hielte / in dem er beyde Hände in ihre Schoß legete / und mit ihren allerzartesten Fingern lieblich spielete; dessen er von ihr einen anmuhtigen Kuß zur vergeltung bekam. Sie hatte bey ihrer ankunft uns Gefangene schon mit dargebohtener Hand sehr freundlich empfangen / und jezt fragete sie mit gebehtener verzeihung nach unsern Nahmen / welcher von Artaxerxes genennet / und ihr zugleich freie anordnung über unsere erlassung gegeben ward; da sie mir sagete; Berühmter Herr Karthasis euer Unfall ist mir leid /so wol der Verwundung als Gefängnis halben / und wann es in meinem Vermögen währe / wolte ich allen Parthischen Völkern auff der Wahlstat das Leben wieder einblasen / so geneigt bin ich eurem und meinem Könige / vor die vielfältige mir erzeigete Woltahten / und müste mir leid seyn / wann ihm an seiner Gesundheit etwas wiedriges zustossen solte. So seid nun gebehten / Herr Karthasis / und nehmet von mir eure vorige Freyheit an; ich begehre zur wiederkehr dieses gutẽ Willens von euch nur diß / daß ihr den König meinetwegen Freund- und Kindlich grüsset /und dz seine Hocheit ich sehr bitten lasse / dieselbe wolle forthin sich weiters nicht bemühen / meinen allerteuresten Schaz Herkules und mich / in unser ehelichen Liebe zustören / dann alles sein tichtẽ / welches er hierauf wendet / ist vergebens uñ umsonst. Und so wahr dieses Fleisch uñ Blut ist (die Hände zusa en drückend) sol kein einiges Mañesbilde mich zu seiner Liebe bringen / als dieser mein Gemahl / GroßFürst Herkules; derselbe ist der erste / dem ich mein Herz ergeben / und sol auch der einige und der lezte seyn /daß mag König Artabanus mir woltrauen. Mich tauret von Herzen / fuhr sie fort / dz euer König mit seinen Fürsten so hart über den Fuß gespannet ist / und ich kein Mittel weiß / diese Feindschafft beyzulegen tuht mir auch leid / daß er noch nicht ablassen kan / meinen H. Bruder und meinen Gemahl zubeleidigen / die er noch diesen Morgen (welches sie selber noch nicht wissen) durch einen Brieff von GroßFürst Artaxerxes hat dürffen zur straffe abfodern lassen. Jedoch würden sie ihm auch diese und andere unbilligkeiten verzeihen / wann er sich im Häuptwerk könte finden lassen / und meinen guten Raht' annehmen / daß er sich mit seinen Fürsten verglieche / und uns andern unsern freien Willen gönnete; welches ich doch nur vor mich rede / dann ich menge mich in so hohe sachen nicht ein. Als sie dieses gesagt; warff sie mir diese güldene Kette umb den Hals / steckete mir diesen Ring an den Finger / und nachdem einwolgesatteltes Pferd herzugeführet wahr / setzete sie dieses hinzu; ihr werdet /Herr Karthasis dieses geringe / als ein Pfand meines guten willens zum gedächtnis behalten / und stehet euch frey / bey uns euer Gesundheit zupflegen / als bey wahren Freunden / oder nach eurem Lager zureiten / da ihr dem Könige meinen Ehrengruß vermenden wollet / und daß in gebührlicher Zucht ihrer Königl. Hocheit Dienerin ich allemahl verbleibe. Aus dieser Erzählung / sagte Karthasis / sihet eure Königl. Hocheit / wie mirs in meiner Gefängnis ergangen /und wessen die Fremde gegen sie gesinnet sind. Artabanus / der durch dieses vorbringen die Eitelkeit seiner Begierden billich hätte sollen erkennen / ward durch das Lob der GroßFürstin nur in seiner närrischen Liebe gestärket / bildete ihm auch eine lautere unmögligkeit ein / zu leben können / wo er ihrer Schönheit nicht geniessen solte; daher er in seinem Vorhaben die Schlacht fortzusetzen / nur steiffer verblieb / unter der Hoffnung / sie [93] in seine Gewalt zubringen; meynete auch / es währe eine sonderliche schickung der Götter / daß sie bey dem Zuge sich finden ließ. Diesem nach befahl er Vologeses / die Völker fertig zuhalten / dann er wolte ohn Häuptstreit nicht weichen. Aber auff Karthasis Vorbringen gab er zur Antwort: Es nehme ihn groß wunder / daß er an derer feindseligen willen zweifeln könte / die nicht allein bey den Auffrührern sich auffhielten / sondern mit Raht und taht ihnen behülfflich / und in allen Schlachten die födersten währen / denen er doch die allergeringste Ursach zum Wiederwillen nicht gegeben / sondern das Fräulein zum Königlichen Gemahl begehret / ihnen aber die grösten Fürstentühmer auffgetragen / und schrifftlich versprochen; welches alles von ihnen hönisch verspottet uñ außgeschlagen währe. Das Fräulein / welche er des diebischen Räubers Gemahl nennen dürffte / hätte ihm eheliche Träue gelobet / und sich nie keinmahl verlauten lassen / daß sie sich mit einem andern verbunden / aber wol / daß sie der Göttin Vesta verlobet währe; wolte deßwegen solchen Raub und ehebruch an dem Bösewicht rächen / obs ihm gleich sein halbes Königreich kosten solte. Hierauff fing er an sich nicht anders zugeberden / als ob er besessen währe; dann die Begierde nach der so hochgerühmten Schönheit machte ihn schier zum Narrẽ; bald erfolgete drauf eine hefftige Wuht / daß er allen seinen Göttern es verweißlich vorhielt / daß sie eine solche diebische Taht an dem Räuber könten ungestrafft lassen. Endlich brach er auch loß wieder Artaxerxes / darumb / daß er dem Räuber Unterschleiff gäbe / und ermahnete die Anwesenden / sie möchten doch nicht gönnen / daß Parthische Ehr und Hocheit so liederlich geschändet würde / und zwar von denen /die ihnen weder an Macht noch Adel / noch verstande im geringsten gleicheten; er vor sein Häupt wolte lieber tausend Leben dran setzen / wann er sie hätte / als eine Stunde Persischẽ übermuht dulden. Ob sie nicht so wol Fäuste uñ Gewehr hätten / als die Feinde; warumb sie doch dañ den Muht so leicht sinken liessen? Als seine KriegsFürsten diese Erklärung höreten / und sahen / daß ihm die Trähnen nicht ferne wahren / verbunden sie sich untereinander zu Siegen oder zu sterben. Insonderheit erbohten sich zehn trefliche Ritter hohes Standes / vor der Schlacht sich in absonderlichen Kampff einzulassen / ob an Feindes Seiten sich etliche hierzu finden würden; welches der König mit sonderlicher Freude vernam / und auff Herkules und Ladisla zehn tonnen Goldes und ein Fürstentuhm setzete; wiewol Vologeses nicht unterlassen kunte / den König zu bitten / es diese Nacht reiflich zuerwägen /ob er solches einzelne Gefechte zulassen wolte / er vor sein Häupt zweiffelte nicht / man würde damit nur Schimpff und Spot einlegen; welches aber dem Könige so übel gefiel / daß er ihn mit höhnischen Worten angriff: Ob er dañ meinete / daß allen seinen Helden das Herz in die Füsse geschossen währe. Worauff er kürzlich antwortete: Des Königes Wille geschehe /und die Götter geben daß er gut und heilsam sey / ich aber zum törichten Lügener werde. Pakorus baht zugleich mit / es möchte der König nichts aus unzeitigen oder erhitzeten bewägungen vornehmen / als welche selten wol ausschlügen; aber da wahr alles den Tauben geprediget.

So bald der Parthische Trometer im Persischen Lager ankam / lieferte er Herkules das überschikte Schreiben ein / der solches in der andern gegenwart erbrach / und es seiner Gemahl laut zulesen reichete /welches dann also lautete:

Dem Durchleuchtigsten GroßFürsten / und hochberümten Persischen Feldmarschalk / Herrn [94] Herkules / erwiedert Vologeses freundlichen Gruß / welcher nicht ge meinet / daß die Unwissenheit mit Gefangenen umbzugehen / ihm hätte sollen zugelegt werden. Meine Feindschafft erstrecket sich ausser dem Fechtplatze nicht / deßwegen befinden sich die Gefangenen nach ihrem Willen; und wann ihre Wunden und Mattigkeit nicht Pflaster und Laabsaal erfoderten / solten sie bey euer Liebe schon angelanget seyn / dessen sie sich zu mir wol versehen mögen. Unsere Leute zuerlösen wird man sich nit wegern / so bald man der Anfoderung berichtet ist / an deren guter Verpflegung mir zuzweifeln nicht gebühren wil. Was der morgende Himmel gibt / wil ich mit annehmen. Ich / nebest Fürst Pakorus / Vonones und Osazes grüssen eure Liebe dienstlich hinwiederumb / und werden wir Gelegenheit suchen / Morgen in meinem / oder euer Liebe Zelt das Abendmahl mit einander zuhalten. Inzwischen erbieten wir jeztgenante euer Liebe / ausser dieser Fehde / uns zu allen bereitwilligen Diensten / welches auff begehren und vor sich selbst meldet und schreibet /


Vologeses


Valiska lachete der Höfligkeit und sagte: Wolte Gott / daß diese Fürsten ihren überflus dem Könige mitteilen könten / solte weiterer Feindseligkeit es nicht bedürffen; aber als viel sie zu verstehen geben /wollen sie mit der heutigen Schlappe nicht friedlich seyn. Leches und Klodius kahmen auch an / erzähleten des Königes Grobheit und rühmeten Pakorus Leutseligkeit; auch wie träulich er neben Vologeses sich ihrer angenommen / und sie endlich gar auff freien Fuß gestellet; welches Artaxerxes so wol gefiel /daß er die GroßFürstin baht / Herrn Pandion / Oxatres und Mithridates in begleitung 200 Persen zihen zulassen; wie dann geschahe / und der Trometer 200 Kronen von Herkules bekam. Als diese Begleitung sich wieder einstellete / zeigeten sie an / man hätte sie nicht nahe an deß Feindes Lager wollen kommen lassen / sondern die Gefangenen etliche Steinwürffe vom Lager eingehohlet / und sie geheissen in gutem friede zurük reiten; sie hätten aber einen gewaltigen Aufflauff im Lager gemerket / als währe man zum Auffbruch geschäfftig gewesen. Tyriotes ward deßwegen mit 1200 Reutern außgeschikt / auff der Parther Vorhaben zu achten / welcher bey spätem Abend wieder kam / und berichtete / der Feind hätte sich eine halbe Meile zurük gezogen / und einen bequemen Ort zum Lager genommen / ohn zweiffel / daß man auff Morgen Raum zur Schlacht haben könte. Daher man an dieser Seite die Völker speisete und zur Ruhe hinließ / auch die das hinterste Lager besezt hielten / abfoderte / und die geschwächete Reuterey von den Fußknechten ersetzete / so daß Pharnabazus 8000 seines Fußvolks; Phraortes 6000 beritten machte. Hierzu wurden noch 3000 Drangianer / 2000 Assyrer / 3850 Hirkaner / 11000 Arische / 2000 Margianer / 5000 Baktrianer / 10000 Persen / Fußvolks / und 240 von den versuchtesten Wagenknechten beritten gemacht mit welchen die Reuterey ersetzet 180000 Mann außtrug; dahingegen das Fußvolk mit 11150 Troßbuben vermehret ward / welches in 120000 Köpffen bestund; ein wolgeseztes Heer von 300000 Mann. An Parthischer Seite stärkete man die Reuterey ebenmässig / und wurden vor erst die Skytischen Fußknechte 16500 auff Pferde gesetzt / und mit den annoch übrigen 8000 gesunden vereiniget / die 14000 Indier zu fusse nahmen auch Pferde / und gingen zu ihren übrigen 6000 Landsleuten. Von den Parthischen und geworbenen Fußknechten wurden überdaß noch 68300 Mann außgelesen / die wol ehmahls zu Pferde gedienet hattẽ oder sich in der Schlacht darauff zubehelffen wusten / dz die Reuterey 210000 Mann stark wahr; und weil aller umbliegenden Dörffer Flecken und Städte Inwohner außgewichen wahren / und sich bey dem Parthischen Heer auffhielten / wurden daraus [95] 44800 Kriegsdüchtige genommen / und unter das Fußvolk verteilet / das solches auff 140000 Mann außtrug / ein Heer von 350000 Kriegsleuten. Artaxerxes hatte viel überlauffs von seiner Reuterey / daß ihnen die Plunderung möchte gegönnet werden; aber sie wurden biß auff folgenden Tag nach geendigter Schlacht hin gewiesen / mit dem Versprechen / daß weil sie heut allein ohn das Fußvolk gefochten / solte ihnen allein auch diese Beute vorbehalten werden; womit sie sich gerne befriedigen liessen / und die Obersten daher ein gutes Zeichen nahmen des künfftigen Sieges. Des folgenden Morgens machten sie beyderseits ihre Ordnung gar früh; die Persische Reuterey ward in zween Hauffen gesezt; den Linken nahmen Ladisla und Fabius / weil seine Römer ihn entweder bey sich haben / oder mit ihm zu fusse streiten wolten / daher man ihnen das erste gerne einwilligte. Bey ihnen wahren Markus / Neda und Tyriotes / mit 6458 Römern / 5743 Böhmen / 29891 allerhand zusammen gelesenen aus dem Fußvolk / und 47908 von den vorigen gesunden / allerley Landes art. Den rechten Flügel führete Herkules / und hatte bey sich / Ritter Wedekind / Bubazes / Leches und Klodius; wiewol diese beyde wegen ihrer Wunden nicht fechten kunten. Seine Völker die er anführete / wahren alle gesunde Teutschen 5801 hiebey 21200 aus dem Fußvolk gesamlete / und 63000 von der gestrigen Reuterey; daß also ein jeder Flügel 90000 Köpffe starck wahr. Das Fußvolk ward in drey Hauffen gesezt; den ersten hatten Artobarzanes und Gallus / 34000 Mann; den andern Pharnabazus und Prinsla / 36000; den dritten Artaxerxes und Arbazes 43000. Phraortes blieb bey den Elefanten mit 5000 Schützen / und ward Fr. Valisken ihr absonderlicher mit 2000 Persen umbgeben. Das Lager musten die Verwundeten Reuter verwahren.

Vologeses wahr nicht minder geschäfftig / das Königliche Heer ins Feld zusetzen. Die Reuterey teilete er unter Vonones und Osazes gleich; dieser bekam 24500 Skythẽ / 48000 versuchte Parther / und 32500 vom Fußvolk außgelesene. Vonones wurden 20000 Indier / 39900 seiner gestrigen Parther / 9300 altgeworbene Reuter und 35800 aus dem Fußvolk gesamlete zugestellet. Das Fußvolk ordente Pakorus in drey Hauffen; den ersten führete Surinas 28250 versuchte /und 11750 ungeübete; den andern Orodes / 18000 versuchte / und 22000 ungeübete; den dritten Pakorus selbst / 40000 geübete und 8000 unversuchte. Die 12000 Elefanten Schützen blieben auff den Elefanten bey dem Könige / über welche Madates gesetzt wahr. Artabanus ritte vor der Schlacht bey seinen Völkern umbher / rühmete ihr gestriges wolverhalten / und reizete sie mit grossen verheissungen zur weiteren Tapfferkeit an; insonderheit hielt er den Parthen vor / ob sie bey so gestalten Sachen die Fäuste sinken lassen /und den Persen gönnen wolten / ihren Stuel über sie zusetzen? Alles was er in seinen Kleidern trüge /wolte er dran wagen / daß solcher Schimpff den ädlen Arsaziern nicht begegnete; ließ sich endlich vernehmen / wie er auff eines jeden verhalten selbst und durch andere acht geben / und die Tapfferen reichlich belohnen wolte. Nachgehends rieff er die zehn Ritter vor sich / die den Kampff anzutreten sich erbohten hatten / und nach wiederhohltem Versprechen ermahnete er sie der Parthischen Mannheit. Diese schikten alsbald einen Heerhold an die unsern ab / welche in dieser Frühe schon in vollem anzuge wahren / und weil Fabius den Vortrab hatte / ward ihm folgender absags Brieff unversiegelt zugestellet:

[96] Fürst Intaphernes / Obrister Befehlichshaber über die Besatzung des GroßKöniglichen Parthischen HäuptSchlosses zu Charas. Fürst Tiribazus / Obrister über 6000 Parthische Reuter. Herr Ariarates / Obrister zu Roß und Fuß. Herr Masistes Obrister zu Roß. Herr Oretes / Obrister zu Roß. Herr Ochus / Obrister zu Roß. Herr Kosroes / Obrister zu Roß. Herr Xerxes Obrister zu Roß. Herr Oribazus Obrister über 50 Elefanten; und Herr Kantibaris / Obrister über 40 Elefanten; alle und jede gebohrne Parther und geschlagene Ritter / versprechen hiemit / ausserhalb Bogenschusses des Häuptheers ohn arge List und gefährde / auff der wahlstat mit gebührlichem Ritter-Gewehr / Speer und Säbel zuerscheinen / und einen absonderlichen Beweißtuhm ihrer Mannheit abzulegen / dafern an gegenseiten jn- oder außländische Ritter / Fürsten und HerrenStandes sich werden finden lassen / einen ritterlichen Kampff mit gleichmässigem Gewehr einzugehen /unter dieser Bedingung / daß der überwundene / welcher sich gefangen gibt / mit gewöhnlichem Lösegelde sich frey machen sol / es währe dann / daß die hohe Obrigkeit auff ihn zu sprechen hätte. Und werden die Kämpffer sich nicht wegern / ihren Nahmen hinwieder zu melden.

Fabius brachte diesen Brieff selbst an Herkules über / und baht / seinen Nahmen unter den Kämpffern mit anzugeben / da der Streit vor sich gehen würde; aber Herkules redete ihm ein / es währe kein FeldHerr an Parthischer Seite geneñet / und er schiene gleich wol / daß sie Hoffnung hätten / er und sein Ladisla würden sich finden lassen; wozu er sich aber / angesehen seines tragenden Amtes / zu hoch hielte; welches Fabius auch bedenken möchte. Ritte darauf alsbald nach Artaxerxes uñ Ladisla / wurden wegen der Gegenkämpfer / die sich selbst anbohten / bald einig /und setzeten dieses Antwortschreiben auff.

Herr Wedekind / Teutscher Reitter / GroßFürstlicher Erb-Kammer Herr / Obrister über 2000 Teutsche Reuter. Herr Herman / Teutscher Ritter / und Obrister über 1500 Schlachtschwerter; H. Neda / Ritter und Obrister über 3000 Bömische Reuter. H. Siegfried Teutscher Ritter und Obrister über 1000 Teutsche Reuter. H. Prinsla Bömischer Ritter und Obrister. H. Marx Römischer Ritter /Obrister über 500 Römische ädle Freyreuter. H. Kajus Autronius Römischer Ritter und Obrister Statverweser über 6000 Römische Reuter. H. Tyriotes / Ritter / Obrister über 6000 Susianische Reuter. H. Arbazes Ritter /Obrister Statverweser und Unterfeldmarschalk eines Persischẽ FußHeers. Und H. Bubazes Ritter / Obrister zu Roß und Fuß / und Befehlichshaber über die Besatzung des GroßF. Persisches Häuptschlosses zu Persepolis /fügen den Parthischen Außfoderern zu wissen / daß der Kampff von uns wieder sie unter vorgeschriebenen bedingungen angeno en sey / jedoch / daß das Lösegeld eines jedweden nicht unter 4000 Kronen gesetzet werde; auch allemahl nur zween sich schlagen / und dem Uberwinder frey stehe / den andern / dritten / und so lange ihm gefällig / außzufodern; alles redlich und auff guten Glauben.

Als der Heerhold dieses überbrachte uñ weder Herkules noch Ladisla sich im Schreiben meldete / verdroß es die Außfoderer nicht wenig. Aber Ariarates sagte: Fürst Vologeses und Pakorus haben dieses unserm Könige schon gnug zuvor gesagt / daß so grosse FeldHerrn sich gegen niemand als ihres gleichen Beampten setzen würden; so dürffen wir auch die genenneten Ritter ohn angezeigete Ursach nicht verwerffen; weiß auch nicht ob wir ihren bedingungen uns entbrechen können / nachdem sie unsere angenommen. Es wuste niemand zu wiedersprechen / nur daß Intaphernes sagete: Ich gedenke / die Teutschen werden mit den ungeheuren Schlachtschwertern ankommen / welches man ihnen / als unritterlich und dieses Orts unsitlich nicht gönnen wird; im übrigen bin ich mit allem wol zu frieden / und da mirs mißlingen solte /wil ich unter 8000 Kronen meinem Ansieger nicht erlegen / weil ich merke / daß jene nicht allein umb die Ehre sondern auch umb den Gewin [97] spielen wollen. Tiribazus hielt vor rahtsam / daß dem Feldmarschalk Vologeses der Antworts-Brieff schleunigst zugeschikt würde / ob etwan der FeldHerren einer oder ander / an Herkules oder Ladisla die Außfoderung legen wolte; dann man sähe den Feind schon heran rücken. Vologeses machte sich mit dem Schreiben nach dem Könige / welcher wenig freude daraus schöpffete / und den Vorschlag taht / daß Pakorus und Osazes es wieder unsere Helden wageten. Aber Vologeses legte ihm vor Augen / was vor Gefahr drauff stünde; weil vor erst die Uberwindung sehr zweiffelhaftig; hernach auffs wenigste nicht ohn hefftige Verwundung würde erhalten werden; wann nun diese ihre beyde Handfesteste FeldHerrn vor der Schlacht zum Gefechte solten undüchtig gemacht werden / könte solches ohn des ganzen Heers merklichen Schaden nicht geschehen; es währe viel sicherer / diese fremde Fürsten im Treffen zufahen oder niderzulegen / als durch einzelne Ritter. Also muste Artabanus sich hiemit befriedigẽ lassen /unter der Hoffnũg / er wolte in der Schlacht ihrer mächtig werden. Inzwischen zohe das Persische Heer fort / uñ hatten die zehn Kämpfer sich mit guten Speeren uñ Schwertern versehen; Weil dañ ihre Außfoderer die Bahn schon eingenommen hatten / ritten sie auch hinzu / und hielten die drey Teutschen an / daß ihnen der Angriff möchte gegönnet werden; solte es ihnen dann glücken / daß sie mehren als dreyen ansiegeten / wolten sie des Lösegeldes nicht mehr als auff einen Mann geniessen; worin man ihnen nicht wiedersprechen wolte. Als nun Kantibaris die erste Außfoderung taht / welches er mit dem Speerwinken zuverstehen gab / ritte ihm Wedekind frisch entgegen / und warff ihn im ersten Treffen herunter / sprang ihm nach / und ehe er sich auffrichten kunte / fassete er ihn bey den Füssen / schleppete ihn von der Bahn / riß ihm den Helm ab / uñ fragete / ob er sterben oder 4000 Kronen geben wolte; welches ihm Mardus als Dolmetscher vortrug; dieser aber zur Antwort gab; er liesse es bey der schrifftlichen Bedingung / und ward von Neda nach dem Heer geführet. Wedekind setzete sich wieder auff / und begegnete Oribazus / der ihm vorgenommen hatte sich besser zuhalten / aber nur in Gedanken / dann der Teutsche wolte ihn nicht vom Pferde stossen / sondern im vorbey rennen ergrieff er ihn beim Arme / und schleppete ihn bey dem Pferde her / da er ihn also hübsch davon brachte; seumete sich weiters nicht / sondern weil Xerxes sich schon gestellet hatte / rante er ihm entgegen / warff dz Speer hinweg und ließ frisch auff sich stossen / fassete das Schwert / welches nicht länger / aber dicker und breiter als die gewöhnlichen wahr / und schlug ihn damit flächling über den Kopff / daß ihm schwinden ward /deßwegen er ihn mit sampt dem Pferde hinweg führete. Artabanus mit seinen Leuten sahe diesen spötlichen Handel an / uñ taht ihm der Schimpff so weh /daß ihm die Augen übergingen. Vologeses aber sagte: Alles was aus unzeitigem Eifer vorgenommen würde /pflegete solchen und keinen bessern Außgang zugewinnen / und da ihre Königl. Hocheit würde fortfahren / des Zorns sich an stat der Vernunfft zugebrauchen / würde das Spiel sehr bald zum Ende lauffen. Es würde sich der König erinnern / wie träulich er diesen Kampff wiederrahten hätte; aber er währe nun mehr fast abgeschrecket / weiter zu rahten / weil niemand besser und lieber / als schädliche Schmeichler und unbesonnene Großsprecher gehöret würden. Mann solte ja billich der Teutschen gestrige Tahten betrachtet haben; und wolte er seines teils gerne eine Tonne Schatz drumb geben / daß das Spiel nicht angefangen währe / welches ihr ganzes [98] Heer verzagt /und die Feinde muhtig machete. Endlich erklärete er sich mit dürren Worten / dafern ihre Königl. Hocheit ihrer angenommenen jetzigen Art nach / weiters verfahrẽ würde / wolte er seines Dienstes erlassen seyn /oder in Gegenwart des ganzen Heers sein Ampt ablegen / und sich selbst darauff entleiben / damit er nicht der Feinde Spot werden möchte. Der König durffte ihm nicht einreden / und wahr so betrübt / als stünde der ganze Sieg auff diesem Kampffe. Hingegen lachete Artaxerxes das Herz vor freuden / und sagte zu unsern beyden Helden / zwischen denen er zu Pferde hielt: Nun habe ich mein lebelang solche Krafft und stärke an keinem Ritter gesehen / und möchte nicht mehr wünschen / als daß unser einer unvermerkt bey Artabanus stünde / umb seine Raserey anzuhören. Derselbe wuste nun nicht / wie ers best angreiffen solte; den annoch übrigen den Kampff zuverbieten wolte sich nicht schicken / und sahe doch vor Augen /daß sie alle an den elenden Tanz müsten; dann Kosroes wahr schon der vierde von Wedekind überwunden / welcher im ersten Stosse zwar herunter gestochen wahr / aber doch auff die Füsse kam / und den Schwertstreit anfing / wiewol er nach wenig Hieben mit dem Leben bezahlen muste; dann er schlug ihm das rechte Bein oberhalb dem Knie rein hinweg / daß er zur Erden stürzete / wolte ihn aber doch nicht liegen lassen / sondern bey dem andern Beine schleppete er ihn davon / lösete ihm den Helm auff / und sahe daß er schon mit dem Tode rang / gleich da auff Vonones Raht Mithridates mit 12000 Parthischen Reutern loßbrach / und ein grosses Feldgeschrey machete / daß die Kämpffer beyderseits sich etwas zurükzogen; aber Wedekind ermahnete seine beyden Spießgesellen / ihm zu folgen / setzeten unter die sechs Parthischen Außfoderer mit ihren Schwertern tapffer hinein / dessen sich diese nicht versehen hatten / und doch nicht außreissen durfften / stelleten sich demnach zur gegenwehr als gut sie kunten / insonderheit Intaphernes und Tiribazus samt Orodes hielten sich wol / aber Ariarates uñ Mafistes wurden im ersten anfal verwundet und von den Pferden gestürtzet. Ochus währe gerne außgerissen und fürchtete sich doch des Schimpffs / bedachte sich eines andern / und fiel als ein Rasender an / daß er auch Hermans Pferd niderhieb; aber es ward ihm nicht übersehen; dann Wedekind schlug ihm die rechte Hand reine hinweg /so wahr auch Herman schon zun Beinen / gab ihm vollends den Lohn / und sties ihm das Schwert in den Leib daß er vom Pferde fiel / auff welches dieser sich gerade setzete / und mit seinen gehülffen es so weit brachte / daß die übrigen fünffe alle hart verwundet sich ergeben und mit ihnen reiten musten; hatten also acht lebendige und zween todte gefangene / welche sie doch mit sich führeten. Artabanus währe des handels schier tolle worden / auch die übrigen wahren des leidigen fakles sehr betrübet; aber endlich verwandelte sich die Traurigkeit in einen wütigen Eifer / daß sie alle schwuren / den Schimpff zu rächen / oder darüber zu sterben. Ey sagte Vologeses / dieser Vorsaz gefället mir wol / daß ich am Siege so groß nicht zweiffeln wil / wann wir nur die Vorsichtigkeit nicht bey seit setzen; und ist mir lieb / daß Mithridates nit über befehl gehandelt sondern der Pfeile geschonet hat; wie er auch nur einen blinden Lermen zu machen außgeschicket wahr. Nun hatten sich aber die unsern dadurch nicht schrecken lassen / sondern da er näher kommen währe würde er schon seine Bestreiter angetroffen haben. Als er aber mit den seinen so schleunig umbkehrete / erkenneten die unser daher / daß er nur /einen blinden Aufflauff zu machen loßgebrochen wahr / umb den elenden Kampff [99] auffzuheben. Bald hernach ward Herkules gewahr / daß die Reuterey an Feindes seiten sich zuhinterst weit von einander taht / deßwegen er zu Artaxerxes sagte: Gewißlich hat der Feind ein Stükchen mit den übrigen Streitwagen vor. So müssen wir ihm begegnẽ / antwortet er: Ließ die Reuter / welche vor dem Fußvolk her sich außgebreitet hatten / von einander gehen / und foderte die bestelleten Wagehälse mit den langen Spiessen / und mit dem Feur herzu / welche den Wagen / so Gliedsweise zwanzig stark gingen / muhtig entgegen traten. Nun hatte aber der Feind einen Rank erdacht / diesem Unheil vorzubauen / und geblendete Pferde fornen an gespannet / welche der Fuhrman / so fornen auff dem Wagen saß / und mit einem breiten Schilde bedecket wahr / gewaltig zerpeitschete / so bal die mit dem Feur sich naheten / welches an etlichen verfing / daß sie durchbrachen; deßwegen Artaxerxes 500 gute Fußschützen ihnen an die Seite stellete / und gegen sie über 600 / welche den Wagen so viel Pfeile entgegen schicketen / daß von den 100 vördersten und äussersten Wagen keiner wahr / an welchem nich gelähmete oder erschossene Pferde solten gewest seyn / die Vermögenden aber durch ihr rük und quer lauffen eine solche Verwickelung macheten / daß es abscheuhlich zu sehen wahr; dann weil die hintersten und mittelsten fort getrieben wurden / und doch von den vörderen eingeschlossen wahren / verwundeten sie sich selbst an den scharffen Sensen / biß sie endlich in einem Klumpffen stecketen / und weder vor noch hinter sich kunten; doch wahren im anfange 25 von den Persischen Feurträgern teils beschädiget /teils gar umbgebracht / und macheten des Feindes Schützen sich auch herbey / daß von den 500 der unsrigen / so zu den Seiten der Wagen hergestellet wahren / nur 200 zurük kahmen / wiewol auch die Feinde 250 im stiche liessen. Weil dann die Wagen nichts wirken wolten / taht Vologeses befehl / daß so wol Osazes an der linken / als Vonones an der rechten Seiten den Angriff mit Pfeilen tuhn solten / also / daß wann sich der Feind ihnen würde eiferig entgegen stellen / sie sich nicht zu weit vertuhn; da sie aber an ihrer stelle halten blieben / sich ihnen nähern solten /so daß sie sich dabey nach mögligkeit schützeten. Diese brachen loß und gingen getrost hinan / weil wegen der zimlich weiten abwesenheit des Fußheers sie vor ihrem Geschoß sich nicht fürchten durfften; als sie nun sich den unsern nahe gnug seyn merketen /drücketen sie hefftig loß / daß die Pfeile in grosser menge herzuflogen. Aber Herkules und Ladista hatten die Anzahl der durchnäheten Pferdedecken diese Zeit her auff 18000 gemehret / welche vor den Völkern mit breiten Schilden hielten / und von den Pfeilen aufffingen was nicht überhin ging. Die aber hinter diesen hielten / wirketen mit ihrem Geschoß ungleich besser / weil die Feinde mit dergleichen beschützung sich nicht verwahret hatten. Noch hielten sie in diesem unauffhörlichen Schieffen eine halbe Stunde an /biß sie endlich sahen / daß der Verlust gar zu groß wahr / und deßwegen den Abzug nahmen / nachdem an Seiten Osazes 4600 von seinem neuen Zusaz erschossen / und 5400 eben derselben hart verwundet /auch 12000 Pferde / teils Tod / teils hart beschädigt wahren. Vonones verlohr 3560 seiner neuen Völker; 7040 wurden davon zum Gefechte undüchtig gemacht / und über 8000 Pferde gefellet; dahingegen Herkules nur 530 verlohr / und 1100 verwundet wurden / mehrenteils Meden und Susianer. Bey Ladisla stürzeten etwa 1300 / und 980 wurden sehr schadhaft / mehrenteils Hirkaner und Arische. Aber die breiten Schilde stecketen so voller Pfeile / daß die Reuter sie schwere halben [100] kaum halten kunten. Osazes ließ an seiner Seiten 10000 Neugerüstete und 8000 alte Reuter unter Mithridates ungestüm gnug loßgehen; neben ihnen her stürmeten die Skythen ingesamt auch auff Herkules an / unter ihrem GroßObristwachtmeister Sargapises / der an des erschlagenen Argunthis stelle gesetzet wahr / dann Karthasis kunte wegen seiner Wunden keinen Harnisch führen. Herkules schikte Bubazes mit 12000 alten und 4000 neugesamleten jenem entgegen; den Skythen muste Wedekind mit 2000 Teutschen / unter welchen 600 Schlachtschwerter wahren /und 15000 alten Reutern begegnen. Vonones ließ seinen Archelaus mit 9000 neuen und 10000 alten Reutern auff Ladisla angehen; denen Neda mit 6000 neuen / 10000 alten und 1500 Böhmen sich wiedersetzete. Neben Archelaus ging Paras Feldwachtmeister loß mit 12000 neuen und 8000 alten Völtern; gegen welchen sich Markus setzete mit 1000 Römern / 9000 neuen / und 6000 alten Reutern. Anfangs gab es an allen Seiten fast gleichmässige Blutstürzung; Mithridates wahr ein verwägener Ritter / der seiner Leute wenig schonete / wann er den Feinden schaden kunte / deßwegen er auff Bubazes sehr hefftig anging / welcher dagegẽ behutsam fuhr / und zu erst sich begnügen ließ / daß er die seinen vom hinterweichen abhielt; hernach mahnete er sein Häuflein / daß umb ihn hielt / und 800 stark wahr / mit wenigen auff / frisch durch zubrechen / welchen die andern blindlings folgeten; dann die gestrige / den 8000 außgerissenen angedräuete straffe / warnete sie / daß vor dem Feinde sterben ehrlicher währe / als durch Büttels Hand auffgeknüpffet werden. Und eben dieser Vorsaz verzweifachete ihre Kraft / daß sie mit ganzer Wuht anfielen /und den Feind endlich hinter sich trieben. Weil aber Bubazes mit seiner Leibschaar gar zu eifrig nachsetzete / ward er nach zimlicher Verwundung gefangen /und Vologeses zugeführet / der ihn alsbald verbinden ließ. Seine übrige Völker erfuhren solches etwas späte / hoffeten ihn noch wieder loß zu machen / und setzeten in den Feind mit solcher Krafft / daß sie nicht mehr bestehen kunten / und Mithridates von einem tapfferen Medischen Obristen / nahmens Agabazus vom Pferde geschlagen und hart verwundet nach Herkules gebracht ward / der ihn Artaxerxes zusendete /und zugleich von Ladisla begehrete / daß er ihm Tyriotes schicken möchte / nachdem es ihm an Heerführern mangelte. So bald derselbe ankam / muste er mit 2000 alten Reutern Bubazes hauffen zum Entsaz gehen / welche nach Mithridates Gefängnis hefftig gedränget wurden; massen die Parthischen als verzweiffelte Leute fochten / ihren Führer zu rächen. Aber Tyriotes ankunfft brach ihr Wüten / und setzete alles wieder in guten Stand. Zwischen Wedekind und Sargapises ging es sehr scharff zu; dann diese wolten ihrer Landsleute Niderlage rächen / und jene ihr Leben nicht wolfeil verkäuffen / daher die Blutstürzung dieses Orts am hefftigsten wahr. Die Teutschen musten anfangs sich schonen / und mit den andern Völkern die Skythen sich abarbeiten lassen / welches den Persen schier zu schwer gefallen währe; aber sie wurden zu rechter Zeit entsetzet / da Skyles ein sehr verwägener überaus armstarker Obrister unter den Skythen sich an Wedekind machte / ihm das Pferd unter dem Leibe erschlug / und ihn selbst zu fahen /alle bemühung anwendete; aber Wedekind kam zun Beinen und weil seine Teutschen sich der eindringenden Skythen redlich erwehreten / und mit den Schlachtschwertern sie abhielten / machte er sich an seinen Feind / der sich fürchtete / er möchte ihm das Pferd gleichmässig erschlagen / deßwegen er [101] abstieg /und weil er ohndaß lieber zu Fusse stritte / ging er auff diesen zu / als hätte er ihn gar fressen wollen /rieff auch mit erschreklicher Stimme / dieses solte sein lezter Tag seyn. Aber weil Wedekind die Sprache nicht verstund / hielt er die Antwort vor unnöhtig /und empfing ihn dagegen mit seinem Schwerte dergestalt / daß dieser schon merkete / er hätte seines gleichen antroffen. Gleichwol hatte Skyles den Vortel /daß er ein länger Schwert führete / auch des Schildes sich besser zugebrauchen wuste. Sie zudröscheten sich der massen / daß weder Schild noch Waffen gegenhalten kunten; aber in diesem versahe es der Skythe / daß er bald im anfange sich zu sehr abmattete; dann als Wedekind seine gelindere Streiche fühlete /drang er mit aller Gewalt zu ihm ein / unterlieff ihm den Streich / uñ hieb ihm den Wirbel am rechten Ellebogen hinweg / daß er das Schwert fallen ließ / aber zugleich seinen Feind mit dem Schilde wieder die Brust warff / daß er strauchelte; weil er auch mit beyden Fäusten gleiche gerade wahr / huhb er das Schwert mit der Linken auff / und setzete von neuen an / welches aber kurzen bestand hatte; dann die Wunde schmerzete ihn überaus sehr; so wahr ihm WedekindsSchild an allen Hiebẽ hinderlich / als der ihm zu nahe trat / daß er sein langes Schwert nicht brauchen kunte; daher er endlich außreissen wolte; aber dieser versezte ihm eins über den schon verwundeten Arm / daß er in Ohmacht niderstürzete; riß ihm hernach den Helm ab / und legte ihm den Kopff zun Füssen; setzete sich auff des erschlagenen Pferd / und mischete sich unter die streitende Schaaren. Hier ging es nun sehr hart über die Skythen; dann ihrer ein guter teil wusten das Gewehr zu Pferde nicht zugebrauchen / und wahr ihnen sehr leid / daß sie nicht zu fusse blieben wahren. Herkules ließ noch 400 Teutsche und 3000 alte Reuter auff sie treffen / folgete mit 100 Schlachtschwertern selbst nach / und drängete Sargapises so hart / daß er ihm die Glieder brach / und alles vor sich niderschlug. Nun hatte jeztgedachter noch 2000 feste Skythen bey sich / die sich ungetrennet zusammen hielten / deßwegen Herkules mit allen anwesenden Teutschen auff sie loßging / traff Sargapises selbst an und nach ritterlichem Kampfe / wozu ihm die Teutschen Raum gnug macheten / zwang er ihn /sich auff Gnade zuergeben / ließ ihn auch alsbald nach dem Lager bringen / woselbst Mithridates verwahret ward. Neda hatte nicht so harten wiederstand /weil Archelaus neue Reuter sehr ungeübet wahren /welche als die Schaffe hingemätschet wurden; und ob gleich ihr Führer allen möglichen fleiß anwendete /seines Feindes einbruch auffzuhalten / wusten doch die seinen nicht / wie sie die Glieder fest schliessen und mit gesamter Hand wieder Schläge außteilen solten / daher er endlich gezwungen ward / dem Indier Pandion seiner Leute unerfahrenheit klagen zu lassen / und daß er ihm etwa 6000 geübete zum Entsaz schickete / damit er die seinen wieder zum Stande brächte. Aber der Indier wendete ein / daß er seine geübete Mannschafft von seinen ungeübeten gar nicht entrahten könte / wo er sich sonst nicht ins gewisse Verderben stürzen wolte; so wolten die Indier sich auch nicht trennen lassen / und muste daher Vonones hierzu 6000 versuchete Parther unter Obristen Apreteus abschicken / welche zimlich späte ankahmen / und doch dem erfahrnen Archelaus Raum machten / sein übriges Heer zusamlen / von denen schon 4000 neue uñ 2500 alte Reuter abgesattelt / auch 5000 schwerlich verwundet wahren / da hingegen Neda nur 2000 verlohren und 1800 verwundete hatte; scheuhete sich deßwegen nicht / auff die ankommende Parther anzugehen / [102] und hielt ihren hefftigsten Anfall redlich ans /in welchem er 32 Böhmen und 840 Morgenländer einbüssete; worauff er ihr meister ward / und sie fast gar umbkreissete. Archelaus hatte sich wieder gesezt und wolte seine Helffer nicht im stiche lassen / denen Neda 500 Böhmen und 6500 Persische entgegen stellete / welche sie auch glüklich auffhielten / biß er mit den Parthen fertig wahr / deren er 4000 erschlug / und 1500 nebest ihren Führer / mehrenteils verwundet /gefangen hinweg führen ließ. Paras der Parther / und Markus liessen in ihrem Gefechte erscheinen / daß sie beydereits willens wahren / an ihrer Seiten geträulich zu dienen; da im ersten ansatze jedweder in die 600 Mann einbüssete; aber hernach ließ sichs augenscheinlich merken / daß die unsern überwogen / und hielten sich Markus neue Völker so wol / daß sie vor allen anderen neuen Schaarẽ den Ruhm davon brachten; dann die Römer würgeten Fuß vor Fuß / denen diese so eiferig nachsetzeten / daß sie den Feind gar auff die Flucht brachten / nachdem derselbe 2800 alte und 6300 neue Reuter eingebüsset hatte / uñ von den übrigen noch 5000 unverwundet wahren / da hingegen Markus überal 3600 verlohren / und 700 verwundete hatte; nachdem er aber seines Glüks sich mißbrauchete / und den weichenden Feinden mit seinen Römern zu hefftig nachdrängete / wendete sich Paras /und ward Markus von einem Obristen und zween Ritmeistern dergestalt überfallen / daß sie ihn vom Pferde rissen / und ihn in der Flucht mit sich davon führeten / nachdem sie 53 Römer erschlagen / und dagegen noch 250 Reuter eingebüsset hatten. Bubazes Völker fechten unter Tyriotes anführung noch ritterlich wieder des gefangenen Mithridates hauffen; welche keinen Führer mehr hatten / und deßwegen fast ohn gegenwehr erschlagen wurden / biß ihrer 5000 außrissen / 4000 gefangen wurden und die übrigen auff der Wahlstat blieben. Doch wahren hieselbst auch 3200 von den unsern erschlagen / und 2300 verwundet. Nicht geringern Sieg hatten Wedekind und Herkules; dann sie höreten nach Sargapises Gefängnis nicht auff / die Skythen hinzurichten / biß ihrer 12000 gestrekt lagen / 6500 sich gefangen gaben / und 6000 sich durch die Flucht erretteten. Da hingegen an unser Seite 21 Teutschen und 6000 Morgenländische drauff gangen wahren / uñ befunden sich 16 Teutsche uñ 2800 Persische hart verwundet. Gleich dazumahl ward Neda mit Archelaus überschusse auch fertig /von denen nur 3000 durch die Flucht erhalten wurden; 1600 nebest ihrem FeldHerrn (welchen drey Bömische Reuter anpacketen) gefangen / die übrigen alle in ihrem Blute lagen. Vologeses sahe daß es den seinen schlechter als des vorigen tages ging / und wuste des guten Rahts nicht vielmehr. Er hatte zwar annoch fast alle seine Parthische Reuter / die noch keinen Schwertschlag getahn / und andere / teils geworbene /teils gesamlete; aber dagegen sahe er / daß des Feindes Reuterey ihnen nunmehr an Mannschafft möchte überlegen seyn (wie sie dann noch 156675 gesunde; hingegen die Parthische nur 138250 stark) zugeschweigen daß sie viel muhtiger und geherzter zu fechten wahren als die Parthischen. Artabanus verfluchte sein Unglük / und begunte am Siege zu zweiffeln; wahr ihm demnach leid / daß er seines Feldmarschalks Vorschlag / die Schlacht auffzuschieben / so liederlich geschätzet hatte / ließ denselben zu sich fodern / und trug ihm anfangs vor / wie er bedacht währe / das Fußvolk treffen zu lassen / damit die übrige Ritterschaft auff den lezten Satz gesparet würde; hernach / daß Bagophanes ihn berichtet / wie der Persische Tropff Bubazes / welcher dem [103] Fräulein Räuber Schuz gehalten / auff seine Hocheit schimpflich geredet / und seine Zimmer-Jungfer Kleofis wieder seinen Willen geheirahtet / gefangen währe; denselben solte er lassen in die Eisen schlagen / dann er müste lebendig geschunden werden. Er aber gab zur Antwort: Er sähe des Himmels ungewogenheit über Parthenland vor Augen / welches einig nur von dem fremden Fräulein herrührete; möchte wünschen / daß Phraortes mit ihr den Hals gebrochen / da er in den Königlichen Saal den ersten Fuß gesetzet; und wolte Gott / sagte er / wir könten die Schlacht mit halber Ehr auffruffen / und der Fremden / ach ach der Fremden loß werden /ich versichere ihre Königl. Hocheit / daß den schon erlittenen Verlust ich vor nichts achten wolte / und solten der Perse und Mede mit ihrem übrigen ganzen anhange uns in kurzen zun Füssen liegen. Ich begebe mich des Fräuleins nicht / fiel ihm Artabanus in die Rede / solten wir gleich unser ganzes all dran strecken. Mein Gott / antwortete er / wie kan doch der König in diesem gefährlichen Stande noch mit solchen Gedanken umbgehen? sihet dann ihre Hocheit noch nicht / daß zwischen uns und dem Verderben so wenig Raum ist / daß wirs mit einem Pferdelauff abmässen können? gewißlich wann ich wissen solte /daß zu diesem Ende der Krieg geführet würde / müste ich vor trübnis in die Erde sinken / daß man so viel tapfferes Menschen Blut vergossen hätte. Aber hievon zu reden wil Zeit und Gefahr nicht leiden / nur die beiden Vorträge ihrer Königl. Hocheit müssen von mir beantwortet werden. Bagophanes der faule Fetwanst hat derselben gerahten / einen unzeitigen Eifer wieder einen Gefengenen (der ohnzweiffel redlicher als er ist) sehen zu lassen. O ihre Königl. Hocheit bedenke sich ja bald eines andern! dann wer weiß / was vor Helden gegen diesen noch heut wol müssen außgetauschet werden? wil demnach mich dieses Gefangenen dergestalt annehmen / als einem redlichen Feldmarschalk gebühret; und wil eure Hocheit einen in die Eisen schlagen / so schlage sie den Rahtgeber hinein; diesem Gefangenen wird gewißlich solche Unbilligkeit nicht angelegt werden / es sey dann / daß ich zu gleicher Straffe verdammet werde. Schließlich / daß das Treffen zu fusse sol gehalten werden / währe wol mein Raht / daß wir diese Völker zu unsers Landes Schuz erhielten / im Fall der Reuterstreit / wie sichs ansehẽ lässet / solte verlohren gehen; dañ also könten und wolten wir dem Feinde mit dieser Mannschaft noch solche händel machen / daß sie ungejagt hinter sich zihen solten; weil ich aber weiß / daß mein Raht vor eine kleinmühtigkeit gescholten werden muß / sol des KönigesBefehl alsbald ins werk gerichtet werden; der Himmel gebe / daß es zum Siege diene / welches aber Farbe kosten wird. Ritte hiemit fort / dañ er wolte sich mit dem Könige weiters nicht zanken / taht auch beyden FeldHerrn von der Reuterey zu wissen /daß sie ihre gesunden Völker / jeder an seinem Ort in ein Heer zusammen zihen / und etliche kleine Hauffen Schaarsweise ins Feld setzen solten / wann etwa der Feind auff sie zudringen würde. Als dieses ins werk gerichtet ward / wustẽ die unsern nicht / was es bedeuten solte. Herkules muhtmassete / es würden die Elefanten ansetzen; aber Ladisla ward gewahr / daß des Feindes Fußvolk herzu nahete / vor welchen 16000 Reuter in die quehre ausgedehnet vorher zogen; taht solches Artaxerxes zu wissen / der nichts mehr als dieses wünschete / uñ den seinen gleicher gestalt die Lose zum auffbruche gab. Inzwischen ließ des Feindes Reuterey sich ansehen / ob wolten sie mit ganzer Macht den Angriff wagen / aber bald zerteileten sich 6000 Mann / welche hier und dar 60 Schaaren / [104] jede von 100 Köpffen / ins Feld setzeten / da ihre Fußvölker sich in eine breite Ordnung begaben /und mit ihren Pfeilen und Bogen Stand fasseten; worauff sie grosse Hoffnung gesetzet hatten. Herkules fürchtete / es würde Ladisla dessen nicht wahr nehmen / und ließ ihn warnen / sich vorzusehen; welcher gleich willens wahr / etliche Reuter auff des Feindes kleine Reuterhauffen angehen zulassen / wodurch er sie würde auff die Fleischbank geopfert haben. Artaxerxes zog mit seinen Landsknechten auch fort /denen er geherzt zuredete / und daß sie alle Krafft ihrer Arme an die Bogen legen solten; worauff es dann an ein so unerhörtes schiessen ging / daß die Pfeile in der Lufft knacketen / und so dicke durch einander flogen / daß sie sich selbst verhinderten und lähmeten. Sie trieben dieses abscheuliche Wesen über eine halbe Stunde / da inzwischen unsere Helden mannichen Versuch tahten / wie sie den Parthischen Reutern beykommen / und ohn sonderlichen Verlust ihnen unterlauffen möchten / damit auch sie nicht wieder zu den Bogen griffen; aber es wolte sich nirgends schicken; dann so offt sie etliche tausend auff sie ansetzen liessen / drücketen jene (die sich auffs neue mit Geschoß versehen halten) eiferig loß / daß diese bald weichen / und allemahl mit Verlust abzihen musten /auch in unterschiedlichen anfällen 800 Mann einbüsseten / und bey die 2000 verwundet wurden. Herkules wolte diesem Unwesen abhelffen hieß 10000 Reuter ihre Pfeile und Bogen wieder ergreiffen / stellete die bedecketen Pferde und breitgechildeten Reuter 3000 stark vor ihnen her / welches ihm Ladisla nachtaht / und gingen unter dieser beschützung freudig auf die Parther loß / doch also / dz ihre Pferde einen langsamen Schrit halten musten. Jene sahen solches / erwarteten ihrer Ankunfft vorsichtig / biß die Persen zu erst ihrer Bogen gebraucheten / worauff sie auch loßschossen / und der Pfeile nicht schoneten; wiewol sie stets hinter sich wichen / und ehe diese sichs versahen / wieder ansetzeten; daher ihre Pfeile besser als der Persen wirketen / nur daß die breiten /wiewol sehr durlöcherten Schilde dannoch eine grosse menge aufffingen / die sonst mächtigen schaden würden getahn haben. So lange das Schiessen bey dem Fußvolk wehrete / gedachte Herkules nicht weiter als an die Reuterey; aber wie er die Parthischen Elefanten hervor brechen sahe / trieb ihn die Furcht / an seine Valisken zugedenken / ob vielleicht dieselbe auch mit dem ihren fortgehen / und sich unter die Feinde mischen würde / nam deßwegen 1000 Schlachtschwerter und 4000 tapffere Morgenländische zu sich / befahl Wedekind und Tyriotes nebest Leches und Klodius die Auffsicht / und ging mit seiner ritterlichen Geselschafft nach dem Fußvolke / gleich da die Parthische Elefanten antraten / in das Persische FußHeer einzubrechen. Er sahe / daß Artabanus mit zehn Elefanten zurük blieben wahr / deßwegen er seinem Gemahl andeuten ließ / daß sie sich mit vier wolbesezten Elefanten nach der Seite hinter Ladisla ReuterHeer begäbe /schickete ihr auch 40 Teutsche Schlachtschwerter uñ 1500 tapffere Morgenländer zur vermehrung ihres Leibschutzes / dann er argwohnete / Artabanus würde einen blinden Fall auff sie wagen / ob er sie ertappen könte; dessen Elefanten Schützen schon ihre Pfeile und Wurffspießlein unter das Persische Volk abgehen liessen / die nicht geringen Schaden tahten / in dem sie bey die 4000 Persen erschossen. Phraortes feirete mit seinen Elefanten eben wenig / ging auff das Parthische Heer / und weil er den Wind zum Vortel hatte / drungen seine Pfeile besser durch / daß sie eine zimliche Menge erschossen / und viel verwundeten. Herkules hatte zu [105] Persepolis etlichemahl einen blinden Elefanten Streit anstellen lassen / umb zu ersinnen /wie man diesen grossen ungeheuten Tihren am füglichsten beykommen möchte. Er wuste dieses an ihnen wol / daß wie grimmig sie währen / so leicht liessen sie sich verschüchtern / insonderheit / wann sie schmerzen empfunden; deßwegen er 2000 verwägene Persen / welche Artaxerxes schon vor fünff Wochen mit dreyfachem Solde darzu bestellet hatte / vor sich foderte / welche starke Spiesse mit sehr scharffen krummen Siecheln in der Hand / und ein kurzes breites Schwert / vornen zugespizt an der Seite führeten; gab ihnen 200 mit Schlachtschwertern zu / und taht ihnen seine Meynung zuwissen / sie solten sich nur hüten / daß ihnen die starken Tihre nicht zu nahe kähmen / und sie mit dem langen Rüssel / welchen sie an stat einer Hand gebraucheten / nicht zu sich rissen /sondern wann sie denselben von sich strecketen / solten ihrer drey oder viere sich zugleich an einen machen / und sie am Rüssel verwunden / auch des Bauchs nicht schonen / da man sie mit starken Stichen und Hieben beschädigen könte. Dieses wahr ein guter Anschlag / aber es bedurffte Mühe und Vorsichtigkeit / ihn ins Werk zurichten. Dann Madates wahr ihm dessen vermuhten / daher er den Elefanten Meistern /welche die Tihre (vorne auff dem Halse sitzend) leiteten und anführeten / befehl erteilet hatte / da etwan ein sonderlicher hauffe Volkes auff sie angehen würde /solten sie ihnen entweichen / und nach der Seiten sich wenden / damit sie in das gesamte Heer einbrechen könten; dessen diese wol eingedenke wahren / auch das vorder Heer / welches Artobarzanes und Gallus führeten / erreicheten / deren sie in 3000 zutraten und erdrücketen / ehe die verordente Schaar bey ihnen anlangete. Gallus geriet in äusserste Lebensgefahr; dann der Tihre eines griff mit dem Rüssel nach ihm / aber Gott taht ihm augenscheinliche Hülffe / daß er mit dem Schwerte fertig ward / und ihm den Rüssel hart verwundete; wodurch es vor schmerzen sich nicht mehr wolte leiten lassen / sondern weich zur Seiten aus / dessen die / so es nidertrat / wol empfunden. Bald hernach kahmen die obgedachten Elefanten Bestreiter an / teileten sich / und mit verzweifeltem Wuht machten sie sich an die Tihre / denen sie doch wenig angewinnen kunten / nur daß die Teutschen mit ihren Schlachtschwertern 15 ertödteten / und 25 hart verwundeten; worüber ihrer 20 das Leben ritterlich einbüsseten. Unter den Verwundeten Elefanten wahr ein Junger / welcher wegen der schmerzlichen empfindnis nicht allein ein lautes Geblärre machte / sondern zugleich seinen Meister über den Kopff herunter warff / und nach dem ihm bekanten Lager umbkehrete. Die alte Elefantin / seine Mutter / die ihn an der Stimme kennete / und ihn davon lauffen sahe / wolte ihn nicht verlassen / sondern gab ihm durch ihr Wiedergeblärre Antwort / und folgete wieder des Meisters Willen hernach. Andere verwundete nahmen eben den Weg vor sich / und wegen des hefftigen Geruffes /welches das Fußvolk / sie zu erschrecken anstellete /wurden die übrigen alle mit einander irre gemacht /daß sie den geradesten Weg vor sich nahmen / und an einem Orte durch ihr eigen Fußvolk setzeten / deren sie über 5000 zu nichte machten; hatten aber doch vor ihrem abwich über die gedachte Teutschen / noch 500 der bestelleten Persen auffgerieben / nachdem ihre auffgeladete Schützen in die 4600 von dem Persischen Heer erschossen / und auff 3800 hart verwundet hatten. Den Persischen Elefanten gieng es nicht viel besser / wiewol sie anfangs grossen Schaden unter Artabanus Heer anrichteten / und nachdem ihre 5000 Schützen von ferne in die [106] 5800 Parther erschossen und 4700 verwundet / näher hinzu gingen / und noch 2500 in den Tod schicketen / glückete es ihnen wol /biß Pakorus ihnen 1500 darzu bestellete Wagehälse entgegen gehen ließ die sich teils unter die Tihre macheten / und ihnen den Bauch öffneten / daß sie niderfielen / und ihre Mörder mit erdrücketen. Die andern wurden mit Geschrey und Wunden hinter sich getrieben / daß sie gleich den Parthischen / ihrem Lager zulieffen / aber zwischen ihren Reutern und Fußvolke ohn einigen Schaden davon zogen / und der Parther welche sie verschüchtert hatten / nicht über 400 das Leben behielten. Nach diesem Elefanten Streite begunten die Fußvölker beyderseits nach ihren Schwertern und Spiessen zu greiffen. Herkules aber begab sich mit 780 Teutschen wieder zu Pferde / und dankete Gott / daß er diese Tihre so gnädig abgelenket hatte / vor denen er sich am meisten fürchtete. Als er bey seiner Reuterey anlangete / fand er Wedekind mit 500 Teutschen uñ 20000 Persen in voller Arbeit; dann so bald die Elefanten ihre Verrichtung getahn / ließ Vologeses so wol Reutern als Fußknechten andeuten /jezt währe Zeit / das Parthische bißher unüberwindliche Schwert hervorzulangen / und damit die geschworne Träue zu beweisen; sie sähen ja allerseits /daß es müste gewonnen oder gestorben seyn; ein furchtsamer / der seine Hände ruhen oder zittern liesse / hätte nichts gewissers / als einen unrühmlichen verfluchten Tod; die aber ohn auffhören auff den Feind zuschlügen / hätten den Sieg / oder ja unsterblichen Ruhm ihres ritterlichen wolverhaltens; solte demnach ein jeder dahin trachten / daß er des Feindes Machtbrechen möchte / alsdann währe an der überwindung nicht zuzweiffeln. Doch gab er den beyden FeldHerrn bey der Reuterey heimlichen Befehl / da über verhoffen das Messer unmahl fallen solte / an jeder Seite 8000 der aller wehrhafftesten vom Treffen abzuhalten / und in Ruhe zulassen / daß sie auff solchen Fall des Königes Schuz und Sicherheit seyn könten. Sieder Herkules Abwesenheit wahr durch das Schiessen nicht sonderliches verrichtet; dann als die Parther der Persischen Pfeile empfunden / von denen ihrer 2000 erschossen / und dagegen der Persen hinter den Schilden nur 520 gefellet wahren / gab man das Schiessen an / weil die Parther nicht wolten / und die Persen wegen Herkules Befehl (wornach sich auch Ladisla richtete) nicht durften. So bald aber jene von Vologeses Befehlempfingen / lies Osazes 18000 gegen Wedekind angehen / denen er / wie oben stehet / begegnete. Sie gingen anfangs beiderseits behutsam / und wolten sich aus ihrem Vortel nicht begeben. Herkules sahe ihnen zu / wie er kam / und weil sie einer dem andern gewachsen wahren / ließ er sie immerhin fechten. An Ladisla Seiten stund es fast im gleichen stande. Die Schützen verrichteten nichts sonderliches /weil die Parther keinen Muht hatten anzubeissen; biß Vonones 17000 Parther unter Andragoras anführung mit entblösseten Schwertern loßbrechen lies / denen Fabius mit 18000 entgegen traff / und sich weidlich mit ihm umbtrieb. Surinas gab sich an Parthischer Seite mit seinen Fußknechten auch loß / und begegnete ihm Artobarzanes uñ Gallus / deren Völker / weil sie schon zimlichen Abbruch gelitten / mit 3000 Mann von Artaxerxes gestärket wahren. Die Doppelsöldner mit ihren langen Spiessen gingen voran / aber die mit den Schwertern kunten ihnen nicht lange zusehen / sondern traten an beyden Seiten aus / und griffen so grimmig an / daß von den ersten Gliedern niemand lebendig blieb; und ob gleich Artobarzanes uñ Gallus alle Macht anwendeten / so drang doch Surinas durch / [107] dañ die von Artabanus ihnen getahne Zusage des dreyfachen Soldes hatte sie kühn und muhtig gemacht / daß sie keine Gefahr scheuheten / und immer vor sich hin matzeten. Gallus samlete 1000 Mann umb sich / mit denen er Surinas entgegen trat / weil er den grösten Schaden taht / machte ihn auch durch seine Ankunfft stutzen / daß er weiter nit durch drang; aber als diese beyde einander auffstiessen / und einen harten Straus hielten / zohe Gallus den kürzern / und ward nach empfangenen fünff Wunden gefangen hin weggeschleppet. Artobarzanes gedachte ihn zuentsetzen / fiel auch so gri ig an / daß Surinas mit seiner Schaar hinter sich weichen muste / dem aber seiner Obristen einer mit 3000 Mann zu hülffe kam / mit dem er auffs neue anfiel / daß die Persen hinter sich gingen / und in grosser Menge nedergeschlagen wurden; auch Artobarzanes selbst ging zu grunde im absonderlichen Streite gegen Surinas / mit dem er ohndas in tödlicher Feindschaft lebete / welches daher entstund. Ein vornehmer Medischer Herr / nahmens Tigranes / hatte gar ein schönes Fräulein / nahmens Atossa / mit welcher Surinas sich ehelich hinter der ElternWillen versprochen hatte / der Hoffnung / nachgehends deren Einwilligung leicht zuerhalten; als er aber umb sie werben ließ / bekam er abschlägige Antwort / unter dieser Einwendung / sie währe einem andern schon zugesagt. Wie dann GroßFürst Phraortes umb sie bey den Eltern angehalten / daß seines Bruders Sohn Artobarzanes sie ehelichen möchte / welches also bald bewilliget / und dem GroßFürsten mit grossem Dank nach seinem gnädigen gefallen zuschaffen / übergeben ward. Ein ander Parthischer Herr / nahmens Ariarates hatte kurz vor diesem nach ihr gefreiet / und einen Korb erhalten / dessen er von Surinas etlichemahl durch schimpfliche reden gestochen wahr; daher er ihm dieses Glük mißgönnete; und als er in geheim erfuhr / daß Surinas willens wahr / mit 600 Reutern auffzubrechen / und das Fräulein mit ihrer guten bewilligung heimlich zuentführen / machete er solches ihren Eltern durch einen dritten vertraulichen zu wissen; sie hätten sich fleissig vorzusehen /daß ihnen Frl. Atossa nicht in kurzen durch gewaltsamkeit geraubet würde. Nun hatten die Eltern an ihr gemerket / daß sie verliebet wahr; dann ihre Leibdienerin (deren sie nicht gut heissen wolte / daß sie mit ihres Herrn Vaters Leibdiener Leichtfertigkeit trieb) machte ihnen aus Rachgier kund / daß sie offters geheime Brieffe schriebe / welche / wo sie nicht irrete /an Herrn Surinas hielten; deßwegen sie die gute Tochter alsbald vornahmen / ihr heimliches Lädichen öffneten / und darin von Surinas zwölff Schreiben funden / aus derem lezten sie den gemachten Anschlag richtig erfuhren / dem sie sonsten nicht hätten vorkommen mögen. Das Fräulein meinete nicht anders /dann ihr Vater wolte sie erwürgen / so grimmig stellete er sich; daher sie aus furcht des todes sich erklärete / seinem Willen folge zu leisten / der sie stündlich nach Ekbatana bringen ließ / nachdem sie ihm durch einen äid versichert hatte / daß von Surinas sie annoch unberühret währe. Er hatte aber noch ein schönes Fräulein bey sich / nahmens Anutis / seiner Stieffschwester Tochter / die von schlechten mitteln wahr; dieselbe stellete er nach gemachtem Schlusse an den Raubeplaz / putzete sie treflich aus / und unterrichtete sie / wessen sie sich verhalten solte. Surinas fand sich dahin / der Hoffnung / seine geliebte Frl. Atossen anzutreffen / da Frl. Anutis ihn also anredete: Wolgebohrner Herr / meine herzgeliebte hochvertrauete Wase Frl. Atossa / meldet euer Liebe ihren Gruß /und lässet ihn durch mich schmerzlich wissen / daß ein boßhaftiger Verrähter [108] euer beyder heimliche Liebe ihren Eltern kund gemacht / darauff sie unter der Bedräuung des todes denen gehorchen / und sich nach Ekbatana führen lassen müssen / umb Herrn Artobarzanes / dem sie vorm halben Jahre schon von ihren Eltern versprochen ist / beygelegt zu werden / welches dann vor sechs Tagen schon vollnzogen worden. Vor ihrem Abscheide foderte sie mich allein vor sich / und sagte: Hertzgeliebte Schwester; unsere nahe Verwandschafft und innigliche Vertrauligkeit bewäget mich / die meines Hertzen Geheimniß zu offenbahren / was gestalt ich mit Herrn Surinas mich versprochen / aber wegen meiner Eltern und unsers GroßFürsten Gegenstand es nicht halten kan; damit er aber wisse /woran er sey / so melde ihm nur dieses wenige: Atossa bleibt Surinas Schwester / weil sie nicht kan sein Gemahl seyn; hätte sie aber eine Schwester oder Anverwandtin / wolte sie ihm dieselbe gerne zufreyen /nur daß sie ihm erwiese / wie hoch sie auff ihn hält; Warne ihn aber zum fleissigsten / daß er Ekbatana meide / wo er leben wolle / und sich hüte / an mich zuschreiben / da er mich sonst nicht in den Tod stürzen wil; ich wolle schon Gelegenheit suchen ihn dereins zusprechen. Dieses / sagte Anutis / hat meine Wase Frl. Atossa mir befohlen / und zwar zum Wahrzeichen alle diese zusammen gebundene Brieffe mir zugestellet / dem Herrn solche / zur bekräftigung der Warheit einzulieffern / weil zu schreiben sie keine Gelegenheit haben können. Dieser Zeitung wahr Surinas so leidig / daß er meynete / in die Erde zu sinken /und schwur bey allen Göttern / nicht zu ruhen / biß er Artobarzanes entleibet hätte / ob er gleich wieder sterben solte; nam die Brieffe zu sich / und wolte von Anutis hinweg scheiden / welche zu ihm sagete: Wie mein Herr / zürnet er auff meine Schwester Frl. Atossen / die doch durch äussersten Gewalt gezwungen /ihre Verheissung nicht halten kan? Davor behüten mich die Götter / antwortete er: Ey so wird er mir ja eine Antwort geben / sagte sie / welche ich hinterbringen kan; ich sehe daß mein Herr sehr betrübt ist; aber hiedurch tuht er seiner geträuen Freundin keinen gefallen / die mit keinen andern Gedanken umbgehet /als ihn durch ein ander Fräulein zubefriedigen / nachdem die Götter es mit ihr nicht versehen haben. Dieser wuste vor Herzleid nicht / was er ihr solte zuentbieten / nur daß er ihr Knecht und Diener bliebe / als lange er lebete; Nam hiemit kurzen Abschied / uñ wolte davon reiten; sie hingegen stellete sich gegen ihn überaus höflich / mit dem erbieten / alles wol zu werben / und baht ihn / weil sie ihrem Vetter vorgetragen / ob wolte sie nach ihrer Fr. Mutter Schwester zihen / und erst Morgen wieder kommen / möchte er ihr seine ledige Gutsche leihen / daß sie nach dem nähesten Flecken fahren könte / weil sie so zeitig nicht zu Hause kommen dürffte. Und als er hierzu nicht allein willig wahr / sondern sie nöhtigte / mit ihm zuzihen / weil er ohndas daselbst sein Ablager halten würde / ließ sie sich gerne bereden / wuste ihm auch dergestalt freundlich und mit Liebäugeln zubegegnen / daß er eine sonderliche Gunst ihr zulegte / und sich erboht / sie wegen der Vertrauligkeit / welche sie mit seiner Liebsten hätte / Zeit seines Lebens zu lieben. Auff dem Wege / da er bey ihr in der Gutsche alleine saß / beklagte sie ihrer Wasen Unglük mit wolgestalten Trähnen / und unterlies dessen nichts / dadurch ein Mannes Herz zur Liebe kan gezogen werden. Sie kehreten in einem offenen Flecken ein / da sie gute Herberge hatten / und sinnete der gute Surinas den Worten fleissig nach / wie Atossa ihm gerne ihrer Verwanten eine zufreien wolte daher er gedachte / sie würde zu dem Ende ihm diese geschikt haben; daß also die gute Gewogenheit [109] sich in eine brünstige Liebe verwandelte / und er sie endlich umb die Ehe anredete / weil er hoffete / sagte er / seiner gewesenen Braut Willen dadurch zuerfüllen. Sie hingegen stellete sich dessen sehr fremde / und weil sie merkete daß er gefangen wahr / wolte sie zwar keine abschlägige Antwort erteilen / aber doch ihres Dinges gewiß seyn / ließ sich auch ganz schamhaftig vernehmen / sie dürffte wegen solcher angehörten Rede kein Auge vor ihm auffschlagen / und ob sie gleich das Herz ergreiffen wolte / ihm zu antworten / währe sie doch ihrer selbst nicht mächtig / massen ihr Herr Vetter sie an Kindes stat angenommen / und versprochen / sie außzusteuren / wann sie nach seinem Willen heyrahten würde; solte sie nun ohn dessen Vorwissen sich einlassen / welcher vielleicht schon etwas anders mit ihr Vorhaben möchte / würde sie ihn erzürnen / und (inbetrachtung / wie er mit seiner leiblichen Tochter geberdet) von ihm gar verstossen seyn. Je mehr aber sich diese wegerte / je mehr er sich verliebet befand /erboht sich endlich bey seinen ritterlichen Ehren / sie ohn allen Brautschatz zu heyrahten; Ließ zween Ritter / im Flecken wohnend / zu sich bitten / und in derer Gegenwart versprach er sich mit ihr. Worauf sie sich willig ergab / uñ diese Nacht sein Ehgemahl ward. Des folgenden Morgens machte sie sich wieder auff nach ihrem Vetter / unter dem schein / ihren Schmuk und Kleider nachzuhohlen / und sich gegen ihn des ergangenen nichts merken zulassen da sie ihm doch alles offenbahrete / und auffs schneleste mit ihm nach Ekbatana fuhr / welches nur anderhalb Meilen davon abgelegen wahr. Sie machte sich alsbald zu ihrer Wasen / die in grosser Liebesquahl gegen Surinas lebete / und zu Artobarzanes gar keinen Willen trug; derselben brachte sie vor; Herr Surinas hätte sie vom Schlosse in stiller geheim fodern lassen / und nachdem er sich über Atossen Träulosigkeit mit lachendem Munde beschweret / sie mit Gewalt hinweg geführet / ehelich Beilager mit ihr gehalten / uñ ihr dieses Haaren Armband (welches sie ihm heimlich vom Arme gestohlen hatte) mit diesen Worten zugestellet: Ich habe der Atossen Haar getragen / aber forthin nicht länger / wollet ihr demnach dieses als meiner vergessenen wieder zustellen / und daß ich ihr zuentbieten lasse / wir wollen beyderseits der gemachte Kundschafft vergessen / als ob sie niemahls gewesen währe. Atossa empfing hierüber solchen Eifer / daß sie das Armband ins Feur warff / und den guten Surinas dergestalt schmähete / als ob er der geringste Stalbube gewesen währe; legte auch alle getragene Hulde ab / und wendete sie ihrem Artobarzanes zu / insonderheit / als Anutis hinzu setzete / wie hoch er ihre Schönheit über jener erhoben hätte. Also blieb diese durch solchen Betrug und Verleumdung in ruhiger und ungestöreter Ehe mit ihrem Surinas / deren sie doch wegen des Todes Neid kurze Zeit zugeniessen hatte; wiewol die Liebe gegen Atossen in Surinas Herzen sich nicht allerdinge wolte dämpfen lassen /und der Eifer gegen Artobarzanes ganz unversöhnlich wahr / welchen er vor dißmahl mit seinem Blute dämpfete / auch / da er ihm den lezten Stoß anbrachte / zu ihm sagete: Diesen schenke ich dir wegen meiner Atossen / deren Gunst du unwirdiger mir gestohlen /und andertlhalb Jahr als ein Räuber und Ehebrecher genossen hast; wütete auch nach seiner Niderlage immerfort / biß ihm Prinsla mit 6000 frischen Völkern entgegen ging / uñ den Abgematteten Luft machte /auch zeitig auff Surinas traff / welchen er nach hartem Kampffe überwand und gefangen nam; samlete hernach die Völker / und durch sein unnachlässiges Gefechte brachte er den Feind auff die Flucht / nachdem derselben 9600 verwundet / [110] 8800 erschlagen wahren; dagegen aber 6400 Persische auff der Wahlstatlagẽ /und 5800 beschädigte sich funden. Orodes entsetzete den verwundeten Parthischen überschuß mit seiner ganzen Macht und fiel als eine Fluht auff Prinsla an /welches Pharnabazus ersehend / ihm schleunig zu hülffe trat / aber doch zu späte kam; dann als Prinsla die seinen von so grosser Menge übermannet sahe /gedachte er sein Leben teur gnug zuverkäuffen / und taht mit seinen 6000 Knechten solche Gegenwehr /daß Orodes sich darüber entsetzete; dann ungeachtet seiner Wunden / deren er neune empfangen hatte /schlug uñ stach er von sich / daß ihm niemand nahen durffte / biß seine jeztgedachte Leute fast alle erschlagen wahren / welche doch 9000 mit sich in den Tod nahmen / und 4000 hart verwundeten / da er endlich vor Mattigkeit niderfiel / und von Orodes nach Vologeses geschicket ward / der ihn stündlich verbinden ließ. Pharnabazus nahm ihm gänzlich vor / Prinsla Unfal zurächen / aber er empfand so heftigen Wiederstand / daß er nicht einbrechen kunte / daher an beyden Seiten das Schwert fast eine gleiche Anzahl fraß.

Bey der Reuterey ging es nicht weniger scharff daher. Dann ungeachtet der grossen Niderlage / welche das Parthische Volk anfangs litte / hielten sie doch nunmehr hart gegen / als Vologeses die 11000 übrigen Elefanten Schützen (dann 1000 wahren im Gefechte drauff gangen) zu Pferde brachte / welche alle versuchte Reuter wahren / und sie mit dem annoch übrigen 5500 gesunden Skythen zusammen setzete / welche zur stärkung wieder Ladisla fortgeschicket / und hingegen Pandion mit seinen Indiern von dannen ab gegen Herkules gefodert ward. Der Parthen / welche wieder Wedekind fochten / wurden ja so viel als der Persen erschlagen / dieser aber mehr verwundet; daher Herkules noch 300 Schlachtschwerter und 700 andere Teutschen den seinen zu hülffe gehen ließ / deren Ankunft die Parther alsbald stutzen machete /weil sie sich treflich abgearbeitet hatten / welches Osazes merkend / den Pandion mit diesen Worten auffmahnete. Es wird schier Zeit seyn / unsere Leute zuentsetzen / welche sich wieder die menge der Feinde ritterlich gehalten haben / und ist nicht rahtsam /daß man sie länger schwitzen lasse; dann nachdem sie sich erhohlet / können sie von neuen wieder angehen; wolle demnach er sich gefallen lassen seiner Gewohnheit nach frisch anzusetzen / ich wil / so bald es Zeit seyn wird / ihn ohn hülffe nicht lassen. Dieser erklärete sich sein bestes zu tuhn / brach gemehlig loß / und stellete sich in der Parther Plaz / denen er geboht abzuzihen / und sie dessen wol zufrieden wahren / dann 5000 wahren von ihnen nidergemacht / und 4000 verwundet. Dagegen halte Wedekind 4800 Morgenländische und 20 Teutsche verlohren / und wahren 6000 Persische und 60 Teutsche gequetschet. Als Pandion zum Treffen kam / setzete er geherzt an / und gab den unsern so viel zuschaffen / daß Herkules noch 5000 Persische und 500 Teutsche Wedekind zu hülffe schicken muste / die durch ihre ankunfft der anderen Herzwieder erfrischeten. Fabius fand an seiner Seiten mehr Wiederstand als er meynete; massen Andragoras Vonones UnterfeldHerr sich tapffer hielt / und sein äusserstes Vermögen dran setzete / der Römer Gewalt zuhintertreiben / die ihm den grösten Schaden zufügeten; und als dieses nach Willen sich nicht schicken wolte / machte er sich an die Persischen Völker / und schlug deren 5000 nider / da er kaum 3000 dagegen verlohr / wiewol die Römer über 2000 an ihrem Orte niderhieben / und 2000 hart beschädigten / aber auch 300 einbüsseten / und ihrer über [111] 250 verwundet wurden. Noch wolte kein Teil gewonnen geben / sondern trieben sich auff dem weiten Felde unerschrocken hin und wieder / biß endlich die beyden Heerführer auffeinander traffen / aber mehr von den Beystehern ihres Gegeners als von ihren Schwertern getroffen wurden /biß der Parther Häupt Tod zur Erden stürtzete / und Fabius hart verwundet / von den seinen aus dem Gedränge geführet und verbunden ward. Ladisla lieff hierüber vol Zorn / und schickete 2000 Böhmen nebest 8000 Persischen den seinen zu hülffe / denen die ElefantenSchützen und Skythen entgegen gingen / und sich mit ihnen rechtschaffen zerhacketen. Orodes bemühete sich noch immerhin / wie er Pharnabazus abtreiben möchte; weil aber die seinen sich schon hefftig abgearbeitet hatten / wurden sie hart gedränget / daher er mit 6000 zur Seiten einbrach / und daselbst nicht geringen Schaden taht / biß ihm Pharnabazus auffsties / von welchem er auff den Tod verwundet ward / daß ihn seine Leute mit genauer Noht retteten / und nach Pakorus trugen / der ihn hefftig liebete / und ihm versprach / seine Wunden an dem Tähter zurächten. Nach Orodes abscheide ging es hart über seine Völker; dann seine geübeten wahren schon der mehrerteil erschlagen und die übrigen verwundet / daß nur seine ungeübeten / welche noch etwa in 13000 gesunder Mannschaft bestund / Wiederstand halten musten; die aber so schwerer Streiche nicht gewohnet wahren /und sich daher schon nach der Flucht umbsahen. Pakorus ließ ihnen unter Partamastris 10000 zu hülffe gehen / welche den Abbruch ersetzeten / und den Persen mehr als zu viel zuschaffen gaben. An seiner Seite trug Herkules grosse Vorsorge wegen des Fußvolkes /massen ihm Pakorus Vorsichtigkeit und erfahrne Kraft nicht allein sehr gerühmet wahr / sondern er hatte ihn bey Artabanus etlichemahl gesehen / und aus allen seinen Geberden und Reden eine sonderliche Großmühtigkeit gespüret; so wuste er über das / daß weder Teutsche / noch Böhmen noch Römer bey Artaxerxes hielten / sie auch dem Feinde an Mannschaft nicht gleicheten; deßwegen er ihm sehr angelegen seyn ließ / das Treffen an seiner Seite so weit zubringen / daß er mit einem Entsaz dem Fußvolk zu hülffe gehen möchte. Er merkete / daß der Indier Gefechte nicht groß auff sich hatte / ohn da Pandion sich finden ließ; deßwegen nam er 50 Teutschen zu sich / ging damit den seinen zu hülffe / und setzete mit an. Der Indier kennete ihn bald / hoffete / es solte ihm besser wieder ihn als wieder Ladisla gelingen / und fiel mit 300 Mann auff ihn zu; aber die Teutschen empfingen sie dergestalt / daß einer nach dem andern stürzete /und Herkules Gelegenheit bekam / seinen Wiederstreiter nach gefallen zu haben / zu welchem er sagete: Herr Pandion / ich hätte gemeynet / ihr hättet gestern schon euren sachen gnug getahn. Diesen verdroß der Schimpff / und foderte ihn zum freien Kampffe daß niemand daran möchte hinderlich seyn; welches ihm nicht gewegert ward / da Herkules mit etwas Eifer auff ihn drängete / und ihm eines in die Rippen gab /daß er schwankete. Zwar es legte dieser hinwiederumb alle mögligkeit an / mochte aber wenig schaffen /welches ihn fast rasend machte / daß er seiner eigenen Beschützung wenig acht hatte / und sich dergestalt entblössete / daß ihn Herkules wol hätte können durchstechen / wolte aber seines Lebens schonen /und zu hä erte ihm den Helm dergestat / daß ihm vor den Augen funkeln ward / und wenig fehlete / er währe gar vom Pferde gestürzet. Herkules sahe seyn unvermögen und sagte: Mein / ihr sehet / daß euch das Glük wieder mich keinen Beystand leisten wil /deßwegen ergebet euch / [112] dann ich möchte euch ungerne hinrichten. Er aber hielt solche Reden vor gar zu schimpflich / und gab zur Antwort: Man müste vor streiten als siegen; Pandion könte solcher gestalt nicht alle Tage der Gefängnis gewärtig seyn. Welcher Troz Herkules verdroß / daß er zu ihm sagte: Weil ers dann nicht besser haben wolte / müste ers nehmen / wie es fallen würde; griff ihn mit allem Ernst an / und schlug ihn in kurzer Zeit zu bodem / da ihm sein Blänke vollends das Genicke abtrat / welches ihm aber sehr leid wahr / und ihm das Leben gerne erhaltẽ hätte. Seine Völker liessen auf diesen Unfall ihre Zagheit alsbald merkẽ / daher Herkules seine verwundeten und abgematteten gemehlig abzihen ließ / und ordnete geruhete an ihre stelle. Osazes wolte nicht / dz diese aufs Haupt erleget würden / uñ sendete ihnẽ 12000 streitbare Parther zu / mit deren zutuhn sie wieder anfallen / und ihres Führers Tod rächen soltẽ. Die ElefantenSchützen hielten sich gegen Ladisla Völker sehr wol / dañ Madates ihr Führer wolte die empfangene Ruhten-Streiche rächen / so daß er sich gegen Artabanus erklärete / nicht anders als ein Sieger vor seine Augen zu treten. Er hatte sich mit sehr guter Mannschafft / 4000 stark verwahret / mit denen traf er auf die Böhmen / daß ihrer 150 stürzeten / und 300 hart verwundet wurden. Neda wahr hieselbst übel auff die seinen zusprechẽ / daß sie den Parthern nicht bessern Widerstand tahten / da sie es doch an keiner Mögligkeit erwinden liessen / nur daß Madates und der seinen Raserey gar zu hefftig wahr; so tahten die Persen nicht / wie sie billich gesolt hätten / sondern wichen bald hie / bald da / und entblösseten der Böhmen Seiten zu unterschiedlichen mahlen / daß er endlich gezwungen ward / bey Ladisla umb Hülffe anzuhalten /gleich da Fabius überbliebene ihre Feinde ganz zurük geschlagen hatten / deren nur 4000 gesunde und 1000 verwundete davon kahmen; aber auch noch 2800 an unser seite über vorgedachte erlegt / und 1600 verwundet wurden. Als Ladisla diesen Sieg vernam /hieß er die ermüdeten Römer uñ Persischen ruhen /nam 1000 Böhmen und 3000 Persische zu sich / und ging Neda zuhelffen / der von neun Parthern umringet wahr / die weidlich auff ihn zuschlugen / massen Madates befohlen hatte / niemand gefangen zunehmen /sondern alles niderzumachen; nun tahten gleichwol seine Leute allen möglichen fleiß / zu ihm durchzubrechen / aber Madates stund ihnen zu hart entgegen /biß Ladisla hinzu drang / vor dessen Ankunft die Feinde Raum gaben / und Neda verliessen / der sich seines Lebens schon getröstet hatte / und durch Niderlegung der Feinde einen rühmlichen Tod suchete; aber so bald er Lufft vernam / legte er die Verzweiffelung hinter sich / und ließ sich aus dem Gedränge führen /weil er hart verwundet wahr. Madates wahr nicht willens vor Ladisla Einbruch zuweichen / traff auch bald auff ihn / und wie er sahe / daß er (den er gleichwol nicht kennete) den seinen so grossen Schaden zufügete / setzete er ihm heftig zu / fand aber gar zu weite Schuch vor seine Füsse; dann nach anderthalb viertelstündigem Gefechte wahr der gröste Teil seines Bluts vergossen. Die seinen rieffen hin und wieder nach Madates / daher Ladisla erst vernam / mit wem ers zu tuhn hatte / und sagte zu ihm: Wie ist ihm nun / Madates? wollen wir uns abereins vor die Ruten führen? Dieser erkennete seine Stimme / und wie schwach er wahr / samlete er doch das übrige seines Vermögens /uñ antwortete nichts / ohn daß er ihn vor einen Ritterschänder ausschalt; welches ihm so sehr zu herzen ging / daß er ihn straks angesichts niderhieb. Herkules sahe / daß die seinen den Feinden gnug gewachsen wahren / gab Leches Vollmacht / nach Befindung die Völcker unter [113] Siegfried und Herman loßgehẽ zulassen / dafern Osazes einbrechen / oder den seinen Entsaz zuschicken würde. Er aber nam 150 SchlachtSchwerter nebest 300 andern Teutschen uñ 3500 Persischen zu sich / damit ging er zum andern mahle hin nach dem Fußvolke. Pharnabazus tummelte sich mit seinen Feinden rechtschaffen / bekam auch die 4600 ElefantenSchützen (dann 400 wahren davon umkommen) zur Erfrischung / die in kurzer Eile nicht geringen Schaden tahten. Pakorus sahe die seinen weichen /und ging ihnen mit 9000 zu Hülffe / dessen Ankunfft eine gewaltige Verenderung verursachete; dann weil er den Kern seiner Völker umb sich hatte / brach er der Persen Ordnung / und hieb vor sich nider / was er antraff. Artaxerxes merkete bald / daß er und kein ander diese Niderlage wirkete / und schickete Pharnabazus noch 6000 geruhete Völker zu / die mit den ElefantenSchützen sich vereinigten / und dem Feinde zur Seite einbrachen / daher er gezwungen ward / sich gegen diese zukehren / daß Pharnabazus Lufft bekam / seine Völker aufs neue zuordnen / welche er vermahnete / sie solten des Feindes Schwert / nicht seine Augen in acht nehmen / alsdann würde sich das Spiel bald wenden; Aber Pakorus matzete an seinem Orte dergestalt / daß die unsern begunten den Fuß zurück zusetzen / deswegen ihnen Pharnabazus an diesem nohtleidenden Orte mit 5000 zu Hülffe gieng / und ihnen zurief / ob sie einschlaffen wolten / daß sie die Fäuste so sinken liessen; trat alsbald neben sie ein /hieb den ersten und andern Parther nieder / und machte hiemit den seinigen einen frischen Muht / daß das Spiel wiederumb in gleicher Wage hing / aber auff die Weichseite kunte er die Parther nicht bringen / dann Pakorus stund fest wie eine Maur / und sagte zu den seinen: Sehet ihr nicht / daß der Sieg fast in unsern Händen ist / und wollet ihn nicht helffen ergreiffen? schlug auch mit solchem Eifer und kräfftigen Streichen umb sich / daß ihm keiner nahen durffte. Da hätte man sollen ein Elend und Jammer sehen; wann jemand fiel / sahe sich niemand nach ihm umb / sondern ward von den nachfolgenden gar ertreten / und schien nicht anders / als hätten sie alle einer dem andern den Tod geschworen. Pharnabazus wolte diesem Unheil abhelffen / oder sein Leben dran setzen; nam 800 feste Knechte zu sich / und brach mit aller Gewalt hindurch / daß er ein ziemliches Loch in des Feindes Ordnung machete / und folgeten ihm 6000 mit allem Eifer nach / wodurch die Parther zuweichen gezwungen wurden. Pakorus wahr nicht an diesem Orte / sahe doch bald / wie es den seinen ging / und samlete 1500 Mann umb sich / damit hielt er diesen Einbruch auff / daß der Persen Fuß nicht weiter ging /meynete auch nit anders / als Herkules oder Ladisla föchte an diesem Orte / deswegen er nach kurzer Ruhe sich an Pharnabazus machete / und einen absonderlichen Kampff mit ihm anfing / der sich auch redlich wehrete / wiewol ihm jener umb ein grosses an Krafft und Geschikligkeit überlegen wahr; stund demnach nicht lange an / dz an unterschiedlichen Orten seines Leibes das Blut von ihm ran / da er doch seinem Bestreiter noch keine Wunde beygebracht hatte; endlich hohlete er einen starken Hieb aus / ihm eines über die Schulder zuversetzen / geriet aber auff den Schild /und brach ihm das Schwert vor der Faust ab / worauff er eine starke Wunde in die rechte Seite bekam / daß er ohmächtig ward; Pakorus ließ ihn auffheben / und nach Vologeses bringen / der ihm von der Spilseiten her nahe verwand wahr / und ihn fleissig verbinden ließ. Er wahr biß daher die Seele seiner Völker und der Parther schrecken gewesen / so daß nach seiner Gefängnis den Persen der Muht gar entfiel / daß sie begunten hinter [114] sich zuweichen / welches Vologeses mit sonderlichen Freuden ansahe / und schon so viel spürete / daß da er ja das Feld räumen müste / der überwinder das seine auch empfinden solte. Es lief einer hin nach Artaxerxes / und berichtete beydes ihres FeldHerrn Gefängniß / und der Völker schlechten Zustand / dessen er nicht wenig erschrak / und sich fertig machete / ihn wo möglich zu rächen; Aber Herkules kam gleich darzu / wolte durchaus nicht göñen / daß er selbst treffen und fechten solten / sondern nam noch 5000 des besten Volcks zu sich / uñ über dieselben Valisken 3500 Persische und 40 Teutsche SchlachtSchwerter / welche er mit seinen herzugeführeten in eine feste Ordnung setzete / ging mit diesem auserlesenen Herr 12490 Mann stark (die alle geruhet und gespeiset hatten) dem herzudringenden Feinde frisch entgegen / nachdem er die Sporn und das BeinHarnisch abgelegt hatte / und sein Gemahl ihm ihr andächtiges Gebeht nachschickete. Pakorus schlug die Persen wie Schafe nider / daß wo Herkules nicht gleich währe ankommen / sie einer schändlichen Flucht sich nicht hätten entbrechen können / dann ihre Ordnung wahr dermassen zurissen / daß die Ersetzung unmöglich schien / auch Pakorus meynete / diesen Sieg solte ihm kein FußHeer aus den Händen reissen. Als Herkules bey den Persen anlangete / fragete er sie / ob man auf solche weise den Feind abtreiben könte; sie solten sich geschwinde samlen / und hinter ihn angehen; fassete den Schild und das Schwert / und trat vor seinen SchlachtSchwertern her / die ihn wider seinen Willen zwischen sich nahmen. Pakorus sahe diesen daher stürmen / uñ erkennete an den grossen Schlachtschwertern / daß Herkules verhanden wahr; vermahnete demnach die seinen / nur noch diesen Stand herzhafftig auszuhalten / alsdann würde der vollkommene Sieg ihnen unbenommen bleiben. Die Teutschen fingen schon an mit den ungeheuren Schwertern drein zumatzen / und machten in kurzer Zeit solchen Raum / daß niemand herzu nahen durffte / deswegen Pakorus noch 14000 geruhete herzu hohlen ließ / umb durch die Menge das schier erstrittene zu erhalten / stellete die tapffersten mit ihren Schilden den Teutschen entgegen / und unterrichtete sie / welcher gestalt man sich gegen sie verhalten müste /nehmlich / nur dahin trachten / daß man mit dem Schilde einen Hieb ausnehme / und zugleich mit einem langen Stosse unter die Achsel / einzutreten geschwinde wäre / dann könten sie wol gedämpffet werden; Und zwar ward hiedurch ihr Einbruch in etwas auffgehalten; aber die andere Teutschen traten an ihre stelle / und mit der Hirkaner Hülffe brachen sie von neuen ein / daß eine grosse Menge der Feinde erschlagen ward. Herkules gieng als ein erzürneter Löue drauff / dann Pharnabazus unfall taht ihm wehe /zweifelte auch nicht / dafern nur Pakorus erlegt währe / solten die übrigen den Rückeweg wol finden; hörete auch nicht auff zusuchen / biß er ihn antraff / und in seiner Gegenwart einen starken Parther / der einen Teutschen verwundete / mit einem Hiebe zu grunde richtete / dessen er sich doch nicht entsetzete / sondern trat zu ihm mit guter Freudigkeit / und sagte: Ritterlicher Held / wo ich nicht irre / seyd ihr eben der / welchen ich suche. Und ihr / antwortete er / von dem ich mich gerne finden lasse. Hierauff gebohten sie ihren Völkern beyderseits / daß kein Mensch ihren Kampff stören solte; gingen mit behuhtsamer Vorsichtigkeit und hefftigen Schlägen auff einander / aber nach wenig Streichen bekam Pakorus einen starken Hieb über den Kopff / daß es döhnete / meynete doch baar zubezahlen / und verhieb sich wegen Herkules geradem ausweichen / daß er durch den Nachhieb eine Beinwunde bekam / [115] daher er das zierliche Fechten angab / und sich seiner grossen stärke gebrauchete /damit er Herkules überlegen wahr; der sich aber mit seiner Geschikligkeit entgegen stellete / und ein langwieriges Treffen mit ihm hielt / dann er wahr der beste Kämpffer zu fuß unter allen Parthern. Sie wurden beyderseits an unterschiedenen Orten ihres Leibes verwundet / uñ taht Pakorus nicht so wehe / als daß er sehen muste / wie jämmerlich die seinen von den Teutschen zugerichtet wurden; dann als die Schlachtschwerter des Feindes Anschlag inne wurden / führeten sie keine Ober- sondern Unter- und Seitenhiebe /denen jene nicht zu begegnen wusten. Herkules verwunderte sich über seines Feindes Krafft / weil ihm am Nachdruk der Schläge nichts abging / und nichts desto weniger sich wol vorsahe; so wahr ihm aber doch der Verzug dieses Streits nicht zuwider / weil es den seinen so treflich glückete; aber Pakorus dauchte die Zeit zu lange / und wagete einen Fall / daß ihm Herkules ausweichen muste / der gleichwol seines Vortels acht hatte / und ihm die rechte Hand mit seines Schwerts Spitze zimlich verwundete / daß er das Schwert nach Willen nicht gebrauchen kunte; gab ihm auch alsbald darauff einen Stoß durch den rechten Arm / und schlug ihn über den Kopff / daß ihm die Ohren davon gelleten. Als er nu wegen der Hand- und Armwunde das Schwert nicht mehr gebrauchen kunte / auch die Krafft wegen des hefftigen blutens ihm entgieng wolte Herkules weiter auff ihn nicht schlagen /sondern sagte zu ihm: Ritter / ich habe diesen Kampff nicht aus Feindschafft / sondern aus Pflicht mit euch gehalten / und demnach ich euch durch Glückesfall zimlich verwundet sehe / wil ich unsern Streit auffruffen / nicht zweiffelnd / er werde sich gefallen lassen /mit mir nach unserm Lager zu kehren damit unsere Wunden verbunden werden; an meiner seiten habt ihr euch nichts als alle Freundschafft und Auffrichtigkeit zuversehen. Pakorus kunte sich dieser Höfligkeit nicht gnug verwundern / und antwortete: Treflicher Ritter / ich gönne euch viel lieber die Volstreckung eures Sieges / und daß ihr das wenige übrige meines Bluts vollends hinweg nehmet / nachdem die Götter euch solches gönnen. Das müste mich ewig gereuen /sagte Herkules / daß ein so teurer Held von meiner Hand sterben solte; fassete ihn bey dem Arme / und sagte: Kommet mein Freund / wir wollen unsern Wunden raht schaffen / welche wir uns umb anderer Leute Feindschafft geschlagen haben. Ja ich folge willig / antwortete er wann ich keines andern als des unüberwindlichen Helden GroßFürst Herkules Gefangener bin / sonst werde ich lebendig diesen Ort nicht verlassen; wie ich mir dann die Hoffnung mache /eben dieser sey mein Uberwinder. Mein Freund mache ihm keine widrige Gedanken / sagte Herkules; dann so wenig ich mich vor seinen Uberwinder halte / so wenig sol er mein oder einiges andern Menschen Gefangener seyn / nur wolle er seine Verbindung nicht verseumen / und nach deren Empfahung zihen wohin er selbst wil. Nun ihr Götter / fing dieser darauff an; bestätiget den Parthischen Stuel / und setzet dieses Helden seinen zu allernähest; fasseten sich hiemit einander bey den Händen / und gingen aus dem Gedränge hinweg / da alsbald zwey Pferde hergebracht wurden / auff welchen sie mit einander nach den nähesten Zelten ritten / da ihre Wunden auffs fleissigste verbunden wurdẽ; uñ nahm darauf Herkules diesen Abscheid võ ihm: Fürst Pakorus / ich werde noch einẽ Rit gegen Fürst Osazes wagen / glücket mir derselbe /alsdann hoffe ich / sol unsere Arbeit vor dißmahl geschehen seyn; machte sich damit nach seinen Leuten /und fand einen solchen erschreklichen [116] Zustand / daß ihm die Haar zu berge stunden. Dann nach seinem Abscheide hatten die 12000 Parther nach äusserstem Vermögen Widerstand geleistet / aber endlich den kürzern zihen müssen; daher Osazes mit seiner übrigen Mannschafft loßgebrochen wahr. Er wolte zwar nach Vologeses Anordnung / acht tausend der besten zurücke lassen / und dagegen von denen so schon gefochten hatten / ihre stelle erfüllen; aber diese wegerten sich dessen / einwendend / sie hätten ihren Stand redlich gehalten / warumb sie dann zweymahl ansetzen / und diese nur zusehen solten? hätte man sie gerne Tod / solte man sie unabgefodert gelassen haben; wann aber die Noht an den Mann treten würde / wolten sie biß zum lezten zu / bereit seyn. Also muste er ingesamt seine Völker anführen / da ihm Leches seinen ganzen hauffen entgegen gehen ließ / nur daß er 100 Teutschen und 500 Persen bey sich behielt. Siegfried und Herman trieben das Werk sehr eiferig / teileten die Völker mit einander und führeten sie an in zwo Geschwader / denen Wedekind mit seiner Macht zu hülffe ging / und sie den heftigen Anfall der Parther ritterlich bestunden. Es wahr dieser Saz der allerernstlichste / deßgleichen bey der ganzen Reuterey nicht vorgangen wahr / so daß das Würgen am eifrigsten anhielt / wie Herkules darzu kam. Bey Ladisla wolte sich der Sieg am ersten eräugen; dann als Madates hingerichtet wahr / entfiel seinen Leuten der Muht / daß sie in weniger Zeit zu rücke wichen /und sich auff Vonones zohen / welcher deßwegen gezwungen ward Ladisla Einbruch zu hindern / und ihm seine übrige Mañschaft entgegen zustellen / denen sich Ladisla mit seiner ganzen Macht erzeigete. Vologeses wolte nunmehr an seiner schierkünfftigen gänzlichen Niderlage nicht mehr zweiffeln / dann sein Fußvolk sahe er außweichen / machte ihm deßwegen leicht die Rechnung / Pakorus müste Tod oder gefangen seyn / und begab sich hin zu dem Könige / der kaum mit 6000 Fußschützen umbgeben wahr / daß wann Ladisla solches gewust / hätte er ihn leicht anpacken können. Als Artabanus seinen Feldmarschalk kommen sahe / rieff er ihm mit betrübter Stimme zu; wir fürchten sehr / unsere Völker werden dißmahl dem Feind wenig angewinnẽ. Was angewinnen? sagte Vologeses / hätte man nur einen ehrlichen und sicheren Abzug; mit dem Fußvolk ists geschehen / wie es auch umb den guten Pakorus stehen mag; die Reuterey schwanket auch schon; aber was hilffts / daß ich viel klage? da man mit dem Kopffe hindurch wil /kans nicht anders gehen. Mein heilsamer Raht ist dißmahl verlachet worden / und hat wenig gefehlet / etliche freche Buben / die ihren Lohn schon bekommen /hätten mir gar die Narrenschellen angehenkt; nun wird mans zu spät beklagen / daß man alle vernünftige Ursachen / die man zum besten angeführet / außgezischet und beschimpfet hat. O hätte man den Feind etliche wenig Wochen auffgehalten / ihre Muhtigkeit und Kraft solte wie Wasser zerronnen seyn. Ja hätte man noch heut nach meinem Raht eine Enge ergriffen / wolten wir in wenig Tagen Meister gespielet haben. Aber geschehene Dinge sind nicht zu wiederbringen. Eure Königl. Hocheit wolle sich zu Pferde setzen; ich wil / da mich das Unglük nicht gar zu sehr dränget /noch heut sehen lassen / wie leicht ich mich ihres anlaufs hätte wollen entbrechen / wann mirs nur frey gestanden währe. Eure Hocheit aber nehme an diesem Tage und heutigem schweren Verlust zur Lehre / wie schädlich es sey / wañ man die vergeblichen Begierden sich blenden lässet / uñ den unverständigẽ Schmeichlern lieber / als geträuen Rähten die Ohren leihet. Einem andern würde diese scharffe Rede [117] nicht ungestraffet außgangen seyn / aber Vologeses ansehen wahr zu groß / daß der König es verschmerzen muste. So vergingen ihm auch zum teil die liebes Gedanken /wegen der instehenden Gefahr / legte seinen Königlichen Schmuk abe / setzete sich auff ein schnellauffendes Pferd / und hielt neben Vologeses / biß er sahe daß die Fußvölker sich zurük zohen / denen er die 6000 Schützen zu hülffe schickete. Dann als Pakorus gefangen wahr / brach Artaxerxer mit seinem Heer auff / und volstreckete den Sieg zu fusse; weil er aber zu eiferig ging / und die Parther / deren noch eine gute Anzahl / zu umbringen meinete / erweckete er hiedurch bey ihnen eine Verzweiffelung / daß sie unmenschlich umb sich schlugen / biß sie der Gefahr entrissen / sich mit zimlichen Vortel zurük zihen kuntẽ / da die jeztgedachten Schützen ihnen guten Vorschub tahten / und mit ihren Pfeilen die unsern dergestalt abwiesen / daß auch Artaxerxes selbst zween Schüsse empfing uñ wegen der Verwundung des rechten Fusses / in welchen ihm hinten an die Verse ein Pfeil fiel / sich muste hinweg tragen lassen. Ladisla nam ihres Fußvolks Wolergehen zeitiger wahr als Herkules / und weil Vonones dem Könige 4000 schicken muste / gedachte unser Held bald / Artabanus würde dem Hasenpanier folgen wollen / befahl dem Römer Autronius das Heer / und ging mit 3000 Böhmen und 2000 Römern nach den zehn Elefanten /in Meynung den König zuerhaschen / umbgab diese Tihre / und rieff ihren Meistern zu / dafern sie nicht umbkehren und nach dem Persischen Lager sich begeben würden / solten sie stündlich erschossen werden. Diese wusten daß der König schon herunter wahr / so hatten sie keine Kriegsleute bey sich / deßwegen liessen sie sich durch Furcht und Dräuen schrecken / und leisteten Gehorsam. Das Frauenzimmer aber welches auff dreyen Elefanten saß / führete so ein jämmerliches Geschrey dz Ladisla sie schier aus erbarmung hätte abzihen lassen; weil er sich aber fürchtete / sie möchten in der geilen Persen Hände gerahten und zu schanden gemacht werden / rieff er ihnen zu / sie solten sich zu frieden geben / und dem Glük danken /daß sie ihn zu ihrem Ehren-schützer bekommen; worauff sie sich etlicher massen stillen liessen. Herkules sahe nicht / auff was Weise er seine Völker von der unordentlichen Schlacht abzihen / und sie fein wieder setzen könte; samlete vor erst 4000 Mann umb sich /und fing ein absonderliches Treffen wieder den Feind von der Seiten her an; als nun die seinen diesen wolgesezten hauffen sahen / machten sie sich in grosser Menge dahin / biß endlich sein ganzes Heer sein wieder in Ordnung gebracht ward / auch Osazes an seinem Orte ein gleichmässiges zu tuhn suchte / eben da Vologeses ihm zuentboht / er solte dem Könige 6000 handfeste Parther senden / und alsbest er möchte / die Völker retten / weil das Fußvolk schon geschlagen /und Vonones auff der Weichseite währe; dessen dieser nicht wenig erschrak / und die begehrete Mannschaft hingehen ließ / führete auch nach dem die Schlacht so behutsam / daß die unsern ihm wenig angewinnen kunten. Es ward ihm aber die Zeitung gebracht / daß die zehn Elefanten / auff deren einem seine allerliebste Panthea wahr / die er kaum vor sechs Wochen wieder geheirahtet hatte / nach der Feinde Lager geführet würden / deßwegen er ihm vornam / sie zu erlösen oder zu sterben; ging also mit 5000 guter Mannschaft hin zu ihrem Entsatze. Ladisla sahe ihn kommen / hies 100 Römer mit den Tihren fortzihẽ / er aber setzete sich diesem entgegen / welcher doch nicht ehe zu schlagen meinete / biß die Elefanten in seiner Gewalt währen; aber Ladisla setzete ihm dergestalt zu / daß er sich nohtwendig [118] wehren muste / traff auch selbst auff ihn / und merkete an seinem treflichen Gefechte / daß er ein sonderlicher grosser Herr seyn müste / daher er mit guter behutsamkeit auff ihn ging / und ihm doch sehr wenig abgewinnen kunte; ja ungeachtet dieses herben Streits / zog er sich gleichwol stets nach den Elefanten hin / weil er seinen Leitstern drauff hatte / daß Ladisla / damit er ihn zum Stande brächte / zu ihm sagte: Ritter stellet das Weichen ein / oder ich werde mich an eurem Pferde vergreiffen. Woldann / antwortete Osazes / weil es anders nicht seyn kan / muß ich euch zu willen werden; fiel damit so wütig auff ihn zu / daß er mühe hatte sich zu beschützen; biß ihm noch ein Unterhieb geriet / damit er ihm eine starke Wunde in den linken Arm gab / weil er den Schild von sich geworffen hatte / da er nach den Elefanten eilete. Also kunte Osazes sein Pferd nicht mehr mit der Linken leiten / welches Ladisla eine schnelle überwindung gab / da er ihm die rechte Hand darzu beschädigte / und den Daumen halb hinweg hieb. Noch dannoch wolte dieser sich nicht ergeben / sondern stellete einen seiner Obristen an seine stelle / in meynung also zu entgehen. Aber Ladisla wahr ihm zu steiff auff der Haube / reiß ihm den Helm ab / und als er sahe wer es wahr / dann er ihn zu Charas gesehen hatte / sagte er zu ihm: Fürst Osazes / könnet ihr Ladisla Freundschaft annehmen /so trauet seiner Versicherung / und reitet mit / daß man euren Wunden raht schaffe. Dieser antwortete ihm: Ja Großmächtiger König / wann mein lebendiger Schaz auff dem Elefanten dieser Versicherung mit geniessen sol / wil ich die angebohtene Königl. Gnade gerne annehmen / und mich solchem ruhmwirdigen Helden ergeben. Worauff er von neuen alle Zusage bekam. Seine Leute aber / als der FeldHerr verlohren ging / zogen die Feldhosen an / und kahmen ohn sonderlichen Verlust davon. So bald Vologeses seinen König (der vor angst sich kaum auff dem Pferd halten kunte) in Sicherheit gebracht hatte / samlete er die annoch übrigen Reuter und Fußvölker umb sich / ließ ihnen Pfeile gnug außteilen / stellete sie durch einander / und ging damit gegen Herkules / ließ die Trometer zum Abzuge blasen / und daß alle sich bey ihm finden solten; daher er in kurzer Zeit ein starkes ansehnliches Heer umb sich hatte / mit welchem er den Sieg hätte zweifelhaftig gnug machen können / wañ sie nicht zu heftig währen abgemattet gewesen; nam aber den sichersten Weg vor sich / ging algemach zurücke / und schikte sich in die Zeit; doch sendete er den unsern die Pfeile in solcher Menge zu / daß sie ihn weiters nicht verfolgen durften / und er also diese Völker / welche sich von den Flüchtigen alle Augenblik mehreten / sicher ins Lager brachte / welches er die vorige Nacht (ungeachtet des Königs Verspottung mit weiten Graben und hohen Brustwehren hatte umbzihen lassen; besetzete solches auch mit Schützen /und schaffete / daß die Verwundete verbunden / und die Matten gelabet wurden. Musten also die unsern /weil sie mit Geschoß auff der Eile nicht versehen wahren / ihnen den Abzug gönnen / und sich noch vorsehen / daß sie unbeschädiget davon kahmen; da sie ohn einige Plunderung nach ihrem Lager kehreten / auch Herkules / Ladisla / Artaxerxes und Phraortes auff dem Wege zusammen stiessen und sich ihres wolergehens höchlich freueten / ob sie gleich alle viere etwas verwundet wahren. Valiska sahe von ihrem Elefanten sie daher kommen / und empfand dessen unsägliche Freude in ihrem Herzen / daß sie nicht unterlassen kunte / herunter zusteigen / und auff ihrem Reitpferde ihnen entgegen zuzihen. An allen Orten hatte der lezte Saz viel Blut gekostet. Artaxerxes / [119] Herkules und Pharnabazus hatten von Pakorus eigenem Heere 14000 erschlagen / und 12000 verwundet / deren bald hernach 9000 sturben / weil sie nicht so schleunig kunten verbunden werden / und etliche Verleumder daher ursach nahmen / die Persischen zu beschuldigen / als hätten sie mit vergiftetem Gewehr gefochten. Partamasiris war schon mit 5000 gefangen worden / wie auch von Surinas Völkern 4000 / von dessen Verwundeten 7100 den Tod empfingen. Von Orodes Hauffen wurden 3000 gefangen; der Verwundeten kahmen 4000 um / und blieb der überschuß gar geringe / nachdem von dem ganzen Fußheer nur 31350 gesunder und 14200 beschädigter davon kahmen / ingesamt 45550 Mann. 12000 wahren gefangen / und 82450 erschlagen. Es hatte aber unser Fußvolk auch grossen Abbruch gelitten; dann über die zuvorgedachte wurden noch 9000 erschossen / und Pakorus mit seinem Hauffen hatte in die 24000 Mann erschlagen / und 10675 verwundet / daß an Persischer Seite sich 58225 todte / 20275 verwundete / und 41500 gesunde funden. An seinem Reuterheer missete Herkules über vorgedachte noch 11619; wahren ihm also 27000 abgeschlagen; Unter den übrigen wahren 23000 beschädigte / und 40000 gesunde; und fand man unter den todten 81 Teutschen / und 76 unter den verwundeten. Ladisla hatte überall 26850 beschädigte / aber 16150 wahren drauff gangen / und der gesunden überschuß bestund in 47000 Köpffen; da unter den erschlagenen 182 Böhmen / und 353 Römer; unter den verwundeten aber 300 Böhmen /und 350 Römer wahren. Des Feindes Reuterey hatte ein mehres eingebüsset; Von Osazes Flügel wahren 59000 erschlagen / 7000 hart verwundet / und 16500 in Gefängnis gerahten. Unter den Todten wahren 12000 Skythen und gleich so viel Indier; Unter den verwundeten 3000 Indier / und unter den gefangenẽ 6500 Skythen / also daß von diesem Flügel / welcher mit zutuhn der Indier anfangs 125500 Mann hatte /nach der Schlacht nur 43500 gesunde / wiewol allerdinge abgemattete Reuter übrig wahren. Vonones / als ihm an stat der Indier die ElefantenSchützen und überbliebene Skythen zugeschikt wahren / hatte ein Heer von 102000 Reutern / aber die wahren ihm dergestalt gestenzet / dz nur 30500 gesunde davon bey ihm stunden; massen deren 5000 gefangen / 8000 hart verletzet / und die übrigen 58500 erschlagen wurden /dz von aller Skytischen Manschafft nur 3000 bey dem Heer übrig wahren / welches überall noch in 105350 gesunden und 29200 verwundeten bestund. Hingegen wahr das Persische Heer noch 128500 gesunde Köpffe stark / und unter ihren 70125 beschädigten funden sich 30000 / welche nach empfangener Verbind- und Labung noch düchtig wahren das Gewehr zu führẽ. Von den Parthischen Feldherren wahren gefangen /Fürst Pakorus / Fürst Osazes / Surinas / Mithridates /Archelaus / Sargapises der Skythe / Partamasiris / und Apreteus. Skyles der Skythe Pandion der Indier und Andragoras der Parther wahren erschlagen. Von unsern KriegsObristen wahren gefangen / Fürst Pharnabazus / Prinsla / Markus / Bubazes und Gallus. Unter den verwundeten Gefangenen wahren Mithridates und Osazes die schwächesten / aber kein Mensch frölicher / als GroßFürstin Valiska; sie herzete ihren Gemahl und Bruder vor Freuden / als sie vernam / daß ihre Wunden so geringe waren / wolte ihnen auch alsbald die Harnische helffen abziehen; aber Herkules hatte was anders im Sinne / und sagte zu den anwesenden Fürsten: Vologeses hat jezt sehen lassen / wie gescheid er ist / die Völker durch vorsichtige und halb-furchtsame Abführung zuretten; aber [120] ich hoffe ihm die Karte dergestalt zuverstecken / daß er inwendig 24 Stunden ungejagt davon lauffen / oder Morgen mit allen den seinen sich belagert finden sol; befahl auch daß die gesunde Mannschaft sich alsbald laben muste / deren Häuptleute er also anredete: GOtt Lob ihr redliche Persen / Meden / und andere Bundgenossen; das Parthische Joch ist nun schier gebrochen; der grosse Wüterich Artabanus hat euch müssen den Rücken zukehren / und mag vielleicht wol schon mit flüchtigen Gedanken umbgehen. Lieber gönnet ihm die Ehre nicht / daß er sich berühmen solte / wir hätten sein Lager nicht angeschriehen. Zeiget euren Kriegsleuten an / daß wer gesund ist / und ein unverzagtes Herz hat / solle sich geschwinde mit Speise und Trank laben /und mir folgen; die Plünderung sol ohndas vor Morgen früh nicht geschehen. Wer weis was vor Glük der milde Gott uns zuweiset / daß uns dieser Rit nicht gereue? ich versichere euch / daß der Feind der Kühnheit nicht ist / uns ein blosses Schwert zuzeigen / und ihr deßwegen vor neue Wunden euch nicht zubefürchten habt. Er hatte nunmehr bey hohen und niedrigen ein solches Ansehen erlanget / daß sie ihn nicht anders als einen irdischen Gott schätzeten / deßwegen die Häuptleute willig wahren / und die Völker begierig / ihm zu folgen / in solcher Freudigkeit / daß sie mit jauchzen erschienen / und über die 20000 beschädigte mit fort ritten / so daß nur 6000 gesunde die Gefangenen / deren 33500 wahren / bewacheten / und 10000 zimlich verwundete das Lager besetzeten; dagegen stelleten sich 140500 Mann zum Zuge / und wahren 2000 Reuter außgeschikt die verschüchterten Pferde zusammen zutreiben. Valiska betrübete sich dieses vornehmens sehr / daß sie willens wahr / ihn davon abzumahnen / einwendend / man solte einem fliehenden Feinde eine güldene Brücke machen; aber Herkules sagte mit einem leichten Lachen: Wie mein Schaz / seid ihr in so kurzer Zeit so verzagt worden? geliebt es euch / so leget eure Waffen an / uñ reitet mit / weil keine Gefahr zu fürchten ist. Sie nicht faul /machte sich fertig / und setzte sich auff ihren Blänken / welchen ihr Fürst Menapis aus Hirkanien vor wenig Tagen geschikt hatte. 2500 Teutsche und Böhmen /nebest 5500 Persen und Meden wurden geordnet / ihr auff allen Fall Schuz zu halten / und wolte Ladisla durchaus nicht zurücke bleiben / sondern weil seinen geringen Wunden schon raht geschaffet wahr / ging er mit Herkules fort. Der Feind hatte seine Schildwachten zimlich weit außgesetzet / welche nach empfangenen Befehl geschwinde außrissen / und im Lager ein grosses Schrecken verursacheten / vorgebend / es währe der Feind wol mit 150000 Mann verhanden und im vollen anzuge / das Lager zu stürmen; denen Vologeses anfangs keinen Glauben zustellen wolte /aber nachdem er die unsern sahe / die in weit außgebreiteten Flügeln fort zogen / und 800 Teutsche Schlachtschwerter voran gingen / besetzete er die Posten mit kranken und gesunden durcheinander / dann er verlies sich auff seine tieffe Graben und hohe Brustwehren / hinter denen er vor Reuter anfal gnug gesichert wahr. Herkules wuste vorhin wol / daß er durch Sturm nichts schaffen kunte / wahr auch dieser Ursachen halber nicht außgezogen / sondern hatte bey den Gefangenen sich genaue erkündiget / was vor eine beschaffenheit es mit des Feindes Lager hatte / und daß die Elefanten sampt den Speisewagẽ im absonderlichen Lager gehalten wurden; dahin ließ er Ladisla mit 20000 Mann gehen / er aber besetzete das Häuptlager rings umbher / daß sie nicht außfallen kunten / wie sie dann ohn das darzu keinen Willen hatten; und ob gleich Vologeses 20000 aufbieten lies / einen [121] ritterlichen Versuch zu tuhn / wolte doch Artabanus es nicht göñen / sondern sagte: Lasset die hungerigen Teutschen Wölffe nur machen / wir hoffen /sie werden sich endlich durch ihren eigenen Grim noch selber fressen. Valiska sendete einen Trometer nach des Feindes Lager / und ließ Bagophanes anmelden / wo er seiner Gemahl Fr. Parasitis etwas zu entbieten hätte (dann sie wahr mit unter dem gefangenen Frauenzimmer) wolte sie es gerne werben / gäbe ihm auch hiemit frey sicher geleit / zu ihr heraus zukommen. Als Artabanus hörete / daß sie mit unter den Völkern wahr / merkete er leicht / daß Herkules ihm solches nur zum Schimpff und auffzuge anstellete /und ward durch Liebe uñ Eifer dergestalt eingenommen / daß er begehren durfte / man solte ihm seine Rustung bringen / er wolte hinaus / und mit dem Räuber Herkules einen absonderlichen Kampff halten /der gewissen Hoffnung / ihm obzusiegen. Aber seine Obristen hätten des lieber gelachet; und kunte Vologeses nicht umbhin / ihn zuerinnern / er möchte doch in sich gehen / und bedenken / daß weder Karthasis noch Pakorus vor Herkules Schwert hätten bestehen können / und daß wol eben zu dem Ende Artaxerxes ihn bewäget hätte / sein Gemahl herzuführen / daß seine Königl. Hocheit dadurch ins Nez gelocket würde; zwar er könte wol leiden / daß Bagophanes hinaus ritte / aber dem außzuge seines Königes wolte er sich wiedersetzen / und lieber sterben als einwilligen. Nun nun Bagophanes sagte Artabanus / so reite hinaus / nachdem unsere Fürsten und KriegsObristen unser Vorhaben dißmahl nicht vor rahtsam halten; sagte ihm etwas heimliches ins Ohr / und ließ ihn fort zihen. Herkules sahe ihn kommen / und ritte von seinem Gemahl hinweg / weil dieser vielleicht sich scheuhen möchte / in seiner Gegenwart mit ihr zu reden. Die GroßFürstin hatte zwar ihren Reitharnisch angelegt / auch einen köstlichen Degen an der Seiten /und den Köcher vol Pfeile / aber den Helm hatte sie abgetahn / und einen schwarzen Huet mit einer weissen Feder auffgesetzet / darunter sie ihr schönes Haar bey den Ohren herunter hangen ließ. So bald Bagophanes sich ihr nahete / rieff sie ihm zu: Wie stehets mein Freund? habt ihr auch Wunden mit aus der Schlacht zubeweisen? Durchleuchtigstes Fräulein /antwortet er / ich erfreue mich ihrer Gn. wolergehens /und habe derselben meines allergnädigsten GroßKöniges Gruß anzumelden / dessen Hocheit sie freundlich ersuchen lässet / auff guten Glauben in sein Lager zureiten. Ach nein / sagte sie mit einem Gelächter /vor dißmahl werde seiner Hocheit ich nit gehorsamen können / weil von meinem allerliebsten Gemahl ich dessen kein erläubnis habe; bedanke mich aber des überbrachten Grusses / und werdet mich wol entschuldigen / auch daneben euren König versichern /daß der gefangenen Herren ich mich träulichst annehmen wolle; wie ich dann hoffe / daß man mit den unsern auch also verfahren werde; soltet ihr aber Herrn Bubazes wegen seiner Kleofis wollen zusetzen /würde euer Gemahl uñ andere / dessen schwer zu empfinden haben. Es ist mir sonst lieb daß mein gnädigster König aus diesem harten Ungewitter noch unbeschädigt entrunnen ist. Aber verlanget euch nicht /mein Freund / euer schönes Gemahl bald wieder zusehen? an welcher sich wol junge Herrn vergaffen dürften / und ist sie ohndas meines Herrn Bruders gefangene / welcher vielleicht ohn empfangenen Kuß sie nicht loß geben möchte. Dieser meynete / es währe ihr lauter ernst / und baht sehr / ihrer Ehren geträue Schützerin zu seyn. Dessen sie lachete / und ihm versprach / er solte sie noch vor Morgen früh wieder haben; wovor er sich untertähnig [122] bedankete / und ihr ungescheuhet zuverstehen gab / wie der König an ihrer Liebe so sehr hinge / daß er sich eines ärgern befürchtete / wann er seinen Vorsaz nicht erlangen würde. Welches sie aber mit einem ernstlichen Gesichte also beantwortete: Bey Leib und Leben saget mir davon nicht / Bagophanes; was wolte oder könte er seinen Vorsaz an mir erlangen? wisset ihr oder er dan nicht / daß ich mich verehlichet habe? ich werde ja nicht von meinem allerliebsten Ehegemahl GroßFürst Herkules hinweg lauffen / und eurem Könige als eine Ehebrecherin auffwarten; hätte euch auch nimmermehr so unverständig angesehen / daß ihr einem redlichen Weibesbilde ein solches anmuhten würdet; und warumb scheltet ihr mich vor ein Fräulein? wisset ihr doch wol daß der Nahme mir nicht zustehet. Saget demnach eurem Könige / daß er die Augen seines verstandes auffthue / und beydes sein thorächtiges Vornehmen mich zuerstreiten / und sein bevorstehendes Unglük betrachte. Er sihet ja wie hefftig ihm heutiges Tages sein Stuel gerücket ist / und dürffte ihm / ehe ers meinet noch wol näher getreten werden. Währe demnach mein geträuer Raht / er liesse sich etwas gnädiger und gutwilliger gegen die Fürsten heraus /als bißher geschehen; alsdann wolte ich als eine geträue Unterhändlerin ihm in der Taht beweisen / wie gut ichs mit seiner Hocheit meyne. Zwischen diesem Gespräch hatte Artabanus hinter der Brustwehr durch ein klares Durchsicht ihr Angesicht und Gebärden eigentlich besehen / und dauchte ihn / sie währe ihm in so volkommener Schönheit noch nie vorkommen; kunte daher durch Liebe gereizet / nicht unterlassen /in sich selber zusagen. O du unverständiger blöder Artabanus / kuntestu dieses unvergleichlichẽ gutes nicht geniessen / da du es in deinem Besiz hattest? und liessest durch ihr leichtes Dräuen dich davon abschrecken! Nun ihr Götter / liefert sie noch einmahl wieder in meine Gewalt / oder schicket es / daß der Erzräuber diese Länder so geschwinde nicht verlasse /damit ich Gelegenheit habe / mich ihrer zubemächtigen. Inzwischen hielt Valiska ihr Gespräch mit Bagophanes / und vermahnete ihn gar ernstlich / seinen König von den närrischen gedanken abzuzihen; da gleich Ladisla sich mit seiner Beute sehen ließ. Er hatte vor erst die Elefanten Meister gezwungen / ihre Tihre alle miteinander heraus zuführen / die er mit 4000 Reutern nach dem Persischen Lager begleiten ließ; hiebey wahren 10000 Kameltiehre / 20000 MaulEsel und 16000 Wagen / die alle mit fort musten / nachdem die Pferde schon davor gespannet wahren /weil Vologeses wieder Artabanus Willen befohlen hatte / sie nach dem befestigten Lager in sicherheit zu bringen / und sie also zum vollen und schleunigen auffbruche fertig stunden. Als die Parther diese Beute sahen hinweg führen / währe ihr König schier unsinnig worden; Vologeses aber geriet in Eifer / und sagte: Ich halte es vor ein unfehlbahres Zeichen unsers unterganges / daß eure Königl. Hocheit mir in allen guten anschlägen so gar zuwieder ist; hätte man nach meinem befehl die Wagen und Tihre alsbald hereingebracht / solten sie uns wol blieben seyn / und fürchte ich nur / daß zugleich Freunde und Feinde alles meinem unverstande und unvorsichtigkeit zulegen werden. Artabanus taht als hörete ers nicht / und fing an zu ruffen: Pfui uns an / wir sind nicht eines faulen Apffels wert; ist es so weit mit uns kommen /daß wir solchen Schimpff und Schaden mit geduldigen Augen ansehen müssen? hinaus / und hauet Kamehl und Pferde nider / so bleibet uns ja noch wol /was wir geladen haben. Vologeses seufzete über dieser Tohrheit / wolte nicht antworten / [123] und achtete selbst vor nöhtig / daß man zum wenigsten nur zum scheine sich ins Gewehr stellete / daher befahl er den gesunden Reutern auffzusitzen; aber es ging alles so schläfferig zu / daß er leicht merkete sie würden wenig verrichten; weil auch Herkules mit auffbrach und sich hinter die Wagen setzete / ließ kein Parther sich ausserhalb Lagers finden. Bagophanes machte sich wieder hin zu seinem Könige / brachte ihm der GroßFürstin freundlichen Gruß an / und daß des Königes Gesundheit ihr sehr lieb währe; gab vor / sie hätte durch Geberden gnug zuerkennen gegeben daß sie im Herzen ihm sehr hold währe / aber wegen der anwesenden Auffmerker sich nichts dürffen vernehmen lassen / ohn daß sie ihm (welches er aus furcht tichtete) vertraulich angezeiget / daß eine sehr grosse Macht nicht ferne währe / dem Königlichen Lager zuzusetzen; dann er hätte den schleunigen Auffbruch /umb der Gefahr zuentgehen / gerne befodert. Phraortes hatte Artaxerxes im beywesen der gefangenen Parthischen Herren angemeldet / daß nicht allein alle Parthische Elefanten eingebracht währen / sondern GroßFürst Herkules mit einer ungläublichen Menge Kamehle / MaulEsel und Wagen angetrieben kähme. Dessen er sich hoch freuete / und zur antwort gab; er könte anders nicht gläuben / als daß Herkules von irgend einem Gott müste gezeuget seyn; zweiffelte auch nicht / da ers nicht umb seines Gemahls willen unterlassen würde er gewißlich einen Versuch auff des Feindes Lager gethan haben. Nun hatten Pakorus und Osazes eben dieses gefürchtet; aber da sie höreten /daß es ihm umb diese Beute wahr zutuhn gewesen /gaben sie sich in etwas zu frieden / ungeachtet sie wol sahen / daß dem Parthischen KriegsHeer hiedurch alle Mittel benommen wahren sich im Felde länger auffzuhalten. Die ersten Elefanten so Ladisla im Felde mit dem Frauenzimmer ertappet / wurden annoch steiff bewahret / und hatte sich deren niemand angeno en /daher das betrübte Frauenzimmer in schweren sorgen wahr / wie mans endlich mit ihnen anschlagen würde; aber so bald Ladisla wieder kam / machte er sich herzu / uñ baht / sie möchten die vornehmsten unter ihnen melden; welches sie willig tahten / und gaben sich Vologeses / Pakorus / Osazes / Vonones und Archelaus Gemahlen alsbald an. So bald Valiska ihre weiblichen Kleider wieder angelegt hatte / ging sie zu ihnen hin / und ward von ihnen (deren anzahl sich auff 52 Fürsten- und HerrenStandes erstreckete) sehr demühtig geehret; sie fand drey Jungfern ihres gewesenen Zimmers dabey / welche sie freundlich umbfing und küssete; und weil es sich schon begunte auff den Abend zu neigen / nöhtigte sie alle mit einander in die Zelte / mit versprechung / daß ihren ehren nicht die allergeringste beschimpfung solte angelegt werden; worauff sie ein gutes Herz fasseten / und sich zu ihrem Dienst und Gehorsam erbohten. Sie wahr aber bey den gefangenen Fürsten noch nicht gewesen /auch wuste das gefangene Frauenzimmer nicht / daß ihrer Ehegemahlen etliche so nahe währen. Als sie nun in das GroßFürstl. Persische Gezelt trat / und die Gefangenen daselbst antraff / grüssete sie dieselben gar freundlich / erzeigete ihr mitleiden wegen der empfangenen Wunden / und fing hernach an: Durchleuchtige Fürsten / Herr Pakorus und Osazas / auch H. Archelaus; hie führe ich ihnen ihre allerliebste Gemahlen zu / die noch von keinem Menschen als bloß von mir sind angesprochen und gesehen worden / zweiffele nicht / sie werden eure Liebden in ihrer Traurigkeit etwas trostes mitteilen. Pakorus antwortete ihr: Unvergleichliche GroßFürstin / der Himmel ist mein Zeuge / daß ich so wenig [124] wegen meiner Wunden als Gefängnis traurig bin / sondern mir vielmehr vor ein Glük rechne / daß hiedurch (weil auff andere weise es nicht geschehen können) ich die Gelegenheit funden / des treflichen Helden / ihres geliebten wirdigen Gemahls Kundschafft zuerlangen. Und eben dieses beklaget mein Gemahl / sagte sie / daß mit euer Liebe er keinen höflichern anfang der Freundschaft hat machen können. Die guten Frauen machten sich zu ihren Gemahlen / und bezeugeten ihr herzleid mit Trähnen / dessen sie mit Worten sich nit durfften merken lassen. Herkules hatte sich mit Artaxerxes schon beredet / wie mans mit den Gefangenen halten wolte; trat hin zu Pakorus / der in einer Sänffte lag / und sagte zu ihm: Eure Liebe werden mir vezeihen / daß ich die Ursach seiner Schwachheit seyn müssen / und sich versichern / daß so lange ich lebe / seyn und bleiben wil / ausser dieser jetzigen Fehde / Fürst Pakorus Diener und geträuer brüderlicher Freund / uñ daß dieses versprechens euer Liebe ich ein geringes Denkzeichen hinterlassen möge / bitte ich dienstlich / diesen schlechten Ring von mir anzunehmen / und zum Gedächtnis unser gemachten Freundschafft zu tragen /auch nebest seinem lieben Gemahl alle Stunde und Augenblik zuzihen / wohin ihm gelieben kan und mag / nachdem seine Liebe stets frey / und keines Menschen gefangener ist; solte mir aber das Glük so günstig erscheinen / meinen Herrn und geliebten Freund dereins auff andere Gestalt in meine Geselschafft zu bekommen / werde ich denselben so schleunig nicht von mir hinweg weichen lassen. Wañ nun eure Liebe bey dem Herrn Feldmarschalk dieses zubefodern unbeschweret seyn wolte / dz mein geliebter Bruder Fürst Pharnabazus / und meine übrigen Leute alsbald loßgegeben werden möchten / sollen dagegen Fürst Osazes / und die andere Herren ohn argelist abgefolget werden. Pakorus / nach dem er den Ring mit begierigen Händen angenommen hatte / antwortete ihm: Durchl. GroßFürst / unvergleichlicher Held / als Wunderspiegel aller Tugend; ich bedanke mich der hohen Ehren ganz dienstlich / daß eure Dorchl. mir ein so wertes Gedächtnis hinterlassen wollen / welches mit noch mehr Wunden / als ich schon empfangen / zuerkäuffen / mich nicht wegern wolte. Wegen meiner und meines Gemahls Freyheit bin ich ebenmässig dank zusagẽ schuldig / werde nicht unterlassen / daß mir anbefohlne fleissig ins Werk zu richten /mit angehängter Bitte / eure Durchl. wolle mich hinfüro unter die Zahl ihrer Diener setzen / wil mich auch bemühen / dereins ein Gemüht sehen zulassen / welches guttaht auffs minste erkennen kan. Artaxerxes ließ alsbald zwo trefliche Gutschen herbringẽ / auff deren eine Vologeses und Pakorus Gemahlen / auff die andere Vonones und Bagophanes ihre gesetzet wurden / und Freyheit bekahmen mit fortzuzihen. In des Königes Lager aber wahr gar ein elender und verwirreter Zustand; erselbst hermete sich über alle masse / daß ihm dieser Zug so gar mißlungen / und alle Hoffnung der so hoch begehrten Heiraht abgeschnitten wahr / verboht auch / daß niemand ohn allein Bagophanes zu ihm in sein Zelt kähme / der ihm von dem Fräulein (wie er sie stets nennete) ihren Geberden und Antwort etwas vorschwatzen solte. Aber Vologeses achtete des Verbots wenig / nahm Vonones und Karthasis zu sich / ging hin zu ihm / und ließ sich anmelden; da er zur Antwort bekam; Königl. Hocheit währe jetzo unmüssig. Unmüssig? sagte er; trat mit seiner Geselschaft ungefodert hinein / und fing also an: Weß zeihen sich eure Königl. Hocheit / oder was gedenken sie / daß sie in diesem gefährlichem Stande niemand lieber / als einen unnützen [125] Schmeichler umb sich leiden mögen? meinen sie etwa / sie sitzen auff ihrem unüberwindlichem Schlosse? wir haben ja den durchdringenden Bliz / Herkules / kaum abzihen sehen / und ist wunder / daß er ohn Sturm gewichen ist; eure Hocheit werden gewißlich einen andern Sinn ergreiffen / sonst gebe ich sie reine gar auff. So betrachten nun dieselbe / daß der Feind nicht allein unsere Völker geschlagen / sondern unsern Vorraht an Speise und anderen nohtwendigen sachen hinweg genommen hat / daß wo wir noch 24 Stunden harren /uns der Hunger den Weg zeigen wird / wo er uns sonst nur offen bleibet; und wir stellen uns nicht an ders an / als ob wir in aller Sicherheit / oder doch in aller Hülle und Fülle sässen? Ob eure Königl. Hochheit zu essen haben / darumb bekümmert sich der Landsknecht nicht / wann er nicht mit niessen darff. Wolle demnach eure Königl. Hocheit das algemeine Wesen und ihre eigene Wolfahrt zu Herzen zihen /und durch unnöhtige / oder wol gar unmögliche betrachtungen sich nit selber ins Verderben stürzen. Ist also anfangs nöhtig zubedenken / wie wir unsere FeldHerrn aus FeindesHand loßwirken / und wie wirs mit unsern Gefangenen halten wollen; hernach / obs besser sey / stündlich auffzubrechen / oder liegen zubleiben; wovon eure Königl. Hocheit ihre Meynung allergnädigst anzeigen wolle. Bagophanes hätte sich gerne verantwortet / fing auch schon an sein Wort zureden; Aber Vologeses hies ihn das Maul halten / und seines Amts warten / welches im Felde ja so unnöhtig währe / als wenig er des Kriegs verständig. Artabanus taht / als hörete er diesen Zank nicht / sondern seuffzete / und gab zur Antwort: Es ist zubetauren /daß unsere Parther / die bißher weder dem Glük noch der Macht nachgeben wollen / sich so schändlich haben lassen aus dem Felde schlagen / und zwar von den ohmächtigen Persen und Meden. Man muß mit dem glückes lauffe zu frieden seyn / antwortete Vologeses; die Fremden die Fremden haben uns allen schaden getahn / sonst wolten wir die übrigen mit der helffte unsers Volks gefressen haben. Vonones und Karthasis stimmeten hiemit überein; welches doch Artabanus nicht hören wolte / sondern sagte: Es währe eine Schande / daß die elende Handvol Fremde neben ihren beyden unbärtigen Fürstlein von so grossen FeldHerrn nit könten gezähmet werden / da doch die viel grössere Macht des Römischen Käysers von einem geringen Heer offt abgehalten und geschwächet währe; fing darauff an / Herkules als einen Räuber außzuschelten / der ihm die Krohn seines Herzen geraubet und entführet hätte / ohn welche er nicht leben könte / noch zu leben begehrete. Hier gedachte Vologeses / es währe jezt Zeit / es zubeantworten und fing also an: Allergnädigster König; eure Hocheit wolle diese Liebe ja aus dem Sinne schlagen / und bedenken / dz diese GroßFürstin niemahls willen gehabt / sie zu lieben / da sie noch im ledigen Stande wahr; wie viel weniger / nun sie einem andern ehelich beygelegt ist /und zwar einem / ihrer Schönheit gleichmässigem Fürsten / auff welches die jungen Fräulein pflegen am meisten zu sehen; und wann ich eigentlich wissen solte / welcher gottlose Schelm eure Königl. Hocheit zu diesen unbilligen Gedanken reizet / wolte ich ihm den Kopff in stücken zerhauen. Ich versichere eure Hocheit bey meinem äid und Glauben / werden sie in diesem Unwesen also fortfahren / wird inwendig Monat frist sich kein redlicher Parther des Königlichen Stuels annehmen; dann wer wolte sein Leben darzu hergeben / einem andern sein Weib zuentfremden? ich meine / unser Krieg währe / die Abtrünnigẽ zum Gehorsam zu bringen / dessen doch eure Königl. Hocheit [126] mit keinem Worte gedenket; und jene unbilligkeit ist eben die Ursach / wann ichs ja sagen sol /daß unsere Schwerter nicht durchdringen / unsere Pfeile nicht treffen / und unsere Fäuste nicht siegen können. Eure Hocheit gibt vor / Herkules habe ihr das Fräulein geraubet. Er hingegen beteuret nebest ihr zugleich / sie seyn vor drey Jahren schon ehelich versprochen. Wer sol hie Scheidesmann seyn? eure Königl. Hocheit hat keinen OberHerrn; Herkules erwartet auch keinen andern als Gott und das Schwert /welches ihm in dieser Sache noch nicht abgefallen ist. Ey so begeben sich doch dann eure Königl. Hocheit eines dinges / daß kein Mensch möglich machen kan /und kein Gott wil / uñ gedenke / daß die Welt auff einen Menschen nicht stehet. Was wolte man tuhn /wann der Tod diese GroßFürstin hinwegrisse? könte man mit ihm darüber streiten? lasset uns diese vor Tod rechnen / weil ihre Neigungen nie keinmahl / ohn zu ihrem verderben gelebet haben; dann sollen die Abtrünnigen sich nicht lange des heutiges Sieges zuerfreuen haben. Aber was meinet dann nun eure Hocheit / wie mans mit den Gefangenen halten solle? Artabanus durffte ihm in dieser Sache nicht wieder sprechen / und gab vor / er wolte es ein halbviertelstündichen in bedenken nehmen; womit Vologeses zufrieden wahr. Als Pakorus seinen Abzug nahm /und Herkules ihm das Geleite zu Pferde biß auff halben Weg gab / wolte er seines Königes Wolfahrt nicht hindan setzen / dann er befürchtete sich diese Nacht eines ärgern und fing weitläuftig an / wie glükselig er seinen König halten wolte / wann derselbe mit ihm möchte vergliechen seyn / und da er nur wissen könte / was vor abtrag er vor die erwiesene unbilligkeit foderte / wolte er neben Vologeses und anderen sich bemühen / daß er vergnüget würde. Herkules merkete wol wohin er zielete / und gab zur Antwort: Er führete das Schwert wieder Artabanus eben nicht zur Rache / sondern daß er ihm nur sehen liesse / wie wenig er nach seinem dräuen fragete / und sich nicht scheuhete / wans Gott also versehen hätte / sein Leben dran zusetzen; der allmächtige Gott währe sein Zeuge / daß er recht zu seinem Gemahl gehabt / ehe sie in diese Landschaft durch MenschenRäuber geführet währe / hätte auch dem Könige anfangs dz gebührliche Lösegeld vor sie gebohten / wovon er durchaus nicht hören wollen / deßwegen er sich der List gebrauchen müssen / weil sein Arm zu Charas nicht wirken können. Zwar er bedankete sich des guten erbietens / aber es würde bey Artabanus in diesem falle weder Träue noch Glaube seyn / angesehen er jezt diese Stunde durch Bagophanes seinem Gemahl anzeigen lassen / wie er seinen Zweg der Liebe zuerreichen / noch immerhin bemühet währe / welches ja nicht als durch seinen Tod geschehen könte / und doch nach seinem Tode nicht geschehen würde; hätte also gnug Ursach / ihm nach vermögen wieder mit dem Schwerte auffzuwarten / als seinem abgesagten Todfeinde; welches alles Pakorus mit grosser betaurung anhörete. Vologeses stellete sich auff die bestimmete Zeit wieder ein / des Königes Erklärung zuvernehmen / welcher sich mit zimlichem Eiffer hören ließ / er könte einwilligen / daß die fremde Gefangene gegen andere ausgewechselt würden / aber den verwägenen Bubazes und den meinäidigen Pharnabazus wolte er durchaus zur abscheulichen Straffe behalten /daß man ihm nicht mehr vorzuwerffen hätte / er gedächte der Abtrünnigen nicht / deren dieser der gröste währe / indem er ohn Königliche verleih- oder belehnung ein vornehmes Fürstentuhm ansprengen und in besiz nehmen dürffen. Dieser Antwort wahr ihm Vologeses nicht vermuhten / und ersetzete [127] es solcher gestalt: Es fehlet wenig / daß wir gar des Feindes Gnade leben müssen / und wollen ihn durch dräuung noch ferner reizen? Aber dieses ungemeldet; sol Fürst Pakorus / sol Fürst Osazes / die beyden ReichsSeulen nicht gelöset werden? wolan / man haue Pharnabazus den Schedel herunter / und schlage zugleich Pakorus das Häupt abe; man tödte Bubazes / und ermorde zugleich Osazes; aber auffs wenigste / daß mein Kopff dabey gelegt werde / dann ich muß doch endlich eben den Lohn zugewarten haben; und bleibet eure Königl. Hocheit auff dieser beharlichen Meynung / so begehre ich hiemit untertähnigst meinen Abscheid und Erlassung / auff das nicht hernähst jemand sage; Vologeses habe also gerahten / und der gefangenen Fürsten Tod befodert / damit er allein möchte gewaltig werden. Ehe dann der König dieses beantwortete / ward ihm angemeldet / Pakorus währe in einer Sänfte mit etlichen Frauenzimmer angelanget / daher ihm Vologeses entgegen ging / seiner Gemahl Wiederkunft sich von Herzen erfreuete / über Pakorus verwundung seyn mitleiden erzeigete / und ihm hernach klagete / mit was Gedanken der König umbginge / Pharnabazus und Bubazes abzustraffen; dessen er nicht wenig erschrak / und sich erklärete viel lieber zusterben / als dieses einzuwilligen; ließ sich auch auff einem Stuel ins Königs Zelt tragen / und fing also an: Allergnädigster König / vor euer HocheitWolfahrt habe ich heut den grösten teil meines Bluts vergossen / welches das unüberwindliche Schwert des auffrichtigen GroßFürsten der Teutschen aus meinem Leibe gezapfet / welcher mich hernach mit grösserem ernste beim Leben erhaltẽ / als vorhin verwundet hat; gestaltsam er mich selbst auffs Pferd gehoben / nach den Zelten geführet / und meine Wunden ehe als seine verbinden lassen / worzu er die Binden selbst von ander risse; jezt hat er mich samt Fürst Vologeses / Fürst Vonones und Herrn Bagophanes Gemahlen auff freien Fuß gestellet / mit dem außdrüklichen bedinge / daß ich Fürst Pharnabazus uñ Herrn Bubazes ihm wieder unbeschimpfet abfolgen liesse / welches bey euer Hocheit ich leicht zuerhalten gedenke / in betrachtung / daß nicht allein Fürstliche Zusage gehalten / sondern auch den übrigen gefangenen FeldHerrn gute verpflegung hiedurch muß erhalten werden. So mögen die meinäidigen Auffrührer dißmahl hinlauffen / antwortete Artabanus / weil wir unserer Bedienten Wolfahrt mehr als jener Verbrechen beobachten müssen; stellete ihnen hierauff Freyheit zu / mit den Gefangenen nach gutdünken zuschalten. Worauff sie beyde alsbald mit einander sich nach Vonones Zelt verfügeten / und die Gefangenen dahin auff Gutschen hohlen liessen / der dreyen (als Prinsla / Markus und Gallus) Stand von Pharnabazus erfragend; welcher ihrer tapfferen redligkeit gute Zeugnis gab / und daß Gallus GroßFürst Herkules geheimster Diener währe. Vologeses stellete ihnen allen gänzliche Freyheit zu / wegen erlassung seiner Gemahl neben Vonones sich bedankend / mit dem Wunsch / Gelegenheit zuhaben / daß sie Herkules in absonderlicher Freundschaft ein solches erwiedern könten. Die drey Fürstinnen aber lieferten Pharnabazus zwölff trefliche Kleinot und so viel Ringe /der GroßFürstin zum Geschenke ein / und bahten ihn / daß das übrige Frauenzimmer vor unehr weiter geschützet werden möchte. Diese erbohten sich / alles wol zu werben / und macheten sich in guter Begleitung fort.

Es wahr aber im Medischen Frauenzimmer grosse Traurigkeit wegen Artobarzanes Tode / über welchen seine schöne Atossa sich nicht wolte trösten lassen /insonderheit / da [128] sie hörete / daß Surinas der Tähter währe / hielt auch bey der GroßFürstin Saptina und Fürstin Barsene an / ihr bitten zu helffen / daß der Mörder (wie sie ihn nennete) wieder hingerichtet würde; die ihr aber hart zuredeten; sie müste sich zufrieden geben / das Unglük hätte sich im offenen Treffen zugetragen; so währe ihr Gemahl im Kampffe vor das Vaterland ritterlich gestorben / und Surinas hätte sich ja billich des feindlichen angriffs erwehren müssen; viel besser tähte sie / daß sie mit ihnen hinginge /das gefangene Frauenzimmer zubesuchen / damit sie nicht vor unhöflich gehalten würde; Madates und Andragoras Gemahlen hätten eben diesen Unfal erlebet /und währen überdaß noch in Feindes Händen; ja sie alle miteinander hätten diese Gefahr stehen müssen /und währe bloß dem Glük zuzuschreiben / daß ihre Gemahlen das Leben davon gebracht. Hiedurch ward sie in etwas getröstet / und ließ sich auffsprechen mit hinzugehen nach dem Zelte / woselbst die Parthischen Frauen sich bey den Gefangenen auffhielten. Atossa meldete den Ort mit fleiß / wo Surinas saß / wolte ihn auch weder grüssen noch ansehen / da hingegen er die ehmahligen Flammen in seinem Herzen viel hefftiger als die Wunden am Leibe empfand / und sahen seine Augen auff nichts / als dieser ihre Schönheit; dann sein Gemahl Anutis wahr ihm vor 16 Wochen in der Geburtsweh mit Tode abgangen / weil sie einen sehr schweren Fall getahn / daß die Frucht bey ihr umbkommen / und sie des dritten Tages hernach auch fort muste. Valiska hatte ihr absonderliches Gespräch mit der schönen Pantheen / und ihrem Gemahl Fürst Osazes / erzählete ihnen ihr Unglük / und was gestalt sie von dreien Parthischen Räubern aus Italien hinweg geführet währe; baht auch / sie möchten an ihrem Orte dem Könige die unbefugte Liebe aus dem Sinne reden / deren Bagophanes noch heut meldung tuhn / und sie in das Lager einfodern dürffen. Pharnabazus ließ seine ankunft durch einen Trometer von ferne melden / daher ihm eine zimliche Schaar entgegen geschikt ward / mit denen er ankam / und von den unsern frölich empfangen ward. Er lieferte der GroßFürstin in gegenwart des gefangenen Frauenzimmers die übergeschikten Kleinot und Ringe / und rühmete / daß Vologeses ihrer Wunden sich geträulich angeno en hätte. Gallus insonderheit meldete Herkules den Gruß von Pakorus an / der ihn warnen ließ / sich nicht allen zuvertrauen / die aus Parthen sich gegen ihn freundlich stelletẽ; Weltbetrieger sucheten verdienst / und Boßheit liesse sich durch Geld erkäuffen. Woraus er dann sein ehrliebendes Gemüht satsam spürete. Unsere Helden hatten sich schon verglichen / wessen sie mit den Gefangenen auff der unsern freistellung sich verhalten wolten / und redete anfangs Valiska das Frauenzimmer also an: Durchleuchtige Fürstin Panthea /und allerseits geliebte anwesende Frauen / Jungfrauen und Freundinnen; Es ist meines hochgeliebten Herrn Bruders Königes Ladisla meynung nicht gewesen / sie als Gefangene abzulangen / sondern weil seine Liebe merkete / daß es über und übergehen würde / hat er eures Schutzes sich annehmen wollen / damit sie nicht in etlicher frevelmühtigen Hände fallen und einigen Schimpff oder Schande einnehmen möchten / welches in der Taht zuerweisen / er euch allen und jeden ungemässene Freiheit zustellet / zu reisen wohin sie gelüstet / worzu ihnen Elefanten / welche wieder eingeschicket werden müssen / sollen gegeben werden. Ich erfreue mich / daß ich in ihre Kundschafft gerahten bin / und bitte sie alle miteinander / dahin arbeiten zuhelffen / daß euer König sich verheirahte /und auff mich nicht weiter gedenke / [129] weil alle seine Anschläge / mich zuerlangen / vergebens und umbsonst sind; nur dieses hänge ich hinan / daß allen von Artabanus Frauenzimmer ich Freyheit gebe / hinweg zuzihen / oder bey mir zuverbleiben / welche ich nach standes gebühr unterhalten / und sie den ihren / wo sie es begehren / wieder zustellen wil. Fürstin Panthea bedankete sich in ihrer aller Nahmen / und gab diese Antwort: Durchleuchtigste GroßFürstin; wir haben bißher den Ruhm ihrer unvergleichlichen wunder-Schöne hin und wieder gehöret / davon unsere Augen tausendfach mehr / als vorhin die Ohren eingenommen; aber ihre hohe Tugend und Freundligkeit ist uns vor diesem nicht recht vorgetragen / welche zu preisen / wir die Zeit unsers Lebens wollen eingedenke seyn. Wir bedanken uns der recht Königl. Vorsorge / welche der Großmächtige König / ihrer Durchl. Herr Bruder vor uns und unsere Ehr getragen / welches zuerkeñen wir schuldig sind / und wird das anwesende Parthische Frauenzimmer die angebohtene Gnade nit verabseumen; ich aber vor mein Häupt bitte dienstlich / mir zuverstatten / daß meinem Gemahl ich in seiner Schwacheit Geselschafft und aufwartung leisten möge. Herkules trat auch auff / und hielt folgende Rede an die gefangene Herren: Durchleuchtiger Fürst und wolgebohrne Herren und Freunde; demnach der Großmächtige Durchleuchtigste GroßFürst / Herr Artaxerxes / wieder ihrer keinen absonderliche Feindschaft träget / auch keinen beleidigungs / sondern Schuzkrieg führet / sich vor unbillicher Gewalt des Parther Königes Artabanus zu handhaben; als ist seine Durchl. nicht gesonnen / ihnen einigen mißfallen zuerzeigen; wie er sie dann nicht als Gefangene /sondern als Freunde angenommen hat / wovor er sie auch Zeit seines Lebens / da sie es nur zulassen können / halten und ehren wil. Vor dißmahl stellet er ihnen frey / zu bleiben oder hin zuzihen / wie es ihnen am liebsten sein wird; erkläret sich daneben / den Parthischen Reichs-Fürsten allen möglichen guten willen zuerzeigen / uñ ihre Landschafften keines weges durch überzüge zubeleidigen / da sie nur einen Schuzbrieff von ihm begehren / welcher ihnen weder an ihren Rechten noch Freyheiten keines weges schädlich seyn sol. Mein Bruder / König Ladisla / und ich vor meine wenigkeit / stellen uns im gleichen allen auffrichtigen Parthischen Fürsten und Herren zu Dienste und Freundschaft / als welche wir viel zu redlich halten / daß sie ihres Königes Vorhaben / mir mein herzgeliebtes Gemahl zu rauben / billichen solten. Osazes gab hier auff zur Antwort: Durchleuchtigster GroßFürst / unüberwindlicher Held; wir bedanken uns samt und sonders vor die uns zugestellete Freyheit und angebohtene gnädige und günstige Freundschaft / möchten wünschen / daß mein geliebter brüderlicher Freund / GroßFürst Artaxerxes mit meinem allergnädigsten Könige möchte verglichen /und dieser höchstschädliche innerliche Zwiespalt (welcher den äusserlichen Feinden Tühr und Tohr zu unserm Verderben auffsperren wird) auffgehoben seyn / worbey ich dz meine nach mögligkeit gerne leisten wil. Sonsten wird wol unser keiner rahten noch gutheissen / daß eurer Durchl. ihr herzgeliebtes Gemahl solte abgespenstiget werden; müste mir auch von grund meiner Seele leid seyn / daß zu dem Ende ich und andere redliche Parther ein Schwert solten entblösset haben / vielmehr werde ich nebest andern dahin sehen / daß eure Durchl. deßwegen unangefochten bleibe. Herkules bedankete sich des erbietens /baht neben Ladisla / Fürst Vologeses / Pakorus / Vonones und Karthasis zu grüssen; und nam Valiska drey köstliche Ringe und Kleinot / stellete sie Fürstin Panthea zu / mit [130] bitte / dieselben den dreyen weggeschiedenen Fürstinnen nebest anmeldung ihres Schwesterlichen Grusses einzuhändigen / und daß sie dabey ihrer Freundschaft allemahl eingedenke seyn wolten; gab ihr hernach ein gleichmässiges / umbfing sie mit einem freundlichen Kusse / und ließ sie mit ihrem Gemahl und dem Frauenzimmer hinzihen /deren aber 25 des Königlichen Zimmers bey ihr blieben / so annoch mehrenteils unberühret wahren / und nicht wieder nach Artabanus begehreten. Mithridates wahr so schwach / daß die Aerzte vor gut ansahen /daß er bliebe / damit die gefährliche Rückenwunde sich nicht loßgäbe / welches ihm den Tod verursachen würde / deßwegen blieb seine verlobete Braut / Frl. Tarinea / Surinas Schwester bey ihm / und nahm Surinas daher Gelegenheit und Ursach bey ihm zuverharren / wie er dann gar schwach wahr / wegen vieles vergossenen Blutes; er ging aber eigentlich mit den Gedanken umb / seine alte Liebe auffs neue fortzusetzen. Die Gefangene wahren im Parthischen Lager sehr wilkommen / und meldeten an / Herkules und Ladisla hätten befohlen / daß alle Völker sich frühzeitig zur Ruhe begeben solten / welches ausser zweiffel nicht umbsonst geschähe; währe demnach ihr Raht / daß man diese Nacht davon ginge / biß man den engen Durchzug hinter sich gelegt und besezt hätte / damit nicht Morgen früh das Lager mit Persischen Bauren und Soldaten belagert / zur algemeinen übergabe aus mangel der Speise / gezwungen würde. Vologeses taht ihnen zu wissen / er hätte an die nähst gelegenen örter umb Volk und Speise geschicket / fürchtete aber / daß wegen erlittener Niderlage sie nicht so gar eilig seyn würden / sich einzustellen. Es kam ihnen zu gute / daß sechs Parthische Reuter sich von den Persen heimlich loßgemacht halten / und im Lager ankahmen / deren einen Vologeses zu sich foderte / und ihm einsteckete / wessen er sich gegen den König verhalten solte; ging wieder von ihm und ließ den Reuter in des Königs Zelt gehen / der also anfing: Allergnädigster König; nachdem mir das Glük meine Bande zu reissen helffen / und ich aus meiner Hüter Gespräch vernommen / daß Artaxerxes alle nahe angrenzende Persen mit Sturmzeug und Gewehr zuerscheinen /gleich nach der Schlacht auffgefodert / daneben im ganzen Heer / welches sich fast an die 200000 Mann erstrecket / außruffen lassen / daß ein jeder eine Stunde vor Tage gefasset seyn solte; als hat meine Schuldigkeit erfodert / ihrer Königl. Hocheit solches untertähnigst zuberichten / insonderheit / wann des Feindes Vorgeben / daß die unsern keine Mahlzeit Brod mehr hätten wahr seyn solte. Artabanus entsetzete sich hierüber ungleich mehr / als wann Vologeses ihm solches angezeigt hätte / welchen er alsbald fodern ließ / und mit ihm verabscheidete / dz man die annoch übrigen Wagen und ledigen Pferde mit den besten Sachen beladen / und den Auffbruch nach verlauff einer Stunde vornehmen solte; welches im Lager mit sanffter Stimme außgeruffen ward; damit aber die unsern solches nit merketen / ließ er außwendig des Lagers viel Feuer machen / und eine zimliche Menge zu Rosse dabey halten; welches Herkules bald erfuhr / und mit den andern in die Gedanken geriet / es würde ein Parthischer Entsaz verhanden seyn / dem solches Feur zum Zeichen ihres richtigen Weges dienen solte. So bald die gefangene FeldHerrn von Herkules abscheid genommen hatten / ging er mit den übrigen Christen in ein absonderliches Zelt / woselbst sie eine herzliche Danksagung zu Gott hieltẽ / uñ aus dem 15 Cap. des andern Buchs Mose diese Wort von dem Christlichen Lehrer / den sie von Ekbatana gefodert hatten / außlegen liessen.

[131] HErr deine rechte Hand tuht groß Wunder. HErr deine rechte Hand hat die Feinde zuschlagen / und mit deiner grossen Herrligkeit hastu deine Widerwertigen gestürzet; Dann da du deinen Grim ausliessest / verzehrete er sie wie Stoppeln.

Sie sungen auch ihre gewöhnliche Danklieder / und unter denen / welches Valiska nach geschehener ihrer Erlösung des vorigen Abends gemacht hatte / als Bagophanes Völker geschlagen wurden / und lautet also:


1
O Grosser Gott / du Schuz der kleinẽ Schaar /
Du Trost in Angst / du Retter aus Gefahr!
Wie hastu mich so gnädig ausgeführet?
Den Feind gedämpfft / die Wiederwertigkeit
Gebrochen / daß die ganze Lebenszeit
Ich deine Hülff' und süsses Heil gespüret.
2
Kein Mensch kan dein Erbarmen recht verstehn /
Den Gnaden Strohm siht man hoch übergehn /
Kein Ufer mag ihn fassen noch einschliessen;
Dein Vaterherz blizt in der Liebesbrunst /
Die helle Flamm ist gar ohn Rauch und Dunst /
Viel mehr noch als wir meynen oder wissen.
3
Ihr Frommen hört / ich wil aus tieffster Brust /
Als viel mir in der Schwacheit ist bewust /
Die Gottes-Gunst / mir angelegt / erzählen.
Ich war ohn Gott / ohn Trost / verwägen / blind /
Unglaubens voll / der Hellen Erb' und Kind;
So gar wil ich mein schlimmes nicht verhehlen.
4
Ich fiel in Noht / in Angst / in Räubers-Hand /
Das Unglük selbst wahr über mich entbrant /
Must über Land und Meer mich schleppen lassen;
Der Wüterich stund meiner Ehre nach /
Da duldet' ich viel Leid und ungemach /
Und fing schon an mein Leben selbst zu hassen.
5
Aus dieser Angst reiß mich ein Augenblik;
Jezt bin ich frey und spüre lauter Glük /
So gar muß mir in allem Tuhn gelingen;
Gott hat mir sein Erkäntnis beygebracht;
Jezt bin ich Licht / vor wahr ich finstre Nacht /
Solt' ich dann nicht dich / O mein Gott / besingẽ?
6
Nun hilff mein Hort / und führe glüklich aus
Dein Gnaden Werk / geleite mich nach Haus /
Laß mich nicht mehr in gleiche Noht gerahten;
Laß meinen Mund zu deinem Preiß und Ruhm
Stets offen seyn / und daß mein Christentuhm
Sich üben mög' in Zucht und LiebesTahten.

Vor des Tages Anbruch ward Phraortes und Klodius mit 8000 wolberittenen ausgeschikt / des Feindes Vorhaben zu erkündigen / und wo möglich / etliche Gefangene einzubringen. Unterdessen machte sich Herkules mit dem Heer gefasset / das Lager zustürmen / und wo möglich / Artabanus zufahen / dessen Artaxerxes sich hoch freuete / und nur dieses beklagete / daß er wegen seiner Fußwunde nicht mit anlauffen könte; Aber ihnen ward dieser Anschlag bald benommen / massen Phraortes einen geschwinden Reuter zurük sendete / mit Bericht / er hätte nur etliche grosse Zelten vol hart verwundete im Lager funden / welche berichteten / Artabanus hätte bey spätem Abend den algemeinen Auffbruch ankündigẽ lassen / welcher sich wegen Verhinderung über die angesezte Stunde verweilet / biß von etlichen Schildwachten die Zeitung gebracht worden / der Feind kähme nicht allein von fornen her / sondern auch von beyden Seiten mit einer ungläublichen Menge Völker und allerhand Sturmzeuge. Worauff man alles hätte liegen lassen /die Pferde von den beladenen Wagen abgestrikt / und damit fortgejaget; und fünde man in etlichen Zelten die Speisen und Silbergeschir auff den Tischen / und die Messer im Brod stecken / woraus ihre Eile und Schrecken zuerkennen. Phraortes erhielte das Lager ungeplündert / und begehrete zu wissen / wessen er sich weiter zu bezeigen. Herkules sagte hierauff: Er hoffete / daß sichs also verhalten würde / angesehen der grossen Furcht / welche Gott auff die Feinde fallen lassen; jedoch / damit nichts verwarloset würde /solte Phraortes 3000 Reuter überall zustreuet ausrennen lassen / umb zuforschen / ob etwa der Feind sich an einem Orte verborgen hielte [132] aus Hoffnung / die unsern unter der algemeinen Plünderung zu überfallen. Aber nach Verlauff zwo Stunden kam einhellige Zeitung / es währe ganz sicher / und der Feind in solcher Angst und Eile davon gelauffen / daß er schon über sechs Meilen würde fortgangen seyn. Als dieses bey dem Heer ausgeruffen ward / entstund eine solche Freude bey jederman / daß sie alle ihrer Wunden vergassen / die Pferde an den Füssen seileten / und überall rieffen / man müste nun die Plünderung länger nicht auffschieben; welche ihnen dann gerne gegönnet ward / doch also / daß sie schwören musten / alle gefundene Baarschafften und Geschmeide geträulich herbey zubringen / welches unter gesunde und ungesunde solte gebührlich verteilet werden. Hierauff gingen die Völker loß / und zwar anfangs die Reuter /welche von der ersten Tages-Schlacht übrig wahren /hinter sich nach der ersten Wahlstat / da sie mit Entwapnung der Erschlagenen etliche Stunden zubrachten / deren viel sehr köstliche Kleider anhatten / die aber durch die grosse Menge Bluts fast verderbet wahren / welches an etlichen Orten / ungeachtet des ergangenen Regens / einer guten quehr Hand hoch über der Erden stund. Da ward Freund und Feind gleich gehalten; nur daß die erschlagene Teutschen /Böhmen und Römer nebest anderen vornehmen Befehlichshabern / in ihrem Harnische / und ungeplündert / ausgesucht und hingelegt wurden. Auf den Elefanten / welche Ladisla bey dem Frauenzimmer ertappete / funden sich 30 Toñen Goldes an Baarschafft /welche in Artaxerxes Zelt nidergelegt wurden. Auff den Kamelen wahren lauter Pfeile und Gewehr; auff den Wagen und MaulEseln mehrenteils Speisen und Kleider / dabey etliche tausend Fuder Wein. Im Parthischen Lager aber war ein unsägliches Gut verhanden / von Zelten / Kleidern / Speisen / Waffen /Tischgeschir / Pferdeschmuk und Elefanten Zierraht /auch 120 Tonnen Goldes an gemünzetem Golde und Kleinoten / welches alles nach dem Persischen Lager geführet ward. Die Waffen von der Wahlstat wurden gleicher weise Artaxerxes geliefert. Aus der ersten TagesSchlacht hattẽ sie 120000 Pferde von erschlagenen Feinden und Freunden; aus der andern aber 156000 Pferde / alle mit guten Satteln und Zeuge wol versehen / und ob deren gleich 35000 verwundet wahren /wurden sie doch fast alle geheilet. Nachdem die Beute von der ersten Wahlstat zusammen gelegt wahr /machte das ganze Heer sich nach der anderen / und trugen alles geträulich zusammen / da sie von Feinden und Freunden an Baarschafft in die 80. Tonnen Goldes; und an Ringen / Ketten / Armbändern und anderen Kleinoten in die 40 Tonnen Goldes funden. Da machte nun Artaxerxes solche Teilung / daß die Teutschen / Römer und Böhmen den vierden Teil aller dieser Beute empfingen / auch aus den gemeinen Reitpferden 69000 vor sich auszusuchen die Wahl hatten / deren keines mit seinem Zubehör unter 100 Kronẽ geschätzet ward / und durch die Bank hin 70 Tonnen Goldes und drüber wert wahren. Wedekind und seine beyde Gesellen hatten ihre absonderliche acht Gefangene (die von den unsern nicht sonderlich geehret wurden) kurz nach Pakorus Abzug frey gegeben / weil dieser 60000 Kronen vor sie aussagete / und bekahmen diese drey Teutschen von der gemeinen Beute vorab 36000 Kronen und 36 köstliche Pferde / worzu Artaxerxes ihnen wegen ihres wolverhaltens noch 60000 Kronenschenkete. Leches / Neda / Klodius und Markus wolten nicht teil haben an der gemeinen Beute / ohn daß ein jeder eine Kette / ein par Armbänder / einen Ring / und eine Hand voll Kronen davon zum Gedächtniß nam / wiewol sie [133] die ihnen angebohtenen 200 Pferde nicht ausschlugen / sondern gleich unter sich teileten. Prinsla aber und Gallus / wie auch der Römer Autronius bekahmen jeder 30 Handpferde / 20 Ringe / vier par Armbänder / zwo güldene Ketten / uñ 50000 Kronen an Baarschaft. Die Beute aus dem Parthischen Lager an Geld / Kleinoten / Elefanten /Kamelen / MaulEseln / Wagen und Wagenpferden /Wein / Speisen / Korn / Kleidern / Zelten und Waffen von der Wahlstat / und die auff den Kamelen geladen wahren / trug über 400 Tonnen Schatz aus / und machte Artaxerxes die Teilung / daß Herkules und Ladisla die eine; Er / Phraortes / Fabius und Pharnabazus die andere Halbscheid haben solten / weil aber unsere Helden davon nichts hören wolten / nam ers alles mit einem Lachen zu sich / und sagte: Ich merke wol / daß Euren Liebden ichs in Verwahrung biß auff ihren glüklichen Abzug nehmen sol. Nach gehaltener Plünderung trat Phraortes unter dem ganzen Heer auff / und hielt eine treffliche Lobrede unsern Helden zu ehren / denen er den Sieg ausdrüklich zulegte / und nicht scheuhete zu bekennen / die Götter hätten sie zu ihrer Wolfahrt hergesand / sonst währe ihnen unmöglich gewesen / die grosse Gewalt der Feinde zu dämpffen. Wedekinds rühmliche Taht und anderer Wolverhalten ward auch nicht vergessen. Endlich rühmete er des ganzen Heers Tapfferkeit / und preisete dieselben glükselig / welche vor das Vaterland ihr Leben willig auffgeopffert hatten. Den erschlagenen Teutschen / Böhmen und Römern hielt man eine sonderliche Leichbegängniß / und wurden sie in ihrem Harnisch auff der Wahlstat begraben. Den vier Römischen / dreyen Böhmischen und zween Teutschen erschlagenen Ritmeistern aber richteten sie statliche Gedächtniß-Steine auff. Vor ihrem Abzuge hielten sie Kriegsraht / wie mans anschlagen solte; aber ungeachtet etliche davor hielten / man müste etliche Tagereisen in Feindes Land streiffen / und mit Feuer und SchwertRache üben / so ward doch Herkules Meynung vor best gehaltẽ / der aus wichtigẽ Gründen anzeigete / man würde in der nähe weder Menschẽ noch Vieh antreffen / uñ wäre Artaxerxes nichts damit gedienet / daß man das Land verwüstete / über welches er in kurzem selbst gedächte ein Herr zuseyn / und es fast schon erstritten hätte; macheten sich deswegen zum Auffbruch fertig / und gingen des vierden Tages nach gehaltener Schlacht wieder nach Persepolis.

Der verliebete Surinas empfand unter den Zelten wenig trostes / dann er betrachtete vor erst / daß er Fr. Atossen Ehegemahl selbst erschlagen / und ihre Wunde noch sehr frisch währe; aber das ärgeste / daß seyn voriges Gemahl ihn so unwerd und verhasset bey ihr gemacht hatte / wahr ihm noch verborgen. Frl. Tarinea seine Schwester / ein überaus verschlagenes Taußes / merkete / daß er mehr leiden im Gemüht als an der Leibes-Wunde befand. Er wahr zwar ihres Bräutigams Mithridates guter Freund / aber solche nahe vertrauligkeit hatte er nicht mit ihm / daß er seinetwegen unter Feindes Hand gefangen bleiben solte /da er ihm ja nichts helffen kunte; schloß deßwegen /ihn müste gewißlich eine andere Ursach auffhalten /welches heraus zulocken / sie ihn also anredete: Herzgeliebeter Bruder / warumb bistu nicht mit der Geselschaft nach dem Könige gereiset / da dirs frey gestellet ward? Ich sehe zwar / daß du an deinen Wunden hart darnider liegest / aber behüten dich die Götter /daß du nicht eine grössere gemühtes Krankheit habest / als diese ist. Zwar daß mit deinem Herzen es nicht recht beschaffen sey / habe ich dir eigentlich abgemerket / [134] daß ich daran im geringsten nicht zweiffele / es drücke dich ein heftiges Anliegen; dann was würde die starken Seufzer sonst aus deiner Seele hervor zihen? Nur allein verbirge dich nicht vor mir / und biß versichert / daß ich alle mögligkeit anwenden werde / dir zu dienen / und deinen Wunsch ins Werk zu richten / wann nur deine Augen sich nicht an dem vergaffet haben was allerdinge unmöglich ist / und der grosse Artabanus selbst nicht erstreiten kan / wie ich dann solcher Tohrheit mich bey dir nicht vermuhten wil. Geliebte Schwester / antwortete er / ich gestehe dir gerne / daß mich ein hefftiges Anliegen drücket / und ich ungleich zuschlagener bin im Gemüt als am Leibe; aber deine Gedanken lege nur von dir / daß du meinest mir könne geholffen werden; wiewol du sehr irrest / daß ich gegen eine mich solte verliebet befinden / die in der Ehe lebet. Irre ich in dem / sagte sie /so wil ich dir noch wol hülffe zusagen / wie schwer dichs gleich dünken mag / wañ du mir nur deines Herzen Last ungescheuhet offenbahrest. Auch meine Herzen Schwester / wiederantwortete er / weistu meine alte Liebe noch wol / damit du mich pflegtest auffzuzihen / ich hätte nach der Jungfer gefreiet / und die Auffwärterin bekommen? Fehlet dir sonst nichts als dieses / sagte sie / so stelle es in meine Hand; ist sie dir dann nicht Jungfer bescheret gewesen / sol sie Wittib dir nicht entstehen. O wann du mich so hoch beseligen köntest / sagte er / wüste ichs nimmermehr zuvergelten; aber bedenkestu nicht / daß ich Artobarzanes erschlagen / und der morgende Tag zum Auffbruche bestimmet ist? Was dann mehr? sagte sie / der stärkeste ist der beste; so jaget dich auch kein Mensch von Mithridates hinweg / der sich in einer Sänfte in die näheste Persische Grenzestat / oder wol gar biß gen Persepolis mit tragen lassen sol; tuht ers aber nicht / so laß ihn zihen / ich wil bey dir bleiben / biß ich dich vergnüget habe. Sie ging darauff hin nach dem Frauenzimmer / weil sie mit Fürstin Barsene gute Kundschafft gemacht hatte / und suchte Gelegenheit /mit Fr. Atossen allein zureden / die in ihrer Traurigkeit noch immer fort fuhr. Als ihr nun das Glük alles nach Wunsch fügete / grüssete sie dieselbe von ihrem Bräutigam Mithridates / der ihr befohlen hätte / sie in ihrem schweren Ungluk zutrösten; Hernach beklagete sie ihren Bruder Surinas / daß derselbe weder Speise geniessen / noch seine Wunden verbinden lassen wolte / so hefftig grämete er sich / daß er ihren Liebsten ganz unwissend erlegt hätte / vor welchen er doch wegen der nahen Schwägerschafft zusterben /sich nicht hätte wegern wollen; aber am unerträglichsten währe es ihm / daß er vernehmen müste / wie sie über ihres Gemahls Tod sich so gar nit wolte trösten lassen; Dieses / dieses / sagte sie / wird ihm die Seele verzehren / dz er Euer Liebe Traurigkeit ursach seyn sol / die er von erster Kundschaft her noch stets uñ ungeendert geliebet / und vor seines HertzenSchönste gehalten hat. Atossa hörete ihrẽ Reden zu biß an diese Worte / über welche sie ungeduldig ward / und also antwortete: Ich hätte es zwar endlich der guten Geduld befohlen / Frl. Tarinea / daß eures Bruders Schwert mich dessen beraubet hat / der mich / so lange er mich gekennet / von herzen hat geliebet und gemeynet; aber daß euer Bruder mich noch darzu auffzeuhet / als hätte er mich stets und unverrükt geehret /und vor seines Herzens Freundin / ja schönste gehalten / solches schneidet mir das Herz durch / und gibt eures Bruders boßhafftige und schnöde Falscheit gnug an den Tag. Tarinea erseuffzete der Reden / welche sie aus dem innersten ihrer Seele sahe hervor brechen / wuste nicht / worauff sie gerichtet wahren / und was Surinas ihr möchte leides zugefüget [135] haben; gab doch darauff diese Antwort: Die Götter währen ihre Zeugen / daß sie auf solche Meynung nicht ausgangen / Ihre Liebe auffzuziehen / so wenig als ihr Bruder selbst /der vielleicht unschuldig bey ihr könte angegossen seyn / darumb er doch nicht das geringste wüste; wolte auch nicht unterlassen / ihm solches vorzutragen / nicht zweifelnd / er würde seine Unschuld wol darzulegen haben. Er mag sie darlegen / wem er wil /sagte sie / ich habe seiner Falscheit Zeugniß gnug; zwar so viel gestehe ich / daß ich mein Versprechen ihm nicht gehalten / aber auch nicht gekunt habe /sondern durch äussersten Zwang von ihm gerissen bin; solte er aber mir deswegen so grossen Schimpff bewiesen haben? O ihr Götter / straffet den leichtfertigen Verächter / und lasset so unbillichen Hochmuht nicht frey durchlauffen. Hiemit wolte sie hinweg gehen / aber Frl. Tarinea baht / sie nur noch eins unbeschweret zu hören. Ja / sagte sie / so lange es euch gefället / leiste ich euch gerne Geselschafft / wann ihr mir nur von eurem stolzen Bruder nicht saget. Was Eure Liebe mir gebeut / antwortete sie / wil ich gerne gehorsamen / aber ich bitte nur allein / mir zumelden /wodurch mein Bruder / das neulichste Unglük ausgeschlossen / verdienet / daß er vor einen boßhafften falschen Verächter gescholten wird. Geliebte Freundin /sagte sie / diese Erzählung würde mir viel zu schmerzlich / und euch vielleicht selbst verdrießlich seyn; Er kans Euer Liebe selbst wol sagen / was er bey meiner seel. Wasen mir zuentbohten und wieder eingeschicket / ja nit gönnen wollen / daß dieselbe mich ein einziges mahl nach ihrer Heyraht besuchen dürffen. Ach ihr Götter / gab jene zur Antwort / erbarmet euch dieses Mißverstandes / und meines armen unschuldigẽ Bruders! Atossa fiel ihr in die Rede: ja lasset uns nu die äusserste Beschimpfung / und verächtlichsten Hohn einen Mißverstand täuffen. Nein Frl. Tarinea / so einfältig bin ich dannoch nicht / daß ich geschehene Dinge mir zu Wasser machen lasse. Aber wir stehen gar zu lange hier allein / und wird das beste seyn / dz wir der Geselschafft nähern. Das Fräulein nam von ihr Abscheid / mit flehlicher Bitte /ihren Bruder des starken Verdachts zuerlassen / und sich zuversichern / daß er dieser Auflage sich wol und redlich würde entbrechen können / dafern sie nur seine Entschuldigung anzuhören wolte unbeschweret seyn. O ja / sagte sie / vielleicht ist er umb meiner Liebe willen krank. Ja bey dem reinesten Himmel /fiel ihr das Fräulein in die Rede / ist er nirgend kränker umb / als umb euer Liebe. Behüte Gott / sagte Atossa / wie könt ihr so falsch schweren; hat er mir doch alle Kund- und Freundschafft vor der Faust ganz verwägen auffgekündiget / und dieses ist doch noch nicht der gröste Schimpff. Ließ sie damit hingehen /und machte sich zur Fürstin Barsene / welche sie fragete / was jene mit ihr so ernstlich geredet hätte. Sie wolte aber nicht rund aus bekennen / sondern gab vor / Herr Mithridates liesse sie trösten / und zugleich den Tähter entschuldigẽ / daß er ihren Liebsten ganz unwissend erschlagen hätte. Nun wartete Surinas mit schmerzen auff seiner Schwester Wiederkunft / bekam aber schlechten Trost von ihr / da sie ihn fragete / was er ehemahls Fr. Atossen zuwider gehandelt; sie währe sehr ungehalten auff ihn / umb einer Sache und Beleidigung / die ihr ungleich weher tähte / als ihres Gemahls Ertödtung / gäbe auch vor / er hätte ihr vorlängst alle Freundschafft auffgekündiget / und nicht eins gönnen wollen / daß sein Gemahl Anutis sie eins besuchen dürffen / bey welcher er ihr / weiß nicht was / zuentbohten / und wieder eingeschicket hätte. Ihr Götter / gab er zur Antwort; ihr wisset meine Unschuld / und merke ich wol / meines Lebens werde nicht viel mehr [136] übrig seyn. Sie hingegen tröstete ihn /er solte ein gut Herz fassen; währe er ihm nichts ungebührliches bewust / könte noch wol alles gut werden; nach ihrer Meynung aber müste sein verstorbenes Gemahl ihn heftig bey ihr angetragen haben / ohn zweiffel / ihn bey ihr verhasset zu machen / welches zuerfahren / sehr nöhtig seyn würde daß er sich so viel stärkete und ihr ein kleines Brieflein schriebe / in welchem er bähte / ihm die Ursach ihres Zorns anzumelden / uñ des unverdienten Argwohns ihn günstig zuerlassen / sie hoffete ihr den Brieff wol bey zubringen. Surinas wahr hierzu willig und fertig / und setzete folgendes auff.

Hochgebohrne Frau; die willigkeit ihrem Befehl zugehorsamen / hat bißher meiner Feder nicht gönnen wollen / ihrer Liebe einigen Buchstaben zuzuschreiben / unter der Hoffnung / sie würde ihrer günstigen Zusage nach /Gelegenheit machen / ihre Wase nunmehr Seel. zubesuchen / weil meine Reise zu ihr nach Ekbatana von ihrer Liebe mir so hart und ernstlich verbohten worden; daß sie aber solches bißdaher nicht geleistet / habe ich dem mißgünstigen Glük zugeschrieben / und mich dannoch allemahl ihrer Schwesterlichen Hulde / welche sie mir / bey zurüksendung der Schreiben durch ihre Wase mein gewesenes Gemahl höchsterfreulich zuentbohten / getröstet. Ach der unglükseligen Stunde / die mein Schwert wieder den gewendet hat / welcher eurer Liebe angenehm wahr / und ich umb der Ursach willen ihn nicht hassen kunte / ungeachtet er mich meines allerwerdesten Schatzes beraubet hat. Dieser einige Niderschlag ist es /wodurch an eure Liebe ich mich versündiget. Im übrigen rühmet sich mein Gewissen / das es allemahl und unverrücket dahin getrachtet / euer Liebe zugehorsamen /so daß auff ihren Befehl ich mich selbst überwunden /und ihre Wase Seel. welche sie mir zugeschikt / geheirahtet habe. Bitte demnach dienstlich / mich des Argwohns einiger Träulosigkeit hochgünstig zuentnehmen / oder auffs minste mir anzuzeigen / was die Ursach sey / welche diesen schlimmen Verdacht in ihrer auffrichtigen Seele zeugen können. Bin ich schuldig / so lassen die Götter allen ihren Zorn über mich aus / und machen mich vor der erbaren Welt zuschanden; oder auch / da ich nicht von Anfang unser Kundschafft biß auff diese Stunde stets gewesen und blieben bin / auch noch bin und bleibe / und biß an mein leztes vielleicht schier künftiges Ende seyn und bleiben werde; meiner höchst geehrten Freundin Fr. Atossen geträuester / auffrichtigster und bereitwilligster Knecht Surinas.

Frl. Tarinea nam das Schreiben zu sich / und nach verlauff zwo Stunden ging sie wieder hin nach dem Frauenzimmer / entschuldigte sich ihres vielen überlauffens / und fragete / ob der Auffbruch auff bestimmete Zeit noch vor sich gehen würde; und als sie dessen berichtet ward / klagete sie / daß ihr Liebster so gar schwach währe / und alle Aerzte vor unmöglich hielten / daß er das bewägen solte können erdulden; weil dann der Weg nach Parthen ohn zweiffel sehr unsicher seyn dürfte / währe sie willens bey dem GroßFürsten untertähnigst anzuhalten / daß ihrem Liebsten möchte vergönnet seyn / bey dem Heer zu bleiben /und etwa in einer Persischen Stad sich heilen zu lassen; bähte sehr / die GroßFürstin Fr. Saptina möchte ihr diese erläubnis gnädig zuwege bringen helffen. Diese sagte ihr solches willig zu / wolte auch nicht zweiffeln ihr Oheim GFürst Artaxerxes würde sich hierin keines weges beschweret befinden. Nachgehends wendete sich Frl. Tarinea hin zu Fr. Atossen /und fragete / ob ihr nicht belieben könte / ein wenig in die Abend-kühle Lufft zugehen / und die lange Zeit zuverkürzen; welches sie ihr nicht abschlagen wolte /weil sie ihr vorgenommen hatte / dem Surinas seinen begangenen Frevel rechtschaffen unter die Nase reiben zulassen / ehe sie von hinnen schiede. Jene wuste nicht wol / wie sie ihrer Werbung den Anfang geben solte / klagete ihres Bruders Schwacheit / und daß sein einiger Wunsch [137] währe / er möchte von Artobarzanes erschlagen seyn / weil er leider den Tag erleben müssen / daß man ihn unerhörter sache vor träuloß und hochmuhtig verdammete / uñ zwar in dem Gerichte / da er allen möglichen und untertähnigen Gehorsam erzeiget / und Sonnen klar dargeleget hätte. Mein Fräulein kan ihres frechen Bruders sache gar artig schmücken / antwortete Atossa / daß wann ich so guten Beweißtuhm und Wahrzeichen nicht hätte /dürffte sie sich unterstehen / die schwarzen Raben in schneweisse Schwanen zuverwandeln. Hochwerte Fr. Schwägerin / sagte sie; wil sie meinen Worten nicht trauen / welche doch redlich und auffrichtig sind / so lasse sie sich doch gefallen / dieses meines Bruders Schreiben zulesen / darinnen sie ohn zweiffel seine Unschuld ersehen wird. Je / antwortete sie / wie wolte der unbescheidene Surinas darzu kommen / an eine zuschreiben / deren er alle Kundschaft auffgekündiget / und sie bißher nicht anders als seine vergessene geheissen / gerade als ob ich ihm jemahls Boten geschicket? oder meinet er etwa / nach seines Gemahls absterben / mich zum andernmahle aufs Eiß zu leiten? O nein Frl. Tarinea / O nein! als er dasselbe zubehalten nicht wirdigte / was er mit vielfältiger Bitte von mir erlanget hatte / werde ich viel weniger seine Schreiben wirdigen / in die Hand zu nehmen. Und wer wolte mir rahten / dessen Brieffe zu lesen / der mich noch mit auffrückung meiner geringẽ Schönheit beschimpffet; ja der mit seinem unbarmherzigen Schwerte mich achzehnjährige in den leidigen Witwenstand gesetzet hat? O du barmherziger Himmel /fing Tarinea mit auffgehobenen Händen an / wie hastu in einen so schönen fräulichen Leib / so grosse und heßliche unbarmherzigkeit eingiessen können? ist wol einiger Richter so grausam / der eines armen Sünders-Bitte und Fleheschrifft mit Füssen hinweg stossen solte? uñ meine hochwerte Fr. Schwegerin tuht solches bey dem / der nur umb blossen unerweißlichen Verdachts willen sich muß vor schuldig außschreihen lassen? Sie tuhe / bitte ich / dem ganzen weiblichen Geschlecht so grossen Schimpff nicht an / daß man schier heut oder Morgen sagen solte; Frau Atossa ist ein Vorbild und Spiegel der weiblichen Unbarmherzigkeit / welche einen unschuldigen hat sterben lassen /uñ seinen wahrhafftẽ entschuldigungs Brief nicht eins ansehen wollen. Dieses brachte sie mit solcher bewägligkeit vor / daß Atossa sich endlich bereden ließ / das Schreiben anzunehmen; und als sie es biß an diese Worte /Ach der unglükseligen Stunde / gelesen hatte / sagte sie: wie ist eurem Bruder / mein Fräulein? ich gedenke / das Gehirn werde ihm verrücket seyn; dann was er hie schreibet / ist alles mit einander ein lauteres gericht. Habe ich ihm verbohten / mir zu schreiben? habe ich ihm oder meiner Seel. Fr. Wase die Reise nach Ekbatana untersaget? habe ich ihm schwesterliche Liebe lassen anmelden? ja / nennet er denn unversöhnlichen Haß also / wil ichs mir gläuben. Aber was vor Schreiben mag ich ihm doch immer mehr durch meine Wase gesendet haben? dieselben zeige er mir; die bringe er hervor / so wil ich gläuben daß ich lebendig Tod / und sehend blind bin. Jene kehrete sich hieran gar nicht / sondern baht / den Brieff biß zum Ende durchzulesen; welches sie taht /und das übrige also beantwortete: Ich wil ihm vordißmahl sein Blutgieriges Schwert nicht affrücken; nur dieses möchte ich von Herzen gerne wissen / wie ein Mensch so verwägen seyn / und sich einer öffenklichen Lügen so gar nit schämen kan; habe ich ihm meine Wase zugeschicket? habe ich ihm befohlen / sie zu heirahten? da ich doch mein Pferd schon hatte satteln lassen / von Ekbatana heimlich außzureissen /[138] und ihm zu folgen / wann nicht meine Wase gleich zu mir kommen währe / und mir angedeutet / was gestalt er sie mit listigen Worten von meines Seel. Vaters Schlosse gelocket / mit Gewalt zu seinem Willen genöhtiget / und mir zu trotze sie geheirahtet hätte. Ist daß nicht träulosigkeit genug? weis er noch die Ursach nicht meines billichen Zorns? und habe noch wol eine wichtigere als eben dieses. Und wie solte ich ihm hievor nicht alles übels gönnen? wünschet er ihm doch aller Götter Zorn und übergehung der Schande an den Halß / wozu er vielleicht nicht meynet reiffe gnug zu seyn / biß er etwa mich zum andernmahle möchte betrogen haben. Hier ließ nun Tarinea ihre Trähnen häuffig schiessen / uñ gab mit Seufzen und Weinen zur Antwort: Nun nun mein herzlieber Bruder / ich beklage nicht so sehr deinen Tod / der bald folgen wird / als daß du in deiner reinen Unschuld als ein tausendschuldiger sterben must. Aber Fr. Atossa /ihr unbarmherzige / ihr grausame; belüstiget euch nur nicht zu hoch über sein Verderben; ich hoffe den Tag noch zuerleben / daß ihr eure Grausamkeit / hätte schier gesagt / Boßheit noch beweinen werdet; dann wie kan ichs anders nennen / weil ihr seine beteurungen vor ertichtete Lügen / und seine wahre lautere Beichte / damit er vor der Götter Stuel zutreten sich erbeut / vor eine gehirns Verrückung schelten und verlachen dürffet. Und was vor Ursachen habt ihr doch / ihm so viel unwarheiten anzutichten? als habe er eure Wase vom Schlosse gelocket / und / weiß nicht / was vor Gewaltsamkeit angelegt. Da ich doch wol weiß / daß mein Bruder eurer Wasen keinen Bohten geschicket / sondern als er nach gemachtem Schlusse euer Liebe Gegenwart vermuhten wahr / hat die verstorbene Anutis sich eingestellet / und ihm dieses vorgetragen. Frl. Atossa ihre Wase / währe durch Elterlichen Zwang vor sechs Tagen schon / mit Hn. Artobarzanes beygelegt / wolte hinfuro Surinas Schwester seyn und leben / mit der Bedingung / daß er weder ihr schriebe / noch zu Ekbatana sich sehen liesse; sie wolte schon Gelegenheit finden / ihn zubesuchen; inzwischen wünschete sie / daß sie eine Schwester oder Anverwantin hätte / welche sie ihm zufreien könte. Dieses alles hat sie mit dem Wahrzeichen bekräfftiget / daß sie meinem Bruder ein Bündlein von zwölff Brieffen / die er ehmahls eurer Liebe zugeschrieben / eingehändiget mit Bitte sie zu sich zunehmen / weil sie dieselben nit länger vor andern zuverbergen wüste; und dafern dieses anders ist / Fr. Atossa / so wolle der Himmel mir alles das Unglük von dieser Stunde an auffbürden / welches mein Bruder / auff dem Fall seines verbrechens ihm selbst in diesem Schreiben wünschet. Aber was hilfft mir diese beteurung? vielleicht werde ich auch hören müssen /das Gehirn sey mir verrükt / und ich schäme mich keiner Lügen. Atossa stund als eine Gedankenvöllige /und wuste nicht / was sie antworten solte. Surinas ehemahlige Schreiben hatte sie nach ihres Vaters Tode von ihrer Mutter etlichemahl gefodert / aber keine Nachricht davon erlangen mögen. Anutis Verschlagenheit und List wahr ihr nicht unbekand / und je mehr sie sinnete / je zweiffelhaftiger sie ward; endlich sagete sie: Geliebtes Fräulein; wo sich nach eurer erzählung verhält / ist man mit eurem Bruder und mir sehr träuloß umbgangen; wiewol meine Eltern dessen zubeschuldigen mir nit gebühren wil; kan aber euer Bruder mir die jeztgemeldete Schreiben aufflegen /werde ich mich weiter zuerklären / und gegen eure Liebe mich sehr zuentschuldigen haben. Diese Schreiben? sagte Tarinea; ich wil mich ihr zur Leibeigenen geben / wann er sie nicht alle in verwahrung hält / als einen köstlichen Schaz / [139] weil sie ihn seiner Liebe stets erinnert haben; und hat er sich fast täglich mit den Zeichen erlustiget / welche eure Liebe auff dieselben mit ihrer schönen Hand gemahlet hat; und wolte Gott / eure Liebe könte zu meines Bruders erhaltung nur so viel Gunst sehen lassen / seine mündliche endschuldigung anzuhören / damit die Falscheit zwischen ihnen getrieben / recht möchte an Tageslicht kommen. Wann mirs keinen Verdacht gäbe / antwortete sie /daß ich den Todschläger meines Gemahls besuchete /möchte ich mich aus diesem zweiffel gerne gerissen sehen. Tarinea wahr listig / und gab den Anschlag /als ob sie Mithridates / der ihr etwas verwand / in seiner Schwacheit trösten wolte; und weil die vergrabene alte Liebesflammen in ihr sich schon gewaltig entzündeten / ließ sie sich darzu vermögen. Mithridates lag absonderlich hinter einer Abscherung / und Surinas erwartete mit verlangen / was sein Schreiben wirken möchte. Als nun die so hoch begehrete in das Zelt trat / überging ihn eine kleine Röhte / so viel sein weniges Blut erwecken kunte / richtete sich im Bette auff / und hieß sie also wilkommen seyn: Höchstwerte Freundin / komt sie zu mir / mich wegen begangenen unwissentlichen Niederschlages abzustraffen / wil ich ihr das Schwert selbst zustellen / und als ein williges Opffer euer schönheit sterben; ist aber die ehmahlige Gunst in ihrem liebreichen Herzen nicht gar verbliechen / dann wolle sie ihrem Knechte durch ihre Gewogenheit den Balsam mitteilen / der ihn bald wieder auff die Füsse setzen wird. Tarinea fiel ihm in die Rede: Mein Bruder / du wirst zuvor deiner herzgeliebten Meisterin deine Unschuld darlegen müssen / ehe du einige Gunst von ihr zu hoffen hast; wollest demnach bey deinen ritterlichen ehren / und als wahr du gedenkest dereins vor den Göttern angenehm zuerscheinen / alles umbständlich erzählen / wie es mit deiner vorigen Heyraht ergangen; sintemahl ich merke / daß ein grosser Betrug dahinten stecket. Ja / sagte er / dessen trage ich keinen scheuh; erzählete alles / kurz und lang / und daß seine wilfährigkeit gegen Atossen zuerzeigen / er seine Anutis alsbald geheirahtet hätte. Atossa fragte ihn / ob er dann die von Anutis wiederempfangene Schreiben noch auffzeigen könte. Ja sagte er / sie sind noch in guter verwahrung / und er innere sich nur meine Freundin / daß sie auff das erste ein par Würffel gemahlet / mit der lieben Unterschrift: Der Wurff ist gewaget. Auff das ander / die Glüks-Göttin auff ihrem Glüksrade / und diese Worte dabey.Biß mir ja beständig O Göttin! Auff das dritte / einen Löuen / mit diesem warhaftigen Spruche;Die Liebe erfodert auch einen Muht. Und fortan biß auff den lezten und zwölfften / auff welches sie ein Schiff auff dem Meer mit fünff Schiffshaken fest geleget / gemahlet hat. Zwar es hat mein Gemahl / weis nicht warumb / mir offters angelegen / ihr diese Schreiben wieder abfolgen zulassen; welches sie aber bey mir nicht erhalten mögen. Was hinterbrachte euch aber euer Gemahl / fragte sie / da sie von Ekbatana des andern Tages nach eurem Beylager wieder zu euch kam? Er antwortete: Anutis ist ja meines wissens weder dazumahl noch jemahls hernach zu Ekbatana gewesen /sondern wie herzlich ich allemahl bey ihr angehalten /mit mir dahin zureisen / habe ichs doch nie können erhalten / weil mir Lebensgefahr drauff stünde / nachdem Artobarzanes unser ehmahligen Liebe inne worden / und nicht allein mir mit Gifft dräuete / sondern auch seinem Gemahl es offt verweißlich gnug vorhielte. O du falsche Anutis / fing Atossa an / habe ich umb dich verdienet / daß du so verrähterisch und lügenhaftig mit mir umbgehen soltest? erzählete damit /was gestalt sie zu ihr [140] nach Ekbatana kommen / von wegen Surinas ihr alle Freundschaft auffgekündiget /und was sonst dabey vorgefallen wahr; auch das Haaren-Armband ihr wieder eingeliefert hätte / als welches Surinas länger weder sehen noch tragen möchte; daher ich dañ / sagte sie / aus grossem Zorn nicht allein dasselbe ins Feur geworffen / sondern auch viel schmähe- und scheltworte auff euch außgestossen. Hierob entsetzete er sich hefftig / insonderheit / da er hörete / daß sie umb Anutis darstellung an ihre stat gar keine wissenschaft trug. Das allerliebste Armband / sagte er / ist wahr / das ichs die erste Nacht meines Beylagers verlohren / aber wo es blieben / nie habe erfahren können / wiewol ich im Wirtshause dem Finder 500 Kronen außlobete. Doch danke ich den Göttern / daß ich diese Falscheit nicht vor meines Gemahls absterben erfahrẽ / sie hätte sonst ohn alle barmherzigkeit von meinen Händen sterbẽ müssen /wie lieb ich sie auch umb euret willen gehabt habe. Tarinea ließ diese beyden allein reden / und ging nach ihres liebsten Bette / welchen sie in der Ruhe liegen meynete / da er doch schon verschieden wahr / dessen sie zimlich späte gewahr ward / da sie ihm sanfte an die Hand grieff / deßwegen sie mit einem Geschrey über ihn her in Ohmacht fiel. Atossa erschrak dessen /lieff hinzu / und fand sie in dem kläglichen stande; nam das Krafftwasser / daß vor dem Bette stund / und rieb sie damit / biß sie wieder zu sich selbst kam. Da ging es nun an ein winseln und klagen; wiewol Atossa sie mit ihrem Beyspiel wol zu trösten wuste / versprach ihr auch alle schwesterliche Liebe und Träue /nebest anzeigung / daß die Aerzte sich außdrüklich hätten vernehmen lassen / im falle er ja das Leben behalten solte / würde er biß an sein Ende ein gebrechlicher undüchtiger Mensch seyn / wodurch sie sich in etwas begriff. Ihr Bruder wahr wegen dieses falles auch betrübt / aber Atossen gegenwart wolte ihm eine sonderliche Traurigkeit nicht gönnen / welche er nöhtigte / vor sein Bette niderzusitzen / führete ihr seine beständige Liebe zu Gemühte / und baht sehr fleissig / ihn in die vorige stelle wieder anzunehmen; worzu ihr Herz allerdinge geneigt und willig wahr / ihm auch diese antwort gab: Herr Surinas / ihr und ich sind beyde durch meines Vaters getrieb / als viel ich merke und meiner Wasen volstreckung betrogen und von ander gerissen worden. Nun gibt mir aber der Himmel Zeugnis / daß / wie wichtige Ursachen ich gleich zuhaben vermeinet / euch zu hassen / hat doch mein Herz den rechten Ernst dabey nicht legen können. Was wollen wir aber tuhn? das geschehene ist vorbey / und kan durchaus nicht geendert werden. Mein Vater und euer Gemahl sind in der Ruhe / denen wir verzeihen müssen. Mein Gemahl hat ohn zweiffel aus des Himmels Versehung von euch den Tod annehmen sollen / weil er euch eure versprochene Braut genommen. Vor die abermahlige angebohtene Liebe bedanke ich mich von herzen / welches zu gebührlicher Zeit eurem gefallen nach zubeantworten ich mich schuldig erkenne / und unser voriges Band noch vor gültig halten muß; hermet euch nur weiters nicht / daß ihr bald gesund werdet / uñ besuchet mich auff meiner Mutter Schlosse / dahin ich in wenig Tagen zu reisen entschlossen bin. Ja ists möglich / so bildet euch ein /als ob ihr ohn geschehenẽ eingriff noch mein erster Bräutigam währet; ich wil mich gleich also vor eure erste halten; welches sie mit einem lieblichen Lachen uñ schamrohter Farbe beschloß. Surinas umfing sie ganz lieblich / beklagete nichts / als daß seine Wunden ihm an vielerley glükseligkeit hinderlich währen /und steckete ihr einen köstlichen Ring an den Finger. Sie gab ihm wieder einen zur bestätigung / beantwortete [141] seine Klage mit einem süssen gelächter / und daß er inwendig Jahrsfrist nicht zufreie Gedanken fassen müste; gönnete ihm doch die ehmaligen Küsse / und weil sie der Arzney wol erfahren wahr / besahe sie seine Wunden / und befand / daß sie fleissiger auffsicht wol benöhtiget wahren / nahm hernach abscheid von ihm / und ging hin dem Frauenzimmer Mithridates Tod und Frl. Tarineen Leid anzumelden / welche hingingen sie zu trösten / dann sie hatte sich von ihrem Bruder ab in ein Nebenzelt gemacht. GroßFürstin Saptina nöhtigte sie mit ihnen zugehen / und die Abend Speise einzunehmen / welches sie gerne bewilligte / in Hoffnung / mit Atossen richtigen Abscheid zu machen / wie auch geschahe / daß nehmlich Surinas / so bald seine Wunden heile / sie besuchen / und von Artaxerxes einen freien Geleitsbrieff / nach belieben zureisen / bitten solte / weil er sich des Kriegs abtuhn / uñ seine Medischen Lehngüter bezihen wolte; dañ sein Vater wahr ein gebohrner Medischer Landsasse / und hatte sich in Parthen verheirahtet /auch daselbst seine durch Erbschaft seines Gemahls angefallene herliche Güter beherschet. Es lies aber Tarinea bey der Mahlzeit eine flehliche Bitte an das gesamte hohe Frauenzimmer ergehen / sie möchten Fr. Atossen helffen bewägen / daß sie ihren Zorn und Unwillen gegen ihren Bruder allerdinge möchte fallen lassen / nachdem der Unfall sich ganz unwissend zugetragen hätte; da dann alle Anwesende / insonderheit GroßFürstin Saptina ihr so viel und hefftig zuredeten / daß / wie ungeneigt sie anfangs sich zu stellen wuste / sich doch endlich erklärete / in diesem Stücke sehen zulassen / wie gehorsam sie der GroßFürstin währe. Welche ihr solches wolgefallen ließ / und auff Tarineen weiteres anhalten / daß sie doch ihren Bruder folgenden Morgens vor dem Auffbruche besuchen möchte / damit er seine Abbitte und Entschuldigung bey ihr ablegen könte / befahl die GroßFürstin / zum Zeichen völligen Gehorsams auch dieses zuleisten; worauff sie zur Antwort gab; sie wolte diese Nacht es in bedenken nehmen / ob sie ein solches über ihr Herz bringen könte. Des Morgens stellete Tarinea sich gar früh bey ihr ein / und ward mit diesen Worten von ihr gewilkommet; Herzgeliebte Frl. Schwester; ihr seid eine überal volkommene Täuscherin / der gleichen in der Welt kaum zu finden; dañ anfangs habt ihr mich ganz umbgewendet; und hernach dem ganzen Frauenzimmer ein artiges Näsichen angedrehet / welches aber ausser zweiffel mir schier heut oder Morgen zum sonderlichen Behelff dienen kan / und versichert euch / daß die ganze Zeit meines Lebens ihr an mir eine ganz ergebene Schwester haben sollet / weil ohn eure hohe Klugheit die ganze übrige Zeit meiner bevorstehenden Jahre / ich ein unglükseliges Mensch blieben währe. Meine herzgeliebte Fr. Schwester / antwortete sie / die Freude / welche wegen ihrer Gewogenheit ich in meinem Herzẽ empfinde / machet mich des verlustes meines Bräutigams (der mir ohndas fast auffgedrungen ist) schier gar vergessen / und ist mein einiger Wunsch / daß wir die Zeit unsers Lebens mögen bey einander wohnen; Aber herzen Frau Schwester hat sie diese Nacht ihr Herz angesprochen / der GroßFürstin Willen zuerfüllẽ. Diese lachete des auffzuges /fassete sie bey der Hand / und sagte: Ja kompt meine Freundin / ich muß der GroßFürstin gehorsamen /oder ich verliere ihre Hulde gar. Da wahr sie nun ihrem Liebsten sehr wilkommen / mit dem sichs begunte zimlich zubessern / hatten ihr freundliches Gespräch in die zwo Stunden mit einander / und trug Fr. Atossa dem Fräulein ihren nahen Anverwanten Herr Arbazes zur Heyraht auff / der ein reicher vornehmer[142] Herr wahr / und ward diese Heyraht nach verlauff eines halben Jahrs fortgestellet. Unser sieghaftes Heer / nach dem alle Beute auff Elefanten / Wagen / und andere Last Tihre geladen wahren / gingen frölich und wolgemuht fort nach Persepolis / nachdem die Fürsten H. Surinas besuchet / und Artaxerxes ihm auff sein begehren einen sicheren Schein willig erteilet hatte /daneben ihm 50 Reuter zugegeben die ihn mit seiner Schwester und Mithridates Leiche / wohin es ihm geliebete / geleiten solten.

Diese zwischen eingefallene LiebesHändel / deren kein Mensch wahrnam / hat uns / Artabanus Flucht zubeschreiben / verhindert. Demselben wahr neben allen seinen Völkern nicht anders zu muhte als hätte er zur Stunde sollen nidergehauen werden / da die falsche Zeitung kam / der Feind währe schon verhanden / das Lager zustürmen. Er fiel auff seinen Läuffer /und hatte kaum 3000 Reuter / die ihn folgeten / weil ihre Pferde seinem nicht gleich rennen kunten. Das Frauenzimmer fiel eine über die andere auff Gutschen / und hatten nicht Raum gnug aus dem Lager zukommen / daß Vologeses daher die Graben an vielen Orten muste ausfüllen lassen / umb ihnen einen breiten Weg zumachen. Die verwundeten empfingen durch die Furcht und eingenommene Speise Krafft genug mit zureiten / und die schwächesten legten sich auff Wagen. Als der König voraus gehauen wahr /ordnete Vologeses das Fußvolck und die Reuter alles zu Pferde / weil sie ohn seinen Befehl schon alle Pferde von den Lastwagen hinweg genommen hatten. Ehe die unsern dieser Flucht inne wurden / wahr Artabanus schon acht Meilen / das Heer drey / die flüchtigẽ Weiber fünff Meilen fort gesprungen / und als sie einen engen Durchzug antraffen / stellete Vologeses daselbst die Schlachtordnung auff allen fall / und ließ seinen Völkern aus einer unweit gelegenen Stadt Brod und Wasser bringen / da unterdessen alles unnütze Gesinde vor hindurch muste. Aus den Flecken und Dörffern geschahe grosse Zufuhre / und musten etliche Bauren mit frischen Pferden zurük reiten / wegen des Feindes Folge Zeitung einzubringen und als diese nichts als gute Sicherheit vernamen / schämete sich Vologeses und andere KriegsFürsten dieser schändlichen Flucht über alle masse / setzeten doch den Weg mit dem Heer fort nach Charas / daherumb die Völker verlegt / und die Kranken in die Stadt gebracht wurden. Karthasis ward von dem Könige wol gehalten /und mit trefflichen Geschenken begabet / und stellete er ihm vier Tonnen Goldes zu / seinem Könige Skolothus zur Verehrung / und sechs Tonnen / Völcker davor zuwerben. Nach Indien ward gleich so viel zu Anreizgeldern übergemacht / und in der Römer Gebiet acht Tonnen Goldes. Doch kunte Artabanus seine wütige Liebt gegen GroßFürstin Valisken nicht ablegen / und hoffete noch immerzu / ihrer Schönheit zugeniessen. Sein meistes sinnen aber wahr / wie er unsere Helden aus dem Wege räumen möchte / dann wolte er ihr bey ihrem Abzuge nach Teutschland zu Wasser und Lande auffwarten lassen / ob er sie erhaschen uñ in seine Gewalt bringen möchte. Artaxerxes hatte alsbald nach erhaltenem Siege an alle Bundsverwanten geschrieben / und ihnen den Verlauff durch schnelle reitende Bohten zuwissen getahn / was gestalt unsere Helden den Sieg erstritten / ohn deren Gegenwart die Feinde würden Oberhand behalten haben / daher man ihnen billich ein dankbahres Gemüht erzeigen müste. Er vor sein Haupt wolte 30 Tonnen Goldes zuschiessen; Phraortes und Pharnabazus würden das ihre auch willig tuhn; so hoffete man des Feindes Lager zuerobern / welche [143] Beute hernach zuschichten währe nach gebühr; Inzwischen solte ein jeder Bundsgenosse seine Grentzfestungen mit guter Mannschafft besetzen / und sich öffentlich Feind erklären / damit nicht einer nach dem andern verderbet würde; machte hiebey einen ungefehren Uberschlag der Erschlagenen beyderseits / und versicherte sie /daß die Parthische Macht dergestalt gebrochen währe / daß sie das Haupt nicht wieder auffrichten solte.

Das Glük ließ sich dannoch merken / als wolte es Artabanus nicht allerdinge verlassen / dann seine Bürger zu Charas und in andern Städten brachten eine freywillige Steur von 120 Tonnen Goldes auff / dabey die Ritterschafft ein gleiches legte / und erbohten sich allerseits / auff des Feindes Einbruch Mann bey Mann zufechten. Das angenehmste wahr ihm / daß des andern Tages nach seiner Ankunfft / ein grosser Indianicher Kämpffer / nahmens Gamaxus / von Bauren erzeuget / zu Charas ankam / der fast Riesen Gestalt und von unmenschlicher Krafft wahr / von Art und Geberden grob / hochmühtig / ruhmrähtig und überaus verwägen / daher er sich bald bekant machte / daß noch desselben ersten Tages Bagophanes von ihm reden hörete / und es dem Könige zuwissen taht; welcher ohndz schon mit bösen Ränken umging / unsere Helden entweder durch Gifft oder Schwert aus dem Mittel zuräumen. Intaphernes und Tiribazus / weil sie auff diese weidlich schmäheten / wahren bey ihm wol daran / daß er sie in ihrer Schwachheit besuchete /und ihnen vertraulich entdeckete / er hätte vier Hirkanische ädelknaben mit grossen Verheissungen schon darzu vermocht / daß sie in der Frembden Dienste sich begeben / und ihnen einen starken Gift beybringen wolten; dann er währe äusserst gesinnet / ihnen den Abzug nicht zugönnen / damit sie nicht bey dem Römischen Kayser sich dereins berühmeten / wie sie den grossen König getummelt / seine versprochene Braut aus seinem wolverwahrten Schlosse entführet /sein mächtiges Heer erleget / und ihn selbst aus dem Felde gejaget hätten. Dieses Feuer wuste Bagophanes weidlich zuschüren / taht des grossen Indiers abermahl Erwähnung / und mit ziemlichen Scheingründen bestätigte er / daß man diese von den Göttern selbst angebohtene Gelegenheit nicht verabseumen oder verachten müste; wodurch er den König bewägete / daß er ihn alsbald abfertigte / das Ungeheur auff Intaphernes Gemach zu hohlen; welches er dann willig verrichtete / ihm des Königs Gnade anmeldete / und daß seine Hocheit willens währe / ihn in Dienste zunehmen / und vor seinen Kämpfer zubestellen / auch mit ansehnlichem Solde zuversehen. Dieser ließ sich dessen keine Sau dünken / daß der König seinen ansehnlichen Hoffmeister an ihn schickete; fing an seine eigene Tahten zurühmen / und sagte: Er dienete umbs Geld / und wer ihm am meisten gäbe / währe ihm der liebste Herr / vor dessen Wolfahrt er seinen Säbel auff Feindes Waffen wetzen / und auff der Widerwertigen Knochen stumpff hauen wolte. Als Bagophanes diesen Tölpel vor den König brachte / fing er ohn alle Höfligkeit an also zureden: Grosser König; gegenwärtiger Herr hat mich berichtet / daß Ihre Hocheit mich begehren zusprechen / und in Dienste anzunehmen; so erbiete ich mich nun / Euer Hocheit zum besten / diesen wichtigen Säbel (welchen er über die Helffte blössete) zugebrauchen / dem noch keiner entgangen ist /auff welchen ich ihn gezükt habe. In den Indischen Landschafften / disseit uñ jenseit des GangesFlusses /habe ich von dem funffzehnden Jahre meines Alters an / mich nunmehr achtzehn Jahr in kämpffen und streiten gebraucht / und manchen Skythen und andere Feinde erleget / daß ich [144] offt biß an die Enkel in ihrem Blute gangen bin. Ich habe 598 Kämpffer in absonderliche Streiten ertödtet / und deren bißweilen fünff oder sechs zugleich auff einen Bissen genommen. Der mich kennet / hütet sich wol vor meinen Streichen /die zu grunde richten / was sie treffen; und wann Eure Hocheit mir den Sold vergnüget / sollen ihre Feinde wie Asche von dem Winde verstäuben. Artabanus besahe ihn von unten an biß oben aus / und verwunderte sich seiner Grösse und starcken Gliedmassen; dann in ganz Parthen wahr niemand / der ihm mit dem Häupte die Unterschulder berühren mögen; sonst wahr er dabey nicht ungeschikt oder tölpisch von Leibe /wuste sich auch des Vortels im Streit wol zu gebrauchen. Er wolte aber dem Könige einen Beweißtuhm seiner Stärke sehen lassen / legte seine flache Hand auff den Tisch / und hieß Bagophanes mit beyden Füssen drauff tretẽ / welchen er mit steiffem Arme in die Höhe huhb; foderte hernach zwey neugeschmiedete Huefeisen / die er von den anwesenden besehen ließ / daß sie sehr fest wahren / und beugete sie zugleich auff einmahl mit freyen Händen gerade / als währen sie von Horn oder Wachs gewesen. Er kunte einen Ochsen mit einem Hiebe im Leibe mitten von ander hauen; auch mit der Faust ihn mit einem Schlage vor den Kopff / zur Erden stürzen machen. Der König hielt eben diesen vor den rechten Mann / der seinen Feinden solte gewachsen seyn / und versprach ihm ein ganzes Jahr hindurch / monatlich 10000. Kronen /auch acht Pferde uñ sechs Leibschützen zuhalten; dagegen solte er zween Jünglinge bestreiten / und sie ihm entweder tod oder lebendig liefern / die seine abgesagte Feinde währen / und ihm mannichen Schimpff erwiesen hätten. Ihre Leibeskrafft währe nicht besonders / aber in übung der Waffen vortrefflich / daß er nach ihrer überwindung sich wol rühmen dürffte / er hätte den trefflichsten Helden der Welt angesieget; solte sie aber ja nicht beyde zugleich / sondern einẽ nach dem andern vornehmen / und über seinen Sold vor jedes geliefertes Haupt 50000. Kronen; da er sie aber lebendig fahen und überschicken könte / vierdoppelt so viel haben. Gamaxus gab zur Antwort: Ihm genügete an dem versprechen und vermachtem Solde / weil auch dem Könige mit den lebendigen Gefangenen mehr als mit den todten gedienet währe /denen er sonst ohn einigen Schwertschlag das Genick brechen wolte / solten sie ihm erster Zeit eingehändiget werden; nam von Artabanus bäurischen Abscheid / und begehrete / daß man ihm alsbald des folgenden Tages an die Grenzen geleitete / damit er das Geld ehist verdienen und den König befriedigen könte. Als der König von den Verwundeten hinweg gangen wahr / besuchte Vologeses seinen Oheim Tiribazus / der ihm nicht allein den bestelleten Kämpffer / sondern auch des Königes Vorhaben wegen der Vergifftung offenbahrete; über welches lezte er sich hefftig entsetzete / und an solcher Boßheit ein abscheu trug / unterließ auch nicht / seinem Oheim Pakorus es zuvermelden / der ihn höchst ermahnete / darüber zuarbeiten /daß eine so unverantwortliche Taht abgewendet würde; Wie er aber vernam / daß der König es mit ihm nicht berahtschlaget hatte / sagte er: Der schändliche Fuchsstreicher Bagophanes stärcket ihn in solchem Unwesen / und wird der Bube nit auffhören ihn zureizen / biß ihm der Hals gebrochen ist. Sie beklageten beyde den elenden Zustand des Reichs / und daß eine grosse Enderung sich merken liesse / welche den Persen erheben / und Artabanus unterdrücken dürffte; bezeigeten sich auch überaus betrübt / dann ihr Herz wahr ihnen über dieser Boßheit fast erstorben; endlich nam Vologeses auff sich [145] den König zubesuchen / ob sich vielleicht dessen etwas würde vernehmen lassen. Aber er gedachte seiner Hirkaner mit keinem Worte /nur den grossen Gamaxus rühmete er / und daß er ein Fürstentuhm drumb geben wolte / daß ihm dieser unerschrockene Held vor der Schlacht zugezogen währe / als welcher nicht allein die Persischen Weichlinge solte gedämpffet / sondern auch die Teutschen Wagehälse als die Mücken nidergeschlagen haben; jedoch wolte er noch zufrieden seyn / wann er ihm nur die beyden Buben Herkules und Ladisla lebendig einbrächte / an denen er sich dergestalt zu rächen vorhabens währe / daß andere sich an ihnen spiegeln solten. Vologeses gab zur Antwort: Was durch einen öffentlichẽ Kampff geschähe / wolte er mit rühmen; meynete auch / es wären noch wol Ritter zufinden / so den beyden gewachsen währen; hielte doch davor / sie würden sich schwerlich lebendig greiffen lassen / sondern viel lieber von Feindes Hand sterben; Daß aber Ihre Königl. Hocheit ihnen so abscheuhliche Straffen dräuete da sie doch freye Könige und GroßFürsten währen / die in ihren Ländern grosse Gewalt hätten /schriebe er seinem Zorne zu / nach dessen Linderung seine Hocheit sich wol eines andern bedenken würde; welche Erinnerung er aber mit grossem Unwillen aufnam / uñ ihn fragete / ob er Persiche oder Teutsche Jahrsbestallung hätte / daß er so fleissig vor seine Feinde strebete; denen wir / sagte er / das Herz wollen aus dem Leibe reissen / und den Hunden zufressen vorwerffen lassen / und Trozgebohten / der uns ein solches wehren sol / da er sonst nicht in gleiche Straffe fallen wil. Ihre Königl. Hocheit machen alles nach belieben / sagte er; jedoch wann ich wissen solte / daß dieselbe den allergeringsten Verdacht auff mich geworffen hätte / ob solte ich mit den Reichsfeinden einige Verständniß haben / und durch das verfluchte Geld / dessen ich zeit meines Lebens eben so wenig als des schlimmen Kohts geachtet / mich bestechen und zur Verrähterey bewägen lassen / müste mir leid seyn / daß ich je gebohren währe; bitte demnach / zum untertähnigsten / Ihre Königl. Hocheit wolle mich alsbald meines Ampts allergnädigst erlassen / und mir den Ort benennen / woselbst ich mein übriges Lebẽ in aller Einsamkeit / als in einem Gefängniß zubringen solle / wil ich solches vor eine gnugsame Vergeltung aller meiner bißher geleisteten träuen Dienste halten. Wir haben euch in keinem Verdacht / antwortete er /könnet auch eures Ampts durchaus nicht erlassen werden; nur vor unsere Erzfeinde allemahl so frey zu reden können und wollen wir von niemande gewätig seyn. Fragete hernach / wie es mit den Werbungen beschaffen währe / daß man solche alsbald fortsetzete /und befahl / daß die Grenze Städte wol versehen / und der tapffere Gamaxus mit 40000 Reutern dahin begleitet würde; welches zubefodern Vologeses versprach / und doch nicht unangezeiget ließ / wo nicht ein vorsichtiger FeldHerr darüber gesetzet würde /dürffte das ganze Heer verlohren gehen; dann der Feind würde keines weges unterlassen / ihnẽ mit ganzer Macht auff den Leib zufallen; welches er zu dem Ende anzeigete / daß ihm schier heut oder morgen nichts ungleiches zugemässen würde. Worauff der König nur sagte: Er wüste schon / daß die Unglüks Weissagungen zum Ende gelauffen währen. Das verleihen uns die gütigen Götter / und daß ich doch auch einmahl zum Lügener werden möge / wornach mich bißher immer verlanget hat / antwortete Vologeses; ging hin / und zeigete Pakorus alles an / der grossen Verdruß dran hatte / daß der König keinen heilsamen Raht mehr annehmen / und überdas die wichtigsten Reichsgeschäffte mit seinen höchsten Bedienten nicht mehr bereden [146] wolte; hielt es vor ein Zeichen grossen Verblendung / und so bald er allein wahr / setzete er folgenden Brieff auff:

Ein auffrichtiger Freund / welcher vor diesem den Durchleuchtigsten GroßFürsten aus Teutschland / Hn Herkules gewarnet / sich denen nicht zuvertrauen / die aus Parthen sich gegen ihn freundlich stellen / kan vor dißmahl nicht umhin / vertraulichst anzudeuten / daß man sich vor Gifftmischer hüte die redlichen Helden den Tod in die Handschuch und Kleider / oder an Messer und DegenGefäß anschmieren werden. So lässet sich auch ein wildes Ungeheur finden / die beyden fremden Fürsten zum Kampff auszufodern / unter was Schein / kan man nicht erforschen. Der Schreiber dieses Brieffes scheuhet sich seinen Nahmen zunennen / und mit gewöhnlicher Hand die Buchstaben zu zihen; sendet aber dem Durchl. GroßFürsten zur Wieder geltung einen Ring / welcher am Finger getragen / allen gegenwertigen Gifft durch seine wasserbleiche Verenderung anzeiget / und verbleibet er Zeit seines Lebens dessen Durchl. ergebener geträuer Diener /


Der Auffrichtige.


Hiebey wahr ein ander Brief zum ümschlage / von ihm an Pharnabazus geschriebẽ / nebest den 60000 Kronen / welche die drey Teutschen wegen Intaphernes und seiner Gesellen zuheben hatten; vermachete die Gelder in 120 Beutel / und stellete sie so viel Reutern zu / welche Tag und Nacht reiten / und sie biß nach Persepolis an Fürst Pharnabazus überbringen musten; doch wolte er den Brief an Herkules niemand vertrauen / sondern versteckete ihn in einen schönen Sattel / welchen er auff seiner Handpferde eines legete / und einem Reuter befahl / es Fürst Pharnabazus zuzustellen / mit dem ers verspielet hätte. So bald diese in der Persichen HauptStadt anlangeten / ward das Pferd mit dem Neben-Schreiben alsobald Pharnabazus eingehändiget / welcher diese Worte drinnen fand:

Meiner Bürgschafft / mein Herr und Freund / währe ich gerne loß / deßwegen die wolgewonnenen Gelder in 120 Beuteln versiegelt übergeschikt werden / und ein Pferd / welches Euer Liebe zugestellet werden sol; der Sattel aber ist vor GroßFürst Herkules / denselben durchzublättern / und das gefundene in höchster geheim zuhal ten. Uns alle in den Schuz des Himmels befehlend / verbleibend sein williger


F.P.


Pharnabazus seumete sich nicht / nahm den Sattel mit sich nach Herkules / und gab ihn Libussen und Brelen auffzuschneiden / welche den Brieff samt eingelegten Ring bald funden / und verwunderten sich unsere Helden über dieses Fürsten Redligkeit / massen das geschriebene Merkzeichen den Uhrschreiber bald kund machete. Zween Tage hernach meldeten sich vier Hirkanische ädelknaben an / ihres alters von 18 Jahren / und erbohten sich / seiner Durchl. GroßFürst Herkules als Leibdiener auffzuwarten; sie währen bißher drey Jahr in Königl. Parthischen diensten gewesen / und von ihren Eltern schrifftlich vermahnet / ingeheim davon zureiten / damit sie nicht als Feinde des Vaterlandes dermahleins möchten gestraffet werden; denen sie billich gehorsamet / und sich hieher begeben hätten / ihrer Durchl. vor andern zu dienen; legten auch ihrer Eltern warhafte Schreiben auff zum Zeugnis. Valisken trug der Sinn nicht viel gutes zu /daher sagte sie auff Teutsch zu Herkules: Vielleicht haben die Gifftmischer sich schon eingestellet / und dürfte der Kämpfer auch nicht lange verweilen. Ey nicht so argwöhnisch / mein Schaz / antwortete er: Diese Jünglinge sind eines adelichen freimühtigen Gesichtes / haben auch ihrer Eltern schrifftliches Zeugnis / daß man von ihnen solche Untaht nicht muhtmassen kan / und wird Artabanus nicht wenig schmerzen / wann er hören muß / daß seine Auffwarter in unsere Dienste treten. Wendete sich hierauff zu ihnen / und ließ sie durch einen Handschlag angeloben / [147] daß sie from und geträu seyn wolten. Noch wolte die GroßFürstin nicht trauen / sondern befahl etlichen Bömischen Knaben / auff dieser Hirkaner tuhn und lassen gute acht zu haben; welche sich aber so scheinbar verhielten / daß Valiska selbst allen argwohn fallen ließ / weis sie nichts ungeheissen anrühreten. Gamaxus eilete nicht minder / sein Vorhaben ins werk zurichten / wuste nicht / wie er vor hochmuht gehen oder reiten wolte / weil ein Parthischer FeldHerr / nahmens Katenes mit 40000 Reutern ihm zur begleitung zugegeben wahr. Nun halte Artabanus gleichwol diesen Völkern ernstlich eingebunden / sich in kein Handgemenge zu wagen / es währe dann / daß Gamaxus nach erhaltenem absonderlichen Kampfe von Feinden solte überfallen werden. Nach der Hirkaner ankunfft / etwa fünff Stunden / ließ sich ein Parthischer Heerhold anmelden / er hätte bey Herkules und Ladisla eine Werbung abzulegen; und als er vorgelassen ward / fing er nach gebehtener verzeihung also an: Des grossen Königes Artabanus bestalter Kämpfer / Herr Gamaxus / der Sieghafte (diesen Nahmen hatte er in Indien erworben) übersendet den Durchleuchtigsten Fürsten Herrn Herkules uñ H. Ladisla diesen Absagsbrieff / welchen ihre Durchll. zu lesen unbeschweret seyn werden. Wer ist dann der bestalte sieghafte Kämpfer / H. Gamaxus? fragete Herkules / daß ich gleichwol seines tuhns und wesens etwas wissenschafft habe / ehe ich mich weiter einlasse. Der Heerhold rühmete ihn gewaltig; er währe zwar der ankunfft eines Bauren Sohn aus Indien / aber durch seine Tapfferkeit hätte er einen unsterblichen Nahmen überkommen / und mit dem Säbel den höchsten Adel erstritten. Ein Baur? ein Indianischer Baur? sagte Herkules; sol ich mich nun mit Bauren zudröschen? bald packet euch hinweg / mit eurem Bäurischen Absags-Brieffe / und saget eurem Könige / wann er selbst / oder irgend ein ritterlicher Fürst meines Bruders Ladisla oder meiner Haar begehret /sollen sie ihnen ungewegert seyn; aber einen unflätigen Bauren zu kämmen oder zu laussen / halte ich mich viel zu gut. Wisset ihr aber nicht / wer den Bauren die Absags-Brieffe an Könige uñ Fürsten zu stellen mag gelehret haben? ich möchte wünschen / dz ich einen groben Sachsen Bauren bey mir hätte / der solte ihm etliche gute Streiche mit dem Flegel zeigen /daß ihm sehen und hören verginge. Und ihr / Heerhold sollet wissen / dafern hernähst ein ander mir von Bauren Absags-Brieffe anbieten wird / sol er Streiche zu lohn tragen. Dieser muste mit solcher Antwort zu frieden seyn / und mit seinem Brieffe abzihen / da Valiska zu ihm sagte: Mein Freund / hat der Baurknecht auch eine seine starke Baurdirne bey sich / die ihm den Flegel oder die Mistgabel nachträget? Dieser muste des auffzuges selber mit lachen / und gab zur Antwort: Er wüste wol / daß Gamaxus nicht viel wählens machte unter dem Frauenzimmer / dann beydes in Städten und Dörffern währen sie ihm alle gerecht /wann sie nur frey stark währen. Wie er dañ der Unzucht überal ergeben wahr / daß er so wenig der Eheweiber als der unverheirahteten sich enthielt / dessen er bey Bagophanes ein Beweißtuhm ablegete; dann als derselbe ihn des Abends vor seinem abreisen auff des Königs befehl in seinem Hause zugaste bitten /und allerhand sachen mit ihm abreden muste / merkete er an dessen Gemahl Parasitis die buhlerischen Blicke / machte den guten Hoffmeister trunken / und erhielt sein Begehren leicht bey ihr / redeten auch miteinander ab / daß er nach seiner Wiederkunft Ursach zu Bagophanes suchen / ihn erschlagen / und sie wieder heirahten solte; wie sie auch von ihm mit [148] einem Sohn sol befruchtet worden seyn / bey welchem sie in der Geburt gestorben / der Sohn aber zum beschrihenen Mörder worden und auffs Rad geleget ist. Als Gamaxus sein Schreiben wieder bekam / und die Spotreden / welche ihm rund aus vorgetragen wurden / anhören muste / meinete er vor herzensprast zu bersten / biß die Zähne im Kopffe / verwendete die Augen / und stellete sich als ein Unsinniger. Katenes gab den Raht / daß der Heerhold mit abgewechselten Pferden auffs geschwindeste nach dem Könige ritte /umb zuvernehmen / wessen man sich weiters zuverhalten hätte; hingegen meynete Gamaxus mit seinem Frevel durchzubrechen / und noch einen Außfoderer abzuschicken; doch als er Herkules dräuungen vernam / ließ er sich bereden / daß dem Könige es heimgestellet würde. Vologeses und Pakorus (der schon wieder gehen kunte) wahren gleich bey Artabanus / da der Heerhold die Sache vortrug / und zu lacheten sich dessen rechtschaffen. Ihre Königl. Hochheit verzeihe mir gnädigst / sagete Pakorus / daß ich GroßFürst Herkules hierin nicht verdenken kan / sintemahl ich einem Baurenflegel nicht anders begegnen würde; währe demnach mein Raht / man liesse diese Außfoderung anstehen / dann eure Hocheit wird mit diesem Untihr nur Schimpff und Spott einlegen; ich meyne ja / man rede davon / wie der Unflaht hin und wieder die unzüchtigen Hurenwinkel durchlauffe; mag auch wol deren Weiber mißbrauchet haben / denen mans nicht zutrauet; solte aber ein solcher Gewissenloser wol rechtschaffene Tugend und Tapfferkeit an sich haben? Zwar den Bericht nach / sol er groß und schwer genug seyn; aber ich wette / daß GroßFürst Herkules ihm durch seine vorsichtige Ringfertigkeit werde überlegen seyn / und ihn vom Brodte tuhn. Er sey Tugendhafft oder nicht / antwortete der König; wann er nur leistet / was unsere Tugendhafte nicht geleistet haben; ist er dann gleich ein Baur von geburt / solches kan ihn nichts hindern / und wollen wir ihn schon zum Fürsten in OberMeden erklären / daß die Teutschẽ nicht Ursach haben / diesen Kampff abzulehnen. Die Schimpfrede ging ihnen beyden sehr zu Herzen /gaben auch dem Könige zuverstehen / daß ihre Träue und untertähnigkeit gegen ihren König viel grösser währe / als daß sie durch solche Worte sich wolten geschmähet halten / wolten aber nicht desto weniger ihre Königl. Hocheit geträulich warnen / daß sie gegen andere sich dessen mässigen wolte / es möchte sonst deren Herz dadurch von ihrer Hocheit abgewendet werden. Uberdas würde der König es reiflich überlegen / ehe er den Kämpffer zum Fürsten machete / daß nicht die Auffrührer und andere anlaß bekähmen außzuschreihen / der König verschenkete die Fürstentühmer den verlauffenen Indianischẽ Bauren /und die geträue Reichssassen nicht zugleich unwillig würden / daß der grobe Flegel ihen solte vorgezogen werden. Ich vor mein Häupt / sagete er / begehre nichts mehr / als ich schon habe und besitze / aber wie lange hat Oxatres dessen Königl. Zusage gehabt /und ist doch sein nie gedacht worden / als wann er wegen des Vaterlandes hat mühe und arbeit über sich nehmen müssen. Ey so sind wir gleichwol noch König / sagte Artabanus / und werden trauen unsern Worten Kraft geben können / wo wir sonst nicht nur bitsweise und als ein Afterköniglein herschen; deßwegen halte nach diesem ein jeder ein mit dergleichen unerheblichen einwürffen / damit wir nicht gezwungen tuhn und vornehmen müssen / was uns selbst leid seyn würde. Eure Königl. Hocheit fahre nach belieben /sagte Pakorus / aber sie werden erfahren / daß Pakorus ein redliches Herz gegen den Parthischen Stuel träget; [149] solte er aber drüber in Ungnade und Gefahr fallen / so muß ihm endlich gleich gelten / ob sein Blut durch Feindes oder seines Königes Hand vergossen wird; er wird doch nit nachlassen / so lange er lebet / eurer Hocheit bestes zu rahten. Solches sol ihm mit allen gnaden vergolten werden / sagte Artabanus; Aber in diesem Stük / welches dem Reiche nicht schädlich / oder wol ersprießlich seyn kan / wollen wir unsern Willen haben; ließ auch ein Königliches Schreiben unter seiner Hand und Pitschaft auffsetzen /in welchem er Gamaxus vor einen Fürsten in OberMeden erklärete / nebest der Verheissung / daß ihm nach erhaltenem Siege ein Heer von 60000 Mann solte untergeben werden / damit er das Fürstentuhm einnehmen könte. So bald der grobe Dröscher dieses Schreiben empfing / ließ ers vielmahl abschreiben /und hin und wieder anschlagen / legte auch eine Abschrifft bey seinen andermahligen Außfoderungs Brieff / welchen er unsern Helden zuschickete.

In Persepolis stund ihnen ein ander Unglük bevor /welches bloß allein Gottes barmherzigkeit von ihnen abwendete; dann es hatten die vier Hirkaner in erfahrung bracht / daß ihre Herren den Kampff wieder Gamaxus abgeschlagen hatten / auff welchen Fall sie befehlichet wahren / ihr Vorhaben mit erster gelegenheit ins Werk zurichten / wurden auch eines gewissen Tages eins / an welchem sie ihrer Herren Stieffeln oder Handschuch dergestalt inwendig salben wolten /daß nach verfliessung 48 Stunden sie keine mehr anlegen solten. Einer unter ihnen / nahmens Bazaentes /hatte an Herkules Freundligkeit sich so sehr verliebet / daß ihn unmöglich dauchte / diese Mordtaht zu volbringen / währe auch ewig schade / daß ein solcher lieber Herr so jämmerlich umbkommen solte; beschloß deßwegen die lezte Nacht festiglich / es zuoffenbahren / und seinem Herrn das Leben zuretten / was hart verbindliche Verheissung er gleich dem Könige getahn hatte; machte sich zu Tyriotes / und baht ihn / die GroßFürstin zubewägen / daß sie ihn absonderlich / ohn seiner dreyen Gesellen vorwissen zu sich fodern liesse / nachdem ihrer Durchl. er etwas vorzutragen hätte / welches keinen Verzug leiden wolte. Dieser wahr willig ihn anzumelden / und kam bald hernach ein Persischer Knabe / welcher ihn zu der GroßFürstin foderte / gleich da die andern ausgangen wahren / alles nöhtige zu ihrer Flucht fertig zu machen. Als er zu ihr ins Gemach trat / schossen ihm die Trähnen in die Augen / baht untertähnigst / sie möchte die Anwesenden abweichen heissen / setzete sich hernach auff die Knie / und fing mit weinender Stimme also an: Durchleuchtigste GroßFürstin / ich armer Sünder / der ich aus unbedachtsamen Frevel ein abscheuhliches Bubenstük zuverrichten / auff mich genommen / komme / dessen gnädigste verzeihung zu bitten / und das übel abzuwenden / ehe und bevor es von andern volführet werde / die sich dessen nicht bereden können / daß es bößlich gehandelt sey. Alsbald gedachte sie / es würde die Vergifftung antreffen /welche sie schon aus dem Sinne geschlagen hatte /und antwortete ihm gnädig also: Mein Bazaentes / du tuhst sehr wol / daß du das böse bereuest / ehe es vollendet wird / und erzeigest hiedurch dein auffrichtiges Herz / welches von untugend zwar kan angesprenget / aber nicht überwunden werden; daher du dich nicht allein gänzlicher verzeihung / sondern grosser überwichtiger Gnade wol versichern magst / wann du nur redliche anzeige tuhst / damit das böse / ehe es volbracht wird / abgewendet / und gleichwol kein unschuldiger verleumdet werde. So stehe nun auff / und offenbahre mir kühnlich / was du auff dem Herzen hast. Hierauff fing er an zuerzählen / was gestalt [150] Artabanus ihn und seine drey Gesellen mit herben Gifft ausgerüstet hätte / König Ladisla und GroßFürst Herkules damit hinzurichten / wovor jedem eine freye Herrschaft zugesaget und verbriefet / auch aus dem Königl. Frauenzimmer die Wahl der schönsten Jungfrauen versprochen währe / die Bagophanes ihnen schon gezeiget hätte. Nun wolte er aber / nachdem ers recht erwogen / lieber seine ganze Lebenszeit im Elende zubringen / als dieses Bubenstük begehen; meldete hernach / daß sie verabscheidet hätten / da sie der Stiefeln heut nicht könten bemächtiget seyn / die Handschuch heut über der Mahlzeit inwendig zu vergifften / und währe die Salbe der Wirkung / daß wann sie die Haut nur berührete / der Mensch ohn alle Hülffe nach Verlauff 48 Stunden des Todes seyn / und inzwischen unsägliche Schmerzen ausstehen müste. Valiska stellete sich / als hätte sie dessen nie keinen Argwohn gehabt / hieß ihn schweigen / und aller Gnade gewärtig seyn / ging nach ihres Bruders Gemach / woselbst sie auch Herkules und Fabius fand / und redete sie mit nassen Augẽ also an: Meine allerliebste Herzen; billich fallen wir auff die Knie / und danken unserm GOtt und Erlöser vor seine unaussprechliche Barmherzigkeit / daß er mir gleich diese Stunde die teuflische Vergifftung kund werden lassen / welche heut diesen Tag an meinem Bruder und Gemahl hat sollen erfüllet werden / und man sie menschlicher Vernunfft nach nicht hätte meiden noch verhüten können. Sie entsetzeten sich alle / höreten der Erzählung fleissig zu / und rahtschlageten / wie den Sachen ferner zu tuhn währe; wurden endlich eins / die vier Hirkaner neben vier Böhmischen bey der Mahlzeit auffwarten zulassen / und ihnẽ vorsezlich / doch als ohngefehr die Handschuch hinzureichen / daß sie auff scheinbahrer Taht ergriffen / desto besser überzeuget /und hernach absonderlich wegen des Anstiffters befraget werden könten / welches dem Parthischen Wüterich unabwischlichen Schimpff geben würde. Fabius ward von ihnen nach Pharnabazus gesendet / er möchte unbeschweret zur Mahlzeit kommen / weil etwas wichtiges würde zubereden seyn. Sie aber setzeten sich auff die Knie / hielten ihr andächtiges Gebeht zu Gott / und danketen ihm vor diese unaussprechliche Gnade / daß er des einen Herz gelenket / und zur Bekantniß angetrieben hätte / bahten auch ihren Heyland / er wolte sich ihrer ferner annehmen / und sie frisch und gesund in ihr Vaterland führen. Hernach verwieß Valiska ihrem Herkules seine Leichtgläubigkeit / und daß er ihre erste Warnung so gar in den Wind geschlagẽ; man müste nicht alles vor Gold halten / was da schimmert; die Boßheit könte ja so wol / und viel besser unter auffrichtiger äusserlicher Gestalt / als niedergeschlagenen Augen verborgen liegen. Als sie zur Mahlzeit gingen / machten sie Artaxerxes und an dern anwesenden Fürsten den schändlichen Meuchelmord zuwissen / der mit seinem Anstiffter äusserst verfluchet ward. Die Hirkaner stelleten sich hinter ihre Herren zur Auffwartung / an denen man die geringsten Zeichen einer Verenderung nicht merken kunte / und da sie die Handschuch nebest den Schwertern empfingen / trugen sie alles in ein NebenGemach; Weil sie sich nun daselbst allein befunden / und Bazaentes auff die Schildwache stelleten / strichen sie den Gifft unvermerket hinein / da Fabius in Geselschafft seinen Teil auch bekam. Bey wehrender Verrichtung sagte einer zu dem andern: Heut wollen wir unser Glük verdienen / und ein mehres leistẽ / als Fürst Vologeses mit 500000 Mann nicht vermocht hat; Du aber / sagte einer zu Bazaentes / solt dieses Ruhms nur halb geniessen / weil du nicht Hand mit angeleget hast. Dieser gab [151] lachend zur Antwort: Ich hoffe noch den besten Preiß davon zutragen / weil ich ihnen den Gifft zustellen wil. Nach verrichtetem Bubenstük traten sie mit ernstlichem Angesicht vor den Tisch / und gingen mit flüchtigen Gedanken umb / des Vorsatzes / so bald sie sehen würden / daß sie ihre Handschuch würden angezogen haben / zu ihren Pferden zulauffen / welche sie nicht weit vom OstenTohre in ein Hauß gezogen hatten / vorgebend / sie solten mit etlichen Herren auff die Jagt reiten. Unter der Mahlzeit befahl Artaxerxes alle Diener abzutreten / weil man geheime Sachen zu bereden hätte / welches niemand argwöhnisch machte / weil es offt zugeschehen pflag. Weil sie nun nicht wissen kunten / ob die Beschmierung geschehen währe / stund Valiska auff / ging nach ihrem Gemache / und hieß Bazaentes und zween Böhmische Knaben mit ihr gehen / deren jedem sie eine Schachtel zu tragen gab / als wolte man etliche Sachen heraus nehmen / und sagte sie zu dem Hirkaner: Mein Sohn / ist der Anschlag zu werke gerichtet / so sage mir die Warheit. Ja Durchl. GroßFürstin / antwortete er; sie haben den Tod in meiner gnädigstẽ Herren / und Herrn Fabius Handschuch geschmieret. Gab ihr hernach sein Gifftbüchslein / und deutete an /man würde ein gleichmässiges bey ällen dreyen finden; überdas stünden ihre Pferde gesattelt / allernähest beym Tohr in der Herberge zum gülden Löuen. Beweißtums gnug / sagte sie / schweige nur stille /und verrahte dich selber nicht; ging hinter diesen dreyen her / nam ihnen die Schachteln ab vor der SaalTühr / und nachdem sie der Geselschafft bericht getahn hatte / ließ sie durch die drey Hirkaner die Schachteln in Libussen Begleitung wieder nach ihrem Gemache tragen. Bald darauff wurden die Diener sämtlich wieder herein geruffen / uñ taht ihnen Valiska Befehl / so bald man mit den Hirkanern reden würde / solten sie acht auff ihre Hände geben / damit sie weder sich selbst noch andere zu verletzen Gelegenheit hätten; doch hielt man ein / biß die Speisen abgetragen wahren / und Phraortes die drey Hirkaner (den vierden hatte man vorsezlich weggeschikt) vor sich foderte / welche er fragte / ob sie den Bauren Gamaxus bey Artabanus nicht gesehen hätten; auch was sonsten neues nach verlohrner Schlacht vorgangen währe. Der fürnehmste unter ihnen / nahmens Trountes / antwortete: Sie wüsten von keinem Gamaxus zusagen / und hätte der König sich gar freudig gestellet / als ob er die Schlacht gewonnen / zweifelte auch nicht / er würde sich mit sehr grosser Macht bald wieder zu Felde begeben. Du redest sehr gut Parthisch / sagte Phraortes / und solte mich dieses fast bewägen / einem vertraulichen Schreiben Glauben beyzumessen / in welchem ich von Charas aus berichtet werde /Artabanus habe etliche verwägene Buben durch grosse Verheissungen auffgemacht / die sich eines ungläublichen Bubenstüks unterfangen würden; seyd ihr nun dieselben / so bekennet es / weil die GnadenTühr offen stehet / alsdann wird man den gelindesten Weg mit euch gehen; im widrigen dürffte es hernach scharffe Abstraffung geben; ist aber die Unschuld auf eurer Seite / sol euch meine Warnung an euren Ehren hernähst unschädlich seyn. Vorerst aber kömt mir sehr verdächtig vor / daß ihr alle vier es so zugleich soltet eins worden seyn; Vors ander / sehe ich keine wichtige Ursachen / warumb ihr eben euch hieher begeben / dessen ihr ja in eurer Eltern Schreiben keinen Befehl habet / wisset auch keine Beleidigung anzuzeigen / damit euch Artabanus zur Flucht bewäget hätte; und welches das vornehmste ist / redet ihr sein bestes nach Vermögen / da ich das Widerspiel viel besser weiß. Die Jünglinge stelleten sich freidig; sie wären[152] Hirkanisches Adels / und nicht der Meynung / ihrem ehrlichen Geschlechte einigen Schandflek anzuwerffen / bähten untertähnigst / Ihre GroßFürstl. Durchl. wolte sie des ungleichen Verdachts gnädigst entheben / oder zum wenigsten bey ihrem gnädigsten Herrn ihnen Erläubniß erwerben / in ihr Vaterand zuzihen. So wisset ihr euch alles bösen Vornehmens so gar frey und unschuldig? sagte Phraortes. Ja / gnädigster Herr / antworteten sie / wolten auch lieber sterben /als unzimliche Sachen vornehmen. Phraortes lachete ihrer Ernsthafftigkeit / und sagte: O wer sich warnen liesse / ehe er überzeuget würde; dann hernach wird es viel zu lange geharret seyn. Diese drey sahen sich untereinander an / und mißdauchte sie Bazaentes Abwesenheit / wolten sich doch selbst nicht verrahten /sondern bahten / ihr vierder Geselle möchte zur Verantwortung dieser schweren Auflage auch gefodert werden. Aber Phraortes gab zur Antwort: Seyd ihr drey from / so wird der vierde wol mit from seyn; oder ist er schlimmer als ihr / dann haben wir an euch dreyen schon mehr als gnug; wiewol euer Geselle nach befindung eben so wenig als ein ander frey ausgehen sol. Machet euch aber hin / und hohlet die drey par Handschuh her / daß sie euer gerühmeten Unschuld Zeuge seyn. Was vor Handschuch / gnädigster GroßFürst? fragete Trountes / der gewöhnliche Worthalter. Du stellest dich sehr fremde / sagte Phraortes; Ich fodere dieselben / welche ihr ins NebenGemach getragen / und sie daselbst mit einem wolriechenden /Sälbelein bestrichen habt. Der eine wahr willens zubekennen / und umb Gnade zu bitten / weil er hörete /daß die Sache verrahten wahr; aber Trountes fing seiner Verwägenheit nach an: Hat etwa Bazaentes / der dabey nistelte / etwas daran geschmieret / wovon mir gleichwol nichts bewust ist / so straffe man ihn; ich und meine Gesellen wollen gern selbst mit Hand anlegen. Bistu da zurissen / sagte Phraortes / so muß Meister Hämmerlein über dich kommen; und meynestu Bube / diese HochFürstl. Geselschafft werde sich durch deine schlauhe Verstellung hintergehen lassen? Hierauff wurden die anwesende Diener befehlichet /ihnen die Kleider zubesuchen. Worauf der eine / nahmens Orontes / alsbald einẽ Fußfall taht / legte sich auff die Erde / und rief immerzu / Gnade / Gnade! die anderen beyde aber sträubeten sich / zücketen ihr Brodmesser / und traten dem Tische näher / des willens / unsere beyde Helden zuerstechen; aber die anwesende Diener begriffen sie / brachen ihnen die Messer aus den Fäusten / und wurden drey Böhmische darüber verwundet. Die Fürstliche Geselschafft kehrete sich nicht groß dran / und wurden etliche Trabanten hinein geruffen / welche die Buben mit Stricken bunden / und Herkules ihnen nochmahl zu reden erlaubete; Worauff der vorige zu seinem MitSchelme / nahmens Mazezes sagte: Mein redlicher Geselle und lieber Bruder / du sihest und hörest / daß der meinäidige Bazaentes zum Verrähter worden ist / wie ich allemahl gefürchtet / und der furchtsame Orontes das Herz verlohren hat; Laß uns aber geherzt sterben /nachdem wir nicht länger glüklich leben / noch unserm allerliebesten Könige weiter dienen können; wir wollen trauen weder Aufrührer noch Abtrünnige werden / sondern deren Boßheit vielmehr verfluchen. Den Fürsten ging solche Schmach durchs Herz / und befahl Artaxerxes / daß sie drunten im Vorhofe am ganzen Leibe mit Ruhten biß auffs milde Blut gestrichen / hernach in absonderliche Gefängniß gelegt / und auff der Folter stränge solten gezogen werden; da man die Gifftbüchslein bey ihnen fand / und ihre Uhrgicht mit Bazaentes Bekäntniß ganz überein stimmete. [153] Orontes gestund alles gutwillig / und erlangete durch Herkules Vorbitte die Gnade / daß er auff vier Jahr in einen Thurm gefangen gelegt ward / seine Sünde aldabey geringer Speise zubüssen / und nachgehends milderer Gnade gewärtig zuseyn. Ihre gesamte Bekäntniß ging dahin / daß ob zwar der König selbst sie zu solcher Taht vermocht / hätte doch Bagophanes und sein Weib durch Reiz- und Verheissung sie immer hefftiger getrieben / biß sie ihre Träue mit hohen Beteurungen angelobet / und sich behäglich erkläret hätten. Artaxerxes sprach den beyden boßhafften die Urtel / der Gifft solte ihnen angeschmieret / und sie hernach /weil sie noch lebeten / auffs Feuer gesetzet / und zu Aschen verbreñet werden; welches des folgenden Tages den Anfang nam; da sie alle drey auff eine Stellung geführet / und ihnen die Uhrgicht vorgelesen ward / welche sie beständig bejaheten; worauff Orontes öffentlich um Gnade bitten / und vor die schon erlangete danken muste / ward auch darnach hingebracht / seine bereitete Herberge zubewohnen. Den andern beyden wurden Hände uñ Füsse mit ihrem Gifft gesalbet / welcher sie diesen und folgenden Tag erbämlich peinigte. Bazaentes ward hernach vor die gesamte Fürsten geführet / und von Valisken also angeredet: Mein Sohn / du solt dich erinnern der Verheissung / so ich dir wegen deiner Anzeige getahn habe /und demnach an meinen Gemahl eine Vergeltung untertähnig begehren / welche dir geleistet werden sol. Dieser fiel auff die Knie / fing an bitterlich zuweinen /und baht durch alle Götter / ihm vorerst seine vorgenommene Missetaht gnädigst zuverzeihen; hernach vor Artabanus ihn Verfolgung zuschützen; und endlich / daß GFürst Herkules ihn entweder Zeit seines Lebens in Dienst behalten / oder in abgelegenen unbekanten Landschafften Lebensmittel verschaffen wolte / damit er nicht wieder vor seines Vaters Augen kähme / als welcher ihn wegen der vorgenommenen Ubeltaht ungezweifelt selbst erwürgen würde / weil er Fürst Menapis geheimter Raht / und dem Parthischen Wüterich biß auff den Tod gehässig währe; Dafern er nun diese dreyfache hohe Gnade erlangen könte /schätzete er sich glükselig gnug / und wolte Zeit seines Lebens es in untertähnigstem Gehorsam erkennen. Die Fürsten hiessen ihn einen Abtrit nehmen / rühmeten hernach seine rechtschaffene Erkäntniß / und nam ihn Herkules an vor seinen HofJunker / hielt ihm auch einen Leibknaben und zween reisige Knechte sampt vier Reitpferden und so viel Gutschpferden / und vermachte ihm monatliche Bestallung 1000 Kronen; so schossen der Medische / Persische und Susianische Fürst 80000 Kronen zusa en / und Gallus brachte ihm bey den KriegsObristen auch so viel zuwege /welches alles er wider seinen Willen zu sich nehmen muste; Weil dann Libussa gemerket hatte / daß er der GroßFürstin Valiska neu angenommene ädle KammerJungfer / die schöne Laudize geneñet / gerne sahe / welche ein Jungfräulein von 15 Jahren wahr / befoderte sie es / daß sie ihm zur Ehe versprochen ward. Sechs Stunden vor der verurteileten Verbrennung kam abermahl ein Heerhold von Gamaxus an / welcher vor des Gerichts Volstreckung / dem er selbst beywohnen muste / nicht gehöret ward; da er dann anhörete / was gestalt nach wiedergehohlter Uhrgicht Artabanus der Parthische Wüterich vor einen unredlichen Gifftmischer dreymahl ausgeruffen ward; nach welcher Verrichtung man ihn vortreten ließ / da er dieses anbrachte: Der Durchleuchtige Fürst in OberMeden /Herr Gamaxus der Sieghaffte / hat an die Durchl. Fürsten / Herrn Herkules und Herrn Ladisla mich abgefertiget / und ihnen dieses Schreiben einzureichen /[154] mir gnädig anbefohlen. Wie nun zum Henker / sagte Ladisla / ist der Baur so schleunig zum Fürsten / und zwar zum Fürsten in Meden worden? O ihr ädlen Meden / ist euch von dem Gifftmischer Artabanus so schwere Straffe zugemässen / daß ein fremder Baur über euch herrschen sol / so wird euch hart genug gefluchet seyn; aber saget mir doch / Heerhold / wie komt ihr darzu / daß ihr diesen Bauren vor einen Fürsten in Meden scheltet? sehet ihr den wahrhafften GroßFürsten in Meden nicht hie gegenwärtig sitzen /und seinen Erben nicht weit davon? Ich habe dieses nicht zurechtfertigen / antwortete er / nachdem mein allergnädigster König ihm den Nahmen aufgetragen hat / und mir anbefohlen ist / ihn also zuneñen. Phraortes sagte mit einem Gelächter: Artabanus der Giftmischer verschenket mein GroßFürstentuhm / und weiß nicht / wie lange er seinen Stuel besitzen sol; währe ich aber mit ihm allein im freyen Felde / müste er mir deswegen Rechenschaft geben. Weil nun dieser hierauff nicht antworten wolte / nam Herkules das Schreiben / hieß den Abgesanten abtreten / und verlase diesen Inhalt öffentlich:

Gamaxus der Sieghaffte / erhobener und bestetigter Fürst in OberMeden / der bißher 18 Jahr lang seinen Säbel gebraucht und denselben nunmehr unüberwindlich gemacht / nachdem er ihn niemahls / als nach erhaltener überwindung in die Scheide gestecket; hat die schimpfliche Antwort des rasenden Teutschen Fräulein Diebes abwesend vernommen / die er gegenwärtig von seiner zwanzigen nicht ohn ihrer Zermalmung würde angehöret haben. Damit er nun solchen Frevel gebührlich abstraffe /und die verwägene Lästerzunge hemme / fodert er denselben nebest seinem Gesellen Ladisla / der nicht umb ein Haar besser als er selbst ist; auch Artaxerxes den abtrünnigen Persen / und Phraortes den vermeynten Medischen Fürsten ritterlich aus / daß sie alle vier zugleich auff dem Platze / welchen mein Abgesanter benennen wird / erscheinen / die ich allesamt in einem Kampffe bestehen /und sie mit vier Streichen mitten von einander spalten wil. Solte ihnen aber vor meinem durchdringenden Säbel grauen / daß sie mir zuentlauffen meyneten / wil ich nicht allein sie vor verzagete Buben durch alle Morgenländer ausruffen und öffentlich anschlagen / sondern sie zuverfolgen nicht ruhen / biß ich sie ertappen / und mein Herz durch billiche Rache befriedigen werde / wann gleich biß in den unachtsamen Winkel Teutschlandes ich ihnen nachreiten müste / massen der Weg dahin / so wol den herzhafften als verzagten offen stehet. Solches dräuet /uñ wird unfehlbar vollenden FürstGamaxus der Sieghafte.

Dieser ist ohn zweiffel noch einer von den Himmel-Stürmern / sagte Herkules nach verlesung / und hätte ich nie gemeinet / daß in einem Menschen ein so unbesonnener Frevel stecken könte; sehe aber / daß er sein Maß erfüllet / und der Almächtige Gott diesen übermuht länger nicht dulden wil; wollen demnach meine Herren mir volmacht geben / ihm eine Antwort zuerteilen / die ich mit der hülffe meines GOttes zubehäupten willens bin / hoffe auch nicht / daß mich Gott deßwegen aus so mannicher Gefahr errettet habe / daß ich von diesem Bauren solte erschlagen werden. Als ihm nun dessen vollige Gewalt eingeräumet ward /nachdem man dem Abgesanten auff Herkules begehren die Straffe gelindert hatte / war derselbe hinein geruffen / zu welchem Herkules sagete: Heerhold / des ungeschlieffenen Bauren Gamaxus Feder ist gewaltig grob geschnitten / und sihet man wol / daß ihm der Flegel oder die Mistgabel besser als an Fürsten zu schreiben / anstehe. Wann diese HochFürstliche Geselschaft meine Vorbitte nicht hätte wollen gelten lassen / hätten sie Ursach gnug / euch an den Galgen zu henken / daß andere eures gleichen abscheuh bekähmen / sich vor solche Brieffeträger bestellen zu lassen. Aber der bäurische Garsthammel ist unsers Zorns nicht wirdig / welches euch zur Lebensfristung dienen muß / jedoch / dafern ihr [155] euch gleich alsbald ohnwegerlich durch einen äid verbinden werdet / daß ihr auff der Rükreise nichts durchaus / als Wasser und grob Bauren-Brod / welches man euch zustellen wird / geniessen / und so bald ihr vor dem Stadtohr ankomt /da der Baur sich auffhält / ihr euch auff einen Esel rüklings setzen / gleich also biß zu diesem Bauren reiten / und ihm diese Mistgabel und DröscheFlegel im nahmen unser aller zustellen / auch diese Antwort ihm sagen wollet: Ob der Bauren Unstaht zwar billiger durch Henkers / als eines Fürsten Schwert solte abgestraffet werden / wil ich doch am fünfften Tage von diesem an zu rechnen / auff bestimmetem Platze erscheinen / und versuchen / ob ich seine ungespitzete Bauren Feder mit meinem Schwerte nicht beschneiden / und ihm die ruhmrätige Ochsenzunge spannen könne. Werdet ihr aber euch dessen zu verbinden nicht willig seyn / so stehet der Büttelknecht haussen vor dem Schlosse / welcher euch an den Galgen knüpften sol. Dieser entsetzete sich vor der Straffe /wahr willig den äid zu leisten / und alles geträulich zu verrichten; nur allein baht er / ob die Antwort ihm nicht schriftlich könte gegebẽ werden. Aber Herkules gab ihm zum abscheide dieses: Bald packe dich / und bilde dir nicht ein / daß einiger Fürst mit einem bengelichten Baurwocken werde Schreiben wechseln. Also muste dieser abzihen / und auff der Reise sich kü erlich gnug behelffen / da ihm ein lahm geschossener Parthischer Gefangener zugegeben ward / welcher ihm den Flegel tragen / er aber selbst die Mistgabel zu sich nehmen muste.

Frau Atossa hatte nunmehr sich zur Reise nach Meden fertig gemacht / und mit Arbazes die Eheteidung mit Frl. Tarinea geschlossen / wolte auch des folgenden morgens in Geselschaft etlicher Medischen Herrn fortzihen; aber durch neue Wiederwertigkeit ward sie noch vier Tage auffgehalten; dann Herr Pharnazes / des Assyrischen Fürsten Armamethres Bruder Sohn / der von grossen mitteln / und in letzter Schlacht sich wolgehalten hatte / auch nach seines Vettern tode der näheste Erbe dieses Fürstentuhms wahr / verliebete sich hefftig in sie / uñ als er sahe /daß sie hinwegwolte / brach die Begierde seine Furcht / daß er sich an GroßFürstin Saptina machete / ihr seine Liebe zuwissen taht / und fleissig anhielt / ihm diese Heyraht zu werben; es stünde ihm auff der eile zwar nicht / wann nur nach abgelegter trauer ihm kein ander vorkommen möchte. Weil diese ihm nun gute vertröstung gab / und allen ihren fleiß versprach /zweiffelte er am guten verfolg weiter nicht / stellete ihr auch ein köstliches Kleinot zu / es Fr. Atossen seinetwegen einzureichen. Die GroßFürstin wolte diese Gelegenheit nicht verabseumen / setzete nach gehaltenem Abendmahle sich zu ihr / und meldete an / es fielen wichtige Ursachen ein / daß man ihr abreisen noch nicht einwilligen könte; sie solte den Unfal ihres Seel. Gemahls bey seit setzen / die Götter wolten ihren Willen haben / und könte geschehen / daß sie nach dieser trübsaal ein höher Glük als vorhin zugewarten hätte. Fr. Atossa fürchtete sich alsbald / sie ginge mit neuen Heyrahtsgedanken umb / wovor sie den Tod zuwählen bedacht wahr / und antwortete: Der Himmel hätte den grösten teil ihrer Fröligkeit hinweg genommen / und währe billich / daß sie den Tod ihres Seel. Gemahls betraurete / welcher ja von dem Tähter selbst betrautet würde; bähte demnach untertähnig /sie nicht auffzuhalten / weil ihr nach ihrer betrübten Fr. Mutter höchlich verlangete / und dieser frölichen Geselschaft mit ihrer wehmühtigen gegenwart nicht gedienet währe. Euer Mutter / sagte die GroßFürstin /gehets noch wol / [156] und wann gleich dieselbe nicht währe / so wil ich bey euch ohndas Mutterstelle vertreten / weil ich schon weis / daß ich eine gehorsame Tochter an euch habe / gehe auch schon damit umb /wie ich euch zu höherem Glücke verhelffen möge / als eure leibliche Mutter nicht tuhn kan; wollet demnach auff mein begehren euch förder nicht wegern / bey mir zuverharren / weil es einig nur zu euer wolfahrt angesehen ist; und was dünket euch? hättet ihr mir nit zu danken / wann ichs fügete / daß ihr dereins auff einem Fürsten Stuel sässet. Dieser Ehre schätze ich mich allerdinge unwirdig / antwortete sie / und weil es nicht anders als durch heiraht geschehen würde / gebühret mir nicht darauff zu antworten / nachdem ich meinen lieben Ehegatten / des GroßFürsten so nahen Anverwanten erst vor weniger Zeit verlohren habe; bedanke mich nicht destoweniger gegen eure Durchl. untertähnig / der gänzlichen zuversicht gelebend / sie werde meine Antwort vielmehr gut heissen als tadeln /und vissen die Götter / daß ich zu solcher Hocheit weder Sinn noch willen trage / wann ichs gleich erlangen könte. Fr. Saptina wolte nicht ablassen / und durfte gleichwol ehrenhalben so stark nicht in sie dringen / doch als diese in steter wegerung blieb / und sie ihr gleichwol das Kleinot gerne beygebracht hätte / sagte sie endlich: Geliebte Tochter / ihr sollet mit mir nicht als mit einer fremden umbgehen; euer redliches Gemüht ist mir gnug bekant / und daß ihr meinen Oheim Seel. auffrichtig geliebet; weil ihr aber noch sehr jung seid / und unmöglich / eure übrigen Tage einsam zuzubringen / muß man trauen des Glückes anbieten nicht außschlagen; ich gehe damit nicht umb / daß ich eure gebührliche trauerzeit stören oder kürzen wolte / nur allein / daß nach verflossenen Wochen ihr wieder mit einem wirdigen Gemahl möget versehen seyn; derwegen lasset euch rahten / und gebet eine andere Erklärung von euch / wie ich mich dessen zu euch versehe; da ist Pharnazes nähester Erbe des Fürstentuhms Assyrien / welcher euch sein Herz zugewendet / und umb eheliche Heyraht ansuchet / dem kein Fürst in diesen Morgenländern sein Fräulein versagen würde. Sehet da / beweißtuhms gnug / daß er euch in ehren meinet / weil er keine falsche Kuplerin / sondern mich / eure nahe Anverwantin gebrauchet / und mir dieses Kleinot eingehändiget hat / euch zum Zeichen inbrünstiger gewogenheit zu liefern; nicht dz er gleich diese Stunde mit dem Beylager gedenket fortzufahren / sondern nur versichert seyn mag / daß nach abgelegter trauer ihr die seine seyn wollet. Fr. Atossa wuste vor angst nicht zubleiben; sie durfte die GroßFürstin nicht erzürnen / und wolte doch vielweniger das Kleinot nehmen; endlich fassete sie einen Muht und antwortete: Durchleuchtigste GroßFürstin; hat Pharnazes auff Artobarzanes Tod gehoffet / als dann sol er nun und nimmermehr an meine Seite kommen; treibet ihn aber sonst eine ehrliebende Gewogenheit / so weiß ich ihm dessen fleissigen dank; aber daß ich mich ihm versprechen /oder einiges Geschenke jetziger Zeit schon von ihm annehmen solte / bin ich keines weges gesinnet / in betrachtung er hernach selbst mirs vor eine grosse Leichtfertigkeit außdeuten würde. Haben die Götter es versehen / wird es wol geschehen müssen / wiewol ich wieder zu heirahten nicht willens bin. Valiska verstörete dieses Gespräch durch ihre ankunft / welches Atossen sehr lieb wahr / aber des folgenden morgens /da Herkules mit seiner grossen Geselschaft nach den Parthischen Grenzen auffbrach / kunte ihr die Reise nicht zugelassen werden / wiewol es ihr Glük wahr /daß Pharnazes mit fort muste; und ob gleich die GroßFürstin sich sehr bemühete / sie biß auff [157] dessen Wiederkunft auffzuhalten / muste sie doch endlich nachgebẽ / daß sie nach ihrer Mutter saht / und gleichwol weder durch gelinde noch harte Reden es dahin bringen kunte / daß sie ihr das Jawort hinterlassen / oder das Kleinot angeno en hätte. Surinas wahr nunmehr an seinen Wunden genesen / wuste auch den Weg den sie zihen würde / und wartete ihr mit 30 Reutern auff den Dienst; es dauchte ihn ihr verweilen einige Gefahr auff sich haben / weil die Abrede anders lieff / und als sie mit ihrer begleitung 200 Pferde stark in den Medischen Grenzen anlangete / schikte sie ihre Völker biß auff 12 Mann alle wieder zurücke; traff des andern Tages hernach ihren Liebsten in einer Abendherberge unvermutlich an / dessen sie halb erschrocken halb frölich wahr. Sie erzähleten einer dem andern ihre begebnis / und auff sein unablässiges anhalten / verehelichte sie sich mit ihm völlig / doch in grosser stille und geheim / da er sie unter dem Schein ihrer nahen verwantnis biß an ihrer MutterSchloß begleitete / und sich in der nähe bey ihrer nahen verarmeten Anverwantin auffhielt / welche wegen der statlichen verehrungen / die ihr von beyden teilen zukahmen / ihnen zu dienste wahr / daß sie fast täglich beyeinander wahren.

Dem auffgeblasenen Gamaxus ward in der Parthischen Grenzestad angemeldet / was gestalt sein Abgesanter vorm Tohr sein Pferd umb einen unflätigen Esel verwechselt hätte / und auff demselben rüklings daher ritte / so daß er auff einer Schulder eine Mistgabel / auff der anderen einen Dröscheflegel hielte; welches er hiemit beantwortete; er würde etwa seine Sinne gefressen haben. Derselbe aber wolte seinem getahnen äide nachko en / deßwegen ließ er ihm anzeigen / er könte Kraft geschwornen starken äides /darzu er durch bedräuung des Todes gezwungen währe / nicht anders / als entweder sterben / oder auff solche weise erscheinen. Dieser unverständiger kunte es noch nicht außrechnẽ / was vor eine bedeutung solches mit sich führete / und gab zur Antwort; so wird FürstGamaxus hinaus treten / umb zuvernehmẽ / was dieses vor ein Auffzug sey. Sein Abgesanter / nahmens Sisenes / ritte zu ihm hinan / und redete also: Gnädiger Fürst / ich bin einmahl euer Gn. Heerhold gewesen / aber nach diesem nimmermehr wieder; euer Gn. Brieff muß harte schmähungen in sich gehabt haben / daher mir zum Bohtenlohn der Galgen schon bereitet wahr / wovon GroßFürst Herkules mich loßgebehten / mit dieser bedingung / daß ich auff der ganzen Rükreise mit Wasser und groben Bauren-Brod vor liebnehmen / und die antwort / wie sie mir gegeben ist vortragen zuwollen / äidlich angeloben muste; wil nun eure Gn. dieselbe anhören / wil ich sie vorbringen. Gamaxus begunte die Bäurischen Werkzeuge und deren deutung zuerkennen / lief auch so vol Zorn / daß er schiene von Siñen kommen seyn / und da Sisenes nicht reißaus genommen / würde er ihn erschlagen haben. Katenes aber trat zu ihm / und sagte: Ein Fürst müste sich über Feindes Schimpff uñ Spot nicht zu hefftig eifern / sondern es großmühtig verlachen /und es an dem rechtschuldigen zu rächen / Gelegenheit suchen. Weil er dann diesen Herrn ohndas gerne hörete / ließ er Sisenes vor sich kommen / und befahl ihm alles / klein und groß zu sagen; welcher seines äides sich erinnernd / klaren Wein einschenkete. Da hätte man nun auffs neue ein gräuliches Wüten sehen mögen; er verkehrete die Augen im Kopffe / und brüllete / daß alle Anwesende sich davor entsetzeten; endlich schwuhr er bey allen höllischen Göttern / so bald er nur den Lästerer ansichtig / wolte er ihn mit seinen Helffern in kleine Stücke zerhauen / [158] und ihr Fleisch samt dem Ingeweide den Hunden und Raben vorwerffen / dann es währe ihm unmöglich / des Königes Willen nach / sie lebendig anzunehmen / weil ihm nit anders zu Sinne währe / als ob der Schimpff ihm das Herz abstossen wolte. Nun wuste Artaxerxes wol /daß der Feind die Grenzestädte nicht allein mit gnugsamer Mannschaffe versehen / sondern auch mit obgedachter Reuterey verwahret hatte / deßwegen er die außerlesensten Meden und Persen 30000 stark zu sich nam / denen Herkules Ladisla und Fabius alle Teutschen / Böhmen und Römer zu gaben / und zogen mit diesem wolbewehrten Heer fort / des gänzlichen vorhabens / den Feind zur Schlacht außzulocken. GroßFürstin Valiska wolte nicht dahinden bleiben / und hielt mit ihrem Gemahl und Bruder täglich dreymahl Behtstunde / daß Gott diesen trotzigen Riesen dämpffen / und seine Almacht an ihm beweisen wolte. An dem späten Abend nach des Heerholds Wiederkunft langeten sie nahe bey der Stad an / woselbst Gamaxus mit grossem verlangen wartete / lägerten sich ins freie Feld unter ihre Zelten gar enge / ruheten wol aus / und liessen durch einen auffgefangenen Parthischen Einwohner den Feind ihre ankunft wissen / und fragen /ob ein redlicher FeldHerr bey dem Heer währe / der Kriegs- und Fürsten gebrauch wüste und hielte / wolte man durch einen Gesanten handeln / so bald man etliche Geisel von ihnen hätte / weil man vernähme daß der Baur sich in solche Handlungen gar nicht zuschicken wüste. Katenes ließ solches an Gamaxus gelangen / und unterrichtete ihn / wessen er sich zuverhalten hätte; welcher sich endlich weisen ließ / uñ drey vornehme Parthische Obristen vor Geisel einsendete. Darauf ward Tyriotes zum Heerhold erwählet / welcher / da er zu Gamaxus gebracht ward / ihn also anredete: Die Großmächtigsten Fürsten und Herren /GroßFürst Artaxerxes in Persen; GroßFürst Phraortes / einiger wahrer GroßFürst über Meden / König Ladisla aus Böhmen / und GroßFürst Herkules aus Teutschland; alle uhraltes Königliches geblüts / und keine Bauren (hier fing Gamaxus schon an / sich selbst zuzerren und inwendig zu brummen / daran aber Tyriotes sich nicht kehrete / sondern fortfuhr) haben sich der unbescheidenen außfoderung des Indiers Gamaxus / welcher des ersten Bohten außsage nach / aus einem Baurenhütlein sol entsprossen seyn /nicht gnug verwundern können / daß ein solcher unwerter ihm in den Sinn nehmen darff / ob wolten sie ihr hochfürstliches Blut ihm darstellen / da sie etliche tausend hochädle Ritter haben / deren jeder dem Gamaxus nicht allein am adel / sondern auch herzhaffter Kühnheit und ritterlicher Erfahrung es weit bevor tuht / und ihm die Stange wol halten sol / auch der geringste unter ihnen bereit ist / den Kampff wieder ihn anzutreten. So hat auch König Artabanus / und alle seine tapffere redliche FeldHerrn es ja erfahren / daß GroßFürst Herkules und König Ladisla ritterliche KriegsHelden sind / und viel zu gut / sich mit einem Bauren herum zu dröschen. Jedoch daß der Indier sich nicht rühme / man habe sich vor seinem dräuen und Mördersäbel gefürchtet / ist der Durchleuchtigste GroßFürst / Herr Herkules bewogen / seine Hocheit an die seite zulegen / und dem GamaxusStreits sat zugeben / so bald ihm zuerscheinen nur belieben wird /doch daß er mit Ritter-gebräuchlichem Gewehr uñ Harnisch sich stelle / oder aber seiner Durchl. erleubet und unnachteilig sey / sich nach seinem Willen zuwapnen / und solches Gewehr zubrauchen / wie es ihm gefällig; und hierauff begehre ich Antwort und erklärung. Gamaxus kunte sich nicht länger überwinden / uñ fing [159] mit greßlicher Stimme an; Warumb gibstu mir meine Fürstliche benahmung nicht / du unbescheidener Bohte? Darumb / antwortete er / weil du kein Fürst / ja nicht eins ein Ritter bist; und schilt mich ein unbescheidener. Du bist ein verwägener Bohte / sagte jener / und möchtest mich leicht auff andere wege finden. Wans redlich geschihet / sagte er /bin ich vor dich und deines gleichen unerschrocken; aber die Verwägenheit / deren du mich zeihest /schlägt dir gar über dem Kopffe zu; sonsten stehe ich hier / nit als ein Bohte / der den Bauren umbs Geld läufft / sondern als ein Gesanter eines grossen Herrn. Katanes / der ihm allernähest saß / raunete ihm ins Ohr / es währe keines Fürsten Brauch / sich über eines Gesanten rede zu eifern / sondern was zur sache dienete / zubeantworten / und das übrige verächtlich vorbey gehen zulassen; insonderheit möchte er sich ja nicht an diesem vergreiffen / damit es nicht an ihren Geiseln härtiglich gerochen würde. Aber Gamaxus gab über laut zur Antwort: Was? solte ich mich von einem liederlichen Bohten beschimpffen lassen? doch / sagte er / sich über macht erhohlend / ich wil dich der Freyheit eines Gesanten geniessen lassen / sonst wolte ich dich mit diesem Säbel (welchen er fast zur helffte außzog) von oben an biß unten aus / in einem Streiche vonander hauen. Groß und schwer genug sehe ich dich davor an / sagte Tyriotes; aber es würde wol ein schönes Fürstenstük seyn / wann du Hand an einen Gesanten legtest; warte aber / biß wir draussen mit einander sind / und dräue alsdann weiter; jezt gib mir bescheid / oder laß keinen bescheid auch einen seyn; dañ meinem gnädigsten GroßFürsten ists ungelegen / auff dich vergeblich zu warten. Was? rieff Gamaxus / woltestu Bube einen Fürsten rechtfertigen. Du Baurenflegel kanst keinen redlichen Ritter schelten / dañ ein Bube stirbestu wol / antwortete Tyriotes. Da sprang nun das grosse Ungeheur auff und wolte über ihn herwischen mit seinem schon entblösseten Säbel; aber die Anwesende stelleten sich darzwischen; so trat auch Tyriotes zur Tühr hinaus / setzete sich auff sein Pferd / und ritte eilends davon / weil er sich vor gewalt befahrete; Aber Katenes schickete ihm schleunig etliche nach / ließ sich auffs freundlichste bey ihm entschuldigen / und daß an seinen Geiseln es nicht gerochen würde / weil er gar keinen Gefallen an solchem Unwesen trüge. Gamaxus wuste vor eifer nicht zubleiben / foderte endlich seiner Diener einen /und befahl ihm / was er Herkules vortragen solte. Die unsern sahen Tyriotes daher rennen / und vor Zorn brennen / gedachten wol / es würden Baurenstreiche vorgangen seyn / und als sie seine Erzählung angehöret / rühmeten sie seine Herzhaftigkeit / und versprach ihm Phraortes davor ein Landgut in Meden. Er beschrieb ihnẽ des ungeheurs grösse und stärke / und zeigete seinem Herrn Ladisla an / daß der ehmahlige Hages gegen diesen gar nicht zu rechnen währe. Der abgeschikte Knecht folgete bald hernach / wahr mit so hohen Leuten nie umbgangen / und erschrak vor ihrem herlichen ansehen; fragete auch anfangs / ob er seines Herrn / FürstGamaxus befehl anzeigen dürffte; und als ihm solches erleubet wahr / fing er an: Mein gnädiger Herr / Fürst Gamaxus hieß mich dieses sagen; Der junge BettelFürst Herkules / währe nicht werd / allein vor seinem Großmächtigsten Säbel zuerscheinen / sondern solte selb sechse ko en / doch daß der frevelmuhtige Schelm der abgesante mit unter dieser Zahl währe / alsdann wolte er sie alle in stücken zerhauen; es kähme ihm aber närrisch vor / daß man ihm wolte vorschreiben / was vor Gewehr und Harnisch er solte mit bringen; die Außgefoderten möchten ja wol jeder sechs [160] Harnische / übereinander anlegen /und in jede Hand zehn Schwerter und zehn Schilde nehmen / und solte ihnen doch nichts helffen / wann gleich auch ein Gott an ihrer seiten mir föchte; seine eigene Kraft währe sein Gott / die solte ihnen bald fühlen lassen / was seine Arme vermöchten. Herkules gab ihm zur Antwort; guter Geselle / reite wieder hin /uñ bringe deinem Herrn zur Antwort: GroßFürst Herkules / den er vor einen Bettel-Fürsten schilt / habe seines wissens noch keinen Pfennig vor seiner Baurhütte gesucht; er merke aber wol / daß dem Bauren Gamax die Haut jucke / die wolle er ihm / nicht selb sechse / sondern unter dem SchuzGottes / den er lästerlich schmähet / einzig und allein dergestalt krauen / daß ers hefftiger nicht begehren sol; und möge er mit seinen Waffen ankommen / wie es ihm beliebet / ich wil auch nach meinem Willen erscheinen / uñ ihm arbeit schaffen. Ach mein schöner Herr / sagte dieser mit nassen Augen / wie wollet ihr doch diesem starken Riesen Wiederstand leisten? sein Säbel ist so schwer / daß ich dran zu heben habe / und sein Harnisch ist so dicke / daß nichts hindurch dringen kan; tuht mir demnach von herzen leid / daß ihr unter seine Hände gerahten sollet. Du bist bescheidener als dein Herr / sagte Herkules / aber fürchte dich nicht meinetwegen / sondern nachdem ich Gamaxus werde bestritten haben / soltu bey mir alles guten gewärtig seyn; gab ihm auch eine Handvol Kronen zum Trinkgelde. Die Götter seyn euer beystand / sagte dieser; Zog hin und vermeldete alles dürre hin / was ihm befohlen wahr / wodurch der Unhold noch mehr in eifer geriet; legte seinen Harnisch an / setzete sich auff seinen sehr grossen schwarzen Hengst / und ging fort unter der Begleitung 6000 Reuter / denen er vorschwatzete /wie er mit seinen Feinden geberden wolte. Sein Pferd hatte gnug an ihm zutragen / so schwer wahr er mit Waffen behänget / hatte den Harnisch / seinen Fürstenstand zuzeigen / ganz vergülden lassen; auf dem Helm führete er einen Feurspeienden Drachen / an dessen Brust diese hochmühtige Worte stunden:Was ich berühre / daß verzehre ich. Sein Schild wahr wie ein kleiner Tisch mit stählen reiffen überlegt / nur daß in der mitte eine eiserne Plate wahr / auff welchem ein gemahlter Löue einen Hasen zureiß / mit dieser umbschrifft:Also zureisset Fürst Gamaxus seine Feinde. Den Schild / weil er lieber links fochte / führete er am rechten Arme / hatte in der Linken ein Speer / nicht viel über die gewöhnliche Länge / aber so dicke / daß ein zimlicher Mann es mit beyden Händen kaum umbfangen mochte / dessen Eisen etliche Pfund wog. Die unsern verwunderten sich des überaus grossen Ungeheuers / und wahr Herkules wol der rechte David gegen diesen Goliath. Ladisla sagte zu ihm; HerzenBruder / unser HErr JEsus wird diesen gräulichen fellen / sonst kan eines Menschen Kraft wieder ihn nicht bestehen. Auff dessen hülffe verlasse ich mich auch /antwortete er / und werde mich hüten / daß mich weder sein Speer noch Säbel berühre. Doch sendete er ihm seinen Gallus entgegẽ / und ließ ihm sagen; wann er streiten wolte / dann solte er die grossen Bäume im Walde stehen lassen / und mit gebräuchlichem Speer rennen / oder er würde ihn nicht anders als ein unvernünftiges Tihr angreiffen; dem er zur Antwort gab; Grauet dem unnützen Jungen schon / und sihet mich nur von ferne / wie wird ihm dann die Haut schauren /wann ich ihn treffen werde / daß er wie Spreu verstieben muß? Dieses mein ringfertiges Speer / welches er vor einen Baum ansihet / sol ihm das Herz in seinem zarten Leibe zubrechen / und mit diesem Säbel wil ich ihn so klein hacken / daß tausend Hunde / und tausend Raben [161] ein bißlein bekommen sollen. O antwortete Gallus / du pochest auff deine viehische Kraft /aber der dir begegnen wird / hat denselben zum Vorfechter und Schützer / der dich und deines gleichen zubendigen weiß. So laß ihn dann mit seinem Schützer und Vorfechter anko en / sagte Gamaxus / ich wil ihnen beyden nach verdienst lohnen. Du verstehest mich nicht / antwortete er; Meines Herrn Beystand hat seinen Siz dort oben / den wirstu wol ungetrotzet lassen. Was trotzestu dann mit ihm / sagte jener / wann er dort oben sitzet? massen er alsdan weder mich treffen / noch jenen schützen wird. Wolan / sagte Gallus / deine Zeit ist kommen / und dein Frevel läuft zum Ende. Kehrete wieder umb / erzählete Herkules die Gotteslästerung / und sagte: Eure Gn. werden in diesem Kampffe Gottes augenscheinliche Hülffe empfinden bin auch des herlichen Sieges so gewiß / als währe er schon erstritten; aber der Unhold wil sein Gewehr durchaus nicht endern. So viel lieber ist mirs / antwortete er. Valiska lag mit Libussen und Brelen auff den Knien unter dem freien Himmel / und behtete die GroßFürstin also zu ihrem Heylande:

Almächtiger Gottes Sohn / du HErr der Heerscharen; wende dein Antliz nach dem Schemel deiner Füsse / von dem Königs Stuel / auff welchem du zu der Rechten deines Vaters sitzest / und lege diesen Feind nider der deine Hülffe lästerlicher weise schänden und schmähen darff. Er ist nur ein Stäublein vor deinen Augen / wie hoch er sich erhebet und sträubet. Brich seine Macht / überhäuffe ihn mit Furcht und Schrecken / und laß auch den Ungläubigen sehen HErr / daß du wahrer Gott bist / und ein Helffer aller die dir vertrauen.

Herkules hörete ihr Gebeht / welches sie in teutscher Sprache verrichtete / und sagte zu ihr: Fürchtet euch nicht / mein Schatz / ich empfinde meines Heylandes Beystand in meinem Herzen / und mehr als nie vor diesem; der zur Rechten seines Vaters erhabene JEsus wird seine Herligkeit ungezweifelt sehen lassen / und diesen Lästerer zum Schemel seiner Füsse legen. Hierauff nam er den Bogen und nur zween Pfeile zu sich / und muste ihm Gallus das Speer und den Schild nachführen. Gamaxus sahe ihn freidig auff seinẽ Blänken daher rennen / und trabete ihm mit eingelegtem Speer entgegen; aber Herkules / da er ihn überall so fest gewapnet sahe / legte den Pfeil auff /und durchborete seines Feindes Hengste die Kähle /daß er alsbald anfing zuschwanken / und er ihm ohn Gefahr näher reiten kunte / da er mit dem andern Pfeile auff Gamaxus linkes Auge zielete / und ein wenig zu hoch traff / daß er zwar das Auge ihm nicht verletzete / aber doch gerade über dem Auge ihm ein ziemliches Loch bohrete; Inzwischen nun Gamaxus den Pfeil heraus zihen wolte / muste er nohtwendig das Speer von sich werffen / welche Gelegenheit Herkules nit verabseumen wolte / sondern nam sein Speer / setzete mit allen Kräfften auff ihn an / uñ traff ihn recht an die linke Schulder / daß er mit samt dem Pferde übern hauffen fiel / und jederman meynete / das Ungeheur hätte den Hals zubrochen; daher die unsern ein grosses FreudenGeschrey erschallen liessen; wiewol er von dem Falle keinen sonderlichen Schaden genommen / sich auch bald unter dem Pferde hervor machete. Aber Herkules wahr ihm geschwinde auff der Hauben / und so offt er sich auffzurichten bemühete /rante er ihn danider / und ließ seinen Blänken weidlich über ihn her tanzen / welcher ihm Arme und Beine dermassen zerschlug / daß er vor Schmerzen ein überlautes Geschrey ausließ / und allen Göttern hefftig fluchete. Die Zuseher verwunderten sich des Pferdes / welches solch Wunder trieb / ob währe es witzig gewesen; dann es fassete ihn beym Helme /und zog ihm denselben [162] vom Kopffe / daß er ihm ganz bloß wahr. Als Herkules diesen Vortel sahe / sprang er vom Pferde / in Meynung / ihn lebendig zufahen /weil er seiner Hände nicht würde gebrauchen können. Aber Gamaxus hatte sich schon auff die Knie gesetzet / da er zu ihm trat / und ob er gleich den Säbel noch nicht geblösset / beschützete er doch das Häupt mit dem Schilde / daß er ihn nicht beschädigen kunte; wie zerknirschet er auch wahr / kam er doch endlich auff die Füsse / achtete Herkules Hiebe nicht / welche den harten Stahl nicht durch dringen mochten / griff auch mit der linken nach ihm / die mit einem eisern Handschuch verwahret wahr / in Meynung ihn zufahen; aber er entweich ihm / und traff ihm die Faust / daß es ihn sehr schmerzete / und ein wenig wund ward /daher er den Schild von sich werffen muste / damit er die rechte gebrauchen könte / mit welcher er auch endlich seines blossen Säbels mächtig ward. Valiska sahe dieses / fiel nider auf die Knie / und fing ihr Gebeht wieder an. Da meynete nun Gamaxus / er hätte schon gewonnen / und sagte mit grausamer Stimme: O du Schand Bube / wie wird Fürst Gamaxus sich gnug an dir rächen können? möchtestu nun zehn Hälse haben / ich wolte sie dir alle brechen; führete auch einen solchen Hieb auff ihn / welchen kein Stahl hätte abhalten mögen; aber Herkules sprang ihm behende aus dem Schlage / daß dieser in dem grimmigen Eifer sich verhieb / und den Säbel etliche Spannen tief in die Erde schlug / dessen sich Herkules zu nütze machete / und ihm eine starke Wunde über das HinterHaupt gab / daß der rohte Saft ihm an beyden Ohren herunter lief. Der Riese gewan seinen Säbel wieder / und trat auff ihn zu / in Meynung / durch einen Quehrschlag ihn in der mitte vonander zuhauen; aber der Blänke rante herzu / und schlug ihn wider den Arm / daß ihm der Säbel aus der Faust fiel / und er den Arm nicht mehr brauchen kunte / sprang ihm hernach mit den vörder Füssen von hinten zu auf beyde Schultern / und zerbiß ihm das Haupt / daß ihm das Blut beyde Augen füllete; noch stärkete er sich /daß er sich gegen das Pferd wendete / mit demselben zuringen begunte / und wenig fehlete / er hätte es gar nider geworffen / ungeachtet er nur den linken Arm recht zugebrauchen hatte. Diese Zeit über wolte Herkules ihn nicht verwunden / sondern erlustigte sich an dieser augenscheinlichen Hülffe Gottes / nam ihm auch gänzlich vor / wo möglich / ihn lebendig zufahen; legte deswegen sein Schwert nider / fassete den grossen schweren Säbel in beyde Hände / und gleich da sein Pferd Abtrit nehmen wolte / schlug er ihn so kräfftig wider den Beinharnisch / daß ihm der linke Beinknoche davon zubrach / und er mit einem schweren Fall zur Erden stürzete. Er aber trieb sein Pferd ab / nam sein eigen Schwert wieder zur Hand / uñ trat zu ihm mit diesen Worten: Wie dünket dich nun Gamaxus / sol ich dir noch selb sechse kommen? Ich meyne / du werdest schier umb Gnade bitten / wo sonst Vernunfft bey dir ist. O du Bettel Bube / antwortete dieser; solte ich bey dir umb Gnade anhalten? Du hast mich nicht redlicher weise angegriffen / sondern mit deinem Pferde mich bezäubert; richtete sich mit dem Worte auf / und mit dem linken Ellebogen warff er ihn wol vier Schritte von der Seiten / daß er auf die Erde zuliegen kam; doch machete er sich bald wieder auff / schämete sich des versehens nicht wenig / und schnitte den Zügel von dem todten Pferde ab / mit welchem er ihn meynete anzufesseln; sendete auch Gallus hin / etliche Teutsche zuhohlen / die ihn gefangen hinweg tragen solten / dann er wolte ihn gerne lebendig behalten. Gamaxus merkete dieses wol / hatte noch keine tödliche Wunde bekommen / und wahr ihm das [163] Herz / der linke Arm und das rechte Bein noch vermögen gnug / hätte auch nach dem übrigen nicht gefraget / wann er nur hätte stehen können; Er wolte aber viel lieber sterben / als gefangen seyn /deswegen fing er an unsere Helden schändlich zuschmähen / daß ja Herkules ihn erschlagen solte; welcher aber alles nicht achtete / sondern gleich gegen ihn über trat / uñ zu ihm sagete: Gebrauche dich nur rechtschaffen deiner schandsüchtigen Zunge / du ungeschliffener Baur / ich werde schon Mittel finden /sie dir zahm zumachen / und währestu witzig / würdestu vielmehr in die flehe fallen. Ladisla rante mit fünf Teutschen selber herzu / welches die feindliche Reuter ersehend / 25 Mann gegen sie angehen liessen / dann sie wahren willens / Gamaxus zuretten. Fabius begegnete ihnen mit 300. Reutern / und bekahmen die Feinde auch 500 zum Entsaz / daher sich das Spielfein anzettelte. Pharnabazus und Leches ermahneten die Meden und Persen / unverzagt zu seyn. Neda und Prinsla machten sich fertig mit den Teutschen und Böhmen / und bereiteten sich ingesamt zum instehenden Treffen. So bald die fünf Teutschen bey Gamaxus ankahmen / und ihres GroßFürsten befehl hatten / traten sie zu ihm hin / und fasseten ihn bey dem linken Arm uñ rechten Schenkel / hatten doch Mühe gnug /daß sie ihn zwungen / dann er stieß den einen mit dem Fusse wider das Bein / daß er sich selbst muste hinweg schleppen lassen; endlich bunden sie ihm beyde Arme und beyde Beine zusammen / da muste er sich geben / dann wann er das starke loßreissen wolte /schmerzete ihn das beschädigte zu hefftig. Sie nahmen ihm den Harnisch abe / auch den doppelten Panzer / bunden ihm den Kopff auf sein Sattelküssen /und schleppeten ihn auf der Erden nach ihren Zelten /da Tyriotes ihn mit 50 Meden bewachete / und aufs fleissigste verbinden ließ / welches er doch nicht gestatten wolte / sondern bisse von sich wie ein gefangener Wolff; aber Tyriotes gab ihm mit dem blechen Handschuch so mannichen Backenstreich / daß er endlich gebendiget ward. Herkules lag auf seinen Knien / und dankete Gott vor die herliche überwindung / setzete sich auf sein Pferd / uñ ritte mit Ladisla hin nach Valisken / die ihn als einen neugebohrnen empfing / und zu ihm sagete: Dieser Kampf sol mit Gott der lezte in diesen Morgenländern seyn; welches er selber mit wünschete. Fabius hielt sich im Treffen sehr wol mit seinen Römern / und weil die Feinde sich immer stärketen / riet Herkules / man solte mit der halben Macht auf sie gehen / daß man sie in Unordnung und auf die Flucht brächte; nam auch die Teutschen / Böhmen und Römer / und stürmete mit ihnen dergestalt zu ihnen ein / daß sie alsbald weichen musten; dann ob sich ihre Manschaft zwar biß auf 12000 gestärket hatte / wahren doch die übrigen 28000 ihnen zu ferne / daß sie so schleunig nicht herzu kunten / daher sie nach kurzem Gefechte in die Flucht getrieben wurden / daß sie ihrer Stad zuflohen / woselbst sie vermeyneten sicher zuseyn. Aber Herkules und Ladisla wahren ihnen zu geschwinde auf dem Rücken / und kahmen zugleich mit ihnen in die Stad / besetzten das Tohr mit 500 Böhmen / daß ihre Völker einen freyen Einzug hatten / und nahmen alle Gassen ein; Und ob gleich Katenes sich auf dem Markte gesamlet hatte / und gute Gegenwehre taht /wahr er doch übermannet / und schlug ihn Herkules vom Pferde / ließ ihn hinweg führen / und nam alle Völker in der Stad gefangen / weil sie das Gewehr hinweg wurffen / und umb Lebensfristung bahten. Artaxerxes besetzete die Stad mit seinen Völkern / und hielt mit unsern Helden KriegsRaht / wie mans weiter halten wolte; da Herkules den Vorschlag taht / man solte die eroberten Parthischen [164] Reuter Fähnlein nehmen / und mit 10000 guten Völkern nach der andern nähstgelegenen Grenze-Stad als ein Parthisches Heer zihen / alsdann würde man sie leicht überrumpeln können; mit der übrigen Macht wolte er auff das annoch übrige Reuter Heer gehen / unter der Hoffnung /sie bald zur ergebung zubringen. Welches sie alle vor gut hielten / und wurden Pharnabazus und Fabius die Fähnlein zugestellet / damit sie alsbald fortgingen /sich nahe bey der Stad niderliessen / daß man von den Mauren ihre Fahnen kennen kunte / und alsbald eine kleine Schar von 12 Reutern hinein schicketen / als wolten sie ihre Pferde beschlagen lassen. So bald diese auff der Brücken hielten / folgeten ihnen 30 zu fusse nach / unter ihren Reitröcken wol geharnischt /die man zwar ehe man sie einliesse / rechtfertigen /und zuvor bey dem Obristen des Städleins / welches überaus feste / und mit 4500 guten Kriegsknechten besetzet wahr / anmelden wolte / aber diese drengeten sich hinein daß sie des Tohrs sich bemächtigten /zogen von Leder / und fingen den Streit unerschrocken an / wurden auch anfangs hart gedrenget / daß ihrer neun erschlagen wurden / aber eine Saar von 60 Mann entsetzete sie zu fusse ritterlich / denen noch 500 zu fusse folgeten / welche die Parthische Wache niderschlugen / und das Tohr besetzeten / daß 3000 zu fusse in guter Ordnung hinein zogen / welche doch in der Stad nichts tähtliches anfangen / sondern nur auff Parthisch ruffen musten / man solte alsbald den Obristen der Besatzung nebest seinen vornehmsten Befehlichshabern unbewehret herzu führen / auff welche Königl. Hocheit wegen beschuldigter verrähterey mit dem Feinde / zu sprechen hätte. So bald dieses vor den Obristen kam / der mit seinen vornehmsten auff dem Markte sich zum Streite fertig machte / hies er seine Leute dz Gewehr niderlegen / ging mit den Häuptleuten nach unfern Völkern / die in der Stad in guter Ordnung hielten / und redete Bubazes der die unsern führete / also an: Mein Herr / ob bey Königlicher Hocheit / ich und meine Häuptleute mögen verunglimpffet seyn / kan ich nicht wissen / getröste mich aber meiner herlichen Unschuld / und stelle mich ohn alle Furcht zu meines lieben Königes erkäntnis / und nach befindung / zur Straffe. Bubazes ließ sie alsbald gefangen hinaus führen nach dem Lager / und hielten noch 2000 Reuter ihren Einzug in die Stad zu Pferde / die sich durch alle Gassen verteileten / und außrieffen / es solten alle Inwohner sich in ihren Häusern stille halten / die Königl. Parthischen Kriegsknechte aber ohn Gewehr sich samlen / alsdann solte ihnen Lebensfristung zuteile werden. Weil nun dieselben weder ein Häupt / noch andre anführung hatten / ergaben sie sich / und wurden gefangen angenommen / hingegen die Stad mit 2000 Persen besetzet / über welche Bubazes Obrister blieb biß auff weitere Anordnung. Inzwischen gingen Herkules und Ladisla mit der ganzen übrigen Macht auff das Parthische Heer loß / welches sich zwar zur Gegenwehr stellete /uñ anfangs tapffer gnug fochte / aber es hatte keinen langen bestand / weil sie nach verlauff einer halben Stunde von den unsern umbgeben wurden / daß / weil ihnen die Gegenwehr benommen wahr / sie sich auff angebohtene Lebensfristung ergaben / da sie von ihren Pferden steigen / und das Gewehr samt ihren Harnischen von sich legen musten. Die unsern erfreueten sich dessen sehr / weil sie kaum 600 Mann in dieser Schlacht eingebüsset hatten / liessen die Gefangenen mit 8000 Reutern bewahren / und gingen nach Pharnabazus / der ihnen zeitig auffsties / und den glüklichen Verlauff anzeigete. Sie rücketen ingesamt fort nach der dritten [165] Grenzestad / welche die grösseste / aber die schwächeste / doch mit 6000 guter Mañschaft besetzet wahr. So bald sie davor anlangeten / funden sie die Parther in voller bereitschaft /dann ein Bürger aus der ersten Stad / wahr hinüber gelauffen / und hatte ihnen Katenes Gefängnis kund gemacht. Artaxerxes ließ den Ort alsbald aufffodern /mit der Bedräuung / dafern er stürmend übergehen würde / solte keines Menschen drinnen verschonet werden; aber er bekam zur Antwort: Sein König hätte ihm und seinen Völkern die Stad anvertrauet / dieselbe niemand / als der Königlichen Schein brächte zulieffern / würde demnach der Persische GroßFürst es ihm als einem redlichen Kriegsmanne nicht verdenken / daß er seines Königes Befehl / welchen er äidlich beschworen / geträulich nachzusetzen / entschlossen währe. Herkules sagte hierauff zu der Fürstlichen Versamlung; so werden wir gleichwol den Versuch tuhn müssen / ob wir mit so grosser Mannschaft nicht können diese geringen Ort behäupten; hies 16000 Persen und Meden / nebest 2000 Teutschen / auch so viel Böhmen und Römer absteigen / und mit zusammen geschlossenenen Schilden über dem Häupte der Stad nähern / denen es so wol geriet / daß sie an zwey Tohren die Brücken einbekahmen / ehe sie von den Feinden kunten abgeworffen werden; bald legten sie Feur an diese zwey Tohre / und viel dürres Reisich darauff / daß in kurzer Zeit dieselben verbranten. Zwar die Feinde tahten ein hefftiges Schiessen von der Maur / aber weil die unsern geharnischt wahren /kunten sie ihnen keinen Schaden tuhn. So bald die Tohre nidergefallen wahren / trug man Wasser und Erde zu / das Feur zu löschen / welches alles wol von statten ging. Die Feinde stelleten sich inwendig der Stad gegen die geöffneten Tohre mit ihren Pfeilen /aber die unsern drungen hinter ihren Schilden frisch hinein / liessen die Pfeile umb sich her sausen /wovon auch ihrer etliche beschädigt wurden / und setzeten doch dessen ungeachtet fort / biß sie den Feind mit ihren Schwertern erreichen kunten / da die Teutschẽ 40 stark voran gingen / und gar zeitig einen zimlichen Plaz in der Stad gewonnen / so daß in kurzer Zeit über 2000 Mann driñen wahren / und ganze Gassen einnahmen. Die Feinde mit ihrem Obristen / nahmens Astrazes / wahren mehrenteils auff der Maur /daß sie den unsern in der Stad keinen Wiederstand leisten kunten / als deren Zahl in einer Stunde über 8000 Mann bestund / welche gutenteils sich nach der Maur zogen / und die Abtritte davon besetzeten. Herkules nahete sich mit der Reuterey auch / und brachte solchen schrecken in den Feind / daß sie umb Gnade und Lebensfristung bahten; worauff sie alle mit einander gefangen genommen wurden / nachdem ihrer 800 / der unsern 200 erschlagen wahren. Herkules foderte den Obristen der Feinde vor sich / und sagte zu ihm: Mein Kerl / wer hat dich so frech gemacht / daß du einen so liederlichen Ort wieder ein solches grosses Heer zubeschirmen wollen / dich verlauten lassen darfst. Dieser gab unerschrocken zur Antwort: Durchl. GroßFürst / ein Knecht ist schuldig in viel einer liederlicheren Sache vor seinen Herrn zusterben; weil ich nun mein Leben nicht allein meinem Könige verkauft hatte / sondern es dem Vaterlande überdas schuldig wahr / habe ich an meiner Seite nicht zu frech handeln können. Du hast recht geredet / sagte Herkules / und weil du so redliches Herzens bist /magstu nach verlauff dreier Tage frey zihen wohin dichs gelüstet. Vor welche Gnade er dan untertähnig dankete. Es musten aber diese drey Städte dem Persischen GroßFürsten den äid der Träue und untertähnigkeit ablegen / und alle eingeflöhete Güter bey Lebensstraffe [166] angeben / sich auch mit drey Tonnen Schaz von der Plunderung loßkäuffen / da dann ein grosses Gut zusammen geliefert / und unter das Heer außgeteilet ward. Die unsern hatten überal etwa 1500 Mann eingebüsset / und dagegen über die 13000 erschlagen; der gefangenen Reuter wahren an die 32000; des Fußvolks aus den dreyen Grenzestädten über 11000; und kahmen nur 140 Reuter mit Gamaxus leztem Heerhold davon / welche auffs schnelleste nach Charas zugingen. Katenes ward wegen seiner Höfligkeit / dem Tyriotes erzeiget / sehr wol gehalten / daß er zihen möchte wohin er wolte; weil er aber das Spiel so liederlich versehen hatte / grauete ihn vor Artabanus /ließ seine Baarschaften / die sehr groß wahren / heimlich von Charas hinweg hohlen / und setzete sich in Mesopotamien / da er eine kleine Herrschaft kaufte /und in guter Ruhe sein Leben zubrachte; jedoch zuvor an Vologeses / der ihm sehr gewogen wahr / seine entschuldigung schrieb / daß alles durch die Reuter /welche Gamaxus erledigen wollen / versehen / und durch ihre Flucht die Feinde in die Stad gebracht währen / woselbst ihn Herkules überwunden und gefangen angenommen hätte. Zween Tage ruheten unsere Völker hieselbst aus / und ward Tyriotes zu Gamaxus Auffseher bestellet / der ihn auff befehl also verbinden ließ / daß ihm zuvor beyde Arme musten entzweigebrochen / und nachgehend krum und kahm (wie auch dz linke Bein) geheilet werden. Er suchte zwar alle Mittel / sich selbst umbs Leben zubringen /aber die Macht wahr ihm benommen / daß er endlich geduldig seyn muste / wie hefftig er auch von den Stalbuben genarret ward / die ihn nicht anders als den BaurFlegel und Dröscher-Fürsten hiessen. Als sie nun auffbrechen wolten nach Persepolis / gingen alle Fürsten zuvor hin den elenden Gamaxus zusehen / dessen sie ihn bißdaher nicht gewirdiget hatten. Wie sie zu ihm hinein traten / stunden sie ein wenig stille / umb zuvernehmen / ob er auch umb Gnade anhalten wolte; weil er aber sie weder anredete noch ansahe / fing Herkules also an: Kanstu baurischer Tölpel noch nicht erkennen / daß deine viehische Stärke / darauff du bißher getrotzet / dir zu nichts / als zum Unglük gedienet hat? sihe also gehets allen Gotteslästerern /die sich auff sich selbst verlassen / uñ die Almacht /welche alles meistert / verachten; daß du nun gleichwol deine gebührliche Straffe wissest / so habe ich dich dem Durchleuchtigsten Medischen GroßFürsten Herrn Phraortes zum Leibeigenen geschenket / biß dich Artabanus loßmachen / und als einen Fürsten in OberMeden einsetzen wird; weil ich mich aber berichten lassen / daß / demnach dirs wieder mich gefehlet / er dein nicht achte / so mache dir keine andere rechnung / als daß du Zeit deines Lebens ein Kröppel und lahmer seyn / und als ein gebohrner Baur / Steine / Holz und Wasser trage solt; von welcher Urtel dich nichts als der Tod erlösen wird; drumb schicke dich in die Zeit / und lerne dich demühtigen / damit du der täglichen Peitsche enthoben bleibest. Gamaxus hatte ihn noch nicht ungewaffnet gesehen / wunderte sich /daß er so viel Herzens gehabt / ihm zubegegnen / und hörete seine Reden mit grossem Herzensprast an. Er kunte noch zur Zeit weder Arm noch Bein regen (dann das Rechte wahr ihm auch zubrochen;) aber das Maul wahr ihm noch gesund / und fing er an / alle anwesende Fürsten so heftig außzuschelten / daß wenig fehlete / Artaxerxes hätte sich an ihm vergriffen / welches er nur einig suchete. Aber Phraortes redete ihm mit lachen ein; was wolte mein Bruder sich über meinen Erben des OberMedischen Reichs eifern? sagte er; ich wil versuchen / ob ich ihm die Indianische [167] Bauren-Grobheit nicht austreiben kan. Ließ ihn darauff ganz entkleiden / und auf den Bauch gestrekt legen / hernach vier Büttelknechte mit Ruhten kommen / die ihm anfangs die grossen Lenden / hernach den Rücken /und endlich die Beine biß an die Knie ganz wund streichen musten; kehreten ihn hernach umb / auf den Rücken / und frageten / ob er from seyn wolte; Weil er nun keine Antwort gab / fingen sie von neuen an /ihm den Bauch zugeisseln / daß er endlich durch Schmerzen überwunden / umb Gnade anhielt / und Phraortes zu ihm sagete: Wuste ichs nicht / man könte die kleinen Kinderchen mit der ZuchtRuhte from machen? Trotz und laß noch ein Schmähewort aus deinem Maule gehen / dann wil ich dir noch viel eine schärffere Zucht beyzubringen wissen; Die Elefanten sind auch groß und schwer / aber man kan sie doch zähmen; warumb solte man dann einen bübischen Bauren nicht sittiger machen? Fünff gefangene Parther musten dieses ansehen / denen Herkules die Freyheit schenkete / und sie nach Charas reiten hieß /Fürst Pakorus dienstlich zugrüssen / und alles was sie gesehen hätten / zuerzählen. Diese eileten so geschwinde / daß sie wenig Stunden nach der flüchtigen Reuter Ankunfft daselbst anlangeten / machten sich hin nach Pakorus / den Befehl abzulegen / welcher gleich dazumahl Vologeses / Osazes und Vonones bey sich hatte / und in deren Gegenwart von Sisenes /Gamaxus gewesenen Heerhold berichtet ward / wie er hätte zween ädle Hirkanische Jünglinge zu Persepolis lebendig verbrennen sehen / und ihre beständige Uhrgicht angehöret / daß der König sie abgefertiget / die beyden fremden Fürsten mit Gift hinzurichten / deren Handschuch sie auch schon vergifftet / aber von ihrer Gesellen einem verrahten / und auf frischer Taht ergriffen währen. Hernach meldete er den Verlauff des Kampfs zwischen Herkules und Gamaxus / und daß ihr ganzes Heer / teils geschlagen / teils gefangen /auch die drey Grenze-Städte fast ohn Verlust eingenommen / und mit Persischen Völkern besetzet währen. Sie erschraken dieser Zeitung über alle masse /und wahr ihnen zumuhte / als währe die Hauptstat selbst eingenommen / berahtschlageten auch / wie man dem Unwesen abhelffen / und des Königs Sinn /wo nit mit guten / doch mit scharffen Worten auf einen bessern Weg bringen möchte. Auf dem Wege nach dem Schlosse begegneten ihnen obgedachte fünf Parther / und berichteten eigentlich / wie viel ihrer geblieben und gefangen währen / und wie Gamaxus gebendiget würde; welches lezte ihnen sehr wol gefiel; dann es hatte der Großsprecher auf die Parthischen FeldHerren / nicht allein gegen Bagophanes / sondern den König selbst heftig loßgezogen; es währe Schande / daß man mit so grossem Volke das Feld verspielet / und die Feldherren aus Furcht des Todes teils davon gelauffen / teils sich des Feindes Gnade ergeben hätten; welches Pakorus und Osazes dergestalt empfunden / daß sie sich verschworen / im fall Gamaxus würde wieder kommen / sie ihn niderschlagen lassen wolten. Als sie vor den König gelassen zuwerden begehreten / der eben mit Bagophanes von seinem Gamaxus sprachete / wie er nunmehr den Kampfschier angehen würde / durfte er ihnẽ den Zutrit nicht wegern; doch muste Bagophanes als geheimer Raht (worzu er ihn vor fünf Tagen erkläret hatte) bey ihm bleiben. Die Fürsten hatten Pakorus das Wort aufgetragen / weil er nicht allein wol bered / sondern von dem Könige mehr als einiger ander gefürchtet ward /und fing er nach gebührlicher Begrüssung also an: Großmächtigster König / allergnädigster Herr; Demnach uns sehr traurige Zeitungen von Persenwerz zukommen sind / welche nicht allein [168] die Parthische Macht / sondern auch Ehr und guten Leumut schwächen / so haben wir gegenwärtige / als Ihrer Königl. Hocheit geträue Untertahnen und Reichsfassen nicht umhin gekunt / derselben solches redlicher und aufrichtiger Meynung vorzutragen / mit untertähnigster Bitte / alles was von uns vorgebracht wird / mit gnädigstem Willen anzuhören. Ihre Königl. Hocheit hat neulicher Zeit ohn / ja wider unsern Raht / denen sie doch die KriegsLast aufgebürdet / ein herliches Volk /unter Katenes befehl / an die Persischen Grenzen abgeschikt / einen unbekanten Landstreicher und gebohrnen Baurflegel dahin zubegleiten / vielleicht daß derselbe Schindhund / welchen ich nicht wirdige zunennen / wieder gut machen solte / was die verzagete Parthische FeldHerren (wie der Unflaht sie gescholten) verderbet haben; dero behuef er auch zum Fürsten in OberMeden sol gemacht worden seyn. Aber wie reiflich es bedacht ist / so wol ist es auch gelungen; Dann Ihre Hocheit wolle sich nicht entsetzen /daß ich ihr die leidige Zeitung bringen muß / was gestalt nicht allein von 40000 Mañ nur 140 sich durch die Flucht gerettet / sondern die herlichstẽ drey Grenze Städte in Feindes Hände gerahten / gebrandschatzet / und mit Persischen Völkern besetzet sind. Ein solches Unglük / sagte der König / wollen wir nimmermehr hoffen. Ja wolte Gott / antwortete Pakorus /daß dieses das schlimmeste währe. Man hat zu Persepolis ein offentliches Gerichte gehäget / und etliche Hirkanische ädelknaben lebendig verbrant / wobey man ausgeruffen: König Artabanus zu Charas sey der Gifftmischer selbst / der gehe mit solchen unredlichen Stücken umb / welche man an einem jeden Menschen verflucht. Den Göttern sey es geklaget / daß man solche schmerzliche Zeitungen vernehmen muß! Ich vor mein Häupt möchte wünschen / daß GroßFürst Herkules mir im neulichen Treffen den Schedel herunter geschlagen hätte / so dürffte ich mich mit solchen verweißlichen Dingen nicht mehr betrüben. O du elender Parthischer Stuel / ist es schon umb dich so bewand /dz man zu deiner Beschützung Gifftträger aussenden muß / dann so ist uns nichts bessers / als daß wir den Persen und Meden die Hälse nur hinstrecken. Lieber wes zeihen sich Eure Königl. Hocheit / daß sie zu solchen unverantwortlichen Dingen sich verleiten lassen? Hat Arsazes auf solche weise den ReichsStuel erworben und befestiget; haben dessen ruhmwirdigste Nachfolger die Arsazier / GiftSchmierer ansgeschikt? Eure Hocheit wolle allergnädigst erwägen / wie es muß geklungen haben / als der Büttel öffentlich ausgeruffen hat: Artabanus zu Charas ist ein Gifftmischer / und hat vier Diener ausgesand / König Ladisla und GroßFürst Herkules durch diesen Meuchelmord hinzurichten. O des Jammers / dz man solches hören muß! Aber so gehets allemahl / wann man geträuen ReichsRähten nicht folgen wil / sondern nur denen die Ohren leihet / die uns nach dem Maul reden / und durch ihre Schmeichelworte uns umb Ehr und guten Nahmen bringen. Eure Königl. Hocheit erinnern sich unserer aller viere bißher gegebenen Rahts / man solte die fremden Fürsten mit ihrem Gemahl und Schwester zihen lassen / und sie nicht weiter zu unserm Schaden reizen; aber was hats geholffen? Wir sehen ja / daß sie die Götter auf ihrer Seite haben / wo sie nicht selbst Götter sind / oder doch Götterkinder. Sie wahren ja anfangs nicht gesinnet / unß des unsern zuberauben / sondern das ihre gebührlich zulösen; das solte man ihnen gegönnet / oder da mans zu ehelicher Liebe begehret / besser bewahret haben; dann wie könte ich mich doch bereden / einem Landsmann zu meinem Gefangenen freyen Zutritt zugönnẽ / [169] und allen andern den Eingang zu versperren? Man sihet ja / daß die Götter selbst es also gefüget haben / wie es ergangen ist; könten wirs nur noch erkennen / so stünde uns leicht zu helffen; wo nicht / gehet der Parthische Stuel inwendig Jahrsfrist / das der Himmel ja abwende / ganz verlohren; dann was kan Menschen Gewalt wider der Götter Doñerschlag? Was hilfft alles unser tichten und überlegen / wann der Himmel uns seinen Beyfall entzeuhet? Eure Königl. Hocheit frage nur den Bauren Gamaxus aus Indien / GroßFürst Phraortes in Meden leibeigenen Knecht; verwundert sich Eure Hocheit meiner Rede? Ich versichere dieselbe / daß GroßFürst Herkules unüberwindlicher Arm ihn im absonderlichen Kampffe Mann an Mann angegriffen / und den frechen Großpraler dergestalt gezähmet / daß er ihm mit seinem eigenen schweren Säbel das eine Bein gar entzwey geschlagen / lebendig gefangen genommen / und ihn obgedachten Medischen GroßFürsten vor leibeigen geschenket hat / welcher ihn lahm und krüppel an Armen und Beinen heilen /und täglich als einen kleinen Knaben mit Ruhten züchtigen lässet / darff ihn auch niemand anders als den kleinen Gamaxus und das zarte WiegenKalb nennen. Ist es aber Euer Königl. Hocheit nicht zuvor gesagt / daß sie mit ihm Schimpf einlegen würden? noch muste er zum Fürsten in OberMeden erkläret seyn; und wolte sich freylich geziemen / daß ihre Hocheit diesen ihren Fürsten mit einer Heersmacht errettete. Aber verflucht sey der Parthische Ritter / der seinetwegen ein Pferd zäumet / oder einen Sporn umgürtet. Dem BaurOchsen ist recht geschehen / ja ihm ist recht geschehen; nur ist mir von grund meines Herzen leid /daß Eure Königl. Hocheit mit muß eingewickelt seyn. Ich rede frey / allergnädigster König / und hätte wolvielmehr zureden / wann ich nicht seines betrübten Herzens schonete; breche demnach hieselbst ab / und melde nur die Ursach / alles bißher erlittenen Jammers / nehmlich / daß Eure Königl. Hocheit sich nicht wil bereden lassen / die vergebliche Liebe zu einer verheyrahteten aus dem Sinne zuschlagen / welche zuerlangen unmöglich ist. Es hat der grosse König so manniche schöne Jungfrau in seinem Zimmer / mit denen er sich zur gnüge erlustigen möchte; deren gebrauche sich Ihre Hocheit / und suche eines andern Eheweib wider ihren Willen nicht; dann ich weiß /daß kein Parthischer Fürst oder Herr umb dieser Sache willen ein Pferd beschreiten wird. Bagophanes merkete / daß er mit unterschiedlichen Stichen getroffen wahr / und hatte Intaphernes ihm schon gemeldet daß Pakorus ungehalten auff ihn währe; wolte deswegen diese Gelegenheit / sich zuverantwortẽ / in acht nehmen / und fing an / seine Entschuldigung zutuhn. Aber Pakorus fragete ihn / was er bey Berahtschlagung der Reichs- und Kriegshändel zuschaffen hätte /oder sein Gewäsche mit einzumengen; Er solte zusehen / daß wann der BaurFlegel etwa ausrisse / er ihm von seinem Weibe bliebe / die vor diesem des unzüchtigen Handels gewohnet / an diesem starken Bauren den rechten Hahnen oder vielmehr Ochsen bekommen hätte; wie sein Gesinde solches gnug ausbreitete / daß vor deren Augen er sie mißbrauchet hätte; wüste er dañ guten Raht / könte er ihn alhie anwenden. Dieser gab der guten Worte wieder nicht viel / daß er den Fürsten endlich an seinem ehrlichen Nahmen griff /und ihm vorlegte / er suchte ein Herr über den König selbst zuseyn / und wer wüste / warumb er die Reichsfeinde allemal so hoch erhöbe. Aber Pakorus wolte sich nicht lange mit ihm zanken / sondern sagte zum Könige: Hält Eure Königl. Hocheit mich in dem Verdacht / dessen dieser Verleumder [170] mich zeihet / so nehme dieselbe dieses Schwert / und haue mich stündlich nider. Wir wissen von euch nichts böses / antwortete er / sondern haben euch allemahl einen Beschützer unser Königl. Hocheit erkennet; nur eure milde Zunge mag vielleicht unsern geheimen Raht zum Verdacht leiten. So wil ich nach diesem mich aller Rede gerne enthalten / sagte Pakorus / nur wolle Eure Königl. Hocheit mir allergnädigst erläuben / daß ich gegen diesen schändlichen Verleumder und Ehrendieb meinen Fürstl. Nahmen retten möge; fassete darauf das Schwert / und zerspillete ihm damit das Häupt biß an beyde Ohren / da er zugleich also redete: Fahre hin / du schändlicher Fuchsschwänzer / der du bißher so mannichen guten Raht verhindert hast; Du und deines gleichen sind das allerbeste Opfer / welches den Parthischen SchutzGöttern kan abgeschlachtet werden. Artabanus hätte sich dessen zu Pakorus nicht versehen / uund da sichs ein ander unterstanden /würde er ohn abscheuhliche straffe nicht davon kommen seyn; aber ihm muste ers nicht allein übersehen /sondern überdas noch gut heissen / wiewol er dem entleibeten das Leben gerne mit 20 und mehr Tonnen Goldes gerettet hätte; Weil ihn dann sein Gewissen drückete / legte er alle Schuld der Vergiftung und des Kampffes auff Bagophanes / erkennete / daß es unklüglich gehandelt währe / wolte sich hernähst besser vorsehen / und begehrete freundlich / daß sie viere als die vornehmsten ReichsSeulen ihnen das Hauptwerk wolten lassen angelegen seyn / damit das verspielete wieder gebracht würde. Mit welcher Erklärung sie dann sehr wol zufrieden wahren / ihn bester massen trösteten / und allen möglichen Fleiß versprachen.

Zu Persepolis stelleten sich alle Fürsten der Verbündniß ein / daß sie unsere Helden vor ihrem Abzuge sprechen / und bessere Kundschafft mit ihnen machen möchten; und hatte Artaxerxes Schreiben bey ihnen so wol gewirket / daß die sechs Fürsten aus Assyrien / Hirkanien / Baktriana / Margiana / Arien und Drangiana 100 Tonnen Goldes an Gold / Perlen /ädlen Steinen / Kleinoten / güldenen und silbern Stücken / Indianischer köstlicher Seide und Tüchern mit sich gebracht hatten. Herr Mazeus / der nach gehaltener Schlacht nach Ekbatana verschicket wahr / kam auch wieder an / nachdem er auf seines GroßFürsten Befehl von den Landständen 30 Tonnen Schaz zusammen getrieben hatte / worzu noch 10 Tonnen aus der Schazkammer geleget wurden. Pharnabazus ließ aus seinem Schaz zu Susa 30 Tonnen Goldes hohlen /und hatte von den Ständen 20 Tonnen darzu gelihen. Artaxerxes legte 30 Tonnen dabey / und die Stadt Susa 10 Tonnen Goldes. So musten die angrenzenden Parthischen Städte und Landschafften / unter Bedräuung der gänzlichen Verwüstung ihm 20 Tonnen auffbringen. Die gesamte Morgenländische KriegsHeere schossen 20 Tonnen zusammen / und bahten Fürst Arbianes / sie unsern Helden ihretwegen untertähnig einzuliefern. Die eroberte Beute aus der Schlacht mit Dorylaus / wahren 10 Tonnen; die Helfte der Beute aus der HäuptSchlacht / wahren 200 Tonnen Goldes /welche Artaxerxes zusammen gelegt und unsern Helden zum bestẽ verwahret hatte / machte alles ingesamt 480 Tonnen Goldes. Als die Fürsten beysammen wahren ward ein sehr grosses Freudenfest / auf welches alle KriegsObristen gebehten wurden / angestellet / welche die grosse Kosten betrachtend / dem Persischen GroßFürsten eine eigenwillige Zusteur auf 10 Tonnen Goldes tahten. GroßFürstin Valiska brachte alles Parthische Frauenzimmer / so bey ihr blieben wahr / nach ihrem Stande zu Ehemännern / deren Hochzeit [171] bey diesem fünfftägigen Fest mit gehalten wad / wobey etliche tausend Menschen gespeiset wurden. Des andern Tages baht Valiska ihren Bruder /Gemahl und Fabius zu sich auf ihr absonderliches Zimmer / und redete sie also an: Meine allerliebste Herzen; wie hefftig Artabanus sich bemühet / uns zubeschädigen / und aus dem Mittel zuräumen / hat er in wenig Tagen überflüssig erwiesen / wird auch zweifels ohn nicht nachlassen / unsern Untergang zu suchen / so lange er unser kan mächtig seyn. Inzwischen sitzen unsere herzliebe Eltern uñ Anverwanten unsertwegen in steter Bekümmerniß / und hundert tausend Sorgen / als welche sich täglich neue Gefahr von uns einbilden / und von herzen niemahls können frölich seyn; die Ursach solches ihres Kummers ist keine andere als wir selbst; dann ob uns der barmherzige Gott gleich in Freyheit gesetzet / wovor wir ihm nimmermehr gnug danken können / so halten wir uns doch selbst von unser Reise auff / und rennen aus einer Gefahr in die andere. Bißher haben wir in unserm Beruff vielleicht gewandelt / vielleicht auch wol mehr Gefahr über uns genommen / als wir bedurfft hätten / und Gottes Gütigkeit hat uns dannoch allemahl augenscheinlich loßgerissen; Lasset uns / bitte ich / der himlischen Gnade nicht mißbrauchen / daß Gott nicht ursach bekomme / über uns zuzürnen; ja lasset uns bedenken / daß wir alle Mühe ausgestanden / damit wir in unser geliebtes Vaterland wieder kommen möchten / woran uns nichts / als unser selbst eigener Wille hinderlich ist. Wolte Gott / ihr möchtet mit mir einig seyn / so wolten wir morgen / oder ja übermorgen umb diese Zeit schon auff der Reise seyn; und ist einige Begierde bey meinem H. Bruder / nach seinem Gemahl / Söhnlein / Mutter und Schwieger Eltern / ja nach seinem Königreiche / welches mit Schmerzen nach ihm aussihet / so wird er mir mein Gemahl erbitten helffen / daß er sich durch gute Wort länger nicht auffhalten lasse. An H. Fabius guten Willen gebühret mir nicht zuzweifeln / und müste mir herzlich leid seyn / wann mein Schatz Herkules allein gegẽ halten würde / welchen ich vorerst nirgends lieber als zu Jerusalem / hernach zu Padua / und dann zu Prage sehen möchte. Mein allerwerdester Schaz / antwortete Herkules / warumb beschuldiget sie mich einer Sache /deren ich gar unschuldig bin? GOtt ist mein Zeuge /daß sint Gamaxus Erlegung ich täglich mit den Gedanken umbgangen bin / aber mich nicht habe loßwirken können; nunmehr aber werde ich meinen Schluß /wann es ihnen sämtlich also gefället / nicht brechen /und von heut an zurechen / über drey Tage (dann das Fest müssen wir Ehrenhalben mit aushalten) die Reise in Gottes Namen antreten / auch auff dem Wege nicht seumen / biß wir Jerusalem erreichet haben / woselbst ich durch Verheissung verbunden / einsprechen muß. Sie wahren dessen ingesamt von Herzen froh / und foderten Leches neben Libussen zu sich / denen sie ihren Schluß zuwissen macheten / und daß sie den übrigen anzeigeten / sich gefasset zuhalten / damit man sich länger nicht auffhalten dürffte. Herkules ließ den Obristen Wedekind ruffen / und gab ihm zuvernehmen / daß seine Reise nunmehr erstes Tages vor sich gehen würde; Weil aber Artaxerxes bey ihm angehalten / daß die Teutschen / Böhmen und Römer bey ihm auf eine gewisse Zeit bleiben möchten / könte man /wie er sähe / ihm solches nicht wegern; zweifelte nicht / sie würden sich dessen nicht entbrechen / sondern diese gute Gelegenheit / Ehre und Ruhm zuerwerben / in acht nehmen; währen aber etliche unter ihnen / zum höchsten / auff 300 Köpffe / Teutsche /Böhmen und Römer / (mit den 300 ädelknaben hätte es seine wege) [172] die nach ihrem Vaterlande verlangen trügen / solten dieselben sich angeben / dañ so viel währen sie willens mit sich zuführen; und wer seine erworbene Gelder mit überschicken wolte / könte sie sein zusammen gepacket / und auff Wagen oder LastTihre geladen / herbey bringen / welches alles den ihren unverrücket solte eingeliefert werden. Wedekind gab zur Antwort; die Völker hätten ihn schon vermocht / ihretwegen untertähnigst anzuhalten / daß sie dieser örter noch etwas verbleiben möchten. Ihre Baarschaften erstrecketen sich sehr hoch / welche sie täglich nach ihrem Vaterlande wünscheten; wolten deßwegen Pferde und Wagen verschaffen / daß sie mit könten fortkommen; so währen auch etliche / die nach ihrem Vaterlande verlangen trügen / deren Nahmen er ehist eingeben wolte. Fabius redete eben dieses mit den Römern ab / wie auch Klodius und Markus / und funden / daß sie Lust hatten / noch länger zu dienen /und ihre Güter mit überzumachen; welches sie ihnen gerne zuliessen. Bey der Mittagsmahlzeit / so bald die Speisen abgetragen wahren / stund GroßFürstin Valiska auff / neigete sich tieff gegen die anwesende Fürsten / und hielt zu ihnen diese Rede: Großmächtige Durchleuchtigste Fürsten / Hochgebohrne Herren und Freunde; was massen mein Herr Bruder und mein Gemahl / in diese / von unserm Vaterlande weit abgelegene Landschaften / nur zu dem Ende sich begeben /daß sie mich geraubete wiederumb in freien Stand setzen möchten / ist unnöhtig / nach der länge vorzutragen / weil euren Liebden es samt und sonders gnug wissend ist. Wann dañ der grundgütige GOtt nach seiner väterlichen barmherzigkeit es also geschicket /daß ich aus der leidigen Gefängnis entrissen bin / und unsere eigene Notturft / insonderheit meines HerrnBruders Königreich durchaus erfodert / daß wir die Reise nach unserm Vaterlande ehist vor uns nehmẽ /und überdas mir unmöglich ist meine herzgeliebte Fr. Mutter in ihrem täglichen Herzleide länger ungetröstet zu lassen; als gelanget an eure Durchll. und Liebden meine sehr inständige Bitte / dieselbe wollen / in erwägung obangezogener wichtigen Ursachen / dem jeztfolgenden ansuchen meines H. Bruders und Gemahls nicht entgegen stehen / sondern mir als einer betrübeten Tochter gnädig und willig zulassen / daß ich meine Herzallerliebste Fr. Mutter ehist wieder umbsahen möge / deren angenehmen gegenwart ich so lange Zeit entbehren müssen. Solches erbiete ich mich Zeit meines Lebens / nach äusserstem vermögẽ zuerkennen / und bedanke mich zugleich untertähnig / daß eure Durchll. und Liebden / meine Erlösung durch allerhand Vorschub befodern / mich in ihren kräftigen Schuz nehmen / und wieder die grosse Macht des gräulichen Wüterichs Artabanus beschirmen wollen; welche hohe erbarmung mir elenden erzeiget / die ganze erbare Welt zurühmen / und der Himmel zuvergelten unvergessen seyn wird. Nach diesem stunden Ladisla und Herkules auff / und fing dieser also an: Großmächtige Unüberwindliche GroßFürsten / auch Durchleuchtige Fürsten / Hochwerte Herren: Mein geliebter Bruder und ich / bedanken uns billich und von Herzen wegen der übermilden Güte und Hülffe / die von ihren Durchll. uns in unsern nöhten so reichlich erwiesen ist / daß wir viel zu geringe seyn werden / es bey den unsern nach gebuhr zu preisen. Nun müssen wir sonder sparung der Warheit gestehen / daß uns schwer fallen wird / solche gewogene Herrn und Freunde zuverlassen / mit denen unser ganzes Leben zuzubringen / auch Lieb und Leid mit ihnen außzustehen wir begehren / und billich wünschen solten / würden auch an unser Vaterland wenig gedenken / wañ nicht [173] die eingepflanzete Neigung / und der Untertahnen erheischende Notturft uns unser Schuldigkeit erinnerten / und uns gleichsam antrieben / bey ihren Liebden sehr dienstfleissig anzuhalten / daß uns hochgünstig möge erläubet seyn / morgendes Tages ohn einige Sperrung Abscheid zu nehmen; solten wir dañ schier heut oder Morgen von ihren Liebden um Teutsche und Bömische Völker ersucht werden / wollen wir ihnen biß auff 150000 Reuter gerne zu dienste seyn / auch / da sie es begehren unsere annoch Anwesende ausser einer geringen Begleitung / willig hinterlassen; zweiffeln nicht / dieselben werden nit weniger in unserm abwesen / als vorhin / sich redlich und geherzt finden lassen. Die Fürstliche Geselschaft hätte nicht gemeine / daß unsere Helden sogar schleunigen Abscheid begehren solten / uñ freuete sich Artaxerxes sehr / daß die Schenkungen alle richtig beysammen wahren; wolte doch vor sich hierauff keine Antwort geben / sondern trat mit seinen Bundsgenossen in ein Nebengemach / unter welcher Zeit Valiska den jungen Medischen Fürsten Arbianes zu sich foderte / und ihn / wessen er sich verhalten solte / unterrichtete. Nach verlauff einer halben Stunde stelleten die Fürsten sich wieder ein / und brachte Phraortes diese Antwort vor: Großmächtige Durchleuchtigste Herrn / König Ladisla / und GFürst Herkules / hochwerte Herrn und Brüderliche Freunde: Wie glükselig diese Landschafften seyn müssen / denen eure Liebden Zeit ihres Lebens mit Raht und Schuz vorstehen werden / kan aus diesem ich und ein jeder unschwer ermässen / was unser Vaterland diese kurze Zeit durch euren treflichen Beystand genossen / so daß auch die kleinen Kinder die lieben Nahmen Herkules und Ladisla allenthalben schon im Munde fuhren / und mit gebrochener Außrede preisen. O wie würden sich hohe und nidrige /strettende und ruhende / Land und Leute freuen /wann sie hören solten / daß die fremden Freunde noch manniche Zeit in Persen leben / uñ nur durch ihres Nahmens laut / der Feinde stolz brechen und in Halenfurcht verwandeln würden / wie schon mehr als einmahl geschehen. Aber leider! Persen ist des Glüks unwirdig; der Himmel hat den Morgenländern diese Ebenbilder der Volkommenheit / diese Kleinoter der Welt nicht zu eigen geben / sondern nur leihen wollen / umb uns sehen zulassen / was vor ein gewünschtes Gut er der Teutschen und Bömischen Welt mitgeteilet / welches wir ihr zwar nicht mißgönnen müssen / und doch / wans möglich währe / gerne mit ihnen gemein haben wolten; weil es aber schwerlich wird geschehen köñen / stehet uns gleichwol als dankwilligen zu / daß wir den bißher empfangenen nutzen erkennen wie dañ unsere Fürstl. Verbündnis solches gerne erkennet /und euren Liebden sich mit Land und Leuten / mit Gut und Blut verpflichtet halten / weil sie ihr Leben vor unsere Wolfahrt gewaget / ihr Blut vor uns und unsere Leute vergessen / und keiner Mühe / Gefahr und arbeit sich verdriessen lassen; ja angebohtene Königreiche außgeschlagen / nur daß sie unsere Herrschaft befestigen / und des Wütrichs Ungerechtigkeit abwenden möchten. Blind ist / der dieses nicht sihet; unachtsam / der es nicht besihet; undankbar / der es unvergolten lässet / so weit nur sein vermögen reichen kan. Also werden wir uns bemühen / uns selbst zu durchsuchen / ob wir der schuldigen Dankbarkeit einiges Zeichen finden und leisten können. Den Ernst ihres vorgenommenen abzuges haben wir nit ohn betrübnis verstanden / aber unsern Ohren dürfen wir nicht trauen / daß hierzu der allernähstfolgende Tag solte berahmet seyn. Nein hochgeliebte Freunde / so werden sie ja ihren verbundenen / die sich der Zahlung schuldig wissen / [174] die Zeit zur Dankbarkeit nicht entreissen. Wann die Noht sie triebe / wolten wir noch heut einwilligen; aber ausser diesen Fall / der Gott Lob sich nicht findet / ist uns der morgende Tag gar zu unerträglich / und hoffen zum wenigsten / bey ihnen zuerhalten / daß sie nur so lange in ruhe und friede ihre angenehme Gegenwart uns gönnen / als sie der Fehde und dem Streit unsertwegen beygewohnet /damit wir nicht angesehen werden / als gebrauchten wir uns der Freunde in der Noht und Gefahr / und jageten sie hernach von uns; welchen Verdacht von uns abzuwenden / sie nach ihrer hohen Vernunft und Gewogenheit selbst werden gefliessen seyn. Herkules gab zur Antwort: Großmächtige Fürsten / Hochwerte Herrn; wann ein leichter Kindischer Pfeil von einem stählenen Armbrust abgeschossen wird / flattert er nur / oder zubricht gar in stücken; gleich also treibet ein unverdientes Lob mehr nider als in die höhe. Wir sind im wenigsten nicht bestand / nur mit Gedanken zuergreiffen / was man uns als tähtlich zulegen wil. O nein! Ladisla und Herkules wissen sich ihres unvermögens wol zuerinnern; aber an euer Liebe Reden finden sie ein lebendiges Beyspiel / wie leicht freundes Gemüht durch gewogenheit verleitet / zu weit gehen kan; welche erinnerung eure Liebe uns nit vor übel halten wolle. Wir haben bey neulicher Schlacht etwa eine Handvol Völker gehabt / die neben eurem wolgerüsteten Heer daß ihre mit zu tuhn / sich befliessen /aber ohn derer und unserer hülffe / die sehr klein / und des gedenkens nit wert ist / hätten der hochlöblichen Verbündnis Heerführer und Kriegsleute eben solches verrichten können was in unser Gegenwart geschehen ist; zweiffeln auch nicht / Gott werde ihnen in kurzen völligen Sieg über ihre Feinde verleihen / dessen treflichen anfang wir mit Augen angesehen / und uns höchst freuen daß wir einen geringen Teil mit hinzugetahn / und vor ihren uns geleisteten Schuz / eine dankbare Seele zuerzeigen / Gelegenheit gehabt; der Durchleuchtigsten GroßFürsten Fürsten und Herrn hohe Gewogenheit gegen uns / ist so reichlich und überflüssig schon erwiesen / daß sie keines Augenbliks mehr bedarff / und daher unsere hochnöhtige Reise keine Stunde auffzuschiebẽ ist / würde uns auch leid seyn / wann ihre Liebden noch ein mehres zuerzeigen sich unternehmen wolten. Wir haben uns bißher dieser Wegerung nicht versehen können / sonsten würden wir zeitiger umb Urlaub angesuchet haben; dann die Zuversicht zu dem Durchl. GroßFürsten /Herrn Phraortes / dessen Liebe uns die Versprechung getahn / daß wir über Gelegenheit keinen Tag solten auffgehalten werden / hat uns beredet es würde ein schleuniger Abzug / uns vor keine Unhöfligkeit oder undankbahres Abstreichen außgedeutet werden; hoffen auch festiglich / ihre Liebden werdẽ nicht allein die beschehene Zusage / sondern auch meines Gemahls angelegte Bitte gelten lassen / uñ unsern Abscheid / den wir fast ungerne nehmen / weiter nicht hemmen; wie wir dann an ihrer Hoch Fürstl. Gewogenheit durchaus nicht zweiffeln dürffen / also erbieten wir uns hinwiederumb / ihren Durchll. und Liebden / nach unserm wenigen vermögen allemahl bereit und auffwärtig zu seyn. Phraortes kunte seines versprechens nicht in Abrede seyn / und gab diese Wiederantwort: Ich erinnere mich billich / was eure Liebe allemahl in Vorbehalt gesetzet / daß sie unverbunden seyn / und zu jederzeit Freiheit hinweg zu scheiden /haben wolten / welches ihnen auch von unser Fürstl. Verbündnis niemahln gewegert werden sol; haben auch ihre grosse Gewogenheit daher verspüret / daß da sie gar zeitig / und ohn einige Wagnis gegen den Feind hätten können ihren Abzug nehmen / [175] sie dannoch der Hauptschlacht zuvor beywohnen / und ihre eigene Sachen biß dahin außsetzen wollen / wozu sie weder durch Pflicht noch Schuld verbunden wahren; in Erkäntnis dessen / erkühnen wir uns durchaus nicht / ihre Liebden länger aufzuhalten / ungeachtet wir nichts liebers sehen möchten / als daß sie gar bey uns bleiben / und der Feinde Landschaft zum eigenen Besiztuhm annehmen wolten. Weil aber die Liebe zu ihrem Vaterlande und angebohrnen Unterthanen (welche wir billich mit unter ihre höchste Tugenden rechnen) sie dessen nicht bereden lassen kan / und die Verschenkung des Fürstentuhms Susiana uns ihre Gemühter gar zu kundbar gemacht hat / wollen wir nicht allein hievon gar keine Meldung tuhn / sondern ihren Liebden auch die versprochene Freiheit abzuziehen /gerne gönnen; jedoch daß sie gleichwol die Zeit so gar kurz nicht bestimmen / und wir zuvor wissen mögen / daß sie reisen wollen / ehe wir ihre Gemächer und Ställe ledig sehen. Ihr Erbieten wegen beharlicher Freundschaft ist uns lieber / als mit Worten außgesprochen werden kan / geleben auch der tröstlichen Zuversicht / sie werden an unser Seite einigen Zweifel nicht tragen / daß wir seyn und bleiben wollen dieselben / welche ihren hochverdienten Ruhm außzubreiten / und ihrer lieben Gedächtnis sich stets zu erinnern / auch allen möglichen Willen zu bezeigen / werden unvergessen seyn. Durchleuchtigste GroßFürsten und Fürsten / gab Herkules zur abermaligen Antwort: Die blosse Schuldigkeit vor empfangene Woltaht / und die Begierde solchen lieben Freunden noch länger beyzuwohnen / hat uns so lange alhie aufgehalten / weil wir die nahe Gelegenheit / ein dankwilliges Herz zu erzeigen / vor der Tühr sahen; hat nun solches ihren Liebden gefallen können / ins uns dadurch alles tausendfach schon ersetzet. Billich solten wir zwar unsere gegenwärtige wirkliche Dienste länger leisten; weil ihnen aber nunmehr damit wenig kan gedienet seyn /und unsere eigene Geschäfte uns die Ohren Tag und Nacht vol schreien / ja auch meinem lieben HerrnBruder / König Ladisla und Herrn Fabius herzgeliebte Gemahlin diese Erinnerung vergeselschaften / dereins an sie zu gedenken / als ist unsere emsige Bitte / uns über heut / morgen und übermorgen nicht aufzuhalten. Ihr hohes Erbieten können wir weder erwiedern noch außschlagen / erkennen es mit dankschüldigem Herzen / und verbleiben zeit unsers Lebens Ihrer Liebden bereitwilligste Knechte. Ladisla redete mit ein; Ihre Liebden möchten insonderheit bedenken /daß er eine so lange zeit her aus seinem Königreich währe / und keinen Anverwanten / als seine Frau Mutter hätte / der dem Reiche vorstünde; so dürften auch seine ungeträue Nachbarn / insonderheit die frechen Pannonier / seines Abwesens sich zu nütze machen / und in einem Monat ihm mehr Schaden zufügen / als in Jahres frist könte wieder gebracht werden; wolte diesem nach / der gänzlichen Zuversicht leben /man würde ihren Abzug weiter außzusetzen / nicht anhalten / und wiederholete schließlich das vorige Erbieten. Hierauf gab nun Artaxerxes zur Antwort; Sie müsten gestehen / daß jedem sein eigenes billich am meisten an gelegen wäre / könten demnach Ihre Liebden wider ihre selbst eigene Wolfahrt nicht aufhalten /wie schwehr ihnen gleich ein so gar schleuniger Abweich fallen würde / damit ihre Liebes- und Freundschaft-Begierde nicht in eine Unbilligkeit verwandelt /mehr strafbar als lobwirdig wäre. Aber eine Bitte hätte die Fürstl. Verbündnis an die Durchl. GroßFürstin Fr. Valiska vor ihrem Abzuge abzulegen / deren Wegerung sie sich nicht versehen wolten / und zu seiner Zeit solte [176] vorgetragen werden. Dieser Erlassung freueten sich die unsern höchlich / und erklärete sich die GroßFürstin / denen / die ihr zubefehlen hätten /würde sie keine Bitte versagen / dafern die Leistung nur in ihrer Gewalt stünde. Jederman meynete / es würde nunmehr alles geendet seyn; aber hie trat Arbianes auf / und wie Valiska ihm eingegeben hatte /fing er zu seinen Eltern also an: Gnädiger Herr Vater und Fr. Mutter; wie höchlich dieselben mir allemahl dieser Fürsten Gemühter zurühmen pflegen / welche auf ihr Fürstliches Erbe nit verbacken sind / sondern in der Jugend / durch lobwirdige übungen / Besichtigung fremder Länder und Sitten / und andere löbliche Tahten / die tugendliche Volkommenheit und Ehre suchen / werden sie sich gnädig erinnern können. Wann nun zeit meines Lebens mir hierzu bessere Gelegenheit nicht werden kan / als das Glük mir jetzo anbeut; so gelanget demnach an dieselbe mein kindlich-untertähniges ersuchen / mir väter- und mütterlich zugönnen / daß mit dem teuren GroßFürsten / Herrn Herkules / ich nach Italien / und so weiter nach Böhmen und Teutschland reisen möge / damit ich die Landschafften und Schlösser sehe / auf welchen diese volkommene Fürsten gezeuget sind; und daß ich dieses bey meinen Eltern desto leichter erhalten könne /bitte den Großmächtigen GroßFürsten / Herrn Artaxerxes / und die sämtliche anwesende Fürsten / meine hochgebietende Herren Oheimbe ich untertähnig / mit ihrer kräfftigen Vorbitte mir behülflich zuseyn / und dieses mein inständiges ansuchen zubefodern. Sein Vater antwortete: Lieber Sohn / du hast an meiner seiten keines Vorbitters vonnöhten / sondern sihe dich nach denen umb / welche bey GroßFürst Herkules dir solches zuwege bringen; Ich vor mein Häupt sehe viel lieber / daß dein Gemüht nach Erfahrung als Wollust; nach reisen als süsser Ruhe stehet. Zwar ich halte es keinem jungen Fürsten vor übel / daß er daheim bleibet / wann er wegen frühzeitigen Abfalls seiner Eltern / die Landesbeherschung anzutreten gezwungen wird /oder sonst wichtige Ursachen hat / in seinem Lande zubleiben; oder die Besichtigung fremder Landschafften ihm schädlicher als zuträglich oder nüzlich sind; oder wann er daheim eben das sehen und erfahren kan / was in andern Reichen hochgehalten wird; oder wann ihn Leibesschwacheit abhält; oder endlich /wann die Gefahr solcher Reise groß / und der Vortel klein oder nicht gültig ist; aber die / so aus blosser Faulheit und Lust dem Fleische sanfte zutuhn / auf ihren Land Schlössern bey stetem fressen und sauffen veralten / so daß sie kaum wissen / ob die ganze Welt zehn Meile breit und lang sey; Diese / sage ich / sind unwirdig / daß sie eines Fürsten Namen führen. Ich kenne einen preißwirdigen Fürsten / welchen ich nicht nennen wil / der in seiner Jugend genöhtiget ward /die Landesbeherschung wider seinen Willen anzunehmen / gleich da er sich geschicket hatte / nach einer schon zimlich fernen Reise / eine viel weitere über Meer und Land zutuhn. Aber seines hochgepriesenen Herr Vaters unvermuhtlicher Todesfall riß ihn zurük /wie hefftig er auch umb Erlassung etlicher Jahre anhielt. O wehe mir / pflag er zusagen / daß ich meine Jugend mit diesem schweren Joche muß lassen überladen; da er doch in diesem JünglingsAlter Wiz und Verstand gnug hatte / nicht allein seine Herschafft /sondern viel eine grössere zuverwalten. Solche Nohtwendigkeit / mein Sohn / bindet dich an Ekbatana nicht / sondern du hast Freyheit / dich zuversuchen /und sagest recht daran / daß du bessere Gelegenheit /etwas zufassen / nimmermehr finden werdest / dafern dir nur diese werden kan. GroßFürstin Saptina merkete schon / daß Valiska mit [177] dahinter steckete / deswegen stund sie auff / und hielt sehr fleissig bey ihr an /sie möchte bey ihrem Gemahl helffen loßwirken / daß seine Liebe ihren herzgeliebten Herr Sohn / zu seiner Geselschafft und ferneren Unterweisung ihm wolte lassen anbefohlen seyn. Aber Herkules antwortete selbst hierauf: Ihm könte liebers nichts wiederfahren /als wann er seinen hochgeliebten Herr Bruder / Fürst Arbianes zum Reise-Gesellen haben / und dessen angenehme gegenwärtige Freundschafft noch länger geniessen solte; weil ihm dann solches angebohten würde / welches er vor ein sonderliches Zeichen der Gewogenheit erkennete / wolte er hiemit Fürstlich versprechen / sich dieses Tugendergebenen Fürsten nicht weniger als eines leiblichen Bruders anzunehmen / und allen Fleiß anzuwenden / daß er gesund und frisch bey den lieben seinigen wieder anlangen möchte; welches von allen anwesenden Morgenländischen Fürsten / mit hohem erbieten angenommen ward.

Nach Endigung dieses Gesprächs / meldete Gallus Herrn Fabius an / es währe eine ansehnliche junge Frau in Trauerkleidern vor dem SchloßThor / die nach seinem Nahmẽ fragete / und ihrem vorgeben nach /aus dem Fürstentuhm Susiana kähme. Er gedachte alsbald / es würde Statira seyn / ging zu ihr / und hieß sie freundlich wilkommen. Die verlauffenen unzimlichen Liebessachen machten sie sehr schamroht / baht auch demühtig umb Vergebung / da ihm ichtwas widriges von ihr begegnet währe; die Götter wüsten / daß sie nicht als durch äussersten Liebes-zwang sich an ihm versündiget hätte / hoffete dessen Vergebung /und wünschete / daß sein hoher Stand ihr hätte mögen wissend seyn; dann wolte sie schon so viel Macht gehabt haben / ihn der billigen Knechtschafft zubenehmen. Er gab zur Antwort: Sie möchte ihr gefallen lassen / alles geschehene zuvergessen; Ihr geträues Herz gegen ihn hätte verdienet / daß er sich ihrer Wolfahrt als seiner eigenen annähme / welches zuleisten er ziemliches Vermögens währe. Aber / sagte er / ist auch der gute Nabarzanes ungehalten / daß meine Seele so unbarmherzig mit ihm verfahren? Ach / sagte sie / ich kan beteuren / daß ers mit keinem Worte geahnet hat / so lange er im Leben gewesen / welches aber nur wenig Stunden nach erfahrner Zeitung wehrete; dann er ritte des folgenden Tages auf die Jagt /da ihn ein hungeriger Löue in stücken zurissen / und er mir von den Jägern so elendig zu Hause gebracht ist / daß ich gleichwol ihm noch eine Standeswirdige Begräbniß ausrichten können; Und ob ich zwar meinem Herrn gestehen muß / daß ich schlechte Liebe zu ihm getragen / so ist mir dannoch der Unfall so sehr zu herzen gangen / daß ichs biß an diesen Tag nicht vergessen mögen. Fabius tröstete sie mit freundlichen Worten / sie solte sich zufrieden stellen / es währen unter den Susianischen Völkern unterschiedliche treffliche Ritter HerrenStandes / deren einen er ihr zufreyen wolte / welches auszuschlagen er nicht rahten könte. Sie zwar wolte sich dessen viel entschuldigen aber er setzete sich zu ihr auff die Gutsche ließ ihm sein Pferd nachführen / und brachte sie in eine vornehme Herberge / mit Versprechung / wo nicht heut /doch gewiß morgen sie zubesuchen; kehrete wieder nach dem Schlosse / und zeigete GroßFürstin Valiska an / daß die Susianische Frey Frau / die in seiner Dienstbarkeit ihm so manniche Guttaht erzeiget / und aus Gobares Händen sein Leben entrissen / Ihrer Durchl. untertähnigst auffzuwarten / ankommen währe. Ey so hätte der H. Bruder sie herauff nöhtigen sollen / antwortete sie; rief alsbald ihrer Hofmeisterin Libussen neben Kleofis / daß sie ihre LeibGutsche anspannen lassen / und die fremde Frau herzu [178] hohlen solten; welches alsbald geschahe / und Statira der hohen Ehre nicht wenig erschrak. Sie ward von dem Fürstl. Frauenzimmer wol empfangen / dann ihre getriebene Buhlerey wahr allen unbewust / kunte sich auch so höflich bezeigen / daß sie aller anwesenden gute Gunst bekam / auch dem Fürstlichen Frauenzimmer allernähest bey ihrer LandesFürstin Barsenen gesetzet ward / deren sonderliche Hulde sie erwarb. Nach geendigtem Abendmahl ward ein zierlicher Tanz gehalten / wiewol mehrentheils von den jungen Eheleuten / da Valiska gelegenheit suchete / mit Statiren zureden / bedankte sich sehr / daß sie ihrem brüderlichen Freunde Herrn Fabius in seinem Elende so grosse Freundschafft und mächtigẽ Schuz erwiesen /und baht Fürstin Barsenen / ihr solches geniessen zulassen. Diese wolte nun alsbald / wie sie sagte / ihren Gehorsam erzeigen / hohlete ihren Gemahl herzu /und sagte: Sie hätte die Ehre eines Befehls von ihrer gebietenden GroßFürstin erhalten / daß bey ihrem Gemahl sie dieser anwesenden ädlen Frauen gute Gunst und Gewogenheit erwerben solte / der nicht weniger als sie selbst Ihrer Durchl. Gehorsam zuleisten / bereit seyn würde. Ja antwortete er / solches erfodert unsere Schuldigkeit / und was diese ädle Frau von euch und mir begehren wird / sol ihr unwegerlich und Fürstlich geleistet werden / dessen gebe ich ihr diesen Ring zum Pfande; zog denselben von seinem Finger /und stekte ihn Statiren an / welches alsbald Barsene ihm nachtaht. Jene aber / die ihr so gar hohe Gnade nit vermuhten wahr / und wol gedachte / daß alles von Fabius herrührete / antwortete sehr demütig: Sie währe so grosser Ehre unwirdig / müste ihren LandesFürsten ja billich zu untertähnigem Gehorsam aufwarten; wüste auch nicht / ob sie die GnadenRinge behalten dürfte; Sie untergäbe sich Ihrer Durchll. beyderseits zueigen / und währe erbötig / alles ihr Vermögen in deren Hände einzuliefern. Fabius trat mit hinzu /rühmete auffs neue ihre vielfältige Guttaht / die er zuvergelten nicht gnug währe; Daher Pharnabazus ihr nicht allein das von Gobares geschenkte LandGut bestätigte / sondern noch ein dabey gelegenes verehrete /nam auch Nabarzanes Söhne erster Ehe vor ädle Leibknaben an / und versahe sie nachgehends mit hohen Ehrenämptern und grossen Landgütern / weil sie ihrem Vater nicht in der Furchtsamkeit nacharteten /sondern tapffere Ritter wurden.

Kein ernstlicher Gespräch ging auff dem Saale vor / als zwischen Artaxerxes und Ladisla; dieselben redeten von allerhand Geschichten Teutschlandes / insonderheit von den schweren Kriegen / welche Herkules Vorfahren mit den Römern geführet / und ihnen so mannichen Sieg abgedrungen hätten; daher Artaxerxes Gelegenheit nam / bey Ladisla anzuhalten / daß er ihm Herkules Lebenslauff weiter erzählen möchte /weil er vor diesem durch des verfluchten ungenanten Ankunfft daran verstöret worden. Er wahr ihm hierin gerne zu willen / und huhb an: Ist mir recht / so habe ich zulezt gemeldet / was gestalt wir beyde aus Schweden von meinen Eltern nach Böhmen abgefodert wurden / woselbst wir sehr wilkommen / und des ganzen Landes Augen auff uns hingerichtet wahren /massen hohe und geringe über unsere Einträchtigkeit /beydes an Willen und Kleidern sich verwunderten /und erzeigeten meine Eltern uns gleiche Liebe und Gewogenheit / daß mein Herkules nicht anders als ein Sohn gehalten ward / insonderheit von meiner Fr. Mutter / die ihn zum oftern küssete / und einsmahls in meiner Gegenwart zu ihm sagete: Herzlieber Sohn Herkules / die Götter wissen / wie inbrünstig ich euch liebe / hoffe auch Gelegenheit zufinden / es [179] der eins in der Taht zuerweisen; aber ihr sollet mir versprechen /daß wann ihr zu den Jahren komt / ihr ohn mein Vorwissen nicht heyrahten wollet. Welches er ihr willig verhieß / und durch dunkele Reden so viel Anzeige gab / ihm würde kein lieber Mensch / als sie / ein angenehmes Gemahl zuführen können; worauff wir dazumahl wenig acht gaben / und der Ausgang mirs wieder zu Gedächtniß ruffet. Wir wahren wenig Wochen zu Prag gewesen / da uns Zeitung kam / die GroßFürstin / meines Herkules Fr. Mutter läge schwer danider an einem hitzigen Fieber / und trüge grosses Verlangen / ihren Sohn zu sehen; deswegen wir uns zur Hinreise fertig macheten / daran wir doch durch eine Begebniß verhindert wurden / die meinem Herkules zu sonderlichen Ehren ausschlug. Ein sehr grosser starker Pañonier / nahmens Bato / kam zu Prag an / meinem H. Vater in seines Königes Mnata. Nahmen eine Schatzung abzufodern / welche man ihm weder geständig noch schuldig war. Das Ungeheur brachte seine Werbung in unser beyden Gegenwart mit groben Troz und bäurischer Unhöfligkeit vor /welches ihm mein H. Vater übersahe / weil dieser Leute plumpe Sitten ihm wol bekant waren; aber mein Herkules beiß darüber die Zähne im Kopfe zusammen / und fragte den Gesanten / ob die Pannonier mit freyen Königen umzugehen nicht besser gelehret währen? Trauen / sagte er / wann ich ein König währe /und man würde mir solchen Troz beweisen / dürffte ich einen Gesanten zuvor etliche Jahr in die Schuele der Erbarkeit abfertigen / ehe ich ihn vor meinen Stuel treten liesse. Solche Rede ging dem Unflaht sehr nahe / er sprang und dräuete / knirrete mit den Zähnen /und hielt sich so unbendig als ein besessener; dessen doch Herkules nur lachete / und ihn sanftmühtig erinnerte / zubedenken / daß er vor einem herschenden Könige stünde. Dagegen fing dieser an: Was hastu spitziger Lecker des unüberwindlichsten Pannonischen Königes Gesanten und bestelleten Feldherrn zu rechtfertigen? Trauen wann ich dich am andern Ort hätte / würde ich dir den zarten Arsch so weidlich abstreichen lassen / daß du in vier Wochen des sitzens nicht froh werden soltest. Ich möchte wünschen / Eure Liebe hätten dazumahl meinen Herkules sehen sollen; das kan ich mit höchster Warheit bezeugen / daß weder vor noch nach der Zeit ich ihn so eiferig gesehen habe; es schien / als hätten sich die Haare auff seinem Häupte auffgerichtet / und sprützete ihm das Blut aus Nase und Lippen; welches er bald abwischte / sich vor meinem H. Vater in die Knie setzete / und in Kindlicher Demuht untertähnigst baht / ihm Freyheit zu gönnen / sich an diesem wilden Ochsen gebührlich zurächnen. Niemand wuste / was vor eine Rache er vor hatte / und gab ihm mein H. Vater zur Antwort: Lieber Sohn Herkules / du weissest / daß ich dich eben so lieb habe als mein eigen Kind; aber du hörest / daß dieser ein Gesanter ist / der nach aller Völker Recht grosse Freyheit hat / und sehe nicht /was vor Rache du gegen ihn anstellen köntest / sonsten wolte ich dir gerne zugefallen seyn. Diese Antwort deutete er vor sich aus / bedankete sich der gnädigsten Erläubniß / und kehrete sich gegen den Pannonier / ihn fragend / ob er so viel Herzens hätte / daß er sich seines Gesanten Rechts auff wenige Zeit verzeihen / und wegen angelegen Schimpfs ihm zu Ritters Recht stehen dürfte. Dieser / wie auch mein H. Vater selbst / meineten nicht anders / er würde etwa einen Bömischen Ritter vermögen / sich gegen ihn gebrauchen zu lassen; und als jener mit einem hönischen Gelächter zur Antwort gab / er solte nur ein Par stellen / wann er an einem nicht gnug hätte; warff ihm Herkules seinen Handschuch mit [180] diesen Worten zu; So nim dieses Pfand auff / du verwägener Hund / daß noch heut du oder ich vor freier Faust erschlagen werden muß. Mein H. Vater erschrak der Außfoderung höchlich / stellete sich zwischen sie / in meynung /den ungleichen Streit auffzuheben / dann wie dürfte ich vor deinem Vater erscheinen / sagte er / wann ich dir solches zuliesse? Er aber gab zur Antwort: Tausendmahl ehrlicher / alsbald gestorben / als diesen Schimpff auff mich ersitzen zulassen / der von allen redlichen Rittern mir könte Zeit meines Lebens vorgeworffen werden; wil auch meinen Eltern nicht unter die Augen kommen / ehe und bevor ich mich an diesem Schänder gerochen habe / und solte ich ihn über tausend Meile verfolgen. Bato verwunderte sich über der Kühnheit eines so jungen Menschen / und mochte ihn vielleicht der vorigen Rede gereuen / erboht sich auch gegen den König / die Tohrheit der Außfoderung dem Buben zuverzeihen; welchen Schimpff aber Herkules nicht verschmerzen wolte / sondern trat hinzu /und schlug ihn ins Gesichte / daß ihm das Maul an der Seite ganz erröhtete / da er zugleich sagete: Soltestu ungeschliffener Schelm einen gebohrnen freien Fürsten vor einen Buben schelten / der schon Waffen getragen hat? Der Pannonier taht / ob wolte er von sinnen kommen / fiel auff Herkules mit seinem Dolche ein / der sein blosses Schwert in der Faust hielt /in welches jener schier rasend gelauffen währe; aber die Trabanten wahren bald darzwischen mit ihrem Gewehr / und redete mein H. Vater dem Pannonier hart zu / er würde von seinem Könige nicht befehlichet seyn / diesen gebohrnen GroßFürsten und nähesten Erben Teutschlandes vor einen Buben außzuschelten /und ihm mit Stäupruhten zu dräuen. Nicht destoweniger wütete er doch i erfort / und vermaß sich mit hoher Verfluchung / diesen unablöschlichen Schimpff zu eifern; rieff auch meinem Herkules zu; du bübischer Tropff / erinnere dich deiner Ausfoderung / und bleibe nicht aussen / ich wil mich dir splitternacket /nur mit meinem Schwerte darstellen / und dir Schild und Harnisch gönnen; lieff die Steige hinunter in den Plaz / zog sich nacket aus / und band ein kleines Schürztuch umb sich. Mein H. Vater wahr über die masse betrübet / redete Herkules hart ein / man müste Königliche Gesanten nicht beschimpfen / ob sie gleich grob und ungeschikt währen / und wolte gerne eine Herrschaft drum geben / daß er noch in Schweden sässe. Was geschehen ist / antwortete er / habe ich zur erhaltung euer Königl. Hocheit getahn / und tähte es noch / wans ungetahn währe; sein König wird ihm nicht befohlen haben / eure Hocheit zubeschimpffen; oder hat ers befohlen / muß an diesem Orte es gebührlich beantwortet werden; was fraget mein H. Vater nach dem Pannonier Könige? und was höret eure Hocheit die schimpfliche Anfoderung der begehreten Schatzung so geduldig an? ist dieselbe willens /es einzugehen / möchte mein Bruder Ladisla lieber eines Bauren Sohn seyn / als dereins ein zinsbahres Königreich erben; wil sie es aber nicht eingehen / so ist ohn zweiffel der Krieg schon so gewiß als angekündiget. Jedoch habe ich hiervon nicht zureden; ich wil und muß meine Ehre wieder diesen Hund handhaben / oder mein Schwert wieder mich selbst brauchen; mein H. Vater bedenke sich kurz / welches unter diesen beyden er am besten zuverantworten habe. Meine Fr. Mutter kam geschwinde mit meiner Frl. Schwester darzu gelauffen / weil das Unwesen ihr kund getahn wahr; sie fiel Herkules umb den Hals / und mit vielem Weinen fragete sie / ob er sie so unselig / und bey seinen Eltern so verhasset machen wolte? aber sein jetziges Gemahl / [181] wie jung und Kindisch sie wahr / sagte hingegen: Herzen Fr. Mutter / die Götter werden meinem Herkules Schuz halten; aber viel besser ists / ehrlich gestorben / als schändlich gelebet; Kehrete sich hernach zu Herkules / und sagete zu ihm: Herzgeliebeter Oheim / rächet den Schimpff / oder ich wil ihn mit meinem Bogen an dem Pannonier rächen. Ja mein Frl. Wase / antwortete er / es sol gerochen / oder gestorben seyn / ehe ich dieses Schwert von mir lege. Ich ging hin / meine Waffen anzulegen / dann meine Meynung wahr / im falle Herkules den kürzern zihen würde / mich an seine Stelle zu setzen. Meine Eltern sahen / dz es durchaus nicht wolte anders seyn / gönneten ihm derwegen seine Freyheit / mit der Bedingung / sie wolten vor seinen Eltern entschuldiget seyn. Ich folgete ihm gewapnet / und ließ seinen Harnisch nachtragen; aber er hatte sich in ein Untergemach versperret / uñ wie ich seinen Nahmen rieff /antwortete er mir / jezt wolte er auffmachen / sprang auch Mutterleibes nacket mit dem Schwerte heraus /hatte sein Hembde entzweigerissen / und ein Stücke davon umb den Unterleib gebunden / dessen ich trauen nicht wenig erschrak / und ihn fragete / ob er unwitzig währe. Nein mein Bruder / sagte er: Aber sihestu nicht / daß der Hund auch entkleidet ist? was hätte ich vor Ehre / wann ich geharnischt einen Nacketen erschlüge? sagte kein Wort mehr / als daß er die Augen gen Himmel kehrete / und diesen kurzen Wunsch hinzu taht: Ihr Götter / straffet Hochmuht und Frevel / der euch nie gefallen hat. Damit sprang er als ein Hirsch in den Plaz. Meine Eltern sahen ihn kommen / dann sie hatten nebest dem Fräulein sich an ein Fenster gelegt / und wie sie ihn so nacket daher lauffen sahen / fiel meine Fr. Mutter in tieffe Ohmacht. Der Pannonier hatte mit schmerzen auff ihn gewartet / in meynung / er würde sich entweder fürchten / oder die Zeit mit bewapnung zubringen; wie er ihn nun mit so zartem Leibe uñ freien Augen daher rennen sahe / merkete ich eine Verenderung an ihm /ging doch eiferig auff ihn loß / und sagte: Komstu zarter Lecker mit entblössetem Leibe / so muß ich dir deine Verwägenheit zuerkennen geben; hieb auch so erschreklich zu ihm ein / als wolte er mitten durch ihn her schlagen; aber Herkules ging sehr behutsam / welche Tugend ich allemahl am meisten an ihm gelobet habe / und welch ihm diesen Hieb artig aus; und als sein Feind ihm nachtrat / und denselben Sreich wiederhohlete / zog er den Leib tieff gekrümmet ein / und schlug ihm mit dem Nachhiebe eine tieffe Wunde in die linke Schulder / wiewol er oberhalb des Nabels von dem Pannonier ein wenig mit der Spitze geritzet ward / daß etliche tröpflein Blut heraus fielen. Jener hub sein Schwert auff / ihm den Kopff zuspalten /aber Herkules wahr mit einem Unterhiebe geschwinde fertig / und traff ihm den rechten Ellebogen / daß er sein Gewehr fallen ließ / welches Herkules mit der Linken gerade auffhub / und zu ihm sagete: Wie nun du wütiger Hund / bin ich noch dein ruhtenmässiger Bube? bald ergib dich meiner Gnade / so wil ich mich bedenken ob ich dir das Leben schenke. Dieses kunte der stolze Narr über sein Herz nicht bringen / sondern winkete seinen anwesenden Leuten / ihm ein Schwert zu reichen; denen ich aber zurieff; dafern einiger sich unterstehen würde / in diesen Kampff sich zu mischen / solten sie alle in stücken zerhauen werden; jedoch wahren dieselben so redlich / daß keiner sich ichtwas unterstund. Herkules vermahnete seinen Feind noch mahls / sich heraus zulassen / ob er Gnade begehrete /aber jener lieff unbewehrt zu ihm ein / und zückete den Fuß / ihn damit nider zustossen; worauff Herkules zween Schritte zurücke trat / [182] und zu ihm sagte: Weil dich dann der hochmuhts Teuffel gar besessen hat / mustu billiche Straffe annehmen; gab ihm darauff mit dem erworbenen Schwerte einen Querhieb in den dicken Wanst / daß ihm das Gedärm umb die Füsse fiel / führete alsbald mit der Rechten einen kräfftigen Streich / und schlug ihm den Schedel bey der Schulder glat hinweg / daß er mit des niderstürzenden Blute über den ganzen Leib begossen ward /da ich meine Frl. Schwester ruffen hörete: Herzen Fr. Mutter / erhebet euch / der Pannonier ist schon erschlagen / sein Gedärm und Häupt liegen auff der Erde. Herkules in meiner und andrer Ritter begleitung trat hin zu der Pannonischen Schaar / welche 30 Mann stark wahr / und den Kampff angesehen hatten /und redete sie also an: Dieser euer stolzer Herr / da er von seinem Könige außgeschicket wahr / in dessen Nahmen bey meinem H. Vetter und Vater dem Bömischen freien Könige etwas zuwerben / hat mich /einen gebohrnen GroßFürsten der Teutschen / mit schmähe Worten angetastet / und da ich solches gebührlich beantwortet / meiner zween im vollen Harnische gegen seinen nacketen Leib außgefodert / dessen ich ihn / wie ihr gesehen / im auffrichtigen Kampff gelohnet habe; so nehmet nun eures schon nicht mehr so stolzen noch verwägenen Herrn Kopf / Rumpf /Gedärm / Kleider / Harnisch und Pferd zu euch / nur sein Schwert behalte ich mir zum Gedächtnis / weil ichs ihm / da er noch lebete / aus der Faust gebracht /und redlich erobert habe. Damit kehrete er mit beyden Schwertern umb nach dem Gemache / seine Kleider anzulegen. Aber meine Eltern und Fräulein Schwester kahmen gleich mit grossen freuden herunter gelauffen / und erschraken nicht wenig / da sie ihn so blutig sahen; doch halff ich ihnen bald aus dem zweifel / und befahl Wasser zubringen / damit wusch meine Fr. Mutter selbst und meine Fräulein Schwester ihm das unsaubere Blut allenthalben ab / dessen er sich zwar hefftig schämete / und sichs doch nicht entbrechen kunte. Die Pannonier wahren sehr betrübt und erkläreten sich / ihrem Könige alles auffrichtig zuhinterbringen / und ist derselbe des unfals so hart erschrocken / daß er von der Zeit an / so viel mir bewust ist /sich nicht unternehmen dürfen / einige Schatzung zu fodern / wiewol ich mich eines gewissen Krieges mit ihm vermuhten bin / welcher nicht wenig Blut kosten dürfte. Auff mein Vorhaben wieder zu ko en / so entstund bey den meinigen ein solches Frolocken / als nur die geringe Schramwunde sich an Herkules zeigete / daß sichs schwerlich erzählen lässet. Mein Herr Vater trat zu ihm / da er noch nacket wahr / ümfieng ihn freundlich / und sagete: Mein teurer Sohn Herkules / gönnen die Götter euch Gesundheit und Leben /werdet ihr die Siege uñ den Ruhm eurer ritterlichen Voreltern / durch die eure verdunckeln / und bey allen Menschen in vergeß bringen; so befinde ich mich auch gehalten / bey euch umb Verzeihung zu bitten /daß diese eure Ehre zu hindern / ich so emsig gewesen bin. Aber verzeihet mir mein HerrBruder / sagte Ladisla zu Artaxerxes / daß in Erzehlung dieses Streits ich mich so lange aufhalte. Mein Herr Bruder / antwortete er; nicht weniger hat mich die Erzehlung dieses Kampfes belüstiget / als der neuliche / welchen ich zwischen diesem teuren Held und dem Bauren Gamaxus mit Augen ansahe / wil ihn auch erstes Tages in diesem grossen Gast-Saal auff sechs grosse Tücher zu stetswärendem Gedächtnis abmahlen lassen / so daß auff dem ersten Tuche des Pannoniers fehlhieb /und Herkules gerader außwich; auff dem andern HerkulesBauch schram hieb / und des Pannoniers linke verwundete Schulder; [183] auff dem dritten des Pannoniers rechte Ellebogen Wunde; auff dem vierdten / dessen zum Stosse aufgehobener linke Fuß / und außgeschüttetes Gedärme; auff dem fünften / die Abschlagung seines Haupts; und auff dem sechsten und letzten /euer liebe Frau Mutter und Frl. Schwester Abwaschung sol gesetzet werden. Aber ich möchte gerne wissen / mit was Siegesgepränge der Groß-Fürst sein Herr Vater diesen seinen tapfern Sohn ümb solcher herrlichen Taht willen empfangen habe. Ach er hat ihn sieder dem / und schon zwey Jahr vorher nicht gesehen / antwortete Ladisla / denn ob wir gleich sechs Tage hernach dahin zu reisen willens wahren / umritten wir doch zuvor mit meinem Herrn Vater die Böhmischen Grenzen Südwertz / die mit 6000. Mann solten besezt werden / und als mein Königreich mit einem grossen Walde ümschlossen ist / ritte ich mit Herkules und fünf Jungen vom Adel in dem Walde auf die Jagt / stiegen ab / und schliechen durch das Gestände den Hasen nach / deren wir auch etliche fingen; wehrete aber nicht lange / da sahen wir 12. Räuber von der Seiten herzuschleichen / und hatten wir nichts als ein leichtes Seitengewehr und Jägerspießlein zur Hand / da hingegen jene mit guter Rüstung versehen wahren. Auf / sagte Herkules zu mir / uñ geschwinde nach unsern Pferden zu; und half das Unglük mir so wol / daß ich gerade auf meines kam /und hinweg rante / nicht anders gedenkend / Herkules jagete hinter mir her / weil ich unterschiedliche reiten hörete; aber da ich einen guten Weg hatte fortgespränget / und mich umsahe / folgeten mir nur vier Leibjunckern / der fünfte und Herkules wahren nicht zu spüren; und blieb ich doch guter Hofnung / er würde sich bald finden / oder einen andern Weg genommen haben. Endlich mißdauchte michs / und schickete an meinen Herrn Vater / daß er mir etwa 50. Reuter senden möchte / weil ich befürchtete / Herkules währe unter Räuber Hände gerahten. Es stund wol anderthalb Stunde an / da kam mein Herr Vater selbst mit 200 Reutern / wahr unmuhtig / daß wir ohn Geselschaft uns so weit vertahn hatten / uñ ritte mit mir nach der unglüklichen Stelle / funden vor erst der unsern Pferde / und bald hernach den Hofjunkern mit 15 Wunden erbärmlich zugerichtet / den wir aufs beste labeten / uñ aus seiner schwachen Erzählung vernahmen / Herkules und er hätten ihre Pferde nicht fangen können / währen von 12 gepanzerten Pannonischen Räubern überfallen / da Herkules sich zur Wehr gestellet / und er nach vermögen ihm Beistand geleistet /auch darüber also zugerichtet währe; Es hätten aber die Räuber Herkules wegen seiner Schönheit nicht wollen verwunden / sondern ihn ermahnet / sich zu ergeben / sonst wolten sie ein abscheuliches Spiel mit ihm halten. Worauf er sich erkläret / dafern ihm Lebens- und Ehren-Sicherheit würde verheissen und gehalten werden / wolte er sich gefangen geben / und vor erlegtem Lösegelde von ihnen nicht abweichen /welches sie ihm zugesagt / uñ ihn zwischen sich hinweg geführet. Er selbst hatte zwar / unangesehen seiner vielen Wunden / mitgehen sollen / aber Herkules hette gebehten / ihn liegen zu lassen / weil ihm das gehen unmöglich währe / er wolte / weil er sein leiblicher Bruder währe / vor ihn mit bezahlen. Welches sie dann angenommen / sich ins Gesträuche nach ihren Pferden begeben / und mit vollem rennen sich davon gemacht. Mein Vater fragete mich / wie lange es wol währe; und als er vernam / daß schon drey Stunden vergangen / seufzete er tief / schikte 192 Reuter in zwölf gleiche Abteilung / auf so vielen unterschiedlichen Wegen fort / dem Huefschlag / wo möglich / [184] zu folgen; er aber kehrete mit mir und den übrigen ümb nach Prag / und wie herzlich gerne ich gleich mit den Nachsuchern gezogen währe / muste ich doch gehorsamen / uñ mit ihm reiten. Was vor Schmerzen ich nun wegen seines Verlusts in meiner Seel empfand /ist unnöhtig zu erzählen / und nahmen dieselben erst recht zu / da die Außreiter nach einander wieder kahmen / und alle nichts gewissers mitbrachten / als daß sie nichts wusten. Der GroßFürst aus Teutschland schickete auch die andere Bohtschafft nach Prag / daß sichs zwar mit seinem Gemahl ziemlich besserte /aber sie nicht weniger ihres lieben Sohns Gegenwart heftig begehrete / weil die Pfaffen aus den Opfern und anderen glaubwirdigen Zeichen andeuteten / Herkules müste dieses und folgende Jahr aus Teutschland nicht gelassen werden / oder er würde in gotlose Geselschafft gerahten / und zu einem neuen Aberglauben verleitet werden / wodurch er aller Teutschen Götter Feindschaft und Straffen über sich ziehen würde. Da wahr nun guter Raht bey meinen Eltern sehr teur; man kunte seinen Verlust nicht verbergen / und durffte ihn doch niemand offenbahren; Ich hingegen empfing gute Hoffnung aus des Schreibens Inhalt / und sagte zu meinen Eltern; sol dann mein Herkules seine Götter beleidigen / wird ers nit tod / sondern lebendig tuhn müssen; deswegen getraue ich mich / ihn bald wieder zufinden / wann mein Herr Vater mir nur Urlaub gibt / ihn zusuchen. Ich wolte mehr reden / aber er fiel mir ins Wort / und sagete: Schweige / und laß dich das nicht vernehmen / wo du sonst mein Sohn seyn wilt; Ists noch nicht gnug / daß ich einen verlohren habe / und solte dich darzu in die Rappuse geben? Zwar ich muste schweigen / aber mein Schluß wahr schon gemacht / darumb ging ich hin zu dem Teutschen Gesanten / und sagte: Er solte Herkules Eltern meinen kindlichen Gruß vermelden / und sie bester massen trösten / ich wolte nicht auffhören zureiten /biß ich ihn wieder gefunden hätte; machte mich hernach zu meiner Fr. Mutter / und führete ihr zu gemühte / was Herkules Eltern wol gedenken würden / daß ich ihn zusuchen mich so gar nicht bemühete / da er doch meinetwegen gefangen währe / und ich ihn zu der Jagt verleitet hätte; gab ihr nachgehends meines Herrn Vaters Hartnäckigkeit zuvernehmen / und baht inständig / es mir nicht zuverargen / daß ich heimlichen Abscheid nehmen würde / nachdemmahl mir eine lautere Unmögligkeit währe / ihn lebendig zuverlassen. Da mein Frl. Schwester / die sider seinen Verlust kein frölich Auge auffgeschlagen / mir zu hülffe kam; es währe billich / daß geträue Brüder einander in der Noht nicht verliessen / und könte ich ja mit so starker Begleitung gehen / daß ich vor Räuber Anfall gesichert währe. Meine Fr. Mutter aber hieß mich schweigen / und wolte / aus ursach / daß ich einiger Sohn / und der Vater zimlich schwach währe / mich von diesem vornehmen abschrecken; doch wie sie merkete / daß alles umsonst wahr / stellete sie mir köstliche Kleinot / und ein ziemlich Stük Geldes zu /bewehrete heimlich 12 Ritter / und vermahnete mich /einen fremden Nahmen anzunehmen / und mich vor einen vom Adel auszugeben / als ob ich ein Teutscher währe. Nähst kindlicher Danksagung / versprach ich /alles fleissig zubeobachten; hinterließ einen Brief an meinen H. Vater / in welchem ich wegen meines heimlichen abreisens mich bester massen entschuldigte / und machte folgenden Morgens / des neunden Tages nach seinem Verlust mit meiner Geselschafft mich zeitig auff / nennete mich Winnibald / und bin sider dem in mein Vaterland nicht wieder kommen. Nun ging meine Reise eben des Weges zu gutem Glük / dahin [185] Herkules geführet wahr / biß ich in den Pannonischen Grenzen anlangete / da ich auff 11 Räuber traff / welche fünff Weibesbilder gefangen hatten / und sie gleich schänden wolten; Ich setzete mit meinen Leuten an sie / und biß auff drey wurden sie nidergehauen / von denen ich allerhand neues fragete / und ob sie mir nicht Nachricht von einem wolgestalten Jünglinge geben könten / der umb die und die Zeit im Böhmer Walde von 12 Pannonischen Räubern gefangen währe. Einer von ihnẽ bezeichnete mir alsbald den Ort / und bekennete / er währe selber in der Geselschafft gewesen / und hätte der schöne Jüngling sich dermassen tapffer bezeiget / daß sie ihn mehr vor einen Gott als Menschen schätzen müssen /daher sie sein nach Mögligkeit geschonet / ihn auch endlich gefangen angenommen / und durch lauter Abwege und Krümme mit sich geführet / des vorhabens /ihn dem Pannonischen Könige zu schenken; Aber vor vier Tagen währe eine Römische Schaar auff sie gestossen / hätten den meisten Teil ihrer Leute nidergemacht / und den Jüngling mit sich geführet; mehr wüste er davon nicht zuberichtẽ. Ich ward dieser Zeitung über die masse froh / vorerst / weil ich hörete /daß er noch im Leben / und vor dem Pannonischen Könige sicher währe; hernach / daß ich Anleitung hatte / an was Ort und Enden ich ihn suchen müste; begehrete demnach von diesem / er solte mich des Weges nach dem Römischen Heerlager führen / und guter Belohnung gewärtig seyn. Hier gab ich mich bey einem Römischen Ritmeister an / mit meinen Leuten frey und ohn Sold unter ihm zudienen / da mir vergönnet seyn könte / allemahl nach getahner Auffkündigung abzuzihen; welches ich bey ihm leicht erhielt; dann wir gaben uns vor Teutsche vom Reinstrohm aus / mit denen die Römer Friede hatten. Meinem Ritmeister schenkete ich einen Ring von ungefehr 300 Kronen / umb nachzuforschen / ob nit eine Römische Schaar / 20 Reuter stark / einen schönen Teutschen Jüngling von ohngefehr 19 Jahren / zwölff Pannonischen Räubern abgenommen; versprach ihm auch 2000 Kronen / da er wieder gefunden / oder ich nur Gewißheit erhalten würde / wo er anzutreffen währe / sintemahl seine Mutter eine wolvermögende Witwe ihn zu dem Ende in Lateinischer und Griechischer Sprache hätte unterrichten lassen / daß er dereins bey den Römern sich in Dienste begeben solte. Dieser wahr ein geitziger Mensch / der in seiner Jugend seine Güter verschwendet hatte / und wieder etwas zuverdienen bemühet wahr; aber er kunte durchaus nichts ausspüren; Ursach / weil er nicht von Römern dieses Heers / sondern von einem zusammen gelauffenen Hauffen wahr gefangen / die ihn / weil er den Feinden abgenommen wahr / vor leibeigen gehalten / und nach Rom an einen vornehmen Herrn / nahmens Zinna / umb 4000 Kronen verkaufft / der ihn nicht so sehr wegen seiner Schönheit und gutten Sitten / als daß er vor einen Bereiter und Schützen sich ausgegeben / und ihm darin guten Beweißtuhm sehen lassen / gekaufft hatte. Anfangs wahr dieser bitter-saure Mensch meinem Herkules sehr hart mit gefahren / und seine Geduld zuprüfen / ihm mannichen Schimpf bewiesen / ihn mit Holtzhacken / Wassertragen uñ grober Hausarbeit schwer überladen / und nachdem er alles willig erduldet / ihm etwas mehr Gnade erzeiget / so daß er ausser der Pferde Abrichtung / und Anweisung seiner Söhne im Schiessen und auff der Laute / keine andere Arbeit verrichten dürffen. Dieser sein Herr Zinna hatte eine schöne Tochter / ihres Alters im 15 Jahre / die bald anfangs meinem Herkules gute Gewogenheit erzeiget / und durch Vorbitte mannichen Unwillen von ihm abgewendet hatte; Nachdem [186] sie aber je mehr und mehr Gunst gegen ihn gesasset / hatte dieselbe sich in eine inbrünstige Liebe verkehret / so gar / daß sie nur immerdar Gelegenheit gesuchet / seiner Gegenwart zugeniessen / woraus er zwar ihr Anliegen leicht gemerket / aber sich aller dinge tumb gestellet / und nach Mögligkeit die Gelegenheit geflohen / mit ihr allein zuseyn / oder weitläufftige Sprache zuhalten; Welches alles sie seiner Blödigkeit / Einfalt und Ehrerbietung zugeschrieben /doch endlich beschlossen / ihm ihre Liebe zuoffenbahren; worzu sich gute Bequemligkeit finden lassen; nehmlich H. Zinna wahr mit seiner jungen Frauen / die er vor drey Jahren geheirahtet / auff sein Landgut gefahren / und hatte auff seiner Tochter Zezilien Bitte Herkules befohlen / sie zeit seines abwesens im Bretspiel zuunterrichtẽ / welches er nicht abschlagen dürffen. Es wahr aber der guten Jungfer umb dieses Bretspiel nicht zutuhn gewesen / sondern da er zu ihr ins Gemach getreten / wahr sie ihm / ungeachtet es in Winter gewesen / in dünner Sommerkleidung uñ reizender Blösse entgegen gangen / ihn auch nicht anders als einen Buhlen empfangen / hatte anfangs aus Scham kein Wort reden können / biß sie sich erhohlet / und also loßgebrochen: Mein geliebter Oedemeier (diesen Nahmen hatte er an sich genommen) haltet mir / bitte ich / nicht vorübel / daß ich euch fragen darff / von was Geblüt und Eltern ihr eigentlich entsprossen seyd / dann ich kan nimmermehr gläuben /daß euer Stand geringer als der meine sey / angesehen der treflichen Schönheit / Sitten und Tugend / die euch beywohnen / und versichert euch / daß ich diese Frage / umb eure Glükseligkeit zubefodern / an euch gelangen lasse. Herkules hatte ihr zur Antwort gegeben: Er bedankete sich unterdienstlich dem hohen Gunst / damit ihre Hochädle Tugend ihm / wiewol unwirdigem stets zugetahn gewesen / und er nimmermehr zuverschulden wüste; In Betrachtung nun solcher Gewogenheit wolte er ihr begehren willig erfüllen / wiewol er ihm sonst gänzlich vorgenommen gehabt / es keinem Menschen dieses Orts zuvertrauen /weil er seiner Eltern Schande niemand gerne offenbahrete; Ich Oedemeier / hatte er gesagt / kan mich nicht erinnern / daß ich jemahls Eltern gehabt massen ein Teutscher Pfaff / da ich 29 Wochen alt gewesen /mich aus Barmherzigkeit angenommen und aufferzogen; meine Ankunfft habe ich lange nicht erfahren können / biß etwa vor neun Jahren / da ich mich mit einem Knaben in der Nachbarschafft zankete / dessen Mutter darzu gelauffen kam / gleich da ich denselben in den Koht niderstieß / und sie aus Zorn mich eines erhenketen Diebes / und ausgestrichener Mutter Sohn schalt / welches ich meinem PflegeVater zwar klagete / aber er mir den geringen Trost gab / ich solte mich daran nicht kehren / das Weib währe eine böse Haut /die keines Menschen schonete / der sie beleidigte; nach welcher Zeit ich mich schämete / nach meinen Eltern zufragen; Nun unterrichtete mich dieser Pfaffe im reiten / schiessen / und andern guten Künsten / biß ich das 17de Jahr erreichete / und darauff unter dem freyen Hi el mich den Teutschen Göttern zur ewigen Müncherey und Jungfrauschafft durch erschrekliche Flüche verloben müssen / über welches Gelübde diese Götter so fest halten / daß wann ein solcher ein Weibesbild berühret / werden sie beyderseits entweder aussätzig oder rasend / wie man dessen unterschiedliche Begebnissen hat. Ich wundere mich der trefflichen Einfälle / sagte Artaxerxes / in welchen dieser Fürst sich so artig zufinden weiß; aber mit was ungenehmen Ohren muß das verliebete Mensch solches angehöret haben. Wegen seiner unehrlichen Eltern / sagte Ladisla / hatte sie sich entfärbet / und daher ohn zweifel die HeyrahtsGedanken [187] danken fallen lassen; daß aber die Liebesbrunst hiedurch nicht gelöschet worden / hat ihre weitere Nachfrage an den Tag gelegt / da sie von ihm zuwissen begehret / ob die Teutschẽ Götter auch wol sähen und straffeten / was zu Rom oder sonst ausser Teutschland geschähe? worauff er geantwortet: Die Götter / denen er gewidmet / währen die Sonne und die Erde und soweit deren Gegenwart reichete /so weit straffeten sie; dessen sie noch vor vier Jahren ein abscheuhliches Beyspiel hätten sehen lassen / da ein solcher Verlobeter aus Verdruß seines Gelübdes /Teutschland verlassen / und zu Schiffe nach Engeland sich begeben hätte / der Meynung / weil dieses eine andere Erde währe / durch das Meer von Teutschland abgeschieden / würde er daselbst ungestraffet bleiben / ob er sich gleich zu Weibesbildern halten würde; aber diese Einbildung hätte ihn sehr betrogen / massen / wie er sich das erste mahl ihr genähert / und nur ihre Brüste berühret / währe seine Hand / und des Weibes Busem von dem allerscheußlichsten Aussaz eingenommen / auch sie alle beyde des Witzes beraubet / dz sie als volle Hunde auf der Gassen nacket umher gelauffen / biß man sieaus geheiß eines Pfaffen hätte verbrennen müssen. Dieser Rede wahr die gute Jungfer hefftig erschrockẽ / hatte ihrẽ Busem verhüllet / und alle unbilliche Gedanken fallen lassen / jedoch höchlich beklaget / dz die Götter ihm seiner fast übermenschlichen Schönheit Anwendung mißgönneten /damit sie ihn vor allen andern ausgezieret und volkommen gemacht hätten. Er aber darauf gesagt: Er wüste nicht / was vor sonderliche Schönheit an ihm währe / aber eben umb dieser Ursach willen / daß auch die Pfaffheit ihn vor schön geschätzet / hätte er dieses Gelübde über sich nehmẽ müssen; dañ es würden nur die schönsten / und zwar aus den geringsten Leuten darzu erwählet / weil die Reichen und Vornehmen sich dessen mit Gewalt entbrochen hättẽ. Worauff sie sich mit ihm zuspielen gesetzet / und auff sein bitliches ansuchen ihm nicht allein seinẽ Stand zuverschweigen / sondern ihm ferner nach wie vor alle Gunst und Freundschafft zu erzeigen / angelobet. Dieses übel wahr kaum vor zween Tagen abgewendet /da hatte sich viel ein ärgers angesponnen / also dz die Liebe / so die junge Tochter verlassen / sich in ihrer StiefMutter Brust gesetzet / weil sie ohngefehr seines schönen Leibes gewahr worden. So viel älter nun diese wahr (eine Frau von 24 Jahren) so viel stärker hatten die Begierden sie gereizet / daß wie des folgenden Tages H. Zinna ausgereiset / sie Herkules vor sich gefodert / und mit allerhand freundlichem Gespräch umher gehauen; endlich ihn umfangen / und solcher gestalt angeredet: Du mein allerliebster Oedemeier / nim wahr der höchsten Gunst / welche ich dir zulege / und geneuß meiner Schönheit nach unser beyder Lust / dann du kanst dich in deinem Herzen rühmen / daß die Hochädle / darff auch wol sagen / schöne Frau Sulpizia / dich in ihrem Herzen höher hält /als den vornehmsten Herrn in ganz Rom. Herkules hat mir beteuret / er habe sich nie in so grosser Angst /als dazumahl befunden; hätte auch nicht gewust / was er antworten sollen / biß er endlich sich begriffen /vor ihr in die Knie gefallen / und diese Antwort gegeben: Gnädige Frau / ich demühtige vor Ihrer Gn. mich billich / als ein gehorsamer untertähniger Knecht /demnach des Glückes Widerwärtigkeit mich zum andern mahl in den leibeigenen Stand gesetzet / dem ich durch sonderliches Glük schon entrissen wahr; habe dannoch Gott hoch zudanken / daß ich eine so gnädige Frau uñ gütigen Herrn angetroffen / bey denen ich wol gelitten und gehalten bin. Nun erzeiget Eure Gn. mir unwirdigẽ eine sonderliche Gunst und Liebe /welche der Römische Käyser selbst [188] nicht ausschlagen würde / da sie ihm nur werden könte / und ich daher mich derselben allerdinge unwirdig erkenne; wiewol deren zugeniessen mein höchster Wunsch ist / wann nicht im siebenden Jahre meines Alters ich durch einen Unglüksfall meine Gesundheit verlohren / und der Manheit beraubet währe. Ich bitte aber lauter um Gottes willen / diesen meinen Mangel keinem Menschen zuoffenbahren / weil ich bißher aller Unbilligkeit frey bliebẽ / auch lieber tausendmahl sterben / als in einige Schande gehehlen wil; zweifele nicht / Ihre Gn. werden mir ihrem gehorsamsten Knechte nicht minder nach wie vor gnädig gewogen bleiben / und sich versichern / daß weder Pein noch einiges ander Mittel / von mir bringen oder erzwingen sol / wessen Eure Gn. sich anjezt gegen mich vernehmen lassen. Das unbarmherzige Unglük sey verflucht / hatte sie geantwortet / das einen so volkommenen schönẽ Leib geschändet / und der Manheit beraubet hat. Du aber hast sehr wol getahn / daß du solches bißher in geheim gehalten / dessen doch mein H. Zinna von dir stark muhtmasset / und wann ers wüste / dich vor ein grosses Geld loßschlagen könte. So behalte nun meine Redẽ in deinem Herzen / ich wil deine Heimligkeit hinwiederumb vertuschen / und dir allen guten Willen erzeigen. Diese Zusage hatte sie auch redlich gehalten / daß er nach der Zeit fast Kindes gleich mit Kleidern und Speisen versehen worden. Doch hatte er stets besorget / sie würde nach der Warheit fleissiger Kundschaft legen / und deßwegen ihm vorgenommen / ein gut stük Geldes (welches er hernach reichlich erstatten wolte) seinem Herrn zuentwenden / und bey erster guten Gelegenheit davon zustreichen. Mich betreffend / kunte ich in anderthalb Jahren nicht das geringste von ihm erfahren / und wahr wol zuverwundern / daß er sein Unglük zuertragen / sich selbst also halßstarrigte / und es weder mir noch seinen Eltern zuwissen taht / wiewol eure Liebe dessen Ursach hernach vernehmen wird. Die blosse Hoffnung / seinen Zustand zuerforschen / hielt mich die ganze Zeit in Römischen Diensten / und schrieb ich zwar etlichemahl an meine Fr. Mutter / aber an was Ort ich mich auffhielte / ließ ich sie nicht wissen / sondern die Gelder muste sie mir auff Aquileja übermachen / von dannen ich sie abhohlen ließ; was vor bekümmernis seine liebe Eltern erlitten / daß sie so lange nichts von ihm in erfahrung bringen kunten / ist leicht zuerachten / weil er ihnen so ein lieber Sohn wahr. Doch wolte die Göttliche Versehung ihn der Welt endlich wieder gönnen damit er das von dem Himmel ihm verlihene köstliche Pfund nicht in die Erde vergraben / noch sein tugendergebenes Herz unter den Ketten der Leibeigenschaft ersticken mögte; dann nach verlauff 16 Monat / nam mein Rittmeister einen Freireuter an /der mich ohngefehr klagen hörete daß ich einen Verwanten verlohren / und zwar durch räuberische entführung / beschrieb ihn auch nach seiner Gestalt und Kleidung / und erboht mich abermahl / 2000 Kronen zugeben / der mir seinetwegen nur etwas nachricht zuerteilen wüste; worauff dieser Reuter / nahmens Minutius alsbald sagete: Er hätte vor fünfviertel Jahren den allerschönsten und herzhafftesten Jungling der Welt / 12 Pannonischẽ Räubern helffen abnehmen welchen sie nach Rom gebracht / und daselbst umb 4000 Kronen verkauft hätten. Ich wuste nicht / was ich vor freuden antworten solte / hörete alsbald / daß es kein ander als mein Herkules seyn müste / fragete alles fleissig nach / uñ ließ die 2000 Kronen herlangen welche von mir anzunehmen ich ihn fast nöhtigen muste. Das schlimmeste wahr / daß er mir den Römischen Käuffer nicht zu nennen wuste / wiewol ich der[189] Hoffnung lebete / seinen ertichteten Nahmen zu Rom wol außzufragen / und daß seiner Schönheit und Tugend halben er wol bekant seyn würde; bald aber fiel mir ein / er würde gewißlich schon Tod seyn / weil er von Rom aus gute Gelegenheit gehabt hätte an mich zu schreiben nach Prag / uñ doch dessen sich nichts fünde; endlich speisete mich die Hofnung / der Himmel würde ihm Schuz halten; ging zu meinem Ritmeister / gab ihm zuvernehmen / wie seine fleissige Nachforschung so viel gewirket / daß ich meines verlohrnen Freundes Zustand erfahren hätte / schenkete ihm die versprochenen 2000 Kronen / und wirkete damit Minutius loß / welchen ich mit meines Herkules ehmahligen ädlen Leibdiener Ekhard (der sich stets bey mir auffhielt / uñ unter der Zahl meiner 12 Reuter wahr) nach Rom schickete / allen möglichen fleiß an zuwenden / daß sie ihn nur außkundschaffen / und mir gewisse Zeitung von ihm bringen könten; welches ihnen des vierden Tages nach ihrer ankunfft daselbst /gelungen wahr. Dann Ekhard hatte ihn des morgens sehr früh vor seiner Herberge sehen hergehen / und in ein grosses ansehnliches Gebäu einkehren / woselbst der Christen Gottesdienst in stiller geheim wahr gehalten worden. Er wahr ihm gefolget / hatte ihn aber unter der Versamlung nicht sehen können / biß die andern alle hinaus gangen / und er fast allein auff den Knien sitzen blieben wahr / auch mit auffgehobenen Händen und fliessenden Augen sein Gebeht so inbrünstig verrichtet / daß das Wasser ihm über die Wangen auff die Erde gefallen / deßwegen er nicht zu ihm gehen dürffen / und vor mitleiden geweinet hatte /weil ihm dergleichen anstellung niemahls zugesichte kommen wahr; endlich wahr ein alter ansehnlicher Lehrer zu ihm getreten / der mit sonderlichem troste ihm zugeredet; er solte in seinem schmerzlichen anliegen sich mit Geduld wapnen / und im Gebeht nicht laß noch zweiffelhaftig werden / sondern mit fester zuversicht sich auff Gottes Hülffe gründen / und versichert seyn / das dessen alwissen des Auge seine Trähnen ansehen / sie zählen / in seinen Sak aufffassen / und in gar kurzer Zeit sie in Lust und Freude verkehren würde. Worauff Herkules sich gegen diesen Alten sehr ehrerbietig erzeiget / und mit frölichem Angesicht und lachenden Augẽ aus dem Hause hinweg gangen war / da Ekhard mit diesen Worten zu ihm getreten: O Durchleuchtigster GroßFürst / wes zeihen eure Durchl. sich an diesem Orte? können die ihres lieben Ladisla so gar vergessen / daß sie demselben ihr Leben und Zustand nicht eins kund machen? Ja können die sich ihrer Eltern und Geschwisteren so gar begeben / als ob sie nicht mehr in der Welt währen? eure Durchl. kan nimmermehr gläuben / was vor Angst Fürst Ladisla sider ihren Verlust erlitten / und von der Zeit her biß auff diese Stunde sich unter einem schlechten Ritmeister in Römischen diensten bey dem Römischen GrenzHeer auffgehalten / nur daß er einige Kundschaft von euer Gn. einzihen möge / zu welchem Ende dann er mich außdrüklich hieher gesand hat. Herkules wahr ihm um den Hals gefallen /und hatte geantwortet: O du mein geträuer Ekhard /wie treffe ich dich alhie zu so glüklicher Stunde an? meinestu aber / daß du mit Fürst Herkules aus Teutschland redest? O nein! sondern mit Oedemeier /einem verkaufften Knecht und Leibeigenen Sklaven /(wie diese Kette es außweiset) welcher mañichen herben Trunk der Knechtischen Bitterkeit eingesoffen /und ihm Gott Lob eine zeitlang so gut worden ist /daß er sein Brod / wiewol als ein Knecht mit abrichtung der Pferde verdienen können. Hierauff hatte Ekhard angefangen überlaut zuweinen und gefraget /warumb er doch an [190] seine Eltern / oder an Fürst Ladisla in so geraumer Zeit nicht geschrieben / daß man ihn aus diesem elenden Stande der dienstbarkeit heraus gerissen hätte / welches ja leicht geschehen können /inbetrachtung / daß beydes sein H. Vater und der Bömische König mit dem Römischen Reiche frieden hätten. Da er ihm zur Antwort gegeben; Ich hätte es gerne / und mit leichter mühe tuhn können / währen nicht zweierley im wege gestanden; als erstlich habe ich gezweifelt ob ich auch noch Eltern / und einen Ladisla hätte; hernach und vors ander ist diese jetzige Knechtschaft meiner Seele viel erträglicher und behäglicher als mein ehemahliger Fürstenstand / gestaltsam ich hiedurch zur seligen Erkäntnis des einigen wahren Gottes kommen bin / und mein ehemahliges unruhiges Gewissen dermassen fest geankert habe /daß die ganze Welt mir so hefftigen Sturm nicht erwecken sol / welchen mit hülffe meines Gottes zuhintertreiben und zu überwinden ich nicht solte bestand seyn. Ekhard hatte diese Rede teils nicht verstanden /teils vor grossen freuden nicht beobachtet / sondern ihn gebehten / mit nach seiner Herberge zu gehen /und nach eingeno enem Frühstücke / heimlich davon zu reiten; welches er ihm vor der Faust abgeschlagen /einwendend / er würde vielleicht nicht allein seinen Eltern / sondern auch seinem Ladisla selbst ein ungenehmer Gast seyn / wann sie erfahren solten / daß er die Teuflischen Abgötter der Teutschen und Böhmen verleugnet / und dagegen den Christlichen Glauben angenommen hätte; er liebete zwar seine Eltern und Ladisla von Herzen / könte aber zu ihnen nicht hinüber reisen / ehe und bevor er versichert währe / daß sie ihn wegen seines neuen Glaubens nicht zuhassen /sondern ihm denselben frey zu lassen sich redlich und auffrichtig erklären würden. Jedoch wahr er mit ihm in die Herberge gangen / woselbst er zwey Schreiben /eines an mich / das ander an seine Eltern auffgesetzet / und mit ihm Abscheid genommen / er wolte seiner ehist wieder gewärtig seyn / und aus Ladisla Antwortschreiben schon sehen / wessen er sich zu verhalten hätte. Auch wahr er des Minutius gewahr worden /den er alsbald gekant / uñ zu ihm gesaget: O der glükseligen Stunde / in welcher ihr mich zu Rom verkauft habet; weil ich dadurch zu der einig wahren Glükseligkeit gerahten bin. Nun hatte Ekhard gerne von ihm wissen wollen / auf was Gasse sein Herr wohnete /und wie dessen Nahme währe; welches er ihm aber abgeschlagen / mit dem versprechẽ / er wolte ihn in diesem Hause schon finden / wann er wieder kommen würde / und könte er alsdann seinen Nahmen mit Röhtelstein an die Haußtühr schreiben. So bald diese beyden wieder bey mir anlangeten / wahr meine erste Frage / ob mein Herkules annoch im Leben währe; worauff mir Ekhard zur Antwort gab: Das äusserliche an ihm lebet ja noch / aber das Gemüht ist gar verschlimmert / daß ich ihn kaum vor Fürst Herkules halten kan; massen es scheinet / als habe die Knechtische Dienstbarkeit seinen Fürsten-muht gefesselt /und ihm ein SklavenHerz eingegossen. Ich ward dieser Rede so unwillig / daß ich mich an dem Zeitungs-bringer schier vergriffen hätte welcher doch auff sein Wort bestund / ich würde es selbst also befinden / wo sonst das Schreiben mit seinen Reden überein stimmete. Die Auffschrifft hatte er auff Ekhards Raht nach meinem willen gemacht / aber da ichs brach / wunderte ich mich nicht wenig des befremdlichen Inhalts. Ich fing an zu lesen / legte es bald hinweg / und nam es bald wieder zu mir / dann ich kunte vor Herzenprast es weder durchbringen noch zureissen. Die Hand wahr mir gnug bekant / aber der Begriff weder nach meinem / noch nach seinem [191] ehmahligen Sinne; uñ weil ichs nachdem wol hundertmahl gelesen / habe ichs von Wort zu Wort behalten / daß ichs mündlich erzählen kan.

Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / etc. wünschet der von Gott erleuchtete Herkules Gottes Barmherzigkeit / zur heilbringenden Erkäntniß des Christlichen Glaubens. Ich ehmahls unseliger ewig-verdammeter Fürst Herkules / jezo angenehmes Kind Gottes / wiewol vor der Welt verachteter leibeigener Knecht Oedemeier / habe /GOtt Lob! GOtt Lob! dereins funden / was mein Herz von Jugend auff zum höchsten gewünschet; die Erkäntniß des einigen wahren Gottes / und das erquikliche See lenliecht / welches meinen blinden Verstand erleuchtet /und mir den schmalen Weg nach dem Himmel gezeiget hat. O Glük! O Seligkeit! O du angenehmes Rom! O du süsse Knechtschafft! die mich zum freyen HimmelsFürsten gemacht / und aus dem Rachen des Teuffels und des hellischen Feuers loßgerissen hat. Verzeihet mir / Durchleuchtigster Fürst / daß ich verstossener Knecht diese meine hohe Vergnügung vor eurem annoch unverständigem Herzen ausschütte. O JEsus / wie erquiklich bistu! O Welt / wie verführisch bistu! O Sünde / wie gräulich bistu! O Verdamniß / wie erschreklich bistu! Das verführische lerne ich Gott Lob meiden; das gräuliche / so ich neben euch vor diesem geliebet / hassen; des erschreklichen bin ich gar loß worden / durch die Erkäntniß des allerkräfftigstsüssen Nahmen JEsus. Die Liebe dieses Nahmens / hat alle Ehrenpracht und Herligkeit der Welt /zu meinen Füssen geworffen; dann ich sehe und empfinde / daß ausser diesem JEsus / solches alles ein Dunst und Rauch / ja eine Rennebahn ist zur hellischen Verdamniß; daher dann mit meinem JEsus ich viel lieber ein leibeigener Knecht / als ohn ihn ein Käyser des ganzen Erdbodems seyn wil. Zwar ich währe annoch herzlich gerne des GroßFürsten aus Teutschland lieber Sohn; des Böhmischen Fürsten vertraueter Bruder / wann sie meinen JEsus leiden / und mich deswegen nicht hassen wolten / daß ich das teuflische Geschmeiß aller Teutschen und anderer falschen Götzen verfluche / und dagegen den einigen Gott / welchen sie nicht kennen / anbehte und ehre; aber können sie mir solches nicht gönnen / so verleugne und hasse ich Vater und Mutter / Bruder und Schwester / auch meinen Ladisla / und begebe mich meines väterlichen Erbes in Ewigkeit / ob gleich meine leibliche Augen ihre Trähnen täglich vergiessen / daß ich sie meiden muß. Dieses einzige zuwissen verlanget mich herzlich / ob Ladisla den jeztbeschriebenen Herkules leiden und lieben / und die alte Vertrauligkeit mit ihm weiter bauen; ja ob er nicht allein einen Christen umb sich leiden / sondern dessen geträuem Raht zur Seligkeit auch folgen könne / damit ich ihn als einen / O weh / O weh! ewig verdamten nicht beweinen müsse. Nichts suchen meine Trähnen so hefftig / als bey Gott zuwirken / daß der teure Fürst Ladisla / der weltliche Tugend / daran er wol tuht / so hoch liebet / auch das himlische Liecht ergreiffen / und den Christlichen Glauben annehmen möge / welches dann wünschet und flehet desselben ehmaliger geträuer Welt-Bruder / anjetzo inbrünstiger Vorbitter zu Gott / Odemeier der Leibeigene.

Nach verlesung muste ich selbst Ekhard fragen / ob er auch der warhaffte Herkules währe / und wann ers währe / ob er dann seinen Verstand und Wiz noch hätte. O ja / antwortete er; freilich ist ers / aber nicht der vorige; so hat auch seine angebohrne Leutseligkeit nich abe / sondern treflich zugenommen / aber seine Reden sind nur von himlischen Dingen / die seinem vorgeben nach er zu Rom gelernet / und dadurch in die allerhöchste Glükseligkeit versetzet sey; wann er hierauff zu reden komt / stehet er / als ob sein Geist verzücket werde; die Augen wissen nicht / wie sie des Herzen Freude gnug wollen zuerkennen geben / und trieffen ihm mit lauter Freuden-Trähnen. Einen fremden Nahmen / JEsus / führet er viel im Munde / und wann er ihn nennet / bewäget sich sein innerstes. Er beuget die Knie / er falzet die Hände / er schläget die Augen auff gen Himmel / und meinete ich in der Warheit nicht anders / als daß ich einen Engel vor mir stehen sähe. Es muß ja eine sonderliche Kraft in diesem Nahmen seyn; dann wañ er ihn nennete / klang er mir in den Ohren so [192] lieblich / und mein Herz bewägete sich in meinem Leibe / daß ich schier willens wahr /ihn zu bitten / daß er mir sagen möchte / was diß vor ein süsser Nahme währe. Aber diese Erzählung wolte bey mir nicht wirken / sondern meinete gänzlich /Herkules müste durch Zauberey auff diesen Weg gebracht seyn; machete mich demnach zu einem gelehrten Römer / meinem guten bekanten / und gab ihm zuverstehen / ich würde berichtet / daß zu Rom ein neuer Glaube seyn / und die sich darzu bekenneten /Christen solten genennet werden / welche einen fremden Nahmen / JEsus / viel im Munde führeten. Aber dieser mahlete mir die Christen (wiewol mit höchster Unwarheit) solcher gestalt ab / daß ich mich davor entsetzete; nehmlich / es währe derselbe JEsus ein verführischer Jude gewesen / hätte durch teuflische Künste (Gott verzeihe mir die lügenhaffte Erzählung) viel Wunderzeichen sehen lassen; noch hätten die verführete so fest an ihm gehalten / daß nach seinem Tode sie sich durch alle Länder ausgebreitet / und vorgeben dürffen / der erhenkete JEsus währe wieder lebendig worden / und gen Himmel gefahren; Ja /sagte er / sie dürffen zu Rom selbst sich finden lassen / da sie frühzeitig eingenestet / und verführen daselbst mañichen Menschen / Adel und Unadel; und ob man gleich viel Mühe anwendet / sie abzuschaffen / ist es doch bißher vergeblich gewesen. Man saget sonsten von diesen Leuten sehr abscheuhliche Dinge / und unerhörete Schande / welche sie in ihren Versamlungen in grosser geheim begehen sollen / daß auch die Götter / die von ihnen nur verspottet und geschändet werden / ihrethalben manniche straffen über Rom und ihre Länder ausgegossen haben / und die Obrigkeit nicht umhin können / das Schwert über sie zuzücken /und als das allerschädlichste Unkraut sie auszurotten. Wie? fragete ich; hat man sie dann nicht dämpffen /und im ersten Grase abhauen können / ehe sie den reiffen UnkrautsSamen überal streueten? Man hat es offt versuchet / gab er zur Antwort / und sie bey hundert und tausenden hingerichtet / daß die Menge fast unzählig ist; aber nichts hats gewirket; dann dieser Gifft ist viel zustränge. Höret mein Herr / ich habe es mit meinen Augen nicht ein / sondern wol hundert mal angesehen / fuhr er fort / daß wann ein Christ zu der allergrausamsten Pein hingeführet wird / er nicht allein freudig als zum Tanze dahin ging / sondern seine Glaubensgenossen / die umb ihn wahren / vermahneten ihn zur Bestendigkeit / er solte den kurzen Tod und Fleisches Leiden nicht fürchten / sondern um des Nahmen JEsus willen alles gerne ausstehen; und wann diese Tröster mit angegriffen wurden / wegerten sie sich dessen nicht / sondern wahren alsbald fertig /sungen und behteten mit / nicht allein erwachsene Mannesbilder / sondern auch Weiber / Jungfrauen /Knaben / Mägdlein / Herr und Knecht durcheinander /erzeigen hie gleichen Muht / und lassen sich immerhin henken / köpfen / brennen / kreuzigen / geisseln /und auff der Folter recken / biß ihnen die Seele ausfähret dann hiedurch / sprechen sie / werde ihnen eine unvergängliche Krone aufgesetzet / daß sie mit ihrem Gott ewig herschen sollen. Verwundert mein Herr sich dessen? ich sage ihm mehr / welches viel tausend mit mir bezeugen müssen; offt wann diese an ihrem Leibe dergestalt zugerichtet werden / daß man abscheuh daran träget / bitten sie GOtt vor die / so ihnen solches antuhn / und werden offt unter den Zusehern etliche durch ihre beständigkeit bewogen / alsbald zu ihnen zutreten. Ists nicht zuverwundern? wann der Richter auf dem Stuel sitzet / die Henkersknechte neben sich hat / und die Urtel über die Christen ausspricht / ko en andere mit hauffen herzugelauffen / uñ meldẽ sich an / sie seyn auch Christen;[193] Dann sie halten die Verleugnung ihres Glaubens vor die allerschreklichste Sünde / die ein Mensch begehen könne. Daher ists offt kommen / daß der Richter hat müssen auffhören die Urtel zuvolstrecken / damit die Landschafften von Leuten und Inwohnern nicht gar öde würden. Was der Käyser und seine Grossen offt vor Mühe hiemit gehabt / stehet nicht auszusagen /aber endlich hat man befunden / daß der Christenhauffe durch Verfolgung nur zunehme; dann auch der Römische Raht selbst hat unter sich / die diesem Glauben zugetahn sind; der jetzige Käyser Alexander gönnet ihnen Ruhe / und hält ihren JEsus mit vor einen Gott; aber weil er andere Neben-Götter hat /wird er nicht vor einẽ Christen gehalten / wiewol seine Mutter Fr. Mammea eine Christin seyn sol. Ich erschrak dieser Erzählung sehr hart / und hielt meiner damahligen Meynung nach / das Christentuhm vor eine lautere Bezauberung / welche des Menschen Wiz und Verstand hinweg nähme / fragete auch / ob man dañ kein einiges Mittel wüste / ihrer etliche von dieser Verführung abzubringen. Ja / sagte er / es begibt sich offt / daß man etliche / die in dem Irtuhm nicht so gar tieff ersoffen / mit harter Bedräuung und angelegter Pein / auch Unterweisung der Gelehrten / wieder zurechte bringet; aber die sind mehrenteils die ganze Zeit ihres Lebens traurig / und gehen / als währen sie erschlagen; komt ein Christ zu ihnen / der ihnen Hoffnung machet / ihr JEsus wolle sie wieder annehmen /da gehet es dann tausendmahl heftiger als vorhin /lauffen ungefodert nach dem Richter / und bekeñen /daß sie durch vorige Verläugnung sich hoch versündiget haben; Zeuhet man sie dann zur Straffe / so gehen sie mit grösserer Freude zum Tode / als eine Jungfer zum Tanze; Jedoch haben wir etliche / die nicht allein vom Christentuhm wieder abgetreten sind / sondern auch beständig bey uns verharret / und den Christen viel Schimpffs angelegt haben. Ich kunte der Erzählung länger nicht zuhören / sondern stellete ein Schreiben an Herkules / in welchem ich ihm hart verwieß / dz er mir den BruderNahmen entzogen hätte; seine Knechtschafft irrete mich nicht / nur trüge ich ein herzliches Mitleiden mit ihm / daß er durch den neuen Aberglauben bezäubert / und seines unvergleichlichen Fürstenmuhts beraubet währe / hoffete /er würde davon abstehen / der Pfafferey sich entschlagen / und aller Ungebührligkeit / die den Christen einhellig nachgesagt würde / müssig gehen / damit er nicht als ein Ubeltähter dürffte hingerichtet werden. Seiner angenehmen Antwort hierauff wolte ich erwarten / in welcher er des weitläufftigẽ Predigens sich enthalten / und mir schreiben möchte / ob er Ritterlichen übungen den Kauf noch nicht gar aufgesagt /dann wolte ich bald bey ihm seyn / ihn der Leibeigenschafft benehmen / und was weiter anzufangen währe / mit ihm abreden. Das Schreiben / so er an seinẽ Herr Vater getahn / ließ ich nach Aquileia bringen / von dannen es nach Teutschland kam / woran ich doch unweißlich handelte; dann so bald der GroßFürst es gelesen / und seines Sohns Christentuhm / auch daß er die Teutschen Götter so heftig schalt / vernommen /hat ers mit seinen Pfaffen und ädlen in Raht gezogen /sich heftig darüber geeifert / und meinen Herkules des Erbes entsetzet / biß dahin er sich eines andern bedenken / und den Göttern vor erwiesenen Schimpff Abtrag machen würde. Solches hat er ihm nach Rom zugeschrieben / welches er auch vor meiner Ankunfft daselbst / empfangen hat. Mein AntwortSchreiben sendete ich ihm bey Ekhard schleunig zu / und stieß mir folgenden Tages ein Glük zur hand / welches zu seiner Befreyung mir hernach wol dienete. Es gab sich ein gewaltiger [194] Pannonier in unserm Lager an / der nach abgelegter Werbung / wozu er ausgeschikt wahr / mit schimpfflichen Worten fragete / ob nicht etwa ein streitbahrer Römer Lust hätte / einen Gang mit ihm zu Roß oder zu Fuß zuwagen / möchte er dessen Manheit gerne empfinden; Bald ließ sich ein Häuptman angeben / welcher den Schwertstreit zufusse mit ihm antrat / aber den kürzern zog / so daß dieser unverletzet blieb; dessen er sich nicht wenig rühmete. Solches verdroß einen Römischen Ritmeister heftig /setzete sich zu Pferde / und foderte ihn aus; hatte aber schlechter Glük als der vorige / massen er mit dem Speer durch den Unterleib gerennet ward / daß er des andern Tages verschied. Unser Feldherr Dio ward dessen sehr betrübet / daß die seinen solchen Schimpf einlegeten / da hingegen des Pannoniers Troz nur zunam / weil er seine Streiche sehr ungeheur führete. Der verwundete wahr mein sonderlicher Freund / welcher / als ich ihm auffhalff / fragete / ob niemand ihn rächen wolte. Dio selbst trat hinzu / und taht Verheissung / der Uberwinder an diesem Pannonier solte einer sonderlichen Römischen Gnade gewärtig seyn; daher ich mich erboht einen Versuch mit ihm zutuhn; wovor er mich nicht düchtig ansahe; welches mir nit wenig zu Häupte stieg / und mich daher erklärete /weil ich nur ein FreyReuter währe / und keine Römische Gelder höbe / dem Pannonier vor mich selbst nachzufolgen / und mein Heil an ihm zuversuchen /dero behuef ich von meinem Ritmeister Erlassung begehrete; worauf mir der Kampf gerne erläubet ward; ging hin zu dem Trotzer / und sagete: Nicht deine Manheit / sondern der blosse Unfall hat deine Gegener erleget / und wann mirs nicht schimpflich währe /einen auszufodern / der schon mit zween gekämpffet /müstestu oder ich der dritte erleget seyn. Ja / antwortete er mir / wann du dich selb ander stellen wilt / wil ich dir zugefallen seyn / weil du in deiner Jugend so viel herzens hast / dich mit einem Manne zuschlagen. Nun höre ich / sagte ich hinwieder / daß in dir weder Tugend noch scham ist / weil du die Ruhmrätigkeit zum Schilde brauchest / darumb mache dir die gewisse Rechnung / daß du mit mir an den Tanz must; hastu dich aber heut abgemattet / so ruhe aus biß morgen früh / länger gebe ich dir keine frist. Dio selbst ließ mir treffliche Waffen / und ein festes Pferd bringen / und sagte zu mir: Teutscher Ritter / dafern euer Nahme Winnibald mit der Taht einstimmen sol / werdet ihr den schönen Sieg bald gewinnen / wozu ich euch Glük wil gewünschet haben. Der Pannonier aber hielt meine Rede vor gar zu trotzig / und fing an / sich bedraulich vernehmen zulassen / wie er mich zurichten wolte; dessen ich wenig achtete / die Waffen anlegete / und ihn mit diesen Worten anredete: Laß nun sehen / ob dein Speer und Säbel so wol stossen und schneiden kan / als dein Maul groß sprechen; Wir begegneten einander zum drittenmahl / ohn einigen Sattelwank / aber im vierden Satze half mir das Glük /daß er stürzete / und sich doch wieder zu Pferde setzete / ehe ich bey ihm anlangete. Da musten nun die Schwerter nicht feyren / und trieben wir uns eine halbe Stunde umb / daß das Blut beyderseits sich sehen ließ / biß endlich ich ihm den Helm lösete / und mit einem Schnitte ihm die Gurgel öffnete / daß er ruhig ward / wiewol ich zwo zimliche Fleischwunden davon brachte. Nach erhaltener überwindung warff Dio mir eine trefliche Kette umb den Hals / und nante mich den Teutschen Sieger / versprach mir das Römische BürgerRecht / und machte mich zum Ritmeister an des tödlich verwundeten Plaz / der seinen Feind noch vor seinem Ende stürzen sahe / und aus Dankbarkeit mir sein Leibpferd / welches überaus wol gewand wahr / vermachete. [195] So bald ich verbunden wahr / nam ich meines Herkules Erlösung in acht / und setzete ein Schreiben auff an Herrn Dio / in welchem ich untertähnig baht / mir mit einer Vorschrifft behülflich zuseyn / daß mein zu Rom verkauffter naher Anverwanter mir gegẽ Erlegung eines gnugsamen Lösegeldes / unwegerlich möchte abgefolget werden / weil er nit im Streite gefangen / sondern durch Räuberhand entführet wäre / gleich da er mit mir auf der Reise gewesen / sich in Römische Dienste zubegeben. Worauff er mir einen offenen Brief an Käyserl. Hocheit zustellete / dieses Inhalts:

Demnach Zeiger dieses / Winnibald / Teutscher ädler Ritter einen verwägenen Pannonier im absonderlichen Kampff ritterlich erleget / und dadurch verdienet hat / daß er nicht allein mit dem Römischen Bürgerrecht / sondern auch andern Käyserlichen Gnaden angesehen werde /und aber zur Erstattung seiner Dienste / nur seines ohn ursach gefangenen und verkaufften Freundes Oedemeiers Erlös- und Befreyung bittet / als wird Käyserl. Hocheit hiemit von mir untergezeichnetem alleruntertähnigst ersuchet / ihm darin allergnädigste Hülffe zuleisten / welche ich wol versichere / daß Zeit meiner Feld Herrschafft ein so grosser Trotzer und verwägener Pannonier sich nicht finden lassen / als der durch dieses ädlen Ritters sieghaffte Faust gebendiget und erschlagen ist; solte aber Käyserl. Hochheit nicht belieben / das Lösegeld aus gemeinem Seckel zuerlegen / erbiete ich mich / es von dem meinen als eine schuldige Dankbarkeit auszuzahlen. Dio.

Als ich an meinen Wunden genesen wahr / stellete Ekhard sich wieder ein / berichtete / wie höchlich Herkules über meiner unverrükten Liebe sich erfreuete / und lieferte mir sein Schreiben / ohngefehr dieses Inhalts: Seine Seele hätte die höchste Erquickung aus meiner beharlichen brüderlichen Gewogenheit eingenommen / weil ihm doch unmöglich währe / seinen Ladisla nicht zulieben. Daß ich seinen heilsamen Christlichen Glauben vor eine Zauberey hielte / legte er nicht meiner Bosheit / sondern Unwissenheit zu /welche sein HErr JEsus mir gnädig verzeihen würde; dz er aber davon abzustehen / von mir angesucht währe / könte er nach meinem Willen nicht beantworten / hätte doch seines Muhts und herzens noch das allergeringste nicht verlohren / sondern währe willens / der Ritterschafft nachzuziehen / so bald ihm nur Antwort von seinem Herr Vater zukähme / und möchte ich die Gedanken ja nicht fassen / als ob ein Christ mit einem UnChristen nicht könte weltliche Vertrauligkeit haben; Ich solte nach belieben nur kommen /dann würde ich spüren / daß er keiner Ungebührligkeit anhinge / deren ich ihn beschuldigte / und würde Ekhard mir eine Herberge / gerade gegen seiner Wohnung über / zeigen / dahinein ich mich legen könte. Ich bildete mir ein / mein Schreiben hätte ihn schon weicher gemacht / daß er vom Christentuhm könte abgebracht werden / insonderheit / weil Ekhard mich berichtete / er hätte ihn etwas milder als vorhin befunden; welches mich hoffen machete / ich würde vor meiner Ankunft zu Rom / ihn gar davon abschrecken können / und schickete ihm ein bedrauliches Schreiben zu / dieses Inhalts: Ich müste leider mit Schmerzen vernehmen / wie er añoch mit der neuen Tohrheit (ach so schrieb ich ja) behafftet / seine vorige Liebe zu seinen Land-Göttern nicht hervor suchen könte /dessen ich mich zu ihm nicht versehen; seines Herrn Vaters Antwort / dafern er demselben seinen Glauben hätte kund getahn / wolte ich ihm wol vorher sagen /nehmlich / er würde ihn als einen Abtrünnigen und Verleugner seiner Götter verfolgen / und vor seiner Bekehrung ihn vor keinen Sohn erkennen nur wenig ich mich zu ihm einiger bestendigen vertrauligkeit versehen könte; wolte demnoch hoffen / er [196] würde angesichts dieses / seinen Sinn endern / die verzauberte Neuerung ganz ablegen / und mir nicht Ursach geben / ihm bey der Römischen darzu verordneten Obrigkeit anzumelden / daß er durch Zwangmittel gehalten würde / dem guten zu folgen / und die verfluchte Geselschafft der Verächter aller alten Götter zu meiden. Ekhard muste hiemit schleunig fort / dem ich des folgenden Tages mit Minutius folgete. Aber O wunder! dieses mein Schreiben war Herkules gleich so angenehm gewesen / als hätte ich ihm die freundlichste Antwort zuentbohten. Nun nun / mein lieber Ekhard /hatte er gesagt / ich habe nicht unterlassen wollen /meiner Eltern und geliebten Bruders Ladisla Seligkeit zu suchen; kan ichs dañ nicht erhalten / O so schicke du es / mein Heyland / nach meinem Tode / daß ich sie nur nicht in der Helle möge verderben sehen. Damit wahren ihm die Trähnen häuffig aus den Augen hervorgeschossen / hatte sich endlich wieder erhohlet / und zur schließlichen Antwort gegeben: Ich sehe aus meines Ladisla Schreiben / daß er gesonnen sey / wegen meines Christentuhms mich bey der Obrigkeit anzuklagen; ja ja / wie es meinem Gott gefället / bin ich zu frieden; und O wie mit freudigem Herzen wil ich zu der Hochzeit des Lammes mich einstellen /und mitten in der Feuersglut nicht unterlassen / vor ihn zu bitten / daß er von Gott möge bekehret werden. Reitet ihr nur hin / mein Ekhard / und saget / daß mein Herzlieber Bruder Ladisla nicht seume / sondern sich bald herzu mache / und daß ich durch meines Gottes Beystand geschikt sey / umb des nahmens JEsus willen / gehenkt / versenkt / erkränkt / geschunden / gebraten / und durch alle Pein hingerichtet zu werden; dann hiedurch wird mir auffgesezt / nicht eine irdische und vergängliche / sondern eine himlische ewige Krone / da ich in der Zahl aller außerwählten / mit höchstem Schmuk angetahn / über Welt /Sünde / Tod und Helle den ewigen Sieges-dank erhalten und davon bringen werde. So kom nur bald mein Bruder Ladisla / daß ich durch dein angeben die geistliche Ritterschaft ehist vollenden möge. Dieses alle hatte er mit solcher freudigkeit vorgebracht / dz Ekhard anders nicht gemeinet / dann es redete ein Engel Gottes mit ihm / hatte ihm auch wegen Herzens bewägung in guter Zeit nicht antworten können / doch endlich zu ihm gesagt: Durchleuchtigster Fürst; wer wolte eure Gn. zu solchem erschreklichen Tode befodern? meinet die / daß Fürst Ladisla zum Wolfe oder Bähren worden sey? Nein / er ist schon auff der Reise / seinen herzlieben Bruder Fürst Herkules zubesuchen / nach welchem in das Verlangen nunmehr anderhalb Jahr fast zu Tode gequälet hat. Kein Mensch ist mir mehr wilko en / als mein Ladisla / hatte er geantwortet / aber reitet ihm entgegen / und meldet ihm an / ich lasse ihn durch unsere ehmalige inbrünstige Liebe bitlich eriñern / er wolle auff seine ankunft alles nach belieben anstellen / aber dafern er durch schimpfliche Reden oder lästerungẽ wieder meinen Gott mich zubeleidigen willens ist / solle er sich meines Angesichts enthalten / damit ich nicht gezwungen werde / ihm tähtlich sehen zulassen / wie viel mehr und höher ich Gottes Ehr als Menschen Liebe achte; dann weder er noch kein ander Mensch bilde sich ja nicht ein / daß ich solches mit geduldigen Ohren anhören werde. Als Ekhard mir dieses alles erzählete / ward ich durch Liebe und erbarmung dergestalt eingenommen / daß mein Herz im Leibe auffwallete / daher ich sagete; der Brieff müsse verflucht seyn / welcher meinem Herkules den Willen zusterben / und mir zu dräuen Ursach gegeben hat. Nam mir auch gänzlich vor / ihm des Glaubens wegen weiters nicht einzureden / und wahr nur darauff [197] bedacht / wie ich von ihm die Freyheit meines Heidentuhms / unser Freundschaft ungetrennet / erhalten möchte; ritte ohn auffhören fort / daß ich des andern Tages nach Ekhards wiederkunft zu Rom anlangete / uñ in die bezeichnete Herberge mich einlegete. Nach einer Stunde sahe ich ihn aus dem Hause gegen über / in adelicher Kleidung reiten / dann er muste ein Pferd tummeln / welches er treflich abgerichtet / und sein Herr meinem FeldHerrn Dio zum Geschenke senden wolte. Ekhard muste sich auf der Gasse zeigen / daher er sich meiner Ankunft alsbald vermuhten wahr / ritte auch kurz darauff das Pferd wieder hinein / und trat in seine HaußTühr mit überaus freidigem gemühte. Ich ging gleich mit meinem Haußwirt unten im Hause umbher / welcher zu mir sagete: Mein Herr / sehet dorten meines Nachbars Leibeigenen / des gleichen in ganz Rom nicht zu finden ist; jederman verwundert sich seiner Schönheit /Geschikligkeit / uñ unvergleichlichẽ Art / uñ haben grosse Herrn umb ihn / mit darbietung ansehnlicher Gelder angehalten / aber Zinna sein Herr / wil ihn durchaus nicht folgen lassen. Ihr saget recht / antwortete ich / daß seines gleichen / Käysers Hocheit außgenommen / in ganz Rom nicht ist / es wird aber Herr Zinna mir ihn schon außfolgen lassen müssen / als der ich ohn zweiffel das näheste Recht zu ihm habe / der dann trauen des Geblüts nicht ist / daß er Zinna oder einigem Menschen vor Leibeigen aufwarten solte /nachdem er mannich tausend freie Leute zu Untertahnen hat. Ich habe den Jüngling / sagte der Wirt / allemahl vor Hochädel angesehen / aber von Zinna wird er übel zu bringen seyn. So getraue ich aber / sagte ich / er werde sich nicht lange wiedersetzen / dann ich habe Käyserl. Hocheit selbst an der Hand; kunte auch mein Herz länger nicht abhalten / sondern lieff zu ihm hinüber; und als er mich kommen sahe / trat er zu seines Herrn Tühr mit trähnenden Augen hinein da wir uns herzlich umbfingen / und vor inniglichster bewägung kein Wort sprechen kunten / biß er endlich sagete; Herzallerliebster Bruder / bistu kommen / deine Dräuung zuerfüllen / so handele nach deinem belieben; nur schilt mir ja meinen Gott nicht in meiner Gegenwart / daß ich nicht Ursach haben möge / dich zu hassen; kanstu dessen dich enthalten / so gönne mir nur drey Tage / mich an dir zuergetzen / dañ soltu erfahren / wie freidig und getrost ich sein werde / umb meines Gottes / umb meines allergütigsten Gottes und seines Sohns JEsus willen zusterben. Ich gab ihm mit gebrochener Rede zur Antwort: Herzlieber Bruder /kränke doch deinen ergebenen mit solcher herzens Angst nicht; mein unbedachtsames Schreiben habe ich äusserst verfluchet / dann wer dich tödten wolte müste mir den Hals zugleich mit brechen / ob ich gleich in deinen neuen Glauben nicht gehehlen kan; hoffe aber / du werdest mir meine alten Götter frey gönnen / alsdañ soltu eben wenig von mir in deinem Gottesdienste gehindert werden / nur daß unsere Herzen mögen verbunden bleiben / wie sie von anfang her gewesen sind / und du sehr wol weist / daß deine Seele meines Lebens einige Ergezligkeit und auffenthalt ist. Hiedurch ward nun mein Herkules dergestalt erfreuet / daß er nicht wuste / wie freundlich er sich gegen mich halten solte / und kunten wir des küssens und umbfahens nicht müde werden. Hierzu kam die HaußJungfer Zezilia / und als sie solches unser unnachlässiges küssen sahe / sagte sie: Mein Oedemeier / was habt ihr da vor einen lieben Freund angetroffen /dessen beginnen mich fast in meiner meynung stärken dörfte / daß ihr nicht ein Mann / sondern Weibesbild währet. Ich trat alsbalb zu ihr hin / uñ nach geleistetem Handkusse antwortete ich; Hochädle Jungfer /[198] daß ich Oedermeier lieber Freund bin / können weder er noch ich in abrede seyn; weil ich dann seinen jetzigen knechtischen Zustand nach langer forschung endlich erfahren / habe in ansehung unser nahen Blutfreundschaft ich nicht umbhin gekunt / mich hieher zu machen / damit er seiner Leibeigenschaft enthoben /in seinen angebohrnen freien und Hochädlen Stand wieder gesezt werde. Sie antwortete mir kein Wort /nur daß sie sagete: O Oedemeier Oedemeier / wie habt ihr mir eine Nase gemacht! muß man gute Freunde so äffen? ging hiemit hin zu ihrem Vater / und brachte vor / es währe ein fremder Ritter ankommen /welcher vorgeben dürfte / Oedemeier währe ein freigebohrner Herr von hohem Adel / den er wieder loß haben wolte kam auch bald wieder mit ihm her / und fing Zinna mit sauren Geberden an zu fragen / wer so kühn währe / seines Leibeigenen halben Einsprache zu tuhn. Derselbe bin ich / gab ich zur Antwort / und hoffe leicht zuerhalten / daß er mir gegen darlegung seiner verschlossenen Gelder meinen geliebten Hochfreigebohrnen / uñ durch Räuber Hände entführeten Oheim folgen lasse. Er hingegen schnarchete immerfort / ich solte mich ja bey zeiten packen; er wüste schon mittel / seine Diener vor dergleichẽ Ansprenger zu schützen; und da sein Oedemeier die guten Tage länger nicht ertragen könte / solten ihm schlimmere gnug folgen. Ich gab hierauf der freundlichen Worte auch nicht viel von mir; Was? sagte ich / bin ich ein Ansprenger? und dürffet meinem Oheim noch dräuen? habt ihr ihn etwa gnädig gehalten / seid ihr solches /in ansehung seiner Tugend und hohen Standes schuldig gewesen; und mache mein Herr mir nur nicht viel pochens; ich frage ihn nur / ob er von mir die außgelegeten Gelder wieder empfangen / oder meinen Oheim lieber durch Römische Käyserl. macht wil loßgesprochen haben? diese Wahl gebe ich ihm aus blosser freigebigkeit / dessen er diesen Brieff / von meinem Gn. FeldHerrn Dio selbst geschrieben und untersiegelt / zum Zeugnis lesen mag; reichete ihm denselben / welchen er mit grosser betrübnis lase / auch alsbald nähern kauff gab / und mir antwortete: Ich erkenne billich des Römischen FeldHerrn Vorschrifft / bin auch nicht der Meynung / mich euch / als einem wolverdienten meines Vaterlandes / zu wiedersetzen; weil ich aber gleich jetzo einen auff der Gasse gesehen /der mir diesen Jüngling vor leibeigen verkauft hat /wil ich schon wissen / mich an ihm zuerhohlen. An diesem / sagte ich / werdet ihr wenig gewinnen / als welcher in Römischen diensten / und mein bestalter Reuter-Fähndrich ist / sehe auch nicht / wie ihr dessen Ursach habt / in dem ich mich schon erbohten die Gelder von dem meinen willig zuerlegen / und daß ihr euch nicht zubeschweren habt / wil ich alles / was er an Kleidern und Zehrung euch gekostest / vierdoppelt bezahlen / damit ihr sehen möget / ihr habt keinen Betler an ihm gehabt / sondern der euch mit allen euren Gütern von dem minstenteil seiner Auffkünfte leicht eigen kauffen solte; werdet ihr euch nun willig finden lassen / könnet ihr die Gelder stündlich empfangen / auff welchen fall ich nicht willens bin / Käyserl. Hocheit einigerley weise zubemühen. Als er dieses hörete / gab er zur Antwort; Ihr seid ungezweiffelt ein redlicher Ritter / und gebet eure Liebe zu eurem Oheim gnugsam an den Tag; wie gerne ich nun gleich meinen Oedemeier behielte / müste mir doch von herzen leid seyn / daß ein so ädles Herz mit leibeigenschaft weiters solte belegt werden / würde mich auch viel anders gegen ihn bezeiget haben / wann seyn Hochädler Stand / an welchem ich gar nicht zweiffele / mir währe bekant gewesen. Zwar was vor einen guten Willen ihm zubezeigen / [199] zeigen / ich etliche Tage vorgehabt / ist unnöhtig / und zu späht zuerzählen; damit aber ich in der Taht sehen lasse / wie gewogen ich ihm bin / so schenke ich ihm nicht allein seine Freyheit ohn entgelt wieder / sondern er sol von mir 8000 Kronen zur verehrung gewärtig seyn; damit ich verhoffe zuersetzen / was ich ehmahls verbrochen habe. Ich bedankete mich des guten Willen / und angebohtenen Geschenks / mit anzeige / daß ich wol wüste / mein Freund / dessen ertichteter Nahme Oedemeier währe / solches nicht annehmen würde. Und weil Ekhard mit 5000 Kronen sich einstellete / ließ ich dieselben Herkules zun füssen setzen / und sagete zu ihm; Mein wirdigster Bruder / schaffe du hiemit deinen Willen. Fr. Sulpizia / Herrn Zinna Gemahl kam auch hinzu gegangen / und verwunderte sich sehr über dieser begebnis / da Herkules diese Rede anfing: Hochgeehrter Herr Zinna / auch tugendreiche Fr. Sulpizia und JungferZezilia; daß diese Zeit über ich den Unfall meiner Knechtschaft geduldig ertragen / ist unter andern auch diese Ursach / daß ihrer sämtlichen gewogenheit ich wol genossen / und fast wie ein leiblich Kind gehalten bin; wovor ich mich dienstlich bedanke / nebest dem erbieten / schier dereins gelegenheit zu suchen / was gestalt solche woltahten vergolten werden. Wann dann der allerhöchste Gott es vor dißmahl also füget / daß ich meine vorige Ritter- und adeliche Freyheit wieder antreten sol / und mein werter Herr Zinna nicht allein darein williget / sondern mir dieselbe ohn entgelt zustellet / so erkenne ich daher seine Gewogenheit umb so viel klärer / unter der Hoffnung / mein Herr werde mir vergünstigen /daß ich dieses gegenwärtige / meinen hochwerten Freundinnen Fr. Sulpizien / und Jungfer Zezilien zum Gedächtnis meiner geleisteteten Dienstbarkeit / und nunmehr angebohtenen Freundschaft einliefern möge. Reichete hiemit einer jeden einen Beutel von 2500 Kronen mit diesen Worten: Ich ihr bereitwilliger Diener / bitte sehr / mir dieses geringe nicht außzuschlagen / auch da deren Willen ich wegen unvermögens allemahl nicht erfüllen können / großgünstig zu übersehen. Sie wegerten sich dessen aber / biß ich mit hinzutrat / und Herrn Zinna freundlich ersuchete / eine Vorbitte bey den lieben seinigen zutuhn / daß sie meinem Freunde die erste Bitte in seiner wieder erlangeten Freyheit nicht abschlagen möchten; worauff ers gerne zuließ / und die Frau also antwortete; Herr Oedemeier; eure höfliche Tugend hat nichts als gewogenheit verdienen können; aber sehr ungütlich hat er bey uns gehandelt / daß er seinen Stand und Wesen so gar ungemeldet gelassen. Es ist geschehen / sagte Herr Zinna / und wünsche ich nur / daß das ergangene allerdinge möge beyderseits können vergessen werden / damit die folgende Freundschaft desto gewisser bestehe. Inzwischen reichete ich der Frauen und Jungfer zwey zimliche Kleinot ein / da Zinna / seinen guten Willen sehen zulassen / der Tochter befahl / ihres verstorbenen ältesten Bruders bestes Kleid Oedemeiern zu hohlen; welches sie ihm mit diesen Worten einreichete: Sehet da Herr Oedemeier / kleidet euch nun eurem Stande in etwas gemäß / und erinnert euch eurer Schuld / mit euch selbst / und zugleich mit mir abtrag zumachen / daß ihr euch selbst geschmähet /und mich gehöhnet / dann ich spüre wol / daß ihr der Verlobete nicht seid. Er aber empfing es mit hoher ehrerbietung / welches wir etwas abgefernet sahen /aber ihre Reden nicht hören kunten; da er ihr geantwortet hatte: Er hätte sich befahret / die Erkäntnis seines Standes möchte ihm schädlich seyn / und weil er ein ertichteter Oedemeier gewesen / hätte er ihm auch seines knechtischen Standes wirdige Eltern [200] richten müssen; sonst währe er gewißlich ein Verlobeter; ging hierauff in eine Kammer / und legete sich daselbst an. Die Frau nahm ihren Abtrit / die Mahlzeit anrichten zulassen; und fragete Zinna nach unsers Kriegsheers Beschaffenheit / biß Herkules wieder kam / uñ nach seiner ehmaligen Fürstlichen Art daher trat; worüber die gute Jungfer sich dermassen in ihn verliebete / daß sie die Flammen nicht bergen kunte /und ihr Vater selbst merkete / daß des Herzen Feur ihr durch die Augen leuchtete; welcher mich sehr baht /ihm Oedemeiers Stand etwas eigentlicher zuberichten / weil er sich allemahl vor einen Unädlen ausgeben; Worauff ich kürzlich antwortete: Er würde seinem treflichen Verstande nach / solches aus hochwichtigen Ursachen getahn haben; sonst möchte er mir gläuben /daß er ein sehr vornehmer Teutscher Herr währe / der in wenig Stunden viel tausend Reuter ins Feld führen könte / die seine angebohrne Untertahnen währen; hätte auch schon eine Feld-Herschafft über 40000 Mann bedienet / wie jung er anzusehen währe. Ich hätte mich des ersten billich vermuhten sollen / sagte er / dann alles sein tuhn und vornehmen / sonderlich zu Pferde / stehet ihm ungleich anders / als einem Bereiter an. Jungfer Zezilia hörete meiner Erzählung fleissig zu / und meynete / den Frisch schon gefangen haben / der grösser als ihr ganzes Meer wahr. Bey der Mahlzeit wurden wir treflich bedienet / insonderheit von dem Frauenzimmer / ohn zweifel ihre Dankbarkeit an den Tag zugeben. Hernach nöhtigte mich Herkules / seine Pferdezucht zubesehen / die er eine zeit her abgerichtet / da ich im Mahrstalle alles dermassen ordentlich fand / daß es nicht zuverbessern wahr; Es stunden 24 Reitpferde allerhand Farben in der Ordnung / welche / wann er ihnen zurief / zuwrinschen /und mit den Füssen zukratzen anfingen / und wahren Zinna vor 34000 Kronen nicht feile / welcher gestund / daß er über 40000 Kronen aus Pferden gelöset / die ihm Oedemeier abgerichtet. Er hatte es aber mit seiner Frauen und Tochter abgeredet / daß sie uns die drey besten mit allem Zubehör schenketen / welche wir auch zu dank annamen. Herkules kunte der guten Zezilien nicht nach ihrem Willen stete Unterredung gönnen / weil ich meinen Anteil auch an ihm haben wolte / und wahr uns nicht wenig verdrießlich / daß man unsertwegen eine grosse Gästerey auf folgenden Tag anstellen wolte / welches abzuwehren / wir vorgaben /morgen sehr früh nach dem Heer zureifen / weil ich nicht länger Urlaub hätte. Bey dem Abendmahle ging das nöhtigen wieder an / und schenkete das Frauenzimmer uns schöne güldene Ringe zum Gedächtniß /welches wir mit gleichmässigem vergolten. Hernach wolte man uns in absonderliche Schlafkammern legen / und kunten wir kaum erhalten / daß man uns bey sammen schlaffen ließ. Ich erfuhr diese Nacht / worinnen meines Herkules sein Christentuhm bestund / da er etliche Stunden auff blosser Erde in seinem Gebeht verharrete / und vor die Erlösung von dem knechtischen Joche seinem Heyland dankete. Früh morgens machete Ekhard unsere Pferde fertig / und ob man uns gleich auff das Frühstük nöhtigte / wolten wir doch nicht einwilligen / sondern ritten weit zur Stadt hinein / und legeten uns bey einem Wirt / Sabihn genand / dz sie von uns nichts erfahren solten. Ekhard muste alsbald nach Teutschland / und Herkules Eltern die Zeitung bringen / daß er wieder frey / und mit mir von Rom schon hinweg währe / den ritterlichen übungen nachzusetzen. Er begehrete an seine Fr. Mutter absonderlich / ihm zuschreiben / wie sein Herr Vater gesinnet / und dz auff den fall seines beharlichen Zorns /sie ihn mit jährlichem rittermässigem Unterhalt versehen [201] möchte. Ich aber zog alsbald wieder nach dem Römischen Lager / und erhielt willige Erlassung / insonderheit / da ich aus freyen stücken angelobete /wider die Römer nicht zudienen; meine Leute aber musten noch ein Jahr lang sich verpflichten / hernach solte ihnen der Abzug frey stehen. Ich schrieb auch nach Prag / man solte mir keine Gelder mehr nach Aquileja übermachen / weil ich meinen Herkules wiedergefunden / und mit ihm der Ritterschafft nachzöge / wolte schon schreiben / da ich etwas würde benöhtiget seyn; dieses taht ich zu dem Ende / daß man mir nicht nachfragen solte / weil ich über eine Tonne Baarschafft und Kleinot bey hatte / und eine zeitlang damit wol auskommen kunte. Ich bekam aber bey Ekhard (dessen Wiederkunfft ich im Lager erwartete) ein Schreiben an Herkules von seiner Fr. Mutter / darin sie ihm seines Herr Vaters beharlichen Zorn wegen seines neuen Glaubens anzeigete / und daß er von ihm erbloß gemacht währe / auf den fall er nicht wiederkehren / und mit den Teutschen Göttern sich aussöhnen würde; jedoch versprach sie ihm alle Notturfft zur Reise nachzusenden; und begab ich mich schleunig, wieder nach Rom zu meinem Herkules /der mein schmerzlich wartete / und lebeten wir wenig Tage in stiller eingezogener Ruhe beyeinander / biß wir nach Heilung unser Wunden / die uns von 16 verwägenen Räubern in Rom geschlagen wurden / endlich Italien zubesichtigen / uns aufmacheten / und nach Padua ritten / woselbst ich durch Abenteur an mein jetziges Gemahl geriet / und meine Frl. Schwester auff der Reise nach meinem Beylager / gefangen ward / welches diese Länder zubesuchen uns hat veranlasset. Aber mein H. Bruder wolle mir verzeihẽ /sagte er zu Artaxerxes / daß seiner Liebe ich mit meiner ungestalten Erzählung so lange verdrießlich gewesen bin. Artaxerxes bedankete sich des erzeigeten Willens der angenehmen Erzählung / und ordnete an /daß ein zierlicher Tanz von dem Persischen Frauenzimmer muste gehalten werden. Des folgenden Tages ward die Fürstliche Gästerey viel köstlicher gehalten /weil es zum Abzuge galt / und fand sich ein vornehmer Susianischer Freyherr / nahmens Phraatazes dabey / der seinem Fürsten 800 Reuter auf eigene Kosten zugeführet hatte; derselbe verliebete sich in Fr. Statiren / und weil Obrister Bubazes sein sonderlicher Freund wahr / machete er sich an dessen Liebste Kleofis / und baht / ihm hierin behülflich zuseyn; die es bald an die GroßFürstin Valiska brachte / und diese an Fabius / welcher nach vermögen bemühet wahr / ihre Ehre zubefodern / uñ ihr träulich riet / dieses Glük nicht auszuschlagen / weil dergleichen Heyrahten nicht alle Tage vorfielen; und ob sie zwar einwendete / daß ihr unmöglich währe / ihr Herz einem andern zuergeben / welches den ädlen Kleon in sich gefasset hätte; redete er ihr doch ernstlich zu / sie möchte sich eines andern bedenken / weil er vermählet währe; Worauff sie dann sich erklärete / sie wolte ihm Gewalt geben / mit ihr nach seinem Willen zuschaffen / doch daß der Freyer umb der Leute willen /biß auf geendete Trauer sich mit der heimlichen Zusage begnügen liesse / insonderheit / weil sie von ihrem Kleon sich schwanger befünde; worzu Fabius nicht sonderlich liebe wahr / und doch begehrete / daß sie ihm die Frucht / wann sie etwas würde erwachsen seyn / zuschicken solte / welches sie nach Verlauff zehn Jahr geträulich leistete / da sie ihm einen wolgeschaffenen Sohn übersendete / welcher nachgehends bey Herkuladisla / Herkules Sohn grosse Träue sehen ließ / und durch einen willigen Tod dessen Leben rettete. Der verliebete Phraatazes ließ sich mit der Zusage befriedigen / und muß ihr hieselbst zum Ruhm nachgesagt werden / daß sie [202] nicht allein sich nachgehends in dieser Ehe ehrlich und wol verhalten / sondern auch auf der GroßFürstin Fr. Klaren Raht / den Christlichen Glauben angenommen / und in demselben gottselig gestorben ist.

Am lezten Tage liessen die Morgenländische Fürsten 200 starke Pakwagen mit gemünzetem Golde /Kleinoten / Perlen / ädlen Steinen und allerhand köstlichen seidenen Tüchern beladen / deren solten Leches sechs; Neda / Prinsla / Klodius und Markus / jedem 4 / ingesamt 16 / geliefert werden; welche alle mit rohtem Tuch überzogen wahren / und die ersten sechse vier Tonnen Schatz; die anderen sechszehn / acht Tonnen Schatz geladen hattẽ; dabey fünff MaulEsel wahren / deren jeder vor 4000 Kronen / güldene und silberne Tücher; und vor 12000 Kronen Kleinot trugen. Die übrigen Wagen wahren viel schöner und ansehnlicher / deren anfangs 24 / einerley Gattung / mit braunem Sammet überzogen / an denen der NahmeVRSVLA mit grüner Seide gesticket wahr / und funden sich gleich so viel MaulEsel dabey; hatten funffzig Tonnen an gemünzetem Golde / drey Tonnen Schaz an gülden und silbern Tüchern / und sieben Tonnen an Kleinoten auff. Diesen folgeten 70 Wagẽ mit rohtem Sa et uñ silbern Schnüren verbremet / an welchẽ der Name SOPHIA mit silbern Fäden gesticket wahr /und darüber ein güldenes Krönichen. Hierauff wahren 160 Tonnen gepregtes Goldes / 10 Tonnen an silbern und güldenen Tüchern / und 20 Tonnen an Kleinoten / jedoch daß 30 Kamehle davon auch ihren Teil zutragen hatten. Endlich folgeten 84 Wagen mit grünem Sammet bekleidet / an welchen der Nahme VALISCA mit einer güldenen Krohn von Goldfäden gesticket /gesehen ward / und dabey 40 Kamehle / welche mit den vorgedachten gleichmässige Ladung hatten / nur daß 30 Tonnen Baarschafft mehr darauff wahren /welche Pharnabazus wegen des Fürstentuhms Susiana hinzu getahn hatte. Jeder Wage wahr mit sechs Pferden bespannet; die ersten 22 mit 132 Rappen; die andern 24 mit 144 Braunen; die dritten 70 mit 420 Apfelgrauen; die leztẽ 84 mit 504 Blänken; da die ersten mit schwarzen Sa eten; die andern mit rohten Sammeten; die dritten mit silbernen; und die lezten mit güldenem Zeuge ausgeputzet wahren; und hatten die Kamehl und MaulEsel gleichen Zeug mit den Wagenpferden / zu welchen sie gehöreten. Vor Gallus wurden keine Wagen bestellet / sondern die Fürsten liessen ihm 212000 Kronen einhändigen / wozu er schon 10 Tonnen an Gold und Kleinoten beyeinander hatte; dann weil er fast mit allen Obristen in brüderlicher Freundschafft stund / und dieselben wusten / wie viel Herkules auf ihn hielt / hatten sie ihm sehr grosse Verehrungen getahn / welches alles er auff 10 Wagen packete. Die beyden Sprachmeister Mardus und Timokles bekahmen jeder eine Tonne Goldes / und solches umb ihrer träuen Dienste willen / da vorhin schon Timokles von Artaxerxes / Phraortes und Pharnabazus statlich beschenket wahr. Nach dem Mittagsmahl hielt Artaxerxes eine trefliche Dankrede an unsere Helden / daß sie ihre FeldHerschafft so wol verwaltet / und ihnen den Sieg erstritten / so daß in unterschiedlichen Schlachten der Feinde über 100000 gefangen / uñ in die 500000 erschlagen währen / welche Schlappe der Parthische Wüterich nicht leicht ersetzen würde / weil ihre versuchte Manschafft mehrenteils drauf gangen. Hernach erzählete er / was gestalt er unserer Helden erste Kundschafft erhalten / da er unbekanter weise mit ihnen zu Ekbatana gestochen / und von ihnen die Freundschafft-Ringe gegen die seinen bekommen. [203] Weiters bedankete er sich wegen Hinterlassung der Teutschen / Böhmischen und Römischen Völker / und hielt zugleich an / daß Arbianes möchte vergönnet seyn / 16000 Teutsche und 4000 Böhmen zuwerben / von denen 6000 die Schlacht Schwerter zu führen düchtig währen / wozu ihm gnugsame WerbungsGelder solten mitgegeben werden. Schließlich erinnerte er die GroßFürstin Valiska ihrer getahnen Zusage / die Fürstl. Geselschafft einer Bitte zugewehren / dessen sie / dafern sonst ihre Liebe einige Gewogenheit zu ihnen trüge / ungewegert seyn wolten / und alle abschlägige Antwort vor einen Widerwillen halten; nehmlich / es währe eine Anzahl beladener Wagen / und auff denselben ein Zeichen dankwilliges Gemühts beygelegt / deren ein Teil Ihrer Liebe selbst; der ander / Königin Sophia; der dritte Fr. Ursulen / Herrn Fabius Gemahl von den sämtlichen Fürsten dargebohten würden / mit Bitte /nicht allein ihren Anteil willig und geneigt anzunehmen / sondern auch das übrige / hochgedachten Frauen unbeschweret einzuhändigen. Herkules gab ihm eine leutselige Antwort / darinnen er das hohe Lob höflich ablehnete / sich im Nahmen ihrer aller vor empfangene Guttaht und Ehre bedankete / und umb fernere Gewogenheit baht / nebest dem versprechen /daß die begehrten Völker gern und willig solten ausgefolget werden. Vor die ihren Gemahlen beigelegete Schenkungen bedankete er sich hoch / und baht / daß es bey einem ziemlichen gelassen werden möchte /damit sie nit über zu grosse angewendete Kosten sich zubeschweren hättẽ; welches Valiska mit einer zierlichen Rede wiederhohlete. Diesen Abend teileten Tyriotes und Bubazes unter Ladisla 300 Aedelknaben vier Tonnen Goldes aus / an Baarschafft / Ringen /und schönem seidenen Gewande zur Kleidung mit silbern Verbreme / welches auff drey Wagen gepacket ward / weil mans wegen der Eile nicht kunte verfertigen lassen; und bekahmen die vier adeliche Frauen /Libussa / Euphrosyne / Brela und Agatha von der Fürstin Barsene / im Nahmen der Fürstlichen Verbündnis / jede 25000 Kronen zu Zehrgeld / und etliche köstliche Kieinot / eins so hoch geschätzet. Frau Statira hätte der GroßFürstin und Herrn Fabius gerne ein wirdiges Gedächtniß gelassen / und baht Kleofis /ihr bey einem Kleinot Händler auff eine Tonne Goldes Glauben zumachen / welche inwendig acht Wochen solte bezahlet werden; davor nam sie zwey Kleinot aus / wickelte jedes absonderlich in ein weisses seidenes Tüchlein / und stellete es obgedachten beyden zu /mit untertähnigster demühtiger Bitte / solches von ihr gnädigst und willig anzunehmen; bedingete daneben /wann durch Wiederstattung es solte vergolten werden / müste sie es vor eine Verschmähung rechnen. Der grosse Gamaxus wahr nunmehr so weit genesen / daß er keines Arztes mehr bedurffte / aber die zubrochenen Glieder / so ihm krum geheilet wurden / damit er hinfüro zu den Waffen undüchtig währe / wahren noch sehr schwach. Sie liessen ihn auff den Saal bringen / umb zuvernehmen / ob er sich in seinen jetzigen Stand schicken könte. Als er gefodert ward / wegerte er sich zuerscheinen / biß man ihm die Ruhten zeigete / die er schon sechs mahl gekostet hatte; da ging er endlich sehr traurig mit. Er wahr als ein Narr gekleidet / ganz bund von allerhand Farben; an der Seite hing ihm ein grosser lederner Säbel / und die Mütze sahe einem Helme gleich / auff welcher ein Hase einen lahmen Löuen peitschete. Er ging Schwacheit halber auff einer Krücke die ihm unter dem Arme fest gemachet wahr. Als er in den Saal trat / und die Fürsten samt dem Frauenzimmer so köstlich gekleidet sahe / erschrak er nicht [204] wenig / und wünschete nichts als den Tod. Die Gesellschafft hatte angelegt / daß niemand sich an ihn kehren wolte / nur etliche Knaben musten ihr Affenwerk mit ihm treiben / welches alles er gehen ließ / als sähe ers nicht. Er sahe i erzu gleiche saur vor sich nider / hatte in einem offenen Winkel sich angelehnet / und ließ anfangs etliche Seuffzer gehen / die über den ganzen Saal gehöret wurden; endlich als die Knaben des Kinderspiels zuviel macheten / und er sich doch weder durffte noch kunte rächen / fing er mit erschreklicher Stimme an zu heulen / und sagete: O du verteufelter Tod / kanst du dann Gamaxus nicht das Herz abstossen / daß er diesem unleidlichen Spot und Hohn entrissen werde? Herkules und Valiska traten ihm näher / sahen ihn an / und hoffeten / er würde umb Gnade bitten; aber er taht / als sähe er sie nicht; biß Valiska zu ihm anfing: Du unbarmherziger gräulicher Bluthund; womit hatte ich dich jemahls beleidiget / daß du meinen Liebsten Gemahl zuerwürgen / und mit seinem unschuldigen Leichnam die Hunde und Vogel speisen woltest? hat man auch dessen einige Begebnis / daß mit Fürstlichen Häuptern also verfahren währe? oder wahrestu so hoch beleidiget / daß du hierzu gnugsame Ursach hattest? Gamaxus blickete sie an / betrachtete ihre volkommene Schonheit / und gab zur Antwort: O König Artabanus / ich halte euch nicht vor übel / daß ihr umb besitzung dieser Schönsten das äusserste waget. Meinestu das? antwortete sie; aber sage mir ja hiervon kein Wort mehr / wiltu sonst nicht gestriechen seyn / und gib mir Antwort auff meine Frage. Ich wahr bißher nicht anders gewohnet / sagte er / als nach meinem Willen zu handeln / hatte auch dergleichen beschimpfung / so mir damahls begegnete / noch nie auff mich ersitzen lassen. O du grobes Vieh / antwortete Herkules / kuntestu dañ deinen Zustand nicht erkennen daß du aus einer Baurhütte hervor gekrochen wahrest / und bißdaher nach Gottes verhängnis durch deine Vihische Stärke nur Gewütet hattest /welche sich ja vor Gott billich hätte fürchten sollen /als du keinen Menschen scheuhetest. Seid ihr dañ Gott? fragete er / so soltet ihr mich mit Donner und Bliz / und nicht mit dem tollen Pferde überfallen haben / des hättet ihr und ich Ehre gehabt. Jederman verwunderte sich der Halstarrigkeit / und sagte Herkules weiter; Nein / ich bin nicht Gott; aber Gott hat mich als sein Werkzeug gebrauchet / daß du gezähmet würdest. Doch sage mir / was woltestu mich wol sehen lassen / wann du meiner so mächtig währest /als ich deiner bin? Ich wolte dich in hundert tausend Stücken zerhauen / brüllete er überlaut; und bistu ein redlicher Rittersmañ / so tuhe mir deßgleichen. Du kanst mich weder schelten noch zornig machen / antwortete Herkules / und weil du so ungelernig bist / uñ durchaus keine Demuht fassen kanst / mustu so lange gestäupet werden / biß dir der Baurenstolz vergehet. Darauff ward er hinunter geführet / und so heftig gestriechen / daß er am ganzen Leibe rohe Fleisch wahr / da er endlich umb Gnade baht / und demühtig zu werden angelobete.

Diesen Abend kam Sysigambis Valisken ehemahlige Parthische Hoffmeisterin mit ihrem Sohn an / fiel vor der GroßFürstin nider / und baht untertähnigst /ihr gnädigsten Schuz bey Artaxerxes zuerwerben /daß sie sicherheit vor Artabanus hätte. Valiska hub sie von der Erden auff / ließ ihr 12000 Kronen zählen / und erhielt bey Pharnabazus / daß er ihr Zeit ihres Lebens in seinem Frauenzimmer unterhaltung gab; ihr Sohn aber nam bey Arbianes Dienste / und reisete mit ihm nach Teutschland. Auch offenbahrete Fr. [205] Saptina ihrem Gemahl Phraortes / was gestalt Valiska mit Arbianes eine Heyraht vor hätte / und wie er durch dz Brustbilde in Liebe gerahten währe / auch ohn zweifel sich selbst darin würde verzehret haben / dafern die GroßFürstin sein anliegen nicht ausgeforschet / welche schon ihre Gesanten nach Teutschland geschicket / die Anwerbung zu tuhn; worüber Phraortes sich höchlich verwunderte / und seinen Sohn glükselig preisete / dafern er in solche trefliche Schwägerschafft gerahten solte; aber ihr habt übel getahn / sagte er /daß ihr mir solches nicht zeitiger angemeldet / damit man ihn mit wirdigen Geschenken versehen mögen /und er seine Macht uñ Herligkeit bey fremden könte sehen lassen / worzu dañ kosten gehören. Ja / antwortete sie meinet dann mein GroßFürst / daß GroßFürstin Valiska ihn werde lassen Mangel leiden? und wañ solches gleich nicht währe / so habe ich ihn mit Perlen / ädlen Steinen und Kleinoten dergestalt bespicket / daß er wol bestehen sol / auch von meinem Bruder zehn Tonnen Goldes gelihen / und auff sechs Wagen beygelegt. Phraortes rühmete ihre Vorsorge / welche sein Sohn nach seinem Tode unvergolten nicht lassen würde. Des folgenden morgens wahren die unsern frühzeitig wache / liessen alle ihre Wagen anspannen / und hinaus vor das Tohr bringen. Herkules und Ladisla hatten 60 Wagen / darauff sie ihre Gelder / Kleider und Sachen führeten / nebest 30 MaulEseln und 12 Kamehlen. Fabius 12 Wagen /neun MaulEsel und vier Kamehle. Arbianes 12 Wagen / 12 MaulEsel und sechs Kamehle. Gallus 12 Wagen 10 MaulEsel / und zwey Kamehle. Leches /Neda und Prinsla ingesamt 18 Wagen / 20 MaulEsel /und sechs Kamehle. Klodius und Markus 12 Wagen 18 MaulEsel und vier Kamehle. Die Teutschen Völker 100 Wagen; die Böhmen gleich so viel / wie auch die Römer / alle mit sechs Pferden bespañen. Hierüber wahren 26 Gutschen welche den unser zustunden / auch jede mit sechs Pferden. Der Reitpferde wahren eine gute Anzahl. Herkules und Ladisla hatten 280. Fabius 34. Arbianes 30. Leches 20. Neda / Prinsla /Klodius / Markus und Gallus / jeder 16. Wahren ingesamt 444 Reitpferde; 2712 Wagen- und Gutschpferde; 34 Kamehle; 99 MaulEsel. Bey jedem Wagen funden sich zween Fuhrleute; bey jedem Kamehl zween Leiter / und bey jedem MaulEsel einer; aber je zwey und zwey Reitpferde wurden von einem Diener gewartet / die eines ritten und das andere an der Hand führeten; alle diese Diener uñ Fuhrleute wahren gefangene Parthische Kriegsleute / zu Leibeigenen gemacht / und ihre anzahl 1293 Mann. Die 203 Pakwagen auff welchen der Morgenländischen Fürsten trefliche Geschenke geladen wahren / hielten haussen vor dem GroßFürstlichen Schlosse / samt den 29 MaulEseln und 70 Kamehlen / denen nach obgedachter art Fuhrleute und Leiter zugegeben wahren /an der Zahl 575 gefangene Parther / welche alle dieses Zeichen

auff der linken Brust führeten. Es wahren die unsern der Meynung / ungessen auffzubrechen / aber sie musten zuvor wieder ihren Willen das Frühstük einnehmen / ungeachtet noch 40 Wagen mit allerhand Speisen / und 16 mit köstlichen Weinen ihnen mit gegeben wurden. Bey der Mahlzeit trat ein Persischer Magus oder Gelehrter vor den Tisch / bedankete sich gegen unsere Helden im Nahmen aller Gelehrten unertähnigst / das durch ihr kräftiges Schwert sie den künsten sicheren Siz erworben / und den endlichen Untergang von ihnen abgewendet; wünschete ihnen Glük und alle wolfahrt zur Reise / uñ reichte ihnen ein Lobgeticht ein / in welchem er rühmete / daß eine neue Zusammenkunfft [206] der dreyen Irresternen oder Planeten / als der Jupiter / Mars / und der Venus ihre Länder der beschirmet / und die Dräuungen des grimmigen blutgierigen Saturn abgewendet hätten / und lautete also:


1
GlükseligsLand / dem selbst der Himmel dienet /
Und stösset ihm den reichen Seegen ein!
Was solcher Art nicht freudig ist und grünet /
Muß an sich selbst nicht Hellers-düchtig sein.
O grosser Gott / du alles wunders vol /
Was hastu doch an Persenland erblicket /
Dz es nach wunsch mit deiner Gunst verstricket /
Beseliget und voller Lust seyn sol.
2
Es dräuet uns Saturn der Menschen-Würger /
Brand / Raub uñ Mord / verwüstũg / untergang.
Es galt ihm gleich / Fürst ädler / Bauer / Bürger /
Alt / jung / reich / arm; wir fühltẽ schon den zwãg /
Der wie ein Bliz auff uns hernieder schoß;
Der Henker wahr zu würgen schon gefliessen /
Ganz Persen mit Blutströhmen zubegiessen;
So ging Saturn auff ihr' Einwohner loß.
3
Sein grosser Stolz wolt' auch den Hi el brechẽ;
Die Venus selbst / die Troz nicht leiden kan /
Hielt er in haft; den Jupiter zu schwächen /
Und Mars darzu / greiff er die Ruhten an.
O stolzer Tropf! darfstu mit Göttern noch
Den schweren Streit vermässentlich aufnehmẽ /
Als woltestu sie bendigen und zähmen?
Ist Narrenwerk / sie sitzen viel zu hoch.
4
Ihr Heldẽmuht empfand den Schimpf zu schwer /
Deßwegen sie zusammenkunfft verschrieben.
Bald griffen sie ihn an mit ihrem Heer;
Des ward sein Volk bey tausend auffgerieben.
Er selber lieff / (wie hinkend auch) davon /
Nicht anders als der Schüler vor der Ruhten /
Daß auch sein Volk nicht kunte recht verbluten /
Das wahr Saturn des tollen Wüters Lohn.
5
O Persenland / jezt kanstu frölich rühmen /
Daß Venus selbst / daß Mars und Jupiter
Dich sicher macht. So wil dir nun geziemen /
Daß du (es sey jung / alt / Knecht oder Herr)
Den schönen Dank ansti est; sprich nur frey /
Daß Noht und Tod / durch hülffe dieser Götter /
In dem Saturn / der Wüterige Spötter
Gedämpfet ist / von dir genommen sey.
6
Ihr Kinder ihr / spielt ihnen stets zu ehren;
Ihr Musen singt / das Echo Wiederschal
Vernehmlich sey / last keine Furcht euch wehren;
Trometer gebt auch euren starken Hal.
Ihr Wälder / wolt ihr dann die lezten seyn?
Risch auf / frisch auf! last euer Laub frey rauschẽ
Die Flüsse stehn vor freuden schon und lauschẽ /
Umb / ihren Klang zu stimmen mit darein.
7
Als lange Laub und Graß in Persen grünet /
Die Sonne läufft / der Monde wächst und fält /
Sol unser Dank (der sich jezt hat erkühnet)
Ohn fehlen gehn biß an des Himmels Zelt.
O Venus / Mars. O Jupiter / fahrt fort /
Den gräulichen Saturn zu unterdrücken /
Daß Persen er nicht möge gar ersticken /
Und in das Meer hinwerffen über Bort.
8
Eur heller Glanz hat uns bißher beschienen /
Jezt dräuet ihr / O weh! den Untergang.
Ach lasset uns euch ferner noch auffdienen /
Volführet den wol angelegten Fang.
Zu stäubert / was Saturn uns zum verdruß
Anstifftet; bloß eur Nahme kan ihn dämpffen /
So dz sein Schwert nit siegen mag noch kämpfẽ /
Besondern in der Scheide stecken muß.

Nach geendeter kurzen Mahlzeit ging es an den Auffbruch / welches dem Frauenzimmer / sonderlich Frr. Saptinen und Barsenen manniche Trähnen aus den Augen drückete. Herkules hatte 50 Teutschen; Ladisla so viel Böhmen; Fabius 100 Römer / und Arbianes 200 Meden / welche mit ihnen biß in Teutschland solten; über diese musten noch 6000 / gleichenteils Teutsche / Böhmen und Römer / neben 8000 Meden und Persen / sie biß an die Römischen Grenzen begleiten. Als sie aus dem Saal in den innersten Plaz kahmen / stund Artabanus LeibElefante / der in der Schlacht gefangen wahr / in seiner besten Zier /über drey Tonnen Schaz am wert / daselbst fertig /und wahr ein Häußlein auff ihn gesetzet / von treflicher Arbeit / in welchem 12 Menschen sich wol behelffen kunten. Nähest dabey eine Gutsche / außwendig mit schwartzem Sammet überzogen / aber wann man [207] solches hinweg nam / glänzete sie aus- und inwendig von ädlen Steinen; der ganze beschlag wahr klammer Silber / sehr stark vergüldet / und gingen acht artige Schecken einerley Gestalt davor / deren Schwänze und Mähne biß an die Erde herunter hingen; vier Gutscher dabey / wahren in gülden Stük bekleidet / und hatten trefliche Säbel an der Seite / dann sie wahren Parthische gefangene von hohem Adel. Dieses beydes ward Frau Valisken von Artaxerxes absonderlich verehret. Im vörderen grossen Platze wahren neun schöne Gutschen und 400 Handpferde mit allem Zubehör / davon Ladisla / Herkules und Valiska 300; Fabius 30; Leches 20; die übrigen fünffe offtgenante jeder 10 bekahmen; wie auch jeder eine Gutsche mit sechs Pferden / alles nach Unterscheid Standes und Gebühr. Bey den Gutschen wahren 18 Fuhrleute / wie auch 200 bey den Handpferden / alle gefangene Parther. Ausserhalb des Schlosses traffen sie die obgedachten Wagen / Kamehle und MaulEsel an / worüber sie sich höchlich entsetzeten / und ganz ungehalten wahren / so daß sie schwuhren / wann sie solches solten gewust haben / wolten sie heimlich davon gezogen seyn / weil sie sich durch Woltaht gar zu heftig überladen befündẽ; wiewol sie nicht meineten / daß so übergrosse Schätze darauff währen. Hier ging es nun an ein Pauken / Trometen und Freudengeschrey / daß keiner sein eigen Wort vernehmen kunte /biß unsere drey Helden samt Fr. Valisken und Arbianes auff den Elefanten steigen wolten / da Phraortes zu ihnen trat / und einem jeden absonderlich seinen Sohn väterlich anbefahl / bey Fr. Valisken aber zugleich anhielt / ihm ein Fräulein ihres Geblüts / da ers wirdig / zuzuschanzen / ob sie gleich nur Herren Standes währe; dann er wolte es vor seine höchste Glükseligkeit rechnen / wann er mit diesen trefflichen Fürsten in Schwiegerschafft leben solte. Worauff sie zur Antwort gab: Seine Liebe möchte des Sohns wegen unbekümmert seyn / sie hätte das Eisen schon unter dem Hammer / wie sein Gemahl berichten würde / und solten sie am glüklichen Fortgang nicht zweifeln. Die Morgenländische Fürsten hatten auch einen Elefanten bereiten lassen / auff welchen sie mit Saptinen und Barsenen fliegen; dann sie wolten die unsern auff drey Meilen begleiten / und zogen in schöner Ordnung daher / biß sie an die ersten Wagen (so voraus gangen wahren) anlangeten / da sie sich alle vergeselschaffteten / daß sie 629 Pakwagen / 36 Gutschen / 104 Kamehle / 128 MaulEsel / und 2290 Reitpferde bey sich hatten; dann die gesamte Persische Reuterey hatten 400 von den besten erbeuteten Pferden zusammen bracht / und sie gleich wie Artaxerxes die vorigen / ausgeteilet / auch mit Parthischen Leitern versehen. Vor obgedachten Pakwagen und Gutschen gingen 4000 Pferde (dann fünff unter den Gutschen wahren mit achten bespannet / welche 16 Gutscher hatten) / und wahr die gesamte Anzahl der gefangenen Parther 2500 Mann. Doch wurden unter die obgedachten Pakwagen die Speise- und Weinwagen nicht mit gerechnet / weil die unsern solche von den Römischen Grenzen wieder zurücke sendeten. Der grosse Gamaxus / wie wund er von den gestrigen Ruhten an seinem Leibe wahr / muste er doch in seinen bunten Narrenkleidern vor dem Elefanten her reiten / da man ihm an jeden Arm eine grosse HenkersRuhte gebunden hatte / auff daß er sehen solte / was vor Helden er vor BettelFürsten gescholten. Als sie in dieser grossen Herligkeit daher zogen / gingen Fr. Valisken die Augen über / und sagete in Teutscher Sprache:O du Almächtiger Gott / was vor Gnade und Barmherzigkeit hastu mir unwirdigen [208] erzeiget! Ich ward von vier Räubern in diese Länder geführet / und so viel Fürsten müssen mich wieder hinaus begleiten; Ich nahm Geld von einem Räuber auff Borg / daß ich einen Nohtpfennig haben möchte / und nun führe ich des Landes Mark mit mir fort. Nun mein Heyland / du hast uns lassen groß werden / dein Segen hat uns reich gemacht /deine Hand hat uns geschützet / dein Schutz hat uns erhalten / deine Hülffe hat alles allein getahn; unsere Ohmacht gekräfftiget / unsere Gefängniß eröffnet / unsere Bande zurissen / unsere Feinde gedämpffet / und uns mit Gütern überschüttet. O so fahre fort / du kräfftiger Gott /gutes zutuhn denen / die dir vertrauen; gib daß wir in diesem Glücke uns ja nicht überheben / sondern in der Demuht verbleiben / damit wir nicht von deiner Hand gestürzet werden; geleite und führe uns auff unsern Wegen / daß ich und andere ungetauffte Christen / die bey uns sind / das gnadenreiche Bad der Sünden-Abwaschung an dem Orte empfahen mögen / da du wegen unser Sünde dich selbst hast wollen täuffen lassen / und gib uns deinen Heligen Geist / daß wir nach dieser Abwaschung uns ja nicht mit groben Sünden / die wider dich und unser Gewissen streiten / auffs neue besudeln / sondern einen Christlichen Wandel führen mögen / in aller Gottseligkeit und Erbarkeit / Amen; mein Heyland / Amen.

Billich danken wir dem allerhöchsten Gott / sagete darauff Herkules / und ist unmöglich / daß wir dessen unaussprechliche Gnade / Schuz / und Woltaht recht erkennen können / massen es unsern Verstand übertrifft / und unsere Wirdigkeit weit übergehet; doch wird der grundgütige Gott mit uns schwachen Geduld tragen / und wann wir nur den steiffen Vorsaz / ihm zudienen / behalten / und den Sünden täglich absterben / wird er uns seine Gnade nicht entzihen. In solchem Christlichen Gespräch gingen sie fort / biß sie bey einer Stad anlangeten / woselbst sie das Mittagsmahl schon des vorigen Tages hatten bestellen lassen; blieben daselbst drey Stunden beyeinander / namen hernach Abscheid / und zogen die Morgenländische wieder zurük / welche 4000 Reuter aus Herkules begehren mit sich nach Persepolis nahmen. Ladisla ordnete das Heer / daß die Persen den Vorzug haben / die Römer bey den Wagen bleiben / die Teutschen und Böhmen aber von hinten zu und an beyden seiten schliessen musten. Valiska nam ihr Frauenzimmer zu sich auff den Elefanten / und tahten unsere Helden ihr zwar bißweilen Geselschafft / aber die meiste Zeit ritten sie. Fr. Statira reisete mit ihnen fort / biß an die Susianischen Grenzen / woselbst sie Abscheid nam /und sich nach ihren Gütern hinmachete / da sie drey Wochen nach ihrer Heimkunfft eines unehelichen Kindes genaß / welches sie Statikleon nennete / und seinem Vater sehr ähnlich wahr / so daß er seinen begangenen Fehler den seinen nicht verbergen kunte / da er diesen seinen Sohn von Statiren bekam; worüber zwar Fr. Ursul dieses Weibes Unzucht verfluchete /ihn aber rühmete / daß zur Rettung seines Lebens er eingewilliget / weil er ohn das noch ein Ungläubiger gewesen währe. Orsillos erboht sich biß ans Meer mit zureiten / aber Fabius ließ ihm solches nicht zu / sondern erhielt bey Statiren / daß sie ihn zum Verwalter und Auffseher über ihre Landgüter annam. Als sie bey dem Tigerflusse anlangeten / und ihre Manschafft ausser ihrer absonderlichen Begleitung unter Wedekind / Tyriotes und Bubazes wieder zurük senden wolten /erfuhren sie / daß Sysimithres 8000 Mann Fußvolk /nicht weit von dannen / beysammen hätte / und sie nach Parthen führen wolte / wurden derhalben zu raht / diesem noch eine MummenSchanze zubringen / nahmen 5000 Reuter zu sich / und traffen sie des andern Tages im offenen Felde an / gleich da ihnen das Gewehr solte ausgeteilet werden; Sie umgaben dieselben alsbald / daß sie nicht entfliehen kunten / und [209] sich gefangen geben musten / da sie alsbald in Persischen äid genomen / und von 2000 Reutern nach Persepolis begleitet wurden. Sysimithres wahr mit angepacket neben 50 Werbern / welche 20 Tonnen Schaz bey sich führeten / 12000 Reuter damit im Römischen Gebiete zubestellen. Diese nam Herkules alle vor Leibeigene an / und wurden von den Geldern jedem Reuter durch die Bank 115 Kronen gegeben / auch 33000 Kronen unter die Fuhrleute und Pferdeleiter / sie lustig zumachen / ausgeteilet / und Sysimithres 1000 Kronen zum Zehrgelde; die übrige Halbscheid / als 10 Tonnen Goldes nam Valiska zu sich / vor arme Christen / da sie welche antreffen würden. Sie foderte auch Sysimithres vor sich / redete freundlich mit ihm / und erteilete ihm einen Scheinbrief biß nach Parthen; befahl ihm auch / König Artabanus ihretwegen zugrüssen /und dz sie numehr ihren Zug nach Teutschland vorgenommen hätte. Ich bin eurem Könige / sagte sie / allemahl in Ehren gewogen gewesen / aber nachdem er sich unredlicher Stücke unterwunden / und Gifftmischer ausgeschicket hat / habe ich nichts von ihm halten können / und möget euch wol versichern /daß er sich hiedurch bey seinen Feinden verhasseter /als durch keine andere Beleidigung / gemacht hat; jedoch / wil ich noch nicht unterlassen / ihm das beste zurahten / nehmlich / daß er in sich gehe / seine geschwächete Macht erkenne / von der vielfältigen Unkeuscheit abstehe / uñ in gleichem Stande mit andern Morgenländischen Fürsten sich halte / sonst wird er nicht lange mehr König seyn. Könte er nun seine Begierden einzwingen / und umb Heyraht mit dem Baktrianischen Fräulein anhalten / würde er schier heut oder morgen erfahren / wie träulich mein Raht gemeynet sey. Sysimithres bedankete sich untertähnigst /aller erzeigeten Gnade / und hielt inständig an / die Werbung an seinen König / schrifftlich aufzusetzen; welches sie ihr gefallen ließ / doch daß er bey Ritterlichen Ehren versprechen muste / nicht allein dem Könige solches geträulich einzuhändigen / sondern den Inhalt auch den beyden Fürsten / Vologeses und Pakorus wissen zulassen / denen Herkules sehr freundlich schrieb / und ihnen kostbahre DemantKetten zum Gedächtniß seiner Freundschafft übersendete; ließ alle Völker mit Sysimithres zurük nach Persepolis gehen /und behielt nur die obgedachten 400 Teutschen /Böhmen / Römer und Meden / neben den 300 Böhmischen ädelknaben bey sich. Es unterstunden sich zu unterschiedlichen mahlen etliche Parthische Fuhrleute und Pferdeleiter auszureissen / welche aber alle wieder ertappet / erschreklich geprügelt / und an die Bäume aufgeknupffet wurden / an der Zahl 29 / deren Stelle von den gefangenen Parthischen Werbern wieder ersetzet ward. Weil sich aber Herkules wegen seiner geringen Manschaft eines algemeinen Aufstandes von ihnen befahrete / taht er ihnen die Verheissung /daß wann sie sich beständig und träu bezeigeten /wolte er ihnen eine viel grössere Gnade beweisen / als sie ihnen nicht einbilden möchten; würde aber einer oder ander sich gelüsten lassen auszureissen / solte derselbe / da er ertappet würde / lebendig gespiesset /und seine sechs näheste Gefärten / darumb / daß sie seine Flucht nicht gehindert hätten / ohn Gnade aufgeknüpfet werden. Die lezte Dräuung währe gnug gewesen / sie inne zuhalten / aber die angebohtene Gnade machte sie so freudig / daß sie bey geleistetem Fußfalle sich erkläreten / der Gnade abzuwarten / und bey ihm zuleben und zusterben. Sie setzten ihre Reise stränge fort / biß sie über den Eufrat kamen / und Damaskus in Syrien erreicheten / dahin wir sie in guter Sicherheit und aller ehrliebendẽ Ergetzung wollen zihen lassen / uñ uns nach Teutschland [210] wenden / umb nachzufragen / wie es GroßFürstin Valisken ihren Gesanten / Ruprecht und Neklam ergangen.

Dieselben seumeten auf ihrer Reise nicht / segelten auch mit gutem Winde auff Bisanz / jezo Konstantinopel genennet / und gingen von darab den nähesten Weg nach Teutschland zu Pferde / biß sie Magdeburg / GroßFürst Henrichs Schloß erreicheten / welcher auf die Jagt ausgeritten wahr; wurden doch von der GroßFürstin und dem Fräulein wol empfangen / die sich sehr verwunderten / daß diese von Valisken / welche sie eine GroßFürstin der Teutschen nenneten / und von niemand anders mehr / den Gruß überbrachten; frageten deswegen alsbald nach / wie es Herkules und Ladisla ginge / und ob das Fräulein aus ihrem Gefängniß loßgemacht währe. Worauff Neklam alles berichtete / auch in was hohen Ehren die unsern bey den Morgenländischen Fürsten währen / und man der GroßFürstin ein treffliches Geld- und Volkreiches Fürstentuhm erbeigen geschenket / sie aber dasselbe nicht behalten wollen / sondern es einem Persischen Herrn wieder verehret / weil Ihre Durchl. bedacht währe / mit ihrem Gemahl ihr Lebẽ in Teutschland zuschliessen. Der grossen Reichtümer / welche sie zu Padua hätten / und bey sich führeten / währe keine Zahl. Daß er aber seines gnädigsten Königes Ladisla /und GroßFürsten Herkules Gruß nicht mitbrächte /währe die Ursach / daß die GroßFürstin ohn deren Vorbewust / und auf dem Zuge wider den Hauptfeind / sie abgeschicket / uñ ihnen etliche Schreiben überzubringen / gnädigst anbefohlen hätte; reichete auch der GroßFürstin das an sie haltende / gebührlich ein /die es begierig brach / und folgende Worte lase:

Der Durchleuchtigsten / Großmächtigsten Fürstin und Frauen / Fr. Gertrud / GroßFürstin in Teutschland / wünschet deroselbten gehorsamste Tochter Valiska / GOttes Barmherzigkeit und alle Wolfahrt. Höchstgeliebete gnädigste Fr. Mutter; aus erfreulichem Herzen kan derselben anzumelden ich nicht unterlassen / wie daß nach unsers Almächtigen Gottes sonderbahre Wunderschickung / mit dem Durchleuchtigsten Fürsten und unvergleichlichen Helde / Ihrem herzgeliebeten Sohn / meinem herzallerteuresten Schatze Herkules / auff Anfoderung und begehren meines herzlieben Herrn Bruders / Königes Ladisla /ich mich ehelich eingelassen / und wir unser Hochzeitfest auff dem Königlichen Persischen Schlosse mit HochFürstlichem Pracht gehalten. Ob nun zwar solches hohen Glückes ich mich selbst unwirdig schätze / und gerne gestehe / daß weder ich noch einige andere dieses Ehegemahls wert ist / so ehret und liebet er mich dannoch dermassen / daß mir alle Vergeltungs-Mittel benommen werden. Seine herrliche Tahten / denen andere nicht zuvergleichen sind / und meine durch ihn glüklichverrichtete Erlösung / wird Zeiger Neklam / und sein Gefärte Ruprecht (denen wir den Adel-Stand mitgeteilet) ausführlich berichten können. Mir zweifelt nicht / euer mütterliches Herz werde unsere selige Ehe gut heissen / und vor ihre liebe Tochter mich annehmen / als welche zeit meines Lebens kindlich zuehren und lieben ich nicht auffhören wil. Die bewägende Ursach / die Botschafft abgehen zulassen / ist meine herzallerliebste Fräulein Schwester / Frl. Klara / deren Wolfahrt mir nicht weniger als meine selbst eigene anlieget / dessen ich Gott zum Zeugen ruffe. Ach wie hat der treffliche junge Herr Arbianes / gebohrner GroßFürst und einiger Erbe des grossen Medischen Reichs / ein Fürst von etwa 20 Jahren / seines Lebens ein Held; wie hat derselbe in meiner Frl. Schwester Brustbildichen / welches er ohngefehr von meiner Libussen kommen / sich so hefftig verliebet / daß er weder Tag noch Nacht ruhen kan / und deswegen bey mir inbrünstige Ansuchung getahn / ihm diese hochgewünschte Heyraht zuwerben. Ich versichere meine Fr. Mutter / daß er an Tugend / Herzhafft- und Frömmigkeit / keinem einigen Morgenländischen Fürsten im geringsten bevor gibt / und mächtig gnug währe / mit 2 oder 300000 Mann / ihm ein Gemahl einzuhohlen. Ist es nun / daß diese meine erste Bitte bey ihrem mütterlichen [211] Herzen stat finden kan / wil ich mich selbst zu Pfande setzen / daß meiner Frl. Schwester diese Heyraht sehr wolständig seyn wird. Meine Meynung ist eben nicht / daß das Beylager so schleunig erfolgen solte / nur daß der verliebete Fürst / seiner auffrichtigen Liebe festen Fuß setzen möge welcher zu rechter Zeit sich nach GroßFürstlicher Wirdigkeit schon einstellen / und seinen Schatz / den er tausendmahl höher als sich selbst liebet / gebührlich abhohlen wird. Wegen der Aussteur hat meine Fr. Mutter sich nicht zubekümmern /massen mein Gemahl und ich dergestalt von unsern grossen Schätzen sie versehen wollen / daß nie kein Teutsches Fräulein den zehnden Teil je einem Gemahl zugebracht haben sol. So wird auch hochgedachter GroßFürstlicher junge Herr gegen meine Gnn. Eltern und hochgeliebete Frl. Schwester sich also einzustellen und zubezeigen wissen / daß verhoffentlich sie allesamt daran gutes genügen haben werden. Ich erwarte meiner Fr. Mutter gewierige Antwort / und empfehle dieselbe der starken Obhuet Gottes / verbleibend / weil ich lebe / Euer GroßFürstl. Hocheit ganz ergebene gehorsame Tochter und Dienerin


Valiska.


Unter dem lesen lieffen ihr die FreudenTrähnen über die Wangen / und nachdem sie den Inhalt zum Ende gebracht / fing sie an: O du mein gewünschter Sohn! O meine auserkohrne Fr. Tochter! Wann werde ich an euer höchstbegehreten Gegenwart mich ergetzen? Das Fräulein hätte des Schreibens Inhalt gerne gewust / und wie sie ihrer Frau Mutter einige und liebe Tochter wahr / die nicht bald sündigen kunte /baht sie um Vergünstigung den Brief zulesen / welches ihr aber mit einem freundlichen lachen abgeschlagen ward / unter dem einwenden / ihr Herr Vater müste ihn zuvor sehen. Weil dann dessen Ankunfft ihr vermeldet ward / ging sie ihm entgegen / und befahl dem Fräulein / mit den Abgesanten zusprachen; Welche Gelegenheit Neklam nicht verabseumen wolte / und sie also anredete: Durchleuchtigstes Fräulein; die auch Durchleuchtigste GroßFürstin Fr. Valiska lässet Ihrer Gn. Schwesterlichen Gruß und Liebe durch mich Unwirdigen entbieten / hat mir auch ein hochvertrauliches Schreiben zugestellet / Euer Gn. untertähnigst und in gröster Geheim einzureichen /dafern dieselbe / wie sie gänzlich hoffet / es verborgen zuhalten sich versprechen würde. Das Fräulein fragete / vom wem dann der Brief aufgesetzet währe; und als er antwortete / die GroßFürstin selbst hätte ihn geschrieben / auch dabey angedeutet / er hielte eine Heimligkeit in sich / welche ihren Herr Bruder /GroßFürst Herkules anginge; erklärete sie sich; Ihre gebietende Fr. Schwester möchte wol versichert seyn /daß ihrem Herr Bruder Herkules zudienen / sie weder Mühe noch Gefahr scheuhen wolte / daher er ihr den Brief kühnlich möchte anvertrauen / nachdem Ihrer Fr. SchwesterWillen und Befehl zugeleben / sie bereit und schuldig währe; nam auch das Schreiben ohn weiteres bedenken zu sich / und steckete es biß auff bequeme Gelegenheit zulesen / in ihren Busem. Als die GroßFürstin ihren Gemahl auff dem Obergange antraf / und das offene Schreiben in der Hand trug /fragete er sie / was neuer Zeitung seine Fr. Schwester aus Böhmẽ / oder ihr Herr Bruder aus Schweden ihr zugeschrieben hätte? aber sie antwortete: Meinet mein Gemahl / daß ich nirgend anders her Schreiben zugewarten habe? Nein trauen; meine herzallerliebste Fr. Tochter Valiska / meines teuresten Sohns Herkules Gemahl / lässet mich alhie ihre eigene Hand lesen /und durch dieselbe ihr ergebenes Tochterherz. Der GroßFürst verwunderte sich dieser Rede / und fragete; was neues sie dann schriebe. Welches er aber aus dem Briefe selbst lesen muste / da er nach dessen Endigung sagete: Verzeihet mir / ihr LandGötter / daß ich eine lautere Unmögligkeit bey mir befinde / einen solchen [212] Sohn dergestalt zuhassen / wie ihrs durch die Pfaffen von mir fodert; O des grossen Unglüks / daß du der ganzen Welt ein Wunder wegen deiner Tugend und Manheit / und deinem Vaterlande / ja das abscheuhlich zusagen / deinen leiblichen Eltern ein Fluch uñ Gräuel seyn must! die doch ihr Leben vor deine Wolfahrt gerne zusetzeten. Davor behüten ihn die Götter / sagte sie; Er ist mir trauẽ bißher noch in unverrücketer Liebe ein angenehmer Sohn und kein Gräuel gewesen. Und warumb solte ich mein Fleisch und Blut hassen / welches über alle der meinen und seinen Ehre steiget / und von aller Welt vor den vollkommensten und frömmesten gepriesen wird? Meynet mein Gemahl / daß ich den losen Pfaffen allerdinge Glauben gebe? Wer weiß / ob sie ihre schändliche Weissagungen nicht tichten / umb daß sie fürchten /der ehrliebende Herkules werde ihnen den Muhtwillen besalzen / wann er schier heut oder morgen wieder kommen solte; es hat ja noch kein Gott sich bey uns angemeldet / uñ einẽ solchen Fluch aus unserm Sohn gemacht; so findet sich auch kein Mensch / der Zeitung von ihm einbringet / daß er in abscheulichen Sunden leben solte. Ein verdächtiges werk ist es / dz die heillosẽ Pfaffẽ von nichts als der GötterZorn plaudern; mein Sohn mus ja dessen warnehmẽ / wie er sich auch davor nit dz allergeringste fürchtet; uñ wäre mein Raht / man gönnete ihm freien zutrit; haben dann die Götter auff ihn zusprechen / werden sie ja so mächtig seyn / und einem Jünglinge den Muht legen /wann nur wir selbst nicht durch boßhaffte verleitung uns an unserm Sohn versündigen / dessen Lob und Preiß schon in erster Blüte allen Ruhm seiner Vorfahren verächtlich machet; mein geliebter Gemahl wird von den Gesanten hören / wie man ihn in der Fremde ehret / und ihm grössere uñ reichere Fürstentümer anbeut und schenket / als sein ganzes väterliches Erbe /nur daß sie dieses Ebenbilde der Tugend bey sich behalten möchten; und wir grimmigen Wölffe verbannen ihn von uns / ehe wir ihn als beklageten gehöret! mich wundert / wie er noch an seine Eltern und Vaterland / ja an das undankbare Vaterland gedenken und es lieben kan. Solte auch wol meine Furcht nicht vergeblich seyn / daß etwa die Pfaffen und ädlen sich wieder ihn zusa en verschworen / aus furcht / er möchte den ehmahs empfangenẽ Schimpf dereins rächen? Einmahl ist gewiß / daß sie die Köpffe vielfältig zusammen stecken / und ihre gröste bemühung ist / den einfältigen Untertahnen einzubilden / daß sie ja bey ihren alten Göttern bleiben / und keine neue sich auffdringen lassen sollen; welches unser Sohn wol nicht willens ist. Zwar ich habe nicht lust zu Krieg und Unfrieden; aber unterliesse ichs euretwegen nicht / ganz Schweden und Böhmen müsten ihm den Weg in Teutschland öfnẽ / und ihm den GroßFürstlichen Stuel befestigen / welchen er doch vor seines lieben Vaters absterbẽ nicht begehret. Schweiget O schweiget mein geliebtes Gemahl / sagte der GroßFürst / und lasset ja solche Gedanken in eurem Herzen nimmermehr auffsteigen; ich werde nach diesem schon hierauff bedacht seyn / wie mein Herkules ohn Krieg und Auffruhr sein Erbe behalte; vordißmahl müssen wir uns wegen der vorgetragenen Heyraht besinnen / dann ich sehe / daß unsere liebe Tochter Valiska zum hefftigsten darauf dringet. Wir haben Zeit gnug / antwortete sie / eine Erklärung zu fassen / nachdem wir der Gesanten anbringen außführlicher werden vernommen haben. Gingen also miteinander auff das Gemach /woselbst das Fräulein mit Neklam sprachete. Ruprecht sahe ihn hinein treten / küssete ihm die Hand /und meldete Valisken Gruß an / da ihm der GroßFürst fragete: Wie gehets / [213] mein Ruprecht / über Meer zu? gibts auch frische Stösse? Ja etwas gnädigster Herr /antwortete er / aber ungleich frischer Geld; wiewol unsere Völker dem Feinde / der sich über 450000 Mannstark schrieb / nebest andern Morgenländischen entgegen gingen / da aus befehl meiner gnädigsten GroßFürstin ich mit dieser Geselschaft so eilig fort muste / daß mein gnädigster Herr / GroßFürst Herkules dessen nicht eins berichtet ward. Darauff fing er an zuerzählen / wie bey ihrer ankunfft sie Frl. Valisken aus Gobares Händen loßgemacht / den Räuber gefangen / enthäuptet / und sein Fürstentuhm ihr geschenket währe / welches er mit sonderlicher freude hörete. Neklam brachte her nach eben denselben Gruß an / und lieferte dem GroßFürsten auch ein Schreiben / also lautend:

Großmächtiger Herr und Vater; wegen unsers zustandes / beruffe ich mich / teils auff mein an meine Gn. Fr. Mutter getahnes Schreiben / teils auff meiner Abgesanten mündliche Erzählung; hoffe ihrer Hocheit wolergehen zuerfahren / und die angenehme Antwort zuerhalten /daß mein Vortrag wegen der Heyraht zwischen meiner Herzgeliebeten Frl. Schwester / Frl. Klaren / und dem Durchleuchtigsten Medischen Fürsten Arbianes nicht unangenehm seyn werde / wie ich dann von grund meiner Seele nicht anders als darzu rahten kan; nicht allein / daß hochgedachtes Fürsten H. Vater / GroßFürst Phraortes /meines Herkules und meine eigene Wolfahrt nach höchstem vermögen gesucht und befodert / sondern der junge Fürst vor sich selbst wirdig gnug ist / des mächtigsten Königes Fräulein zu heyrahten; der dann meiner Frl. Schwester zur ersten anzeige seines dienstergebenen Herzen etliche Kleinot übersendet / welche Zeiger dieses Neklam einliefern wird. Vor die uns zugeschickete tapffere Völker bedanke ich mich untertähnig / welches auch euer Gn. ergebener Sohn Herkules nicht würde unterlassen haben / wann nicht meiner Abgesanten Reise ohn sein Vorwissen von mir angestellet währe. Schließlich empfele meinen gnädigsten Herr Vater dem geträuen Schuz Gottes zu allem GroßFürstlichen wolergehen / als untertähnigst-gehorsamste Tochter


Valiska.


Fräulein Klara merkete daß nichts ungenehmes in den Brieffen wahr / daher verlangete ihr immer heftiger / solches zu wissen / und erschrak nicht wenig /als Neklam / nachdem der GroßFürst sein Schreiben gelesen / zu ihr trat / und wie ihm befohlen wahr / die 16 köstliche Kleinot in einem zusammen gelegeten seidenen / mit den teuresten grossen Perlen reichlich besticketen Tüchlein / ihr also einreichete: Durchleuchtigstes Fräulein; eure Durchleuchtigkeit lässet der auch Durchleuchtigste GroßFürstliche junge Herr / Herr Arbianes einiger Erbe des Medischen Reichs durch mich unwirdigen freundlichst grüssen / und in ansehung der brüderlichen Vertrauligkeit / welche er mit GroßFürst Herkules hat / übersendet er euer Durchl. diese Kleinot / befihlet sich und sein GroßFürstentuhm deroselben guter Gewogenheit / bittet / das übergeschikte mit geneigetem Herzen und Händen auzunehmen / und sich zuversichern / daß /als lange er lebet / seyn und bleiben wolle euer Durchl. dienstergebener gehorsamster Knecht Arbianes; schlug hierauff das Tüchlein vonander / und ließ ihr die Kleinot sehen. Das liebe fromme Fräulein wahr nicht allein wegen des ihr bißher ungewöhnlichen anbringens / sondern auch des treflichen Glanzes der wichtigen Demanten fast nicht bey ihr selber /durffte auch das angebohtene nicht berühren / sondern gab zur Antwort: Guter Freund / ich kenne ja diesen gewaltigen Fürsten nicht / der so demühtige Worte und stolze Schenkungen mir vorbringen lässet / daß ich nit weiß / ob die Rede auff mich ziele / und mir /die fünkelnde Kleinot anzunehmen / geziemen wolle /ehe und bevor von meinen herzgeliebeten Eltern ich dessen erläubnis habe. Du hast [214] wol geredet / sagte ihr Herr Vater; weil es aber dir zur Unhöfligkeit könte außgeleget werden / wann du diesem mächtigen Fürsten seine Schenkungen zurük sendetest / soltu sie mit gebührlicher Ehrerbietigkeit annehmen; vielleicht eräuget sich Gelegenheit / es in andere Wege zuersetzen. Also wegerte sie sich ferner nicht / nam die Kleinot zu sich / und ging hin / sie in ihr Lädichen einzuschliessen / woselbst sie die von Herkules ehmahl geschikte in eigener verwahrung hatte. Der Schein dieser kostbahren Sachen hielt sie eine gute weile auff in der Beschauung / biß sie des Schreibens in ihrem Busem sich erinnerte / welches sie ohn ferneres Nachdenken brach / und als sie noch eines darinnen beschlossen fand / auch mit den Fingern leicht fühlete /daß etwas in demselben verborgen wahr / öffnete sie auch dieses / sahe den köstlichen Ring / und steckete ihn an den Finger / des vorhabens / alsbald hinzugehen / und ihrer Fr. Mutter denselben zuzeigen / doch als sie auff dem umbkehren wahr / sagete sie zu sich selber; bin ich nicht einfältig / das geschikte zu zeigen / ehe ich den Brieff lese? fing also an / Valisken umbschlag durchzusehen / und nach verlesung etlicher Zeilen sagte sie; Ach ich armes Kind / daß ich mich von dem Abgesanten so listig habe hintergehen / und diese Brieffe mir beybringen lassen; Ach hätte ich sie nur nicht erbrochen / alsdann könte ich sie meinen Eltern ohn einigen Verdacht zustellen. Hierauff wahr sie willens / alle beyde ungelesen zuzerreissen; bald bedachte sie sich / es währe besser / sie den Eltern ein zuhändigen; Und als ihr Valisken harte Vermahnung einfiel / daß alles in geheim solte gehalten werden /wolte ihr dieses auch nicht gefallen / damit sie ihre Fr. Schwägerin nicht erzürnete; doch muste sich Neklam abermahl rechtschaffen außschelten lassen. O du betrieglicher Fuchs / sagte sie / ist dirs so grosse Ehre /daß du mich dergestalt geäffet und hinter das Licht geführet hast? Aber / sagte sie bald darauff / vielleicht ist ihm des Brieffes Inhalt verborgen / uñ zürne unbillich auff ihn. In solchem zweiffelmuht wahr sie bey einer Viertelstunde begriffen / ehe sie sich erklären kunte / was sie tuhn wolte / biß ihr endlich der Muht wuchs / daß sie sich also anredete; vor wem fürchtestu dich mein Herz / daß du zweiffels nicht abkommen kanst? ist doch weder der Fürst selbsten noch meine Fr. Schwester gegenwärtig. Wendete damit die augen auff den Ring / und dauchte sie / nie so treflichen Stein gesehen haben / massen er nicht anders funkelte als ein klarer Stern / und doch zugleich an stat eines reinen Spiegels dienete. Ey so wil ich meiner Fr. Schwester Schreiben zu Ende lesen / sagte sie / demnach ich nicht gläuben kan / daß sie mir ichtwas unbilliches zumuhten solte; durchsahe alles mit guter bedachtsamkeit / und fand folgende Worte:

Durchleuchtigstes Fräulein / herzgeliebtes Schwesterchen; vor erst zweiffelt mir nicht / eure Liebe werde die Zuversicht zu mir tragen / daß derselben ich von ganzem Herzen wie mir selbst gewogen bin / wozu mich die ge doppelte nahe Anverwandschafft treibet / und sie daher ferner leicht schliessen kan / das ihr Glük und Wolfahrt zubefodern / ich mir äusserst werde lassen angelegen seyn. Wann dann nun der Durchleuchtigste Fürst Arbianes / GroßFürst und einiger Erbe des gewaltigen Medischen Reichs / ein Fürst von 20 Jahren / durch den blossen Anblik euer Liebe Brustbildichens (welches sie meiner Libussen geschenket) sich dermassen in ihre Schönheit verliebet hat. (Hier hielt sie ein / sich vor folgendes gar zu hart fürchtend / wagete es doch endlich / und lase weiter)daß er seine einige Lust und Freude auff die Beschauung ihres holdseligen abgemahleten Angesichtes gesetzet / und solches nicht anders als eine Göttin ehret / auch nichts mehr wünschet / als in ihrer Dienstẽ zusterben. Als habe zu Abwendung seines äussersten Verderbens nicht umhin können / an Eure Liebe / [215] und dero herzgeliebete Eltern zuschreiben / umb zuvernehmen / ob Euer Liebe Herr Vater und Frau Mutter in solche Heyraht gehehlen / auch sie selbst einem solchen wirdigen Fürsten ihr Herz gönnen / und in demselbẽ ihm die Wohnung einräumen köñen. Ich ruffe Gott zu Zeugen /dz ich nicht das allergeringste meines Eigennutzes hierunter suche / ohn was Euer Liebe Wolfahrt halber mir zustossen kan. Bitte demnach / mir unter Schwesterlicher Träue in geheim anzudeuten / ob Eure Liebe diesem herzinbrünstigen Ansuchen stat zugeben / und dem hochverliebeten Fürsten durch genehme Antwort seine bißher geführete Schwermühtigkeit zulindern sich bereden könne /wie dessen ich ungezweifelte Hoffnung trage / und sie dem gewaltigen Gott in seinem Schutz empfehlen wil /als die ich zeit meines Lebens verbleibe / Euer Liebe geträueste und ergebene Schwester


Valiska.


Ach ihr Götter / sagte sie bey sich selber; sol ich dann lieben / ehe ich unterrichtet bin / was lieben heisse? Libussa / Libussa! ich hätte mich dessen zu euch nicht versehen / daß ihr mit meinem unachtsamen Bildniß mir so grossen Kummer machen würdet. Jezt gedachte sie auff den andern Brief / aus welchem sie den Ring genommen / und sagte: Ey lieber / wer muß doch dieses geschrieben haben? Etwa mein herzallerliebster Herr Bruder / Herkules; oder mein geliebter Oheim und Bruder König Ladisla? deren einer mir ohn zweifel den köstlichen Ring wird zugeschicket haben. Dann des fremden Fürsten wegen sind mir schon so teurbare Sachen zugestellet. Sie kuckete zuunterst in den Brief / den untergezeichneten Namen zusehen / da sie diese Worte fand:Euer Durchl. unwirdigem / doch biß in den Tod bereitwilligstem Knechte Arbianes. O weh mir / sagte sie / daß dieser Brief geöffnet ist / welchen ich ja meiner Fr. Schwester unversehret hätte können zurük senden; woraus meine Jungfräuliche Zucht ihr wäre kund getahn. Aber du unbedachtsame Hand / sagete sie zu ihrer Rechten /hast mir diese Angst zugerichtet. Wie hefftig sie nun mit sich selbsten schalt / begunte doch dz auffrichtige Herz verlangen zutragen / ob er auch in seinem selbsteigenen Schreiben so verliebet währe / als Valiska ihn machete; begab sich in einen Winkel / um / sich vor sich selbst zu verbergen / und versuchete / ob ihre Schahm zugeben könte / eines Verliebeten Brief zulesen / dessen Inhalt in Lateinischer Sprache dieser wahr:Der / welcher die Vollkommenheit der trefflichsten Fräulein dieser Unterwelt anbehtet / straffet sich selbst der dumkühnen Verwägenheit / welche er durch Ansetzung seiner frevelmühtigen Feder begehet; würde auch nimmermehr so viel herzens haben / nur deren Bildniß anzuschauen / die fast höher scheinet / als daß sie unter das irdische solte gerechnet werden; wann er sich nicht gründete auff das Mitleiden / welches die volkommene Tugend allemahl mit den Unverständigen träget. Sonne der Teutschen Welt / wie hefftig brennen eure Strahlen die jenigen / die sich dürffen gelüsten lassen /mit ihren gar zu blöden Augen in dieses fla ichte Licht hinein zuschauen; welches der geblendete Arbianes zwar bekennen muß / aber das wenige übrige seines fast erloschenen Gesichtes lieber zusetzen / als von diesem gar zu angenehmen Lust-Himmel abkehren wil. Verzeihet Durchleuchtigstes Fräulein Klara / eurem Knechte / (O wehe mir / sagte sie bey Verlesung ihres Nahmens / woher kommen mir Unwirdigen solche gar zu hohe Ehrenbenennungen / daß ich mich der Sonnen vergleichen lassen muß / und dem allerdunkelsten Sterne die Wage nicht halten kan; und was zeihet sich dieser grosse Fürst / daß er sich so unzimlich vor mir demühtiget? Doch lase sie diese Worte noch einmahl / umb den rechten Verstand zufassen)Verzeihet / Durchleuchtigstes Fräulein Klara eurem Knechte / welcher durch alle Liebesangst gepeiniget / und auff der Folter der hunderttausendfachen Begierden ausgedehnet / vor der grausa men Ansträngerin und Peinigerin (die Verzweifelung meynet er) seine Missetaht auszudeichten gedrungen wird / und durchaus keinen andern Richter leiden kan /als den Ausspruch [216] Euer Durchleuchtigkeit / welche / da sie ihrer Wirdigkeit den Stab reichen wird / muß er freylich über meine Seele gebrochen werden; solte aber (O Glük!) das HochFürstliche Mitleiden sich auff den Richterstuel setzen wollen / würde mir verhoffentlich / so viel Gnade begegnen / daß einige Hoffnung annoch überbleiben könte / Euer Durch. unwirdigem / doch biß in den Tod bereitwilligstem Knechte Arbianes.

O daß dich ja kein Mensch mehr sehe / sagte sie zu dem Briefe / ich dörffte sonst meine Augen förder vor niemand auffschlagen; legte ihn wieder zusammen /und ging hin / ihn in das näheste Feur zuwerffen; aber da sie hinzu trat dauchte sie / es hätte sie jemand zurücke gezogen; ja sie meynete nicht anders / als läge ein kleines Bildichen (wie etwa dieser Fürst aussehen möchte) in der Gluht / welches mit betrübten Augen umb Hülffe ansuchete; zückete demnach / und wolte ihn in den Busem stecken / aber sie fürchtete sich /der klagende Arbianes sässe leibhafftig drinnen / und würde zugleich mit hinein fahren. O sagte sie / in was Angst bin ich! wo lasse ich doch dieses Schreiben /welches ich weder verbergen noch hinweg werffen kan? Als sie aber ihren Herr Vater von ferne daher kommen sahe / fuhr sie ohn weiteres bedenken damit zum Busem hinein / und nam sich durchaus keines Dinges an. Der GroßFürst hatte inzwischen seinem Marschalk befohlen / den Gesantẽ gütlich zutuhn /und wahr mit seinem Gemahl hingangen / sich mit ihr zubereden / da er ihr offenbahrete / wo gestalt der Wendische Fürst vor dreyen Wochen an ihn geschrieben / und seines Sohns wegen umb eine Heyraht mit seiner Tochter angehalten; dem er zwar keine ausdrükliche Zusage / aber auch keine gar abschlägige Antwort erteilet / sondern seines lieben KindesJugend eingewand / und daß er mit seiner Fr. Schwester der Königin in Böhmen es zuvor bereden wolte. Das wil ich ja nimmermehr hoffen / antwortete sie / daß mein geliebtes Kind dem ErzRäuber zuteile werden solte; dann was höret man von Krito dem Wenden / und seinem Sohn Gotschalk anders / als daß sie zu Wasser und Lande die Wege unsicher machen / und die Kauffleute überfallen / so daß fast alle Handlung nidergeleget ist; Ich wil nit sagen / wie schändlich dieser junge Räuber sol zugerichtet seyn / daß er nicht allein am linken Arme lahm / und am rechten Beine hinkend / sondern darzu auch einäugig ist. Solches ist ihm nicht schimpflich vorzuwerffen / sagte der GroßFürst / dann er hats im Gefechte von seinen Feinden bekommen. Ja auf dem Straffenraube antwortete sie /da ihn die Kaufleute ertappet / und gebührlich abgestraffet haben; Wil demnach nimmermehr hoffen / dz mein Gemahl dergestalt unser Kind verrahten / und in die tiefste Unglükspfütze stürzen wolle / welche / ungeachtet ihrer frommen Einfalt / hierin nimmermehr gehehlen wird. Es ist noch weder ja noch nein gesprochen / sagte er; aber meynet ihr / daß der jetzige Vorschlag besser seyn werde / da wir unsere Tochter einen so fernen Weg über Meer in fremde Landschafften schicken müssen? Warumb nicht / antwortete sie; es ist besser tausend Meilen über Feld nach Ehren auszihen / als vor der Tühr in Schande leben; so wissen wir ohndas / daß wir unsere liebe Tochter nicht stets bey uns behalten können / und würde unsere Fr. Tochter Valiska uns hierzu nicht rahten / wann es uns irgend verweißlich seyn könte. Ich wil euch hierin eben so hart nicht zuwider seyn / sagte er / aber völlige Verheissung von mir zugeben / bin ich nicht willens; Ist es ihm dann Ernst / wird er auff eine ziemliche Hoffnung schon weiter anhalten; Sie ist noch jung / und etwa von 15 Jahren / auch der Freyer in dem Alter / da er [217] billich noch nicht auff Heyraht gedenken solte; aber es ist ja leider jezt die zeit / daß Kinder freyen / wie uns dessen unser Herkules und sein Gemahl Beyspiels gnug sind. Jung gefreyet / antwortete sie / hat niemand gereuet / wann es nur wol getroffen ist; doch können sie es beyderseits noch eine zeitlang ansehen / weil weder dem jungen Herrn der Bart so bald ausfallen / noch unser Tochter das Häupt grauen wird. Auf diesen gemachten Schluß gingen sie vonander / dann es wahr schier Zeit / die Abendspeise ein zunehmen; doch solte die Mutter ihrer Tochter Sinn ein wenig erforschen / welche sie zu sich fodern ließ /und zu ihr sagete: Allerliebstes Kind / wie gefallen dir die Kleinot / welche der treffliche GroßFürst aus Meden dir geschenket; ich halte gänzlich davor / er stehe in den Gedanken einer künfftigen Heyraht. Das liebe Fräulein erröhtete hierüber / und antwortete: Herzen Fr. Mutter; wie solte dieser Fürst dessen gesinnet seyn / nachdem er mich so gar nicht kennet /auch der Brauch nicht ist / daß die Fürsten aus den weitabgelegenen reichen Morgenländern ihre Gemahlen aus Teutschland hohlen; doch wie dem allen / so bin ich noch ein Kind / und habe etliche Jahr dahin /ehe ich auff solche Sachen gedenken muß. Es ist nichts neues / antwortete die Mutter / daß Fürst- und Königliche Fräulein in kindlichen Jahren / und wol in den Windeln verlobet werden / welcher Kindheit du schon entgangen bist; Wann aber dieser Fürst nach dir würde / und deine Eltern und Brüder / auch Fr. Schwester Valiska es vor gut ansähen / würdestu ja mit solchem Glük können friedlich seyn / nachdemmahl Fürstliche Fräulein nicht allemahl ihren Eltern in der nähe bleiben können. Die Tochter hörete sie wol gehen / scheuhete sich aber zubekennen / dz sie zimliche Neigung in ihrer Seele empfand / und gab zur Antwort: Sie verstünde dieses nicht / und liesse billich ihre liebe Eltern sorgen / was denen dermahleins gefallen würde / müste sie sich mit belieben lassen; doch hätte es ja keine Eile hiemit. Es möchte auch wol Eile haben / sagte sie; dann ich gebe dir in hohem Vertrauen zuwissen / daß der hinkende / lahme / einäugige / Wendische Gotschalk Anschläge auf dich machen darff. Davor behüten mich die Götter /antwortete sie / viel lieber wolte ich mich durch Räuberhände / wie meine Fr. Schwester / ans Ende der Welt schleppen / als diesem mich ehelich zuführen lassen. Der Meynung bin ich auch / antwortete die Mutter; und ist demnach am sichersten / daß du beyzeiten versprochen werdest / auf daß dieser und andere seines gleichen dich unbemühet lassen. Ich hoffe ja nicht / sagte das Fräulein / daß mich einiger Mensch wider meiner lieben Eltern Willen zum Gemahl fodern könte; so bin ich auch der Schönheit nicht / daß die jungen Fürsten sich um mich rauffen und schlagen werden / wiewol ich mich dannoch diesem Räuber Gotschalk viel zu schön und ädel schätze. Vor dem soltu nunmehr wol gesichert bleiben / sagte die Mutter / aber dem Medischen Fürsten muß billich etwas gewisses zur Antwort werden; dann aus des Abgesanten Rede erscheinet gnug / mit was Vorsaz er umgehe / welches auch Frau Valiska ausdrüklich schreibet. Hier schwieg das Fräulein stok stille / kunte kein Ja /und wolte kein Nein sagen / sondern blieb dabey / sie währe noch jung; wiewol sie endlich sich so weit her aus ließ / daß sie ihren Eltern allen Gehorsam schuldig währe. Bey der Abendmahlzeit (wobey der GroßFürst vorsezlich nicht erschien) fragete die GroßFürstin nach allerhand Begebnissen / und auff was weise Ihre Fr. Tochter von ihrem Sohn Herkules erlöset währe / biß sie auff die übergeschikten Kleinot zureden kam / da sie sagete: Es müste der Medische junge Fürst mit den ihren grosse [218] Vertrauligkeit pflegen /daß er einem unbekanten Fräulein so köstliche Sachen überschickete. Neklam bekam alhier Gelegenheit /Fürst Arbianes zurühmen / wie ihm von der Groß-Fürstin Valiska befohlen war / zeigete an / wie freundlich und kühn er in dieser Jugend währe / daß er schon ein fliegendes Heer führete / und Leches zum Feldmarschalk hätte; seine Länder währen so groß /und mit Städten erfüllet / daß drey Fürsten sich damit zum grossen überfluß behelffen könten; und machete des rühmens / daran er gleichwol die Warheit nicht sparete / so viel / daß das Fräulein grosse Lust bekam / ihn schier zusehen / redete aber doch kein Wort darzu / sondern wuste sich zustellen / als ob sie die Sache nicht anginge; woraus die Mutter ihre Verschlagenheit wahrnam / deren sie sich zu ihr nicht versehen. Nach diesem fragete die GroßFürstin / ob ihr Sohn in den Ländern wegen seines neuen Glaubens angefochten würde / weil man vor gewiß sagete /es währe derselbe also beschaffen / daß er keine andere Götter neben sich leiden könte; welches Neklam beantwortete: Ihre GroßFürstliche Durchl. möchte wol versichert gläuben / daß der teure Fürst Herkules wegen seiner Gottesfurcht und Frömmigkeit dermassen von hohen und nidrigen gerühmet und geliebet würde / als einiger Mensch in der Welt. Von seinem Glauben wüste er keinen Bericht zugeben / aber einmahl währe gewiß / daß seine Glaubensgenossen anjezt hin und wieder geduldet würden / da man sie vorhin auffs äusserste verfolget hätte. Es fünde sich ein ansehnlicher alter Lehrer bey ihm / den er als einen Vater ehrete / und neben anderen Christen sich von ihm täglich unterrichten liesse; und hätte er mit Augen angesehen / daß derselbe GroßFürsten Herkules und das Königliche Fräulein (die man billich das Weltwunder nennete) nach Christlicher Art zusammen gegeben und vertrauet hätte. Es währe unleugbar / daß GroßFürst Herkules dieser Lehre festiglich anhinge /und ob gleich König Ladisla lange nit hätte können darzu gebracht werden / währe er doch anjezt fast eiferiger als Herkules selbst; die GroßFürstin Valiska aber freuete sich über nichts in der ganzen Welt so hoch / als daß sie zu dieses Glaubens Erkäntniß kommen; und hätte er angehöret / daß sie mit sonderlichẽ Eifer gesprochen: Sie wolte sich ehe tausendmahl schinden / und hundert tausendmahl braten lassen als diesen ihren jetzigen Gott verleugnen / oder neben denselben einen andern Gott ehren / weil in höchster Warheit kein ander wahrer Gott währe / als bloß dieser nur allein / welcher Himmel / Erde / Meer / und alles was drinnen ist / durch seine Almacht erschaffen habe / und es in seinem Wesen erhalte; Was man aber von andern Göttern vorbringe / sey nichts als Menschengeticht und teuflische Lügen / dadurch die Menschen von der Seligkeit abgeführet / und in das ewige Verderben gestürzet werden. Ihr singen / damit sie Gott loben / fuhr Neklam fort / dringet durch Mark und Bein / dem der es anhöret / und wann sie behten /sehen sie als Engel Gottes aus / dann es scheinet / ob habe die Seele des Leibes vergessen / und steige hinauff durch die Wolken / mit GottSprache zuhalten. Ich vor mein Häupt schreibe ihnen alle ihre Glükseligkeit wegen dieses Glaubens zu / dañ es däucht mich unmöglich seyn / daß andere Leute ihnen im unsträflichen Wandel es nachtuhn können. Kein unnützes Wort gehet aus ihrem Munde; Unzucht / Mord /Dieberey / Fressen / Sauffen / Verleumdung / und dergleichen Laster darff vor ihnen nicht auffblicken / und wer ihr Diener seyn wil / muß der Mißhandelungen sich allerdinge enthalten. Mich verlanget / daß ich bald wieder bey ihnen anlangen möge / damit ich diesen köstlichen Glauben / welchen sie [219] den Seligmachenden nennen auch sasse; dann ob sie gleich niemand / auch ihre Diener nicht / darzu nöhtigen / so nehmen sie doch ohn Unterscheid einen jeden an / der es nur begehret / mit der Verwarnung / man müsse nicht wähnen / ob wolte man bey diesem Glauben gute Tage in der Welt haben / sondern vielmehr müsse man sich schicken / ein Unglük über das ander anzunehmen / weil ihr Gott den Glauben und die Frömmigkeit nicht in diesem Lebẽ / sondern in dem zukünfftigen ewigen / mit unaussprechlicher Freude /Wollust und Herligkeit ersetzen wolle. O das muß wol ein mächtiger Gott seyn / sagte das Fräulein /welcher meiner Fr. Wasen und Schwester eine solche Kraft ins Herz drücken kan / daß weder durch Tod noch Pein sie sich von ihm gedenket scheiden zulassen. Sage dieses nit / mein Kind / antwortete ihre Fr. Mutter / daß es dein Herr Vater höre / sonst würdestu seiner Gnade wenig übrig behalten; viel weniger rede es / wann Pfaffen zugegen sind / dann sie würden dir ohn zweifel ein schlimmes Bad zurichten. Solten sie an meinem lieben Herr Bruder ihren Muht noch nicht gnug gekühlet haben? sagte das Fräulein; jedoch / wer weiß / wie ers ihnen dereins wieder eintränket / wañ er / geliebts Gott / frisch und gesund seinen eigenẽ Grund und Bodem wieder betreten wird; einmahl ist gewiß / daß der Herr Abgesanter mir nicht geringen Lust gemacht / diesen seinen herlichen Gott anzunehmen. Mit solchen Gesprächen brachten sie den Abend zu / biß die Zeit der Ruhe kam / da Neklam sich zu dem Fräulein machete / und sehr inständig anhielt /ihr Antwort-Schreiben frühzeitig auffzusetzen / auch eben dasselbe bey ihren Eltern zu befodern / weil ihre Reise sehr eilig währe. Sie erboht sich / bey den Eltern solches zubestellen / ihre Antwort aber würde verhoffentlich wol mündlich können verrichtet werden. Nach Ihrer Gn. Willen / sagte er; aber das habe ich wol verstanden / daß meine Gnädigste GroßFürstin von Ihrer Durchl. gar unfehlbar der schrifftlichẽ Antwort gewärtig ist; massen / da von derselben ich hinweg ritte / sie mir nachrief: Eriñert meine Frl. Schwester meines begehrens / daß sie mir / was wegen ihres Bruders meines Gemahls / ich an sie gelangen lassen / schrifftliche Antwort / und diese unter eigener Hand / zusende / dafern sie mich vor eine Schwester erkennet. Das ist eine hohe Erinnerung /antwortete sie / nach welcher ich mich billich richten /und meinen begierigen Gehorsam sehen lassen muß; stund auch des morgens früh auff / und schrieb folgende Antwort / auff welche sie diese Nacht über sich fleissig bedacht hatte:

Großmächtige Durchleuchtigste GroßFürstin / gnädige Frau Wase / Schwägerin und Schwester; Euer Liebe Schreiben ist mir von Rükbringern dieses wol eingehändiget; weil aber durch Lesung / wenig unvermuhtlicher Zeilen (deren Inhalts ich keinen Verstand habe) in gar zu grosse Scham gestürzet / ich das Herz nicht ergreiffen können / es ganz durchzulesen / vielweniger / das andere aus kindischer Unvorsichtigkeit erbrochene / weiter zu öfnen / die Kühnheit gehabt / ohn daß ein köstlicher Ring daraus gefallen / welchen ohn zweifel mein Herr Bruder Herkules mir geschenket; als gelebe ich der tröstlichen Zuversicht / Eure Liebe werden mir freundlichst verzeihen / das zu fernerer Antwort ich nicht gehorsame. Dem GroßFürstlichen Herrn Arbianes bitte ich / vor übergeschikte unverdienete Kleinot höchlich zudanken welches zuverrichten ich unvergessen seyn müste / wann dessen Liebde Angesicht dermahleins zusehen sich zutragen würde; Und wie ich nicht zweifele / Eure Liebe mir von herzen zugetahn seyn / also ist mein einiges Ansuchen /in solcher Gewogenheit unverrükt zuverharren; Dagegen ich mich erbiete / Zeit meines Lebens zu seyn und bleiben / Euer Liebe gehorsamste und auffwärtigste Dienerin


Klara.


[220] Dieses falzete sie artig zusammen / vermachte es mit einem durchzogenen Goldfadem / und versiegelte es mit festem Lak / stellete es Neklam in geheim zu /und befahl ihm / niemand / als der GroßFürstin selbst es einzuliefern. Es wahr schon des vorigen Abends ein Römischer Abgesandter von Köln ankommen /mit Bericht / Herr Julius Lupus / Käyserl. Stadthalter daselbst / hätte sich nach dem benanten Orte schon hinbegeben / und würde der Groß-Fürst nicht seumen / sich einzustellen / damit die schwebende Streitigkeiten in güte möchten beygelegt und verglichen werden. Aus diesen Ursachen hatte er sich gestriges Abends bey der Mahlzeit nicht finden lassen / sondern mit den vornehmsten verschriebenen Ständen seines Landes sich beredet / auff was masse / und wie weit man sich in Handelung mit den Römern einlassen wolte. Er brach diesen Morgen mit dem Tages-Liechte auff /und befahl seinem Gemahl das Antwort-Schreiben auffzusetzen / und seiner Nicht-Antwort Ursach zu melden. Neklam aber muste mit seiner Geselschaft das Früstük mit der Groß-Fürstin und dem Fräulein einnehmen / da die Mutter ihre Tochter fragete; was sie dem Medischen Fürsten zur Vergeltung schicken wolte; worauff sie antwortete; Ihr als einem Fräulein würde nicht anstehen / jungen / und zwar fremden Herren einige Verehrung überzumachen / hoffete / die Abgesandten würden die Mühe über sich nehmen /und jhre freundliche Dancksagung an gebührenden Orten verrichten; dessen Neklam / welcher den Brief schon von ihr empfangen / sich untertähnigst anerboht / und doch dabey meldete / wie angenehm seiner Gn. GroßFürstin ihrer Frl. Schwester eigenhändige Antwort seyn würde. Die Mutter antwortete / Sie wolte nicht allein vor sich schreiben / sondern dir wil gebühren / sagte sie zu dem Fräulein / daß du deiner Frau Schwester und Wasen die schuldige Ehr durch einen Brief erzeigest / in welchem du nähst gebührlicher Dancksagung wegen des überschikten / dich deroselben zu allem Gehorsam anerbieten / und das vor sechs Wochen dir von mir geschenkete Halsketchen jhr zusenden solt / mit Bitte / daß sie es in deinem Nahmen dem Medischen jungen GroßFürsten / als ein Zeichen gebührlicher Ehrerbietung und Dankes / einhändigen wolle. Dieses Ketchen war nun sehr zierlich gemacht / an welchem 28. Demant als Glöcklein hingen / und zu unterst ihr in Gold abgegossenes Brustbildichen / ganz eigen getroffen / und mit ähnlichen Farben gemahlet / an welchem ein grosser Rubin hing / in dem ein Stern gestochen wahr; die Umschrifft hieß:Klara / Frl. aus Teutschland. Sie erröhtete ganz über ihrer Fr. Mutter Rede / und wahr ihr leid / daß sie den ersten Brief schon von sich gegeben hatte / hoffete ihn doch wieder zu beko en / und als ein gehorsames Kind / taht sie nach ihrer Fr. Mutter Befehl / da ihr dann recht liebe wahr / daß sie dem jungen Fürsten einiges Zeichen der Gewogenheit senden solte / weil sie in ihrem keuschen Herzen befand / daß die Furcht und Abscheu wegen des Wendischen Freiers die Liebe zu dem Medischen alle Stunden vermehrete; dessen sie sich in ihrem Schreiben gerne unter verdecketen Worten hätte vernehmen lassen / wann sie der Mutter Augen / die es zuvor lesen wolte / nicht gescheuet hätte; daher sie es dieser gestalt abfassete:

Durchleuchtigste GroßFürstin / Gn. Fr. Wase / Schwägerin und Schwester; wegen angebohtener grosser unverdieneter Hulde / auch übergeschikten Kleinoten von dem Durchl. Medischen GroßFürsten / Herrn Arbianes / bedanke mich untertähnig und freundligst; und auff außdrüklichen Befehl meiner Gn. Fr. Mutter übersende dessen Liebde zur anzeige eines dankwilligen Gemühts / [221] beygefügtes Halßkatchen / unter der Hoffnung / hochgedachter Fürst werde das geringe aus gutem Herzen herrührend /von meiner Fr. Schwester Hand / meinetwegen anzunehmen sich nicht wegern; Uns hiemit allerseits dem Schuz des Himmels empfelend / bin und verbleibe euer Liebe gehorsamste und ergebene Dienerin


Klara.


Die Mutter erinnerte sie bey der Verlesung / es hätte wol etwas zierlicher und außführlicher können gestellet werden / doch würde die eilfärtigkeit sie entschuldigen; vermachte das Ketchen in einem güldenen Schächtelchen / und gab dadurch dem Fräulein Gelegenheit mit Neklam zu reden / welchen sie ersuchete /ihr das vorige Schreiben wieder zuzustellen / weil an dem jezt auffgesetzeten es gnug seyn könte. Er aber gab demühtig zur Antwort: Nachdem von ihrer Gn. er bereit einen ernstlichen befehl erhalten solches niemand / als ihrer Fr. Schwester einzulieffern / hoffete er untertähnigst / es wurde dabey sein verbleiben haben / weil er mit zehn als einem Schreiben viel angenehmer seyn würde. Dessen das Fräulein lachete /und es geschehen ließ. Als die Mutter wieder kam /stellete sie Neklam alles zu / schenkete ihm und Ruprecht jedem eine güldene Kette dem Dolmetscher aber 150 Kronen zur Verehrung zu / nebest 800 Kronen zum Zehrgelde ingesamt auf den Rükweg / da sie dann nicht auffhöreten zu eilen / unter der Hoffnung in Persenland schier wieder anzulangen.

Fürst Baldrich / Herkules einiger Bruder / der nunmehr von 19 Jahren / wahr nicht einheimisch / dann sein Herr Vater hatte ihn mit 20000 Mann seinem Schwager dem Könige in Schweden / wieder die Reussen zu hülffe gesand / woselbst er die erste bewehrung seiner Ritterschafft ablegen solte. Dazumahl herschete in Schweden König Haron / König Ragwalds Enkel / König Amunds Sohn / dessen Sohn Fürst Siegward / ein Herr von 21 Jahren / mit nicht geringerer Liebe an Baldrichen hing / als Ladisla an Herkules / hatten sich auch vereiniget / nach geendigtem Kriege der Ritterschafft / wie ihr Bruder uñ Oheim / nach zusetzen / daher sie König Haron embsig bahten / mit der ganzen Macht auff den Feind loßzugehen / auff daß man den gewünscheten Frieden desto schleuniger wiederbringen könte; welches sie auch erhielten / und durch eine herbe Feldschlacht den Sieg erstritten / daß die Reussen gezwungen wurden /den Frieden mit schweren bedingungen einzugehen; worauff Baldrich und Siegward von dem Könige abscheid nahmen / vorgebend / nach Teutschland zu reisen; setzeten sich mit zwölff ädlen Rittern / teils Teutschen / teils Gothen zu Schiffe / und fuhren zu Lande / wo jezt die Stad Wißmar belegen / ritten auch mit ihrer Geselschafft durch Teutschland des nähesten auff Italien zu / da ihnen unterschiedliche Abenteur zustiessen / wodurch sie sich doch nicht auffhalten liessen. Unter andern traff an den Italiänischen Grenzen eine Pannonische Schaar von 20 Reutern auff sie /mit welchen sie ein herbes Treffen hielten / daß sie fast allemiteinander verwundet wurden / und doch keiner das Leben zusetzete / da hingegen ihre Feinde biß auff acht / ins Graß bissen / und diese durch die Flucht ihr Leben retteten. Den unsern kam es zu statten / daß sie eine ansehnliche Baarschaft und viel Kleinot bey den Erschlagenen funden / auch deren Pferde mit sich fortnahmen / weil sie stark und wol abgerichtet wahren.

Herkules und seine Geselschaft spareten ihren Weg auch nicht / biß sie die Stad Damaskus erreicheten /da Fabius mit 20 Römern voraus setzete / dem Stathalter / seinem [222] nahen Anverwanten / Herrn Sulpitius ihre Gegenwart zu melden / welcher sich deren Ankunft hoch erfreuete / und ihnen auff eine Viertelmeile entgegen zog. Herkules kennete ihn von ferne / eilete auf ihn zu / und bedankete sich der vormahls erzeigetẽ Ehre uñ Freundschaft / hätte zwar seine Rükreise etwas richtiger nehmen können / aber sein Versprechen zu halten / ihn wiederumb besuchen wollen. Sulpitius hieß ihn freundlich wilkommen / verwunderte sich des Königlichen Prachtes / der vielen Wagen /und köstlichen Pferde / und da die GroßFürstin mit dem Frauenzimmer ihm zu ehren von dem Elefanten flieg / entsetzete er sich fast über ihrem herlichen ansehen / und volkommener Schönheit / erzeigete sich ganz höflich gegen sie / und geleitete sie biß an ihre Gutsche / auff welche sie sich setzete / und ingesamt den Einzug in die Stad hielten / woselbst schon das Geschrey aus des Stathalters Hofe erschollen wahr /was vor grosse Fürsten verhanden währen / daher die Gassen allenthalben vol Menschen wahren / daß man kaum zwischen her kommen kunte. Sie wurden von dem Stathalter Fürstlich bewirtet / der sie / ungeachtet alles einwendens / des andern Tages noch nicht zihen lassen wolte; Herkules ließ den Bischoff daselbst /mit dem er auff der Hinreise Kundschafft gemacht / zu sich fodern / ihm und seinen Leuten eine Predigt über den 9 und 10 vers des 32 Cap. des ersten Buchs Mose zu halten / welche Fabius mit anhörete / der bißher des Christlichen Glauben sich wenig angenommen /wiewol ihm Ladisla schon offenbahret hatte / daß sein Gemahl Fr. Sophia / so bald sie seiner Bekehrung von Leches verständiget / sich zum Christlichen Glauben begeben / und durch ihre Frau Mutter auffs höchste erfreuet hätte; In dieser Predigt aber begunte der heilige Geist in ihm zu wirken / welches Herkules merkend / bey dem Bischoff anhielt / auff den Mittag eine Rede zum Beweißtuhm der Warheit unsers Christlichen Glaubens zu tuhn; welches er gerne bewilligte /und anfangs aus weltkündigen und vernunftmässigen Ursachen behäuptete / daß nohtwendig ein GOtt seyn müste / nach dem ja kein Mensch sagen dürffte / das dieses grosse Weltgebau keinen Auffseher hätte / sondern seine zierliche Ordnung und unwandelbahre Abwechselung der Zeiten / von einer unendlichen Almacht herfliessen und erhalten werden müste; dann daß etliche vorgäben / die innerliche Kraft dieser Welt währe GOtt / solches könte mit der gesunden Vernunft nicht zustimmen / weil mann offt solche Begebnissen sähe / welche von dieser innerlichen Kraft nicht herrühreten / sondern derselben ganz entgegen lieffen / oder doch anzeigeten / daß dieselbe mit deren Art / zeugung / und fortsetzung gar nichts zu schaffen hättẽ; bliebe also dieses fest das ein solches Almächtiges Wesen seyn müste / welches der Welt Herr und Erhalter währe. Hernach bewehrete er unser Seelen unsterbligkeit / und daß nach diesem zeitlichen Leben nohtwendig ein ander folgen müste / nachdem ja alhie die Gottlosen gemeiniglich das beste Glük hätten /und hingegen die frommen mannichem Elende unterworffen währen / welches die Gerechtigkeit Gottes nicht würde nachgeben können / dafern nicht inkünftig eine andere Zeit oder Ewigkeit verhanden währe /da die Bösen ihre gebührliche Straffe / die frommen aber / so nach Gottes Willen einhergingen / die Belohnung empfahen solten. Hierauff führete er starcken Beweißtuhm / daß Gott inbetrachtung seiner Güte /sich des Menschlichen Geschlechts / als seines allerädlesten leiblichen Geschöpffes nicht entschlagen könte / sondern stete Sorge vor ihnen trüge / weil er ja der allergeringsten Dinge sich annähme / daß sie müsten [223] erhalten werden / und keine Art der Tihre unterginge. Sorgete nun GOtt vor die Menschen / wie nicht anders seyn könte / so würde er ja vor ihren ädlesten Teil / welches die Seele währe / nit weniger / als vor ihren Leib sorgen / insonderheit / weil diese unsterblich / und nach diesem Leben ungetödtet bliebe. Als er diesen festen unbewäglichen Grund gelegt hatte /fuhr er fort / uñ erzwang daher / Gott müste dem Menschen nohtwendig geoffenbahret haben / durch was mittel / und auff was Weise er in der Gnade Gottes verbleiben / und nach diesem zeitlichen Leben die Wolfahrt seiner Seele erlangen könte. Nun solte man alle Heidnische Bücher durchsuchen / da würde man vergebliche Arbeit anlegen / und hievon ausser etlichen wenigen eingepflanzeten Fünklein nichts gewisses antreffen / sondern mehrenteils kindische / ungöttliche / und wieder sich selbst streitende meynungen /die mit leichter mühe / auch aus der Vernunft könten wiederlegt werden. Besähe man der Heiden Gottesdienste unter dem ganzen Himmel / währen ja die närrische Possen handgreiflich / welche sie von den Göttern getichtet hätten; daß man also alle mühe vergeblich anwendete / wañ man bey ihnen nachfragete / wie der ewigen Seligkeit nachzustreben währe. Kehrete man sich aber zu dem Judichen Volk / so fünde sich vor erst diese Gewißheit / daß ihre Bücher die allerältesten / und ihre Schrifften den Heidnischen weit vorgingen / so daß Moses vor demCastor, Æsculapius, Bacchus, Mercurius, Apollo, und vielen andern / die man nachgehends vor Götter außruffen dürffen / gelebet. In dieses Mose Büchern aber währe der Christliche Glaube fest gegründet / dann es hätte Mose von dem HErrn Christus geweissaget / anderhalb tausend Jahr zuvor / ehe er an diese Welt als ein Mensch gebohren worden. Also schloß nun dieser Lehrer / daß entweder der Judische heutige / oder aber der Christliche Glaube der Seligmachende seyn müste / oder es währe gar kein wahrer Glaube in der Welt. Nun währe aber dieses lezte vor unmöglich erwiesen / und könte gleichfals den Juden leicht dargelegt werden /daß ob sie zwar die Schrifften Mose uñ der Propheten annoch hätten / so mangelte ihnen doch der rechte Verstand / weil sie den darin versprochenen Heyland nicht erkeñen noch des Geistes deutung annehmen wolten / sondern alles auff das Irdische außlegeten /und ihnen eine weltliche Glükseligkeit traumen liessen / die ihnen nun und nimmermehr wiederfahren würde / angesehen / sie den gerechten Zorn Gottes durch hinrichtung des ihnen zugeschikten Heylands /sich über den Hals gezogen hätten / daß sie nunmehr kein geliebtes außerwähltes / sondern verstossenes Volk währen; müste demnach endlich nohtwendig folgen / daß die Christliche Lehre die wahre und Seligmachende währe. Nach diesem außführlichen Beweißtuhm erklärete er des Christlichen Glaubens heilige Volkommenheit / als welche überaus nichts ungöttliches in sich begriffe / viel weniger billichte /sondern die Menschen nur auff Gottes und des nähesten Liebe hinführete / auch wie man im Kreuz und Leiden geduldig seyn / und der von Gott gesetzeten Obrigkeit Gehorsam leisten müste / in alle dem / was nicht wieder Gottes Ehre und der Erbarkeit fleissige bewahrung stritte. Schließlich führete er des Menschen dreyschiedlichen Stand ein / wie er nehmlich anfangs von Gott gerecht / volkommen und heilig erschaffen / aber bald darauff durch den leidigen Satan verführet / sich und alle seine Nachkommen des treflichen Ebenbildes Gottes in geistlichen Sachen allerdinge beraubet / und ins zeitliche und ewige Verderben gestürzet / Gott aber sich ihrer wieder erbarmet /[224] und seinen Sohn vor sie in den Tod dahin gegeben /auff das durch dessen Leiden und büssung die Gerechtigkeit Gottes vergnüget / und seiner Barmherzigkeit der freie Lauff geöffnet würde / deren alle diese zugeniessen hätten / die sich auff das verdienst des Sohns Gottes verlassend / in allen Christlichen Tugenden sich übeten / und da sie durch fleisches schwachheit in eine oder andere Sünde gerieten / sich bald wieder erhohleten / und durch wahre Busse zu Gott umbkehreten. Hiemit wolte der Christliche Lehrer seine Rede schliessen; aber Ladisla / welcher ihm den Beweißtuhm / daß die Christliche Lehre allein die wahre seligmachende Lehr währe / sehr wol gefallen ließ / hielt bey ihm freundlich an / er möchte ihm und anderen Anwesenden Christen zum besten / noch diesen Knoten aufflösen / und sie ingesamt unterrichten /wodurch man eigentlich und unstreitig behäupten könte / daß dieselben Christen allein die wahre Kirche Gottes währen / und die rechtgläubigen / die also lehreten und gläubeten / wie die Christen zu Rom / zu Padua / zu Korinth / zu Damaskus / und andere / so sich zu ihres Glaubens einigkeit bekenneten; hingegen aber dieselben den unrechten und falschen Glauben hätten / welche nicht mit ihnen übereinsti eten / sondern in vielen oder doch etlichen Stücken eine andere Meynung behäupteten. Der Lehrer lobete an Ladisla /daß er so gefliessen währe / den festen Grund der Warheit zuerkennen / und das Zeichen / durch welches alle Ketzer und falsche Lehrer sich selbst verrieten / daß sie irreten / und eine nichtige Lehre führeten; und fing darauff an diesen unterricht vorzutragen: Es ist wol zubeklagen / daß der abgesagte Feind der Warheit der leidige Teuffel / so grosse Macht und Gewalt hat / daß er auch in der Kirchen Gottes sich darf finden lassen / das schädliche Unkraut der verdamlichen Lehre daselbst außzustreuen; wiewol auch durch solches schädliche übel unser Gott etwas gutes wirket / nehmlich / daß die rechtschaffenẽ Christen offenbaht werden / in dem sie solchen Irtuhmen sich eiferig wiedersetzen / und die reine Warheit zubehäupten / alle mögligkeit anwenden. Ich wil hieselbst nicht anführen / was gestalt die Phariseer und Sadduzeer unserm Heylande und dem Worte Gottes haben wiedersprechen dürffen; sondern meinem jetzigen Zuhörern und ihrem Christlichen begehren zufolge / nach vermögen einfältig melden / daß bald nach unsers lieben Erlösers Himmelfahrt / die falschen Brüder sich haben hervorgetahn / und ihre menschlichen Getichte unter dem Nahmen der Christlichen Lehre / hin und wieder außgebreitet / wodurch manniche gläubige Seele ist geärgert und in zweiffel und Irtuhm gestürzet worden. Halte auch gänzlich davor / es sey die obangeführte Frage mit bloß zu dem Ende zubeantworten aufferlegt / umb den eigentlichen Grund darzustellen / auff welchen ein gläubiger Mensch sicher bauen und trauen mag / so daß er kräftig bewehret sey und bleibe / die Lehre / welche er hat angenommen / sey die rechte auffrichtige und unbetriegliche Warheit. Dieses fest zustellen / müssen wir uns versichern / daß die Apostel und Jünger des HErrn den Menschen alle dieselbe Lehre haben vorgetragen und mitgeteilet / welche ihnen zur Seeligkeit zu wissen nöhtig ist / und Gott nach dieser ersten Lehrer abscheid / uns keine neue offenbahrungen wiederfahren lassen wolle / solche glaubens Stücke uns beyzubringen / von denen obgedachte Jünger des HErrn nichts geschrieben noch gelehret haben; wie solches der heilige Märterer Irenæus / des heiligen Polycarpus Schüeler in seinem vierdten Buche wieder die Ketzereien bestetiget / da er diese Worte führet: Der Jünger des HErrn ihre Lehre / welche biß [225] auff uns gekommen / vor allen menschlichen Getichten behütet / und in der ganz vollen Abhandelung der Heilgen Schrifft verfasset ist / kan durchaus nicht leiden / daß man etwz hinzu tuhe oder davon nehme. Woraus dann dieses folget / daß alles / was ein Stük des wahren Christlichen Glaubens seyn sol /müsse richtig und klar erwiesen werden / daß es von des HErrn Jüngern gelehret sey. Welchem nach die reinen Lehrer aller ihrer Lehre Beweißtuhm aus der H. Schrifft Altes und Neuen Bundes nehmen / und dasselbe alles verwerffen / was darinnen nicht zufinden ist. Und zwar nicht allein dieses halten wir vor falsch / was gerade wider das Wort Gottes streitet /sondern auch / was ausser demselben Worte Gottes wil vorgebracht und ertichtet werden / als zur Seligkeit nöhtig. Nun findet sich aber insgemein dieses beydes bey den Ketzern und falschen Lehrern / daß sie neue GlaubensStücke schmieden / und daß sie der uhralten Lehre widersprechen. Wiewol sie dieses lezten nicht gerne sich wollen lassen beschuldigen / weil dadurch ihres Vorbringens Richtigkeit auffgedecket wird. Aber gleich wie der Wolff sich nicht verbergen kan / ob er gleich einen Schafspeltz anleget; noch die Schlange / ob sie gleich den Kopff unterm Steine verstecket; also verräht sich ein jeder Ketzer und falscher Lehrer durch sein Vorbringen / wie scheinbar er gleich seinen Irtuhm vorbringen mag; welches wir bald finden / wann wir ihn nur nach und aus dem Worte Gottes richten. Weil aber einem einfältigen Christen es nicht gegeben ist / daß er die Geister allemahl solte prüfen können / ob sie aus Gott sind; so haben zu deren Unterweisung ein und ander Lehrer /des Christlichen Glaubens nöhtige Stücke in kurze Auszüge verfasset / welche die Einfältigen mit leichter Mühe begreiffen / und sich deren als einer Richtschnuhr der Lehre gebrauchen / daß wann ihnen etwas neues vorgetragen wird / sie alsbald zumutmassen haben / es müsse solches zuvor wol überlegt werden / ehemans añimt. Und dieses ist das beste Mittel /wodurch die Unwissenden vor Ketzereyen und falsche Lehren können bewahret werden. Ladisla fragete weiter; ob dann die Ketzereyen und falschen Lehren unter den Christen so mannigfaltig währen. Welches der Lehrer beantwortete: Es wehren schon unterschiedliche Arten der Ketzereyen / und liesse sich ansehen /der listige Menschenfeind wurde nicht ruhen / deren je länger je mehr auszuhecken. Der erste Ketzer zeit des Neuen Bundes / sagte er / von welchem die andern alle als aus der allergifftigsten Wurzel scheinen entsprungen seyn / wahr Simon der ErzZäuberer / seines Herkommens ein Samariter / dessen in den Geschichten der Apostel / von Lucas auffgezeichnet / Meldung getahn wird / welcher auch endlich den Lohn der Boßheit empfing / als die beyden teuren Knechte Gottes / der Heilige Peter und Paul ihn zu Rom vor aller Welt zuschanden macheten; massen als derselbe vorgab / er wolte sichtbarer weise gen Himmel fahren /da behteten diese zu ihrem Gott und Heylande / welcher diesen ErzKetzer aus der Lufft herunter stürzete /daß er an seinen Gliedmassen zerschmettert ward. Dieser verwägene Bube durffte sich selbst vor den wahren Gott / ja vor Vater / Sohn / und Heiligen Geist zugleich ausgeben / und sein unzüchtiges Weib die Selenen oder Helenen vor eine Mutter aller Geschöpffe / von welcher auch die Engel gemacht währen / von denen nachgehends diese Welt erschaffen worden. Er versprach allen das ewige Leben / die an ihn und sein Weib würden gläuben / uñ gab ihnen Freyheit / nach allem Muhtwillen zuleben / welches ihnen an der Seligkeit durchaus nicht solte schädlich /sondern vielmehr befoderlich seyn. Nach seinem erschreklichen Tode [226] warff sein Landsman der schnöde Menander sich vor das Haupt dieser schändlichen Rotte auff / und wahr ja so ein grosser Zäuberer / als sein Lehrmeister Simon. Wenig Zeit nach diesem Leutebescheisser entstunden die unflätigen Nicolaiten / deren in Johannes heimlicher Offenbahrung gedacht wird. Diese durfften sich auch vor Christen ausgeben / und waren doch ein abgeschäumeter Unflaht aller unverschämten Buben / weil sie allerhand Schande und Unstäterey betrieben / und ihre Weiber unter sich gemein hatten. Aus dieser frechen Geselschafft entstunden die altenGnostici oder die Wissende und Erleuchtete genennet / welche in den Fleisches unzimlichen Werken noch mehr ersoffen wahren als die vorigen; dann sie gaben vor / daß durch solche Schandenbetreibung man eigentlich zur Seligkeit gelangete. Und damit auch diese möchten die reine Lehre von unserm Heylande zerrütten / gaben sie vor / derselbe währe nicht von Marien der Heilig hochgelobeten Jungfrauen gezeuget / sondern sie hätte denselben uns nur gezeiget oder gewiesen; es hätte derselbe auch nicht die wahre Menscheit angenommen / sondern nur eine Gestalt / derselben ähnlich. Der Nazareer / wie auch des Korinthus und Ebions Ketzerey trat auff die Bahn / ohn gefehr / da Jerusalem von Vespasian zerstöret ward. Diese lebeten zwar nit so gar unrein /aber die Heilige Lehre verfälscheten sie gewaltig; gaben vor / nicht Gott selbst hätte die Welt erschaffen / sondern eine andere Nebenkrafft / die nicht Gott sey. So währe auch der HErr JEsus nicht wahrer Gott /noch Gottes Sohn / sondern von Joseph und Marien gezeuget; doch währe er klüger und heiliger gewesen als andere Menschen. Ihr erster Ketzer-Meister Cerinthus tichtete; es währe JEsus von Marien gebohren /Christus aber währe in denselben JEsus kommẽ / als er die Tauffe empfangen / und zwar in gestalt einer Taube / und durch diesen empfangenen Christ hätte JEsus Zeichen und Wunder getahn. Als nun JEsus gelitten / währe Christus wieder von ihm gewichen und gen Himmel geflogẽ / als welcher nicht hätte leiden können. Ebion aber hielt es in diesen Stücken nicht mit dem Cerinth / sondern gestund beydes / daß Gott selbst die Welt gemacht / und daß Jesus und Christ ein einziges Wesen oder eine Person wehre / nur steckete er in dem Irtuhm / daß derselbe nicht Gott / sondern ein blosser Mensch wehre; und eben dieses meyneten auch die Nazareer / welche nebest den beyden jeztgedachten vorgaben / es müsten die Christen so wol die Beschneidung und andere Judische Gesetz halten / als nach dem Evangelion leben. Es hat aber der Evangelist Johannes die wahre Gottheit unsers Heylandes wider diese Ketzer / in seinem Schrifften gewaltig verteidiget. Nachgehends / etwa vor hundert Jahren / ist des Simons und Menanders Schule groß worden / durch die teuflischen Ketzer / den Saturninus / Basilides und Karpokrates / welche zwar unter sich selbst nicht allerdinge einig waren / aber doch dergestalt mit einander leicheten / daß sie die Schöpfung der Welt nicht Gott selbsten / sondern den Engeln zulegten / und zugleich unsers Heylandes wahre Gottheit unverschämt leugneten; überdas auch die schändlichen Werke des Fleisches vor gut und wol zugelassen hielten / und hingegen den Heiligen Ehestand schändeten. Insonderheit enthielt sich des Saturninus Anhang alles Fleischessens / und betrogen durch solchen äusserlichen Schein viel einfältige Herzen. Diese miteinander verneuerten den ehmahls von andern gebrauchten Nahmen / und nenneten sichGnosticos, die Erfahrnen und Hochverständigen / da sie doch von dem Satan am Verstande allerdinge verblendet wahren / daß sie das böse [227] gut / uñ das gute böse neñeten. (Es hat der Leser von diesen Teufelskindern schon Nachricht im Andern Buche dieser Geschichte am 387 Blade.) Nach der Zeit erweckete der Satan zween schädliche Ketzer / den Valentin und Marcion. Des Valentihns Anhang gehöretẽ mit unter die Zunfft derGnosticorum oder vermeyneten Hochweisen / welche solche wunderliche Träume von Gott / von der WeltSchöpfung und andern Lehrstücken führen / daß sie des auszischens mehr wert sind / als Hesiodus mit seiner Götter Geburt / und Ovidius mit seinen Verwandelungen. Aus unserm Heylande machen sie weder einen GOtt noch einen Menschen / sondern einen geistlichen Leib / der vom Himmel kommen /und durch der Jungfrauen Marien Leib hindurch gelauffen sey / wie das Wasser durch eine Röhre / dessen Wesen es nicht an sich nimt; geben auch nicht zu / daß unsere Leiber die Aufferstehung von den Todten zuhoffen haben. Das menschliche Geschlecht teilen sie in dreyerley Arten aus / als die Irdische / Seelenmässige / und Geistliche. Die Irdische sollen ganz vergehen. Die Seelenmässige / da sie gutes tuhn / sollen an einem Mittelorte zur Ruhe kommen; Die Geistlichen aber (vor welche sie keine als sich selbst halten) bleiben ewig / kommen an den Ort der volkommenen Seligkeit / und werden mit den Engeln verheirahtet; Welchen Geistlichen dann frey stehe / nach allem Willen ihr Leben zuführen / so daß kein Laster / Unzucht noch Frecheit ihnen an der Seligkeit könne schädlich oder hinderlich seyn. Marcion aber nam des ehmahligen Zerdons Fantastereyen vor Warheit an; Es währen zween Götter / ein guter und böser. Der böse hette die Welt gemacht / und die GesetzesLehr gegeben / daher er das Alte Testament der Heiligen Schrifft verwarff; gab vor / der Menschen Leiber vergingen ewig. Den Ehestand verboht er / und hielt unsern Heyland vor einen solchen / der weder ein wahrer Mensch / noch jemahls gebohren / sondern nur ein Gespenst wäre / oder eine Erscheinung ohn Leib /daher er auch nicht gelitten hätte / noch leiden können. Den BruderMörder Kain / die Leute zu Sodom /und andere ungläubige Heyden preisete er vor selige; Den Abel / Enoch / Noah und andere Gottselige Altväter aber vor verdamt; Dann jene währen dem H. JEsus / da er hinunter zur Helle gestiegen / entgegen gangen / uñ hätten seiner Lehre gegläubet; Diese aber hätten ihm nicht gegläubet / daher sie in der Helle bliebẽ. Und ob gleich diese Ketzerey sehr ungereimt ist / und nirgends Grund hat / so findet sie doch hin und wieder Anhang / in der nähe und ferne. Bald nach diesen Schwärmern kahmen Hermogenes / Montanus und Tatianus angestiegen / und hatten ihre absonderliche falsche Lehren. Hermogenes gab vor / nicht allein Gott währe von Ewigkeit her / sondern auch das Zeug / aus welchem alle Dinge gemacht sind. Daß nun etliche Dinge böse sind / solches haben sie nicht von Gott (welches dann wahr ist) sondern von des Zeuges oder der Matery Mangel / daraus sie gemacht sind (welches falsch ist / weil ganz kein Ding seinem wesen nach böse ist). Der Montanus ist ein sehr schädlicher Ketzer gewesen uñ hat auch gelehrte Christen verführet; Seine Glaubensgenossen werden sonstCataphryges genennet. Sich selbst hielt er vor den von unserm Heylande versprochenenParacletum oder Vorsprach und Tröster. Zwey Weiber / die Priscilla und Maximilla hatte er bey sich / gab sie an vor sonderliche Weissagerinnern / deren Schrifften er die heiligen Bücher nennete. Den Ehestand verwarff er gar; welches auch der Tatian taht / und nam dieser grossen teils des Valentins Lehre an; Wein trinken und Fleisch essen hielt er vor eine grosse Sünde; Und hat auch dieser [228] bey vielen unbedachtsamen Menschen Beyfall gefunden. Endlich hat vor etwa dreyssig Jahren sich ein neuer Schwärmer auffgeworffen / nahmens Praxeas / welcher gerichtet / Gott der Vater selbst währe JEsus Christ / welcher gestorben / gen Himmel gefahren / und zu seiner selbst eigenen Rechten sich gesetzet habe; Seine Glaubensgenosse werdenPatropassiani genennet / weil sie / wie gesagt / vorgeben dürffen / GOtt der Vater selbst habe am Kreuz gelitten. Diese angeführete sind die vornehmsten Ketzer / welche inwendig diesen 193 Jahren nach unsers Heylandes Hi elfahrt entstanden sind; und ob deren zwar mehr erzählet werden / so sind doch die übrigen der jeztgemeldeten ihre Schüler / und haben nach belieben einen Irtuhm von diesem / einen andern von jenem entlehnet und angenommen / und also vermischte Ketzereyen angerichtet. Daß ich aber nach dieser Erzählung zur Sache schreite / und die mir auffgetragene Frage aus dem Grunde beantworte /nehmlich / woher es zuerweisen sey / daß alle dieselben genanten Christen / falsche und nicht-recht-gläubige Christen sind / welche mit uns / die wir die algemeine oder Catholische Kirche sind und genennet werden / nicht übereinstimmen; so ist dieses der klare und grundfeste Beweißtuhm; weil solche Menschen /teils neue Lehre vorbringen / welche wir von den Jüngern oder Bohten des HErrn nicht empfangen haben; teils auch sich unterstehen dürffen / das Heilige uhralte Wort Gottes / in des Mose und der Propheten Schrifften verfasset / zu leugnen / auffzuheben / und eine ganz widerwertige Lehre vorzutragen / durch welche jenes Wort Gottes Lügen gestraffet und verworffen wird. Da wird nun kein verständiger / und aus Gottes Wort unterrichteter Mensch so unbedachtsam verfahren / daß er solchem blossen vorbringen der falschen Lehrer alsbald wolte Glauben beymässen / sondern da wird er nachfragen / woher er sein Vorbringen zubehaupten bedacht sey. Berufft er sich auf göttliche Offenbahrungen / so hat man ihm entgegen zustellen /daß der warhaffte Gott / welcher beständig ist in seinen Worten und Tahten / sich ja selbst nicht werde zum Lügner machen / noch seine eigene Warheit auffheben. Und wolte dann gleich ein solcher Schwärmer sich erbieten / sein Vorgeben durch Zeichen und Wunder zubestetigen / so müssen wir ihm doch nicht gläuben / sondern solche Wunder vor des Satans Werke halten / weil nicht allein unser Gott Zeit des Alten Bundes uns schon gewar schauet hat / daß wir auch den Wundertähtern nicht sollen gläuben / die wider GottesWort etwas vorbringen / sondern unser Heyland hat solche Warnung wiederhohlet / und uns angezeiget / daß viel falsche Propheten und Schwärmer werden auffstehen / und viel Zeichen und Wunder tuhn / durch des Satans Hülffe / ihre falsche Lehre damit zubekräfftigen / so daß nicht allein die einfältige sichere Herzen / sondern wol gar die auserwehlten Kinder Gottes / wanns möglich währe / dadurch möchten verführet werden. Derwegen so haben wir kein sicherer Mittel / die Geister zuprüfen / ob sie aus Gott sind / als wann wir ihre Lehre aus Gottes Wort richten / uñ zugleich nachfragen / ob dann die algemeine Kirche Gottes von Anfang her also gelehret habe; finden wir dann eines von diesen beyden nicht bey dieser Prüfung / so sollen wir getrost sagen: Teuffel du leugest / du bringest nicht die wahre Lehre GOttes / sondern deine schändliche Lügen hervor /die Menschen dadurch von Gott abzuführen / und sie durch Irtuhm ins Verderben zustürzen / derwegen so traue ich dir nicht / ob du dich gleich in einen Engel des Lichts verstellen / und von äusserlicher Scheinheiligkeit / wie die Sonne gleissen [229] möchtest. Als nun der Lehrer hiemit seiner Rede die Endschafft gab / dankete ihm Ladisla vor solche Unterweisung / und sagte zu den anwesenden: Ich wundere mich nicht ein geringes / daß solche Rotten und Irrgeister von einigem Menschen beyfall erlangen können / da sie ihre eigene Tichtereyen vortragen / welche nohtwendig müssen Lügen seyn; Und würde ich trauen dem Hesiodus /Ovidius und andern viel ehe Glauben zustellen / als welche nicht ihre eigene Erfindungen vorbringen /sondern was sie von ihren Vorfahren gehöret haben. Dessen bin ich mit meinem Bruder eins / antwortete Valiska / möchte nur wünschen / einen solchen falschen Lehrer selbst zusprechen / umb zuvernehmen /wie er doch auff die unhintertreiblichen Gegenwürffe der Rechtgläubigen antworten wolte / deren einen einzigen umzustossen oder zweiffelhafftig zumachen ihm ja allerdinge unmöglich ist. Hernach hielt sie bey dem Lehrer freundlich an / er möchte sein jetziges vorbrigen etwas weitläufftiger auffsetzen / und ihr solches bey erster Botschafft auff Jerusalem nachschicken; Welches er dañ nit aus der acht ließ / und vor solche Mühe eine reiche Vergeltung bekam.

Fabius hatte diesem Lehrer und alle seinem Vorbringen mit sonderlichem fleisse zugehöret / worauff unsere Helden gute acht gaben / und die Hoffnung fasseten / er würde sich zum Christentuhm begeben. Dem Bischoff stellete Valiska sonsten vor dißmahl 100000 Kronen zu / unter den armen Christen in den Syrischen Städten außzuteilen. Fabius gab ihm derobehuef absonderlich / ohn der unsern wissen / 5000 Kronen / mit begehrẽ / er möchte Gott vor ihn bitten /daß er in seinem angehenden Glauben zur Seligkeit gestärket würde; welches er ihm geträulich versprach / auch einen Catechißmus oder Glaubens-Büchlein verehrete / in welchem er fleissig lesen / und vor sich selbst Gott im Himmel anruffen solte / daß er ihn ferner erleuchtete. Herrn Sulpizius Gemahl / Fr. Justinen schenketen sie etliche kostbahre Kleinot / und begabeten alles sein Gesinde reichlich / nahmen auch den jungen Sulpizius seinen Sohn gerne mit sich in ihrer Geselschaft fort / der ein guter Ritter / seines alters von 24 Jahren wahr / und zu Rom seine versprochene Braut Frl. Benignen hatte / Herrn Klaudius Krispinus Tochter / die er besuchen wolte. Als sie nun des andern Tages nach ihrer ankunft von Damaskus hinweg zogen / und unsere Helden ingesamt mit dem Frauenzimmer auff dem Elefanten sassen / redete Ladisla seine Schwester also an; Ich erfreue mich von Herzen / daß ich den Jordan schier erreichen / und zu abwaschung meiner Sünde die heilige Tauffe empfangen werde / deßwegen ich dann gesonnen bin / mich durch wahre Busse und fasten darauff zuschicken / daß ich dieses selige Bad wirdig empfahen möge; zweifele auch nicht / die so eben dasselbe mit mir zunehmen willens sind / werden sich gleicher gestalt darzu bereiten. Valiska bedankete sich der brüderlichen Erinnerung / gab es Leches und seiner Geselschaft zuverstehen / und ordneten von dem Tage biß an ihre Tauffe eine Fasten unter sich / da sie des Tages nur einmahl gegen AbendSpeise nahmen / und dabey nichts als Wasser trunken / hielten auch täglich dreymahl Behtstunde / des morgens wañ sie auffbrachen / des Mittages wañ sie ruheten / und des Abends wann sie sich niderliessen; wobey Fabius sich immer mit finden ließ / der doch sein Vorhaben noch keinem Menschen offenbahret hatte. Wie sie an die Galileischen Grenzen kahmen / besuchten sie alle nahmhaffte örter / deren in heiliger Schrifft meldung geschihet / dañ diese hatte Valiska mit sonderlichem fleisse ausgezeichnet / und in ein Büchlein geschriebẽ. [230] Erstlich besahen sieKana / im Galileischen Lande belegen / und liessen sich das Haus zeigen / in welchem der HErr Christus Wasser hatte zu Wein gemacht. Von darab zogen sie genNazareth / besahen den Ort / wo der ErzEngel Gabriel der keuschen Jungfrauen Marien die fröliche Botschaft gebracht / daß sie den Heyland zur Welt gebehren solte / und zeigeten ihnen die Christen einen Brunnen / aus welchem das Kindlein JEsus seiner Mutter hatte pflegen Wasser zu hohlen / daher unsere andächtige Pilgrim Lust bekahmen / anfangs aus diesem Brunnen zu trinken / und nachgehends sich daraus zu waschen. Von dannen reiseten sie nachKapernaum / da der HErr Christus sein meistes Wesen und Wohnung gehabt / und ward ihnen daselbst mannicher Ort gezeiget / an welchen er seine Wunderwerke verrichtet. Von dannen zogen sie über den Jordan /und besahenChorazin; kehreten wieder zurük nachBethsaida / und von darab nach den BergenTabor und Hermon / auch nach der lustigen StadNaim / woselbst unser Heyland den Todten Jüngling im Sarge zum Leben aufferwecket hatte. Ferner reiseten sie nachTyberias / und wieder Westwerz nachSichem. Von Sichem nachSamaria / und endlich nach dem gewünscheten OrtBethabara / da sie die heilige Tauffe empfangen wolten. In allen diesen Städten teilete Valiska unter den Christen so reichlich aus / daß sie damit über eine Tonne Schaz vertaht / und wo Christliche Schuelen wahren / gab sie auff 10 Jahr lang den Lehrern und Schülern reichen Unterhalt / worzu sie drey Tonnen Schaz anwendete. Fabius meldete erst zu Bethabara den unsern sein Vorhaben an / daß er von Damaskus her die Christliche Lehre zimlich gefasset hätte / auch willens währe / die heilige Tauffe anzunehmen; dessen sie höchlich erfreuet wurden / uñ Valiska ihm etliche Stunden lang die schweresten Glaubens Stücke einfältig erklärete. Herkules sendete seinen Gallus mit verstelletem Angesicht nach Jerusalem zu dem Bischoff / ließ ihn seine Ankunft vertraulich wissen / und daß etliche hohes Standes mit ihm kommen währen / die heilige Tauffe zu empfahen; möchte demnach die Mühe auff sich nehmen / und mit dem alten Lehrer / der ihn getauft hätte / auff dem geschikten Wagen hinaus kommen / daß der Stathalter dessen nicht inne würde / dem er sich zu rechter Zeit schon wolte zuerkennen geben. Der Bischoff freuete sich über Herkules ankunft / und daß ihm Gott glüklichen fortgang seines vorhabens verlihen / zog des folgenden morgens mit Gallus in aller frühe fort / uñ ward von den unsern sehr wol empfangen / denen er eine herliche erklärungs Predigt von der Einsetzung und nuzbarkeit der H. Tauffe hielt; hernach vor erst das Frauenzimmer / nachgehends die Mannesbilder verhörete / und sie dermassen gegründet befand / daß weitere unterweisung unnöhtig wahr; insonderheit verwunderte er sich des Christlichen Eifers / welchen er bey der GroßFürstin und ihrem Bruder / wie auch bey Leches spürete / vermahnete sie zur beharligkeit /und blieben fast den ganzen Tag im Gespräch vom ChristlichenGlauben / dan die unsern nahmen den Tag gar keine Speise zu sich / und die ganze Nacht über blieben sie im Gebeht. Des folgenden morgens gingen anfangs das Frauenzimmer mit dem Bischoff an den Jordan / und empfingen die heilige Tauffe /hielten ihr Danksagungsgebeht am Ufer eine Stunde lang / und wurden inzwischen Ladisla und Fabius; und nach ihnen Leches / Klodius / Markus / Neda und Prinsla; endlich Timokles und Mardus getauft. Nach verrichtetem andächtigen Gebeht / setzeten sie sich zu Tische / und hielten Mahlzeit in aller Gottesfurcht; [231] da die GroßFürstin mit dem Bischoffe allerhand Christliche Gespräch führete / der ihr allernähest sitzen muste. Nun hatte aber Herr Pompejus die Zeitung zu Jerusalem schon bekommen / daß etliche vornehme Herrn mit einer grossen Anzahl Reuter und Wagen /auch einem sehr statlichen Elefanten zu Samarien (dann hieselbst musten ihre Leute liegen bleiben) ankommen währen / deßwegen er einen Reuter dahin schickete / um nachzufragen / was vor Leute sie währen / und von wannen sie kähmen. Herkules hatte sich dessen schon besorget / und dem jungen Sulpitius auffgetragen / was auff diesen Fall solte geantwortet werden / welcher demnach den Abgeschikten berichtete / es währen etliche vornehme Römische Herrn mit statlichen Käyserl. Geleitsbrieffen ankommen / diese Landschaft zubesehen / weil sie Christen währen /und sünden sich etliche des Herrn Stathalters nahe Anverwanten mit unter ihnen; währen ein wenig außgeritten / und würden ihren Weg (wohin / wüste er nicht) erstes Tages weiter fortsetzen. Unsere getauffete machten sich deßselben Tages wieder zurük nach Samarien / wurden dieser Nachfrage berichtet / brachen alsbald mit allen Völkern und Wagen auff nach Jerusalem / und nahmen die Nacht zu hülffe / daß sie des andern Tages früh morgens vor dem Tohr wahren / meineten auch ohn sonderbahre Nachfrage in die Stad gelassen zu werden / welches ihnẽ doch fehlete /massen der Wachtmeister ihnen etliche entgegen lauffen ließ / und geboht / der Stad nicht zu nahen / biß ihnen solches vergönnet würde; sie aber zogen algemählig fort / einwendend / daß sie Römer / und des Stathalters Freunde währen / die ihn zubesuchen kähmen. Pompejus sendete ihnen bald darauff zehn Reuter entgegen / und ließ nachfragen / was vor Leute sie währen. Plautus wahr mit unter ihnen uñ ersahe Gallus / dessen er sich höchst erfreuete / nicht zweifelnd /Herr Herkules würde mit dabey seyn; aber Gallus redete ihn alsbald auff Medisch an / daß er sich keiner Kundschaft merken liesse / weil sein Herr unerkennet seyn wolte / biß er sich dem Stathalter selbst meldete. Diese außgeschikte bahten Herrn Fabius / (dann unsere Helden liessen sich nicht sehen) er möchte mit den seinen stille halten / biß einer hinritte / dem Stathalter seine Antwort zu melden; dann Fabius hatte gesagt /er kähme von Padua / seinen Herrn Vetter auff der Reise zu grüssen. Die unsern sahen / daß sie mit ihrem ganzen hauffen nicht würden ungemeldet eingelassen werden / daher Herkules / Ladisla und Arbianes sich in eine Gutsche; Valiska mit Libussen und Euphrosynen sich in eine andere setzeten / und Fabius mit Sulpitius / Leches und Gallus zu Rosse folgeten /denen dann der Einzug nicht gewegert ward / da ein Reuter kurz vor ihnen her ritte / uñ seinem Herrn dem Stathalter anzeigete / daß seine Verwanten / die sich durchaus nicht melden wolten / mit geringer Geselschaft seinem Hofe naheten / daher er seinem Gemahl und Tochter befahl / sich in Eile zuschmücken. Als sie noch einen zimlichen Weg von des Stathalters Wohnung wahren / stiegen sie ab / und gingen zu fusse hin. Herkules und Ladisla traten voraus / Arbianes und Fabius folgeten auff dem fusse / Leches und Gallus / welche Sulpizius begleiteten / traten hinten nach / allesamt in treflicher Kleidung nach standes Unterscheid / ohn einige Waffen / nur mit leichtem Seitengewehr. Die drey Fürsten und Fabius hatten sich auff eine Weise gekleidet / in einem glänzenden SilbernStücke mit Demanten besezt / und auff den Hüten grosse weisse Federbüsche. Kurz nach ihnen folgete GroßFürstin Valiska in gleicher Kleidung /und ihre genante Begleiteriñen hinter ihr. Das Burg-Tohr [232] wahr verriegelt / und ehe dann es geöffnet ward /meldete sie zuvor ein Diener an / es begehreten etliche trefliche Herrn / eingelassen zu werden. Der Stathalter befahl alsbald auffzutuhn / ging ihnen entgegen / und ward im Vorplatze Herkules gewahr / dem er umb den Hals fiel / und ihn mit diesen Worten empfing: Ich rechne diesen Tag vor einen meiner glükseligsten /nachdem mein GOtt an demselben meinen hochgeliebten Herr Sohn mich frisch und gesund sehen lässet / und zwar / wie ich merke / nach glüklicher verrichtung seines vorhabens. Herkules bedankete sich der hohen Ehrerbietung / und antwortete: Ja mein hochgeliebter Herr Vater; der Almächtige Gott hat das geraubete Königl. Fräulein durch mich erlöset / und sie nur zum Gemahl bescheret / welche dort her komt / sich meinem Herr Vater als eine gehorsame Tochter darzustellen / auch grosses verlangen trägt / mit meiner Frl. Schwester Frl. Lukrezien Kundschaft zu machen. Meiner Zusage mich eriñernd habe ich auff der Rükreise nicht vorbey zihen / sondern meinem Herr Vater zusprechen sollen / da ich dann meine geliebte brüderlichen Freunde / Ladisla / Böhmischen König / Arbianes Medischen GroßFürsten / auch Herrn Fabius und Sulpizius mit mir führen wollen. Pompejus empfing dieselben nach Standes Wirdigkeit / sehr freundlich / und erzeigete Ladislaen so hohe Ehre / daß dieser sich dessen endlich beschwerete; Weil aber die GroßFürstin schon stund / und auf ihn wartete / hieß er sie sehr ehrerbietig wilkommen / und sagete: Durchleuchtigste GroßFürstin; meine schlechte Wohnung hat sich / als lange sie stehen wird / zu rühmen /daß ihre Vortreffligkeit nicht vorbey zihen / sondern bey ihrem bereitwilligsten Herberge nehmen wollen; und weil mein Gemahl und Tochter vorlängst gewünschet / Ihrer Durchl. auffzudienen / wolle dieselbe freundlichst gebehten seyn / unsere Geselschafft ihr gefallen zulassen / und mit einem bereit stehenden Willen vorlieb zu nehmen. Valiska neigete sich tieff gegen ihn bedankete sich der hohen unverdieneten Ehre / währe vor sich so kühn nicht gewesen / dem Hochmögenden Herrn Stathalter Ungelegenheit zumachen / sondern vorerst ihrem Gemahl zugehorsamen /dann auch Gelegenheit zusuchen / seiner Liebe vor die ihrem Gemahl erzeigete grosse Freundschafft zudanken / und mit dem trefflichen Fräulein schwesterliche Freund- und Kundschafft zumachen / deren hohe Tugend ihr Gemahl nicht gnug hätte rühmen können; bähte demnach sehr dienstfleissig / ihrer Kühnheit zuverzeihen / und mit überflüssiger Ehre sie hochgünstig zuverschonen. Pompejus wuste / daß die seinen verlangen trugen / die fremden Gäste zuerkennen / trat mit den Mannesbildern unter den gewölbeten Bogen /und sendete hin / sie ohn anmeldung der fremden herzufodern / denen die GroßFürstin mit ihren beyden Nachfolgerinnen entgegen trat / und jene sich wegen ihrer ausbündigẽ Schönheit nicht gnug verwundern kunten / biß nach freundlicher umfahung Valiska also anfing. Durchl. Fr. Stathalterin / auch Hochgebohrnes vortreffliches Fräulein; meine Verwägenheit / dieselben unangemeldet zu überlauffen / habe ich durch nichts zuentschuldigen / nur daß auff die hohe Gunst ich mich verlasse / mit welcher sie meinem Gemahl Mütter- und Schwesterlich verwand und zugetahn sind / dessen kind- und brüderlichen Gruß anzumeldẽ / ich unvergessen seyn wolte / wañ er solches nicht selbst zuverrichten willens währe. Ach Gott / antwortete das Fräulein / ist dann Eure Hocheit etwa meines höchstwerten Herrn Bruders / des Durchleuchtigsten GroßFürsten / Herrn Herkules Gemahl? welches ich daher muhtmassen muß / weil sonst [233] keiner in der Welt sich meiner schwesterlichen Liebe rühmen kan. Valiska umfing sie mit einem inniglichen Kusse / und sagete: Eben dieser ist mein Gemahl / hochgeliebtes Fräulein / und bin ich so erböhtig als schuldig / Ihrer Liebe wegen der ihm geleisteten schwesterlichen Dienste / nach aller Mögligkeit dankbar zuseyn. Wann auch meine Hochwerte Freundinnen belieben tragen / ihren Sohn und Bruder zusprechen / sehen sie ihn dort her kommen. Das Fräulein erwartete ihrer Fr. Mutter Begleitung nicht / sondern ging ihm entgegen /und ward von ihm mit einem brüderlichen Kusse empfangen / da er zu ihr sagete: Hochwerte Frl. Schwester; wegen vertraulicher Freundschafft habe ich nicht unterlassen können / ihre Liebe zubegrüssen / und ihr mein Gemahl sehen zulassen / welche nichts höhers wünschet / als in ihre vertrauliche schwesterliche Freundschafft auffgenommen zuseyn. Ach wie angenehm / sagte sie / ist mir meines Durchl. Herrn Bruders Gesundheit und glükliches Wolergehen / möchte von herzen wünschen / daß seinem Königlichẽ Gemahl ich der gebühr nach auffwarten könte / deren gleichen an Schönheit und anderen Volkommenheiten / ohn Zweifel in dieser Welt nicht ist. Meine Frl. Schwester / antwortete er / wird an ihr ein ergebenes Herz finden / und bitte sehr / sie wolle alle Gedanken solcher unzimlichen Demuht ablegen / dafern sie sonst mein Herz nicht betrüben wil. Sie hätte gerne geantwortet / aber wie sie berichtet ward / was vor welche die mit ihrem Vater herzunahende währen /ging sie ihnen entgegen / und empfing sie mit sonderlicher Höfligkeit / da sie gegen Ladisla sich des Wunsches gebrauchete / daß sein geliebtes Gemahl möchte zugegen seyn; Welches ihm keine schlechte Begierde nach ihr in seinem Herzen erweckete / insonderheit /weil das Fräulein ihr sehr ähnlich wahr. Inzwischen hatte Herkules sich zu der Stathalterin gemacht / von welcher er mütterlich gewilkommet ward. Valiska aber nahete sich wieder zu dem Fräulein / deren fröliche Bezeigungen ihr sehr wol gefielen / hielt manniche holdselige Unterredung mit ihr / und legten mit einander eine vertrauliche Liebe an / deren doch das Fräulein sich unwirdig schätzete / und sich zu allen dienst- und Auffwartungen erboht. Herr Pompejus ließ die Wagen auff einen grossen Plaz zusammen führen / da sie Tag und Nacht fleissig bewachet wurden; die Reit- und Wagenpferde aber auf die Dörffer verlegt / die 400 Reuter blieben in der Stad / und der Elefant ward auf die Burg geführet / da er gute Stallung fand. Es wahr allerseits grosse Freude / nicht anders / als währen Kinder und Eltern / Schwester und Brüder zusammen kommen / daß niemand wuste / mit wem er am liebsten reden wolte; welches allermeist an dem Fräulein erschien / massen sie bald mit Herkules ein Gespräch anfing / und mitten in demselben abbrechend / mit der GroßFürstin anlegete; bald ihren Oheim Fabius seines ergehens fragete. Das Mittagsmahl ward auf dem gewöhnlichẽ Saal angerichtet /wobey Geminus der Bischoff sich einstellete / zu welchem der Stathalter sagete: Ihr habt sehr wol getahn /Ehrwürdiger Vater / daß ihr dieser Fürsten und Herren Ankunfft mir verhehlet / damit ich wegen schlechter Bewirtung mich desto besser zuentschuldigen hätte. Er merkete diesen Stich wol / gab zur Antwort /daß er zwar schuldig gewesen / Ihrer Gn. alles zeitig anzumelden; weil er aber selbst nicht gewust / was vor Herren ihn hinaus gefodert / er auch gleich jezt von Bethabara zu Hause angelanget währe / hoffete er / Ihre Gn. würden ihn wol entschuldiget halten. Es ward niemand als die Fürsten / nebest Fabius und Sulpizius an diesen Tisch gesezt / und muste Frl. Lukrezie mit Gewalt sich zwischen Herkules und Valisken setzen / der Bischoff aber blieb vornen an bey dem [234] Stathalter. Nach geendigter Mahlzeit hätten sie die heiligen örter der Stad gerne besichtiget / aber diesen Tag kunte es ihnen nicht gegönnet werden / und wahr der Stathalter bedacht / auff den Abend einen Tanz anzustellen / welches Herkules hiemit abwendete / daß sie ingesamt willens währen / des folgenden Tages das Heilige Abendmahl zugebrauchen / uñ zugleich ein Dankfest zuhalten / daß ihr Heyland sie bißher so väterlich bewahret / und an diesen gewünschten Ort sicher gebracht hätte; welche er ihm wol gefallen ließ / und sich erboht / des wahren Leibes und Blutes des Sohns Gottes mit zugeniessen; dann er hatte mit seinem Gemahl und Tochter schon vorm halben Jahre sich täuffen lassen. Als nun solches des nähesten Tages von früh Morgens an biß auff den hohen Mittag verrichtet wahr / hielten sie das Mahl in Fröligkeit mit einander; nach dessen Endigung der Bischoff etliche mit Seitenspiel herzu foderte / die allerhand Christliche Gesänge erklingen liessen / und mit der Stimme darein sungen; da endlich Valiska die Laute foderte / etliche schöne Vorläufchen spielet / und bald darauff folgendes Lied / welches sie diese Nacht getichtet hatte darein sang:


1
Nun der Winter ist dahin /
Ja der Winter meiner Schmerzen /
Dem ich jezt entrissen bin /
Liegt mir nicht mehr auff dem Herzen;
Der mich vor so hart geplagt /
Und durch tieffen Schlam getrieben /
Ist / wie Artaban jezt klagt /
Hinter mir in Parthen blieben.
2
Du mein Heyland / du mein Schuz /
JEsus / hier vor mich gelitten /
Hast des wilden Parthers Truz
Vor der Faust rein abgeschnitten;
So daß O HErr deine Gunst /
Mitten unter Unglüks wüten
Vor des frechen Tigers Brunst
Meiner gnädig wollen hüten.
3
Du mein JEsus bist mein Schild /
Der Verderben abgekehret /
O du Gottes Ebenbild /
Uber alles hochgeehret;
Was vor Dank sol deiner Macht
Ich Unwirdige doch singen?
Die mir Heil und Leben bracht /
Wie man ging / mich zuverschlingen.
4
HErr / ich trat daher ohn Licht /
Lag im finstern Todes-Grabe /
Kante deinen Namen nicht /
Den ich jezt im Herzen habe;
Darumb stieß des Unfals Wuht
Meine Seele leicht danider /
Weil ich nichts / als Fleisch und Blut
Suchte / das mir hülffe wieder.
5
Aber nun des Vaters Wort /
JEsus / sich mir offenbahret /
Hab ich einen starken Hort /
Der mir Leib und Seel bewahret /
Der in mir des GlaubensFeur /
Und der LiebeBrunst entzündet /
Daß kein Hellisches Geheur
Raum und Stelle bey mir findet.
6
O du Himmels-Gnade du!
O du Trost der schwachen Seelen!
O du hochgewünschte Ruh!
Nimmer kan es denen fehlen /
Die in deinem Schutze seyn.
Nun so hilff HErr / und vollende /
Daß ja deiner Güte Schein
Nimmermehr sich von uns wende.
7
Laß im Glauben uns bestehn /
Biß wir diesen Leib der Erden
Durch des Todes übergehn
Abzutuhn gezwungen werden /
Dann führ' unsre Seele hin
Zu der Ruhe deiner Gnaden /
Wie dein Bruder-Herz und Sinn
Uns dahin hat eingeladen.
8
O wie werd ich mich alsdann /
Höchstes Heil / an dich ergetzen!
Hier leid ich / so viel ich kan;
Dort wirstu die Pein ersetzen
Mit der Unaussprechligkeit.
JEsus / wann wird es geschehen /
Daß dein arme Christenheit
In das Paradeiß sol gehen?

[235] Alle anwesende höreten ihre geistlichen Andacht fleissig zu / und verwunderten sich über die Inbrunst /welche sie durch äusserliche Geberden scheinen ließ /daß auch die Freuden-Thränen ihnen sämtlich aus den Augen drungen / weil sie die ihren fliessen sahen; daher der Bischoff Gelegenheit nam / durch ein Christliches Gespräch sie zu stärcken / und sagte zu ihr: Durchleuchtigste Groß-Fürstin; das ist die durchdringendeste Hertzens-Freude / zu welcher wir von Gott erschaffen sind / wann wir an unserm Heylande alle unsere Seelenbelustigung haben; dann hiedurch empfinden wir auch noch in diesem Lebẽ den süssen Vorschmak jener unsäglichen Wollust / die unser Heyland durch sein Leiden und Tod uns in dieser Stad erworben hat. Ja Ehrwürdiger Vater / gab sie zur Antwort: Wolte GOtt / daß unser muhtwilliges Fleisch sich nur stets könte oder wolte zwingen lassen / dem irdischen abzusterben / und dem Geiste die himlische Betrachtung zugönnen; aber leider! ich empfinde mit dem teuren Apostel Paulus auch das Gesez der Sünden in meinen Gliedern / das da widerstreitet dem Gesez in meinem Gemühte / und nimt mich täglich gefangen / indem es mir bald dieses / bald jenes einwirfft / und offt mitten in der AndachtsGluht meine Gedanken mit der Angiessung des Weltwassers störet / daß sie der Betrachtung nicht gebührlich nach setzen / sondern in dem ich mein bekantes Gebeht mit den Munde spreche / der Siñ wol auff ein anders hingezogen wird / und die Zunge das ihre volführen lässet; Und wann ich mich bißweilen von dieser mir selbst widrigen Schwebung loßreisse / wil sie doch immer anhalten / und der Andacht den Lauff verhindern. Nichts neues / Durchl. GroßFürstin / nichts neues /sagete der Bischoff / sondern diß ist eben der Streit und Kampff / welchen die Gläubigen in dieser Irdischeit täglich erfahren müssen; dann wir dürffen unsern Feind nicht weit suchen / sondern tragen ihn in unserm Busem mit uns umher. Aber darüber sollen wir keinen Zweifelmuht an uns nehmen / sondern uns trösten / daß unser Alkräfftiger Verfechter JEsus / uns in diesem Kampfe nicht ohn hülffe lassen / sond'n mit seiner Gnugtuhung beyspringen wil / auff daß / wo unser schwaches Vermögen zukehret / seine Almacht gelten / und unsern Abgang reichlich ersetzen sol; fehlen wir dann bißweilen aus Fleisches Schwacheit /und sehen / daß der faule Esel nicht folgen wil / wie der Geist treibet / sondern durch Gegenwürffe des Gesichtes oder Gehörs / oder anderer Begierden abgeleitet wird / müssen wir uns doch an der Gnade Gottes genügen lassen / wann wir nur unser Gewissen rein behalten / oder da wir gestrauchelt / uns in der Zeit wieder auffrichten. Wer dann also streitet / dem wird der gerechte Richter an jenem Tage die EhrenKron nicht versagen. Aber wie schwer dieser Kampff zugehet / und wie wenig denselben recht antreten dürffen /sihet man an den Welt-ergebenen / die nicht allein den Irrungen der Andacht sich nicht entgegen setzen / sondern des unbendigen Fleischesbegierden nit eins wiederstehen wollen / weil sie nach ihrer Zärtligkeit dem Fleische nicht versagen können / was ihm sanffte tuht. Es ist wahr / antwortete die GroßFürstin / daß der ungezäumete Welthauffe den üppigkeiten sporenstreichs nachhänget / welches zwar die innerliche Boßheit in ihnen brütet / aber die Gewohnheit leget dessen bey ihnen noch den allerfestesten Fuß / daß man sie weder durch Vermahnung noch Zwang abhalten kan; daher muß der Geist bey ihnen nohtwendig erliegẽ / wie stark man gleich / ihn loßzureissen / bemühet ist; und tuht hierzu der Unglaube nicht wenig / welcher der blinden Vernunfft die Gewißheit des zukünfftigen Gutes überal zweiffelhafftig [236] machet / da sie den gegenwärtigẽ Schatten wählet / damit sie nit um bey des betrogẽ werde / weil sie doch das verborgene vor nichts hält. Ich bekeñe dz vor meiner Bekehrung ich mañichen unnützen Gedankẽ angewendet habe; ob die anreizung zur Tugend / nit nur allein um des gemeinen nutzen willẽ angesehẽ / denen aber / die dariñen sich übẽ / nur ein eingebildeter Wahn währe. Ja / gedachte ich / wz hat jener davon / dz er um eines anderen willen sich schlagen / verwunden und erwürgen lässet / und könte von seinem überflusse alle erdenkliche Wollust einnehmen? Bald fiel mir ein; was man mir von Göttern sagete / könte nit allerdinge errichtet seyn / und müste man denen zum schuldigen gehorsam die Tugend üben; aber der Zweifel wolte sich hiedurch noch nicht dämpfen lassen / sondern der verworrene Sinn rennete der vorigen Bahn wieder nach; wer hat jemahls einen Gott gesehen? vielleicht werden sie uns zum Schrecken eingebildet / auff daß wir durch solche Furcht eingehalten werden / unserer Wollust nachzuhängen / gleich wie man eine Klapper auff den Baum stellet / die Vogel abzuschüchtern /daß sie den Kirschen keinen Einfall tuhn; oder wie man einem Knechte den rauchen Pelz umbhänget / die schreien den Kinder damit zu stillen. Also wahr mein Herz in stetem Wankelmuht / welcher vielleicht wol andere mehr einnimt / und zu Frecheit antreibt / als lange ihnen das Licht der Warheit nicht scheinet / und ich daher über der Heiden Gottlosigkeit eben so hoch mich nicht verwundere; aber wann ich erleuchtete Christen sich in Sünden und Schanden wälzen sehe /solches gibt mir überaus grosse ärgernis / und verfluche diese unmenschliche Boßheit / daß sie wieder Wissen und Gewissen streben / nicht anders / als lieffe ein Verurteileter mutwillig ins Feur / da ihm doch der Richter Gnade und Lebensfristung anbeut / wann er nur seinem Frevel steuren / und des Feurs sich enthalten könte. Der Bischoff wolte ihr dieses beantworten; aber Libussa meldete ihr an / daß ihr eingesperretes Hündichen sie der gestern morgen stets getrauret /und keinen Bissen hätte essen wollen. Sie meinete aber ihren zahmen Löuen / den sie in einen Kasten gesezt hatte / welcher keinen Tag von ihr bleiben wolte /so heftig liebete er sie / und sie daher ihn ihr Schoßhündichen zu nennen pflegete. Sie hörete Libussen anbringen nicht gerne / und ging hin / ihn zubesehen. Als sie nun zu ihm trat / und die Tühr am Kasten öffnete / daß er hervor gehen kunte / sprang er frölich um sie her / daß die Diener sich verwunderten; sie aber ihn speisen ließ / und ihn mit sich auff den Saal führete / welches dem anheimischen Frauenzimmer und anderen mehr / nicht geringen Schrecken brachte / dessen sie doch bald benommen wurden / als sie sahen /wie gehorsam er sich gegen die Groß-Fürstin erzeigete / dann er stellete sich hinter ihr / und wartete nicht anders auff als ein Diener. Nach mittages gingen sie hin / alles denkwirdige zubesichtigen / an was Orte Pilatus Richthaus gestanden; auff welcher stäte der HErr JEsus gegeisselt / gekreuziget / und begraben werden; hernach fuhren sie ingesamt hin nach dem Oelberge / wo der Garte Gethsemane gelegen wahr /an welchem Platze Herkules den Juden bestritten /und die andern gekreuziget wahren / und brachten hie mit die Zeit zu biß an den Abend. Die damahl gebraucheten Kreuze stunden noch allesamt auffgerichtet /und solches den Juden zur Warnung und schrecken /doch sahe man an denselben / daß sie viel alte und neue Hiebe zeigeten / welche ihnen die Juden täglich gaben / damit sie bald niderfallen möchten. Gallus besahe die Kreuze gar genaue / und ward an denselben gewahr / daß viel Ehreisches daran gekritzelt [237] stund /welches Plautus lesen und verdolmetschen muste / da sich dann befand / das erschrekliche grausame Verfluchungen über Herkules und den Stathalter von den Juden daran geschnitten wahren / wiewol mit sehr kleiner und übel leserlicher Schrifft / welches Herr Pompejus gerne alsbald geeifert hätte / aber auff Herkules Raht unterdrückete er seinen Zorn / und stellete etliche heimliche Schildwachten aus / welche zu Tag und Nachte fleissige acht geben solten / ob ein oder ander Jude bey solchen Kreuzen sich würde finden lassen; welches kaum vier Stunde anstund / massen 16 junge verwägene Juden hinzugingen / und nicht allein unterschiedliche neue Hiebe daran tahten / sondern noch schlimmere Flüche über Herkules / den Stathalter / und den Römischen Käyser selbst hinein schnitten. Die bestelleten Hüter nahmen dessen wahr /sendeten einen ihres mittels nach dem Stathalter und liessen ihm solches anmelden / welcher unter Gallus anführung 30 bewehrte Mann hinaus schickete /denen obgedachte Juden begegneten und von ihnen gefangen angenommen wurden; auch besichtigte Plautus die Kreuze fleissig / schrieb die neuen Buchstaben ab / und brachte sie dem Stathalter; welcher solches nicht unbillich empfand / die Tähter befragete / auch auff ihr freimuhtiges Bekäntnis sie geisseln / und als Auffrührer wieder die höchste Obrigkeit kreuzigen ließ; welches die gesamte Judischeit hoch empfand /und doch dawider nichts vornehmen durfte. Bey spätem Abend / da sie über Tische sassen / und die Stadthor schon verschlossen waren / kam der Wachtmeister und meldete an / es hielten drey Reuter haussen vorm Thore / begehreten eingelassen zu werden / uñ gäben vor / sie kähmen aus Teutschland / und währen von der GroßFürstin Valiska auff ihre Wiederkunft hieher bescheiden. Die GroßFürstin bejahete / daß es ihre Leute währen / daher sie alsbald eingelassen /und zu ihr auff ein absonderliches Gemach geführet wurden / da Neklam alle begebnissen erzählete / und nach gemeldetem Grusse die Schreiben einlieferte /welche sie brach / und der alten GroßFürstin Fr. Gertrud zu erst lase / also lautend:

Herzallerliebste Fr. Tochter; deren gewünschete Erlösung und Heyraht mit meinem lieben Sohn Herkules / hat meine Seele höchlich ergetzet / insonderheit / weil euer Liebe gute Gewogenheit zu meiner Fr. Tochter ich aus ihrem beliebten Schreiben überflüssig gesehen / welches mit Elter- und Schwesterlichem Herzen an unser Seite nach mögligkeit sol ersetzet werden; dafern auch der Durchl. Fürst aus Meden das vorgetragene weiter gebührlich suchen wird / wil ich äusserst mich bemühen / euer Liebe zu gefallen / es also zubefodern / daß andern Freiern sie versaget / und da es den Göttern also gefallen solte / diesem gefolget werde / weil unsere Zuversicht nicht zweiffeln kan / eure Liebe werde uns keinen unwirdigen vorschlagen. Vor übergeschikte Kleinot wird freundlich gedanket / und die Vergeltung versprochen; daß aber mein Gemahl selbst nicht geantwortet / wird Einbringer dieses / berichten können. Lebet wol herzgeliebete Fr. Tochter mit eurem Gemahl meinem allerliebsten Sohn /uñ nähst Mütterlicher begrüssung dessen / und eures Herrn Bruders / meines auch herzgeliebten Sohns Königes Ladisla / seid göttlicher Obhuet unter der Vermahnung befohlen / daß ihr ingesamt mit eurer hochgewünschten Gegenwart bald erfreuet / eure geträueste Mutter


Gertrud.


Bald hierauff durchsahe sie auch der Fräulein beyde AntwortSchreiben / und ward der übergeschikten Halskette an Arbianes sehr froh / welche sie zu sich nam / wieder zur Geselschafft ging / und den dreyfachen Gruß an Herkules und Ladisla ablegete /welches Arbianes mit sonderlicher begierde anhörete /aber wol gedachte / daß sie ihm seyn Glük oder Unglük in geheim melden wolte; wie sie dann / da sie zu Bette gingen / zu ihm sagete: Geliebter [238] HerrBruder /morgen wil ich eure Liebe auch erfreuen / weil sichs hinte nicht hat schickẽ wollen; welches er mit grosser Hoffnung annam / und daß er diese kurze Zeit gerne abwarten wolte. Diese Nacht begehrete die GroßFürstin Frl. Lukrezien zur Schlaffgesellin / welches ihr überaus lieb wahr / dann sie hatte sich dermassen in sie verliebet / daß ihr dauchte unmöglich seyn / sich wieder von ihr trennen zu lassen. Des morgens früh wartete Arbianes mit verlangen / was vor Zeitung ihn erfreuen oder betrüben würde / da die GroßFürstin ihn später als er wünschete / fodern ließ / und mit diesen Worten ihn empfing: Mein Herr Bruder / welcher gestalt eure Liebe ich allemahl zur beständigen Hoffnung angespornet / ist ihm nicht unwissend / und mag er sich wol versichern / daß ich nicht zweiffele / wir werden unser Vorhaben zum gewünscheten Ende ausführen / dessen ich dann in dem empfangenem Schreiben gnugsame Zeugnis habe. Es lässet aber der GroßFürst und sein Gemahl eure Liebe freundlich grüssen / und bedanket sich nicht allein meine Frl. Wase vor übergeschikte Kleinot / sondern übersendet zugleich euer Liebe dieses Halsketchen mit ihrem Brustbildichen / unter der Zuversicht / mein Herr Bruder werde es willig annehmen / und als ein Zeichen ihres dankwilligen Gemühts ihr zum steten Gedächtnis tragen. Arbianes wuste nicht / mit was Ehrerbietigkeit er dieses annehmen und beantworten solte / bedankete sich zum höchsten / daß sie seinen Wunsch schon so weit fortgesetzet / und erbot sich / nach ihren willen alles zurichten. Nachgehends taht Valiska ihrem Herkules alles kund / und daß sein Herr Vater sich keines Unwillen gegen die Abgesanten wieder jhn hätte vermerken lassen; sie begehrete auch von ihm / daß der Morgenländischen Fürsten Geschenke möchten abgeladen und besichtiget werden / damit dieselben es nicht vor eine Verachtung außlegeten / wann sie dereins von Arbianes solche Unterlassung vernehmen solten. Also wurden den ganzen Tag über alle Sachen von den 200 Wagen auff die Burg getragen / da sie eine so überaus grosse Menge an gemünzetem Golde / Kleinoten /ädlen Steinen / Perlen / und köstlichen Tüchern sahen / daß sie sich darüber entsetzeten und ganz unwillig wurden / daß sie sich gegen Arbianes vernehmen liessen / wann sie nicht fürchteten daß die vereinigte Fürsten es vor eine Beschimpfung auffnehmen würden /wolten sie ihnen alles wieder zurük senden / dann sie müsten sich schämen / so übermachte Schätze vor ihre geringe Dienste anzunehmen; welches aber Arbianes höchlich verbaht / und daneben beteurete / dz /da es geschehen würde / er seinem Herr Vater nicht dürffte unter die Augen ko en. Weil auch angezeiget ward / daß etliche Juden die vergangene Nacht sich zwischen die Wagen verstecket / und dieselben zubestehlen vorgehabt / wurden auch die übrigen Wagen abgeladen / und die Tähter nach empfangenem Staupbesem des Landes auff 20 Meile von Jerusalem / verwiesen. Des folgenden Tages zogen die unsern samt dem Stathalter und den seinen auff dem geputzeten Elefanten aus nach Bethlehem und andere örter /allerhand denkwirdiges in Augenschein zu nehmen /und gelangeten des andern Tages umb den späten Abend wieder zu Jerusalem an / dann sie durfften nicht weiter gehen / weil die Groß-Fürstin ihrem Herkules zu wissen taht / daß sie die Geburtzeit heran nahen merkete; wie sie dann von Gott des folgenden morgens umb sechs Uhr ihrer weiblichen Bürden entbunden ward / und sie eines sehr wolgestalten Herrleins ohn sonderliche Schmerzen genase / wuste auch die Geburtswehe dergestalt zuverbergen / daß man gar geringe verenderungen [239] an ihr spürete. Was nun vor grosse Freude nicht allein bey den lieben Eltern /sondern allen Anwesenden hierüber entstund / gaben sie alle an den Tag; und ließ Herkules dem Bischof behueff der Armen Christen im Judischen Lande /eine Tonne Goldes einreichen / auch vor die gnädige Entbindung eine öffentliche Danksagung in ihren Versamlungen anstellen. Es wahr der achte Tag des Wintermonats / des 226sten Jahrs / heutiger gemeinen Rechnung / nach der Geburt unsers Heylandes / da das Herrlein zur Welt gebohren ward / uñ hatte die liebe Mutter in wehrenden sechs Wochen allerhand bedienung von Fr. Terenzia / Frl. Lukrezien und ihrem eigenen Frauenzimmer / unter welcher Zeit unsere Helden dem Gejägte und andern Fürstlichen übungen oblagen / insonderheit aber den Löuen und andern grimmigen Tihren nachstelleten. So bald die sechs Wochen zum Ende gelauffen / ließ Herkules sein liebes Söhnlein durch die heilige Tauffe dem HErrn Christus zuführen; wobey als Gezeugen erbehten wahren Ladisla / Pompejus und Fabius / die ihn Herkuliskus nenneten / und hiemit der lieben Eltern Wunsch unvermuhtlich erfülleten. Nach verrichteter Tauffe stellete Herkules ein Fürstliches Mahl drey Tage lang an / wobey ein Ringelrennen gehalten ward; worauff das GedächtnißFest der Geburt unsers Heylandes einfiel / welches die unsern mit grosser Andacht hielten. Die GroßFürstin hatte zeit ihrer Sechs Wochen ein ReimGeticht auffgesetzet über die Rede des grossen Engels an die Hirten / und über den Lobgesang der himlischen Heerscharen / welches sie dem Bischoff zuverlesen gegeben / weil es in Lateinischer Sprache auff Pindarische art geschrieben war; derselbe ließ es von etlichen Christlichen Schülern auswendig lernen / welche es an diesem Feste auff des Stathalters grossem Saal / mit männigliches Vergnügung sungen / und allemahl das Seitenspiel mit einstimmete / so daß in den ersten fünff Satzen der grosse Engel / in den dreyen lezten aber die himlischen Heerschaaren den Anfang macheten / denen immerzu die Hirten antworteten / und darauff ein Häuflein an stat der Christlichen Kirchẽ die andere Antwort gab /gleich wie die GroßFürstin es eingerichtet hatte / und hieselbst vorgestellet wird.

Weihnacht-Lied
Nach Pindarischer Weise eingerichtet.

Der Erste Saz.

Des grossen Engels Rede.


Ihr Hirten sollet Furcht und zagen 1

Hinweg aus euren Hertzen jagen;

Den Schrecken leget von euch hin /

Der eure Seel hat überwogen;

Ich komme nicht mit Schwert und Bogen /

Ich der ich Gottes Boschtaft bin /

Euch grosses Wunder anzumelden

Nach welchem Väter und die Helden


So manches Seufzen und Geschrey

Zu Gott gen Himmel hingeschicket /

Damit sie würden frank und frey

Vom Tode der sie hart bestricket.

Das klare Licht / der helle Schein /

Damit ich gänzlich bin ümbgeben /

Sol euren Augen / eurem Leben

Zu diesem mahl unschädlich seyn.


Der I. GegenSaz.

Der Hirten Antwort.


O heller Glanz! der Seraphinen /

Die unserm Himmels-Fürsten dienen /

[240]

Der alle Wolken auffgedecket /

So daß man durchhin sehen kan.

Es zittern unser Herz und Glieder /

Doch stärkt dein Trost sie etwas wieder /

Nach dem du uns versichert hast /

Es sol uns keinen Schaden bringen.


Bistu gewißlich erster Man.

Dein klarer Bliz hat uns erschrecket /

So sez uns nun in Ruh und Rast /

Und mache kund vor allen dingen

Was Wunder du erzählen wilt.

Wir wollen unsern Sin herneigen /

Und uns dir dankbarlich erzeigen /

Wo unser Dank sonst bey dir gilt.


Der I NachSaz.

Christlicher Weynacht-Herzen andächtige Betrachtung.


Sollen wir andere Völker der Erden

Unseren Schrecken nicht legen beyseit /

Welcher in dieser trübseligen Zeit

Täglich sich mehret durch Kriegesbeschwerden?

Sollen wir nimmer erlediget werden /

Klagen und sagen nur immer von Streit?

Leget sich einig derselbigen Leid /


Welche mit ihren bewolleten Heerden

Hecken und Wälder und Felder durchzihn?

Unser so lange geplageter Sinn /

Bleibet der immer in Furchten und Zagen?

Glänzender Engel die grosse Gefahr

Rücket und drücket die gläubige Schaar /

Welche den Schmerzen nicht länger kan tragen.


Der II Saz.

Des Engels Rede.


Ich bringe nach so schwerem Leide 2

Euch Freud uñ Lust; nach Hunger / weide;

Nach harten Schlägen sanfte Ruh.

Die Schlange hat euch vor betrogen /

Und Gottes Gnaden-gunst entzogen /

Die führ ich euch jezt wieder zu.

Mein predigen ist Himmels-freude /

Wie Gott euch mit dem Ehren-Kleide


Nach diesem selber zieren wil.

Vernehmet doch das Wort der Gnaden /

Das allerbeste Lebensziel /

Worauff ich euch jezt muß einladen,

Hier ist der Satzen Donner nicht /

Der nichts als Schrecken kan erregen;

Mein Wort ist lauter Glük und Segen /

Das euch den Himmel selbst verspricht.


Der II GegenSaz

Der Hirten Antwort.


Was sind dann das vor grosse Gaben /

Die wir aus deiner Predigt haben?

O schöner Engel mach' es kund!

Sol etwa gute Zeit entstehen /

Da unsre Schaffe weiden gehen /

Daß weder Schäffer noch sein Hund

Die Dieb' und Wölfe darf abtreiben /

Die selten von den Hürden bleiben?


Wird etwan ein gewünschtes Jahr

Den Ställ- und Auen Segen bringen?

O reicher Gott / wird dieses wahr /

So wollen wir den Reihen singen;

Wir wollen den Schalmeien-Klang

Dir Gottes Engel zugefallen

Auf Berg- und Tahlen lassen schallen /

Und opfern dir ein Lamb zu Dank.


Der II NachSaz

Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.


Lässet der Himmel uns Freude vortragen?

Predigt der Engel noch selber von ihr?

Lieber was leiden und fühlen dann wir

Immer und immer die blutigen Plagen?

Wissen Betrübte von Freude zu sagen?

Hersscher der Erden / ach höre doch schier!

Deine Geängsteten winseln vor dir /


Bitten du wollest auffhören zu schlagen.

Gönne nach langer erlittener Pein

Deinen Geliebten eins frölich zu sein.

Sollen die Straffen uns gänzlich auffreiben?

Würge den Würger / ertödte den Tod;

Treibe den Treiber / und zwinge die Noht /

Ferner aus deiner Behausung zu bleiben.


[241] Der III Saz.

Des Engels Rede.


Vernehmets / O ihr blöde Hirten / 3

Die ihr euch bey den grünen Myrthen

Den langen Tag zu halten pflegt.

Die Lust und Freude / die ich bringe /

Ist nicht so kindisch und geringe /

Als sie von euch wird außgelegt.

Es sol der ganze Kreiß der Erden

Der grossen Freude fähig werden;


Da wo die Sonne früh aufsteht;

Da wo sie alles schwarz anstreichet;

Da wo sie Abends untergeht /

Und da der Winter nimmer weichet /

Sol diese Freude lautbar seyn;

Der Menschen Seel und Herz erquicken /

Sie mit des Himmels Gunst anblicken /

Und nehmen ihre Sinnen ein.


Der III Gegen-Saz.

Der Hirten Antwort.


Das mag wol Freude seyn und heissen /

Die alle Welt sol zu sich reissen!

O lieber Engel / werden dann

Wir / die wir durch die Felder ziehen /

Und grosser Städte Wollust fliehen /

Auch dieser Lust seyn zugetahn?

Vielleicht wird sie nur denen bleiben /

Die Wunder mit dem Degen treiben?


Vielleicht wird der Gelehrten Schaar

Uns diese Freud' und Lust nicht gönnen?

Vielleicht wird / der die Gelder baar

Außzählt / sie an sich käuffen können?

Wo bleibet dann mein Korydon?

Was sol Menalkas dann beginnen /

Und Mops / der ohn das grober Sinnen?

Dann müssen wir ohn Trost davon.


Der III. NachSaz.

Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.


Himlischer Bohte / du Fröligkeit-Bringer /

Deine Zeitungen sind Zucker und Wein;

Führen die grössesten Güter herein /

Welche durch Gottes Allmächtigen Finger

Leides und Neides- und Hellen-Bezwinger

Immer und ewig geordenet seyn.

Weiche von dannen du fressende Pein /


Mache das quälen nach diesem geringer;

Himlische Freude geht stärcker als du;

Machest du Schmerzen so machet sie Ruh.

Sollen die Grenzen der Erden beschmecken

Diese verkündigte Freude; so muß

(Welches ich hoffe) mein einiger Fuß

Ewig im Leide nicht bleiben bestecken.


Das IV Saz.

Des Engels Rede.


Ihr Hirten fürchtet euch vergebens; 4

Der Fürst und Herzog eures Lebens /

Das Heil der Menschen ist gebohrn.

Euch armen Welt-geringen Leuten

Kömt Er / den Himmel zu erstreiten /

Den jhr aus Frevel habt verlohrn.

Des Degens Macht / das tieffe wissen /

Das blanke Geld trit er mit Füssen /


Es ist vor ihm nur Staub und Koht-

Er ist ein Heiland aller Armen /

Die ihr' Unwirdigkeit und Noht

Erkennen / läst er sich erbarmen.

So frischet nun Herz Sinn und Muht /

Geht / euren Heiland zu empfangen

Zu Bethlehem solt ihr erlangen

Das allergröste Himmels Gut.


Der IV GegenSaz.

Der Hirten Antwort.


O Werter Engel / dein erzählen

Vertreibet unser Sinnen quälen.

Ist unser Heiland in der Welt?

Ist er zu Bethlehem zu finden?

[242]

Verseumet dieses Glücke nicht.

Wir wollen die Sakpfeiffen stimmen /

Und spielen ihm ein Lobgeticht /

Das sol biß an die Wolken klimmen.


So wollen wir den leichten Winden

Gleich lauffen über Püsch und Feld /

Des Lebens Hertzog zu beschauen /

Auf / auf ihr Hirten / müst euch zauen

O sollen wir zum Fürsten gehn /

Vor welchem sich die Engel neigen /

Und alle Sklaven-Dienst erzeigen?

O Freude! sollen wir den sehn?


Der IV NachSaz.

Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.

Gütiger Heiland / so bist du verhanden /
Welchen die Väter so heftig begehrt?
Werden wir heute des Glückes gewehrt /
Welches wir frölich vom Engel verstanden?
Lösest du heute die Ketten und Banden?
Werden uns himlische Güter beschehrt?
Werden die hellische Flammen verheert?
Machest du Teufel und Sünde zu schanden?
Gütiger Heiland / wir freuen uns dein.
Kehre bey deinen Geliebten ein /
Welche kein Bleiben auf Erden mehr finden.
Wende den Jammer und stille das Blut;
Sende den Frieden und dämpfe die Glut
Ehe wir unter den Straffen verschwinden.

Der V Saz.
Des Engels Rede.

Der Heiland / welcher euch vom Bösen 5
Durch Kreuz und Marter wil erlösen /
Kömt nicht aus Mannes Samen her.
Er ist der grosse Schlangen-Treter /
Der grosse Gott und Wunder-Tähter /
Emanuel von hoher Ehr
Und starker Macht; Er ist bekleidet
Mit Fleisch und Blut / darin Er leidet /
Und ist doch Gott von Ewigkeit /
Der selbst den Himmel hat geründet /
Wird Mensch zu dieser letzten Zeit;
Der Meer und Erden hat gegründet;
Der mit dem hellen Blitze spielt;
Der Berge mit dem Donner splittert;
Vor welchem Hell' und Tod erzittert /
Wird von Marten heut gezielt.

Der V GegenSaz.
Der Hirten Antwort.

O Seht den wunder-schönen Knaben /
An dem wir unsre Wollust haben /
Der hier in dieser Krippen liegt!
Bist du das sehnliche Verlangen /
An dem die Väter stets gehangen?
Bist du / der uns das Heil zufügt?
O grosser GOtt und HErr der Erden /
Wie must du dann so elend werden?
Wo ist dein ReichsStab / Schwert und Krohn?
Wo ist die Königliche Wiegen?
O Himmels-Kind; O Jungfern Sohn!
Must du alhie so nacket liegen?
Was ist das vor Tapezerey?
Ein altes Tuch / ein dünnes Küssen /
Das dir kaum reichet biß zun Füssen;
Ein Bündlein Stroh / ein wenig Heu'!

Der V NachSaz.
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.

Mächtiger Schöpfer! was sol es bedeuten?
Sage / was treibet zu solchem dich an?
Welcher den Himmel ümkeuselen kan /
Monden und Sternen hat können bereiten;
Meeres Ziel setzen und Wasser ableiten /
Kömmet als währe schier übel getahn /
Mächtig zu bleiben. Was treibet dich dann /
Unter den Tihren dein Bette zu spreiten?
Herscher der Erden / wo bleibet dein Schein?
Wickelt man diesen in Windelen ein /
Welcher durch seine Macht alles muß tragen?
Wunder O Wunder / der ewige Gott
Leidet Gebrechen / Frost / Hunger und Noht;
Welches ich nährlich vor Wunder darf sagen.

Der VI Saz.
Der himlischen Heerscharen Lobgesang.

6Nun gebet Lob dem grossen HErren /
Was O dem schöpfet nah und ferren /
[243]
Und weißlich alle Welt außzieret /
Weil Er euch das selbständge Wort
Zum Heiland runter hat geschicket.
Steht vor ihm hurtig und gebücket /
Besinget seine hohe Macht.
Ihr seyd nun unserm Heilgen Orden /
Besinget diesen euren Hort /
Der seine Macht im Himmel führet /
Der euretwegen stetes wacht /
Von neuen einverleibet worden.
Drum preiset Gottes Gnaden-Raht /
Und last die Dankbarkeiten spüren /
Wie sich von rechte wil gebühren /
Weil er euch so geliebet hat.

Der VI GegenSaz.
Der Hirten Antwort.

O Grosser Gott / du HErr der Stärke;
Wie wunderlich sind deine Werke;
Wie prächtig gehet deine Macht.
Der du die Sonne früh ansteckest /
Und Abends spät den Monde weckest /
Machst Sommer / Winter / Tag und Nacht.
Und (das zum höchsten ist zu preisen)
Pflegst immer Gnade zu erweisen /
Uns die wir doch nur böse seyn.
Laß unser Opfer dir gefallen /
Und schau in unser Herz hinein /
Ob wir gleich wie die Kinder lallen /
Ist doch der Sinn und Wille gut.
O laß das bäuerische singen
Biß hin zu deinen Ohren dringen /
Und halt uns stets in Schuz und Huht.

Der VI NachSaz
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.

Gütiger Vater / was können wir geben?
Lieber / wie können wir danken der Gunst /
Welche nach deiner unmäßlichen Brunst /
Unsere Güter / Gemühter und Leben
Häget und pfleget. Wie heftig wir streben /
Finden wir leider nur Nebel und Dunst;
Wolten zwar gerne mit höhester Kunst
Deine hochrühmliche Tahten erheben.
Aber O Vater / das himlische Licht
Rühmet vor deinem Gesichte sich nicht /
Solte dann Erde dir können gefallen?
Vater ersetze / was mangelt annoch /
Tilge der Sünden beschwerliches Joch /
Frölich sol unser Getichte dann schallen.

Der VII Saz.
Der Himlischen Heerschaaren Lobgesang.

Nach diesem bleibt der grosse Frieden 7
Von eurer Seelen ungeschieden /
Der Frieden welcher Gott gefält /
Der Herzens-Quahl und Unmuht stillet /
Der das Gewissen stets anbrüllet
Und wegen Schuld zu rede stellt.
Der Frieden / welcher Gottes Straffen /
Durch Christus Wunden abzuschaffen
Ihm lässet angelegen seyn.
Wer diesen Frieden bey sich träget /
Bleibt ewig frey von Hellen-Pein /
Die durch den Teufel wird erreget.
Er bleibet stets in Gottes Schuz.
Und ob ihm gleich der Hellen Rachen /
Und eigne Schuld angst wolten machen /
Beut er doch ihnen allen Truz.

Der VII GegenSaz.
Der Hirten Antwort.

Ist nun die liebe Zeit erschienen /
Da Fried in unserm Lande grünen /
Und allen Krieg vertreiben sol?
Da Wölffe bey den Lämmern liegen / 8
Da Pardel sich zun Böcken fügen /
Und bleibet doch die Heerde vol?
Da Räuberische freche Löuen
Dem Kalb uñ Mastvieh nicht mehr dräuen;
Da Küh' und Bären friedlich gehn /
Und eine Weid in Ruh befressen /
Die Jungen bey einander stehn /
Und Löuen Ochsen-Futter essen.
Da Kinder an der Mutter Brust
Beim Otter-Loche werden spielen /
Des Basilisken Nest durchwühlen
Und haben an den Schlangen Lust.

[244] Der VII NachSaz.
Christlicher Weinacht-Herzen andächtige Betrachtung.

Selig O selig / die Frieden bewohnen!
Selig O selig / des Acker und Land
Werden mit Pferden ohn Sattel berant!
Selig die ihrem Gesinde nur lohnen /
Dürffen nicht unter der Kriegeslast frohnen /
Sehen nie keine Feurspeiende Hand /
Keine Feld-Schlachten / kein Lager noch Brand /
Essen sie gleich nur gesalzene Bohnen.
Himlischer Vater; die die geistliche Ruh /
Sendestu heute den Deinigen zu.
Weltlicher Frieden / wann kömmestu wieder?
Schwerter und Spiesse die würgen noch fort /
Rauben und Stehlen / Verheerung und Mord
Schläget noch immer die Frommen darnider.

Der IIX Saz.
Der himlischen HeerSchaaren Lobgesang.

Ihr Menschen Kinder last euch rahten
Und nehmet Gottes Wundertahten 9
Mit hochgeneigtem willen an.
Ihr habet seine Gunst nun wieder /
Die lässet sich zu euch hernider /
Wol dem der sie recht fassen kan!
Vor diesem seid ihr abgewichen /
Und falschen Göttern nachgeschlichen /
Der rechte Gott wahr unbekant /
Der hat sich klärlich offenbahret /
In dem er seinen Sohn gesand /
Der euch vor Hellen-Gluht bewahret.
Erwecket euren Sinn und Muht /
Eur Herz und ganzes Wolgefallen /
Und lobt denselben mit uns allen /
Der euch so viel zu gute tuht.

Der IIX GegenSaz
Der Hirten Antwort.

O Grosser GOtt / richt' unsern Willen /
Den deinen gerne zuerfüllen.
Die böse Wurzel stecket fest
In unsern innersten Gedanken /
Die uns im guten machet wanken /
So gar sind wir der Sünden Nest.
Dein guter Geist muß unser Tichten
Nach deinem heilgen Willen richten /
Sonst ist es lauter Ubeltaht.
Wir straucheln stets auff unsern Wegen
Und wissen weder Trost noch Raht /
Weil Sünd' und Tod uns Stricke legen.
O milder Heyland spring' uns bey /
Daß wir an deinen Himmels-Gaben
Von Herzen Wolgefallen haben /
Und unser Wille deiner sey.

Der IIX NachSaz.
Christlicher Weinacht-Herzen andächtige Betrachtung.

Fleischliche Kräffte sind ledige Bäume /
Zeigen viel schönes und geben es nicht.
Unser Vermögen / wie viel es verspricht /
Bleibet doch lauter vergebliche Träume.
Unsere Sinnen sind nimmer daheime /
Welche dem HErren die schuldige Pflicht
Sollen abtragen; das Geistliche Licht
Lieget im Brunnen erloschen. Ich zäume
Meine Gedanken / so rennen sie doch.
Heiliger Vater / das sündige Joch
Drücket zu stränge; du schaffe den Willen;
Schaffe die Kräffte / mein tichten ist schlim /
Sollen wir lieben / so steiget der Grim;
Deine Gunst aber kan alles erfüllen.

Nach Endigung dieses Liedes hielten unsere Christen allerhand Unterredung von geistlichen Sachen /da endlich Herkules im Nahmen der ganzẽ Geselschaft bey dem Stathalter fleissige Ansuchung taht /umb schleunigen Abscheid / wobey er dieses vorbrachte: Hochmögender Herr Stathalter / Hochgebohrne Fr. Stathalterin / als Vater und Mutter zuehren; Was vor hohe Gewogenheit Eure Liebden mir und meinen Gefärten diese Zeit über sehen lassen /leuchtet heller zu Tage / als daß es meiner weitläufftigen Erzählung [245] Juden Gewalt beschützet; bald darauff als ein Sohn angenommen / und mit allem überflusse zur Reise versehen; Ja es sind alle mir erzeigete Woltahten dermassen vielfältig und wichtig / daß ich sie zuerkennen / meine ganze Lebenszeit darauf wenden muß. O wolte Gott / daß meine Landschafften also belegen währen / daß aufs wenigste ich alle Jahr meine hochwerte Eltern besuchen / und an ihrer gewünschten Gegenwart mich ergetzen könte; wiewol ich hoffe / Gott werde es schicken / daß wir zuzeiten uns noch besuchen können. Vor dißmahl erinnert uns unserseits die hohe Nohtwendigkeit / dereins aufzubrechen / und die unsern zu erfreuen / welche ohn allen zweifel mit grosser Furcht und sehnlichem verlangen täglich nach uns aussehen werden / wo sie uns wol nicht gar als ermordete beweinen / weil in so langer Zeit ihnen keine Schreiben oder andere Zeitung von uns zukommen ist / welche wir zu dem Ende hinterhalten wollen / dz wir unsere Wolfahrt ihnen selbst überbringen / und ihre freude umb so viel grösser machen möchten; Gelanget demnach unser bitliches ersuchen / daß mit ihrer guten Bewilligung Abscheid zunehmen / uñ erstes Tages zu Schiffe zugehen uns möge erläubet seyn / damit wir das ungewöhnliche Wetter und guten Wind nicht verabseumen / und hernach die unfreundlichen Stürme ausstehen dürffen /welche insonderheit den Schwangern und Säuglingen / so bey uns sind / sehr gefährlich seyn würden. So gewiß wir nun unsers Herrn Vaters guter Gewogenheit versichert sind / so ungezweifelt versprechen wir uns auch von dessen Liebe eine freundwillige und schleunige Erlassung / demnach wir nunmehr eine geraume Zeit hieselbst ausgehalten / und nit wenig Ungelegenheit gemacht haben. Pompejus gab zur Antwort: Durchleuchtigster GroßFürst / Hochgeliebter Herr Sohn; Eure Liebe rechnet das wenige so hoch /was etwa ich und die meinigẽ aus Pflicht geleistet haben / und verschweiget daneben das unermäßliche /welches von derselbẽ durch Gottes gnädige Schickung uns zukommen ist / nehmlich die heilsame Erkäntniß des wahren Gottes / ohn welche wir ewig hätten müssen verlohren seyn; Jedoch / wann Eure Liebe sich der neulich überschikten Kleinot nur erinnert / wird sie befinden / daß auch dz zeitliche schon mit Zinsen ersetzet ist / und ich das geringe auf teuren Borg wider meinen Willen habe austuhn müssen. Ob ich nun zwar liebers nicht wünsche / als dz solche liebe Freunde biß an mein Ende von mir nicht möchten getrennet werden / und aber wegen ihrer Wolfahrt solches nicht geschehen kan / so schätze ich mich nicht allein glükselig / daß ein so treflicher Fürst / von dessen Ruhm alle Welt erfüllet ist / mir den Nahmen eines Vaters zugeben sich nicht wegert / sondern zugleich mir auch die Hoffnung machet / gelegenheit zusuchen / dz wir uns zuzeiten gegenwärtig erlustigen mögen. Den begehreten Abscheid / in ansehung meines Durchl. Herrn Schwagers / Königes Ladisla / muß ich billich nicht hemmen / zweifele doch nicht / meine Herren werden unbeschweret seyn / noch etwa 9 /oder 10 Tage bey mir zuverharren / damit eine gnugsame Anzahl Schiffe herbey gebracht / und die Güter eingeladen werden mögen / alsdann dieselben länger aufzuhalten mir nicht gebühren wil. Die Groß-Fürstin beantwortete ihm solches also. Durchl. Herr und Vater / auch herzgeliebete Fr. Mutter; wir erkennen uns schuldig / Ihrer Liebe hierinnen gerne zugehorsamen / und die zur Bereitung nohtwendigen Tage auszuhalten / auf daß wir zur gebührlichen Danksagung Zeit und Gedanken gewinnen; Ich habe aber zugleich eine kindliche Bitte an dieselbe abzulegen / ob mir könte gegönnet seyn / meine herzgeliebete Frl. Schwester / Frl. Lukrezien [246] mit mir nach Padua zuführen / deren Heil und Wolfahrt mein Herr Bruder und mein Gemahl neben mir / als unser selbsteigenen uns werden lassen angelegen seyn. Herr Pompejus hatte sich dieses begehrens schon zeitig versehen / wolte ihr auch solches nicht abschlagen / und gab diese Antwort: Durchleuchtigste GroßFürstin / hochwirdige Fr. Tochter; in was Geselschafft könte mein geliebtes Kind Lukrezie mehr Zucht und Gottesfurcht fassen /als bey Ihrer Durchl. die ich sonder Schmeicheley wol einen Spiegel der volkommenen Tugend nennen und preisen kan / daher Ihre Liebe ein solches bey mir suchet / warumb ich vielmehr zubitten hätte / und gezwungen bin / vor diese hohe Zuneigung gegen mein Fleisch und Blut mich dienstlich zubedanken / nicht zweifelnd / dieselbe werde mit der Unvolkommenheit meiner Tochter geduld tragen / und sie vor ihre Dienerin annehmen / sie auch biß zu meiner Abfoderung /oder ihren weiteren Abzug / ihrer Unterweisung teilhaftig machen / ob ich gleich keine Mittel es zuvergelten weiß. Das liebe Fräulein hatte bißher gezweifelt / ob die Eltern ihr diese Reise gönnen würdẽ / erfreuete sich solcher Einwilligung / und nach geleistetem Handkusse sagte sie: Gnn. Herr Vater und Fr. Mutter; ich bedanke mich kindlich dieser willigen Vergünstigung / mit dem versprechen / allen möglichen Fleiß anzuwenden / daß in meiner Aufwartung ich der Durchleuchtigsten GroßFürstin / die mich unwerte des SchwesterNahmens wirdiget / gebührlich an die Hand gehe / und mit willen sie nicht erzürne. Die GroßFürstin sagte gleichmässig Dank / und wiederhohlete ihr voriges versprechen. Ward demnach alles zum Aufspruche fertig gemacht / und noch desselben Tages 50 treffliche Schiffe verschrieben / in den nähesten Hafen einzulauffen / weil sie von allem mitgebrachten nichts hinterlassen wolten / da die Parthische Leibeigene / umb ihre Freyheit zubefodern / sich vor Ruderknechte anerbohten. Neklam und Ruprecht / nebest ihrem Dolmetscher Azores / hatten sich angegeben / daß sie den Christlichen Glauben anzunehmen grossen Willen trügen / deßwegen sie nach fleissiger Unterrichtung / so von Leches geschahe / die Heilige Tauffe empfingen / da inzwischen Arbianes alle Tage zwo Stunden sich mit Fr. Valisken und Brelen in der Teutschen Sprache übete / wozu er schon zu Persepolis den Anfang gemacht hatte. Als nun am achten Tage nach Herkules Ansuchung / alle Sachen zu Schiffe gebracht wahren / lieferte Fr. Valiska dem Stathalter sehr köstliche Kleinot und Gewand / ließ auch dem Fräulein drey TonnenSchaz auszählen /Kleinote aber und andere Sachen solten ihr zu Padua geliefert werden. Arbianes bezeigete sich auch gar freygebig / weil ihm viel gutes geschehen war / uñ bezahleten die unsern alles reichlich / was ihre Leute und Pferde verzehret hatten. Des folgenden Tages brachen sie auff / und geleitete sie Herr Pompejus und sein Gemahl biß nach Joppen / woselbst die Schiffe im Hafen lagen. Es trug sich aber mit dem Elefanten ein sonderliches zu; nehmlich sein Meister ein Indianer wahr unwillig / mit nach Padua zureisen / dann er hatte sich zu Persepolis mit eines Bürgers Tochter ehelich versprochen; Nun wuste er / daß ihm Lebensgefahr drauff stünde / wann er heimlich davon lauffen würde / darumb legete ers mit dem Elefanten an / daß er sich wegern solte / weiter zuzihen / welches er also verrichtete: Er hatte schon etliche Tage her dem Elefanten vorgesaget / man wolte ihn über Meer in ein fremdes rauhes Land führen / woselbst ihm schlimmes Futter solte gereichet / auch aller Zieraht entwendet werden / würde nur Holz / Steine und Wasser tragen müssen / und das verächtlichste [247] Tihr unter allen seyn; derhalben wolte er ihn geträulich warnen / daß er sich nicht solte lassen zu Schiffe bringen / damit er dieses übels entfreyet bliebe. Man hat sich über dieses Tihrs Art billich zuverwundern / gestaltsam dasselbe von dem gemeinen Leutẽ vor vernünftig gehalten wird / weil es des Menschen / insonderheit seines Meisters Reden verstehet / uñ darnach sich zuhalten weiß /welches an diesem gnugsam erschien; dann vorerst hatte man viel Mühe / ehe man ihn zu Jerusalem aus dem Stalle bringen kunte; ging auch den ganzen Weg nach Joppen so traurig / daß jederman meynete / er währe mit einer Krankheit behafftet / welches sein Meister ihnen artig wuste einzubilden / biß man ihn ans Schiff brachte / und über eine darzu gemachte Brücke hinein leiten wolte; dann da stund das Tihr am Unfer ganz stille und unbewäglich / daß mans weder mit Schlägen noch harten Worten aus der Stelle bringen kunte. Ein Mede aber war unter Arbianes Reuterey / welcher dieses Tihrs Eigenschafft wuste / und sahe / daß die Schuld an dem Indianer lag / welches er Herkules offenbahrete / es würde gewißlich der Meister dem Elefanten etwas widriges eingebildet haben /zweifelte nicht / da man ihn mit harten Straffen dräuete / würde das Tihr schier folgendes Tages mit frölichem willen hinein gehen. Herkules kam dieses zwar ungereimet vor / doch wolte ers versuchen / und dräuete den Indianer mit Ruhten streichẽ und kreuzigen zulassen / wo er das Tihr nicht willig machete /welches er abgeschrecket hätte. Dieser wolte die Taht zwar nicht gestehen / und furchte sich doch vor der Straffe / daher er allen möglichen Fleiß versprach /ober das Tihr auff bessere Meynung bringen könte; nam es im Stalle absonderlich vor / und redete ihm sehr freundlich zu: Er hätte zwar bißher gemeynet /sie würden in ein unfreundliches wildes Land geführet werden / aber nunmehr vernähme er gar das Widerspiel / daß nehmlich ihre Reise nach dem ädlesten Ort der Welt gerichtet währe / woselbst das allerniedlichste Futter anzutreffen / und er überdas mit dem köstlichsten Zeuge solte beleget werden; müste deßwegen einen frischen Muht haben / und sich ferner nicht wegern / zu Schiffe zugehen / gab ihm auch ein sehr gutes Futter / und sagete / dieses währe aus demselben Lande / und nur das geringste / dorten aber würde es viel besser fallen. Nun hatte sich Herkules im Stalle heimlich verstecket / dz er alles hörete / und mit Verlangen erwartete / was hierauff erfolgen würde; da er des andern Morgens mit Verwunderung sahe / wie freudig das Tihr nicht allein nach dem Meer ging /sondern selbst über die gemachte Brücke in das Schiff eilete. Hieselbst nam nun Herr Pompejus und sein Gemahl freundlichen Abscheid von unser Geselschafft / und befahl sie der Gnade Gottes zu allem Wolergehen; vermahnete auch seine Tochter / sich gegen Herrn Fabius zu Padua nicht anders zuhalten / als ob er ihr leiblicher Vater währe / an welchen er ihr auch einen Brief mitgab. Die unsern wünscheten ihm hinwiederumb allen leiblichẽ und Geistlichen Segen / da die GroßFürstin im scherze sagete: Wann etwa zu Padua sich ein wirdiger Freyer angeben würde / bähte sie umb Volmacht / neben Herrn Fabius darin zuschaffen / hoffete auch / sie würden alsdann auff das HochzeitFest gerne erscheinen. Worauff der Vater ebenmässig im scherze antwortete / es solte ihr alles heimgestellet seyn. Darauf gingen sie frölich zu Schiffe / und sägelten mit gutem Winde ohn Sturm und Gefahr den geraden Weg auff das Eiland Kreta zu.

Die in Mesopotamien Gefangene / wahren schon bey gter Zeit zu Persepolis angelanget [248] und wurden durch deren Ankunft die vereinigten Fürsten höchlich erfreuet / gaben ihnen allen Gewehr / und liessen sie den Fähnlein schwören / da diese Knechte hernach sich offt glükselig preiseten / daß sie in Artaxerxes Dienste gerahten wahren. Sysimithres kam auch daselbst an / zeigete seinen Geleits-Brieff / und ward darauff wolgehalten / und als ein Freund zur Mahlzeit geladen / da er sich nicht scheuhete der GroßFürstin Werbung an Artabanus / dem Persischen GroßFürsten anzumelden / welcher aber wol sahe / daß es vergeblich seyn würde / wie es dann nicht anders erging; massen / als dieser zu Charas anlangete / reichete er zum ersten Vologeses und Pakorus ihre Schreiben von Herkules ein / auch die treflichen DemantKetten /die er ihnen zum Gedächtnis sendete / welche sie willig annahmen / und nur beklageten / daß sie nicht Gelegenheit hätten / es zuvergelten. Sie gingen aber mit Sysimithres zu dem Könige / umb zuvernehmen /wessen er sich auff der GroßFürstin Schreiben erklären würde / weil sie wol wusten / daß solcher Raht umbsonst wahr / sie auch selbst ihn nicht gut heissen kunten. Als sie nun vor den König traten / fing Pakorus also an: Großmächtigster König / allergnädigster Herr; mein brüderlicher Freund / Fürst Vologeses /und ich / treten mit hoch erfreuetem Herzen vor eure Königl. Hocheit / nachdem gegenwärtiger Herr Sysimithres gleich jetzo die längst gewünschete Zeitung wegen geschehenen Abzuges GroßFürst Herkules und Königes Ladisla mit sich übergebracht / und hiedurch den erlittenen Schaden wol erstattet hat. Parthen mag sich billich dieses Tages freuen / nach welchem mich einig und allein verlanget; dann es wird derselbe unsers Glüks wiederbringung und des Persen Untergang und verderben seyn / so daß ich nicht zweiffele / den Abtrüningen solle die bißher eingeno ene Freude ehist versalzen werden / deren sie durch andere Leute wolverhalten genossen. Eure Königl. Hocheit fasse nur ein gutes Herz / und freue sich mit uns / daß die Götter das Gewitter aus Teutschland dereins von uns abgekehret haben; wir unsers teils versprechen allen möglichen fleiß anzuwenden / damit der bißher erlittene Schade nicht allein wiederbracht / sondern die Parthische Gewalt noch eins so weit außgebreitet werde. Wir haben zwar mannichen guten Kriegsmann verlohren / aber alle sind sie gleichwol noch nicht drauff gangen. Ich habe diese Tage bey der Landesbesichtigung mehr Mannschaft funden / als ich nicht gemeinet; nur ist nöhtig / daß sie im Gewehr wol geübet werden / und wird ihre Königl. Hocheit ihren Kriegs Obristen etwas freundlicher begegnen / als neulich dem redlichen Surinas geschehen; dann solte ein ehrlicher Ritter sich aus blossem Argwohn vor einen Verrähter schelten lassen / möchte er lieber wünschen /daß er nie kein Schwert an die Seite gegürtet hätte /sondern in stiller Ruhe auff seinen Gütern sitzen blieben währe; dann was sol dieser Ritter machen? wolte er sich wieder in Parthische Dienste begeben / würden andere seines gleichen von ihm begehren / sich des Argwohns gebührlich zuentschütten; ob er aber solches durch leugnen tähte / würde ihm solches wenig nutzen / sondern sich alle Tage herumb schlagen müssen; und geben nur die Götter / daß andere sich hieran nicht stossen / und gedenken / es sey besser / bey Zeit der Gefahr entgangen / als mit solchem Dank gelohnet werden. Artabanus achtete dieser Vermahnung wenig / daß er sie gar unbeantwortet ließ / uñ sich doch heimlich darüber entrüstete / aber das erste machte ihn überaus bestürzt / daß er Pakorus nicht wolte weiter reden lassen / sondern Sysimithres fragete / woher er diese Zeitung brächte / und was vor Schaden er dann gelitten hätte. Welcher darauff erzählete / [249] was gestalt ihn Herkules bey seinem Abzuge in Mesopotamien überfallen / seine Knechte gefangen / den Reuterwerbern alle Gelder abgenommen / und sie selbst vor Leibeigene mit geführet. Die GroßFürstin hätte ihm eine mündliche Werbung an ihre Königl. Hocheit anbefohlen / hernach selbige schrifftlich auffgesetzet; welche er hiemit überreichte. Der verliebete Mensch durfte ihm noch Hoffnung machen / daß etwas Trostes in dem Brieffe enthalten währe / dann sein Verlangen nach ihr / wahr ihm noch nicht verschwunden / zürnete auch heimlich auff Pakorus / daß er Bagophanes entleibet / und ihn dieses Trösters beraubet hatte /wiewol dessen hinterbliebene Wittib seine Stelle in der Schmeichelung wol zuvertreten wuste / die er gleich diesesmahl bey sich hatte / und ihr doch verbohten / einigen Unwillen gegen Pakorus merken zulassen / mit dem Versprechen / daß er den Mord schier heut oder morgen an ihm schon rächen wolte. Damit er aber das Schreiben unverstöret lesen könte /ging er in ein Nebengemach / und fand folgenden Inhalt:

Von Gottes Gnaden Valiska / gebohrne aus Königlichem Stamme Böhmen / verheirahtete GroßFürstin in Teutschland / wünschet Könige Artabanus alle Wolfahrt /und hat nicht unterlassen wollen / auch auff ihrer Heimreise / seiner Liebe künftiges beste zubeobachten / und dieselbe zuermahnẽ / daß sie nach diesem ihren Königlichen Nahmen durch so abscheuhliche Gifftmischung weiter nicht beschmitze / welches ihre eigene Untertahnen / da sie redlich sind / nicht gut heissen werden. Mein einiggeliebter Gemahl GroßFürst Herkules (dem zu ehren und Gedächtnis ich mich ehmahls Herkuliska genennet) hat nunmehr mit mir und meinem Herr Bruder König Ladisla / die Persischen Länder verlassen / werden auch auff der Reise nicht ruhen / diß wir bey den unsern (die gleiches Standes mit euer Liebe sind) uns wieder finden; und hieraus eure Liebe gnug zuermässen hat / daß sie mein Angesicht nimmermehr wieder sehen / oder einige Hoffnung zu meiner Heyraht haben könne / deren sie auch ohn zweiffel (wo sie sonst gesundes verstandes ist) sich allerdinge werden begeben haben; solte nun mein wolgemeinter geträuer Raht bey euer Liebe hafften können /bitte ich sehr / mir zu folgen / also / daß sie das Baktrianische Fräulein eheliche / und eine billiche Rachtung mit den vereinigten Fürsten zutreffen sich bemühe / damit ihr Stuel nicht gar umbgekehret werden möge. Wird sie aber diesen Vorschlag verachten / dürffte sie solches zu spät beklagen / welches zuvernehmen mir unlieb seyn würde /dann vor erzeigete Guttaht bin und verbleibe ohn nachteil meiner Ehren / euer Liebe ich allemahl bereitwilligste und geträue Freundin


Valiska.

Nach verlesung dieses / da niemand als Parasitis bey ihm wahr / fing er an / sich so traurig zugeberden / daß sie nicht anders meinete / ob würde ihm die Seele außgehen. Ach du Schönheit der Welt /sagete er: Wie sol und kan mein Herz dasselbe außbannen / welches darinnen mir Demanten Ketten befestiget ist? Ach ihr Götter! warumb habt ihr eurem Artabanus das Meisterstük eures volkommenen Kunstwerks gezeiget / daß er durch dessen anschauung der unglükseligste dieses ganzen Erdbodems werden solte? Hat dann der mächtigste König der Welt nicht können ein Fräulein vor einem einzigen Räuber beschützen / noch die geraubete wieder erstreiten / welcher sein ganzes Reich vor der mächtigen RömerGewalt so leicht verteidiget hat? Parasitis redete ihm mit grosser freundligkeit zu; Ihre Königl. Hocheit möchten doch nicht soviel die Schönheit dieser Ungeträuen / als ihre Falscheit und leichtfertiges Gottloses Herz betrachten / welche ihren äidschwuhr nicht allein dem Könige / sondern auch der Göttin Vesta gefälschet /und sich dadurch beydes bey Menschen und Göttern unwert und verhasset gemacht hätte; und wer wüste /mit was Straffe sie der Himmel schier heimsuchen dürfte. Dieses brachte sie nicht allein daßmahl vor /sondern drey Wochen hernach bestellete sie etliche unbekanten / welche als durchreisende [250] Kauffleute nach Indien / außsprengen musten / es währe die gewisse Zeitung eingebracht / daß als der Teutsche GroßFürst Herkules und sein Gemahl Valiska oben auff dem Schiffe / da sie nach Italien gefahren / sich umbschauend erlustigen wollen / hätte ein starker Wirbelwind sie gefasset / und über Bort in das Meer geworffen / da sie alsbald von einem ungeheuren Fische verschlucket worden; ihr Bruder König Ladisla mit etlichẽ tapfferen Rittern hätte sich in ein Boht gesetzet / umb sie aus dem Wasser zuzihen / währen aber ingesampt von demselben Meerwunder verzehret / wie solches über 40 Kauffleute uñ Schiffknechte zu Tyrus äidlich außgesagt / welche nahe bey ihnen hergefahren / und es mit leiblichen Augen angesehen hätten. Dieser Lügen ward nun so fest gegläubet / daß sie auch nach Persepolis erscholle / und nicht wenig betrübnis daselbst verursachete; wiewol Phraortes und sein Gemahl immerzu wieder sprachen. Auff unser vorhaben wieder zuko en / als Parasitis dem Könige obgedachter massen zuredete / begriff er sich in etwas / und brach endlich in grossem Eifer also loß: Nun so fahre hin du leichtfertiges / träuloses Weib / du solt uns ein Beyspiel weiblicher Unträue und falscheit seyn / und wollen wir die gebührliche Rache gegen dich uñ den ErzRäuber / auch alle deine Helffershelffer vorzunehmen wissen / solten wir gleich ein unzähliges Heer biß in Teutschland führen / und die Landstreicher daselbst heimsuchen; machte sich darauff wieder in das grosse Gemach / und wolte Sysimithres viel zu Rede stellen / warumb er sich nicht besser vorgesehen / und den Räubern entgangen währe. Welches aber Vologeses beantwortete: Dafern ihre Königl. Hocheit den Sachen gebührlich nachdenken würde /zweifelte er nicht / es würde Sysimithres bey deroselben schon völlig entschuldiget seyn; nachdem ja kein Mensch dergleichen Unglüksfälle vorhersehen oder vermelden möchte; überdas hätten neugeworbene Fußvölker / so annoch unbewehret / einer solchen Macht der allergeübtesten Reuter nicht wiederstehen können. Worauff er nähern kauff gab / uñ nach anderen Unterredungen fragete / ob Gamaxus von den Räubern mit fort geschleppet währe. Er aber antwortete: Elender Mensch ist nie gebohren / als dieser unselige / dessen Jammer mich zum Weinen bewogen hat; er lebet annoch zu Persepolis / da habe ich ihn gesehen / als er bey der Mahlzeit in bunter Narrenkleidung dem Persen / Meden und Susianer auffwartete / und von den Knaben sich tummeln lassen muste /welche ihn den Groß-Narren aus Meden nenneten. So oft er sich mit einem Worte verlieff / wurden ihm die lahmen Fäuste mit Ruhten gestriechen / daß das Blut herunter tropffete. Er suchte Gelegenheit mit mir zu reden / und als er endlich so viel Raum hatte / sagte er mit kläglicher Stimme; Seid gebehten / mein Herr /und nehmet mir mein elendes Leben / damit ich dieses unleidlichen Spottes abko en möge; oder gebet mir nur ein wenig Gift / den ich einnehme / dañ ich suche nichts mehr als den Tod. Wañ aber mein König einiges mittel wüste / mich loßzumachen / weil ich ja in seinen Diensten in dieses Elend gerahten bin / würden die Götter ihm solches tausendfach belohnen / und könten hernach meine Arme und Beine mir wieder zu brochen / und gerade geheilet werden / da ich dann mich dergestalt erzeigen / und meinen Schimpff einbringen wolte / daß des Königes Feinde sich dessen nicht solten zuerfreuen haben. Wir wolten ihn gerne loßmachen / sagte Artabanus / wañ es nur möglich währe / aber sein ärgestes ist / daß er die Parthischen Fürsten so hoch erzürnet hat. Ich werde den Ehren-Schänder wol vor meinen Augen nicht leiden / sagte Pakorus / sondern da er seyn wird / wil ich weg bleiben. Parasitis kunte ihre [251] Thrähnen nicht bergen / und ungeachtet das ungeheur lahm und ein Kröpel wahr /hätte sie ihn doch gerne loßgemacht / und zur Ehe genommen / oder zum wenigsten die stete Buhlerey mit ihm getrieben / daher sie nicht unterlassen kunte / den König nachgehends / da sie mit ihm allein wahr / heftig zu bitten / daß er ihn ohn der Fürsten wissen erlösen / uñ ihn an einem Orte auffhalten möchte / daß die Fürsten nichts von ihm erfahren könten; worzu aber Artabanus weder gelegenheit noch mittel sahe. Vordißmahl aber fing er an / wie er den Persen und Meden straffen wolte; wahr doch ein vergeblicher Stolz; dann Artaxerxes nahm ihm nach anderthalb Jahren das ganze Königreich Parthen / und bald hernach erwürgete er ihn mit eigener Faust / wie solches von einem andern GeschichtSchreiber gemeldet wird /da dañ Vologeses und Pakorus heftig verwundet / gefangen / aber wegen ihrer redligkeit von dem Persen hoch erhaben wurden. Die Ursach daß Pakorus in vorigem Gespräch des Surinas erwähnung taht / wahr diese: Es hielt derselbe sich mehrenteils in Meden auff / damit er mit seiner geliebeten Atossen heimliche Freude haben könte / ward deßwegen bey Artabanus von seinen gehässigen verunglimpfet / er hätte einen heimlichen verstand mit den Auffrührern / und währe willens sich bey ihnen in Dienste zubegeben. Worauff ihn der König vor sich fodern ließ / uñ als er vor ihn trat / schalt er ihn vor einen Landkündigen Verrähter / und meinäidigen Tropfen; welches er bester massen entschuldigte / und sich erboht / wieder seine Verleumder solches gebührlich außzufechten; weil er aber kein gehör erlangen kunte / klagete er solches Pakorus wehmühtig / vertrauete ihm seine abermahlige Liebe mit Atossen / ging wieder zu dem Könige / und erboht sich / seine Unschuld durch einen Kampf außzuführen; vermochte es aber nicht zuerhalten; deßwegen er umb gnädigste erlassung seiner Kriegsdienste anhielt / nebest ritterlicher beteurung /daß / wie ungnädig ihm auch seine Königl. Hocheit seyn möchte / er doch nimmermehr an Persischer Seite gegen dieselbe dienen wolte. Worauff er endlich erlassen ward / da er alle seine Güter in Parthen und Meden verkauffte / die Gelder nach Antiochia in Syrien übermachte / uñ nach Damaskus reisete / da er bey H. Sulpizius Freyheit im Lande zu wohnen erhielt /auch ein schönes Landgut kaufte / und seine vertrauete Atossen heimlich und in guter sicherheit davon brachte / gleich umb die Zeit / als unsere Helden auff dem grossen MittelMeer flölich und mit gutem Winde fortsägelten / biß sie Kreta erreicheten / und in eben den Hafen einliefen / woselbst Valiska / uñ hernach Herkules vor diesem außgestiegen wahren / dessen doch ihrer keiner wahrnam / biß sie ihr ehmaliges Elend betrachtend / ans Ufer traten / und Valiska der Bäume gewahr ward; worüber ihr die FreudenTrähnen aus den Augen hervordrungen. Sie fassete ihren Gemahl bey der Hand und ging mit ihm hin / traff ihren Baum bald an / an welchem sie ihre und Herkules Schrift fein außgewachsen und unverletzet sahe /nahm ihr Messerchen hervor / und schnitte diese Worte darunter:VALISCA per DEI gratiam liberata, patriam repetit cum suo HERCVLE. Das ist:Valiska durch Gottes Gnade erlöset / kehret wieder in ihr Vaterland mit ihrem Herkules. Sie zogen von dannen nach der Stad Gnossus / woselbst sie drey Tage stille lagen / und den Ort besahen / da Herkules den falschen Ladisla erschlagen hatte. Als nun des Landes Inwohner in erfahrung brachten / daß die warhafften Helden bey ihnen angelanget währen / kahmen viel tausend Menschen herzu / dieselbigen zu sehen / von denen sie höchlich geehret wurden. Auff Euphrosynen und Agathen fleissiges anhalten fuhren sie ingesamt nach Korinth / blieben auch in Griechenland [252] wegen des Ungewitters etliche Wochen / und besahen daselbst die örter / wo Herkules und Ladisla gefangen / und zum schnöden Gericht außgeführet wahren / auff welche Stellen die LandesObrigkeit ihnen herliche Ehrenseulen auffrichten ließ wovor ihnen Herkules nachgehends von dem Römischen Käyser sonderliche Freiheiten erhielt. Sonst liessen unsere Helden zu Korinth 50000 Kronen unter die armen Christen außteilen /und belegten eine Tonne Goldes / davon die jährlichen Rente zu behueff der Lehrer Unterhalt solten angewendet / auch Schreiber davon bestellet werden /welche der Christlichen Lehrer ihre Bücher abschrieben / damit dieselben nit untergingen. Am fünfften Tage nach ihrer Ankunft zu Korinth / stellete sich Fr. Artonis / des Perdickas nachgelassene Wittib / bey den unsern ein / von denen sie ganz freundlich empfangen und mit vielen Kleinoten beschenket ward /weil sie dem Persischen GroßFürsten Artaxerxes und Fürsten Pharnabazus nahe verwand wahr. Sie hinwiederumb ließ solche Huld und Ehre den unsern / insonderheit der GroßFürstin spüren / daß sie ihr von Herzen gewogen wurden. Ihrem Oheim Fürst Arbianes versprach sie / daß auff seine glükliche Rükreise sie sich gefasset halten / und mit ihm / nach verkäuffung ihrer Güter / in Meden zihen wolte / da sie dañ nicht allein der GroßFürstin Klaren geheime KammerFrau worden (massen sie nicht wieder heirahten / noch eigene Güter besitzen wolte) sondern auch zum Christlichen Glauben sich bekehret hat. Klodius und Markus samt ihren Eheliebesten wahren nicht willens / in Griechenland zu wohnen / und verkauften alle ihre liegende Gründe und Güter / der Stad Korinth /wovon Herkules sie zwar anfangs gedachte abzuhalten / und mit dem Kauffe nicht zu eilen / ob ihnen vielleicht dermahleins gefallen möchte in Griechenland zu wohnen; bekam aber von ihnen zur Antwort /daß da sie nur könten gelitten werden / sie nicht bedacht währen / ihre Herren Zeit ihres Lebens zuverlassen / sondern mit ihnen in Teutschland zuzihen /und daselbst ihre ungeenderte Wohnung zu nehmen; welche träue unsern Helden so wol gefiel / daß / weil Euphrosyne von Fr. Valisken schon bestallung hatte /machte Herkules ihren Markus zu seinen Hoffmarschalk; Ladisla aber nam Klodius zum Landdrosten /Hoff- und Kriegs-Raht an / neben versprechung / daß Fr. Agatha neben Brelen / seiner Gemahlin Fr. Sophien Hoffmeisterin und Ka erFrau seyn solten; welches diesen vieren lieber wahr / als hätte man ihnen ganz Griechenland zu eigen gegeben. Der gute Attalus / der sich umb ein grosses gebessert hatte / kam mit seiner hurtigen Eurydize auch / unsere Helden zu sprechen / und seiner ehmaligen Tohrheit verzeihung zu bitten / und wurden wol begabet weg gelassen. Sie brachten sonst ihre Zeit zu Korinth in aller Gottesfurcht zu / und liessen ihnen täglich Gottes Wort erklären / biß ein sehr füglicher Wind enstund / da sie wieder zu Schiffe gingen / und mit grossem verlangen nach dem Adriatischen Meer Nordwest sägelten / in Hoffnung / den nähesten Hafen bey Padua bald zuerreichen / da dann die Parthische Leibeigene / welche als freie Leute gehalten wurden / dergestalt die Fäuste an die Ruder legeten / daß man sie von der garzuhefftigen Arbeit abmahnen muste.


Ende des Fünften Buchs.

Fußnoten

1 Luc. II. v. 10, 11. Fürchtet euch nicht.

2 Sihe ich verkündige euch grosse Freude.

3 Die allem Volk wiederfahren wird.

4 Dann euch ist heut der Heyland gebohren.

5 Welcher ist Christus der HErr.

6 Ehre sey Gott in Höhe.

7 Friede auf Erden.

8 Esa. XI. v. 6, 7, 8.

9 Vnd den Menschen ein Wolgefallen.

6. Buch
[253] Sechstes Buch.

Gleich umb dieselbe Zeit / da Herkules mit seiner frölichen Geselschaft seine Schiffart von Korinth nach Italien fortsetzete / kahmen die beyden jungen Fürsten / Baldrich aus Teutschland / und Siegward aus Schweden in den Italiänischẽ Grenzen an / woselbst sie mit ihren zwölff Ritterlichen Dienern sich auf Römisch kleideten und ausrüsteten / des Vorsatzes /ihrem Bruder und Oheim / Herkules und Ladisla in die abgelegenen Morgenlänger zufolgen / weil sie in Erfahrung brachten / daß sie daselbst sich annoch auffhieten / und den Krieg wider den Parthischen Käyser hefftig fortsetzeten / dem sie / wie das verlogene Geschrey ging / seine Reiche entwenden / und unter ihre Gewalt bringen wolten; ja es durfften etliche aussträuen / sie hätten anfangs mit dem Römischen Reich eben dasselbige vorgehabt / und währen bloß durch Ladislaen Heyraht davon abwendig gemacht. Es überlegeten aber hochgedachte beyde junge Fürsten / ob sie des nähesten bey Aquileja zu Schiffe treten / oder zuvor unter unbekanten Nahmen die Stad Padua besehen / und daselbst Herkules Zustandes sich eigentlicher erkündigen wolten / welches ihnen endlich am besten dauchte / und daher sich auffmacheten / des Orts bald anzulangen. Hieselbst wahren Fr. Sophia und ihre Eltern über die masse sehr betrübt /weil ihnen sint Leches Abscheid / und also nunmehr inwendig Jahresfrist keine Zeitung zukommen wahr; wiewol der Stathalter seinen Leuten allemahl den Trost vorhielt / es währe nicht möglich / daß / wann es den ihren unglüklich ginge / ein solches lange stille und verschwiegen bleiben könte; das Geschrey / wie wenig er demselben gleich trauete / brächte dannoch lauter gute Zeitung ein / und währe vor weniger Zeit ein Egyptischer Kauffmann zu Rom gewesen / welcher daselbst beständig ausgesagt / was gestalt der Persen Fürst durch Hülffe und Beystand der Teutschen Fürsten / denn grossen König der Parther / und dessen fast unzählige Macht aus dem Felde geschlagen / und biß in seine HauptStad Charas getrieben hätte / womit des Stathalters zu Damaskus Schreiben an Käyserl. Hocheit allerdinge übereinstimmeten; währe demnach nicht zuzweifeln / sie würden ehistes fröliche Zeitung und Briefe von ihnẽ zugewarten haben. Fr. Sophia vertrieb ihre Zeit viel mit Lustfahren / und besuchete die ihrem Ladisla und Herkules geschenketen Landgüter zun oftern / da Fr. Ursula und Frl. Sibylla ihre untrenliche Gefärtinnen wahren. Drey Tage vor Herkules Ankunft zu Padua / wolte sie ihren neu-angelegeten Garten auf ihrem Landgute besichtigen / welchen sie mit allerhand fremden Gewächsen und schönen Blumen besetzen ließ / weil es numehr gegen den Frühling ging / und es der 19 Tag des Hornungs wahr / da sie obgemeldete ihre beyde Wasen / ihre Leibdienerin Beaten / und einen ädelknaben mit sich nam / und des morgens früh mit dem Tage davon fuhr / weil es sich zu einem schönen Wetter ansehen ließ / welches sie doch betrog massen der Wind aus dem Westen einen hefftigen Plazregen zusa en trieb / daß sie die Gutsche umher zumachen / und vor dem Regen sich verbergen musten. Ihr Gutscher hatte auf diese Gelegenheit schon etliche Wochen gehoffet / gebrauchte sich demnach [254] der jetzigen /und führete sie von der Landstrassen auf einen ungebahneten Weg / hörete auch zwo ganzer Stunden nicht auf zurennen / biß sich der Regen gelegt hatte / da endlich das Fräulein sagete: Wie kömt es doch / daß mir der Weg ungleich länger vorkomt / als vor nie /und gleichwol die Pferde immerzu in Flüchten gangen sind? gewißlich hat der Gutscher des Weges verfehlet. Fr. Sophien mißdauchte es gleich so wol / öfnete den Wagen / und als sie sich umsahe / merkete sie alsbald / daß sie auf dem rechten Wege nicht wahren / deswegen schalt sie den Gutscher aus / wie er darzu kähme /und ohn ihr Geheiß einen andern Weg vor sich nehmen dürffte. Dieser entschuldigte sich auffs beste / er hätte aus guter Wolmeynung solches getahn / der gemeine Weg währe gar zu kotig in diesem Regenwetter / daher hätte er einen andern gesuchet / welcher zwar etwas umb / aber nun schier geendiget währe. Das Frauenzimmer empfand grosse Angst im Herzen / und rieffen einhellig / er solte wieder umkehren / und nach Padua fahren; aber der Bube taht / als hörete ers nicht / und wie er merkete / daß sie absteigen wolten / jagete er mit verhängeten Zügeln nach einem dicken Gepüsche zu; Worauf Frl. Sibylla sagete: Ach ihr Götter / wir sind gewißlich verrahten / oder wol gar verkaufft; worüber Fr. Ursul sich dergestalt entsetzete /daß ihr eine Ohmacht zustieß; doch weil Fr. Sophia ihr hart zuredete / sie solte sich fest halten / und das Unglük nicht häuffen / fand sie sich bald wieder /gleich da 20 Räuber aus dem nähesten Gepüsche hervor sprungen / die Gutsche umgaben / und ihr Führer das Frauenzimmer also anredete: Ihr schönen Bilderchen seyd uns dieses ungewöhnlichen Orts sehr wilkommen / als deren wir schon unterschiedliche mahl /aber bißher vergeblich erwartet haben; weil dann nun das heutige Glük uns so günstig ist / werdet ihr euch nicht wegern / mit uns zugehen / dann wir sind nicht willens / euch einiges Leid oder Betrübniß anzufügen; nur allein werde ich mich bemühen / durch euren Vorschub und Befoderung meine Gelder wieder zuerlangen / die mir vor zwey Jahren ungefehr entwendet sind / und eurer etliche darumb gute Wissenschafft tragen. Ich habe zu dem mahle Mühe gehabt / mich zuerretten / da die wolerbauete Höhle unvermuhtlich gestürmet ward / aber nunmehr bin ich willens / die Zinsen samt dem Hauptstuel einzuhohlen. Das Frauenzimmer erschrak der Rede heftig / doch erhohlete sich Fr. Sophia mitten in der Angst / fassete ein Herz / und gab ihm diese Antwort: Mein Freund / ich vermerke aus allen euren Reden / daß wir euch nicht unbekant sind / wil euch daher erinnert haben / daß ihr bescheidentlich mit uns umgehet / und euer keiner sich gelüsten lasse / ichtwas wider unsere weibliche Ehre und Zucht vorzunehmen; Hat man euch dann /wie ihr vorgebet / und wol seyn kan / eure Gelder entwendet / so versichert euch / daß sie annoch unverzehret und in guter Gewarsam sind / auch mit leichter Müh wieder können beygebracht werden. So lasset mich nun wissen / wie hoch eure Anfoderung sey /und trauet meinem versprechen / welches ich äidlich leisten wil / daß euch noch heut diesen Tag solche Gelder sollen eingehändiget werden / und kein ander Mensch als wir dessen jemahl ichtwz in Erfahrung bringen / viel weniger einiger / solches an euch zueifern sich unterstehen sol, lasset mich nur mit meiner Geselschaft unbeschimpfet nach Padua wieder umkehrẽ; oder deucht euch ein solches einige Gefahr auf sich zuhaben / welche doch ferne ist / so behaltet unser eine in redlicher Verwahrung / biß die Auszahlung und eure gänzliche sicherheit euch vergnüget ist; ein mehres werdet ihr ja weder fodern noch begehren können. Dieser Vortrag wolte [255] fast der ganzen RäuberGeselschafft gefallen / aber ihr Führer Furius wolte durchaus nit einwilligen / und redete seine Leute also an: Wie nun dann ihr Brüder / ist euch dann der Weiber List und Boßheit so gar unbekant / daß ihr diesen geschmiereten Worten gläuben dürffet? Sie suchet uns nur zuentwischen / das ist ihr vorhaben; ist sie einmahl wieder zu Padua / dann wird sie uns viel ehe so viel Kreuze aufrichten / als die Gelder uns zustellen lassen; bedenket wie heut das Glük über alles verhoffen den Regen hergeschicket hat / ohn welches Mittel unser geträuer Bruder diese Gutsche schwerlich so weit würde gebracht haben; wollen wir nun so töhrich seyn / und den Vogel aus der Hand fliegen lassen / so wird uns das Glük selbst verfolgen / weil wirs nicht haben erkennen wollen. Ist demnach mein fester und unbewäglicher Schluß / sie allesamt mit uns zunehmen / und bey uns in Verwahrung zubehalten / biß uns die Gelder geliefert werden. Die Räuber durfften ihrem Hauptman nicht widersprechen / und gaben durch ihr stilleschweigen an den Tag / daß sie mit ihm einig währen; Furius aber ermahnete das Frauenzimmer / ohn weitere Sperrung einen kurzen Weg mit ihnen zugehen / an ihren Ehren solte ihnen durchaus nichts wiedriges begegnen. Fr. Sophia fragete ihn /auf was weise sie ihnen dann die Gelder liefern könten / wann er sie allesamt mit sich nehmen wolte? Der kleine Bube / antwortete er / sol uns dieses zu Padua schon verrichten. Befahl ihnen darauf / abzusteigẽ /oder da sie dessen sich wegern / und ein Geruffe anrichten würden / wolte man sie bey Hals und Beinen fortschleppen / und sich ihrer nach allem willen gebrauchen; ja sie solten ohn Hoffnung der Erlösung als Beyschläfferinnen stets bey ihnen seyn und behalten werden. Hiedurch wurden sie bewogen / gute Worte zugeben / und sagte Fr. Sophia: ja sie wolten folgen /wann man zuvor ihren Ehren sicherheit zugesaget hätte; welches dann die Räuber / insonderheit der Gutscher / mit heftigen Schwüren verrichtete / und sie bey einer Stunde durch Püsche und Hecken mit sich führeten / biß sie bey einem Felsen anlangeten / in welchem eine zimliche Höhle wahr / so daß in die 60 Mann sich darinnen hätten aufhalten mögen. Es wahr zwar renlich / aber wüste in diesem Mörderloche; ümher wahren die Schlafstäten mit schlechtem Gitterwerk von dem Mittelplatze abgesondert / und zu den Speisen hatten sie eine NebenHöhle. Nun empfand Furius eine heftige Begierde in seinem Herzen gegen Frl. Sibyllen / und nam ihm gänzlich vor / seinen unkeuschen Willen an ihr zubüssen; stellete sich deswegen insonderheit gegen sie freundlich / dessen sie wegen grosser Betrübniß nicht wahr nahm / wiewol Fr. Sophia es bald merkete / und auf alle Mittel bedacht wahr / dieses Unheil abzuwenden. So bald sie in die Höhle ankahmen / begehrete das Frauenzimmer / man solte ihnen einen absonderlichen Ort eingeben; welches ihnen nicht gewegert ward / da dann Fr. Sophia ihre Wase Frl. Sibyllen geträulich warnete / sich wol vorzusehen / weil Furius sie bulerisch anblickete / und zubefürchten währe / er dürffte sich eines mehren unterwinden; wurdẽ demnach eins / ihre Brodmesser fertig zuhalten / und sich damit aufs äusserste zuschützen. Der mutwillige Räuber kunte die ungestüme Glut nicht lange dämpfen / durfte doch wegẽ seiner Gesellen keine Gewalt anlegen / sondern machete sich mit angenommener. Gleisnerey und Sanftmuht zu ihnen hin / und ließ ihnen etliche Speisen und einen Trunk Wein aufftragen / so gut ers hatte / setzete sich zu ihnen nider / und nöhtigte sie zum essen / dessen sie sich nicht sonderlich wegern wolten / damit sie nicht durch Hunger zur Mattigkeit gebracht / und zu[256] ihrer selbst eigenen Beschützung unvermögen würden; nur wendeten sie ein / dz sie gar ohn Messer währen. Furius schnitte ihnen vor / und suchete alle seine Höfligkeit hervor / sich beliebet zu machen /und ihnen die Furcht und das Mißtrauen zubenehmen. Nach gehaltener kurzen Mahlzeit setzete er sich zu dem Fräulein / und hielt an / ihm ihre gute Gunst mitzuteilen / gab ihr seine heftige Liebe zuverstehen / uñ wie hoch er geneiget wäre / ihr zudienen; Zwar die Geselschafft hätte auf ihr Häupt auch 250000 Kronen geschlagen / dieselben aber wolte er ihr als eigen wieder zustellen / da sie ihrer treflichen Schönheit genieß ihm nur geringe Zeit gönnen würde. Er wolte sie hierauf küssen / und umfahend zu sich drücken; aber Frau Sophia stellete sich zwischen sie / und sagete: Nicht also ihr verwägener / dieses euer beginnen ist trauen dem äidlichen Versprechen nicht gemäß / und möget wol wissen / daß wir lieber alle mit einander sterben /als in euer Vornehmen gehehlen wollen. Das Fräulein fassete auch ein Herz / und gab ihm dürre zuverstehen; Er solte sich der Gedanken nur entschlagen / daß er meynete / sie lebendig zu seinem unzüchtigen Willen zuhaben / dann sie währe eine versprochene Braut / und gesinnet / lieber den Tod als Ehrenverlust anzugehen; die Gelder / so auf ihr Haupt gesetzet währen /würden schon entrichtet werden / und begehrete dieselben von ihm nicht wieder; welches sie dann mit so harter Stimme redete / daß die anderen es wol höreten / und deswegen näher hinzu traten / umb zuvernehmen / was vorginge. Frau Sophia sahe an ihren Geberden / daß sie nicht willens wahren / Gewalt zuüben / und redete sie also an: Günstige gute Freunde / erinnert euch / bitte ich / der teuren Verheissung / welche ihr uns ingesamt getahn habet / und gebet nicht zu /daß einige unter uns an ihren Ehren beleidiget werde; die Gelder / so ihr fodert / wie viel dessen gleich ist /und augf acht Tonnen Goldes sich erstrecket / sollen euch ohnfehlbar / wie ich weiß / geliefert werden /und wil ich euch über das versprechen / daß euer keinem das geringste Leid unser Entführung halben wiederfahren sol / ob man gleich schier heut oder morgen eurer könte bemächtiget seyn; nur allein beredet diesen euren Häuptman / daß er seine unzimliche Begierden mässige / und uns unangefochten lasse / damit wir nit verursachet werden / uns des Lebens selbst zuberauben / welches euch zu keinem guten erspriessen würde; dann ihr könnet leicht gedenken / daß wañ wir nicht solten wieder bey den unsern anlangen / man durch alle Hecken und Schlupfflöcher uns zum fleissigsten nachspüren werde; Was vor abscheuhliche Straffen aber ihr alsdañ müstet zugewarten haben / ist leicht zuvermuhten. Bald trat Genutius ihr Gutscher hervor / und sagte: Ihr Herren und gute Freunde; es ist euch ingesamt / und einem jeden insonderheit wol bewust / daß / wie ich über mich nam / diese Geselschafft eine zeitlang zumeidẽ / und mich vor einen Gutscher bestellen zulassen / ob mir möglich seyn würde / eine oder andere dieses Hochädlen Frauenzimmers in eure Gewalt zuliefern / ihr mir hinwiederumb die aufrichtige Verheissung getahn / daß auf solchen Glückesfal ihnen weder am Leben noch an der Ehre ichtwas solte gekränket werden / wann ihr nur die begehreten Gelder erhaltẽ würdet; und beteure ich bey meinem äide / daß / wo ich das geringste an diesem euren versprechen gezweifelt hätte / wolte ich lieber mein Leben selbst aufgeopffert / als dieses keusche hochädle Frauenzimmer in eure Hände übergeben haben; ist demnach billich / dz wir unserm Häuptman einreden / dessen eingedenke zuseyn / und von seinem Vorhaben abzutreten; dann was meine gnädigste Frau euch anjetzo vorgehalten / wird in der Warheit nicht aussen bleiben / [257] da ich dann wünschen möchte / eure Geselschaft / die mir sonst so angenehm ist / nimmermehr gesehen zuhaben. Hierauff gingen sie mit einander hinzu / und bahten Furius mit bewäglichen Worten / er möchte durch blinde und Vernunfftlose Begierden sich nicht verleiten lassen / ein solches zuwagen / was ihm und der ganzen Geselschaft das unvermeidliche Verderben über den Hals zihen würde. Furius entsetzete sich der unvermuhtlichen Einrede / kehrete sich mit freundlichen Worten zu dem Frauenzimmer / einwendend / sie beschwereten sich unbillich und ohn ursach über ihn / weil er ja nichts ungebührlichs angefangen / sondern bey dem Fräulein nur durch untertähnige Bezeigung umb eine geringe Gunst angehaltẽ / und nähme ihn wunder /daß sie sich dergestalt hochmühtig erzeigen und ihn anklagen dürften / so daß sie nicht eins bedächten /daß sie gefangene Leute / und in seiner Gewalt währen. was er ihnen versprochen hätte / und wie weit ihn solches verbunde / wüste er gar wol / solte auch von ihm nicht gebrochen werden / aber sie dagegen solten auch wissen / daß ihnen ein solcher Hochmuht nicht zustünde / und sie gar über ihn herschen wolten. Hernach trat er mit seiner Geselschafft zusammen / und beklagete sich anfangs / daß Genutius wider äid uñ gebühr sich ihm widersetzet / und seinem Ansehen unleidlichen Eintrag getahn hätte / indem er die Geselschafft auf eines gefangenen Weibes falsche Anklage wider ihn auffmahnen dürffen / worüber dann billich Urtel und Recht ergehen müste; Daß nun die eine dräuete / sich selbst zuentleiben / währe gar liederlich / und würde sie ehe alles erdulden / als zu dieser verzweiffelten Taht greiffen; jedoch dieses alles vor dißmahl beyseit gesetzet / so ginge die Verheissung nur bloß auf die beyden verheyrahteten Frauen / das Fräulein und die adeliche LeibJungfer währen nicht mit eingeschlossen / so daß / wann einer oder ander zu dieser etwa Anmuht hätte / könte er seinem Willen wol ein genügen tuhn. Aber auch dieses ungeachtet /so suchte er durchaus nicht / der Fräulein unzüchtig zumißbrauchen / sondern er hätte sich in dieselbe höchst verliebet / und währe des gänzlichen vorhabens / sie zuehlichen / daher er einiger Ungebühr nicht könte beschuldiget werden / weil ja in ehelicher Liebe keine Schande steckete; hoffete demnach / seine ehrliche Gesellen und Brüder würden ihm hierin nicht zuwider seyn / sondern vielmehr befodern / daß er seine inbrünstige Liebe zum gewünschten Ende ausführen möchte; dagegen wolte er ihnen 100000 Kronen von seinem Anteil (er bekam aber den dritten Teil aller Beute) zuwenden / und vor sein Häupt aus dieser Höhle mit seiner Liebsten nicht weichen / biß sie alle mit ihren Geldern sich in sicherheit gebracht hättẽ. Genutius hielt bitlich an umb Erlaubniß / vor sich zureden / aber Fannius ihr Unterhauptman fing an: Es müste durchaus die Uneinigkeit zwischen ihm und ihrem Hauptmann beygeleget und in der Asche gedämpfet werden / weil daraus nichts anders als ihr aller verderben entstehen würde; baht darauf den Hauptman / daß er Genutius die geführte Rede günstig verzeihen möchte / weil er solche vorzutragen /gleichwol ein und andere Scheingründe gehabt hätte; Hingegen solte jener von aller weiteren Einrede abstehen / und der ganzen Geselschafft Ausspruch billichen; welches sie beyderseits eingingen. Hernach ward Furius Vortrag in bedacht gezogen / welchen sie vor billig hielten / und die versprochenen Gelder mit grosser Danksagung annahmen / als ob sie schon gezählet währen; doch eriñerten sie ihn / daß er aufs glimpflichste verfahren / und alle Mittel versuchen möchte / der Fräulein Willen zuerlangen; wañ aber keine Freundligkeit zulangen wolte / würde er schon wissen / [258] sie ihm verbindlich zumachen. Bald setzete Furius zehn Schildwachten aus; hieß auch die übrigen einen Abtrit nehmen / und verfügete sich wieder nach dem Frauenzimmer / des gänzlichen Vorhabens / entweder durch Zulassung oder Gewalt seinen boßhaften Willen zuvergnügen. Diese hatten ihres Gutschers vorbringen angehöret / und verwunderten sich der unerhöreten Verrähterey / entschuldigten ihn gleichwol in etwas / und hielten ihn noch vor den redlichsten unter allen; Als sie nun alle andere sahen einen Abtrit nehmen / und den Hauptman allein bleiben / sagete Fr. Sophia zu ihren Gespielen; Dieser Schelm wird nit unterlassen / Gewalt zugebrauchen / ihr aber mein Schwesterchen haltet euch so fest ihr immer könnet /solte er euch dann überwältigen wollen / hoffe ich ihn durch die Hülffe meines einigen wahren Gottes dergestalt anzugreiffen / daß er keinem ehrlichen Weibesbilde mehr sol Schande anmuhten. Dieser nun stellete sich mit angenommener Freundligkeit bey ihnen ein / und verwieß es Fr. Sophien als im scherze / dz sie sich dergestalt über ihn beschwerete; entschuldigte sie bald darauff / weil sie seines Standes und Wesens keine Kundschaft hätte / könte er ihr solches nicht allerdinge verargen; tähte ihnen demnach ingesamt zuwissen / daß er hohes Römischen Adels / und wegen Verfolgung seiner unbefugten mächtigen Feinde aus Rom gewichen währe / hätte sich in Pannonien nidergelassen / und daselbst eine gewaltige freye Herschafft an sich gebracht; so mangelte es ihm weder an Baarschafften noch anderem Reichtuhm / daß er als ein Fürst zuleben Mittel gnug hätte; allein es fehlete ihm ein wirdiges Gemahl / die er biß daher nicht antreffen können / als heut diesen morgen / da er am wenigsten darangedacht / hätte ihn das hochgeneigete Glük dieses überaus schöne / und seinem Stande gemässe Fräulein / ja seine hochgeliebte Frl. Landmännin zugeführet / deren er sich ganz zueigen ergeben /und in ehelicher Liebe uñ Träue mit ihr zuleben / auch sie zur gebietenden Frauen über sich selbst zumachen / sein endlicher Vorsaz währe; könte demnach ihn niemand anklagen / als suchete er ihre Ehre und Zucht zuschwächen / weil seine Liebe auff eheliche Träue gegründet währe / die er hiemit äidlich wolte versprochen haben / nicht zweifelnd / sie würde sich in die Zeit schicken / und solches erbieten annehmen / dann ob sie gleich vorschützete / daß sie mit einem andern schon verlobet währe / könte ihn solches nicht hindern / dann wer die Braut hätte / ginge billich mit ihr zu Bette. Das liebe Fräulein war nicht anders als eine TodtenLeiche / daß sie auch in starrende Ohmacht niderfiel / und weder Hand noch Fuß regete / welches Fr. Ursul ersehend / zu ihr nahete / und sie bester massen erquickete / biß sie endlich zu sich selber kam / und zu Fr. Ursulen sagete: Liebe Fr. Schwester /warumb verbeut sie mir zusterben / da ich ehrlich zuleben nicht mehr bemächtiget bin? Unterdessen hatte Fr. Sophia ihre Unterredung mit dem wütigen Furius /und vermahnete ihn durch allerhand bewägliche Ursachen / sich eines bessern zubedenken / sintemal er ja weder leichtfertige Metzẽ noch gemeiner Leute Töchter / sond'n hochgeborne Römische Frauen uñ Fräulein vor sich hätte / welche lieber den Tod als Schande wählen würden; sein eheliches vorgeben währe umsonst / dann hierzu würden beyderseits Gemühter erfodert; währe er aber ein so grosser Herr / als er vorgäbe / und dergestalt begütert / müste er umb ihre Wase nit in der RäuberHöhle / sondern bey ihren Eltern werben / und vor allen dingen sie zuvor frey lassen / damit es nicht ein Zwang währe; hätte es dann GOtt also versehen / würde solche Heyraht wol vor sich gehen. Aber der wütige Mensch lachete des vorbringens / und gab [259] zur Antwort: Sie möchte ihn doch nicht gar vor einen Narren halten; auff solche art finge man die jungen Füchse; wolte sie demnach warnen /mit dergleichen Reden und kindischen Anmuhtungen sein zuverschonen. Er währe freylich ein vornehmer Herr / und ein KriegsObrister von der Zahl der ehemaligen tapfferen Verbündniß aus der verstöreten Höhle / auch bey dem Gefechte mit gewesen / uñ durch sonderlichen Schuz der Götter dem Tode entrunnen / wovon dismahl zureden unnöhtig / weil er mit ehr- und ehelichen Liebesgedanken umginge / und seinen Willen alsbald mit dem Fräulein zuvergnügen bedacht währe; wolten nun die übrigen ihre gebührliche Schamhafftigkeit sehen lassen / solten sie einen Abtrit nehmen / daß er mit seiner Braut allein währe; wo nit / währe diß ihre straffe / daß sie alle mit einander solten geschändet werdẽ; machte sich hiemit zu dem Fräulein / welche auf der Erden saß / und ließ sich dergestalt unzüchtig in Worten und Geberden vernehmen / daß Fr. Sophia augenscheinlich sahe /ihre Wase würde ihre Ehre länger vor ihm nicht erhalten können / stellete sich gleichwol nochmahls zwischen sie / und fing an: Herr Furius / ich erinnere euch nochmahls eures geschwornen äides / dz ihr dieser Fräulein Ehre ungekränket lasset / dann ihr werdet im widrigen befinden / daß wir alle lieber sterben / als in diese Schande gehehlen wollen. Er aber stieß sie mit ungestüm zur seiten hinweg / daß sie auf die Erde zuliegen kam / und nahete mit solchem rasen zu dem Fräulein / als einer der allen Wiz und Scham ausgezogen hat. Aber Fr. Sophia wahr bald wieder auff den Beinen / erwog sich ihres Lebens fiel über Furius her / und stach ihm ihr Messerlein in die Kehle / dz an stat der Rede er alsbald anfing das Blut auszugurgeln; Ihre Leibdienerin Beata wolte sie nicht verlassen /gab ihm sechs Stiche in den Leib / daß er alsbald niderfiel / mit Händen und Füssen zappelte / und bald darauff seinen unflätigen Geist auffgab. Fr. Sophia befand durch Gottes Gnade eine sonderliche Kekheit in ihrem Herzen / lief geschwinde hin nach dem andern Ende der Höhle / da etliche Schwerter lagen /nam deren viere zu sich / ging zu ihrer Geselschafft /uñ teilete ihnen das Gewehr mit diesen Worten aus: Habt nun gute Hoffnung ihr meine Schwestern / der gröste Feind ist erleget / welcher so wenig des Löse-geldes als der eingebildeten Heyraht sich erfreuen wird; nehmet nur ein frisches Angesicht an euch / haltet die Schwerter auffrecht in den Händen / und lasset mich allein reden / wann die Räuber sich wieder einstellen werden. Deren kamen nun mit Fannius sechse wieder / nach Verlauff einer halben Stunde / und zweifelten nicht / ihr Hauptman würde mit seinem erwähleten Gemahl gute Rachtung getroffen haben; als sie aber das Frauenzimmer mit den blossen Schwertern sahen / entsetzeten sie sich / und frageten / was solches vor eine Bedeutung hätte. Fr. Sophia antwortete ihnen mit diesen sitsamen Worten: Ihr gute Herren und Freunde; diese Schwerter haben wir nicht ergriffen / einigen Menschen zubeleidigen / wozu wir ohndas viel zu schwach sind / sondern da uns weiter an unsern Ehren solte zugesetzet werdẽ / wollen wir den Ansprengern die Spitze bieten / oder uns selbst den Lebensfadem abschneiden / weil wir ungezweifelt sterben / oder unsere Ehre behalten wollen. Ihr wisset / was vor teure Verheissungen ihr mir und meinen Gespielen geleistet / welches aber von eurem Häuptman nicht gehalten worden / sondern er hat sich unterstanden / meine Wase in meiner Gegenwart zuschänden /davor hat er von meiner Hand den Lohn empfangen /und lieget zu meinen Füssen gestrecket; dessen ihr euch dann nicht bekümmern [260] sollet / gestaltsam alle seine Gelder unter euch als rechtmässigen Erben können ausgeteilet werden. So haltet ihr nun redlich / was ihr uns versprochen habt / und zweifelt nit an unserm verheissen / daß nehmlich nicht allein die begehreten Lösegelder sollen ausgezählet werden / sondern auch keinem unter euch wegen dieses vornehmens leid geschehen sol. Die Räuber erschraken hierüber / daß sie anfangs kein Wort sprechen kunten / schleppeten den Leichnam bey den Füssen hervor / und als sie kein Lebenszeichen mehr an ihm sahen / seuffzeten sie darüber / lieffen zur Höhle hinaus / und meldeten den übrigen diesen unfall an / auch wie das Frauenzimmer alles auffs äusserst gesezt hätte. Genutius hörete solches nit ungerne / dann er zweifelte nicht / es würde ihm Furius meuchlischer weise das Leben genommen haben; Weil er dann unter allen der verständigste wahr / hub er also an: Ihr meine Herren und Freunde; da sehet ihr / was gestalt die Götter über ihre Ehr und furcht halten / und keinen Meinäid ungestrafft lassen. Unser gewesener Hauptman wahr von solcher Stärke und Waffen-erfahrenheit / daß nicht leicht jemand ihm darinnen etwas bevor tuhn wird / uñ nun hat ein schwaches Weibesbild ihn müssen abschlachten als ein verbannetes Opffer zu der Götter Versöhnung. Lasset uns solches dienen zur Warnung / dz wir keine Götter verspotten / damit wir nicht auff gleiche / oder noch wol schändlichere weise umkommen. Vorerst wird nöhtig seyn / daß unter uns ein Hauptman gesetzet werde / dem wir allen Gehorsam angeloben / welcher nachgehends das Frauenzimmer begütigen wird; Und weil ich nicht zweifele / es werde Herr Fannius uns allen zum Hauptmann gefallen / werden wir demselben unsere Schuldigkeit abzulegen keine Bedenkzeit vonnöhten haben. Sie liessen ihnen ingesamt diesen Vorschlag gefallen / leisteten ihrem neuen Hauptman den äid / und wurden eins / daß dem Frauenzimmer auffs freundlichste solte zugesprochen / und alle Versicherung ihrer Ehren getahn werden; gingen auch unbewaffnet in die Höhle / und fing Fannius also an: Versichert euch / ihr schönen Frauen und Jungfern /dz unser gewesener Häuptman diese Untaht wider unser wissen und willen verübet hat / und wir daher nicht gesinnet sind / seinen Tod zuunbillichen / vielweniger zurächen / sondern wann uns die versprochene Gelder zugestellet werden / wollen wir euch samt und sonders auff freyen Fuß stellen / auch euch keinerley weise an euren Ehren kränken / welches wir hiemit aufs neue äidlich angeloben. Unser Frauenzimmer ward hiedurch höchlich erquicket / bedanketen sich des versprechens / und bahten / daß ihnen ein reiner Winkel zu ihrem Auffenthalt eingeräumet / und mit aller hand Sachen umleget würde / damit niemand unvermerket könte zu ihnen kommen; alsdann wolten sie gerne beyeinander bleiben / biß ihnen die Gelder vergnüget währen; welches begehren dann von den Räubern alsbald verrichtet ward / und vor allen andern Genutius dabey sehr gefliessen wahr / so daß nur ein Loch offen blieb / durch welches ihnen Speise und Trank kunte gereichet werden.

Anfangs / da dieses Frauenzimmer gefänglich angenommen ward / musten vier Räuber die Gutsche samt dem ädelknaben ins Gesträuche führen / daß sie von niemand ausgespüret würde / woselbst sie auch den ganzẽ Tag verblieben / biß der Abend einbrach / da brachten sie dieselbe des nähesten Weges an das Meer / und lag der Knabe drinnen mit verbundenen Augen; drey Räuber aber sassen bey ihm / welche demselben einẽ blauẽ Dunst vorzumahlen / errichteter weise mit einander überlegeten / wie zeitig sie ihre Geselschafft würden [261] erreichen können / die mit ihren schnellen Rolwagen schon nach dem Meer sich fortgemachet / und das Frauenzimmer übergeführet hätten; wodurch sie den Knaben so irre macheten / daß er nichts als Ungewißheit nach Padua zubringen wuste. Endlich / als sie kurz vor Tage bey des Meeres Ufer anlangeten / unterrichteten sie den Knabẽ / wie mit Einlieferung der Gelder sie es wolten gehalten habẽ /unter der bedrauung / dafern man ihnen zu Wasser oder Lande nachfragen würde / soltẽ die gefangene Weibsbilder ohn alle gnade geschändet und getödtet werdẽ. Die Pferde kehreten sie im Fahrwege nach Padua hin / traten an des MeeresUfer / uñ machtẽ ein grosses Geräusche im Wasser / als ob sie auf einẽ Schiffe davõ fuhren / uñ kehretẽ des nähestẽ Weges wieder umb nach ihrer Höhle. Fürst Baldrich und Siegward begegneten ihnen mit ihrẽ Dienern / hielten aber keine Unterredung mit ihnen / sondern ritten ihres weges fort und sahen die Gutsche von ferne stehen / höreten auch bald darauff / daß ein Mensch sich mit jämmerlichem Geschrey vernehmen ließ / daher sie hinzu ritten / ihm die Bande aufflöseten / und frageten / was ihm wiederliches begegnet währe. Ach meine Herrn / antwortete der Knabe mit weinender Stimme / seid durch Gott gebehten / und lasset mich auffs allerschnelleste nach Padua bringẽ / damit durch meine verseumnis / nicht die vortreflichsten Frauen derselben Stad / umb Ehr und Leben kommen. Fürst Baldrich wolte hievon mehr wissen / und befahl dem Knaben alles in möglicher kürze zuerzählen / welcher andeutete / daß des Bömischen Königes Herrn Ladisla Gemahl samt zwo ihren Wasen von etwa 20 Räubern gestriges Tages von dieser Gutsche geraubet / uñ vielleicht gar über Meer hinweg geführet / er aber hie her gebracht währe / mit dem bedinge / dz er in eben dieser Kleidung heut über zween Tage acht Tonnen Goldes an einem gewissen Ort im offenen freien Felde ohn beyseyn einiges Menschen als zweer Fuhrleute einliefern solte; im wiedrigen würde hochgedachtes Franenzimmer umb Ehr und Leben kommen. Die Fürsten erschraken dieser Zeitung / und frageten / ob dann König Ladisla / der ihnen unbekant / nicht bey seinem Gemahl gewesen währe. Ach nein / antwortete er / es ist dieser König mit seinem Gesellen GroßFürst Herkules aus Teutschland / annoch in den weit abgelegenen Morgenländern / und weiß niemand eigentlich zu sagen / ob sie lebendig oder Tod sind /weil man in geraumer Zeit keine gewisse Zeitung von ihnẽ gehabt hat. Baldrich fragete / an was ende das Frauenzimmer gefangen / wohin sie geführet / und wie er mit der Gutsche hieselbst angelanget währe. Worauff er antwortete: Der Ort ihrer raubung währe ohn zweiffel etliche Meilen von hinnen / hätte von vier Räubern / die ihn hieher gebracht / verstanden / daß sie schon über Meer geführet / welche auch selbst vor ungefehr einer Viertelstunde zu Schiffe gangen währen / wie er aus dem Geräusche im Wasser gemerket. Baldrich fragete weiter / wie diese vier Räuber währen bekleidet gewesen; und als der Knabe anzeigete /daß sie auff Kauffmans Art gingen / auch einer von ihnen einen langen schwarzen Knäbelbart / tieffe Augen / und eine zimliche schmarre über der rechten Wangen hätte; ein ander aber feurrohte Haar und nur ein Auge; sagte Siegward; es sind eben die so uns dort nach der rechten Hand begegneten; drum raht mein Bruder / was tuhn wir / daß wir sie erhaschen. O nein / ihr meine Herrn / sagte der Knabe; dann wo diese auffgehalten würden / daß sie bey ihrer Geselschaft nach genommener abrede nicht wieder ankähmen / hätte meine Gn. Frau samt ihren Gespielen /nichts gewissers als Schande und den [262] Tod zugewarten / und solches noch vor Abends; ist auch denen nichts heilsamers als daß ich bald nach Padua komme / und sie durch das Lösegeld frey gemacht werden. Die Fürsten hielten hierauff kurzen Raht / befahlen ihren zwölff Dienern / sich auffs schnelleste mit diesem Knaben nach Padua zu machen / mit vorgeben / sie währen Teutsche Reuter / und sie beyde ihre Herrn /Teutsche von Adel / von dem GFürsten außgeschikt /nach seines Sohns Fürst Herkules Zustand zu fragen; solten sich doch alsbald aus der Stad weg begeben /und im nähesten Dorffe oder Flecken disseit / herberge nehmen / fünff oder sechs Tagelang die Strassen da umbher bereiten / und zu Padua unter dem Tohr verlassen wo sie sich aufhielten. Sie aber legeten ihre Harnische ab / wapneten sich mit verdecketen Panzern und ihrem Seitengewehr / setzeten sich auff ungesattelte Pferde / und höreten nicht auff zu rennen /biß sie die vier Räuber nahe bey einem Dorffe erblicketen / folgeten ihnen von ferne / kehreten mit ihnen in eine Schenke ein / und stelleten sich gar furchtsam; heischeten auch von dem Wirte Speise und Trank /und genossen dessen so geizig / als hätten sie etliche Tage her hunger gelitten. Die Räuber sahen ihnen fleissig zu / urteileten aus ihren Kleidern und Pferden / daß sie nicht schlechte Leute seyn müsten / und frageten endlich / nach gebehtenem Urlaub / woher sie kähmen / und wohin sie gedächten. Baldrich gab zur Antwort / sie währen Brüder / Herrn Standes / nicht weit von Aquileja / hätten aus Zorn und rachgier einen vornehmen Herrn ihren Vormund erschlagen /und sich aus dem Staube gemacht / das Leben zuretten / sucheten irgend einen Ort zu ihrer Sicherheit /wo sie den auch antreffen möchten / weil man sie ohn zweiffel bald verfolgen würde; weil er sie nun vor redliche Leute ansähe / die mit ihnen mitleiden tragen würden / hätte er ihnen ihr Unglük erzählen wollen /unter der Hoffnung / sie wurden von ihnen nicht verrahten noch in grösser Unglük gestürzet werden. Der vornehmste unter den Räubern sagte hinwieder; ihr jungen Herrn mich dauret eurer sehr / und wann ich wüste / daß euch mit einer Geselschaft könte gedienet seyn / die nicht allein in guter sicherheit sich auffhält /sondern überdas mit leichter mühe ohn sonderliche Gefahr / Reichtuhm und Schätze erwirbet / sollet ihr in dieselbe wol auffgenommen werden; welches ich euch auff eben den Glauben wissen lasse / den ich euch durch verschwiegenheit leisten wil. O daß währe uns ein gewünschtes Glük / sagte Baldrich / und wann ihr uns hierzu werdet befoderlich seyn / sol es von uns dankbarlich erkennet werden / find auch erböhtig / unsere Pferde alsbald zuverkäuffen / und alles Geld neben den Kleinoten / so wir bey uns haben / dieser löblichen Geselschafft einzulieffern /deren wir uns mit Leib und Leben verbinden wollen /nur daß wir bey ihnen sicherheit und auffenthalt haben mögen. Der Räuber nam dieses erbieten an /hieß sie ihre Pferde bald verkäuffen / weil ihr Weg sehr eilig währe / und sie noch diesen Abend bey den ihren anlangen müsten. Also machten sie sich miteinander auff / und gingen eine Zeitlang im gebahneten Wege / da ihnen zween Reuter begegneten / auff welche die beyde Fürsten einen Anschlag macheten /ihnen unversehens in den Zaum fielen / sie vom Pferde warffen / und etliche hundert Kronen baarschaft bey ihnen funden / welche sie zu sich nahmen / den beraubeten Hände und Füsse bunden / und sie ohn weitere beschädigung liegen liessen / entzäumeten doch ihre Pferde und jageten sie in das weite Feld. Die Räuber verwunderten sich ihrer Kühnheit / und daß sie diese Heldentaht ihrem Haupman wolten zu rühmen wissen. Gegen Abend kahmen [263] sie bey der Höhle an / vernahmen anfangs mit schmerzen / daß Furius entleibet wahr / und berichteten nachgehends /dz sie diese beyden ohngefehr angetroffen / welche um Mords willen außgerissen währen / und bey ihnen sicherheit und unterhalt sucheten / brächten auch auff 3000 Kronen baarschaft und Kleinot mit sich / alles der Geselschaft zuzustellen / und sich damit einzukäuffen; zweiffelten nicht / sie würden mit der Zeit guten nutzen schaffen / wie sie ihrer Kühnheit schon eine statliche bewehrung abgelegt hätten. Der neue Hauptman Fannius gab den beyden Fürsten darauff Urlaub / ihr begehren selbst vorzutragen / da Baldrich also anfing: Wol ädle Mannhafte und veste / hochwerte Herrn und Freunde; nachdem mein Bruder Veturius und ich / nahmens Anton / in das Unglük leider gerahten sind / daß wir unsern nahen Anverwanten und Vormund erschlagen / weil er uns unsere Güter nicht einräumen / sondern sie wie vorhin / noch etliche Jahr unter seiner Verwaltung / aus antrieb des schändlichen eigennutzes behalten wollen / hat das gute Glük uns zu diesen unseren Gefärten gebracht / die unsern Unfall mitleidig beklagend / von wegen dieser löblichen tapfferen Geselschaft uns sicherheit und auffenthalt versprochen / und wir hingegen angelobet / mit ihnen samt und sonders Leib und Leben zu wagen; bitten demnach / sie wollen dieses mit ihrem gutheissen bekräfftigen / damit wir von unsern Verfolgern nit mögen ertappet werdẽ. Wir erbieten uns / vor erst mit blossem Unterhalt friedlich zu seyn / und keinen teil an ihren Gütern zu haben / biß wir zuvor ihren Schaz mit einer ansehnlichẽ Beute vermehret und uns so verdienet gemacht / daß sie samt und sonders uns wirdig erklären / ihres Gutes mit zugeniessen. Fannius hieß sie in aller Nahmen wilkommen seyn / und wünschete daß ihre Geselschaft mit dergleichen tapfferen Leuten täglich möchte vermehret werden; die übergebrachten Gelder und sachen nähme er an / doch daß sie davon /wie auch von aller künftigen Beute / ihrer gemachten Ordnung nach / ihren anteil haben solten. Das Frauenzimmer hörete ihr anbringen / sahen sie in so schöner junger Gestalt / und jammerte sie sehr / daß sie in diß schändliche Leben gerahten solten. Ach Gott / sagte Fr. Sophia / ists nicht immer und ewig schade / daß diese junge Männer zu Räubern gedeien müssen / die ohn zweiffel der Welt in vielen sachen könten nüzlich seyn. Wir müssen sehen / sagte Fr. Ursul / daß bei unserm abzuge wir ihnen Hofnung machen der vergebung ihres begangenen frevels / damit sie die löbliche Tugend fortzusetzen angelocket werden. Bey der Abendmahlzeit ward gefraget / wer dem Frauenzimmer die Speise zutragen solte / uñ weil die alten Räuber von geringer Höfligkeit wahren / und sich darzu gebrauchen zu lassen wenig belieben hatten / ward Baldrich darzu befehlichet / welcher sich anfangs entschuldigte / er währe die wenige Jahr seines Mannbahren alters mehr mit Gewehr und Waffen als mit hohem Frauenzimmer umbgangen / aber bloß seinen Gehorsam zuerzeigen / wolte er sich dessen nicht wegern. Er hatte schon vernommen / welcher gestalt wegen vorsorge ihrer Ehren sie die blossen Schwerter bey sich hätten / und mit allerhand gezeug umbschanzet währen; ging zu ihnen mit entblössetem Häupte /stellete sich gar höflich / und in dem er ihnen die Speise reichete / sagte er: Den Tag meiner höchsten glükseligkeit / wil ich den heutigen halten / an welchem der Himmel mir die Gelegenheit verleihet / so treflichen Frauen und Fräulein auffzudienen. Fr. Sophia wolte ihm antworten / aber verdacht zu meiden /ging er alsbald von ihnen hinweg; wodurch sie in grosse furcht gerieten / als ob diese beyde [264] junge Herren ihnen aufs neue zusetzen / oder aufs wenigste ihre schleunige Loßlassung verhindern würden. Siegward muste bald hernach ihnen den Trank reichen / welchen er also überantwortete: Hochgebohrne Frauen und Fräulein / wirdiget / bitte ich / euren ergebenen Knecht der Ehren / dieses unwirdige Trinkgeschir von ihm anzunehmen / als welcher zu ihrem Dienste sich allemahl bereitwilligst finden lassen wird; nam auch /wie zuvor Baldrich / ohn Erwartung einiger Antwort /seinen Abtrit / und verließ sie in grosser Furcht / so daß sie die ganze Nacht über umb einander wacheten / ob einer oder ander sich ihnen nahen würde. Den beyden Fürsten ward vor Mitternacht die Ruhe gegönnet / aber hernach musten sie auf / und die Schildwache bestehen / wahr ihnen doch sonderlich liebe / dz sie nicht getrennet wurden / und beredeten sich / welcher gestalt sie ihren Anschlag vornehmen / und dz Frauenzimmer erlösen wolten. So bald der Tag anbrach / baten umb Urlaub auszugehen / und nach Beute sich umbzusehen / welches ihnen selbdritte gegönnet ward / doch daß sie behutsam fahren / und durch Vermässenheit sich nicht in Gefahr stürzen solten. Es glückete ihnen / daß sie vier Kauffleute antraffen / denen sie ohn des dritten Hülffe die Knäbelspiesse aus den Fäusten rissen / und mit blossem Gewehr sie zwungen / ihre Baarschafften herzugeben / wo sie sonst ihr Leben retten wolten / erhielten solches leicht / und empfingen auff 6000 Kronen Gold und ädelgesteine von ihnen / stiessen bald in der Kaufleute Gegenwart ihren Gesellen mit dem Knebelspiesse durch / und bahten die beraubete / sich drey Tage in der nähe aufzuhalten / uñ nach deren Verlauff bey dem Stathalter zu Padua sich zumelden / woselbst ihnen alles gedoppelt solte bezahlet werden / musten ihnen aber einen äid schwören / vor Endigung solcher Tage keinem Menschen ichtwas von ihnen zu melden / und verehreten ihnen hernach 20 Kronen Zehrgeld. Gingen darauff wieder hinter sich nach der Höhle /und schleppeten den ertödteten mit sich. Bey Einlieferung eines teils der Beute (dann etwas hielten sie zurücke) gaben sie an / was gestalt sie die Kaufleute beraubet hätten / weil aber ihr Geselle Nachplünderung halten / und sich nicht wollen abwehren lassen / hätte ihn ein Kaufman erstochen / ehe sie ihm zu hülffe kommen mögen / weil sie von ferne eine stärkere Geselschafft gemerket / daß sie abzihen müssen / da sie doch den todten Leichnam nicht im Stiche lassen wollen. Fannius empfing den Raub / rühmete ihr wolverhalten / und warnete die Geselschafft / ein Beyspiel an dem erschlagenen zunehmen / und sich nicht zuweit zuwagen. Auf den Mittag lieffen sie beyde abermahl aus / doch ohn andere Geselschafft / umb / wie sie vorgaben / frischer Beute nachzustellen / machten sich aber aufs geschwindeste nach dem Dorffe / woselbst sie ihre Pferde verkaufft hatten / besprachen dieselben mit höherem Gelde zulösen / gaben auch dem Käuffer 12 Kronen auf die Hand / und bestelleten zween Wagen / die auff allen fall stets solten fertig stehen; eileten wieder nach der Höhle / und händigten Fannius das übrige vom heutigen ein / vorgebend / es währen ihnen zween Kaufleute begegnet / denen sie dieses abgenommen / und auf Bedräuung erfahren hätten / daß morgen zu früher Tageszeit / 6 Kleinothändler mit zween Karren sehr grosses Werts vorbey gehen würden; daher ihnen nicht rahtsam gedaucht /diese beyden leben zulassen / sondern nach derẽ Ermordung und Fortschleppung in einen Busch / währen sie umgekehret / damit der Anschlag auf morgen könte gemacht / und glüklich vollendet werden / wann es ihnen also gefiele; der Ort währe so gar bequehm /daß ihnen niemand entgehen solte / wann er nur an dreyen stellen nit [265] weit von einander / besetzet würde /welches mit 14 Mannen sehr wol geschehen könte. Das Maul begunte den Räubern schon nach dieser Beute zuschmecken / lobeten der unsern fließ über alle masse / und verhiessen ihnen einen Anteil von des Frauenzimmers Lösegeldern / dessen sie sich doch eiferig weigerten; nur erinnerte sie Siegward / es würde sich gebühren / daß etliche ihres Mittels dem Frauenzimmer Trost einredeten / damit sie nicht in gar zu grosser Traurigkeit / ihnen selbsten Leid antähten. Diese ungeschlieffene wahren mit dergleichen Höfligkeiten nie umgangen / hielten demnach an / daß die beyde Fürsten solches auf sich nehmen / und bester gestalt verrichten möchten / denen dann nichts angenehmers wahr / wiewol sie sich dessen nicht wolten merken lassen / liessen sich auch dazu nöhtigen /und auf hartes anhalten gingen sie hin / da Siegward das Frauenzimmer also anredete: Wann der Hi el uns Menschen den Gnadenschein allemahl nach Wirdigkeit mitteilete / würde Tugend der Gewalt nimemahls kniebeugen / sondern über alle Widerwertigkeit herschen; aber die Götter handeln zum offtern nach ihrem freyen Willen / indem sie unsere Standhafftigkeit auf die Bewehrung stellen / und dem Unglük gönnen / der Unschuld Eingriff zutuhn / damit der schönen Tugend helle Strahlen auch im finstern leuchten /oder da es ihnen noch an der Volkommenheit mangelt / sie von aller trüben Unsauberkeit entleeret / immerzu besser hervor brechen / und der Welt gezeiget werden. Lasset euch deswegen / Hochgebohrne Frauen und Fräulein / lasset euch nicht befremden / daß sie in diese schändliche Räuberhöhle sich haben müssen führen lassen / woselbst das helle Licht ihrer Tugend schon anfähet die finsteren Winkel der Boßheit zuerleuchten / so gar / daß aller gegenwärtigen Räuber Frevel durch den Glanz ihrer Volkommenheit gebrochen / und wie Schnee zerschmolzen / von aller Gewalttähtigkeit sich enthalten muß. Ich und mein Geselle werden uns äusserst bemühen / ihnen angenehme und behägliche Ehrendienste zuleisten / und nicht ruhen / biß sie dieser Gefängniß entnommen /ihrer ehmahligen Frey- und Sicherheit völlig geniessen; Gelanget demnach an Ihre Durchll. unser untertähniges bitten / sich aller Sorge und Befahrung zuentschlagen / damit die Furcht sie nicht in Ungelegenheit stürze / und ihrer Gesundheit schädlich sey. Das Frauenzimmer hielt schon hoch auf diese junge Räuber /hätten sich aber solcher Höfligkeit bey ihnen nicht versehen / sondern fürchteten sich mehr vor ihnen /als vor den übrigen allen; höreten demnach dieses Erbieten mit lachenden Herzen und Augen an / und antwortete Fr. Sophia also: Ihr tapffere junge Herren; ich weiß nicht / ob wir unser oder euer Unglük mehr beklagen sollen / angesehen den verächtlichen Stand / in welchẽ ihr / ohn zweifel aus höchstdringender Noht gerahten seyd / und lasset es ein Zeichen seyn unser guten ehrliebenden Gewogenheit / daß wir erbötig sind / euren Unfall mit eben so grossen Lösegeldern abzulehnen / als unsere Gefängniß; wir bedanken uns sehr eurer Gutwilligkeit / wodurch wir ungleich mehr erquicket sind / als der Zungen Schall vorzubringen weiß; bitten auch / ihr wollet in diesem rühmlichen Vorsatze beständig verbleiben / und versprechen euch hinwiederumb / daß so bald wir uns in Freyheit befinden werden / ihr einen offenen Zutrit zu meinem Herr Vater haben sollet / welcher nach seinem zimlichen Wolvermögen bey Römischer Käyserl. Hocheit euch völlige Vergebung eures ehmahligen versehens erhaltẽ wird. Großmächtigste Königin / allergnädigste Frau / antwortete Siegward / wie könte meinem lieben Gesellen und mir ein höheres Glük zustossen / als daß Eure Vortreffligkeit [266] nebst dero Durchll. Gespielen gegen uns unwirdige ein so mitleidiges Herz träget /welches allein tausendmahl gnug ist zu unsers unkräfftigen willens gnugsamer vergeltung; unser Unglük möchte vielleicht durch ihre befreyung sich endigen / und ob es gleich nicht erfolgete / würden wir dannoch satsame Vergnügung haben / wann nur ihre Traurigkeit wird beyseit geleget seyn. Nachdem aber uns ein langweiliges Gespräch könte verdacht werden / wollen Eure Durchll. samt und sonders wir dem guten Glük befehlen / und sie daneben versichern /daß mein Geselle und ich / als lange wir leben / seyn und bleiben werden allergeträueste Diener Ihrer Durchleuchtigkeit / und unserer allerbesten Freunde der unvergleichlichen Helden / welche sind und genennet werden Ladisla und Herkules. Hiemit neigeten sie sich tieff / und gingen davon / dem gesamten Frauenzimmer eine herzliche Begierde hinterlassend zuwissen / wer doch immermehr diese beyde seyn möchten / aus deren reden sie schon so viel abnahmen / daß sie Fürsten Standes / auch Ladisla und Herkules wolbekante / und ohn zweifel nahe Anverwanten währen /die sich bloß umb ihrer Rettung willen in diese Räuberzunfft begeben hätten. Ach mein Heyland /sagte Frau Sophia / wie so ein herzlicher Trost ist uns doch in diese Angsthöhle zugeschicket / weil ja unmöglich ist / daß wir bey meines Ladisla und Herkules besten Freunden / uns einiger Unbilligkeit befürchten solten. Das Fräulein insonderheit erfreuete sich dieses Trostes höchlich / und rühmete / daß ihr Herz schon einer hundertpfündigen Last leichter währe als vorhin; da Fr. Sophia ihr zur Antwort gab. Ich habe euch ja heut und gestern ohn unterlaß damit getröstet / mein Gott und mein JEsus dem ich andächtig diene / würde uns unfehlbare Hülffe und Rettung senden; dann dieser almächtiger Helffer verlässet die seinen nicht / deswegen haltet ihr nur mit eurem Gebeht zu den ohmächtigen ertichteten Götzen zurücke /und lasset mich allein solches verrichten / was gilts /mein HErr JEsus wird euch in meiner Geselschafft zugleich mit gnädig seyn / und O wann ihr solches nur erkennen köntet! Nun wahr Frl. Sibylla schon zum offtern von ihr vermahnet / den heydnischen Aberglaubẽ abzulegen / aber biß daher ohn alle Furcht und Verfolg / dann der Vesta Dienst / und der Dianen Gottheit wahr ihr so tief eingebildet / daß sie davon nicht abstehen kunte; in dieser Stunde aber ward sie durch solche Rede dermassen bewäget / daß ihr dauchte / ihr Herz würde durch den genenneten süssen Nahmen JEsus / mit sonderlicher Freude erfüllet / daß sie sich erklärete / sie wolte forthin eine Christin leben / und hiemit ihren vorigen heydnischen Unglauben ablegen und verleugnen; welches Fr. Sophien eine grosse Freude zuhören wahr / vermahnete auch Frau Ursulen ein gleiches zutuhn; welche aber auf ihrer alten Leir verblieb / sie wolte und müste zuvor wissen / ob ihr Liebster Fabius ein solches zugeben könte /alsdann solte die erste Stunde ihr die liebste seyn. Als unser Frauenzimmer sich in dieser Vergnügung befand / wahr zu Padua nichts als Leid und Klage durch des ädelknaben Ankunfft erwecket; dañ der Stathalter furchte sich / es würden die Räuber mehr der Rache /als dem Gelde nachtrachten / weil er vernam / daß einer und ander von den ehmals bestrittenen sich dabey funden; doch wie er hörete / was vor äidliche Zusage sie dem Frauenzimmer zu ihrer Ehren- und Lebensversicherung geleistet hatten / fiel ihm der schwerste Stein vom Herzen. Er überlegete zwar alles gar fleissig / wie die seinen könten gerettet werden /aber aus des Knaben Erzählung befand er / daß gewaltsame Hand ehe schädlich als vorträglich seyn würde / weil ausser zweifel [267] die Räuber ihre heimlichen und verkleideten Kundschaffer und Schildwachten hätten / welche / da sie einigen Anzug gewafneter Leute merken solten / den seinen an Ehr und Leben schändlich seyn dürffte. Dannoch verlangete ihn unter dieser Bekümmerniß zuwissen / wz vor fremde Ritter sich so einsam unterstanden hätten / den Räubern nachzureiten / ließ derẽ Reuter etliche vor sich fodern / und taht fleissige Nachfrage; kunte aber doch ausser dem gegebenen Befehl nichts erfahren / womit er sich vor dißmahl muste begnügen lassen. Die Erlösung der seinen betreffend / hielt er am rahtsamsten / der Räuber Geiz mit den begehrtẽ Geldern zuersättigen /nachgehends aber ihnen äussersten Vermögens nachzutrachten; deswegen die Gelder noch diesen Abend abgezählet / und auf sechs Karren geladen wurden /damit sie früh morgens zeitig gnug auf den bestimten Plaz / zwo Meilen von der Stad / gegen Norden zu /könten geliefert werden. Das gefangene Frauenzimmer lag diese Nacht wol in tausenderley Gedanken /wer doch diese junge Herren seyn möchten; Ihre Gestalt traff mit Ladisla und Herkules in vielen Stücken überein / vielmehr aber ihre Sitten und Geberden; doch weil sie nichts gewisses ersinnen kunten / fielen sie auf andere Sorge / wie diese tapffere Herren es immer und ewig anschlagen wolten / daß sie aus der RäuberHänden errettet würden / biß sie endlich aus grosser Müdigkeit einschlieffen. Die beyde Fürsten nahmen auch die Ruhe biß eine Stunde nach Mitternacht / da wecketen sie ihre Gesellen / es währe Zeit /den Anschlag ins Werk zustellen; wähleten fünfe aus den Räubern / welche sie ihrem vorgeben nach auf den engen Weg verlegen wolten / schwätzeten ihnen auff dem Wege viel schönes dinges vor / und unterrichteten sie / wessen sie sich verhalten / den ankommenden sich nicht zeigen / sondern wann sie durch den engen Weg währen / unvermerket nachfolgen müsten / biß sie den Anfal vernehmen würden / alsdann solten sie mit ansetzen / uñ die Kauffleute erschlagen helffen. Diese gedachten an nichts anders / als wie sie dieser Unterrichtung sich gemäß verhalten wolten /und sagte der eine zu den beyden Fürsten: Geliebte Brüder / ich halte davor / es haben euch die Götter uns zum sonderlichen Glük zugeschicket / daß wir durch eure Anschläge zu schleunigem Reichtuhm gelangen sollen / daher die ganze Geselschafft schuldig ist / euch solches zuvergelten. Ja freylich halte ichs mit davor / sagte Baldrich / daß nicht ohn der Götter sonderbahre Schickung wir eure Geselschaft angetroffen haben / und zwar zu dem Ende / daß deren Gerechtigkeit durch unsere Hand an euch volstrecket werde; Mit welchem Worte sie beyde ihre Schwerter entblösseten / uñ alle fünffe / einen nach dem andern in solcher Eile niderstiessen / daß keiner das Gewehr zuentblössen Zeit hatte / schnitten ihnen hernach / ehe sie gar verschieden / die Köpfe abe / nahmen sie mit sich / und legten sie nicht weit von der Höhle hinter einen grossen Stein. Bey der Geselschafft gaben sie vor / es könte der Ort von fünfen nit zur gnüge besetzet werden / und würde nöhtig seyn / daß noch fünfe mit ihnen gingen / welches Fannius gerne einwilligte /und ihnen Glük wünschete zu ihrem vorhaben. Sie gingẽ in zimlicher Eile fort / uñ begunte der Tag anzubrechen / da sie nit weit mehr von den erschlagenen wahren / deswegen die beyden Fürsten einander winketen / den Angriff vorzunehmen; Der Räuber einer /welcher sich allenthalben fleissig umbsahe / ward gleich dazumahl der enthäupteten Leichnam gewahr /uñ fing an zuruffen / Verrähterey / Verrähterey! aber Baldrich stieß ihm dz Schwerd durchs Herz / daß er ruhig ward / und traff Siegward den andern / daß er ohn Geschrey stürzete. [268] Die übrigen drey wurden ihrer Schwerter mächtig / und traten zusammen / den Fürsten Widerstand zutuhn / wehreten sich auch ihrer Haut dergestalt / daß sie gnug sehen liessen / wie lieb ihnen das Leben währe / so dz auch Siegward darüber am linken Arm eine Fleischwunde bekam / die doch nicht viel auff sich hatte; wehrete aber auch nicht lange / daß die Räuber gleich den vorigen ihre Köpffe hergeben musten. Baldrich verband Siegwarden die Wunde auffs beste / ließ ihn aber / weil er so blutig wahr / nicht mit in die Höhle gehen / sondern stellete ihn nicht weit davon hinter einen dicken Baum / und überlegtẽ kürzlich / wie es ferner anzustellen währe. Die RäuberSchaar wahr anfangs mit Furius 22 Mann stark / davon wahren noch 10 im Leben; In der Höhle wahren ihrer neun beyeinander / uñ der zehnde nicht weit davon in der NebenHöhle / die Speise zubereiten. Baldrich trat freymühtig hinein / und meldete an /es währe nunmehr der Weg solcher massen besezt /daß ihm die Beute nicht entgehen solte; der Hauptmann möchte nur selbsechse in der Höhle bey dem Frauenzimmer bleiben / so wolte er mit den übrigen dreyen sich fortmachen / weil an der Eile alles gelegen währe / und die Karren wol nicht weit mehr seyn dürffen. Drey verwägene Buben / die handfestesten unter allen gingen mit ihm hatten sich mit Panzern wol verwahret / uñ eiletẽ frisch mit ihm fort. Der eine sahe /dz er an den Kleid'n mit Blute etwz besprützet war /welches ihm widrige gedankẽ uñ ein grausen verursachete / fragete auch mit ungestüm / woher ihm diese verdächtige Zeichen kähmen? Er aber antwortete freimühtig / er hätte solches in der Höhle nicht melden wollen / daß seyn Geselle mit einem andern Mitgesellen auff dem Wege in uneinigkeit gerahten währe / und sich miteinander geschmissen / und weil sie beiderseits Wunden davon getragen / er aber sich zwischen ihnen gestellet / und die Sache endlich beygelegt / hätte er diese Blutzeichen davon auffzuweisen. Dieses brachte er vor / weil sie der Höhle noch zu nahe / und dem Baume / hinter welchem Siegward auflaurete / zu ferne wahren. Die Räuber aber blieben in der Furcht / wolten ihm nicht trauen / sondern liessen ihn voraus gehen / und folgeten sie mit entblösseten Schwertern nach / welches er aber nicht achtete /und sie hieß gutes muhts seyn / weil es heut an reicher Beute ihrer keinem fehlen würde; endlich da er sich nahe bey Siegwarden befand / zog er auch von Leder /und sagte: Wiltu nun wissen was vor Blut an meinen Kleidern haftet / so versichere dich / daß deine zehn Gesellen das Lösegeld wegen des gefangenen Frauenzimmers schon empfangen / und euch dreien euer anteil gleich jetzt auch werden sol. Siegward hörete ihn reden / sahe auch / daß er von den dreien grausam überfallen ward / aber er trat geherzt mit ein / und schlug tapffer auff die Räuber / daß einer gar zeitig stürzete / und der ander am rechten Arme hart verwundet ward; den dritten machten sie wehrloß / bunden ihm und dem verwundeten Hände und Füsse / und schleppeten sie hinter einen Dornpusch / die umb nichts bahten / als daß sie möchten erschlagen werden; aber Baldrich gab zur Antwort: Sie solten nur so hohes verlangen nach dem Tode nicht tragen / er würde ihnen schon mehr als zu früh kommen; schnitten dem erlegeten das Häupt ab / und gingen nach der Höhle zu / des vorsatzes / alle übrigen auff einmahl ritterlich zubestehen. Genutius der verrähterische Gutscher begegnete ihnen auff halben Wege / erschrak so heftig / da er das abgeschnittene Häupt / welches seines nahen anverwanten wahr / in Baldrichs Hand sahe / daß er keinen Schrit / weder hinter noch vor sich tuhn kunte; Siegward griff in an / warff [269] ihn zur Erden / band ihm alle viere / und fragete / warumb er aus der Höhle gangen währe, er aber baht anfangs umb einen schleunigen Tod / zeigete hernach an / Fannius hätte selb viere ein heimliches Gespräch gehalten / und ihn heissen zusehen / wie es draussen stünde / auch den sechsten / nahmens Appius auff die Schildwache inwendig der Höhle gestellet / daß gänzlich zubefürchten währe / dem Frauenzimmer dürfte Gewalt angelegt werden; deßwegen sie mit vollem lauffe herzueileten / nahmen zween feste Schilde / die sie des vorigẽ Abends zu rechte gesezt hatten / zu sich / und gingen hinein vol eifers und rachgier / weil sie ein klägliches Geschrey drinnen vernahmen; dann Genutius argwohn wahr nicht falsch / massen Fannius dreien seinen vertrautesten / seine Liebe zu Fr. Sophien angezeiget und mit ihnen abrede geno en hatte / daß jeder eine unversehens / und weil sie im festen Schlaffe lägen /überfallen / und ihrer leicht geniessen wolten / in Hoffnung / sie würden nach begangener taht wol schweigen / und sich selbst nicht in ein böses Geschrey bringen. Weil sie aber wusten / daß Genutius nicht einwilligen / sondern alle verhinderungen hervorsuchen würde / schicketen sie denselben hinweg /und muste der übrige den Eingang verwahren; sie aber gingen in aller stille hinzu / schliechen einer nach dem andern durch das Tührlein / welches sie unvermerket öffneten / namen die Schwerter hinweg /und legten sich ganz unverschämt zu ihnen nider. Das Frauenzimmer lag als im tieffen Schlaffe begraben /weil die Furcht sie biß daher stets munter gehalten hatte; doch ward das Fräulein ihres unkeuschen Buhlers am ersten gewahr und ließ ein hartes Geschrey gehen / wovon die übrigen erwacheten / und ein elendes Geheule anfingen / stiessen mit den Füssen / kratzeten mit den Händen / und tahten alle mögliche Gegenwehr / wodurch doch diese Unfläter nur mehr und mehr in ihren begierden entzündet wurden / und wahr gleich an dem / daß Fr. Sophia hätte Gewalt erleiden müssen / fehlete auch den übrigen wenig / da die beyde Fürsten in die Höhle traten / dem Geschrey eilig zulieffen / und die Gewalttähter anschriehen / sie solten das Frauenzimmer erlassen / oder eines abscheuhlichen Todes sterben. O ihr Herrn / rieff Fr. Sophia rettet unsere Ehre / die wir sonst nicht länger beschützen mögen. Die drey Räuber entsetzeten sich vor der angehöreten Dräuung / und tahten gemach /aber Fannius ließ sich nichts iren / sondern rieff überlaut / dafern ihm jemand einredẽ würde / solte er schändlich erwürget werdẽ. O du frecher Schelm /sagte Baldrich / darfstu auch noch trotzẽ? risse ihn mit gewalt hinweg / uñ sties ihn mit dem Fuß in die Seite / dz er ohmächtig ward; den andern dräuetẽ sie den Tod / dafern sie sich der Geselschaft Straffe nicht unterwerffen würden. Appius der mit dieser Schande nicht zu tuhn hatte / trat mit hinzu / und ermahnete sie / diese anmuhtung einzugehen / welches sie aus furcht des Todes tahten / und wurden mit starken Riemen hart gebunden. Der Speise bereiter hatte den Lermen gehöret / und kam gelauffen / umb zuvernehmen was vorginge / aber Baldrich packete ihn alsbald an / und sagte: Kom her Bruder / du must die Fessel auch an nehmen / biß du deine Unschuld wirst dargetahn haben; Siegward nam ein gleiches mit Appius vor /welcher sich dessen anfangs verwunderte / aber der erste merkete daß die Sache nicht richtig wahr. Fannius kam wieder zu sich selbst und sahe sich nach seinem Schwert umb / aber Baldrich warff ihn gleich wieder zur erden / trat ihn mit Füssen / und band ihn gleich den andern da er zu ihm sagete: Siehe du unverschämter Bube / auff diese Weise gehe ich mit allen denen umb / die durch Raub und Mord [270] gedenken groß zu werden; deßwegen must du nicht wähnen /daß du annoch mein Hauptman / sondern mein Gefangener seist; ging hernach hinaus mit Siegward / hohleten die abgehauene Köpfe alle herein / und sagten: Sehet da ihr diebische Räuber / diese eilffe haben den Lohn ihres verdienstes von unsern Händen schon empfangen / der eure wird auch schon folgen / dafern ihr nur der Zeit erwarten könnet. Ist daß redlich gefochten / antwortete Fannius / solches kan ich noch nicht absehen / doch ein Gefangener muß geduldig seyn / und bitte ich nur umb einen schleunigen Tod. Was sagestu vom redlichen fechten / sagte Baldrich /hastu wol jemahls redliche tahten getahn? dieses hohe Frauenzimmer sol dir die Urtel sprechen / hastu dann redlich gefochten / darfstu dich keiner wiedrigen besorgen. Inzwischen hatten Fr. Sophia und Fr. Ursul sich hervor gemacht / ihren Erlösern zu danken /denen die Fürsten entgegen traten / und ihnen die Hände demühtig küsseten / Fr. Sophia aber also anfing: Ihr hochgepreisete Helden habt in warheit euch umb uns so verdient gemacht / daß alles unser vermögen viel zu wenig seyn wird / das geringste von dem unzähligen zuersetzen; gönnet uns aber / bitte ich sehr / den Anfang mit worten zu machen / so lange kein wirkliches vermögen sich bey uns findet uñ nehmet eine recht herzliche Danksagung von uns an / daß ihr durch eure kräftige Faust unsere Ehre gerettet / und die allernäheste Schande von uns abgekehret habet; und gläubet uns / daß wir nicht ruhen / noch uns vor glükselig halten werden / ehe und bevor wir unser Schuldigkeit mögliche leistung haben sehen lassen /welches in dieser schanden Höhle nicht geschehen kan / da wir zu nichts als woltahten zu empfahen /düchtig sind / deren ich hieselbst noch eine einzige von euch meinen Herrn bitte / daß mir vergönnet seyn mögen / zu fragen / wer doch unsere Erlöser eigentlich seyn / und welcher gestalt sie meines Gemahls Königes Ladisla / und meines Herrn Bruders GroßFürst Herkules kund- und freundschaft haben. Baldrich setzete sich wieder ihre verwilligung vor ihr nider auff ein Knie / küssete ihren Rockes Saum / und gab diese Antwort: Großmächtige Durchleuchtigste Königin / gnädige Fr. Wase: Ich danke dem Himmel und meinem Glücke / daß mir die Ehr zugestanden / euer Durchl. einige Dienste zuerweisen; sehr leid aber ist mirs / daß ich mich draussen so lange geseumet / und durch meine abwesenheit verursachet / daß die verzweifelten Buben wieder äidliches versprechen euer Durchl. und deren wirdigsten Gespielen einige Unbilligkeit haben anmuhten dürffen / und dannoch die gütigen Götter alles schädliche gnädig abgewendet haben. Euer Durchl. meines liebsten Gesellen und meinen Nahmen anzumelden / sind wir so willig als schuldig / ungeachtet dieselben in der Welt so unbekant und geringe sind / daß sie sich schämen vor ihrer vortrefligkeit genennet zu werden; doch / wie gesagt /ich gehorsame / uñ zeige an / daß dieser mein Freund ist und heisset Siegward / meiner Fr. Mutter Bruder Sohn / ein gebohrner Königlicher Fürst und nähester Erbe des Königreichs Schweden; ich aber bin des Teutschen GroßFürsten Herkules leiblicher und einiger Bruder / genennet Baldrich; daß wir also in ansehung der nahen Blutfreundschaft gehalten wahren /euer Durchl. uns zu dienste darzustellen / so bald wir durch sonderliche schickung ihr Unglük in erfahrung gebracht. Fr. Sophia kunte ihm länger nicht zuhören /sondern umfing ihn mit herzfreundlichem Kusse /richtete ihn auff / und sagte: Ach ihr Durchleuchtigste Fürsten / muß ich unwirdige dann allemahl ursache seyn / daß gebohrne Könige und GroßFürsten [271] sich in Lebensgefahr setzen? Nun nun / der gnädige Gott hat sie ohn allen zweifel hieher zu unser errettung geleitet / der uns inkünftig bessere und erfreulichere Kundschaft gönnen wird / und wollen meine in ehren höchstgeliebte Fürsten und Schwägerliche Freunde nicht gedenken / daß ihre hochberühmte Nahmen mir so unbekant seyn solten / massen deren mein Gemahl / und Herr Bruder GroßFürst Herkules zum offtern gedacht haben. Hernach ward Siegward auch sehr freundlich von ihr empfangen / und lieff Baldrich ungeseumet hin / die bestelleten Wagen zuhohlen / nam auch auff dem Wege einem Reuter sein Pferd / umb desto geschwinder fortzukommen / und versprach ihm / solches bald wieder an dieser stelle einzuliefern. Siegward fragete den gebundenen Koch / ob auch Schätze und kostbahre sachen in der Höhle verhanden währen; worauff Fannius zur Antwort gab / Mein Herr / schenket mir Leben und Freyheit / so sol euch alles vor eigen geliefert werden. Du Schelm / sagte Siegward / meinestu dann noch teil daran zu haben? Alles was hieselbst vorhanden ist / gehöret dem Durchl. Frauenzimmer zu / und du must billich deiner boßheit erkäntnis durch schwere Straffe einnehmen. Fr. Sophia stund nicht weit von Appius / welcher mit kläglicher bitte bey ihr umb Gnade anhielt / andeutend / wie er kaum vor dreyen Wochen in diese Räuberzunfft gerahten währe / und noch keine einzige Boßheit hätte begehen helffen. Welches sie ihr dann zu herzen gehen ließ / und ihm das Leben schenkete /da ihn Siegward die Bande loßschnitte / und er darauff alle Gelegenheit und Reichtuhm der Höhle anzeigete. Es stunden etliche Kasten neben einander her /welche sie öfneten / und 400000 Kronen an Baarschafft und Kleinoten funden / wie auch allerhand Mannes- und Weibeskleider zimlich kostbar / deren eines Frau Ursul zu sich nam / und es dem Fräulein brachte / welche biß daher von ihrem Lager nicht auffgestanden wahr / dann die Kleider wahren ihr so gar zurissen / daß sie ihren Leib nicht bedecken kunte. So bald sie dieses angelegt hatte / rief Fr. Sophia ihr zu: Herzgeliebete Frl. Wase und Schwester /kommet uns / bitte ich / näher / und bedanket euch gegen diesen Königlichen Fürsten euren Erlöser. Sie trat geschwinde zu ihm hin / neigete sich tief / und sagte mit anmuhtiger stimme: Verzeihet mir / bitte ich / Durchleuchtigster Fürst / daß ich bißdaher nohtwegen unhöflich seyn / und die wolgebührliche Danksagung auffschieben müssen / wiewol ich schon weiß / daß in meinem gar zu schlechten Vermögen /einige Ersetzung weder stat noch Raum findet / jedoch sol ob Gott wil / die Betrachtung der geschehenen Hülffe ni ermehr aus meinem Gedächtniß verschwinden / und was von mir nicht ersetzet werden kan / wil ich dereins meinen Herrn Bruder GroßFürst Herkules durch Bitte dahin vermögen / daß dessen Durchl. meiner Armuht zusteuer lege / und meinen lieben Eltern diese Woltaht vergelten helffe. Siegward sahe das Fräulein steiff an / verliebete sich an ihrer Schönheit und holdseligen Höfligkeit im Augenblicke / küssete ihr die Hand sehr ehrerbietig / und gab zur Antwort: Hochgebohrnes Fräulein / ich bitte die Götter / sie wollen Eure Liebe bey ihrer Volkommenheit stets erhalten / deren Vermehrung ich nicht wünschen kan / weil dieselbe schon auff der höchsten Staffel ruhet / möchte von ganzem Herzen wünschen des Vermögens zu seyn / ihrer Vortreffligkeit gebühr- und behäglich aufzuwarten; Vor erwiesene schlechte Dienste zudanken / ist ein blosser überfluß / sind auch schon tausendfach mit dem guten Willen vergolten. Fr. Sophia gab an der Fräulein stat zur antwort: Durchleuchtigster [272] Fürst / es würde meiner Frl. Schwester zur groben Unhöfligkeit billich ausgelegt / wann sie einen solchen Fürsten / von dessen Durchl. sie überdas so hohe Woltaht empfangen / nit vielmehr vor ihren Gebieter als Diener erkennen und halten würde. Sonsten ist unsere gesamte Bitte an Eure Liebe und den Durchl. Fürst Baldrich / sie wollen mit uns nach Padua reisen / und alda unsers dankbegierigen Herzen einigen Beweißtuhm uns göñen; wir wollen uns nicht wegern / den Weg mit unsern Füssen zumässen / nachdem unsere Erretter uns begleiten werden. Siegward antwortete mit wenigem / er währe schuldig Ihrer Durchl. zugehorsamen; aber kein Auge kunte er von dem Fräulein wenden / dessen sie sich fast schämete / und doch keinen Unwillen fassen durffte; so wolte Fr. Sophia ihm in seinen Liebesgedanken keine Verstörung einstreuen / sondern trat mit Fr. Ursulen zurük / da der ungebundene Räuber Appius etliche Speisen herzuschaffen bemühet wahr. Als sie bey Fannius herging / trat sie denselben mit Füssen / und dräuete ihm alle Pein und Straffen. Unterdessen wolte Siegward die gute Gelegenheit mit dem Fräulein zureden / nicht verabseumen / küssete ihre zarten Hände / und sagete: Er würde sein Glük / welches ihn zu dieser Höhle getragen / zeit seines Lebens nicht gnug rühmen können / dafern er bitlich erhalten könte / daß in ihre gute Gnade er möchte aufgenommen werden; Zwar seine Unwirdigkeit währe nicht zuleugnen / aber vielweniger das Feur zuverbergen /welches ihre Vortreffligkeit in seiner Seele angezündet hätte / so daß solches entweder durch einen schleunigen Tod müste erlöschet / oder durch ihr ehrliebendes Mitleiden erträglich gemacht und abgekühlet werden. Durch dieses unvermuhtliche ansträngen ward das schon ohn das schamhaffte Fräulein dermassen angeröhtet / daß sie solches zuverbergen / mit ihrem Wischtüchlein etliche mahl über ihr Angesicht herfuhr / und sich endlich also erklärete: Durchleuchtigster Fürst / wie unbestand ich bin / diese Reden zubeantworten / welche aus ihrer Durchl. Munde ich anjezt angehöret / ist denen bewust / die meiner Blödigkeit Kundschafft haben; so befinde über das ich an meiner Unvolkommenheit nicht das allergeringste /daß einen so grossen Fürsten und vortrefflichen Helden einiger weise befriedigen könte. Wie hoch Euer Durchl. ich wegen geschehener Erlösung verbunden bin / ist mir nicht unwissend / daß aber wegen Unverstand ich deren anmuhten nicht zubeantworten weiß /bitte ich demühtig umb Vergebung / wil auch an deren ehrliebenden keuschen Herzen nicht zweifeln /weil ein solcher Tugendreicher Fürst dasselbe nicht ersticken wird / was er mit Vergiessung seines Blutes und Wagniß seines Lebens errettet / und von dem instehenden Verderben befreyet hat. Hiemit schauete sie sich umb / und gab ihrer Wasen einen Wink / herbey zutreten; die ihr gerne zugefallen seyn wolte / und durch gesuchte Unterredung ihn von ihr abzihen / da sie zu ihm sagte: Durchl. Fürst / ich sehe ja nicht / wo Fürst Baldrich muß geblieben seyn / wie fleissig ich mich gleich nach ihm umtuhe. Durchl. Fr. Wase / antwortete er / mein lieber Bruder ist hingangen / die Wagen herzuhohleln / welche wir schon gestern auff diesen fall bestellet haben; Es fället mir aber ein / daß wir draussen noch drey Gefangene gefesselt / deren ich mich etwas besser werde versichern müssen; nam den begnadeten Appius mit sich / und hohlete Genutius herzu / der sich schier loßgearbeitet hatte / striegelte ihn zimlich abe / und schleppete ihn in die Höhle / welchen Fr. Sophia mit Füssen trat / und zu ihm sagete: Du Henkermässiger Bube / was habe ich dir jemahls zu leide getahn / daß du mich in diese grosse Noht und [273] äusserste gefahr meiner Ehren gestürtzet hast? Dieser bereuete seine übeltaht sehr / und gab zur Antwort: Allergnädigste Frau; ich bin ein grosser Sünder / und unwirdig von ihr angeredet zuwerden /weil ich solche fromme Gottfürchtige Frauen und Fräulein verrahten / und in der Rauber Hände geliefert habe / wil mich auch der Todesstraffe gerne und willig unterwerffen; Aber dem Himmel sey Dank / daß weder Furius noch Fannius gottloses und unkeusches Vornehmen zu Werk gerichtet / sondern ihrer aller Ehre erhalten ist; dañ der wahre Gott / den ich ehmahls schändlich verleugnet habe / ist mein Zeuge /daß ich viel lieber hätte sterben / als ihren Nohtzwang erleben wollen; in betrachtung dessen bitte ich flehentlich und lauter umb Gottes willen / Eure Gn. wollen mir meine Sünde vergeben / und mir eine Todesstraffe ohn sonderliche Pein aufflegen / die ich willig ausstehen / und zugleich den wahren Gott / welchen ich ehemahls verleugnet habe / inbrünstig anruffen wil / daß er meiner armen Seele wolle gnädig seyn. Fr. Sophia ward durch diese wahre Reue zum Mitleiden bewäget / insonderheit / da sie hörete / daß er ehmahls ein Christ gewesen / und als ein Christ sterben wolte / und sagte zu ihm: Du tuhst wol bey deiner Seele / daß du deine Sünde erkennest / und bedacht bist / wie dir zur Seligkeit möge geholffen werden; bleibe in solcher Buß Andacht / so werde ich dich mit der peinlichen Straffe verschonen / die du wol verdienet hast. Der Almächtige Gott / antwortete er / wolle Euer Gn. dieses erbieten hier zeitlich und dort ewig vergelten. Sie wolte sich bey ihm länger nit aufhalten / sondern weil Siegward hingangen wahr / die beyden übrigen auch herzuholen / trat sie zu dem Fräulein /und sagte im Scherze: Lieber saget mir mein Schwesterchen / wie gefält euch dieser Fürst? mir zweifelt nicht / er sey eben so stark geschossen / als vor diesem mein Ladisla / da er mich unter den Bäumen fand; seyd aber höchlich gebehten / und stosset ihn mit abschlägiger Antwort nicht vor den Kopff / dann sein Stand und Wesen ist wert / daß er von euch geliebet werde. Das Fräulein kunte vor Scham nicht antworten / sahe sie eine zeitlang an / und sagte nachgehends: Herzgeliebte Fr. Schwester / ich bitte sehr /wollet mit diesen Reden mich nicht gar zu schamroht machen / der Fürst ist mir in diesem Stük allein Mannes gnug / welcher solche verliebete Reden gegen mich führet / daß denen wegen meiner Geringfügigkeit ich weder trauen noch antworten darff. Hernach hielt sie bitlich an / sie möchte nicht mehr von ihr hinweg treten / auf daß / wann ihr an Worten gebräche / sie sich auf ihren Beystand zihen könte. O du falscher Mund / sagte Fr. Sophia / wer wolte dir gläuben / daß du in Liebesberedungen meine Gegenwart leiden köntest? Nein / nein / ich bin in dieser Seuche auch krank gelegen / und weiß / wie hoch die Liebe begehret ohn Aufmerker zu seyn. Herzen Frau Schwester / antwortete sie / ich bitte durch Gott / mich dessen nicht zuzeihen / sondern sich meiner ernstlichen Meynung zuversichern / deßwegen so tretet mir / bitte ich / zu hülffe / und lauffet mich mit Reden loß. Ja /sagte Fr. Sophia / wer lehrete mich reden / als mein Ladisla mir in etlichen Stunden kein Augenblik Ruhe gönnete? daß ihrs nun nicht besser habt / als ich jens mahl / wil ich weit gnug von euch bleiben / damit ihr erfahret / wie einer gejagten Hindin zumuhte sey /welche den blutgierigen Wölffen entsprungen / sich unter Jägers Hand befindet. Das Fräulein fiel ihr umb den Hals / und baht umb aller Freundschafft willen /sie nicht zuverlassen / nur aufs wenigste / biß sie zu Padua würden angelanget seyn / wolte auch von ihr nicht ablassen / biß sie dessen Zusage hatte / welche ihr Fr. Sophia mit dieser Bedingung [274] gab / daß sie nach Mögligkeit sich gegen den Fürsten freundlich erzeigen / und ihres Herzen Meynung ihr offenbahren solte / ob sie ihm ihr Herz zuwenden wolte oder nicht / dafern er / wie sie nicht zweifelte / ernstlich darumb ansuchen würde. Das Fräulein meynete dieses mit stilleschweigen zubeantworten / aber als sie ihre Beteurung hörete / daß sie den Fürsten selbst zur Ansträngung reizen wolte / erklärete sie sich / zu Padua ihres willens zugeleben. Siegward brachte die beyden Räuber auch herzu / die er mit prügeln vor sich her trieb / und Appius ihm träulich halff; Sie verwunderten sich sehr / als sie Fannius selb sechse gebunden antraffen / durfften doch einer dem andern kein Wort zureden / nur daß sie ausser Genutius / alle umb einen geschwinden Tod anhielten / welches aber die hochbeleidigten Frauen nicht willigen wolten; Als sie nun merketen / daß alles ansuchen umbsonst wahr / fingen sie an / die beyden Fürsten vor falsche meinäidige Verrähter auszuschelten / dessen aber Siegward lachete / und ihnen zur Antwort gab / es solte ihnen frey stehen / alles zusagen / weil sie in dem Stande währen / daß sie keinem redlichen Menschen mit schänden könten schädlich seyn. Genutius kehrete sich an nichts / lag in seinen heissen Trähnen / und rief Gottes Barmherzigkeit an / daß er ihm die Sünde der Verleugnung / und andere begangene Untahten gnädig vergeben / und seine arme Seele mit dem Schecher am Kreuz in dz Paradeiß aufnehmen wolte; welches das Fräulein hörend / zu Fr. Sophien sagete: Wolte Gott /daß dieser Mensch vor drey Tagen solche gute Gedanken gehabt hätte / währen weder er noch wir in diß Unglük gerahten. Ich habe ihm schier verzihen / antwortete sie / zweifele auch nicht / wo ich ihm das Leben schenke / werde ich die Zeit seines Lebens einen geträuen Knecht an ihm haben; doch muß er noch nicht wissen / wessen ich gegen ihn gesinnet bin. Siegward machte sich wieder nach dem Frauenzimmer / und suchte Gelegenheit / mit dem Fräulein allein zureden / wovor sie sich aber mit allem Fleiß hütete / uñ ihm daher einen Argwohn verursachete /ob währe sie ihm ungewogen / trat deswegen mit Fr. Sophien an einẽ absonderlichen Ort / und redete sie also an: Großmächtigste Königin; hat Eure Hocheit einige Vergnügung aus meinen untertähnigen Diensten empfangen / so bitte dieselbe ich zum höchsten /mir Gewogenheit und Gunst bey dem vortreflichen Fräulein zuerwerben / deren liebreiche Augelein mein Herz dermassen durchscheinen / daß ohn sie zuleben mir forthin unmöglich seyn wird; mein Ansuchen ist auf Ehre gebauet / dieselbe dereins zur gewaltigen Königin in Schweden zuerheben / und wil solche Befoderung zuerkennen / zeit meines Lebens äusserst geflissen seyn. Fr. Sophia entschuldigte sich anfangs des Königlichen Nahmens / welchẽ vor Betretung des Böhmischen Reichs sie zuführen oder anzunehmen nicht willens währe; bedankete sich nachgehends der hohen Gewogenheit gegen ihre Frl. Wase / welche zwar des höchsten Römischen Adels / und Käyserlichen Geblüts währe / aber doch ihrem künftigen Gemahl kein Land und Leute zum Heyrahtgut bringen könte / ob sie gleich mit Baarschafften und Kleinoten von ihren Eltern Königlich könte versehen werden /nachdem sie ein einiges Kind / und über 40 Tonnen Goldes in gewisser Erbschafft allein von ihren Eltern zugewarten hätte. Sie baht ihn aber freundlich / seine Begierden / so viel möglich / zumässigen / und da es sein Ernst währe / einer kurzen Zeit abzuwarten / alsdañ wolte sie ihm hiemit aufrichtig versprechen / es nach seinem begehren dergestalt zubefodern / daß er ihr bereitwilliges Gemüht ihm zudienen / mehr in der Taht als schönẽ Worten spüren [275] solte / dessen / sagte sie / gebe Euer Liebe ich dieses Ringelein zum Pfande; welches sie aus ihren Kleidern hervor zog / und ihm auf den kleinen Finger steckete. Diese Verheissung brachte den Fursten zu einer sonderlichen Fröligkeit / versprach auch nach allem Vermöge sich einzuhalten / und in ungezweifelter Hofnung der angenehmen Zeit geduldig zuerwarten; jedoch würde ihm vergünstiget seyn / mit dem Fräulein zureden. Welches Fr. Sophia beantwortete: Es könte ihre Frl. Schwester eines solchen treflichen Fürsten geneigten Willen und Unterredung nicht anders als vor ein sonderliches Glük halten; machte sich auch zu ihr hin /weil Fr. Ursul mit ihr redete / und sagete zu ihr: Seyd ihr meine Schwester / so scheuhet euch nicht / diesem FürstenHofnung seines begehrens zumachen / dessen ehrliebendes Gemüht ich schon erforschet habe. Die Liebe begunte dieses Fräulein schon zimlich zubeschleichen / nam diese Erinnerung nicht allein mit gutem Willen auf / sondern da Siegward sich wieder zu ihr fand / und die herzliche Inbrunst seiner ehrlicher Liebe ihr mit bewäglichen Worten abermahl vortrug / auch auffs höchste beteurete / daß seine Seele an nichts als ihrer volkommenen Schönheit und Tugend Rast und Ruhe fünde / gab sie diese Antwort: Durchleuchtigster Fürst / ich bedanke mich dieser Gewogenheit von ganzem Herzen / welche dankbarlich zuersetzen ich mich schuldig weiß / wil mich auch befleissigen / ihrer Durchl. darzutuhn / daß deren hohe Woltaht zuerkennen / ich unvergessen seyn werde; allein gelanget an dieselbe mein ehrendienstliches Ersuchen / mit uns nach Padua zukehrẽ / woselbst mich weiter zuerklären ich bessere Kühnheit haben werde /so bald nur mein Herr Vetter der Stathalter / welcher nicht mindere Gewalt als mein leiblicher Herr Vater über mich hat / von seiner Tochter Fr. Sophien / des Ansuchens Euer Durchl. wird berichtet seyn; Inzwischen wolle dieselbe sich zu mir alles dessen versehen / wz ein züchtiges Fräulein einem höchstverdienten Freunde ohn Abbruch Jungfräulicher Zucht leisten kan; mit welchem Erbieten mein Fürst / wie ich weiß /wol wird friedlich seyn. Siegward hatte hieran zimliche Vergnügung / und hielt sein freundliches Gespräch in zwo Stunden noch mit ihr / biß Baldrich mit den Wagen und ihren ungesattelten Pferden ankam /die er wieder eingelöset hatte. Er berichtete / wie es ihm auff dem Wege ergangen währe / daß der Reuter /dem er das Pferd / umb schneller fortzukommen / wiewol wider seinen Willen / abgeborget / ihn biß an das Dorff verfolget / und daselbst vor dem Schultheiß ihn als einen Strassenräuber angeklaget / auch die Hafft über ihn begehret hätte / so daß er Mühe gehabt / sich der Bande zuentbrechen / und durch Bedräuung mit dem Stathalter / seines WegesFreiheit zuerhalten; Zwar den Reuter / welcher ein verzagter Hudler / hätte er ausgefodert / sich mit ihm zuschmeissen / welcher aber den Ernst sehend / sein Pferd beym Zügel genommen / sich darauff gesetzet / und stilschweigens davon geritten währe; worauf endlich der Schultheiß diese gewierige Urtel gefunden. Wo kein Kläger ist /da ist auch kein Richter; doch hätte er ihm diesen Spruch mit fünf Kronen / die er ihm heimlich zugestekt / abgekauft. Sie lacheten dieser Rechtfertigung / und nach eingenommenem Inbiß machten sie sich fertig zum Aufbruch. Die Gefangenen wurden an die Wagen gebunden / daß sie beyher mit fortlauffen musten; die abgehauene Köpffe aber nebest Furius Leichnam und Genutius (welche Gnade ihm Fr. Sophia taht) auf die Wagen gelegt samt den Schätzen und Kleidern / und muste das Frauenzimmer mit schlechten Sitzen / von Kleidern gemacht / auff dem einẽ [276] Wagen vorlieb nehmen / damit sie auch sehr wol zufrieden wahren. Die Fürsten ritten auff ihren ungesattelten Pferden neben dem Frauenzimmer so zierlich daher / machten auch allerhand Sprünge und Ringeläufchen mit ihnen / als hätten sie die bequemsten Sattel auffgehabt. Ihren Weg setzeten sie fort / so viel ihre schwerbeladene Wagen uñ angebundene Gefangene folgen kunten / und weil die Pferde davor ermüden wolten / ließ Fr. Sophia sich von Baldrich / und Frl. Sibylla sich von Siegward vor sich auff dem Pferde führen / da ihnen Kleider untergelegt wurden / daß hiedurch das Fräulein mit ihrem lieben Fürsten in zimliche Kundschafft geriet / dem sie etliche Küsse gönnen muste / weil sie dessen auff dem Pferde sich nicht entbrechen kunte / da sie ihn gleichwol seiner zugesagten Mässigkeit erinnerte / und auff der Zuchtbahn stets erhielt. Es wahr ihr Glük / daß ihre Reuter sich in das nähstgelegene Dorff eingelegt hatten /deren etliche auff sie stiessen / mit welchen sie daselbst einkehreten / ihre köstliche Harnische anlegeten / und grosse rohte Federbüsche auff den Helm stecketen / namen auch ihre schneeweisse wolgeputzete /und mit schönen Decken gezierete Handpferde / auff welchen sie den Einrit halten wolten. Fr. Sophia leihete daselbst von einer reichen adelichẽ Witwen eine schöne Gutsche / setzete sich mit dem Frauenzimmer drauff / und zogen mit wolbefriedigtem frölichen Herzen des geradesten Weges nach Padua zu. Der Stathalter hatte diesen Morgen sehr früh die Lösegelder durch dieses Dorff fortgeschikt / welches Fr. Sophien angezeiget ward / welche ihnen zween Teutsche Reuter nebest Appius nachschickete / ihnen das wiederkehren anzudeuten. Die Eltern zu Padua erwarteten ihrer Kinder Ankunfft mit Schmerzen / unter der herznagenden Furcht / es möchten die Räuber nach empfangenen Geldern nicht Glauben halten / sondern durch Unkeuscheit und ihrer Töchter Schönheit gereitzet / ihren Ehren Abbruch tuhn / gedachten deßwegen hin und her / wie es am fügligsten anzugreiffen währe / kunten aber kein ander mittel finden / wie klug sie sonst wahren / und sagte der Stathalter zu Herr Kornelius; wir müssen der himlischen Vesehung alles befehlen / welche sie bißher gnädig bewahret hat / sie auch ferner erhalten / und vor unehr schützen kan. Er hatte dieses kaum außgeredet / da hörete er von allen Türmen lermen blasen / und als er nachfragen ließ / ward ihm zur Antwort gebracht / daß etliche tausend Reuter mit sehr vielen Wagen / Gutschen /und einem getürmeten Elefanten sich im offenen felde sehen liessen / und der Stad gerade zu zögen. Der Stathalter hielt vor gewiß / es würde der Römische Käyser selber seyn / und machte sich fertig ihm entge gen zu reiten / und in aller untertähnigkeit ihn zu empfahen. Aber eben dieses befürchteten sich Herkules und Ladisla / deßwegen ritten sie mit dem jungen Fabius spornstreichs vorhin / wurden auch vor dem Tohr alsbald erkennet / und unwegerlich eingelassen /und als auff ihre frage nach des Stathaltes gesundheit / ihnen dessen wolergehen vermeldet ward / ritten sie gleich nach seinem Hofe zu / stiegen im vorderplatze ab / und gingen miteinander ohn einiges anmelden die Stiege hinauff in den grossen Gastsaal / woselbst der Stathalter auff einem Stuel saß / und ihm die Sporn umbgürten ließ. Da er nun seinen geliebten schwieger Sohn in einem treflichen TyrischenPurpur mit den kostbahresten Demanten besetzet hinein treten sahe /fließ ihm beydes vor freuden und betrübnis eine geringe Ohmacht zu / daß ihm unmöglich wahr / so schleunig auffzustehen / und ihnen entgegen zu treten / erhohlete sich doch / in dem sie sich vor ihm stelleten /fiel anfangs Ladisla [277] umb den Hals und küssete ihn aus väterlicher neigung; hernach empfing er Herkules und seinen Sohn / und sagte: O seid mir wilko en ihr meine hochwerte allerliebste Herrn / Freunde und Söhne / deren ankunft ich mir diese Stunde nicht vermuhten wahr / und weiß nicht / warumb mir der Himmel allemahl zwischen der Vergnügung den bittern Wermutsafft einmischet / dessen ihr nicht erschrecken sollet / uñ ich euch doch nicht verbergen kan / wie daß nehmlich vorgestern meine herzliebe Töchter Sophia / Ursul und Sibylla / auff eins ihrer Landgüter außgefahren / und von etlichen Räubern angehalten sind / biß ihnen ein gewisses Lösegeld eingehändiget werde / vorauff sie alsbald und ohn alle schmälerung ihrer ehren wieder sollen loßgelassen werden; habe demnach solche Gelder schon an den mir benenneten Ort fortgeschicket / und werden die geraubete noch heut / oder gewiß morgen früh sich wieder einstellen. Dieser Rede erschraken sie sehr / insonderheit Ladisla / welcher von Korinth biß hieher grösser verlangẽ als die ganze Zeit über nach seinem herzgeliebeten Gemahl getragen hatte / und gab zur Antwort: Hochgeneigter Herr Vater / es ist mir dises eine sehr traurige Zeittung / werde auch nicht ruhen / biß ich mein Gemahl angetroffen / und den Räuberischen bösewichten den verdienten Lohn erteilet habe. Der Stathalter baht ihn / er möchte sich nicht überschnellen / damit er nicht grösser Unglük verursachete / wann ihre gegenwart von den Räubern gemerket würde; zwar in gar weniger Geselschaft hin nach dem Platze zu reiten /da die Gelder außgezählet würden / wolte er ihnen nicht verbieten / aber daß vor des Frauenzimmers ankunft daselbst / sie sich ja nicht sehen liessen / damit die Räuber sich nicht einer gefährlichen Nachstellung befahreten. Ach Gott / sagete Ladisla / so vernehme ich leider / daß es umb mein Gemahl gefährlicher stehet / als vor nie / muß demnach mich der Geduld ergeben; aber unmöglich ist mirs / daß ich sie ungesuchet lassen solte / ob mir gleich der gewisse Tod darüber zustossen würde / und hoffe noch mittel zu finden / den Räubern beyzukommen da mir Gott das Leben fristet. Herkules befand rahtsam daß man eilete / liessen deßwegen etliche ihrer ehmahls hinterlassenen Ritterlichen Kleider und Waffen herzubringen /legten sie an / und macheten sich mit vier Reitknechten des Stathalters auff / noch ehe Fr. Valiska mit ihrer Geselschaft ankam. Im hinreiten überlegten sie alles fleissig / und machten den Schluß / daß Herkules allein nach dem lieferungs Platze sich hinmachen /und die andern weit genug zurük bleiben wolten / biß er etwas Zeitung erfahren / und durch den mitgeschikten ädelknaben ihnen seine meynung überbieten könte. Sie wahren kaum eine gute halbe Meile geritten da sahen sie zween ansehnliche Ritter mit zwölff bewapneten Dienern gegẽ sie anzihen / denen eine schöne Gutsche mit Frauenzimmer / und zween beladene Wagen samt etlichen gefangenen nachfolgeten. Jene wurden dieser auch zeitig gewahr / und weil Siegward seinem lieben Fräulein sein gutes Herz /und daß er nicht allein mit Räubern sondern auch mit ehrlichen Rittern kämpffen könte / gerne wolte sehen lassen / auch Baldrich nit dawieder redete / sendeten sie ihren Italiänischen Leibknaben ihnen entgegen /und liessen ihrer zween auff ein ritterliches Speerbrechen ersuchen; welches ihnen zum erstenmahle höflich abgeschlagen ward / mit vorgeben / sie hätten anjezt nöhtigen geschäften nachzureiten / wodurch sie gehindert würden / in ihr begehten einzuwilligen /auff eine andere und bequemere Zeit aber solte ihnen gerne gewilfahret werden. Jene kunten damit nicht friedlich seyn / wusten nicht / ob sie es vor eine [278] Verachtung oder Zagheit außdeuten solten / und bohten ihnen hinwieder zu; ob zwar ihr gebrauch nicht währe / andere als ihre und der Tugendfeinde zum Streit zu nöhtigen / auch ihnen ihren Weg gerne gönneten /wolten sie ihnen dannoch zubedenken geben / obs ihrem herlichen ansehen nicht wol anstünde / etwa durch einen Rit allen ungleichen Verdacht von sich abzulehnen. Worauff Herkules antwortete: Feiner Knabe / sage deinen Herren / ihre Höfligkeit mache /daß wir viel von ihnen halten / und weil sie unser eilfertigkeit unberichtet sind / ich sie dessen nicht verdenke / wann sie ungleiche gedanken von uns schöpffen; wir wollen ihnen aber solche benehmen / und ihnen den Rit zu willen seyn / daß sie nur bald loßdrücken. Jene liessen ihnen diese Antwort wolgefallen / und machten sich an beyden seiten fertig / da Siegward auff Ladisla / Baldrich auff Herkules seinen Bruder loßging und traffen beyderseits dergestalt /daß die Splitter in die Luft fuhren / doch ward keiner gefellet / wiewol Siegward und Baldrich im Sattel schwanketen / aber doch fest sitzen blieben / dessen unsere Helden sich nicht wenig wunderten / und sagte Herkules zu Ladisla / ich hätte nicht gemeinet / daß mir ein Ritter diesen Stoß ungefellet außhalten sollen. Sie nahmen beyderseits neue Speer / wageten den andern Rit heftiger als zuvor / und empfunden der Stösse alle viere / aber Baldrich und Siegward wurden Stegreiff loß / daß sie des falles sich mit noht enthielten / welches sie heftig verdroß. Herkules und Ladisla / sahen sich umb / der Meynung / ihre Bestreiter solten erleget seyn / welche sich aber geschwinde wieder eingerichtet hatten / daß jene ihrer Gefahr nicht eins inne wurden / daher Ladisla zu Herkules sagete; Dieses sind trauen zween handfeste Ritter / aber als viel ich merke / trauen sie dem Speer weiter nicht / sondern gedenken es auch mit dem Schwerte zuversuchen / welche sie schon entblösset haben. Ey so werde ich ihnen auch so geschwinde noch nicht entlauffen /sagte Herkules / sondern versuchen / ob dem Hochmuht nicht zu steuren sey / nachdem wir keine Feindschaft wiedereinander haben; damit ging der Schwertstreit an / und trieben ein solches gehacke / daß die Stücke von den Schilden flogen / und sie in kurzer Zeit davon wenig übrig hatten; weil sie dann des Feindes Streiche nicht außnehmen kunten / wurden ihre Harnische hin und wieder sehr zuschlagen / wie wol die beyden jungen Fürsten empfunden / daß sie ihre Meister angetroffen hatten. Frau Sophia kunte dem gefährlichen Kampfe länger nicht zusehen /sprang von der Gutsche / und rieff Baldrichen als demnähesten zu: GroßFürst Baldrich / ich ermahne euch bey der Liebe / damit ihr euren Eltern verbunden seid / daß ihr diesem unnöhtigen Streite die Endschaft gebt. Dieser taht als hörete ers nicht / und stürmete immer hefftiger auff seinen Gegenkämpfer zu / welcher aber / da er seines lieben Bruders nahmen hörete / auch Fr. Sophien erkennete / keinen Schlag mehr führete / sondern auff Teutsch zu ihm sagete: Liebster Bruder Baldrich / du hast dich mit deinem Bruder Herkules gnug versuchet / und satsam an den Tag gegeben / daß du deinem Manne wol stehen darfst. Auff welche Rede Baldrich sein Schwert hinweg warff /den Helm auffschlug / und sagte; So müsse dieses Schwert verfluchet seyn / dessen ich so gröblich mißbrauchet habe; sprang vom Pferde / und wolte seinem Bruder die Hand küssen; der aber ja so bald auff der Erden stund / und ihn freundlich umbfing / legten die Helme ab / und küsseten sich vor grossen freuden ohn einiges Wort sprechen / dann es gab Herkules die höchste vergnügung da er seinen Bruder ihm so gewogen sahe / weil er wol wuste / [279] wie verhasset ihn die Teuffelspfaffen bey seinen Anverwanten gemacht hatten. Zwischen Ladisla und Siegward ging es etwas schärffer zu / dann weil sie sich weiter ins Feld gezogen hatten / kunten sie nicht so bald von Fr. Sophien gescheiden werden / wiewol sie schleunig hinzu lieff /auch diesen Streit anffzuheben / so daß sie nicht acht gehabt / daß Herkules verhanden wahr. Ladisla sahe ohngefehr daß jene beyden sich mit entblösseten Häuptern so freundlich umbfingen / daher sagte er zu Siegward; Ritter / was mag jenes bedeuten / daß euer und mein Geselle dort so grosse freundschaft machen / und die Helme samt den Schwertern hinweg getahn haben? Siegward rante eilig dahin / biß er Herkules Angesicht erkennete und doch etwas zweiffelte / kehrete wieder umb nach Ladisla uñ sagete: Mein Herr /ist jener nicht mein Oheim der unvergleichliche Held GroßFürst Herkules? ja / antwortete er / Herkules ist sein Nahme / und ist er euer Oheim / so müsset ihr mir seinem Ladisla ohn zweifel auch verwand seyn. Als Siegward solches hörete / sprang er vom Pferde /und sagte: Durchleuchtigster Oheim / verzeihet / bitte ich / eurem Diener dem Schwedischen Siegward / seinen unbesonnenen Frevel / dessen die Unwissenheit einzige Ursach ist; Herzlieber Bruder / gab er zur Antwort / empfahen wir einander so unwürsch in der Fremde / würde solches unser so fest beschwornen Freund uñ Brüderschaft sehr nachteilig seyn / wann es vorsetzlich geschähe / weil aber der blosse Irtuhm hieran schuld träget / sind wir beyderseits wol entschuldiget. Aber O mein herzgeliebtes Gemahl komt ja dorther gelauffen! Hiemit warf er den Helm hinweg / und rante ihr eilends entgegen. Sie erkennete sein Angesicht alsbald / und kunte vor freuden keinen Schrit weiter tuhn / dann die Ohmacht wahr ihr sehr nahe; welches er merkend vom Pferde sprang / und zu rechter Zeit bey ihr anlangete / gleich da sie nidersinken wolte / umbfing sie inbrünstig und sagte: Wie mein allerliebster Schaz / wollet ihr euren Ladisla nicht freundlicher als mit sterbenden Augen empfangen / welcher sider seinem abscheide niemahls von herzen frölich gewesen ist? Sie in ihres Liebsten Armen sich befindend / erhohlete sich bald / schlug die Augelein auff / und mit einem lieblichen Anschauen sagte sie zu ihm: O ihr meiner Seelen Lust und einige Freude in dieser Welt; welches hohe Glük erfüllet heut meinen Wunsch / und lässet mich meinen Gemahl und König wieder sehen und umbfahen? wie so gar unvermuhtlich und doch überreichlich ersetzet Gott meine zweitägige außgestandene Unglükseligkeit durch die Ankunft meines herzgeliebten Gemahls. Mit diesen Worten umbfing sie ihn aus inbrünstiger Liebe / und hing als eine Klette an ihm / daß sie ihrer selbst drüber vergaß; biß Ladisla sie fragete / ob sie seinen Herkules uñ ihren Bruder Fabius nicht gesprochen hatte; Ach nein / sagte sie / wo sind sie dann? Ihr habt ja / antwortete er / den Streit zwischen Herkules und Baldrich auffgehoben. Ich habe seine Erkäntnis nicht abwarten können / sagte sie / damit ich auch euer Gefechte beylegen möchte / als ich sahe /daß jener Feindschaft so bald geendiget wahr. Aber O mein Schaz / ist dann unsere Frl. Schwester Frl. Valiska auch erlöset? Ja Gott lob / sagte er / sie wird mit ihrem Söhnlein Herkuliskus und Frl. Lukrezien Pompejen schon zu Padua angelanget seyn. Hievor sey dem almächtigen Gott lob und preiß gesaget / antwortete sie; aber versichert euch mein Schaz / dafern diese beyde trefliche Fürsten uns nicht durch sonderliche wunder-schickung Gottes zu hülffe kommen währen / würdet ihr mich lebendig nicht wieder gesehen haben / dann nach verlust meiner ehren (die mir [280] niemahls / auch vor zwey Jahren unter den Baumen nicht näher / als heut diesen Morgen gewesen) würde vor euren keuschen Augen ich mich lebendig nicht haben finden lassen. Herkules und Baldrich hatten ihr umbfahen auch zum Ende gebracht; Beata aber / Fr. Sophien Leibdienerin ward von dem Fräulein befehlichet / von der Gutsche zu steigen / um zuvernehmen / was vor fremde Ritter nach beygelegtem Gefechte mit den beyden Fürsten solche Freundschaft pflögen / welche bald wieder umbkehrete / schlug in die Hände / und rief ihnen zu: O Gott lob / Gott lob / König Ladisla und GroßFürst Herkules; König Ladisla und GroßFürst Herkules! Fr. Ursul kunte auff diß Wort nicht länger verzihen / lieff Herkules entgegen / und rieff ihm von ferne zu / ob ihr Fabius nicht mit überkommen währe; welcher aber mit entblösseten Häupte schon daher sprengete / machte sich herunter / und empfing sie mit frölichem Herzen. Das Fräulein stieg auch ab / und nahete sich zu Herkules / welcher sie umfahend brüderlich küssete / und zu ihr sagete: In Ehren herzgeliebete Frl. Schwester / ich erfreue mich von herzen ihrer Erlösung und guten Gesundheit / und bitte Gott / daß er sie in stetem Auffnehmen ihrer Ehren und Vergnügung erhalten wolle. Das liebe Fräulein bedankete sich sehr freundlich / erfreuete sich seiner glüklichen Wiederkunst / und fragete nach seines hochwirdigẽ Gemahls wolergehen / dessen sie bald berichtet ward. Diese lieben Freunde kunten des wilkommens nicht zum Ende gelangen; Ladisla und Baldrich / Herkules und Siegward liessen alle brüderliche Bezeigung sehen / und ob gleich Ladisla und Siegward etwas verwundet wahren / achteten sie dessen doch nicht / biß Fr. Sophia das Blut an ihnen spürete / und sie die Waffen abzulegen erinnerte / welches doch nie geschahe / sondern weil es schon zimlich späte auff den Nachmittag wahr / setzeten sie sich auff / und zogen nach der Stad. Die Stathalterin hatte ihren Sohn und Schwieger-Sohn noch nicht gesehen /sondern da sie wieder hinaus geritten wahren / meldete ihr Gemahl ihr deren Ankunfft an / und tröstete sie in ihrer Betrübniß; dann sider ihrer Tochter Verlust hatten ihre Trähnen sich nicht gestillet. So bald aber deren Erlösung ihnen durch einen Reuter zuwissen getahn ward / da erhuhb sich Fröligkeit / und wusten nicht / was sie vor Freuden ansahen wolten; legten schöne Feirkleider an / und putzete insonderheit die Großmutter die beyden jungen Herrlein auffs köstlichste / welche schon anfingen das Abba zusprechen; dann der kleine Fabius wahr ein Jahr und 16 Wochen alt; Herkuladisla eilf Wochen und drey Tage jünger /nachdem jener am 28 des Weinmonats / dieser am 18 des Jenners im folgenden Jahr / zur Welt gebohren wahr / und man heut diesen Tag den 22 des Hornungs schrieb. Als unsere Geselschafft zur Stad einritten /kehreten Baldrich uñ Siegward in eine Herberge / woselbst dieser seine Wunden verbindẽ ließ / deren die schlimmeste wahr / welche er von dem Räuber empfangen hatte / daß er den Arm in einer Binde tragen muste / weil er schon ein wenig entzündet wahr. Sie legeten beyde einerley Kleider an / von Graßgrünem Atlaß mit Golde reichlich gesticket; auff dem Hute hatten sie eine Schnuhr von Demanten / und eine lange weisse Feder / die ihnen auff dem Rücken herunter hing; die Stiefeln wahren von weissem zarten Leder / und die Sporn gülden / und führeten in der rechten Hand einen weissen Elfenbeinen Stab mit güldenem Beschlage. Ladisla mit seinen Gefärten machten sich hin zu den ihren / und erwartete der Stathalter uñ sein Gemahl im Mittelplatze ihrer lieben Kinder /da die jungen Herlein nachgetragen [281] wurden. Sie empfingen die drey Helden mit frölichen Geberden / hielten den beyden Vätern ihre Söhnlein zu / und sagte die Großmutter: Da sehet ihr eure wolgestalte liebe Kinderchen zum ersten mahle / welche euch der mildreiche Gott in eurem abwesen bescheret hat. Ladisla trat mit grosser Herzensfreude hinzu / da sein Herkuladisla ihn lieblich anlachete / uñ das Abba dreymahl lallete / noch ehe er ihn anrührete / worüber ihm die Freudenträhnẽ aus den Augen hervor drungen / daß wie feste er sich hielt / dieselben doch nicht hinterbleibẽ wolten / nam deswegen das liebe Kindichen auf seine geharnischte Arme / herzete es etliche mahl und sagte: Der Almächtige Gott und Schöpffer Himmels und der Erden verleihe dir seine Gnade / und lasse dich in Erkäntniß der Himlischen Warheit auffwachsen / daß du ein Erbe bleibest des ewigen Lebens. Fr. Sophia und Ursul kahmen aus der Gutsche darzu gangen / und da sie ihre Gemahlen sich dergestalt mit den Kindern ergetzen sahen / wurden sie vor Freuden laut weinen / daß es im ganzen Platze gehöret ward / und fing Fr. Sophia zu ihrem Söhnlein an: Du mein herzallerliebstes Schäzchen / an dem ich diese Zeit über alle meines Kummers Vertreibung gehabt / jezt sihestu deinen Herr Vater zum ersten mahle; aber der barmherzige Gott verleihe mir und dir / daß er uns ja nimmermehr solcher gestalt entwanderen möge. Der Stathalter trat mit hinzu / und sagte zu seiner Tochter: Geliebtes Kind / du hast mir nun zum andern mahle durch dein gar zu kühnes ausfahren grosses Herzleid gemacht / welches du leicht hättest verhüten können / wann du nur etliche wenig Reuter zu dir genommen; doch weil der heutige Tag uns zur sonderlichen Freude gemacht ist / wil ich mit scharffen Reden dir dein Verbrechen nicht aufrücken / hättest aber bey deinem Gemahl wol verdienet / daß an stat freundlicher Begrüssung er dir einen guten Auswischer erteilete / damit du hernähst dir solches liessest zur Warnung dienẽ. Ladisla antwortete an ihrer stat. Es kan seyn / mein Herr Vater / daß mein allerliebstes Gemahl in diesem falle gesündiget hat / und ihren Eltern grosse Bekümmerniß erwecket / aber ich bitte / dz ihr auch vor dißmahl noch dieser Fehler möge verzihen werden / dañ wil ich mich in Bürgschafft stellen / daß sie nach diesem vorsichtiger gehen wird. Ja / Gott weiß / sagte Frau Sophia / daß mir in diesem Unfal meiner lieben Eltern Kummer ja so sehr als meine eigene gefahr zu herzen gangen ist /und weiß nicht / durch was Hinderniß ich vergessen /etlichen Reutern zubefehlen / daß sie mir folgen solten / wie ich mir festiglich vorgenommen hatte. Ich habe es ja angehöret / sagte das Fräulein / daß ihr des Abends zuvor es bey dem Gutscher also bestelletet /der ohn zweifel aus Vorsaz es unterlassen hat. Was sol ich dann weiter machen? fuhr Fr. Sophia fort /Gott schicket den lieben seinen auch zuzeiten wegen ihrer Sünde ein Unglük zu / in welchem er doch am kräfftigsten bey ihnen stehet / und hiedurch viel gutes wirket / erstlich / daß wir unsere Bosheit erkennen /und / daß wir noch viel härtere Straffen mit unsern Sünden bey Gott verdienen / wann er nach seinem strengen Rechte mit uns verfahren wolte; dann auch /daß wir in unserm Gebeht zu Gott angefrischet werden / dessen wir in Glückes Zeiten viel in vergeß stellen; endlich auch / daß wir Gottes almächtige Hülffe erfahren / und ihm davor von herzen danken. Ja wer weiß / ob nicht zum sonderlichen Glücke meiner Frl. Schwester es also hat ergehen müssen? Sibylla erröhtete hierob im ganzen Angesichte / und wahr ihr unmöglich / es zubeantworten. Ladisla hörete seines Gemahls gottfürchtige Reden mit grosser Herzensfreude an / und wunderte sich / daß sie in Erkäntniß [282] des heiligen Willen Gottes schon so weit kommen wahr /hielt sich auch fertig / ihr eine Christliche Antwort zugeben; aber sie fassete ihn beym Arme / und sagte: Kommet mein geliebtes Herz / der Wund Arzt wartet schon auff euch / und werde ich nicht frölich seyn /ehe ich weiß / ob eure Wunden ohn gefahr sind. Er folgete ihr mit lachendem Munde / und versicherte sie / daß er nicht eins der Verletzung empfünde; wie dann nach der Entwafnung erschien / daß er nur am rechten Arme einen Schramhieb bekommen / welcher kaum ein Tröpflein Blut geben mögen / wann nicht ein Blutäderchen währe getroffen wordẽ. Herkules ward an seine Valisken gedenken / nam von Fr. Sophien Abscheid / und wolte hinaus reiten / sie einzuhohlen; Sie aber erboht sich / neben Frl. Sibyllen mit zufahren /fragete ihren Bruder / in was Farbe die GroßFürstin sich gekleidet hätte / legte gleichmässige Kleider an /und zog mit Herkules und Ladisla / welche ihre vorigen Kleider wieder angetahn / ihr entgegen. Der Stathalter hatte inzwischen von seinem Sohn verstanden /was gestalt die beyden jungen Fürsten das Frauenzimmer erlöset / und in eine Herberge / sich auszukleiden / eingekehret währen / denen er alsbald seine LeibGutsche entgegen sante / und ritte der junge Fabius mit dahin / mit dem sie ohn Verzug auf ihren weissen Pferden fortgingen; Weil dann Fr. Sophia ihnen auf der Gasse begegnete / die GroßFürstin einzuholen /zogen sie in Geselschafft mit fort / und traffen Klodius und Prinsla nahe vorm Tohre an / die von der GroßFürstin abgeschikt wahren / umb zuvernehmen /aus was Ursachen ihr von Herkules / genommener Abrede nach / kein Bescheid zuentbohten würde. Prinsla kennete alsbald die beyden Fürsten / sprang vom Pferde / und küssete ihnen die Hände / muste aber alsbald wieder auffsitzen / dann sie ranten so wol zu Wagen als Pferde aufs schnelleste fort / kahmẽ auch inwendig einer geringen halben Stunde bey den Völkern und Wagen an. Fr. Valiska saß mit Frl. Lukrezien und dem übrigen Frauenzimmer auf dem Elefanten / hatte allerhand Gedanken wegen des langen aussenbleibens ihres Gemahls / und zeigete an / daß sie sehr befürchtete / es müste zu Padua nicht recht zugehen. Sie sahe etliche gemeine Leute aus der Stad gegen sie daher gehen / welche sie fragen ließ / was neues man daselbst hätte / und obs dem Herrn Stathalter und den seinen wolginge? Worauf diese antworteten: Es ginge dem Stathalter wol / nur lieffe ein ungewisses Gerüchte / ob solte dessen Fr. Tochter neben andern hohen Frauenzimmer von etlichen Räubern auf freyer Heerstrasse angegriffẽ uñ entführet worden sey. Die GroßFürstin erschrak dessen von ganzem Herzen / und fing an: Ach du almächtiger grundgütiger Gott / wende doch dermahleins nach deinem väterlichen Willen und gnädigem Wolgefallen dieses Unglük von uns deinen ergebenen Kindern / uñ gönne nicht / daß mein lieber Herr und Gemahl nebest meinem Bruder ihre beste Lebenszeit in Ausspürung der gottlosen Räuber zubringen müssen. Sie stieg mit ihrem Frauenzimmer von dem Elefanten auf die Erde /legten sich unter dem freyen Hi el auf ihre Knie / und tahten ihr andächtiges mit Trähnen vermischetes Gebeht zu Gott / dz er seine Barmherzigkeit über sie großmachen / auch dieses Unglük bald enden und in Freude verkehren wolte. Nach geendetem Gebeht stiegen sie wieder auff den Elefanten / und muste Klodius samt Prinsla nach der Stad zureiten / dessen Wiederkunfft und eigentliche Zeitung sie mit Schmerzen erwarteten. Frl. Lukrezie sagte zu der GroßFürstin: Es nähme sie wunder / dz man den Räubern dieses Orts so viel übersähe / daß dieselben sich auch nicht scheuheten / der [283] Obrigkeit ihre Kinder hinweg zuführen / da doch in dieser Landschafft Leute wohneten /welche dem Römischen Reiche als eigene Glieder einverleibet währen. Daß vor diesem im Judischen Lande die Räuberhöhlen dergestalt zugenommen / daß fast das ganze Land hin und wieder währe untergraben /und vol unzähliger Räuberhöhlen gewesen / währe so hoch nicht zuverwundern / weil die Juden / der Römer grösseste Feinde / solches also getrieben hätten /denen gleichwol nunmehr ziemlich gesteuret währe; aber in Italien solchen Muhtwillen zudulden / dürffte fast ein Zeichen seyn / daß die Obrigkeit ihr Amt nachlässig verwaltete. Ich weiß selbst nicht / sagte die GroßFürstin / wohin ichs deuten sol / halte wol davor / wann den Räubern etwas eiferiger nachgetrachtet /und ihre Schlupflöcher fleissig gesucht würden / solte man ihnen das Handwerk bald legen; Aber es finden sich unter den Inwohnern in Dörffern und Flecken offt so gottlose Leute / die solche Räuber hausen und hägen / ja ihnen wol Anleitung geben / weil sie Nahrung von ihnen haben / und der Beute offt am meisten genissen. Da währe nun hochnöhtig / daß wann solche ertappet würden / man sie gleich so hart als die Räuber selbst bestraffete / was gilts / wo nicht hundert sich an einem spiegeln solten / und sich scheuhen / mit solchen Buben Gemeinschafft zuhaben. Das ist meines Herrn Vaters Gebrauch / antwortete das Fräulein; der pfleget allemahl nach diesem Spruche zuurteilen / daß weil Hehler und Stehler gleiche gut seyn / müssen sie nicht allein in einer Geselschafft geniessen / sondern auch leiden / und hats in kurzer Zeit dahin gebracht / daß mehr Räuber von des Landes Inwohnern angegeben / als durch scharffe Nachforschung betroffen werden. Als die GroßFürstin dieses so bald nicht beantwortete / baht Fr. Euphrosyne umb gn. Vergebung / und sagte: Wolte dann Gott / gnädiges Fräulein / daß Euer Gn. Herr Vater nur ein Jahr Römischer Stathalter in Griechenland seyn / und solchen Ernst wider die Räuber und Mörder gebrauchen möchte / dann solte dem unmenschlichen Wesen /welches leider daselbst eingerissen ist / endlich noch abgeholffen werdẽ. Ich habe etwas davon gehöret /sagte die GroßFürstin / und daß der freye Adel viel Unbilligkeit begehen sol. Ja gnädigste GroßFürstin /antwortete sie / weil Griechenland von den Römern ihre eigene Herschafft und uhralten Freyheiten und Gebräuche erhalten / wil der Adel / welcher im Lande fast alles allein ist / ihre Freyheit auch wider die Gesetze der Vernunfft ungestöret wissen; daher / wann einer ihres Mittels durch übermässiges Wolleben das seine vertahn hat / klopffet er auff den Pusch / und suchet durch Beraubung der Kauffleute sich wieder zubereichẽ; Ob auch von ihnen eine und andere Mordtaht begangẽ wird / solches wollen sie durchaus nicht am Leben gestrafft haben / sondern erlegen ein geringes Geld / damit sol das unschuldige Blut bezahlet seyn. Die GroßFürstin antwortete: Solche Aedelleute solte man umb ihrer Untaht willen wieder in den niedrigsten Stand herunter stossen / gleich wie ihre Vorältern umb ihrer Tugend willen in den Adelstand erhoben sind; dann solte es erst dahin kommen / daß ein ädelman ihm grössere freiheit / böses zutuhn /nehmen wolte / als ein Unädler / dürffte in kurzem das gemeine Wesen noht leiden. Von adelichen Eltern gebohren seyn / ist ein grosses Glük / aber es machet solches niemand weiter ädel / als nur nach dem Nahmen; die Tugend aber / die er hernach selber hinzu tuht / giebt ihm die wahre adeliche Hocheit / ohn welche das blosse Herkommen in meinen Augen kein Härlen mehr gilt / als ein Esel / den man in eine Pferdehaut nähet. Libussa sahe stets nach [284] der Stad / und däuchte ihr / daß Klodius länger aussen bliebe / als sich in solchem Zustande gebühren wolte / biß sie der Fürstlichen Geselschafft von ferne gewahr ward /auch die Gutsche dabey sahe / deßwegen sie voller freude anfing zuruffen: Glük / lauter Glük! die unsern sind Gott Lob verhanden / und mein Sin trägt mirs eigentlich zu / meines gnädigsten Königes Gemahl Fr. Sophia finde sich bey ihnen in der Gutsche. Gott gebe / antwortete die GroßFürstin / daß du vor dißmahl eine wahrhaffte Weissagerin seyst / so wil ich dir auf ein andermahl eine grosse Lügen gerne zugute halten. Sie fliegen aber miteinander von dem Elefanten / was vor Frauenzimmer auch in der Gutsche seyn möchte /sie freundlich zuempfahen. Als Fr. Sophia solches ersahe / hieß sie ihren Gutscher eilen / und als sie auff 100 Schrit nahe hinzu kam / stieg sie mit Frl. Sibyllen ab. Libussa stund hinter der GroßFürstin / erkennete die abgestiegenen alsbald / und sagte zu der GroßFürstin: Ich bin eine glükselige Wahrsagerin / dann dorten kömt Fr. Sophia mit Frl. Sibyllen her. Frl. Lukrezie bestätigte solches / drumb fassete die GroßFürstin dieselbe bey der Hand / und trat ihnẽ freimühtig und mit einem lächelnden Angesicht entgegen. Diese aber verwunderten sich dermassen über ihrer volkommenen Schönheit / daß sie meyneten / mehr ein himlisches als irdisches Bilde zusehen / wolten sich zwar viel gegen sie neigen / aber Valiska eilete ihnen entgegen / umfing Fr. Sophien mit einem inbrünstigen Kusse / und redete sie also an: Verzeihet mir / meine herzallerliebste Fr. Schwester / daß ich des so langwierigen abwesens ihres Gemahls leider ursach seyn müssen; mein Gott weiß / wie offt und viel mir solches unruhige Gedanken gemacht / und ich gewünschet habe / mein herzlieber Herr Bruder währe bey seinem allerliebsten Gemahl daheim geblieben / welches ihm ja nicht gefallen / sondern noch dißmahl seinem Herkules folgen wollen; ich wil mich aber äusserst bemühen / diese Schuld auffs wenigste zuerkennen / erfreue mich von ganzem Herzen ihrer Liebe guten gesundheit und Wolergehens / der gänzlichen Zuversicht zu unserm Gott gelebend / er werde uns nach diesem gönnen / in friedlicher Ruhe und schwesterlichem Vertrauen manniche Zeit mit einander zuleben. Frau Sophia antwortete ihr mit züchtiger Ehrerbietung: Durchleuchtigste GroßFürstin; es klaget Eure Durchl. sich gar unbillich einer sache an / die weder in ihrer Macht noch Willen gestanden; mein Gemahl hat wegen brüderlicher Schuldigkeit nicht anders gekunt / als derselben Raubung zueifern / weil sie umb seiner uñ meinet willen in dieses Unglük gerahten wahr. Die Abwesenheit meines teuren Gemahls beklage ich durchaus nicht / nach dem Eure Durchl. glüklich erlöset ist / daher mich däucht / als währe er kaum gestern von mir gezogen / und danke dem allerhöchsten Gott / daß er sie alle miteinander nach überstandener Gefahr / glüklich und gesund alhie hat anlangen lassen; bitte sehr / Eure Durchl. wolle ihr gn. gefallen lassen / auff meines H. Vaters Hof mit uns einzukehren / woselbst deroselben nach meinem wenigen Vermögen gehorsam auffzuwarten mich befleissigen wil. Die GroßFürstin ward über solcher Demuht sehr unwillig / und fing an: Ey meine herzgeliebete Fr. Schwester / ich bitte durch Gott / mit dergleichen niderträchtigen / und in mir Schahm und Unmuht wirkenden Reden mich hinfüro zuverschonen; dann was solte mich mehr betrüben oder kränken / als wann eine Großmächtige Königin / und meines leiblichen Herrn Bruders Gemahl / mit mir anders als schw[...]lich umgehen wolte; sihet aber Eure Liebe mich vor so stolz an / müste mir leid s[...] A1 [285] mich vor deren Augen habe finden lassen; wo nit / wird sie / wann sie mich liebet / mich nimmermehr so hoch wieder betrüben. Fr. Sophia entschuldigte sich bester massen / und erklärete sich / weil ihrer Liebe es also gefiele / ihrem Willen genüge zutuhn. Inzwischen hatten die beyden Fräulein sich herzlich / und wol mit hundert Küssen empfangen / hernach sagte Frl. Lukrezie zu der GroßFürstin: Durchl. Fr. Schwester /alhie sihet Eure Gn. unsere geliebte Freundin Frl. Sibyllen / derẽ wir in unserm Gespräch so oft Erwähnung getahn / und stehet sie bereit / Euer Gn. die Hände zu küssen. Sie ist mir eine sehr geliebte Freundin / antwortete sie / umfing sie lieblich / und versprach ihr alle Schwesterliche Liebe und Träue zuerweisen. Hingegen bezeigete sich das Fräulein sehr untertähnig / und baht / dz sie ihre schlechtgültige Auffwartung ihr gn. möchte gefallen lassen. Es stunden aber die beydẽ jungen Fürsten eine geraume Zeit mit entblössetem Häupte / ehe sie ihr wilkommen verrichten kunten / hätten auch weiters noch warten müssen /wann nicht Herkules sein Gemahl erinnert hätte / da er zu ihr sagte: Geliebter Schaz / sehet da eure beyden Oheimbe / den Königlichen Fürsten aus Schweden /und meinen geliebten Bruder Fürst Baldrich / welche Gott aus sonderlicher Versehung biß hieher geleitet hat / und bereit stehen / eure Liebe zu grüssen. Die GroßFürstin erröhtete gar wegen ihrer unvermuhtlichen Gegenwart: und antwortete: Ach mein Gott / sol dann der heutige Tag so voller Glükseligkeiten seyn /und mir die längstgewünschete Kundschafft dieser so angenehmen Oheimben und Freunde erteilen? neigete sich zugleich sehr ehrerbietig gegen dieselben / da Siegward zu ihr trat / und auff ein Knie sich niedersetzend / ihr die Hand küssete / nachgehend also anfing: Nachdem der günstige Himmel mir den langgewünscheten Tag scheinen lässet / an welchem mir Gelegenheit fället / Ihrer Gn. unvergleichlicher Vortrefligkeit aufzudienen / habe ich den gewünschten Zweg meiner Glükseligkeit schon erreichet / vor dißmahl demühtig bittend / daß in die Zahl ihrer bereitwilligsten Knechte ich möge untergenommen werden. Valiska beschwerete sich der Ehrerbietung gar zu schwerer auffgeladener Burde / welche zuertragen sie allerdinge sich unbestand befünde / baht deswegen den Fürsten / auffzustehen / damit sie nicht gezwungen unhöflich seyn müste. Siegward küssete ihr die Hand zum andernmahle / hub sich sittig auff / und nach berührung des Saumes ihres OberRoks gab er vor / es währe alle Welt schuldig / vor ihrer höchstrühmlichen Tugend sich zu demühtigen und des Himmels volkommenes Meisterstük gebührlich zuverehren / bähte demnach / ihre Gn. ihm sein unvermögen in ablegung der schuldigen Ehre gnädig zu gute halten / und sich versichern möchte / daß mit Gedanken er leisten wolte / was in äusserlicher volbringung ihm unmöglich währe. Herkules selbst gedauchte diese Höfligkeit zu groß seyn / setzete deßwegen seine Reden ins mittel und sagete: Geliebter Bruder und Oheim / eure Liebe dürften mein Gemahl wol gar zu einer Stummen machen / nachdem ihr schwer fallen wird dergleichen über ruhm zubeantworten. Dem ist freilich also /sagte sie / und behalte ich mit dieser unbilligkeit Rache billich bevor / wo mir sonst nicht abtrag gemacht wird; neigete sich abermahl gegen ihn / und trat hin zu Baldrich / welcher gleichergestalt niderkniete /und nach [...]em Handkusse mit anmuhtiger Rede sagete: Durchl. Frau Schwester und Wase / [...] Herrn Bruders und eurer Durchl. Heyraht wünsche ich den himlischen Se[...]rer glüklichen erlösung / und möchte wünschen / daß unsere liebe Eltern: A2 [286] dessen wissenschaft haben solten; im übrigen wird meine Fr. Schwester an meiner wenigkeit einen stets bereitwilligen Diener haben. Die Fürstin umbfing ihn freundlich / bedankete sich der geschehenen Glükwünschung /und erboht sich hinwieder zu aller schwesterlichen Freundschaft. Nachgehends ward Frl. Lukrezie von ihnen auch hoch geehret / da unterdessen Fr. Sophia mit dem andern ankommenden Frauenzimmer ein freundliches Gespräche hielt; weil aber die Sonne ihren Untergang dräuete / und Libussen nach der Stad verlangete / sagte sie aus scherz zu der GroßFürstin; Gnädigste Frau / sol ich bestellen / daß die Zelten hervorgesucht und auffgeschlagen werden / alsdann wird meine Schwester Euphrosyne umsuchen was vor eine kalte Küche uns übrig sey / damit diese Fürstl. Geselschaft den Hunger stille. Der GroßFürstin wahren ihre schwänke bekant / und gab ihr zur Antwort: Fürchtestu dich schon / daß du mit deinem Leches nicht gut geschir gnug haben / und noch eine Nacht unsanft liegen werdest? nöhtigte darauff alles Frauenzimmer auff den Elefanten / uñ hielten auff demselben den Einzug. Es wahr schon gar früh durch ganz Padua erschollen / daß ihre Erretter wieder zu lande geschlagen / und diesen Abend ankommen würden; weil dann die ihnen erbauete trefliche Burg allerdinge fertig /und mit aller Haußnohtturft überflüssig versehen wahr / sendete der Paduanische Raht / Herrn Zezilius Antenor und eilf andere Herrn ihres mittels mit allen Stadspielleuten vor das Tohr / sie zuempfahen / und auff ihre Burg zu führen. Unsere Helden kanten sie alle / stiegen deßwegen von ihren Pferden / weil auch diese zu fusse gingen / und wurden von wolgemeldetem Herrn also angeredet: Großmächtigster König Herr Ladisla / uñ Durchleuchtigster GroßFürst Herr Herkules; es erfreuen sich alle Einwohner dieser Stad über der glüklichen Wiederkunft ihrer Erlöser / insonderheit der Raht und die Stad Obrigkeit hieselbst / als welche mich und gegenwärtige meine Amtsgesellen abgefertiget / eure Durchll. und dero Geselschaft / untertähnig und gebührlich zuempfahen / und auff ihre schon vor 12 Wochen verfertigte Burg zu führen / mit untertähniger und dienstfreundlicher bitte / solches Gebäu als ihr ewiges Erbe gnädig und günstig anzunehmen / es nach ihrem belieben zubewohnen / und was daran noch gebauet zu werden / ihnen gnädig gefallen möchte / kühnlich anzuzeigen / auch mit den schlechten Speisen / die in solcher Eile haben können zuwege gebracht werden / freundlich vor lieb zunehmen / und unser aller gnädige und gewogene Herrn stets zuverbleiben. Herkules bedankete sich in ihrer beyder Nahmẽ / der hohen Ehre / möchte wünschen /daß die Stad der grossen Kosten des Gebäues hätten sparen wollen / weil es ihnen aber also gefallen / erkenneten sie daraus ihre hohe gewogenheit / und ob sie gleich dem Herrn Stathalter ihre Geselschaft diesen Abend schon versprochen / wolten sie dannoch ihnen gerne folgen / auch sonst alle mögliche gelegenheit suchen / ein dankbahres Herz sehen zu lassen /verpflichteten sich der Stad zu dienste / und bahten umb beständige gewogene freundschaft / auch / daß die Herrn Abgeordenten diesen Abend bey ihnen in Geselschaft verbleiben wolten. Hierauff ging Blaß-Trommel- und Seitenspiel durch einander / daß man sein eigen Wort nicht hören kunte. Die Abgeordenten stiegen auff ihre Gutschen / uñ fuhren vorhin / Herkules und Ladisla folgeten nach / liessen Leches und Klodius alsbald nach des Stathalters Hoff reiten / und ihn nebest seinem Gemahl nach ihrer neuen Burg hohlen. Markus und Neda musten Herr Kornelius und Emilius mit den ihren herbitten / [287] sie aber zogen mit ihrer Geselschaft fort / biß sie auff den Markplaz kahmen / da ihre gegossene Bildnissen stunden / und mit den ersten Merzenblümlein außgezieret wahren. Die kleinen Kinder stunden umb denselben her / sungen ihr gewöhnliches Liedlein (im ersten Buche am 211 Blade gemeldet) mit voller Stimme / und drungen damit der GroßFürstin die Trähnen aus den Augen /welche hieselbst mit dem Frauenzimmer von dem Elefanten stieg / und nach besichtigung der auffgerichteten Bilder von den Abgeordenten treflich empfangen /hernach mit Ladisla und Herkules in den Vorderplaz der neuen Burg geführet ward / denen die andern alle folgeten. Der Abend verhinderte es / daß alle denkwirdige sachen von ihnen nicht kunten besichtiget werden / gingen durch einen treflichen Schwiebogen in den innern Plaz / der mit Marmel übersetzet und mit Blumen bestreuet wahr. Der grosse Gastsaal wahr gegen Mitternacht gebauet / auff welchem 60 Tische kunten angerichtet werden. An einer Seite stund die Stad Padua / auff der andern die bestürmung des Raubnestes so artig abgemahlt / daß Herkules sich darüber zum höchsten verwunderte. Der Stathalter und andere erbehtene Gäste kahmen bald herzu / und nach bezeugung ihres grossen mitleidens wegen der GroßFürstin müheseliger / nunmehr geendeter Unruhe / empfingen sie dieselbe sehr freundlich / wurden auch dergestalt von ihr hinwiederumb geehret / daß sie daher schon ihren hohen Verstand und Tugend erkenneten. Nicht weniger bedankete sich der Stathalter und sein Gemahl gegen Fürst Baldrich und Siegward /wegen geschehener erlösung / und erbohten sich zu aller Freundschaft und Liebediensten. Bey anrichtung der Abendmahlzeit nahm Herr Antenor die Wirtschaft auff sich / hatte drey lange Tische auff diesem Saal decken lassen / und wurden an dem ersten / der Stathalter nebest allen Fürsten / auch seinem Sohn und dem jungen Sulpizius gesetzet / da dañ H. Antenor wieder seinen willen hieselbst die Stelle nehmen muste. Ein jeder hatte sein Gemahl neben sich sitzen /und ward Baldrichen Frl. Lukrezie / Siegwarden Frl. Sibylla / Arbianes Frl. Helena / und Sulpizius Frl. Luzilla Antenoria / Herrn Antenors Tochter beygefüget. Die übrigen Anwesenden nahmen die andern Tische mit ihren Ehegemahlen ein. Die Trachten wahren sehr köstlich / daß jeden wunder nam / wie man in so kurzer Zeit darzu hätte raht schaffen können; so griffen auch die unsern frisch zu / weil ihrer etliche diesen Tag grosse mühe und wenig Speise genossen hatten. Nach geendeter Mahlzeit hielten sie ein freundliches Gespräch / und gab der Stathalter allemahl der GroßFürstin anlaß zu reden / weil jederman ihrer anmuhtigen vernünftigen Erzählung gerne zuhörete / dz auch Frl. Helena in ihrem Herzen bekennen muste / Herkules hätte inbetrachtung ihrer volko enheit wenig Ursach gehabt / sich einer andern zuergeben. Siegward hielt mit Frl. Sibyllen mancherley unterredung / und mischete / so oft sichs schicken wolte / sein ansuchen / umb geliebet zu werden / mit ein / worauff er zwar keine abschlägige / aber doch so genügliche Antwort nicht bekam / als er wünschete. So empfand auch Baldrich nicht geringe neigung gegen Frl. Lukrezien /dessen er sich doch nicht merken ließ / weil er weder mit ihr bekant wahr / noch ihr einzige Dienste geleistet hatte; verdienete aber nicht desto weniger gute Gunst bey ihr durch sein ehrliebendes züchtiges Gespräch / daß sie ihm diesen Abend sehr wol gewogen ward. Herkules uñ Ladisla redeten gar wenig mit der Geselschaft / aber mehr mit ihrem Gott im herzen /und danketen ihm vor seine gnädige hülffe / die er ihnen bißher [288] so reichlich erzeiget hatte. Der Stathalter meinete / die müdigkeit und unlust der außgestandenen Meer-reise / währe ihres stillschweigens Ursach /deßwegen stellete er ihnen frey / nach belieben sich zur Ruhe zubegeben / welches ihnen nicht unangenehm wahr / nicht / daß sie alsbald schlaffen gehen /sondern ihrer gewohnheit nach / ihr Dankgebeht zu Gott halten wolten / weil sie vor dem Essen darzu keine Gelegenheit gehabt / nahmen demnach freundlichen abscheid von der ganzen Geselschaft / da ihnen der junge Fabius und die andere Christen Mannes und Weibesbilder auff dem Fusse nachfolgeten / weil sie durch einen Wink verständiget wurden / daß der Gottesdienst solte gehalten werden. Als sie nun in einem abgelegen Gemache sich allein befunden / schicketen sie sich zur Andacht / setzeten sich miteinander auff die Knie / uñ nam die GroßFürstin ihr Buch zur Hand / aus welchem sie unterschiedliche Dankgebehte mit heller Stimme lase / auch hernach aus König Davids Gebehtbuche / der Psalter genennet / den 9 / 11 16 /18 / 23 / 30 / 34 / 40 / 46 / 92 / 103 / 111 / 118 / uñ 145 / Psalm; danketen also ihrem Gott zwo Stunden von ganzem herzen vor seinen augenscheinlichen /ihnen in allen nöhten geleisteten beystand; stimmeten ach miteinander den 107 Dankpsalm Davids / gesangsweise an / welchen Herkules auff der Meers-Reise in Lateinische verse eingerichtet hatte / und sein Gemahl sie hernach also übersetzete:

Der CVII Psalm.
1
Preist unsern Gott von wegen seiner Güte /
Dann sein barmherziges Gemühte
Bestehet biß in Ewigkeit.
Diß sagen / die der HErr hat frey gesprochen /
Und in der hochbetrübten Zeit
Die schwere Last der herben Noht gebrochen.
2
Die Er von den weit abgelegnen enden
Hat lassen wiederumb anländen
Von dannen da die Sonn' auffsteht /
Und da sie sich zu Abendzeit verstecket /
Da wo die Norden Kälte geht /
Und wo das Meer den Boden gar bedecket.
3
Sie gingen in der Wüsteney verirret /
Der Weg wahr einsam und verwirret /
Und traffen nirgend keine Stad
Zur Wohnung an. Sie wahren aus der massen
Von durst und hunger müd' und mat /
Daß sie auch schier die Seele musten lassen.
4
Da traten sie zum Herrn mit ihrem behten /
Der brachte sie aus Angst und nöhten /
Und führete sie richtig an /
Daß sie den Weg gebührlich vor sich nahmen /
Und wandelten die ebne Bahn /
Zur Stad / da sie zur freyen Wohnung kahmen.
5
Die sollen nun dem HErren Dank beweisen
Vor seine Gunst / und höchlich preisen
Die grossen Wunder die Er tuht
Hier unter uns; daß er die Seel erfüllet
Mit seinem allerhöchsten Gut /
Und ihren Durst und Hunger fein gestillet.
6
Die welche da in todes Schatten lagen
Und in die Eisen eingeschlagen /
Weil sie des HErren Lehr und Wort /
Des höchsten Raht so durften untertreten;
Drumb plaget' Er sie fort und fort /
Sie fielen hin / und durfte keiner retten.
7
Da traten sie zum HErrn mit ihrem behten /
Der brachte sie aus Angst und nöhten /
Und führete sie her ans Licht /
Aus dunkelheit und aus des todes Schatten /
Die schweren Ketten blieben nicht /
Die sie vorhin so hart gebunden hatten.
8
Die sollen nun dem HErren Dank beweisen
Vor seine Gunst / und höchlich preisen
Die grossen Wunder die Er tuht
Hier unter uns / daß Er die Ehrnen Tühren
Durch hin zu bricht / und macht die Huht
Der Riegel gar zu Wasser / wie wir spüren.
9
Die Narren die von ihrer Sünde wegen
Und übeltaht / mit harten schlägen
Sind heimgesucht von ihrem Gott;
Daß ihre Seel' auch ekelt vor den Speisen /
Die musten nunter in den Tod
Durch Krankheit und viel ungemach hinreisen.
[289] 10
Da traten sie zum HErrn mit ihrem behten /
Der brachte sie aus Angst und nöhten /
Und sendete sein Wort herzu /
Er machte sie gesund von allen Seuchen /
Schafft ihnen Fried und süsse Ruh /
Daß Noht und Tod von ihnen muste weichen.
11
Die sollen nun dem HErren Dank beweisen
Vor seine Gunst / und höchlich preisen
Die grossen Wunder die Er tuht
Hier unter uns; sie sollen Gott danksagen /
Und alle sämtlich wolgemuht
Des HErren Werk mit freuden weit außtragẽ.
12
Die auff dem Meer mit vollem Sägel fahren /
Und hohlen ihre frische Waaren
Von fern auff grossen Wassern her /
Die haben recht des HErren Werk gesehen
Und seine Wunder in dem Meer /
Dz wañ er spricht / wind uñ sturm muß loßgehẽ.
13
Da fuhren sie gen Himmel auff den Wellen /
Die musten sie gleich wieder fellen
Biß in den allertiefsten Sand.
Deß wolt ihr Geist vor bangigkeit verzagen /
Weil ihnen sämtlichen geschwand
Wie Trunkenen und wusten nichts zu sagen.
14
Da traten sie zum HErrn mit ihrem behten /
Der brachte sie aus Angst und nöhten;
Da ward der trübe Himmel klar;
Das Wetter brach / darob sie freude nahmen /
Daß es so schön und stille wahr /
Und sie durch ihn zum lieben Hafen kahmen.
15
Die sollen nun dem HErren Dank beweisen
Vor seine Gunst / und höchlich preisen
Die grossen Wunder die Er tuht
Hier unter uns. Sie sollen bey den Leuten
Aus Herzenbrunst und Andachtgluht
Ihn rühmen / und bey alten stets ausbreiten.
16
Der Flüsse macht zu dürren Wüsteneyen /
Und Brunnen / die sonst Wasser speyen /
Läst überal versieget seyn.
Der alle Frucht des Ackers läst verschwinden /
Daß er saur wird / und trägt nichts ein /
Von wegen der Einwohner groben Sünden.
17
Der trocken Land mit Wasser reichlich füllet /
Daß dürrer Sand viel Güsse bringet /
Gleich einer aufgelauffnen Bach;
Und macht / das die dem Hunger musten frohnẽ /
Nunmehr da bleiben vor und nach
In Städten / die sie bauen zubewohnen.
18
Auff daß sie da dem Acker Samen geben /
Und den Weinbergen schöne Reben /
Daß sie zu recht-gelegner Zeit
Die reiffe Frucht mit voller Erndte kriegen /
Da geht sein Segen weit und breit /
Sie nehmen zu / ihr Vieh muß nicht erliegen.
19
Doch werden sie gemindert und verstossen /
Wann über sie wird ausgegossen
Angst und beschwere Grausamkeit.
Wann er den Spot auff ihre Fürsten schüttet /
So gehen sie ohn Unterscheid
Auff falscher Bahn / und werden gar verrüttet.
20
Noch schützet er die Armen vor gefährde /
Und mehret sie gleich einer Heerde.
Das siht ein jeder frommer Mann
Mit Lust; da muß das Maul die Bosheit haltẽ /
Wer ist klug und merkt dieses an?
Der kan verstehn / wie Gottes gunst wird waltẽ.

Nach Endigung dieses Gesanges lase die GroßFürstin diesen ihren gewöhnlichen Abendsegen:

Das walte Gott Vater / Sohn / und Heiliger Geist /Amen. Gnädiger und barmherziger Gott und Vater / ich danke dir durch deinen lieben Sohn JEsus Christ / meinen Heyland und Erlöser / daß du mich heut diesen Tag und die ganze Zeit meines Lebens so gnädig- und väterlich behütet und bewahret hast vor Schaden und Gefahr /vor des Teuffels Trug und List / vor der Welt verführischem Gräuel / vor Leibes und Seelen unfall / vor unvermuhtlichen schnellen Tod / und vor alle dem / was mich von deiner Liebe hätte abzihen können. Ich bitte dich von ganzer Seele / verzeihe mir alle meine Sünde und Missetaht / damit ich dich jemahls erzürnet / und nicht allein zeitliche Straffen / sondern auch den ewigen Tod wol verschuldet habe. Nim dich hinte und die ganze folgende Zeit meines Lebens meiner geträulich an / und fasse mich unter die Beschirmung deiner Gnaden Flügel / damit weder mein Fleisch / noch der leidige Teuffel /noch böse gottlose Menschen mich berücken und in unfal stürzen. Die Obhuet der lieben heiligen Engel laß über mich walten / daß ich sicher ruhen / und gesund wieder auffstehen [290] möge. In deine Hände / mein Gott und Erlöser / befehle ich mein Leib und Seele / mein Gemahl / Eltern / Söhnlein / und alle Anverwanten; bekehre HErr GOtt / die noch in der heydnischen Blindheit stecken /und die schon erleuchtet sind / bestätige in deiner Warheit und Liebe / daß weder Troz noch Gewalt / weder Ehre noch Schande / weder Glük noch Unfal / weder Leben noch Tod sie von deiner Liebe und Beständigkeit abschrecke. Laß mein übriges Leben nach deinem Wolgefallen angestellet seyn / zu Lobe deinem hochheiligen Nahmen / und zu meiner Seelen Heil und Seligkeit /Amen / Amen.

Hierauff behteten sie das heilige Vater Unser / den Christlichen Apostolischen algemeinen Glauben / und beschlossen mit diesem Sprüchlein des 33sten Psalmes:Unsere Seele harret auff den HErrn / er ist unser Hülffe und Schild; dann unser Herz freuet sich fein / und wir trauẽ auf seinen heiligen Nahmen; Deine Güte / HErr / sey über uns / wie wir auff dich hoffen.

Hernach verfügeten sie sich / ein jeder auf sein zubereitetes Schlafzimmer / ohn daß Fr. Sophia und Frl. Lukrezie wieder nach den Gästen gingen. Siegward hatte unterdessen bessere Gelegenheit gefunden / mit seinem geliebten Fräulein zureden / uñ bemühete sich sehr / eine unbedingete Antwort bey ihr zu erhalten /welches ihr aber die Jungfräuliche Zucht nicht gönnen noch zulassen wolte / ob sie gleich ihr Herz schon darzu geschicket hatte; Zwar sie gestund / daß wegen beschehener Rettung sie ihm hoch verpflichtet währe /weil sie aber über sich selbst keine Gewalt hätte /sondern ihren Eltern und Anverwanten billich müste untergeben seyn / wurde er nach seiner Fürstlichen Vernunfft leicht ermässen / wie in solchen sachen ihr nicht geziemen wolte / schließliche Antwort zugeben /zweifelte auch nicht / er würde solches vielmehr an ihr loben / als tadeln oder hassen. Er aber kunte sich hiemit nicht befriedigen lassen / sondern erwiederte /daß in dergleichen Teidungen deren Wille eigentlich der vornehmste währe / denen es zum nähesten anginge; wolte gleichwol dieses nicht zu dem Ende geredet haben / als ob er ihre hochansehnliche Eltern und Anverwanten vorbey zugehen oder zuverachten willens währe / nur allein bähte er umb so viel Versicherung /dz wañ er an solchen Orten ein solches suchen würde / sie ihm nicht verhinderlich oder zuwider seyn wolte. Hieselbst befand sich das Fräulein gefangen / durffte es doch unbeantwortet nicht lassen / und gab ihr gleichwol die gewöhnliche Scham nicht zu / eine richtige Erklärung von sich zugeben / ungeachtet Fr. Sophia sie dessen schon gnug versichert hatte / dz ihren Eltern angenehmers nicht würde begegnen können /sondern sagte zu ihm: Durchl. Fürst / Eure Liebe halten bey mir umb ein solches an / wovor ich billich höchlich Dank sage / mich auch wol erinnere / daß demselben meiner Ehren heutige Rettung nähest Gott zudanken habe / und daher ihm nach Mögligkeit zubegegnen schuldig bin; Ich bitte aber sehr / Eure Liebe wollen mir in diesem Stücke bedenkenszeit gönnen / und inzwischen sich versichern / dz meiner herzgeliebeten Eltern und Anverwanten Wille / des meinigen die unfehlbahre Richtschnur seyn und bleiben muß; wobey dieses anzuhängen ich mich selbst überwinden wil / dz meine Eltern und Freunde wol erkennen werden / wie viel Euer Liebe sie schuldig sind. Fr. Sophia setzete sich zu Siegward nid er / und fragete ihn / wie er sich an der von dem Räuber empfangenen Wunde befünde; Worauf er zur Antwort gab: Dieser Verletzung währe leicht raht zuschaffen /wann das Fräulein nur zuerbitten seyn möchte / daß sie ihm seine Herzenswunde / welche sie ihm geschlagen / wieder heilen wolte / könte aber weder hülffe noch Verwerffung bey ihr erlangen / indem sie mit zweifelhafter / und auf Schrauben gestelleter Antwort je mehr und mehr sich vernehmen liesse; wann aber Ihre Liebe der heut [291] früh getahnen Verheissung gnädig eingedenke seyn / und ihm seinen Wunsch erhalten wolte / würde sie ihn sich dergestalt verbunden machen / daß zeit seines Lebens er sich vor ihren verschuldeten halten und erkennen müste; dafern aber diese seine Bitte nicht stat haben könte / würde die Unerträgligkeit ihm die lezte Urtel bald sprechen /deren zuunterwerffen er sich schon gefasset hielte. Wie meynet Eure Liebe / antwortete Fr. Sophia / daß meine Fräulein Schwester zu solcher Undankbarkeit angewiesen ist / daß sie dessen Verderben suchen solte der ihre Ehr und Leben von dem schändlichen Verderben / mit Darstreckung seines Königlichen Blutes errettet hat? Eure Liebe wollen sie des Verdachts freundwillig erlassen / und von mir die Versicherung nehmen / daß ihre Vernunfft dessen viel anders unterwiesen ist. Zwar ihre Zucht und Scham ist mir wol bekant / und muß sie billich in dieser Sache bedachtsam fahren / damit Eure Liebe nicht schier heut oder morgen selbst daher Ursach nehme / ihre gebührliche Zucht in Argwohn zuzihen. Wolle demnach dieselbe sich ein wenig gedulden / biß ich Gelegenheit habe / meiner Frl. Schwester Eltern es zuhinterbringen / welches keinen Tag sol auffgezogen werden / da dann Eure Liebe an billicher Dankbarkeit nicht zweifeln sol. Siegward ging hierauf in sich / und befand / daß seine Anwerbung viel zu hefftig getrieben wahr / bedankete sich anfangs gegen Fr. Sophien / und sagete nachgehends zu dem Fräulein: Verzeihet mir / Hochgebohrnes Fräulein / daß meine Kühnheit durch gar zu hefftige Liebesregungen sich hat aufftreiben lassen / die lohbrennenden Flammen meiner Begierden ohn Zumengung einiger Höfligkeit heraus zu stossen; ich bekenne meinen gar zu groben Fehler /und wil mich äusserst bemühen / denselben zuersetzen / dafern nur bey euer Vortrefligkeit ich des ergangenen Vergebung erhalten kan. Sie antwortete ihm mit holdseliger Stimme: Durchl. Fürstich vernehme ganz gerne / daß Eure Liebe sich in ihrer Ansträngung mässigen wollen / denen zubegegnen ich mich unbestand befinde / wil demnach hernähst mit Euer Liebe desto kühner reden / und stets nachsinnen / wie vor beschehene Rettung mit deren guten Vergnügung ich mich dankbarlich einstellen könne. Aber / sagte sie zu Fr. Sophien / warumb bleibet sie nicht bey ihrem liebsten Gemahl / und lässet denselben allein schlaffen? Ich danke Gott von herzen / gab sie zur Antwort / daß ich ihn wieder habe / werde mich auch nach Trennung dieser Geselschaft bald bey ihm finden; wie dañ solches nicht lange anstund / weil der Stathalter aufbrach / und die Gäste alle folgeten / die beyden Fürsten auch auff eins schönes SchlafGemach geführet wurden /und die beyden Fräulein allernähest bey Herkules Zimmer ihre Kammer hatten. Die beyden Fürsten / so bald sie allein wahren / offenbahreten einander ihre Liebe / und trösteten sich / daß vermittels Frr. Valisken und Sophien sie ihren Zweg noch wol erreichen könten. Es hatte aber Frl. Lukrezie Siegwarden gute Zuneigung zu Frl. Sibyllen fleissig angemerket / kunte daher nicht unterlassen / sie nach ihrer Entkleidung damit zustechen / und fing an: Herzgeliebtes Schwesterchen / was schenkete mir Fürst Siegward drumb /wann ich ihm hinte meine Schlaffstelle überliesse? Sibylla bezahlete sie baar mit dieser Antwort: Hierzu würde dich / geliebte Schwester / nichts bewägen / als daß du mit ihm einen angenehmen Tausch halten möchtest; aber gib dich zufrieden ich wil Fürst Baldrichen deine gute Gunst und Gewogenheit mit ehestem zuerkennen geben / und deinen schrifftlichen Aufzug mit Silvan zuvergelten wissen / welcher mir zwar überaus grossen Schrecken verursachete / aber gegen [292] den heutigen wahr es kaum zurechnen; erzählete hiemit / wie nahe ihr die Gewaltsamkeit gewesen /welche einig dieser Fürst abgekehret hätte. So bistu ihm billich verpflichtet / sagte Lukrezie; aber dein Einwurff hat weder Schmak noch Klang; dann vorerst weistu / daß ich Fürst Siegwards stelle nicht einnehmen würde / da er sie mir gleich anböhte / wüste auch nicht / daß du unser beyder wegen einigen Verdacht fassen köntest / ohn daß er bey mir gesessen. Hastu dann mehr ursach zuargwohnen? fragte Frl. Sibilla /oder hat er dich / mir seine Liebe vorzutragen / irgend begrüsset? betriegen mich meine Augen nicht / so haben die deine dich schon zimlich verrahten / welche Fürst Baldrichen viel fleissiger beschaueten / als einigẽ andern anwesenden. Ach nein / antwortete die verschlagene Lukrezie / meine Augen musten wol ruhen /dann die Ohren hatten viel zuviel zuschaffen / euer beyder verliebete Reden einzunehmen / daß deiner Kühnheit mich nicht wenig wunder nam. Das fro e Sibyllichen meynete nicht anders / sie hätte alles gehöret / welches jene doch nur tichtete / gab deswegen zur Antwort: Herzen Schwesterchen / ich habe ihm ja die Rede nit verbieten können / vielweniger mich ihm unwürsch erzeigẽ / wolte ich nicht vor unhöflich angesehen seyn. Ich weiß ja wol / wie viel ich ihm schuldig bin / und dafern er ein Christ währe / würde ich ihn auf meiner lieben Eltern geheiß nicht ausschlagen / aber einem Heyden vermähle ich mich nun nicht / sondern sterbe viel lieber im Jungfern Stande; und wie froh wolte ich seyn / wann du dich auch finden / und den allein seligmachenden Christlichen Glauben annehmen köntest / welcher von meiner Schwester Fr. Sophien mir schon lange ausgelegt und vorgetragen ist / ich ihn aber erst gestern Abend angenommen habe / und daher / Gott Lob / einen sonderlichen Trost emfinde. Frl. Lukrezie umfing sie auff diese Rede / und sagete: O wie angenehm ist mir diß zu hören / daß du dich zu unserm heiligen Glauben gegeben hast! dein Wunsch ist an mir schon lange erfüllet / massen ich schon albereit eine getauffte Christin bin / und habe nähst Gott meine Bekehrung bloß allein GroßFürst Herkules zudanken / dem ich bißher mit keuscher schwesterlicher Liebe zugetahn bin / daß ich umb Heyrahtsachen mich nicht bekümmert / oder davon hören mögen / ungeachtet meine Eltern nicht allein von dem närrischen Prokulus / sondern auch von Herrn Karvilius und andern vornehmen Römischen Rittern eine zeither Ansprache gnug gehabt; dann so wenig sie als ich / haben Lust / mich einem Heyden zuvermählen / und weil Fürst Baldrich eben so wenig als Siegward dem Christentuhm zugetahn ist / würde er umsonst hoffen / wann er in den Gedanken stehen solte. Wie aber / antwortete Frl. Sibylla / wann deinetwegen ich mich bemühete / ihn zum Christlichen Glauben zubringen / woltestu dich dann weiters noch wegern / mit Fürst Siegward die Schlafstelle zuvertauschen? Aber ich vernehme ganz gerne / daß du und ich einen Freier an Prokulus gehabt / der / wie ich berichtet bin / bey meinen Eltern neulicher Zeit einen statlichen bodem-losen Korb bekommen; Da nun deine Meynung / welche du von Fürst Siegward gefasset hast / vor sich gehen solte / könte in dieser Heiraht mit Prokulus ich dir gute Dienste leisten. Frl. Lukrezie lachete des erbietens / und antwortete: Unser Gott wird uns schon bescherẽ / wz er uns gnädig ausersehen hat; Und vielleicht gibt es die gelegenheit /schier morgen oder übermorgẽ bessere Kundschaft mit den liebẽ Fürsten zumachen / nur bleibe dem deinen geträu / und mache mir den meinẽ durch deine verlöffelte Augẽ nit abspenstig. Furcht ist allemahl bey den verliebeten / sagte Frl. Sibylla / drum wird es an dir nit fehlen; nam sie [293] bey der Hand / uñ führte sie mit sich nach Bette. Der junge Fabius war früzeitiger mit seiner liebsten Ursulen schlaffen gangẽ / hatte ihr alsbald sein Christentuhm offenbaret / uñ sie ernstlich erinnert / ihrer Seligkeit wahrzunehmen / und nach dem Beyspiel seiner Schwester / ihr den Christlichen Glaubẽ gefallen zu lassen / welches sie zu seiner vollen vergnügung beantwortete: Es hätte seine Schwester sie darzu oft und viel / auch noch gestern Abend in der Räuber Höhle ganz fleissig vermahnet / so währe sie auch davon nicht abgeneigt gewesen / nachdem sie ihr diesen Glauben fleissig vorgetragen und erkläret / nur weil sie an seiner einwilligung gezweifelt / hätte sie es auffgeschoben / und wolte sie von nun an mit Gottes hülffe eine Christin leben und sterben / worauff sie beyderseits ihr andächtiges Gebeht zu Gott verrichteten / und darüber von herzen erfreuet wahren. Siegward und Baldrich wahren des folgenden morgens am ersten munter / und so bald jener sich hatte verbinden lassen / legten sie himmelblaue Kleider an / mit Silber reichlich gesticket; die BeinKleidung und darzu gehöriger Schmuk wahr alles von schneweisser Seide mit Silber durch webet und besetzet / welches ihnen zierlich anstund. Die Fräulein erwacheten auch mit der Sonnen auffbruch / umbfingen sich herzlich / und tahten ihr Christliches Morgengebeht / und als sie etwas waches im innersten Platze vernahmen / sahen sie aus dem Fenster / und wurden der beyden Fürsten gewahr / die ein langes Bret hatten setzen / und die eilf Häupter der erschlagenen Räuber darauff stellen lassen. Das unvermuhtliche anschauen dieser beyden färbete die Fräulein feurroht unter dem Angesicht / daß je eine die andere fragete / was diese starke verenderung bedeutete / uñ weil keine trauen wolte / gingen sie beyde vor den Spiegel / da Lukrezie sagete: Was verbirgestu mir deine züchtige flammen /mein Schwesterchẽ? sihe da / diesen Kuß gebe ich dir im nahmen und von wegen Fürst Siegwards. Ich bedanke mich / antwortete sie / und werde ihn hernach fragen / ob du dessen von ihm befehl habest; aber diesen Kuß schicket dir Prokulus von Rom über. Das Fräulein hätte sich dessen schier geeifert / und sagte: Pfui des ungenehmen garstigen Kusses! nimmermehr werde ich denselben an meinen Lippen sitzen lassen; fassete alsbald ein Tuch / und rieb damit ihren schönen Mund / gleich als währe er beschmitzet. Aber Fräulein Sibylla sagte: Nun nun Schwester / wegere dich nicht zu hart; das alte Sprichwort ist wol ehe wahr worden /die sich gramen / die sich nahmen. O weh! antwortete sie / davor wolte ich mir den bittern Tod kiesen. Und wie kanstu mir so schlechten dank erzeigen / da ich dir deinen besten Schaz zugewünschet habe? Ich weiß noch von keinem Schatze / sagte sie /doch so viel ich merke / muß ich mein verbrechen wol verbessern / küssete sie zum andernmahle viel freundlicher und sagete: Diesen Kuß gibt dir der Durchl. GroßFürst Baldrich / uñ bittet dessen vergeltung. Nun fährestu ja noch etwas bescheidener / antwortete Frl. Lukrezie / und wann ich gleich diesen auch abwischen wolte / darff ich doch nicht wegen meines Herr Brudern GroßFürst Herkules / welchen ich dadurch erzürnen möchte; Also trieben diese keusche Fräulein ihre ehrliebende Kurzweil miteinander / und wurden eins /sich den beyden Fürsten gleich zu kleiden / als ob es ohngefehr geschehen währe / putzeten sich auch ohn zutuhn ihrer Leibdienerinnen dermassen köstlich aus /daß der Stathalter selbst und sein Gemahl dessen Ursach merketen. Sie hatten sich kaum angetahn / da kam die GroßFürstin und Fr. Sophia zu ihnen / und brachten eine grosse menge treflicher Kleinot mit sich / welche sie den beyden Fräulein im [294] nahmen Herkules und Ladisla zum Beutpfennige einhändigten / und wie fast Sibylla sich wegerte / muste sie doch dieselben annehmen / weil die GroßFürstin ihr solche selbst anlegete da sie zu ihr sagete: Gott gebe / daß ich meine geliebte Frl. Schwester bald als eine wirdige Braut möge helffen außkleiden / worauff an meinem Orte ich wil bedacht seyn. Lukrezie kunte das schmuzerlachen nicht einhalten / und sagte: Durchl. GroßFürstin / meiner Frl. Schwester hat hinte schon von einem Bräutigam geträumet. Schweig du Plaudermaz / antwortete Frl. Sibylla / ich weiß nicht / wer dich zu Jerusalem das Tichten (hätte schier was gröbers gesagt) so artig gelehret hat. Es ist kein Tichten / sagte Fr. Sophia dañ mich dünket / das Eisen liege schon in der Schmide / welches ihr das Frauenzeichen brennen sol. Ach wie gehets allemahl über die frömmesten und einfältigsten / wann sich die Spötter rotten / klagete das Fräulein; doch litte ichs alles gerne wann nur die Durchl. GroßFürstin daher mich nicht in vergeblichen argwohn zihen möchte. Valiska getrauete Sophien hörete es doch mit innerlichem unwillen / dann sie hatte ihr schon einen Bräutigam im herzen außersehen /deßwegẽ sagte sie: Mir zweiffelt nicht / meine geliebte Frl. Schwester werde mit keinem unwirdigen sich in verlöbnis einlassen / wiewol hievon zu reden mir nicht gebühren wil; Frl. Lukrezien betreffend / bin ich schon versichert / daß sie mich umb solche sachen werde mit wissen lassen / wann sie dergleichen vornehmen solte. Sibylla wolte sich viel entschuldigen /aber die Gelegenheit ward ihr benommen / massen Herkules und Ladisla zu ihnen hinein traten / da nach geschehener empfahung Frl. Lukrezie in ihrer Rede fortfuhr / und zu der GroßFürstin sagete: Ich habe meiner geliebten Schwester / Frl. Sibyllen gestern Abend und heut früh einen gefreiet / und von ihr schon volkommene Zusage erhalten / daß ihrer Eltern willen und unwillen ungeachtet / sie diesem Bräutigam sich ergeben / und seine Gedächtnis aus ihrem Herzen nimmermehr kommen lassen wolle / nachdem ich sie dessen träue und ungefärbeter Liebe versichert habe. So wil ich der erste seyn / sagte Herkules / der hierzu von herzen Glük wünschet. Ladisla folgete /und die übrigen Anwesenden / daher das gute Fräulein so bald zu keiner Antwort kommen kunte; endlich gegen Frl. Lukrezien sich kehrend / also anfing: Geliebte Schwester / warumb erkühnestu dich / diese HochFürstl. Geselschaft mit ungleichem bericht auffzuzihen / dessen zu dir ich mich ni ermehr versehen hätte? bitte demnach eure Liebden ingesamt / mir zuverzeihen / daß deren vergebliche Glükwünschung zubeantworten ich vor überflüssig schätze; hat aber meine Frl. Schwester etwa ein Scherzwort geredet /müste sie ja billich verschwiegen halten. Schweige liebes Kind / sagte Frl. Lukrezie / und verrahte dich selber nicht / ich rede von dem himlischen Bräutigam unserm Heylande / zu dem du Gott lob getreten / und dadurch ein Gliedmaß der Kirchen Gottes worden bist; im übrigen weiß ich mich keiner andern Rede zuerinnern / es währe dann sache / daß meinen Scherz mit Prokulus du in ernst verstehen woltest. Dieses ist ohn zweiffel die beste Heyraht / sagte Herkules / und wird dieser Seelen-Bräutigamb meiner Frl. Schwester ihren Leiblichen schon außersehen haben. Also gab sich das Fräulein zu frieden / und wahr ihr leid / daß sie sich so weit schon bloß gegeben hatte / welches dann zuverbessern sie zu Lukrezien sagte: Ob ich gleich deine aufftreiberey mit dem elenden Prokulus vor eine kurzweil gehalten habe / muste ich mich doch befahren / andere / denen solches unwissend / möchten es anders außdeuten; weil du aber selbst ihnen allen mißverstand [295] stand benommen hast / muß ich dir deinen willen zu gute halten. Fr. Sophia nöhtigte die Geselschafft mit nach dem Saale zu gehen / woselbst ihre Eltern sich schon eingestellet hätten / und ihrer warteten; Als sie nun auff dem Obergange fortgingen / begegneten ihnen Baldrich und Siegward / welche freundlich empfangen wurden / und sagte Fr. Valiska zu ihnen: Geliebte Herrn Oheimbe und Brüder / wann sie vor einer guten Stunde kommen währen / hätten sie gelegenheit fundẽ / mit diesen beydẽ lieben Engelchen allein zusprachen / welches nun verabseumet ist; dann weil ich zu gegen bin / wil mein Vorwiz allemahl mit im Spiele seyn. Aber Fürst Siegward / wie stehets umb eure Wunden? Dieser antwortete; Seines glückes verseumnis währe ihm sehr leid; die im Räuberstreite empfangene Wunde hätte sich in etwas entzündet / würde aber des Arztes außsage nach / bald geheilet seyn. Fr. Sophia störete ihr Gespräch / einwendend / es würde Zeit gehens seyn / weil die boßhaften Räuber den Lohn ihres verbrechens noch vor der Mahlzeit einnehmen solten; hernach würden die vornehmsten des Rahts auff ihrer Eltern Hofe zur Gästerey erscheinen; damit wir aber / sagte sie / nicht ohn ordnung gehen / wolle der Durchl. Fürst Baldrich meine Frl. Schwester Lükrezien hinzuführen unbeschweret seyn; gab sie ihm damit an die Hand / welches er mit hohem Dank annam / und nach gebohtenem Handkusse das Fräulein baht / einen so unwirdigen Geleiter nicht zuverstossen; sie hingegẽ bedankete sich der hohen Ehre / wüste wol / daß sie unwirdig währe von GroßFürstlichen Herren begleitet zu werden / und sie daher sein erbieten bloß vor eine sonderliche Gunst und Gewogenheit rechnen müste / deren ersetzung annoch in ihrem vermögen nicht währe. Ach mein Fräulein antwortete er; Warumb tuht eure Liebe ihrer eigenen Wirdigkeit solchen unverantwortlichen Schimpf an / welchen einer anderen Zungen ich nimmermehr zu gute halten würde; ich vor meine wenigkeit möchte wünschen der Ehren uñ Glükseligkeit wert zu seyn / daß vor ihrer vortrefligkeit Ritter uñ Diener ich mich halten / und von ihrer Liebe davor angeno en würde / alsdañ würde unter der bescheinung ihrer guten Gunst und gewogenheit ich in Streit-uñ kämpfen desto mehr bestand seyn / und mich rühmen können / daß mein bleicher Monde von der treflichsten Sonnen einigen Strahlen zu empfahen gewürdiget worden / wie unwirdig ich mich gleich solches hohen glückes halten und erkennen muß. Das Fräulein wahr willens ihm solches mit guter Vergnügung zuersetzen / weil aber Siegward mit Frl. Sibyllen zu ihnen naheten / sagte sie: Mein Durchleuchtigster Fürst wolle nach seiner Gewogenheit mir verzeihen / daß seinem gar zu hohen erbieten Antwort zu geben / ich durch anderer ankunft abgehalten werde; doch gab sie ihm ihren guten Willen durch einen sanfften Handdruk zu verstehen. Siegward kunte seine Liebesschmertzen weniger als Baldrich verbergen /und baht Frau Sophien / wie sie ihm das Fräulein an die Hand lieferte / sie möchte bey diesem allerliebsten Engelchen durch ihre volgültige Vorbitte ihm das Glük erhalten / daß sie seiner Seele durch genehme Erklärung die hochgewünschte Ruhe erteilen wolte; welches sie mit lachender Rede beantwortete: Ihre Frl. Schwester währe noch bißher mit allen hochverdienten Freunden dankbarlich ümgangen / und hätte seine Liebe gar nicht zu zweifeln / sie würde dem Allerhöchstverdienetẽ auch den höchsten Dank in allem tugendhafften Wolstande mitteilen. Das Fräulein selbst antwortete ihm: Sie befünde sich dieser des Fürsten Auflage wegen [296] hart beleidiget / durch welche er sie bey ihrer Fr. Schwester in verdacht bringen wolte / als ob sie ihm zu einiger Unruhe Ursache zu geben / sich gelüsten liesse / welches von ihr so ferne / als der Himmel von der Erden währe / daher sie dessen Erstattung zu fodern unvergessen seyn würde. Worauff Siegward sagete: Hochgebornes Fräulein /ich suche durchaus nicht / mit euer Liebe zu rechten /dann alsdann müste ich auch in der allersichersten Sache unten liegen / nur allein geschiehet alles bitsweise / in dem ich nichts als Mitleiden suche / welches sie mit ihrem Gefangenen tragen möge / welcher in dem grausamsten Gefängnis der Verzweifelung sich befindend / auff keine andere Weise / als durch ihre Hülffe / das ist / angenehme Erklärung / kan heraußgezogen werden. Das Glük gönnete ihm die Antwort nicht / damit sie vor dißmahl ihn ziemlich zu befriedigen willens wahr / dañ wegen der anderen herzunahung muste er mit ihr fortgehen / und Baldrichen folgen. Auff dem Saale wurden sie von dem Stathalter freundlich empfangen / und verwunderte sich derselbe der vielen unbekanten Kleinot / damit die Fräulein außgezieret wahren. Er suchte Gelegenheit mit Baldrichen zu reden / und sagte zu ihm: Eure Liebe verzeihe mir / daß gestern durch überflüssige hohe Glükseligkeiten verhindert / nach euer Liebe Eltern und deren Wolergehen zu fragen ich unterlassen habe. Baldrich antwortete: Hochmögender Herr Stathalter /wegen solcher freudlichen Nachfrage bedanke ich mich höchlich / hoffe nicht anders / meine Eltern werden annoch in guter Gesundheit seyn; die ich aber in Jahres frist und länger / weder gesehen noch einige Zeitung von ihnen gehabt / massen von meinem Herrn Vater mit einem Teutschen KriegsHeer von 20000 Mann ich meinem Herrn Oheim dem Schwedischen Könige wider seine räuberische Nachbarn die Reussen zu Hülffe gesand bin / von dannen ich nach glüklich geendigtem Kriege / ohn meiner Eltern Vorwissen mit meinem Oheim und Bruder / gegenwärtig / in diese Landschaft mich begeben / den ritterlichen übungen nachzusetzen / und meinem geliebten Bruder Herkules in den Morgenländern zu folgen / daß also den Gruß von meinen lieben Eltern ich niemand anmelden können. Nach solcher Erzählung trat Fr. Sophia hervor / und hielt diese Rede an ihren Vater. Hochgeliebter Herr Vater; nach dem gestriges Tages ich schon erzählet / mit was treflicher Kühnheit gegenwärtige tapffere Helden / die Durchleuchtigsten Fürsten / Herr Siegward und Herr Baldrich mich uñ meine Gespielen aus den Händen so vieler Räuber loßgerissen / und unsere Entehrung abgewendet / bitte ich kindlich / daß ohn längeres verweilen / den annoch übrigen Räubern ihre Boßheit vergolten werde /jedoch daß Appius Leben und Freiheit nach meinem getahnen versprechen erhalte / auch mein ungetreuer Genutius nebest dem Koche unter meiner freien Anordmmg verbleibe; den übrigen sechsen aber die Straffe nach Recht wiederfahre. Der Stathalter zeigete an / es solten ihr die drey nach ihrem Willen geschenket seyn / wiewol sie alle / als Räuber / den Tod verschuldet; im übrigen / damit er nicht aus väterlichem Eifer die masse im Urteilen überschritte / hätte er die Vornehmsten des Rahts darzu verordnet / welche schon an der Gerichtsstelle sässen / und der Missethäter Gegenwart erwarteten. Es wurden dieselben alle mit einander vor die Richter gestellet / welche folgende Urtel über sie sprachen: Appius / ob er zwar nach einhelliger Zeugnis der anderen / noch keine Boßheit hätte verrichten helffen / müste er doch von Rechtswegen mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht werden / [297] darumb / daß er sich in die höchstverbohtene Räuber-Geselschaft begeben / und sich denen zum Gehorsam verbunden hätte; jedoch würde ihm Krafft von Fr. Sophien getahner Versprechung /Leben und Freiheit geschenket / solte aber zwey Jahr lang auff der neuerbaueten Burg Holz hacken / und die Vorplätze sauber halten. Der Koch welcher gleichwol schon eine und andere Untaht begangen /solte mit dem Strange am Galgen getödtet werden. Der verrähterische Gutscher Genutius / ob er zwar härtere Straffe verdienet hätte / solte als ein Meinäidiger zween Finger / und durchs Schwert den Kopf verlieren / und solches auff Fr. Sophien Begnadigung. Die eilf Köpffe der erschlagenen Räuber solten auf Stangen gestekt; des ertödteten Furius Leichnam ans Kreuz geheftet; die beyden im Steit gefangene Räuber gerädet / und Fannius samt den andern dreyen Gewalttähtern / gegeisselt und lebendig gekreuziget werden. Als die Verurteileten hinaus geführet wurden / wolte die Fürstliche Geselschaft der Volstreckung beywohnen / und ließ Frau Sophia unterschiedliche kleine ReitGutschen mit zwey Pferden anspannen /auff deren jedweder zween sitzen solten / und musten auff ihre Anordnung Siegward Sibyllen / Balhrich aber Lukrezien Geselschaft leisten / welches ihnen allerseits angenehme wahr. Auf der Gerichtsstat / so bald die Köpffe aufgestekt / uñ Furius Leichnam ans Kreuz geheftet wahr / muste Appius hervortreten /welcher durch einen demütigen Fußfal vor die ihm erteilete Gnade dankete / und sich erboht / die ganze Zeit seines Lebens in Fr. Sophien Diensten als ein Leibeigener zu verbleiben / weil ohn das die Armut ihn in die Räuber-Höhle getrieben hätte. Der Koch und Genutius / wurden von einem RichtersMann (dann so wahr es angeleget) angemahnet / ob ihnen irgend etwas Gnade begegnen könte / solten sie es durch einen Fußfal vor Fr. Sophien / versuchen. Da dann der Koch der erste wahr / und mit heftigen Trähnen umb Lebensfristung anhielt / worauf sie durch Markus den Richtern ansagen ließ / was vor Gnade sie ihm zuerzeigen willens währe; welche ihn wieder vor sich treten liessen / und anmeldeten / es solte ihm das Leben geschenket seyn / müste aber zwölff Ruhtenstreiche von dem Büttel über den Rücken annehmen / und darauf Appius als ein Mitarbeiter zugegeben werdẽ / die Straffe aber solte er auf eine andere Zeit ausstehen. Der ernstlich büssende Genutius hatte alle seine Gedanken / Herz und Sinne nach Gott hingerichtet / und hielt bey demselben umb die allerersprießlichste Gnade an / daß ihm seine ehmahlige Verleugnung und andere begangene Ubeltahten möchten vergeben / und die Seligkeit mitgeteilet werden /so gar / daß er nicht acht drauff gab / als er von dem Richter zum Fußfall ermahnet ward. Herkules und Valiska sahẽ aus seinen Geberden / daß er mit solchen Gedanken umginge / und wurden dadurch zum mitleiden bewäget. Der Richter erinnerte ihn zum andern mal / durch einen Fußfall umb Linderung der Straffe anzuhalten; worauff er vor Fr. Sophen Wagen niderfiel / und diese Rede vorbrachte: Hochgebohrne Gnädigste Frau; die zwo schweresten übeltahten / so unter allen meinen Sünden ich die ganze Zeit meines Lebens begangen habe / sind diese / daß vor drey Jahren ich meinen Gott und Heyland aus furcht des zeitlichen Todes verleugnet / und vor vier Tagen Eure Gn. so schändlich verrahten / und in der Räuber Hände eingeliefert. Die erstgedachte ist ohn zweifel eine ursach gewesen aller nach folgenden / weil ich dadurch des Heiligen Geistes Einwohnung verscherzet / und der Gnade Gottes mich unwirdig gemacht habe. Ich danke [298] aber dem grundgütigen Gott / daß er mich durch diese Gefängniß zur Erkäntniß gebracht / und mir ein bußfertiges Herz verliehen / welches (meinem Heylande sey Dank gesaget) schon den Trost empfindet / dz er meine Bußträhnen ansehen / und mit dem gläubigen Schecher am Kreuz mich wieder zu Gnaden annehmẽ wolle. So seyd nun gebehten / Gn. Frau /und vergebet mir auch meine Sünde / die ich wider euch begangen / und einen schmählichen Tod wol verdienet habe / wil auch die mir gesprochene Urtel nicht allein gerne und willig über mich nehmen / sondern bedanke mich auch vor die hohe Gnade und der Straffe Linderung unter diesem Wunsche / daß der Allerhöchste Gott Eure Gn. und alle die ihrigen hinfüro vor solche und dergleichen gefahr gnädiglich bewahren wolle / in welche sie durch meine Unträue gerahten ist; auch wolle Ihre Gn. neben andern anwesenden Christen mich bey unserm Heylande helffen verbitten / daß er meiner armen Seele wolle gnädig seyn. Ladisla / der bey seinem Gemahl in der Gutsche saß / sagte zu ihm: Du tuhst sehr wol / daß du über alle deine Sünde Reu und Leid trägest / und ob du zwar den Tod freylich verschuldet hast / wil ich doch sehen / ob bey meinem Gemahl ich dir noch eine bessere Gnade erlangen könne; möchte aber auff solchen fall wol wissen / wessen ich mich zu dir nach diesem zuversehen hätte. Solcher Barmherzigkeit / Gnädigster Herr / bin ich allerdinge unfähig / antwortete er / habe mir deren auch nit die geringste Hofnung gemacht / und wann meine Gn. Frau nicht aus ungezwungenem Willen mir das Leben schenken kan / wil ich lieber sterben als in ihrer Ungnade leben. Herkules und Valiska hatten sich nahe herzu führen lassen / daß sie alles Gespräch eigentlich hören kunten; Und weil die GroßFürstin sehr mitleidiger art wahr / ging ihr dieses armen Sünders Busse sehr zu herzen / daher sie Fr. Sophien zurief: Meine Fr. Schwester sey gebehten / und schenke mir diesen verurteileten armen Sünder. Er ist ohndas Euer Liebe eigen / antwortete sie; Drumb gehe hin Genutius / sagte sie zu dem verurteileten / ich habe dir alle dein Verbrechen von herzen vergeben / und die zeitliche straffe von dir abgekehret; Sihe aber zu /daß deine Busse keine Heucheley sey / und vernim /was diese Durchl. GroßFürstin dir befehlen wird. Dieser nach geleisteter trähnender Danksagung und angelobeter Besserung / ging hin / setzete sich vor Fr. Valisken auff die Knie / und sagete: Daß Gottes Barmherzigkeit sich zu mir gewendet habe / uñ meine Busse mit Gnaden Augen angesehen / erkenne unter andern ich daher / dz ihr / Durchleuchtigste Frau /mich / einen so schändlichen Ubeltähter loßzubitten bemühet seyd; Ich weiß mich unwirdig solcher Gnade / und stelle mich in untertähnigstem Gehorsam dar /nach Euer Gn. Ausspruch zuleben oder zusterben /wann ich nur einen gnädigen Gott im Himmel behalten mag. Valiska ließ ihm die Ketten und Bande abnehmen / und befahl / daß er biß auf weitern bescheid / hinter ihrer Gutsche hergehen solte. Als die übrigen sechs Räuber dieses sahen / meyneten sie / die Gnadenordnung würde nunmehr an ihnen seyn / bezeigeten sich aber über alle masse ungeduldig / da sie des Richters Befehl an den Büttel höreten / daß er die Urtel an ihnen volstrecken solte; Weil sie dann alle Hoffnung hiemit verlohren / fingen sie an / die beyden Fürsten hefftig auszuschelten / daß sie von ihnen zu diesem schmerzhafften Tode behalten wahren. Die Geisselung ward an allen sechsen zugleich vorgenommen / und hernach die Räderung an den zween verrichtet / da ihnen alle Glieder von unten auff zustossen wurden / biß ihnen endlich das Genicke getroffen ward. Die Kreuzigung wahr erbärmlich anzusehen /[299] und trieben die Ubeltähter ein solches Zetergeschrey /daß das Frauenzimmer Augen und Ohren zuhielten /und Frl. Sibylla insonderheit so grosses Mitleiden erzeigete / daß sie von ihrer Gutsche stieg / und die GroßFürstin untertähnig baht / die Richter dahin zuvermögen / daß sie durch einen schleunigen Tod der hefftigen Pein möchten entnommen werden; welches sie ihr dann nicht versagen wolte; und ward dem Büttel der Befehl erteilet / mit einem Speer ihnen das Herz durchzustechen. Als das Fräulein sich wieder zu Siegwarden auffsetzete / fing er diese Rede zu ihr an: Ach wie wunderlich spielet doch das Glük mit uns Menschen auff dieser Unterwelt! diesen frechen Buben kan so hefftige Pein nicht angeleget werden /daß durch ihre Ubeltaht sie nicht viel ein schärfferes verdienet hätten / uñ gleichwol kan deren Leiden das Gemüht meiner hochwerten Fräulein dermassen zur barmherzigkeit bewägen / daß sie ihnen den Jammer zukürzen alle zulangende Mittel angewendet hat / da hingegen ein ander / der nur durch Gedanken und auffrichtige Liebe an ihrer vortreffligkeit sich vergriffen /dieselbe zu keinem Mitleiden reizen / vielweniger einigen gegründeten Trost erlangen kan / wie andächtig und herzlich er gleich darumb ansuchet. Mein Fräulein fasset die Pein und Schmerzen dieser gottlosen Räuber so hefftig zu Gemüht / welche doch erträglicher als die meinen sind; dann ihr Leiden wird in kurzer Zeit durch den Tod geendet / da hingegen der erschrekliche Peiniger meine Seele dergestalt ohn unterlaß geisselt / rädert und kreuziget / daß sie kein Augenblik Ruhe nehmẽ kan / so lange mein höchstgeliebtes Fräulein die Barmherzigkeit mir versaget. Das Fräulein wuste ihm hierauf nit so schleunig zuantworten / sondern schwieg ein wenig stille / deswegen er also fortfuhr: O ich unglükseliger / der ich weder Erlassung noch Urtel / weder Gnade noch Straffe / ja weder Zusage noch Abdankung erhalten kan! Erkühnet euch doch / mein Fräulein / durch Brechung des Stabes / das ist / durch ausdrükliche Verwegerung eurer Liebe und Gunst / mir meines Lebens Ende anzudeuten / wann ja wegen meiner gar zuverwerflichen Unvolkommenheiten deren Hulde und Begünstigung ich zu unwirdig bin; Ich wil die Urtel meiner gar zu kühnen Liebe beständig anhören / und deren Volstreckung auch mit dieser meiner Hand zu verrichten nicht unwillig seyn / umb zubezeugen / daß wann ich lebendig nicht gehorsamen kan / ich dannoch durch Leistung ihres begehrens andeuten wil /und ein unfehlbahres Zeugniß hinter mir verlassen /daß mein Herz und Seele sich ihrem Befehl allerdinge unterworffen habe. Diese Rede brachte der Fürst aus halb verzweifeltem Herzen vor / weil ihm diese Nacht unterschiedliche Einbildungen vorkommen wahren /er würde von dem Fräulein und ihren Anverwanten mit guten Worten hingehalten / und am Ende schimpflich abgewiesen werden / welches ihm so steiff im Sinne lag / daß er der Fräulein stilleschweigen vor eine Ungunst / ihre Reden vor eine Auftreiberey / und ihre Freundligkeit vor eine Falscheit ausdeutete; Weil er dann seinen Begierden nicht mehr zugebieten wuste / ließ er sich vor dißmahl mit solcher Heftigkeit heraus / daß nach geendeter Rede er in Ohmacht fiel / mit seinem Häupte in ihre Schos nidersank / und die Leidensträhnen ihm aus den Augen hervor brachen; dessen das Fräulein / weil es ihr ganz unvermuhtlich kam / zum höchsten erschrak / und seine inbrünstige Liebe daher gnug abnehmen kunte /wuste auch nicht / wie sie sich hierin verhalten solte; doch rüttelte sie ihn so viel / daß er als aus einem tieffen Schlaffe aufffuhr / und mit schweren seuffzen sagete: O einzige Ursach meines Todes / warumb gönnet [300] sie ihrem ergebenen Knechte vor alle seine Neigungen / und da ichs sagen darff / vor alle seine Dienste nicht so viel Gnade / daß weil er ja sterben muß /er unter ihren Händen sterben möge; gebet nit zu /mein Fräulein / dz ich euch so barmherzig spüre /weil einer grösserẽ Vergnügung ich nicht wirdig bin. Nam hiemit ihre Hand / und küsset dieselbe ohn auffhören; daher sie sich des schreckens in etwas erhohlete / und ihm diese Antwort gab: Durchleuchtigster Fürst und Retter meiner Ehren; warumb leget Eure Liebe mir ein solches zu / das mir nimmermehr zu Sinne kommen wird? oder was ursach hat dieselbe /mich einer Härtigkeit zubeschuldigen / die ganz ferne von mir ist? der Almächtige Gott gibt meinem Gewissen Zeugniß / daß ich mich nicht erinnern kan / Eure Liebe mit einem Worte oder Gedanken beleidiget zuhaben / sondern vielmehr / wie ich mich schuldig weiß / also auch willens bin / dieselbe nach aller ehrenbillicher Mögligkeit zuvergnügen; dann solte ich die hohe Woltaht nicht erkennen / welche mein hochwerter Fürst in Rettung meiner Ehre und Lebens erzeiget hat / so währe ich des Lebens unwirdig. Ich bitte aber von grund meiner Seele / so hart und hefftig in mich nicht zudringen / noch mir zuverargen / daß seinen Begierden ich mich nicht gleich stellen kan; dann würde Eure Liebe nicht dermahleins mirs zu einer Leichtsinnigkeit auslegen / wann in so wichtigen Sachen ich unbedachtsam verfahren wolte? Es muß ja ein züchtiges Fräulein billich ihrer lieben Eltern und Anverwanten Raht und bewilligung zuvor einhohlen /ehe sie ihre Erklärung von sich giebet / dz ich mich auch befürchte / schon über Jungfräuliche gebühr gehandelt zuhaben / indem ich mich bereit so viel vernehmen lassen / daß an meinem guten Willen zuzweifeln / er nicht die allergeringste Ursach hat. Aber wer weiß / Durchl. Fürst / ob nicht etwas an mir haffte /welches da Eure Liebe es erführe / dieselbe wol alle Neigung und Liebe von mir abwenden möchte / und zu deren Nachricht und besten ich nicht länger verhehlen wil / daß ich nehmlich eben des Christlichẽ Glaubens bin / umb des willen der teure GroßFürst Herkules von seinem Herrn Vater und Vaterlande gehasset wird; diesen aber abzulegen / sol kein Ding in der Welt mich bewägen / auch meine eigene Eltern nicht / sondern wolte mich viel lieber / wie diesen Räubern geschihet / geisseln / rädern und kreuzigen lassen / angesehen / diese Leibespein in wenig Stunden ihre Endschafft gewinnet / die Verleugnung der Warheit aber / die unablässige ewige Hellenquahl gebieret / deren keine Weltangst zuvergleichen ist; mag demnach Eure Liebe wol bedenken / was sie bey mir suchet; dann gleich wie er das Christentuhm vielleicht hasset / so habe ich hingegen meinem Gott angelobet / entweder in meinem Jungfräulichen Stande zu sterben / oder nur einen Christen zuheyrahten. Siegward hörete diese Rede an / nit anders / als ob ihm währe ein Schwert durchs Herz gestossen; dann nachdem Herkules den Christlichen Glauben angenommen /hatten die Pfaffen in Teutschland / Schweden und Böhmen denselben so gar scheußlich abgemahlet und beschrieben / daß jederman ihn vor einen Greuel und abscheuh hielt / welches insonderheit diesen beyden Fürsten fest eingebildet war / daher Siegward dem Fräulein diese Antwort gab: O ihr Götter / warumb gebet ihr zu / dz die vortreflichsten Blumen der Welt in solche Unvernunfft gerahten können? Und ihr züchtiges keusches Fräulein / wie hat Eure Liebe doch in einen so boshafften Glauben gehehlen mögen / welcher nicht allein die alten Götter alle übern hauffen schändet / sondern ein abgesagter Feind aller Ehr und Tugend seyn sol; daß man auch / wo man solche Leute antrifft / [301] mit allerley Straffen hinter ihnen her ist / auff daß so ein verfluchtes Unwesen gänzlich möge abgetahn / und aus der Welt geräumet werden /weil die Götter selbst hiedurch so hoch beleidiget werden / daß sie die Welt umb solcher Boßheit willen / mit Verwüstung / Auffruhr / Pestilenz / schädlichem Ungewitter / und anderen Landstraffen heimsuchen und überschwemmen. Sibylla / ungeachtet sie kaum vor zween Tagen zum Christentuhm getreten wahr /hatte sie doch dessen eine zeit her gute Unterrichtung von ihrer Wasen eingenommen / hörete deswegen diesen Einwurff mit geduldigen Ohren an / und antwortete mit einem sanfften Gelächter: Wie nun dann /Durchleuchtigster Fürst / hält Eure Liebe die unvergleichlichen WeltMuster / Herren Ladisla und Herkules / ja auch die in allen Tugenden volkommenste Fürstin dieser Welt / GroßFürstin Valisken / samt meinen Wasen Fr. Sophien und Frl. Lukrezien vor solche nichtige und schändliche Leute / und ehret nicht destoweniger dieselben äusserlich so hoch? so kan ich ja daher nicht anders schliessen / als daß Eure Liebe durchaus kein Freundesherz zu ihnen träget /sondern sie inniglich hassen muß / weil mein Fürst keine boßhaffte Feinde der Tugend und Erbarkeit lieben kan. Siegward bestürzete hierüber / und sagete: Wie so? haben dann die jeztgenennete denselben Glauben auch angenommen? Ja freilich / antwortete sie; und zwar eifern sie über dieser Erkäntniß der Himlischen Warheit ja so hefftig / als Fürst Herkules selbst; aber dieses alles beyseit gesetzet; Hält dann Eure Liebe den frommen Tugendergebenen Fürsten Herrn Herkules vor einen Ehr- und Tugendlosen / so entäussere die sich seiner Freundschafft / und überweise ihn solcher Laster / alsdann wil ich seiner auch müssig gehen; kan aber eure Liebe solches nicht leisten / wie sie es in Ewigkeit nicht leisten wird / und gleichwol den unbillichen argwohn nicht ablegen /sonder der Meynung bleiben wil / daß der Christen Nahme dieser beschuldigung unterworffen sey / so wende sie ja zugleich alle bißher vorgegebene neigungen von mir abe / und beschmitze sich nicht mit einer solchen vermeineten lasterhaften / umb deretwillen seine vermeineten (aber O der elenden!) Götter sein künftiges ErbReich mit verwüstung / Auffruhr / Pestilenz und dergleichen Straffen heimsuchen möchten; ich werde trauen so wenig zugeben / daß man mich vor solchen Fluch außtrage / als wenig ich denselben lieben kan / der mich ohn beweißtuhm der Schande und Laster zeihen darff. Hie wahr Siegward mit einem zweyschneidigen Schwert geschlagen; er durffte seine beschuldigung nicht rechtfertigen / uñ gleichwol wahrẽ die Worte aus götzeneiferiger unbedachtsamkeit geredet / bemühete sich deßwegen / seinen fehler zuverbessern / in dem er vorgab / er wolte dieses nicht von allen Christen insgemein / sondern nur von den vornehmsten und verführern verstanden haben / welche die einfältigen und unwissenden zu solcher neuerung antrieben / und dem gemeinen vorgeben nach /durch Zäuberey ihr Gemüht blendeten / welche dañ ohn zweifel ihre boßheit artig würden zuverbergen wissen / daß sie von den wenigsten kaum erkennet würde / mit denen sie ihre Schande und Boßheit begingen; in dieser meinung währe er allemahl steiff gewesen / was gleich seine Pfaffen ihm von allen Christen durch die Bank hin vorschwätzeten. Aber sie antwortete ihm: O nein Durchl. Fürst / so leicht entwischet man hier nicht; dann last seyn / daß er die einfältigen außnehme / uñ die Gelehrten / welche er verführer nennet / allein wolle verstanden haben / wird doch solches seinen Markt nich verbessern / massen GroßFürst Herkules ein außbündig gelehrter Crist /[302] uñ unser aller bekehrung nähst Gott die einige Ursach ist. So gläube eure Liebe nur kühnlich daß nichts überal so heimlich in den Christlichen versamlungen vorgehet / da bey König Ladisla / GroßFürst Herkules und sein Gemahl Fr. Valiska sich nicht hätten finden lassen / weil wegen empfangener Tauffe ihnen solches alles frey gegönnet ist. Bleibet also nach wie vor / daß eure Liebe / als lange sie ihre beschuldigung handhabet / auffs wenigste diese Hochgedachte drey Fürsten vor Feinde der Tugend haltẽ muß; wiewol ich die schuld dieser unverantwortlichen bezichtigung nit auff euer Liebe / sondern vielmehr auff die gottlosen Pfaffen lege / als welche den unschuldigen Christen solche Laster auffbürden / deren sie nicht allein müssig gehen / sondern ihnen auch von herzen / wie dem Teuffel selbst abhold sind. Ich werde mir aber vorbehalten / daß eure Liebe mich mit unter die Zahl der Ehrlosen rechnet / und dessen sehr schweren abtrag fodern; überdaß schicke die sich nur gar wol drauf /was vor vergnügung der GroßFürstin wegen dieser allerdinge unleidlichen beschuldigung könne geleistet werden. Davor behüte mich der Himmel / und der höchste GOtt / der drinnen herschet / gab Siegward mit einem demühtigen Handkusse zur antwort / daß solche und dergleichen volkommene Spiegel aller Ehr und Tugend ich vor feinde und feindin derselben schelten oder halten solte / ehe müsten alle meine Pfaffen geschändet und verfluchet seyn / wil mich auch nicht wegern / dem Christlichen Glauben beyfall zu geben / wañ mir nur kan dargetahn werden / daß alle Christen insgemein der Tugend ergeben sind und den Lastern zu wieder. Eure Liebe sodern gar zu viel /sagte das Fräulein / massen ja unter Juden / Heyden und Christen sich Lasterhafte und Tugendergebene finden; aber dieses wil ich gar leicht darstellen / das unser Christentuhm durchaus keine Boßheit billichet /sondern von uns erfodert / daß wir I den wahren Gott über alle dinge ehren / fürchten und lieben / II dem Nähesten geträulich beistehen / ihn herzlich meinen /und ihm nach vermögen helffen. III Und endlich uns vor allen Sünden / als da sind / Geiz / Hoffart / Unzucht / Haß / Neid / Mord / Völlerey / Raub / Dieberey / Verleumdung / Ungerechtigkeit / Betrug / Lügen / und dergleichen hüten / hingegen aber aller Tugend /Erbarkeit / Demuht / Geduld / Genügligkeit und Heiligkeit in gedanken / worten und werken uns die ganze Zeit unsers Lebens befleissigen sollen. Sehet Durchl. Fürst / diß ist die Lehre / welche eure Liebe vor so abscheuhlich hält / aber wie ich davor achte /aus blosser unwissenheit / und verleitung euer boßhafften Pfaffen / die unsers Glaubens gar keine Erkäntnis haben / und diese Lügen von uns richten /deren uns bißher kein Mensch hat überzeugen können / wil auch euer Liebe mein Leib und Seele zum Pfande setzen / daß nichts unbilliges in unser Lehre verfasset ist / als wie ich kürzlich eingeführet habe. Siegward sahe sie an / verwunderte sich ihrer eifervölligen worte / baht höchlich umb verzeihung seiner durch unverstand außgestossenen Reden / verfluchte der Heidnischen Pfaffen Boßheit / daß sie so schändliche Lügen auff die Beine setzen / uñ redliche Leute ohn allen Grund verleumden dürfften / uñ erklärete sich endlich / in diesem Stük / das Christentuhm betreffend / dergestalt sich finden zu lassen / daß sie deßwegẽ sich über ihn nicht solte zubeschweren haben; bestünde dann der Christliche Glaube in obgedachter Lehre / wie er solches ihrer Liebe zutrauete / so lehrete ihn ja die Vernunfft selbst / daß solches alles gut und heilig währe / und hätte er bißher der erkäntnis des wahren Gottes gemangelt / wolte er sich gerne unterrichten lassen / und der ewigen Seligkeit nachzustreben [303] geflissen seyn. Uber welches erbieten sie sich höchlich erfreuete / und daher gewisse muhtmassung nam / Gott würde ihre Ehe versehen haben. Er aber fuhr fort / und baht inständig / ihm durch klare Antwort sein Leyden zu ringern / oder wo möglich gar auffzuheben. Worauff sie zu ihm sagete: Es ist mir von herzen angenehm / daß eure Liebe sich zu sich zum höchsten erfreuen wird; anlangend die ehrliebende Anwerbung / und daß eure Liebe mich vor ihr künftiges Gemahl wirdiget / bedanke ich mich demühtig / werde es auch nach mögligkeit zuerkennen geflissen seyn; völlige Erklärung aber darauff zu geben / streittet wieder Jungfräuliche Zucht und wieder mein Christentuhm / welches mich heisset Vater und Mutter ehren / und alle die an deren stat mir von Gott gesetzet sind; daher muß ich zuvor derselben bewilligung einhohlen / ehe und bevor eure Liebe ich mit völliger Mundes erklärung vergnüge; hat dann Gott eure Liebe mir versehen / wil ich mich derselben nicht wiedersetzen / und wird mein Durchl. Fürst mit dieser Antwort wol können friedlich seyn / angesehen ich mich schon weiter heraus gelassen / als Jungfräuliche Zucht leiden kan. Siegward nach Art aller verliebeten / hielt diese Rede noch auff Schrauben gesetzet seyn / dann seine Nachteinfälle wolten ihm nicht aus dem Kopffe / wolte deßwegen alle hindernis aus dem Wege räumen / und antwortete ihr. Ach wie furchtsam ist doch des Menschen Herz bey der Hoffnung dessen / daß er so hoch begehret / und doch wegen der Vortrefligkeit eines so köstlichen Schatzes in stetem zweifel stehen muß; welcher auch vor dißmahl mich treibet / von meinem Fräulein instendig zu bitten / mir nur in so weit sicherheit zu geben / daß wegen meines Ansuchens und dessen erlangung / sie bey ihren Eltern und Anverwanten mir nicht wolle hinderlich seyn / noch nach deren bewilligung fernere auffschiebung einsträuen; ja wo möglich / mich ihres bestendigen willens zuversichern. Das Fräulein sagte hierauff mit einem freundlichen Lachen; Bey meiner träue / eure Liebe hätte einen guten und vorsichtigen Baumeister geben / nachdem sie weder zimmern noch richten wollen / biß der unbewägliche feste Grund geleget sey; ich weiß aber nicht ob einer jungen Tochter dieses zubeantworten anstehe / es währe dann / daß ich betrachten müste / wie weit eure Liebe den KöniglichenStand überschritten / und meinetwegen sich als einen Sklaven der nichtigen Räuber gehalten / wodurch sie mich ihr dermassen verpflichtet / daß ich vielleicht mehr meiner schuldigkeit als Jungfräulicher Scham nachsetzen muß; in ansehung dessen wil ich nun euer Liebe mich in so weit versprechen / dafern dieselbe meiner Eltern Willen erhalten wird / welches sie durch meine Fr. Schwester Fr. Sophien am füglichsten suchen kan; jedoch mit vorbehalt meines Gelübdes /daß sie zuvor ihr Heydentuhm ablegen / und zu der Christlichen Kirchen sich begeben wolle / ehe und bevor die verheirahtung vor sich gehet. Solten aber über vermuhten meine Eltern nicht einwilligen können / muß dieses alles ungeredet seyn; und da mein Fürst weiter in mich dringen wolte / würde er meine neigung gar von sich wenden; dann ich kan und wil nicht vorsezlich wieder meines Gottes Befehl handeln. Der Fürst nam bloß nur die Worte der versprechung in acht / wuste nicht / mit was äusserlichen Geberden er seine vergnügung solte sehen lassen; er küssete ihr die Hände / umbfing sie nachgehends ehrerbietig /und redete sie also an: Diesen Tag / Hochgebohrnes herzallerliebstes Fräulein / wil ich zum anfange aller meiner künftigen Glükseligkeiten [304] setzẽ / als an welchem von Euer Liebe mir die allerhöchste Woltaht begegnet / die meine Zunge auszureden nicht bestand ist / sintemahl mein Fräulein zugleich und auff einmahl meiner Seelen ewige Wolfahrt suchet / und der Liebe die vergnügliche Folge zuleisten mir verspricht. So wil ich nun von dieser Stunde an / unter der Begierde des Cristentuhms mich vor Euer Liebe versprochenen Bräutigam halten / und zugleich mich verpflichten /daß weil meine Seele in mir wallet / ich meiner vertraueten alle mögliche Ehre und Liebe zuerzeigen /und nach keinem andern Weibesbilde / ihr zubegehren / mich umsehen wil; steckete ihr hiemit ein köstliches Ringelein an den Finger / und sagte: So vermähle nun meinem herzgeliebten Fräulein ich mich in dieser Stunde / als ein des Christentuhms begieriger / biß an ihrer lieben Eltern völlige Bewilligung. O nein /Durchl. Fürst / antwortete das Fräulein / diese Meynung hat es nicht / und nimt Eure Liebe mein versprechen gar zu raum auf / kan demnach / eine solche Vermählung einzugehen / mich nicht erklären / es währe dann / daß Eure Liebe nicht eine eheliche / sondern brüderliche verstehen wolte / zu welcher / angesehen ihres hohen Verdienstes / ich mich gerne wil finden lassen / und dieselbe Schwester geträulich halten / biß meine Eltern mir eine nähere gebieten werden; auff diese weise / uñ nicht anders nehme ich diesen Ring von Euer Liebe an. Und ich / Hochgebohrnes Fräulein / sagte er / lasse an diesem erbieten biß dahin mich herzlich genügẽ / da dañ meine höchstgeliebte Frl. Schwester mir gönnen wird / ihr den brüderlichen Kußzuerteilen; dessen sie sich zwar mit Worten und Händen erwehrete / aber doch zulassen muste / weil auf der Gutsche die Gelegenheit nicht wahr / sich äusserst zusträuben; und ob er gleich wegen solcher Kühnheit einen scharffen Verweiß hören muste /kunte er doch seine Entschuldigung so wol anbringen / und der guten Gelegenheit wahr nehmen / daß er solche Gunst / ehe sie von der Gutsche fliegen / noch mannichmahl erhielt / und das unbetrogene Fräulein dessen zimlich gewohnet ward / so daß auch auff sein bitliches anhalten sie ihm ein Ringelein zur Bekräfftigung gemachter Freundschafft folgen ließ / wiewol mit dem bedinge / daß noch zur Zeit er solches keinen Menschen solte sehen lassen / damit ihr versprechen nicht offenbahr würde. Nun wuste aber das Fräulein schon zuvor / daß ihren Eltern diese Heyraht nicht unangenehm seyn würde / wie sie dessen von Fr. Sophien versichert / auch höchlich gebehten und vermahnet wahr / dem Fürsten auff sein ernstliches ansuchen behägliche Antwort zuerteilen / sonsten würde sie sich dessen nimmermehr unterstanden haben. Der gute Baldrich / ob er gleich nicht weniger als Siegward sich verliebet befand / wahr doch nicht so kühn und zutäppisch / daher ihm gleiche Vergnügung nicht wiederfahren kunte; jedoch befand er sich sehr wol bey seinem geliebten Fräulein in der zugemachten Gutsche / aber die Ehrerbietung / welche er ihr trug /wahr grösser / als daß er sich hätte erkühnen dürffen /ihr sein Leiden recht vorzulegen; und durch solche Zucht erhielt er gleichwol mehr Gunst bey ihr / als wann er gar zu harten Sturm auf dieses Schloß gewaget hätte / weil ihr Siñ also beschaffen wahr / daß /wohin sie von ihr selbst sich nicht lenkete / sie weder durch Zwang noch liebkosen kunte gezogen werden. Ihr Gespräch wahr mannicherley; dannn sie fragete bald nach Herkules / bald nach Ladislaen Verhaltung in ihrer Jugend; welches alles er mit kurzer Antwort ersetzete / weil er alle Gelegenheit suchete / ihr seine Liebe zuentdecken / worzu er gute Anleitung bekam /da sie den Vorhang an der Gutsche zumachte / weil vor [305] der abscheuhlichen Kreuzigung sie sich entsetzete; daher er so viel Kühnheit nam / daß er anfangs ihre zarte Händichen ergriff / und sie bald hernach zu unterschiedlichen mahlen küssete / rühmete hernach deren Volkommenheit / und nach etlichen tief ausgelassenen seufzen / wiederhohlete er seine heut früh angelegte Bitte / daß er vor ihren Ritter möchte angenommen werdẽ; welches sie nur vor einen Scherz ausdeutete / einwendend / die so der Ritterschafft nachzögen / suchten fast allenthalben dergleichen Teidung; dessen sie an einem Römischen Ritter / nahmens M. Anizius einen unbetrieglichen Spiegel hätte / und einen solchen falschen Hund darstellen könte / der inwendig halben Jahresfrist / 63 Römischen ädlen Jungfern und hochädlen Fräulein sich zum Ritter verpflichtet / so daß er einer jeden teur versprochen / ausser ihr keiner andern aufzuwarten / wodurch ihrer 18 verleitet / auf sein stränges anhalten ihm eheliche Liebe versprochen / und deren 6 gar von ihm zu unfall gebracht währen. Sehet Durchleuchtigster Fürst /sagte sie / dieser träulose Bube / der es endlich gar mit einem Schelmen verlauffen müssen / hat dannoch durch seine Bosheit so viel gutes gestifftet / daß wir jungen einfältigen Fräulein uns fein lernen vorsehen /und nicht einer jeden süssen Pfeiffe gehör geben. Zwar Eure Liebe sehe ich nicht vor einen solchen an /dann wie könte der allergeträueste Liebhaber GroßFürst Herkules einen so ungleichen betrieglichen Bruder haben? aber obgedachtes Römische Frauenzimmer haben den Bösewicht Anizius auch nicht vor einen solchen gehalten / und darüber ihre Leichtgläubigkeit gar zu spät bereuen und beweinẽ müssen. Der ErzSchelm hat verdienet / sagte Baldrich / daß ein jeder redlicher Ritter Rache an ihm üben solte / weil durch solche Büberey der löblichen Ritterschafft er diesen Schandflek angehänget / daß eines auffrichtigen ritterlichen Herzen standhaffte Träue in zweifel muß gezogen werden; ich vor mein Haupt gelobe hiemit an / wann ich wüste / an was Ort und Ende er sich aushielte / ich nicht ruhen wolte / biß er durch Büttels Hand die verdiente Straffe empfangen hätte / und wanns möglich währe / 63 mahl gekreuziget würde; versichere auch Eure Liebe beständig / daß wann ein solcher Bube in meinem Vaterlande sich würde finden lassen / der nur einer einigẽ Herren-Standes Fräulein solche Unträue beweisen dürffte / müste er allenthalben durchächtet / und da er nicht zufinden währe / als ein verlauffener Schelm an den Galgen geschlagẽ werden; baht hierauff inständig / ihre Vortrefligkeit möchte doch dergleichen Argwohn von ihm nicht fassen / nachdem er lieber ungebohren / als seinem Herr Bluder so ungleich seyn wolte; fassete endlich ihre Hände / küssete sie abermahl inbrünstig / und sagete: Ihr Götter / die ihr den Ritterstand zur Beschützung weibliches Geschlechts ohn zweifel insonderheit eingesezt habet / straffet ja bitte ich alle dieselben / welche ein ehrliebendes Fräulein oder ander Weibesbild zubetriegen die Gedanken fassen dürffen / absonderlich aber suchet mich mit eurem Donnerstrahl heim /wann ich jemahl einem andern Fräulein mich vor ihrem Ritter anbiete / als dieser Hochgebornen Fräulein Lukrezien Pompejen. Behüte Gott / Durchleuchtigster Fürst / antwortete sie / warum verwünschet er sich dergestalt? Mein Gott und Schöpffer weiß / daß mir solches von herzen zuwider ist; nicht daß Eure Liebe ich zu solchem Freunde ausschlagen wolte /dessen Wirdigkeit ich ja nicht eins gleich legen kan /sondern derselben anderwerz viel höhere Glükseligkeiten zubefodern / wil ich meinen Gott bitten / daß er Euer Liebe jeztgeführete Reden / als ungesprochen rechnen und [306] vorbey gehen lassen wolle. Er hingegen brachte vor: Was ein bebachtsames Gemüt aus steiffem Vorsaz redete / könte den Göttern nicht verborgen bleiben; währe auch nicht willens /dieses Gelübde Zeit seines Lebens zuwiderruffen; hätte er aber ihre Vortrefligkeit dadurch beleidiget bähte er ganz demühtig um Verzeihung. Der anderen von ihr gedachten Glükseligkeiten wolte er sich herzlich gerne begeben / wann er nur der jeztgewünscheten könte fähig seyn; woran ihm ohn zweifel nichts als seine gar zu grosse Unwirdigkeit verhinderlich währe; Hielt nochmahls an / das Fräulein möchte ihm die grosse Ehre uñ gnade erzeigen /und gönnen / daß er in seinem Herzen und gegẽ ihr allein / sich ihren Ritter halten und nennen dürffte. Warumb nicht / Durchleuchtigster Fürst / antwortete sie / das sol Euer Liebe frey stehen / mich so hoch zuehren / und zwar solcher gestalt / daß ihr die freyheit sol unbenommen seyn / sich schier heut oder morgen einer wirdigern Fürst- oder Königlichen Fräulein im rechten Ernst darzustellen / jedoch mit diesem ausdrüklichen bedinge / daß gleichwol meiner alsdann nicht spötlich gedacht werden möge / als hätte ich mir andere als Scherzgedanken hierüber gemacht. Ach mein Hochgebohrnes Fräulein / gab er zur Antwort /welche tödliche Seelenstiche sind das; wolte Gott /ich könte meines ergebenen Herzen auffrichtige Gedanken derselben augenscheinlich darlegen / umb zubekräfftigen / dz in dieser Welt meine Geister durch nichts anders / als Euer Liebe Volkommenheit könnẽ vergnüget werden; doch der begünstigten Gnade mich zugebrauchen / nehme ich mit inbrünstigem Willen an / daß mein Fräulein mir gönnet / ihr Ritter zuseyn /gelebe auch der tröstlichen Zuversicht / sie werde mir die Kühnheit verzeihen / daß ich einen Ring von ihren allerschönsten Fingern raube / damit dieses hochgeneigten versprechens ich einiges Warzeichen haben möge. Dieses wolte sie ihm nicht versagen / sondern gönnete ihm die Wahl unter allen / ausgenommen /den sie am linken kleinesten Finger trug / weil GroßFürst Herkules ihr denselben auff brüderliche Träue geschenket hatte. Baldrich rechnete sich schon auff der höchsten Stuhffe der Glükseligkeit / zog einen schönen DemantRing von ihrem Goldfinger / küssete ihn / und band ihn unten in die Goldfädem / mit welchen sein linker Zopf eingeflochten wahr / mit Beteurung / er wolte lieber sein Leben als diesen Ring verlieren. Bald darauf zohe er viel einen köstlichern aus seinem SchiebSak / steckete ihn an den entblösseten Finger / und baht sehr / ihn so hoch zuwirdigen / und umb seinet willen an ihrem Finger zudulden; welches sie mit anmuhtiger Danksagung annam. Sie hielt sonsten mit ihm ein freies Gespräch / da sie unter andern zu ihm sagte: Durchl. Fürst / wann mirs nit verarget würde / eine vorwitzige Frage zutuhn / und ihre Liebe solche bey sich behalten wolte / möchte ich von derselben wol berichtet seyn / durch was gelegenheit meine Frl. Schwester Frl. Sibylla mit dem Durchl. Fürsten Herrn Siegward in so kurzer Zeit so gute Kundschafft gemacht habe / dann / äusserlichem ansehen nach / dürfften dieselben wol eine solche Handlung treffen / daß uns daher ein oder etliche fröliche TanzTage gemacht würden. Hochgebohrnes Fräulein antwortete er mit einem lachen / ob gleich Fürst Siegward mein geträuester brüderlicher Freund ist / würde ich doch nicht unterlassen / Euer Liebe diese Heimligkeit zuoffenbahren / wann sie mir eigentlich kund währe; aber ausser zimlicher Muhtmassung habe ich nichts gewisses. Darff ich aber solche Muhtmassung mit wissen / sagte sie / hat Eure Liebe sich bey mir alle Verschwiegenheit zuversichern. Warumb nicht /[307] mein Fräulein? antwortete er / weil das Herz ganz ihr eigen ist / findet sich nichts in demselben / welches vor ihrer Liebe begehret verborgen zu seyn. Meine Muhtmassung aber ist diese: Als wir der Räuber ingesamt waren mächtig worden / machte ich mich alsbald hinweg / umb etliche Wagen aus der nähe zuhohlen /noch ehe ich das Fräulein gesehen oder gesprochen hatte / dann ich merkete / daß wegen ihrer zurissenen Kleider sie sich in einem Winkel verborgen hielt; Als ich nun nach Verlauff zwo Stunden wieder kam / traf ich meinen Freund an / daß er mit dem Fräulein gar ein ernstes Gespräch hielt / welches ich merkete von Liebeshändeln seyn; worin ich sie dann nicht stören wolte / sondern Raum genug gönnete; Ausser zweifel aber ist es / daß mein Freund durch Liebe zu diesem Fräulein sehr gepeiniget wird / und wann ich mich erkühnen dürfte / Eure Liebe seinet wegen untertähnig zubitten / daß dieselbe bey dem Fräulein ihm mit einer kräfftigen Vorbitte wolte zu hülffe kommen /hätte ich nicht zuzweifeln / er würde zu dem Zweg seiner ehrlichen begierden leicht gelangen. Mein Freund / antwortete sie / gedenket Eure Liebe / daß dieser Fürst meiner Vorbitte bey dem Fräulein in dieser Sache bedürffe? hat er ihr doch ihren teurestẽ Schaz / die Keuschen-Ehre gerettet und erhalten / wie solte sie dann sich ihm in ehelicher Liebe nicht wollen ergeben / angesehen des hohen Fürstlichen Standes /in welchem dieser ihr Liebhaber lebet / wann gleich der hohe Verdienst nicht dar währe? reize derwegen mein Durchl. Fürst seinen Freund nur an zur beharlichen Ansuchung / alsdann wird er seinen Zweg schon ohn meine hülffe erhalten / wiewol Eure Liebe spüren sol / daß dero Vorbitte bey mir gültig gewesen ist. Baldrich wuste sich in dieser Fräulein art nit zuschicken / durfte ihm auch die Gedanken machen / er selbst würde hierunter zur eiferigen Nachstellung angefrischet / welches ihn auch so muhtig machete / daß er willens wahr / umb ehelich Liebe ausdrüklich anzuhalten / deren er biß daher noch keine Erwähnung getahn hatte / aber sie wahren schon bey des Stathalters Hofe angelanget / und traten die Diener herzu / ihnen die Gutsche auffzumachen. Die ganze Geselschafft ging hinauff in den GastSaal / woselbst der Stathalter nebest den vornehmesten Herren der Stad sie empfingen / und zehn lange Tische mehrenteils in bunter Reihe besetzet wurden. Nach gehaltener Mahlzeit teileten Herkules und Ladisla die aus Persen übergebrachtẽ grossen Schätze aus / über deren grosse Menge sich jederman zum höchsten verwunderte / insonderheit aber entschuldigten sich Fr. Sophia und Fr. Ursul / daß sie solches annehmen solten / da sie doch ihren Gemahlen nicht hätten können in der fremde Geselschafft leisten. Leches und die übrigen empfingen auch neben ihren Eheliebsten die beygelegten Gelder und andere Sachen; nur vor Gallus fand sich nichts /dessen Ladisla sich verwunderte / und nicht anders meynete / es würde von den Morgenländischen Fürsten wegen der Eile vergessen seyn / deßwegen er zu ihm sagete: Machet euch keine Gedanken Gallus /finde ich gleich euren Anteil hier nicht / sol er euch doch unverrücket bleiben / wie ihr solches mit euren geträuen Diensten wol verdienet habet. Ach Gnädigster Herr / antwortete er / was könte ich doch vor einige Gnade verdienet haben? wolte Eure Durchl. mit mir nach Verdienst handeln / so müste ich heut dem Räuber Fannius Geselschafft geleistet haben. Auff welche Rede / die er kaum endigen kunte / drungen ihm die Trähnen so häuffig aus den Augen / daß er einen Abtrit nehmen muste / auch Ladisla selbst vor Mitleiden ihm keine Antwort geben kunte. Er stellete sich aber bald [308] wieder ein / und zeigete an / daß er die Schenkungen von den Fürsten zu Persepolis und andern KriegsObristen in so grosser menge empfangen hätte / daß er des nehmens überdrüssig worden / und es auf viel Wagen fortschleppen müssen / wovon er seinem Gelübde nach / der armen Christenheit hin und wieder den zehenden träulich entrichtet / welcher über anderthalb Tonnen Goldes sich erstrecket. Es ist mir lieb / sagte Ladisla / daß ihr diese Reise nicht umsonst getahn / und ist unser aller ernstlicher Befehl und Wille / daß hinfort ihr eures ehmahligen Verbrechens keine Erwähnung / als etwa bey euch selbst und vor GOtt tuht / weil eure folgende Träue alles vorige bey uns gänzlich ausgelöschet uñ vertilget hat. Sonst werde ich mich unterstehen / mein liebstes Gemahl zuersuchen / daß sie euch zur Heyraht verhelffe /nachdem es euch noch an dieser zeitlichen Glükseligkeit mangelt. Er bedankete sich dessen untertähnigst /und bekennete / daß er seinem Gott angelobet hätte /da es ihm so gut werden könte / eines verarmeten ädelmans Tochter / die ehrlich und eine Christin währe /oder zuwerden gedächte / zuheirahten / deren Eltern und Geschwistern sich seines grossen Gutes mit solten zuerfreuen haben. Er hatte sich aber in Fr. Sophien Leibdienerin / Jungfer Beaten hefftig verliebet /und ihres Standes Kundschaft eingezogen / daß sie von gutem Paduanischen Adel / aber ihre Eltern durch alte Schulden in tieffe Armuht gerahten währen. Sie wahr ohngefehr von 24 Jahren / from / schön und eine Christin / und hatte Fr. Sophien von ihrer Jugend her auffgewartet. Weil dann dieselbe ihres Gemahls erbieten hörete / fassete sie alsbald die Gedanken / ihre geträue Dienerin zubefodern / gab vor / sie hätte etwas zubestellen / und wolte sich bald wieder herzu machen / hieß Beaten ihr nachfolgen / und da sie mit ihr allein wahr / sagte sie: Ohn zweifel gedenket der liebe Gott auch an dich wegẽ deines Christlichen Wandels; dafern du nun dein Glük erkeñen kanst / wird dir leicht geholffen seyn; Du hörest / wessen Gallus sich erbeut / welcher / ob er gleich kein gebohrner ädelman ist / so wird er doch von Königen und Fürsten dergestalt geliebet / daß ihm ein mehres als der gemeine Adelstand erfolgen kan; drumb erkläre dich bald /wessen du gesinnet bist / alsdann wil ich eure Heyraht ohn verweilen befodern / und kanst durch dieses Mittel deine Eltern und Geschwister alle mit einander aus ihrer Armuht loßreissen. Diese gab zur Antwort: Sie hätte ihr vorgenommen / Ihrer Gn. Frauen Leib-bedienung nimmermehr zuverlassen / wolte ihr aber gerne gehorsamen und ihres Willens leben / hoffete auch /es würde Gallus so übermühtig nicht seyn / und hernähst ihre Armuht ihr schimpflich vorwerffen. Ey was wolte er dir vorwerffen / sagte sie / ich wil dir vor alles Bürge seyn; ging wieder mit ihr hin / da Gallus mit verlangen wartete / und nicht wenig fürchtete /man würde ihm eine ungenehme zu freien wollen / hörete aber mit freuden / daß ihn Fr. Sophia also anredete: Guter Freund Gallus / ich habe meines Herrn Königes uñ Gemahls begehren an mich wol verstandẽ /in dem dessen Liebe von mir gewärtig ist / euch einen Ehegatten zuzufreien; weil ihr dann euer Christliches Gemüht gnugsam habt erkläret / daß euchs weder umbs Geld noch andere üppigkeit zu tuhn ist / sondern bloß allein umb Ehr und Tugend / wil ich euch einen Vorschlag tuhn / aus welchem ihr mein gutes Gemüht gegen euch spüren sollet; nam einen Abtrit mit ihm / und sagte: Ich kan meiner Leibdienerin Jungfer Beaten das Zeugnis geben / daß sie nicht allein von adelichen Eltern gezeuget / sondern vor sich selbst from und tugendreich ist; ihre gute Gestalt hat schon unterschiedliche [309] ädle Anwerber erwecket /denen ich sie bißher versaget / ohn zweiffel / weil sie ihrer keinem von Gott versehen gewesen / und ob sie gleich zeitliche Güter von ihren Eltern nicht zu hoffen hat / bin ich doch des vorhabens sie ehrlich und ihrem Stande gemäß außzusteuren. Aber ich muß zuvor wissen / ob sie euch zum Ehegattẽ freiwillig gefallen kan / weil ich durchaus nicht willens bin / euch wieder euren Willen eine auffzudringen. Gallus bedankete sich untertähnigst / und zeigete an; er trüge keinen zweifel der Allerhöchste würde ihm diese adle Jungfer gnädig außersehen haben / weil eben auff dieselbe /und auff keine andere er sein absehen gehabt; dafern nun die Jungfer ihm ihr Herz zuwenden / und sein Gn. Herr GroßFürst Herkules gnädigst einwilligen könte /würde ihm angenehmers in dieser Welt nicht begegnen. Vor dieses lasset mich sorgen / antwortete sie /und ist mir lieb daß ich die rechte getroffen habe; ging zu Herkules und taht ihm alles zu wissen; welcher Jungfer Beaten ihm bey der Hand zuführete / und zu ihm sagete: Mein Gallus / ich habe schon unterschiedlichemahl darauff gedacht / euch zu einer löblichen Heyraht zuverhelffen / aber eine andere als Italiänische / ja daß ichs recht sage / als eben diese Jungfer meine Freundin euch zuzuführen / bin ich niemahls willens gewesen / sonst solte euch die Wahl unter Artabanus gefangenen unberührten Frauenzimmer frey gestanden seyn; weil dann meine Fr. Schwester mir zuvorkommen ist in der Versprechung / merke ich daher Gottes sonderbahre schickung / wil aber anfangs / damit ihr ein wirdiger Bräutigam seyn könnet /euch in den ädlen Teutschen Ritterstand auffnehmen /und bey Römischer Käyserl. Hocheit befodern / daß ihr unter die Römische und Paduanische Geschlechter gesetzet werdet; hernach wil bey dieser Jungfer ich Vatersstelle vertreten / und wegen eures wolverhaltens ihr 50000 Kronen zur Heimsteur einreichen lassen / damit weder sie sich wegen eures unadels / noch ihr wegen ihrer Armut euch zubeschweren haben sollet. Sie bedanketen sich beyderseits mit einem Fußfalle / und baht Gallus untertähnigst / ihre Durchl. wolten die versprochenen Gelder zurük behalten / weil er schon ein mehres hätte als seine wirdigkeit sich erstreckete. Fr. Sophia aber führete sie zusammen / daß sie mit ihrem Jaworte ihre eheliche träue bestätigten /und solte die Verlöbniß alsbald gehalten worden seyn / wann nicht die Braut bey ihrer Frauen untertähnigst angehalten hätte / daß ihren lieben Eltern es zuvor möchte kund getahn werden / welches / da ihrer Gn. es nicht zu wieder / sie selbst gerne verrichten wolte. Es ward ihr solches leicht verwilliget / und gab ihr Gallus sechs Gutschpferde samt einer statlichen Gutsche / fünff Persische Reitpferde vor ihren Vater und vier Brüder / noch eine Gutsche mit vier Pferden vor ihre Mutter und vier Schwestern / einen Pakwagen mit allerhand Seidenen Tüchern und 20000 Kronen baarschaft beladen / auch Kleinot und Ringe auff 9000 Kronen wert / davon ihre Eltern samt allen ihren Kindern sich adelich außputzen solten / welches sie mit grosser Danksagung zu sich nam / und nach ihres Vaters armseligen Meierhof fuhr / nam auch zehn Schneider mit sich und auff einem andern Wagen allerhand Speise und Trank. Inzwischen fuhren Herkules und Ladisla mit ihrer außteilung fort / stelleten Frl. Lukrezien und Sibyllen trefliche Kleinot zu /jeder auff 80000 Kronen / neben allerhand güldenen und silbern Stücken / und von allem was sie sonst köstliches mit übergebracht hatten; Frl. Helene bekam halb so viel / aber Fr. Pompeja alles gedoppelt / daß sie gar unwillig drüber ward. Ihre beyde ädelknaben von Rom / Publius [310] und Tullius hatten sich bißdaher stets zu Padua bey Fr. Sophien auffgehalten / deren je dem 12000 Kronen geschenket / und damit ihren Eltern zugeschikt wurden. Der geträue Timokles und Mardus wurden von ihnen anfangs in den Adelstand auffgenommen / hernach jeder mit 60000 Kronen /Gutschen / Reitpferden und Leibdienern verehret /und daß jeder / so lange er lebete / jährlich 2000 Kronen besoldung haben solte; weil sie dann beyderseits sich erbohten / in ihrer Herren Dienste zuverbleiben /wurden sie vor Zeugmeister von ihnen bestellet. Timokles hatte schon zu Jerusalem mit Frl. Lukrezien Leibdienerin / einer Römerin / sich verliebet / offenbahrete solches seiner Gn. Fürstin Valiska / und bekam alsbald Zusage der Heyraht. So gab Mardus sich bey Frl. Sibyllen Leibdienerin an / welche Herkules samt dem Fräulein aus Silvans Händen erlöset hatte / und erhielt gleichergestalt sein ansuchen.

Unter diesem Verlauff / ward dem jungen Fabius angemeldet / es währe ein feiner junger Geselle im Vorhofe / welcher untertähnig anhielte / ob ihre Gn. ihn ein Wort hören möchten. Er ließ denselben alsbald vor sich fodern / umb sein Vorbringen zuvernehmen / welcher ihm eine in Lateinischen zierlichen Versen auffgesetzete Glükwünschung wegen seiner glüklicher Wiederkunft einreichete / die er selber gemacht hatte / und baht untertähnig / weil er Lust zu den freien Kunsten trüge / und geringe Mittel hätte /sein Vorhaben außzuführen / möchten ihre Gn. ihn mit einer Beysteur gnädig ansehen / deß wolte er den wahren Gott herzlich bitten / daß es ihrer Gn. tausendfältig hier zeitlich und dort ewig möchte vergolten werden. Fabius vernam aus seinem reden / dz er ein Christ wahr / lieff das Brieflein gerade durch / und gefiel ihm der Inhalt sehr wol / deßwegen er sich gegen ihn freundlich bedankete / und daß er Morgen vor der Mittagsmahlzeit sich wieder einstellen solte /da er ihm seinen guten willen schon wolte vergelten. Der Schuelknabe / seines alters von 14 Jahren / nahmens Vibius Mela / ward der Zusage sehr froh / und stellete sich zu rechter Zeit ein. Es hatte aber Fabius seinem Buchhalter befohlen / so bald er wieder kähme / ihm 100 Kronen zur verehrung zu geben / welcher aber nach gebrauch seines schon mehr getriebenen Handwerkes ihm nur 20 Kronen zustellete / und die übrigen 80 in seinen Sekel steckete / der Hoffnung /weil ihm dergleichen Diebesgriffe schon manniche angangen währen / solte ihm dieser / auch gelingen. Fabius ließ das Verßgeticht Herkules und Ladisla sehen / denen es wolgefiel / und sich erbohten / wann sie den Knaben außfragen könten / solte ihrethalben ihm auch eine Verehrung zugestellet werden / weil ohndas sie mit darinnen benennet wahren. Nun wolte dieser Knabe sein dankbahres Gemüht sehen lassen / und brachte abermahl sein Brieflein ein / in welchem er rühmete / daß er vor jeden Verß (deren zwanzig wahren) eine Goldkrone bekommen / und das unwirdige Geticht mit gutem rechtaureum Carmen, oder ein güldenes Geticht nennen könte; welches da es Fabius von seinem Leibknaben eingehändiget ward / erkennete derselbe daraus seines Buchhalters oder Zahlmeisters Dieberey / ließ sich doch dessen nicht merken / wie saur es ihm gleich ward zuverbeissen / sondern foderte ihn vor sich / und mit sanftmuht sagte er zu ihm; ist der gestrige Knabe heut wieder da gewesen / und hastu ihn nach meinem Befehl beschenket? Ja / Gn. Herr / antwortete er / es ist alles nach ihrer Gn. anordnung ergangen / und zu richtiger Rechnung gebracht. Der Knabe / welches dieser nicht wuste / wartete annoch im Vorhofe auff / und muste der Zahlmeister[311] einen Abtrit nehmen / dieser aber auff das Gemach kommen / welcher eine kurze / aber zierliche und schamhafte Rede hielt / durch welche er seine Unhöfligkeit entschuldigte / und nochmahls vor das ansehnliche Geschenk in Griechischer Sprache dankete. Der junge Fabius redete ihn an und sagte: Lieber Knabe /sage mir die Warheit / wie viel dir meinetwegen zur Verehrung zugestellet sey. Gn. Herr / antwortete er /zwanzig Kronen / und mehr als ich gehoffet hatte. Der Zahlmeister muste alsbald wieder hervor treten / welchen er mit ernster Sti e fragete; Hastu diesem Knaben die 100 außgezählet? dieser verstummete hierauff / und verriet sich durch seine anröhtung / fing schon an umb Gnade zu bitten / weil er sich erinnerte / daß er nicht alles geleistet hätte. Er ward aber alsbald ins Gefängnis gelegt / und auff fleissige nachfrage befand sichs / daß er allen Dienern und Arbeitsleuten abgeknappet / und doch alles vol zur Rechnung gebracht hatte / so daß er eines halbjährigen Diebstals / auff der Reise begangen / über 9000 Kronen überwiesen ward / und er andern zum Beyspiel den Galgen bekleiden muste. Es ging diese Unträue der GroßFürstin sehr zu herzen / deßwegen fing sie also an: Wie ein grosses Unglük ist es den von Gott ihn hohen Stand gesetzeten / daß sie nicht alles selbst verwalten können / sondern ihren Bedieneten viel wichtige Sachen anvertrauen müssen; sind dann unsere Leute unträu und dem Geiz ergeben / alsdann kan es nicht anders ergehen als dieses Beyspiel zeiget / welches uns vor Augen stehet; was vor grossen und schimpflichen nachteil aber uns solches gebieret / bedarff keines weitläuftigen beweißtuhms; es entstehet uns daher böse Nachrede / Mißgunst / und der Leute ungewogenheit; niemand wil Fürsten und Herrn arbeiten /dann / sprechen sie / es wird uns unsere Mühe und Waare nicht bezahlet; niemand wil uns zu ehren ein oder ander Lobgedichte auffsetzen; dann es wird nicht vergolten. Sehet ein solches Ubel verursachen unsere ungeträue Rentmeister / welche man viel härter als andere Diebe abstraffen muß / weil sie die aller grössesten Diebe der Welt sind / in dem sie nicht allein denen daß ihre stehlen / welchen sie nicht redlich lohnen / sondern ihren Herrn stehlen sie den guten Namen / uñ der Leute gewogenheit / welchen Verlust ich viel schädlicher achte / als wann man uns umb viel Tonnen Goldes betreuget. Herkules gab ihr zur Antwort: Wie aber mein Schaz / wie kan man diesem weit eingerissenen Ubel steuren? es hat der jetzige Dieb / wie gesagt wird / sich schon verlauten lassen /daß wann man ernstliche untersuchung tuhn wolte /würde seine Geselschaft bald vermehret werden; man solte nur eine Fürstliche Außgabe durch viel Hände gehen lassen / würde man sehen / daß an allen Händen etwas würde kleben bleiben / und währe nichts neues / daß aus des Herrn Hand eine Krone dem armen Betler zugedacht / in des Dieners Hand in einẽ Groschen verwandelt würde / ja wol gar verschwünde / und der Betler mit Schimpff- und Scheltworten abgespeiset / GOtt darzu dankete / dz er ohn Schläge davon kähme. Es ist zubeklagen / sagte Valiska / daß der Geiz die Menschẽ dergestalt unträu machet / welche ihren Herren durch leiblichen äid sich zu aller Träue verbunden haben; Ich halte aber davor / man könte dem Unwesen durch zweyerley Mittel abhelffen; Erstlich / daß man den Bedienten ehrlichen Sold gäbe / davon sie sich und die ihren zur gnüge erhalten könten; Hernach / daß man bey ihrer Bestallung ihnen zugleich den Strik vorlegete / unter der Bedräuung und unbegnadeten Volstreckung / daß wo man sie auff einer einzigen Dieberey / sie währe gleich nur einer Kronen wert / ertappen würde / ihnen [312] die Ablohnung von dem Büttel solte erteilet werden; Ich bin dessen gewiß / es solten nicht zwanzig gehenket werden / daß nicht etliche hundert sich daran spiegeln solten. Und ob mir jemand einwerffen wolte / es würde dieses gar zu stränge gestraffet seyn / dem gebe ich zur Antwort / daß weil man keinen gelindern Weg sihet / müsse Fürsten und Herren Ansehen und redlicher Nahme durch solche Schärffe erhalten werden. Der Stathalter gab der GroßFürstin recht / und ließ allen seinen Bedieneten ansagen / daß wo jemand /wer der auch währe / sich mit dergleichen Diebsnägeln kratzen würde / solte dem erhenketen ohn alle Gnade Geselschafft leisten. Dem frommen Schuelknaben aber schenkete der junge Fabius noch 100 Kronen / Herkules vermachte ihm jährlich gleich so viel / als lange er von nöhten hätte von andern unterrichtet zuwerden / und des erhenketen gestohlene 9000 Kronen wurden zur Unterhaltung der Armen angewendet.

Jungfer Beata kam noch bey guter Tageszeit in ihres Vaters Hütchen an / welches zwo Meile von der Stad gelegen wahr; sie fand ihre Eltern im KüchenGarten arbeiten / und zwo Schwestern neben zween Brüdern das graben verrichten / worüber ihr die Trähnen aus den Augen drungen / ging zu ihnen hin in ihrer statlichen Kleidung / womit Frau Sophia sie ausgeschmücket hatte / und sagte zu ihnen: Herzliebe Eltern / Schwestere und Brüdere leget solche BaurenArbeit ab / und nehmet euren Adelichen Stand an / nachdem der barmherzige Gott mir einen Bräutigam bescheret hat / der uns aller schmählichen Armut benehmen wil. Die Eltern sahen die trefflichen Kleinot an ihr blänken / und frageten / wer dann dieser Bräutigam währe; insonderheit durffte die Mutter / ungeachtet ihrer kümmerlichen Armuht nachforschen / ob er auch ädel gebohren / dañ sie gedächte ihre Tochter nicht in den schlechten Bürgerstand zuverheyrahten. Aber die Jungfer wahr viel klüger / und antwortete: Liebe Mutter / leget doch solchen eitelen Hochmuht ab / was pochet ihr auff das eingebildete Blut / und verachtet den Bürgerstand / da ihr doch Armuhtswegen euch bißher als eine Bauerin habt ernähren / den Flachs spinnen / und aus Oepffel / Birnen / Kraut und Nüssen / etliche Groschlein käuffen müssen / wovon ihr das liebe tägliche Brod haben möget / noch dürffet ihr auff euren Adel trotzen / der euch keinen Heller einträget / und von den vermögenden schlimmen Bauren verachtet wird. Ist mein Liebster dann gleich kein gebohrner ädelman / so ist er doch an Tugend ädel gnug / und hat durch seine geträuen Dienste den Adel-und Ritterstand von Königen und Fürsten erlanget /neben der Zusage / daß er auch in den Römischen Adel sol auffgenommen werden / welchen Stand auszuführen er reich genug ist / und über 15 Tonnen Goldes vermag. Als solches ihr Vater hörete / welcher auch ein Christ wahr / sagete er: Ach du mildreicher Gott / du verlässest ja die deinen nicht / wann sie nur im festen Vertrauen auf dich bleiben / wie ich anjezt in der Taht erfahre. Jungfer Beata erinnerte sie / daß alsbald an ihre übrigen zwo Schwestern und zween Brüder (welche bey andern vom Adel sich in der nähe auffhielten / und ihnen zu dienste wahren) ein Bohte abgefertiget würde / sich ohn verweilen einzustellen /gingen mit einander in das Häußlein / und ließ sie daselbst alle Sachen abladen; dem Vater stellete sie die übergebrachten Gelder zu / als ein Geschenk von ihrem Bräutigam / welche er des folgenden Tages an etliche benachbarte vom Adel einschickete / uñ damit seine verpfändete Güter einlösete / die so bald nicht aussinnen kunten / was vor einen glüklichen Fund[313] dieser alte verarmete Opimius (diß wahr sein Nahme) getahn hätte. Die Schneider musten Tag und Nacht an den Kleidern arbeiten / damit sie zu Padua bald anlangen könten / und stelleten die Schwester uñ Brüder sich gar zeitig ein. Zu Padua ward des abends / da Beata weg gereiset wahr / ein zierlicher Tanz gehalten / und wahren aller anwesenden Augen auff Herkules und Fr. Valisken hingekehret / da sie auf Fr. Sophien Anfoderung einen Tanz mit einander verrichteten / in solcher künstlichen Zierligkeit / als jemahls mochte gesehen seyn / daß auch der Stathalter zu Kornelius sagete: Ich gläube nicht / daß so lange die Welt gestanden ein volkommener paar Eheleute gelebet haben / und erscheinet aus allen ihren Geberden / mit was herzlicher Neigung sie einander meynen; in welchen Gedanken er dann nicht irrete / massen ihre Liebe sich von Tage zu Tage stets mehrete / daß sie kaum eine Stunde mit Herzensruhe von einander seyn kunten. Ja es wahr so ein einträchtiger Wille zwischen ihnen /daß nicht anders zuurteilen stund / sie hätten beyde nur eine Seele gehabt; gingen sie mit einander / so fasseten sie sich bey den Händen / welche mannichen Kuß einnehmen musten; sassen sie beyeinander / so schaueten sie sich mit freundlichem lachen an / und bemühete sich ein jeder / wie er dem andern Vergnügung schaffen / und ehrliche Ergezligkeit geben möchte. Wie offt klagete er ihr / daß sein Herz viel zu voll währe / und als ein angestecketes Faß / dem keine Lufft gegeben wird / dessen nichts von sich auslassen könte / was drinnen verschlossen währe. Wann ihm dann sein Gemahl antworten wolte / ging es ihr gleich also / und muste das stumme umfahen die beste Rede seyn / weil die Zunge als gelähmet / ihr Amt nicht verrichten kunte. Zu zeiten kam es / daß die Vernunfft in ihnen sich loßwirkete von der Liebesklammer / und alsdann fingen sie an einen so häuffigen Strohm der verliebeten Reden auszugiessen / daß man hätte meynen sollen das Herz währe gar ausgeleeret / und ihre inbrünstige Liebe biß an das innerste ausgedrücket /da hingegen sie vermeyneten / kaum die äussersten Borken gezeiget zuhaben. Zu verwundern aber wahr es / daß diese strängst gespannete Liebe die Ehrerbietigkeit des einen gegen den andern im allergeringesten nicht minderte / so wenig / wann sie allein / als in Geselschafft wahren / und geschahe gar selten / daß sie ihre Unterredungen nicht mit Geistlichen Sachen solten vermischet haben. Als sie vor dißmahl den Tanz zum Ende gebracht hatten / foderte die GroßFürstin Frl. Lukrezien und Sibyllen auff / und führete sie den beyden jungen Fürsten mit diesen Worten zu: Geliebete Herren Oheime; hie bringe Euren Liebden ich meine herzgeliebeten Fräulein Schwestere zu / welche dort nicht anders als zwey verlassene TurtelTäubelein sassen / und vielleicht eine der anderen ihre unglükselige Einsamkeit klageten / welches mir nicht wenig zu herzen gehet; bitte demnach höchlich / sie wollen dieselben zum Tanze führen / und nach dessen Endigung sie in ihrer guten Geselschafft behalten. Die Fräulein wurden hierüber etwas schamroht / weil ihnen einfiel /wie weit sie heut auff den Gutschen sich mit ihnen eingelassen hatten / und antwortete Frl. Lukrezie also: Durchl. GroßFürstin / was solte uns und unsers gleichen angenehmer als die Einsamkeit seyn? insonderheit die wir als vertrauete Schwestern eine gute Zeit nicht beysammen gewesen / und die uns begegnete Abenteur einander zuerzählen grosse Begierde tragen; wie dann gleich jezt meine Frl. Schwester zum Ende gebracht / in was Furcht und Gefahr sie neulich in der Räuberhöhle gewesen / wovon sie durch dieser Fürsten Heldentaht errettet / und [314] bey ihren JungfräulichenEhren erhalten sey; und wahr ich gleich bemühet /ihr zu gemüht zuführen / wie viel sie den Durchleuchtigsten Fürsten schuldig währe / habe ihr auch in etwas an die Hand gegeben / wie sie ihr dankbares Herz gegen dieselben könte sehen lassen / wozu ich sie doch nicht bereden kan / nicht / dz Undankbarkeit sie davon abhält / sondern weil sie / wie sie selbst bekennet / ihren Durchll. gar zu viel schuldig sey. Nun habe ich dagegen eingewand / es sey besser / einen möglichen Anfang zur Bezahlung zumachen / als gar nicht zahlen wollen / insonderheit / weil HochFürstliche Gemühter grössere Beliebung an dem guten Willen / als an unwilliger Ablegung der Schuld tragen; Hierauff / Durchleuchtigste GroßFürstin habe ich ihre Antwort noch nicht erhalten / welche ich vor dem Tanze gerne wissen / oder zum wenisten von Euer Durchl. hören möchte / ob ich ihr nicht recht gerahten habe. Ey geliebte Schwester / antwortete Frl. Sibylla /du bist gar zu ausschlägern / und breitest alles aus /was man mit dir ingeheim redet / welches mich warnet / daß ich dir nach diesem nichts mehr vertrauen, vielweniger auff dein anbringen Antwort geben / sondern meine Durchl. GroßFürstin / dir einzureden / bitten / und zugleich bey derselben mich rahts erhohlen werde / wie ich mein dankbahres tiefverschuldetes Gemüht diesen beyden Fürsten am füglich- und annehmlichsten könne sehen lassen. Wol zufrieden /sagte Frl. Lukrezie / daß du mir so wenig trauest /vielleicht kömt der Tag / daß dichs gereuen dürffte /als dañ wil ich deiner so wenig achten / als du anjezt meiner tuhst. Du gibst grosse Sachen von dir aus /antwortete jene / muß aber dein dräuen lassen dahin gestellet seyn / und auff solchen fal tuhn / als wann du noch zu Elia jenseit des Meers bey deinen Juden sässest. GroßFürstin Valiska lachete dieses ertichteten Zankes / und wolte ihn länger unterhalten / daher sagete sie zu Lukrezien: Geliebete Frl. Schwester / ich wil unserer auch geliebten Schwester Frl. Sibyllen gnugsames Vermögen zur Dankbarkeit durchaus nicht in Zweifel zihen / aber allem ansehen nach / dünket mich / Eure Liebe leisten bey ihr nicht das Werk einer geträuen Schwester / dann weil dieselbe / eurem eigenen vorbringen nach / ihrer Unvermögsamkeit / den Dank beyden zuleisten / gegen Eure Liebe sich beklaget / stünde derselben / meines erachtens / als einer vertraueten Schwester sehr wol an / wann sie in dieser Bemühung sich ihr zur Hülffe anerböhte / und die Helffte der Last von ihr über sich nähme. Frl. Sibylla bedankete sich der gnädigen Urtel; jene aber / wie sie gar erfindsam wahr / sagete: Es hat aber meine Frl. Schwester mich hierumb nicht eins begrüsset / und weiß man wol / daß angebohtene Dienste in schlechtem Wert und geringer Achtung stehen. So bitte ich dich noch darumb / antwortete jene / du wollest diese Müheverwaltung auff dich nehmen; und zwar eben diese Bitte an dich zulegen / wahr ich bedacht / da unsere Gn. GroßFürstin uns aufffoderte. Das lasse ich auff seinen Wert und Unwert beruhen / sagte Frl. Lukrezie / aber was würden diese verständige Fürsten von mir vor Gedanken fassen / wann ich mich zu etwas erbieten wolte / worzu mein Vermögen nicht bestand ist / daher dero Liebden sich von mir sehr wenig oder wol gar nichts zuversprechen haben / ich ihnen auch geträulich rahten wil / daß sie sich an den Selb-schuldigen halten / welcher ungleich besser als ich / zuzahlen hat; zugeschweigen / wie frech und vermässen ich müste geschätzet seyn / wann zwischen ihre Heimligkeiten ich mich einstecken wolte. Nicht also / sagte die GroßFürstin / sondern es werden eurer zwo der Schuld besser / als nur eine einzige abhelffen können / insonderheit / [315] weil sich zween Gläubiger finden / die ohn zweifel die Schuldfoderung nicht auffs höchste treiben werden / deßwegen nehme Frl. Lukrezie die Schuld mit auff sich / nebest der Erklärung /daß sie Selb-schuldige wolle mit seyn / alsdann wil ich vernehmen / ob nicht einer von diesen Fürsten ja so gerne auff sie / als auff Frl. Sibyllen sehen wolle. Der müste gerne in Schulden stecken / antwortete sie /der sich selbst eines höheren verpflichtete / als sein Vermögen sich erstrecket. Fürst Siegward gab sich mit ins Gespräch / baht anfangs umb verzeihung / daß neben seinen Freund und Gesellen / er in des Durchleuchtigen Frauenzimmers Erlösung / sich so faul und nachlässig erzeiget / und nicht bald der ersten Stunde ihrer Ankunfft sie der Angst benommen hätte / daher ihnen mehr die Züchtigung und Straffe / als einige Vergeltung nachstünde; hielt hernach bey der GroßFürstin an / sie möchte ihren Unvolkommenheiten zu hülffe kommen / und bey diesen vortreflichen Fräulein ihnen diese Gunst erwerben / daß sie ihre begierigen Dienste nicht nach dem Vermögen / sondern Willen urteilen wollen. Worauff die GroßFürstin zur Antwort gab: Als viel ich merke / währe dieser Streit bald geschlichtet / weil meine Durchll. Oheimbe nur alles vor eine unverdienete Gunst rechnen wollen was von meinen Frll. Schwestern ihnen etwa gutes begegnen möchte. So erklären nun dieselbe sich ohnbeschweret / ob sie diese Bedingung eingehen können / alsdann werden sie ihre Schuld völlig bezahlen / und dannoch vor solche gehalten werden die zubezahlen nicht schuldig sind. Die Fräulein merketen wol / wohin dieser Vortrag zielete / tahten doch nicht deßgleichen /stunden unterdeß und sahen eine die andere an / weil keine gerne hierauff antworten wolte; biß endlich Frl. Sibylla anfing: Durchleuchtigste GroßFürstin / ob gleich dieser Durchll. Fürsten Höfligkeit so groß ist /daß sie ihre mir erzeigete Woltahten so geringe schätzen / muß doch ich so vergessen nicht seyn / dieselbe in den Wind zuschlagen / es währe dann / daß ich etwas über meine Ehre liebete / welche nähest Gott Ihren Durchll. ich einig zudanken habe; erkenne mich deßwegen schuldig / alles mein ehrenwilliges Vermögen / in Erzeigung der höchstschuldigen Dankbarkeit gerne anzuwenden / nicht zweifelnd / weil dieser Last ich nicht allein bestand bin / meine herzgeliebete Frl. Schwester werde einen Teil auff sich nehmen / welches in allen Begebenheiten zuerkennen / ich mich willig erbiete; daß sie aber dieser Durchll. Fürsten Anfoderung hierzu erwarten wil / ist nichts als eine stilschweigende Wegerung; massen sie höret und vernimt / daß unsere Rechnung so weit vonander stimmet / daß dieselben meine Schuld nicht eins wissen noch erkennen wollen. Geliebte Frl. Schwester / sagte Frl. Lukrezie / du legest es über in die länge oder quere /muß ich doch zuvor wissen / ob ich gnugsam bin / dir deine Last tragen zuhelffen / damit mirs nicht gehe wie jenem stolzen Rehe / welches dem Hengste die Bürde ab- und über sich zunehmen wagen durffte /und unter solcher Last erdrücket ward. Du wilt gar zu vorsichtig spielen / antwortete Sibylla / welches allemahl eben so hoch nicht zu loben ist; versprich mir nur auff den fall der gnugsamen Düchtigkeit deinen Beystand / so wird sich das übrige algemach schicken. Du spannest die Pferde hinter den Wagen / antwortete jene; ich muß ja nicht ehe versprechen etwas zuleisten / sondern vorher mich prüfen / obs in meinem Vermögen sey oder nicht; und höre doch deines Anschlages Ungültigkeit aus einer gleichen Anfoderung: versprich mir nur / daß du mich wollest zur Königin in Parthen machen / so wird sich das übrige algemach fein schickẽ. Du bist eine Verdreherin [316] meiner Reden / sagte Frl. Sibylla / und reimet sich dein Einwurff gleich als eine Bradwurst auff dein Näheküssen. Sie wolte weiter reden / aber Fr. Sophia / welche ihrem Gespräch eine zeitlang von ferne zugesehen hatte / und nicht wissen kunte / was dessen Ursach oder Inhalt wahr / trat gleich hin zu ihnen / und ward dieselbe von der GroßFürstin also angeredet: Herzen Fr. Schwester / Eure Liebe / bitte ich sehr / helffen mir den streit dieser beyden allerliebsten Fräulein glüklich beyzulegen / welcher daher entstanden ist /daß Frl. Sibylla an ihrer Frl. Schwester begehret / in Abtragung der Dankbarkeit / womit sie diesen bey den Durchll. Fürsten sich meynet verschuldet seyn /ihr möglichen Beystand zu leisten / dessen sie sich zugleich erbeut und wegert. Daran tuht meine geliebte Frl. Schwester Lukrezie recht und wol / antwortete sie / wann sie dieser Anmuhtung sich beständig entschläget / dann bey meiner Frl. Schwester Sibyllen ist das Vermögen / sich vor ihr Häupt dankbarlich zuerzeigen / insonderheit gegen den Durchl. Fürsten Herrn Siegward / dessen Liebe vornehmlich ihrer Ehren Retter gewesen ist; Weil aber der Durchl. Fürst H. Baldrich sich gleich so hoch umb mich verdienet gemacht /und unter seine schuld mich gebracht aber solches zubezahlen weder Gelegenheit noch Krafft habe / ist mein gänzlich tichten / meine herzgeliebete Frl. Schwester Lukrezien an meinen Plaz hinzustellen /der gewissen Zuversicht / sie werde mir diese Bitte nicht versagen / die nach äusserstem Vermögen ohn einige Bedingung zuersetzen / ich mich hiemit wil verpflichtet haben. O wie klungen die ersten Worte so wol vor mich / antwortete Frl. Lukrezie / und hielt ich mich schon gar vor eine loßgesprochene / befinde aber / daß durch die folgenden ich aus der Bach ins Meer gejaget werde / weil ich dorten selb andere / hier aber ganz allein zahlen sol. Nun muß zwar meiner Frau Schwester ich billich zu gehorsam stehen / und ihr gebieten über mich nehmen / ob ich gleich darunter gar erliegen solte / nur werde ich gezwungen / bey hochgedachten Fürsten demühtige Ansuchung zutuhn / daß er mein Unvermögen übersehen / und nit grössere Erstaltung von mir fodern wolle / als meine schwachen Kräffte zulassen. Nicht ist meine Frl. Schwester mir schuldig / sagte Fr. Sophia / aber mir genüget an diesem erbieten / und bitte sehr / sie wollen ihren Tanz länger nicht auffschieben / nachdem ich verhoffe / die wichtige Streitigkeit sey nunmehr beygelegt. Noch eines nur / Fr. Schwester / sagte Frl. Lukrezie /daß ich wissen möge / wie hoch dem Durchl. Fürsten ihretwegen ich müsse verpflichtet seyn. Sie lachete der Frage / und gab zur Antwort: Weil meine Frl. Schwester mir solches abfodert / ist sie dem Fürsten so hoch verschuldet / daß sie ihm volkommene Gewalt zustelle / von ihr nach belieben zufodern / und sie ihm keine Bitte versage / weil dessen Liebe weder ungebührliche noch unmögliche Dinge von ihr begehren wird. Meine Fr. Schwester bedenket es kaum halb / sagte sie / was sie jezt redet / welches ich ihr nach diesem weitläuftiger auslegen werde. Also setzeten sie ihren Tanz in guter Zierligkeit fort / nachgehends liessen die Fürsten sich bey dem Fräulein sitzend nider /und wageten sich / allerhand verliebete Reden vorzutragen / insonderheit Siegward / als welcher in guter Hoffnung stund / noch diesen Abend von seinem Fräulein das unbedingete Jawort zuerhalten; weil aber solches von ihr nicht zuerzwingen wahr / sondern sie auff ihrer heutigen Antwort fest bestund / und ihn zugleich freundlich erinnerte / er möchte alle unständige Eile aus seinem Herzen verbannen / damit alles fein erbar zugehen möchte; machte er sich zu Fr. Sophien /erinnerte sie des in [317] der Höhle getahnen versprechens /daß nach anlangung zu Padua / sie ihr seine Sache bestes vermögens wolte lassen angelegen seyn; dessen möchte sie sich gnädig erinnern / und die Befoderung tuhn / daß die langwierige Brunst ihm das Blut nicht gar austroknete; zwar er befünde das allerliebste Fräulein ihm nicht allerdinge abhold / nur daß sie alles auf ihrer Eltern und Anverwanten Bewilligung aussetzete / welches den Zweifel in seiner Seele immerzu vermehrete; Weil ihm dann nicht unwissend währe / daß Ihre Liebe ihm sein suchen bey hochgedachten Eltern hernähst wol würde erhalten können /welches er aus der ihm gemacheten Hoffnung schliessen müste / bähte er instendig / ihm zufoderst der Fräulein volständige Einwilligung zuerwerbẽ / damit er aller furchtsamen Angst entnommen / seinen Geistern ruhe und sicherheit erteilen könte. Sie antwortete ihm; daß sie nicht allein ihrer Zusage / sondern auch ihrer schuldigkeit sich wol erinnerte / daher sie schon heut früh mit ihrem Herr Vater alles verabscheidet hätte / dessen gutwilligkeit sie in der Taht verspüret /in dem derselbe alsbald einen reitenden Bohten nach Rom an der Fräulein Eltern / ihren Willen einzuhohlen / abgefärtiget / der mit abgewechselten Pferdẽ Tag uñ Nacht eilen würde; weil aber das meiste bey dem Fräulein selbst stünde / wolte sie hinte ihr Schlasgeselle seyn / und versuchen / wie weit sie es gegen Morgen früh fortsetzen könte / und er sich eine kurze Zeit gerne gedulden würde. Aber saget mir /bitte ich / (taht sie hinzu) / wessen mag der liebe Fürst Baldrich gesinnet seyn? ich hoffe ja nicht / daß er willen trage / uns so bald zuverlassen / und genehmere örter zu suchen / welches ich aus seiner angenommenen schwermuht argwohnen muß. Siegward verstund diesen Possen nicht / welcher nur angeleget wahr / Baldrichs Liebe gegen Fräulein Lukrezien außzuforschen / antwortete deßwegen in aller einfalt: Er währe versichert / daß sein lieber Freund die allergröste Vergnügung an diesem Orte hätte / und nichts so sehr befürchtete / als daß er denselben gar zu zeitig würde verlassen müssen / sintemahl er in Frl. Lukrezien sich dergestalt verliebet befünde / daß er sein selbst darüber vergässe / uñ doch wegen ihrer ernsthaftigkeit / deren sie sich gegen ihn gebrauchete / und daß er ihr keine Dienste geleistet / sein heftiges anliegen nicht loßdrücken dürfte; gäbe vor / er merkete in ihren Augelein einen scharffen Nebenblik / den sie auff ihn schösse / wann von seiner verliebung er zu reden anfinge / und weil er denselben nicht ertragen könte / würde er aus furcht / sie zubeleidigen / in seinen begierden lieber vergehen / als einer so grossen Wagniß sich unternehmen; und ist dieses / sagte er /nicht der geringsten Ursachen eine / daß ich mein Vorhaben so eilends fort treibe / damit ich meinem Liebsten Freunde desto besser zu hülffe treten möge. Ist dieses die Ursach seiner Traurigkeit / antwortete sie / so wird euer Liebe gebühren / ihn zu trösten /und ihn auff meine träue zuversichern / daß den Stoß /welchen er dem Räuber Fannius gab / ich zuvergelten / und dieser Fräulein gewogenheit ihm zuerwerben /mich äusserst bemühen wil; nur reize eure Liebe ihn an / daß er sich etwas freier gegen sie gebrauche / und nicht unterlasse / auff gute gelegenheit ihr seine Liebe zu offenbahren / auch ungeachtet aller wiedrigen Antwort / nicht ablasse / dann ihre Art und eigenschaften sind mit Frl. Sibyllen nicht einerley / sondern gehen viel frischer / bewäglicher und spizfindiger; und ob sie gleich sich weit werffen wolte / wird der liebe Fürst doch allemahl etliche eingemischete Reden hören / die ihr ertichtetes wegern und wiedersprechen selbst gnug wiederlegen werden. Siegwarb ward ihres erbietens sehr froh / verließ sich zwar auff ihr [318] versprechen / und wolte doch selbst versuchen / wie weit ers bringen könte. Vor erst aber machte er sich zu Baldrichen / ließ ihn alles wissen / und stärkete ihn / seine Anwerbung ungescheuhet anzubringen. Die GroßFürstin hatte unterdessen mit Arbianes einen Tanz gehalten / und ihn erinnert / mit Baldrichen gute Kundschaft zu machen / welches ihm zu seinem Vorhaben sehr dienlich seyn würde; gab ihm auch an die Hand /sein Vermögen an den Tag zu legen / und ein Frei-rennen auff seine Kosten anzustellen / auch nichts zu sparen / ob gleich alle seine Schätze (welches doch unmöglich) drauff gehen solten / damit er ihm einen Nahmen erwürbe. Er bedankete sich wegen des geträuen Rahts / trat vor den Stathalter / und redete ihn also an: Hochmögender HerrStathalter / nachdem der gütige Himmel meine Gnn. Herrn und Brüderliche Freunde / König Ladisla / GroßFürst Herkules und Herrn Kajus Fabius glüklich und gesund wieder hieselbst angelangen lassen / bin ich willens / hierüber etliche Freuden Tage anzustellen / und dabey ein Freistechen zu halten / da alle ankommende Ritter von mir sollen aus den Herbergen frey außgelöset werden / so viel deren sich bey dieser ritterlicher Ubung wirklich gebrauchen / bitte demnach eure Gn. wollen hierin gnädig gehehlen / und mir zu diesem Vorhaben den Plaz gönnen / auff welchem König Ladisla sein allerliebstes Gemahl aus Räuber Händen erlöset hat. Dem Stathalter wahr nicht unbewust / daß er grosse baarschaften bey sich führete / willigte deßwegen nit allein gerne ein / sondern bedankete sich zugleich /daß er seiner gegenwart eine so wirdige und ritterliche Gedächtnis hinterlassen wolte. Baldrich hatte durch seines Gesellen einrahten sich nicht wenig gestarket /nam ihm vor alle mögligkeit anzuwenden / ob er seinem Vorhaben einen beständigen Fuß setzen möchte /und weil er sein liebes Fräulein allein sitzen fand /nam er nach gebehtener erläubniß den nähesten Siz bey ihr / und bedankete sich / in niderträchtiger Demuht / daß auff der Durchl. Fr. Königin in Böhmen anmuhten / sie sich erbohten hätte / derselben Stelle zuvertreten. Nun hätte er aber von höchstgedachter seiner Fr. Schwägerin so hohe woltahten empfangen /daß er solches nicht anders / als mit darbietung seiner selbst zuersetzen wüste / würde demnach das hochgebohrne Fräulein an ihrer Fr. Wasen stat ihn vor einen Knecht und Diener annehmen / und sich der Gewalt über ihn gebrauchen / daß sie ihm völlig und ohn einige bedingung beföhle / alsdann wolte er mit darstreckung seines Blutes und äussersten vermögens sich bereit halten / ihren gebohten entweder genüge zu tuhn / oder einen willigen Tod anzutreten. Worauff sie also antwortete: Ich getraue nicht / Durchl. Fürst / es vor meiner Fr. Schwester verantworten zu können /wann sein gar zu hohes erbieten ich annehmen würde / massen von derselben ich außgefodert bin / nicht in noch tieffere Schulden mich zusetzen / sondern die ihre nach vermögen abzutragen; wiewol sein getahnes hohes erbieten ich billich erkenne / und wie daraus seine gute gewogenheit ich zur genüge verspüre / also werde ich gelegenheit suchen / mich dankbar finden zu lassen / als gegen einen / der mich schon gewirdiget hat / sich mir ritterlicher Weise zuverbinden / welcher ehren ich mich doch / wie schon heut erwähnet /unwirdig halte / und dürfte ohn zweifel schier heut oder morgen euer Liebe Gemahl mirs zum Hochmuht auslegen / daß ich einen solchen hohen Fürsten vor meinen Ritter anzunehmen / mich nicht gescheuhet. Baldrich merkete aus dieser Antwort / daß sie sein ansuchen nicht verstehen wolte / daher er auff Siegwards anmahnung sich steurend / seine runde meynung dergestalt vorbrachte. [319] Hochgebohrnes Fräulein / wie kan doch eure vortrefligkeit von ihrem dienstergebenen Knechte diese Gedanken fassen / ob würde er irgend einer andern als ihr / sein Herz zuwenden / oder ausser sie ein Gemahl suchen? eine solche unteutsche Seele hat mir der Himmel nicht eingegossen / müste auch billich verfluchet seyn / wañ gegen ihres gleichen ich anders reden als gedenken würde. Wolle demnach ihre Liebe bey meinen Ritter- und Fürstlichen ehren / die ich nimmermehr zu schänden bedacht bin / sich versichern lassen / daß meine Seele nichts anders suchet noch sehnet / als von deroselben vor einen künftigen Gemahl angenommen zu werden /welches da ichs erhalten kan / mir die allerhöchste Vergnügung geben wird / im widrigẽ / werde ich nichts so emsig suchen / als meinem Fräulein durch die allerkräftigste bewährung darzutuhn / daß mein Herz niemand anders als ihrer vortrefligkeit könne ergeben seyn. Das Fräulein hielt diese Anwerbung vor gar zu dürre uñ kühn / stellete sich etwas erschrocken / und gab zur Antwort: Durchl. Fürst / dieses euer Liebe Ziel habe aus dero vorigen reden wegen meiner einfalt ich nicht absehen noch mir volstellẽ können /als die ich dergleichen anmuhtungen bißdaher allerdinge ungewohnet bin; bedanke mich zwar der hohen gewogenheit gebührlich / aber weil einem Römischen Fräulein / die ihren lieben Eltern und Anverwanden unterworffen und zum gehorsam verbunden ist / in dergleichen teidungen sich einzulassen / keines weges geziemen wil / wird eure Liebe fernere erklärung von mir nicht gewärtig seyn / deren sonsten geträue freundschaft biß an mein Ende zuerzeigen ich mich nicht wegern wil / uñ da ich mich selbst rühmen darff / leiste eben hiedurch euer Liebe ich schon eine wirkliche Freundschaft / wann dieselbe ich von solchem vornehmen und ihr selbst gar zu schädlichen Gedanken abrahte / weil ich weiß / daß da ihre Liebe dieses fortsetzen und erhalten würde / dieselbe sich ihrer lieben Eltern und aller Fürstlichen Erbschaft ewig verzeihen müste. Baldrich gedachte nicht anders / als das Fräulein suchete nur ertichtete außflüchte / sich seiner zuentbrechen / ließ deßwegen einen tieffen Seuffzer aus dem innersten seines Herzen / und sagte mit gebrochener Stimme: Nun meine Seele / so bitte dieses mehr als irdische Fräulein demühtig umb verzeihung /wegen deines unbesonnenen frevels / nim auch / ob gleich peinlich / dannoch willig an / was durch diese Frecheit du dir selbst auffgebürdet hast; ihr aber / trefliches Fräulein / gedenket ja nicht / daß ich deren außdrükliche wegerung unter einer ertichteten Furcht mir vorgehalten / vor unrecht außgeben oder anklagen wolle; nein / der Gehorsam euer Liebe versprochen /erfodert viel ein anders; sondern weil ich mir unternehmen dürffen / ihre Ohren durch meine verwägene Anwerbung zubeleidigen / wil ich der Straffe mich willig unterwerffen / nur allein wünsche ich / daß diese allerliebste Hand (die ihre drückend) die volstreckung der billichen Rache über sich nehmen / und mein gar zu freches Herz abstossen wolte. O du glükseliger Baldrich / daß du diese so trefliche volkommenheit gesehen hast! aber O du unglüklich-verwäge ner / daß du derselben dich hast dürffen fähig schätzen! So bestätiget nun / hochgebohrnes Fräulein /meine getahne verpflichtung / wodurch ich mich verbunden / niemand als nur ihr zu leben und zu sterben; und weil ich des ersten unwerd bin / mich auch nunmehr selbst vor einen solchen halten muß / weil ihre Urtel so gehet / wil ich das andere ja so bestendig volstrecken / als ich die Schuld des Todes über mich mutwillig gezogen habe; nur lasset diese meine willigkeit ein Zeichen meiner geschwornen träue seyn. Hiemit stund er auff / und wolte abscheid [320] von ihr nehmen / des gänzlichen vorhabens / noch diesen Abend hinaus in einen Wald zu reiten / und daselbst sein Leben durch Hunger zuendigen. Aber das Fräulein befürchtete noch ein schwerers / fassete ihn bey der Hand / und da er auffstund weg zugehen / sagte sie mit ganz verworrenem Gemühte zu ihm: Durchl. Fürst / und mein Ritter / wohin gedenket eure Liebe so eilig? Nach dem Ende meines Unglüks / antwortete er: Wo meinet aber eure Liebe solches anzutreffen? fuhr sie fort; ist es in der nähe / so nehmet mich mit /dann ich wolte des Unglüks auch gerne entladen seyn. Diesen Wunsch / sagte er / wird eure vortrefligkeit alsbald nach meinem Abwich erhalten / wann die Ursach ihres Unglüks wird aus dem Wege geräumet seyn. Daß sind dunkele Reden / antwortete sie / deren Verstand ich nicht begreiffen kan / bitte demnach /mich dessen klärern bericht zu tuhn / oder ich muß billich an seiner mir so teur versprochenen gewogenheit zweiffeln. Eben diese Gewogenheit / sagte er /weil sie mich gar zu verwägen gemacht / sol davor mögliche Busse angehen / und bitte die Götter / eure vortrefligkeit in stetem Schuz zu halten / mir aber zuverzeihen / daß ich habe lieben dürffen / welches ich nur solte angebehtet habẽ. Eure Durchl. leget mir grosse beschimpfung an / sagte sie / in dem sie mich über gebühr erhebet / dessen ich dann zu seiner Zeit gebührlichen abtrag fodern werde; nur bitte ich dißmahl / mich eigentlich zuberichten / wo des Unglüks endschaft anzutreffen sey / auff daß ich zugleich mit ihm dahin gelangen könne. Da werde ichs finden / antwortete er / da es keine Gewalt mehr über mich hat; ihre Liebe aber hat hieran keinen teil / weil sie keines verbrechens kan beschuldiget werden; bitte demnach mein Fräulein wolle ihren unwirdigen Knecht gnädig beurlauben / einen kurzen abtrit zunehmen. Ich habe über eure Durchl. mich höchst zubeschweren / antwortete sie / daß dieselbe sich vor unwirdig schelten /und mir einige Gnade über ihre Fürstliche Hocheit zulegen darff / und sol trauen alles auff ein Kläuel gewunden werden; sonsten willige in euer Liebe abtrit ich gar gerne / dafern dieselbe mir angeloben wird /auffs schleunigste sich wieder einzustellen. Dafern dir Götter mir solches gönnen / sagte er / gehorsame ich auch in diesem / wie in allen andern; aber was ist euer Liebe mit dessen Wiederkunft gedienet / der wegen begangenen frevels seine Augen nicht auffschlagen darf / uñ daher sich unwirdig achtet / den Himmel anzuschlagen / weil er dessen allervortreflichstes Geschöpff zu hart beleidiget hat? Das Fräulein zweiffelte an seinem wütigen Vorhaben nicht mehr / wuste aber vor Angst nicht / wessen sie sich erklären solte; dann sie merkete / daß er auch ohn ihre Bewilligung aufstehen wolte / davon zugehen / welches zuverhindern sie ihr gänzlich vornam / und zu ihm sagete: Durchl. Fürst / ich trage sehr hohe begierde / mit euer Liebe Frl. Schwester / Frl. Klaren in Kundschaft zugerahten / und derselben gehorsamlich aufzuwarten / nachdem deren vortrefliche Schönheit und Tugend mir von Fr. Libussen hoch gerühmet ist; da ich dann von deren Durchl. auch einen gedächtnis Ring zu überkommen hoffe. Alsdann wolle eure Liebe / antwortete Baldrich / meiner Frl. Schwester meinen Gruß anmelden / und zum Wahrzeichen unbeschweret andeuten / ich habe ihr begehren in Schweden geträulich verrichtet / aber die erhaltung sey mir erst über ein Jahr versprochen /alsdann sie alles nach belieben werde abfodern können. Wie? sagte sie / wil dann eure Liebe nicht mit uns in ihr Vaterland reisen? daß währe trauen ein schlechter Ritterdienst / dessen zu euer Liebe ich mich nit versehen hätte. O eure Liebe kränke doch meine Seele weiter nicht mehr / antwortete er / [321] weil dieselbe ja willig und bereit ist / den Sold / welchen sie verdienet / zuempfahen; man gebrauchet sich ja gegen arme Sünder wol der Folter / aber nicht / wann sie gutwillig alle Schuld bekennen / und ja so fertig sind / die Straffen auszustehen / als der Richter ist / sie anzulegen. Das Fräulein kunte so Herztreffende Reden nicht länger anhören / sagte deswegen zu ihm: Durchleuchtigster Fürst / ist einige ungetichtete Liebe in seiner Seele gegen meine Wenigkeit / so wolle er sich in dergleichen vorbringen mässigen / damit ich nicht ursach habe / mich seiner Unbilligkeit zubeklagen. Daß Eure Liebe ich vor meinen wahren Freund halte / habe ich schon heute nicht schlechten Beweißtuhm dargelegt /es wäre dañ / daß man über züchtiger Fräulein gebühr von mir fodern wolte / welches / wie ich weiß / eure Redligkeit nicht begehren kan. Mein Freund vernimt ja von mir / wie träulich ich es mit ihm meyne / indem ich ihm so auffrichtig vorstelle / was vor Unglük ihn wegen meiner Heyraht zustossen würde; nennet er dann solches eine Folter? hält er das vor eine Peinigung? Baldrich ergriff sich in etwas durch diese Reden / wuste doch nicht / wie ers verstehen solte /daß ihm diese höchstgewünschete Heyraht so schweres Unheil erwecken könte / und antwortete ihr: Durchl. Fräulein / was könte mir doch ein so glükseliges Engelchen vor Unglük bringen? oder meynet Eure Liebe / daß meine liebe Eltern uñ mein Teutsches Vaterland / solche Tugend und Schönheit hassen / die an ihr in solcher Volkommenheit hervor leuchten? Wolte der Himmel / daß ich sonst kein widerwärtiges in dieser Welt zugewarten hätte / würde ich dieses mit gutem Willen ertragen. Ja mein Durchl. Fürst / sagte sie / eben durch diese Reden gibt er an den Tag / daß er die meinen nicht recht verstehe / erachte mich demnach schuldig / ihm solche zuerklären; Anfangs aber ersuche ich Eure Liebe / meine Geringfügigkeit nicht über ihren Wert zuloben / damit vor derselben ich nicht schamroht stehen dürffe; Hernach erinnere ich dieselbe / daß ihr nicht unbewust ist /was gestalt sein Herr Bruder / GroßFürst Herkules /unangesehen seines gleichen an Ehre / Frömmigkeit und Tugend in der Welt schwerlich zufinden / dannoch von seinem Herr Vater und dem ganzen Vaterlande / bloß wegen seines Christentuhms und gottseligen Lebens angefeindet wird / daß man auch damit umgehet / ihn des Reichs nicht allein zuenterben /sondern noch darzu als einen Feind der Teutschen Götter in die ewige Acht zuerklären. Nun kan Euer Liebe aus auffrichtigem Herzen ich nicht verhehlen /daß nicht allein ich und meine liebe Eltern Christen sind / sondern überdas ich meinen Leib lieber zu Aschen verbrennen lassen / als denselben allein seligmachenden Glauben verleugnen / oder einen UnChristen an meiner Seite warm werden lassen wolte; und weil dieser mein Vorsaz weder durch Macht noch Güte / ja weder durch Pein noch Tod kan gebrochen werden / so sihet und verstehet Eure Liebe / wie grosse Ursach ich gehabt / dieselbe von ihren verliebeten Gedanken abzuzihen / die mir sonsten nicht unangenehm seyn könten / angesehen deren hohẽ Fürstlichen Stand / doch vielmehr deren Tugend und Frömmigkeit / und daß dieselbe mit meinem grösten Freunde GroßFürst Herkules in so naher Blutfreundschafft stehet. Au weh! antwortete Baldrich; nehmen dann so vortrefliche Fräulein auch diesen neuen Glauben an /welcher von aller weltlichen Obrigkeit mit höchster Straffe verfolget wird? Je warumb nicht? sagte sie /warum solten nicht so wol Weibes- als Mannesbilder ihrer ewigen Seligkeit acht haben? und zweifelt eure Liebe hieran? oder meynet sie / daß die GroßFürstin Fr. Valiska / und Fr. [322] Sophia / ja auch meine Wase und Schwester Frl. Sibylla / neben König Ladisla und vielen anderen unser Geselschafft eines anderen Glaubens leben? Ey mein Fräulein / antwortete er / so kan ich / was sie mir auch sagen mag / weder sie noch jeztgedachte Tugendergebene Herzen vor unkeusch und viehisch halten / und daher sie des unzüchtigen Christentuhms mit nichten beschuldigen; und ob der übrigen Art und Sitten mir gleich unbekant sind /weiß ich doch ungezweifelt / daß weder König Ladisla / noch mein Bruder Herkules mit unzüchtigen Gemahlen sich schleppen können / noch meine Wase Frau Valiska einigem Menschen in ungebühr zuwillen seyn. Das Fräulein entsetzete sich vor dieser Rede /und gab ihm mit zimlicher Ungestüm zur Antwort: So hält Eure Liebe unser Christentuhm und die viehische Unzucht vor ein Ding? O der grundgütige GOtt verzeihe euch ja diese schwere Gotteslästerung / weil sie verhoffentlich nicht aus Boßheit / sondern blosser Unwissenheit entspringet; Aber was muß doch vor ein abgeseimeter Bube seyn / der solche Abscheuhligkeiten von den unschuldigen Christen aussprengen darff / da keine heiligere noch keuschere Gesetzte / als eben der Christen / können gefunden werden / nachdem dieselben nicht allein äusserliche Unreinigkeit sondern auch die innerliche unzimliche Gedanken und Bewägungen vor Sünde halten / und davon abmahnen. Baldrich antwortete hierauf: Wird mein erzähletes von den Christen mit Unwarheit ausgegeben / so müssen alle unsere Pfaffen die gottlosesten Schelmen unter der Sonne seyn; dann ein solches bilden sie täglich grossen und kleinen / hohen und nidrigen ein / und erwecken dadurch einen solchen unversöhnlichen Haß in aller Menschen Herzen / daß wann einziger sich in meinem Vaterlande solte finden lassen / der sich vor einen Christen angäbe / oder nur ihren Glauben / wañ dessen gedacht wird / ungeschändet liesse / würde er ohn einige Gnade unsern Göttern / als das angenehmeste Opffer abgeschlachtet. So gebet ihr nun / Durchl. Fürst / selber zuverstehen /sagte sie / was grosse Gefahr Euer Liebe auff meiner Heiraht stehen würde / und er daher meiner auffrichtigen Träue sich wol versichern kan / weil ich ihn von diesem Vorsatze so herzlich abrahte / massen eine lautere Unmögligkeit ist / daß umb seinet / oder einiges Menschen willen / wer der immer seyn mag / ich meinen Glauben verlassen / und einem andern zugefallen zum Teuffel fahren wolte / sondern vielmehr willig und bereit bin / umb meines Gottes willen mein zeitliches Leben herzlich gerne einzubüssen / wans von mir solte gefodert werden / worzu auch ein jeder rechtschaffener Christ sich gefasset hält und haltẽ muß; Und ob zwar zwischen Heyden und Christen die Heiraht zugelassen ist / wie dann Euer Liebe ich vertraulich offenbahre / daß die Frau Stathalterin meine Fr. Wase / den Christlichẽ Glauben mit ihres Gemahls Zulassung stets bekennet hat / so habe ich doch in meinem Herzen es meinem Gott äidlich angelobet /daß nimmermehr kein UnChrist mein Bräutigam oder Gemahls seyn sol; Wolle demnach mein Fürst und Ritter erkennen und erwägen / daß unsere Ehe durch seine gar zu grosse Gefahr und durch meine lautere Unmögligkeit gehindert wird / massen ich gar nicht zweifele / er werde dieses bey ihm gelten lassen / daß ich schuldig bin / mehr meinen Gott / als einigen Menschen zulieben. Ach mein außerwähltes Fräulein /antwortete er / ich bitte sie durch ihren Gott / dem sie so fest anhanget / sie wolle ihre Liebe mir nicht so gar vor der Faust abschlagen / und mir diese Frage beantworten; daß wann ich ihrem Gott mich auch ergeben /und denselben unter die meinen auffnehmen [323] würde /ob dann nicht die Unmögligkeit an ihrer seiten zerginge. Nein / Durchl. Fürst / antwortete sie; eine solche Beschaffenheit hat es gar nicht mit unserm Glauben /daß man zugleich unsern Gott / welcher der einige wahre Gott ist / bekennen / und nebest demselben andere Götter / die alle übern hauffen falsch und ertichtet sind / verehren könte; sondern der allererste Grund unser Christlicher Lehre ist dieser / daß wir allein allein unsern einigẽ wahren GOtt / als einen Gott fürchten / lieben / ehren / und alle andere falsche / betriegliche / ohmächtige und nichtige Götter verachten /verwerffen / und aus unserm Herzen verbannen müssen; und weil wir krafft unser Lehre / und bey Verlust der ewigen Seligkeit / nicht anders können / so ist diß die vornehmste Ursach / daß die Heyden uns so hart verfolgen / und mit grossen Hauffen tödten. Es ist ein hartes / sagte Baldrich / daß in diesem stük euer Gott von euch erfodert. Ach nein / sagte das Fräulein lächelnd / es ist nichts als die höchste Billigkeit; dann sehet / mein Fürst / wann jemand von euch erfodern wolte / ihr soltet nicht allein die Tapfferkeit / sondern auch die Furchtsamkeit; nicht allein die Gerechtigkeit / sondern auch die Ungerchtigkeit; nicht allein die Keuscheit / sondern auch die Unzucht und Ehebruch; nicht allein die Warheit / sondern auch die Lügen vor herliche Tugenden und vor gut halten; woltet ihr ihm auch folge leisten? So währe ich nicht wert / daß mich der Erdbodem trüge / antwortete er / wañ ich nicht lieber tausend Tödte über mich nähme / als dieses einwilligte. Und so müste ich / sagte das Fräulein / lieber tausendmahl tausend Töde über mich nehmen / als dasselbe vor meinen Gott halten / was falsch / errichtet / nicht und teuflisch ist; dann Gott ist mehr als Tugend. Mein Fräulein redet recht und wol / sagte er /aber woher wil man erweisen / daß euer einiger Gott nur der wahre / und alle andere falsch und nichtig sind? Dessen bin ich so gewiß und versichert / antwortete sie / daß ich allen übrigen Göttern / meinen einigen ausgenommen / Troz biete / ob einer so mächtig sey / dz er mir ein einziges Häärlein kränke; und wann wir diese ganz unfehlbahre Gewißheit nicht hätten / so währen wir die allerelendesten und unwitzigsten Menschen; und was könte uns doch so beständig im Glauben / und so willig zum Tode machen / wann wir diese Gewißheit nicht hätten: O nein mein Fürst /wir sind Gott Lob unserer Sinnen nicht beraubet /noch der Vernunfft entlauffen / sondern unser Glaube ist das allergewisseste Vertrauen / welches durch keinen Teuffel noch Menschen kan gebrochen werden /wann wirs nicht selbst boßhaffter weise tuhn; Und dafern Euer Liebe dereins gefallen könte / sich dessen berichten zu lassen / wird sein Herr Bruder / oder dessen Gemahl (die eine ausbündig-gelehrte Christin ist) ihm ein solches nicht versagen. Gnädiges Fräulein /sagte er hierauff / darf ich noch um einer einzigen Frage Beantwortung anhalten? Nicht nur um eine /antwortete sie / sondern umb alle. Ich traue ihrem versprechen / sagte er / sonst würde ich mich nimmermehr so weit erkühnen; möchte demnach herzlich gerne wissen / ob dann / im falle ich ein Christ würde / mein voriges ansuchen stat finden könne; und damit Ihre Liebe desto gewissern fuß habe / verspreche ich hiemit und kraft dieses festiglich / daß wann nichts schändliches in ihrer Christlichen Lehre enthalten wird / wie ich solches nunmehr schon vor gewiß halte / ich morgen umb diese Zeit schon verhoffe ihres Glaubens zuseyn. Das Fräulein / weil sie ihn herzlich liebete / ward dieses erbietens überaus froh / ließ sich doch nichts sonderliches merken / und gab zur Antwort: Durchl. Fürst / währe ich bedachtsam verfahren / hätte unter allen [324] Fragen / die mir können vorgestellet werden / ich diese einzige billich sollen außnehmen /weil einem Fräulein nicht geziemet / ein solches zubeantworten / ehe und bevor sie dessen von ihren Eltern / oder die ihnen an Eltern stat gesetzet sind /außdrüklichen Befehl hat / wie dann solches unsere Christliche Lehre im Munde führet; Weil ich aber durch mein Versprechẽ zu einer Antwort mich habe verbindlich gemacht / wil ich leisten / so viel mir der Wolstand gönnet / und Ihrer Durchl. verheissen / daß derselben ich frey stelle / bey meiner Gn. GroßFürstin hierumb zuwerben / welche von meinen lieben Eltern Volmacht hat / mich zuverheirahten / so hoch halten sie dieselbe; inzwischen gebet / bitte ich / eurem inständigen ansuchen bey mir selbst / einen geringen Auffschub / und lasset / als ein vernünfftiger Fürst und Tugendhaffter Ritter die güldene Mässigkeit in eurem Herzen nicht ersterben; Ich lauffe ja diesen Abend nicht hinweg / habe auch Euer Liebe schon mehr anlaß gegeben / als mir geziemet; doch ehe etwas weiters gesucht und vorgenommen wird / muß Eure Liebe zuvor bessern Unterricht wegen des Christentuhms einnehmen / welches aber vor morgen früh nicht geschehen kan; Wolle demnach dieselbe alle Schwermühtigkeit beyseite legen / und sich frölich erzeigen / dafern ich dieselbe vor meinen Ritter und wahren Freund halten sol; Vor allen dingen aber muß sie noch zur zeit unsere Unterredung keinen Menschen wissen lassen / es währe dann / daß sein lieber Geselle seiner innigsten Heimligkeiten in wahrer verschwiegenheit dürffte teilhafftig seyn / als welcher / wie mich dünket / mit meiner herzlieben und vertraueten Schwester Frl. Sibyllen gleiche Handlung fortzusetzen bemühet ist / daß ich fast argwohnen muß / sie seyn dessen beyde eins worden / uns unwitzige schwache Töchter mit solchem hefftigen Liebessturm zuüberwältigen; welches sie mit einem freundlichen lachen beschloß. Baldrich richtete hierdurch seine fast nidergeschlagene Geister wieder auf / hatte aber keine gelegenheit es zubeantworten / weil er von Fr. Ursulen zum Tanze aufgefordert ward. Siegward fand unterdessen viel eine volkommenere Vergnügung; dañ wie er seine harte Ansprengungen abermahl ergehen / und seiner grossen Liebesangst sich vernehmen ließ / nebest dem hochbeteureten erbieten / wie inbrünstig er zeit seines Lebens ihr dienen wolte / gab sein Fräulein ihm dieses zur Antwort: Vor dieses hohe Versprechẽ bedanke ich mich billich und von herzen / sol auch zu seiner Zeit / da ich dessen grössere freiheit haben werde / unvergolten nicht bleiben; daß aber Eure Liebe sich über mich noch beklagen /und ein mehres / als ihm schon heut versprochen und gewilfahret / suchen darff / befremdet mich nicht wenig. Kan ich mehr / als schon geschehen ist? oder begehret mein Herr Bruder / daß seine Schwester die Zuchtbahn überschreiten sol / dessen sie von ihm dereins hohẽ Verweiß einnehmen müste? Welches Fräulein hat einem Mannesbilde mehr freihet gegönnet /als Euer Liebe ich heut übersehen müssen? dessen ich mich mehr als keines Dinges schäme / und die Augen vor ihm kaum auffschlagen darff. Also gelebe zu meinem vertraueten Freunde ich der festen Zuversicht / er werde sich am geschehenen biß dahin vergnügen lassen / und das übrige bey meiner Fr. Schwester suchen / damit ich nicht ursach habe / ihn einiger Unbescheidenheit anzuklagen / dessen ich von herzen gerne möchte geübriget seyn / würde mich auch sehr schmerzen / wann mein Erlöser sich geringer Mässigkeit in dieser Stad / und in meines H. Vettern Behausung / als in der Wüsteney und Räuberhöhle gebrauchen wolte / und er / wann ichs sagen sol / meine Fr. Schwester dergestalt an seiner seiten [325] hat / daß er wenig ursach hat / sich groß zufürchten. Es kunte Siegward in seinem herzen nicht leugnen / daß er dem Fräulein durch etliche gar zu kühne Reden / gnug ursach gegeben hatte / ihm den eingemischeten Verweißzupredigen / baht deßwegen demühtig umb Verzeihung / und erboht sich / hinfüro der gebührlichen Bescheidenheit zugebrauchen. Es machte sich aber Frl. Lukrezie hin zu der GroßFürstin / und erzählete ihr / was vor abscheuliche Meynungen Fürst Baldrich von dem Christentuhm führete / und nachdem sie ihn eines andern berichtet hätte / er außführlichere Erklärung alles dessen begehrete / worin eigentlich solcher Glaube bestünde / auch was Gesetze zuhalten den Christen vorgeschrieben währen / damit er seinen Herrn Bruder bey seinen Eltern entschuldigen / und ihm freyen Zutrit zu sein ErbFürstentuhm machen könte. Die GroßFürstin ließ solches alsbald an Herkules und Ladisla gelangen / denen hierzu so liebe wahr / daß sie ihre freude nicht kunten verbergen / insonderheit / da Frl. Sibylla ihnen daneben anzeigete /daß Fürst Siegward ihr schon verheissen / den Christlichen Glauben anzunehmen; welche doch nur Schamröhte davon zum Botenlohne trug / dann Herkules sagte zu ihr: Ich dürffte aus dieser Schickung fast vor gewiß schliessen / meine Frl. Schwester habe den Fürsten durch ihre Schönheit darzu anlaß gegeben; und dafern dem also; wünsche ich meiner Frl. Schwester zu dieser Heiraht Gottes Segen / und alles gedeiliche Fürstliche Wolergehẽ / dieselbe zugleich versichernd / dz in der Welt ich ihr keinen zum Gemahl lieber / als eben diesen Fürsten wünsche. Ach mein Durchl. GroßFürst / antwortete sie / verdiene ich dann durch meine Einfalt dermassen beschimpffet zu werden? gewißlich / da ich solches hätte wissen sollen /würde ich einen andern außgeschicket haben / euer Liebe dieses zuvermelden. Vertrauete Frl. Schwester /sagete er / habe ich dann nicht macht / ihr meines herzen Wunsch und Meynung zu offenbahren / nachdem sie ja meine ihr zugetahne Seele wol erkennet? nam hiemit ihre Hand / küssete ihr dieselbe / und fuhr also fort: Eure Liebe wolle mich dann berichten / ob sie so grossen Wiederwillen gegen meinen Oheim und nähesten Anverwanten träget / daß sie meinet / durch dessen ahnung beschimpfet zu werden / alsdañ wil ich mich schon hüten / daß ich nicht allein seinen Nahmẽ nicht mehr nenne / sondern werde allen fleiß anwenden / ihn zubereden / daß er gleich Morgen alsofort davon reite / umb durch seine gegenwart eure Liebe keine wiederwertigkeit zuverursachen. Frl. Sibylla wuste nicht / ob sie dieses vor Schimpf oder Ernst annehmen solte / biß Ladisla mit darzu redete / und also anfing: Hochgebohrne Frl. Wase und Schwester / sie wolle sich / bitte ich sehr / an meines lieben Bruders Reden nicht ärgern / massen derselbe allemahl im brauche hat / die verliebeten Herzen umzutreiben. Ach nein / antwortete sie / hohe Zeit ist es / daß ich gehe / damit ich nicht gar zum Spotte werde; jedoch versichert euch / König Ladisla / daß ich mich an euch beyden rächen wil / dafern mir nicht diesen Abend abtrag geschiehet; kehrete sich hiemit umb /und ging hin zu Fr. Sophien / ihr diesen Spott zu klagen / von welcher sie noch kurzweiliger empfangen ward / massen dieselbe fragete / auff welchen Tag sie dann das Beylager bestimmet hätten; worauff sie zur Antwort gab: Nun erfahre ich des alten Sprichworts unleugbahre Warheit;Gute Freunde in der Noht /gehen wol hundert auff ein Loht; Ich habe eures rahts nie mehr / als eben jezt von nöhten / und muß nur euren Spott in mich fressen; ich bitte euch aber von herzen /machet daß vor schlaffen gehens ich mit euch allein reden möge; wo nicht / und ihr mich [326] ferner umbzutreiben gesonnen seid / schwöre ich / daß ich morgen nach Rom fahren / uñ mich meiner Eltern Rahts gebrauchen wil. Gebet euch zu frieden / mein Schwesterchen / sagte sie / Ihr und Frl. Lukrezie sollet hinte meine Schlaffgesellen seyn / da wir uns Schwesterlich zubereden Zeit genug haben werden. Unter diesem Liebes-getrieb (den fast alle Anwesende merketen /und schon ein mehres als wahr / urteileten) hatte Arbianes sein Gespräch mit Frl. Helenen / die in ihrem Herzen den beyden Fräulein sehr neidig wahr / daß ihnen von den Teutschen Fürsten so wol auffgedienet ward / und sie bey dem Meden sitzen muste / welcher ihr von keiner Liebe schwätzete / suchete auch gelegenheit / abscheid zu nehmen / wie sie dann unbegrüsset alles Frauenzimmers davon ging / nur daß sie bey Fr. Sophien sich einer Unpäßligkeit annam / und mit einem bitteren Lachen sie erinnerte / bald darzu zutuhn / daß den Verliebeten zu ihrem Zwegk verholffen würde. Welche aber sich mit ihr einzulassen nicht gemeinet wahr / sondern sie auff ihr begehren willig erließ; und bekam hiedurch Arbianes gelegenheit / hin zu Baldrich und Siegward zu rücken / mit denen er diesen Abend vertrauliche Brüderschaft machete /welche biß an ihr Ende steiff und fest wehrete. Als die Zeit wahr / schlaffen zu gehen / meldete Fr. Sophia ihrem Ladisla an / sie hätte sich diese Nacht einem andern Schlaffgesellen versprochen / würde deßwegen nit ungeduldig seyn / massen die beyden Fräulein ihres rahts und trostes begehreten / könte leicht muhtmassen / daß sie von den beyden Fürsten zimliche anfechtung erleiden müssen. Ladisla ermahnete sie /allen fleiß anzuwenden / daß solche Heyrahten vor sich gingen / woraus viel gutes entstehen könte / er wolte diese Nacht bey Herkules bleiben / und möchten sie seine Fr. Schwester mit sich nehmen; dessen sie hoch erfreuet ward / weil sie nur immerzu suchete / bey und umb ihr zu seyn / welche auch nicht minder freundlich sich gegen sie anstellete / ward dieses vorhabens von ihrem Herkules bald berichtet / deßwegen sie sich zu Frl. Lukrezien machete / und zu ihr sagete: Herzen Schwesterchen / ihr werdet hinte mein Schlaffgeselle seyn / weil mein Gemahl und Bruder beysammen bleiben werden / und hätten wir so ein raumes Lager / wolten wir unsere beyden Schwestern zu uns nehmen. Fr. Sophia kam gleich darzu gangen /und sagete: Daran sols nicht fehlen / wann nur ihre Liebe uns bey sich dulden kam. Geschahe auch kurz hernach ein algemeiner Auffbruch / und wurden die beyden Fräulein von den verliebeten Fürsten biß vor ihre Schlaffkammer begleitet / woselbst auff bitliches ansuchen ihnen ein ehrliebender Kuß gegönnet ward /doch mit dem bedinge / wie Frl. Lukrezie vorgab /daß dessen Morgen nicht gedacht / viel weniger es wiederhohlet würde / welches Baldrich mit anwünschung einer seligen Nachtruhe beantwortete; Fr. Sophia aber Siegwarden erinnerte / daß wann sie ihrer Liebe glüklichen fortgang haben wolten / müste es durchaus zu vor wegen des Christentuhms seine richtigkeit haben / sonst währe alles vergebens und umsonst; würde demnach er mit seinem Gesellen abrede nehmen und Morgen früh gar zeitig vor diesem Gemache sich finden lassen / alsdann wolten die Fürsten und sie deßwegen mit ihnen fernere unterredung pflegen / und nachgehends das übrige zuverrichten ihnen lassen angelegen seyn. Siegward versprach demselben nachzukommen / und schied mit seinem Gesellen wolvergnüget davon / wie auch das Frauenzimmer nach abgelegter Kleidung sich zur Ruhe legeten; jedoch nam Fr. Sophia zuvor Frl. Sibyllen absonderlich vor / mit bitte / ihre Liebesheimligkeit ihr nicht zuverschweigen / damit man den Sachen einen gewünscheten [327] außschlag geben könte / nachdem ja billich währe / und die Dankbarkeit wegen geleisteter sehr hohen verdienste erfoderte / daß man einen solchen Königlichen Fürsten nicht mit vergeblichen Worten hinhielte / ihm eine solche Hoffnung zu machen / und wann es an den Schluß gehẽ solte / ihn schimpflich abzuweisen worzu ich doch euer Gemüt / sagte sie / viel zu redlich weiß; zwar mir ist wol bekant / setzete sie hinzu / wie schwer es einem Fräulein eingehet / dasselbe andern zu offenbahren / was von einem Mannesbilde mit ihr in Heyrahtsachẽ gehandelt wird / weil ihr aber mein Schwester Herz kennet / und daß eure Wolfahrt ja so hoch als meine eigene mir anlieget /werdet ihr kein bedenken tragen / mir zu melden / ob ihr willens seid / den lieben Fürsten zu ehelichen oder nicht. Das Fräulein antwortete hierauff: Herzallerliebste Fr. Schwester / ich gläube nicht / daß einiges Fräulein in so kurzer Zeit mehr bestürmung ausgestanden / als ich gestern und heut / sehe auch nicht /wie ich mich sein endlich erwehren sol; zwar wann wegen beschehener Rettung / ich ihm nicht Ehren-und dankbarkeit halben so viel übersehen müste /hätte er wol etliche gute auswischer verdienet / nicht daß er mir ungebührliche sachen angemuhtet hätte /sondern daß in den zulässigen er das Ziel der mässigkeit überschreitet. Mein geliebtes Kind / sagte sie /wann unsere Buhler / die uns herzlich und in ehren meinen / nicht aus den Schranken der Erbarkeit weichen / müssen wir ihnen einen kleinen muhtwillen übersehen / insonderheit / wann die erste Liebe / die am hefftigsten fähret / sie antreibet / dann sie können ihren willen nicht so wol hinterhalten / als die Fräulein / sintemahl alles ihr beginnen zu Schimpf und Ernst feurig und begierig ist / so daß sie mehr mit bescheidenheit als hartem verweiß sich lenken lassen; aber ihr habt mir meine Frage noch nicht beantwortet / ob ihr des lieben Fürsten ansuchen stat zugeben gesonnen seid. Ach ach! antwortete das Fräulein / ich bin noch viel zu blöde / diese erklärung abzustatten /sonsten da mir Gott diesen Fürsten zum Gemahl versehen hätte / und meinen lieben Eltern es nicht zu wieder währe / könte ich mit ihm sehr wol friedlich seyn / würde auch nicht minder an ihm / als eure Liebe an König Ladisla einen ergebenen Gemahl haben / wo sonst seinen reden einiger Glaube beyzumässen ist. Wollet ihr dann / sagete Fr. Sophia / es in meine Hand stellen / nach belieben zuverfahren / wie vor euren Eltern ichs werde verantworten können? so wil euer blödigkeit ich dergestalt zu hülffe kommen /daß ihr meine träue daher spüren sollet. Und wessen solte ich mich hierin lieber gebrauchen / antwortete sie / als eben der ich meine himlische glükseligkeit allein zu danken habe / dann ich bin gewiß / daß dieselbe mir weder böses rahten noch mich verrahten wird; aber wir müssen von unsern Eltern uns keine grössere einwilligung einbilden / als etwa erfolgen möchte /daher michs nöhtig däucht / daß man deren Erklärung erwarte. An deren bewilligung / sagte Fr. Sophia /trage ich nicht den allergeringsten zweiffel / und hat mein H. Vater volko ene gewalt von euren Eltern /euch nach gutdünken außzusteuren / wie ihr dann wol wisset daß sie euch als einer verständigen und züchtigen Tochter den freien Willen gegeben / und überdas euch bekant ist / daß sie nicht willens sind / euch zu Rom zuverheyrahten / weil an keinem Orte der Welt redlicher Weiber Ehre mehr angefochten wird / als eben daselbst / insonderheit / wañ die frechen neuen Käyser die Herschaft antreten / und ihren Lieblingen und andern Gewalthabern allen muhtwillen verstatten. Woldann / sagte hierauff das Fräulein / wann meiner Fr. Schwester es also gut und rahtsam deucht / verfahre dieselbe ihres gefallens / jedoch daß [328] unser Beylager nicht so schleunig fortgesetzet werde / wie ihrs jenesmahls mit Fr. Libussen und Brelen triebet. Ich wil ihm schon wissen recht zu tuhn / sagte sie / deß solt ihr euch zu mir Schwesterlich verlassen; nam sie damit bey der Hand / und führete sie an den Ort / wo die GroßFürstin mit Frl. Lukrezien von gleicher teidung schwätzete / die sich aber sehr weit zu werffen wuste; es hätte der Fürst zwar seine gute Gewogenheit mit nicht unzierlichen Reden ihr zuverstehen gegeben / daß sie aber solche als unter dem schein einer Heyraht solte angenommen haben / hätte gar keine Gefahr; so währe sie auch der Freyheit nicht / in solchen sachen vor sich selbst zu handeln / weil sie sich wol erinnerte / daß sie der GroßFürstin angelobet / ohn ihr vorwissen und willen dessen nichts zubeginnen / massen ihr in stätem Gedächtnis läge / daß ihr H. Vater /ihr ernstlich befohlen / ihrer Liebe nicht anders als einer Mutter zugehorsamen. Die GroßFürstin hätte der Reden gerne gelachet / hörete aus ihren Worten /wie saur es ihr ward / den eingeschlucketen Angel zuverbergen / stellete sich doch allerdinge einfältig / und sagte: O du geliebter Bruder / Fürst Baldrich / an was unseligen Ort hastu dein Herz gewendet / nehmlich zu dieser unbarmherzigen Fräulein / die in der nähe deine bittere Seufzen nicht hat hören können / die ich von ferne so klar erkennete / als hättestu sie mir in die Ohren geruffen; wie ists aber möglich / meine allerliebste Frl. Schwester / daß eure Seele so rauch und hart seyn / und die wachende auffmerkende Sinnen allerdinge unempfindlich machen kan? Ich wil anjezt nicht streiten / ob mein BruderBaldrich wirdigkeit halben sich bey euer Liebe angeben dürffe / nur führe ich ihr dieses zugemühte / er ist eures ergebenen Bruders Herkules leiblicher und einiger Bruder / ihm weder am verstande noch Tugend so gar ungleich. Nun erinnert sich eure Liebe gleichwol billich / wie hoch sie sich demselben verbunden / und möget sein Fleisch und Blut so verächtlich halten. Mir zweifelt nicht / er müsse diesen Tag von euer Liebe mannichen herben Trunk eingenommen haben / dann ich sahe eigendlich / wie ihm nach empfangener saursichtigen Antwort / die Augen vol Wassers stunden / daß ich etlichemahl willens wahr / ihn von euer Seiten hinweg zuführen / damit ihm die Augen wegen gar zu grosser Angst nicht brechen möchten. Nun erkenne ich ja euer Liebe gewöhnliche Sanftmuht gar wol / daher ich schliessen muß / er werde aus gar zu inbrünstiger Liebe sich gegen dieselbe etwas verhauen haben; aber / mein Schwesterchen / es köñen die jungen Mäñer nicht eben die Worte auff der Goldwage führen / insonderheit / wann sie durch Schönheit zur Liebe angedrungen werden / dañ können sie nicht umhin / durch Worte an den Tag zugeben / was sie im Herzen wünschen. Jedoch wil ich ihn eben nicht entschuldigen /nur eine Vorbitte vor ihn als meinen nähestẽ Anverwanten anzulegen / bemühe ich mich / ob ich so glükselig seyn / und ihm dieses Fehlers Verzeihung erhalten könte. Das Fräulein wuste hierauff nichts ertichtetes vorzubringẽ / das einigen Schein der Warheit hätte / wolte sich doch selber nicht verrahten / sondern gab zur Antwort; Ob der Fürst so traurig und bestürzt solte gewesen seyn / hätte sie nicht merken können viel weniger hätte sie ihn einiger Unhöfligkeit oder ungebührlicher Reden zu beschuldigen; nachdem aber ihre Liebe so genaue acht auff ihre Unterredung gehabt / müste sie bekennen / daß er sehr inständig auff eine ihr unmögliche Erklärung gedrungen / währe aber von ihr beantwortet / daß Jungfräuliche Zucht nicht wüste / solcher gestalt sich heraus zulassen /welches er ihr nicht verargen würde / nachdem sie unter ihrer lieben Eltern [329] Gewalt sich befünde; Daß aber Eure Liebe / sagte sie ferner / mir einigen Unwillen gegen diesen Fürsten zuleget / so antworte ich hierauff wol bedächtlich / daß ich ihn vielmehr ehre und züchtig liebe / auch durchaus keine Ursach habe /ihn anzufeinden; Wolle demnach meine Gn. Groß Fürstin dieses Verdachts mich gnädig erlassen / massen ich dieselbe hoch und teur versichere / daß ich lieber sterben / als einigem von den ihrigen widrige Gedanken zuwenden wolte. O wie hoch erfreuet mich dieses / antwortete die Groß Fürstin / ja viel höher als ich ausreden kan / und solches nicht allein meinet /sondern auch ihrer lieben Eltern wegen / dann mein Schwesterchen weiß / wie hoch dieselben auff meinen Gemahl halten / bin auch versichert / daß ihnen die angenehmeste Zeitung seyn würde / wann sie vernehmen solten / Eure Liebe währe mit meines Herkules Bruder verheirahtet. So bitte ich nun schwesterlich /sie wolle mir den Grund ihres Herzen entdecken / ob sie mir volle Macht geben könne / hierin zuhandeln /damit eure Seele beyderseits / und hiedurch zugleich die meine vergnüget werde. Das verliebete Fräulein kunte die ertichtete Stellung weiters nicht fortsetzen /küssete der Groß Fürstin die Hand / und gab diese Antwort: Durchleuchtigste Groß-Fürstin / womit hat ihre unwirdige Dienerin doch verdienet / dermassen inniglich von ihr geliebet zuwerden / da doch einige Wirdigkeit an ihr nicht ist noch entstehen kan; meine Seele hat nie hefftigers in dieser Sterbligkeit gewünschet / als ungetrennet bey ihrer Liebe zuseyn / und an dero Holdseligkeit sich zuergetzen / und spüre anjezt /daß meine Groß Fürstin damit schon umgehet / dessen einen unbewäglichen Grund zulegen. Als mir nun unmöglich ist / derselben zuwiderstreben / auch neben meinen lieben Eltern die Gewißheit habe / Eure Liebe werde ausser meiner Wolfahrt durchaus nichts mit mir vornehmen / so untergebe derselben ich mich in dieser Sache / wie in allen andern / ganz und gar / mit Bitte /meiner lieben Eltern stat neben Groß Fürst Herkules zuvertreten / und nach ihrem gutachten zuverfahren. Sie wolte weiter reden / aber Valiska umbfing sie freundlich / küssete ihren Mund zu unterschiedenen mahlen / und sagte zu ihr: Herzallerliebstes Schwesterchen / also wird mein Wunsch erfüllet / daß wir ungetrennet mögen bleiben; und O möchte ich diese Erklärung vor einer halben Stunde gewust haben / alsdann solte der liebe Fürst nit mit solchem Unmut von uns geschieden seyn; aber seyd gebehten / uñ verleihet Fürst Siegwarden ein gut Wort bey Frl. Sibyllen /damit er gleiche Erklärung von ihrer Liebe erhalten möge. Das würde ein lauter überfluß seyn / antwortete sie / massen ich schon weiß / daß ihre Zusage biß an der Eltern Bewilligung sich heraus gelassen hat / so sind sie auch einem andern zimlich geheim / daß mich wundert / woher sie diese Kühnheit genommen / angesehen der grossen Scham / deren sie bißher sich allemahl gebrauchet hat. Gleich traten Frau Sophia und das Fräulein zu ihnen hin / und nach Erzählung / wz jedwede verrichtet / entstund allerseits grosse freude; jedoch bahten die Fräulein / daß den Fürsten ihre Erklärung nicht alsbald möchte zuwissen gemacht werden / hielten mit einander ihr andächtiges Abendgebeht / und legten sich alle viere auff ein Lager. Die Fürsten erzähleten gleicher gestalt einander / wie es mit ihren liebsten Fräulein ihnen ergangẽ währe / insonderheit hielt Siegward seinem Gesellen vor / daß ihrer Liebe Niessung keines weges erfolgen würde /dafern sie nit den Christlichen Glauben annähmen /den sie biß daher so abscheuhlich gehalten / er aber schon so viel von seinem Fräulein verstanden / daß nichts heiligers könte erdacht noch gefunden [330] werden. Ja / sagte Baldrich / unsere Pfaffen müssen gewißlich selbst von andern hintergangen / oder die abgefeimdesten Buben seyn / und in Errichtung solcher Schandlügen nur ihren Nutzen suchen; Dann vorerst geben sie vor / es trete niemand zu dieser Lehre / als offentliche übeltähter / und die von allen Tugendergebenen gehasset werden; ja / keinerley art der Unzucht werde von ihnen / so wol Weibes- als Mannesbildern unterlassen; bey ihren Zusammenkunfften werden so abscheuhliche Laster begangen / wovor ich mich entsetzet / und es nicht anhören mögen. Wer wolte aber von meinem Bruder und Oheim / ja von ihren züchtigen Gemahlen und den Tugendliebenden Fräulein ein solches gedenkẽ / geschweige gläuben können? Dieses alles / antwortete Siegward / ist mir von meiner herzgeliebten Fräulein heut früh auf der Gutsche zu voller gnüge benommen / und dagegen angezeiget /alle ihre Gesetze bestehen in der Ehre des wahren Gottes / des nähesten Liebediensten / und Enthaltung von allen Lastern. Ja nicht allein böse Tahten / sondern auch unzimliche Gedanken / werden ihnen allerdinge verbohten; Sihe Bruder / wer kan solches tadeln? können auch die Götter selbst heiliger leben? Zwar dieses gestund mein Fräulein / dz sie alle unsere Götter vor nichts achten / schalt sie vor ertichtete und allerdinge ohmächtige / und bestätigte / es währe nur ein einziger wahrer Gott / der Himmel und Erden erschaffen / und von Ewigkeit allemahl gewesen sey. Hievon müssen wir nun bessern Bericht einnehmen alsdann können wir uns erklären / was wir tuhn oder lassen wollen. Das allerhärteste in dieser Sache ist dieses / sagte Baldrich / daß ihr Gott keinen andern neben sich leiden wil; ich wolte der Christen Gott gerne ehren / wann ich nur auch die unsern nicht schändẽ dürffte / denen ich mich gleichwol bey den Opfern ehemahl äidlich verbunden habe. Bistu der Meynung sagte Siegward / so mustu dich fertig halten / deiner Götter Gottheit zubeweisen / deßwegen suche hervor / was du irgend weist oder gehöret hast / die Irmen Säul oder den Krodo oder deine Göttin Freia ausgerichtet zuhaben / das der unfehlbaren Gottheit wert sey. Dessen könte noch wol etwas auff die Bahn gebracht werden / antwortete er / wann ichs alles genau überlegen wolte; aber meynestu dann / daß deine Schwedische uñ Gothische Götter / der Thorr /Othin / Methon Wagnost / Haddig / Wodan / Fricko /Rostioff / und Rostar / wie auch deine Göttin Frigga /allerdinge nichtig und errichtet seyn? trauen was man so lange Zeit her vor Gott gehaltẽ uñ verehret hat /muß gleichwol nit vor gar nichts geachtet werden. Doch wir werden uns zur Ruhe legen / und morgen zuvernehmen haben / was uns davon vorgetragen werden sol. Diese Nacht brachten Herkules und Ladisla mehrenteils mit behten zu / daß Gott diese beyden Fürsten erleuchten / und zur Erkäntniß der Warheit möchte kommen lassen / und erwarteten des Morgens mit verlangẽ. Baldrich aber und Siegward hatten wol eine rechte Angst Nacht; dann kurz nach Mitternacht /da sie im tieffen Schlaffe lagen / kahmen ihnen zwölff feurige Götzenbilder vor / unter denen die eine schien ein Weibesbild seyn; In ihren Händen hielten sie teils grosse Kriegsfahnen; andere / blutige Schwerter; etliche Korn und Milch; etliche breñende Kerzen; die Göttin aber einen Liebes Bogen mit zierlichen Pfeilen / und auff der Schulder ein zartes Knäbelein. Sie sahen alle mit einander anfangs sehr grimmig aus /und hinter ihnen wahr ein schwefelbrennendes Feur angezündet. Die beyde Fürsten empfunden daher im Schlaffe ein grosses grausen / und wahr ihnen nicht anders zumuhte / als wolte ihnen [331] das Herz aus dem Leibe steigen / insonderheit Baldrichen / als welchen sie am grimmigsten ansahen / und zwar anfangs ohn einiges Wortsprechen / biß endlich Irmen Seul also zu den andern Gespensten anfing: Was dünket euch ihr lieben Brüder und Mit-Götter / insonderheit Bruder Krodo und Schwester Freia / was dünket euch dieselben verschuldet zu haben / welche undankbahrer meinäidiger weise sich unterstehen dürffen / nicht allein von uns abzutreten / sondern unsere Gottheit als ein Geticht und nichtige Erfindung zuverachten und zulästern? Uns dreyen haben es die Teutschen zudanken /daß sie von der Römer Joch frey blieben / daß sie ihr altes Vaterland bewohnen / und darinnen in gutem Friede und Wolstande leben; Wir haben das alte Königliche Geschlecht bey ihnen erhalten / uñ alles Verderben von ihnen abgekehret. Ihr anderen Mit-Götter habt das freye Schweden und Gothen-Volk unter eurem Schuz gehabt / und ihnen gleiche Träue und Hülffe erzeiget; und nun wird uns von ihren jungen frechen und Gottschåndigten Fürsten der Dank davor / daß sie unsere Gottheit gar zu nichte machen / und in ein Getichte verkehren wollen. Wollen wir aber solches gedulden / und diesen Frevel an ihnen ungestraffet lassen? je so währen wir alle mit einander nicht eines Hellers wert. Krodo gab ihm zur Antwort: Wañ ein Untertahn seinen König oder Fürsten beleidiget / muß er die Straffe des Lasters der beleidigten Hocheit ausstehen; warumb solten dann dieselben frey ausgehen / welche ihren Göttern alles gebrante Herzleid anfügen / und von deren Gehorsam sich aushalstern wollen? Nein / wir müssen unsere Göttliche Macht und Ansehen vor ihrer Boßheit schützen / solten sie auch mit allen ihren Helffern und Helffers-Helffern zu grund und bodem gehen; Und dieser Meynung werden unsere Mit-Götter die Schwedischen und Gothischen auch seyn. Ja warumb nicht / fing das Gespenste Thorr an / hat man uns doch eben den Schimpff und Spot erwiesen / welcher euch angelegt ist / darumb wollen wir alle vor einen stehen / und den neuen Gottes-Feinden und Himmels-Stürmern ihren verdienten Lohn geben. Hierauff gedauchte die beyde Fürsten im Schlaff / es hätten die Gespenster einen runden Kreiß geschlagen / und untereinander ein langes heimliches Gespräch gehalten / biß Krodo diese Urtel außgesprochen: Demnach es billich und nöhtig ist / daß die höchste Obrigkeit ihr Ansehen und von undenklicher Zeit hergebrachte Macht und Gewalt gegen jedermänniglich schütze / welcher ihnen Eintrag zutuhn / sich unterstehen darff; und aber dieser unsinniger meinäidiger Teutsche Baldrich / neben seinen frechen Gesellen den Schwedischen Siegward / sich nicht scheuhen / ihre allerhöchste und himlische Obrigkeit / von denen sie und ihre Vorfahren alles gutes haben / zuverachten / zuschänden / zuverleugnen / und deren Gottheit zum Gerichte zumachen / als erkennen wir Teutsche und Schwedische Götter vor Recht / daß jeztgedachte beyde Freveler /andern ihres gleichen zum Beyspiel / mit harter und ansehnlicher Straffe beleget werden / damit unsere göttliche Ehre gerettet / und ihr ganzes Vaterland vor unserm verderblichen Zorn erhalten werde. Hierauff wolte er gleich den Stab über die verurteileten brechen / aber das weibliche Gespenst die Freia trat hinzu / und sagte: Halt ein mein Bruder Krodo / wir wollen ihnen zuvor den Zweifel benehmen / welcher ihnen wegen unser Gottheit von den verführischen Römerinnen beygebracht ist. Ganz Teutschland und Schweden hat seine Pfaffen / unter denen ihrer viel mit dem Geist der Weissagung begabet sind / zukünfftige Dinge zuoffenbahren; Woher [332] haben sie aber solches / als durch Eingebung ihrer Götter? oder kan ein ertichtetes / das da nichts ist / auch wol wirken /und einem andern künfftige Dinge offenbahren? Da verrichten die Teutschen und Schweden / wie andere Völker / ihren Göttern die gebührliche angenehme Opffer / aus deren Eingeweide und anderen Zeichen sie ihre künfftigen Glückes- und Unglüks fälle erkennen. Woher kompt solches anders / als aus ihrer Götter Schik- und Versehung / welche ihnen solche Opfer lassen gefallen / und dieselben durch diese Gnade vergelten; massen ja die Tihre solche Zeichen von sich selbst nicht haben können. Kan aber ein ertichtetes /das da nichts ist / auch wol wirken / und den Tihren diese Glückes-Zeichen verleihen? Man weiß / wie offt wir Götter ingesamt einen und anderen Lästerer mit abscheuhlicher Straffe haben beleget / daß jeder man hat erkennen müssen / unsere göttliche Krafft habe sich an solchen unsern Verächtern gerochen; kan aber ein ertichtetes / das da nichts ist / solche Rache anstellen? oder wird eine andere Krafft / welche uns neben sich nicht leiden wil / durch solche Straffen unser ansehen bey den Menschen erhalten? Daß ich nicht sage / wie unsere Wachsamkeit es allein ist /welche Teutschland und Schweden vor ihren Feinden schützet / ihren Kriegsvölkern den Sieg verleihet /ihnen Brod und Milch giebet / ihre Freiheit (O ein ädles Kleinot) erhält / und der Inwohner Zahl vermehret; welcher Vernünfftiger wolte dann an unser Gottheit zweifeln können? Daß ich aber zu dem Zwegk meines Vorhabens gelange / so bin ich vor dißmahl bloß zu dem ende aufgetreten / eurer aller göttlichen und gerechten Zorn zumiltern / und die außgesprochene Urtel von diesen beyden unbesonnenen Fürsten abzulehnen / oder zum wenigsten ihnen Zeit zur Busse und besseren Gedanken zuerhalten / weil sie nicht auß Boßheit / sondern durch Weiberlist / sich zu dieser Sünde haben verleiten lassen. Hierauff kehrete sie sich zu den beyben Fürstẽ / und redete sie also an: Ihr meine lieben Söhne / was haben ich und eure andere Götter euch doch zu leide getahn / daß ihr unser in so kurzer Zeit müde worden / und andere unbekante anzunehmen gewilliget seyd? treibet euch die Liebe gegen die beyden schönen Römischen Fräulein darzu? O bleibet beständig in meinem Dienste / ich wil euch wol andere zuführen / denen diese das Wasser nicht reichen; oder meinet ihr / unserer eurer alten Götter Vermögen sey nicht kräfftig genug / euch weiter zuschützen? Ich versichere euch / daß bey unserm Dienste euch die allerhöchste Glükseligkeit begegnen sol. So gehet nun in euch / betrachtet eure Pflicht / damit ihr euren Land Göttern verbunden seyd / und lasset ab von eurem jetzigen Vorhaben / alsdann wil ich euch alle eure Götter wieder zu Freunde machen; Werdet ihr aber auff eurem Unsinne verharren / so schreibets eurem Muhtwillen zu / wann die von Gott Krodo jezt ausgesprochene Urtel an euch erfüllet wird / welche euch jenes Feur vorstellet / und nichts anders bedeutet / als Unglük / Verachtung / Schande und Verderben. Als sie dieses ausgeredet hatte / fingen die teuflischen Gespenste ein unerhörtes Gepölter an / als ob sie alles über einander geworffen hätten / daß auch die beyden Fürsten darüber erwacheten / und weil sie schon im Angstschweisse lagen / sich die Furcht noch mehr einnehmen liessen / daß sie schier nicht zu bleiben wusten. Es hielt aber das Gepolter bey einer Stunde an /biß die erste Morgenröhte sich sehen ließ / welche zeit über die Fürsten stille hinlagen / biß endlich Siegward sich ermannete / und seinen Leibdiener /welcher bey ihnen auff der Ka erschlieff / auffzuwecken / ihm mit harter Stimme [333] rieff / kunte ihn aber nicht ermuntern / biß es zimlich helle wahr. Baldrich /nachdem es stille worden wahr / redete seinen Gesellen an / und sagete zu ihm: Bruder was habe ich hinkte eine elende Angstnacht gehabt / uñ wundert mich /daß mir dz Herz vor furcht und schrecken nicht gar zersprungen ist. So bin ichs nicht allein gewesen /antwortete Siegward / der sich von den erzörneten Landgöttern hat müssen rechtschaffen ängsten lassen. Daß währe wunder / sagte jener / dañ eben diß hat mich so heftig gepeiniget. Sie macheten / daß die beyden Leibdiener zuvor auffstehen und einen Abtrit nehmen munsten / hernach gabs ihre erzählung / daß beyden ein gleichmässiges begegnet wahr / und sie es daher vor keine Träumerey / sondern warhafte begebniß hielten / welches die Furcht in ihnen vermehrte /daß sie nicht wusten wessen sie sich verhalten solten. Der abscheid wahr / daß sie gar früh sich bey der Groß Fürstin solten anfinden / umb den Inhalt des Christlichen Glaubens von ihr zuvernehmen; aber solches wolte die Furcht vor den erzürneten Göttern ihnen nicht zulassen; und gleichwol wolten sie an ihrer verheissung nicht gerne fehlen; endlich wurden sie eins / sich dessen bey der Groß Fürstin durch ein Brieflein zu entschuldigen / welches Siegward auffsetzete / und ihr solches bey seinem Diener zusendete. Dieser begegnete Frl. Sibyllen ihrer Leibmagd / und baht / die Groß Fürstin zuvermögen / daß sie dieses Schreiben nebest Fr. Sophien in geheim lesen möchte; welches diese Dienerin wol bestellete / und die Groß-Fürstin nicht ohn verwundern zu sich nam / trat mit Fr. Sophien in ein Nebengemach / und lasen folgendes mit höchster bestürzung.

Durchleuchtigste Groß Fürstin / Gn Fr. Wase; ob zwar einem jeden redlichen Ritter / die Schuldigkeit / sein Versprechen zu leisten / oblieget / und wir beyde zu ends benante uns gleich jetzo einstellen solten / den Inhalt des Christlichen Glaubens zuvernehmen / so fället uns doch eine so wichtige Verhinderung darzwischen / welche zu unser entschuldigung uns dünket gnug seyn; weil aber selbiges der Feder zu weitläufftig fallen würde / es umbständlich anzuführen / möchten wir wünschen / die Gelegenheit zu haben / euren Liebden es mündlich zu erzählen / und zugleich ihres rahts uns zugebrauchen / als erschrockene Leute / welchen der Götter dräuung diese Nacht kaum das Leben übrig gelassen hat; wie solches anmelden werden / euer Liebden untertähnigst-gehor samste; Siegward uñ Baldrich.

Da wird der lose Teuffel sein Spiel diese Nacht wol rechtschaffen gehabt haben / sagte die Groß Fürstin; ließ den beyden Fürsten mündlich sagen / sie wolte nach ihrem begehren bald bey ihnen seyn / ging doch zuvor hin zu ihrem Gemahl und Bruder / und gab ihnen den Brieff zuverlesen / welche darüber nicht wenig erschraken / es mit ihr überlegeten / und ihre meynung ihr zuverstehen gaben; worauff sie zu den beyden Fürsten auff ihr Gemach sich verfügete / und Fr. Sophien mit sich nam. Als sie zu ihnen hinein traten / entsetzeten sie sich über ihrer bleichen todten Farbe / und traurigen Gestalt / und nach wünschung eines glükseligen morgens / fragete die Groß Fürstin /was vor anfechtung sie gehabt hätten. Es hatten sich die Fürsten in etwas erhohlet / zweifelten doch / ob durch erzählung der Begebnis sie ihre Götter nicht beleidigen würden / massen die begierde nach dem Christentuhm ihnen gar vergangen wahr; endlich fing Baldrich also an: Durchleuchtigste Frr. Wasen; daß nicht ohn wichtige Ursachen wir unser Versprechen zuleisten unterlassen haben / mögen sie uns wol sicherlich trauen / und ob wir uns zwar fürchten / durch die erzählung unser Abenteur noch in eine schlimmere zu fallen / können wir doch nicht umbhin / ihren Liebden es zu offenbahren; sagte also alles her was sich begeben hatte / uñ verwunderte sich über alle masse / [334] daß die beyde Fürstinnen sich darüber nicht allein gar nicht bewägeten / sondern mit zimlichem Gelächter es anhöreten / so daß Siegward sich nicht enthalten kunte / sie zuerinnern / sie möchten es nicht als ein Mährlein annehmen / sondern sich versichern lassen / daß sichs in der Warheit also begeben hätte /weil ihnen beyden zugleich solches begegnet wäre. Welches die Groß Fürstin beantwortete: Durchll. Herren Oheime und Brüder; nehmet / bitte ich / unser beyden Gelächter nicht also auff / als ob wir euch Lügen zumässen wolten / sondern vernehmet die wahre Ursach / die uns hierzu bewäget; Es hat der leidige böse Teuffel aus der Hölle / ingestalt dieser zwölff ertichteten Götter euch ein Blärspiel angerichtet / bloß daß er euch von dem Christentuhm abschrecken / und in dem eitelen Heidnischen Wahn stärken und erhalten möge / und weil er kein füglicher Mittel darzu gewust hat / als eben dieses / so hat er diesen Schrek-pelz umbhången / und unter diesem ohnmächtigen Gespenst euch ängstigen wollen / welches ihm dann leicht zu tuhn wahr / weil ihr keinen Gott kennet / an dem man sich in solchen fällen halten kan. Ich versichere euch aber / daß wie dieses dz erstemal ist / also sol es auch das leztemahl seyn / und wollen wir ihm durch beystand und hülffe meines Gottes / dieses Mittel / euch ferner zuerschrecken /schon benehmen. Ihr müsset aber zuvor ein Herz er greiffen / diesen Auffzug verlachen / und euer vertrauen auff den wahren Gott setzen / alsdann sollet ihr ob Gott wil eben so leicht über diß Gespenste lachen /wie ich getahn habe. Jedoch / weil eure Gemühter zimlich verwirret sind / wollen wir diesen Tag so hingehen lassen / uñ werdet ihr auff mein wolgemeintes gutdünken euch heut diesen Tag aller frölichen Geselschaft enthalten / so wollen wir wils Gott / morgen früh vornehmẽ was wir heut zu tuhn willens waren. Damit ihr gleichwol aber nicht allein seyd / sollen euch Leches und Klodius auff diesem Gemache geselschaft leisten / mit euch Speise nehmen / und allerhand heilige Gespräche in euer gegenwart haltẽ / ich wil eure abwesenheit bey der ganzen Geselschaft schon gebührlich zuentschuldigen wissen. Sie liessen sich dieses nicht allein wolgefallen / sondern auch den Schrecken algemach aus ihrem Herzen vergehen; da dann die Groß Fürstin alles mit Leches abredete / wie er nebest Klodius sich bey den Fürsten bezeigen solte; die solches auch wol in acht nahmen / und den Fürsten ein solches Herz macheten / daß ihnen nach der Nacht verlangete; Als der späte Abend da wahr / legten die beyden Fürsten sich wieder zusammen / Leches und Klodius aber auff das Nebenbette / hiessen jene in Gottes Nahmen sicher schlaffen / und blieben sie inzwischen die ganze Nacht im andächtigen Gebeht zu Gott. Den beyden Fräulein ward die rechte Ursach ihrer abwesenheit von von der Groß Fürstin kund getahn / denen ihre außgestandene Angst sehr zu Herzen ging / und sie in ihr andächtiges Gebeht nahmen / dessen die vier nahe Anverwanten auch unvergessen wahren. Die beyden Fürsten schlieffen die ganze Nacht hindurch sehr wol / und so bald die annoch hinter der Erden versteckete Sonnenstrahlen den Himmel begunten anzuröhten / fing die Nachtigal unfern von ihrer Schlaffkammer auff einem lustigen Baume ihr angebohrnes Stimlein sehr krauß und bund durcheinander zu zwitzern / daß Siegward da er erwachete / eine sonderliche Lust darob empfand / stieß auch seinen Gesellen an / und fragete / ob er nicht schier außgeschlaffen hätte. Leches / als er sie wache seyn vermerkete / fragete er nach getahnem Morgenwunsch / wie ihre Durchll. geruhet hätten. Sehr wol und nach allem Wunsche / antwortete Siegward / und so bald euchs geliebet / wollet ihr der Durchl. [335] Groß Fürstin andeuten / daß wir verlangen tragen bey ihrer Liebe uns anzufinden / und unser vorhaben unerschrocken fortzusetzen. Ja sagte Baldrich / eben biß ist auch meine Meynung / und könnet solches erster mögligkeit bestellen. Jene beyden nahmen hieraus ab / daß die Fürsten gerne allein seyn wolten / deßwegen sie alsbald auffstunden (dann sie hatten sich in ihren Kleidern nidergelegt) und davon gingen. Bald darauff sagte Baldrich zu Siegwarden; Mein Bruder / nun habe ich Gott lob eigentlich erfahren / daß das gestrige Geblärre ein lauter Gespenst gewesen ist des schwachen Teuffels / welcher wieder der Christen Gott weniger dann nichts vermag / und ich demnach kein bedenken mehr trage / alle deine und meine teuflische ertichtete Götter zuverlassen und zuverachten; aber höre doch / wie mirs gangen ist; als ich in sanfter Ruhe und tiesem Schlaffe lag / ließ mein ehmaliger Gott Krodo sich abermahl vor mir findẽ / aber mehr saursichtig als erschreklich / taht doch so viel / wie mich dauchte / daß er meines Herzen mächtig ward /und mir dasselbe aus dem Leibe risse / da dann kein Vermögen bey mir wahr / ihm solches zu wehren; als ers nun zu sich gerissen hatte / und es in eine schwarze Lade einschliessen wolte / trat die Groß Fürstin in begleitung meiner geliebten Fräulein ihm unerschrocken entgegen / setzete mit einem helblitzenden Schwerte auff ihn zu / und ängstete ihn dermassen /daß wie ungerne gleich / er ihr doch mein Herz überlassen muste / und lieff er heulend davon als einer dem kein herzhaftiges åderchen mehr übrig ist / daher ich ihm nachschrihe; O du elender Tropff / bistu der starke Gott / und kanst dich eines schwachen Weibesbildes nicht erwehren? Inzwischen nam die Groß Fürstin mein Herz mit lachendem Munde zu sich / und hielt es einer schneweissen Täubelein zu / die mit ihrem güldenen Schnabel es hin uñ wieder fleissig reinigte / auch viel Unflahts heraus zog; endlich wischete es die Groß Fürstin mit einer zarten Linnewand /gab es Frl. Lukrezien hin / und sagete: Sehet da Frl. Schwester / von nun an lasset euch dieses Herz stets anbefohlen seyn / weil in seiner vorigen unreinigkeit es euch nicht gefallen kunte. Diese wegerte sich dessen gar nicht / sondern / nachdem sie es zu unterschiedenenmahlẽ geküsset / öffnete sie ihre Brust / steckete es in ihre linke Seite / zog ihr eigen Herz wieder heraus / drückete es in meinen Leib hinein / und sagte: Dieser Tausch wird unser keinen gereuen. Zeit dieser begebnis aber sahe ich König Ladisla und meinen Bruder Herkules von ferne stehen / die mit auffgehobenen Händen vor unser beyder Wolfahrt zu Gott im Himmel fleissig behteten / und gedauchte mich / als wann die vorige weisse Taube sich oben auff ihre Finger setzete / uñ nachgehends gen Himmel flöge. Geliebter Bruder antwortete Siegward / hieraus schliesse ich / daß nicht allein durch der Groß Fürstin bemühung / die ich vor sehr heilig halte / wir zum Christentuhm gebracht werden sollen / sondern du auch deiner Fråulein volkommene hulde durch eben ihren vorschub erhalten werdest / Gott gebe / wie es mit meiner Liebe kömt / an welcher ich doch nicht verzweiffeln wil. Betreffend sonst meine Nachtruhe /ist dieselbe auch ungestöret blieben / nur kurz zuvor ehe ich erwachete / sahe ich der Christen Gott mit einem rohten Kreuz / welcher alle meine nichtigen Götter mit einem einzigen Augenwink zur Erden niderschlug / nicht anders / als ob sie durch den Donner währen gerühret worden / dz ich demnach derselben unvermögen schon ja so hoch verlache / als gestriges tages die Groß-Fürstin. Sie macheten sich mit dem Tage von dem Lager auff / legeten Schneweisse seidene Kleider an / mit güldenen Blumen durchwirket /und gingen hin / vor dem bezeichneten [336] Gemache auffzuwarten / biß ihnen geruffen würde. Die Groß Fürstin wahr von Euphrosynen des wolstandes der beyden Fürsten nach Leches begehren schon berichtet /dann sie schlieff diese Nacht abermahl bey Fr. Sophien und den beyden Fräulein / welche sie in ihrer Ruhe liegen ließ / und mit Fr. Sophien hinging in das näheste Gemach / führete die beyden Fürsten mit sich / und fragete kürzlich nach ihrem zustande / und als sie den eigentlichen bericht (ohn was Frl. Lukrezien betraff / welches ihr verschwigen ward) eingenommen hatte / fing sie diese Christliche Rede an: Durchleuchtigste Fürsten / hochgeliebte Herren Oheime und Brüderliche Freunde; ich zweiffele durchaus nicht / es müsse Gottes sonderbahre schickung seyn / welche uns an diesen Ort zusammen geführet hat / umb / eure Seligkeit / welche das höchste Gut ist / und zugleich eure zeitliche Vergnügung / durch gewünschete heyrahten zubefodern / auch hiedurch uns andere / eure näheste Anverwanten höchlich zuerfreuen. Nun weiß ich zwar wol / wie hart es unserm Fleisch und Blute eingehet / wann wir den Glauben / in welchem wir gebohren und aufferzogen sind / fahren lassen / und dagegen einen neuen / entweder zuvor unbekanten / oder doch bey den unsern verhasseten und verflucheten annehmen sollen. Wann wir aber dagegen bedenken /wie eine hohe wichtigkeit diesem oblieget / daß man den wahren Almächtigen Gott recht erkenne / dann so pfleget sich unser Sinn schon in etwas besser zihen zu lassen / insonderheit / wann wir vorerst zu dieser Erkäntnis gelangen / daß nach diesem zeitlichen kurzen Leben unsere Seele nicht verschwindet / sondern entweder zur ewigen Straffe wegen begangener boßheit behalten / oder mit unaufhörlicher Himmels Lust von Gott beseliget werden sol; alsdann wil unser Verstand gerne nachsinnen / wie mans anfahen müsse / daß man der Verdamnis entrissen / und der göttlichen Geselschaft einverleibet werde; aber ohn leit- und führung der himlischen Taube / nehmlich Gottes des Heiligen Geistes / arbeitet man alhie vergebens und umbsonst; dann nachdem der Mensch aus dem Stande der heiligen volkommenheit in die boßhafte Sünde gerahten ist / kan ihm der Weg zur Himmelstühr ohn Gottes gnädige offenbahrung nicht gezeiget werden; massen bloß allein sein heiliges Wort der Brunnen ist /aus dem wir das seligmachende Wasser der geistlichen erkäntnis schöpffen / so dz unsere blinde vernunft hie selbst nicht herschen / sondern sich demühtig vor Gott erzeigen / und demselben sich untergeben / auch gewiß gläuben muß / wessen wir in seinem Worte unterrichtet werden. Wer nun anfangs diese erste Gnade von Gott dem Heiligen Geiste überkommen hat / daß er ihm vornimt / den Christlichen Glauben anzutreten / derselbe muß vorerst solches nicht nur zum schein / oder andern zugefallen tuhn / sondern sein Herz muß sich bloß wegen der Ehre Gottes /und umb seiner eigenen Seligkeit willen darzu schicken / sonst ists nur eine Heucheley / und währe tausend mahl besser / man liesse es gar bleiben; gestaltsam solche vorsezliche Gottes Verächter nach diesem Leben hundert tausendfach mehr und hårter / als die ärgesten Mörder / Räuber und Diebe gestraffet werden. Vors ander muß ihm keiner durch Annehmung des Christentuhms Hoffnung zu zeitlicher Glükseligkeit und Leibes Wollust machẽ / daß er gedenken wolte / Gott würde ihm wegen dieses Glaubens in diesem Leben allerhand Lust und Freude gönnen und geben / oder er dürffte alsdann schalten und walten /wie es seinem mutwilligen Fleische am besten däuchte. O nein! Unser Gott hat uns wissen lassen / und selbst angedeutet / je lieber ihm ein Kind in dieser Welt sey / je mehr wolle ers unter seiner [337] Straff Ruhte halten / damit er ihn zähme / und von Sünden ableite /in welche wir gemeiniglich durch zeitliches Glük gestürzet werden. Uberdas ist unserm Christentuhm die üppigkeit dermassen zuwider / daß ob gleich jemand die Erkäntniß unsers Gottes erlanget hat / und aber nicht daneben die Laster und Untugend meidet / sihet Gott solche Erkäntniß gar nicht an / sondern straffet ihn nach diesem Leben viel härter / als die unwissenden Heyden / weil ihnen der Wille Gottes bekand ist und sie nur aus Vorsaz dagegen handeln. Sehet ihr meine geliebete Herren Oheimbe und Brüder / dieses habe Euren Liebden ich anfangs vorhalten wollen /worauff sie sich zubedenken haben / ob unter diesen Bedingungen ihnen geliebe / zu der allein seligmachenden Warheit unsers Christlichen Glaubens zu treten / oder ihnen besser gefalle / in ihrem vorigen Heydentuhm zuverbleiben / auff welchen fall ich mich weiter heraus lassen werde; dann ob man zwar billich die Unwissenden zur Erkäntniß der Warheit anmahnet / so muß doch niemand zu dem Glauben gezwungen werden / sondern man muß dem Allerhöchsten ein ungezwungenes freywilliges Herz aufopffern / weil es unmöglich ist / daß bey dem Zwange solte können ein Beyfal und Glaube seyn. Baldrich gab hierauff zur Antwort: Durchleuchtigste Groß Fürstin / gnädige Fr. Schwester / Euer Liebe andächtige und gottfürchtige Reden haben mein Herz dergestalt durchdrungen und zur Begierde der Erkäntniß des wahren Gottes / auch zur Niessung der kůnfftigen ewigen Seligkeit hingerissen / daß / ungeachtet aller Widerwertigkeit /Feindschafft / Hasses / Verfolgung / ja des zeitlichen Todes selbst / ich durch des wahren GOttes Beystand bey mir entschlossen bin / mein Häupt nicht sanffte zulegen / noch einiger Händel mich zuunterfangen /biß ich darzu gelanget / uñ den Namen eines Christen empfangen habe; bitte demnach / von wegen unser nahen Blutfreundschafft / Eure Liebe wolle mir hierzu ungeseumet behülflich seyn / gestaltsam auch mein geliebter Bruder Siegward eben den gottseligen Vorsaz hat; Dann nachdem wir unsere verführische Kroden und Irmen-Psaffen auff dieser öffentlichen lügenhafften Verleumdung ertappen / ob solte der ganze Christliche Glaube auff lauter Schande / Unzucht /und viehische Vermischung hinleitẽ / wie sie solches ungescheuhet vorgeben dürffen / und wir dagegen ein widriges handgreiflich befinden / können wir nicht anders schliessen / die Buben ertichten solche Abscheuhligkeiten / nur das Volk dadurch abzuschrecken / damit ihnen ihr Nuz und Vortel nicht entzogen werde; Daß ich nicht einführe / was gestalt wir Gott Lob diese Nacht in Erfahrung gebracht / daß unsere falsche Teuflische Götter gegen der Christen Gott nichts vermögen / sondern dessen Almacht und Straffe unterworffen sind. Also ist nun unser Herz geschikt und begierig / von Euer Liebe zuvernehmen / was ein Christ sey und heisse / was derselbe wissen und gläuben / und wie er sich beydes gegen Gott und Menschen verhalten müsse. Siegward bezeugete auch mit wenigem / dz eben dieses sein herzlicher Wunsch und steiffer Vorsaz währe / und baht umb klare und einfältige Unterrichtung. Worauff die Groß Fürstin also fortfuhr: Nun wolan / geliebte Herren Brüder / so verleihe uns der grundgütige Gott seine Gnade / und erleuchte eure Herzen / daß ihr mein folgendes Vorbringen nicht allein verstehen und fassen / sondern mit uns euer ganzes Leben darnach richten / und mit allen Außerwählten Gottes nach dieser Sterbligkeit / Kinder und Erben der ewigen Seligkeit werden möget; worzu Fr. Sophia mit trähnenden Augen aus wahrer Andacht ein herzliches [338] Amen sprach. Die Groß Fürstin aber fuhr fort / und wie sie die Häupt Stücke des Christlichen Glaubens sehr wol gefasset hatte / fing sie an zuerzählen / wie der wahre Gott nur ein einiger Gott / und ausser dem kein ander Gott mehr währe /sondern die übrigen Götzen / wie sie immer Nahmen haben möchten / währen durch des Teuffels eingeben und getrieb von vorwitzigen Menschen ertichtet; da dann derselbe Feind Gottes und der Warheit / solche Abgötterey zustärken / durch Gottes Verhängniß /sich zuzeiten in einer gestalt solcher Abgötter hätte sehen lassen / auch wol durch dieselben geredet / geweissaget / uñ wunderbahre Dinge verrichtet / so daß daher die ohndas unwissende Menschen in ihrem Irtuhm währen gestärket worden. Der einige wahre Gott aber währe von Ewigkeit her / ohn Anfang / ohn Ende / unbegreiflich / unermäßlich / Almächtig / Gerecht / ein Geist / der allenthalben / im Himmel / auff Erden und in allen Tieffen gegenwärtig / sähe und erkennete aller Menschen Tuhn / Tichten / und innerste Gedanken / und hätte er ohngefehr / wie mans rechnete / vor 4175 Jahren / Himmel / Erde und Meer aus nichts erschaffen / da vor derselben Zeit nichts ausser Gott gewesen. Auch hätte derselbe Gott eine unzahlbare menge Geister oder Engel erschaffen / alle zu seinem Dienste und Gehorsam / deren doch etliche viel tausend tausend von Gott abgefallen / zu Teuffel worden / und deswegen in die ewige Verdamniß gestürzet währen. Das allerlezte Geschöpff Gottes währen die ersten Menschen / Adam und Eva / jener aus einem Erdenkloß / diese aber aus Adams Rieben einer von Gott gemacht / welcher ihnen eine unsterbliche vernünftige Seele eingeblasen / auch dieselbe mit seinem Geistlichen Ebenbilde / nehmlich / mit volkommenem Verstande / Krafft / heiliger folge Gottes und gerechtem Willen ausgeschmücket / welches Ebenbilde ihnen von den Teufeln mißgönnet worden / welche sie zum Abfall gereizet / und sie durch solchen ihren ungehorsam des jeztgedachten treflichen Seelen Schatzes beraubet hätten. Hier erzählete sie allen Verlauff der ersten Menschen im Paradeiß / und daß GOtt wegen solcher übertretung über sie erzürnet / auch willens gewesen wäre / sie mit samt den Teuffeln zuverdammen; aber endlich durch Barmherzigkeit bewogen / hätte er sich ihrer erbarmet. Saget mir nun /geliebte Herren Bruder / fing sie darauff an / ob ihr dieses alles wol begriffen habet; Und als sie es mit einem Ja gestunden / fuhr sie fort: Nun müsset ihr ferner wissen / dz zwar schlechter dinge nur ein einiges göttliches Wesen ist / aber nicht desto weniger ist in dem einigen Wesen eine dreyfache Unterschiedligkeit / oder wie die Gelehrten reden / sind drey unterschiedene Personen in dem einigen göttlichen Wesen / und heissen / Vater / Sohn / und Heiliger Geist. Diese drey aber sind nicht drey unterschiedliche Götter /sondern nur ein einiger Gott in einem unzertrenneten Wesen / und dannoch sind diese drey unter sich /nicht nach dem Wesen / sondern nach dem Selbstande / oder nach der Persönligkeit / wie man redet / warhafftig unterschieden / so daß der Vater nicht der Sohn / der Sohn nicht der Heilige Geist der Heilige Geist nicht der Vater noch der Sohn / sondern eine Person von der andern nach ihrer Persönligkeit / auch inner- und äusserlichen Eigenschafften unterschieden /und gleichwol ein einiges / nicht zusammen gesetzetes / sondern schlechtes Wesen / und der einige wahre Gott sind. Eure Liebden sollen sich nicht verwundern / daß ich ihnen ein solches vortrage / welches das allerhöchste Geheimniß unsers Glaubens ist / uñ von keinem Menschen recht mag verstanden werdẽ; wir müssen alhier unsere blinde Vernunft [339] gefangen nehmen / und was wir durch den Verstand nicht ausgrüblen können / muß ein einfältiger schlechter Glaube fassen / und durchaus nicht daran zweifeln / weil unser GOtt sich uns Menschen also in seinem heiligen Worte / welches nicht liegen kan / offenbahret hat. Eines muß ich nur hinzu setzen / das zu wissen nöhtig ist / nehmlich / daß Vater / Sohn / und Heiliger Geist in dem einigen göttlichen Wesen durchaus gleicher Ehre / Krafft und Herligkeit sind / keiner grösser oder geringer / keiner ehe oder später als der ander / sondern schlechter dinge gleich. Die erste Person wird darumb Vater genennet / weil sie den Sohn von Ewigkeit her aus ihrem göttlichen Wesen gezeuget hat; und weil die andere also ohn Anfang und ohn Ende gezeuget wird / heisset sie der Sohn. Der Heilige Geist aber / die dritte Person / hat den Namen daher / daß sie von alle Ewigkeit her vom Vater und Sohn als ein ausgeblasener Geist / wesentlich ausgehet. Und ob eure Vernunft hieselbst viel nachsuchens machen wolte / was vor eigentliche Beschaffenheit es hiemit håtte / so wehret ihr ja / und heisset sie ruhen / weil solches nicht allein alles vergeblich / sondern auch wider Gottes Willen ist / welcher dieses von uns nur schlechter dinge wil gegläubet haben. Nach Fest-legung dieses ersten Hauptgrundes der Christlichen Lehre / erzählete sie vor dißmahl nur Inhaltsweise /was gestalt Gott der Sohn sich des zur Hellen-Straffe verurteileten menschlichen Geschlechtes aus sonderlicher Barmherzigkeit und Liebe angenommen / in der fülle der Zeit Mensch worden / und durch seine gnugtuhung / Leiden und Sterben vor unsere Sünde gebüsset / wodurch er den Zorn Gottes und die hellischen Straffen von uns abgewendet / und die Seligkeit uns wieder verdienet und zuwegen bracht / welche uns auch dermahleins nach diesem Leben wirklich würde zugelegt werdẽ / wañ wir mit festem Glauben uns auff solches Verdienst unsers Heylandes verlassen / uns von aller Boßheit enthalten / und die Werke der Christlichen Liebe und wahren Gottseligkeit nach Erheischung der Heiligen zehn Gebohten ernstlich fortsetzen. Nachgehends sagte sie ihnen den algemeinen Christlichen Glauben vor / und erklärete ihnen denselben nach allen nöhtigen Umständen gar einfältig /welches alles sie anderthalb Stunde lang in höchster Andacht anhöretẽ / und sich über der holdseligen Rede verwunderten / die aus ihrem Munde ging / dann sie wahr als verzukt anzusehen / die Augen stunden ihr gen Himmel / und erschien eine solche Freudigkeit in ihrem Angesichte / als währe sie ein Engel Gottes gewesen. Auff ihre geendigte Reden aber fing Baldrich also an: Hocherleuchtete und in göttlicher Weißheit wolerfahrne Groß Fürstin; billich halte ich diesen Tag vor meinen Geburts Tag / an dem mir so über hohe Gnade und Barmherzigkeit wiederfahren ist /daß davor dem gütigen Gott und Euer Liebe ich nimmermehr gnug danken kan. Mein Herz ist durch ihre Unterrichtung erleuchtet / meine Seele getröstet / mein Muht gestärket / mein Geist wider die Teuflischen Gespenster / die mich gestern verunruheten / gewapnet / und mein Wille unterwiesen / daß er nunmehr tugendhafft und gottselig fahren kan / weil mir der Verstand geöffnet ist / und ich / Gott Lob / nunmehr weiß / woran ich mich in Anfechtung halten / und wohin ich in meinem anliegen mich wenden sol; unmöglich aber ist mirs / meine iñigliche Vergnügung auszusprechen. Die Teufelin Freia / der Teufel Krodo und Irmen Seul / und wie sie sonst Nahmen haben mögen / sollen mich durch Gottes gnade nicht mehr schrecken /weil ich den wahren ewigen und einigen Gott / ihm sey Lob / erkenne und im Herzen habe; derselbe Gott / [340] der mich erschaffen und erlöset hat / wolle seine gnade in mir vermehren / daß ich ohn wanken mich an ihm steifhalte / und durch keine Wiederwertigkeit von ihm getrennet werde. Siegward gab gleichmässige Erklärung von sich / welches die Groß Fürstin mit sonderlicher Freude vernam / sie zur Dankbarkeit gegen Gott vermahnete / und mit ihnen niderkniend folgen des Gebeht sprach: O du grundgütiger Gott / wir danken dir von herzen / daß du uns nach deiner väterlichen Güte aus dem verdamlichen Unglauben hervor gerissen / und zur heilsamen Erkäntniß deines lieben Sohns / auch zur Erbschafft des ewigen Lebens gebracht hast; Wir bitten dich herzlich / erhalte uns in solcher Gnade / stärke unser neuen annoch schwachen Glauben / vermehre in uns die Hoffnung und Liebe /und setze uns fest in Christlichen guten Werken und heiligem Wandel / daß wir dir O Gott gefallen / und nach dieser Sterbligkeit mit dir ewig leben mögen /Amen.

Hierauff behtete sie mit ihnen abermahl den Christlichen Glauben und das Vater Unser so offt / biß sie es ohn Anstoß nachsagen kunten / erklärete es auch gar einfältig / und erinnerte sie / daß sie etliche Tage aneinander früh morgens sich bey ihr einstellen / und den nöhtigẽ Unterricht so offt mit ihr wiederhohlen solten / biß sie denselben zur gnüge würden gefasset haben. Solte sich aber / sagte sie / der Teuffel noch weiters wollen gelüsten lassen / euch bey Nachtzeiten (wie er dann nicht ein Geist des Lichtes / sondern der Finsterniß ist) zuverunruhen / und mit seinem Gepölter zuerschrecken / so verachtet ihn nur mit alle seinem Wesen / und sprechet in wahrer Andacht den Christlichen Glauben und das Heilige Vater Unser /alsdann werdet ihr sehen / wie schimpflich er abzihen / und eurem Glauben den Sieg wird lassen müssen /dann es wird in der Heiligen Schrifft unser Glaube an den Sohn Gottes ein Schild genennet / nebest der Versicherung / daß wir damit alle feurigen Pfeile dieses Bösewichts auslöschen können. Nach Endigung dieser Rede umfing sie beyde Fürsten / und nach gebotenẽ Kusse sagte sie: Nun werde ich mich erst recht vor Eurer Liebden Schwester / und dieselben vor meine Brüder halten / nachdem wir an Gott einen Vater / und an der Christlichen Kirche eine Mutter haben / daß wir also nicht allein leibliche oder fleischliche / sondern auch geistliche Brüder und Schwestern sind. Sie nam aber Baldrichen / und Fr. Sophia Siegwarden bey der Hand / und gingen mit ihnen nach Herkules Gemache / der mit Ladisia schon auffgestanden wahr / und ihr Morgengebeht in einer Andacht verrichteten / kunten auch leicht gedenken /was die ursach ihrer Ankunfft wahr / wiewol sie dessen sich nichts merken liessen. Die Groß Fürstin aber ließ sie nicht zu Worten kommen / sondern fing also an: Der glükseligste Tag nach meiner Bekehrung ist mir der heutige gewesen / an welchem durch Gottes gnade ich diese beyde Durchll. Fürsten / meine geliebte Herren Oheime und Brüder aus des leidigen Teuffels Rachen loßgerissen / und zur Gemeinschafft der Christlichen Kirchen gebracht habe / wovon ich zu gelegener Zeit ein mehres erzählen werde. O mein allerliebstes Herz / antwortete Herkules / der Tag müsse gesegnet seyn / an welchem mein geliebter Bruder und Oheim zur Erkäntniß GOttes sind gebracht worden; ist mir auch insonderheit lieb / daß solches ohn mein zutuhn und vorwissen verrichtet ist /damit mein Herr Vater nicht dereins mir beymässe /ich hätte meinen Bruder verleitet / und die künfftige Beherschung des Vaterlandes ihm mißgönnet / wovon er dieses Glaubens wegen mich zuenterben sol gesinnet seyn; Im übrigen wünsche ich den beyden neuen Christen Gottes beharliche gnade / und des Heiligen Geistes Inwohnung / [341] der in ihnen den Glauben vermehre / und sie zugleich neben uns dereins in die ewige Herligkeit auffnehme. Geliebter Herr Bruder /antwortete Baldrich; wegen des Christlichen Wunsches bedanke ich mich herzlich; was aber meinen Herr Vater und dessen Vorhaben wegen deiner Enterbung betrifft so ist Gott mein Zeuge / wie hart mir solches zuwider gewesen ist / daß ich nicht allein unserm Herr Vater geschworen / viel lieber zusterben /als in deine Enterbung zugehehlen / oder dir als dem ältern vorzugreiffen / sondern da mich ein bübischer Pfaffe hierzu anmahnen wollen / und sich unternehmen durffte / deiner in ungleichen zugedenken / umb /bey dem Vater dich noch weiters verhasset zumachen / habe ich aus brüderlichem Eifer ihn mit meinem Seitengewehr durchstossen / und hiedurch meinen H. Vater so hoch erzürnet / daß wenig fehlete / er hätte mich gefänglich einziehen lassen / wann meine Fr. Mutter mich nicht vor seinem Zorn etliche Tage verborgen gehalten hätte. Geliebter Herr Bruder / sagte Herkules / mir ist dein Gemüt schon gnug bekant /aber hiedurch hastu es so viel klärer zuverstehen geben / und verheisse ich dir deswegen / daß ich nicht lassen wil / meines Herrn Vaters Groß Fürstentuhm entweder mit dir zuteilen / oder dir helffen ein Reich zugewinnen / welches deinem Stande gnug sey. Es wahr überaus grosse freude unter ihnen / welche auch Ladisla mit vielfältigem glükwünschen und erbieten zuerkennen gab / biß endlich Siegward in ihrer beyder Namen also anfing: Großmächtigster König / auch Durchleuchtigster Groß Fürst / gnädige Herren Oheime und Brüder; Nachdem der Algütige Gott meinem lieben Freunde und mir die allerhöchste geistliche Glükseligkeit zugewendet / da wir am wenigsten darauff bedacht wahren / haben wir das Vertrauen zu seiner Barmherzigkeit / er werde uns in derselben biß an unser Ende / ja biß in alle Ewigkeit erhalten; Wann wir dann hieneben wünschen / daß auch die lieblichste irdische Glükseligkeit / welche in Erhalt- und Besitzung eines tugendreichen frommen und gottseligen Ehegemahls bestehet / uns von Gott möge mitgeteilet werden / und wir dieselben an den beyden Hochgebohrnen Römischen Fräulein / Frl. Lukrezien Pompejen / und Frl. Sibyllen Fabtin uns gänzlich eingebildet haben / und demnach willens sind / umb dieselben gebührlich zuwerben / geleben wir der ungezweifelten Hoffnung und Zuversicht / Eure Liebden werden uns hierin / ihrem gutem Wolvermögen nach / alle befoderung leisten / welches mit unserm Blute zuersetzen wir stets willig und bereit seyn wollen. Herkules fing schon an / seine Antwort zugeben / aber die Groß Fürstin fiel ihm in das Wort / und sagte: Nicht also /Durchl. Fürst Siegward / meine Fr. Schwester und ich haben dieses biß daher träufleissig unterbauet / und da es solte ausgeführet und glüklich geendiget werden / wolten andere herzu treten / und den Dank verdienen? Wir wollen unserer Gemahlen Mit Arbeit in diesem Werke mit nichten zulassen / sondern Eure Liebden sollen gleich jetzo mit uns gehen / uñ vernehmen /wie weit durch unsere Bemühung es schon fortgesetzet sey. In Gottes Nahmen / sagte Herkules / ich weiß ohn das wol / daß ihr in Heirahtsachen nicht allein euch gerne gebrauchen lasset / sondern auch zuzeiten gut glük damit habet; und weil ich meinem lieben Herrn Oheim / wie auch Bruder keine liebere Fräulein wünschen kan / nachdem beyder Zucht / Tugend und Frömmigkeit mir insonderheit wol bekant ist / so seyd erinnert / mein Schatz / und leget allen möglichen Fleiß an / daß ich dessen bald genehme Zeitung erfahren möge. Nun hatten dannoch diese beyde Fürstinnen des vorigen ganzen Tages [342] nicht unterlassen / den beyden verliebeten Fräulein ihre Buhler noch immerzu angenehmer zumachen / welche / weil sie ihr Herz schon allerdinge darzu geneiget hatten / so viel desto leichter konten eingenommen werden / und dauchte ihnen der vorige Tag sehr lang und unlustig / weil ihrer Augen bester gegenwurf sich nicht wolte finden lassen / daß auch Frl. Lukrezie sich nicht einhalten kunte / zu Frl. Sibyllen / wiewol als im Scherze zu sagen: Herzen Schwesterchen / mich deucht du fingest heut früh eine Fröligkeit an / die da scheinet / sich bald geendet zu haben / und wann ich meinem fragenden Herzen solte eigentliche Antwort geben / würde ich gestehen müssen / daß ich gleiches anliegen habe welches / wann ichs recht täuffen sol / halte ichs vor ein Fieber / weil mir bald heiß bald kalt ist; nun habe ich solches gleichwol nicht über Meer mit mir gebracht / dessen mir mein Gewissen und meine ganze Geselschaft Zeugnis gibt / und ich demnach nicht anders schliessen kan / ich muß die erste Nacht / da ich bey dir geschlaffen / es von dir geerbet haben. Frl. Sibylla lachete der Rede / und gab ihr zur Antwort: Gewißlich mein Schwesterchen / du beichtest fein heraus mit deinem Liebes-Fieber / aber die wahre Ursach dessen triefstu gar nicht. Ey sagte jene / bistu dann eine von denen / welche der Dinge Ursachen zuerkennen wissen / und daher die glükselige genennet wer den / so laß mich doch deine Gedanken vernehmen /aber trifstu nicht recht / werde ich dich über laut außzischen. Ists dann wahr / antwortete diese / daß du ein solches vor so ein grosses Geheimnis hältest? so frage nur in dieser ganzen Geselschaft / welchen du wilt /auch allerdinge die geringesten Auffwarter / es wird keiner seyn / der dieses Ziel nicht leicht treffen solte. Bin ich dañ allein so but uñ unwissend / sagte jene /daß ich den Ursprung meines Fiebers nicht finden kan / so benim mir doch solchen Unverstand. Was man liebet / antwortete ihre Freundin / ob mans gleich nicht sihet / höret man doch gerne davon reden / daher werde ich dir kein mißfallen erzeigen / wann ich vorbringe / was du selbst besser weissest als ich; erinnere dich / wer es wahr / dem du des Abends deiner Ankunft bey der Mahlzeit so nahe rücketest / derselbe hatte das Fieber / wie es seine veränderung außwieß /und ist also gar kein Wunder / daß du von demselben damit angestecket bist; O Schwester Schwester sagte Frl. Lukrezie / wie übel und unschwesterlich hastu dann bey mir gehandelt / daß du mich nicht bey zeiten gewarnet hast; dann bey meiner träue / hätte ich wissen sollen / daß ich bey einem Fieberkranken sässe /würde ich mich balde von ihm hinweg gemacht haben; aber diese Reue und Klage dürffte nun schier zu späte seyn / deßwegen biß gebehten / und gib mir guten Raht und heilsame Arzney zu dieser Krankheit vertreibung / weil deiner Meynung nach / du deren Ursach so wol und eigen erkennest. Verwägen gnug vor ein junges Mädchen / antwortete die andere; wisse aber / daß ich keine Liebes-Arztin bin / habe gleichwol heut früh ohngefehr aus unserer Frr. Schwesteren Gespräch verstanden / das dein Fieber deren Art sey /welche durch eben dasselbe müssen vertrieben werden / durch welches sie entstandẽ sind. O du Erzverschlagene / sagte jene / ich merke schon / daß deine Arztin dir vor dein Fieber was geordnet hat / und wilt mir solches nicht offenbahren; doch wann ich sehen werde / daß du diese Arzney einnimst / wil ichs auch wagen / aber ohn einen Vorgänger tuhe ichs nicht / weil die Arzney gar zu gefährlich ist. Du soltest dich vom Galgen loßschwätzen / antwortete diese; aber daß du wissest / wie weit du fehlest / so bezeuge ich dir / daß ich von keinem Fieber / noch von einiger anderen Krankheit getroffen bin. O Schwester / wieder antwortete jene / daß [343] sind schlimme Kranken / welche ihre Krankheit verleugnen / man hält sie vor unwitzig /und verzagen alle Arzte an deren wiederstattung; lege deßwegen diesen Unsin ab / und laß dir helffen; sihe ich weiß daß dein Fieber ungleich gefährlicher ist als meines / dañ du hast dich eine geraume Zeit unter dem Gewölbe der Räuberhöhle auffgehalten / da du den ersten Anstoß bekommen / welches uber alle masse schädlich seyn sol; du bist über Wasser gangen / welches auch die heftigkeit des Fiebers vermehret /ja ich merke daß es ein stetsanhaltendes Fieber ist /welches entweder kurze wendung machet / oder gar zu beschwerliches viertägiges verursachet / damit man sich etliche Jahr schleppen muß; Nein nein / so töricht wil ich nicht seyn / mich in solche Lebensgefahr zu stürzen / sondern so bald meine Arztin mir die Arzney darbieten wird / wil ich sie begierig annehmen / und mich hernach im Bette fein stille halten / damit dem übel bey zeiten gerahten werde; und wo sonst guter Raht bey dir haften kan / so tuhe du ihm auch also /was gilts / du wirst deines beschwerlichen und feurhitzigen Fiebers alsdann auch entlediget werden. Ich schätze es vor eine Kunst und Woltaht / sagte Fräulein Sibylla hierauff / wann man kranke gesund machet / aber daß du so bemühet bist / mich gesunde krank zu machen / muß ich zum wenigsten vor eine Tohrheit halten; ist dir aber die Arztney so nöhtig /wil ich aus getrieb unser Freundschaft die Groß Fürstin erbitten / daß sie dir beyzeiten rahte / damit nicht das ganze ådle Frauenzimmer durch dich beschimpfet werde. Mit solchen und dergleichen auffzügen / trieben diese Fräulein sich diesen Tag umb / welches sie des folgenden Morgens wieder anfingen / als die Groß Fürstin von ihnen auffgestanden und mit den Fürsten in dem Bekehrungswerke wahr / daß sie darüber zimlich lange in den Federn blieben / und sie kaum die nöhtigsten unter-Kleider angelegt hatten / als die beyden Fürsten mit ihren Begleiterinnen zu ihnen hinein traten; dessen dann die Fräulein nicht wenig erschracken / kehreten ihnen den Rücken zu / und bahten die Groß Fürstin sehr / einen gar geringen Abtrit zunehmen / biß sie sich völlig würden bekleidet haben. Aber sie gab ihnen zur Antwort; nicht also meine herzgeliebete Schwesterchen / ihr sollet diesen beyden Fürsten Glük wünschen / wegen ihres angenommenen Christentuhms / und die unzeitige Scham bey seit legen / nachdem ihr guten Freunden schon gnug bekleidet seid; jedoch warff sie selbst ihnen kurze Nacht- oder Halsmäntelchen von klarer Linnewad über die Schultern / und führete Frl. Lukrezien hin zu Baldrich / da inzwischen Fr. Sophia sich mit Siegwarden nach Frl. Sibyllen verfügete / welche ihn gar schamhaftig empfing / weil sie wol wuste / daß es nunmehr zum völligen Schlusse angesehen wahr. Die Groß Fürstin aber / da sie ihre beyde verliebeten zusammen führete / lies sie ihnen nicht so viel Zeit /sich untereinander zu grüssen / sondern redete das Fräulein also an: Herzgeliebete Frl. Schwester / dafern das feste Band unserer verknüpfeten Freundschaft in eurem Herzen nicht zubrochen ist / wird eure Liebe sich erinnern / wie offt wir gewünschet haben / von Gott zuerlangen / daß wir nimmermehr voneinander möchten getrennet werden / weder in dieser noch in jener Welt. Diesen Wunsch ins Werk zu richten /habe ich täglich nachgesonnen / aber vergebens / biß dieser Durchleuchtigster Fürst / ein gebohrner Groß Fürst und uhraltes Königliches Geblüts aus Teutschland / meines herzgeliebeten Gemahls einiger Bruder /mir vertraulich zuverstehen gegebẽ / was gestalt euer Liebe Zucht / Tugend / Gottesfurcht uñ Schönheit ihm sein Herz dermassen eingenommen / daß in dieser Welt er nichts anders suchet / als [344] euer Liebe zu dienen / und deren gegen. Liebe in unzertrenlicher Ehe gottselig zugeniessen / wodurch er gezwungen sey /mir als seiner nähesten Blutsverwantin solches zu offenbahren / und meiner hülffe in erwerbung eurer Gunst und guten willens zugebrauchen; wann ich dann nicht zweiffele / mein geliebter Oheim und Bruder suche dieses von Herzen / so hoffe ich zugleich /eure Liebe werde sein inbrünstiges ansuchen nicht ausschlagen / sondern auff meine unterhandlung ihn vor ihren Schaz und künftigen Gemahl annehmen; hingegen versichere ich dieselbe hinwiederumb / daß eure Liebe er Zeit seines Lebens ehren / lieben und schützen / auch dieselbe auff ein solches Leibgedinge setzen sol / dessen kein Fräulein sich wird schämen dürffen; und ob etwa eure Liebe durch vorschützung der Nohtwendigkeit eurer Eltern gutheissen einzuhohlen / die endliche Erklärung auffschieben wolte / so erinnere ich dieselbe / was massen ihre Eltern mir volkommene Gewalt / sie zuverheirahten / auffgetragẽ /und sie daher an derselben einwilligung nicht zweiffeln darff. Das Fräulein gab zur Antwort: Durchleuchtigste Groß Fürstin / daß dieser auch Durchleuchtigster Fürst und gebohrner Groß Fürst aus Teutschland zu mir unwirdigen so hohe Gunst und Liebe gefasset /und zu seinem Gemahl mich in seinem Herzen erkiesen wollen / erkenne ich billich mit gebührlicher Dankbarkeit; nachdem aber euer Liebe Vortrag mir so schleunig und allerdinge unvermuhtlich vorkomt / als bitte untertähnig / mir etliche Monat bedenkfrist zu göñen / damit ich nicht durch unvorsichtige Antwort mich übereile / wie dann ein Fräulein in solchen teidungen bedachtsam fahren sol und muß. Der Groß Fürstin wahren ihre Schwänke wol bekant / lachete deswegen / und fragete / wie viel Monat sie dann bedenkzeit soderte. Ich stelle es in euer Liebe bestimmung / antwortete sie / wanns nur nicht unter sieben oder acht Monat seyn wird / wie dann gut Ding weile haben wil; bey welcher vorbringung sie selbst das Lachen nicht allerdinge einbeissenkunte. Wolan / sagte die Groß Fürstin / ich gebe euer Liebe nicht allein acht / sondern achtzehn Monat meines Jahrbuchs / in welchem jeder Monat einen Augenblik hält / und länger nicht; und ob ihr bedacht währet / weitere Ausflucht zusuchen / schlage ich diesen Kreiß umb euch beyde / bey Straffe meiner höchsten Ungnade / und Auffkündigung aller Freundschafft und Hulde / wo euer einer den Fuß drüber setzet / biß ihr einer dem andern diese Ringe auff schierkünftige Heiraht /wechselsweise eingeliefert habet; steckete hiemit ihnen beyden überaus köstliche Ringe auff die Finger / gab dem Fräulein einen herzlichen Kuß / und trat damit aus dem Kreise. Das Fräulein stellete sich etwas ungeduldig / und gab vor / sie hätte sich über gewalt zubeklagen / indem sie in diesen Kreiß ungleich fester / als in das allerwolverwahreteste Gefängniß versperret währe / auch keines weges daraus zubrechen wüste / als entweder durch ihre gnädige Auflösung / welche sie hoffete / oder gänzliche Erfüllung des Befehls / welches ihr unmöglich däuchte; worauff aber die Groß Fürstin kein Wort antworten wolte. Hingegen wuste Fr. Sophia ihrem Fräulein dergestalt zubegegnen / daß dieselbe sich bald darauff mit dieser Antwort heraus ließ: Nach dem ihre Fr. Schwester sie versicherte / daß ihre herzgeliebete Eltern mit dieser Heiraht würden friedlich seyn / und es ihr also gefiele / daß diesem Durchl. Fürsten sie sich zu ehelicher Träue versprechen solte / erinnerte sie sich billich / daß anfangs sie gehalten währe / ihr hierinnen zugehorsamen / dann auch / daß sie diesem Fürsten mehr als niemand anders sich verbunden seyn wüste / als ohn dessen Hülffe und Rettung ihre Ehre[345] nicht hätte mögen erhalten werden; In Betrachtung dessen / wolte sie hiemit demselben sich in aller Demuht ergeben / unter der festen Zuversicht / was ihrer Unvolkommenheit abginge / würde dessen Durchl. geduldig übersehen / und mit seinem reichen überflusse erstatten. Gleich am Ende dieser Erklärung / da die Groß Fürstin sich eben auch von Frl. Lukrezien hinweg wendete / kam Euphrosyne geschwinde herzu gelauffen / und baht sehr / ob die Groß Fürstin und Fr. Sophia nicht belieben möchten / alsbald mit nach Libussen und Brelen zugehen / denen zugleich die Kindesweh angestossen währen. Diese beyden wurden froh / daß sie gelegenheit bekahmen / die Verliebeten allein zulassen; dagegen schämeten sich die Fräulein nicht ein geringes / mit ihren Fürsten in so unvolkommener dünnen Kleidung allein zuseyn; bahten demnach Fr. Sophien / die Befoderung zutuhn / daß von ihren Leibdienerinnen ihnen ihre weisse Seidene Oberkleider herzugebracht würden; welches aber unbeantwortet blieb nur daß die Groß Fürstin ihre beyden nochmahl erinnerte / alles einwendens (von dem Fräulein geschehen) ungeachtet / den Kreiß vor ihres begehrens Erfüllung nicht zuverlassen. Da dann nach ihrem Abscheide Fürst Baldrich sich erkühnete / und bitlich anhielt / das Fräulein möchte an seiner bißher erlittenen Liebespein ein genüge tragen / und ihn nicht weiter mit Verzweifelungsgedanken ringen lassen; versprach hingegen / sie zeit seines Lebens der gestalt zubedienen / daß sie in der Taht spüren solte /wie ihm in der Welt nichts angenehmers seyn würde /als in ihrer Auffwartung zusterben. Worauff sie dann ihn nicht länger auffhalten wolte / sondern ihm diese vergnügliche Antwort gab: Durchleuchtigster Fürst /Euer Liebe bißher geschehenes Erbieten gegen mich Unwerte / ist viel zu hoch / und kan mein Unvermögen in Ewigkeit daran nicht reichen / ob gleich zeit meines Lebens ich mich hierzu bemühen würde; Verspreche demnach auf geheiß meiner gebietenden Groß Fürstin / die mir an Eltern stat zubefehlen hat / daß Euer Durchl. ich in aller gebührlichen Demuht schuldigen gehorsam / und solche unbrüchige Träue leisten wil / die von einem künfftigen Gemahl erfodert wird /zugleich bittend / Ihre Liebe wollen nit schier heut oder morgen mir verweißlich auffrücken / daß deren nicht gleich anfangs mich genehm erkläret / nach dem ich ja billich der Jungfräulichen Scham und Zucht eingedente seyn müssen. Der Alwaltige Gott aber stärke Eure Liebe in dem wol angefangenen Christentuhm /und lasse Ihr an mir alle Lust und geziemliche Freude finden / die mein hochgeliebeter Fürst sich von mir je einbilden mag / wiewol meiner Unvolkommenheit ich mir gar wol bewust bin; jedoch / was an Tähtligkeit bey mir abgehet / wolle Eure Liebe durch einen inbrünstigen Willen ersetzen lassen. Baldrich hatte sich solcher Erklärung nicht versehen / daher ihm nicht an ders als einem verzucketen zu muhte wahr / stund und besan sich / ob er auch warhafftig solche Worte gehöret / oder in einer Einbildung sie ihm selber gerichtet hätte; welches das Fräulein merkend / und daß sein stilleschweigen aus zu übermässiger Freude herrührete / fassete sie ihn bey der Hand / und sagte: Wie nun mein Durchl. Fürst / kan er mit solcher Erklärung noch nicht vergnüget werden? Ich meyne ja / nachdem ich mich ihm ergeben / alles das geleistet zuhaben /was sein ehmahliges hefftiges ansuchen begehret /und meine gebietende Groß Fürstin mir ernstlich aufferleget hat. Hiedurch begrif er sich / setzete mit ihrem höchsten Unwillen sich vor ihr auff ein Knie /fassetete ihr die Hand / und nach vielfältigem küssen derselben / da er von ihr aufzustehen / eiferig angefodert ward / [346] redete er auf vorgeleisteten gehorsam sie also an: Ach mein auserwähltes Fräulein woher sol ich immermehr wirdige Antwort nehmen / ihrer hohen Gunst gebührlich zudankẽ? Ich erkenne mein Unvermögen / und bitte sehr mir es nicht zur Grobheit auszudeuten daß ich weder meine gedanken recht zufassen / noch meine Schuldigkeit abzulegen bestand bin; jedoch verspreche ich / als lange ich leben werde /diese mir erzeigete höchsterquikliche und genügliche gunst in meiner Seele steiff und unverrücket zuverwahren. So nehmet nun / O mein teurester Schaz /mich euren Diener mit beharlicher gewogenheit an /und übersehet freundlich / was ich nicht aus Verachtung / sondern blosser Unmögligkeit unterlasse; Ich wil stets unter der Bemühung mich bearbeiten / daß mein ihr durchhin ergebenes Herz in der Taht erzeige / wie hoch eure Vortrefligkeit ich liebe und ehre. Nam hierauff den Ring von seinem Finger / steckete ihr denselben an / und sagete: Hiemit überliefere ich meiner herzgeliebeten Fräulein mein Herz und alle meine Lebenskräffte zueigen / so daß meine begierden an keine andere als allein an sie gedenken oder hangen sollen / und da mein Fräulein (welches Gott gnädig abwende) mir durch Todesfal frühzeitig solte entrissen werden / daß ich nimmermehr einer andern schuldig werden wil. Bey Leibe nicht / Durchl. Fürst /sagte sie so hohe Verpflichtung nehme ich keines weges an / daß Eure Liebe nach meinem Tode nicht Macht haben solte / eine neue Heyraht zuergreiffen /sondern es ist mir gnug und übrig gnug / daß bey Lebenszeit euer Träue und Schutzes ich versichert bin; zähle demnach Eure Liebe von solchem Versprechen loß und ledig / und verbinde mich hingegen / daß in Ewigkeit kein ander Mannesbilde eheliche Versprechung von mir haben oder bekommen sol; nam zugleich den von der Groß Fürstin ihr gelieferten Ring /steckete ihm denselben an / uñ sagete weiter: Von nun an bin ich nicht mehr mein eigen / sondern dem ich diesen Ring mit gutem Wolbedacht überliefere / zum Zeichen / dz mein Wille demselben nach Priesterlicher Einsegnung in allem untergeben ist. Baldrich umfing nach getahner Danksagung seine Braut / wiewol mit etwas ihrer Wegerung / und erteilete ihr mannichen Liebeskuß / daß endlich das Fräulein ihn erinnerte / die Mässigkeit nicht zuüberschreiten / dann sie währe gesinnet / biß an des Priesters Hand ihre Freiheit zuhandhaben; werde auch / sagte sie / nunmehr ohn meiner Fr. Schwester der Groß Fürstin Ungnade aus diesem Kreisse tretẽ dürffen / nachdem ihren Willen ich halte erfüllet seyn. Ja mein herzgeliebtes Fräulein / antwortete er / nur daß sie meiner inniglichen Freude nicht so gar zeitig abbrechen / und mich alsbald verlassen wolle; nam sie bey der Hand / und setzete sich mit ihr auff die näheste Bank / höchlich wünschend / daß ihr Beylager nicht lange möchte auffgeschoben werden. Das liebe Fräulein taht ihm auff sein bitliches ansuchen gerne geselschafft / und hatte mit ihm manniche Unterredung / wiewol er gemeiniglich gar ungereimet antwortete / welches sie ihm nicht vor übel hielt / weil sie sahe und spürete /daß es aus hefftiger Liebe herrührete. Siegward genoß nicht mindere Gunst von seinem Sibyllichen / als die wegen Blödig- uñ Offenherzigkeit sich weniger als Lukrezie zuwegern wuste / auch auff ihres liebsten Fürsten anhalten ihm frey stellete / das Beylager nach belieben zubefodern / so bald ihrer Eltern bewilligung zur Heiraht einkommen würde. Nach zweystündigem Gespräch und ehrliebender Buhlerey erinnerten die Fräulein ihre Liebsten / es würde zeit seyn / abzuweichen / damit sie nicht von andern dergestalt beyeinander angetroffen würden / dann sie wünscheten / daß[347] ihre Verlobung noch etliche Tage in geheim verbleiben möchte. Ich werde mich aber / sagte Frl. Lukrezie / an meiner Fr. Schwester / Fr. Sophien zurächen wissen / dann ich bin dessen gewiß / daß sie uns zum Schimpff / und unsern Fürsten zur Behägligkeit uns die Kleider so lange hinterhält / zweifele auch nicht /da es nur in ihrem Vermögen gewesen / sie hätte unsere Fürsten uns gar vor das Bette zugeführet / welches ich ihr in Ewigkeit nicht hätte verzeihen können. Die Fürsten gedauchte selber Zeit zum Abscheide seyn / nahmen demnach auff erhaltene Umfahungs-vergünstigung von ihren Fräulein Abtrit / und begaben sich hin auff ihr Gemach / da kurz hernach Fr. Sophia mit den begehreten Kleidern ankam / und die Zeitung brachte / Libussa währe zweer wolgestalter junger Söhne / Brela aber einer schönen Tochter genesen / und wiewol die Müttere sich beiderseits zimlich schwach befünden / hoffete man doch gute Besserung; Aber / sagte sie / habt ihr Herzen Kinderchen eure Fürsten dann so unwürsch gehalten / daß sie euch gar entlauffen sind? Ich hoffete als gewiß / euch zubeschleichen umb zuerfahren / welche ihrem Liebsten die gewogenste Gunst würde widerfahren lassen. Sehr gut / antwortete Frl. Lukrezie / daß die Fr. Schwester so unbarmherzig mit uns verfähret / und unsere Kleider uns vorenthält / dann die lieben Fürsten sind einig nur deswegen von uns geschieden /daß sie so dünne besponnen nicht länger anschauen mochten. Gebet euch zu frieden / ihr lieben Herzchen / sagte sie / habe diesen Morgen ich mich etwas verspätet / und ihre Liebsten ihnen nicht zeitig gnug zugeführet / hat einig nur die Unterweisung im Christentuhm verursachet / daher ich dieses Verbrechens Verzeihung von euch noch wol verhoffe / insonderheit / da ich mich erbiete / bey meinem H. Vater zuverschaffen / daß ihr Beilager diesen Tag gehalten werde. Daran trage ich keinen Zweifel / sagte Frl. Lukrezie aus scherz / weil ich mit meinem Liebsten dessen schon einig bin / und ein solches nicht länger auffschieben werde. Aber Frl. Sibilla / die solches vor wahr hielt / erschrak dessen nicht wenig /und bedingete sich hefftig / ob ihre Schwester Frl. Lukrezie des Jungfern-Standes so müde währe / möchte sie immerhin beyliegen / welches ihr doch wenig Ruhm nachtragen würde; sie vor ihr Häupt wolte hiemit angelobet haben / untere 14 Tagen keines weges in den Ehestand zutreten / dann sie hoffete unterdessen Antwort von ihren lieben Eltern. Hernach verwieß sie es derselben / daß sie so leichtsinnig währe / und ohn der Groß Fürstin Vorwissen das Beilager so frühzeitig bestimmen dürffte. Welches ernstes diese bey sich selbst lachete / und aus begierde sie etwas besser aufzutreibẽ / sagete sie: Je Herzen Kind / warum hastu dich dann mit deinem Fürsten versprochen wañ du nicht gedenkest mit ihm in den Ehestand zutreten? Ich bitte dich sehr / beschimpfe dich und mich nicht so hoch / daß ich auffs wenigste 14 Tage vor dir her /Beylager halten solte; doch wil ich deinen Liebesten noch wol dahin bereden / daß er dich auf eine andere Meinung bringen sol. Je so währestu das leichtfartigste Tihr / antwortete Frl. Sibylla / wann du solches vorzunehmen dich unterstehen würdest. O du leichtgläubige Einfalt / sagte jene / kanst du dann so gar keinen Scherz vom Ernste unterscheiden? oder gedenkestu / ich werde ohn genommene Unterredung mit dir und anderen dessen meinen Fürsten gewehren? O nein / solche Eile hats noch trauen nicht; gelebe auch der gänzlichen Zuversicht zu meiner Frau Schwester Fr. Sophien / ihre Reden seyn nur zum Scherze gemeynet / dann sonst würde sie mir ursach geben / ihr zum ersten mahle etwas zuversagen / weil ich eben so wenig als du [348] willens bin / nach art der gemeinen Knechte und Mägde nach dem Beilager zueilen / da weder meiner Eltern Befehl / dem man billich gehorsamen muß / noch einige instehende Nohtwendigkeit mich darzu anstränget; werde es also mit dir rechtschaffen zutuhn habẽ / daß du mich ohn alle ursach der Leichtfertigkeit / und zwar in unser Fr. Schwester Gegenwart zeihen darffst. Ja wie schön wirstu mir kommen /antwortete Sibylla / sahe nur an / was dich gelüstet /ich wil dir zu rechte stehen / vor was Richter du auch treten magst / und ist mir sonderlich liebe / daß ich so gültige Zeugen führen kan / welche mit ihren Ohren es angehöret / wie du ohn einiges Schimpflachen es selbst gestanden und ungefraget ausgebeichtet hast; daß du aber / nach dem du eine widrige Meynung an meiner Seiten vernimst / numehr einen Scherz daraus machen wilt / sol dir ohn Zweifel mißlingen / sondern ich wil unsere Fr. Schwester / wie auch die Groß Fürstin selbst und ihren Gemahl bitlich ersuchen / und auffs härteste anliegen / daß deinem so hohen begehren ein genügen geschehe. Billich das / sagte Fr. Sophia / umb ihren Streit zu unterhalten / dann wer wolte verliebete Herzen von einander trennen / die ohn Verletzung der Erbarkeit ehelich leben können /und dessen bereit eines sind? Ihr werdet ja nicht übern hauffen närrisch seyn / sagte Frl. Lukrezie / und fangen etwas an / da ihr alle miteinander nur mit Schimpf bestehen müstet / massen mein Vertraueter / wie ich schon weiß / wider meinen Willen sich hierzu von keinem Menschen wird bereden lassen; jedoch /wanns ja geschehen solte / weiß ich in Warheit untriegliche Mittel / daß Fürst Siegward sich nicht sol abweisen lassen; deswegen so gib mir nur bald auffrichtige Erklärung wessen du dich verhalten wilt /alsdann weiß ich mich desto besser darnach zurichten; dann gehe ich unser Fr. Schwester Vortrag ein / so geschihets bloß / dz ich entweder dich befriedigen / oder mich an dir rächen wil. Du soltest fünff Zungen-Dröscher übertäuben / antwortete sie / und inzwischen Zucht und Scham in die Rappuse geben / daher lasse ich mich mit dir weiter nicht ein / und magstu immerhin nach deinem Fürsten senden / und den Kirchen Lehrer herzu ruffen lassen / daß er euch zusammen gebe / noch ehe einiger Mensch der Verlobung inne wird; Ich vor mein Häupt zweifele an meines Fürstẽ ehrliebendem Sinne gar nicht / der mein begehren mir schon eingewilliget / und sein Versprechen Fürstlich halten wird. Aber wie schön wird es nun stehen /wann Frl. Lukrezia Pompejin hin zu dem Herrn Stathalter und anderen hohen Häuptern treten / und dieselben bitlich ersuchen wird / ihren Bräutigam dahin zubereden / daß er das Beilager ferner nicht auffschieben / sondern noch vor angezündeter Kerze mit ihr zu Bette zugehen unbeschweret seyn wolle. Ja warumb nicht? sagte die lustige Lukrezie / wann ichs allein durch meine Bitte nicht würde erhalten können / wirstu / in betrachtung unser Freundschafft / mir dein gültiges Wort verleihen / dann ich habe mir vorgenommen / nicht abzulassen / biß ich werde erhöret seyn; dich aber betreffend / weiß ich schon wol / daß du gerne wilt genöhtiget seyn / doch sol dirs so gut nicht werden / sondern ich wil verschaffen / daß du deinen Liebsten noch selbst darumb bitten solt / daß er das Beilager nicht auff die lange Bank schiebe. Leere Bäume sind es / da nichts drauffsitzet / antwortete Sibylla / und möchte sich noch wol zutragen / daß du vor Abends auff gelinderen Seiten spieletest / und mich säuberlich gnug bähtest / diese deine Reden nicht weiter zubringen. Darumb ists auch alhier unter der Rose geredet / sagete jene. Ja ja / fiel Sophia ein /so dürffte mein Anschlag zu Wasser werden; [349] Wollen sich demnach meine Frll. Schwestere ohn verweilen kleiden / weil es schon hoher Tag ist / und wir den heutigen im Garten zubringen / morgen aber nach der Mördergrube fahren / und sie verstören wollen. Die Groß Fürstin kam darzu gangen / hatte von den Fürsten alle Begebniß eingenommen / und wünschete den Fräulein Glük und Segen / dabey andeutend / sie hätte Schneider bestellet / die von den besten gülden und silbern Stücken ihrem Gemahl / Bruder und beyden Oheimben eine zimliche Anzahl Kleider machen sohẽ / und wolten sie (das gesamte ihnen zubehörige hohe Frauenzimmer) auf gleiche art mit jenen gekleidet seyn / damit Zeit des Beylagers ihre Brüder- und Schwesterliche Einigkeit etlicher massen daher gespüret würde. So bald die Fräulein angelegt wahren / gingen sie mit einander in den Garten / da die Fürsten und andere ihrer warteten / nahmen allerhand kurzweilige Spiele und Ergezligkeit vor / wobey die Fräulein von Frau Sophien mannichen Stich ihrer Verliebung bekahmen / und der Stathalter daher an ihrer Verlobung nicht mehr zweifelte / welches ihm von herzen angenehm wahr / auch die Gleichheit der Kleidung / die vorgestern und heut sich an ihnen sehen ließ / zum unfehlbaren Zeichen nam / und zu den Fräulein sagete: Herzliebe Kinder / billich seyd ihr bedacht / diese treffliche Fürsten gebührlich zuehren /massen dieselben in Rettung der einen / sich um alle beyde gnug verdienet gemacht haben / und gefället mir insonderheit wol / daß meine Töchtere ihnẽ sich in der Kleidung so åhnlich halten / daher ich ihrer Gemühter Einigkeit fast urteilen dürffte / wie sie dann billich mit ihren Woltähtern einig sind. Frl. Lukrezie gab zur Antwort: Gn. Herr Vater / ich bekenne / diesen beyden Fürsten / wegen rettung meiner Wasen mich mehr verschuldet seyn / als mit alle meinem vermögen ich nicht werde bezahlen können, bin deswegen neben ihnen billich darauff bedacht / wie hierzu ich meine Gutwilligkeit erzeige. Die gleicheit aber unser Kleidung träget entweder sich ohngefehr zu /oder meine Frau Schwester Fr. Sophia wird davor stehen / welche uns beyden diese Röcke nach ihrem gefallen hat zustellen lassen. Diese wolte alhie eine Kurzweil machen / und sagete: Je mein Frl. Schwester / wer hatte ihnen dann vorgestern die blauen Röcke angelegt? mus ich dann allemahl die Schuld tragen /wann etwas gutes geschiehet? gewislich dünket mich /meine Frll. Schwestere haben mit den beyden Fürsten eine gewisse Kleiderordnung gemacht. Die schamhafte Sibylla erröhtete hierüber dergestalt / dz jederman ihrer lachen muste; aber Lukrezie achtete dessen wenig / und fing also an: Gewislich Fr. Schwester /wer sich / wie unsere Schwester Frl. Sibylla / leicht schrecken liesse / müste mit ihr kein Gespräch oder Kurzweil antreten; weil ich aber ihrer lustigen Schwänke wol gewohnet bin / und allen Anwesenden solche bekand sind / fürchte ich mich vor keinem Verdacht; jedoch / wann wir diesen Fürsten zugefallen etwas tähten / daß wir einem andern nicht tuhn wurden / unsere Ehr uñ Zucht gleichwol verwahret / solte ein solches uns schimpflich in dieser Geselschaft /und der Durchl. Fürsten gegenwart auffgerücket werden / und zwar von ihr selbst / als deren es mit zugefallen geschehen würde? Ey daß wird sich schwer verantworten lassen; uñ ihr Durchleuchtigster Groß Fürst / sagte sie zu Herkules / Eure Liebe wähle ich zum Richter / ob nicht unsere Fr. Schwester wieder gebühr und Freundschaft gehandelt / und deswegen mit einer harten Busse zubelegen sey? So recht so recht / sagte der Stathalter zu seiner Tochter / da hastu dereins deinen Meister bekommen / dann meine liebe Tochter Sibylla ist dir zu [350] from; und dafern meine Tochter Lukrezie mich nicht vorbey gangen währe / solte sie eine genehme Urtel angehöret haben / die Groß Fürst Herkules vielleicht so scharff nicht sprechẽ wird. Durchaus nicht / Herr Vater / sagte Lukrezie / daß ich denselben solte vorbey gangen seyn / sondern weil ich mich befahre / noch eines Ober Richters zubedürffen /habe ich mir denselben vorbehalten / und ihm mit meiner Klage nicht verdrieslich seyn wollen / dafern der wichtige Streit durch Groß Fürst Herkules könte beygelegt werden. Herr Fabius verwunderte sich ihrer leichtbesinlichen schlauheit / und sagte zu ihr: Bey glauben / geliebete Tochter / es ist immer schade /daß sie zum Fräulein / und nicht zum Sohn gedien ist. Wie so mein Herr Vater? antwortete sie / darff ich auch in dieser Sache einen Richter wählen? Und als er nun seine bewilligung gab / sagte sie zu Baldrich: Durchl. Fürst / ich bitte eure Liebe freundlich / hierin zu urteilen / ob ich besser ein Fräulein oder junger Herr bin. Nein meine Tochter / antwortete der Stathalter mit einem Gelächter / ich erwarte dieser Urtel nicht / und wil lieber gewonnen geben / dann dieser Durchl. Fürst dürfte den Ausspruch aus einem andern Grunde hervor suchen / daß ichs mit ihm wol müste einig seyn; aber wie wenig sich die Warheit bergen lässet / ist hiedurch schon erwiesen / und zweiffelt unser keinem / währe diese Sache dem Durchl. Fürsten nicht in etwas bekant / oder zum wenigsten derselben ungewogen / meine Tochter würde dessen Liebe nicht so kühnlich zum Richter erkieset haben. Das gute Fräulein hatte sich verhauen / wolte sich doch so offentlich nicht schuldig geben / sondern antwortete also: Daß diesen Durchl. Fürsten ich zum Richter erwählet / ist die Ursach / daß dessen auffrichtiges Herz meine Fr. Schwester Sophia mir diese Tage so treflich gerühmet hat; und weil ich meiner guten Sache traue / welche auff diesem grunde beruhet / daß ich weder blosse Schwerter / noch vergossenes Menschen-Blut sehen mag / dessen dieser Durchl. Fürst bey der Räuber abstraffung inne worden / habe dessen Liebe ich vor andern zum Richteramt ersuchet / und solches umb so viel mehr / weil er als ein mir unbekanter nicht kan in verdacht gezogen werden / ob würde er wegen Kund- oder verwandschaft / oder aber aus Unwissenheit eine ungerechte Urtel sprechen. Es sey aber diesem / wie ihm wolle / so habe nicht ich /sondern dieser unschuldige Fürst sich dessen zubeschweren / daß man ihn ohn alle Ursach in Verdacht zihet. Der Stathalter wuste nicht / was er ihr vor eine Antwort geben wolte / trat hin zu ihr / und nach einem väterlichen Kusse sagete er: Herzgeliebte Tochter /der Himmel gebe eurem guten verstande ein gleichmässiges Glük / dann werdet ihr über Unfal euch nicht zubeschweren haben. Ach mein hochwerter Herr Vater / antwortete sie / ich bitte demühtig / meine gar zu bäurische Kühnheit mir zuverzeihen / demnach ich meine fehler willig erkenne / und damit mein Herr Vater seiner ergebenen Tochter gehorsames Herz desto eigentlicher erfahre / wolle er mit mir auff ein kurzes absonderliches Gespräch einen geringen Abtrit nehmen. Dieses redete sie mit sanfter Stimme / daß kein Anwesender es verstehen kunte. Er aber wahr ihr gerne zu willen / und da sie allein von den andern abgesondert stunden / redete sie ihn also an: Mein Herr Vater / ich gestehe gegen ihn nunmehr gerne / daß der Durchl. junge Fürst aus Teutschland / bey mir umb eheliche Liebe sehr inständig angehalten / und weil die Groß Fürstin es daneben treibet / die von meinen lieben Eltern ungemässene Volmacht hat / mich wirdig zuverheirahten / weil sie doch nicht willens sind /mich einem andern als Christen zuvermählen. Wie? verwundert [351] sich mein Herr Vater hierüber? ich versichere ihn als einen vertraueten so nahen Blutsverwanten zugleich / daß nicht allein ich / sondern meine herzliebe Eltern getaufte Christen sind / und viel lieber alles verlassen / ja Leib und Leben verlieren / als diesen Glauben wieder ablegen wollen. So sihet nun mein Herr Vater / ob mir / diese Heyraht auszuschlagen / rahtsam sey / nachdem ich diesen Fürsten schon dahin beredet habe / daß er neben seinen Gesellen unsern Glauben angenommen hat. Der Stathalter antwortete: Liebes Kind / ihr saget mir sehr unvermuhtliche Zeitung / die einem andern ich nicht gläuben würde / nicht sage ich solches wegen eurer Heyraht /die ich nicht zuverbessern wüste / sondern daß mein Oheim und Brüderlicher Freund euer Vater den Römischen Glauben abgeleget hat / wovon auff erste zusa enkunft ich mit ihm weiter reden werde. Aber berichtet mich / wie Fürst Siegward mit meiner Tochter Sibyllen stehe; Gleich also / antwortete sie / als Fürst Baldrich mit mir / und erwartet sie nur ihrer lieben Eltern einwilligung / wovon Fr. Sophia dem Herr Vater schon berichten wird. Wie aber? fuhr er fort; wil dann dieser Fürst eine heirahten / die nicht seines Glaubens ist? O nein sagte sie / dann eben durch ihr getrieb hat er sich zum Christentuhm begeben. So höre ich wol /antwortete er / mein Haus ist voller Christen. Ja Herr Vater / sagte sie / ist euch solches unbewust? eure Tochter / euer Sohn / euer Eiden / eure Schnuhr / Klodius / Markus und die übrigen mit ihren Eheliebsten sind alle aus freiem willen unsers Glaubens worden /weil die himlische Weisheit sie überschattet und erleuchtet hat / daß sie gesehen und erkennet / wie bloß allein hierinnen ihre ewige Seligkeit besteht / deren wir über alle dinge nachtrachten müssen; kan nun mein Herr Vater solche Leute nicht bey sich leiden /wolan / Teutschland / Schweden / Böhmen stehen uns offen / wir begeben uns gerne unsers Vaterlandes /nur daß uns der Himmel bleiben möge. Nicht also geliebetes Kind / antwortete er / habe ich so lange Jahr eine Christin im Ehebette leiden / und mit ihr mich wol begehen können / so werde ich umb des Glaubens willen meine Kinder nicht verstossen. Ich wil euch aber träulich rahten / daß ihr diese Heyrahten ja nit ausschlaget / und meine Tochter Sibylla sich nicht wegere dem Schwedischen Fürsten dz Jawort zugeben / ihrer Eltern Wille wird da seyn insonderheit / wann sie vernehmen werden daß sie eine Christin ist. Fr. Sophia trat zu ihnen hin / und nach gebehtener verzeihung meldete sie an / daß ihrer Beaten Eltern mit ihren Kindern ankommen währen / gingen demnach miteinander nach dem grossen Saal / und ward der gute alte Opimius wol empfangen / welcher sich gegen den Stathalter und Fr. Sophien aller geschehenen befoderung bedankete. Gallus und Leches wahren diesen Morgen miteinander auff die Jagt geritten; als er nun wieder heim kam / uñ seines künftigen Schwiegervaters ankunft berichtet ward / ging er in den Saal / ihn zuempfangen / wobey sich nicht geringe verwirrung zutrug; dann so bald ihn Opimius sahe zu sich nahen / kennete er ihn / ward auch von ihm wieder erkennet / verwandelten sich beyderseits / und fing jener mit sonderlichem Eifer an: Hochmögender Herr Stathalter / da sehe ich einen schändlichen Räuber / mei nen ärgesten Feind / der mich leider in meinen bißher geführeten elenden Stand gesetzet hat / und ich schon lange bemühet bin / ihn auszuspehen / damit ihm nach verdienste gelohnet werden möchte / weil dann der gerechte Gott mir denselben alhier ohngefehr in die Hände liefert / als dessen Rache ohn zweiffel hinter ihm her ist / und seinen schandbösen Muhtwillen länger nicht dulden kan / als [352] begehre und bitte ich demühtig / und als ein Römischer Untertahn / daß der gottlose Bube fest gemacht werde / damit ihm nach seinem Verdienst als einem schändlichen Räuber und Strassendiebe gelohnet werde. Gallus bestürzete dergestalt über dieser Anklage / daß er anfangs kein Wort machen kunte / und bildete der junge Fabius ihm gänzlich ein / er würde an ihm irren / deswegen er zu ihm sagete: Mein Herr / er führet eine sehr harte und ehrenrürige Klage wieder diesen Ritter / der in grosser Herren bestallung und wirklichen diensten ist / wolle sich demnach wol bedenken / und zuvor sich fleissig erkündigen / ob er auch den rechtschuldigen angetroffen habe. Gnädiger Herr / antwortete Opimius / ob gleich zuzeiten ein Mensch dem andern sehr ähnlich ist / erkenne ich doch an meinem unfehlbaren Abzeichen daß ich meinen allerboßhaftigsten beleidiger angetroffen habe. Gallus hatte sich inzwischen etwas erhohlet / trat näher zu Opimius / und mit demühtiger neigung und traurigen geberden sagte er zu ihm: Mein hochgeehrter Herr / ich bekenne vor diesen hohen Häuptern / daß er an mir den rechtschuldigen angetroffen / welcher vor diesem ein solcher Ungenanter gewesen ist / wie ihr mich genennet und ausgescholten habet / erinnere mich auch des gottlosen verbrechens wodurch ich mich an euch / einen frommen unschuldigen Herrn sehr versündiget habe / aber ich bitte denselben durch Gott und durch seine eigene frömmigkeit / mein Herr wolle mir meine grobe Missetaht und verübete Bosheit vergeben / weil mir dieselbe von herzen leid ist / und ich davor abtrag zu machen / mich solchergestalt anerbiete / daß ich vor jedwede abgenommene Krone / hundert erstatten /und vor die angelegte Schmach eine gleichmässige anzahl Gelder erlegen wil. Herkules kunte leicht ermässen / was es antreffen würde / redete deßwegen ins mittel / und sagete: Herr Opimius / hat dieser mein lieber geträuer etwa sich ehmahls an euch vergriffen / wollet ihr solches der Vergeb- und vergessung anbefehlen / nachdem er nicht allein seine vorige Untugend abgelegt / und aller auffrichtigen redligkeit sich befleissiget / sondern / welches euch etwa mag unwissend seyn / mit eurer geliebeten Tochter ehelich versprochen ist. Er erblassete von neuen über dieser Zeitung / und antwortete: Durchl. Groß Fürst / ich bin gar zu hart von diesem euren Diener beleidiget / und sehe nicht / wie ich mich dergestalt überwinden / und ihm mein liebstes Kind gönnen sol, zwar er hat mir vorgestern durch überschickung grosser Gelder und anderer kostbahren sachen / ein gutwilliges Herz sehen lassen / welches ich auch mit gebührlichem dank angenommen / unter diesem Vorsaz / ihn vor meinen lieben Schwiegersohn auffzunehmen / aber so wenig ich gewust / wer der Geber ist / so wenig ists ihm kund gewesen wem er gutes getahn hat. Und wann ihre Durchl. wissen solte / nicht allein was vor Schaden und Spot er mir angefüget / sondern auch /was vor Elend / Armut und Mangel mir dadurch verursachet worden / so daß ich in diesem meinen unbehülflichen Alter mich meiner Hände Arbeit / die dessen nit unterrichtet wahren / kümmerlich ernähren uñ das Brod des trübsaals mit meinem Weibe und Kindern essen müssen / würden meine anwesende Gnn. Herren mir meinen unwillen nicht verübeln. Ladisla wolte des verlaufs gerne ausführlichen bericht haben /und sagete zu Gallus: Lieber erzählet uns / was vor Ursach ihr diesem guten Herrn zu so hefftigem Zorn gegeben habt / alsdann werde ich mich bemühen /euren Span beyzulegen. Ja gnädigster K \nig / antwortete er / ich habe mich dermassen schwer an diesem Herrn vergriffen / daß er Ursach gnug hat / nicht allein mich anzufeinden / sondern auch peinlich anzuklagen; [353] dann ohngefehr vor drey Jahren und etwas drüber / ba ich annoch unter der verfluchten Räuber Rotte wahr / bin ich selb sechse diesem Herrn auffgestossen / habe ihm drey Pferde vor dem Wagen abgespannet / 3000 Kronen Baarschafft geraubet / und ihn neben seinen Sohn und Fuhrman in harter Kälte fast nacket an einen Baum gebunden / damit sie uns nicht verfolgen und den Raub wie der abjagen möchten; erinnere mich überdas / wie etliche meiner Gesellen ihm und seinem Sohn grossen Schimpff und Beleidigung angeleget / welches ich als ihr Häupt und Führer wol hätte ablehnen können / da mirs Ernst wäre gewesen. Unter diesen Reden drungen dem alten Opimius die Trähnen aus den Augẽ / und taht hinzu: Er hätte solche Gelder von etlichen guten Freunden / auff alle seine übrigẽ Pfandeentlehnet / einen sehr harten und ungestümen Gläubiger damit zubefriedigen / auff daß er von seinen Gütern nicht gar vertrieben würde / und als er wegen dieses Verlustes nicht hätte bezahlen können / währen ihm alle seine Landgüter / ausgenommen ein einziges Bauren Hütlein / abgedrungen /in welchem er sider dem sehr kü erlich sich behelffen müssen; Die Anfesselung währe nach seiner Erzählung ergangen / da er mit den seinen biß in den dritten Tag gestanden / und wegen Anlauffs der wilden Tihre sich des Lebens erwogen hätte / biß endlich ein Betler sich durch Gottes sonderliche Schickung des Weges verirret / und sie abgelöset / hätten aber vor Frost /Hunger und Durst weder gehen noch stehen können /endlich noch aus der Noht eine Tugend gemacht / auff allen vieren davon gekrochen / und zulezt bey einem bekanten / geringe Kleider und Speise überkommen. Die Groß-Fürstin antwortete ihm hierauff: Mein Freund / ich muß bekennen / daß ers grob genug gemacht / und euch sehr hart beleidiget hat / aber zur unversöhnlichen Feindschaft ist es viel zu wenig. Dañ vernehmet; eben dieser Gallus hat mich / ein Königliches Fräulein mit gewaltsamer Hand und Vergiessung vieles unschuldigen Blutes geraubet / und ursach gegeben / daß ich über Meer geführet / verschencket /und in äusserste Ehren- und Lebensgefahr und Armut gerahten bin; Was unsägliche Mühe und Gefahr hat deswegen mein Herr Bruder / mein Gemahl / und andere Freunde angehen müssen / sind unter Henkers Hände gerahten / und in höchste Beschimpffung und Schande; noch dannoch haben wir ihm nicht allein gnädig verzihen / sondern zum vertrauetesten Diener angenommen / daß er unserer verborgensten Heimligkeiten Wissenschafft gehabt; haben ihn endlich zu grossem Reichtuhm verholffen / in den Adel Stand gesezt / und alle Gnade erzeiget / nicht daß er solches hätte verdienen können / sondern bloß / weil wir gesehen / daß nach geschehener Busse er sich gebessert /und alle Boßheit abgeleget / so daß er jezt billich unter die redlichsten und frömmesten gezählet / und daher von Fürsten und Herren geliebet wird; So lasset nun / mein Freund Opimius / allen Zorn und Wiederwillen fahren / und nehmet von mir seinetwegen zum Abtrag 10000 Kronen an / die ich nach geendigter Mahlzeit euch baar auszählen lassen wil. Gallus selbst hielt nochmahls sehr umb Verzeihung an / und verpflichtete sich / die Beleidigung nach Mögligkeit zuverbessern / auch ihm / seiner Eheliebsten und acht übrigen Kindern die versprochenen 300000 Kronen redlich einzuliefern / und in zehn gleiche Teile auszuteilen. Worauff Opimius sich erklärete / weil so gewaltige Fürsten und Herren ihm das Zeugniß seiner Besserung gäben / er selbst auch durch übermildes erbieten seine Reue gnugsam an den Tag legete / wolte er das ergangene der Vergessenheit befehlẽ [354] und ihn hinführo als einen lieben Freund und künfftigen Schwieger Sohn halten / unter der Hoffnung / er würde sich gegen sein liebes Kind gebührlich / und als ein geträuer Ehegatte bezeigen. Herkules bedankete sich seines Dieners wegen / setzete Opimius zum Verweser aller seiner im Paduanischen Gebiet geschenketen Landgüter / und daß er deren Aufkünffte ein Jahr frey geniessen / auch die neugebauete Burg daselbst / bewohnen solte. Die Groß Fürstin erboht sich / alle seine versetzen Güter und Pfande ihm einzulösen / und Ladisla sagte zu Gallus: Ich wil euch die Mantuanischen Güter mit gleicher Bedingung eintuhn / daß ihr in der nähe bey euren Schwieger Eltern wohnen könnet; welcher hohen Gnade er sich zwar untertähnigst bedankete / wendete aber ein / er håtte seinem gnådigsten Groß Fürsten sich zu untrenlichen Diensten verbunden / auch von dessen Durchl. gnädigste Zusage erhalten / ihn nimmermehr / als lange er sich redlich halten würde / abzuschaffen. Es ist also / sagte Herkules / bin auch willens / euch zu meinem Schaz- und Ober Waffenmeister zusetzen /nachdem ich vernehme / daß ihr bey mir zubleiben Lust habet. Also wahr nun diese Fehde geschlichtet /und beredete man sich / folgendes Tages das Raub Nest zu verstören / zu dessen Behuef 400 Bauren mit Hacken und anderm nöhtigen Werkzeuge auffgemahnet wurden. Die Verliebeten brachten diesen Tag in aller Fröligkeit zu / und erhielten die beyden Fürsten bey ihren Fräulein / daß das Beylager auff Gallus Hochzeitfest solte angestellet werden / welches auff den 14 den Tag bestimmet ward. Des nähstfolgenden Tages wahren sie frühzeitig auff / ihr Vorhaben ins Wert zurichten. Das Fürstliche Frauenzimmer setzete sich zusammen auff eine weite Gutsche / die Fürsten und Herren mit ihrer Ritterschafft legeten ihre Waffen an / und ritten mit 100 Pferden hinaus / kahmen anfangs an die Stelle / woselbst die Brüder und Oheimbe ihren Kampff mit einander gehalten / da sie ihrer zerhacketen Schilde noch etliche Stücke antraffen; nachgehends erreicheten sie der erschlagenen Räuber Leichnam / die von den wilden Tihren schon zurissen / uñ biß auffs blosse Gerippe verzehret wahren; Von darab macheten sie sich durch das Gestäude nach der Höhle / liessen die Bauren alles zuschlagen und abbrechen / und funden noch zimlichen Vorraht an Speisen und Gewehr; dann die Gelder und Kleider wahren schon alles hinweg geführet / und den beyden Fürsten als ihr Eigentuhm eingehändiget. Weil nun keine Feindseligkeit daselbst verspüret ward / legeten die Fürsten ihre Waffen ab / führeten ihre Gemahlen und versprochene Fräulein hie und da in dem lustigen dicken Gehölz umher / und suchete ein jedweder mit seiner Liebesten allein zuseyn. Baldrich mit seinem Fräulein wahr einen zimlichen Weg in seinen Liebes Gedanken zum Walde hinein gangen / und ersahen einen lustigen dicken Baum / unter welchen sie sich nidersetzeten / etwz Ruhe zunehmen. Als sie nun in ihrem Liebes Gespräch auff nichts anders bedacht wahrẽ / als wie sie einander in aller Zucht die anmuhtigsten Liebeszeichen erweisen möchten / da sahe das Fräulein ohngefehr zween starke Bähren zu ihnen heran eilen / und mit erschreklichen Sprüngen ihrer zubegehren / daher sie aus grossem Schrecken rieff: O mein Schaz / nun sind wir beyde des Todes! Das wende Gott ab / antwortete er / sprang auff / entblössete sein gutes Schwert / und stellete das vor Angst bebende Fräulein hinter sich an den Baum / daß sie Schuz und Sicherheit hätte. Die Bähren scheuheten sich vor ihm nicht / sondern lieffen zugleich daher /welches Baldrich ersehend / und seines Gewehrs sich tröstend / [355] zu ihnen eintrat / und in dem sie zu ihm naheten / dem einẽ straks angesichts das Maul und die rechte Vörder Tatze in einem Hiebe dergestalt zurichtete / daß er mit greulichem Geheule sich hinweg stahl. Der andere verließ ihn auch / und lief gerade nach dem Baum auff das Fräulein zu / welche den gewissen Tod vor sich zusehen meynend / ihrem Gott die Seele schon befahl; und zwar / hätte Baldrich sich umb ein Augenblik geseumet / würde er ihrer Liebe nimmermehr genossen haben; weil sie ihm aber tausendmahl lieber als sein Lebẽ wahr / setzete er dem Bähren mit vollen Sprüngen nach / und gleich da derselbe das Fräulein mit der linken Tatze angriff / und ihr den Rok an der Seite gar zuriß / hieb er ihm dieselbe Tatze reine hinweg / jedoch mit einem so unglüklichen Streiche / daß er zugleich seinem Fräulein eine zimliche Wunde oben ins Bein schlug / daß wann er einer guten Hand breit höher getroffen / er ihr das Gedärm im Leibe würde beschädiget haben; der Bähre aber wolte nicht weichen / sondern setzete auff Baldrich an / traff ihn auch mit der Rechten Tatze an den linken Arm dermassen / daß ihm das klare Blut heraus drang / wiewol er ihm davor geschwinde lohnete / und den Kopff vor die Füsse legete / gleich da das Fräulein sich nieder auff die Erde setzete / und zu ihm sagete: Ach mein Herzen Schaz / mich deucht /ich bin hart verwundet. Bald lief er hinzu / den Schaden zubesichtigen / dessen sie anfangs sich aus Scham wegerte / aber wegen Todesfurcht / und weil sie das Blut häuffig sahe herablaufsen / endlich zuließ; Da er nun sahe / daß er sie mit dem Schwerte verwundet hatte / fehlete wenig / er hätte sich selbst entleibet / wo das Fräulein ihm nicht frisch zugesprochen hätte / da sie zu ihm sagete: Mein allerliebstes Herz / dafern ihr euch einiges Leid antuht / sollet ihr aller meiner Hulde ewig entsetzet seyn. Ich danke meinem Gott / daß er unser Leben gefristet hat / und ihr wollet euch selbst schaden? O du unbesonnene Faust / uñ schandloses Schwert / sagte er; fassete es grimmig / und schlug es wider den Baum / in Meynung / es zuzerbrechẽ / welches ihm aber wegen seiner güte unmöglich wahr. Das Fräulein redete ihm freundlich zu / stellete sich / als empfünde sie des Schmerzen wenig / und baht / er möchte ihr sein Schnupftuch reichen / damit sie die Wunde verbinden könte; nahm ihren köstlichen Blutstein hervor / und stillete damit das Blut / wischete das vergossene Blut rein abe / und durch Baldrichs Hülffe / dem seine Trauer-Trähnen flossen / verband sie die Wunde /nicht ohn grosse Schahm / daß sie dergestalt sich vor ihm entblössen muste; Er aber legete sich vor ihr in die Knie / und baht lauter umb Gottes willen / ihm diesen unvorsichtigen groben Fehler hochgünstig zuverzerhen / weil es ohn allen Vorsaz geschehen / und ihr Leben zuretten fast nicht anders hätte seyn können. Das Fräulein umfing ihn freundlich / mit Bitte /sich der Verwundung halben keine Gedanken zumachen; es währe Gott ihr Zeuge / daß ihr seine Angst und Wehmuht tausendmahl hefftiger / als eben die Wunde schmerzete; Ihrer notwendigen Entblössung aber trüge sie die allergröste Schahm / welches sie doch / weil er ihr versprochener Gemahl währe / noch endlich verschmerzen wolte; umfing ihn darauff zum andern mahle / und entsetzete sich nicht ein geringes /da sie seines hartblutenden Armes gewahr ward / welchen er alsbald er entblössen / und von ihr verbinden lassen muste. Nun sorgete er vor nichts so sehr / als wie er sie ohn sonderliche Bewägung nach der Geselschaft bringen könte / leitete sie anfangs mit langsamen Tritten fort / sahe aber / daß ihr weiter zugehen unmöglich wahr / hieb geschwinde einen zimlichen Teil Sträucher / band dieselben zusammen / [356] setzete sie drauff / und zog sie als auff einem Schlitten daher / wurden auch eins / vorzugeben / der Bähr hätte ihr das Bein verletzet. Der andern Geselschafft kam verdächtig vor / daß diese so lange ausblieben / und begunten sich zuverteilen / ihnen nachzusuchen / aber die Groß Fürstin und Frl. Sibylla sahen sie endlich daher zihen und lacheten des vermeineten Auffzuges /daß diese sich von dem Fürsten also schleppen ließ; wiewol die Groß Fürstin bald ein schlimmers muhtmassete / und zu dem Fräulein sagete: Ohn zweifel ist unser Frl. Schwester ein Unfal zugestossen; mit welchem Worte sie von der rechten Seite her noch zween grimmige Bähren herzu lauffen sahe / nam ihr Schwert zur Hand / welches sie auff Reisen selten von sich legete / und sagte zu ihrer Gefärtin: Stellet euch dort hinter jenen Baum / mein Fräulein / biß diese Räuber werden gebendiget seyn; Sie aber lief geschwinde Baldrichen zu / welcher gleich der Un Tihre gewahr ward / und ihnen / weil er die Groß Fürstin mit blossem Schwerte muhtig herzu eilen sahe / herzhafft entgegen sprang / das Fräulein bittend / nur ein gutes Herz zuhaben. Sie gelangeten fast zugleich bey den wütigen Bähren an / welche sich teileten / und jeder seinem nähesten Raub suchete / aber die Groß Fürstin taht auff den ihren einen dreyfachen doppelten Hieb / wodurch derselbe zu grunde gerichtet wahr. Baldrich verwunderte sich dessen zum höchsten /wolte seine Erfahrenheit auch sehen lassen / und hieb den Bähren den Leib auff / daß er das Ingeweide ausschüttete. Der Kampff ist wol gerahten / sagte Valiska / aber so viel ich merke / hat mein Herr Bruder schon mit dergleichen Ansprengern zuschaffen gehabt / und gebe nur GOtt / daß das Fräulein unbeschädiget blieben sey. Ich wünschete solches von herzen / antwortete er / aber sie hat leider eine Wunde davon getragen /welche doch mit Gottes Hülffe keine gefahr haben sol. Also gingen sie alsbald dem Fråulein zu / deren blutige Kleider der Groß-Fürstin nicht geringen Schrecken macheten / jedoch sich zufrieden gab / weil ihr die Farbe in etwas wieder kommen / und zimlich frisch redete. Ihre Leibdienerin Lektoria gehuhb sich / sehr übel / bestellete alsobald / daß etliche Reuter sie fein sanfft nach der Gutsche tragen / und sie gestrekt darauff legen musten; Baldrich aber geleitete die Geselschafft nach dem Orte des beschehenen Anfalles /traffen auff dem Wege den entlauffenen ersten Bähren an / welcher wegen schmerzens nicht weiter kommen kunte / und von Baldrich vollend hingerichtet ward. Die anwesende verwunderten sich der ungeheuren grossen Tihre / und bekennetẽ / daß diese kühne glükliche Taht wol unter die vortreflichsten zurechnen währe. Als sie bey der Gutsche wieder anlangeten /und das Raubnest gänzlich verstöret wahr / machten sie sich auff die Heimreise / uñ setzete sich Baldrich zu dem Fräulein / deren verwundetes Bein er stets auff seiner Schoß hielt / biß sie zu Padua anlangeten / und eine vernünftige Aerztin sie verband / welche / weil ihr Baldrich 500 Kronen versprach / allen fleiß anwendete / daß sie am achten Tage ganz heile wahr. Diese Zeit über / weich Baldrich nicht weit von ihr /und nam Siegward daher Gelegenheit / seinem Fräulein gleichmässige Beywohnung zuleisten / weil diese ihre geliebte Schwester nicht verlassen wolte. Nach wieder erlangeter Gesundheit muste das gute Fräulein zimliche Auffzüge über sich nehmen; dañ weil Frr. Valiska und Sophia die Wundezeit ihrer Schwacheit etliche mahl besichtiget / und befundẽ hatten / daß sie mit dem Schwert geschlagen wahr / gab es Gelegenheit zu allerhand kurzweiliger Ausdeutung; woran sie sich doch wenig kehrete / sondern beteurete / sie hätte sieder [357] dieser Verwundung zehnfache Liebe zu dem Fürsten bekommen / weil sie wüste / daß es nicht vorsezlich / sondern ohngefehr / und zu ihres Lebens Erhaltung geschehẽ währe. Also ward nun diese Zeit in aller ehrliebenden Kurzweil verzehret / biß der angesezte Tag zu Gallus Hochzeit herzu nahete / da ein Christlicher Lehrer gefodert ward / der anfangs die Fürsten mit ihren Fräulein / hernach Gallus wie seiner Beaten nach damahligem Kirchen Gebrauche einsegnete; aber die Fürstliche Hochzeit ward auff etliche Wochen ausgesetzet / damit der Fräulein Eltern dabey erscheinen könten. Die Groß Fürstin richtete Gallus Hochzeit auff ihrem neuerbaueten Hofe statlich aus /und wurden der ganze Raht und vornehmste Adel der Stad darauff geladen. Des späten Abends führeten die Groß Fürstin und Fr. Sophia den Fürsten ihre geliebeten Fräulein zu / und setzeten sie ihnen auffs Bette /wiewol sie nicht auff einem / sondern unterschiedlichen Gemächern schlieffen. Arbianes hatte inzwischen alles zum Stechen auffs prächtigste versehen lassen; da wahren grosse Hütten vor die Pferde / und trefliche Zelten vor Ritter und Herren auffgeschlagen; Gar-Köche / Weinschenken und Krämer hatten vor sich selbst herliche Buden auffgerichtet / mit deren etlichen der Fürst ein Verding machete / alle ankommende Ritter / so mitstechẽ / und ihre Schilde auffhengen würden / auch deren Leibdiener nach Standesgebühr zuspeisen; Insonderheit wahren unterschiedliche Schaubühnen auffgerichtet / umb und umb mit Gitterwerk verwahret / daß man an denen / die drauff sassen / nichts sehen kunte / es wäre dann / daß sie die Fenster öfneten / und wahren die Stiegen so artig gelegt / daß man weder von oben her / noch in den Schranken jemand auf oder absteigen sahe. Des morgens / ehe die jungen Eheleute auffstunden / kam die Groß Fürstin und Fr. Sophia zu ihnen aufs Schlaffgemach / und frageten / ob nicht bald zeit währe auffzustehen / brachten auch beydes den jungen Fürstinnen und ihren Gemahlen neugemachte Kleider / einerley Gattung wie sie sich mit ihren Gemahlen geputzet hatten / und wahren an denen weder Demanten noch Perlen gesparet. Die neuen Eheleute hättẽ lieber eine gedoppelte Nacht haben mögẽ / mustẽ aber heraus /und sich anlegen / damit sie dem Ritterspiel zeitig gnug beywohnen möchtẽ / dessen Vortrefligkeit daher leicht abzunehmen war / weil sie die Stad Padua mit fremden Rittern angefüllet sahen. Die so bey dem Stechen sich gebrauchẽ wolten / waren schon des Abends zuvor in dẽ aufgeschlagenẽ Zeltẽ angelanget / woselbst sie diesen Abend uñ ihr Geld zehretẽ; Als der Stathalter mit der Fürstlichẽ Geselschaft kam / sties man gewaltig in die Trometen / uñ begab sich derselbe mit Herrn Zezilius Antenor / Kornelius uñ Emilius / auch anderen Paduanischen Herren auff die ihnen zugeordnete Schaubühne. Herkules / Ladisla und der junge Fabius setzeten sich mit ihren Gemahlen auff die allernäheste dabey. Die dritte nahmen Baldrich /Siegward und Arbianes / mit den beyden jungen Fürstinnen ein. Die vierde und grösseste ward mit hem Paduanischen ädlen Frauenzimmer und Rahts-Herren angefüllet. Bald darauff klopffete ein alter Greiser mit einem Stabe zum drittenmahle auff / und redete ein ander folgende Worte: Nachdem auff bewilligung des Römischen Stathalters hieselbst / Herrn Q. Fabius /ber Durchl. Groß Fürst aus Meden / Herr Arbianes /aus Liebe zur Ritterschaft / dieses ansehnliche Speerbrechen angeordnet / sind die gewöhnliche Satzungen und Gebräuche dabey gefüget / daß vor erst niemand als volko ene ädle Ritter / denen keine Untaht mit Warheit könne nachgesaget werden / sich auff der Bahn finden lassen. Zum andern / niemand aus [358] Feindschaft den andern ausfodern; Zum dritten / niemand /da er herabgestochen würde / auf den überwinder einigen Neid oder Haß werffen / oder ihn ferner umb einen Rit begrüssen / und sonsten alles dz tuhn und lassen sol / was Ritters brauch erfodert und bißhergeübet hat / Darauff ward die Bahn frey gelassen und die Schranken geöffnet / zwischen denen etliche hundert Ritter sich setzetẽ / in mancherley ansehnlicher Rustung. Doch hatten alle Zuseher auff drey / welche in Geselschaft ritten / insonderheit die Augen gerichtet / als welche vor andern gar pråchtig auffgezogen kahmen. Der in der mitte hatte einen schwarzglänzenden Schild / in welchem zu oberst eine helleuchtende güldene Sonne stund / und in der mitte ein Silbernes V; nähest darunter wahr die bleich-roht-scheinende Morgenröhte sehr artig entworffen / und zu unterst diese Worte gesetzet.CLARAm Solis Auroram spero. Das ist: Zur hellen Morgenröhte der Sonnen stehet mein hoffen. Aufs dem Helme führete er ein Tiegertihr / in dessen linken Tatze ein Schildlein hing mit dieser Schrifft:Amor absens gravis Entfernete Liebe ist schwer zuerdulden. Der zur rechten führete einen blauen Schild mit eben solcher Soñen und dem Silbern V. nähest darunter stund der schimmernde Morgenstern / mit dieser Unterschrift:LV CIferum Solis gero. Der Sonnen Morgenstern trage ich bey mir. Auff seinem Helme stund eine nackete Jungfer / welche in der Rechten ein Täflein hielt / mit dieser Auffschrift:Amor præsens suavis. Nahe Liebe ist süsse. Der dritte hatte einen rohten Schild mit eben der vorigẽ Sonnen und dem V. In der mitte den helleuchtenden Abendstern mit dieser bezeichnis:SIderis Hesperum sub Sole fero. Des Himmels Abendstern trage ich unter der Soñen bescheinung. Auff dem Helm aber ein Schäflein / an dessen Brust diese schwarze Buchstaben geetzet wahren;Amor savet gnavis. Die Liebe begünstiget die Unverdrossenen. Hinter ihnen her ritten drey ansehnliche frische Ritter in blanker Rustung mit güldenen Blumen sehr artig bestreuet / jeder führete einen rohten Löuen im Schilde mit dieser umbschrift:Pro Lege & Rege. Alles dem Gesez und Könige zu dienste. Auff dem Helme hatten sie lange weisse Federbüsche / und auf einem daran geheftetẽ Schildlein diese Worte:DEO DVCE. Durch Gottes anführung. Diese sechse nahmen die obriste Stelle ein / und foderten eine zimliche anzahl Speere / daß mann leicht urteilete / sie währen nicht willens / ohn stechen abzuzihen; wie dann die drey ersten alsbald sich auff die Bahn setzen / hatten einen zierlich geputzeten lädelknaben /welcher mit heller Stimme also anfing: Hochlöbliche preißwirdige Ritterschaft; demnach gegenwärtige diese drey Ritter Gebrüder / auff ihrer schleunigen Reise nach Griechenland ohngefehr vernommen / daß ein ausländischer Fürst dieses Ritterspiel angeordnet /haben sie etliche wenig Tage abgebrochen / diesem Stechen ein oder zwo Stunden beyzuwohnen / dienst-und freundlich gesinnend / ihnen diese Bahn ein wenig zu gönnen / biß sie durch tapfere Speere /denen sie wolgewogen bleiben wollen / herunter geworffen werden / jedoch mit dem bedinge / daß sie von niemand über den dritten Rit angefodert werden; des erbieten sie sich hinwiederumb / einem jeden nach Standes gebühr und hocheit ihre Freundschaft und Dienste an. Hiemit nam der Knabe abscheid / und ritte aus den Schranken / da seine Herren sich fertig hielten / mit allen / so es begehren würden / ein Treffen zu tuhn; wie sich dann gar bald drey ansehnliche Ritter funden / die sich ihnen entgegen setzeten. Der erste hatte einen Bähren im Schilde / welchen eine schöne Jungfer an der Hand leitete / mit diesem Merkworte:Feritas mansuescit amore. Das Wild wird durch Liebe Zahm. Sein Helm wahr [359] ganz vergüldet / worauff der Hoffnung ihr Bilde stund / und in deren linken Hand ein Täflein / mit diesen Worten:Spes non confundit; Hoffnung lässet nicht zuschanden werden. Dieser hatte sich gleich gegen den mit den Morgenstern gestellet. Der andere führete ein Lamb im Schilde / welches einen Hund in den Schenkel bisse /mit dieser umbschrifft:Furor fit læsa sæpius patientia. Die zu offt beleidigte Geduld wird endlich grimmig. Auff seinem Helme stund ein halber Monde /und nähestdarunter diese drey BuchstabenS.L.S. welche diesen Inhalt hatten:Sors Lunæ Similis. Das Glük endert sich / wie der Monde. Dieser bekam den mit der Morgenröhte zum Gegener. Des dritten Schild wahr sehr künstlich gemahlet / als brennete er von hellen Flammen / die mit einem Dampffe unterhalten wurden / daß sie nicht kunten über sich schlagen / und stunden diese Worte umbher:Flamma sub fumo, Amor adversus Unglükliche Liebe ist wie Feur unter dem Rauche. Sein Helm kam mit dem Schilde nicht über ein / sintemahl oben drauff ein nacketes Knäblein stund / an dessen Vorderleibe dieses Zeichen wahr;Aperta simplicitas fallere nescia. Offenherzige Einfalt ist ohn Betrug. Dieser hatte sein Speer gegen den mit dem Abendstern gerichtet. Sie seumeten sich beyderseits nicht lange / ritten stränge auff einander an / und traffen zu allen seiten wol / so daß niemand wankete; den andern Rit tahten sie mit heftigerm ungestüm / in welchem der mit dem Bähren sich des falles mit mühe enthielt / auch der mit dem Lamb schier die Erde hätte küssen müssen / da doch ihre Gegenstecher nicht umb das geringste sich bewågeten / die beyden mittelsten aber auch noch dißmahl in gleicher wage blieben. Niemand zweiffelte / es würde im dritten Sazschärffer daher gehen / wie sichs dañ bald fand / massen die drey ausgeforderte / wie ungerne sie auch wolten / die Erde suchen musten / und hatte der mit dem Bähren diesen Vortel vor seinen Gesellen / daß ihm sein Pferd im falle Geselschaft leistete / worüber er doch einen Arm verrenkete. Die Obsieger nahmen alsbald die Bahn wieder ein / und warteten / ob sich mehr an sie machen würden / die sich bald funden; aber im ersten Treffen den unwilligen Absprung nahmen; ihnen folgeten drey andere /deren zween gleicherstalt durch ihrer Bestreiter erstes Speer gefellet wurden; aber des mit dem Morgenstern sein wiederstand wagete den andern Saz / in welchen er stürzend den Rücken zubrach / davon er in wenig Stunden verschieden / welches dem Sieger sehr leid wahr. Jedoch kahmen noch drey unterschiedliche drey-par / welche alle miteinander im ersten Treffen den Sattel räumeten. Herkules und Ladisla rühmeten der Uberwinder Wolverhalten / nicht zweiffelnd / da sie also fortfahren würdẽ / dürften sie den Preiß davon tragen / preiseten auch den Vater selig / dem Gott so ritterliche Söhne bescheret hätte. Es stund nicht lange an / da taht sich ein gewaltiger Ritter hervor / voller Hoffnung / den höchsten Gewin davon zutragen / welchen er in 16 Ritterspielen behäuptet hatte. Sein Harnisch wahr blau angelauffen mit güldenen Striemen; die Pferdedecke schneweis mit köstlichen rohten Korallen besticket / und unten herumb mit drey reihen Rubinen. Auff dem Helm steckete eine köstliche Siegesfahne / mit diesen worten:Virtus non latet. Tugend hält sich nicht in Winkeln. Im Schilde schwebete ein Adler / dabey diese Lobschrift:Meruit Laurum. Er hat den Lorberkranz erworben Im Halse hatte er eine grosse güldene Kette / an welcher zu unterst Käysers Alexander Severus Bilde hing. Dieser ritte hin zu den dreyen Obsiegern / und foderte den [360] mit dem Morgenstern mit diesen Worten aus: Mannhafter Ritter / eure Faust hat bißher anzeige getahn / daß es euch eben so wenig an Kraft als erfahrenheit mangelt / welchẽ Preiß ich euren Gesellen zugleich nachrühmen muß /daß ich nicht zweiffele / euer jeder sey geschikt genug dieses zuerwerben / was viel hoffen und wenig erlangen mögen. Vordißmahl aber ist mein gesinnen an euer Speer / das es auff meiner Brust / oder wo es am besten treffen kan / einen Versuch tuhn wolle / wo sonst das meine euch nicht zugeringe deucht; wil mich bemühen / es auff begebenheit zuverschulden /so weit mein Vermögen reichet. Es ist ein unverdientes Lob / mein Herr / antwortete dieser / welches mir seine gewogene Zunge zuleget / und mich ihm sehr verbunden machet / daß zu seinem Willen ich mich schuldig erkennen muß / werde auch unbetrübet meinen Sattel leeren / wann sein Speer solches wirken solte / und hätte Ursach / mich zu rühmen / wann der Unfal mich übersehen wolte / daher ich mich auff allen Fall fertig halte. Mein Herr / antwortete dieser: Es müste ein verwägener Ritter seyn / der ihm selbst vor treffens den Sieg zuschreiben dürfte; lasset uns aber den Speeren anbefehlen / daß sie uns den Ausgang wissend machen; kehrete sich hiemit um / und stellete sich dermassen unerschrocken / daß alle Anwesende die Gedanken fasseten / es würde dieses das gedenkwirdigste Treffen seyn. Sie liessen beyderseits ihr Herz und geschikligkeit sehen / traffen auch dergestalt / daß die Zuseher / solche Püffe zuerdulden können / vor unmöglich hielten; massen sie dann nicht allein die Speere in kurze Stücke zu splitterten / sondern auch mit den Leibern einander dergestalt begegneten / daß die Waffen knarreten / und sie beyde hinter sich bogen; welches Herkules ersehend / zu Ladisla sagete; er håtte dergleichen Treffen wenig gesehen. Sie empfunden beyderseits / daß sie es nicht mit Kindern zu tuhn hatten / hielten sich demnach feste auff den Pferden / und schicketen sich zum andern Satze /welcher mit neuen starken Speeren volführet ward /mid ihrer keiner nicht den allergeringsten Wank taht /ob gleich die Splitter in die Luft fuhren. Im dritten gange aber legete der mit dem Morgenstern alle Macht und geschikligkeit an / empfing auch seinen Mann so tapfer / daß er denselben samt dem Pferde übernhauffen warff / wiewol ihm und seinem Rosse der Fall auch nicht weit wahr / dessen er sich bloß durch seine geschikligkeit entbrach / und sich der Niderlage seines Gegeners höchlich freuete / der sich kümmerlich wieder erhub / uñ zu seinem Obsieger sagete: Teurer Ritter / ich göñe euch den Preiß / den ihr an mir behäuptet / wann ich nur euren Nahmen wissen möchte. Mein Herr / antwortete jener / wir werden einer dem andern wenig angewonnen haben / ohn daß mein Pferd sich ein wenig fester gehalten hat, daß ich aber meinen Nahmen verberge / zwinget mich mein Gelübde / welches der morgende Tag enden / und meinem Herrn mich zuerkennen geben wird. Hiemit muste der Abgestochene sich begnügen lassen / foderte von seinen Leuten ein Pferd / und ritte aus den Schranken hinweg / gleich da ein ander sich auff die Bahn stellete / und des mit dem Abendstern begehrete / ward aber im andern Treffen auff die Erde gelegt. Der mit der Mogenröhte fand auch seinen Bestreiter /der ihm zween harte Stösse aushielt / und im dritten abspringen muste / dessen sich nicht allein der Obsieger / sondern auch seine beyde Gesellen erfreueten /dann im andern gange hätte er schier den kürzern gezogen. Nach erhaltung dieses Sieges neigeten sich diese drey Gesellen gegen die anwesende Ritterschaft / und macheten sich aus den Schranken ins Gehölze hinein / deren Plaz die drey / so mit ihnen den Einzug[361] gehalten / einnahmen / funden auch bald / die ihrer begehreten / so daß ein jeder fünff Ritter niderlegete /und ihrer keiner gefellet ward; weil sie aber nicht gesinnet wahren / an dem Gewin teil zu haben / machten sie sich gleich den ersten hinweg. Hierauff ging das Stechen unter den andern erst recht an / und verdienete mannicher ein gutes Lob / deren wolverhalten von den Richtern fleissig angezeichnet ward. Als nun der Stathalter das Stechen vor dißmahl aufruffen wolte /bließ man mit allen Trometen / und traten die Richter / H. Kornelius / Emilius / und Antenor zusammen /schlossen auch einhellig / die beyden mit dem Morgen- und Abendstern hätten den ersten; der mit der güldenen Kette / und der mit der Morgenröhte den andern; die drey ebengleiche aber den dritten Dank erworben. Die jungen Fürstinnen beyde / solten den ersten Preiß / zwo schwere güldene Ketten mit angehängeten köstlichen Kleinoten / jede zu 5000 Kronen geschåtzet / den beyden obgedachten austeilen / welche aber / wie oft man sie gleich durch den Ausschreier foderte / doch nicht erschienen. Die Groß Fürstin und Fr. Sophia hatten den andern Gewin / zwey par Armbånder / jedes par zu 3500 Kronen; aber auch diese Gewinner wahren nirgend anzutreffen / daher ausgeruffen ward / dafern inwendig sechs Stunden sie sich nicht stellen würden / solte Morgen umb diese vier Gewin auffs neue gestochen werden. Die drey ebengleiche aber wurden durch ungeschichte vor Leches /Neda und Prinsla erkennet / daher sie / ungeachtet alles wegerns von der Stathalterin / Fr. Ursulen / und Frl. Helenen den dritten Preiß / als jeder einen schönen Demant Ring / 2000 Kronen an wert / zu sich nehmen musten. Bald darauff trat Arbianes hervor /und baht / dafern der trefliche Ritter mit der Kette zu gegen währe / er sich günstig anmelden möchte / war umb der Groß Fürst aus Teutschland H. Baldrich / der mit ihm gestochen / und seine Mannheit übrig empfunden hätte / freund- und dienstlich bitten liesse. Dann die beyden nebest Siegward hatten sich in aller stille von ihrer Schaubühne gemacht / und ihre Waffen angelegt / da Baldrich seine Lukrezien dem Morgenstern; Siegward seine Sibyllen dem Abendstern; und Arbianes Frl. Klara aus Teutschland der Morgenröhte verglichen / welche alle drey der Sonnen aller Schönheit Groß Fürstin Valisken sie untergeben hatten. Es wolte aber auff Arbianes anfodern der Ritter sich nit angeben / daher man weitere nachforschung unterließ / und baht Arbianes alle Ritter / die sich in den Schranken hatten finden lassen / sie möchten an Speise und Trank / die ihnen solten vorgetragen werden / neben ihren Leibdienern günst- und freundlich vor lieb nehmen / wie dann alles auffs reichlichste angeordnet wahr / und Herr Fabius etliche Auffseher bestellet hatte / acht zu geben / daß alles richtig herginge. Des folgenden Tages ward das Stechen wieder zeitig angefangen / wo bey unter andern sich ein Ritter fand / der in kurzer Zeit 15 den Sattel räumen machete / und er nur einmahl auff die Weichseite gebracht ward. Herkules und die andern sahen aus seinem verhalten / dz er der gestrige mit der Kette wahr / wiewol er sich gar anders ausgeputzet hatte / dann seine Waffen wahren blank / mit schwarzer geblümeter Etzung. Im Schilde stund ein Schlaffender gemahlet / dem das Bilde der Tugend mit dem Fusse in die Seite sties /und diese Worte dabey:Evigila post somnum. Hastu ausgeschlaffen / so ermuntere dich wieder. Auff dem Helme führete er einen Falken / der übersich nach der Sonnen sahe / und in der rechten Klaue ein Schildlein mit diesen Worten hielt;Radiis impar. Den Sonnen-Strahlen bin ich nicht bestand. Er tummelte sich dergestalt [362] auff dem Platze / daß wenig mehr Lust hatten /sich an ihm zu reiben; und als ihrer zween seiner ohngefehr auff einmahl begehreten / foderte er beyde zugleich / ward auch von ihnen wol getroffen / welches er nicht allein ohn wank aushielt / sondern den einen vom Pferde warff / daß er ohmächtig liegen blieb. Endlich da er sich zimlich abgearbeitet hatte / ritte er an die Seite / und verließ die Bahn / auff welche sich ein treflicher Ritter setzete / der kaum vor einer halben Stunde in Geselschafft sechs anderer in den Schranken ankommen war; In seinem Schilde ließ sich ein heller Strahl sehen / welchen ein Kranker auffzufahen sich vergeblich bemühete / mit dieser Umschrifft:Aut fove, aut occide, Erquicke oder tödte mich. Auff dem Helme hatte er eine gekrönete Schlange / die ihre Zunge in Gestalt eines Pfeils heraus steckete; sein Pferd wahr herlich ausgeputzet / und sehr wol abgerichtet / wobey der Ritter selbst sich gar höflich erzeigete / und der Zuseher gute Gunst erwarb /hielt sich auch im Treffen nicht minder hurtig als kräfftig / so daß Klodius / der bißher grosse Ehre eingelegt hatte / von ihm im dritten Ritte abgestochen ward; welchen Markus zurächen meynete / aber im andern Satze ihm Geselschafft leisten muste. Baldrich wähnete alsbald / es würde eben der seyn / mit welchem er voriges Tages zu allererst gestochen hatte /ward auch in seiner Meynung nicht betrogen. Nach diesem kahmen zween in einerley Rüstung auffgezogen / und tahten ihren Ehren gutes genügen / daß ich der anderen / die jeztgedachten nit gleicheten / geschweige / weil alles zuerzählen viel zuverdrießlich seyn würde / massen das heutige Spiel sich viel länger als das gestrige auff den Tag verzog / ungeachtet es wol anderthalb Stunden zeitiger angangen wahr / biß endlich die Richter ihm Anstand gaben / und obgedachte beyde junge Fürstiñen den mit der Tugend / uñ den mit der gekröneten Schlangen herzufodern liessen / welche gehorsamlich erschienen / und von Fr. Sibyllen alsbald erkennet wurden; dann der erste wahr Herr Q. Skaurus / der ander Herr Kajus Pupienus / des damahligen Bürgemeisters zu Rom leiblicher Bruder /und beyde der jungen Fürstinnen nahe Anverwanten /daher sie sich unter einander grosse Höfligkeit erwiesen / und Sibylla zu Lukrezien sagete: Sehet da / geliebte Schwester / unsere Herren Oheime haben mit eurem Gemahl gestriges Tages unwissend gestochen /und ihre Manheit gnug dargelegt / dero behuef wir dann gevolmächtiget sind / sagte sie zu den Rittern /Euer Liebden das Zeugniß euer Tugend mitzuteilen; nehmet demnach diese Ketten im Nahmen des Durchl. Fürsten Arbianes von unsern Händen / und tuht unsern Fürstlichen Gemahlen / insonderheit dem unvergleichlichen Groß Fürsten Herkules und seinem Königlichen Gemahl / der Krone des ganzen weiblichen Geschlechts / dann auch ihrem Herr Bruder / dem Großmächtigen Könige Ladisla die Ehre eurer Geselschafft / welches sie mit aller möglichen Freundschafft erkennen werden. Diese beyde Ritter danketen sehr wegen beschehener Ehre / hielten sich unwert /so hohen Preiß anzunehmen / nachdem sie des vorigen Tages von dem ritterlichen Helden Groß Fürst Baldrich herunter geworffen währen; jedoch ihnen /als vortreflichen Fürstinnen zugehor samen / müsten sie billich ihres Willens leben; wünscheten ihnen nachgehends zu ihrer Heyraht Glük / und bahten /ihrer bey der Hoch Fürstl. Geselschafft im besten zugedenken. Groß Fürstin Valiska und Frau Sophia stelleten den beyden gleichgewaffneten Rittern den andern Dank zu / und wahren eben die / so des vorigen Tages zu allererst mit Siegward und Arbianes gestochen hatten. Den dritten Preiß / [363] welcher ein grosser weisser Federbusch mit einem angeheffteten Kleinot war / bekamen Klodius und Markus von Fr. Ursulen und Frl. Helenen / dessen sie sich höchlich bedanketen. Als nun Sibylla der sämtlichen Geselschafft zuwissen taht / wie Herr Skaurus und Pupienus ihre nahe Anverwanten währen / wurden dieselben alsbald von Leches und Neda in das Fürstliche Gezelt eingehohlet / dahin sie nach abgelegten Waffen mit ihnen gingen / und anfangs von der Groß Fürstin sehr höflich empfangen wurden / deren Volkommenheit sie vor übermenschlich schätzeten / tahten ihr demnach überaus grosse Ehr / und nach geleistetem Handkusse sagte Skaurus: Durchleuchtigste Groß Fürstin; das Lob ihrer hohen Volkommenheit / nachdem es die weiten Morgenländer erfüllet / und ganz Asten durchstrichen / kan in diesen Orten sich so wenig als die Sonne selbst verbergen; mein Geselle und ich schätzen uns sehr glükselig / wegen der Ehre / die wir haben / ihre Hände zuküssen / dienstlich bittend / Ihre Durchl. wolle durch ihr gebieten uns wirdigen / in die Zahl ihrer Diener auffzunehmen. Ihr meine hochwerte Herren / antwortete sie; das Lob meiner Wenigkeit muß sehr dunkel seyn / nachdem der Nebel der Unvolkommenheit meine Kräfte allerdinge überzogen hat / da hingegen Eurer Liebe tapffere Tahten sich überal hören lassen / deren meine Fr. Schwester / Fürstin Sibylla mir schon etliche gnug denkwirdige erzählet hat; werde demnach auff gebührliche Dankbarkeit bedacht seyn müssen / daß Ihre Liebden mir ihre Kundschafft gönnen. Der Stathalter kam mit den gesamten Fürsten darzu / da es überal viel Höfligkeiten abgabe / gestaltsam den unsern nicht unbewust wahr /in wz grossem Ansehen diese beyde am Käyserl. Hofe wahren / daher auch Skaurus bey der Mahlzeit zwischen die Groß Fürstin und Fr. Sophien; Pupienus zwischen Frr. Lukrezien und Sibyllen den Siz wider ihren Willen nehmen musten / da allerhand lustige Gespräche vorgingen und diese Römer insonderheit gute Kundschafft mit ihrem Obsieger macheten / der seiner überwindung ursach bloß nur dem Glük zulegete / und durch seine Höfligkeit sich ihnen sehr beliebt machete. Sonst redete Pupienus die Mahlzeit über gar wenig / saß als in tieffen Gedanken / und betrachtete nach emsiger beschauung der Groß Fürstin /ihre vortrefliche Schönheit; dann fing er zwar etwas an / mit Fürstin Lukrezien zusprachen / hatte aber so gar keinen Schmak / daß sie leicht merkete / seine Gedanken währen nicht bey dem Gespräch; und weil sie seiner Blicke nach der Groß Fürstin acht hatte / geriet sie in argwöhnische Gedanken / einer unzimlichen Begierde / welches / weil Herkules es ohngefehr sahe / selbst besorgete; wahr aber ein blosser Irtuhm; dann er befand sich gegen ein treffliches Römisches Fräulein hefftig verliebet / und bildete ihm ein / die Groß Fürstin währe derselben fast ähnlich / deshalben er sich ihres anschauens nicht enthalten kunte. Sibylla wuste etwas von seiner Liebe / hatte auch dieser Fräulein sehr geheime Kundschafft / daher fragete sie ihn /wie es ihrer Wase und Schwester Frl. Virginien erginge; worüber er dermassen bestürzete / daß ihm das Feur unter die Augen schoß / und eine geraume Zeit es unbeantwortet ließ / endlich zu ihr sagete: Er wüste nicht anders / als daß sie annoch in des Käysers Mutter ihrem Frauenzimmer sich fast wider ihrer Eltern Willen auffhielte / weil dieselbe so hohe Gunst ihr zugelegt / daß sie ohn ihre Geselschafft nicht gerne seyn wolte; ginge ihr sonst annoch wol / verharrete aber steiff in ihrer Unbarmherzigkeit gegen ihn / so daß er nit zweifelte / sie würde in kurzem seines Untergangs ursach seyn. Fürstin Sibylla tröstete ihn [364] bester massen / mit dem versprechen / erster Gelegenheit an sie zuschreiben / und ihr solches zum höchsten auffzurücken / auch zugleich sie eines bessern zuunterrichten /der guten Zuversicht / dafern sie annoch frey und unversagt / ihm ihre Gunst zur förderlichsten Heiraht zu erwerben; auff welche Zusage er sich zimlich erhohlete / und der angenommenen Schwermühtigkeit Urlaub gab. Herkules ließ sich auch mit ihm ein / und fragete nach Keyserl. Hocheit Wolergehen; empfing darauff Bericht / es währe dieselbe annoch wol auff / würde auch erster Gelegenheit hieselbst zu Padua anlangen /und die Teutschen und Pannonischen Grenzen besichtigen; welches er nicht ungerne hörete / und fing an /dieses Käysers löbliche Beherschung zupreisen / auch daß er zeit seiner Dienstbarkeit zu Rom mit Verwunderung gesehen / wie ernsthafft und freundlich Käyserl. Hocheit / ungeachtet ihrer Jugend / (massen er mit Herkules gleiches Alters wahr) sich verhalten /und allezeit ansehnliche alte Männer umb sich gehabt / daß seine Herschafft nicht anders als glüklich ausschlagen könte / und wolte er vor sein Häupt sich glükselig schätzen / die Ehre zuhaben / daß er seiner Hocheit auffwarten möchte; wüste sich auch wol zuerinnern / daß er schuldig währe / vor seinem Abzuge dieselbe zubesuchen / dafern Ihre Hocheit nicht alhier zu Padua erscheinen solte. Nach auffgehobenen Speisen ward ein zierlicher Tanz gehalten / und nahete Skaurus sich sehr zu Frl. Helenen / welches Fr. Sophia nach Mögligkeit befoderte / wiewol er sich diesen Abend nicht sonderliches vernehmen ließ. Des folgenden Tages ging das Stechen wieder an / und ward manniches Speer gebrochen. Den ersten Preiß bekam ein vornehmer Sizilischer Herr; den andern ein Paduanischer Ritter; den dritten der junge Ritter Neklam / welche Fr. Euphrosyne / Agatha und Therba austeileten / und wahr Libussen und Brelen leid genug / daß sie des Wochen Bettes hüten musten. Weil dann die sämptliche Geselschafft nicht Lust hatte / länger unter den Zelten zuschlaffen / macheten sie sich nach dem neuerbaueten Hofe / und ließ Arbianes auch noch diesen Abend den anwesenden Rittern nach allem überflusse aufftragen / wobey ihrer etliche sich frischer als bey dem Rennen bezeigeten. Frl. Helena hatte auf Fr. Sophien anhalten sich diesen Tag statlich ausgeputzet / und wahr sie gleichwol ein sehr wolgestaltes Bildichen / die sich adelich gnug zuhalten wuste / hatte auch Skaurus gute Gewogenheit wol gemerket / dem sie durch ihre anmuhtige Freundligkeit je mehr und mehr ursach zur Liebe gab / welche dann dermassen bey ihm wuchs / daß er sich nicht enthalten kunte / ihr diesen Abend etwas näher zutretẽ / und sie umb Liebe zubegrüssen / welches sie aber anfangs mit einem höflichen Scherz beantwortete; es begäbe sich wunderselten / daß die Römische Herren zu Padua Liebe sucheten / und könte sie nicht gläuben / daß er nicht schon zu Rom / oder daselbst in der nähe haben solte / was sein Herz befriedigte / gestaltsam deren ends ein überfluß an schönen Fräulein sich befünde / deren gleichen man zu Padua nicht eins hoffen dürffte. Er hingegen beteurete / daß er bißher an heirahten nicht gedacht hätte / versicherte sie seines dienstergebenen Herzen / und baht umb behägliche Antwort; dessen sie nicht geringe Scham empfing /und es widersetzete; Sie bedankete sich sehr des guten Willen / wüste denselben nicht anders als mit ehrliebendem stilleschweigen zudeantworten / weil sie nicht ihres eigenen willens / sondern unter ihrer Eltern Gewalt lebete / denen sie nach eingepflanzetem und Römischẽ Recht hierin nicht vorgreiffen könte; und würden dieselben schon rahten und schaffen / was ihnen[365] beliebete / und ihr müste gefällig seyn / an welche sie ihn auch freundlich wolte verwiesen haben. Fr. Sophia kam zu ihrem Gespräch / und fragete / ob sie nicht könte mit in den heimlichen Raht auffgenommen werden; bekam auch alsbald von ihm zur Antwort: Seine Seele hätte dieses allerliebste Fräulein erwählet / defern er ihrer Liebe wirdig könte geschätzet werden / würde aber auff sein inbrünstiges Ansuchen schlecht auf ihre Eltern hingewiesen / und müste die Gefahr stehen / daß ob er gleich daselbst gute Erklärung bekähme / er bey ihr nichts behägliches erhalten dürfte /bähte demnach Fr. Sophien / ihm hierin behülflich zuseyn / welches zuerkennen / er zeit seines Lebens sich bemühen wolte. Herr Oheim / antwortete sie; meine Frl. Schwester kan nach Römischen Sitten ja nit anders / als ihre Eltern hierin schaffen lassen; und weil derselbe mich vor eine Anwerberin erwählet / wolle er inzwischen / weil ich solches verrichte / mit dem Fräulein ihm die Zeit nicht lange wehren lassen; Ich weiß schon sehr wol / daß kein Römischer Herr / wer der auch seyn mag / meinem Oheim sein Fräulein versagen wird. Ging damit hin / und ließ Herrn Emilius mit Fr. Julien seinem Gemahl eilig zu sich fodern /trug ihnẽ Skaurus ehrliebende Werbung vor / und bekam von ihnen ungemässene Volmacht / mit ihm zuschliessen / weil sie sich dieses Glüks nicht wenig freuetẽ. Zeit wehrender dieser Unterredung hatte Skaurus das Fräulein so hart genöhtiget / daß sie ihm biß an der Eltern Bewilligung ihre Liebe und Träue verhieß; dann sie zweifelte nicht / sie würden hierin gerne gehehlen / nahm auch den angebohtenen Ring vor Fr. Sophien Wiederkunfft von ihm an / und ließ gerne geschehen / daß er von ihrem Finger wiederum einen zohe / nur daß sie gebührlich bedingete / sie wolte Unhöfligkeit zumeiden / sich ihm nicht widerspenstigen. Fr. Sophia eilete bald wieder zu ihnẽ hin /und redete Skaurus also an: Mein Herr Oheim / begehret ihr meine Frl. Wase und Schwester nach Römischer Träue zum Ehegemahl / so saget mir solches /bitte ich im rechten Ernst / auff daß ich alsdann nach eurem Willen ferner handeln könne. Auf sein innigliches Ja und bitten / fuhr sie nun gegen das Fräulein also fort: Herzgeliebete Frl. Schwester / seyd ihr dann gesonnen / diesen vornehmen Römischen Herrn vor euren liebsten Gemahl anzunehmen / so last michs wissen / daß ich nach habender Volmacht weiter schreiten möge. Diese aber wolte anfangs ein mehrers nicht antworten / ohn daß es bey ihren lieben Eltern stünde / sie zuversprechen / und nicht bey ihr selbst; und weil sie mit denselben noch kein Wort davon geredet hätte / würde ihr weitere Erklärung übel anstehen. Wollet ihr aber dann euren Eltern nicht gehorsamen / sagte Fr. Sophia / wann sie euch diesem Herrn zusagen würden? Meine Fr. Schwester fraget gar zu scharff in dieses Herrn Gegenwart / antwortete sie mit einer Schamröhte / worauff ich weder ja noch nein sagen darff. Wollet ihr dann / fuhr sie fort / wider eurer Eltern Willen wol nein sagen? dessen versehe ich mich trauen nicht zu euch. So wird auch der Himmel mich vor solchem Ungehorsam wol bewahren /antwortete sie / dann ich habe ohn unzeitigen Ruhm zumelden / noch allemahl mich nach ihrem Willen gerichtet / wie die Erbarkeit mir solches befihlet. Nun wolan / sagte sie hierauff / so verspreche ich euch /Herr Skaurus / dieses Fräulein zu eurem Gemahl / nebest 10 Tonnen Goldes Brautschaz / nach der mir von ihren Eltern erteileten Volmacht / und gefället es euch / könnet ihr die Zeit eures Beilagers mit einander abreden. Skaurus bedankete sich der genehmen Antwort / umfing das Fräulein mit höflichem Kusse / und versprach [366] sich ihr zu aller Liebe und Träue; welches nicht allein von ihr gebührlich angenommen ward /sondern sie gönnete ihm auch auff sein anhalten / daß er sie nach ihres Vaters Hofe geleiten möchte; ließ ihren Eltern solches andeuten / und ward er von denselben nit allein wol empfangen / sondern auffs neue mit seiner Liebsten versprochen / erhielt auch / daß bald des nähstfolgenden Tages das Beilager eingewilliget ward.

Diesen Abend kam die Groß Fürstin bey Sibyllen zu sitzen / von welcher sie überaus herzlich geliebet ward / und sie hinwiederumb nicht geringe neigung zu ihr trug / welches zubezeugen / sie mit den Armen sich umbschränket hielten / und fing Sibylla also an: Durchl. Fr. Schwester / ich bin ganz unwirdig der Ehren / die von ihrer Liebe mir angetahn wird; doch wie dem allen / so beteure ich bey meinem teil des Himmels / daß meine inbrünstige Liebe und neigung mich dergestalt gegen sie entzündet hat / daß mich unmöglich däucht / deren trennung erdulden können. Ach daß ich doch nicht über Meer mit meinem liebsten Fürsten fahren dürfte / damit ihrer Liebe gegenwart ich stets geniessen möchte. Aber Durchl. Fr. Schwester / ich habe schon erfahren / daß man derselben hat vorbringen dürffen / als währen zwischen dem Durchl. Groß Fürsten Herkules und meiner wenigkeit einige Heyrahtsgedanken vorgangen / welches zwar in des Pöfels / und vielleicht auch wol anderer Leute Wahn / aber in mein Herz niemahls kommen ist / gestaltsam ich mich dessen allemahl unfähig erkennet habe / ungeachtet von ihrer beyder Liebe mir durchaus nichts bewust gewesen / biß des allerliebsten Fürsten Ohmacht und Klagereden / wegen damahligen verlustes eurer Liebe / mich davon in etwas berichteten / wiewol auch dazumahl noch / König Ladisla davon nicht das geringste weder gestehen noch wissen wolte; wie ich auch davor halte / ihm solche Liebe verborgen gewesen sey; möchten demnach meine Fr. Schwester Sophia und ich / herzlich gerne wissen /wie doch ihre Durchl. eine so volkommene Liebe in solcher Jugend dermassen bedachtsam führen und heimlich halten können / daß weder ihre Eltern noch ihr Bruder deren inne worden; solten wir überdas auch können gewirdiget seyn / den Anfang und die beharligkeit ihrer beyder Liebe zuerfahren / würde es uns die aller angenehmste Geschichte seyn / die uns könte vorgetragen werden; jedoch wann wir hierin zuviel wünschen / hoffe ich bey meiner Fr. Schwester dessen noch wol vergebung zuerlangẽ. Die Groß Fürstin låchelte hierauff / küssete sie inniglich / und antwortete ihr also: Mein auserwähltes Schwesterchen /sie erinnert mich einer Sache / daran ich lieber gedenke / als viel Worte davon mache / wiewol in ansehung unser vertrauligkeit ich euer Liebe solches nicht verschweigen kan / und mag sie demnach sich wol versichern / daß sie / meine einige Libussen / als meines Herzen erkennerin ausgenommen / die erste ist / die es aus meinem Munde erfähret. Ich bedinge mich aber hiebey anfangs / daß eure Liebe mir es nicht zum Hochmuht auslege / wann in erzählung etlicher von meinem allerliebsten Schatze geführeten reden / ich mir unverdienete stolze Ehrennahmen gebe / deren ich mich zwar allerdinge unwirdig weiß / und doch die wahre begebenheit erfodert / daß ichs hinan hänge. Sibylla wolte hier mit vielen behäupten / es währe ihre unvergleichliche volkommenheit also beschaffen / daß sie nicht wirdig gnug möchte benahmet werden; aber die Groß Fürstin verhinderte ihre reden / mit einem Kusse / und fuhr also fort: Es sind nunmehr vier Jahr und zween [367] Tage (so eigen weiß ichs) daß mein teurer Herkules mit meinem H. Bruder aus Schweden zu Prag ankam / da er gleich das neunzehnde Jahr auff wenig Wochen vollendet / und ich dz vierzehnde erst vor sieben Wochen angefangen hatte. Sie schicketen aber einen Reuter voraus / und liessen meinen Eltern ihre Ankunft anmelden / denensolches von herzen lieb und angenehm wahr. Ich bekümmerte mich zu der Zeit mehr umbs reiten / schiessen und umb die Bücher / als umb der Fräulein Zier und Schmuk / welches meinem Herr Vater nicht so gar zu wieder / aber meiner Fr. Mutter fast unerträglich war /welche zu diesemmahle mich erinnerte / ich solte mich gebührlich putzen lassen / damit mein Bruder Ladisla (welchen ich in neun Jahren nicht gesehen hatte) und mein Oheim Herkules (der mir allerdinge unbekant wahr) gleichwol einigen gefallen an mir haben / und zugleich erkennen möchten / daß ich dannoch nicht unter den groben Baurdirnen auffgewachsen währe. Die Schönheit und Tugend meines Herkules wahr von meiner Fr. Mutter Leibdienerin (die etlichemahl mit ihr nach Teutschland gewesen /) mir oft erzählet / wobey sie / mich zuerlustigen / gemeiniglich den Wunsch ergehen lies; O daß mein Fräulein diesem Fürsten vermählet werden solte / weil ohndas euer Gn. er so åhnlich ist / und seines gleichen in aller Welt nicht lebet. Ja ich gestehe gerne / mein Schwesterchen / daß mein zartes Herz / welches von der Liebe noch durchaus nichts wuste / dermassen in reinen keuschen Flammen gegen diesen mir unbekanten Fürsten entzundet ward / daß ich nichts so heftig suchete / als ihn nur einmahl zusehen; daher ich mich überaus hoch erfreuete / als ich dessen ankunft innen ward / meinete auch / da mir einige Schönheit beywohnete / müste ich solche vor dißmahl nicht durch unachtsamkeit verbergen / damit deßwegen von den ankommenden ich nicht beschämet würde. Ich legte ein dünnes sittichgrünes Kleid an / mit Golde durch und durch gewirket / und ließ meinen Busem / mit einem zarten Flohr bedecken / dann ich wahr viel Mañbahrer anzusehen / als mein Alter mit sich brachte. Meine Haar / von ihnen selbst zu allergnüge gekräuselt / ließ ich an beyden seiten zopfsweise über die Schuldern hangen / die übrigen wurden mir als ein erhabenes Krönichen aufs Häupt gelegt / auff welche ein Perlen Kranz gesetzet ward; und ob gleich meine Libussa / die ich etwa zwey Jahr in meinem Zimmer gehabt hatte / mir einbilden wolte / sie hätte mich noch nie keinmahl so schön gesehen / gefiel ich mir doch gar nicht / daß ich auch mit ihr schalt / warumb sie mich eben zur unzeit so unachtsam anlegete. Ich wahr willens / mich gar von neuen auffbinden zulassen; sie aber rieff unterschiedliche des Frauenzimmers herzu / umb mir solche einbildung zubenehmen / welche einhellig bejaheten / es könte nicht zierlicher gemacht werden / daß ichs also muste sitzen lassen /wiewol je länger je mehr ich mir selber mißfiel. Kaum wahr ich völlig angetahn / da hörete ich sechs Trometen / und zwo Heerpauken auffmachen / deren Art und Weise mir unbekant wahr / und ich daher muhtmassete / meine liebsten Freunde würden schon verhanden seyn / wie dann in demselben Augenblicke meine Fr. Mutter zu mir in mein Gemach trat / und mich auffmahnete / mit ihr in den grossen Saal zugehen / und meine beyden Herrn Brüder (so sagte sie) zuempfahen. Ich ging in guter künhnheit mit ihr hin / dann es hatte bißher keine furcht mein Herz eingenommen /und wahr sonderlich erfreuet / weil meine Fr. Mutter /die mich zwar ohn unterlaß herzlich liebete / doch zu diesemmahle mir insonderheit ihre inbrünstige Neigung sehen ließ / in dem sie mich an ihre Brust drückete / und nach etlichen [368] erteileten küssen zu mir sagete: O mein herzliebes Kind / was grosse vergnügung habe ich an dir / wann ich nur den Tag erleben solte /daß du mit einem wirdigen Gemahl soltest versehen seyn. Es dauchte mich diese Rede gar selzam / dergleichen ich nie von ihr gehöret hatte. Sie ist / sagte alhie Fürstin Sibylla / ohn zweiffel mit eurer Liebe und Groß Fürst Herkules Heyraht schon schwanger gangen. Ich kan nicht wissen / antwortete die Groß-Fürstin / mit einem süssen Lachen / aber wir wahren wenige Zeit im Saal gewesen / da traten mein Bruder und Herkules zugleich zur Tühr hinein / weil einer vor dem andern den Vorzug nicht nehmen wolte. Aber O mein herzen Schwesterchen / wann ich daran gedenke / wie mir dazumahl zumuhte wahr / dann gehet mir eine kitzelnde Schauderung über den ganzen Leib / als würde ich mit kleinen håuffigen kühlen Tröpflein besprützet. Ich sahe den allerfreundlichsten Jüngling in seiner unvergleichlichen Blüte daher treten; Er hatte ein graßgrün Seiden / mit Gold durchwebetes Kleid an / und einen langen schneweissen Federbusch (dessen Art ich von der Zeit her hoch gehalten) auf seinem schwarzen Huhte / welchen er unter dem linken Arme trug. Die Augen stunden ihm wie einem Falken / klar und helle / das Goldgelbe Haar hing ihm kraus umb die Achseln / und stund ihm alles so höff-zücht-Fürstlich an / daß mein Herr Vater selbst sich über ihn verwunderte / und ihm die Freudenträhnen in die Augen stiegen. Er stund mitten im Saal (mich däucht / es schwebe mir noch vor Augen / als währe es gestern geschehen) und ließ seine Söhne gegen sich daher treten / welche sich zugleich vor ihm in die Knie setzeten / und jeder eine Hand fassete / welche sie inniglich küsseten / stunden auch ehe nicht auff /biß mein Herr Vater zu ihnen sagete: Seyd mir wilkommen / geliebte Söhne / und erhebet euch / daß eure Fr. Mutter euch empfahen möge / die ohndas mehr als ich / teil an euch zuhaben vermeynet. Bald im Augenblik stunden sie auffrecht / gingen meiner Fr. Mutter entgegen / setzeten sich gleichmässig vor ihr in die Knie / und küsseten ihr die Hände; welche aber vor freuden schier in Ohmacht nidergesunken währe. Sie huhb beyde zugleich auff / fiel ihnen zum offtern umb den Hals mit inniglichen Küssen / und fing endlich an: Ach ihr meine herzallerliebste Kinderchen / ich erfreue mich von Herzen / daß ich euch frisch uñ gesund bey mir habe / werde euch auch so bald nicht von mir lassen / sondern meinem Herr Bruder die Rechnung zumachen wissen / wie lange ich euch ihm habe müssen gönnen. Sie beyde danketen ihr kindlich vor solche mütterliche Gewogenheit; und als mein Bruder mich stehen sahe / fragete er meine Fr. Mutter in geheim / was vor ein fremdes Fräulein ich währe; auch / warumb seine Frl. Schwester sich alhie nicht anfünde; dessen sie lachete / und ihm zur Antwort gab: Wie meynestu dann / geliebter Sohn /daß diese eine andere / als deine geliebte Frl. Schwester sey? Laß dich nicht wundern / daß sie so zeitig auffgeschossen ist / dann das Unkraut reiffet allemahl am ersten. Ja Herzen Schwesterchen / ich muß bekennen / daß diese meiner Frau Mutter Reden mir durchs Herz schnitten / bloß nur / weil ich mich fürchtete /mein schönster Herkules / der schon völlig in meiner Seele wohnete / hätte daher einigen Argwohn meines unverhaltens fassen mögen; fing deswegen an: Gnädige Fr. Mutter / ich erkenne meine Unvolkommenheit /und daß wegen der Jugend Unverstand ich nicht allemahl eurem Willen mich gemäß verhalte; nur allein bitte ich kindlich / mich nicht so gar zeitig vor meinem Herr Bruder und H. Oheim anzuklagen / noch ehe deren Liebde zuempfahen ich gewirdiget bin. Ach [369] mein Herzchen / antwortete sie / du hast mich ja Zeit deines Lebens nie kein mahl erzürnet / warumb solte ich dich dann anklagen? Daß ich dich aber dem Unkraut vergleiche / geschihet nicht deines Unverhaltens wegen / sondern weil man dz weibliche Geschlecht im scherze also zunennen pfleget. Unter dieser Antwort trat mein Bruder zu mir / umfing mich brüderlich /und gab mir unterschiedliche Küsse / die wegen Herkules Gegenwart ich ihm aus Schahm nicht vergelten durffte; endlich sagete er zu mir: Herzgeliebtes Schwesterchen / ich erfreue mich von Herzen deines guten wolergehens / zweifele nicht / du werdest allemahl mit schwesterlicher Liebe mir gewogen bleiben /wie ich dir solches hinwieder festiglich verspreche; aber sihe da meinen teuren Herkules / das rechte Wunder dieser Welt / desgleichẽ der Erdbodem noch nicht gezeuget hat / demselben wil ich dir bester massen befehlen / dz wie du sihest / er von unsern Eltern kindlich / und von mir mehr als brüderlich geliebet wird / du imgleichen ihn als einen wirdigen Bruder ehrest. Ich wahr bedacht / ihm darauff zu seiner guten Vergnügung zuantworten / aber mein allerschönster Herkules / nachdem er mich eine zeitlang / und als erschrocken angesehen hatte / daß ihm auch der mehrerteil seines Rohtes in Milchweiß verkehret ward / setzete sich vor mir auff ein Knie / tüssete mir die Hand sehr ehrerbietig / und mit zimlicher blöder Rede fing er also an: Verzeihet / Durchleuchtigstes Fräulein /eurem unwerten Knechte / der sich erkühnen dürffen /ihre Hände zuküssen / dessen er sich doch unfähig weiß / und seyd / bitte ich / damit hochgünstig zufrieden / daß Eure Königliche Eltern mich / einen solchen unvolkommenen Menschen des Sohns-Namens gewirdiget haben / der ich viel lieber als ein Diener aufwarten würde / wann mirs nur könte gegönnet werden. Im übrigen wil ich nicht unterlassen / ihrer Vortrefligkeit hochverdienten Ruhm / an was Ort und Enden ich auch seyn werde / nach Vermögen auszubreiten / als welche der Himmel selbst mit allen mehr als menschlichen (ach verzeihet mir diese Erzählung / Herzen Schwester Sibylla) Volkommenheiten ausgezieret /und der Welt zum Beyspiel seiner Wunderwirkung vorgestellet hat. Er hat hieran die lautere und eigentliche Warheit geredet / sagte Sibylla. Worauff die Groß Fürstin ihr einen gelinden Backenstreich mit diesen Worten gab: Ich kan meiner Frau Schwester Beschimpffung nicht ungerochen hingehen lassen /werde es auch hernähst schärffer zueifern wissen /aber lasset mich / bitte ich / in meiner Erzählung fortfahren. Min Herr Vater / wie er meinen Herkules also reden hörete / trat in ein Neben Gemach / und sahe ich eigentlich / dz die Freuten Trähnen ihm aus den Augen hervor drungen. Meine Fr. Mutter aber lief herzu / hub ihn auff von der Erden / und sagete: Herkules mein Schaz / warumb stehet ihr nicht auff? oder meynet ihr / daß ich meine Valisken so hochmühtig erzihe / daß sie eures gleichẽ / Groß-Fürstliche Herren / deren Ruhm schon gewaltig auffsteiget / sol vor sich niderknien lassen? Herzallerliebste Fr. Mutter / antwortete er / nachdem er gleichwol auffgestanden wahr; Eure Königl. Hocheit / bitte ich / vergönnen mir / dasselbe in ihrer Frl. Tochter anzubehtẽ / was die günstigen Götter ihr vor allen andern mitgeteilet haben. Ich schäme mich Frau Schwester / sagte sie zu Sibyllen / daß ich solches selbst erzählen sol / aber weil mein Gewissen mir Zeugniß gibt / daß ich niemahls mich vor eine solche gehalten / wie ich auch eine solche nimmermehr werden kan / hoffe ich / Eure Liebe werde mirs zu gute halten / und keinen Argwohn einiges Stolzes daher auff mich werffen / insonderheit / weil schon jens mahl / [370] da ich noch eine blinde Heydin wahr / es mir höchlich mißfiel / und michs doch nicht durffte merken lassen / versuchte gleichwol auff solches angehörete übermässige Lob zuantworten; aber die Zunge blieb mir am Gaumen kleben / daß ich mit höchstem Unwillen / auff mich selbst / schweigen muste; endlich noch erhohlete ich mich auf meiner Fr. Mutter Geheiß / umfing ihn / wie sie mir geboht (doch ohn einiges küssen / weil die Schahm und Zucht meine Begierden hinterhielt) und redete ihn also an: Durchleuchtigster Fürst / hochwerter Oheim / ich weiß nicht / ob über sein niderknien /oder über seine mir gar zu ungenehme Reden ich mich mehr beschweren sol / deren ich so wenig das eine /als das andere zuertragen weiß / und hätte ich dieser Beschimpffung nur den allergeringsten Argwohn haben sollen / würde vor Ihrer Liebe Angesicht ich mich nicht habẽ finden lassen; jedoch wil ich mich dessen nichts begeben / sondern ich fodere Eure Liebe vor den Recht Spruch der unbetrieglichen Billigkeit /daß wegen angefügten Schimpfs sie mir volle Rede und Antwort gebe; Mein geliebter Herr Bruder befihlet mir / und zwar billich / daß Eure Liebe ich gebührlich ehren sol; aber wie kan bey so gestalten Sachen ich ihm schuldigen Gehorsam leisten? Mein Durchl. Fräulein / gab er zur Wiederantwort; wie sol dann ohn äusserste Beleidigung der Götter ich dieses ungeehret lassen / welches sie als ein Wunder uns zur Verwunderung vorgestellet haben? meynet etwa eure Vortrefligkeit / Herkules habe von ihrer unvergleichlichen Tugend so gar keine Wissenschafft / welche doch bereit über Meer gesetzet / und die weit abgelegenen Reiche erfüllet hat? Ach meine Fr. Schwester / sagte sie alhie abermahl zu Fürstin Sibyllen / höret doch /bitte ich / mit geduldigen Ohren an / was ich hie vorbringe / wie ichs dazumahl anhören müssen / was mein Herkules aus gar zu überflüssige: Höfligkeit vorbrachte. Warum entschuldiget sich meine Fr. Schwester so hoch / antwortete Sibylla; ich darff ihren Zorn wider mich zureizen / mich nicht erkühnen /sonst wolte ich leicht dartuhn / wie grosse Ursach Groß Fürst Herkules gehabt / dasselbe zuehren / wessen sich alle Welt verwundert; bitte aber sehr / Eure Liebe wolle ihre so angenehme Erzählung förder nicht mit dergleichen unnöhtigen Entschuldigungen stören /damit mir die Zeit / das Ende zuerfahren / nicht geraubet werde; dañ mein Schlaf würde diese ganze Nacht nichts seyn / wann ich ohn volkommene Wissenschafft von ihr scheiden solte. Ich solte meine Fr. Schwester wegen des übermässigen Ruhms abermahl billich züchtigen / sagte die Groß-Fürstin / aber mit Vorbehalt wil ich in meiner Erzählung fortfahrẽ. Ich war jensmahls bereit / meinem Herkules das so gar unverdiente Lob zubeantworten / aber meine Fr. Mutter redete ihm ernstlich ein: Herzlieber Sohn / sagte sie / dafern ihr nicht wollet / daß ich unwillig auff euch werde / und mein liebes Kind nicht gar von euch hinweg führen sol / müsset ihr dergleichen unnöhtige und unzimliche Höfligkeiten beyseit setzen; dann ihr seyd nicht bey fremden / sondern bey nähesten Blutverwanten; sehet / dieses mein Kind ist eures Herr Vaters Schwester Tochter / darumb sollet ihr sie als eine Schwester lieben / und ihr nach diesem nimmermehr höhere Ehre leisten / als welche unter Brüder und Schwestern stat finden kan; wegert ihr euch aber dessen / so handelt ihr meinem mütterlichen Geboht und Willen schnurgleich zuwider. Was meine gnädigste Fr. Mutter mir befihlet / antwortete er / dem muß ich aus Pflicht gehorsamst nach setzen / nur habe bey meiner Durchl. Frl. Wasenich demühtig anzuhalten /ihre Liebe werde mir nicht zur Unhöfligkeit ausdeuten / was [371] aus Kindlichem Gehorsam zuleisten ich gezwungen werde. Hier kam mein Herr Vater wieder zu uns / und redete mit Herkules von allerley neues / was in Schweden sich zugetragen / biß die Mahlzeit angerichtet ward / da ich gleich gegen meinen Herkules überzusitzen kam / auff welchen ich etlicher massen einen Unwillen / wegẽ mir angelegter Beschämung /geworffen hatte / der sich aber von ihm selber verlohr / uñ hatte nach dem ich niemahls das Herz / ihm solches verweißlich vorzuhalten. Bey der Mahlzeit redeten wir beyderseits gar wenig / sondern weideten die Augen fast immerzu einer an dem andern / daß ich als blind mich nicht begreiffen kunte / was mir wol oder übel anstünde. Wie aber mein Herkules sich seiner Vernunfft allemahl so bescheidentlich zugebrauchẽ weiß / also besan er sich auch bald / nam eine andere Art und seine gewöhnliche Freidigkeit an / und ergetzete mit seinem holdseligen Gespräch meine Eltern /daß ich mir einbildete / er achtete meiner wenig / oder wol gar nicht; dann so offt sichs begab / daß er mit mir in Gegenwart anderer redete / machte er wenig Worte / und sahe mich fast nicht an / daß ich drüber in die Gedanken geriet / ob ich ihn etwa unwissend beleidiget hätte / oder er vielleicht etwas an mir sähe /welches sein Gemüht von mir abwendete; aber wañ er allein mit mir zureden kam / ward ich der furcht bald entladen, dann nachdem (allen unvermerkt / das wahr seine Gewohnheit) er mir die Hand geküsset hatte /baht er bald darauff umb Verzeihung / massen seine Mässigkeit und Zucht / deren er sich noch diese Stunde gebrauchet / ich über alle seine andere Tugenden erhebe; wiewol er nicht unterließ mir täglich zubeteuren / daß seine Seele mir allein verbunden währe /wann sie nur dessen könte gewirdiget seyn. O wie offt nam ich mir vor / ihm solches mit behäglicher Antwort zuersetzen; dann (warumb solte ichs meiner Fr. Schwester verschweigen?) mein Herz wahr ihm so gar ergeben / daß ich Tag und Nacht an nichts / als nur an seine Holdseligkeit gedenken kunte; und gleichwol verzohe sichs etliche Tage / ehe ich die Kühnheit ergreiffen kunte / ihm meine ehrenliebende Gutwilligkeit zubekennen biß ich endlich mich selbst überwand / und da er sehr inständig umb Gewogenheit bey mir anhielt / ihm dieses zur Antwort gab: Durchl. Fürst; warumb wolte Eure Liebe an meinem guten Willen zweifeln / da sie / meines wissens dessen ja die allergeringste Ursach nicht haben? dann in Betrachtung unsers herkommens und Standes / sind wir allerdinge einander gleich und zwinget uns ja die nahe Verwandschafft zur vertraulichen guten Gewogenheit; bitte demnach / mich hinfüro des Verdachts freundlich zuentheben / als ob zu Euer Liebe ich ein anders / als in Ehren hochgewogenes Herztragen solte / nachdemmahl ich dieselbe wol versichern kan / daß sie an mir keine andere Freundin / als an meinem Herr Bruder einen ergebenen Freund haben sol; welches so kühn auszureden ich mich nicht scheuhe weil seine Tugend mich / seine nahe Blutfreundin / ihm umb so viel mehr verbindlich gemacht hat. Dieser Erklärung erfreuete sich Herkules / wie ich eigentlich sahe / von Herzen mit vorgeben / sein Gemüht währe nicht verständig gnug / eine Antwort abzufassen / durch welche er seine Vergnügung an den Tag legen könte /und als er sahe / daß meine Fr. Mutter sich zu uns nahete / sagte er zum Beschluß; Sein Herz solte nun und nimmermehr einer andern Fräulein / als mir zur Liebe und Bewohnung offen stehen / dasern es nur wirdig währe / einen so treflichen Schaz in sich zufassen /wolte auch meinem hochgünstigen Erbieten gerne Glauben zumässen / wann ich nur sein geschehenes ansuchen noch zur [372] zeit vor jedermänniglich möchte verborgen halten; welche Erinnerung aber gar unnötig wahr; dann hätte einiger Mensch ausser meiner geträuen Libussen dieser meiner Liebe iñe werden sollen / würde mirs unerträglicher als der Tod selbst gewesen seyn. Jedoch halte ich wol / daß mein Bruder unser Vorhaben in etwaßgespüret / weil er aber gemerket / daß dessen Meldung zutuhn / meinem Herkules zwider wahr / halte ichs gänzlich davor / er habe seinem Herzen selbst gebohten / es nicht zuwissen /damit er ihm ja nicht möchte zuwider handeln. Ich wahr willens / das obgeahnete ihm zubeantworten /aber meine Fr. Mutter trat zu uns / und fragete /wovon wir mit einander Unterredung hielten; da ich ihr zur Antwort gab: Ich erkündigte mich / wie meine Frl. Wase / Frl. Schulda in Schweden lebete / und wie es beydes meinem Bruder und Oheim bißher daselbst ergangen währe. Deinem Bruder und deinem Oheim? sagte sie; warumb nennestu Fürst Herkules nicht auch deinẽ Bruder? nachdemmahl du ja weist / daß er und Ladisla mir gleiche liebe Söhne sind / und ich zwischen ihnen durchaus keinen Unterscheid mache; darumb soltu ihn forthin nit anders als deinen Bruder halten / auch gleich jetzo solches mit einem züchtigen wolzugelassenen Kusse und schwesterlichen umfahen bestätigen. Auff welchen Befehl ich mich darzu erkühnete / welches ohn ihre Gegenwart zutuhn / ich das Herz nicht hätte haben können; aber hier kunte ich ehrenhalben nicht anders / da ich meinen Herkules also anredete: Weil die Erbarkeit mir gebeut / meinen Eltern zugehorsamen / als wird mein Herr Oheim mir nach diesem die Kühnheit nicht verargen / wann ich ihm den Bruder-Nahmen zulegen werde / da hinwiederumb ich von ihm des Schwester Nahmens gewärtig bin. Mein Herkules wahr fast nicht bey ihm selber /so durchging ihn die Vergnügung / und weil ihm ehrenhalben anders nicht gebühren wolte / nahm er mich wieder zur Vergeltung in seine Arme / da er dañ nach geliefertem züchtigen Kusse zu mir sagete: Vortrefliches Fräulein; O wolte der Hi el / ich hätte einige Wirdigkeit an mir / den süssen Bruder Namen von ihrer Liebe anzunehmẽ; nun weiß ich aber schon vorhin wol / daß dieser mein Wunsch weiter als mein vermögen reichet / es währe dañ / dz dieselbe den Abgang meiner Geringfügigkeit mit dem Reichtuhm ihres überflusses ersetzen wolte; jedoch werde ich mich nit scheuhẽ / vor dißmahl unverschämt zuseyn /und die mir zugelegte Ehre ihrer schwesterlichen hohen Gewogenheit anzunehmen / insonderheit / weil meine gnädigste Fr. Mutter dessen die Gebieterin ist. Ihr bleibet der ihr seid / sagte sie zu ihm / ungeachtet ihr von mir gnug vernommen habt / wie sehr mir eure unmässige Ehrerbietigkeit gegen mein Kind zu wieder ist / werde auch nit unterlassen / euch erster gelegenheit bey euren Eltern hierüber hart gnug anzuklagen. Ich hoffe gänzlich / antwortete er / meine geliebte Eltern werden mir vielmehr gebieten / meine wirdige Frl. Schwester zu ehren / als sie mich darumb straffen solten; habe aber an eure Hocheit ich mich anderwerts versündiget / wil ich selbst lieber mein Ankläger seyn / als durch verleugnen mich der gebührlichen Straffe entbrechen; wie ich dann nicht zweiffele / ihre Hocheit werde mich erstes Tages gnädigst erlauben / nach meinen Eltern zu reiten / weil sie nach meiner gegenwart verlangen tragen / uñ hoffe ich / mein geliebter Bruder Ladisla werde nunmehr sich nicht wegern /hieselbst zuverbleiben / biß wir etwa unsere Ritterschaft fortsetzen möchten. Je mein herzen Sohn /sagte sie; wollet ihr dann schon umb abscheid anhalten / da ihr kaum mich gegrüsset habet? was ist euch alhie so hart entgegen / daß lasset mich wissen / [373] wissen / auff daß es durch meine vorsorge verbessert werde; eure anwesenheit habe ich euren Eltern schon zuentbohten / welche auch wol zufrieden seyn werden / wann sie eure Gesundheit / und daß ihr wol überkommen seid / vernehmen sollen. Meiner Gn. Fr. Mutter gehorsame ich billich / antwortete er / nur wolle dieselbe ja von mir die Gedanken nicht fassen /als währe mir an diesem Orte ichtwas zu wieder / da ich so wol / als bey meinen leiblichen Eltern bin. Mein Bruder kam auch zu uns gangen / und wurden wir eins / hinunter in den Lustgarten zugehen / da mein Herkules sich abermahl so fremde gegen mich bezeigete / daß ich / muß bekennen / mich in seine stellungen nit zu schicken wuste. Des folgenden morgens sehr frühe / befahl meine Fr. Mutter meiner Libussen / daß sie meinen Brüdern weiß Leinengerähte auff das Bette bringen / und ich ihr solches aus meiner Lade geben solte; dessen ich mich nicht wegerte; aber diese wolte es durchaus nicht hintragen / es währe dann / daß ich mit ihr ginge; worzu ich mich endlich von ihr bereden ließ / als die ohndas mein Herz in ihren Händen hatte. Im hingehen sagte sie zu mir: Ach mein allerliebstes trauten Fräulein / was habe doch eurer Gn. ich einen allerschönsten Bräutigam ausersehen / welcher allein / und sonst niemand in der Welt eurer Schönheit wirdig ist. Meine wirdigkeit /sagte ich / erstrecket sich nicht so gar weit; aber wie hastu solches tuhn köñen / weil du ja nicht von diesem Schlosse kommen bist? und meinestu wol so viel gewalt über mich zu haben / dz du mir nach deinem gutdünken / einen mir vielleicht ungenehmen anfügen woltest? O nein Libussa / so weit erstrecket sich deine Herschaft nicht / du müstest sonst hint diese Nacht eine gar großmächtige Frau und Königl. Gebieterin worden seyn; dieses brachte ich mit solchem Scherzlachen vor / daß sie meine zufriedenheit daher erkennete / und merkete ich schon / wo sie hinaus wolte /lehnete mich auch meiner gewohnheit nach an sie /welches ihr ein Zeichen meines guten willens wahr /daher sie in ihrer Kühnheit also fortfuhr: Ach mein auserwähltes Fräulein / ihr treflichster Weltschaz (so nennete mich die Schmeichlerin) wie meinet dann eure Gn. ich werde derselben etwa einen schlechten unbenahmeten Fürsten zu freien? O nein; er ist der allerschönste / allertugendreichste und allervolkommenste / der jemahl von Menschen erzeuget ist; eben derselbe ist es / von dem alle so ihn kennen / diese Urtel fellen / er werde in kurzem der ganzen Welt ein Wunder seyn; und was schenket ihr mir / mein Fräulein /daß ich seinen Nahmen / seinen Helden-nahmen nenne? Sihe da / sagte ich / was hastu dann wol hinte vor einen wunderstatlichen Menschen im Traum gemachlet / und unter was vor einen Nahmen wiltu ihn springen lassen? Ja freilich ists ein wunderstatlich gemahltes / aber lebendiges Bilde / antwortete sie / aber der Himmel selbst hat ihn an die Welt gestellet. Hierauff nahm sie Kreide / und schrieb diese Buchstaben H.R.K.L.S. an die Wand / mit bitte / ich möchte diese stu en durch etliche selbstlautende lebendig machen; Und als ich sagete / ich wüste mich in ein so schweres Rätzel gar nicht zu findẽn / brach sie also loß: Ach was ist doch der GroßFürstliche junge Herr und nähester Erbe des allermächtigsten Teutschen Reiches ein vortreflicher erkenner / eurer Durchl. Schönheit / welche ihm sein Herz dergestalt bestricket / daß er seine Begierden an nichts / als an euren liebreichesten Augelein weidet. Schweige du Närrin / antwortete ich /daß ja kein Mensch deine Reden vernehme / du müstest sonst aller meiner Hulde in ewigkeit entsetzet seyn / und an mir deine grausamste Feindin haben; und hastu mich zu dem Ende mit auffgesprochen /werde ich dir [374] keinen Fuß weiter folgen. Dieses brachte ich mit solchem ertichteten Ernste vor / daß sie höchlich erschrak / und mit wehemühtigen Worten umb verzeihung baht / vorwendend / es währe ihr Scherz / und hätte sie nicht gemeinet / daß sie mich damit so hart erzürnen köñen / sonst wolte sie es wol haben stecken lassen / da es niemand als die Götter finden könten; wodurch ich mich dann begütigen lies / ihr alle verzeihung versprach / als ob es nicht geschehen währe / und mit ihr / biß an meiner Brüder Kammertühr ging / welche sie so leise aufzumachen wuste / daß niemand dessen inne ward; und weil sie beyde noch fest schlieffen / legte sie ihnen das Gerähte unvermerkt zu ihren Füssen / trat leise wieder zu mir heraus / und berichtete / daß sie noch im harten Schlaffe lägen; daher ich auff ihr anhalten mich erkühnete / mit ihr vor das Bette zu treten / da mein Herkules vorne an schlieff / hatte den linken / biß über den Ellenbogen entblösseten Arm heraus gelegt /und war nicht anders als ein Gemahleter Engel in sehr freundlicher Gestalt anzusehen. Ich bekenne euch /meine Fr. Schwester / daß seine dazumahl verschlossene Augen mein Herz mit spitzigern Stralen durchschossen / als seine in liebe brennende noch nie getahn hatten / und dauchte mir unmöglich seyn / lange zu leben / wo ich seiner Liebe nicht bald vergewissert würde / daher ich als in der Liebe entzücket vor ihm stehen blieb / und mit unverwendetem Gesicht ihn anschauete / endlich wieder meinen Willen einen tieffen Seufzer aus dem innersten meiner Seele gehen ließ /daß mir leide wahr / sie würden davon erwachet seyn. Die verschlagene Libussa merkete wol / wo mich der Schuch drückete / wolte mich doch in meiner Betrachtung nicht stören / aber als sie meinen Seufzer hörete /winkete sie mir / und gingen wir ihnen unvermerket wieder davon / zwar ich meines teils / nur mit dem Leibe / dann die Seele blieb bey meinem Herkules. Auff dem rükwege / da Libussa meine vorige gewogenheit sahe / baht sie mich sehr bewåglich / ihr zu offenbahren / warumb ich mich doch über ihre vorige Rede so sehr geeiffert hätte; die Götter währen ihre Zeugen / daß es nicht aus böser meynung geschehen /könte auch mit ihrem einfältigen verstande nicht absehen / daß solches meiner Ehr und standes Hocheit im geringsten abbrüchig währe; verdrösse michs aber vielleicht / daß sie den allerschönsten liebreichstẽ Fürsten so hoch rühmete / möchte ich nur gnädigst bedenken / daß er mein so naher Anverwanter währe /den ich über dz / nach eigenwilliger geheimer anvertrauung / zum lieben Bruder auffgenommen hätte. Ich merkete sehr wol / was vor Ränke das verschlagene Taußes hatte / und sie hiedurch nur forschete / mir hinter die Künste / oder daß ichs eigentlich sage / hinter meine allerheimlichste Heimligkeit zukommen /dessen ich mich aber nicht merken ließ / sondern ohn alle bewägung zu ihr sagete; Vielleicht erfährestu die Ursach in kurzem / welche dir und allen Menschen noch zur Zeit verborgen ist und seyn muß; darumb hüte dich / daß du mir hievon nichts sagest / biß ich selbst anheben möchte / dann wirstu mir schon recht geben müssen. Worauff sie dieses Faß wol zuzuschlagen wuste. Mein Herkules aber / wie fremde er sich gleich in beyseyn andrer stellete / begunte doch etwas kühner zu werden / und schwätzete mir unter allerhand verdecketen reden so viel vor / daß ich daher seine verliebeten Geister wol abnehmen kunte / und mich doch als eine Unverständige merken ließ / biß er sich etwas deutlicher erklärete / da zohe ichs alles auff eine Brüderliche Gewogenheit / und versicherte ihn hinwieder meiner Schwesterlichen Träue / wodurch er alsbald abgeschrecket ward / mir sein Gemüht weiter zueröffnen / biß er einsmahls mit mir allein im Garten herumb [375] ging; O ich weiß noch den Ort / den Tag und die Stunde so gar eben / ist mir auch kein Wörtlein seines vorbringens entwischet. Er stund eine zeitlang in Gedanken / und als mit Furcht beladen / seine Farbe enderte sich zu unterschiedlichen mahlen /brach doch endlich sein schweigen / und nachdem er mir die Hand nicht ohn Seuffzen sehr inbrünstig geküsset hatte / ließ er diese Reden an mich abgehen: Durchleuchtigstes Fräulein / verzeihet / bitte ich /eurem an Leib und Seel zueigen ergebenen Knechte /daß er vor euch dißmahl sein Herz auszuschütten /durch die allerhitzigsten / jedoch nit minder keuschen Flammen / gezwungen wird; Meine Seele / wie unwirdig sie auch seyn mag / hat dannoch in eure unvergleichliche Schönheit sich dergestalt verliebet / daß mir tausendmal erträglicher ist / den Tod und alle Pein anzugehen / als die sehnlichen Begierden in mir zudämpffen; Ich rede von nichts anders / mein Fräulein / als was Zucht und Ehre zum Grunde hat / und verfluchet sey mein Herz vor aller Welt / wann es etwz anders suchet / oder begehret. Darumb / O ihr meiner Seelen innigste Wollust / verzeihet doch eurem Knechte / daß er in dieser Jugend auff Liebe gedenken darff / der ihm sonst vorgenommen hatte /wann eure Vortrefligkeit in der Welt nicht währe /sein ganzes Leben ohn eheliche Liebe zuverschliessen / und seine Seele ohn Hinterlassung trauriger Wäysen und Wittib / in den Waffen auffzugeben; aber bloß nur die unvergleichliche Valiska hat diesen Muht in mir gebrochen / vor deren Trefligkeit alles weichen muß. Ich / suche nicht / mein Fräulein / mich in kindlichen Jahren ins Ehebette zusetzẽ / so wenig mir lieb seyn würde / dz einiger Mensch in der Welt / ohn allein sie / wissen oder nur argwohnen solte / daß umb Liebe ich mich schon bemühen dürffte; dann hätte ich die gebührlichen Jahre erlanget / würde ich mich unterstehen / bey Ihrer Liebe Eltern und Bruder selbst zuerhalten / was ich vor mein höchstes Gut in dieser Welt schätze; aber meiner Jugend stehet solches nicht an. Ja mein Fräulein / ich hätte noch diese Gewalt über mich selbst erzwingen wollen / auch ihrer Liebe meine Flammen zu verbergen / wann nicht die furcht mich antriebe / da möglich / vorzubauen / daß nicht einander vor meinen mänlichen Jahren dasselbe erstreitẽ möge / welches schon die näheste Erndte aller Liebligkeit zeiget. Dieses machet mich kühn / O mein Seelichen / dieses macht mich verwägen / O meine Vergnügung / mich selbst zuüberwinden / und die bißher anhaltende Schahm in so weit zurük zulegen /daß Ihre Liebe ich von Grund meiner Seele bitte / mir hochgeneiget anzudeuten / ob meine Unwirdigkeit von ihr könne verdecket / und meine inbrünstige Liebe / als eines künfftigen Bräutigams angenommen werden; als dann verspreche ich derselben an äidesstat / und aus wolbedachtem Muht und Willen /daß ihrer Vortrefligkeit ich Zeit meines Lebens als ergebenster Knecht dienen und auffwarten wil. Solte aber derselben meine Wenigkeit nicht können annehmlich seyn / wolan / so verpflichte ich mich auch hiemit beständigst / daß ihre Liebe ich mit solcher ungenehmen Anmuhtung weiter nicht beschwerlich seyn / sondern nach empfangener Urtel dieser meiner Verwägenheit / mit ja so frölichem Herzen die Volstreckung an mir selbst verrichten wil / als lieb und angenehm ihr die Hintertreibung eines so mutwilligen Frevelers seyn kan und mag. Hiemit schwieg er stille /und erwartete meiner Antwort / die ich so schleunig bey mir nit einrichten kunte; welches er vor ein böses Zeichen annam / und also fortfuhr: Warumb schweiget mein Fräulein so gar stille / und lässet mich ohn einige Antwort? Ist die Urtel über mein [376] Verbrechen in ihrem hochvernünfftigen Gemühte schon abgefasset /so wil ich die Standhafftigkeit nehmen / sie nicht allein anzuhören / sondern ihr ohn auffschieben ein genügen zu leisten / es währe dañ / daß sie von einem Menschen nicht könte verrichtet werden. Ich kunte mich noch nicht begreiffen / wessen ich mich erklären solte / wie wol meine Seele den unbewäglichen Schluß schon vor dieser seiner Anmuhtung abgefasset hatte; endlich sagete ich zu ihm: Durchleuchtigster Fürst / warumb dringet Eure Liebe in dieser meiner kindlichen Jugend so stark in mich / und zwar auff ein Ding / welches ihr nach diesem leicht gereuhen dürffte? gestaltsam ich meine Unvolkommenheit in guter Erkäntniß habe / und mir daher nichts so hart zuwider seyn kan / als das gar zu ungebührliche Lob / welches Eure Liebe nicht ohn meine Beschämung mir aufleget / und ich zu mehr gelegener Zeit davor Abtrag fodern werde. Vor dißmahl erinnere ich nur Eure Liebe / wie leicht sich es zutragen könne / dz sein Herz durch weit grössere Schöne und Volkommenheit an einem andern Orte möchte eingenommen werden / da mein Herr Bruder dann zugleich sich und mich verfluchen würde / daß meinetwegen er aus seiner eigenen Schuld / seines willens nicht leben könte. Jedoch diesen fall ausgesetzet; wie kan in so weit ich mich selbst versprechen / die ich doch nicht mein selbst eigen / sondern unter meiner Eltern Gewalt bin / und es demnach bey ihnen müste gesuchet werden. Aber auch dieses beyseite getahn / weil Eure Liebe / daß sie es noch zur Zeit daselbst nicht suchen könne / mit ihrer jetzigen Jugend zu aller gnüge entschuldiget hat; nur bedenke mein Fürst / ob ein so junges unverständiges Fräulein / welche kaum das 13de Jahr ihres Alters vor sieben Wochen hinter sich gelegt / auf dergleichen ansuchen schahm wegen antworten dürffe; insonderheit / die bißher weder von Liebe weiß / noch von der Liebe ichtwas gehöret hat. Ich erkenne ja Euer Liebe gutes Herz gegen mich; seine Auffrichtigkeit zihe ich nit in zweifel; seine Wirdigkeit lieget noch heller am Tage. Nun ich setze dagegen / was ich im innersten meines Herzen / als das allerverborgenste trage / und nicht gerne wolte / daß einiger Mensch ausser uns beyden es hören solte / nehmlich / ich liebe den Durchleuchtigsten Fürsten Herkules mehr und inniglicher als meinen leiblichen Bruder / und scheinet fast / daß meine Fr. Mutter ein gleiches tuhe / nicht ohn meines Bruders Vergnügung / als der seinen Herkules über sich selbst liebet. Ich erkühne mich noch weiter zubekennen / daß mir unmöglich seyn wird /des Durchl. Fürsten Herkules Abscheid erdulden zu können / welcher mich vor seine Schwester gewirdiget hat / dessen ich mich sonst unwirdig weiß. Die Götter sind meine Zeugen / daß wann der Himmel Eure Liebe mir zum leiblichẽ Bruder gegeben hätte / ich die ewige Jungfrauschafft geloben / und von meinem Bruder nimmermehr / auch nicht in offener Feldschlacht weichen wolte; daher sol kein Mannesbilde in Ewigkeit nicht bey mir erhalten / daß ausser Herkules ich ihn lieben solte. Ich sahe eigen / daß er hiedurch auffs allermerklichste in seiner Seele gerühret ward / welches die Fröligkeit seines Angesichts nicht verbergen kunte / daher ich diese verwägene Kühnheit gebrauchte / daß nach Zulassung eines brüderlichen züchtigẽ Kusses / ich ihn bey der Hand fassete / und dieses Gelübde taht: Du klarer und keuscher Himmel / unter welchem wir in reiner Liebe stehen / höre du selbst meine Reden an / und biß ein unbetrieglicher Zeuge dessen / was ich anjezt diesem Durchl. Fürsten auff sein innigliches ansuchen / umb seine Geister zubefriedigen / verspreche: Kein Mensch in aller Welt /ist mir lieber / als Herkules: kein [377] Mannesbilde sol meinen Willen beherschen / als dieser geborne GroßFürst der Teutschen. Hastu dann / O du göttliche versehung / ihn mir dereins zum Gemahl zugeordnet /und können die meinen / unter welchen ich bin / darein gehehlen / so wil ich diese himlische Verordnung vor meine Vergnügung schätzen; solte ich ihm aber /da er ungeendert auff meiner Liebe beharren würde /nicht zu teile werden können / wie dann die fälle sich wunderlich zutragen / so gelobe ich doch auffs wenigste hiemit an / mich nimmermehr in den Ehestand zubegeben / sondern in dieser heiligen Liebe / und versprochenen Träue beständig zuverharren / so daß weder Furcht noch Angst; weder Zwang noch Geschenke; weder Troz noch liebkosen; weder Noht noch Tod mich davon abwenden sol; und breche ich dieses Gelübde / so straffet mich ihr himlischen und hellischen Götter als einen Fluch / ohn alle Barmherzigkeit; jedoch / unter diesem Bedinge / daß ich dieses zuleisten ungehalten bin / da etwan Fürst Herkules / welches ich ihm nit zugetraue / sich von mir solte lassen abwendig machen / welches die Götter an ihm ungestraffet nit lassen würdẽ. Mein Herkules stund vor mir als entzücket und wolte sich in die Knie setzen / ich aber wehrete ihm / mit dieser Bedräuung /dafern er solches tähte / wolte ich ohn Anhörung seiner Antwort von ihm hinweg gehen / und seine Gegenwart auffs fleissigste meiden; welches dann sein Vornehmen brach / und redete er solcher gestalt: Mein herzallerliebstes Fräulein / es sol der heutige Tag zeit meines Lebens von mir hochfeirlich begangen werden / an welchem ich den grössesten Schaz dieser Welt in Hoffnung empfangen habe / dessen mich zubegeben /keine menschliche Gewalt / Wiz noch Beredsamkeit bey mir erhalten sol. O mein allerholdseligstes Engelchen / wie weit über hoffen bin ich vergnüget; wie weit über Verdienst und Wirdigkeit wede ich geliebet. O ihr gütigen Götter / gebet gebet / bitte ich / daß keine Schlange sich zwischen unsere Seelen eindringe / sondern erhaltet dieses geknüpfte Band / so daß zu rechter Zeit und nach eurer Versehung / unsere Liebe zum wirklichen Genieß kommen und gelangen möge. Ich wünschete dieses mit in meinen Gedanken / aber wer mir damahls gesagt hätte / daß solches zu Charas in Parthen hätte sollen zum ersten mahle erfüllet werden / würde mir sehr traurige Zeitung angemeldet haben. Es fuhr aber mein Herkules also fort in seiner Rede: Mein Fräulein wolle sich nunmehr erinnern /was gestalt ihre Fr. Mutter in unterschiedlichen verdecketen Reden sich hat vernehmen lassen / wie angenehm ihr unsere schierkünfftige Heyraht seyn würde. So gebühret mir ja an meines lieben Bruders Ladisla Bewilligung nicht zuzweifeln; dann was könte / in Betrachtung unser Freundschafft / ihm angenehmer seyn? Unter diesem Vorbringen gingen unsere züchtigen Küsse zimlich durcheinander / und wahr ich schon so kühn / daß ich mirs vor eine Unhöfligkeit auslegete / wann ich ihm einen einzigen solte haben unvergolten gelassen. Endlich lösete er mir ein schwarzes seidenes mit Silber durchwirketes Band von meinem Leibe ab / und als ich fragete / aus was Ursachen solches geschähe; antwortete er: Dieses allerliebste Band sol mir / als lange ich ausser meiner Fräulein Ehe lebe / ein tägliches Denkzeichen der jetzigen teuren Verheissung seyn / wil ihr auch solches nicht wieder einhändigen / biß ich die Hoffnung habe / sie erstes Tages zuehelichen. Ich gab zur Wiederantwort: Das elende Band währe viel zu unwirdig / den Nahmen solcher Gedächtniß zutragen / baht demnach / mir es wieder zuzustellen / vielleicht könte vor seinem Abzuge ich ihm noch wol ein besseres einreichen. Ach [378] mein Fräulein / sagte er / lasset mir / bitte ich / dieses liebe Band / weil es wirdig gewesen ist /ihren allerschönsten Leib zuumfassen / und nehmet von mir dieses Ringelein zum Gegengedächtniß an /welches meine geliebte Fr. Mutter mir angestecket /da ich von ihr schiede; jedoch bitte ich / es hinzulegen / daß es von meinem Ladisla nicht gesehen werde /dann ich habe höchstwichtige Ursachen / ihm unsere Liebe noch zur Zeit zuverbergen. Eben diese Verschwiegenheit / sagete ich / ist mein einiger Wunsch; nam den Ring mit einer Schamröhte / ließ ihm das Band ohn fernere Einrede / und verhieß / bey künfftiger glüklicher Einlieferung es mit einer gewissen Anzahl Küsse einzulösen / steckete ihm auch einen Ring an / uñ sagete: Dabey gedenke mein Fürst und Bruder seiner Valisken / ja der seinen / sage ich / dafern es durch der Götter Almacht und unserer Eltern Widerspenstigkeit (dessen ich keines hoffen wil) nicht gehindert wird. Also wahr unser Ehe Verlöbniß fester geschlossen / als ich mir selber einbilden kunte / wiewol ich sie viel fester wünschete; und lebeten wir in solcher teuschen Zucht beyeinander / sonderlich wann wir allein wahren / daß je länger wir mit einander umgingen / je mehr sich einer vor dem andern schämete. Fürstin Sibylla baht umb Verzeihung / und fragete /ob dann GroßFürst Herkules ihr das Leib Band auch wieder zugestellet hätte. Ja / sagete sie / zu Charas auff meinem Schlosse habe ichs von seinen Händen empfangen / so weit hat er mirs nachgeschleppet / bin daher auch / vermöge meiner Zusage / gehalten gewesen / ihm bald darauff das eheliche Beylager zugönnen / dessen ich an diesem meinem allerliebsten Herkuliskus (welchen sie auff der Schoß hielt) Beweißtuhms gnug habe; Ich hätte aber schier vergessen / meiner Fr. Schwester zumelden / dz bald darauff meine Libussa das Band an meinem Leibe vermissete / ging stille schweigens hin / holete ein anders / und sagete nach ihrer Verschlagenheit zu mir: Gnädigstes Fräulein / ich bitte untertähnigst / mir zuvergeben /daß ich heut vergessen habe / Ihrer Gn. das Leibband umbzubinden; und ohn weiteres Wortsprechen legete sie mir ein schneeweisses an / mit güldenen Fäden durchzogen / da ich vor freuden nicht unterlassen kunte / mit einem lachen zu ihr zusagen: O du leichtfärtiger Sak / wiewol ist dir bewust / daß du mir schon eines umgebunden hast; nur woltestu gerne wissen / wohin es kommen sey; aber so gut sol dirs nicht werden / es sey dann / daß du auff den Abend es in drey mahlen errahten wirst. Ja / antwortete sie /wann ich nur die Freiheit haben mag / nach Willen zurahten / wil ich den GroßFürstlichen jungen Herrn zuallererst nennen / ob derselbe es etwa ohngefehr möchte abgelös-wolte sagen / gefunden haben. Ich gab ihr darauff einen gelinden Backenschlag / aus welchem sie meine Gewogenheit zuurteilen pflegete /und fing sie darauff an zubitten / ob ich etwa einer geträuen und verschwiegenen Dienerin benöhtiget währe / möchte ich keine andere als sie wählen; redete mir auch den Abend (dann sie muste stets bey mir schlaffen) so bewäglich zu / daß ich meines Herkules ansuchen / aber nicht mein getahnes Versprechen ihr offenbahrete / da sie dann durch allerhand kräfftige Ursachen suchete mich zubereden / daß ich solche Liebe ja nicht ausschlagen vielweniger verachten solte / in betrachtung / daß kein ander Fürst der Welt mit diesem zuvergleichen währe; welches ich zwar mit einem lachen anhörete / aber doch den Angel / welchen ich schon eingeschlukt hatte / nicht verbergen kunte; wie sie dann des morgens mir vorhielt / daß ich im Schlaffe allerhand LiebesReden gepflogen / und unter andern geruffen hätte: O Herkules / Herkules / was vor ein Feur habt [379] ihr in meiner Seele angezündet / welches mich entweder beglükseligen oder verbrennen wird. Und erhielt sie bey mir in kurzer Zeit / daß ich ihr mein ganzes Herz in dieser Liebessache sehen ließ / so gar / daß ich manniches ehrliebendes Liebe-Gespräch mit ihr hielt / da sie Herkules stelle zimlich zuvertreten wuste; muß auch bekennen / daß nach dessen Verlust sie mein einiger Trost und Auffenthalt meines Lebens gewesen ist / so daß nähst Gott ich ihr zu danken habe / daß ich nicht durch Verzweiflung mir selbst Gewalt angeleget; einmahl ist gewiß / daß ohn ihre tägliche Tröstungen ich meines allerwerdesten Schatzes Verlust nicht hätte ertragen können. Es ist aber nunmehr Zeit / meinen unlieblichen Erzählungen die Endschafft zugeben / und mit einander die Nachtruhe einzunehmen / weil diese Zeither das vielfältige Getümmel und die stätige Gästereyen unsern Schlaff sehr gestöret haben; Aber diese Ruhegedanken vergingen ihr bald / weil Euphrosyne ihr die Zeitung brachte / Fr. Therba empfünde die Geburtswehe /bey welcher sie dann die ganze Nacht mit behten zubrachten / weil es ihr schwer ankam / biß sie gegen Morgen eines jungen Söhnleins genase. Desselben Tages ward die öffentliche Verlöbniß mit Herr Skaurus und Frl. Helenen gehalten / wurden auch des Abends ehelich beygeleget / da der Stathalter ein Schreiben von seinem Bruder aus Rom / dieses Inhalts bekam:

Freundlicher geliebter Bruder; daß es dir samt den lieben deinen nicht allein wolgehet / sondern auch dein teurer SchwiegerSohn mit seinem unvergleichlichen Gesellen GroßFürst Herkules / nach wolverrichteter Erlösung ihrer Schwester und Gemahl frisch und gesund wiederumb bey dir angelanget / erfreuet mich sehr. Die Gefahr und Besreyung meiner lieben Tochter / hat mir Angst uñ Freude erwecket; erkenne dem streitbahren Schwedi schen Fürsten mich davor verbunden; da auch hochgedachter Königlicher Fürst eheliche Liebe bey meinem Kinde / wie gemeldet wird / suchet / und du es vor gut und rahtsam achtest / sol sie ihm zu ehren unversaget seyn; wollest mir demnach weiter schreiben / was vorgehen wird / damit ich der Vermählung / wo möglich /selbst beywohnen / und meine Tochter nach Standesgebühr aussteuren möge. Käyserl. Hocheit dürffte ehist auffbrechen / die Pannonischen Grenzen zubesichtigen /und ihren Weg auff Padua zu nehmen / insonderheit / da Ihr der hochgedachten Herren glükliche Wiederkunfft vorkommen solte. Gehabe dich wol / und melde der HochFürstlichen Geselschafft / nebest andern Anverwanten und Freunden meinen Gruß und Dienste an. Ich bin und verbleibe dein geträuer Bruder


Markus Fabius.


Nach Verlesung rief er seine Tochter und Fr. Sibyllen zu sich / und sagete zu ihnen: Lieben Kinder / jezt wird guter Raht sehr teur seyn / und mag den besten geben / der ihn hat; dann mein Bruder / wie ich aus diesem seinen Schreiben vernehme / kan in Fürst Siegwards Heyraht durchaus nicht einwilligen; nicht daß er ihn dessen unwirdig achte / sondern / weil er schon einem andern sein Kind versprochen hat / da Käyserl. Hocheit nicht allein Freywerber gewesen /sondern durch ihn der Schluß geschehen ist / welcher durch kein Mittel kan auffgeruffen werden; und erfreuet mich noch in diesem herben Unglük / daß wenig Menschen Wissenchafft drumb haben / daß meine Tochter Sibylla schon ins Ehebette getreten /kan auch wol vertuschet werden / und muß der Fürst mit der vier oder fünfftägigen Niessung zufrieden seyn / nach dem er euch / geliebtes Kind / doch nicht behaltẽ kan. Der frommen Fürstin wahr nicht anders zumuhte / als hätte man ihr die lezte Todes-Urtel gesprochen / sagte daher zu Fr. Sophien: Ihr wisset /herzliebe Fr. Schwester / wie sehr ich euch gebehten /das Beylager biß auff meiner lieben Eltern Bewilligung auffzuschieben [380] / da hingegen ihr mich deren gutheissen stets versichert habt; nicht rede ich solches /euch etwas vorzuwerffen / sondern mich zuentschuldigen / daß meine Eltern vorbeyzugehen ich nicht willens gewesen bin. Nachdem aber nun meinem werten Fürsten ich durch Priesters Hand einmahl zugeführet /und die Ehe allerdinge volzogen ist / sol mein Gott mich schon davor bewahren / daß ich in Ehebruch einwilligen wolte; sondern weil man GOtt mehr als Menschen gehorchen muß / wil ich entweder meinen Fürsten behalten / oder frölich und wolgemuht sterben. Käyser und Eltern mögen hierunter nach belieben wählen / wann nur mein herzgeliebeter Fürst ausser Noht / und Gefahr bleibet / welchen ich gleich jezt erinnern wil / sich stündlich aus dem Staube zumachen; mit mir schicke es mein Gott nach seinem Willen; eins weiß ich wol / daß ein ander Mannesbilde mich nimmermehr lebendig auff solche weise berühren sol. Unter dieser Rede gab Fabius seiner Tochter durch winken zuverstehen / daß es Scherz wahr / deswegen nam sie die Antwort auff sich / und sagete: Herzliebe Schwester / es ist mir dieses Unglük sehr leid / und weiß nit / wie man demselben begegnen sol; Ich frage aber nur / ob das Beylager schon biß heut währe aufgeschoben / wolte sie auff diese ihres Herrn Vaters Erklärung wol rükfällig werden / und dem Fürsten die Zusage auffruffen? nimmermehr bilde ich mir solches ein / weiß auch versichert / der Fürst würde sich damit nicht haben befriedigen lassen. Ist demnach das ergangene nicht anzuklagen / sondern das künfftige zubetrachten / worin ich doch wenig Raht weiß; dann was wil man gegen den Käyser einwenden? Euer Herr Vater hat es dero Hocheit in die Hände übergeben /und kans nicht wiederruffen; so mag auch solche Heyraht wol ehe als die unsere geschlossen seyn. Ey so last es immerhin so wichtig und gefährlich seyn / antwortete Sibylla / ich kan ja noch mit meinem Blute bezahlen / seyd nur bemühet / meinen liebsten Gemahl in gute Sicherheit zubringen / in Betrachtung /daß vor weniger Zeit er nicht allein euer Leben / sondern auch eure Ehre gerettet hat. Ja meinet ihr / sagte Fr. Sophia / euer Gemahl werde euch verlassen / und seine Sicherheit suchen? das sind alles vergebliche Gedanken; dann was euch begegnet / wird gewißlich ihm auch wiederfahren müssen. Hiemit nam sie das Schreiben aus ihres Vaters Händen / und lase daraus /als währe dieses der Begriff:Geliebter Bruder; ich habe dein Schreiben gelesen / und zwar mit höchstbetrübtem Herzen; muß zwar gestehen / daß wann der Sachen Beschaffenheit es leiden könte / ich diesem wirdigen Fürsten mein Kind fast schuldig währe; weil aber Käyserl. Hocheit bey mir selbst Anwerbung getahn / sie dem vornehmen Römischen Herrn und tapfferen Helden / Ritter Prokulus zuverheirahten.

Als Fr. Sibylla den Nahmen Prokulus hörete / merkete sie den Auffzug alsbald / fassete den Stathalter bey der Hand / welche sie ihm küssete / und sagte zu ihm: Komt Herr Vater / lasset uns wieder nach der Geselschafft gehẽ / daselbst wollen wir Käyserl. Hocheit / und meines Herrn Vaters Gesundheit / uñ des elenden Stümpers Prokulus Ungesundheit trinken; der Auffzug ist schon verrahten / und aller Angstschweiß mir abgewischet; dañ Prokulus ist noch lange der Mann nicht / nach dem meine liebe Eltern sich groß umsehen solten. Aber Fr. Schwester / ich gelobe euch hiemit im rechten Ernste / daß ich mich in kurzem an euch rächen wil / solte ich auch aller meiner guten Freunde Raht darzu gebrauchẽ. Der Stathalter küssete sie freundlich / und sagete: Geliebte Tochter; ich erfreue mich eures [381] guten Verstandes / und gebe euch mit euer Schwester zusammen / wann ich nur ausser Gefahr bleibe; reichete ihr damit das Schreiben zulesen / und erinnerte seine Tochter / dahin zusehen /daß das HochzeitFest gegen des Käysers Ankunfft an gesetzet würde / weil H. Pompejus ohn zweiffel inwendig solcher Zeit auch würde gegenwärtig seyn; gingen hernach wieder zu der Geselschafft / und brachten den Tag frölich zu / weil es einem jeden nach Wunsch erging.

Des folgenden morgens als die Fürstliche Geselschaft aus der Christlichen Versamlung wieder nach des Stathalters Hofe fuhren / und GroßFürstin Valiska im rechten aushange saß / begegnete ihr ein fremder Ritter zu fusse / hinter welchem zween ädle Jünglinge als Diener hertraten / der sie sehr ehrerbietig grüssete / und auff Teutsch zu ihr sagete: Die Götter schützen euch / O schönste der Welt / und seyn einem fro en Fürsten gnädig / der euretwegen im grösten Elende lebet. Es däuchte sie / diesen Ritter ehmahls gesehen zu haben / hieß ihren Gutscher stille halten / und gab ihm zur Antwort: Mein Freund / ich bedanke mich eures guten wunsches / und bitte / er wolle sich kund geben / dann wo ich nicht irre / habe ich ihn vor diesem gesprochen / weis aber nicht wo. Durchl. GroßFürstin / antwortete er; Als Klogio der Sikambrer ihre Durchl. zu Prag begrüssete / bin ich / sein Gefärte Farabert / nicht weit davon gewesen / und würde mir eine sonderliche Gnade seyn / wann bey derselben ich auff ein halb Stündichen Gehör erlangen könte / und zwar in geheim / ohn aller Menschen vorwissen. Der GroßFürstin kam solche Anmuhtung etwas fremde vor / und antwortete ihm: Mein Freund / ich habe noch keinem Menschen Gehör versaget / würde auch ihm solche nicht wegern / wañ ich wüste / wessen ich mich zu ihm zuversehen hätte; aber einem unbekanten und in etwas verdächtigen so gar einsam zu hören /möchte ich leicht bedenken tragen. Durchleuchtigste GroßFürstin / sagte er / ich bin ein ehrlicher auffrichtiger Fränkischer Ritter / und währe billich verflucht /wann mit einiger unbilligkeit ich schwanger ginge /möchte auch wol leiden / daß hundert Menschen bey meiner verhörung umb mich währen / wann sie nur unsere Teutsche Sprache nicht verstünden / wiewol ich nicht bedacht bin / ichtwas vorzubringen / daß eurer Durchl. im wenigsten könte nachteilig seyn. Ich bin willig / antwortete sie / euch zu hören / und werdet ihr auff den Nachmittag umb zwey Uhr auff jenem neuerbaueten Hofe euch anfinden / da ich mich gleichergestalt werde einstellen. Er bedankete sich mit wenigen / und daß er unfehlbar erscheinen wolte. Nun haben wir im andern Buche dieser Geschichte vernommen / was gestalt der Franken- und Sikambrer König / Herr Hilderich diesen Ritter Farabert nach Padua gesendet / sich ingeheim daselbst auffzuhalten / ob er der geraubeten Fräulein Valisken Zustand erfahren könte; welcher dann / solches desto besser zuverrichten / sich in einer Herberge gegen des Stathalters Hofe über auffhielt / uñ sich vor einen Teutschen von Adel Römisches Gebiets ausgab / umb desto sicherer zu seyn. Ladisla ädler Leibknabe Tullius hielt sich stets zu Padua auff bey Fr. Sophien / mit welchem dieses Ritters ädler Jüngling Anther Kundschaft machete / ging viel mit ihm umb / und gerieten dadurch in vertrauliche Freundschaft mit einander / welches alles auff Faraberts getrieb zu dem Ende geschahe / daß er desto besser der unsern Zustand in der fremde erfahren könte / wie dann eben durch dieses mittel er alles dessen innen ward / wz Fr. Sophien von den unsern zukam / so gar / daß ihm die vermuhtliche Heyraht zwischen [382] Herkules und Valisken des andern Tages angemeldet ward / als Leches die Schreiben von den unsern nach Padua brachte / und wie es sonst umb das zu Charas gefangene Fräulein stund / welches alles er seinem Könige Hilderich getråulich zuschrieb / auch bald hernach / was vor Völker aus Teutschland / Böhmen und Italien den unsern in die Morgenländer zugeschicket währen; Aus welchen allen dieser hochverständige König nichts anders / als die gewisse Ehe zwischen Herkules und dem Fräulein schliessen kunte / und es zwar beseufzete / aber doch mit der himlischẽ Versehung friedlich wahr / weil ohndz sein lieber Sohn Markomir noch i erzu als ein Wahnwitziger in Ketten und Gefängnis verwahret ward. So bald nun unsere Helden aus den Morgenländern zu Padua anlangeten / hielt sich Farabert stille und eingezogen in seiner Herberge / aus furcht / er möchte von Fr. Valisken oder von Libussen / (welche ihn zu Prag gesehen hatten) erkennet werden / ließ aber seinen Walther geschwinde nach seinem Könige reiten / und demselben allen Zustand der unsern anmelden / welcher zu seinem Gemahl sagete: Wir müssen mit der Götter schickung zufrieden seyn / und vor gewiß halten / es sey dieses vortreflichste Fräulein der Welt niemand anders / als dem löblichen Fürsten Herkules bescheret gewesen / welches wir zum teil aus unsers wahnwitzigen SohnsReden zuerkennen haben; nur wollen wir die gütigen Götter anflehen / daß sie unserm Sohn gnädig seyn / und seinen Verstand ihm wieder zuwenden wollen / da er noch eine zeitlang leben sol. Es hatte vor zehn Tagen sich ein Gallischer Arzt bey dem Könige anmelden lassen / welcher über die 30 im Häupt verstörete Menschen glüklich geheilet / und zu völliger Vernunft wiedergebracht hatte /begehrete auch den jungen Fürsten zu sehen und seinen mangel recht zubetrachten / welches ihm aber erst vor zween Tagen gegönnet ward / da er dann befand /daß hochnöhtig währe / ihm vernünftige Leute zuzuordnen / welche / wann er etwas ruhig währe / gebührlich mit ihm zureden wüsten / insonderheit solte man ihm vortragen / daß Fürst Herkules todes verblichen / und Fräulein Valiska nicht allein bey den ihren gesund wieder angelanget / sondern ihm auch mit sonderlicher Hulde zugetahn währe; Hierbey gebrauchte er seine Kunst / ließ ihm die Ader springen / gab ihm innerliche Arzney ein / und schmierete ihm eine kräftige Salbe an beyde seiten des Häupts / welches schon zimliche wirkung taht / so daß die rasichte Wuht / die ihn täglich aufftrieb / sich legete / wie wol er in seinen reden keine vernunft spüren ließ. Als nun Walther abgedachte Zeitung von Valisken Heyraht und wiederkunft nach Padua dem Könige anmeldete / kam dieser Arzt gleich darzu / und zeigete an / es würde dem jungen Fürsten zu seines verstandes wiederbringung sehr dienlich seyn / wann man bey dieser GroßFürstin erhalten könte / daß ungemeldet ihrer getahnen Heyraht / sie ihm ein freundliches Brieflein zuschreiben möchte / in welchem sie sich gegen ihn zu aller freundschaft und Schwesterlichen Liebe erböhte. Sein Vater der König ließ solches bey schleunigster Eile an Farabert gelangen / welcher solches zu werben / vor dißmahl bey der GroßFürstin umb verhörung anhielt. Als er sich nun zur ernennten Zeit einstellete / empfing ihn Valiska (welche ihrem Gemahl und Bruder sein begehren schon verständiget hatte) gar freundlich /und in Gallus / Klodius / und Markus gegenwart /welche die Teutsche Sprache nicht verstunden / hies sie ihn seine Werbung ungescheuhet vortragen / welche sie anzuhören bereit und willig währe. Worauff er also anfing: Durchleuchtigste Hochgepreisete Groß Fürstin / gnädigste [383] Frau; unter andern hohen und lobwirdigen Tugenden / welche eure Durchl. in dieser ihrer Jugend schon durch den grösten teil der Welt berühmt gemacht haben / ist nicht die geringste / daß ihren ärgesten Feindẽ zuvergeben / und der Elenden sich anzunehmen / aus getrieb ihrer angebohrnen gütig- und barmherzigkeit / sie so gar willig und bereit ist / wodurch sie dann ihren Stuel den himlischen Göttern schon sehr nahe gesetzet hat. Nun weis ich nit / ob ihrer Durchl. es mag kund getahn seyn / was gestalt meines allergnädigsten Königes Herr Sohn / der Durchleuchtigste / anjetzo leider! allerelendeste Fürst Markomir / bald nach eurer Durchl. gewaltähtige entführung / umb dero Heyraht zum andernmahl anwerbung getahn / und durch die hochbetrübte Zeitung ihres verlustes / in so tieffe und schwermühtige traurigkeit und bekümmernis gerahten / daß er endlich seiner Vernunfft beraubet ist / und in banden muß verwahret werden / woran seine Königliche Eltern ein unaussprechliches Herzleid sehen / und vor grosser betrübnis kaum zubleiben wissen. Es hat sich aber vor weniger Zeit ein berühmter Arzt bey ihnen angemeldet / und zur wiederbringung des jungen Fürsten Gesundheit den trostlosen Eltern gute Hoffnung gemacht / dessen Arzney die himlischen Götter gesegnen wollen; und ist desselben wolmeintlicher Raht und gutdünken / es würde kein Ding in der Welt sei nen Pflastern und anderen Arztneien stärkere Kraft mitteilen / als wann ihre Durchl. gnädigste GroßFürstin / sich dieses elenden wizlosen jungen Fürsten in so weit erbarmen / und durch ein freundliches Brieflein seine zuschlagene uñ nider gedrückete Geister wolte helffen auffrichtẽ; welches wie ihrer Durchl. es weder Schimpff noch Schaden bringen kan / sondern vielmehr zu grösserer ausbreitung ihres Lobes dienen wird / also wird dieselbe dadurch meinen Großmächtigsten König sich dergestalt verbunden machen / daß er mit rechtschaffener väterlicher neigung derselbẽ wird zugetahn und ergeben seyn; daß ich geschweige /was vor Ruhm uñ Ehre derselben zuwachsen wird /wann durch dieses mittel / sie dem jammervollen Fürsten seinen Verstand; den traurigen Eltern ihren Sohn; und dem Franken- und Sikambern Volke ihren künftigen Beherscher wieder geben würde. Dieses / Durchleuchtigste GroßFürstin / habe auff meines Königes begehren / kraft dieses Befehl-brieffes (welchen er der GroßFürstin ehrerbietig einlieferte) vortragen sollen /nicht zweifelnd / eure Durchl. werde solches gnädigst vermerken / und sich nicht wegern / demselben seine Gesundheit und menschlichen Verstand wieder zubefodern / der bloß allein aus gar zuheftiger Liebesbegier nach eurer unvergleichlichen vortrefligkeit / solches ädle Kleinot verlohren / und einem unvernünftigen Vieh fast åhnlich worden ist. Womit er unter traurigen geberden seiner Rede die Endschaft gab. Die GroßFürstin ließ nicht weniger bey seinem vorbringen ihr mitleiden sehen / und nach verlesung des Brieffes antwortete sie also: Mein Freund / Herr Farabert; das unverdienete Lob / welches in seiner Rede er mir zulegen wollen / muß ich billich von mir ablehnen / uñ doch seine gute gewogenheit daraus erkennen; sonst mag er sich wol versichern / daß der leidige Unfal /welcher den Durchleuchtigsten Königlichen Fürsten /Herrn Markomier getroffen / mir nicht weniger zu herzen stosset / als sähe ich denselben gegenwärtig an meinem leiblichẽ Bruder / insonderheit aber schmerzet michs über die masse / daß ich dessen eine Ursach sol gehalten oder genennet werden / daher ich weder Gefahr / noch mühe und kosten sparen wolte / wann ich einiges ehrenbilliches Mittel zubedenken wüste /den lieben Fürsten / dem ich in [384] warheit Schwesterliche Hulde trage / von seinem Unglük zuerledigen; warumb solte ich mich dann wegern / dessen Liebe mit einem Schreiben zubegrüssen. Ich habe aus seinem vornehmen zur gnüge verstanden / daß dieser euer Fürst mir von herzen gewogen gewesen / würde mich auch nicht gewegert haben / seinem ehrliebenden ansuchen stat zugeben / wann ich nicht schon vorhin mich an den Durchleuchtigsten GroßFürsten /Herrn Herkules / meinen jetzigen Gemahl äid-ehelich versprochen gehabt / welches doch dazumahl meine leibliche Fr. Mutter nicht wuste / ich auch lieber hundert tausendmahl hätte sterben / als solches Gelübde brechen wollen / dessen verknüpfung so fest gewesen / daß michs auch / unter der allergrössesten gefahr /von dem grossen Könige Artabanus in Parthen loßgetrieben / und meinem versprochenen Gemahl mich geliefert hat. Ich habe von eures Fürsten / meines grossen und lieben Freundes Unfal etwas in Persen erfahren / und sint der Zeit seine Liebe meinem Almächtigen wahren Gott in meinem täglichen Gebeht vorgetragen / zweiffele auch nicht / derselbe werde meine Seufzer erhören / und die Mittel zu des treflichen Fürsten Gesundheit gnädig verleihen. Ihr solt euch aber /mein Freund / gar nicht scheuhen / meinem Gemahl dieses euer Ansuchen zu offenbahren / sondern versichert seyn / daß derselbe nicht minder als ich / oder als sein geträuester Bruder ihm zu helffen / bemühet seyn / und sich ganz glükselig schätzen werde / wann er darzu einige Gelegenheit haben mag. So werde ich mich nun zu demselben hin machen / ihm euer billiches begehren anzumelden / uñ da derselbe euch etwa zu sich fodern würde / habt ihr ihm zu trauen als eurem Könige selbst. Farabert hörete diese freundwilligkeit mit höchster verwunderung an / küssete ihr die Hand / welche sie ihm darboht / und wolte seine Dankrede kniend verrichten / welches sie ihm doch keines weges gestatten wolte / sagete / es gebührete ihr kein Dank / ehe und bevor sie etwas dankwirdiges geleistet hätte; ging zu ihrem Gemahl und Bruder /zeigete ihnen alles an / und erhielt leicht bey ihnen /daß er zur Abendmahlzeit gebehten / und an den Fürstlichen Tisch / als eines grossen Königs vornehmer Raht uñ Diener gesetzet ward / da dañ Herkules mit solcher freundligkeit ihm begegnete / daß er sich darüber sehr verwunderte / demselben alle elende begebenheit des jungen Frankischen Fürsten erzählete /und daß er willens währe erstes tages wieder nach seinem Könige zu reisen. Des folgenden Tages umb den Nachmittag ward er von Herkules und seinem Gemahl wieder vorgefodert / und von ihm also angeredet: Mein Freund / Herr Farabert; ich kan nit unterlassen /ihm zubezeugen / wie schmerzlich des hochbenahmten ritterlichen Fürsten Herrn Markomirs Unfal mir zu herzen gehet / insonderheit / daß mein liebstes Gemahl / wiewol ganz wieder ihren willen / darzu Ursach geben müssen; wolte Gott / ich wüste mittel und wege zuerdenken / seiner Liebe Gesundheit wieder zuerhalten / ob mirs gleich etliche viel Tonnen Goldes / ja mein Blut kosten solte. Mein Gemahl hat nicht unterlassen wollen / an seine Liebe zuschreiben / Gott helffe / daß es ersprießlich sey. Was sonsten in diesen Wetschern vermacht ist / werdet ihr unbeschweret seyn / meiner Gn. Fr. Mutter / der Fr. Königin / im nahmen meiner Gemahl einzuliefern / und solches als einen aus Asien mitgebrachten Beutpfennig / zum gedächtnis und beweißtuhm alles möglichen Kindlichen gehorsams; zu dessen überbringung euch zween MaulEsel sollen zugestellet werden. Dem Großmächtigsten Könige und Herrn / Herrn Hilderich / wollet ihr meinen Kindlichen und bereitwilligsten gehorsam anmelden / und daß in seinem schweren [385] Haußunglük dessen Königl. Hocheit / ihrem hochweisen und tapfferen Helden-verstande nach / einen muht fassen /dem Almächtigen Gott stille halten / und von demselben unfehlbahre Hülffe gewertig seyn wolle; ich würde es unter meine höchsten glükseligkeiten mit rechnen / wann ihrer Hocheit Angesicht zusehen / ich nach diesem die Ehre haben solte / als deren hoher Nahme durch alle Welt berühmet ist. Solte auch Gottes barmherzigket / wie ich hoffe / über den Durchl. GroßFürsten / Herrn Markomir zur Gesundheit walten / bitte ich / mir solches ehist zuzuschreiben; endete hiemit seine Rede / und schenkete diesem Frankischen Ritter eine schwere güldene Kette / ein par Armbänder und andere ritterliche Kleinot / auf 8000 Kronen wert / nebest 4000 Kronen baar / über welcher Freygebigkeit er sich entsetzete. Die GroßFürstin wiederhohlete schier ein gleichmässiges / uñ fragete ihn / als im scherze / ob er ein Liebste hätte; worüber er erröhtete / und gerade zu mit ja bekennete; da sie also fortfuhr: So müsset ihr derselben ein Zeichen meiner gutẽ gewogenheit überbringen; reichete ihm auch allerhand Kleinot / auff 6000 Kronen wert / und sagete: Wann ihr mir zur guten Zeitung zuschreiben werdet / daß der liebe Fürst Herr Markomir genesen sey / wil ich euch solches mit 10000 Kronen baar ersetzen; stellete ihm endlich den Brief an den jungen Fürsten zu / wobey etliche eingewickelte Kleinot wahren / und im Vorhofe ließ sie ihm ein trefflich geputzetes Schneeweisses Reitpferd zuführen / nebest einen mit güldenen Tüchern beladenen MaulEsel / alles vor den jungen Fürsten / daneben sie anzeigete / daß 2000 Kronen dabey befindlich währen / dem Gallischen Arzt einzuhändigen / nebest dem Versprechen / daß auff künfftige Gesundheit des jungen Fürsten ihm gedoppelt so viel solte übergemacht werden. Da dann Farabert höflichen Abscheid nam / voller Hoffnung zu seines Fürsten Gesundheit.

Sonst brachten die unsern die hinterstelligen 20 Tage biß zu dem angesezten HochzeitFeste / mit aller zulässigen Lust hin / da der junge Sulpitius / nebest Klodius und Markus / auch ihren Eheliebesten nach Rom reiseten / die ihren zubesuchen / bey denen Herkules und Ladisla an Urban den Bischoff daselbst /50000 Kronen / behuef der armen Christen; an ihren alten Wirt Sabihn 4000; an den Arzt Galehn 1000 Kronen / und an Herrn Zinna / sein Gemahl und Tochter / viel Kleinot auff 12000 Kronen wert übermacheten / und unterließ Fürstin Sibylla nicht / an ihre vertrauete Freundin Frl. Virginia / Herrn Aquilius Tochter zuschreiben / da sie ihr dann ihre und Lukrezien Heyraht zuwissen machete / und sie auff das HochzeitFest einladeten / sendete ihr auch sehr schöne Kleinot über. Herkules und Ladisla unterliessen nicht / an Käyserl. Hocheit zuschreiben / und entschuldigten sich zum höchsten / daß ihrem Versprechen nach / sie derselben / wegen eingefallener Entführung ihrer Frl. Schwester / zu Rom nicht hätten auffwarten / noch die schuldige Danksagung vor erzeigete hohe Käyserl. Gnade mündlich ablegen können / erbohten sich danebẽ / vor ihrem Abzuge solches zuleisten / und verpflichteten sich zu ihrer Hocheit Diensten / übersendeten auch des Käysers Mutter Fr. Mammeen sehr köstliche Kleinot / und allerhand Persische Seidene / silberne und güldene Tücher / daneben vier Tonnen Schaz / gemünzetes Parthisches Goldes. Dem Käyser aber 20 Parthische Handpferde mit köstlichem Zeuge geputzet / welches über 4 Tonnen Goldes austrug / wahr auch bey jedem Pferde ein Parthischer Leibeigener / von den leztgefangenen Werbern / in gülden Stük gekleidet. Klodius [386] und Markus nahmen alles zu sich / und unter der Begleitung von 300 Reutern zogen sie geschwinde fort / biß sie zu Rom glüklich anlangete / da man sie anfangs nicht einlassen wolte / und gleichwol wahren sie nicht willens / ihre Herren zumelden / darumb gaben sie sich bey der Wache an / sie währen von dem Stathalter zu Padua an dessen Bruder Herrn M. Fabius abgeschicket / kahmen auch unter diesem Schein fein durch / kehreten bey T. Bellizius ein / welcher Klodius Schwester Mann wahr / und wurden von den ihrẽ sehr wol und freundlich empfangen. Bey Herr Fabius gaben sie sich noch desselben Tages an / welcher mit seinem Gemahl sich schon zu der Reise fertig gemacht hatte / hörete auch mit Freuden die löblichen Tahten und Fürstlichen Tugenden ihres geliebten Schwieger-Sohns. Er wahr ein überaus reicher Herr /wolte auch solches vor dißmahl erscheinen lassen /indem er seiner Tochter Schmuk gegen künfftige Hochzeit auff Königlich zurichtẽ ließ / der sich auff 6 Tonnen Goldes belief. Er hielt aber vor dißmahl dienlich / daß Klodius und Markus sich noch desselben Tages bey dem Käyser und seiner Fr. Mutter angeben liessen / weil das Geschrey von der Helden Wiederkunfft vor wenig Tagen ausgebrochen währe / machte sich auch selbst nach dem Käyserl. Hofe / und gab an; es hätten die Teutschen Fürsten / König Ladisla und GroßFürst Herkules ihre Leute von Padua hergesand /welche umb allergnädigstes Verhör bey Ihrer Käyserl. Hocheit und dero Fr. Mutter / alleruntertähnigst anhielten. Der Käyser vernam dieses gerne / ließ seine Mutter zu sich bitten / und befahl / daß die Gesanten alsbald vorgeführet würden / da Klodius diese Rede hielt: Allergroßmächtigster Unüberwindlichster Käyser / Allergnädigster Herr; wie auch Großmächtige Durchleuchtigste / gnädigste Frau; Meine gnädigste Herren / die Durchleuchtigste Großmächtige / Herr Ladisla / König in Böhmen / und Herr Herkules /GroßFürst und nähester Erbe Teutschlandes / auch erwähleter Fürst des Landes Susiana / entbieten Eurer Käyserl. Hocheit und HochFürstl. Würde / ihren untertähnigen Gruß / und bereitwilligste Dienste; entschuldigen sich mit dem Unfal ihrer Fr. Schwester und Gemahls / wegen ihrer ehmahligen Nicht-einstellung / wie ihre Schuldigkeit sonst hätte erfodern wollen / und übersenden Ihrer Hocheit dieses Schreiben. Der Käyser bedankete sich des geschehenen Grusses und freundlicher Anerbietung seiner lieben und wirdigen Herrẽ Brüder und Freunde / hielte die getahne Entschuldigung vor überflüssig / erfreuete sich ihrer glüklichen Wiederkunfft / und hoffete sie vor ihrem Abzuge zusprechen / und bessere Kund- und Freundschafft mit ihnen zumachen; brach das Schreiben /und nach Verlesung sagte er; Er möchte wünschen /daß sie die Mühe auff sich genommen hätten / uñ selbst überkommen währen / alsdann würde er ihnen das Geleite von Rom ab / biß an ihre Grenzen gegeben haben; nun aber möchte sichs vielleicht zutragen /daß er sie vorher zu Padua besuchete. Klodius antwortete: es würde ihren Gnn. Herren solches zuvernehmen / die allergröste Vergnügung und Freude seyn. Nun hörete der Käyser die auff den innern Plaz gestellete Handpferde / und fragete seine anwesende Diener / was solches bedeutete / dz man die Pferde daher geführet hätte? worauff Klodius zur Antwort gab: Unüberwindlichster Käyser; meine obhochgedachte Gnädigste Herren übersenden Ihrer Hocheit etliche aus Parthen / Meden / Persen / Hirkanien / und andern Asiatischen Fürstentuhmen mitgebrachte Pferde / und Parthische ädelgebohrne gefangene Leibeigene / untertähnig [387] bittend / Ihre K. Hocheit wolle dieselben als ein Zeichen ihrer durch GottesGnade daselbst erlangeten Ehr und Beute / mit hochgeneigetem Herzen von ihrer Hand annehmen / und allezeit ihr hochgewogener Käyser verbleiben. Es hat den teuren Helden nicht so wol ergehen können / antwortete der Käyser / daß ichs ihnen nicht besser wünschen und gönnen solte / und haben unsere Beamten in Syrien schon schrifftliche Meldung getahn / was gestalt der Persische Fürst Artaxerxes bloß durch dieser Helden Raht uñ unüberwindliche Faust / des Parthers Artabanus Macht gebrochen / dessen eigentlichen Verlauff wir von ihnen in kurzem einzunehmen verhoffen. Ging hin / und besahe die köstlich geputzeten muhtigen Pferde / unter denen insonderheit zwey Skytische schneeweisse vorne an stunden / mit güldenen Huefeisen und Gebiß / auch so überaus statlichen Decken /mit den außerlesensten Indischen Perlen reichlich besticket / an denen Sattel und Zeug von lauter Demanten glänzete / daß der Käyser anfing: In Warheit / dieses ist gar zu ein grosser Beutpfennig / dessen Vergeltung wir noch nicht absehen können. Befahl den Leibeigenen auffzusitzen / und die Pferde zu tummeln / an deren sehr guter Abrichtung er ein grosses Wolgefallen hatte. Der Käyserlichen Mutter überschikte Wagen / deren Pferde mit köstlichen güldenen Zeuge beleget waren / kamen auch herzu / welche Markus also einlieferte: Großmächtige / Durchleuchtigste /Gnädigste Frau; Meine Gnädigste Frauen / die Durchleuchtigste GroßFürstin Fr. Valiska / GroßFürst Herkules Gemahl / und die auch Durchleuchtigste Fr. Sophia / des Böhmischen Königes / Herrn Ladisla Gemahl / haben Ihrer HochFürstl. Würde ein geringes Gedächtniß ihres untertähnigen / gehorsamen und kindlichergebenen Willens / von der Parthischen eroberten Beute übersenden wollen / untertähnig bittend / solches von ihren bereitwilligsten Händen hochgeneigt und gnädig anzunehmen / und ihre hochgeneigete und gnädige Frau und Mutter stets zubleiben. Es ist des verehrens schon zu viel an dem gemacht / antwortete sie / daß nicht allein die teure Fürsten kurz nach Eroberung des Raubnestes mir übergeschicket / sondern auch meine herzgeliebete Fr. Tochter / Fr. Sophia mir unlängst selbst eingeliefert hat / und muß nun zum dritten mahl durch Annehmung so grosser Geschenken mich wider meinen Willen unhöflich erzeigen; jedoch / weil die Wegerung meinen hochgeliebeten Freundinnen und Töchtern ungenehm und widrig seyn würde / wil ich ihnen gehorsamen; bedanke mich der Ehren freundlich / und hoffe in meiner bißher unbekantẽ Fr. Tochter der treflichen GroßFürstin Kundschaft schier zukommen. Als die Güter abgeladen wurden / und sie so grosse Schätze an Kleinotẽ /Gold und Tüchern funden / ward der Käyser fast unwillig / daß er auch zusagen sich nit enthalten kunte; Diese Fürsten wollen uns mit Gewalt zum unhöflichen machen; dann womit sollen so grosse Schätze doch vergolten werden? Nachdem aber er vernam /was vor grossen Reichtuhm sie mit sich gebracht hatten / gab er sich zufrieden / uñ befahl Anordnung auff seine Reise zumachen / dann er wolte am dritten Tage hernach auffbrechen. Herr M. Fabius stund ihm zur seiten / berichtete / was gestalt sein SchwiegerSohn der Königliche Schwedische Fürst Siegward / innerhalb 12 Tagen das HochzeitFest mit seiner lieben Tochter / auch GroßFürst Herkules einiger Bruder /Fürst Baldrich / mit Herr K. Pompejus Tochter / zu Padua halten würden / und baht untertähnigst / Ihre Käyserl. Hocheit / und dero Fr. Mutter möchten allergnädigst geruhen / diesem Ehrenwerke beyzuwohnen.[388] Dem der Käyser zur freundlichen Antwort gab: Ja mein lieber Geträuer / es sol euch versprochen seyn; machet nur Anordnung / daß alles zur Reise verfertiget werde / wie es unser Hocheit gebühret; Wir werden diesen Fürsten zuehren uns über unsere Gewohnheit kleiden (dann dieser Käyser stets in schlechten Kleidern auffgezogen kam) zweifeln auch nit / unsere Fr. Mutter werde die Mühe zur Reise gerne / über sich nehmen. Wie sie dann sich willig darzu erboht. Diesen Abend musten Klodius und Markus bey dem Käyser Mahlzeit nehmen / die nicht unterliessen /ihrer Herren Ruhm und Tahten zuerzählen / insonderheit was von ihnen in Schlachten und absonderlichen Kämpffen vorgangen wahr; da alle anwesende wünscheten / Herkules möchte den ungeheuren Gamaxus zum schauen mit übergebracht haben. Des folgenden Morgens legten sie ihre Werbungen und übergebrachte Sachen / anfangs bey dem damahligen Römischen Bischoff Urban ab / nachgehends bey Sabihn und Galehn / endlich auch bey Herrn Zinna / welcher sich zugleich freuete und schämete / daß der hochberühmte Herkules sein ehemaliger Oedemeier und Leibeigener währe; wie nicht weniger sein Gemahl und Tochter /welche die übergeschikte köstliche Sachen mit grossem Dank annahmen / wiewol die gute Frau sich sehr unmuhtig befand / daß Herkules geheirahtet / und vor diesem sie mit Vorschützung seiner Unmögligkeit abgespeiset hätte / daher ihr unmöglich wahr / sich bereden zulassen / daß sie mit ihrem Gemahl und StiefTochter nach Padua auff die Hochzeit gezogen währe / sondern wendete eine ertichtete Leibesschwacheit ein / uñ blieb daheim. Nun hätte Klodius mit seinen Freunden und Anverwanten / denen seine Eheliebste große Verehrungen taht / sich gerne noch eine zeitlang ergetzet / aber seinen Herren die gebührliche Träne zuerweisen / nam er des andern Morgens nach seiner Ankunfft von ihnen Abscheid / und verließ / daß sie mit seiner Liebesten und mit Markus nach Padua überkommen solten; machte sich mit 12 Reutern geschwinde fort / umb zuberichten / daß Käyserl. Hocheit mit einer grossen Geselschaft sich bey der Hochzeit würde finden lassen. Gleich da er zu Padua in der Morgenstunde ankam / ward dem Stathalter daselbst die Zeitung gebracht / Herr K. Pompejus Stathalter von Elia oder Jerusalem / währe ausgestiegen / und kähme mit Gutschen und beladenen Wagen an; dessen Fr. Lukrezie sich herzlich erfreuete / erhielt auch leicht / daß die gesamte Fürstliche Geselschafft sich in einerley trefliche Kleidung ausputzeten / und ihm entgegen zogen. Herkules und Ladisla macheten das erste; Baldrich und Siegward das andere; Arbianes und der junge Fabius (der schon abwesend in den Römischen Raht erkohren wahr; das dritte; Skaurus und Pupienus das vierdte Glied. Ihnen folgten vier kleine statliche ReitGutschen; In der ersten wahr die GroßFürstin und Lukrezie; In der andern Fr. Sophia und Sibylla; In der dritten Fr. Ursul und Helehn; In der vierden Beata / Gallus EheLiebste und Lektoria / Lukrezie ädle LeibJungfern / mit den beyden jungen Herrlein / Herkuliskus und HerkuLadisla. Ihnen folgeten 50 Teutsche und Böhmische Reuter in treflicher Zierde / welche von Leches und Neda geführet wurden. Da sie eine grosse Teutsche Meile von Padua wahren / sahen sie den Stathalter von ferne daher fahren / stiegen von ihren Pferden und Gutschen / und nahmen ihre Gemahlen bey der Hand /mit denen sie sanfftmühtig fortgingen; welches Fr. Terenzia ersehend / zu ihrem Gemahl sagete: Ach mein Gott / dort kommen unsere Kinderchen her; stiegen auch herunter / und begegneten [389] ihnen zu fusse. Als sie aneinander gerieten / umfing Herr Pompejus zu anfangs Herkules und dessen Gemahl; hernach Ladisla und Frau Sophien / ihres Wolergehens sich hoch erfreuend; als er aber an Baldrich und seine liebe einige Tochter kam / ergriff ihm sein SchwiegerSohn die Hand / küssete dieselbe mit grosser Ehrerbietung /und sagete: Hochansehnlicher Herr Stathalter / Gn. Herr Vater; nachdem der Almächtige GOtt nach seiner gnädigen Vesehung / Euer Liebe wolerzogene Tochter / mein geliebtes Gemahl mir zugeführet hat /als bitte ich sehr und kindlich / Eure Liebe wollen vor ihren Sohn mich annehmen / und dabey sich versichern / daß mit kindlichem Gehorsam meinen hochwirdigen SchwiegerEltern / und herzlicher Träue gegen meinen teuresten EheSchaz / ich Zeit meines Lebens mich werde finden lassen. Herr Pompejus umfing ihn freundlich / bedankete sich des hohen erbietens / und gab ihm seine Tochter an die Hand mit diesen Worten: Ich habe meiner Fr. Tochter / der Durchl. GroßFürstin dieses mein liebes einiges Kind über geben / welche dann freilich sie an keinen unwirdigen hat verheyrahten wollen; und was vor einen angenehmern SchwiegerSohn könte mir Gott zuschicken / als eben den / der mit dem teuren GroßFürsten Herrn Herkules unter einem Herzen geruhet hat / und daher nicht anders seyn kan / er muß in ansehung dessen /nichts als alles löbliches an sich haben / wie er dañ solches in errettung meiner geliebten Wasen überflüssig erwiesen hat. Lukrezie setzete sich vor ihrem Vater in die Knie / bedankete sich Kindlich dieser väterlichen einwilligung / küssete ihn hernach / und sagete: Gn. herzallerliebster Herr Vater; nachdem die Durchl. GroßFürstin von mir begehret hat / diesem werten Fürsten vor meiner lieben Eltern ankunft mich ehelich zuergeben / hoffe ich / sie werden keinen unwillen deßwegen auff mich werffen. Meine Fr. Tochter / die Durchl. GroßFürstin hat es sehr wol geordnet / sagte der Vater; weil nach der Gemühter vereinigung nichts heilsamers noch sicherers / als die Heyraht ist /und merke ich wol / nachdem dirs mit GroßFürst Herkules gefehlet / hat es gleichwol niemand anders als dessen Herr Bruder seyn sollen. Der barmherzige Gott verleihe dir seine Gnade / daß du dich gebührlich gegen ihn zu halten wissest / und gönne mir den Tag /an welchem ich meine hochgewünschete Kindeskinder sehen möge. Hierauff empfing er die übrigen auch /da inzwischen Fr. Terenzia von der GroßFürstin und den andern sehr freundlich gewilkommet ward / welche / da sie an ihre liebste Tochter geriet / die Trähnen häuffig vergoß / ihr umb den Hals fiel / und aus mütterlicher neigung sagete: Mein allerliebstes Kind /es gehet mir zwar sehr nahe / daß ich dich so weit von mir hinweg schicken mus; jedoch ist mirs eine sonderliche herzens freude / daß du in die Verwandschaft deren auffgenommen bist / welche dir die allerliebsten in der Welt sind. Herzgeliebete Fr. Mutter / antwortete sie / es ist ebenwol auch meine grösseste bekümmernis / daß ich euch so ferne seyn mus / doch können wir ja noch zu zeiten beyeinander seyn; vordißmahl aber wollen wir solche traurige Gedanken bey seit legen / und unsere Freude durch die Trähnen nicht stören / sondern zu meinem liebsten Fürsten und Gemahl treten / damit er euch seine Fr. Mutter auch kennen und sprechen möge. Baldrich trat gleich herzu / setzete sich auff ein Knie vor ihr nieder / welches aber weder sie noch Lukrezie gedulden wolte / und ihn wieder auffhuben / da die Mutter ihn in die Arme nam / und aller mütterlichen Liebe und Träue sich erboht. Er hingegen wuste ihr dergestalt mit lieblichen reden zu [390] begegnen / daß sie ihre Tochter wegen dieser Heyraht glükselig schätzete. Nach geendigtem umbfangen / setzeten sie sich wieder auff / und muste H. Pompejus zwischen Ladisla und Herkules reiten / Lukrezie aber vergeselschaftete sich mit ihrer Mutter /und berichtete sie alles dessen / was bißher vorgangen wahr / zeigete ihr auch die Beinnarbe / welche ich /sagte sie / zum stetswehrenden Zeichen und unablöschlichem Gedächtnis meines herzliebsten Gemahls und seiner ungefärbeten Liebe tragen wil. Also zogen sie auff Padua zu / uñ wurden daselbst von neuen wol empfangen / woselbst sie des Käysers ankunft erwarteten / und alles Königlich anordnen liessen / dann sie wolten das Hochzeitfest in dem neuerbaueten Hofe halten / dessen Gemächer mit den kostbahresten Persischen Tüchern behänget wurden / und bestellete der Stathalter auff Herkules ersuchen / daß in allen Flecken und Städten eine Tagereise nach Rom hin / reitende Diener heimlich befehlichet wurden / des Käysers ankunft mit schnellen Pferden nach Padua zuberichten. Zween Tage vor der angesezten Hochzeit kam Zeitung / der Käyser in Geselschaft 30 Gutschen und 300 Pferde / würde drey grosser Meilen von Padua das Nachtlager halten / daher macheten sich Herkules und Ladisla mit den dreyen Fürsten zu rechter Zeit auff / ihm eine gute Meile von der Stad zubegegnen /da sie eine Reuterey von 150 Mann mit sich nahmen. Herkules und Ladisla ritten vorne an / ihnen folgeten die drey Fürsten / und zwar Arbianes in Medischer Kleidung / denen Klodius und Prinsla in vollem köstlichen Reitharnisch nachritten; aller nähest hinter denen / 150 Bömische ädelknaben / in ihren rohten Scharlaken Manteln mit Golde reichlich verbremet; zulezt wahren Leches und Neda / welche obgedachte wolbewapnete Reuterey führeten / und auff ihren Helmen allemiteinander die allerschönsten langen schneweissen Federbüsche aufgestecket trugen. Die vier Fürsten wahren gleich gekleidet in Persischem Gülden Stük / mit herlichen ädelgesteinen besetzet / die einen grossen Schein von sich gaben. Auff ihren Hüten hatten sie weisse Federbüsche / an welchen trefliche Kleinot geheftet wahren. Der Käyser wahr der Hofnung / seine ankunft würde zu Padua ungemeldet seyn / doch auff wiedrigen fall hatte er sich über seine Gewohnheit herlich angelegt / und in eine verdeckete Gutsche sich gesetzet / vor welcher 50 Mann her ritten / und 250 hinten nach folgeten. Nun wurden die Vorreuter der unsern in ihrer schi ernden Kleidung von ferne gewahr / jedoch unwissend / wer sie seyn möchten / meldeten es dem Käyser an / und führeten ihm seinen hochmuhtigen Hengst zu / auff welchen er sich setzete / und zween Hoffjungkern an die unsern abschickete / mit freundlicher Frage / ob sie von Padua kähmen; denen Herkules zur Antwort gab; Ja /sie als fremde / die sich zu Padua eine Zeitlang auffgehalten / währen ihrer Käyserlichen Hocheit ankunft inne worden / hätten demnach / ihre Schuldigkeit abzulegen / deroselben auffwärtig entgegen reiten wollen. Diese jageten schleunig zurük / und überbrachten solche Antwort / daneben vermeldend / es sähen die vier ersten den Göttern ähnlicher als den Menschen /insonderheit der / so ihnen die Antwort gegeben. Also zweifelte der Käyser nicht mehr an der Warheit / ritte sanftmühtig fort / und sahe mit grosser verwunderung an / was gestalt Herkules seinen Blänken tummelte /und wie artige Sprünge das Pferd sehen lies; biß sie etwa auff 50 Schritte beysa en wahren / da sprungen unsere Fürsten ab von ihren Pferden / entblösseten die Häupter / und erzeigeten dem Käyser sehr grosse Ehrerbietung; und als sie so nahe kamen / fasseten sie seinen Stegrieff an / welches er ihnen [391] doch nicht zulassen wolte / sondern einem nach dem andern die Hand sehr freundlich boht / die von ihnen höflich geküsset ward. Nach solcher verrichtung traten sie etliche Schritte zurük / und fing Herkules diese Rede an: Großmächtigster unüberwindligster Käyser / gnädigster Herr; niemahls ist von meinem Gesellen Ladisla und mir / grössere Undankbarkeit begangen / als die eurer Käyserl. Hocheit wir leider haben sehen lassen müssen / in dem vor die hohe unverdienete Gnade und Ehre / uns vor zweien Jahren angetahn / eurer Hocheit wir uns zu Rom nicht dargestellt / umb / den höchst schuldigen Dank in etwas blicken zulassen / welchen gänzlich abzulegen / unser vermögen viel zu unvermögen ist. Wann wir dañ dieses unser verbrechen billich und willig erkennen / auch ihrer Hocheit höchstruhmwirdige Sanftmuht und Gütigkeit uns wol bewust ist / als bitten wir untertähnigst / diesen unsern groben Fehler uns gnädigst zu übersehen / insonderheit / weil zwar unser Herz hierzu ganz willig und bereit wahr / und nur durch den unvermuhtlichen Verlust meiner Frl. Wasen / jetzigem Gemahl hintertrieben / und biß auff diese unsere Wiederkunft auffgeschoben seyn müssen. Da wir gleichwol nicht willens gewesen sind / diese eurer Käyserl. Hocheit eigentühmliche Länder zuverlassen / ehe und bevor wegen empfangener hohen Käyserl. Gnade / vor eurer Hocheit / wir uns zu Rom würden eingestellet / uñ nach äusserstem / wiewol schwachen vermögen / unsere untertåhnig- dankbegierige herzen ausgeschüttet haben. Weil aber solches anjezo hieselbst geschehen kan; sey eurer Käyserl. Hocheit vor die unerhörte höchst milde Käyserliche Gnade und Güte von uns untertähnig Dank gesaget; und ob solche wir gleich nimmermehr ersetzen können / wollen dannoch eurer Käyserl. Hocheit / wir / uñ gegenwärtige / mein Oheim Siegward und Bruder Baldrich / Fürst- und träulich angeloben / daß wir Zeit unsers Lebens seyn und bleiben wollen / vor unser Häupt / eurer Käyserl. Hocheit ergebene Knechte / und in künftiger Herschung / Freunde des Römischen Reichs / dergestalt /daß wir alles / was Teutsche / Bömische und Schwedische Freiheit nicht bricht / dem Römischen Reich zugefallen tuhn / gegen deren Feinde (die nicht unsere eigene Landsleute oder Bundgenossen seyn möchten) auff begehren hülffe leisten / und Zeit unsers Lebens alle Teutschen / Böhmen und Schweden / von aller feindseligkeit wieder den Römischen Nahmen / nach vermögen abhalten wollen; solten auch in unsern Königreichen / Fürstentühmern und Herschaften einige Römische Leibeigene und Gefangene sich befinden /wollen wir dieselben entweder ohn entgelt / oder doch durch unsere Kosten loßmachen / und biß an die Römischen Grenzen sicher geleiten lassen / auch im übrigen uns dergestalt bezeigen / daß eure Käyserl. Hocheit unsere willige begierde zur dankbarkeit / ob Gott wil / spüren wird. Nach geendeter Rede / traten sie wieder hin zu dem Käyser / uñ küsseten ihm die Hände demühtig. Der Käyser saß als ein Verzücketer auff seinem Rosse; bald betrachtete er Herkules Schönheit / bald seine süsse beredsamkeit / bald das hohe Lob seiner herlichen Tahten in dieser Jugend /da ihm der Bart erst zu wachsen anfing; bald erwog er ihre sämtliche Fürstliche Geberden / frische unerschrockene Angesichter / und anmuhtige funkelnde Augẽ / und antwortete endlich mit sanftmühtiger Stimme: Ihr Durchleuchtige Fürsten und hochgepreisete Helden / die ihr der ganzen Weltscheinet zu dienste gebohren seyn; was gebrauchen eure Liebdẽ vor entschuldigung? ja was klagen sie sich einiger undankbarkeit an mit Worten / und erzeigen nicht desto minder in der Taht viel grösseren Dank / da sie gar[392] keinen schuldig sind? Eure Dienste und Woltahten /durch preißwirdige tapfere bestreit- und vertilgung der verschwornen Räuber / dem Römischen Reiche erzeiget / deren auch eurer Liebden Herrn Bruder und Oheim neulich teilhafftig worden sind / haben Ehre und vergeltung verdienet / und zwar ein mehres / als bißher geschehen ist; und dannoch müssen wir uns noch durch schwere lasten / eurer in Asien erstrittenen Schätze überladen lassen / dessen unsere Fr. Mutter und wir / uns nicht unbillich beschweren; welches auff bessere gelegenheit sol ausgesetzet seyn. Die angebohtene Freundschaft und Verbündnis nimt dz Römische Reich willig und mit auffrichtigem Herzen an / erkläret euch / eure Königreiche / Fürstentümer und Herschaften nochmahl vor freie Freunde / und beut euch wieder eure Feinde / die nicht unter Römischen Schuz gehören / Hülffe und beystand an / insonderheit / weil eure Liebden durch Römische heyrahten / wozu wir Glük / Heyl und Segen wünschẽ / ihre Freundes-Gemühter gegen das Römische Reich zur gnüge erscheinen lassen. Wir werdẽ uns aber in dieser unser Beredung unter dem freien Himmel mässigen / und nach Padua uns erheben / das hinterstellige daselbst zuverrichten. Begehrete hierauff / daß unsere Fürsten sich wieder zu Pferde setzen möchten / mit Vorwendung / es unvonnöhten gewest währe / daß sie davon abgestiegen. Ladisla winkete ihren Pferdeknechten /da zween starke Teutschen Herkules Blänken leiteten / der sich überaus unbändig stellete / daß der Käyser fürchtete / er würde seinen Reuter nicht auffsteigen lassen; welcher aber hinzu trat / und ihm einen Streich mit der Geissel über die Lenden gab / welches das Pferd geduldig litte / und sich wie ein Lamb oder Hund von ihm streicheln ließ. Der Käyser fragete Ladisla / was art dieses Pferd währe; dem er zur Antwort gab: Der GroßFürst aus Meden / des gegenwärtigen Fürst Arbianes Herr Vater hätte es eine zeitlang im Stalle gehabt / aber wegen seiner halsstarrigen Unbendigkeit nie gebrauchen können / biß seine Frl. Schwester / dazumahl unter 16 Jahren ihres Alters / es gebendiget und zuerst beritten; nach deren Abschied es vorige Wildheit wieder angenommen / biß sein Bruder Herkules es zum sonderlichen Geschenke von hochgedachtem GroßFürsten bekommen / und es unter dẽ Sattel gebracht / wiewol es noch diese Stunde keinen Menschen / als diese beyden seine ersten Reuter auffsitzen liesse. Der Käyser hörete solches mit Verwunderung an sahe unterdessen fleissig zu wie artig Herkules hinauff sprang; da das Pferd wegen seines ädlen Reuters mit solchẽ Stolze die Füsse warff /sich richtete / und zierliche Sprünge verrichtete / an denen doch das allergeringste nicht zutadeln wahr. Es wolten zwar unsere Helden hinter dem Käyser herreiten / aber sie musten ihm zur Seite bleiben / und ihn zwischen sich nehmen / und folgeten die drey Fürsten allernähest nach / da es allerhand freundliche Gespräch unter ihnen gab / und ihnen der Käyser sein Verlangen nach ihrer Kundschafft wissen ließ / mit dem erbieten / er wolte ihnen aus seinen Landschafften gerne ein Heer von 50000 und mehr / in Persen zugeschikt haben / da er nur ihre Meynung hätte wissen mögen. Eine halbe Meile von der Stad kahmen die beyden Stathalter / Fabius und Pompejus mit dem treflichsten Paduanischen Adel ihm entgegen / und geleiteten ihn biß vor den neuen Hoff / weil unsere Fürsten ihn umb solche Ehre sehr hart anlagen / und er viel lieber sie alsbald mit sich auff das daselbst in der Stad belegene Käyserliche Schloß geführet hätte. Die GroßFürstin Valiska mit ihrer Fürstlichen Geselschafft / stunden haussen vor des Hofes Tohr in prächtiger [393] Kleidung / den Käyser daselbst zuempfahen / welcher sie ersehend / zu Herkules sagete: Geliebter Herr Bruder / die Götter haben in Warheit Euer Liebe ein wirdiges Gemahl zugeführet; Und als er merkete / daß sie ihm entgegen trat / stieg er vom Pferde / ging zu ihr hin / und empfing sie sehr höflich; Wir erfreuen uns / sagte er / wegen Euer Liebe glüklichen Errettung heissen sie hieselbst freundlich wilkommen / und erbieten uns zu aller angenehmen Freundschafft. Die GroßFürstin neigete sich sehr tieff vor ihm / und antwortete: Eure Käyserl. Hocheit ich unwirdige Dienerin / bedanke mich dieser gar zu hohen Gnade in Untertähnigkeit / verbleibe derselben in Ehren gehorsamste / demütig bittend / dieselbe wollen meinem Bruder / Gemahl und Oheimben mit Käyserl. Hulde allezeit gewogen verbleiben. Der Käyser erboht sich abermahl zu aller brüderlichen Freundschafft / und geleitete die GroßFürstin in den Hoff auff den grossen GastSaal / dem Herkules mit Frau Sophien / Ladisla mit Fr. Lukrezien / und Baldrich mit Fr. Sibyllen folgeten. Jedoch baht das Fürstliche Frauenzimmer umb gnädigsten Urlaub / wieder hinunter zutreten / und die Käyserliche Fr. Mutter zuempfahen / welches er auff vielfältiges anhalten ihnen endlich erläubete. Diese ansehnliche Frau hatte sich über Herkules höchlich verwundert / und in offenem Felde ihn zu aller gnüge beschauet; aber da sie die GroßFürstin sahe / fing sie zu ihrem Frauenzimmer an: Ich habe nimmermehr gegläubet / daß solche Volkommenheit unter der Sonnen anzutreffen währe / und ist das gröste Wunder / daß dieser Schönheit eine so ungläubliche Herzhafftigkeit und Liebe zu den Waffen beywohnet. Sie stieg ab von ihrer Gutsche / und ging ihr entgegen / da die GroßFürstin sie mit dieser Rede empfing: Großmächtige Frau / gnädigste Fr. Mutter; Woher hat ihre unwirdige Dienerin diese hohe Gnade verdienet / daß von ihrer Vortrefligkeit sie dieses Orts besuchet wird? viel billicher hätte mir gebühren wollen / Ihrer Hocheit zu Rom auffzuwarten / und daselbst zu ihrem Dienste mich einzustellen; weil aber meiner gnädigsten Fr. Mutter es gefallen / der angesezten Hochzeit mit ihrer höchstansehnlichen Gegenwart / die treflichste Zierde zuerteilen / bedanken wir anwesende uns davor untertähnig / mit demühtiger Bitte / dieselbe wolle uns kühnlich anbefehlen /worin unsere Dienste können angenehm und behäglich seyn. Durchleuchtigste GroßFürstin / antwortete Fr. Mammea / ich habe nie längere Zeit / als auff dieser Reise zwischen Rom und Padua gehabt / wegen des grossen verlangens / welches nach ihrer Liebe Kundschafft mich hat sehnen gemacht / erfreue mich sehr / daß ich ihr Angesicht gegenwärtig sehe; bedanke mich wegen gar zu grosser übermachten Geschenken / deren ich mit gutem fuge mich zubeschweren hätte / und erbiete mich zu allen möglichen und mütterlichen LiebeDiensten / höchlich bittend / Ihre Liebe wollen hinfort mit dergleichen gar zu niderträchtigen Bezeigungen mich nicht mehr beschimpffen / dafern sie mir sonst nicht verargen wil / daß ich ihr den lieben TochterNahmen gebe. Umfing sie hierauff gar freundlich / wie imgleichen die übrigen drey Fürstinnen / und ging mit ihnen auff den Saal / woselbst der Käyser ihr Sohn sich mit den Fürsten besprachete /von denen sie daselbst sehr höflich empfangen ward. Fürst Siegward und der junge Fabius empfingen die übrigen Römische Herren; der erste wahr M. Klodius Pupienus Maximus / dazumahl sitzender Bürgemeister zu Rom; der ander Herr Kassius Dio / Römischer FeldHerr. Ihm folgete Herr M. Fabius / welcher Siegwarden von dem jungen Fabius gezeiget ward; daher diese [394] beyden sich väter- und kindlich empfingen / und einer an dem andern gutes genügen hatten. Nach ihm kam Herr Aquilius / Frl. Virginien Vater / ein mächtiger Römer / und nach ihm noch 16 andere Römische Herren / unter denen auch Zinna / Herkules ehmahliger Herr wahr. Zulezt kahmen Klodius Schwäger mit Markus / und endlich Sabinus mit Galehn / welche beyde / Herkules und Ladisla Bildnissen am Halse trugen / die ihnẽ neulich geschicket wahren. Hierauff folgete das Römische Frauenzimmer; die Fräulein zuerst / unter denen Frl. Kordula / des Römischen Bürgemeisters Pupienus Tochter / und Frl. Virginia / H. Aquilius Tochter den Vorgang hatten; hernach Frl. Felizitas / des anwesenden Herrn Lollianus Tochter /und Frl. Benigna / des jungen Sulpitius Braut; nach ihnen noch 14 hochädle Römische Fräulein / unter denen auch Frl. Zezilia / Herrn Zinna Tochter wahr. Hinter ihnen her gingen die Römische Frauen / unter welchen die dritte Fr. Plazida wahr / Herr M. Fabius Gemahl / die mit ihrem lieben SchwiegerSohn unter dem empfangen auch die erste Kundschafft machete. Sonsten ward dieses sämtliche Frauenzimmer auff dem Saal von unsern Fürstinnen auffs neue gewilko et / da Sibylla von ihrer Mutter mit Freuden Trähnen umfangen ward. Noch ehe man sich zum essen setzete / begab sichs / dz Herr Dio mit Ladisla zum absonderlichen Gespräche kam / welcher zu ihm sagete: Hochwerter Herr / Euer Liebe Diener / der ehmalige Winnibald / erinnert sich billich der hohen Befoderung ihm in Erlösung seines lieben Freundes des Oedemeiers erzeiget / und verpflichtet sich zu ihrer Liebe angenehmen freundschafft. Dio sahe ihn an / erkennete auff solche Erinnerung ihn alsbald / und fing an: Wie dann / Großmächtiger König / ist dann Eure Hocheit selbst der Manfeste Ritter und Sieger Winnibald / dem auch unter diesem Nahmen das Römische Reich / wegen Erlegung des Pannonischen Trotzers schuldig ist? gewißlich hat Eure Durchl. ihr selbst groß unrecht getahn / daß dieselbe ihren Königlichẽ Stand uns allen verborgen gehalten / uñ von einem schlechten Reuter Häuptman sich befehlichen lassen. Ladisla gab zur Antwort; seines liebsten Freundes Oedemeiers / gegenwärtiges GroßFürsten Herkules damahliger knechtischer Zustand hätte es nicht anders leiden wollen. Der Käyser hörete diese Reden / und gewan Lust / es ausführlich zuvernehmen; weil aber die Tische mit Speise schon besetzet wahren / machte man sich hinzu / so daß bey dem ersten niemand als Fr. Mammea / Valiska / Sophia / der Käyser / Herkules / Ladisla / Bürgemeister Pupienus / und der Feld Herr Dio gesetzet wurden. Den andern nahmen Lukrezie und ihre Mutter; Sibylla und ihre Mutter; Baldrich und Siegward mit ihren SchwiegerVätern ein. Bey dem dritten funden sich Arbianes und Kordula; Skaurus und Helena; Pupienus und Virginia; der junge Fabius und Fr. Ursula. Darauff folgeten vier lange Tische / deren zween mit Frauenzimmer / und zween mit Herren besetzet wurden. Bey den übrigen Tischen ward keine sonderliche Ordnung in acht genommen. Vor dem obersten Tische warteten Klodius und Leches nebest Euphrosynen und Agathen auff /und hatten Böhmische ädelknaben hinter sich stehẽ /welche das Geschir von ihnen nahmen. Zeitwehrender Mahlzeit erschallete allerhand Seitenspiel; da etliche wol abgerichtete Knaben mit drein sungen. Nach abgetragenen Speisen hielt Herr Pompejus eine trefliche Rede an Käyserl. Hocheit / und deren Frau Mutter / in welcher er sich vor ihre allergnädigste Gegenwart im Nahmen der jungen Eheleute [395] und sämtlichen Anverwanten untertähnigst bedankete; wie imgleichen hernach M. Fabius an die Römische und andere anwesende Herren und Frauenzimmer ein gleiches verrichtete; Nach dessen Endigung die GroßFürstin dem Käyser Fürstin Lukrezien zuführete / den ersten EhrenTanz mit ihr zuhalten; wobey der Käyser ihr eine freye Bitte gab; worzu nach geschehener Danksagung / sie 24 Stunden Bedenkzeit baht. Den andern Tanz hielt Herkules mit Sibyllen; den dritten Ladisla mit Helenen; den vierden Baldrich mit Frl. Kordula; den fünfften Siegward mit Frl. Virginia; den sechsten Skaurus mit Frl. Luzilla Atenoria; den siebenden der junge Pupienus mit Frl. Felizitas; den achten Sulpitius mit seiner Benigna. Es wahr aber Kordula mit einem Römischen Ritter / nahmens M. Zelius Balbinus / des Römischen Bürgemeisters / D. Zelius Balbinus Bruder ehelich versprochen / welcher erst folgendes Tages sich einstellete / und ritte Prokulus der Römer in seiner Geselschafft unerbehten mit / des Vorsatzes / sich an Baldrich und Siegward zurächen /daß sie ihm die beiden Fräulein so stilschweigens vor der Nase / wie er vorgab / hinweg gefreiet hätten /deren eine nach freier Wahl er gesinnet gewesen zu heyrahten. Unter dem Tanzen saß der Käyser bey Ladisla / und hatten ihre Unterredung von Herkules / insonderheit von seiner Knechtschafft zu Rom / da der Käyser sich nicht müde hören kunte / dann er wahr unserm Herkules dermassen gewogen / daß er mit den Gedanken umging / ihn vor einen Neben-Käyser zuerklären / welches er ihm noch desselben Abends durch den Stathalter zu Padua antragen ließ; Er aber lehnete solches demütig ab / vorgebend / er befünde solche Wirdigkeit und Vermögen bey ihm gar nicht / hätte auch kein belieben einige Herschafft anzutreten / sondern / wo möglich / sein Leben in stiller Ruhe zuzubringen; dessen der Käyser sich zum höchsten verwunderte. Fürstin Sibylla wahr diesen Abend sehr bemühet / wie sie ihrem Oheim Pupienus Frl. Virginien guten Willen erwürbe / führete ihr sein trefliches Herkommen / adeliche Sitten / hochberümte Tapfferkeit und grossen Reichtuhm zu gemühte / beklagete sein Elend / in welchem er wegen ihrer Härtigkeit sein Leben führete / rühmete seine geträue Liebe gegen sie / uñ baht durch ihre Schwesterliche Vertrauligkeit /ihm die wolwirdige Gunst mitzuteilen. Das Fräulein gab ihr alles gerne nach / ohn das lezte / sagte sie /währe ihr ungläublich / daß er einige Liebe zu ihr tragen solte / nachdem alle mahl / wann er mit ihr redete / seine Worte so kalt und unzierlich sich vermerken liessen / als ob er mit einer unwertẽ sprachete / oder auff eine andere gedächte. Ach herzliebe Schwester /antwortete sie / wie fälschlich urteilestu von der Liebe; massen eben diese ungereimete Reden vielmehr sein verliebetes Herz als abgekehreten Siñ anzeigen / wie ich an meinem herzgeliebeten Gemahl mehr als einmahl erfahren habe; vornehmlich / ehe und bevor er meiner Gegenliebe völlig versichert wahr. Erzählete hiemit / wie schwermühtig er diese Tage zugebracht / und alle lustige Kurzweile gemieden / auch im Baumgarten hin und wieder an die jungen Bäume den Nahmen Virginia mit verdecketen Zügen eingeschnitten / und manniches Geticht ihr zuehren und Liebe auffgesetzet hätte; dessen ich dir /sagte sie / einen guten Beweißtuhm auffzulegen habe /weil ich deren unterschiedliche ihm heimlich abgenommen / und wo mir recht ist / noch eines bey mir habe / welches ich gestern Abend auff seinem Gemache fand; zohe hiemit dasselbe hervor / und gabs ihr zulesen / dessen Inhalt dieser wahr:


[396]

Virginia! O mässiget die Strahlen /

Den hellen Glanz / dem keiner sonstẽ gleicht;

Vor welchem selbst des Himmels Schein erbleicht /

Wie feurig ihn gleich Sonn und Sternen mahlẽ.

Ich muß ohndas den Frevel teur bezahlen /

Den Frevel / der verwägen nach euch streicht /

Und dannoch als unwirdig sich verkreucht /


Wie hoch er bey sich selber auch mag pralen.

Ach ädles Bild / wie offters nam ich mir

Die Kühnheit / euch mein Leid zuklagen / für;

Und habe doch vor Furcht und scheuh nicht können

Ein einzig Wort aus meines Herzen Schrein

Loßdrücken / dann die klaren Augelein

Verblenden mir Vernunfft und alle Sinnen / etc.


Nach Verlesung sagte sie: Ach meine HerzenSchwester / es ist gewißlich eine andere Virginia als ich /deren Augen er alhie so heftig anklagete; dann versichere dich / daß ich ihm die meinen niemahls recht gegeben / sondern sie allezeit niedergeschlagen /wann er mit mir gesprachet hat. Nicht also meine Schwester / antwortete Sibylla / rede nicht so verächtlich von diesem vornehmen Herrn; es verdienet solches weder sein Adel / nach welchem er dir gleich ist /noch sein aufrichtiges Gemüht / welches ihn dir ganz unterwirffet; und kan ich wol schwören / dz so ein hartverliebeter mir zeit meines lebens nit vorkommen ist. Schaue doch / bitte ich / wie er dorten sitzet / uñ sich mit Grillen schläget / da er vor diesem ein so freier lustiger Mensch wahr / der ganze Geselchaften frölich machen kunte. Verzeihe mir Frau Schwester /gab sie zur Wiederantwort / da meine Worte zu weit gangen sind; die warheit aber ohn Scherz zu reden /kan ich die Einbildung nicht fassen / daß er auf mich solte ein sonderliches absehen haben; aber das weiß ich wol / daß vor diesem das gute Fräulein Perilla seinet wegen manniche heisse Trähnen vergossen / und ihn doch zu keiner Liebe hat bewägen können / biß sie endlich des bittern Todes drüber seyn müssen. Hierumb habe ich gute Wissenschaft / sagte Sibylla /aber wie kanstu / geliebete Schwester / ihm solches so verkehrt auslegen / da er bloß umb deiner Liebe willen dieses Fräulein verachtet hat? Vielmehr soltestu daher ein unfehlbares Kennezeichen seiner aufrichtigen Träue nehmen / und ihm solches hinwiederumb geniessen lassen. Fr. Schwester / antwortete sie / es hätte Herr Pupienus einẽ bessern Vorsprach in ganz Rom nicht angetroffen / als eben dich / so dz ich fast zweifeln muß / ob ich dir auch meines Herzen Gedanken offenbahren darf. Zweifelstu an meiner Träue /sagte Sibylla / so handelstu wider Schwesterliche Aufrichtigkeit; Was bißher ich vorgebracht / ist nicht mehr ihm als dir zum besten geschehen; dann wer ist in Rom deiner mehr wirdig / als eben Herr Pupienus? daher ich nicht absehen kan / auß was ursachen du ihm so gar ungnädig bist. Die Ursach kan ich dir leicht sagen / antwortete sie: Ich habe mich berichten lassen / er habe anfangs das gute Frl. Perilla mit süssen Worten zu seiner Liebe gereizet / und sie hernach gehasset / da sie sich nach seinen Willen nicht hat wollen auffs Eyß leiten lassen. Daß mirs nun nicht eben also wiederfahre / habe ich vor sicherer gehalten / ihn zu meiden / als mich in Gefahr zu setzen / dann du weist / wie leicht zu Rom ein Fräulein antüchtig werden kan. Wie aber? sagte Sibylla / wann ich meinen Glauben vor ihn setze / nit allein / daß er dir nimmermehr unträu werden sol / sondern auch / daß er mit dergleichen gedanken niemahls umgangen ist; Ja versichere dich / HerzenSchwester / daß ich ihn viel zu scharf auf die bewehrung gesetzet habe / in dem ich ihm zu unterschiedenen mahlen die trefflichsten Fräulein vorgeschlagen / aber mit so grossem seinen Unwillen / daß er daher meines Gesprächs sich zuentäussern angefangen; sagte mir auch dürre in die Augen / eine einzige nur lebete in seinem Herzen / die übrigen währen ihm alle tod. Solches betrachte doch /[397] bitte ich freundlich / uñ lasse ihn meiner Vorbitte geniessen. Das Fräulein lächelte hierauf / und antwortete: Ich gläube schier / Herzen Fr. Schwester / du dürfftest mich gar bereden wollen / daß ich hin zu ihm lieffe / und ihm meine Liebe und Hulde anböte; hastu es dañ mit deinem Fürsten auch so gemacht / so muß das Paduanische Brod dein Gemüht gar verendert /und auß einer schamhaften die allerverwägenste gemacht haben. Uber das kan ich ja Herrn Pupienus nicht ins Herz sehen / oder aus seinem stilleschweigen vernehmen / wie er mir gewogen sey; befinde ich aber dereins seine Anwerbung also beschaffen / daß ich verwahret bin / werde ich wissen mich zu erklären /daß du mit mir guten Frieden haben solt; dann meine Eltern haben mir freie Wahl gegeben / einen Bräutigam zukiesen / und weiß schon wol / daß ihnen keiner so angenehm / als eben dieser sein würde. Hieraus vernam Sibylla / daß das Herz schon gewonnen wahr / baht demnach / sie möchte bey diesem Vorsaz bestendig bleiben; es würde Pupienus / dafern er Ehrerbietung halben nur könte / sein ganzes Herz vor ihr außschütten. Sie suchete darauf gelegenheit / mit ihm zureden / und erinnerte ihn / wie sehr er geirret hätte /in dem er ihm so wiedrige Gedanken von dem Fräulein eingebildet; der ganze mangel läge an ihm selbst /weil er gar zu blöde mit ihr ümgangen / und sich gar zu sehr gedemütiget hätte; solte demnach mit vernünftiger und bescheidener Herzhaftigkeit sich zu ihr machen / und am glüklichen Fortgange nicht zweifen. Pupienus ging auf solche Rede in sich selber / erkennete den Sachen zu wenig und zu viel getahn haben /und bedachte sich in kurzer frist / was gestalt er forthin sich verhalten wolte. Hierzu ward ihm nun gute anlaß an die Hand gegeben / dann Fr. Sophia foderte ihn auff mit dem Fräulein zu tanzen / welches er sehr wol verrichtete / nachgehends sie wieder an ihren Ort führete / und sich / weil Raum gnug da wahr / zu ihr niedersetzete / suchete auch gelegenheit / auff seine Liebe zukommen / wozu sie selbst ihm gute Anleitung gab / indem sie ihn fragete / wie ihm die Paduanischen Fräulein gefielen / welche ihrer Urtel nach /den Römerinnen in vielen stücken es zuvor tähten; und ob er seinem Oheim Herrn Skaurus nicht folgen wolte / dem / wie der Ausgang bezeugete / kein Römisches Fräulein gut gnug gewesen / und daher seine Liebe bey dem vortreflichen Fräulein / Frl. Helenẽ nidergelassen hätte / als welcher / müste sie gestehẽ /nicht bald eine Römerin an Schönheit uñ höflichen geberden gleich wäre. Pupienus antwortete ihr: Hochgebornes Fräulein / ich habe mich wegen meines Oheims Skaurus umb zweyerley hoch zuverwundern; als vor erst um seine schleunige Erklärung / dz / da er nie der Liebe sich angeno en / er so geschwinde uñ in eines Tagesfrist sich seinẽ Fräulein ergebẽ hat. Virginia fiel ihm in die Rede / und antwortete; Solches währe höchlich an ihm zu loben / massen ihrer viel etliche Jahr lang mit der Wahl zubrächten / und dannoch unter tausenden ihnen nicht eine gerecht währe; diese / sagte sie / ist ihnen zu lang; jene zu kurz; diese zu feist; jene zu mager; diese zu roht / jene zu bleich; diese zu freundlich / jene zu saur; diese lachet zu viel / jene mutzet zu sehr; ja es mags leicht ein Härlein an ihr versehen / welches sie der Liebe unwert machet; aber diese Wahl-Hansen trift doch zu lezt die bahre bezahlung / daß sie dem Glüke noch darzu danken /wann sich eine über sie erbarmet / und die eheliche Liebe ihnen nit versaget. Seid aber gebehten / Herr Pupienus / sagte sie / und lasset mich das andere auch wissen / dessen ihr euch wegen Herr Skaurus so hoch verwundert. Gar willig mein Fräulein / antwortete er; nur daß ich zuvor ihre Urtel bestätige / und allen solchen Wählern das [398] zeitliche und ewige Ach und Weh wünsche. Was ich nun weiter an meinem Oheim in verwunderung zihe / ist noch das vornehmste / nehmlich die unbegreifliche Glükseligkeit / die in dem heyrahten ihm zugestossen; gestaltsam sein ansuchen so schleunig stat gefunden / daß wie er des späten Abends umb Liebe anhielt / er des folgenden Tages des Beylagers gewehret ward. Solches hat sein geträues Herz verdienet / antwortete sie; dann wie hätte sein Fräulein ehrenhalben anders gekunt / als einem solchen auffrichtigen Liebhaber sich gerne zu gönnen / deren es in der Welt zu dieser Zeit sehr wenig gibt; ja sie sind ohnzweifel selzamer als die Feurrohte Schwanen und graßgrüne Raben. Pupienus ließ über solche Reden einen tieffen Seufzer aus / und sagete: O ihr Götter! wie fähret das Glük auff dieser Welt so gar wunderlich! Skaurus muß vor einen volkommenen Liebhaber ausgeruffen werden / und hat seinem Fräulein seine Liebe zu offenbahren kaum Zeit gehabt /ehe er ins Ehebette getreten ist. Hingegen / wie mannichen vergeblichen gang habe ich unseliger tuhn müssen / und nicht eins einen gütigen Anblik erhalten können. Ich weiß nicht / mein Fräulein / warumb dieselbe ihres ergebenen Dieners bißher so wenig geachtet / oder nur nicht wahrgenommen hat / welcher doch bereit und willig ist / ihretwegen den Tod mit frölichem Herzen anzutreten. Zwar seine unwirdigkeit ist ihm wol bewust / aber wo wil dann mein Fräulein noch endlich denselben antreffen / der sich ihrer wirdig schätzen darf? ich sage noch mehr / und kan bey meinen ritterlichen ehren dartuhn / daß nie keines Menschen Liebe mein Herz berühret / ich geschweige / beherschet hat / als deren ich mich einmahl ergeben. Kan nun deren zuneigung von mir durchaus nicht gewonnen werden / so wil und muß ich auch zufrieden seyn; nur ist auff solchen Fall mein einiger Wunsch /daß sie mir eine schleunige Urtel sprechen wolle /damit ich wisse / ob hinfüro das Leben oder der Tod mich beherschen sol. Erhöret solches / bitte ich / mein Fräulein / und gebet nicht zu / daß ein Knecht deßwegen sterben muß / daß er seinem Herrn gar zu träulich gedienet hat. Hiemit schwieg er / und sahe sie inniglich an / daß sie seine Stralen nicht ertragen kunte /daher sie anfangs zu ihm sagete: Ich bitte euch / Herr Pupienus / mässiget euch in anschauung meines blöden Angesichts / damit die Anwesenden nicht gereizet werden / nur allein nach uns umzusehen. Eure beschwerung betreffend / weis ich solche nicht zubeantworten / weil dieselbe mir Bömische Dörffer sind / und mir dieses Fräulein ganz unbekant ist /deren unbarmherzigkeit ihr so heftig anklaget. Solte ich aber meine meynung anzuzeigen Freyheit haben /halte ich davor / Frl. Perilla suche ihre billiche Rache / als deren Liebe ihr so gar verschmähet / daß sie den Tod drüber leiden müssen. Dafern nun dem also ist /ey so lasset euch dieses nicht befremdẽ / daß es euch zu Hause gebracht wird; seid aber nicht so einfältig /wie dieses gute Fräulein / sondern gebrauchet euch guter Freunde. Sehet da / ich wil mich gerne bemühen / euren Schaz zubereden / daß sie forthin nicht so stränge mit euch verfahren / noch Frl. Perillẽ Tod råchen sol. Der gute Pupienus meinete nicht anders / als sein Herz müste ihm wegen solcher Rede zuspringen /lies etliche tieffe Seuffzer / und sagete: O so sey es dem Himmel geklaget / daß wegen meiner auffrichtigen Träue ich heut muß gerechtfertiget werden. Gläubet mir doch / mein Fräulein / daß kein Ding in der Welt meine Liebe zu Perillen gehindert hat / als daß mein Herz ich schon einer andern geschenket / und darüber durchaus nichts mehr zubefehlen hatte / so gar / daß wann 100000 Perillen gewesen währen /und hätten [399] mich in 1000000 Stücke zerleget / würde doch ihrer keine ein Sonnen Stäublein davon zu ihrer Liebe erhalten haben / nachdem ich mit Leib und Seel einem Fräulein ergeben bin / die ich ungleich höher /als hundert tausend Perillen schätze; ja bey der ich viellieber Tod als bey jener lebendig zu seyn begehre. So verzeihet mir nun / mein Fräulein / daß ich der Perillen / wann sie neigung zu mir solte getragen haben /nicht gehorsamen / noch ein gleiches darbieten können / weil einer viel grösseren Gewalt ich mich schon unterworffen hatte / und derselben zuwiederstehen /viel zu schwach und unvermögen wahr / die ich dannoch lieber / als einiges in der Welt über mich genommen / welches mich dann nit gereuen sol / ob ich gleich gar darunter ersticken müste. Ich weis dieses nicht zubeantworten / sagte Virginia / weil solches /dermassen bey euch gültige Fräulein mir gar unbekant ist / ich auch von solcher begebenheit allerdinge unberichtet bin / wie mir dann nicht geziemet nach der verliebeten Zustande zu forschen / und daher nicht weis / ob dieses Fräulein euch trost und vergnügung ab- oder zugesaget habe. Pupienus / auff Sibyllen Rede sich steurend / wolte nicht länger unterm Hütlein spielen / und fuhr also fort: Hochwertes Fräulein; ich ihr geträuester Diener bitte von grund meiner Seele / sie wolle doch dereins die auffrichtigkeit ihres ganz ergebenen Pupienus erkennen / welche er zu ihrer vortrefligkeit bißher ohn einiges wanken getragen. Und warumb verstellet sie mir ihre wissenschaft so gar / als ob sie davon biß an diese Stunde keine nachricht hätte? gläubet doch / auserwählete Seele /daß sie / ja allein sie / in mein Herz geheftet ist /deren allergeringstes Häärlein der jezgedachten Perillen kein einiges stellichen hat einräumen können oder wollen / obs gleich ohn ihrer Liebe bewust oder einwilligung solte geschehen seyn. O viel zu ein stumpfer Stachel ist Perilla / daß derselbe den teuren und werten Nahmen Virginia aus meiner Seele kratzen solte. Ist es nun möglich / auserwähltes Fräulein / daß mit ihrem guten Willen dieser süsse Nahme in meinem herzen wohnen kan / ey so erfreuet und vergnüget doch endlich euren ergebenen Diener mit so angenehmer Zeittung. Wo nicht / so lasset ihn doch auffs wenigste eure unüberwindliche ungewogenheit anhören /auff daß er daraus das Werkzeug hervor suche / welches den gar zu grossen Frevel abstraffe / der mein Herz so verwägen gemacht hat / sich zur Wohnung deren zubereiten / die nach ihrer wirdigkeit zuurteilen / viel ein wirdigers verdienet uñ heischet. Scheuhet euch nur nicht / mich alsdann die Urtel hören zulassen / die ich weder vor unrecht erkennen / noch ihr mich entzihen wil. Als er diese Rede geendiget / und das Fräulein sich in ihrem Herzen schon erkläret hatte /wie sie diese Werbung beantworten wolte / kam Sibylla darzu / und fragete / was ihres langweiligen /ihrem bedünken nach / schwermühtigen Gesprächs Inhalt doch währe. Worauff das Fräulein zur Antwort gab: Herzgeliebete Fr. Schwester; du weist / wie vertraulich wir von Kindesbeinen auff miteinander umbgangẽ sind / und ich nichts unter meinem Herzen haben können / daß dir hätte müssen verschwiegen bleiben; warumb solte ich dann einiges Gespräch mit diesem oder jenem halten / davon ich dich ausschliessen könte? viel weniger werde ich unser leichten beredung / in welchem nur kurzweilige Auffzüge enthalten sind / das allergeringste verbergen? und weil dich gelüstet es zu wissen / so hat Herr Pupienus dein Oheim mich anjezt mit einem Römischen Herrn geschossen / da ich ihm dann mit etwa einem Paduanischen Fräulein wieder zutreffen / mich [400] unterstehen wil; wuste es aber nicht gewünschter auszuführen /als wann du mir dieselbe zeigen woltest / mit welcher seine Liebe diese Zeit über / die langeweile hingebracht hat; und wird ja dieselbe ohn allen zweiffel hieselbst ihm zugefallen eingeladen und erschienen seyn / ob er gleich umb verdacht zu meiden / sich ihr nicht nahen wil. Die unbetriegliche Sibylla hielt dieses vor wahr / und schickete sich schon / ihren Oheim zuentschuldigen / ward aber von Fr. Sophien abgefodert / nach ihrer Fr. Mutter zukommen / die auff der Steige ohngefehr einen Fuß verrenket hatte / welcher ihr doch bald wieder eingerichtet ward / wiewol sie noch grosse schmerzen daran empfand. So wolte nun Virginia dem hülfbegierigen Pupienus den Trost länger nicht versagen / uñ gab ihm diese Antwort: Mein Herr / sagte sie / ich schätze mich unwirdig der Ehren / die in seiner / wie ich hoffe / ehrliebenden Anwerbung er mir zugeleget / bin auch zu diesem unverantwortlichen Stolze von meinen lieben Eltern nicht angewiesen / daß ich hohen Römischen Herrn ohn einrede / sich vor meine Diener anzugeben / gönnen oder zulassen solte. Eurer Liebe hoher Adel und beschriehene Tugend ist mir ja nicht unbekant / und daß er in beyden / keinem Römer bevor gibt; so vernehme ich nun meines Herrn begehren an mich / wie auch sein getahnes erbieten / zu aller auffrichtigen geträuen Liebe / welchem mit hochmühtigem Undank zubegegnen ich keine Ursach habe / viel weniger daß ich mich unterstehen solte / ihm eine oder andere eingeführete Urtel zusprechen / nachdemmahl ich über ihn nicht zugebieten habe. Hat nun die gute Perilla meinetwegen / wie ich anjezt vernehme / umbsonst lieben / und daß mehr ist / sterben müssen / ist mir zwar von herzen leid / jedoch eurer Liebe zuvergelten / daß sie mich unwirdige allen anderen vorzeuhet / achte ich mich schuldig / und gebe demnach eurer Liebe volkommene Gewalt / mit meinen lieben Eltern deßwegen zu handeln / was vor mein Häupt ich biß an derselben einwilligung annehme / unter der gebührlichen Danksagung / daß eure Liebe mich vor andere hat zu seinem künftigen Gemahl wählen und erkiesen wollen; gelebe auch der Hoffnung / dieselbe werde hinfort sich über meine härtigkeit zubeklagen auffhören / auch ein weiteres an mich nicht begehren / inbetrachtung / daß ich ein Fräulein / und dem Willen und Geboht meiner lieben Eltern unterworffen bin. O wie eine unversehene Freude entstund hiedurch in dem Herzen dieses Verliebeten. Er hätte ihr gerne die Hände zur Dankbarkeit geküsset / aber wegen der Anwesenden muste er einhalten / entschuldigte sich demnach bey ihr / daß ihm die Gelegenheit benommen währe / sein dankbahres und mit freuden angefülletes Herz sehen zu lassen; versprach ihr auffs neue alle auffrichtige Liebe biß an sein Ende / und brachte ihr unvermerket ein Ringelein an ihren Finger / welchen zubehalten sie sich doch wegerte / mit höflicher Zucht einwendend / sie hätte fast schon über Jungfräuliche Gebühr sich heraus gelassen / und müste ihre Beruffung auf ihre Eltern nur ein lehrer Schein seyn / wann sie durch Ringe-nehmen sich ihm ganz verpflichtet machete; wil aber mein Herr sein Vorhaben beschleunigen / sagte sie / kan er leicht Gelegenheit finden /meinen Herr Vater deswegen anzureden / dessen Erklärung mich diesen Ring entweder zunehmen oder auszuschlagen heissen wird. Der gute Pupienus baht seiner Unbedachtsamkeit Verzeihung / wolte in so gutem Anfange keine Zeit verspillen / und suchete Gelegenheit / mit Herrn Aquilius zureden. Sein guter vertraueter Freund Skaurus wuste sein anliegen sehr wol / und trug Mitleiden mit ihm / weil er sich befürchtete / es möchte endlich seine gar zu [401] hefftige Liebes-Einbildung zur Vernunfft-losen Raserey ausschlagen; welchem übel vorzubauen er gleich diese Stunde ihm vorgenommen hatte / wo möglich / die Heyraht bey der Fräulein Eltern zubefodern / redete damnach mit Herr Aquilius auff diese weise: Es fünde ein vornehmer tapfferer Römischer Herr / sehr hohes Adels und grosser Güter / sich gegen seine Frl. Tochter in allen Ehren auffs hefftigste verliebet / so gar / daß /wo ihm diese Heyraht nicht gelingen würde / derselbe in Lebensgefahr stünde / wolte demnach vor sein Häupt Herrn Aquilius hiemit freund und gebührlich ersucht haben / daß wann derselbe verliebete sich bey ihm angäbe / er ihm gewierige Antwort wiederfahren lassen möchte / dañ er wolte hieselbst seine Ehre und Redligkeit verbürgen / daß derselbe solcher Gunst und Heiraht wirdig währe. Nun wahr zu Rom ein vornehmer junger Herr / Nahmens Kajus Julius Silanus /dem Aquilius über die masse gewogen wahr / uñ ihn gerne zum Tochter-Mann gehabt hätte / und weil derselbe mit Skaurus zimlich nahe befreundet / stund dieser ganz in den Gedanken er redete von niemand anders / als von diesem; daher er Skaurus diese Antwort gab: Mein Herr und wahrer Freund / weil ich keines weges zweifele / er suche nicht weniger meines lieben Kindes / als seines guten Freundes beste / so wil ich ihm hiemit die Verheissung getahn haben / daß wann derselbe / wer es auch seyn mag / sich gebührlich melden wird / ich mich dergestalt heraus lassen werde / daß er damit wird können friedlich seyn. Gingen hierauff von einander / und wahr Skaurus bedacht /seinem lieben Freunde Pupienus folgenden Morgens die angenehme Zeitung vorzutragen. Derselbe nun geriet bald darauff an Herrn Aquilius / und gab ihm mit ehrerbietigen Worten zu vernehmen / was gestalt seine Seele sich in seine herzgeliebete einzige Frl. Tochter ehrengebührlich verliebet hätte / und sein höchster Wunsch / ja alle seine Glükseligkeit auff dieser Heiraht bestünde / bähte demnach / er wolle ihn wirdigen / vor einen SchwiegerSohn anzunehmen /des wolte er hinwiederumb sich in allem möglichen Gehorsam finden lassen. Herr Aquilius entsetzete sich der ganz unvermuhtlichen Anwerbung / und ob ihm gleich der eingebildete Silanus sehr angenehm wahr /schätzete er doch Pupienus (wie ers auch war) viel höher / so daß ihn der Zusage schon gereuete / welche er Skaurus getahn hatte / und als er so schleunig sich nicht zubesinnen wuste / gab er ihm zur Antwort / er möchte von Herzen wünschen / daß vor einer halben Stunde er diesen seinen Vorsaz gewust hätte / damit er ihn deswegen gebührlich hätte können befriedigen /welches nunmehr schwerlich würde geschehen können nachdem gleich jetzo Herr Skaurus vor einen andern Anwerbung getahn / und das Jawort von ihm erhalten hätte. Dieser meinete solcher Antwort wegen / teils vor betrübniß / teils vor Eifer in die Erde zusinken /nam ihm auch vor / sich an Skaurus zurächẽ / oder darüber zusterben; welches bald ins Werk zurichten /er den jungen Fabius ersuchete / seine / wegen mit Skaurus zureden / und ihm anzumelden / daß weil er ihm durch vorsezliche Ab penstigung dessen / das ihm am liebsten in der Welt währe / gar zu grob beleidiget hätte / müste er solches alsbald durch einen Kampff auff Leib und Leben mit ihm austragẽ. Fabius hörete solches ungerne / und baht / ihm der Sachen etwas bessern Bericht mitzuteilen; kunte aber ein mehres nicht aus ihm kriegen / als daß Skaurus es am besten würde anzeigen können; ging auch hiemit gleich hin zu dem Fräulein / und sagete: Mein allerteurester Lebens- und SeelenSchaz; nachdem das neidische Glük gleich diese Stunde durch [402] Getrieb eines falschen Freundes mich aller Hoffnung / sie von ihren Eltern zuerlangen / entsetzet hat / so wil durch Auffopfferung meines Blutes ich ein unfehlbahres Zeichen meiner unbrüchigen redlichen Träue hinter mir verlassen / welches entweder durch des Verrähters / oder durch mein einiges Schwert muß verrichtet werden /und quälet dieses meine Seele am allerhefftigsten /daß nach meinem Tode ein ander eingeschlichener dessen geniessen sol / wessen er nicht wirdig ist. Das Fräulein entsetzete sich dieser Rede / erhohlete sich doch so best sie kunte / und gab ihm zur Antwort: Mein Herr; er überschnelle sich nit / sondern stelle seine Geister in Ruhe / und versichere sich / daß meine ihm getahne Zusage ich so fest halte / als währe die Heiraht schon volzogen; dafern er mich auch wissen lassen kan / was es eigentlich ist / daß ihn solcher gestalt verwirret / werde ich mich bemühen / sein ungenehmes zuhintertreiben. Ach mein Fräulein / antwortete er / wie kan ich immermehr dieses erbieten und ihre Redligkeit vergelten / deren ich nicht wirdig bin? Zeigete ihr hierauff ihres Vaters Rede an / worüber sie sich dergestalt bewägete / daß sie sich nicht enthalten kunte also zuantworten. Ich hoffe ja nicht /daß mein Vater durch ZauberKunst eingenommen sey / mich / bloß auff Skaurus ansuchen / wider meinen Willen zuversprechen. Seyd ihr aber getrost mein Herr / und zugleich versichert / daß ich eurer geträuen Liebe die schuldige Vergeltung leisten wil / solte gleich mein Herr Vater zu einem andern Vornehmen /welches ich doch schwerlich gläuben kan / verleitet seyn / dann ich verlasse mich in diesem Stük auff meiner gnädigsten Frauen Fr. Ma een Hulde / welche an mir keinen Zwang wird verüben lassen / wann gleich 20 Skaurussen darhinter stecketen. Werdet ihr mir nun versprechen / ruhig zuseyn und vor meiner Wiederkunfft nichts tähtliches vorzunehmen / wil ich gleich hingehen / und meines Vaters Vorhaben eigentlich ausforschen. Der junge Fabius wolte die Ausfoderung an Skaurus so bald nicht gelangẽ lassen / ging aber doch zu ihm / und suchte Gelegenheit nachzufragen / ob er mit Herr Pupienus in Unwillen gerahten währe / wie man ihm solches gleich jezt hätte wollen einbilden. Welches er mit einem lachen beantwortete: Ihre Freundschafft währe fester gegründet / als daß sie könte getrennet werden. Wie aber / sagte Fabius /wann etwa LügenMäuler euch suchten aneinander zuhetzen? Die müsten drüber zu schanden werden / antwortete er. Wol wol / mein Bruder / sagte Fabius / so vernehme ich schon / daß er an aller Beleidigung seines Freundes unschuldig ist / die ihm etwa mag eingebildet seyn / und bitte sehr / er wolte sich nichts irren lassen / ob Herr Pupienus aus Unwissenheit einigẽ Zorn würde merken lassen. Skaurus erschrak dessen /und baht ihn / sich nach Gewißheit zubemühen /damit allerhand Ungelegenheit vermieden würde. Als das Fräulein ihrem Vater durch ihre Leibdienerin sagen ließ / sie hätte nohtwendig mit ihm zureden /kam er alsbald zu ihr in ein NebenGemach / dahin sie Fürstin Sibyllen mit sich geführet hatte / und trug dem Vater ohn alle furchtsame Bezeigung dieses vor: Geliebter Herr und Vater / ob ich gleich schuldig bin /euch allen kindlichen Gehorsam zuerzeigen / so wil euch doch nicht geziemen / meine Wolfahrt und Freiheit in Skaurus Hände zustellen / worzu ich denselben viel zu wenig schätze; solte euch aber einige Neigung darzu verleittet haben / so beruffe ich mich auff meine gnädigste Frau Mutter / Fr. Mammeen; welche meine freiheit gebührlich schützen und handhaben wird. Der Vater hätte sie gerne mit harten Worten angegriffen /aber der Käyserlichen Frau [403] Mutter Gewalt und bekanter harte Zorn schreckete ihn abe / daß er sich eines andern bedachte / und ihr zur Antwort gab: Mein Kind / was ich getahn habe / ist zu deinem besten geschehen / kanstu nun solches nicht erkennen / und wilt dich meiner väterlichen Gewalt entzihen / muß ichs dahin lassen gestellet seyn / wiewol ich ein solches umb dich nicht verschuldet habe. Herzlieber Herr und Vater / antwortete sie; ich unterwerffe mich euremGehorsam / in aller Mögligkeit / aber dem stolzen Skaurus meine freiheit zuübergebe / ist mir ungleich beschwerlicher als der Tod. Ich bitte aber kindlich /mir zuoffenbahren / was vor einen Gemahl mir derselbe zugedacht habe. Hier stutzete ihr Vater / und antwortete: Die reine Warheit zusagen / hat er mir denselben nicht genennet / jedoch mir denselben also beschrieben / dz ich gänzlich muhtmasse / er habe alles sein absehen auf den jungen Herrn Silanus. Das Fräulein stund und sahe Sibyllen starre an / welche gleich muhtmassete / sie würde mit Pupienus ihres Dinges schon eins worden seyn; mischete sich deswegen mit in ihr Gespräch / und sagte zu Aquilius: Mein Herr Vetter / es ist zumahl kühn gehandelt (verzeihet mir diese meine Kühnheit) eine Tochter / ja seine eigene wolgerahtene zuversprechen / ehe der Freyer genennet wird. Das Fräulein fing hierauff an zuweinen / und sagte:Mein Herr Vater / seyd ihr meiner dann so müde und überdrüssig / so hättet ihr michs billich wissen lassen / als dann wolte ich diese Reise wol gesparet haben. Ey was könte es schaden / sagte Sibylla / wann ich mich mit einmengete / und meinen Oheim Skaurus darzu hielte / mir den Freyer zunennen / und seiner empfangenen Volmacht sich zubegeben. Es stehet dir solches frey Herzen Fr. Schwester / sagte das Fräulein / und das erste zu Skaurus gefallen / das andere sol ihm schon abgezwungen werden. Sibylla wolte nicht seumen / ging hin zubaht / und jenen also anredete:Mein Herr Oheim / ihr habt (zweifels ohn aus Unwissenheit) ein schlimmes und gefährliches Unglük gestifftet / welches doch in eurer Macht stehet / wieder gut zumachen. Dieser erblassete hierüber / nebest hochbeteureter Entschuldigung / daß ihm solches allerdinge unbewust währe / wo es ihm wol nicht gar zur ungebühr auffgeleget würde / und seine Fr. Wase mit Unwarheit hintergangen währe. Habt ihr nicht /mein Oheim / fragete sie / dem jungen Silanus meine Frl. Schwester / Frl. Virginien zufreyen wollen / an welcher eures Freundes Pupienus Seele und Leben hanget / wie euch gar wol bewust ist? Der müste mir ein hartes Recht stehen / antwortete er / der mir dessen wolte zeihen / massen ich glelch diese Stunde bemühet gewesen bin / eben dieses Fräulein meinem besten Freunde und Bruder Pupienus zuerhalten / wiewol ich seinen Nahmen noch nicht genennet / und dannoch von ihrem Herr Vater schon so viel Zusage habe / daß ichs heut oder morgen hoffe zum gewünschten Ende auszuführen / solte ich mich auch meiner gnädigsten Frauen / Fr. Mammeen Beystandes gebrauchen. Sibylla umfing ihn mit einem Kusse /und sagte: O ihr redlicher Freund / wie hält man euch in so schlimmen Verdacht / welcher gar leicht zur Blutstürzung ausschlagen solte. Ja mein Bruder /sagte Fabius / es hat sich Pupienus schon erkläret / du müssest ihm / oder er dir den Tod antuhn / und zwar aus diesem Verdacht. Ich währe auch eines schändlichen Todes wert / sagte Skaurus / wann ich so schelmisch gehandelt hätte; mein Bruder aber wolle hingehen / ihm den Argwohn zubenehmen / ich werde inzwischen nicht seumen / ihn zubefriedigen. Machte sich [404] mit Sibyllen alsbald hin zu Aquilius / da die Tochter noch bey ihm wahr / und fing also an: Mein Herr / er wolte sich / bitte ich / meiner heutigen Anwerbung erinnern / in dem ich einem vornehmen Herrn und redlichen Freunde zum besten / umb das hochgebohrne / und mit allen Tugenden begabte Fräulein / Frl. Virginien / inständig angehalten. Hieselbst wolte ihn das Fräulein in die Rede fallen / aber Sibylla hielt sie davon mit Hand und Mund ab / welches Skaurus zwar merkete / aber sich nichts dran kehrete /sondern also fort fuhr: Nun hat zwar mein Herr Vetter mir grosse Macht und Freyheit zugestellet / in solcher Heyrahtsache nach willen zuverfahren / weil ich aber dessen mich nicht habe auch noch zur Zeit meinen Freund nicht nahmhaftig gemacht / welches ich aber nunmehr verrichten / und meinen Herrn versichern werde / dz ich keines andern Menschen / als meines herzlieben Freundes und Bruders / Herrn Pupienus sein Wort geredet habe / da ich dann nicht ruhen werde / ich habe dann zuvor solches mein vorhaben auffgute und gewisse Wege gerichtet / und bin willens gleichstehendes fusses hinzugehen / und meine gnägigste Fr. Mammea untertähnigst zuersuchen / daß sie meiner Frl.Wasen guten willen zu dieser wolgemeineten Heyraht erwerben helffe. Durch diese Rede ward das Fräulein so voller Scham / daß ihr die Sprache stehen blieb / und Sibylla sie also aufffrischete: Geliebte Frl. Schwester / es ist kein Mensch alhie zugegen / vor welchen du dich zuschämen Ursach habest /deßwegen erkläre dich ohn scheuh. Der Vater fing darauff also an: HerrSkaurus / ich hatte mir auff einen andern Freier gedanken gemacht / daher ich Herrn Pupienus / der gleich nach eurem abscheide umb eben dieses bey mir angehalten / abschlägige Antwort erteilet / unter diesem vorwenden / daß Herr Skaurus vor einen andern das Jawort gleich diese Stunde erhalten hätte. Es muß dem redlichen Pupienus dieser Wahn benommen werden / sagte Skaurus / und bitte sehr /meine Frl. Wase wolle denselben ihr zu aller ehrliebenden Gewogenheit lassen anbefohlen seyn. Diese hatte sich nunmehr erhohlet / und allen unwillen gegen Skaurus fallen lassen / gab ihm auch diese Antwort: Ich kan euch nicht verübeln / mein Oheim / daß ihr euch eures guten Freundes annehmet / und bedanke mich zugleich / daß ihr mich so wol zuversorgen bedacht seid; weil es mir aber nicht zustehet / einen Ehegemahl zuwählen / sondern mein Herr Vater gewalt über mir hat / wird derselbe sich erklären / und mir befehlen was ich hierin tuhn oder lassen sol. Mein liebes Kind / antwortete Aquilius; wiltu meinem Willen folge leisten / so gönne ich dich niemand lieber als Herrn Pupienus zum Gemahl. Ich gelebe meines Gn. Herrn Vaters Willen / antwortete sie / und wann mein Oheim Herr Skaurus / seinem versprechen nach / meiner gnädigsten Fr. Mutter / Fr. Mammeen einwilligung erhalten wird / wird nichts übrig seyn / als daß man vernehme / ob Herr Pupienus auch guten Willen zu mir trage; welches lezte sie mit einem Schmuzerlachen vorbrachte. Nun hatte Pupienus ohngefehr gesehen / daß Skaurus zu Aquilius in das Nebengemach gangen wahr / meinete nicht anders / als daß er würde bemühet seyn seine Liebe zuhintertreiben; welches ihn als halb-wütig auffmahnete / sich auch dahin zuverfügen / öffnete die Tühr / und trat mit einer solchen bleichen Zornfarbe hinein / daß sie ingesamt leicht urteileten / er würde mit einem schlimmen Vorsatze kommen / insonderheit / weil er die Hand schon an das Seitengewehr gelegt hatte / und das Fräulein meinete / jezt würde er [405] auff Skaurus einstürmen / wie dann ungezweifelt geschehen währe / wann sie / durch furcht getrieben / nicht also angefangen hätte: Herr Pupienus / versündiget euch nicht an euren allerbesten und geträuesten Freund Herrn Skaurus / ihr und mein Herr Vater seid durch einen blossen oder vielmehr stummen Irtuhm betrogen / und hat Herr Skaurus niemande anders als bloß allein euch das Wort geredet /zu erlangung meiner Heyraht. Ja mein Bruder / sagte Skaurus zu ihm; hätte ich bey dir gehandelt / wie deine einbildung ist / alsdann währe ich nicht deines /sondern des Henkers Schwerts wirdig / ich hätte aber gehoffet / du würdest deinem Freunde ein bessers zugetrauet haben. Habe ich geirret / antwortete Pupienus / so verzeihe mir mein Bruder / und fodere von mir abtrag biß an mein Blut; ihr aber Herr Aquilius / seid gebehten und lasset euch diese meine Liebe nicht zuwieder seyn / welche mich eurer Frl. Tochter so gar eigen gemacht hat / daß ohn sie / ich ohn allen zweifel verderben muß. Ich bedanke mich gegen euch mein Oheim / antwortete er / daß ihr mein liebes Kind zu ehren euch erwählet habt / und damit ihr wissen möget / wie ich darzu gewilliget sey / so übergebe ich euch alles Recht / das ich an meiner Tochter habe /und zur ersten aussteuer ihrer Seel. Frau Mutter ganze verlassenschaft. Da wahr nun allenthalben grosse freude / welche niemand besser / als das Fräulein zu unterdrücken wuste; welche also anfing: Ich erkenne mich schuldig / meinem Herr Vater zugehorsamen /halte aber allerdinge nöhtig seyn / daß Herr Skaurus bey meiner Gn. Fr. Mutter Fr. Mammeen umb mich anwerbung tuhe / und zwar unter dem schein / als wann dessen zwischen uns nichts vorgangen währe /damit wir in ihrer guten Gnade verbleiben mögen. Sie hielten solches alle vor gut / ward auch alsbald ins werk gerichtet / und bekam zur gnädigen Antwort /sie währe selbst schon etliche Zeit her auff diese Heyraht bedacht gewesen / nur daß sie Pupienus Willen nicht gewust hätte. Fürstin Sibylla ging mit dem Fräulein wieder hin nach ihrer Geselschaft / und fragete sie / was vor eine gute Luft sie angewähet / daß sie dem guten Pupienus sich so bald ergeben. Worauff sie antwortete: Es ist sehr gut mit dir Fr. Schwester; aber meinestu / daß ich nicht rieche / wie dein Blasebalg einen so heftigen Geist in Herr Pupienus gebracht /daß er seine meinung mir so gar ohn allen umschweiff hat vortragen dürfen / und hätte ich mich ja billich vor dir hüten sollen / inbetrachtung / daß die neulich verheirahtete / ihren vertrauesten Schwestern den allerlieblichsten Jungfernstand allemahl mißgönnen. Ey wie unrecht bistu daran / sagte sie: Gute Freunde gönnen einander so viel gutes als ihnen selbst / welches mich auch bewäget hat / deine Wolfahrt zubefodern /deren dich ob Gott wil nimmermehr gereuen wird; daß verleihe mir der Himmel / antwortete sie / aber schaue dort / bitte ich / wie eine ernstliche Unterredung Herr Skaurus mit der Käyserlichen / Fr. Mutter hält / welche / wie ich weis ihm vor weniger Zeit etwas ungnädig worden ist / hoffe doch er werde durch diese Anwerbung wieder Gnade erlangen; zwar ich danke den Göttern daß in ihrer steten Gewogenheit ich geblieben bin / aber ich habe nicht anders gelebet / als ein Mensch über dessen Häupt ein Schwert an einem dünnen Häärlein hanget / weil ihre Gnade sehr unbeständig / und ihr Zorn schier unversöhnlich ist; und kan man in ihrer Gnade nicht besser bleiben /als wann man sie offt beschenket / und selten sihet. Es stund nicht lange an / daß Skaurus wieder nach dem Nebengemache ging / und das Fräulein dahin fahren liß / woselbst ihr Vater und Pupienus annoch bey einander wahren / und einen [406] festen Grund zur unbewäglichen Freundschaft legeten. So bald das Fräulein mit Sibyllen sich einstellete / trug Skaurus der Käyserlichen Mutter einwilligung vor / und ließ ihre Frl. Tochter vermahnen / sich ihrem Willen nicht zuwiedersetzen; welche aus Ehrerbietigkeit hin zu ihr ging /und ihr untertähnigst vor ihre hohe Mutterliche Vorsorge dankete / auch von ihr einen köstlichen Ring empfing / welchen sie ihrem Bräutigam schenken solte. Sie machte sich bald wieder hin nach dem Nebengemache / da die Glükwünschung von den wenigen Anwesenden verrichtet ward / und baht Sibylla umb volmacht / das Beylager zubestimmen / nach deren erhaltung sie den verliebeten aufflegete / daß nähst folgenden Tages damit fortzufahren; wo gegen das Fräulein sich hefftig sträubete; ihr Vater aber erklärete sich / sie möchten sich deßwegen untereinander selbst vergleichen; ging mit Skaurus und Sibyllen davon / und ließ sie beyde beyeinander / da dann Pupienus bey seinem geliebeten Fräulein sich so zutähtig machete / auch mit allerhand köstlichen verheissungen anhielt / daß sie endlich in die bestimmete Zeit einwilligte / und ward das übrige dieses Tages in aller zulässigen Lust verzehret. Des folgenden Morgens kam der ädle Römer M. Zelius Balbinus an /vernam mit freuden / daß sein brüderlicher Freund Pupienus den Zweg seiner mühseligen Liebe erlanget / und diesen Abend das Beylager angesetzet währe /machte sich zu ihm / und nach abgelegter Glükwünschung hielt er bey ihm an / seinen Herr Bruder den Römischen Bürgemeister zuerbitten / daß in dieser hochansehnlichen Geselschafft ihm mit seiner schon versprochenen Kordula ein gleiches begegnen möchte. Der junge Pupienus durffte seinem Bruder dieses nicht vortragen / weil wegen seines frühzeitigen Beylagers er etliche stachelreden hatte fliegen lassen / machete sich deßwegen an Sibyllen / und gab ihr den Einraht / GrosFürst Herkules zubewägen / daß er solches nach seinem Wolvermögen zu werk richten möchte. Welcher dann diesem Römischen Herrn solchen Dienst gerne leisten wolte / wie er auch von dem Bürgemeister nicht allein dessen herzlich gewehret ward / sondern derselbe sich überdas bedankete / daß er seiner Tochter eingedencke seyn / und auff so HochFürstlichem HochzeitFeste deren Beylager befodern wollen. Es hatte des vorigen Abends ein junger frischer Aedelman von Mantua / Namens K. Perpeña /bey Frl. Zezilien sich mit Liebe angetragen / und durch Fr. Euphrosynen es fleissig getrieben / wozu er nicht allein durch ihre gute Gestalt bewogen ward /sondern weil er sahe / daß Herkules und die GroßFürstin sich so freundlich gegen sie bezeigeten / so gar /daß sie auch deßwegen von den vornehmen Römischen Fräulein geneidet ward; dann Valiska hatte sie nicht allein ihrem Gemahl zum Tanze zugeführet /sondern auch in des Frauenzimmers Gegenwart / nach beschehener Danksagung / daß sie ihrem Herkules so hohe freundschafft zeit seines Elendes erwiesen / ihr sehr köstliche Kleinot eingereichet. Jedoch bekam dieser Buhler nicht die gewünschete Erklärung von ihr / sondern ward hiemit abgespeiset: Ihr wolte nicht gebühren / dergleichen Teidungen anzutreten; Ihr Herr Vater würde schon bey sich beschliessen / welchen vor einen Eidam anzunehmen er beliebung trüge / unter dessen Macht und Willen sie noch allemahl sich gehalten hätte. Perpenna ward dieser Antwort sehr betrübet / daß er kaum die Macht bey sich befand bey ihr seines ungenehmen ansuchens wegen umb Verzeihung anzuhalten / klagete seiner Schwester /Jungfer Rosinen sein Unglük / und baht / ihm mit geträuem Raht beyzuspringẽ; welche ihn hieß gutes muhts [407] seyn / machte samt Euphrosynen sich alsbald nach Fr. Sophien / und hielt demühtig an / bey der GroßFürstin es dahin zurichten / daß Ihre Durchl. ihrem Bruder das Fräulein gewogen machen wolte. Perpenna war sehr hohes Adels von ansehnlicher Freundschaft / dem Fr. Sophia gerne einen Dienst leisten wolte / nam es willig auff sich / und neben der GroßFürstin legete sie es mit Herkules an / daß Zinna sich gerne finden ließ / und diese also das dritte Par macheten / welche diesen Abend solte Beylager halten.

Der rasende Prokulus hielt sich in einer Herberge heimlich auff / und lies bey Käyserl. Hocheit durch Skaurus umb allergnädigstes gehör anhalten / erlangete sein begehren / und gab dem Käyser untertänigst zu verstehen / Er währe von einem und andern Ritter unverschuldet sehr hart beleidiget / welches in ansehung seines Ritterstandes er nicht verschmerzen könte /baht umb allergnädigste erlaubung / sich nach Ritters Brauch zu rächen / und seine Ehre zu handhaben. Der Käyser wahr ihm alsobald zuwillen / sonder einige nachfrage / mit wem ers zutuhn hätte / und stellete ihm frey / sich Ritterlich zuverantworten; wovor er gebührlich dankete / und nach seiner Herberge sich verfügete. Fürstin Sibylla sahe ihn von dem Käyser hinweg gehen / und nam sie wunder / was dieser Mensch hieselbst suchen möchte / ging hin zu Fürstin Lukrezien / und sagte zu ihr; HerzenKind / ich habe gleich jezt deinen alten Schatz gesehen / und tuht mir leid / daß ich ihn dir nicht zeigen können. Was vor einen Schaz / mein Herzchen / antwortete sie; ich wüste mich ja keines zuersinnen / wann es nicht dein Schatz Prokulus währe? Ja dein Schatz sagte Sibylla /du hast es in warheit errahten; aber was mag er bey Käyserl. Hocheit zu verrichten haben? Er ging neben mir hin / und als ich mich zur neigung an die seite stellete / trat er vorüber / als hätte er mich nicht gesehen. Er hat auch weinig Ursach / dich zu grüssen /sagte Lukrezia / nachdem du ihm so einen ungebodenten Korb gegeben / dessen er vielleicht bey dem Käyser sich wird beklaget haben. Also trieben diese ihren Schertz / und hätten den Handel schier errahten sollen. Vber eine gute halbe stunde / da der Käyser mit der Fürstlichen Geselschaft im grossen Saal freundliche Unterredung hielt / ließ sich ein Ritter bey Baldrich und Siegward angeben / er hätte wegen eines Römischen Herren mit ihnen zu reden; worauff sie antworteten / dafern es nicht heimliche Sachen währen /möchte er sichs gefallen lassen / zu ihnen auff den Saal zu kommen. Dieser wahr darzu willig / grüssete alle anwesende gebührlich / und überreichete beiden Fürsten / jedem ein Schreiben gleiches Inhalts:

Nachdem du Baldrich aus Teutschland (Siegward aus Schweden) wider Recht und Billigkeit mich höchlich beleidiget und beschimpffet / und mein geliebtes Fräulein Lukrezien Pompejin (Sibyllen Fabiin) mir und meiner herzinniglichen Liebe entzogen hast / wodurch an meinem Ritterlichen Ansehen und Stande ich mich allerhöchst beleidiget befinde / und daher solcher Schimpf ohn Rache nicht kan ausgetragen werden / als fodere auff Erlaubniß meines allergnädigsten Käysers ich dich Baldrich aus Teutschland (Siegward aus Schweden) nach Rittersbrauch / daß du mit dem Speer und Schwerte zu Roß / an was Ort und Ende dichs gelüstet / erscheinest / und wegen obgedachtes Schimpfs mir Rede und Antwort gebest / wo du sonst des Ritterstandes nicht unwirdig wilt gescholten seyn.


Prokulus der Römer.


Die Fürsten beide erröhteten über solcher unvermuhtlichen Ausfoderung / und empfundenshoch / dz der Käyserlichen erlaubnis dabey gedacht wahr / traten anfangs zusammm / und zeigeten einander das Schreiben; und als sie sahẽ / daß einziger sie beide foderte / [408] rechneten sie sichs nit zum geringen Schimpf /beredeten es auch mit Herkules und Ladisla / die sich darüber bestürtzt befunden / und ihnen / was vor Erklärung sie vor gut hielten / anzeigeten; traten darauff wieder an ihre stelle / und als der Käyser und andere Anwesende mit Schmerzen erwarteten / was ihre Verenderung verursachen möchte / gab Baldrich diese antwort: Mein Geselle Siegward / Königlicher Fürst aus Schweden / ein ehrlicher Ritter; und ich / geborner Fürst aus Teutschland / haben mit wissen niemahls wieder Recht uñ Billigkeit gehandelt / sondern der blosse muhtwille treibet den Ausfoderer / uns solches aufzubürden; und weil er sich auff allergnädigste Käyserliche Erläubniß beruffet / welche wir untertähnig ehren und billichen / mag er uns die stelle zum Kampf stündlich ernennen; obs dann zu erst mir wieder ihn mißlingen solte / wird mein lieber Geselle sein bestes hernach auch tuhn; wiewol es uns beiden sehr lächerlich vorkömpt / daß er umb unsere Gemahlinnen mit uns fechten wil / die wir nicht allein mit ihrer Eltern guter Bewilligung geheirahtet / sondern auch mit ihrem belieben schon im Ehebette besitzen. Den anwesenden kam diese rede sehr fremde vor / insonderheit dem Käyser / welcher den Briefebringer mit zornigen Geberden fragete / wer ihn abgeschikt hätte; und als dieser den Prokulus nennete / begehrete der Käyser beide Schreiben zusehen / redete nachgehends Pompejus und M. Fabius an / sie fragend / ob sie dem Prokulus ihre Töchter versprochen hätten. Diese gaben zur antwort: Er hätte zwar deswegen teils schrift- teils mündliche Anwerbung gethan / aber gar keine antwort erhalten / und währe ihnen trauen zumahl selzam dabey / daß sie ihre einzige Töchter ihm hätten erzihen sollen; stünde auch fast aberwitzig /daß er sich beider zugleich anmassete / da ihm / Römischen sitten nach / nur eine hätte zu teil werden können. Das Fürstliche und Römische Frauenzimmer kam auch darzu / und vernahmen Prokulus beginnen /worüber Fürstin Sibylla sich über ihre gewohnheit eiferte / und Käyserl. Hocheit untertänigst baht / solche unbilligkeit zustraffẽ / nachdem wed' sie noch ihre Wase / nie kein wort / so wenig mündlich als schriftlich / oder durch einen andern mit ihm gewechselt hätten / auch grosses bedenken würden getragen haben /nach Prokulus oder seines gleichen sich umzusehen. Wolan / antwortete der Käyser / sie geben sich allerseits zufrieden / wir werden dem Prokulus seine Buhlerey (dannProculus heisset zu teutsch ein Buhlerchen oder kleiner Buhler) besalzen. Befahl darauff / ihn straks angesichts / frey / oder gebunden herzuholen. Baldrich aber und Siegward bahten Käyserl. Hocheit demühtig / diesem Römischen Ritter gnädig zu erscheinen / damit man sie nicht schier heut oder morgen beschüldigen möchte / daß umb ihret willen einigem Römer etwas hartes zugestanden währe; und könte vielleicht sein / daß er seines Gehirns Verrückung / wegen heftiger eingebildeter Liebe empfünde; sie verzihen ihm von Herzen / wolten auch im Kampfe dergestalt mit ihm verfahren / daß ihre gutwilligkeit daher solte zuspüren sein: Herkules und Ladisla halfen den Käyser erbitten; welcher endlich einwilligte /der Tohrheit lachete / und ihnen erzählete / was gestalt Prokulus ohn einiges meldung / sich beschimpfet zusein beklaget / und des Kampfs freiheit begehret hätte / weil ohn solchen der Streit nit könte geschlichtet werden. Eure Käyserl. Hocheit wissen / sagte Herkules / daß die Liebe oft zugleich der vernunft und den Augen Sand einsträuet / daher diesem Ritter meines erachtens zuverzeihen ist: gelebe auch der tröstlichen Zuversicht / Eure Käyserl. Hocheit werde ihm unser aller vorbitte [409] gnädigst geniessen lassen. Prokulus wahr gleich bemühet / seine Rüstung anzulegen /als ein Käyserlicher Hellebarter ihn abfoderte / und zu gleich warnete / er möchte sich wol schicken / des Käysers Ungnade abzulehnen. Er aber meynete sein Vorhaben leicht und aus gutem Grunde zubehaupten /und ging verwägen gnug fort / wie er dann ein fester starkgesetzeter Ritter wahr / der mir Skaurus und andern sich ehemahls versuchet / und ihnen gnug zuschaffen gegeben hatte. Als er nun vor die sämtliche Geselschafft trat / und sich bedingete / sein Gruß und untertähnige Dienste würden allen / ohn seinen beyden Wiedersachern / nach Standesgebühr angebohten; redete der Käyser ihn also an: Wie ist dir heut geschehen / du Gehirnloser Mensch? hastu etwa von einer tollen Sau / oder wol gar vom Narren gefressen / daß du so tölpische Sachen vornehmen darffst? da stehen die beyde Fürstinnen; da stehen ihre Väter Pompejus und Fabius; ihre Müttere sind auch nicht aus der ferne zuhohlen. Darumb sage geschwinde an / ist dir dieser Fräulein halber einige Zusage geschehen? zwar zu beyden kanstu ja keinen Anspruch haben / du möchtest dann etwa Römische Satzungen und Sitten /durch Verlierung deines Kopffes aufzuheben bedacht seyn. Dieser baht anfangs / Ihre Käyserl. Hocheit möchten einige Ungnade auff ihn nicht werffen; taht auch hinzu / er hätte gebührliche Anwerbung an beyden Orten getahn / unter der ungezweifelten Hoffnung / ihm würde ja an einem / gewierige Antwort werden. Inzwischen hätten der Teutsche und Schwede / so bißher vor Feinde des Römischen Reichs gehalten worden / ohn der Eltern wissen sich an die Fräulein gewaget / uñ durch listige Hintergehung / wo nicht wol gar durch Nohtzwang / sie ihm abspenstig gemacht / massen ja beständig berichtet würde / es währe Frl. Lukrezie von dem Teutschen durch Verwundung / im Walde geschehen / sich ihm zuergeben / gezwungen worden. Was hastu Lügener / sagte der Käyser / von Römischen Feinden zuschmähen? doch setzẽ wir dieses vor dißmahl aus. Aber wie getrauestu dir zubehaupten / daß diese Heyrahten ohne der Eltern wissen geschehen seyn? und wollen wir anjezt hören / was ihre Väter darzu sagen werden. Pompejus / nach gebehtener verzeihung / fing also an: Höret Prokulus /welcher Wahnwiz treibet euch / mich meines tuhns und lassens zubesprechen / und sonderlich in dem /was euch im geringsten nicht angehet? Zwar ich weiß schon / daß ich euch wegen keines einzigen Dinges Rechenschafft zugeben habe / dann ich unterwerffe mich bloß allein Gotte / meinem allergnädigsten Käyser / und dem Vaterlande; doch höchstgedachter Käyserl. Hocheit zuuntertähnigstem schuldigen Gehorsam / rede ich mehr als mir nöhtig ist / und beruffe mich auff mein Gewissen / daß gegen Fürst Baldrichs und meiner Tochter Heyraht ich nicht das geringste /weder gedacht noch geredet habe / welches ohndas wol wahr bleiben wird / es währe dann / daß ihr ein anders erweisen würdet; euch Prokulus aber mein Kind zugebẽ / ist nie in mein Herz kommen. Hastu aber / sagte er zu seiner Tochter / ihm etwa einige Zusage aus Schimpff oder Ernst getahn / das zeige mir an / weil ohn das wider meinen Willen es nicht hätte mögen bündig seyn. Diese lächelte dem Vater zu /und gab zur Antwort: Ich habe diesen Menschen in vier Jahren nicht gesehen / und bin heut etwa 16 Jahr alt; so wird er vielweniger die Unterhändler od' Kupler zeigen können / die zwischen uns gangẽ währen /und müste mir von herzen leid seyn / ja tausend mahl unerträglicher als der Tod / daß ich ihm zu gute leben solte / nachdem ich Gott Lob / den Unterscheid zwischen Tugend [410] und Tohrheit gelernet habe / womit ich gleichwol seinen Ehren nichts ungebührliches anwerffen wil. Unter diesem Vorbringen erröhtete Prokulus von Zorn / suchte aus seinem SchiebSak zwey Brieflein hervor / in rohtem Taffet eingewickelt / und wolte darauff seine Antwort tuhn; aber der Käyser hieß ihn schweigen / und M. Fabius reden; Welcher dieses vorbrachte: Er erinnerte sich etlicher massen / daß Prokulus ihm mit seinem ungenehmen ansuchen beschwerlich gnug gewesen / hätte ihm doch / Unhöfligkeit zumeiden / mit dürrem Nein / nicht wollen vor den Kopff stossen / sondern ihn ermahnet / sitsam zuverfahren; sein Kind währe jung / hätte keine Lust schon zuheyrahten / und währe über das nicht einheimisch / daß er ihren Willen nicht wissen könte. Hierauf zwar hätte Prokulus gerühmet / wann er nur seinen Willen haben würde / solte es ihm an der Tochter Neigung nicht ermangeln; welches er aber nicht ohn ursach vor eine nichtige Einbildung gehalten / und ihn ernstlich ermahnet / er solte sich in Rom oder ausserhalb besser umsehen / alsdann würde er anderwerts sein Glük schon antreffen; welches sein Kind auch tuhn solte. Woraus dann dieser Freyer leicht vernehmen mögen / sagte Fabius / daß ich nicht gewilliget wahr / ihm mein Kind zuverrahten / wolte sagen / zuverheirahten; jedoch wil ich von meiner Tochter auch vernehmen / ob sie etwa hinter meinem Rücken mit ihm sich eingelassen habe. Hochgeliebter Herr Vater /antwortete Sibylla; ich weiß nit / ob ich mir so hohe Gedanken / als biß an Herrn Prokulus Heyraht hätte machen dürffen / welches ich vor dißmahl aussetzen wil; kan er aber dartuhn / daß zeit meines Lebens ich ein Wörtlein mit ihm gewechselt habe / wil ich euer Straffe mich gerne unterwerffen. Wolan Prokulus /sagte der Käyser / so ist nun die Ordnung an dir / deinen gültigen Gegenbeweiß zuführen / nachdem allemahl / nach der gesunden Vernunft Ausspruch / dem Bejaher einer Taht / solches oblieget; hernach sol nach scharffem Recht gesprochen werden. Daß Eure Käyserl. Hocheit mir Recht und Gerechtigkeit wiederfahren lassen wil / bedanke ich mich untertähnigst /antwortete er; da ich dann anfangs bey den beiden gewesenen Fräulein anzuhalten habe / daß meines / bey Ritters Ehr und Glauben geschehenen Versprechens sie mich erlassen mögẽ / weil ich sonst mein gutes Recht nicht darstellen darff. Die beiden Fürstinnen fingen an zu lachen / und sagte Lukrezie: Mein guter Herr Prokulus / ich habe ja niemahls einige Versprechung / weder mündlich noch schrifftlich von euch empfangen / vielweniger begehret; solte es aber eurer Einbildung nach geschehen seyn / wil ich dieselbe hiemit auffgeruffen / und ganz abgetahn haben. Und als Sibylla nicht ohn Gelächter sich ein gleichmässiges erboht / fing Prokulus / in beiden Händen etliche Schreiben haltend / also an: Allergnädigster Käyser /und andere anwesende Herren; was man im gemeinen Sprichwort saget:Mannes List ist behende / aber Weiber List hat kein Ende / davor habe ich mich stets wol vorgesehen / und bester massen verwahret / daß ich dessen Warheit nicht mit meinem Spot und Schaden erfahren möchte / und bin doch nicht desto weniger in ihr Nez gefallen; wie aber / und auf was weise / werden sie allerseits aus meinem allerkräfftigsten Beweißtuhm zuvernehmen haben. Nachdem mir von einer guten Freundin ist gesagt worden / wie daß Herr Pompejus / und Herr Fabius / jeder eine einzige / sehr schöne wolgezogene Tochter hätte / und mir nicht bald fehlen würde / eine oder andere zum Gemahl zuerhalten / habe ich nach Römischen Sitten meine Anwerbung an Herr Pompejus schriftlich über Meer an Herr [411] Fabius aber mündlich abgelegt / und von jenem gar keine / von diesem aber zum ersten mahle diese Antwort erhalten / daß sein Kind nicht einheimisch /darzu jung / und vielleicht schon einem andern zugedacht währe. Worauff ich etwas in Ruhe gestanden /und nach Verlauff etlicher Wochen von Frl. Lukrezien dieses angenehme Brieflein (welches er loßwickelte und zeigete) beko en. Von mir ein Brieflein? sagte Lukrezie mit einem Gelächter. Wollet ihr solches /und eure eigene Hand leugnen? sagte Prokulus. So müste ichs acht Tage vor meiner Geburt geschrieben haben / antwortete sie / biß dahin ich dann nicht gedenken kan. Ihr Vater aber redete ihr ein / sie solte ihn zuvor ausreden lassen. Also fuhr jener weiter also fort: Fünff Tage nach Empfahung dieses / ist mir ein anders (welches er auch zeigete) von Padua aus / von Frl. Sibyllen zugeschrieben worden. Ey behüte Gott /sagte dieselbe / was wil endlich aus diesen Lügen werden? Ein freies Affenspiel / antwortete Lukrezie mit einem untergedrukten Lachen; Jene aber fuhr fort: Schämet ihr euch nicht / Prokulus / euren Käyser /und andere anwesende grosse Herren dergestalt umzutreiben? Weil aber ihr Vater sie schweigen hieß / setzete jener sein Vorbringen also fort; Es gebühret sich nicht / das geschehene zuleugnen / wo man ehrlich ist / insonderheit / wann es mit eigenhändiger Schrifft kan erwiesen werden / halte auch davor / dafern der Teutsche und Schwede nicht ZauberKünste gebraucht hätten / würden sie dieser beyder Fräulein guten und ergebenen Willen gegen mich / mit keinem Wasser abgespület habet. Du vermissest dich ein grosses auff deine Briefe / sagte der Käyser zu ihm / und wann es niemand von den Anwesenden zuwider seyn würde /müsten sie öffentlich verlesen werdẽ. Alle gegenwärtige / insonderheit die beyden Fürstinnen / bahten sehr / daß es geschehen möchte. Worauff der Käyser den ersten von Prokulus nahm / und es seinem geheimen Schreiber reichete / da Prokulus die Fürstinnen umb Verzeihung baht / daß durch ihre Unträue er gezwungen würde / ihre Heimligkeiten zuoffenbahren; worüber diese beyde sich schier zum Schiefer gelachet hätten. Der Diener aber fing zuerst an die stolze Auffschrifft zulesen / welche auff diese Art eingerichtet wahr:

Dem Wolgebohrnen Herrn und Ritterlichen Helden /Herrn Sextus Marzius Prokulus / Römischer Käyserl. Hocheit gewirdigtem Ritter / Hof- und KriegsRaht / etc. meinem hochgeneigeten Herrn / und in Ehren herzangenehmen allerliebsten Freunde.

Wir lassen diesen Streich jetzo hingehen / sagte der Käyser / nur möchten wir gerne berichtet seyn / von welchem ehemahligen Käyser du magst zu solchem Raht bestellet seyn? Allergnädigster Käyser / antwortete er; ich habe niemahls mir unwirdigen diese Ehrenbenennung zugelegt / und bin in den Gedanken gestanden / das liebe Fräulein würde durch ein falsches Gerüchte betrogen seyn. Ja mein / sagte Lukrezie /wann ihr nur nicht selbst gar zu heßlich beschmissen währet. Der Diener falzete inzwischen den Brief von einander / und lase folgenden Inhalt:

Wolgebohrner Herr / und durch diesen Weltkreiß hochgepreiseter Ritterlicher Held. Was gestalt Eure Liebe mein Herr / bey meinem Herr Vater umb meine Heyraht ganz ehrerbietige und wolständige Ansuchung getahn haben solle / bin ich von meiner herzlieben Fr. Mutter in höchster geheim berichtet worden / auch daß mein harter Vater nicht willens sey / Eurer Liebe einige Antwort zu erteilen / unter der Hoffnung / Euer Liebe gute Neigung gegen mich / durch solches stilschweigen in eurem Herzen zuersticken / weil er willens seyn sol / mich mit einem Ravennischen reichen Witwer zuverheyrahten[412] welcher auff seinem höckerichten Puckel mehr dann 65 Jahr träget. Nachdem aber meinem zarten Herzen allerdinge eine Unmögligkeit ist / einen solchen ekelhafften unvermögenden Greisen und Leisen / an der Seiten zuerdulden / und meinen schönen Leib den abgelebeten dürren Knochen unterwürffig zumachen / insonderheit da ich einen solchen gewünscheten Buhler an Euer Liebe habe; Als gelanget an dieselbe mein ehrendienst- und herzfreundliches ersuchen / mich dieses ausgeborreten Unglüks zubenehmen / und durch seine blühende grüne Krafft mich zuerfreuen; das ist / mit seiner Werbung fleissig anzuhalten / oder / wo möglich / mich gar aus meines Vaters Gewalt hinweg zuhohlen / als seine ganz ergebene; jedoch mit dem ausdrüklichen bedinge / daß /dafern seine Liebe diesen Brief und dessen Inhalt einigem Menschen der Welt offenbahren wird / er von aller meiner Hulde in Ewigkeit sol entsetzet seyn / werde auch auff solchen fall mir einen andern Buhlen und Retter erkiesen; sonsten aber bin und verbleibe ich meines herzgeliebeten Herrn und allerangenehmesten Freundes / weil ich lebe / ganz ergebene gehorsame Lukrezie Pompejin.

Fr. Lukrezia muste Zeit des lesens ihren Mund mit einem Wischtuche zuhalten / damit sie sich des lachens erwehrete / nachgehends sagte sie zu Prokulus: Tapfer Ritter / wer mag doch immermehr des Narren mit euch so ungescheuhet und handgreiflich gespielet haben? Mein Herr Vater aber wolle doch den Brief besehen / ob er die Hand kenne / dann daß es meine nicht sein wird / bin ich gnug versichert. Aber der Käyser baht / ein wenig / iñe zu halten / biß daß übrige auch verlesen währe. Welches dann dem elenden Prokulus sehr angenehm wahr / und zu Lukrezien sagete: Ja eben dieses komt mit eures Bohten rede über ein / welcher mir mündlich anzeigete / dafern ich diesen Brief lautbahr machen würde / wolte sie alles /auch ihre eigene Hand verleugnen. Es ist gut / antwortete sie; man pfleget den geheimen Bohten wol so viel in den Mund zulegen; sonst zweifele ich nicht / wann der Schau-Spiel-Schreiber Plautus oder Terentius wieder aus der Asche hervor kähmen / würden sie an euch zeuges gnug haben / woraus sie ein gaukel- volles Spiel tichten könten. Er aber kehrete sich daran wenig / baht nur / der hönischen zunge ein Gebiß anzulegen / und reichete den andern Brief hin / welcher also verlesen ward / daß vor erst die Ausschrift mit dem ersten nach allen worten überein kahm / da doch der eine zu Jerusalem / der ander zu Padua solte geschrieben sein; und alle anwesende daher die Auftreiberey leicht merketen; darauf folgete nun dieser Inhalt:

Wann die liebe Sonne durch ihre glänzende Strahlen so wol meines Herzen Lust und Freude / als den klaren Tag hervor bringen / und dieselbe euch mein Herr / zeigen könte / würdet ihr / höchstwerther Schaz erkennen mögen die Herligkeit / in welche ich durch Euer Liebe Anwerbung nach meiner Heyraht gesetzet bin; hingegen muß ich mich dannoch plagen und grämen / daß meine unbedachtsame Eltern (wie ich aus deren Schreiben mit höchstem Unwillen vernehme) bedenken tragen / Euer Liebe mich alsbald zuversprechen. Ach mein Seelen-Freund / wie herzlich danke ich euch vor solche Gunst und Liebe / kan auch nicht absehen / warumb meine Eltern dieses Glük nicht mit mir zugleich mit beyden Händen ergreiffen / es währe dann / daß sie dem hinkenden einäugigen Nummius Lelianus noch weiters zuhöretẽ /welcher ihnen grosse güldene Berge von seiner Liebe gegen mich vorschwätzen sol / von dessen unglüklicher Ehe mich doch entweder Herrn Prokulus kundbare Tapfferkeit und geträue Gegenliebe / oder zum wenigsten mein eigenes Brodmesser frey sprechen wird. Euer Liebe der Verschwiegenheit dieses meines Schreibens zuerinnern / achte ich vor unnöhtig / massen dessen hoher Verstand leicht zuermässen hat / daß durch ein widriges er mich in das tieffste Unglük / ja in den Tod selbst stürzen würde; und zwar die ihm zu aller Liebe und Träue ganz ergeben ist / auch in alle Ewigkeit eine solche verbleiben wird / Sibylla Fabiin.

[413] Geliebete Fr. Schwester / sagte Lukrezia zu dieser; du kanst anmuhtigere uñ zierlichere Liebes Briefe tichten / als ich / welches sie mit einem grossen Gelächter vorbrachte; diese aber begunte Ernst daraus zumachen / und gab zur antwort: Herzen Fr. Schwester / du und ich müssen zuvor des schändlichen verdachts allerdinge enthoben sein / ehe du schimpfen wilt. Mein Gewissen / sagte jene / hat mich schon loßgesprochen / und müste mir leid sein / daß meinen Allergnädigsten Käyser und andere gegenwärtige Fürsten und Herren ich so stumpf schätzen solte / daß sie diese Auftreiberey und kurtzweiligen Aufzug / wer ihn auch muß angelegt haben nicht merken und erkennen solten. Niemand antwortete darauf / wiewol sie alle gnug sehen liessen / daß sie ihrer meinung währen. Der Käyser aber fragete Prokulus schon mit gelindern worten / was die Briefe in seiner andern Hand bedeuteten / und ob sie zum weitern Beweißtuhm dienetẽ könte er sich deren gebrauchen. Ja allergnädigster Käyser / sagte er / diese Briefe / ungeachtet diese junge Frauen sich mit gnug hönischen worten suchen auszuwickeln / werden der Sache den endlichen außschlag geben. Das wird niemand lieber sein / als eben mir und meiner Fr. Schwester / sagte Lukrezie / drum so lasset hörẽ / was ihr noch weiters vor aufgeschriebene Getichte zur Ergäntzung dieses Affenspiels mit euch gebracht habet / hernach wollen wir mit einem Handklopfen und Freuden Geschrey Anzeige tuhn /wie uns diese Handlung gefallen habe. Es wahren aber zwey Antwort-Schreiben / welche er auf der beyden Fräulein empfangene Briefe hatte auffgesezt und vermeintlich übergeschicket / deren der erste nach Jerusalem also lautete:

Wolgebohrnes Fräulein / herzgeliebete und einig-vertrauete. Euer Liebe angenehmes Brieflein ist mir wol eingeliefert / zweifele nicht / sie werde in der gefasseten LiebesGunst bestandigst verharren / und den alten Teuge-nicht-mehr in den bodemlosen Korb setzen / dem ich / da ich ihn kennen solte / mit wenigem zuschreiben wolte / er möchte sich mit weichem Brey speisen / weil die Milchzähne ihm ausgefallen seyn. Euren Herr Vater noch weiters mit Schreiben zuersuchen / achte ich vor einen überfluß / werde inwendig ViertelJahres Gelegenheit suchen /mich selbst zustellen / und wann Briefe oder mündliche Ansuchung unsern Vorsaz nicht heben kan / ihren getahnen Vorschlag ins werk zurichten beherzt gnug seyn. Inzwischen lebet wol mein Herz / und versichert euch aller Träue von eurem ergebenen S.M. Prokulus / dem Römer.

Der Herr hat seine Sache nicht allein durch sein selbsteigenes Schreiben sehr wol behauptet / sagte Lukrezie lachend / sondern über das sich sehr wol verantwortet. Aber was vor Zähne / meynet er wol /ihm mein alter Greiser und Leiser nunmehr zuschreiben werde? WindZähne / sagte Sibylla. Es gab ein gemeines Gelächter / aber der Diener lase den andern Brief an Fr. Sibyllen / wie folget:

Mich wundert sehr / mein Fräulein / daß meine Geister mir ihre grosse Liebe gegen mich / nicht vor ihrem AntwortSchreiben geoffenbahret haben; versichere sie hin wiederumb / daß die Lust / Freude und Herligkeit / welche sie noch zur Zeit nur in der Hoffnung hat / gar bald in der Taht erfolgen solle; und weil mir an der Niessung eurer vortreflichen Schönheit sonsten nichts / als der elende Lelianus hinderlich ist / wird seine Seele schier auf der Spitze meines Rauffdegens tanzẽ müssen; werde gleichwol auff Gelegenheit bedacht seyn / ihren Herrn Vater noch einmahl zubegrüssen / und nachdem die Antwort fallen wird / mich weiters wissen zuverhalten / dessen sie versichert Ihrer Liebe ganz ergebener und beständiger Liebhaber S.M. Prokulus.

Nach verlesung fürchtete sich Prokulus / man würde ihn nicht zu Worten kommen lassen / daher er alsbald also anfing: Weil ich dann nun / allergnädigster Käyser dieser beyden [414] Römerinnen / eigenhändigen Beweißtuhm hervor gebracht habe / in welchem sie Sonnenklar zuerkennen gegeben / daß ich mehr von ihnen / als sie von mir zur ehelichen Liebe ersuchet bin / wird und kann nichts mehr übrig seyn / als daß mein gerechtester Richter in dieser Sache die Urtel felle / welche / angesehen der bestendigen Käyserlichen Gerechtigkeit / nit anders / als vor mich und meine auffrichtige träue / wieder die Falscheit dieser beyden Römerinnen stehen mus. Allergerechtester Käyser / fing darauff Fürstin Sibylla an; daß gegenwärtiger Prokulus von etwa einem Schalke oder einer Schälkin frey auffgezogen / und mit abgelesenen ersten Brieffen / welche unser keine nie gesehen / tapffer bey der Nase umbgeführet sey / liegt mehr als zu helle am Tage / massen so wenig ich von dem Lelianus / als meine Fr. Schwester von dem alten Greisen leisen ungeneñeten Buhler ichtwas weis / oder jemahls gehöret habe. Ob nun Prokulus die ertichteten Brieffe beantwortet habe oder nicht / kan uns weder Schaden noch Vortel geben / und müste er ja beständig erweisen / daß ihm die Brieffe von uns zugeschrieben und übergeschicket / auch seine Antwort /davon wir nie etwas gehöret oder gesehen / uns eingelieffert währen. Er bringe die Brieffeträger an den Tag / und lasse sie scharff fragen / dann wird sichs finden / wie weit sein Beweißtuhm reiche. Weil ihm aber vielleicht solches unmöglig seyn wird / und durch diesen possierlichen Auffzug meiner Fr. Schwester und mir durchaus keine böse Nachrede erwachsen kan /wiewol / wann der Anstifter uns kund währe / wir ihn aufs wenigste darüber zurede stellen würden / überdas auch Herr Prokulus durch seines Gehirns blödigkeit mag überschnellet und zur leichtgläubigkeit angetrieben seyn / als gelanget an ihre Käyserl. Hocheit meiner Fr. Schwester und mein demühtigst-untertähnigstes bitten / dieselbe wollen allen ungnädigen Willen gegen Herrn Prokulus fallen lassen / und von dessen Wiz ein mehres nicht fodern als der ungütige Himmel ihm verlihen hat. Daß währe wol eine wunderliche Sache / sagte Prokulus / wann in diesem Gerichte ich unterliegen und den kürzern zihen solte; und dafern diese Schreiben von irgend einem andern / als von den beyden Fräulein herkommen währe / würde ich solches eifern biß an mein Ende. Der Käyser fiel ihm hieselbst ein / und sagete: Ohn allen zweiffel hättestu verdienet / das dein unbesonnenes Vornehmen nicht mit Waffen / sondern mit Hundepeitschen gestraffet würde / und hätten wir solche grobe Narrey nimmermehr hinter dir gesuchet. Es mus aber dieser teuren Fürsten und Fürstinnen vorbitte dir zum besten kommen / mit denen / wegen angelegten Schimpffes abtrag zu machen / befleissige dich ja bald / oder du dürfftest nicht gar lange mehr Prokulus heissen. Dieser kam zur erkäntnis / taht vor dem Käyser einen Fußfall / und baht seiner unbesonnenheit allergnädigste verzeihung; und weil er nicht wuste / wer Baldrich und Siegward wahren / ließ er sich dieselbe zeigen /da ihm Baldrich näher trat / und zu ihm sagete: Ritter / daß ihr meinem geliebten Gemahl in ehren nicht abhold gewesen seid / kan ich euch wol gönnen / wie auch / daß mit den ertichteten Liebes-Brieffen ihr euch bißher erlustiget; aber nunmehr müsset ihr solcher Gedanken müssig gehen / würde auch unritterlich gehandelt seyn / wañ ihr einem andern sein Gemahl zuentwenden euch unterfangen woltet; ich vor mein Häupt möchte euch noch viel eine schönere gönnen; aber daß ihr gleichwol mich habt unter dem Schein einer guten Sache / nicht ohn meine Beschimpfung ausfodern dürffen / müste euch so leicht nicht geschenket seyn / wann es euch nicht leid währe. Jedoch / wie jung ich bin / habe [415] ich doch meines wissens nie keine ausfoderung umbsonst und ohn darstellung angenommen / und mus deßwegen der Kampf durchaus / zum wenigsten mit dem Speer vor sich gehen / um darzutuhn / wer unter uns beyden meiner Lukrezien glüklichster Liebhaber sey. Prokulus sahe ihn so schwank und jung in dünner Kleidung vor sich stehen / und wahr ihm sehr lieb / daß der Streit seinen fortgang gewinnen solte / nahm ihn gerne auff sich /und gab zur Antwort: Ritter / ob ich gleich / mus bekennen / der glüklichste Liebhaber dieser Fräulein nit bin / hoffe ich doch mit dem Speer leicht zuerhalten /daß ich der erste unter uns beyden / und nicht unträu gewesen bin. Nicht unträu? sagte Baldrich; Je was ist daß dann vor eine Träue / daß ihr zugleich umb meine Fr. Schwester / Fürstin Sibyllen habt anwerben durfen? sehet guter Freund / was ihr redet / und kämpfet unter so augenscheinlicher bösen Sache nicht / es dürfte sonst die Träue selbst suchen / sich an euch zu rächen. Meine Träue ist dadurch nicht gebrochen /antwortete er / sondern im fall dieses Fräulein dieselbe nicht hätte erkennen wollen / wahr mein Anschlag auff Frl. Sibyllen hingerichtet. Ey sehet da / ein schöner Anschlag / sagte Sibylla / und mus ich alhie noch schamroht stehen / weil mir ins Gesichte gesaget wird / daß ich habe Noht-bedarff seyn sollen. Das Gelächter hierüber wahr nicht geringe / da der Käyser den beyden Fürstinnen ihre vermeineten Liebes-Brieffe zum lächerlichen angedenken einhändigte / auch auff Baldrichs anhalten den Kampf einwilligte / welcher inwendig der Käyserlichen Burg / da es eine gute Rennebahn gab / solte gehalten werden / weil man ohndas daselbst speisen wolte; machten sich also beyde Kämpfer fertig / welches Baldrich bloß taht /umb eine Kurzweil zu machen. Ihren wurden gleichmässige / aber auff des Käysers befehl / stumpfe Speer gegeben / da Lukrezie ihrem Gemahl ein köstliches Fähnlein dran heftete / worüber sein gutes Herz treflich zunam. So durfte Prokulus nicht weniger sich des Sieges getrösten / und mangelte ihm weder an guten Waffen noch starkem wolgewanten Pferde. Sie schicketen sich beyderseits zum Treffen / und ranten aus allen kräften zusammen; doch hielt Prokulus diesen ersten Stoß aus / wiewol er dem falle sehr nahe wahr / und Baldrich hingegen unbewäget vorüber ging / da er sagte; Hiemit mag Prokulus erwiesen haben / daß er der erste Liebhaber unter uns beyden gewesen sey. Der Käyser sahe daß Prokulus gezwungen ward sich an seines Pferdes Mähne zu halten /weil er Stegreiff-loß gemacht wahr / und wunderte sich nicht wenig / weil ihm dessen Leibeskräfte nicht unbewust wahren; welcher dann des Stosses wol empfand / auch des Schimpfs zu bersten meinete / verwandelte die Herzhaftigkeit in raserey / und ging zum andernmahle loß / unter der Hoffnung / es wieder einzubringen / nach dem sie beyderseits mit neuen Speeren versehen wahren; aber es ging ihm unglüklicher weder vorhin; dann ob er gleich sein Speer auff Baldrichen zum andernmahle brach / vermochte er ihn doch nicht wankend zu machen; da hingegen er nicht allein den Sattel räumen muste / sondern es fuhr ihm auch ein Splitter von seines Gegeners Speer unter dem Helm durch den Hals / daß ihm das Blut über den Harnisch herab lieff / und er als Tod auff dem Platze liegen blieb / welches Baldrichen sehr leid wahr / sprang vom Pferde / lösete ihm den Helm ab /und zog ihm den Splitter aus der Wunde; und als er sahe / daß er sich erhohlete / tröstete er ihn / er solte gutes muhts seyn / die unvermuhtliche Unglüks-wunde währe ihm leid / möchte des Arztes gebrauchen / uñ sich versichern / daß er bemühet sein wolte /ihm einen gnädigen Kåyser [416] zu machen. Dieser empfand der Schmerzen / bedankete sich gleichwol des guten willen / und baht / wegen des ergangenen umb günstige verzeihung / lies sich von der Burg leiten /und verbinden / wiewol er sein lebelang einen schiefen Kopff tragen muste / weil ihm eine Sehnader gelähmet wahr. Der Käyser sahe dieses Treffen mit verwunderung an / dann er wuste daß Prokulus nicht so leicht abzustechen wahr / und weil H. Dio neben ihm stund / sagete er zu ihm: Was wird dieser junge Fürst dereins vermögen / wann er die stehenden Jahre erreichen sol? Lukrezie freuete sich des Sieges am meisten / ging ihrem Gemahl auff dem Platze entgegen / und halff ihm daselbst die Rüstung abzihen / welches dem Käyser dermassen gefiel / daß er sie öffentlich die andere Römische Lukrezie nennete / und sie vor sich foderte / sie fragend / ob wegen ihrer anfoderung sie sich schier bedacht hätte. Worauff sie antwortete: Großmächtigster unüberwindlichster Käyser / allergnädigster Herr; Euer Käyserl. Hocheit ich unwirdigste Magd / erkenne mich so hoher Käyserl. Gnade und Hulde unfähig / würde auch so weit mich nicht erkůhnen dürffen / wann die kindliche Begierde / meinen lieben Eltern nahe zu seyn / mich nicht antriebe; unter welcher Zuversicht an ihre Käyserl. Hocheit ich mein untertähnigstes Ansuchen abgehen lasse / umb zuvernehmen / ob mein herzlieber Vater des Syrischen Stathalter Amtes nicht könne erlassen / und etwa zu einer Römischen Bedienung in Teutschland / zu Köllen oder der Ends befodert werden / woselbst er vielleicht seinem allergnädigsten Käyser und geliebten Vaterlande der Stad Rom zu dienste auch noch etwas gutes schaffen möchte. Der Käyser wunderte sich dieser Bitte / meinete auch nicht / daß ihr Vater damit friedlich seyn würde / uñ antwortete ihr: Geliebte Freundin; sie bittet / meinen wir / mehr ihre kindliche Liebe sehen zu lassen / als ihres nutzen wahr zunehmen /halten auch nicht / daß ihr Vater darein gehehlen werde / inbetrachtung / er sich aus der Sicherheit in Gefahr / aus friedlichem Stande in Unruhe versetzen würde; wollen nicht sagen / daß die jährlichen Einkommen gegen einander nicht zu rechnen sind. Ihrer Käyserl. Hocheit zuwiedersprechen / wil mir nicht gebühren / sagte Lukrezie; wann aber deroselben allergnädigst gefallen könte / meinen Vater darüber selbst zu hören / würde er seine meinung anzeigen. Ja / warumb nicht / antwortete er; rieff ihn selbst herzu / und taht ihm seiner Tochter Bitte zu wissen. Worauff er diese Antwort gab; Allergnädigster Käyser; wann mirs umb meinen eigen nutzen zu tuhn währe / würde ich mein Kind dieser bitte wegen anfeinden; weil aber alles mein tichten und trachten dahin stehet / wie euer Hocheit und dem lieben Vaterlande ich nüzliche uñ ersprießliche dienste leisten möge / habe ich meiner Tochter dieses selbst an die Hand gegeben / weil ich davor halte / die Freundschaft zwischen diesen Teutschen Fürsten und mir / sey so fest gelegt und unterbauet / daß meine nahe Anwesenheit / sie und die ihren in Römischer Freundschaft zu unterhalten /mehr / als etliche tausend Kriegsknechte wirken sol; bitte diesem nach untertähnigst / ihre Käyserl. Hocheit wolle meines Kindes anwerbung nicht ungnädig vermerken / und nach ihrer freien Wahl und Macht darin ordnen und schaffen / auch mir allergnädigst verzeihen / wann ihrer Käyserl. Hocheit diese Bitte solte zuwieder seyn. Woldann mein Pompejus / sagte der Käyser / dieser Redligkeit und auffrichtigen Träue müsset ihr geniessen. Foderte den Bürgemeister Pupienus und andere Römische Rahts Herren zu sich / gab ihnen dieses bewäglich zuverstehen / und ward der Schluß gemacht / ihm hinfüro eine sonderliche Mildigkeit zuerweisen. [417] Wie ihm dann nicht allein das Stathalter Amt zu Köllen geliefert ward / sondern empfing jährlich aus des ReichsSchazkammer 30000 Kronen über das ordentliche vermachte Einkommen /und gab ihm der Käyser und die Stad Rom den ZunahmenPIVS, das ist /der Gottfürchtige.

Nun suchete GroßFürstin Valiska alle Gelegenheit / wie sie dem Käyser eine Belüstigung machen / und ihre ritterliche Erfahrenheit sehen lassen möchte /daher sie mit Herkules redete / ob ihr könte zugelassen seyn / etliche verdeckete Auffzüge anzulegen; und nach guter bewilligung muste Gallus mit etlichen Reutern schleunigst nach dem Walde reiten / in welchen sie vor zwey Jahren geführet wahr / auff daß er das übrige des Kunstpulvers überbrächte / dessen er noch über verhoffen einen guten Anteil fand / und neben Herkules Schwert / welches er jensmahl mit dem Stabe verwechselt hatte / zu sich nam / da er fast den ganzen Rükweg / sich seiner vorigen Sünden erinnernd / mit gebeht und flehen zubrachte. Gegen den Abend streich Valiska einen Bömischen ädelknaben /der mit ihr gleicher Leibes grösse wahr / das Gesichte an / machte ihm ein falsches Haar / gab ihm ein Amazonisch Kleid anzuzihen / und ordnete ihm Timokles mit verstelletem Angesicht vor einen Dolmetscher zu /nebest völligen unterricht / wessen sie sich verhalten solten. Diese / wie ihnen befohlẽ wahr / liessen sich desselben Abends angeben / dafern sie von Käyserl. Hocheit und den anwesenden Fürsten und Herren /gnädigst / gnädig und freundlich könten gehöret werden; traten nach Erlaubniß in den Saal / neigeten sich höflich wiewol auff fremde Art / und redete Timokles also: Unüberwindlichster Käyser / Durchleuchtige Fürsten und Herren / Fürstinnen / Frauen und Fräulein; gegenwärtige mein gnädigstes Fräulein / Frl. Minithea / der Großmächtigsten Fürstin Thalestris / herschender Königin der Amazonen leibliche Schwester /die nach Afrika zusägeln willens / hieher verschlagen ist / hat die höchstansehnliche Versamlung Käyserl. Hocheit mit so vielen Fürsten und Herren / auch Fürstinnen / Frauen und Fräulein / ohngefehr in Erfahrung gebracht / und der ursach halben sich hieher begeben / daß sie möchte sehen lassen / ob nicht auch ihre weibliche ritterliche übungen sich bey dieser Landesart Rittern angenehm / und in etwas beliebt machen könten; bittet demnach untertähnigst und freundlich / daß ihr möge vergönnet seyn / morgen vor essens ein vierfaches Ritterspiel zur kurzweiligen Lust anzustellen als nehmlich eine ReitSchuele / ein Ringelrennen / eine Fechtschuele und ein Freyschiessen; stellet auch Ihrer Käyserl. Hocheit untertähnigst anheim / ob dieselbe die Gewin setzen / oder ihr solches daneben erläuben wolle. Da nun dieses ihr Ansuchen stat finden wird / wil sie solches an ihrem orte dereins höchst zu rühmen haben Der Käyser und alle anwesende verwunderten sich dieses vorbringens zum höchsten / macheten anfangs ein Gelächter drůber /weil allen und jeden gnug bewust wahr / daß die Amazonischen Weiber vorlängst schon gedämpfet und ausgerottet währen / und kunte doch niemand /ohn Ladisla und Arbianes außsinnen / wer dieses Aufzugs Meister sein möchte. Nicht destoweniger blieb die ertichtete Amazonin stehen / und erwartete der genehmen Antwort / mit vorwendung / sie wolte nicht hoffen / daß Käyserl. Hocheit und den Anwesenden Fürsten und Herren ihr ritterliches Ansuchen einiges mißfallen erweckẽ solte; im widrigen bähte sie umb gnädigste und freundliche Vergebung ihrer gebrauchten Kühnheit. Als nun der Käyser ihr beharliches Ansuchen sahe / gab er Dion Volmacht / [418] ihr als einer Amazonischen Fürstin zuantworten / und alles nach ihrem begehren einzuwilligen; daher dieser also anfing: Durchleuchtiges ritterliches Fräulein / tapffere Amazonin; die sonderliche Ehre / welche Käyserl. Hocheit / auch den anwesenden Durchll. Fürsten und Herren / Fürstinnen / Frauen und Fräulein durch diesen Vortrag wiederfähret / wird von allerhöchstgedachter Ihrer Käyserl. Hocheit und anderen anwesenden gnädigst und freundlich auffgenommen / und wie Euer Durchl. dieses tapffere Vornehmen zu allem Ruhm ausschlagen muß / also wird man nit unterlassen / ihren ritterlichen übungen / teils als Mitübende /teils als Zuseher beyzuwohnen / da dann Käyserl. Hocheit gnädigst geruhen wird / allen obgedachten übungen dreifache gedoppelte Gewin zusetzen / so daß je zween den ersten / andern und dritten in allen vier Ritterspielen zugewarten haben sollen: und wird endlich Ihre Durchl. gnädigst und freundlich ersuchet / gegenwärtige Geselschafft mit ihrer Gegenwart diesen Abend zuvermehrẽ. Die Amazonin bedanke sich durch ihren Dolmetscher der gnädigst- und günstigen Wilfahrung / hätte diesen Abend annoch nöhtige Geschäffte zuverrichten / wolte aber morgen frühzeitig gnug im Schloßplatze sich finden lassen; nam hiermit Abscheid / und verließ die Geselschafft in wundersamen nachdenken / was sich morgen begeben würde. Es stund der Amazonin alles weiblich gnug an / das Angesicht wahr auch unbekant / weder Teutsch noch Italiänisch. Ihrer viel stunden in den Gedanken / der Käyser selbst würde es also geordnet haben / nur daß er unserer Fürstlichen Helden ritterliche Erfahrenheit sehen und prüfen möchte. Hingegen gab der Käyser es auff Herkules oder Ladisla / oder Arbianes. Die GroßFürstin / welche zwischen Fr. Mammeen und dem Käyser saß / wuste sich so wol in die Possen zuschicken / daß kein Römer auff sie argwohnete / auch die unsern selbst / ausser Herkules / zweifelten; dann sie fing mit dem Käyser ein Gespräch an von den Amazonischen Heldinnen / ob man auch trauen dürfte / daß dergleichen / wie man schriebe / je gewesen währen; etliche gäben vor / sie währen von Herkules dem beruffenen Griechischen Heldẽ gedämpft; andere dagegen hielten mit dem Homerus / sie hätten sich noch nach Herkules Tode mit vor Troja wider die Griechen gebrauchen lassen; ja man dürffte bejahen /daß sie annoch zur Zeit des grossen Alexanders gewesen währen. Worauff der Käyser zur Antwort gab: Weil nicht allein die Geschicht-Schreiber einhellig es bejaheten / sondern man auch noch auff diesen Tag etliche trefliche Gebäu zeigete / die von ihnen solten gerichtet seyn; ja über das ihrer vornehmsten Königinnen Nahmen und Nachfolge verhanden wåhren / hätte man seines erachtens nicht groß dran zuzweifeln. Ward also dieses Gespräch auffgehoben / und der Abend mit tanzen und kurzweilen hingebracht. Des folgenden Morgens stellete der AmazoninDolmetscher sich wieder ein / und ließ bey Käyserl. Hocheit und den Fürsten anhalten / eine gute Anzahl wol abgerichteter muhtiger Pferde / teils gesattelt / teils nur schlecht gezäumet auff den Reitplaz führen zulassen; auch ein Gestelle zum Ringelrennen auffzurichten /und etliche stumpfe Schwerter nebest unterschiedlichen Bogen und Pfeilen dabey zuordnen / welches alles zur gnüge verrichtet ward. Der Käyser und die alten Römischen und Paduanischen Herren stunden auf einem absonderlichen Gemache Ostenwerts. Das fremde / Römische und Paduanische ädle Frauenzimmer / hatten allernähest dabey ihren Stand. Gleich gegen über wahren die Fürstinnen alle mit einander /nebest Fr. Kordula / Virginia und Helena. [419] Die GroßFürstin ließ sich anfangs an ihrer stelle öffentlich sehen / grüssete auch insonderheit den Käyser durch ihr GukFenster / umb allen Argwohn abzulehnen /und mustẽ hernach alle ihre Geselschafft die Angesichter mit schwarzem Flohr behängen / da sie ihre Euphrosynen an ihren Plaz stellete / Haar / Angesicht / Hände und Arme braunschwarz anstrich / und ein Amazonisch Kleid anlegete; hatte zween Böhmische mit gleicher Kleidung verstellete ädelknaben bey sich / welche ihr einen köstlichen Bogen / ElffenbeinenKöcher mit Pfeilen / und ein stumpffes Schwert nachtrugen. Als sie in den Plaz trat / erzeigete sie allen Zusehern / und die zur ritterlichen ůbung sich eingestellet hatten / nach StandesGebühr / h \fliche Ehr / und ließ darauff durch ihren Dolmetscher folgende Werbung vortragen: Durchleuchtigste Fürsten / Hochgebohrne Herren und hochädle tapffere Ritter; gegenwärtige mein gnädigstes Fräulein bedinget sich ausdrüklich / daß sie weder aus hochmühtiger Einbildung / noch schändlichem Ehrgeiz diese übung angestellet /vielweniger ihr die Gedanken machet / ob solte sie so treflichen Helden etwas angewinnen können / deren höchste rühmliche Ritterschafft so weit erschollen /daß sie auch den Amazonischen Ritterinnen nit verborgen bleiben mögen / sondern bloß nur die Ehre und das Glük zuhaben / sich in ihrer Geselschafft mit zuüben / hat sie diese RitterSpiele mit antreten wollen / unter der ungezweifelten Zuversicht / sie werde hiedurch niemand einige Verdrießligkeit erzeigen oder zum Widerwillen anreizen. Bittet daneben dienst- und freundlich / einer unter ihrer Hoch-Fürstlichen Geselschafft wolle den Anfang mit dem Pferde bereiten machen. Ladisla / welcher nunmehr seine Schwester gar aus dem Verdacht gelassen / weil er sie niemahls mit verstelletem Angesicht gesehen hatte / gab ihr diese Antwort: Durchleuchtigstes Fräulein / tapffere Amazonin / wie solte einiger Ritter an diesem hochlöblichen beginnen Verdruß tragen / oder deren ritterliches Vornehmen einiger Ungleicheit beschuldigen? Vielmehr erkennen wir ingesamt und jeder insonderheit /Euer Liebe uns davor zu Dienst verbundẽ / nachdem sie uns gewirdiget / daß in ihren ritterlichen übungen wir uns zugebrauchen gelegenheit haben k \nnen; und weil ihre Liebe dieses vierfachen Ritterspiels Uhrheberin ist / wird sie unbeschweret seyn / in allen nach ihrem guten belieben den Anfang zumachen / damit aus ihrem vorgehen wir lernen mögen / wie wir folgen sollen. Die Amazonin neigete sich abermahl / sahe frisch umher / erblickete ein gesatteltes hohes und muhtiges Pferd unter dem Hauffen / und ließ die Diener / die es hielten / es auff die Bahn zihen. Der Käyser / dem es zustund / und es über alle seine LeibRosse schätzete / wiewol ers selber zureiten nicht getrauete / und schon bedacht wahr / Gelegenheit zusuchen /daß Herkules es tu eln möchte / sahe dieses nicht ungerne / dann er meinete / sie wůrde mit Schimpff bestehen / und das übermühtige Tihr nicht zwingen können; aber sie lief mit vollem Sprunge darauff zu /schwang sich als im Augenblik in den Sattel / fassete den Zügel / und beritte es so artig / daß alle Zuseher zweifelten / ob ihr jemand solches nachtuhn wůrde; anfangs sprengete sie damit hinter und vor sich / und zu beyden Seiten aus; hernach ließ sie es im einfachen und gedoppelten Kreisse lauffen / und trieb es zu so hohen gewaltigen Sprüngen an / daß jederman meynete / sie würde den Hals zubrechen / saß doch nicht destoweniger dermassen fest im Sattel / als währe sie darauff geleimet / daß auch der Käyser zu seinen Beystehern anfing: Ich habe dieser verstelleten Amazonin in meinem Herzen sehr unrecht getahn / daß ich dieses [420] Pferd ihr nicht zugetrauet / da sie es doch ungleich tapfferer und witziger als alle meine Bereiter / getummelt hat. Gleich da sahe er / daß sie im vollen rennen herunter sprang / und sich gegen die anwesende höflich neigete. Herkules nam eben dasselbe Pferd / und machte ihr alles genaue nach was sie hatte sehen lassen / ließ auch einsmahls seinen Huet mit gutem Willen auff die Erde fallen / und hueb ihn mit seinem Stäblein in vollem rennen auff. Ladisla und die drey Fůrsten tahten auch ihr bestes / aber an die Amazonin und Herkules kahmen sie nicht. Die R \mischen Ritter verzageten alsbald / hieselbst Ehre zugewinnen / håtten viel lieber weit davon seyn mögen; aber ehrenhalben musten sie mit machen / da der junge Pupienus sich vor andern wol hielt. Als der junge Sulpitius in seiner übung war / sihet die Amazonin Herkules ädlen Blänken stehen / der von vier Dienern gehalten ward /bedachte sich / ob Verdacht zumeiden / sie ihn unbeschritten solte lassen / und ließ sich endlich durch Begierde reizen / daß sie hinzu trat / den Zaum ergrif /und sehr gerade hinauf sprang. Das Pferd seinen ersten Reuter kennend / hielt sich zahm und gehorsam /ließ sich lenken uñ kehren nach allem Wink / und rante sie wie ein Pfeil auff demselben hin und wieder /biß es zimlich ermüdet war / daher Ladisla von neuen gedachte / es müste ohn zweifel seine Schwester seyn / Gott gäbe / wie sie auch unvermerket von der Schau bühne kommen währe / und mit der ihm wolbekanten Farbe sich verstellet hätte. Arbianes wankete auch /und hätte sich schier erkühnet / GroßFürsten Herkules seine Meinung zuentdecken / hielt aber doch inne /aus furcht / sie zubeleidigen / da sie es währe. Endlich ergriff sie ein ungesatteltes doch gezäumetes sehr unbendiges Pferd / sprengete damit hin und her / und tummelte sich rechtschaffen / klemmete sich auch mit den Beinen so feste darauff / daß sie keinen Wank taht / ungeachtet das Pferd nur immer sich bemühete /sie abzuwerffen; welches dem Käyser und andern Römern / als eine unbekante übung fremd vorkam / und sehr zweifelten / ob auch ihrer Leute einer solches wagen dürffte; wie sie dann in Warheit sich dessen alle enthielten; aber die Fürsten ingesamt braucheten sich in dieser ungesattelten RenneSchule sehr wol /daß keiner dem andern nachgab. Nach Vollendung dieser übung / welche anderthalb stunden wehrete /nam die Amazonin ein Speer zum Ringelrennen / taht den ersten Rit auff ihrem Schecken / und nam den Ring artig hinweg. Herkules Ladisla tahten desgleichẽ; Baldrich stach ein wenig zu hoch. Siegward traff Arbianes und die übrigen alle fehleten zum ersten mahl / ohn Skaurus brachte ihn davon. Nach diesem ward noch 20 mahl umgestochen / da die Amazonin und Herkules kein mahl; Ladisla einmahl; Baldrich und Arbianes viermahl; Siegward dreymahl / wie auch Skaurus; die übrigen offter fehl stachẽ. Sie hätten gerne noch etliche Ritte getahn / aber weil die Sonne schon hochstund / ward auch diese übung aufgeruffen; daher nam die Amazonin ihr stumpfes Schwert zur hand / und foderte anfangs Herrn Skaurus aus / mit dem sie drey zierliche Gänge hielt / ihm auch eines über die linke Schulter und das rechte Bein anbrachte / da er sie doch nicht treffen kunte. O nun verzweifele ich an allen übrigen Römern fing der Käyser an /nachdem mein Skaurus / der seines gleichen in Rom nicht hat / den kůrzererzihen muß; kan auch nimmermehr nicht gläuben / daß sein Gegener ein Weibesbild sey; aber was vor ein treflicher Achilles muß doch immermehr unter diesem Amazonischen Kleide verborgen liegen? Der Teutschen Fürsten ist es ja keiner /als die ich alle vor mir in der übung sehe; ist demnach nit [421] anders / es muß etwa GroßFũrst Herkules diesen seinen lieben Diener also abgerichtet haben. Nach Skaurus Abtrit / der sich nicht wenig schämete / weil er seine gröste Hoffnung auff die Fechter Kunst gesetzet hatte / trat des Käysers OberFechtmeister hervor /und begehrete der Amazonin; die ihm gerne zu willen wahr / seinen ersten ungestümen Doppelhieben und Stössen auswiche / doch dabey ihren Vortel ersahe /und ihm eins übers Maul versetzete / daß die rohte Suppe folgete / und er mit Schimpff das Gewehr niderlegen muste. Nachgehends übeten sich die sämtliche Fürsten mit den Römern / und erlangeten hohen Preiß wegen ihrer treflichen Erfahrenheit / wiewol Skaurus und Pupienus ihnen wenig nachgaben. Nun wahr ein grosser Fechter unter den Umstehern / der seine Fechtterkunst zurůhmen anfing / und wie manniche Schuele er ohn einigen empfangenẽ Schlag gehalten hätte / möchte sich auch gerne mit der Amazonin versuchen / wann er dessen könte gewirdiget seyn. Der eine Böhmische ädelknabe hörete solches / hinterbrachte es der Amazonin / die ihm ein Schwert in die Hand gab / welches er dem Fechter einreichen /und ihn herzu führen solte. Dieser war hierzu willig /uñ gedachte sonderliche Ehre einzulegen; hielt sich nach seiner grobẽ Art zimlich / machte sein Aufheben / mit neigẽ / Handstellung in die seite / Schränkung der Füsse uñ Beinschnitten / so gut ers gelernet hatte /welches doch von der Ritterschafft als eine unnütze Gåukeley verlachet ward / uñ die Amazonin durch ihren Dolmetscher zu ihm sagete: Guter Freund / es ist kramantschens gnug / und habt eure Auffhebe Kunst durch Anbehtung eures Schwerts zur gnüge sehen lassen / so kommet nun her / dz ich der Streiche auch empfinden möge. Ja wol / antwortete dieser Ungeschliffene / gar zu früh werde ich euch kommen /hoffe auch / mir werde vergönnet seyn / meine Kunststreiche anzubringen. Darumb sind wir hie / sagte sie / trat ihm entgegen / und befand daß er in der güldenen Kunst sehr gut wahr / und sich im gestrekten Lager mit guter Vorsichtigkeit zu halten wuste / daß ihm so leicht nicht beyzukommen wahr; deswegen sie anfangs sich auch eines langen / bald aber darauff eines kurzen Lagers gebrauchete / ließ ihm sein Spiegelfechten ein wenig antreiben / trat ihm endlich ein /und versetzete ihm eins über die Stirn / daß ihm das Gesichte verging; wiederhohlete den Streich / und schlug ihm die Vörderzähne aus dem Maule / führete alsbald darauff einen starken Unterhieb / und richtete ihm das linke Schienebein also zu / daß er in die Knie niderschoß / und ein starkes Geschrey ausließ. Da erhub sich nun ein solches Gelächter unter den Anwesenden / daß niemand sein eigen Wort h \ren kunte. Die Amazonin aber ließ ihm durch ihren Dolmetscher eine Hand vol Kronen zu seiner Schmerzen linderung einreichen / welche er vor lieb nahm / und als währe alles wol verrichtet / davon ging. Herkules war anfangs nicht willens mit ihr zu fechten / endlich kam ihn eine Lust an / sie zuversuchen / da dann ein so überaus zierlicher und künstlicher Kampff von ihnen gehalten ward / daß alle Anwesende darüber Augen und Mund auffsperreten; doch bekam die Amazonin im dritten gange einen sanften Schlag über den Arm /und ward damit auch das Gefechte geendiget. Das Schiessen wahr noch übrig / worin Herkules sich selbst fürchtete überwunden zu werden. Die Amazonin ergriff ihren Bogen / und begehrete von der Geselschaft / sie möchten nach belieben das Ziel stecken und ordnen. Worauff Skaurus den Pfahl schlug; Pupienus aber einen schwarzen Flecken eines Reichstahlers in der mitte der Scheibẽ mahlete / welches der Amazonin gar zu groß dauchte; [422] daher sie hinzu trat /ein weisses Fleklein einer Haselnus groß in das Schwarze machete / hernach einen schwarzen Quehrstreich mitten über die Scheibe zohe / und durch den Dolmetscher anmelden ließ / sie wolte den gemahleten Strich von der Rechten nach der Linken zu / biß an das weisse Fleklein vor sich nehmen / und voller Pfeile schiessen / die andern möchten von der Linken nach der Rechten zu / ihren Schuß nehmen / und den Strich mit Pfeilen fũllen / hernach solte das Weisse den Meisterschuß geben. Die Anwesende hielten solches vor eine Unmögligkeit / und sahen ihrem beginnen fleissig zu / da sie einen Pfeil nach dem andern /dem geraden Zuge nach / in die Scheibe schoß / als währẽ sie nach der Schnuhr hinein gestecket; und da sie den achten abdrücken wolte / flog ein Geier hoch in lüften über ihr her / welchen sie ohngefehr sahe /und ihn alsbald herunter schoß / daß er Skaurus auff die Achsel fiel; volführete darauff ihr Vorhaben / biß 19 Pfeile in der Reihe stecketen / und drey Daumen breit von dem weissen Flek übrig wahr. Der Käyser sahe diesem mit höchster verwunderung zu / und sagte zu Dio: Ich wahr schier halb willens / das Schiessen mit zu halten (wie er dann ein guter Schütze wahr) aber nun ist mirs Lieb / daß ich mich des Bogen geäussert; dann dieser vermummeten Amazonin gleichen lebet nicht. Es ließ sich niemand im Platze finden / der lust hatte dieses Schiessen mit anzutreten / biß die Amazonin sie anreden ließ / wer in vorigen übungen sich mit gewaget hätte / würde ihr auch in der lezten Geselschaft leisten. Also trat Ladisla zu erst hin / schoß seinen Pfeil ans äusserste der Linken in den Strich / doch daß er nicht gar in die mitte kam /sondern ein wenig zu hoch steckete / weil er aber den Strich über die Halbscheid rührete / ließ man ihn steckẽ. Herkules folgete / und schoß den seinen recht nach gebühr. Baldrich kam etwas zu niedrig / deßwegen ward er ausgezogen. Siegward hoffete es besser zu machen / aber er traff nicht allein zu hoch / sondern auch zu weit nach der Rechten. Arbianes hatte das Glük / daß seyn Pfeil / gleich Ladislaen stecken blieb. Pupienus schoß gar fein / aber er beteurete daß es ein blosser Glückesschuß währe; die übrigen alle schossen gröblich fehl. Also kam die Ordnung wieder an Ladisla / der traff dißmahl recht. Herkules im gleichen; die übrigen fehleten alle. Zum drittenmahl fehlete Ladisla des Streichs / auch alle anderen / ohn Herkules / und machte es Pupienus am schlimmesten /daher sich niemand mehr wolte gebrauchen lassen /ohn allein Herkules füllete die Zeile / wiewol nicht so gar gleich als die Amazonin / wolte doch nit desto weniger den Meisterschuß mit halten / da ihm dann der Vorschuß gegönnet ward / welcher so wol geriet daß er mitten auff das Weisse zustecken kam; dessen die Amazonin sich herzlich erfreuete / ließ das Löchlein nach ausgezogenem Pfeile zupflöcken / legete an / und schoß in eben dasselbe Loch / welches Herkules gemacht hatte / wie es dann von allen / die sich mit ũbeten / besichtiget ward. Arbianes wolte nicht mehr zweiffeln / es müste die unvergleichliche Schützin Valiska seyn / trat zu ihr hin / und sagete auff Medisch: Fr. Schwester / sie ist es und keine andere; welche ihm dann lachend antwortete: Ein Freund verräht den andern nicht; legte ihren Bogen nider / setzete sich auff ein gerades Pferd / und ließ ihr das Geschoß wieder reichen; bald kahmen nach ihrem geheiß etliche Hasen hergelauffen / denen sie nachsetzete / und alle / die sich nicht unter die Leute und Pferde verstecketen / im vollen rennen / zu bodem schoß / daß der Käyser überlaut sagete: O wunder der volkommenheit / wiltu nicht schier auffhören zu wundern! sie taht hierauff noch etliche zierliche ritte / schoß einen Pfeil [423] gerade übersich in die Höhe / daß es zischete /schwang sich sehr artig vom Pferde / und hielt durch ihren Dolmetscher folgende Rede: Großmächtigster unüberwindlichster Käyser; auch Durchleuchtigste Hochgebohrne Fürsten und Herren; Fürstinnen / Frauen und Fräulein; es bedanket sich mein gnädigstes Fräulein / Frl. Minithea untertähnigst / dienst- und freundlich / daß man ihr diese Ubung nicht allein gönnen / sondern auch ihren unvolkommenheiten gnädig und günstig übersehen wollen; den ritterlichen Mitübern erkennet sie sich zu ehrliebender Freundschaft schuldig / wie sie auch uhrbötig ist / allen Anwesenden nach Standes gebühr auffzuwarten / und behägliche angenehmligkeiten zuerweisen. Endlich muste ihr Dolmetscher anzeigen / es möchte der unglũkliche Fechter des folgenden Tages sich bey ihr anmelden /welchen sie noch weiter ergetzen wolte / nachdem sie nicht gerne einigen ungewogenen in dieser Landschaft verlassen möchte. Hiemit nam sie einen Abtrit in ein Untergemach / ließ den Bömischen ädelknaben / der des vorigen Tages sich angegeben hatte / unvermerket an ihre Stelle treten / stieg durch ein Nebentůhrlein auf ihre Schaubũhne / da Gallus ihr aufs schleunigste die Farbe weg nam / und legte sie ihre Kleider an /des verfolgs erwartend. Der Käyser sendete hin nach dem Fürstlichen Frauenzimmer / mit begehren / es möchten ihrer sechse unbeschwert herzu treten / und die Gewin nach der Richter Urtel austeilen. Also gingen Valiska / Sophia / Lukrezie / Sibilla / Ursula und Kordula hin / solches zuverrichten. Den höchsten Preiß von allen vier Spielen empfing die Amazonin von Sophien / und Herkules von seinem Gemahl; als wegen des Bereitens ein par güldener PferdeStangen mit einem Gebiß von ädlen Steinen; wegen des Ringelrennens einen treflichen Kranz von den kostbahrestẽ Perlen; wegen des Fechtens ein Schwert / dessen Gefäß von Demanten schi erte; und wegen des Schiessens ein Kleinot in gestalt eines Handbogen zugerichtet. Der ander Gewin ward Ladisla und Skaurus eingereichet / wegen des Fechtens; Ladisla und Baldrich wegen des Reitens; Ladisla und Siegward wegen des Ringelrennens; Ladisla und Arbianes wegen des Schiessens; welches ihnen Lukrezie uñ Sibylla lieferten; nehmlich jedem wegen des Reitens ein par güldener Sporn mit Rubinen ausgesezt; wegen des Ringelrennens / auch einen Perlen Kranz; wegen des Fechtens ein Kleinot in gestalt eines Adlers; und wegen des Schiessens des KäysersBilde umb und umb mit Saphiren versetzet. Den dritten und lezten Preiß teileten Ursula uñ Kordula aus; Siegwarden und Arbianes wegen des Reitens / ein par güldener Sporn /etwas geringer als die vorigen; Baldrich und Skaurus einen Perlen Kranz wegen des Ringelrennens; Baldrich und Siegward ein par güldener Armbänder wegen des Fechtens; wie auch eben diesen beyden wegen des Schiessens eine güldene Kette; und belieff sich der sämtliche erste Gewin auff 100000 Kronen; der ander auff 60000; der dritte auff 35000 Kronen. Es hatte sich der Tag zimlich schon auff die Späte gezogen /und wahren so wol Zuseher als Ubende noch nüchtern / dz jeden nach der Spise verlangete. Die GroßFürstin machete hieselbst noch einen blinden Auffzug / in dem sie die Amazonin baht / mit ihr zu Tische zu gehen / welche sich aber höflich entschuldigte / mit einwendung / sie hätte annoch sehr nöhtige Sachen zuverrichten / bähte umb verzeihung / und wolte nach verlauff wenig Stunden sich unfehlbar einstellen /Käyserl. Hocheit untertähnigst / und der Hoch Fürstl.[424] Geselschaft dienstlich auffzuwarten; mit welchem erbieten dann der Käyser und die anderen alle / zu frieden seyn musten / weil sie ja noch das Glük haben würden / diesen so treflich fertigen Menschen zuerkennen. Zeit wehrender Mahlzeit ũber / wahr alles Gespräch von Herkules und dieser Amazonin / daß auch der Käyser sagete: Ihn verlangete sehr / diesen wunder geübeten Menschen zukennen / und wer er auch seyn möche / könte er ihn doch vor kein Weibesbild halten. Fr. Söphia antwortete: Es liesse diese Amazonin sich anmelden / daß ihrer Käyserl. Hocheit sie sich gerne untertähnig darstellen wolte / im falle sie bey derselben eines Frevels gnädigste Vergebung erhaltẽ könte / welchen an ihrer Hocheit sie einsmahls / doch nicht aus bösem willen verübet hätte / und wolte sie vor ihr Haupt ihre Hochheit wol versichern /dz die verstellete Amazonin / so die ritterliche Ubung verrichtet / ein wahres Weibsbild währe. Ist sie eine solche / sagte der Käyser / so ist sie die volkommenste in ritterlichen Ubungen; jedoch beteuren wir / daß wir uns durchaus nicht erinnern können / von einigem Weibsbilde einen Frevel eingenommen zuhaben / und ob solches gleich geschehen währe / müste ihr doch willig verzihen seyn / insonderheit / weil es nicht aus boßheit / sondern vielleicht aus blossem Irtuhm wird geschehen seyn. Dieser gnädigen verzeihung / antwortete Fr. Sophia / bedanke wegen meiner Fr. Schwester der Teutschen GroßFürstin / ich mich untertähnigst /und wil ihrer Käyserl. Hocheit nicht långer verschweigen / daß die ritterliche Amazonin keine andere gewesen / als die Durchleuchtigste GroßFürstin / Fr. Valiska / die ihrer Hocheit an der Seite sitzet. Der Käyser entsetzete sich fast / wegen dieses vorbringens / wuste nicht / wovor er sie haltẽ solte / wendete ihr sein Angesicht zu / und sagete: Wie ist es dann möglich / daß eure Liebe auff einmahl und an einem Orte in zween durch Angesicht / Leben und Kleidung unterschiedliche Menschen sich verstellen kan? Nun habe ja ihre Liebe ich nicht allein auff der Schaubühne gesehen /sondern ihr auch die Gewin auszuteilen selbst in die Hand gegeben; überdas mit leiblichen Augen angesehen / daß Fr. Sophia der Amazonin die wolgewonnenen Kleinot zugestellet. Die GroßFürstin erröhtete in etwas / und gab zur Antwort: Unüberwindlichster Käyser; nachdem allergnädigste verzeihung dieses meinen kühnen Frevels ich schon erhalten / wil ihrer Käyserl. Hochheit ich untertähnig berichten / daß ich zwar die Amazonin in den RitterSpielen / aber weder die gestrige / so sich angab / noch die heutige so den Gewin empfing / gewesen bin. Dañ nachdem ich nach vollendung der Spielen einen geschwinden Abtrit nam / habe ich jene zum betrug in bereitschaft gehabt / und ist mir solches so wol gelungen / daß keiner / so nicht zuvor es gewust / mich ungezweifelt erkennet / ohn FürstArbianes hätte mir das Spiel schier verderbet /als welcher mich beim Schiessen / dessen er mehr von mir gesehen / aushohlete / und da meine warnung nicht gewesen / mich vielleicht verrahten / uñ in offentlichen Spot gesetzet hätte. Alle anwesende Römer und Römerinnen kunten sich der GroßFürstin nicht gnug verwundern / so daß ihrer unterschiedliche sie vor eine himlische Göttin zuhalten anfingen / uñ der gänzlichen Meynung wurden / sie můste entweder die algebietende Juno / oder die streitbare Pallas / oder das Schön-Muster die Venus seyn. Ja man fand folgendes Tages unterschiedliche Zettel ausgesträuet /auff welchen dieses Heidnische Verßgeticht geschrieben stund.


[425] 1
Ihr Römer nehmt des Glückes wahr;
Jezt habt ihr das versprochne Jahr /
Da euch die Götter selbst besuchen;
Wie könt ihr dann dem Glücke fluchen?
Erkennet doch die Seligkeit /
Womit euch Jupiter erfreuet;
O der genehmen lieben Zeit /
Die über uns diß Glük ausstreuet!
2
Hilff Juno! deine Himmelspracht /
Hastu zu uns hernieder bracht.
Hilff Pallas! dein ungläublich reiten /
Dein Ringelrennen / Schiessen / Streiten /
Hab ich mit Augen angesehn.
Hilff Venus! deiner Schönheit prangen /
In welchem deine Glieder stehn /
Kan nicht an Menschen Schwacheit langen.
3
Vor diesem wahr der Weisen Schluß;
Die Juno / Pallas und Venus
Bestünden nicht in einem Wesen.
Sie haben warlich falsch gelesen.
Hilff Juno! du bist Pallas mit;
Du / du bist Venus gleicher massen;
Und fehl' ich hie umb einen Trit /
Wil ich mich wol verbrennen lassen.
4
O du dreyfacher Gottheit-Sin /
Bistu nun ein' Amazonin?
Und läst dich fast Barbarisch nennen?
Daß nicht die Welt dich mög' erkennen.
Valiska muß sehr heilig seyn!
Ihr Römer schreibt den hohen Nahmen
In die Stat-Bücher fleissig ein /
Zum guten Nachricht eurem Saamen.
5
Nicht weiß ich / ob auch Phöbus sich
Hier bey uns findet sichtbarlich
In Herkules Gestalt und Leibe.
Recht / wann vor Ladisla ich schreibe /
Gott Merkur / oder Mars vielleicht.
Doch / weil wir sie nicht dürffen ehren /
Und mein Spruch ihrer Hocheit weicht /
Wil ich mich nur zur Göttin kehren.
6
Dreyfache Göttin! ich dein Knecht
Begehre keines Menschen Recht /
Noch Gnade / dich wil ich besingen /
Und mein LobOpffer willig bringen.
O schütze du diß unser Land;
Wend' ab Krieg / Seuchen / teure Zeiten /
Durch deine Krafft und starke Hand /
Und laß die Feind' unglüklich streiten.

Noch kunte der Käyser sich in die Sache nicht schicken / wie sie dann ihr Angesicht / und gleich als im Augenblicke hätte verstellen k \nnen / und gar in eine als von der Sonnen angebrante Farbe verendern; welches sie nur mit einem sittigen Lachen beantwortete /und umb vergünstigung eines kurzen Abtrittes anhielt / damit sie ihrer K. Hochheit diesen zweifel benehmen möchte; machte sich auff Bewilligung mit allen Fürstinnen und neulich verheirahteten Römischen Fräulein in den Garten / und strich ihnen sämtlich das Gesicht / Haar und Hände an; kehreten hernach wieder miteinander nach dem Saal / und stelleten sich in die Reihe vor dem Tische her / da sie so gar unkentlich wahren / daß ihre Eltern selbst an der Warheit / daß sie ihre Kinder währen / zweifeln musten / meineten auch nicht anders / es müste diese verenderung durch eine heimliche ZauberKunst verrichtet werden. Aber Herkules benahm ihnen diesen Wahn bald / und berichtete sie kürzlich / durch was mittel diese Farbe angestrichen und wieder abgetahn würde; lies auch dem Käyser ein weinig reichen und zeigete ihm / wie mans damit machen müste. Nun dürfte ich schweren / sagte der Käyser / das Frauenzimmer anschauend / daß Prokulus sich aller Ansprache willig begeben / und keines streits begehren würde / wann er Fürstin Lukrezien und Sibyllen in dieser Gestalt sehen solte. Allergnädigster Käyser / antwortete Lukrezia / so müste er mir dannoch zum Eheliebsten viel zu schlim sein /wann mir gleich eine zehnmahl heßlichere Gestalt angebohren währe; nicht daß ich ihn wegen seines Standes oder Herkommens verachte / sondern weil die blödigkeit seines Gehirns und sein Tugend-mangel noch wol hundert mahl heslicher als mein jetziges Angesicht erscheinen würde / wann mans sehen könte.[426] Ich gebe diesem recht / sagte der Käyser; aber wisset ihr nicht / fragete er Gallus / wie dieses Kunstpulver zugerichtet wird? Nein / aller gnädigster Käyser /sagte er; Mein Obrister / da ich noch ein Räuber wahr / hatte diese Kunst vor sich allein / und gab vor / es währe seine eigene erfindung / die er noch keinem einigen Menschen mitgeteilet hätte; erboht sich gleichwol / mich dieselbe zulehren / welches aber seine Niederlage im Walde / und meine glükliche Bekehrung verhindert hat. Der Käyser hörete solches ungerne /lies ihm einen teil geben / und verwahrete es fleissig /im Nohtfalle zugebrauchen / da ihm Valiska an dem Frauenzimmer sehen lies / wie mans wieder abreiben könte Er richtete diesen Abend eine vertrauliche freundschaft mit Herkules und seinem Gemahl auff /so daß er ihninvictissimum Heroa, optimumque Imperatoris fratrem;Einen unüberwindlichen Held / und des Käysers allerbesten Bruder. Sie aber /Incomparabilem Heroinam, optimamque Imperatoris sororem;Eine unvergleichliche Heldin / und des Käysers allerbeste Schwester nennete; sich auch erboht / mit ihnen alle seine Hocheit zuteilen und gemein zu haben; dessen sie doch beiderseits sich unwirdig nenneten / und vor die hohe gewogenheit sich untertähnig bedanketen. Des folgenden Tages kahmen der Grosfürstin die obgesetzete Reimen zur Hand / über welche sie sehr unwillig ward / dem Tichter / dafern sie ihn ausforschen könte / schwere Rache dräuete / zureiß die schrift in kleine stücken und sagete; es müste ihr ewig leid sein / die Stad Padua jemals gesehen zuhaben / wann zu solcher Abgötterey sie Ursach und Anlaß geben solte; ja sie gelobete 2000 Kronen aus / wann man ihr den Uhrschreiber anmelden würde. Ach du mein Gott /sagte sie überlaut bey der Mahlzeit / sol man die wahre aller höchstheilige Gottheit so schimpflich halten / daß man sie einem schwachen Menschen Kinde /um etwa eines Rittes oder Schusses willen zuleget? ja solte ich elende vor eine Göttin angesehen sein / die ich doch so grossem Vnglůck unterworfen gewesen /und über Meer und Land mich habe müssẽ schleppen lassen? Mein Gefängnis ist ja in ganz Asien bekant; meine Unfälle wissen die kleinen Kinder daselbst zu erzåhlen. O was vor unbesonnenheit treibet doch die Menschen an / daß wann Gott etwa einem eine geringe LeibesZierligkeit verleihet / solches alsbald vor himlisch und göttlich sol gehalten und ausgeruffen sein. Narren sind es / und unverständige grobe Klozhölzer / die dem götlichen wesen schwache menschliche Leiber / Fleisch / Blut und Knochen zulegen. Die verständige Weltgelehrte habens viel besser / als die Wahnwitzige Tichter / so man Poeten nennet / gewust; dann sie verstehen und bekennen /daß Gott ein Geist / nicht ein Mensch; eine Kraft und unbegreifliches Wesen / nicht ein kleines ũmschriebe nes Geschöpf sein müsse; und währe sehr gut / daß man auß deren schriften die jugend etwas fleissiger in der Erkäntnis Gottes unterrichtete / und der Tichter Lügen Bücher im Feur gen Himmel schickete / so lange ein Mensch dadurch geärgert und verführet werden kan. Ich möchte den jetzigen Tohren gerne fragen / warumb er nicht mit einer Göttin friedlich ist / und auß mir eine dreifache / als eine hochmühtige / blutgierige und Unzüchtige zu machen gedenket / und kan mir doch in alle Ewigkeit nicht beweisen / daß auch nur eine einzige Göttin im Himmel oder auf Erden oder unter der Erden sey. Dann worzu solte sie doch sein? oder wie solte ich gläuben / daß Gott ein Weib habe? dann lieber worzu hat er sie doch? ein Geist suchet ja keine fleischliche Wollust; so zeuget er auch ja keine Kinder oder Geisterlein mit ihr; dann wer lachet des OvidianischenMehrleins nicht / daß er den Höchsten [427] Gott / welchen er Jupiter nennet / zum Ochsen umb Frl. Europen willen machet? O du blinde Vernunft / lerne doch erkennen / daß Gott ein reines keusches unverendertes ewiges Wesen sey / dem kein Abzug kein Zufal / kein Muhtwille / keine Frecheit /aber auch keine Schwach- und Unvolkommenheit kan noch muß zugeleget werden; dann wie könte Gott alle dinge ordnen / schaffen und erhalten / wann einiger Gebrech an ihm währe? wie könte er das höchste Gut sein / wann einige zuneigung zum Bösen bey ihm währe? Ich rede kühnlich / weil ich einen gnädigsten Käyser habe / und umb so viel kühner / weil ich dem wahren Gott nichts unbilliches / nichts vorwerfliches /nichts gebrechliches antichte; weiß auch / daß die Grosmächtige Käyserliche Fr. Mutter mit mir allerdinge einig ist. Dann warumb solte ich leugnen / daß ich eine Christin bin? so weiß ich ja auch / daß mannicher Christ bey meinem Gnädigsten Käyser wol gelitten ist / und dessen Hocheit meinem HErrn und Heiland Jesus Christ selbst nicht verachtet (dieses sagte sie / weil der Käyser denselbẽ auch mit unter seine andere HausGötter rechnete). Weil dann die Christen / fuhr sie fort / den Tichtungen von den falschen Göttern und Göttinnen hertzlich feind sind / hat der heutige schändliche Lůgen Tichter keine andere Belohnung bey mir zu hoffen / als verachtung / Feindschaft / Haß / Schmach und Straffe / dafern ich seiner nur mächtig werden kan. Alle Anwesende höreten ihr fleissig zu / sahen ihr die Augen im Kopfe vor Zorn fünkeln / und sprach der Käyser sie zufrieden; sie möchte diesen Närrischen Tichter ihres ädlen Eifers unwirdig halten; könte er ihn in erfahrung bringen /solte es ihm ungestraffet nicht hingehẽ. Worauf sie sich dann zufrieden gab / und bey dem Kåyser bitlich erhielt / daß aufgeruffen ward / da iemand dergleichen Zettel gefunden / solte er sie straks Angesichts einliefern / derẽ 25 eines Inhalts herzugebracht und mit Feur verbrennet wurden. Es wahr dieses der Sechste Tag der Hochzeit / an welchem Herkules und Ladisla allen Römischen Herren / Frauen und Fräulein köstliche Kleinot und Ringe / teils aus der Räuber Höhle /teils aus Asten mitgebracht / austeileten / ihrer Freund- und Kundschaft dabey zudenken; insonderheit bestelleten sie bey Herr M. Fabius / daß dem Käyser in der Stad Rom / nicht weit von ihren aufgerichteten Bildnissen / ein Siegesbogen / und eine hohe Spitze solte aufgebauet werden / dero behuef sie ihm dann 4 Tonnen Goldes einlieferten; Welches er dem Käyser unangezeigt nicht lassen durfte / der ihre Gewogenheit daraus erkennend / hinwiederum jedem einen güldenen KönigsStab / als freien Bundgenossen / und des Römischen Reichs Freunden / schenkete.

Des nähstfolgenden Tages zimlich früh / ward dem Käyser angemeldet; es hielte ein sehr grosser starker Ritter / scheußliches Angesichts mit 12 Gewapneten /und 10 Leibdienern vor dem StadTohr / gäbe sich an vor einen Pannonischen Herren und Gesanten seines Königes / und begehrete vor den Römischen Käyser gelassen zuwerden / als welchen er wegen seines Königes und des Pañonischen Reichs etwas vorzutragen hätte. Vielleicht / antwortete Dio / wil Pañonien sich dereins bequemen / nachdem es uns etliche Jahr aneinander manniche Ungelegenheit verursachet hat /und verlanget mich zuwissen / was dieser guts neues bringen wird. Der Käyser befahl / man solte ihn neben den seinen in die Stad lassen / und in eine gute Herberge legen / biß er nach gehaltenem Frühstücke (dann sie wahren willens auf die Jagt zureiten / welches hiedurch auffgeschoben ward) vorgefodert[428] wůrde; Wie dann nach verlauf einer guten Stunde geschahe / und der Käyser mit Herkules / Ladisla / und den gesamten Römischen Herren sich in ein grosses Gemach begab / da Herkules ihm zur Rechten / Ladisla zur Linken / und die Römer gegen ůber sitzen musten. Bald trat dieses erschrökliche Ungeheur /welches einem wilden / als vernünfftigen Menschen ähnlicher sahe / mit ungewischeten Stiefeln und Sporen hinein / und ohn einige Ehrerbietung hielt er diese Rede mit grausamer Stimme; Es ist durch die Welt bekant / daß der bißher zwischen euch Römern und uns Pannoniern geführte Krieg an beyden seiten gute Stösse und wenig Nutzen abgeben hat / uñ wir allerseits lieber den Frieden als Krieg haben möchten. Wer unter uns die wichtigste ursach habe / das Schwert zugebrauchen / wird ein unverdächtiger Richter leicht finden / weil wir unsere Freiheit / in welcher wir ehmahls gelebet / wieder suchen / ihr aber ein unbefugtes Joch uns anzuwerffen bemühet seid. Doch habe ich keinen Befehl / mich hierüber zuzanken / sondern dem Römischen Käyser oder seinen Gevolmächtigten anzusagen / daß mein König zum Frieden wol geneigt sey; weil er aber nicht absihet / was vor Mittel zum schleunigen Vergleich möchten vorgeschlagen werden können / oder ablanglich seyn / und dannoch durch Wũrffel oder Kartenspiel sichs weder gewinnen noch verlieren lassen wil / als meynet seine Königl. Hocheit / den sachen nicht besser abgeholffen werden möge / als daß auff eines Mannes Spitze das ganze Hauptwerk gestellet werde / da sonst eine solche tapffere Erklärung von euch Römern angenommen werden darff. Jedoch / warumb woltet ihr euch dessen wegern / die ihr euch ja vor die Ritterlichsten und Streitbahresten der Welt haltet / auch durch überwindung vieler Länder und Städte gnug erzeiget / daß euch die Fäuste nicht schlaffen / noch die Waffen verrosten. So höret dann nun meines Königes Vortrag /worin sein ganzes Reich eingewilliget hat; Ich wil im Nahmen meines Königes und des Pannonischen Reichs (dessen ich satte schrifftliche Volmacht auffzulegen habe) euch einen Kämpffer stellen / mit Schild / Helm / Speer und Schwert / auch gnugsame Versicherung tuhn / daß / dafern derselbe von eurem Gegenkämpffer solte gefellet / das ist / erschlagen oder lebendig gefangen werden / der Pannonier König und sein Reich dem Römischen Käyser jährlich die angemuhtete Schatzung / zehn Jahr lang aneinander unwegerlich geben und entrichten sollen und wollen. Hingegen wann der unsere über eurem Kämpffer die Oberhand / wie er hoffet / erlangen würde / wil der Pannonische König und sein Reich von euch zehn Jahr lang aller Ansprache entlediget und benommen seyn / auch wehrender Zeit über sich aller Tähtligkeit (da ihm sonst nicht Ursach gegeben wird) enthalten. Sehet da eine billiche Rachtung / weder euch schimpflich noch uns verweißlich / und kan vielleicht in einer Viertelstunde aller Span geschlichtet / und der Krieg vertragen werden / wann ein solches euch nur anstehet / dessen ich gerne bald möchte verständiget seyn. Der Käyser hieß ihn nach geendigter Rede einen Abtrit nehmen / und beredete sich mit den anwesenden; da die Römer ingesamt Herrn Dions Meinung beypflichteten / man solte diesen Vorschlag nicht eingehen; massen die Pannonier in solchen absonderlichen Streiten sehr verwägen und doch glũklich währen /und mannichen streitbahren Römer auff solche weise oft schimpflich gnug erlegt hätten. Wolte man ihnen die Schatzung erlassen / könte solches aus freier Mildigkeit geschehen / so bliebe man ausser furcht der Beschimpffung. Es träffe ohn das nicht so [429] gar ein übermässiges an / und währe zu dieser Zeit nicht undienlich / daß man einen Stillstand mit ihnen machete / damit das Reich in etwas ausruhen / und sich erhohlen könte. Ehre gnug / daß sie umb Friede anhielten /und stünde Römischer Hocheit nicht unrühmlich an /einem so mächtigen Feinde denselben auff ersuchen mitzuteilen. Als die Römer dieses Schlusses fast einig wahren / baht der Käyser unsern Herkules / seine meinung hierüber zuentdecken; welcher nun ihren Schluß nicht tadeln wolte / und diese Antwort gab: Ich bin zu geringe / Unüberwindlichster Käyser / so vieler hochweiser Herren Raht zuverwerffen / oder vor undüchtig zuhalten / angesehen mir überdas des Römischen Reichs Notturfft ganz unbewust ist / würde mir auch unbesoñen anstehen / mich in fremde Händel einzumischen; nur / da mirs nicht solte verarget werden / gebe ich ihnen vernünftig zubetrachten / ob diese ohndas tölpische Pannonier es den Römern nicht vor eine Zagheit auslegen werden / daß man ihnen die Schatzung erlässet / und doch des angebohrenen Kampffs sich entbricht. Freilich werden sie sich rühmen / und in ihren Zechen davon fingen / ein einiger Ritter habe dem Römischen Käyser diesen Vertrag abgetrotzet /und ganz Rom dermassen in Furcht gesetzet / daß man wegen Erlassung des Kampffs Gott noch darzu gedanket habe. Versichert euch / meine Herren / es wird nicht anders ergehen; Ihr angebohrner Stolz und eingesenkte Ruhmrätigkeit pfleget nicht anders zuverfahren; Dürffte demnach ich schier der unvorgreiflichen Meinung seyn / im falle man den unnöhtigen Kampff nicht annehmen wolte / bey der Anfoderung der Schatzung zuverharren / aufs wenigste noch eine zeitlang / als ihnen solche alsbald nachzulassen. Ich vor mein Häupt / nachdem ich vor einen Römischen Bůrger auffgenommen / und in ihren höchsten Adel eingeschrieben bin / habe Römischer Käyserl. Hocheit noch kein Zeichen der tiefschuldigen Dankbarkeit /viel weniger dem Römischen Reich einigen Dienst erweisen können; möchte wünschen / daß ich könte gewirdiget werden / diesen Kampff auff mich zunehmen / wolte ich durch Gottes Hülffe und Beystand an der überwindung nicht gar verzweifeln / ungeachtet ich schon merke / daß dieser Unhold selbst der Kämpffer seyn werde. Der Käyser umfing ihn hierauf mit brüderlicher Gewogenheit / und antwortete ihm: Mein allerliebster Freund und bester Bruder; Euer Liebe erbieten ist zu groß / und kan von uns und dem Römischen Reiche nit ersetzet werden; müste uns auch ewig leid seyn / dafern Eure Liebe hiedurch in Lebensgefahr gerahten solte; und dannoch dessen Ehre und Ruhms Auffnahme zuhindern / wil uns gleich wol nicht gebũhren; stellen demnach Eurer Liebe heim /hierin nach gutdůnken zuverfahren. Bũrgemeister Pupienus bedankete sich imgleichen gegen ihn / wegen des Römischen Rahts / vor solches erbieten / welches nach Vermögen zuersetzen / nebest Kåyserlicher Hocheit sie alle wolten gefliessen seyn. Diese Volmacht nahm Herkules mit Danksagung an; ward also der Pannonier wieder hinein gefodert / welchen Herkules also anredete: Höret ihr Gesanter; nicht unbillich verwundert sich unser allerseits gnädigster Käyser uñ Herr / eures unhöflichen / Ehrerbietungs-losen und frevelmůhtigen Vorbringens / und dz eure Anfoderung ihr vor Darlegung schrifftlicher Volmacht so dürre und verwägen habt vortragen dürffen; jedoch sey dieses verhalten eurer Unbedachtsamkeit zugeschrieben / wodurch ihr uns zuerkennen gebet / daß mit hohen gewaltigẽ Fůrsten zuhandeln eures Handwerks nicht sey. Meinet aber euer K \nig / Römischer Wiz und bedachtsame Vernunfft [430] fahre so unvernünfftig / und stelle des ganzen Reichs Wolfahrt auff eines MenschenFaust / oder wie ihr vielleicht gerne sehen m \chtet / auff Wůrffel und Kartenspiel / wie die Hollunken ihre Diebespfennige? Die Verzweifelung gibt solche Vorschläge an die Hand / nicht verständige Herzhafftigkeit und Stärke; dann solte dieses allemahl gůltig seyn / wie wolte dann der Schwächere sein Recht behäupten? Es möchte sich vielleicht ein verwägener Wagehalß unter euch finden / welcher nit durch Tugend / sondern aus Raserey und Wahnwiz angetrieben / sein viehisches wüten suchte anzubringen / wie ich dessen vor vier Jahren ein Beyspiel in meiner blũhenden Jugend am Böhmischen Hofe erlebet habe / da ich ehrenhalben nicht umhin kunte /mich mit einem euch nicht unähnlichen frechen Pannonier nacket zuschlagen / worzu ihn bloß seine Unbescheidenheit brachte / und darüber mir zur Busse den Kopff lassen muste. Daß ich aber auff mein voriges komme / hält man nicht allein unnöhtig / sondern auch unverantwortlich / dergleichen Vortrag einzugehen / es währe dann / daß ein Ritter sich von freien stücken anmeldete / Pannonischen Hochmuht abzustraffen / und euch mit seiner Faust erkennen zugeben / wie wenig Römische Tapfferkeit euren unvernünfftigen Frevel achtet. Könnet demnach euren so gutwilligen Kämpfer melden / alsdann dürffte sich etwa einer finden / welcher Römischer Käyserl. Hocheit zu untertähnigen Ehren einen oder etliche Ritte mit wagete. Der Pannonier stund und bisse die Zähne im Kopffe zusammen / daß es ein starkes Geknirre gab / sagte auch bald darauff zu Herkules: Seid ihr wol derselbe /der meinen Bruder den ritterlichen Bato sol erschlagẽ haben? dem ich nun so manniche Zeit vergeblich nachgefraget / uñ nicht anders gemeinet / er währe mir aus der Welt entlauffen. Ich hoffe / die Götter werden uns Gelegenheit geben / dereins bessere Kundschafft mit einander zumachen / wornach ich mich äusserst bemühen wil. Vor dißmahl habe ich auff getahnẽ Verweiß zu antworten / daß wir Pannonier nicht absehen können / warumb ein ritterliches ausfodern vor unbillich oder unvernünftig solte geachtet werden /zumahl wann solches Mann an Mann / Ritter an Ritter geschihet; ja wann hiedurch dem algemeinen lieben Vaterlande kan gedienet / und grösserem Unheil und blutstůrzen abgeholffen werden. Ob wir dann gleich so zärtlich geschikt nit sind / noch weibisch-höfliche Sprüche gelernet haben / führen wir dannoch unsere Schwerter mit guter Vorsichtigkeit / und geben wol acht / daß wir uns an des Feindes seinem selber nit spiessen. Daß aber mein K \nig diesen Vorschlag tuhn wollen / stehet zu meiner Verantwortung nicht; nur allein hoffe ich / das lezte erbieten werde nicht nur zum schein geredet seyn / und ist mir gleich / was der künftige Kämpfer vor bedenken haben mag / sich in den Streit zuwagen / wann nur die Bedingung / die Schatzung betreffend / eingegangen wird / ohn welche an unser Seiten der Kampf nicht kan angetreten werden. Die schrifftliche Volmacht aufzulegen / hat mich noch Zeit genug gedaucht / massen ich ja nicht entlauffen wil; und wer sie zusehen begehret / kan sie hie von mir nehmen; werde mich schließlich nicht scheuhen / den Kåmpfer nahmhafft zumachen / dann derselbe bin ich / wann nur der Gegener sich findet / und meiner Geselschafft schrifftliche Versicherung geschihet / daß auff getahnen Vorschlag der Kampff angenommen sey / alsdann werden wir hernach umb den Sieg fein zierlich zuspielen haben. Herkules lachete des Hochmuhts / und indem Dio seine schrifftliche Volmacht durchlase / sagete er zu ihm: Mein Kerl /ihr werdet nach diesem [431] in Käyserl. Hocheit Gegenwart etwas bescheidener verfahren / oder uns darlegen / ob solchen Hochmuht sehen zulassen / von eurem Könige euch ausdrüklich befohlen sey; und wañ es an diesem ermangeln würde / hätte man euch vor keinẽ Gesanten zuhaltẽ; solte sichs aber findẽ / so muß euer König wissen / dz man nit ursach habe / solchẽ Troz zudulden / viel weniger sich davor zufürchten / massen ihr ja mit keinen überwundenen handelt / sond'n als von denẽ ihr den Frieden gerne habẽ wollet. Im übrigẽ / dz ihr euch eures Spiels so hoch rühmet / so komt ihr mir ohndz als ein zierlicher Spieler vor /welches ich auf seinẽ wert ersitzẽ lasse; nur möchte ich gerne wissen / wie ihr so nach meiner besseren Kundschaft trachtet / und ihr doch unberichtet seid /ob sie mir angenehm seyn würde; dañ ist gleich jener von mir erlegte Pannonier euer leiblicher Bruder gewesen / werdet ihr ja deßwegen keine Rache üben wollen / inbetrachtung / er mir durch seine Unhöfligkeit / deren er sich beydes wieder den Bömischen König höchstsel. andenkens / und wieder mich gebrauchete / grosse Ursach darzu gab. Ich handele alhier auff Pannonisch / antwortete dieser / und bringe die Sache ritterlich vor / habe auch schon angezeiget /daß ich keine zierliche Sprüche gelernet habe. Was ich aber vor ein Spieler bin / sol sich ausfündig machen / wann mirs nur gegönnet wird / wil auch nicht zweiffeln / da ich euch nur an Ort uñ Ende haben kan / ihr mir eure bessere Kundschaft wol gönnen sollet /es benehme mir dann ein solches euer schnellauffendes Pferd / dem ich etwa nicht würde folgen können Gut mein Pannonier / sagte Herkules / daß ihr mich so träulich warnet; werde mich demnach meiner Haut versicheren müssen / wann mir vor euch grauet; doch trüge ich schier belieben / diese Stunde solche Kundschaft mit euch zu machen. Weil aber das gemeine Wesen dem eigenen vorzuzihen ist / wird mein gnädigster Käyser in eure ausfoderung / nicht aus pflicht /sondern eurẽ muhtwillen zu dämpfen / schon gehehlen / und die begehrete Versicherung alsobald ausfertigen lassen. Wann ich dann etwas eigentlicher vernehmen werde / mit was bedingung ihr den Streit zu führen gesoñen seid / wil ich einen meiner guten Freunde vermögen / daß er euch Fuß halten sol. Der Pannonier ward dieser Erklärung froh / und erboht sich / zu Roß und Fuß in vollem Reitharnische unter Schild und Helm mit Speer und Schwert nach ehrlichem Ritters brauch zu kämpfen / mit bedingung / daß sein Bestreiter Zeit seines lebens sein Leibeigener seyn müste / da er ihn im Kampf lebendig fahen könte / und erhöhte er sich hinwiederumb zu gleichmässigem. Herkules ließ hierüber ein Gelächter aus / und sagete: Als viel ich h \re / mein Pannonier / suchet ihr auch euren eigenen nutzen hierunter / ob ihr etwa die Zahl eurer leibeigenen Knechte vermehren möchtet. Wie aber /wann ich euer Gegener währe / und ihr mich griffet /würdet ihr euch meiner wenig zuerfreuen haben / dañ ich bin zimlich steiff von sinnen / und lasse mich nicht gerne peitschen. Daß ich euch aber nicht zu lange auffhalte / so gehet hin und wapnet euch aufs beste; ich nehme nicht allein den Kampf / sondern auch dessen bedingung an / meinem gnädigsten Käyser zu ehren / weil der Sinn mirs noch nicht zuträget /daß ihr der erste seyn werdet / der einen gebohrnen GroßFürsten der Teutschen aus offentlichem Kampfe zum Leibeigenen hinweg führen solte / ob gleich eure Landsleute als Räuber mir ehmahls die Dienstkette angeleget haben; doch wo ihr von der Reise noch müde seid / so ruhet aus biß Morgen / länger werde ich euch nicht Zeit geben. Der Pannonier wahr voller freuden / lachete ůber laut und gab zur Antwort: Ich danke den Göttern / [432] daß sie mir heut einen gedoppelten Sieg in die Hand spielen wollen / auff einmahl mein Vaterland zubefreien / und meinen Bruder zu rächen. Der Reise beschwerligkeit hat mich gar nicht müde gemacht / wann ihr nur bald gnug erscheinen möchtet; und wann ihr nun mein Leibeigener seyn werdet / dann habe ich schon mittel / steiffe Siñen zu beugen / und verwähnete Gedanken einzurichten. Daß ich aber bey dem Römischen Käyser einen gebohrnen GroßFürsten der Teutschen zum Verfechter Römischer Ehre antreffe / ist mir sehr fremde / weil dieselben bißdaher nicht gut Römisch gewesen sind. Nahm hiemit seinen Abscheid / und verließ Herkules in grossem Zorn / welchen Ladisla also anredete: Mein Bruder / biß gebehten / und laß mich deine stelle vertreten / dañ dieser Hund ist deines Schwerts unwirdig. So ist er auch gewislich nimmermehr der Ehren / antwortete Herkules / das eines herschenden Königes Gewehr über ihn solte gezücket werden; und weil ich weis /daß du allemahl meiner ehren Befoderer bist / hoffe ich / du werdest dich hierin nicht sperren. Alle Anwesende verwunderten sich ihrer Herzhaftigkeit und geträuen Freundschaft / hatten auch nebest dem Käyser gute Hoffnung zum Siege. Wie sie nun nach der Geselschaft gingen / und ihnen den verhandelten Kampf zu wissen macheten / verenderte die GroßFürstin in etwas ihre Farbe / gab sich doch bald zu frieden / da sie hörete / daß er ehrenhalben nicht anders kunte /ließ seine festesten Waffen herzubringen / und halff ihm dieselben auffs fleissigste anlegen / neben der erinnerung / seiner gewöhnlichen Vorsichtigkeit eingedenke zu seyn / und einen Vortel / den ihm Gott zeigen würde / nicht auszuschlagen; dann sagte sie / ich halte es vor eine Verwägenheit / wann man sich des Feindes Unfal nicht gebrauchen wil / welchen Gott allemahl uns zum besten schicket; ich wil Zeit wehrendes Kampfes euch in meinem andächtigen Gebeht der Barmherzigkeit und schuznehmung unsers Gottes und Heylandes befehlen. Als er allerdinge gewapnet wahr / ließ der Käyser einen köstlichẽ Helm von dem reinesten und festesten Stahl herbringen / setzete ihm denselben mit eigenen Händen auff / und sagete: Mein werter Herr Bruder; Gott verleihe euch Glük uñ Sieg zu steter aufnahme eures unsterblichen Preises. Besahe hernach sein Schwert / und dauchte ihn solches nicht stark gnug seyn; stellete ihm ein anders zu / dessen Klinge der erste Käyser Julius / seinem vorgeben nach / solte geführet haben. Er besan sich / was vor ein Pferd er nehmen wolte; aber auff seines Gemahls und Ladisla anhalten muste er sich seines ädlen Blänken gebrauchen. Die anwesende Fürsten und Ritter wapneten sich auch / und hielt insonderheit Baldrich bey seinem Bruder inständig an / daß er an seine stat den Kampff antreten möchte / welches er ihm mit sittigen Worten abschlug. Die Streitbahn wahr bestimmet / wo Ladisla vor diesem seinen Feind Fulvius erleget hatte / dahin sie ingesamt ritten / und Herkules von dem Käyser und Bürgemeister Pupienus in der mitte begleitet ward. Er ritte sehr freudig / führete einen güldenen Römischen Adler auff dem Helme /der eine Siegsfahne in der rechten Klauen fũhrete; in seinem Schilde wahr ein strahlender Hi el / GottesReinigkeit zubedeuten / angemahlet / unter welchẽ ein Ritter in vollem Harnische auff den Knien mit erhobenen Händen sein Gebeht verrichtete / mit dieser umschrift:Clypeus omnibus in te sperantibus tu DEVS es. Du Gott bist ein Schild allen die auf dich hoffen. Das Frauenzimmer setzete sich mit der GroßFürstin auff ihren Elefanten / dem sie ein neues kostbahres Zeug hatte machen lassen / und muste Arbianes wieder seinen Willen ihr darauff [433] Geselschaft leisten. Der ungeschliffene Pannonier / nahmens Pines / hatte mit seinen wolgewapneten handfesten Rittern / auch allen Dienern sich schon hinaus gemacht; welchen Ladisla ersehend / alsbald seinen Leches zu ihm abfertigte /und ihn fragen ließ / was er so viel gewapneter mit sich führete; sie solten sich entweder erklären / ob sie lust zum Streit hätten / weil die Pannonier seine Feinde währen / oder da sie sich dessen wegerten / solten sie sich von der Bahn packen / oder auffs wenigste alle Rustung / gleich den andern ihren Dienern ablegen. Diese verdroß solche Anmuhtung / und gaben zur Antwort: So einer oder ander auff sie zu sprechen hätte / währen sie ja so willig als fertig / einen ritterlichen Saz zu wagen; ihre Waffen trügen sie mit ehren /und wolten sie schützen als lange sie warm dariñen währen. Ladisla entboht ihnen darauff; so solten sie sich dann bereit halten / unter der Bedingung (das gemeine Wesen ausgesezt) zu kämpffen wie ihr Fůhrer /es wũrden sich Ritter finden / die ihnen zeigen solten /wie man in Feindes Lande die Waffen zu rücke lasen müste / wann man umb Frieden ansuchete; und als die Pannonier sich abermahl erkläreten / seines willens /so weit den Kampff beträffe / unter der angemuhteten Bedingung zugeleben; sagte Ladisla zu seiner Geselschaft: Ey so wil uns das Glük noch so wol / daß wir uns neben unsern Freund mit wagen können. Foderte darauff Baldrich / Siegward / Leches / Neda uñ Prinsla zu sich / und sagete: Komt ihr geliebte Brüder und Ritter / das Glük / nach Gottes schickung / suchet uns auch zu ehren. Der junge Fabius und Skaurus höreten solches / und fingen an: Wie dann? Durchleuchtigster Fürst / wil dann eure Durchl. uns ihrer Geselschaft nit auch wirdigen / da wir doch noch zween Feinde vor uns übrig sehen? warumb nicht? antwortete er / wir wollen ob Gott wil ritterlich gewinnen / oder rühmlich sterben. Setzeten sich hiemit neben einander auff den Plaz / uñ höreten frölich an / wie so freundlich ihnen der Käyser zuredete / und ihre Tapferkeit rühmete. Ladisla / Baldrich und Siegward erhielten durch viel bitten / daß ihnen der Anfang zu streiten gegönnet ward / liessen auch die drey ansehnlichsten Pannonier alsbald fodern; aber deren Führen Pines wolte es durchaus nicht gestatten / er hätte dann zuvor seinen Kampff geendiget. Ja sagte er / fürchtet sich etwa mein zarter Kämpffer / dem ich so unhöflich vorko e / und sihet mich nur von ferne; was wird es abgeben /wann er das Gewicht meiner unhöflichen Arme empfinden mus? Du unbehöfelter Kloz antwortete Leches / legestu dieses meinem gnädigstẽ Herrn zur Furcht aus / bistu in Warheit heßlich betrogen / und gedenke ich noch heut dich dessen zuerinnern. Je du nichtwerter Tropf / sagte Pines / was hastu mich zu schelten? Siehe da / ich schwere dir bey Pannonischer Ritterehre / daß / so bald dein Gnädigster Herr / wie du ihn nennest / von mir wird gezähmet seyn / welches in einer viertelstunde geschehen sol / ich dich schon finden / und nach verdienst abstraffen werde. Grober Büffels Ochse / antwortete Leches / es gehören ihrer zween zu einen Kauffe / und důrfte ich meinem Gn. Herrn vorgreiffen / müstestu mir zeigen / wie fein du die Leute zuzähmen weist; bin aber versichert / daß dir ein solcher aufwarten wird / nach dessen Abtrit du des andern Bestreiters nicht begehren solt / es währe dann / daß du als ein ungehorsamer Knecht mit Peitschen und Ruhten müstest bestritten werden. Rante hiemit zurük / und hinterbrachte das ergangene Gespräch; wodurch Herkules Zorn nicht umb ein geringes vermehret ward / schikte auch den Pannoniern alsbald eine zimliche Anzahl fester Speere / darunter er ihnen die erste Wahl gab / [434] nam hernach die ihn gut dauchten / befahl sich seinem Gott / und erwartete freudig / wann sein Feind loßgehen würde. Sein Pferd hielt sich so unbendig unter ihm / daß dem Käyser nicht wol dabey wahr / und sich fürchtete / es möchte ihm am Siege hinderlich seyn; da hingegen ihm solches als ein gewisses Zeichen seines guten Muhts gar angenehm wahr. Der Pannonier nam ihm vor / alle Vorsichtigkeit anzuwenden / dann er sahe und vernam / daß sein Feind gutes Herzens wahr / und als er innen ward / daß Herkules nicht allein sein wartete / sondern durch Speerwinken und schwänken zuverstehen gab / daß er sein begehrete / gab er seinem grossen Hengste die Sporen / legte ein / und rante mit grimmigem Eifer auff ihn zu; aber sein Pferd wahr kaum 10 Schritte gelauffen / da fiel es im Augenblicke tod unter ihm nieder / daß seine Diener ihn loßreissen und auffheben musten. Herkules wahr schon auff dem Wege / ihm zubegegnen / sahe diesen Unfall / kehrete wieder umb / und hielt es vor ein gewisses Zeichen seines künfftigen herlichen Sieges; wie dann alle anwesende darüber nicht wenig frohlocketen. Hingegen rasete der Pannonier so hefftig / daß er das schon todte Pferd mit einem Streiche fast halb in der mitte von ander hieb / und die unsern sich des ungeheuren Schlages entsetzeten. Doch muste der vornehmste Pannonier absteigen / und ihm sein Pferd ůberlassen /welches er beschritte / und zum andern mahl loßbrach. Herkules seumete sich auch nicht dann sein Blänke flog daher wie ein Pfeil / da sie dann dermassen heftig traffen / daß sie beyderseits hinter sich bogen / und doch keinen Stegreiff verlohren / trabeten also dieses mahl mit aller Zuseher und ihrer selbst eigenen Verwunderung neben einander her / da der Käyser hoch beteurete / er hätte nicht allein zeit seines Lebens ein solches Treffen nicht gesehen / sondern ihm desgleichen nie einbilden köñen. Der Pannonier empfand des Puffes wol / dann er wahr auff die Oberbrust getroffen / daß ihm das Gerippe knackete / und er dessen nicht wenig erschrak / massen ihm nie kein Mensch (auch sein Bruder Bato nit / mit dem er einsmals unwissend gestochen) einen so schmerzlichen Stoß beygebracht hatte. Die Speere wahren zersplittert / und scheuheten sie sich fast beyde / den andern Rit zutuhn / hätten es lieber zum Schwertstreit kommen lassen; doch gedachte Herkules zuversuchen / ob er ihn fellen könte; ließ neue Speer austeilen / und begegnete dem Pannonier zum andern mahle / da er sich im Sattel drehete / daß Pines neben hin stechen muste / und hingegen er seinen Feind so kräfftig fassete /daß er auf seines Pferdes Hals zuliegen kam / und mit grosser Mühe sich des Falles enthielt. O du teurer Held / sagte der Käyser / der du billich vor die außerlesenste Kron aller Ritterschafft gepreiset wirst! Es gab Herkules ein grosses Vergnügen / dz er diese Ehre eingelegt hatte / warff sein Pferd schnelle umb /ehe er den ganzẽ Lauff volbrachte / und machte sich mit entblössetem Schwerte an seinen Mann / der sich seiner nicht so bald vermuhten wahr / sich auch noch nicht recht wieder eingerichtet hatte / daher er etliche schwere Hiebe / die doch ohne Wunden abgingẽ /empfing / ehe er zur Gegenwehr kam / ward endlich seines Schwertes auch mächtig / und ging darauff ein überaus herber Kampff an daß die Schilde in kurzer frist sehr schadhaft wurden. Nun hatte Herkules einen grossen Vortel wegen seines wolgewanten Pferdes /welches mit schlagen und beissen dem Pannonier sehr zusetzete / daß es auch endlich dessen Pferd die Nase und OberLippen hinweg bisse / wodurch es in eine Wuht geriet / und seinen Auffsitzer wider seinen Willen davon trug. Dieser erzürnete sich hierüber hefftig /daß er [435] vor einen Feldflüchtigen solte angesehen werden / sprang herunter / und begegnete unserm Herkules zu fusse / welcher zwar lieber den Pferdestreit fortgesetzet hätte; aber weil er sich fürchtete / es möchte Pines ihm den Blänken beschädigen / stieg er ab / und trat ihm freudig entgegen / da sein Feind ihm schon die gewisse Rechnung des Sieges machete / nachdem er meinete / es würde unserm Herkules unmöglich seyn / ihm zu fusse auszuhalten / hätte auch dürffen grosse Gefahr abgeben / wann Gottes Schuz nicht gewesen / und Herkules durch Ringfertigkeit nicht zuersetzen gewust / was ihm an Leibesschwere abging; dann es tobete der Pannonier mit seinen Hieben so kräfftig / daß kein Stahl vor ihm hart genug wahr. Der ädle Blänke kunte seinen lieben Herrn nicht verlassen / rante hinzu / und schlug nicht allein den Pannonier auff den linken Arm / daß ihm der Schild entfiel / sondern zerrete ihm den Helm auff dem Kopffe / daß er sich endlich auflösete. Dieser vermeynete des Unfals rasend zuwerden / fassete das Schwert / und gedachte ihm das Häupt herunter zuschlagen / traf aber zu kurz / und gab ihm gleichwol eine zimliche Halßwunde /daß es endlich wiche / und auf Herkules Abtreibung sich hinweg machete / auch alsbald verbunden ward. Als der Pannonier dieses Unfals enthoben wahr / ergreif er wieder frischen Muht / dann ihm wahr noch wenig an Kräfften abgangen / ohn daß ihm der linke Arm sehr schmerzete / uñ verdroß ihn hefftig / daß ihm der Schild entfallen wahr / legete sich deswegen in ein gestrektes Lager / daß ihm nicht beyzukommen wahr / růckete vorerst den Helm wieder gleich / und bůckete sich unter seines Schwertes Beschirmung zur Erden / den Schild auffzuheben. Herkules verschief diese Gelegenheit nicht / sondern trat ihm zur Seiten /und gab ihm unter dem Helm mit einem Schnitte eine zimliche Halßwunde / mit diesen Worten: Du wütiges Tihr / hiemit bezahle ich dir an stat meines Pferdes. Der Pannonier achtete des Schaden wenig / nur der Spot taht ihm weh / welcher ihm diese Schmachrede austrieb: O du elender Wurm / daß du annoch lebest /hastu deinem Pferde zudanken / dann nachdem du dessen Hülffe beraubet bist / so schicke dich willig zum knechtischen Joche / welches dich hart gnug drũcken sol. Je du tu er Kloz / antwortete er / beste hestu dann noch auff diesem Vorsatze? Ich gelobe dir bey meiner Redligkeit / dz du schwehr abtrag machen solt. Fingen hiemit aufs neue einen grausahmen Streit an / daß die Funken auß ihren Helmen und Waffen sprungen auch Herkules nachgehends bekennete / daß nach Gamaxus seines gleichen ihm nicht vorkommen währe. Der Pannonier wahr am Halse und in der Rechten Seiten wund; Herkules hatte einen Hieb oben an das Rechte Bein bekommen / und vergossen beiderseits zimlich viel Blut / wiewol Pines am meisten /welcher noch endlich seines Schildes wieder mächtig ward / da sie sich zum andernmale verpausteten. Nun merkete der Pannonier gleichwol / daß der Abgang seines Blutes ihm die Kräfte umb ein grosses verringerte / wolte sich deswegen der annoch übrigen recht und mit vortel gebrauchen / und ging zum drittenmahl grimmig loß / fand aber solche gegenwehr / daß er sich verwunderte / wie ihm dieser junge Ritter aushalten möchte; fassete endlich den Schild / und warf damit Herkules wieder die Brust / daß er drey Schritte zurük prallete / trat ihm nach / und wahr des ganzen vorhabens ihn zugreiffen / und vor leibeigen anzunehmen / hatte ihm auch den Arm schon ümb den Hals geleget / worũber Ladisla / die GrosFürstin / und andere / höchlich erschraken: Er aber drehete sich ringfertig loß / und versetzete ihm einen Schnitt über die[436] Linke Hand / daß drey Finger davon zur Erde fielen. Noch dannoch wolte der Unhold nicht gewonnen geben / hieb ihm den Schild mitten voneinander / mit einem Streich / daß er zur Erde fiel / und also ein jeder sich mit dem Schwerte schützen / und den Feind angreiffen muste; worin aber Herkules dem Pannonier zu fertig und erfahren wahr / hatte etlichemahl Gelegenheit / ihn niderzustossen / suchte aber nur / wie er ihn lebendig in seine Gewalt bringen möchte / welches ihm folgender Gestalt glückete: Er gebrauchete sich eines kurzen Lagers daß ihn Pines sehr nahe treten muste / welcher einen starkẽ Streich auff ihn führend / sich verhieb / daher Herkules ihm die Rechte Hand verwundete / daß er sein Schwert nicht mehr führen kunte / dessen er über die masse traurig ward /und doch sein schandsüchtiges Maul nicht zu zähmen wuste / sondern zu Herkules sagete: O du unwerder nichtiger Tropf / du Verläuffer deines Vaterlandes; haben die Götter mich zu dem Ende durch meine Kraft in so mannicher Gefahr geschützet / daß ich unter deinem kindischen Schwert erliegen sol? Sihe da / du leichter Bube / vollende an mir den Sieg / dessen du unwirdig bist. Warf hiemit das Schwert von sich / und erwartete unerschrocken / wann Herkules ihn niderstossen würde; der sich aber durch diese Schmachrede nicht zu übermässigem Zorn bewägen lies / sondern zu ihm hintrat / den Helm herunter risse / und mit dem Schwertknauffe ihm eins wieder die Stirn versetzete / daß er taumlich zur Erden stürzete; also rief Herkules seinen Gallus und Neklam herzu /welche ihm Hände und Füsse binden / und wie ein Vieh hinweg schleppen mustẽ / dessen er sich als ein Rasender gehuhb. Die Grosfürstin und alle andere /wurden dieses Sieges höchlich erfreuet / dz sie vor freudẽ jauchzeten; doch ging Herkules mit grosser Unmacht in das näheste Lusthauß / ließ sich daselbst abzihen / und die Beinwunde verbinden / über welcher er noch drey andere / wie wol geringere empfangen hatte / da sein Gemahl mit Frr. Lukrezien und Sibyllen hin zulief / ümb seine verwundung zubesichtigen; und nach dem sich gar keine Todesgefahr noch Lähmung befand / sondern Galehn sie einer schleunigen Heilung versicherte / lacheten und weineten sie zugleich vor Freuden / gingen hin / uñ brachten den andern diese fröliche Zeitung / deren der Käyser sich nicht minder als Ladisla und Baldrich erfreuete / lies auch den gefangenen Pannonier laben und das Blut stillen / damit er von mattikeit nicht verginge. Die andern Pannonier hatten sich ũber ihres Führers Gefängnis so heftig entsetzet / daß ihnen Herz und Muht entfallen wahr / und weinig Lust hatten / den Kampf anzutreten / biß der vornehmeste unter ihnen sie ermunterte / und diese Rede hielt: Es ist viel zuspät / ihr redlichen Brüder / den Streit abzuschlagen / und viel zu früh / das Herz sinken zulassen / dann sehet / unser Häupt ist überwunden / und mit ihm leider das ganze Königreich auff 10 Jahr lang / welches aber doch leidlicher ist / als daß wir ihn solten in der Noht und knechtschaft stecken lassen. Ich halte die an uns getahne ausfoderung vor eine sonderliche Schickung der gütigen Pannonischen Götter; lasset uns nur zur gewöhnlichẽ Herzhaftigkeit greiffen / und unsern Feinden die Spitze bieten / alsdann zweifelt mir nicht / wir wollen ihrer etliche lebendig fahen / und unsern Führer / welcher dem Vaterlande noch trefliche Dienste leisten / und uns großmachen kan / gegen sie auswechseln. Ladisla eiferte sich über ihrem lange stille halten / und lies sie fragen / ob sie ihr versprechen aus Schrecken vergessen / und allen Muht verlohren hätten. Nein sagte dieser / wir erwarten des Angrifs von den Auffoderern. Also gieng das [437] Spiel von neuen an /da Ladisla / Baldrich / Siegward / und Fabius sich auff die Bahn setzeten / und ihrer Feinde wahrnahmen. Ladisla traf mit seinem Manne sehr glüklich /dann er rennete ihn im erstenmahle daß er mit samt dem Pferde übern Hauffen fiel / und den linken Schenkel ganz entzwey brach: Dieser / da er deß Schmerzen empfand / und daß er zum weitern Gefechte undůchtig wahr / zog sein Schwert aus / in willens sich damit zuentleiben; aber Ladisla wahr ihm zugeschwinde aufm dache / risse ihm das Schwert aus der Faust / und sagte; wie nun du frecher Hund / wiltu wieder dich selbst wüten / nachdem dirs wieder mich nicht hat wollen gelingen? zog ihm den Helm ab / und lies ihn gebunden vom Platze schleppen / setzete sich wieder auff / und dankete Gott inniglich / daß er ihm diesen herlichen Sieg ohn alle mühe bescheret hatte. Der Käyser ritte ihm frölich entgegen / wünschete ihm Glück / und umfing ihn als seinen geliebeten Bruder. Baldrichs Gegener hielt festeren Stand / ward erst im dritten Treffen zur Erden geworffen / welches so ungestüm zu gieng / daß er auffs Genicke stůrzete / und den Hals zubrach; da hingegen auch Baldrich mit dem Speer am linken Beine verwundet ward. Siegward /nach dem sein Feind ihm zween stösse aufgehalten /wolte des dritten nicht abwarten / sondern machete sich mit dem Schwerte fertig / und hielten diese gar ein ernstliches Gefechte zu Roß / in welchem dieser Schwedische Held beides sein tapfferes Herz / und Erfahrenheit zu kämpffen zur gnüge sehen lies / und ein hohes Lob davon trug / biß der Pannonier an mannichem Orte verwundet / fast alle Kraft verlohr / und doch mit schändlichen Schmäheworten den Fürsten immerzu reizete / schärffer anzusetzen / damit er durch einen schleunigen Tod die ungenehme Leibeigenschafft abwenden möchte / welches ihm aber fehlete / massen Siegward endlich Gelegenheit bekam /daß er ihm das Schwert aus der Hand risse / und ihn zu bodem warff / auch bald darauff ihn von der Bahn in gewahrsam bringen lies; jedoch hatte er auch drey zimliche Wunden davon getragen. Fabius brachte mit seinem Manne am längsten zu / welchen er zwar im dritten Treffen auff die Erde geworffen hatte / fiel aber wegen grosser Bemühung mit seinem Pferde selbst über und über; und weil der Pannonier zeitiger als er /auff die Füsse kam / fehlete gar weinig / er wåhre von ihm erschlagen worden / so daß ers bloß der Barmherzigkeit Gottes zudanken hatte / daß er noch den Sieg erhielt; dann als sein Feind ohn unterlaß auff ihn zuschlug / und ihm keine zeit gönnete auff zustehen /begab sichs / daß derselbe hinten aus glitschete / und rüklings einen schweren Fal taht / da er mit dem Häupte auff einen Stein schlug / daß ihm eine Ohmacht zusties. Fabius wahr schon hart verwundet /hatte sich auch deß Lebens bereit erwogen / aber wie er seinen Feind in diesem Stande ersahe / ermannete er sich auffs beste / riß ihm Schwerd und Schild aus der Hand / und lösete ihm den Helm gar vom Häupte / wodurch dieser zu sich selber kam / und in dieser Noht sich befindend / nach Fabius griff / ihm den linken Schenkel fassete / und bey nahe ihn gar zur Erden gerissen hätte / weil er wegen verlust seines Blutes gar machtloß wahr; aber in dem der Pannonier ihn also nach sich zohe / lähmete er ihm den Arm mit einem Hiebe / daß er ablassen muste / verwundete ihm auch den rechten Schenkel / daß er darauff nicht treten kunte / und lies ihn hinweg tragen / sich aber von Galehn verbinden. Wahren also diese vier ersten durch herliche Siege niedergelegt. Die vier übrigen gerietẽ hiedurch in eine grimmige Wuht / und begehreten alsbald zu treffen / welches ihnen von [438] Skaurus und seinen dreien Bömischen Gesellen nicht versaget ward. Es wahr ein kurzer unansehnlicher / aber untersezter Baumstarker Mañ / mit dem Leches es zutuhn hatte / welcher auch drey Ritte ohn enigen Wank aufhielt / so daß im dritten der Unfal Leches schier getroffen hätte / welcher im vierden Gange es auff die Spitze setzete / und einen so gewaltigẽ Rit taht / daß sie beide übern Hauffen purzelten; doch schikte es Gott / daß Leches der erste wieder zu Beinen wahr /und auff seinen Feind frisch angieng / welcher sich unter seinem Pferde hefftig bemũhete / hervorzukriechen / und vermehrete ihm Angst und Zorn seine ohn das starken Kråfte dermassen / daß er sein gelähmetes Pferd vom Leibe abwalzete; durch welche Bemühung ihm der Krebsriemen zubrach. Er hatte sich gleich auff alle viere gesetzet / da Leches ihm nahete / und sich über seine starke Gliedmassen sehr verwunderte /auch äusserst darnach trachtete / wie er ihm das aufstehen verbieten möchte / stieß ihn mit einem Fusse /daß er auff den Rücken zu liegen kam / und nachdem er nicht gesinnet wahr / diesen Vortel aus den Händen zugeben / schlug und stach er gewaltig auff ihn zu /worüber der Pannonier meynete vor Eifer zubersten /lag und brüllete als ein wilder Ochse / daß ihm der Dampff zum Helm Gesichte ausging; woraus Leches die unfehlbaren Zeichen nam / mit wem ers zutuhn hätte; und ob er gleich sich stets bemühete / ihm das auffrichten zuverbietẽ / kunte er doch endlich nicht verwehren / daß er auff den Hindern zusitzen kam /und seines Schwerts mächtig ward / womit er so grausam von sich hieb und stach / daß ihm Leches nit zu nahe treten durffte / der sich dann gewaltig schämete /daß ihn ein sitzender so lange abhalten solte; dann Neda und Prinsla wahren mit ihren Feinden schon fertig / dergestalt / daß sie sie beyde im andern Treffen zu boden warffen / und im Fußstreite nach hefftiger Verwundung lebendig gefangen nahmen; welches Leches ersehend / zu seinem Gegener sagete: Ey so müste ich nicht eines faulen Apffels wert seyn / wann ich deine viehische Verwägenheit nicht endlich legen solte. O du nichtiger Tropf / antwortete dieser; hätte mich der Unfal nicht getroffen / du würdest schon längst in meiner Gewalt seyn / dann ich getraue mich /deiner viere zubestehen / und auf einmahl lebendig davon zutragen; und bistu ein redlicher Ritter / so laß mich zun Beinen kommen / dann wil ich es ohn Schild mit dir austragen. Ich habe dich einmahl nidergeworffen / sagte Leches / und sol auch das lezte mahl seyn; fing darauf an / eiferiger als vorhin auf ihn zuschlagen / dann er fürchtete sich / alles sein Ansehen würde ihm verschwinden / gab auch gar genaue acht /an was orten er ihn am besten verwunden möchte /und ward gewahr / daß sein Krebs sich in der Seite von ander zog / so offt er von sich hieb; nam deßwegen den Schild / und warff ihn damit vors Gesichte /trat bald darauf ein / und hieb ihm die Faust lahm / in welcher er das Schwert führete / trat ihm auff den Halß / und durchstach ihm den linken Arm / daß er denselben auch nicht gebrauchẽ kunte; worüber er ein so erschrekliches Geschrey führete / dz es über die Maur in die Stad erscholle / fing an seinen Göttern zufluchen / und schalt Leches überaus schändlich /daß er ihn ja vollends hinrichten solte. Aber da Gallus und Neklam diese überwindung sahen / traten sie mit etlichen Stecken Knechten herzu / welche ihm anfangs beyde Beine zusammen fesselten / dessen er sich hefftig sträubete / aber doch endlich gebendiget ward; doch kam Leches nicht ohn Wunde davon / sondern es hatte ihm dieser sitzend das rechte Bein an der Wade zimlich verletzet. Skaurus und sein Gegener wahren dazumahl noch in voller Arbeit; [439] dann weil sie mit den Speeren sich nicht hatten fellen können / wahren sie mit den Schwertern zu Roß aneinander gerahten / biß der Pañonier aus Unvorsichtigkeit Skaurus Pferd am rechten Vörderbug lähmete / daß sein Reuter absteigen muste / und sein Feind sich auch herunter machete / fingen auffs neue zu fusse einen ganz herben Streit an / daß sie fast gleiche Wunden davon trugen; triebens auch so lange / biß dem Pannonier das Schwert vor der Faust absprang / welcher doch deswegen den Muht nicht fallen ließ / sondern seinem Feinde glüklich unterlief / und nach hingeworffenem Schilde mit ihm zuringen anfing worin er schier solte des Römers Meister worden seyn / wann dieser nicht beyzeiten sich seines Dolches erinnert hätte / welchen er hervor suchete / und mit dreyen Stichen ihm das Lebẽ nam: ward aber Mattigkeit wegen durch Neda und Prinsla von der Bahn geleitet. Der Käyser und alle anwesende erfreueten sich des völligen Sieges von ganzem Herzen / wünschetẽ den Uberwindern Glük / liessen die annoch unverbundene fleissig versehen / die beyden erschlagenen Pannonier entwapnen und in die Erde verscharren / und musten die 10 unbewapnete Diener der Käyserlichen Geselschafft folgen /deren viere wegen ihrer Herren Unfal sehr leidig und betrübt wahren / die übrigen 6 aber sich darüber freueten / und auf bitliches ansuchen von dem Käyser frey gelassen wurden / da sie sich in Ladislaen Dienste begaben / dann sie zeigeten an / wie sie in ihrer zarten Jugend aus Böhmen hinweg geraubet / und in diesen Stand gerahten wåhren. Die sieben Gefangene /wie mat und verwundet sie wahren / wolten sich nicht lassen verbinden / sondern stelleten sich als währen sie rasend / und hielten mit schänden und schmähen stets an / insonderheit Pines meinete mit schelten es dahin zubringen / daß man ihn vollend hinrichten solte; aber Herkules machte es mit ihm / wie ehemals mit Gamaxus / ließ ihn auff ein Bret binden / daß er sich nicht rühren kunte / hernach muste der Arzt ihm die Arzney aufflegen / und allen Fleiß zur Heilung anwenden; welchen Ernst die übrigen sehend / sich endlich drein gaben / und die Verbindung annahmen. Die vier Pannonische Diener wurden des Abens wolgehalten / und folgendẽ Morgens in beiseyn Neda und Neklam / welche Pannonisch verstunden / auff ihr inständiges ansuchen zu den Gefangenen gelassen / die von ihnen begehreten / mit dem Könige und Landständen / insonderheit mit Herr Dropion Pannonischen Stathalter / Pines Bruder zureden / daß / in betrachtung ihrer geträuen Dienste / sie auf ihre Erlösung bedacht seyn möchten. Der Kåyser ließ hernach diese Diener äydlich belegen / daß sie ihrem Könige und allen andern / die reine ungefälschte Warheit wegen alles Verlauffs anzeigen wolten / gab ihnen ein ehrliches Geschenke / ließ alle an den Pannonischen König schrifftlich gelangẽ / und erinnerte ihn / sein erbieten redlich zuhalten / alsdann solte der begehrete zehnjährige Anstand ihm zugelassen seyn. Es wahr überal grosse Freude in Padua / wegen dieses glüklichen Sieges / und schrieb der Käyser allen Verlauff an den Römischen Raht / rühmete vornehmlich Herkules Tapfferkeit / und taht ihnen zuwissen / wie er solches zuerkennen bedacht währe. Nun musten gleichwol unsere ritterliche Helden / ausserhalb Ladisla / etliche Tage des Bettes hüten / bey denen Galehn grossen Fleiß anwendete / daß Herkules und Baldrich des sechsten Tages auffstunden. Mit Prinsla / Neda und Leches besserte sichs noch zeitiger. Siegward / Fabius und Skaurus wahren am härtesten verwundet / daher es mit ihrer Besserung langsamer zuging. So wahr den Gefangenen nichts so sehr / als [440] die Heilung zuwider / daß sie auch gesinnet waren / sich durch Hunger zutödten; dann weil sie alle Herren Standes /Hochådles Geschlechtes / und von grossen Mitteln waren / kuntẽ sie in knechtische Dienstbarkeit sich nit schicken / welche sie doch muhtwillig erwählet hattẽ. Ja ihr Führer hörete noch nit auf / allerhand Schmachreden über Herkules auszuschüttẽ / in meinung / hiedurch den Tod zuerhalten / welches Gallus anzeigete /aber zur Antwort bekam / er solte ihn mit Hofnung speisen / dz neben seinen Gesellen er durch wichtiges Lösegeld sich wol würde köñen frey käuffen / als warum es seinen Herren eigentlich zutuhn währe; welcher Trost sie in gute Ruhe setzete / dz sie Speise namen / die Ketten willig trugen / uñ die Gesundheit wieder erlangeten; da dann der Käyser mit den Fürsten hinging / sie zu sehen / und zuvernehmen / wie sie sich doch bezeigen würden / verwunderten sich sehr über Pines verwägenheit / der hochmuhtig gnug fragen durfte / was man vor ihre Erlösung foderte; Herkules aber ihm zur Antwort gab: Je du frechstolzer Kerl; deucht dichs noch nicht Zeit seyn / daß du vor Käyserl. Hocheit / vor einem herschenden Bömischen König / und vor mir einem gebohrnen GroßFũrsten /der überdas dein Herr ist / dich endlich demühtigest /deinen elenden Zustand erkennest und umb Gnade und Barmherzigkeit anhaltest? du must ja ohn zweifel bißher mit lauter Baurflegeln umbgangen seyn / daß du gedenkest / auch die höchsten in der Welt seyn deiner Ehrerbietung nicht wirdig. Und was hastu zu fragen / was man vor Lösegelder von dir fodere? wiltu es wissen? durchaus nichts fodert man / so wenig vor die andere als vor dich / sondern nachdem du dich deiner eigenen Urtel erinnern kanst / hastu nichts gewisses /als die ewige Ketten der schnödesten Dienstbarkeit zutragen / worzu dir die liebe Geduld wird von nöhten seyn. Jedoch hättestu alsbald nach der Uberwindung die Demuht ergreiffen können / würdestu einen gnädigen Herrn an mir gehabt haben / der / inbetrachtung deiner guten Fäuste / mit dir viel anders würde umbgangen seyn. Nun aber ist die Gnadenzeit vorbey / insonderheit / weil du diese Zeit deiner Knecht- und Leibeigenschaft dich des schändens nicht hast enthalten wollen. Drumb gläube mir / wann du gleich vor dein Häupt mir hundert tausend TonnenGoldes liefern köntest / würde ichs weniger als diesen Stab achten. Als Pines dieses hörete / speiete er ihn an / schalt ihn aus vor einen Zäuberer / Verrähter / Landläuffer / und des KäysersSchmarotzer; daß er ihn ja zum Zorn reizen möchte; wie dann die anderen alle es ihm also nachmacheten. Aber Herkules lachete dessen nur /und sagete ihnen. Je ihr ehrvergessene Buben / wisset ihr dann nicht / daß ihr Gefangene / ja daß ihr Leibeigene Knechte seid / und durch euch selbst darzu verurteilet / und dũrffet solche Schmachrede wieder mich ausstossen? Ja du Unhold / sagte er zu Pines / scheuhestu dich nicht / mich gar anzuspeien? Ich erinnere dich deiner ehemahligen dräuung / wie du mittel wüstest / meinen steiffen Sinn zu lenken; deren werde ich mich nun auch gebrauchen müssen / umb zu versuchen / ob ich dein teuflisches Lästermaul nicht zähmen und zåumen könne / wie dann wol ehe einem stårkeren / als du / wiederfahren ist. Ließ hierauf sechs Steckenknechte mit scharffen Ruhten fodern /jeden gefangenen an eine Säule binden / entkleiden /und von oben an biß unten aus rechtschaffen streichen; welcher Schimpff ihnen dermassen zu Herzen ging / daß sie allen ihren Göttern flucheten / auch durchaus umb keine Erlassung noch Gnade anhielten; daher Herkules sagete: Man mus die halsstarrigen Schelmen noch besser antasten; ließ Salzwasser herzu bringen / den volgestriemeten [441] Hinterleib damit abwaschen / und sie ein viertelstündichen zappeln / da sie zwar ein elendes Geheule trieben / aber keine Gnade sucheten. Es muste ihnen hernach das Salzwasser abgespület / und an dessen stat heilsames Oel darüber geschmieret werden / welches ihnen grosse linderung gab / und sie nicht anders gedachten / es würde hiemit seine Endschaft haben. Aber Herkules ließ sie an den Pfälen umbkehren / mit befehl / es solte ihnen der ganze Vorderleib gleich also zergeisselt werden / welches sie aber noch nicht zur helfte ausgestanden hatten / da sie anfingen umb Gnade zu bitten / ohn allein Pines meinete durch raserey zu überwinden / deswegen man an ihm mit der Geisselung tapffer fortfuhr /biß gar an den Unterleib / da rieff er endlich: Ich mus meinen steiffen Sinn brechen / und umb erlassung anhalten. Deine Demuht mus grösser seyn / sagte Herkules / hies doch die Geisselung einstellen / aber viel ein schärffer Salzwasser / als das vorige auff die frischen Striemen giessen; wovor er erzitterte / und sagete: Gnade mein Herr / Gnade / und erinnert euch /daß ihr auch unter der Götter gewalt feid. Des erinnere ich mich täglich ohn dein erinnern / daß ich unter Gottes gewalt bin / sagte Herkules / und ist dieses bloß darumb geschehen / daß du auch nunmehr anfahen mögest zuerkennen / du seist unter Gottes und deines jetzigen leiblichen Herrn gewalt dem du Ehre /Demuht und Gehorsam schuldig bist; und können diese erste Ruhten dich zu solcher Schuldleistung nicht antreiben habe ich deren noch mehr im vorbehalt / ja / spitzige hölzerne Keilichen / welche dir an Händen und Füssen unter die Nagel sollen eingedrükt werdẽ / biß du tuhst was dir oblieget. Bey meinen Göttern / antwortete er / mir geschihet endlich recht /weil ich mir ein gleiches auff den verhoffeten Glückesfall vorgenommen hatte; aber diese meine Gesellen sind unschuldig in die Leibeigenschaft gerahten / und von mir verleitet / deswegen lasset sie durch ein ansehnliches Lösegeld sich frey käuffen. Kein einziger mache ihm die Hoffnung zur Freyheit / sagte Herkules; zu späte zu späte! der Stab ist gebrochen / drumb gebet euch nur willig drein / weil ihrs nicht anders habt wollen haben; erkennet aber dabey / daß Gott ein gerechter Richter ist / und allen Hochmuht stürzet /dessen wir ein Sonnen-klares Beyspiel an euch sehen /dann sonst würde noch wol einer unter euch den Sieg davon gebracht haben. Diese scharffe Urtel ging ihnen sehr zu herzen / doch weil sie es nicht endern kunten /musten sie sich endlich darein geben / und die wenige Zeit über / weil unsere Helden sich daselbst auffhielten / täglich acht Stundenlang im Karren zihen / und den Unflaht von den Gassen abführen / wiewol sie sich noch Hofnung machten / nach etlicher Zeit Gnade und Freyheit zuerlangen.

Als die Verwundeten alle ihre Gesundheit erhalten / erinnerte Valiska ihren Gemahl und Bruder / es wũrde Zeit seyn / ihrer herzgeliebeten Fr. Mutter dereins die Klageträhnen abzuwischen / und währe ihr fast leid / daß sie solches nicht durch Botschaft verrichtet hätte / weil über verhoffen sie so manniche Paduanische Nacht machen müssen / und ihre Reise so lange auffschieben. Herkules gab ihr recht / und erinnerte doch zugleich / daß er dem Keyser verheissen /die Wiederkunft seiner Botschaft biß auff den 16den Tag nach deren hinreisen zuerwarten / wohin nur noch zween Tage ausstünden / und möchte sie neben Fr. Sophien / durch Leches / Klodius und andere / alles zum Auffbruch verfertigen lassen; was an Wagen und Pferden annoch zuverschaffen währe / würden Gallus und Neklam schon von etlicher Zeit her wol in acht genommen haben; der vierde Tag / von diesem anzurechnen / [442] solte hiemit zum unfehlbaren Auffbruch bestimmet seyn. Fr. Sophia taht solches ihren Eltern zu wissen / die sich zwar betrübeten / daß ihr liebes Kind von ihnen scheiden würde; weil sie ihnen aber jährliche Besuchung versprachen / gaben sie sich zu frieden / und legeten ihr die Heimsteur zurechte. Herr M. Fabius gab seiner Tochter Sibyllen 15 Tonnen Goldes in baarschaft / und acht Tonnen an Kleinot und Kleidern. Pompejus stellete seinem SchwiegerSohn 20 Tonnen gemünztes Goldes zu / und 10 Toñen an Kleinot und Kleidern / daneben vermachte er ihm die vom Käyser jährlich versprochene 30000 Kronen aus der Rentkammer. Valiska und Sophia vermehreten dieser beyden Brautschaz / jedweder mit 10 Tonnen baarschaft / und sechs Toñen an Geschmuk /welches sie wieder ihren willen nehmen musten. So kam die Botschaft von Rom zur bestimmeten Zeit an /und brachte daß vom Kåyser begehrete / teils mit /teils aber folgete nach. Als vor erst vier Königliche Kronen / welche der Käyser unsern beyden Helden und ihren Gemahlen auffsetzete / sieinvictissimos, Unüberwindlichste; Decus equestre, Zier der Ritterschaft; carissimos Imperatoris Fratres des Käysers allerliebste Brüder; und endlich Herkules einenFreien König der Teutschen; Ladisla einenFreien König der Böhmen und darzu gehörigen Völker; auch beyde des Römischen Reichs liebe angenehmeBundgenossen nennete; Valisken aberMiraculum Orbis, das Wunder der Welt; incomparabilem pietate, virtute, forma Heroinam: Die unvergleichliche Heldin an Gottesfurcht / Tugend und Schönheit; dilectissimam Imperatoris sororem; Des Käysers allerliebste Schwester; Exemplar fidelitatis conjugalis; Das Muster ehelicher Träue / Und schließlich / eineKönigin der freien Teutschen. Fr. Sophien bestätigte er ihren alten Ehren-Nahmen:Romanarum mulierum decus. Aller Römischen Weiber Zierde; gab ihr überdas diesen Nahmen;Vinculum & Origo amicitiæ Bohemicæ-Germanicæ-Romanæ. Das Band uñ der Anfang der Bömisch- Teutsch-Römischen Freundschaft; und nante sieeine Königin der Böhmen und darzu gehörigen Völker. Fürst Baldrichen und Siegwarden stellete er trefliche / mit Demanten ausgesetzete Reitharnische / samt allem darzu gehörigen PferdeZeuge zu / reichete ihnen Speere mit güldenen Spießlein / an denen trefliche Siegesfahnen hingen / gürtete ihnen köstliche Schwerter an / warff ihnen grosse schwere güldene Ketten mit seinem Brustbilde umb den Hals / und nennete sieImperij Romani amicos & Impertoris Consangvineos Des Römischen Reichs Freunde / und des Käysers Blutverwantẽ; nachdem er sie schon vor Römische Bürger des höchsten Adels erkläret und auffgenommen hatte. Schließlich wählete er auch Leches / Neda und Prinsla in den Römischen Adelstand / gab ihnen schöne / mit Golde eingeschmelzete Reitharnische / auch trefliche Speer und Schwerter / und nante sieImperij filios & Imperatoris dilectos. Des Römischen Reichs Söhne / und des Käysers geliebete Als alles geschehen wahr / nöhtigete sie der Käyser mit sich in den Schloßplaz zu gehen / da er Herkules und Ladisla jedem 100 Handpferde / mit Purpur-Decken behänget / und bey jedem Pferde zween freygelassene Teutsche Leibeigene in statlicher Kleidung / verehrete; daneben jedem 100 Gutschpferde / mit nöhtigem zierlichen Zeuge / welche von 50 Teutschen Leibeigenen gewartet wurden. Hierüber 400 Fuder der besten Griechischen und Italianischen Weine / ingesamt / wobey die Wagen und Pferde / sie biß Prage zuführen / schon bestellet wahren. Den beyden Königinnen / jeden eine von güldenem Stücke mit Perlen gezierete Gutsche /und vor jeder acht schneweisse Pferde mit güldenem Zeuge [443] und vier leibeigenen Gutschern. Königin Valisken aber absonderlich ein überaus wol abgerichtetes Klöpperchen / sehr bund und zierlich geschecket; und ein grosses Kleinot / ihrem Elefanten vor die Stirn zuhängen. Den beyden Fürsten / jedem 20 Handpferde /und bey jedem zween Teutsche Freygelassene; Ihren Gemahlen aber jeden eine Gutsche von silbern Stük mit Perlen gesticket / und vor jede 6 schneeweisse Pferde mit silbern Zeuge / und dreyen Gutschern. Schließlich bekahmen Leches / Neda und Prinsla jeder 5 Hand-Pferde / und bey jedem einen freygelassenen Teutschen; Ihre Eheliebsten / jede eine braune Sammete Gutsche mit silbern Schnũren verbremet /und vor jeder 4 weisse Pferde mit zween leibeigenen Gutschern. Herkules wahr unwillig wegen der gar zu grossen Schenkungen / welche doch nit durfften ausgeschlagen werden; hielt darauff eine zierliche Dankrede an den Käyser und Römischen Raht / strich des Käysers löbliche Tugenden herlich aus / und preisete die Römer glükselig / daß ihnen Gott diesen löblichen Käyser gegeben / vor dessen Gesundheit und langes Leben sie zubitten wol befuget währen. Die Römer verwunderten sich über seine Beredsamkeit mehr / als über seine andere Volkommenheiten / und bekenneten öffentlich / daß in ganz Rom schwerlich einer auffzubringen währe / der in zierlichem Latein und wolgestelleter Rede es ihm gleich thun solte. Valiska / als er sein Vorbringen geendiget hatte / fing auffs neue an /mit solcher Anmuhtigkeit / daß männiglich darüber bestürzet ward / indem sie den Käyser wegen seiner Gerechtigkeit / Weißheit und Gütigkeit biß an die Wolken erhuhb / auch vor die ihr und den ihren gar zu grosse angelegete Ehre höchlich dankete / wobey sie einführete / es hätte Käyserl. Hocheit heut diesen Tag ihren ehmahligen Traum erfüllet / welcher ihr wenige Zeit vor ihrer unglüklichẽ Reise nach Padua vorkommen währe; wie sie in dieser Stad aus einem Pusche eine schöne Königliche Kron / gleich der empfangenen hervor gezogen / ungeachtet die Dornen sie anfangs sehr verhindert / und die gifftigen Schlangen ihr hefftig gedräuet hätten. Worauff der Käyser antwortete; Es währe ohn zweifel die Erfüllung / wie sie wähnete / geschehen / weil dieses sein Schloß ohndasDumus, das ist /Dornhecke genennet würde. Arbianes wolte des nähstfolgenden Tages dem Käyser seine Freygebigkeit auch sehen lassen / und lud ihn nebest den Römischen und vornehmsten Paduanischen Herren auff eine zweytägige Gasterey / worauff er schon etliche Zeit hatte zurichten lassen / und alles Königlich in grossem ůberflusse verschaffet ward / da er dem ganzen anwesenden Frauenzimmer zierliche GedenkRinge 50 Stük ingesamt / jedes 150 Kronen wert / schenkete; dem Käyser aber lieferte er einen Medischen Säbel / dessen Gefäß von klarem gegossenen Golde / mit teuren Demanten eingelegt wahr / steckete in einer Elffenbeinen Scheide künstlicher Arbeit / und hing an einer schweren güldenen Kette. Bey der Einlieferung bedankete er sich aller Käyserlichen Gnade /so ihm diese Zeit begegnet / und erboht sich zu allen untertähnigsten Diensten. Der Käyser nam alles mit freundlicher Danksagung an / und schenkete ihm hinwiederum eine DemantKette / an welcher sein Brustbilde hing / und zuunterst ein köstlich Kleinot.

Weil dieses also vorging / kam Libussa auff den Saal / und zeigete Königin Valisken an / es währen 12 von ihren Parthischen Leibeigenen in dem innersten Hofe / und bähten mit überaus bewäglichen Geberden / daß sie vor Ihre Königl. Hocheit / deroselben etliche wenig Worte anzumelden / allergnädigst möchten gelassen werden. Sie werden gewißlich [444] umb eine Gnade anhalten wollen / sagte sie / machte es ihrem Gemahl zuwissen / und ging auff dessen Erlaubniß zu ihnen hin in den Vorhof. Diese / so bald sie der Königin Ankunft von ferne vernahmen / tahten einen demũhtigen Fußfall / stunden bald wieder auff /gingen etwas näher hinzu und fielen abermahl nieder auff die Erde; stunden endlich auff / und als sie noch fünff Schritte von ihr wahren / legten sie sich zum dritten mahl nider ohn einiges Wort sprechen / biß die Königin sie auffstehen hieß / und daß sie ihr begehren ohn furcht anzeigen solten. Worauff sie sich alle auf die Knie setzeten / ihre Häupter niderbogen / und der vornehmste unter ihnen einen Brief in der Hand hielt /welcher diese Rede vorbrachte: Großmächtigste unüberwindlichste Königin / allergnädigste Frau; Was hohe und übermilde Gnade unsere gnädigste Herren /König Herkules und König Ladisla uns unwirdigen ihren Leibeigenen schon jenseit des Meers haben wiederfahren lassen / indem Ihre Königll. Hocheiten uns die schierkünfftige Freiheit / gegen des Durchleuchtigsten GroßFürsten Arbianes Rükreise / oder noch wol ehe / gnädigst versprochen / wissen wir samt und sonders uns wol zuerinnern / werden überdas mit Kleidung / Speise / und anderer Notturfft so reichlich versehen / daß wir in der Warheit solche übermässige Woltahten zuerkennen / viel zuwenig sind. Nicht desto weniger haben wir ingesamt uns vorgenommen /noch umb eine Gnade zubitten / welche in diesem Bitte-Schreiben enthalten ist / und ersuchen Eure Königl. Hocheit alleruntertähnigst / dieselbe wolle es wirdigen allergnädigst anzunehmẽ / und wo möglich dessen Inhalt den unsern allergnädigsten Königen und Herren / durch ihre kräfftige und volgültige Vorbitte uns zuerlangen; davor wir bereitwilligst seyn wollen /alles unser Vermögen / Blut und Leben ungesparet /vor ihre Wolfahrt uñ zu ihren Diensten auffzuopffern. Die Königin hieß sie auffstehen / nam das Schreiben zu sich / und befahl / daß morgen früh / drey Stunden nach der Sonnen Auffgang sie sich wieder bey ihr solten melden lassen / alsdann sie ihnen / dafern sie nichts ungebůhrliches sucheten / gnädigste Einwilligung erhalten und mitteilen wolte. Ging mit unerbrochenem Briefe zu ihrem Gemahl und Bruder / und nach Erzählung alles Vorbringens der Leibeigenen /lasen sie ingesamt diesen Inhalt:

Großmächtigste unüberwindlichste Könige / allergnädigste Herren; was vor sonderliches hohe Glük der Himmel uns armen gefangenen Parthern vor andern unsers gleichen zugeschikt / in dem / daß in ihrer Königll. Hochheiten Gewalt und Leibeigenschaft wir gerahten sind / ist niemand unter uns / der es nicht erkennen / und sich darob allerhöchst erfreuen solte / nachdem wir ganz nicht zweiffeln / die aus lauter Gnade uns erteilete Königl. Zusage der künftigen Freylassung auff GroßFürst Arbianes Durchl. Heimreise werde uns nicht unmilder gehalten werden. Wann wir dann bißdaher eiferigst nachgesonnen haben / auff was Weise wir unsere schuldige Dankbarkeit hinwiederumb möchten sehen lassen / und bey uns befinden / daß solches in den Pferdeställen und bey Wagen und MaulEseln nicht geschehen kan; nicht daß solcher Arbeit wir uns zuentbrechen suchen / ungeachtet wir fast alle gebohrne von Adel / und von Jugend auff unter den Waffen uns geübet haben / sondern bloß nur der Gelegenheit nachstreben / unsern allergnädigsten mildreichesten Herren / welche wir als unsere eigene Seele lieben /etwa behäglichere und nützlichere Dienste zu leisten. Als gelanget an unsere allergnädigste Herrn unser untertähnigstes bitten / dero Königliche Hocheiten ihnen unsern herzlichen Wunsch nicht ungnädig wollen mißfallen lassen / welcher in diesem bestehet / daß / wo möglich / zu ihrer Hocheiten Diensten wir mit ritterlichen Waffen möchten versehen werden / auff daß wir auff begebenheit unser dankwilligstes Herz könten sehen lassen; wiewol nach ihrer Königll. Hocheiten allergnädigstem [445] belieben /wir bereit sind / in unserm jetzigen Stande / auch biß an unsers LebenEnde gehorsamst zuverbleiben / als eurer Königll. Hocheiten alleruntertähnigste und allergehorsamste Knechte und Leibeigene / sonst alle ehmahls freygebohrne Parther.

Die Auffschrift des Brieffes wahr:Denen Großmächtigsten unüberwindlichsten Fürsten und Herren /Herrn Herkules / Könige der Teutschen; und Herrn Ladisla / Könige der Böhmen / unsern allergnädigsten Königen und allermildesten Woltähtern.

Als sie den Brieff zum Ende gelesen hatten / sagte Ladisla: mir zweifelt nicht / es ist mannicher geherzter Ritter und Kriegesmann unter diesen Parthen / die uns freilich im Harnische und mit dem Schwerte viel nüzlicher / als bey der Mistgabel sein könten; so haben wie auff unser schierkünfftigen Reise geträuer Völker von nöhten / wañ uns etwa das Pannonische oder ander Räuber Gesindle auß Hoffnung grosser Beute auffwarten soltẽ / bin auch dessen versichert /daß wegen gemachter Hoffnung der Freiheit / und weil sie von ihrem Vaterlande so weit abgefernet sind / sie uns keine Unträue beweisen / viel weiniger die Flucht vor sich nehmen werden. Herkules schwieg ein weinig stille / in meinung / er solte sich weiter heraus lassen / wessen er zutuhn gesinnet währe; weil er aber damit abbrach / und also beide nichts redeten; fing Valiska an; ich sehe wol / eure Lieb den wollen einer dem andern nicht vorgreiffen / und gleichwol merke ich schon / wessen sie beiderseits willens sind; meine unvorgreiffliche Meinung dabey zusetzen / muß ich bekennen / daß dieser Leute Leibeigenschafft und verächtliche Dienstleistungen mir sehr zu Herzen gangen / in Betrachtung daß sie weder wegen Ubeltaht noch Standes-art darzu verdammet sind / sondern bloß allein / daß sie vor ihr Vaterland redlich gestritten / und ihrem Herrn und ungezweifelt wahrem Könige geträulich gedienet haben / dahero ich mir ein Gewissen drüber gemacht / daß man sie nicht ohn jhr bitten in freyen Stand gesetzet / insonderheit / weil von der Zeit her der getahnen Vertröstung / sie ihnen weder Mühe noch Arbeit haben verdriessen lassen. Herkules lächelte hierauff ein weinig / und kurzweilhalben sagte er zu ihr; mein Schaz / ich erinnere mich des alten Sprichworts;Alte Liebe rustet nicht; und kan sie nicht wol bergen / wie gewogen sie des guten Artabanus Leuten ist. Verzeihe es euch Gott / mein Schatz /antwortete sie / daß ihr hierüber scherzet / und mich noch darzu wol einiger Liebe gegen Artabanus zeihen könnet; jedoch gestehe ich / daß ich Ursach habe ihn zulieben / weil er meine alte Liebe / wie er wol durch Gewalt hätte tuhn können / ungestöret gelassen hat. Damit ich aber wegẽ dieses Unrechts Abtrag haben möge / wil ich / daß ihr euch meinem Willen vor dißmahl gemäß bezeiget / und diesen Parthern ihr begehren leistet / da ich dann meinen Herr Bruder Schwesterlich ersuchen wil / daß er mit gleich stimmen möge. Ja herzen Fr. Schwester / sagte Ladisla / wann du mir nur zuvor versprechen wirst / daß du meinen Herkules nimmermehr wegen der Liebe zu Artabanus übergeben wilt. Hierauff bedarff es eine gute weile Bedenkzeit / antwortete Valiska / und wer weiß / ob ich nicht bald verlangen bekommen möchte / mein prächtiges Schloß zu Charas wieder zusehen. Diese Begierde und Reise ab zuwenden / sagte Herkules /wil ich meinem Schaz in Teutschland gleich ein solches Schloß auffbauen lassen / und zwar daß die kosten mit lauter Parthischen Geldern abgetragen werden / wovon wir aber zur andern zeit mit bessern Mues werden zuscherzen habẽ / und daß vorgenommene vor dißmahl abhandeln / da dann / die Warheit zubekennen / ich schon vor etlichen Wochen mir vorgenommen gehabt / diese guten unschuldigẽ Leute durch [446] die zustellung der Freyheit zuergetzen / bin aber allemal durch andere Einfälle daran verhindert worden / und zweiffele nicht / mein Bruder Ladisla wird dessen mit mir einig seyn. Derselbe wahr nun wol zufrieden / und muste Gallus vernehmen / wie viel Ritter /ädle / und Kriegsbeamten unter ihnen währen / auch wie groß eigentlich ihre Anzahl sich befünde. Welcher zur Nachricht brachte / ihrer währen annoch 2496 Mann überal / unter denen 50 geschlagene Ritter / 1584 ädle / und die übrigen 862 sonst nahmhaffte Männer und Kriegsleute / so daß sie alle / ausser etwa 200 Befehlichshaber gewesen. Leches und Klodius bekahmen darauff befehl / daß sie 50 ganze Ritterharnische 2000 volständige Oberharnische / und 446 blosse Bruststük oder Krebse auß ihrer Rüstkammer / welche sie auß der Räuberhöhle erobert hervornehmen / das übrige Gewehr alles auff Kamehl und Wagen laden / und gnugsahme Fuhrleute / Eseltreiber / und Pferdeleiter ümbs Gelt biß nach Prag mietẽ solten / welches Markus und andere verrichteten / und solche auß der Stad Padua Gebiet inwendig 24 stunden zusammen brachten / da dann die 565 ihnen von dem Käyser geschenkete Teutsche leibeigene / gleicher Gestalt bewafnet wurden. Diesen Abend ließ Herkules seine innigliche Bitte an den Käyser abgehen / daß ihm sein Abzug gnädigst möchte zugelassen werden / da dann sein Gemahl sehr bitten halff / so daß der Käyser ihren Ernst merkend / ihr Begehren nach Willen zuließ / wie wol er sie gerne noch etliche Wochen auffgehalten / und sie gar mit sich nach Rom genommen hätte / durffte ihnen aber solches nicht anmuhten / insonderheit / weil ein halbstündichen hernach der alte Wenzesla mit einem Königlichen Schreiben an Königin Sophien ankam / welcher eine Tagreise von Padua unserer Helden Wiederkunfft berichtet wahr / und es doch schwerlich gläuben wolte /biß er unter dem Tohr daselbst seines Zweifels benommen ward / ritte auch gleich hin nach dem Neuerbaueten Hofe / woselbst Arbianes das Gastmahl hielt / und ließ sich bey Königin Valisken angeben / es währe einer von ihren alten Dienern von Prag ankommen / welcher ihre Königl. Hocheit untertähnigst zusprechen begehrete. Sie ging alsobald zu ihm hinauß /unwissend wer erwähre; welcher / da er sie in ihrem Königlichen und trefflichẽ Pracht sahe / ward er darüber so vol Freuden / daß er vor Ohmacht niedersank: Sie ließ ihn aber bald erquicken / und sagte zu ihm: Mein Geträuer Frommer Wenzesla / wie geberdet ihr euch so kläglich? bringet ihr uns etwa traurige Zeitung von Hause? O nein / antwortete er; wann ich nur eigentlich wissen solte / wovor ihre Durchl. ich anreden muß. Vor eure Gnädigste Frau / und König Herkules Gemahl / antwortete sie / welche eure ehmalige geträue Dienste schier belohnen wird. Vor König Herkules Gemahl? sagte er; O wie hat dann eure Hocheit ihre glükliche Erlösung und Ankunfft an diesen Ort / ihrer höchstbetrübten Fr. Mutter verhehlen können? als die wegen ihrer Kinder Verlust täglich weinet und zu weinen nicht auffhören kan. Gebet euch zufrieden / sagte sie / wir wollen ob Gott wil / sie gar bald mit unser Gegenwart erfreuen; fassete ihn bey der Hand / führete ihn mit auff den Saal / und sagte zu Herkules: Herzgeliebter Schaz / hier bringe ich unsern geträuen alten Wenzesla mit mir / welchen meine Fr. Mutter in ihrer Bekümmerniß abgeschicket hat. Herkules und Ladisla nebest Königin Sophien sprungen in ihren königlichen Kronen auff / liessen ihn mit Speise und Trank laben / und hatte er kaum Zeit zu essẽ / weil er hie und da nach der Königin Wolstande befraget ward / dessen sich zuentbrechen / [447] er sein Schreiben an Königin Sophien hervornam / und es mit diesen Worten einreichete: Allergnädigste Königin / meine auch allergnädigste Königin entbeut ihrer Hocheit mütterlichen Gruß und liebe / und übersendet deroselben dieses Schreiben / worauff ihre Hocheit /wie ich getröstlich hoffe / nunmehr die Antwort selbst můndlich überbringen wird. Das sol ob Gott wil geschehen / antwortete sie; brach den Brief / und lase ihn zugleich mit Königin Valisken / welcher also lautete;

Hedewieg / verwittibte Königin in Böhmen / entbeut ihrer herzgeliebten Fr. Tochter / Königin Sophien / Mütterliche Liebe und Träue; Herzallerliebste Fr. Tochter; es müssen ja noch leider meine unanffhörliche Trähnen /wegen des verlustes meiner allerliebsten Kinder / mein Angesicht und ganzen Leib Tag und Nacht befruchten /weil von deren Zustande mir in so langer Zeit keine einige Nachricht zukommen ist. Ach ihr Götter; wie hart habet ihr mich angetastet / und aller der meinen ohn alle barmherzigkeit mich beraubet! Mein einiger Trost und Hoffnung ist das allerliebste Söhnlein Herkuladiska (ach des lieben doppelnahmens / der mich meiner Söhne so offt erinnern wird) welchen zu sehen mein Herz so gar entzündet ist / daß / dafern eure Liebe sich noch länger wegert / mit ihm herüber zukommen / ich die Reise auff Padua / ungeachtet meiner Leibes-unvermögenheit / alsbald nach dieses meines Dieners Wiederkunft auff mich zu nehmen / gänzlich entschlossen bin; welches meiner Fr. Tochter zuzuschreiben ich nicht umbhin können /Mütterlich bittend / ihre herzgeliebete Eltern meinetwegen Schwesterlich zu grüssen / und was vor Zeitung sie von den unsern haben mag / mich ehist wissen zu lassen. Inzwischen bin und verbleibe ich meiner herzgeliebten Frau Tochter Mütterlich ergebene Hedewieg.

Valiska küssete den Brieff / und stiegen ihr die Freuden Tränen aus den Augen / fing endlich an und sagte; ich danke dem Almächtigen Gott von Herzen /daß meine allerliebste Fr. Mutter annoch beim Leben und Gesundheit ist / und hoffe vor Ausgang dreier Wochẽ sie zu ümfahen / und ihr die TrauerTränen abzuwischen. Aber mein Wenzesla / ich habe euch schier zu lange mit dem verdienten Bohtenlohn auffgehalten / welches ich mit guten Zinsen verdoppeln wil; hielt auch bey ihrem Bruder an / er möchte ihn in den Böhmischen Adelstand auffnehmen / sie wolte ihm schon ein Gut in Böhmen kauffen / und ihn mit ihrer alten Hoffmeisterin verheirahten / daß er nach diesem nicht mehr dienen / sondern als ein Herr leben solte; welches der gute alte anfangs vor scherz annam / doch als er den Ernst sahe / mit demühtigstem niederknien sich untertähnigst bedankete / da ihm Herkules 6000 /Ladisla auch so viel / und Sophia 2000 Kronen versprachen. Des folgenden morgens / wahr der andere und lezte Tag der Fürstlichen Medischen Gästerey /und der näheste vor dem Auffbruch / stelleten die 12 Parther sich wieder ein / denen befohlen ward / daß sie alle ihre Mitgesellen inwendig drey Stunden mit sich herzuführen solten; welche / da sie zugegen wahren / König Herkules / in beiseyn des Käysers und aller Fürsten und Fürstinnen also anredete: Durch was vor Unglüksfal ihre Parther in den unseligen Stand der leibeigenen Dienstbarkeit gerahten seid / ist unvonnöhten / euch weitläufftig vor zuhalten; ihr wisset daß durch Feindes Macht ihr überwunden / und von dem Persischen Könige / dem Großmächtigsten Fürsten / Herrn Artaxerxes darzu verurteilet seid / daß weil ihr gegen seine Völker die Waffen gebraucht /und darüber den kũrzern gezogen / ihr biß an eures Lebens Ende die knechtischen Ketten tragen / und zu schnöder Arbeit soltet verdammet seyn / wie dann dero behuef ihr mir und Könige Ladisla / auch andern Rittern geschenket und zugestellet worden seyd; Weil wir aber eure Demuht / Gehorsam und guten Fleiß gesehen / [448] und mein liebes Gemahl bey Einlieferung eures untertähnigsten Bitte-Briefes mich und ihren Herr Bruder fleissig ersuchet / daß ihretwegen wir euch ingesamt eine sonderliche Gnade erzeigen möchten / haben wir uns lassen euer Unglük zu herzen gehen / sind auch gewilliget / euch dieselbe alsbald wiederfahren zulassen / wann ihr uns zuvor äidlich versprechen werdet / Zeit eures lebens es mit redlicher unbrůchiger Träue zuerkennen / uñ bey dem Durchleuchtigsten GroßFũrsten Arbianes / als seine Leibschaar / so lange dessen Liebe ausser Persischem /Medischem und Parthischem Gebiet sich befinden wird / ungesparet Leib und lebens / Gutes und Blutes euch gebrauchen zulassen / auch ohn dessen geheiß oder einwilligung euch nicht von ihm zu scheiden; worauff ihr euch alsobald werdet zubereden und zuerklären haben. Der meisteteil fing an / vor freuden die Trähnen zuvergiessen / und hielt der vornehmste unter ihnen / ein Ritter von 44 Jahren diese Rede: Großmächtigste Unüberwindlichste Könige / allergnädigste Herrn; was vor ungläubliche Heldentahten von euren Königll. Hocheiten wir in den Morgenländischen Schlachten mit Augen angesehen / werden wir wol Zeit unsers lebens aus unserm Gedächtnis nicht kommen lassen. Aber die Heldentaht / anjetzo uns erzeiget / erheben wir billich über alle die vorigen / da eure Hocheiten aus recht Königlichem erbarmen uns eine solche allergnädigste Verheissung getahn / welche wir nimmermehr bestand seyn werden / zuerkennen; wir geloben hiemit alle und jede äidlich an / das selbe alles nach ungefärbeter Auffrichtigkeit und höchstem vermögen zu leisten / was eure K \nigll. Hocheiten dißmahl an uns allergnädigst begehret /und was dieselbe hernähst von uns erfodern werden /so gar / daß wir auff erlangete lebens und standes Freyheit / bereitsind / unser Leben und Blut als ein Zeichen der Dankbarkeit gleich dieses Augenblik mit unsern eigenen Händen auff die Erde zu schütten; solten wir aber noch überdas in ritterlichen Kriegsdiensten gebraucht werdẽ / wollen wir uns dergestalt bezeigen / daß verhoffentlich unsere altergnädigste Herren erkennen werden / sie haben ihre barmherzigkeit an solche Männer gelegt / welche tausendmahl lieber sterben / als einmahl undankbar wollen erfunden werden. Unseren Helden gefiel diese Erklärung so wol /daß sie dieselben des wirklichen Aids erliessen / und mit dem Handschlage zu frieden wahren. Worauff die Ritter an einen besondern Ort; die ädlen an einen andern / und die unädlen allein treten musten / woselbst ihnen die Waffen ausgeteilet / und sie in 20 Geschwader gesetzet / auch alle Ritter / und andere mehr unter ihnen / zu Befehlichshaber geordnet wurden / nachdem sie schon zuvor hohe Kriegsämter bedienet hatten. Ihnen wurden 20 schöne Reuterfähnlein ausgeteilet / in welchen zween Löuen (wie sie es selbst wähleten) stunden / und unter denen diese Worte:Vitam pro libertate. solte so viel heissen;Wir opffern unser Leben vor die geschenkte Freyheit. Und haben nach gehends diese Parther in dem Wendischen und Panonischen Kriege / davon im siebenden und achten Buche folgen wird / sich so ritterlich gehalten / daß sie fast ja so grossen Ruhm in Teutschland und Böhmen / als die Teutschen und Böhmen in Persen erworben. Dem Käyser gefiel diese Freylassung so wol /daß er unter diesen Parthen 20000 Kronen zum Gnadenpfennige austeilen ließ / nebest dem versprechen /so bald er zu Rom wieder anlangẽ würde / wolte er seine ihm geschenkete 20 Parther frey geben / und sie nach Böhmen wolberitten fortschicken. Vor welche Gnade die gesamten Parther einen untertähnigsten Fußfal tahten / und wegen ihrer wenigen [449] Gesellen sich herzlich freueten. Weil dañ nun des nähst folgenden Tages die scheidung geschehen solte / hielten die Paduanische / Mantuanische und Ravennische Abgeordenten bey König Herkules und Ladisla fleissig an /daß sie ihren neuerbaueten Höfen und Landgütern gewisse Verwalter und Bewohner verordnen wolten; da dann Herrn Opimius der Hoff samt dem zugehörigen Gute zu Padua; Herrn Perpenna Fr. Zezilien Gemahl der zu Mantua; und Sabihn von Rom der zu Ravenna eingetahn ward / die nach Abzug ihrer jährigen Bestallung / wegen des ũbrigen dem Paduanischen Stathalter Rechnung einlieffern solten. Auch bestelleten sie Galehn vor ihren Leibarzt / umb 3000 Kronen jähriges Soldes / wogegen er sich vier Jahr verpflichten muste / und daß in solcher Zeit er 20 Teutschen / und so viel Böhmen in der Arzneykunst fleissig und geträulichst unterrichten solte / wovor ihm nach verlauff solcher Zeit 8000 Kronen versprochen wurden. Sie hatten ihm wegen heilung der Verwundeten Fürsten /Ritter und gefangenen Pannonier 5000 Kronen zugestellet / und daneben 9000 Kronen / wovor er allerhand Arzney einkauffen und mit übernehmen solte. Weil auch Ladisla sich eines harten Krieges von den Pannoniern zubefahren hatte / ließ er vor etliche tausend Reuter und Fußvolk zu Padua und in den nähesten Städten Waffen einkäuffen / welches ihm nicht allein wol zugelassen wahr / sondern der Käyser verehrete ihm aus der Städte Rustkammer 1600 Reuterharnische / Schwerter und Schilde / 3000 Speereisen /und auff 6000 Fußknechte gute Rustung / nebest dem versprechen / daß da der Pannonier seinem Reiche den Krieg anmuhten würde / wolte er ihm nach belieben Rustung gnug ausfolgen lassen / und ob er gleich wegen des geschlossenẽ zehnjährigen Stillestandes ihm keine Reichshülffe mit Völkern leisten dũrfte /solte doch allen seinen Leuten frey stehen / ihm in solchem Kriege zu dienen / massen ihm hiemit alsdañ freie Werbung im ganzen Römischen Reiche solte erläubet seyn. Es ward diesen Abend ein sehr herliches Seitenspielwerk angestellet / da Königin Valiska dem Käyser zu ehren / ihre Laute und süsses Stimlein hören ließ / wiewol er des Gesanges Inhalt nicht verstund / weil es folgender Teutscher / von ihr selbst gesetzeter Abendsegen wahr.


1
HErr GOtt / laß es gnädig walten /
Vater / Sohn / und heilger Geist!
Dir Herr dank ich allermeist /
Daß du mich hast heut erhalten.
Du hast deiner Engel Schaaren /
Mich vor unfal zu bewahren /
Umb mich rings umbher gesezt.
Du hast mich vor Satans wüten
Wollen diesen Tag behüten /
Der sein Schwert auff mich gewezt.
2
Dich mein Helffer wil ich preisen
Vor so hohe Gnaden-gunst;
Gib daß ich aus rechter Brunst
Dir mag Lob und Dank beweisen.
Ich bin schlim und voller Sünden /
Und muß deinen Schuz empfinden /
Dem kein ander gleichen mag.
Ich bin unwert des erbarmen /
Welches du O Gott mir armen
Hast erzeiget diesen Tag.
3
Herr / vergib mir meine Schulden;
Was ich böses außgericht /
Ruffe vor Gerichte nicht /
Sieh mich an nach Vaters Hulden.
Ich bin ja von Staub und Erden /
Und muß solches wieder werden;
Kein Mensch ist vor dir gerecht.
Sol ich meine Schwacheit klagen /
Und dir / was ich bin / ansagen?
Herr ich bin ein schlimmer Knecht!
4
Du hast Gutes mir befohlen /
Böses hab ich nur getahn /
[450]
Ich bin sündlich umb und an /
Und bekenn' es unverhohlen.
Liebster Vater / laß verschwinden /
Was an mir böß ist zu finden /
Dann mein Heyland JEsus Christ
Hat vor mich den Tod gelitten /
Dessen Leyden und verbitten
Mein Erlösung worden ist.
5
JEsus hat vor mich bezahlet /
Meine Schulden gut gemacht /
Er hat alles wiederbracht /
Da sein Blut ihn roht gemahlet.
Seine Striemen / seine Wunden
Haben mich der Last entbunden /
Sein unschazbar teures Blut
Hat mir Sünder Heyl und Leben
Und das Himmelreich gegeben /
Und macht alles wieder gut.
6
Jedoch / daß ich Gottes Willen
Nach rechtschaffner Glaubensart /
Aller Kräfften ungespart
Auch sol embsiglich erfüllen.
Sol vom übeltuhn abstehen /
Und auff Gottes Wegen gehen /
Brechen Fleisches üppigkeit;
Sol die Heiligkeit anzihen /
Glaubens-Früchte lassen blühen /
Und Gott dienen allezeit.
7
Heilger Gott / gib Krafft und Stärke /
Führe mich zum guten an.
Dein Geist / welcher alles kan /
Mehr' in mir die Glaubenswerke.
Dir befehl ich Leib und Leben /
Und was du mir sonst gegeben;
Laß mich deinen Geist / O Gott /
Auff den guten Wegen leiten /
So werd ich zu allen Zeiten
Halten dein Recht und Gebot.
8
Laß mich deinen Engel schützen /
Weil ich schlaff' in dieser Nacht /
Daß ich frey von Satans Macht /
Unter deiner Huht mag sitzen.
Laß mich deine Flügel decken /
Laß mich kein Gespenst erschrecken /
Treibe von mir Angst und Noht.
Laß mich friedlich schlaffen gehen /
Und frisch wiederumb auffstehen.
Amen / Amen / hilff O Gott!

Unter dem singen brachen ihr zu unterschiedlichen mahlen die Andachts-Trähnen loß / und begehrete des Käysers Mutter vor ihr / sie möchte ihr den Inhalt dieses Teutschen Gesanges in die Lateinische Sprache übersetzen; worauff sie zur Antwort gab: Ja von Herzen gerne / Gn. Fr. Mutter / massen Euer Liebe als einer Christin ich nicht verhehlen wil / daß es mein Abendsegen-Gesang ist / welchen nach meiner schlechten Einfalt ich mir selber auffgesetzet habe; ging in ein NebenGemach / und brachte es von Wort zu Wort ins Lateinische / so viel die Art derselben Sprache es gönnen wolte / welches dann Fr. Mammeen so wol gefiel / daß sie hernach es durch einen Christlichen Kunst-Tichter in gleichmässige Lateinische Verse bringen ließ. Die weil / daß Königin Valiska im abschreiben begriffen wahr / baht Königin Sophia Herkules / er möchte auch eines in die Laute zusingen ihm gefallen lassen / welches / weil Fürstin Lukrezie und Sibylla ihr mit bitten zu hülffe kahmen /er nicht abschlagen kunte / nahm die Laute / und nach etlichen Vorspielen / stimmete er folgendes Lied /über den kräfftigen / heilsamen und süssen Nahmen JEsus / von ihm selbst in Teutscher Sprache auffgesetzet / mit ganz bewäglicher und anmuhtiger Stimme an:


1
Süsser JEsus! meine Freude /
Meine Seel- und Augenweide.
Süsser JEsus! meiner Brust
Allerangenehmste Lust.
JEsus / du mein Trost und Leben /
Dem ich mich zueigen geben;
Du in Glük und Unglüksfal
Mein Heil und mein ganzes-Al.
2
JEsus / deines Nahmens prangen /
Wil ich / was ich kan ablangen /
Jezt besingen mit Gebühr.
Defne du die Sinnen mir /
Daß ich möge Worte finden /
Die in Andacht uns entzünden /
Und zu deinem Ehren-Schein
Nicht zu schlecht noch irdisch seyn.
[451] 3
JEsus Nahm' ist groß und prächtig
Uberal geehrt und mächtig /
Als den Gott ja selber führt.
Grosser JEsus / dir gebührt
Alles was die Engel können /
Die zu deinem Dienste rennen;
Ihr unzählig-grosses Heer
Rufft dir zu Lob / Preiß und Ehr.
4
Vor dir zittert und erschricket
Was von Gott zum Argen rücket.
Teuffels Wuht und Hellen-Brand
Scheuhet sich vor deiner Hand.
Und wann sie sich regen wieder /
Legt dein Donner sie bald nieder.
Ihr Zorn / ist er noch so heiß /
Wird er doch durch dich zu Eiß.
5
Vor dir muß der Himmel biegen /
Und die Erde sich einschmiegen;
Das Meer sinket wie ein Stein /
Und die Berge fallen ein.
Die zum argen sich verschworen /
Gehen alzumahl verlohren /
Und der Tod hat kein Enthalt /
Wo der Nahme JEsus schalt.
6
Vor dem Nahmen JEsus müssen
Groß und klein die Erde küssen /
Und sich beugen alle Knie /
So dort oben als auch hie.
Dann der Nahme JEsus führet
Alle Macht / so man je spüret;
Alles was man wissen kan /
Ist ihm gänzlich untertahn.
7
Doch diß tröstet unsre Herzen /
Und vertreibet allen Schmerzen /
Daß der Nahme JEsus Christ
Uber alles heilsam ist.
Wann der Gottes Zorn herdringet /
Wann Gesetzes-Fluch erklinget /
Und macht seinen Donner groß /
Reisst uns JEsus Nahme loß.
8
Wann des Teuffels scharffe Klauen
Unser Mark und Bein durchhauen;
Wann die Sünd uns nagt und beisst /
Und GewissensRuh zureist.
Wann Tod und der HellenRachen
Uns vor Angst Blut schwitzen machen;
Macht uns JEsus Nahme frey
Von al solcher Wůterey.
9
JEsus Nahm' hat alle Schätze /
Dran ich einig mich ergetze;
Er bringt Gottes Huld und Gunst /
Defnet seine Liebes-Brunst.
JEsus läst uns nicht verderben /
Er vertreibet Angst und sterben;
JEsus wendet Noht und Leid /
Und schenkt alle Seligkeit.
10
JEsus Nahm' im Gnaden-Bunde /
Ist wie Honigseim im Munde;
In den Ohren klingt sein Hal
Lieblicher dann Lautenschal;
Und dem Herzen / das erschrocken /
Bringt er lustiges frohlocken;
Er vergnüget Sin und Muht
Mehr als Wollust selber tuht.
11
Wer den Nahmen JEsus liebet /
Bleibt wol ewig unbetrübet /
Nichts ist / das ihm schaden kan;
Läufft ihn alle Welt gleich an.
JEsus bringet Muht im Trauren /
Lässet Furcht nicht bey uns tauren;
JEsus Nahm ist Schild und Schuz /
Und beut allen Feinden Truz.
12
JEsus Nahm' heilt allen Schaden /
Und wann wir in Schwermuht baden /
Jaget er sie von uns hin /
Und befriedigt Herz und Sin.
JEsus ist im Hunger Speise /
Und ein Trank auff Durstes Reise /
Kůhlung in der Hitzespein /
Und erwärmt im Froste fein.
13
JEsus ist ein Arzt der Kranken /
Bricht unzimliche Gedanken;
JEsus ist der Armen Schaz /
Der Gefangnen freyer Plaz.
Er ist der Verlaßnen Segen /
Helffer unter Zwang und Schlägen
Ist in Ohmacht feste Krafft /
Und im sterben LebensSafft.
14
JEsus zahlt vor alle Schulden;
Und die strängen Frevel dulden
Setzet er in Sicherheit.
JEsus wendet alles Leid.
[452]
Er bricht aller Teuffel wüten /
Und wil wiederumb vergüten /
Was der erste Mensch zuvor
Durch den Sünden-fall verlohr.
15
Vor wem solt' uns dann wol grauen /
Wann wir hin auff JEsus trauen?
Allerliebster JEsus Christ /
Bin ich gleich sehr schwach; du bist
Kräfftig gnug; steck' ich vol Sünden;
Du wilt mich der Schuld entbinden.
Bin ich der Untugend Knecht;
Du bist heilig und gerecht.
16
Ich wil nichts von mir angeben;
Ich bin tod / du bist das Leben;
Ich bin nichtig umb und an /
Und du bist der alles kan.
Solt' ich dann nicht frölich sprechen?
Liebster JEsus mein Verbrechen
Schadet meiner Seelen nicht /
Dann du bist mein Heil und Liecht.
17
Jedoch muß ich nach Vermögen /
Wie die Kinder Gottes pflegen /
Nicht der Sünden Dienst' hinfort
Leisten / sondern HErr / dein Wort
Mir zur Lebens-Richtschnuhr wählen /
Und würd' ich aus Schwacheit fehlen /
Muß ich büssend in mich gehn /
Und vom Sündenfall auffstehn.
18
Alsdann kan ich Gnade finden /
Und du wilt mich fort entbinden
Von der Hellen Pein und Noht /
JEsus du mein Heil und Gott.
O laß weder Glük noch Leiden
Mich von dir ja nimmer scheiden /
Sondern deines Nahmens Schein
In mein Herz gedrücket seyn. Amen.

Baldrich und Siegward höreten den Geistreichen worten / die andern / so kein Teutsch verstunden / der lieblichen Gesangsweise zu. Aber Königin Sophia /welche wol wuste / daß ihr Eheschaz nicht allein die Laute wol spielete / sondern auch eine reine und artige Stimme drein sang / hielt bey denselben bitlich an /der hohen Geselschafft zuehren auch eines anzustimmen / welcher ihr dieses nicht abschlagen wolte / und weil es gleich ümb die heilige Osterzeit wahr / da man in der werten Christenheit die Gedächtnis der Siegreichen Auferstehung unsers Heilandes hielte /ließ er dieses Osterlied aus andächtigem Herzen erschallẽ:


1
DIe Leidensangst ist nun vorbey /
Der HErr ist aufferstanden!
Und wir Gefangne sind schon frey
Von schweren Hellen-Banden.
JEsus hat durch seine Macht
Uns Leben / Heil und Segen bracht /
KeinLeid ist mehr verhanden. Lobt den HErrẽ.
KeinLeid ist mehr verhanden. Alleluja.
2
Des Vaters Zorn fiel auff uns zu;
Den hat der Sohn gestillet
Gesetzes Fluch brach uns die Ruh /
Das JEsus nun erfüllet /
Und bezahlt der Sünden Schuld /
Daß unsers Gottes Gnad und Huld
Nun reichlich wieder quillet. Lobt den HErren.
3
Die Schlang hatt' uns zu falle bracht;
Der Heyland hats gerochen;
Wir lagen in der HellenAcht;
Christ hat uns loßgesprochen.
Satan legt uns Ketten an /
Die Menschen Hand nicht lösen kan /
Gott selbst hat sie zubrochen. Lobt den HErren.
4
Verdamniß wahr der Sünden lohn;
Christ bringt uns Heil und Leben /
Durch seine Schmerzen / Angst und Hohn
Hat er uns Friede geben /
Und daß wir nach dieser Zeit
Bey Gott in steter Seligkeit
(O Freude!) solten schweben. Lobet den HErrẽ.
5
Du süsser Heyland JEsus Christ;
Was grosse Himmels Gaben
Sind es / die wir zu dieser frist
Durch dein' Erstehung haben.
Dein Grab ist so gnaden-reich /
Daß alle Welt sich kan zugleich
An solchem völlig laben. Lobt den HErren.
6
Wie freudig must' Israel seyn /
Als Mose sie ausführte!
Du JEsus hast der Hellenpein /
Sie unser Herz schon spürte /
Von uns Menschen abgewand /
Und frey gemacht von Satans Hand /
Die uns ganz grimmig rührte. Lobt den HErrẽ.
[453] 7
Wer wolte dann sich freuen nicht
In diesen Oster-Tagen?
Da uns Gott frey von Sünden spricht /
Und wendet alles klagen.
Freue dich du Christen-Schaar /
Du bist befreyet von Gefahr /
Und loß von Hellenplagen. Lobt den HErren.
8
Drumb müssen wir diß OsterFest
Im süssen Teige feiren /
Das unser Gott erscheinen läst /
Dem Sauerteige steuren /
Und in voller SeelenZier
Zu Gottes Lobe gehn herfür /
Das heisset sich erneuren. Lobt den HErren.
9
Hilff Heyland / daß wir deine Gunst
Nach Wirdigkeit erkennen /
Und in rechtschaffner GlaubensBrunst
Beständig dich anrennen;
Daß auch unser Muht und Sin
Von heisser Andacht immer hin
Und Liebe möge brennen. Lobt den HErren.
10
Und weil du die Verdamniß hast
Durch deinen Sieg vernichtet /
Son nim die schwere Zornes-Last /
Die dein Tod hat geschlichtet /
Liebster Heiland / von uns ab /
Dann haben wir den Trostes-Stab /
Der unsern Geist auffrichtet. Lobt den HErren.
11
Laß endlich auch die Friedes-Lust
In unsern Herzen wohnen /
Daß / wie du deinen Feinden tuhst /
Wir auch der unsern schonen /
Und ohn Zorn versöhnlich seyn /
Auff daß dein süsser Gnaden-Schein
Uns ewig möge lohnen. Lobt den HErren.

Der Käyser und andere anwesende Heiden merketen leicht / daß alle diese Gesänge nichts anders als Christgläubige Lieder währen / welches sie ihnen doch nicht liessen zuwieder sein / weil die Sänger bey ihnen so angenehm wahren.

Die gefangenen Pannonier hatten den herannahen den Auffbruch unserer Geselschafft in Erfahrung bracht / und wahren biß daher immerzu in Hoffnung gestanden / man würde sie mit nach Böhmen oder Teutschland nehmen / welches dann ihr einiger Wunsch wahr / nachdem sie hoffeten / dereins Gelegenheit der Erlösung oder deß außreissens zubekommen; aber sie wahren dem Käyser schon vor eigẽ geschenket / der sie diesen Tag auß dem Karren spannen / und ihnen ansagen ließ / sie solten sich gefasset halten / daß sie des nächstfolgenden Tages nach dem Tyrrhenischen Meer geführet würden / woselbst man sie auff unterschiedliche Schiffe an die Ruder schmieden solte / weil man ihnen keine unleidlichere Knechtschafft als diese / wüste / und ihnen recht geschähe /als die auß lauterm Mutwillen sich in dieses Unglük gestůrzet hätten; insonderheit solte der vornehmste unter ihnẽ täglich zweymahl vor essens / wegen der außgestossenen frechen schmachreden wie der König Herkules / rechtschaffen abgestriegelt werden. Welche Urtel ihnen dermassen hart vorkam / daß sie wünscheten / ihrer Hände nur ein halb viertelstündichen mächtig zusein / ümb ihr mühseliges Leben zuendigen /wusten auch ihre Zunge nicht zuzähmen / daß sie nicht auffs neue allerhand Lästerung außgegossen hätten.

Leches und andere Bedienete / wahren diese Zeit über sehr geschäftig / daß alle annoch ungeladene Güter und Waffen auff Wagen gebracht wurden / welche des nähstfolgenden Tages mit dem Tage loßbrachen / an der Zahl 1075 / vor denen 6000 Pferde gingen; ihnẽ folgeten 40 Gutschen / welche weil sie ledig wahren / von 80 Pferden gezogen wurden. Darnach gingen die Wagen mit Wein / und endlich die Maulesel / Kamehl und Reitpferde / den Fürsten und Rittern zuständig / an der Zahl 800 / dann die ũbrigen wahren unter die Freigelassene Parther (welche in lauter Freuden Sprüngen gingen) außgeteilet / und [454] hatte man die vom Käyser freigelassene Teutschen / an der Zahl 565 / auch beritten gemacht. Der Käyser gab ihnen 1200 Römische Reuter und 4000 Fußknechte zur begleitung zu / biß an die Bömischen Grenzen /da das Fußvolk vorne und zu beiden Seiten der Wagen außgeteilet daher zogen; nähest hinter den Wagen folgeten 600 Römische Reuter / welche Klodius führete; nach den ledigen Handpferden gingen 200 Römische Reuter / deren Führer ein tapfer Römischer Ritter war / nahmens K. Sempronius Valens. Der Elefant zohe diesen nach / und ward von den übrigen 400 Römischen begleitet / deren Führer Markus wahr. Unsere Fürstliche Geselschafft muste mit dem Käyser vor ihrem Abzuge noch früstücken / welches an die drittehalb stunden wehrete / da nahmen sie freundlichen Abscheid / und ritte der Käyser mit ihnen biß vor das Tohr / unsere Helden versicherend / daß er nie unwilliger von einigen Menschen sich geschieden hätte. Haussen vor der Stad hielten ihre Reuter als 615 Teutschen / 350 Bömen (dann die 300 ädel Knaben wahren wehrhafftig gemacht / und mit ritterlichen Waffen versehen) / und 200 Meden; diese hielten zur rechten in dreyen unterschiedlichen Hauffen. Zur linken hatten sich die freigelassene Parther in zierliche Ordnung gestellet / denen Leches zum Obersten gegeben wahr. Diese rieffen den unsern Glük / Gesundheit und langes Leben zu. Sie nahmen ihren Weg auff den unseligen Flecken zu / woselbst sie das erste Nachtlager halten wolten. Die vorgedachte zur rechten haltende Reuter nahmen den vorzug unter Neda und Prinsla; darauf ritten unser Fůrsten und Herren in folgender Ordnung: König Herkules und Herr Pompejus (dann dieser und folgende Römische Herren wolten diese Nacht bey ihnẽ im Flecken bleiben) König Ladisla und Herr M. Fabius von Rom / Fürst Baldrich / und Q. Fabius der Stathalter zu Padua; Fũrst Siegward /und der junge K. Fabius (welcher samt seinem Gemahl gar mit biß nach Prag zog); Fürst Arbianes und Herr Kornelius; denen Gallus und sein Schwäher Opimius folgeten / und zulezt Neklam / nebest Baldrichs und Siegwards zwölff ritterlichen Dienern. Ihnen folgete das gesamte Frauenzimmer in schönen Gutschen; Königin Valiska / Fũrstin Lukrezie / samt deren Fr. Mutter / und Libussa / welche den kleinen Herkuliskus auff der Schoß hielt / sassen in der ersten. In der andern Königin Sophia / und Fürstin Sibylla mit ihren Müttern. Auff der dritten / Fr. Ursul mit ihrer Mutter /samt Euphrosynen und Brelen. Auff der vierden Fr. Agatha / Fr. Therba / nebest GallusEheliebsten und Lukrezien gewesenen Leibdienerin Lektoria. Auff der fünften / sechsten und siebenden wahren der Fürstinnen und Frauen Dienerinnen samt den SäugeMüttern und Kinderwarterinnen. Auff dem achten zween alte gelehrte ChristlicheLehrer; auff der neunden und lezten Gutsche wahr der Arzt Galehn mit seinen fünf Gesellen / und folgete ihm ein leichter Rüstwage / auff welchen er allerhand Arzneien auff den Nohtfal hatte. Die Parther unter ihren 20 Fåhnlein zogen hinten nach / in solcher Vergnügung / daß sie sich ihrer außgestandenen Dienstbahrkeit glükselig schätzeten / ohn welche sie nicht würden Gelegenheit gehabt haben /einen solchen Zug zutuhn / wünscheten auch öffentlich erstes TagesGelegenheit zuhaben / durch eine tapfere Taht ihrẽ Herren ein dankbares Herz sehen zulassen. Auff diesem Wege fing das Christliche Frauenzimmer an / ihre andächtigen Danklieder mit heller Stimme zusingen / als / den 3 / 23 / und 121 Psalm /des Königes David / welche Herkules in lateinische Reimen gebracht hatte / und zu Teutsch also lauten:

[455] Der III Psalm.
1
ACh HErr du Herscher aller Welt /
Wie viel ist meiner Feinde!
Wie trüglich wird mir nachgestelt /
Und finde keine Freunde.
Es setzen sich
Viel wider mich /
Und sagen meiner Seelen /
Es wolle Gott
In Noht und Spot
Sie immer lassen quälen.
2
Doch bistu HErr vor mich der Schild /
Ob man mich gleich vernichtet;
Zu Ehren du mich setzen wilt /
Hast mein Häupt auffgerichtet.
Wann mein Geschrey
Ich bring herbey /
Und zu dem HErren flehe;
So höret er /
Und kehrt sich her
Von seiner heilgen Höhe.
3
Ich lieg und schlaff in guter Ruh /
Hernach erwach' ich wieder /
Und sehe / daß Gott immerzu
Komt über mich hernieder;
Drumb fürcht ich nicht /
Was man mir spricht
Von hundert tausend Schaaren /
Die mich so gar
Bald hier / bald dar
Zufressen sich nicht sparen.
4
Auf Helffer auf! du starker Gott /
Triff meiner Feinde Backen
Im Grim / und mache sie zu spot /
Die mich so bößlich zwacken;
Greiff hefftig an
Den frechen Zahn /
Zuschmetter' ihr Gebeine /
Dann bey dir hat
Schutz / Hülff und Raht /
Wer spricht / ich bin der deine.
Der XXIII Psalm.
1
DEr grosse Gott
HErr Zebaoht /
Dem ich mich hab ergeben;
Der ist mein Hirt /
Drumb er mich wird
In meinem ganzen Leben
Gleich wie ein Schaf ohn irren führen /
Daß ich nicht werde Mangel spüren.
2
Er weidet mich
Ganz sicherlich
Auff einer grünen Aueñ
Alwo ich muß
Den überfluß
Der reichen Güter schauen;
Er führt mich hin zum kühlen Brunnen /
Da nie frisch Wasser ist zerrunnen.
3
Er richtet zu
Trost / Lust und Ruh /
Zum Labsaal meiner Seelen;
Ich tret' heran
Auff rechter Bahn /
Da muß mein Fuß nicht fehlen.
So wil mich Gott mit Trost erfüllen
Nur bloß umb seines Nehmens willen.
4
Geh' ich zumahl
Im finstern Tahl /
Da Tod und Teuffel wüten /
Acht' ich Gefahr
Nicht umb ein Haar /
Weil mich Gott wil behüten /
Und mit dem Stab' und HirtenStecken
Bey mir den FreudenTrost erwecken.
5
Zum vollen Tisch
Hastu mich risch
Und prächtig hingeführet /
Weil mich der Feind
Zudämpfen meint /
Mein Häupt hastu gezieret
Mit Oel / und mir frisch eingegossen
Den Becher / des ich wol genossen.
6
Barmherzigkeit
Und gute Zeit
Die werden mich begleiten /
So daß mir nicht
An dem gebricht /
Was Lust kan zubereiten.
Ich werde / Gottes Wort zutreiben /
In seiner Kirchen immer bleiben.
[456] Der CXXI Psalm.
1
ICh habe mein Gesicht
Hin zu der Berge Spitzen
Andächtig hingericht /
Die mich so wol beschützen;
Da ich sonder Grauß und Grämen
Rettung pflege herzunehmen.
2
Mein hoffen bistu Gott /
Bey dem ich Schuz empfinde;
Ich fürchte keine Noht /
Dann der hilfft mir geschwinde /
Der den Himmel hat bereitet /
Und die Erden ausgebreitet.
3
Er leitet meinen Fuß
Zu diesen bösen Zeiten /
Daß er fest treten muß
Ohn Anstoß und ohn gleiten /
Dann der dein zuhüten pfleget
Hat sich nie zur Ruh geleget.
4
Sich diesen Hüter an /
Auff den Israel trauet /
Er ist kein solcher Mann /
Daß ihm vor wachen grauet /
Hat man ihn doch nie gesehen
Schlummern oder schlaffen gehen.
5
Der HErr von grosser Macht /
Der dich so sicher leitet /
Hat dich an örter bracht /
Da keiner dich bestreitet;
Er gibt deiner Rechten Schatten /
Drumb geht alles dir von statten.
6
Der heisse Sonnenstrahl /
Den wir des Tages fühlen /
Macht dir gar keine quahl /
Er muß vielmehr dich kühlen;
Wil der Mond zu Nachte schaden /
Bleibstu dessen doch entladen.
7
Der HErr / der alles kan /
Behüte dich vor bösen /
Der wolle dich fortan
Durch starke Hand erlösen /
Vor des bösen Teuffels wüten
Woll' er deinen Geist behüten.
8
Gott wolle bey dir seyn /
Und mächtig dich bewahren /
Wann du kömst wieder ein /
Wann du hinaus wirst fahren /
Wolle dich der HErr geleiten /
Jetz und und zu allen Zeiten.

Sie blieben in solcher Andacht / biß sie in den Flecken kahmen / da Valiska mit Libussen abstieg / nach ihrer bekanten Herberge ging / und den Wirt / welcher vor der Tühr stund / also anredete: Guter Freund /habt ihr nicht Zeitung von dem Jünglinge gehabt /welcher vor ohngefehr zweien Jahren / nebest zwo Jungfern aus diesem Hause entführet worden? Ja /Durchleuchtigste Königin / antwortete er; Eure Konigl. Hocheit ist mir wol bekand / welche diese Zeit her zu Padua ich oft gesehen / auch wol weiß / daß dieselbe eben der Jüngling ist / und bitte untertähnigst / mit dieser geringen Hütten / wie es bey mir bestellet ist / gnädigst vor lieb zu nehmen Sie boht ihm die Hand / stieg die Leiter hinan auff ihre ehmahlige Schlaffkammer / und hielt ihr Dankgebeht daselbst eine halbe Stunde nicht ohn Trähnẽ / vor die gnädige Beschützung ihrer Ehr und Lebens. Hernach nahmen sie die mitgebrachte kalte Küche hervor / hielten frölich Mahlzeit / und wiederhohleten daselbst durch erzählung ihre vielfältige Mühseligkeit. Klaudius der Räuber / welchen Herkules jensmahl im Walde unter den andern Erschlagenen hart verwundet angetroffen /wohnete in demselben Flecken / dann er hatte vor die Gelder / so ihm von Ladisla auff Herkules begehren zum Bohtenlohn zugestellet wahren / ein Bauren Gütchen gekauft / auff welchem er sich mit seinem jungen Weibe saurer Arbeit nehrete. Dieser sahe Gallus ohngefehr auff der Gassen in seiner köstlichen Kleidung stehen / ging zu ihm / demühtigte sich sehr / uñ erfreuete sich hoch wegen seines glüklichen wolergehens. Gallus kennete ihn gleich / führete ihn bey der Hand in die Stube / und sagte zu Herkules: Gnädigster Herr / hier stelle ich unsern ehmahligen geträuen[457] Bohten / welchen wir unter den erschlagenen Räubern antraffen / und sind also wir beyden von der gottlosen Geselschaft noch allem übrig / welche so hohen Häuptern so unsägliche Mühe und Gefahr erwecket haben; auff welche Worte ihm die Trähnen hervordrungen. Herkules antwortete ihm; wie oft habe ich euch erinnert / daß ihr euch deßwegen nicht anklagen oder betrüben sollet / und könnet dannoch nicht unterlassen / mich dadurch zu beleidigen. Du aber / sagte er zu Klaudius; hastu dein Leben auch gebessert? Dieser setzete sich auff die Knie / baht untertähnigst umb Gnade / und berieff sich auff das Zeugnis aller Inwohner; da ihn der Wirt offentlich rühmete / daß kein fleissiger Ackerman in der ganzen Gegend währe / lebete mit seinen Nachbarn friedlich / und beklagete täglich seine ehmahlige Boßheit. Ladisla und Fabius lobeten im gleichen / wie geträulich er dazumahl die Werbung verrichtet / ungeachtet er mattigkeit wegen kaum reden können. Königin Valiska kennete ihn auch / und sagete zu ihm: Wie da mein Kerl / treffen wir uns hier an? gestehe mir nur / ob du nicht eben derselbe bist / welcher mir den alten lumpigten Rok um den Kopf schlug / da ich mich im Felde aufs Pferd setzen muste. Dieser erschrak der Erinnerung / und gereute ihn sehr / daß er sich gegen Gallus kund gegeben hatte / fiel abermahl nieder / baht um Gnade / und berieff sich darauff / daß Herkules im Walde ihm Leben und Freyheit versprochen hatte. Die Königin aber sagte zu ihm: Fürchte dich nit / ich habe dir schon vor längst verzihen / stehe nur auff / und vernim / was dir mein Gemahl vortragen wird. Der erschrockene Mensch kam hiedurch wieder zu sich selbst / und als ihn Herkules fragete / ob er in der Jugend irgend ein Handwerk gelernet / oder sonst mit Pferden umbzugehen wüste; gab er zur Antwort; er hätte zwar in der Jugend bey einem Rademacher gelernet / währe aber / ehe er die Lerne-jahr gar aus gehalten / von böser Geselschaft verführet / und endlich in die Räuberzunft gerahten. Herkules sagte Gallussen auff Medisch / er solte ihn in bestallung nehmen /daß er als ein Wagenmeister fleissige Auffsicht hätte /uñ da etwas zubrochen würde / er solches bey zeiten wieder machen liesse. Gallus trug ihm nach genommenem Abtrit solches vor; welcher aber einwendete /er hätte vorm halben Jahr sich in den Ehestand begeben / auch ein geringes Gütlein gekauft / welches durch seinen grossen fleiß und Arbeit sehr gut und geschlacht worden / würde aber in grund wieder verderben / wann er nicht selbst dabey währe: Weil nun Gallus seine Einfalt bekant wahr / lachete er der Entschuldigung / wolte sich nicht lange vergeblich bey ihm bemühen sondern befahl ihm / sein junges Weib herzuhohlen. Diese hatte sich etliche Jahr bey adelichem Frauenzimmer in Dienste auffgehalten / und wuste einem jeden nach gebühr zimlich zubegegnen /wahr ihres alters von 28 Jahren / und von geringer ankunft / dann ihr Vater wahr im Flecken Kühhirte. Da sie ankam / neigete sie sich züchtig vor Gallus / und sagete: Ihr Eheman hätte ihr angezeiget / daß ihre Gestr. sie unwirdige zusprechen begehrete; hätte sich gehorsamst einstellen sollen / umb zuvernehmen / was ihr Herr seiner Magd zubefehlen hätte. Frau / sagte Gallus / seid ihr Klaudius Ehegatte? und auff bejahung gab er ihr zuvernehmen / was vor ein Glük ihnen bevorstünde; da ihr dann bey meiner Eheliebsten / setzete er hinzu / als eine Schäfnerin seyn / und alles wessen ihr bedürfet / haben sollet. Sie bedankete sich dessen sehr / und baht um befoderung; worauff er mit ihrem Manne wieder zu Herkules ging / des Weibes Höfligkeit rühmete / und daß er Dienste zunehmen willig währe. Wem wiltu aber dein Hauß uñ [458] Gut vertrauen? fragete Herkules. Meinem Schwiegervater / antwortete er / wann er nur seines tragenden Kühhirten dienstes wegen es gebũhrlich bestellen könte; zwar er hat die Mittel nicht / meine acht Morgen Acker in gutem Bau zuerhalten / drumb mag er sie austuhn / und die Pacht davon nehmen; dann meine zwey Pferde muß ich nun wol verkäuffen / und mich samt meinem Weibe etwas höfischer kleiden. Die Geselschaft lachete des ernstlichen vorbringens / und sagte Herkules: Wie hoch hältestu dann deine Pferde? Ich habe sie / antwortete er / mit 15 Kronen bezahlet /aber diesen Frühling sie sehr abgetrieben / dz sie über 12 Kronen nicht gelten werden. Daß werden keine sonderliche muhtige Hengste seyn / sagte Herkules; befahl Gallus in fremder Sprache / er solte ihm und seinem Weibe ihrer bestallung nach / Kleider geben /und 300 Kronen herbringen; welches alsbald geschahe / da Klaudius ein gutes Ledernkoller / graue Hosen uñ Reitrok mit einer silbern Schnuhr / Stiefeln / Sporn und ein gutes Pferd mit allem Reitzeuge; sein Weib des gleichen ein ehrbares Kleid bekam / welches sie beyderseits anlegen / und zu Herkules hinein treten musten / der ihm 100 Kronen Anreitsgelder / und noch andere 100 Kronen gab / die er seinem Schwiegervater zustellen solte / daß er den Ackerbau recht in acht nehmen könte; seinem Weibe gab er die dritten 100 Kronen / sie ihrer Mutter zum Geschenke zu bringen. Wovor sie dankete / mit dem Wunsch / der allerhöchste wahre Gott möchte ihrer Königl. Hocheit solches hier zeitlich uñ dort ewiglich vergelten. Daß ist ein feiner Wunsch / gute Frau / antwortete er; aber kennet ihr auch denselben Gott / von welchem ihr redet? sie stutzete hierauf / und erröhtete drüber; welches Herkules sehend / zu ihr sagete: Antwortet mir nur frey und scheuhet euch in geistlichen Sachen vor keinem Menschen. Daß wil ich auch nicht tuhn / gnädigster Herr / sagte sie / demnach mein Gott ernstlich erfodert / daß man ihn aus Furcht nicht verleugnen sol / dann ich bin eine Christin / und gläube festiglich /daß ich den almächten wahren Gott / und seinen lieben Sohn JEsus Christ / so viel meine einfalt zulässet / erkenne. Umb so viel angenehmer werdet ihr mir und meiner Geselschaft seyn / sagte Herkules; aber von wem habt ihr diese allein seligmachende Lehre gelernet? Von meinem lieben alten Vater / antwortete sie / welcher Gott lob in diesem Glauben unter mannichen Verfolgungen beständig verharret ist / und sein herliches Landgut in seiner Jugend verlassen / damit er bey seinem Heylande bleiben könte; daher sich Gott auch sein erbarmet / und ihm das tägliche Brod bescheret hat / ob ers gleich saurlich verdienen müssen. Meine Mutter aber ist RömischesGlaubens / und weil sie zu der Christlichen Lehr gar kein belieben träget / noch davon hören mag / lässet sie mein Vater so hingehen / Gott wolle sie erleuchten / und zu sich zihen / daß sie der hellischen Verdamnis entrinnen möge. Was gläubet dañ euer Klaudius? fragete er weiter. Antwortet vor euch selbst / sagte sie zu ihm /damit euer gnädigster Herr wisse / wie ihr mit Gott stehet; derselbe fing nun an: Ich bin leider in der Jugend nicht unterrichtet / was man von den Göttern wissen sol; aber dieses bilde ich mir gänzlich ein /daß dieselben von uns das böse wollen gelassen und das gute getahn haben. Warumb aber lässestu dich nicht von deinem Schwäher und von deinem Weibe unterrichten was du nicht weist? sagte Herkules. Ich habs ihnen nicht zugetrauet / antwortete er / daß sie von so hohen Sachen gewißheit haben solten; wann aber ihre Gn. mir solches befehlen / wil ichs gerne tuhn. Herkules trug es Gallus auff / er möchte gefliessen seyn diese arme Seele [459] zu retten; und begehrete an Klaudius Frau / daß sie hinginge und ihre Eltern herzuhohlete / ihnen aber noch zur Zeit von der getahnen Verehrung nichts sagete. Sie ging frölich hin / zeigete ihnen kürzlich an / wie es ihr sonst ergangen währe /und hies den Vater gutes muhts seyn / weil sie gänzlich davor hielte ihr Gn. Herr währe ein Christ. Der gute alte / nahmens Dametas / wahr ungewohnt mit solchen hohen Leuten umbzugehen / und durfte sich doch nicht wegern / hatte aber mit seinem Weibe viel zu tuhn / ehe er sie / mit zu gehen / bereden kunte. Er entsetzete sich / als er die Fürstliche Versamlung sahe; aber Herkules machte ihn beherzt / als er ihn also anredete: Mein guter Alter / ihr habt eure Tochter in diesem euren armseligen Zustande fein erzogen /und insonderheit wol bey ihr getahn / daß ihr dieselbe in der Christlichen Lehre unterrichtet; möchte aber wol wissen / wie ihr unter den Verfolgungen euch habt retten können. Gnädiger Herr / antwortete er: Weil ich gehalten bin / zu antworten / wolle ihre Gn. mir verzeihẽ / wann ich mit derselben nicht würde nach gebühr reden / weil ich nie in solche Geselschaft kommen bin / noch dergleichen je mit Augen gesehen habe. Betreffend mein Christentuhm / würde ich lange Zeit haben müssen / da ich alles erzählen solte / dann ich bin schon 74 Jahr alt / und habe umb meines Glaubens willen / ohn ruhm zu melden / viel erlitten. Saget nur her alter / antwortete Herkules / ich wil euch gerne zu hören. Darauff fuhr Dametas also fort; Mein lieber Vater Seel. hatte ein feines Landgut nicht gar weit von Rom / und wahr dem Christlichen Glauben eiferig ergeben / wiewol meine Mutter eine Heidin wahr und blieb. Im neunden Jahre meines alters entstund unter dem damahligen Römischen KäyserMarcus Aurelius Antoninus Philosophus, wie er genennet ward / eine heftige Verfolgung wieder die Christen /in welcher des folgenden Jahrs der trefliche Kirchenlehrer Justinus der Märterer genand / mit Ruhten gestrichen und enthäuptet ward; und vier Jahr hernach muste der alte Lehrer Polykarpus / des Evangelisten Johannis sein Jünger oder Schüler / auch umb des nahmens JEsus willen sein Leben zu setzen in der Stad Smyrna / in klein Asien gelegen / da man ihn anfangs auff einen Holzhauffen gesezt / und lebendig verbrennen wollen / weil aber das Feur nicht wolte wirken / ist er mit dem Schwert erstochen worden. Zeit dieser Verfolgung / welche 18 Jahr lang anhielt /hatte mein Vater mich anfangs zu einem Christen in Rom getahn / welcher mich in der seligmachenden Lehre fleissig unterrichtete / ward aber mit andern Christen getödtet / und entran ich heimlich / kam zu meinem Vater / welcher gleich in der Zubereitung zu der Flucht begriffen wahr / weil die Gläubigen hin und wieder ausgespehet wurden. Wir nahmen zimliche Baarschaft zu uns / und als wir in einem abgelegenen Walde eine verfallene Höhle antraffen / richteten wir dariñen unsere Wohnung zu / hatten etwas Brod und Salz mit uns genommen / und lebeten daselbst von den Wurzeln etliche Wochen / nach deren Verlauff wir uns erkühneten / bißweilen auszugehen /und auff den nähesten Dörffern Speise einzukäufen /und ob gleich die wilden Tihre daselbst sich häuffig hielten / lebten wir doch unter Gottes Schuz sicher /und hatten von ihnẽ keinen Anfal. Nach verlauff zehn Jahr (so lange wahren wir Einsideler) begaben wir uns hin nach meines Vaters Gute / und funden / daß meine Mutter schon vor drey Jahren todes verbliechen wahr / und sie ihres Brudern Sohn zum Erben aller Güter eingesezt hatte / bey dem wir uns meldeten / uñ von ihm begehreten / er möchte uns ein stük Geldes heraus geben / alsdann wolten wir ihn [460] in ruhigem Besitze lassen; welcher uns zur Antwort gab: Dafern wir ihm nicht alsbald würden einen leiblichen und unbrüchigen äyd schwören / daß wir in Ewigkeit uns aller Ansprach an solchen Gütern freywillig verzeihen wolten / wüste er schon Mittel / uns anzumelden / daß wir durch den abscheuhlichsten Tod hingerichtet würden /als Erzfeinde der Römischen Götter. Welches uns kürbe machte / daß wir ihm ein genügen tahten / uñ darauff einen geringen Zehrpfennig von ihm bekahmen / wovor wir Speise kaufften / nach unser Höhle gingen / und unserm Gott andächtig dieneten / da dann mein Vater durch den zeitlichen Tod von Gott abgefodert ward / 9 Wochen / nachdem wir seine Güter verschworen hatten. Ich wahr dasmahl im 20sten Jahre meines Alters / kunte mich allein in der Einöde nicht behelffen / machte mich deswegen hinweg / und nachdem ich acht Tagereise mich nach der fremde disseit her begeben hatte / vermietete ich mich bey einem Bauren / dem ich schier als ein Leibeigener dienete 12 Jahr lang / als 6 Jahr unter der Verfolgung / und so lange unter der Freiheit / welche nach vorgedachten Käysers absterben / sein Sohn und Nachfolger im Reich / KäyserMarcus Aurelius Commodus Antoninus, den Christẽ gab; suchete hernach einen andern Herrn bey dem ich des Viehes hütete / und an gegenwärtige meine Haußfrau mich verheirahtete / welche zwar heidnisches Glaubens / aber mir dannoch allemahl geträu verblieben ist / ob ich gleich wenig Jahr hernach von ihr zuzihen gezwungen ward / und solches wegen einer noch hefftigern Verfolgung / so vor 28 Jahren unter dem Käyser Septimius Severus entstund / und überaus hart wahr / so gar / daß hin und wieder Römische Befehl ausgingen / in welchen gebohten ward / daß bey schwerer Straffe sich kein Mensch zum Christlichen Glauben begeben solte. Ich ward von einem gottlosen Buben / dem nach Vermögen ich alles gutes getahn hatte / angegeben / wegen meines Christentuhms / hätte auch müssen das Leben einbüssen / wann ich nicht währe gewarnet / da ich mich auff die Flucht begab / und mein Weib mit schwerem Leibe verlassen muste / hielt mich bey andern Einsiedlern in den Wüsteneien auff / und erlitte grossen Hunger und Ku er drey ganzer Jahr / nach welcher Zeit ich mich wieder nach meinem Weibe machete / die sich und diese ihre Tochter kümmerlich ernehrete / machte mich mit ihnen auff / und liessen uns nieder zu Padua / woselbst wir uns unser Hände fleissiger Arbeit ernehreten / biß nach Verlauff fünff Jahr der grundgütige Gott mir diesen Ort zugewiesen / da ich von solcher Zeit an den Inwohnern ihrer Ochsen und Kühe gehütet / und Gott Lob mein tägliches Auskommen gehabt. Mein liebes Kind unterwieß ich fleissig in der seligmachenden Lehre / brachte sie auch zeitig bey eine ädle Frau / jenseit Padua wohnend / welche eine Christin wahr / und mein Kind zu aller Gottesfurcht gehalten hat / biß mit meinem Willen sie gegenwärtigen Klaudius / als einen fleissigen Hauswirt gefreyet. Ihr seyd bey eurem Gott und Heylande / so viel ich vernehme / beständig verblieben /sagte Herkules / derselbe hat auch euren Glauben angesehen und eurem Elende nunmehr ein Ende machen wollen / indem er euch meine Kundschafft gegönnet /und euch durch mich in eurem Alter vergelten wil /was ihr seinet wegen auszustehen euch nicht gewegert habt. Redete darauff Opimius an / und sagete zu ihm: Ihr solt diesen guten Alten zu euch nehmen auff den euch eingetahnen Hof / ihm daselbst zwo Stuben und so viel Kammern einräumen / und so lange er noch von ziemlicher Leibeskrafft seyn wird / ihm ein Reitpferd und einen Diener halten / [461] daß er nach seiner guten Gelegenheit zuzeiten auff die darzu behörige Landgüter reite / und Auffsicht habe / daß der Ackerbau geträulich in acht genommen werde / und sollet ihm meinet wegen alle Monat 20 Kronen samt gnugsamer Speise / Trank / und Bürgerlicher Kleidung ausfolgen lassen; Und dafern ihr euch aus gutem freien willen auch zum Christlichen Glauben hinbegeben könnet / sagte er zu Dametas seiner Frauen / sollet ihr alles guten mit zugeniessen haben / wo nicht / wil ich euch zwar von eurem Ehegatten nicht abscheiden /aber doch werdet ihr euch selbst Unterhalt schaffen müssen. Der fromme Alte fiel nieder in die Knie / und bedankete sich vor solche hohe Gnade mit weinenden Augen; hernach wendete er sich zu seiner Frauen /und vermahnete sie / daß sie sich ihres offtmahligen Versprechens erinnern / und ihrer Seelen und Leibes Wolfahrt wahrnehmen / ja auch seines Gottes Gnade und Schickung erkennen solte. Welche sich darauff neben ihn auf die Knie setzete / und also anfing: Ihr grosse Fürsten und Fürstinnen gegenwärtig; ich bekenne / daß biß daher mein lieber Mann mich auf keinerley weise hat können zum Christlichen Glauben bewägen / wie hefftig ers ihm gleich hat lassen angelegen seyn; dessen aber meiner meinung nach er selbst mit ursach ist; gestaltsam da ich vor viel Jahren ihm verweißlich vorwarff / wie er doch so albern währe /und umb eines Gottes willen / der seine Gläubigen so verfolgen liesse / alle andere Götter verachtete / und diesem einigen so fest anhinge / daß er um dessen willen alles das seine verliesse; gab er mir zur Antwort: Sein Gott währe so gnädig und reich / daß er seinen Gläubigen alles hundertfältig zuvergelten versprochen hätte / was sie etwa an zeitlichen Gütern umb seinet willen verlassen würden. Nun habe ich bißher auff solche Vergeltung geharret / des steiffen Vorsatzes / daß / so bald selbe sich blicken liesse /ich den Christlichen Glauben annehmen wolte. Und weil dieselbe schon vorhanden ist / so erkenne ich daher / daß der Christen Gott warhafftig sey / und wil forthin bey demselben leben und sterben. Herkules antwortete: Gute Frau / ich wil in eurem schwachẽ Glaubensanfange euch nicht irre machen / wiewol ihr eures Mannes Reden unrecht verstandẽ / und Gottes Vergeltung auff diese zeitlichen Güter hingezogen habt / welche von den künftigen ewigen zuverstehen ist; wie ihr dann nach diesem euch werdet unterrichten lassen. Hieß sie beyde auffstehen / und musten Klaudius und sein Weib ihren Eltern die 200 Kronen zustellen / denen die andere anwesende eine Beysteur tahten / daß sie 800 Kronen baar bekahmen / und sich wegerten alles anzunehmen; erhielten endlich auch durch einen Fußfall gar leicht / daß sie die übrige Zeit ihres Lebens in dem Flecken zubringen möchten; da ihnen dann der Stathalter zu Padua verhieß / ihnen zu ihrem Unterhalt alles gnug zu verschaffen. Nun wohnete ein armer frommer Christ in demselben Flecken /dem Dametas eine Almosen baht / und von Herkules zur Antwort bekam / er solte demselbẽ seines SchwiegerSohns Hauß und Acker schenken / er wolte ihm solches schon wieder ersetzen / gab ihm darzu 50 Kronen / daß er Mittel hätte / den Acker zubestellen. Dem Klaudius aber vermachete er monatlich 60 Kronen Bestallung / und hielt ihm einen reitenden Diener; dagegẽ solte er geträu und fleissig seyn / auff Wagen und Gutschen gute achtung geben / und das baufällige zeitig bessern lassen / dero behuef ihm unterschiedliche Rademacher zu Dienern untergeben wurden. Der einfältige Klaudius wuste nicht / was er vor freuden beginnen solte / bedankete sich in aller Demuht / und versprach möglichsten Fleiß anzuwenden; wozu [462] er dann von dem alten Dametas ernstlich vermahnet ward. Herr Pompejus nam mit seinem SchwiegerSohn Abrede / er wolte mit Gottes Hülffe innerhalb ViertelJahrs alle seine Sachen von Jerusalem abhohlen /seine Güter zu Rom loßschlagen / und alle Baarschafften auf Kölln mit sich nehmen / dann er währe bedacht / mit seinem Gemahl daselbst / oder wol gar in Herkules Gebiet sein Leben zuenden; welches seiner Tochter eine grosse Freude wahr. Siegward hatte vorhin Königin Sophien verheissen müssen / daß er sich etliche Jahr mit seinem Gemahl zu Prag auffhalten wolte / wo er inzwischen nicht zur Schwedischen Kron gefodert würde versprach auch seinen Schwieger Eltern / sie jährlich zubesuchen. Mit diesen Begebnissen und Gesprächen ward der Abend hingebracht / biß man die FeldBetten hervor suchete / da Kinder und Eltern eine gemeine Sträu macheten / so bald das AbendGebeht gehalten wahr / dann die beyde Gebrüdere Fabiussen hatten durch Pompejus Anmahnung den Christlichen Glauben angenommen /in welchem sie biß an ihr Ende beständig verblieben. Des Morgens sehr früh / nahmen Eltern und Kinder trähnenden Abscheid / befohlen sich allerseits dem Schuz Gottes / und nam jeder seinen Weg vor / da dann unsere Helden mit zimlichen TageReisen / so viel der Wagen Menge zuließ / forteileten / die Böhmischen Grenzen zuerreichen / weil Valiska überaus hohes Verlangẽ trug / ihre Fr. Mutter zusehen und zuerfreuen / und nam sie wunder / daß der alte GroßFürst derselben so gar nichts wegen ihrer völligen Erlösung zuentbohten hatte / welches Neklam doch kund genug gemacht; aber die Ursach wahr / daß derselbe wähnete / es währe ihr von den unsern selbst zugeschrieben worden.

Die vier Pannonische Diener hinterbrachten des Gesanten Pines und seiner Gesellen Unfal ihrem Könige gar zeitig / nebest dem Käyserlichen Schreiben /worüber derselbe und seine Land Stände so hefftig erschraken / daß sie in guter Zeit sich nicht begreiffen kunten / was ihnen zutuhn währe / wiewol der gröste teil den verwägenen Pines verfluchete daß er seinen König durch sein großsprechen und vermässenes verheissen darzu beredet hätte / einen solchen Vertrag einzugehen / welcher nicht könte wiederruffen werden. Sein Bruder Dropion / Königlicher Stathalter /der seine beiden Brüder an Boßheit und Stolz übertraff / lag eben dazumahl an einer beschwerlichen unsaubern Krankheit hart danieder / daß er bey der Versamlung nicht erscheinen kunte / und durfte man ihm die unglükliche Zeitung nicht anmelden / damit er nicht durch gar zuhefftigen Eifer ihm selbst schadẽ tähte. Zwar es gingen viel Stimmen dahin weil man dem Käyser / was ihm freiwillig angebohten währe /redlich und unbrüchig halten müste (dann hierin wahren sie einig) solte man nicht seumen / alsbald ein mächtiges Heer zusamlen / dem Bömischen Könige ins Land zufallen / damit man sich an demselben rächete / und von den Böhmen ablangete / was den Römern müste entrichtet werden; welchen Vorschlag der König ihm anfangs wolgefallen lies; aber etliche ansehnliche Reichs- und KriegsRähte führeten mit wichtigen Gründen an / es würde rahtsahm sein / bedachtsam zufahren und den Römischen Frieden fest zusetzen / damit dem Käyser die Hände zu der Böhmen Hülffe gebunden würden; welches auch vor beschlossen angenommen ward / insonderheit / weil die Arzte gute Hoffnung gaben / daß der Stathalter schier genesen würde. Weil aber die vier Diener zugleich anzeige tahten / daß der Bömische uñ Teutsche Fürst in kurzen wieder in ihr Vaterland zihen [463] würden / und einen überauß grossen Schaz mit sich nehmen / die doch nicht über 300 bewerter Mann bey sich hätten / es währe dañ / daß der Käyser sie / wie wol zuvermuhtẽ / mit mehr Völkern sterken würde; so ward vor gut angesehen / daß etwa 6000 handfeste Reuter ihnen auff zuwarten / an die Grenzen solten verlegt werden /mit Befehl alles was sich wiedersehen würde ohn Barmherzigkeit nider zuhauen / und die übrigen gefangen zunehmen; jedoch nicht anders / als wañ sie vor sich selbst Räuber währen / und keinen Königlichen Befehl hätten. Diese Völker hatten die Grenzen schon drey Tage beritten und allenthalben Schildwachten außgesetzet / ehe die unsern daselbst ankahmen. Neklam muste mit 16 Böhmen und 26 Römern /in drey gleiche Hauffen i erzu voraußhauen / ob irgend einige Gefahr sich eräugete / da er dann endlich 6 Schildwachten zu Pferde auff einem Hügel erblickete / und noch 12 auff einem andern zur Seiten auß /welche / sobald sie sein inne wurden / mit verhängetem Zaume davon flohen / welches er Herkules anmelden ließ / der zu Ladisla sagete; gilt Bruder / es werden uns noch heut die Pannonier eine Mummenschanze bringen / sendete auch bald darauff Leches mit 150 Parthern (dann diese hielten inständig darumb an) / sich mit Neklam zusammen zusetzen / und durchaus in kein Handgemenge sich einzulassen / wie sehr man ihn auch darzu nötigen wolte / es währe dann / daß er zurükweichend fechten / und seiner Haut sich nohtwendig erwehren müste. Diese gingen in außgedehneter breite fort / und durchsahen das weite Feld / da sie von ferne einer ReuterSchaar / von ohngefehr 800 Mann gewahr wurden / welche doch mehr schienen hinter sich zuweichen / als vor sich zu zihen. Inzwischen wahren unsere Helden bemühet /wie sie ihre Wagen in solche Ordnung bringen / und mit ihren 4000 Römischen Fußknechten besetzen möchten / daß nicht etwa an einem oder andern Ort die Feinde einen unversehenen Anfal tähten / und eine Beute davon brächten; musten daher die Wagen mit den Schätzen in die mitte gefasset / und zu beiden seiten die mit Waffen beladene hergestellet werden /zwischen denen sich das Fußvolk setzen muste mit ihrem Geschoß / als in eine Wagenburg. Zu hinterst den Wagen blieben die ledigen Handpferde / welche nur mit 80 Reutern versehen wahren weil man sich daher keines Angriffs vermuhten wahr. Vor den Wagen gingen die Reuter in dieser Abteilung; Herkules führete 1200 Parther und 245 Teutschen zur rechten Hand / und hatte bey sich seinen Bruder und Prinsla; Ladisla nam den linken Flügel 1146 Parther 250 Böhmen uñ 135 Teutschen / und war Siegward und Markus bey ihm. Arbianes wurden seine 200 Meden /100 Böhmen / und 235 Teutschen zugestellet / damit er den nohtleidenden entsaz tuhn solte. Aber die Römische Reuterey / welche von Neda / Klodius / Gallus und Valens dem Römer geführet wurden / musten zuhinterst schier den ledigen Pferden zur seite bleiben /und solten dieselben nicht ehe / als wann die höchste Noht es erfodern würde / das Gewehr wieder den Feind gebrauchen. Diese kleine vier ReuterHeere gingen mit solchem Muhte fort / daß sie des gänzlichen Schlusses wahren / dem Feinde / ob er gleich viermahl so stark währe / ritterlich Fuß zuhalten / und wahr ihr sonderliches Glük / daß sie sehr erfahrne Wegweiser bey sich hatten / unter denen der alte Wenzesia nicht der geringste wahr. Als Herkules von Leches obgedachte Zeitung bekam / ließ er ihm sagen / mit seinen Leuten in guter Vorsichtigkeit mit unentblössetem Gewehr / schrit vor schrit fort zugehen /denen endlich die andern nur 50 Reuter entgegen[464] schicketen / und mit guter Freundligkeit fragen liessen / was vor Leute sie währen / wohin sie gedächten /und wessen sich unbekante zu ihnen zuversehen hätten. Leches gab zur antwort; er dienete einem Herrn /welcher nicht wolte genennet seyn / so währe auch ihre Reise also beschaffen / daß man davon nicht viel sagen müste / aber ein jeder der ihnen begegnete / er möchte auch seyn wer er wolte / hätte sich zu ihnen aller Redligkeit und Freundschafft zuversehen. Der Abgeordnete fragete ihn / ob er sichs gefallen lassen könte / etwas deutlichere antwort zugeben. Und als Leches sagete / er hätte nicht weiter Erlaubnis / ritten diese mit freundlichem Grusse davon / es anzudeuten. Die unsern gingen auch fort / als währen sie ohn alle Furcht eines Anfals / und wehrete nicht lange / da sahen sie von einer Seiten in die 1200 / von der andern in die 2000 Reuter herzueilen / die mit obgedachten 800 sich zusammen setzeteten / und in zimlicher Ausdehnung ein ansehnliches Heer macheten /schikten auch dreissig Reuter an Leches / und als ob er noch nicht währe befraget worden / liessen sie ihm obgemeldte dreyfache Frage mit eben den Worten vortragen; als aber Leches bey seiner ersten Antwort verharrete / fing dieser an zu trotzen / er müste sich klärer heraus lassen / oder man würde mittel suchen /ihn darzu zu nöhtigen. Dessen mus man gewärtig seyn sagte Leches / von mir aber werdet ihr ein mehres nicht bringẽ / viel weniger von meinen Leuten /dann dieselbe sind alle sprachloß. Mein Kerl / antwortete dieser / du wirst heut noch müssen anders reden / des wil ich dir meinen Kopff zum Pfande geben. Gib her zum Pfande / antwortete Leches / so wil ich ihn meinem Herrn liefern. Diesen verdroß der Spot / schüttelte den Kopf und die rechte Hand / und ging wieder zu den seinen / welche sich des Trotzes verwunderten / und stund nicht lange an / daß noch 2000 Mañ der Feinde Heer vermehretẽ. Hier wird es noch heut Kappen abgeben / sagte Leches zu Neklam / welcher aufs schnelleste hinter sich gehen / und Herkules das ergangene melden muste / er aber blieb mit seiner Mannschaft stille halten / biß er sahe 600 auff ihn angehen / vor denen er hinter sich / doch in guter Ordnung wiche. Neklam wahr schon wieder auf dem Rükwege nach Leches / sahe solches von ferne / kehrete wieder umb / und brachte 300 Parther mit sich von Herkules / die gleich ankahmen / als die Pannonier Leches seinen Leuten zuschrihen / sie solten halten / weil man gerne wissen wolte / ob so viel stumme Betler in einer Schaar sich unter einem verwägenen Führer versamlet hätten. Leches sahe seinen Entsaz /vermerkete daher / daß ihm erlaubet seyn würde sich zu wehren / schwenkete seine Schaar und ritte den Pannoniern mit entblössetem Gewehr entgegen / weil jene das ihre schon um den Kopf gehen liessen / und als er ohn ferner Wort wechseln angegriffen ward /drengete er sich dergestalt in die Feinde hinein / daß /wie stark sie auch wahren / dannoch zurük weichen musten; doch erhohleten sie sich bald / und suchten Gelegenheit / die unsern zu umringen / ehe Neklam sich mit ihnen zusammen setzete; welches ihnen aber mißriet / dañ dieser ging zu schnelle fort zum beystande / da dann die Parther an beyden Seiten mit solchen Wuht anfielen / daß die Pannonier alsbald zu weichen gedrungen wurden und in diesem Anfal über die helffte sitzen liessen / da hingegen von den unsern nicht ein einziger erschlagen / uñ nur 26 etwas / doch nicht sonderlich verwundet wurden; Leches durfte ihnen nicht nachsetzen / ging ja so schnelle hinter sich als die Feinde / und nam ihn wunder / daß er nicht verfolget ward / welches der Feind bloß aus furcht einer hinterlist unterließ. Unser Heer kam algemach heran / daß sie [465] einander sehen kunten / und ging Leches mit den seinen nach Ladisla / ihm rühmend / wie tapfer seine Leute gefochten / und über 300 ohn einigen verlust auffgerieben hätten. Es kahmen aber noch 3000 Reuter zu dem Feindlichen Hauffen / daß die unsern es sahen / dann ob die Pannonischen Stände gleich im anfange nur 6000 auszusenden geschlossen hatten / vermehreten sie doch solche Zahl biß zur helffte. Herkules hatte alle seine Leute vorhin schon unterrichtet / daß sie beydes tapfer gegen den Feind und behutsam auff sich selbst seyn solten / wolte in Feindes Angesicht sein Heer nicht sonderlich ausbreiten / noch sich alsbald zur Schlacht stellen / sondern sendete Neklam mit 20 Reutern an sie / umb zuvernehmen / aus was ursachen man seine Leute im freien Felde überfallen hätte. Als dieser mit sanftmuht solches vorbrachte / fehlete wenig / er währe mit den seinen nidergehauen worden / dafern es nicht ein einziger Obrister verhindert hätte; jedoch zwang man ihn zu sagen / was vor Leute sie währen / und wohin ihr Weg ginge / welches er dann willig taht / weil er dessen befehl hatte. So bald er nun die beyden Könige genennet / gab man ihm zur Antwort; dafern der erste diese Erklärung würde haben ausgelassen / hätte man mit ihm können friedlich seyn / und solte er hinreiten /seinen beyden Herren anzumelden / es hätte eine tapfere Schaar Pannonier ohngefehr in erfahrung bracht /daß diese fremde Fürsten mit grossen Schätzen auff dem Wege nach Prag währen / welche aus ehrerbietung zubegleiten sie sich stelleten / nachdem sie der Hoffnung gelebeten / man würde sie der Mühe lohnen. Ich kan meinen gnädigsten Fürsten solches leicht vortragen / wegere mich dessen auch nicht / sagte Neklam / tuhe ihnen aber den Vorschlag / daß von ihren Leuten etliche mit reiten / entweder es anzumelden /oder anzuhören / daß ichs redlich hinterbringe / denen ich alle Freyheit verspreche / zureden / was ihnen gefallen wird. Die vornehmsten Obristen ritten zusammen / beredeten sich kürzlich / und machten einen ihres Mittels aus / welcher mit 30 Reutern fortgehen /uñ die Werbung gesagter massen anbringen solte. Herkules hörete solches mit auffgeschlagenem Helme an / und gab zur Antwort: Ja wann man meine Leute nicht so mörderisch- und räuberischer weise überfallen hätte / würde ich dem süssen Pfeischen trauen /nun aber habt ihr schon so viel sehen lassen / daß der Wolff unterm SchafPelze verborgen lieget; Werdet demnach eurer Geselschafft ansagen / daß sie ihren Glauben bey mir verlohren / und ich sie in schwerem Verdacht halte / daher ich mir Sicherheit zuschaffen bedacht bin / und ihnen anzeigen lasse / sie sollen sich denen vor Geleitsleute antragen / die ihrer begehren und bedürffen / ich vor mein Häupt bedürffe ihrer ganz nicht; und wo sie sich wegern würden / alsbald von einander zugehen / und mir den freien Weg zugönnen / müste ich nohtwendig mit Gewalt durchbrechen / dessen ich doch gerne möchte geübriget seyn. Dieser hörete solches geduldig an / und gab zur Antwort: Er verstünde die Erklärung sehr wol / und wann keine andere verhanden währe / wolte er sie gebührlich zuhinterbringen wissen. Keine andere vor dißmahl / sagte Herkules mit einer sonderlichen Herzhafftigkeit / und ließ ihn damit fortgehen / verfolgete doch nicht desto minder seinen Weg in guter Ordnung. Die Pannonier eiferten sich über alle masse wegen der Antwort / und als sie vernahmen / welche grosse Menge der Wagen / und wie schwach ihre Reuter währen / des vermischeten Fußvolkes aber zwischen den Wagen nur etliche hundert Mann (dann es hatten sich diese mit Vorsaz verborgen gehalten); stelleten sie ihre Ordnung / als 6000 / welche fechten / [466] die übrigen aber die Wagen anfallen / sie auffhauen /und die Beute zu sich nehmen solten / die man hernach brüderlich teilen wolte. Jedoch sendeten sie zuvor einen Ritmeister selb sechse an die unsern ab /ihnen vorzutragen; weil man sie so schimpflich abgewiesen hätte / und ihre angebohtene Dienste verachtet / könten sie sich daher nichts anders als Feindseligkeit vermuhten / wolten die Antwort vor eine Absagung gehalten haben / und ihrer keines schonen / es währe dann / daß ihnen die Fürsten / so viel ihrer währen / nebest allem Frauenzimmer gefangen zugestellet / und alle Wagen und Pferde vor freie Beute geliefert würdẽ. Herkules hätte sich der Anmuhtung schier geeifert / und sagte zu ihm: Reite hin du Unverschämter / ich wil dir bald folgen. Das Pannonische Heer diese Antwort vernehmend / gingen nach gemachter Ordnung als die hungerigen Wölfe loß; drey tausend gegen Herkules / und gleich so viel gegen Ladisla / so daß sie gar keine zum Entsaz hinterliessen /und musten die übrigen zugleich sich mit an die Wagen machen. Herkules scheuhete sich nicht / einem solchen Hauffen mit den seinen zubegegnen / dann er sahe / wie muhtig seine Völker wahren / deren 60 mit Speeren sich versehen hatten / daher sie den ersten Angriff tahten / und ein jeder seinen Mann niderwarff. Die Schwerter feireten auch nicht / so daß der kleine Hauffe den grösseren drängete / dann die Parther hatten sich vereiniget / daß sie ihren Plaz entweder lebendig oder tod behäupten wolten. Nun wolte aber Herkules ihrer schonen / daher ließ er Klodius mit 800 Römern zu hülffe ruffen / welche von der seiten her in den Feind brachen / daß sie wie Mücken von den Pferden stürzetẽ; eine Parthische Schaar 400 stark setzete sich zusammen / und schlugen sich mitten durch den Feind hindurch / daß sie hinter sie kahmen /und sie also zwischen sich fasseten / deren Führer Fürst Baldrich wahr / welcher seinem Bruder wolte sehen lassen / daß er auch gelernet hatte / die Faust zugebrauchen / der doch solchen verwägenen Saz doch nicht lobete / nur weil er glüklich geriet / nichts dawider redete. An Ladisla Seiten gings gleich so scharff daher / dann es wolte auch hieselbst Siegward sein Herz und Fausterzeigen / über welchen Ladisla gleichsam eiferte / welcher nach Herkules Beyspiel die übrigen Römer zu sich foderte / und seinen Feinden so gedrange taht / daß sie Mühe halten ihre Ordnung zuerhalten. Herkules sahe / daß an ihrer seiten der Sieg bald folgen würde / und ließ Arbianes anzeigen / er solte dem dritten Hauffen wehren / daß sie den ihren nicht könten zu hülffe kommen. Diese hatten ihnen die ungezweifelte Hoffnung gemacht / es würde wenig Gefahr und Mühe mit Abplünderung der Wagen haben / daher sie als blindling auff dieselben ansetzeten / wurden aber von den Römischen FußSchützen dergestalt gewilkommet / daß ihrer durchs Geschoß über 800 / teils ertödtet / teils zum Gefecht undüchtig gemacht wurden / und nachdem sie so nahe kahmen / daß die Pfeile sie weiters nicht verletzen kunten / musten Spiesse und Schwerter das beste tuhn / daß sie das Herz nicht hatten einen einzigen Wagen anzugreiffen. Ihre Leute / welche gegen Herkules stritten / und nicht mehr stand halten kunten / liessen diese zu ihrem Entsaz abfodern / aber Arbianes griff sie von der Seite an / und ließ den Fußvölkern anzeigen / sie solten sich zwischen den Wagen hinweg begeben / und ins offene Feld treten / damit der Feind desto besser könte angegriffen werden / welches sie nach Wunsch verrichteten / so daß dieser PlunderHauffe am ersten auff die Flucht gebracht ward / welches ihnen doch das Leben nicht fristen mochte / dann die Römischen Fußvölker fielen auff der Erschlagenẽ Pferde / [467] Arbianes aber verlegte ihnen den Weg / daß von dieser FeindeSchaar nicht über 140 Mann davon kahmen / und die übrigen alle das Leben zusetzeten. So bald Herkules dieser Flucht inne ward / samlete er 400 Parther und 50 Teutschen umb sich / hieb damit um den Feind / und setzete sich hinter ihn / daß er nicht Gelegenheit haben kunte auszuweichen / drang auch dergestalt in sie / daß ihre Ordnung endlich getrennet / und sie wie Schafe nidergeschlagen wurden /da dann Baldrich mit 200 Mann auff Ladislaen Feinde ansetzen muste / welche gar eingeschlossen / das Gewehr nicht mehr brauchen kunten / als deren ohndas über 800 nicht übrig wahren. Herkules nam 160 Feinde gefangen / Ladisla 400; die übrigen lagen alle auff dem Platze gestrecket / dergestalt / daß nicht ein einziger Obrister / und nur drey Ritmeister das Leben davon brachten. Nach erhaltenem Siege ward gemeine Plünderung gehalten / und fing man der Erschlagenen Pferde auff; Es wahr zuverwundern / daß von den Parthern nur 16 tod und 30 verwundet wahren; wie dann die Römer auch nur 23; die Teutschen 12; die Böhmen 8; die Meden keinen einzigen misseten / und unter dem ganzen Heer nicht 200 Verwundete wahren / welche alle wieder genasen. Die Gefangene wurden ernstlich befraget / wer sie zu diesem Angriff ausgeschikt hätte / brachten aber einmühtig vor / ihre Obristen hätten ihren Anzug von Padua in Erfahrung bracht / daher sie aus Hoffnung guter Beute sich zu diesem Wagestücke ohn ihres Königes und der LandStände Vorbewust / vereinigt hätten / weil sie dessen von ihrem Könige gute Erlaubniß zuhaben / nicht gezweifelt / nachdem Zeitung erschollen währe / der junge Böhmische uñ Teutsche Fürst hätten die Pannonischen Gesanten zu Padua bestritten. Welches Vorbringen ihnen gegläubet ward / und ließ man sie unbewehret und nacket hinlauffen. Nachgehends hatten die unsern keinen Anfall mehr / sondern gingen glüklich fort / biß sie die Böhmischen Grenzen betraten /da sie mit ihren Gemahlen und Christlichen Rittern abstiegen / und ihr DankGebeht zu Gott eine Stunde kniend verrichteten / Herkules aber anfangs von dẽ andern abgesondert / diese Andacht vor Gott ausschüttete:HErr mein Gott / sagte er /Du Vater aller Gnaden und Barmherzigkeit; wie sol ich erkennen die unaussprechliche Woltahten / die du mir deinem unwirdigen Knechte erzeiget hast? Ich wahr ohn alle Erkäntniß der allein seligmachenden Warheit / als ich von den Räubern dieses Weges geführet ward; ich wahr von aller menschlichen Hülffe verlassen / da ich der Boßheit hieselbst gehorsamen muste / und leicht umb Ehr und Leben / ja auch umb meine Seligkeit hätte kommen mögen; dann ich steckete annoch in der heidnischen Blindheit; Ich wahr O HErr dein Feind / handelte dir zuwider; hielt die Teuflischen Abgötter vor meine Schützer und alles mein Tichten wahr schlim / irdisch und eitel. Aber du mein Gott hast mich aus der Unwissenheit hervor gerissen / und aus der höllischen Verdamniß mich errettet; davor danke ich dir von Herzen / davor preise ich dich mein Heyland! Ja HErr / was sol ich sagen? Ich bin viel zugeringe aller deiner Güte; viel zu unwirdig aller deiner Barmherzigkeit und Träue / die du an deinem Knechte getahn hast; dann ich hatte nichts eigenes / da ich über diese Grenzen geschleppet ward / und nun bin ich durch deinen Segen mit überaus grossen Gütern versehen; Mein liebes Gemahl hastu mir zugeführet / und sie mitten unter der Schande bey Ehren erhalten / sie auch / welches das vornehmste ist / zum Christlichen Glauben gebracht. Nun HErr / ich weiß mich in deiner überschwenglichen Gnade selbst nicht zufinden; Kein Mensch hat desgleichen genossen; kein Mensch hat mehr ursach / deine Güte zu erheben / deinen Ruhm auszubreiten / deiner Gnade zudanken / als ich / HErr / dein Knecht. O so nim von mir an das Opffer meiner Lippen; O so laß dir wolge fallen das Gespräch meines Herzen / HErr mein Gott! Ich schütte vor dir aus meine Seele / mein Heyland; Ich übergebe dir das innerste meiner Sinnen / das wirken meiner Gedanken / und alles was ich gar bin. Mein Helffer / verschmähe solches [468] nicht wegen seiner Undüchtigkeit / sondern weil es bloß auff deine Gnügtuhung sich im festẽ Glauben steuret / so laß es gelten HErr; Ja HErr laß es gelten / und erbarme dich forthin allezeit über deinen armen Knecht; gib ihm HErr deine Gnade / daß er seine blinde Eltern / Schwester und Anverwanten zu dir führen möge; verleihe seinen Worten Anmuhtigteit und Krafft /daß sie angenommen werden / und durchdringen mögẽ; behersche und erweiche der meinigen Herz / daß sie dir folgen / und zur ewigen Seligkeit sich zihẽ lassen. Ist es auch dein gnädiger Wille / so bekehre mein ganzes Vaterland / daß dein Wort möge auffgenommen / und deine Kirche unter ihnen erbauet werden. Dieses mein Gott /wollestu gnädig erhören / umb der blutigen Wunden deines lieben Sohns meines HErrn und Heylandes / Amen /Amen.

Nach dieses Gebehts endigung trat er hin zu den andern / da sie ingesamt den Lobgesang des Mose /aus dessen anderm Buche; hernach den Lobgesang des alten Zacharias; wie auch das herliche Danklied der heiligen Jungfrauen Marien / der Mutter unsers Heylandes / mit andächtiger Stimme sungen / und daneben andere geistreiche Gesänge mehr; nachgehends lase ein Christlicher Lehrer den 84 / 91 / 96 / 100 /103 / 107 / 112 / 118 136 145 / und 147 Psalm des Königes David / beschlossen mit dem heiligen Vater Unser / und hielten darauf eine geringe Mahlzeit unter den grünen Bäumen. Weil sie dann nicht zweiffelten /ihre grosse menge Wagen / Rosse und Völker würden ein grosses Geschrey im Lande erwecken / liessen sie die Römischen Völker wieder zurük gehen / denen sie eine Tonne Schaz austeileten und hatten bereit nicht allein gute Gelder von den Pannoniern zur Beute /sondern auch jeder ein statliches Pferd erhalten. Die Weine wurden ins freie Feld abgelegt / und die Wagen wieder zurücke gesand. Baldrich und Siegward musten mit 30 Reutern vorangehen / und ausgeben / sie hätten etlichen Römischen Kauffleuten viel Waaren vor gute Beute abgenommen / die ihnen nachgeführet würden. Als diese zur ersten Grenzestad kahmen / und die Besatzung ihrer gewahr ward / schicketen sie etliche zu ihnen hinaus / stille zu halten / und der Festung sich nicht zu nähern; denen Baldrich die verabscheidete Antwort gab / welche dem Befehlichshaber verdächtig vorkam; dann wie leicht / sagte er /kan sich einer vor des GroßFürsten Sohn ausgeben. Ward derhalben fleissig nachgefraget / ob nicht jemand in der Stad verhanden / dieses Fürsten Kundschaft hätte. Der alte Pribisla / Leches Vater / hatte einen Rittersiz in dieser Stad vor weniger Zeit von seinem ohn leibes Erben verstorbenen jüngeren Bruder geerbet / auff welchem er sich dazumahl auffhielt; seiner Diener einer wahr eine Zeitlang am Teutschen Hofe gewesen / welcher den jungen Fürsten wolken nete. Pribisla selbst gewan Lust / mit hinaus zuzihen /ließ seine Gutsche anspannen / und fuhr mit seinem Knechte fort. Baldrich sahe den Wagen von ferne kommen / und zohe sich gemehlich wieder zurük nach der geschlagenen grossen Wagenburg / in welcher unterschiedliche grosse Zelte auffgerichtet wahren. So bald Pribisla daselbst ankam / muste sein Diener ihn bey dem jungen Fürsten melden / die einander alsbald kenneten. Valiska wolte vor diesem alten lieben Freunde sich nicht verbergen / ward von etlichen Teutschen nach dem Fürstlichen Zelt gehohlet / und gaben dieselben vor / es währen etliche gute bekanten bey dem Fürsten / die ihn gerne sprechen wolten. Der gute Alte gedachte an nichts wenigers / als an seine Obrigkeit / und ging als in Gedanken / biß er in das Gezelt hinein trat. Als er nun Königin Valisken gleich gegen über erblickete / geschwand ihm vor freuden /daß er zur Erden nidersank / da sein Sohn Leches alsbald hinzutrat / und mit Neda hülffe ihn erquickete [469] zu ihm sagend: Wie nun / geliebter Vater / wollet ihr durch euren Unfall die Fröligkeit unser glüklichen Wiederkunft betraurigen? Pribisla schlug die Augen auff / sahe die Königin starre an / daß er der übrigen keine acht hatte / und sagete: O ihr mein gnädigstes Fräulein / was vor gütige Götter haben eure Gn. wieder zu Lande gebracht? O des glükseligen Tages /welchen mich der Himmel noch hat wollen erleben lassen! Valiska ging zu ihm hin / umbfing ihn freundlich / und antwortete: Mein lieber Freund; ja mein GOtt hat mich gnädig wieder hergeführet; aber sehet ihr euren König Ladisla / uñ mein Gemahl GroßFürst Herkules (also wolte er wieder genennet seyn) nicht dorten sitzen? O du glükseliger Tag! sagte er; stund auff / und wolte seinen König mit vielen Worten wilkommen; aber die Rede blieb ihm stehen / daher fassete ihn Ladisla bey der Hand / hieß ihn nidersitzen /und sagte: Es wäre ihm sehr lieb / daß er solchen geträuen aufrichtigẽ Untertahnen gesund fünde. Hernach fragete er / wie es seiner Fr. Mutter ginge. Sie ist höchlich betrübet / gab er zur Antwort / und beweinet den Tod ihrer lieben Kinder / als hätte sie davon schon gewisse Zeitung; wollen demnach eure Hocheit nicht seumen / sie zu trösten. Libussa wahr hingangen / ihre zwilling Söhnichen herzuhohlen / und den Großvater damit zuerfreuen / nahm sie beyde zugleich auff die Arme / und sagete: Herzlieber Herr Vater /daß ich gleichwol euer väterliches Herz auch mit einem Beutpfeñige erfreuen möge / schenke ich euch zween Söhne auff einmahl / welche uns Gott vor ohngefehr eilff Wochen bescheret hat / und haben wir den ältern Pribisla / den jüngern Leches genennet. Dem alten qual sein Vaterherz im Leibe auff / daß er sich muste halten lassen / daher ihm ein Stuel gesetzet ward / worauff nach gebehtener verzeihung er sich niderließ / die Kinderchen auff seine Schoß nam / und also anfing: Ihr gütigen Götter / mus mir die algemeine Freude noch nicht gnug seyn / daß ich auch ein absonderliches Glük meines Hauses auff meiner Schoß halten sol? O so lasset uns diese Freude ja mit keiner bitterkeit verwermuten; wünschete endlich / daß er nur noch zehn Jahr zurük hätte / und dieses Glüks neben andern länger geniessen könte. Sie beredeten sich aber hieselbst / daß sie alle Wagen / Reuter und Pferde in dieser Stad stehen lassen / und in enger Geselschaft mit ihren Gemahlen und Kindern nach Prag fortrücken wolten / ehe das Geschrey von ihrer Wiederkunft ausbräche; gaben sich auch in der Stad nicht kund / sondern Pribisla muste wieder vorhin fahren /und berichten / daß sichs alles nach geschehener anzeige verhielte / ward ihm auch Wenzesla / umb mehrer begläubigung zugegeben / welcher mit dem Befehlichshaber wol bekant wahr. Also wurden sechs Gutschen mit Frauenzimmer und Kinderchen beladen /und setzeten sich die fünff Fürsten mit fünff Rittern zu Pferde / da auch Pribisla mit ihrer Geselschaft auff Valisken Gutsche fortzohe. So bald sie vor Prag anlangeten / und Pribisla nebest Wenzesla von der Schildwache gesehen wurden / ließ man sie ungewegert in die Stad; aber vor dem Schlosse liessen sie sich angeben / die Fürsten Baldrich und Siegward währen ankommen / und wolten der Königin die Hände küssen. Dieselbe nun saß in ihrem absonderlichen Zi er / da ihr solches angemeldet ward / und erwartete ihres Wenzesla alle Stunden. Ihr wahr aber sehr liebe / daß die jungen Fürsten ankahmen / von denen sie lange keine Zeitung gehabt; ließ sie demnach durch einen ädelknaben zu sich hinauff bitten. Die unsern hatten sich sehr prächtig / und auff einerley Art gekleidet; Herkules und Ladisla setzeten sich mit ihren Gemahlen auff eine Gutsche zusammen /[470] und machten sie rings umbher zu. In die andere musten sich Leches und Neda mit ihren Eheliebsten setzen / und hatten zween Reichsstäbe / und vier Königliche Kronen bey sich. In der dritten wahren die beyden Fürstinnen / mit Euphrosynen und Agathen / welche die beyden jungen Herrichen bey sich hatten. Die drey Fürsten / und hinter ihnen Prinsla und Wenzesla ritten voran (Fabius wahr bey den Völkern blieben) biß sie in den innersten Plaz des Schlosses kahmen /da sie den abgeschikten ädelknaben schon hatten vorhin gehen lasen / mit bericht / sie brächten sehr gute Zeitung mit sich von dem verlohrnen Fräulein und ihrem Herr Bruder; welches sie ihr zu dem Ende sagen liessen / damit durch gar zu schnelle unversehene Freude ihr nicht etwas wiedriges zustossen möchte. Die Besatzung des Schlosses hatte sich mit ihrem Gewehr an beyden Seiten des Platzes gestellet /unter denen Valiska viel bekante Angesichter / auch den Befehlichhaber selbst kennete / und nicht wol wuste / wie sie unerkennet auffs Gemach kommen solte; endlich rieff sie dem Hauptman und sagete: Schweiget / wann ihr uns kennet / uñ gebietet euren Knechten bey lebens straffe / daß sie ein gleiches tuhn. Stiegen darauff ingesamt abe / so daß die Königinnen neben einander voran / Libussa aber und Brela mit den beyden Kronen ihnen zur Seite gingen; hinter ihnen her Ladisla und Herkules / und mit beydẽ Kronen neben ihnen / Leches und Neda. Nähest den Königen / Fürstin Lukrezie / die von Arbianes / und Fürstin Sibylla / die von dem alten Pribisla geleitet ward. Baldrich und Siegward gingen gar voraus / biß vor der Königin Gemach / traten auff erfoderung hinein /und wurden Mütterlich empfangen. Die Königin wunderte sich / daß Baldrich so groß und mänlich worden wahr / dann sie hatte ihn in mehr als vier Jahren nicht gesehen / kunte auch ihr mütterliches Herz nicht lange bergen / und fragete alsbald / was vor Zeitung sie von ihren lieben Kindern brächten / und ob sie von Padua kähmen. Gleich auff dieses Wort öfnete Valiska die Tühr / und trat mit einem lächelnden Angesicht hinein / wodurch sie ehmahls ihr Mutterherz offt gewonnen und ergetzet hatte. Weil dann die alle Königin gegen der Tühr übersaß / ward sie ihrer allerliebsten Tochter alsbald gewahr; worüber sie laut ruffẽ ward: O mein HerzenKind! Hiemit blieb ihr die Rede stehen / und ließ die Hände in ihre Schos sinken / dann die unversehene Freude belief ihr Herz dermassen / daß wenig fehlete / sie währe in der Ohmacht verschieden; welches Valiska ersehend / schleunig hinzu lief / rüttelte und schüttelte sie mit Sophien Hülffe / daß sie endlich die Augen auffschlug / und ihr liebes Kind fest an ihre Brust drückete / aber doch vor Freuden kein Wort sprechen kunte. Valiska küssete sie ohn unterlaß /und sagete: Herzallerliebste Fr. Mutter; darff eure ungehorsame Tochter sich auch wieder vor euren Augen finden lassen / die durch ihr Lustfahren euch so mannich tausend Herzleid gemacht hat? Ach mein HerzenSchaz / antwortete sie / habe ich dich dañ warhafftig in meinen Armen / oder ist es nur eine blosse Einbildung? Allerliebste Fr. Mutter / sagte sie; ja mein gnådiger Gott hat mich wieder hergeführet; und sehet da meine herzliebe Fr. Schwester / Königin Sophia / eure auch ergebene Tochter. Die Mutter erhohlete sich hierauff / kunte aber ihre Valisken so schleunig nicht verlassen / sondern hing fest als eine Klette an ihr / biß sie allerdinge sich besan / da sie ehre Schnuhr auch mit küssen und umfahen wilkommen hieß kehrete sich hernach wieder zu Valisken / und sagete: Ich hoffe ja / daß dein Bruder / und mein Sohn Herkules sich auch werden wieder gestellet haben. Ja / [471] Fr. Mutter / antwortete sie; sie werden beyde bald bey euch seyn. Gleich damit traten sie zur Tühr hinein / und begegnete ihnen die Königin mit offenen Armen / umfing sie zugleich / und küssete einen umb den andern / unter welcher Zeit Libussa und Brela die jungen Herrichen hohleten / da Sophia den ihren seiner Großmutter darboht / welchen sie alsbald zu sich nam / und ihn herzete und küssete. Valiska hielt sich mit ihrem Herkuliskus hinter den andern verborgen / biß sie diesen Herkuladisla wieder von sich gab / trat hernach unvermutlich / zu ihr / und sagete: Sehet da Fr. Mutter / ich wil euch auch meinen und meines Herkules Söhnlein schenken / meinen allerliebsten Herkuliskus / damit ich nicht mit geringerem Beutpfennige komme / als meine Fr. Schwester Königin Sophia. Die Mutter bewägete sich hierüber noch zum allermeisten / daß man ihr einen Stuel setzen muste / geberdete sich auch mit dem schönen Kindichen über alle masse freundlich / und sagte zu ihm; Ach du mein trauten Schaz / bistu schon dar / du schönste Frucht der ehelichen Liebe / welche ich so offt gewünschet habe? welches das Kindlein mit einem lieblichen Lachen anhörete. Hernach sagete sie zu ihnen ingesamt: Ihr allerliebsten Herzen / wie komt ihr mir doch so gar ungemeldet / daß kein einiger Mensch euer Ankunfft Wissenschafft hat? O des glüklichen Tages /den wir jährlich feiren sollen! Valiska halte Brelen schon hinaus geschikt / die beiden Fürstinnen zuhohlen / welche / da sie zur Tühr hinein traten / sagte Ladisla: Gn. Fr. Mutter / ihr habt eure Kinder noch nicht alle gewilkommet; sehet da Fürst Baldrichs und Siegwards Gemahlen / meines EheSchatzes näheste Blutverwanten / welche mit uns kommen sind / euch kindlich zugrüssen. Ey so haben meine geliebte Herren Söhne sich auch verheirahtet? sagte sie; trat ihnen entgegen / und mit einem freundlichen Kusse hieß sie dieselben sehr wilkommen seyn; wie auch zulezt Fürst Arbianes wol empfangen ward. Der Königin Hofmeisterin sahe diesem allen mit Verwunderung zu / lief endlich nach dem Frauenzimmer / und taht ihnen zuwissen / das verlohrne Fräulein mit ihrem Herr Bruder und Gemahl währen wieder zu Hause angelanget / und schon bey der Königin auf ihrem Gemache; wodurch eine neue Freude entstund / da sie ingesamt hinlieffen / ihr umb den Leib / Arm uñ Beine fielen /daß sie sich nicht rühren kunte / und ihnen solche freude doch nicht wehren wolte. Es ist nicht zubeschreiben / wie viel FreudenTrähnen über ihr vergossen wurden / insonderheit wuste die liebe Mutter nicht / wessen sie sich geberden solte / dann die Freude wahr zu groß / welche sich nicht halten ließ / und doch auff einmahl nicht loßbrechen kunte. Doch erzeigete sie sich über niemand anmuhtiger / als wann sie ihre Tochter und den kleinen Herkuliskus im Arme hatte. Ladisla sendete Leches hinunter auff den Plaz /der Besatzung anzudeuten / sie solten sich über ihres Königes und seiner Fr. Schwester glüklicher Wiederkunfft freuen / daher sie ein solches FreudenGeschrey (König Ladisla lebe / Fürstin Valiska lebe) anfingen /daß es durch die ganze Stad erscholle / und alle Inwohner herzu lieffen / um zuvernehmen / was solches frohlocken bedeuten möchte; darum ward Leches zu ihnen hinaus geschickt / der ihnen anmeldete / ihr König mit seinem Gemahl und Frau Schwester währen auff dem Schlosse glüklich angelanget. Da hätte man nur ein Gejauchze und glükwunschen durcheinander hören sollen; dann die Gassen wurden je länger je mehr mit Menschen angefüllet; Die vornehmstẽ Frauen und Jungfern der Stad lieffen in ihren häußlichen Kleidern durch das gemeine Volk hin und her /und wahr alles ihr wünschen [472] und bitten / ihr König und seine Fr. Schwester möchten ihnen doch ihr Angesicht sehen lassen; welche ihnen solches nicht versagen wolten; massen Ladisla mit seinem Gemahl /samt seiner Fr. Schwester und Herkules / stelleten sich auff die Zinnen der Schloßmaur / daß sie von allen kunten gesehen werden / da Herkules / nachdem er mit winken ihnen ein Zeichen / daß er wolte gehöret seyn / gegeben hatte / also anfing: Ihr löblichen Einwohner dieser Stad und des ganzen Königreichs; billich habt ihr Gott hoch zudanken / daß derselbe euren König nach ausgestandener Gefahr und erworbenen grossen Ehren uñ Reichtuhm euch zum besten /frisch und gesund wieder her geführet hat. Ich wil eure vorigen Könige zwar nicht verachten / aber an diesen gegenwärtigen reicht ihrer keiner mit seinen Tahten; dann dieser euer König ist in den weit abgelegenen Asiatischen Königreichen und Herschafften dermassen berühmt / daß auch die kleinen Kinderlein / ihn vor einen Schuz-Gott / und die Feinde vor ihren Verderber besingen. Die Zeichen seiner Königlichen Ehre werdet ihr morgen sehen / nachdem er mehr Gold und Kleinot mit sich gebracht / als das ganze Königreich nicht den zehnden Teil auffzubringen vermögens ist / wann sie gleich alles zusammen raffen. Eures Königes wirdige Gemahl sehet ihr zu seiner Seiten stehen / welche ihm schon einen Erben / und da er leben sol / einen Nachfolger im Reich / an diese Welt gebohren hat. Euer angebohrnes Königliche Fräulein hier an meiner Hand gegenwärtig / hat mir Gott zum EheSchatze bescheret / und wird unvonnöhten seyn / daß ich euch meinẽ Nahmen /Herkules gebohrner GroßFürst aus Teutschland /nenne. So seyd nun frölich über eurem Könige und dessen glüklicher Wiederkunfft / und versehet euch zu demselben aller Gnade / Schutzes und Liebe / worzu seine Königl. Hocheit sich gnådigst anerbeut. Hierauff erhub sich ein neues frolocken von Jungen und Alten / daß es auff den nähesten Dörffern und Flecken gehöret ward; Jederman ließ seine Handtihrung liegen / schlachteten ihren Göttern Opfer (welches man ihnen nicht wehren durffte) und richteten unter einander Freudenmahle an. König Ladisla sendete noch desselben Tages reitende Bohten durch sein ganzes Königreich / die sämtlichen LandStände zuversamlen / damit bald im Anfange alle Irrungen und Streitigkeiten zwischen der Ritterschafft und den Städten auffgehoben und gänzlich abgetahn / gute ReichsSatzungen gestellet / die GrenzeStädte besichtiget / an Graben /Wahl und Mauren gebessert / und die Besatzungen gestärket / auch die junge Manschafft durch das ganze Reich mit Gewehr versehen / und darinnen fleissig geübet würde. Des folgenden Tages gegen Abend / kahmen die beladene Wagen / Kamehle und MaulEsel /samt den vielen Gutschen / HandPferden und dem grossen Elefanten an / neben welchem der Löue in seinem Kefich auff einem eigenen Wagẽ hergeführet ward / über welches alles sich die Inwohner und die Königin selbst verwunderten / und das ungeheure Tihr / des gleichen nie zuvor daselbst gesehen wahr /nicht gnug beschauen kunten. Als die LandStände sich eingestellet hatten / hielt König Ladisla drey Tage offenen Hof / und wurden die vornehmste Herren sehr wol gehalten / so daß in der Zeit 20 Fuder des mitgebrachten köstlichen Weins drauff gingen. Am dritten Tage muste die junge Ritterschafft ein Stechen halten / da sich ausfündig machete / daß deren ein grosser Teil besser gelehret wahr / die grossen Trinkgeschir auszusauffen / als die ritterlichen Waffen zugebrauchen / welches Ladisla ihren Eltern verweißlich vorhielt / und die ädlen ganz ernstlich vermahnete / [473] sich eines nüchtern und mässigen Lebens zubefleissigen / und in allerhand ritterlichen übungen sich täglich zugebrauchen; ob sie nicht wüsten / was vor einen grimmigen Feind sie an dem Pannonischen Volk hätten / welche den Waffen Tag und Nacht oblägen; würden sie nun im Müssiggange die Zeit zubringen / uñ die StreitKunst hindan setzen / würden sie ausser allem Zweifel in kurzer frist den Pannoniern zu Leibeigenen gedeien / da sie dann nicht allein sich selbst / sondern auch ihre Eltern verfluchen würden /daß sie von ihnen nicht zur Ritterschafft währen angehalten worden. Welche Vermahnung dann so grossen Nutzen schaffete / daß sie ingesamt versprachen / sich zubessern / und dessen über wenig Wochen einen Beweißtuhm vor ihrem Könige abzulegen. Die junge Manschafft in Städten und auff den Dörffern ward auch zum Gebrauch der Waffen angeführet / und musten alle WaffenSchmiede fleissig arbeiten / daß deren ein guter Vorraht gemacht würde / dero behuef ihnen Ladisla zwo Tonnen Goldes austeilen / und eine gewisse Anzahl einsetzen ließ / wie viel Schwerter /Spiesse / und andere Waffen sie inwendig zehn Wochen einschaffen solten; endlich ward der Schluß ge macht / daß Ladisla und sein Gemahl des fünfften Tages hernach öffentlich solten gekrönet werden /worzu fleissige Zubereitung gemachet ward.

Des nähst folgenden / als des vierten Tages vor der angesetzeten Krönung / brachtẽ die Jäger Knechte ein abscheuliches WunderTihr mit sich aus dem Walde /welches einẽ Leib hatte wie ein Bähre / zween Köpfe neben einander / der rechte wahr ein gezåumter PferdeKopf mit zween spitzigen Hörnern / fast einer halben Ellen lang; der linke ein grosser Wolffes Kopf mit einer langen außhangenden Zungen; der Leib wahr zottich rauch und Feurroht / und lieff auff zween MenschenFüssen (welche die fördersten) uñ auff zween OchsenFüssen (welche die hintersten wahren) sehr geschwinde / daß die Jäger einen ganzen Tag zu tuhn gehabt hatten / ehe sie es ermüden und fahen können. Unsere Fürstliche Geselschafft muhtmassete daher wenig gutes / und bahten Gott / daß nach seiner Barmherzigkeit er alles Unglük von ihnen und ihren Herschafften gnädig abwenden wolte.

Farabert der Fränkische Ritter eilete auff der Reise nach seinem Könige / gewaltig fort / welchem Herkules üm mehrer sicherheit willen 20 Römische Reuter zur Begleitung zugegeben hatte. So bald er bey seinem Könige anlangete / trug er anfangs kürzlich vor /wie ganz gnädig er beides von der GroßFürstin Valiska / und dem unvergleichlichen GrosFürsten Herkules selbst / gehalten währe / meldete deren anbefohlnen mündlichen Gruß sowol der Königin als dem Könige selbst an / und überlieferte ihr die beiden beladenen MaulEsel / als einen Beutpfennig / von GrosFürstin Valisken auß kindlicher Liebe übergemacht / nebest demühtiger Bitte / solchen gnädig von ihr anzunehmen; welches alles die Königin nicht wenig befremdete / insonderheit da sie die übergeschikten köstlichen Sachen in des Königes Anwesenheit hervor nam / als 12 güldene Ringe von allerhand kostbahren Steinen; 12 Kleinot zum gnugsahmen Königlichen Schmuk; eine Demant-Kette / ein par Armbänder von Demant; 12 Schüsseln / 24 Teller; 4 Leuchter; 4 Schalen von reinem Silber und stark übergüldet; ein grosses Trinkgeschier / in Gestalt eines Schiffes; 12 Becker in einander gestekt; 4 Salzfässer; und 4 Gieskannen; und zwar diese viererley von reinem Golde gegossen; endlich allerhand teurbahre Tücher von Gülden und Silbern Stük; welches alles die Königin mit Verwunderung ansahe / und von Farabert [474] zuwissen begehrete /ob sie gläuben dürffte / daß ihr solches von der jungen Teutschen GrosFürstin auß einem rechten Freundesherzẽ geschicket würde. Worauff er antwortete /daß bey seinen ritterlichen ehren er nicht anders gläuben könte / angesehen der hohen Beteurungen / welche er auß ihrem und ihres Gemahls munde gehöret hätte / zeigete danebẽ an / was grosse Geschenke er vor sich selbst hätte annehmen müssen. Der König fing darauff an; das müssen redliche und sehr ehrliebende Herzen seyn / welche sich dergestalt gegen unserzeigen. Er sahe den Brieff an / und das beigefügte Schächtelchen / welches von Kleinoten zimlich schwehr wahr / und als ihm das prächtig geschmükte Pferd und der beladene MaulEsel darzu gezeiget ward / sagte er; ihr Götter / helfft meinem Sohn zur völligen Gesundheit / wie ich dessen auß dem guten Anfange eine starke Hoffnung habe / und gebet mir Gelegenheit / mich diesen trefflichen wunder Leuten dankbar zuerzeigen. Er hätte seinem Sohn den Brieff gerne ungebrochen eingehändiget / fürchtete sich aber / es möchte ein oder anders darinnen begriffen seyn / welches zu seiner Besserung mehr schädlich als befoderlich währe; ließ den Arzt zu sich fodern / und fragete nach seines Sohnes Zustande / nebest Anmeldung /daß ein Schreiben von der jungen GrosFürstin ankommen währe; Der Arzt gab zur antwort / es liesse sich je länger jemehr zur besserung an / und währe nicht allein die wahnsinnige raserey hinweg / sondern er finge schon an sich fein zubegreiffen / und verständig zureden / wie wol mit wenig Worten. Der König fragete weiter / ob er vor rahtsam hielte / ihm das Schreiben zuzustellen / und was ihm vor Geschenke dabey übermacht währen. Er bedachte sich darauff ein wenig / und gab sein bedenken / dafern das Schreiben nichts Herzenrühriges in sich begreiffen würde / könte es wol geschehen / daher es würde nöhtig seyn / es zubrechen und durchzusehen; welches der König alsbald leistete / und diesen Inhalt fand:

Durchleuchtigster Königlicher GroßFürst / freundlicher in Ehren geliebter Herr Oheim; Wie mannicher Gefahr ich gleich eine zeitlang unterworffen gewesen bin /habe ich dannoch nicht umhin gekunt an Ihre Liebe zugedenken / in betrachtung der hohen Zuneigung / welche dieselbe durch Anwerbung umb mich zu einem Gemahl /Sonnenklar hat sehen lassen; da ich dann mich schuldig gewust / Eurer Liebe begehren in Ehren zuerfüllen / dafern nicht eine lautere Unmögligkeit mich daran verhindert hätte. Weil aber ein jeder Tugendliebender Mensch gehalten ist / redliche und auffrichtige Freundschafft nach allem Vermögen zuvergelten / so versichere Eure Liebe ich hiemit und kraft dieses / beständigst / daß ich zeit meines Lebens seyn und bleiben werde / des treflichen Königlichen GroßFürsten Markomir in ehren ergebene geträue Schwester / bin auch willig und erbötig mit dessen Liebe alle meine Glükseligkeit gemein zuhaben / nichts überal ausgenommen / nachdem ich versichert weiß / dz dieselbe / ihrem Tugendergebenen Herzen nach / nichts als ehrenzulässige Freundschafft an mich und meines gleichen gesinnen kan. Es hat mich zwar eine fliegende Zeitung von Euer Liebe Unpäßligkeit und Gemühts Traurigkeit nicht wenig erschrecket / hoffe aber zu dem Almächtigen wahren GOtt / es werde mein teurer Fürst alle unnütze Bekümmerniß aus seiner Seele verjagen / worzu ich dessen Liebe schwesterlich wil ermahnet haben /auch deren Gewogenheit daher erkennen / wann sie mir hierinnen brüderliche Folge leisten wird. Beigefügtes Per sische Pferd / und andere geringfügige Sachen / wolle mein Herr Bruder von seiner in Ehren ergebenen Schwester Valisken anzunehmen unbeschweret seyn / und beygefügte 2000 Kronen seinem Arzt in meinem Nahmen einreichen / zur Bezeugung / daß denselben ich bey seinem Gewissen erinnerte / allen möglichen Fleiß zu Eurer Liebe Gesundheit anzuwenden / und auff künfftige gute Zeitung Ihrer Liebe völligen Besserung / ein gedoppeltes von mir gewärtig [475] zuseyn. Ich bin und werde seyn (nähst Begrüssung Eurer Liebe Eltern / als meines Gn. Herrn Vaters und Fr. Mutter) meines höchstgeliebeten Herrn Bruders / des teuren Fürsten Markomir ehrenbereitwilligste Schwester


Valiska.


Dem Könige überlieffen die Augen von FreudenTrähnen / und der Arzt freuete sich nicht wenig des übergeschikten Geschenkes / rieht / daß dem jungen Fürsten das Schreiben alsbald gelieffert würde / welches sie / weil das Pitschafft unverletzet wahr / fein und unvermerket zumachten: nahmen die Wetscher und KleinotSchachtel mit sich / und gingen zu dem jungen Fürsten in sein Gemach / welcher auff seinem Lager lag / und allerhand Gedanken in seinem Gehirn herumb schweben ließ / da der Vater ihn also anredete: Geliebter Sohn / wir werden dir Zeitung bringen von grosser Wichtigkeit / und erinnern dich beiderseits / daß du solches ohn sonderliche GemühtsBewägung annehmest. Gn. Herr Vater / antwortete er; was kan einem solchen elenden Menschen / als ich bin / vorgebracht werden / daß ihn sonderlich bewägen solte? Er wolte weiter reden / aber der Vater fiel ihm ins Wort / und sagte: Was nennestu dich einen elenden? ist dir ein Ungemach zugestossẽ / das schlage auß dem Sinne / und danke den gütigen Göttern / daß sie deiner Gesundheit dich wieder vergewissern wollen. Damit wir dich aber nit zulange auffhalten / so wisse / daß deine allerbeste und angenehmste Freundin und Schwester dir diesen Brieff sendet / und andere Sachen mehr; hoffen / du werdest es gerne annehmen / und dich brüderlich gegen dieselbe erklären. Markomir / als auß einem tieffen Schlaffe erwachete /fragete den Vater / was vor eine Freundin er dann hätte? je mein Sohn / antwortete er / eben dieselbe /ümb deret Willen du dich diese ganze Zeit her gehermet hast. Ach mein Herr Vater / sagte er / ist dieselbe meine Schwester und Freundin? ja ist dieselbe annoch im Leben? freilich ist sie noch im leben / antwortete er; und ob sie deine Freundin sey / wird / meinem vermuhten nach / dieser Brieff dir sagen / dafern du ihn nur lesen wirst. O mein Herr Vater / ein Brief? sagte er / ein Brieff von dem unvergleichlichen Fräulein an mich Unwirdigen? rede nicht so verächtlich von dir selbst / antwortete der Vater; du weist ja wer du bist; nim vielmehr dieses Schreiben und liese es fein bedachtsam durch. Er griff mit beiden Händen darnach /besahe das Pitschafft / umb welches der Nahme Valiska gegraben wahr / küssete den Brieff / laß ihn langsam durch mit Trähnen fliessenden Augen / und als er ihn gar zu Ende gebracht hatte / sagte er mit einem Seuffzer: Ihr Götter / O ihr gütigen Götter; euch danke ich von Herzen / daß ihr dieser allerwirdigsten Fräulein Gnade und Gewogenheit mir erworben und zugewendet habet / und mich wirdig gemacht / einen Gruß und Befehl von ihr zuerhalten. O ihr mein lieber Arzt / wendet allen Fleiß an zu meiner Gesundheit / damit ich dieselbe bald sehen möge /welche nach diesem als meine allerwirdigste Frl. Schwester ich ehren wil / weil ich deren ehelicher Liebe mich ganz unwirdig weiß. Der Vater und der Arzt höreten diese Worte mit sonderlicher HerzensFreude an / und öffnete der junge Fürst darauff die Schachtel / auß welcher er sechs köstliche Ringe / so viel mänliche Kleinot und eine DemantKette hervor nam / aber das unterste / welches in einem seidenẽ Tüchlein eingewickelt wahr / erfreuete ihn noch am meisten / nehmlich ein Armband auß ihren Haaren /mit den köstlichsten Perlen durchwickelt / wobey dieses kleine Brieflein lag: [476] Meinem hochwerten Herrn Bruder / GroßFürst Markomir / zur Bezeugung und Festhaltung Schwesterlicher Träue und Liebe. Viel zuviel / allerwerteste Fürstin / sagte er nach Verlesung; an dessen Vergeltung ich auch durch auffopferung meines Blutes nicht reichen kan; band es geschwinde umb seinen rechten Arm / und sagte: dieses würde mich vom Tode zum Leben aufferwecken /warumb dann nicht viel leichter von der GehirnsVerwirrung zur völligen Vernunfft? die Wetscher ließ er auch auffschliessen / auß welchem allerhand köstliche Gülden und Silbern Stük zu seiner Kleidung genommen wurden / insonderheit ein grosser schneeweisser Federbusch / welchen er auff seinen Huht zustecken befahl. Und weil die genennete 2000 Kronen sich auch sunden / reichete er sie dem Arzt / und sagete; erinnert euch eurer Schuld / und versichert euch von mir aller Gnade. Endlich legte er seinen Schlaffrok an / und ließ sich auff den Gang leiten / das übergeschikte Pferd zusehen / welches ihm sehr wol gefiel / und wünschete / daß ers bald beschreiten möchte. Der Arzt verwunderte sich seiner Freidigkeit und vernunfftigen Rede / dergleichen er von ihm noch nicht gehöret hatte / bedankete sich untertähnigst wegen des grossen Geschenkes / und ermahnete den Fürsten / er möchte nur bey solcher angenommenen Weise beständig bleiben / aller schwermütigen Traurigkeit Urlaub geben / und seine Arzney fleissig gebrauchen / als dann solte er mit der Götter Hülffe inwendig vier oder funf Wochen seine völlige Gesundheit und Kräffte wieder erlangen. Worauff er antwortete: Mein Freund / alle Ursach meiner Bekümmernis ist verschwunden /warumb solte ich dann meine Seele noch weiters peinigen? der Himmel gönne mir nur das Glük / daß ich dieser Fürstin Angesicht sehen möge / deren schwesterliche Hulde mir ungleich lieber ist als aller Welt Schätze. Seine Fr. Mutter kam auch darzu und weinete vor Freuden über ihres Sohns gutem Zustande /welcher dann von Tage zu Tage an Verstand und Kräfften zunam / biß er inwendig versprochener Zeit zu völliger Gesundheit gelangete. Unsere Fürstliche Geselschafft zu Prag lebete inzwischen in aller zulässigen Ergetzligkeit / und erwarteten des angesetzten Tages der Königlichen Krönung / wobey Valiska einen sonderlichen Auffzug zumachen / in voller Zubereitung wahr / und nicht desto weniger mit ihrem Herkules täglich überlegte / auff was Mittel und weise er bey seinem Herr Vater völlig möchte können außgesöhnet werden.


Ende des Sechsten Buchs.

7. Buch
[477] Siebendes Buch.

Daß dieser Welt Freude und Wollust kurz und unbeständig sey / und immerzu mit Leid und Unfal versalzẽ werde / solches muste auch unsere fröliche Geselschaft zu Prag vor dißmahl erfahren / welche an nichts widriges gedachten / sondern allenthalben Anordnung macheten / was zur prächtigen Krönung des neuen Königes und der jungen Königin dienen könte. Drey Tage vor solchem bestimmeten Land-Feste / meldete sich ein Teutscher Reuter vor dem Königlichen Schlosse an / er kähme aus Teutschland von dem GroßFürsten / und begehrete von der Königin Verhör / welches keinen Auffschub leiden wolte. Es ward solches der Fürstlichen Geselschafft angedeutet welche daher schon schlechte Hoffnung zur guten Zeitung fasseten / insonderheit da sie bald darauff Herkules ehmaligen ädlen Diener / den geträuen Ekhard (der diese zwey Jahr her sich wieder bey dem GroßFürsten in Dienste begeben hatte) sahen zur Tühr hinein treten und von seinem ehmaligen Herrn / der ihn alsbald keñete / also angeredet ward: Mein gute Ekhard / lebestu noch? was verursachet deine schnelle einsame Ankunfft? gehets auch daheim noch wol zu? und was gutes neues bringestu uns von meinen lieben Eltern? Dieser entsetzete sich über der unvermuhtlichen gegenwart dieser HochFürstlichẽ Geselschaft / ließ einen tieffen Seufzer gehen / und gab zur Antwort: Ihr Durchleuchtigste Fürsten / ich freue mich von herzen ihres guten Wolergehens / und tuht mir sehr leid / daß ihre Fröligkeit ich stören / und der unselige Bohte seyn muß / Eure Durchll. klagend zuberichten / was gestalt der meinäidige Wendische RäuberFürst Krito und sein Sohn Gotschalk / meinen gnädigsten GroßFürsten / samt dessen Gemahl und Fräulein Tochter /verrähterischer weise / und unter dem schein einer freundschafft / mit einem Heer überfallen / sie gefangen mit sich nach Frießland geführet / und seine Diener / wenig ausgenommen / erschlagen haben. Die ganze Geselschafft erschraken zum hefftigsten wegen dieser Zeitung / insonderheit Fürst Arbianes / welcher fürchtete / daß nun alle Hoffnung der so hochgewünschetẽ Heyraht in Brunnen fallen würde. Herkules und Ladisla stunden alsbald auf / denen Valiska Baldrich und Siegward folgeten / und nach kurzer Beredung entschlossen sie sich / ihrer Eltern und Verwanten Rettung ungeseumet vorzunehmen / da ihnen dann sehr wol zustatten kam / daß nicht allein die Völker aus den Besatzungen in die 8000 stark / sondern ein guter Teil der Ritterschafft / 12000 zu Pferde sich zu Prag eingestellet hatten / worzu noch desselben Tages alle nähstanwohnende junge Manschafft mit ihrem besten Gewehr auffgemahnet ward / denen sich 14000 gegen folgenden Morgen einstelleten / und ward die Nacht über alles zum schleunigen Aufbruch fertig gemacht / die Wagen mit Speisen beladen / und dem Fußvolk alle mitgebrachte Pferde zum reiten ausgeteilet / so daß sie schon ein ansehnliches Heer beyeinander hatten / da Arbianes alle Parther und andere Morgenländische Völker zu sich foderte / und ihnẽ zuverstehen gab / was man vor einen Zug vorhätte / bey welchem Ehre zuerwerben stünde / hoffete / sie würde sich als redliche Leute haltẽ / [478] und ihrer getahnen Zusage eingedenke seyn / auff welchen Fall er sie zu sich nehmen / und als seine Leibvölker führen und gebrauchen wolte. Diese erfreueten sich dessen hoch / erbohten sich Leib und Leben bey ihm auffzusetzen / und nicht minder bemühet zu seyn / in diesen Ländern einen Nahmen zuerstreiten / gleich wie in ihrem Vaterlande die Teutschen und Böhmen getahn hätten. Das sämtliche Frauenzimmer wahr überaus betrübet /da sie sahen / daß Gefahr und Blutvergiessen von neuen wieder angehen solte / und ließ die alte Königin ihre heisse Trähnen fliessen / daß sie ihre liebstẽ Söhne so bald wieder von sich lassen muste / und sie doch keines weges von der Reise abhalten kunte; nur suchte sie bey ihnen inständig an / sich weder vor noch nach geschehener Erlösung zu seumen / alsdañ wolte sie mit ihren Ehegemahlen und Kinderchen ihrer frölichen Wiederkunft geduldig erwarten; welches Valiska also beantwortete: Herzen Fr. Mutter /ich wil euch zwar mein allerliebstes Söhnlein Herkuliskus hie lassen / aber von meinem Herkules scheide ich lebendig nimmermehr / zweiffele auch nicht / euer mütterliches Herz werde mir diese Reise gerne zulassen. Fr. Sophia sagte desgleichen; sie hätte ihrem Heylande angelobet / ihren Ladisla nicht mehr zuverlassen; so wolten Frr. Lukrezie und Sibylla auch nicht dahinden bleiben sondern mit ihren Gemahlen gleiche Gefahr gerne ertragen; trösteten daher die alte Königin ingesamt / sie möchte ein gut Herz haben / ihre Reise ginge nicht über Meer / noch in die Wildfremde / sondern sie blieben auff Teutschen Grund und Bodem. Ekhard ward zwo Stunden nach seiner Ankunft mit Leches und Prinsla wieder nach Teutschland fortgeschicket / so viel guter Mañschaft / als möglich / im nahmen der Bömischen Königin uñ Fürst Baldrichs zusammen zutreiben / und musten 20 Teutsche / so mit aus Asien kommen wahren / mit ihnen fort /nachdem sie alle äidlich angelobet hatten / daß ihrer keiner von Herkules und Ladisla Wiederkunft nicht daß allergeringste in Teutschland melden wolten. Niemand trieb den Auffbruch schleuniger als Arbianes /dann er befahrete / das Fräulein würde durch Zwang sich dem Wendischen jungen Fürsten müssen beylegen lassen; daß wo Valisken Trost nicht gewesen /würde er vor Angst vergangen seyn. Er foderte noch mahls seine Landsleute vor sich / ließ ihnen 30000 Kronen austeilen / und daß ein jeder sich mit guten Waffen und Gewehr auffs beste versehen solte. Die Fursten ingesamt hätten gerne gesehen / dz ihr Frauenzimmer dahinden geblieben währe; weil aber alle abmahnung vergeblich wahr / und die übrigen beteureten / sie müsten und wolten durchaus bey ihrer allerliebsten Fr. Schwester Valisken bleiben / musten sie ihnen diesen Zug einwilligen / und sprach Valiska die alte Königin durch allerhand bewägliche Ursachen zufriedẽ / sie versichernd / daß die reitende Bohten ihr wöchentlich alles verlauffs bericht einbringen solten; Worauff sie als gezwungen einwilligte / und daß sie inzwischen an ihren lieben Kinderchen / den beyden jungen Herlein sich ergetzen wolte. Ja Fr. Mutter /sagte Valiska / sie sind freilich eure Kinder / der fleischlichen Geburt nach / aber ich bitte euch von Herzen / lasset mir ja die Teuffels Pfaffen und abergläubigen Weiber keine darüber kommen; dann sie sind Christen Kinderchen / und haben die heilige Tauffe schon empfangen / in welcher sie von allen ihren Sünden abgewaschen und gereiniget / und von ihrem Gott vor himmels Erben angenommen sind. Die Mutter fragete / ob dann solche kleine Kinder auch schon Sünde an sich hätten / welche ja noch mit keinen Gedanken / geschweige Worten oder Werken einiges Ubel begehen könten. [479] O ja Fr. Mutter sagte Valiska / es ist kein einiger Mensch / der nicht solte Sünde an sich haben; dann ob gleich die unmündigen kleinen Kinder mit Gedanken / Worten und Tahten noch nicht sündigen / so haben sie doch die böse Art durch die fleischliche Geburt von ihrẽ Eltern geerbet /da an stat des geistlichen ebenbildes Gottes / worzu anfangs der Mensch erschaffen ist / eine durchgehende Verderbung alle unsere geistliche Seelen- und Leibeskräfte eingenommen hat / so daß an stat der erkentnis Gottes eine klägliche Blindheit; an stat der Liebe Gottes / eine wiederstrebene Frecheit; an stat des willens zum guten / eine starke Begierde zur boßheit uns angeerbet wird / welcher verderbte Saame in dem kindlichen Alter in uns verborgen lieget / und mit den Jahren je mehr und mehr hervorbricht. Aber dieses sind hohe und eurer Vernunft verborgene Sachen /davon meine Fr. Mutter noch zur Zeit den Verstand nicht begreiffen kan / und ich doch nicht zweiffeln wil / daß wañ der barmherzige Gott uns glükliche Wiederkunft gönnen wird / wir von diesen und andern zur Seligkeit gehörigen Sachen ausführlicher reden wollen. Die Fürsten ingesamt / nachdem sie gewapnet und ihre Völker zum Auffbruch fertig wahren / nahmen des anderen Tages nach empfangener bösen Zeitung von der alten Königin Abscheid auff ein kürzes /verliessen Fr. Agathen und Brelen bey den jungen Herlein / und gingen mit dem Heer auf Teutschland zu / da sie ritten / und das Frauenzimmer auff dem Elefanten fort zohe / welcher allenthalben in Städten und auff dem Lande nit vor ein Tihr sondern vor einen Teuffel gehalten ward. Valiska nam auff den Fall der glüklichen Erlösung viel Kleinot und Kleider mit sich / welches Arbianes an seinem Orte auch nicht verseumete / und ward zur bezahlung des Heers eine grosse Baarschaft auf MaulEseln mit geführet. Auff der Reise hielten sie täglich zweymahl Behtstunde / und sungen allerhand geistreiche Lieder / welche Herkules mehrenteils selber gemacht hatte / unter welchen dieses ihr täglicher Morgensegen wahr:


1
Was sol ich dir vor dank / mein Jesus bringẽ /
Vor den Brun deiner Gütigkeit /
Den du mir läst ohn unterlaß neu springen /
Und mich in freier Sicherheit
Beschirmest; O Herr deine Gunst
Hat ja in mir die Finsternis gebrochen
Und allen falschen Götzendunst /
Wodurch ich bin von Sünden loßgesprochen.
2
Du hast mich Herr durch deiner Engel wache
In dieser ungestümen Nacht /
(Da seinen Grim der hocherzürnte Drache
Ohn zweiffel mir gar nahe bracht)
Beschützet / daß mir weder Fuß
Noch Häupt von ihm veletzet ist / deßwegen
Empfind' ich / daß ich billich muß
Dir O mein Heyl der Lippen Opffer legen.
3
Vergib mir Gott / was ich gesündigt habe /
Vergib umb deines Sohnes Blut /
Und gönne / daß mich solches kräfftig labe
In rechter Glaub- und liebes-Glut;
Laß mich dir heut befohlen seyn /
Damit dein Schuz den Feinden mich entreisse /
Und schreib' ins Lebens-Buch mich ein /
Demnach ich ja nach deinem Nahmen heisse.
4
Angst und Gefahr / versehrung meiner Glieder /
Unehr / und was mir schaden kan /
Wend' ab von mir / laß deinen Geist hernider /
Und zeug mir wahren Glauben an /
Daß nicht mein Fleisch in frecher Lust
Die Boßheit dir zu wieder möge stärken /
Erfülle mein Gemüht und Brust
Mit frömmigkeit und allen guten Werken.
5
Dir geb' ich mein Gemahl / mein eigen Leben /
Mein' Eltern / Brůder / Schwester / Kind;
Gib allen / was du mir schon hast gegeben /
Daß keiner von uns geistlich-blind
Verderbe; laß des lebens Geist
In ihnen das Verständnis auch entzünden /
Daß ich nach Wunsch / wie du Herr weist /
Sie alle mög' in deinem Reiche finden.
[480] 6
O Vater! O durch deines Sohnes Wunden /
Durch seine Geissel / Angst und Noht
Löß' alle die vom Teuffel sind gebunden
Zubrich den ewiglichen Tod;
Erhalte deine Christenheit /
Wie klein sie ist / daß nicht der Feind sie dämpfe /
Hilff daß in dieser Sterbligkeit
Ich wieder Welt uñ Fleischeslust recht kämpfe.
7
Biß du mir wirst des Lebenskron auffsetzen /
Und aller auserwählten Schaar;
Dañ werd ich mich an deiner Gunst ergetzen /
Dann werd ich rühmen immerdar.
O über-hochgewünschtes Gut /
Wann sol ich doch der Güter recht geniessen;
Die durch dein teur-vergoßnes Blut
Hernider auff uns deine Kinder fliessen.

Ihr Zug ging gewaltig schnelle fort / so viel die Pferde es erleiden wolten / und nahmen ihrẽ Weg von Prage Nordwest dem Elbestrohm nach / biß sie / da jezt Dreßden liegt / ankahmen / woselbst 5000 Teutsche Reuter zu ihnen stiessen. Zwischen da und Wittenberg (welches der Zeit noch nicht erbauet wahr) wurden sie noch mit 4000 gestärket. Von darab gingen sie den nähesten Weg nach Magdeburg / wo die GroßFürstliche Hoffhaltung wahr / und funden da selbst 6000 wolgerüstete Reuter / seumeten hier nicht lange / und zogen den Streich / da jezt Helmstäd /Braunschweig / Hildeßheim / Poppenburg (woselbst sie über die Leine setzeten) Hameln im Braunschweigischen / und Oldendorff im Schaumburgischen gelegen ist / gelangeten endlich an / wo nachgehends die Stad Minden in Westfalen / von dem grossen Karl und Fürst Wedekind erbauet worden / hielten daselbst an der Weser algemeine Heerschauung / uñ befunden ihr ganzes Volk / 58000 stark / so hatte sich die Mañschaft auff dem Wege gemehret; und ob sich zwar mehr einstelleten / wolten sie doch keine mehr zu sich nehmen / weil sie nicht zweiffelten / mit dieser Anzahl den Feinden gnug gewachsen seyn. Herkules in angestrichener Farbe / Siegward / und Arbianes (welcher immer mit unter den födersten seyn wolte /) nahmen 8000 wolberittene zu sich / und hielten damit den Vorzug / massen sie gnugsame Kundschaft hatten / welches weges der Feind gangen wahr / daher sie /wo jezt Osnabrügt lieget / eigentlich erfuhren / daß sie mit kurzen Tagereisen in aller sicherheit fortgingen / hätten vor vier Tagen der Ends 36 Stundenlang geruhet / und vorgegeben / sie laureten / ob nicht ein Heer zusammen gelauffener Sachsischer Bauren ihnen folgen / und eine gute Last frischer Stösse abhohlen wolten; ihr Heer währe groß / daß man sie auff 60000 stark schätzete / deren dritter Teil zu fusse / und die übrigen wol beritten währen; hätten vorgehabt den GroßFürsten samt den seinen mit gewaltsamer Hand von seinem Festungs-Sitze hinweg zunehmen / wann die List ihnen nicht währe angangen; sie würden nunmehr schon auff jenseit der Emß seyn / und sich der Isel nahen / weil sie ihren Zug nach Gelderland richteten. Dieses alles taht Herkules seinem Ladisla zu wissen / und daß sie mit dem Häuptheer ja nicht seumeten / sondern dasselbe in grossen Schaaren nach einander forthauen lassen solten / ob man den Feind noch im Felde disseit der Isel ertappen und die lieben seinigen loßwirken könte. Er ging mit den seinen bey Rheen über die Emß / und bekam Zeitung / daß des Feindes Nachtrab etwa drey Meilen von ihm währe /uñ läge ganz sicher / ohn alle Furcht einiger feindlichen Nachfolge. Siegward setzte ihnen mit 1200 Pferden nach / und zeigete sich dem Feinde von ferne /welcher ihm 2000 entgegen schickete umb zuvernehmen was Volk sie währen / mit befehl / da sie dem GroßFürsten angehöreten / sie alsbald niderzuhauen /und niemand lebendig zu lassen; aber sie wurden ohn einige Antwort auff ihre Frage dergestalt empfangen /daß sie mehrenteils mit blutigen Köpffen umkehreten / [481] nachdem 800 von ihnen auff dem Platze gestrekt lagen / und 100 gefangen wahren / erhaschten doch drey Teutschen / welche sie mit sich führeten / und auf bedrauliche nachfrage diese einhellige Antwort (dann also wahr es beschlossen) bekahmen; es hätte sich ein Sachsisches Heer auff 16000 zu Roß gesamlet / ihren GroßFürsten zuretten / meinetẽ nit / daß die Wendischen Völker über 12000 stark währen. Worüber ihr Fürst Krito sehr muhtig ward / legete sich unweit von Deventer an die Isel / und machte anordnung / die Sachsen umbher zubezihen / und sie miteinander niderzuhauẽ. Herkules schickete Bohten ůber Bohten an Ladisla / mit den Völkern zu eilen / damit der Feind nicht über den Strom ginge / noch ihrer grossen Mannschaft inne würde; ließ hin und wieder Kundschaffer ausreiten / auff des Feindes Vornehmen acht zu haben / welcher seine drey Gefangene / nehmlich den alten GroßFürsten Herrn Henrich sampt dessen Gemahl und Frl. Tochter in einem Dorffe / nahe am gemeldeten Iselflusse gelegen von 1000 Reutern und 1500 zu Fusse bewachen ließ; ging mit der ganzen Macht von allen Seiten loß / und fürchtete nichts so sehr / als daß ihm der Feind / die Handvol Sachsen Bauren / wie er sagete / ohn empfangene Schläge /entlauffen würde. Herkules erfuhr seinen Anzug gar früh / zog sich mit den seinen zurük und baht Gott inständig / daß er ihm Glük zu seiner Eltern und Frl. Schwester Erlösung verleihen wolte. Des Feindes Vortrab ging als blindlings fort / den eingeno enen Schimpff zurächen / und da sie an die Wahlstat kahmen / und die erschlagenen antraffen / bissen sie vor Zorn die Zähne im Kopffe zusammen / unter hefftiger Bedräuung / wie grausame Vergeltung darauff erfolgen solte / und musten beides die erschlagene uñ flüchtige sich von ihnen gnug lästern und ausschelten lassen / daß sie Wendischer Tapfferkeit einen solchen Schandflek angelegt / und sich von den unerfahrnen Bauren erschlagen und abtreiben lassen. Ein Obrister unter ihnen besahe die Todten / betrachtete ihre Wunden / und sagete: Er könte nimmermehr gläuben / dz unerfahrne bäurische Hände die Schwerter so geschiklich zuführen / und den leichtesten ort zur Tödtung an ihren Feinden zufinden wüsten / es müsten ausser Zweifel erfahrne Kriegsleute seyn / denen man behuhtsam begegnen solte / damit man die Reue nicht zu späht / und nach empfangenem Schaden sehen liesse. Aber die übrigen verlacheten ihn / daß sie auch mit höhnischen Worten frageten / ob er sich hefftiger vor der Bauren rostigen Schwertern als vor ihren Dröscheflegeln fürchtete? welches er mit einem stilleschweigen beantwortete. Dieser Hauffe 6000 stark /ging fast eine halbe Meile vor dem Heere her / welches Herkules verkundschaffet ward / und unvermuhtlich mit seiner ganzen Macht 12000 stark (dann 4000 wahren schon zu ihm gestossen) auff sie anging / daß inwendig einer halben Stunde 4000 erschlagen / 800 gefangen / und die übrigen mehrenteils verwundet /ihr Leben durch die flucht erretteten / da Siegward auff des Feindes Führer traf / welchen er nach kurzem Gefechte gefangen nam / und ihn Herkules überlieferte / der unter harter Bedräuung ihn fragete / wie es dem gefangenẽ GroßFürsten und den seinen erginge. Dieser sahe ihn vor einen Römischen Herrn an / der etwa vom ReinStrome her dem GroßFürsten zu hülffe kommen währe / und bekante so viel wegen harter Verwundung ihm möglich wahr / insonderheit / dz im gedachten Dorffe sie zimlich stark verwahret würden. Gleich dazumahl stiessen inwendig zwo Stunden /drey Hauffen / jeder 2000 stark zu Herkules / und brachte der lezte die Zeitung / das übrige [482] Heer folgete in unterschiedlichen grossen Abteilungen nach Mögligkeit / währen aber sehr abgeritten / daß sie auch grossen teils bey ihren ermüdeten Pferden zu fusse hergingen / und sie mit Brod erquicketen / welches ihm ungenehm zuhören wahr; muste sich daher wieder zurük zihen / und wurden der ankommenden Pferde ins Graß gejaget / dessen daselbst grosser Vorraht wahr / die Völker aber ingesamt musten mit ihrem Gewehr sich zu fusse fertig halten / und von vornen zu einen kleinen Wahl / in gestalt eines halben Monden geschwinde auffwerffen / hinter welchem sie vor Reuterey gesichert waren / und bereit / eines Fußheers Anlauff redlich zuempfahen. Aber es bedurffte dessen nicht / weil der Abend herzu nahete / und der Feind wegen empfangener harten Schlappe nicht ein geringes erschrak / daß er sich zur Ruhe begab / wiewol unter dem gewissen Vorsatze / des folgenden Morgens sein Schart auszuwetzen; Und kam solches den unsern wol zustatten / massen Herkules auf seiner Stelle diese Nacht ein bequehmes Lager abstechen /und in etwas auffwerffen ließ / vor das ganze ankommende Heer / welches kurz nach Mitternacht sich einstellete / Speise nam / und drey Stunden ausruhete. Unsere Helden aber hielten KriegsRaht / und beschlossen / die Schlacht alsbald diesen Tag solcher gestalt zuordnen: Herkules und Arbianes (welcher schon 38 Wochen lang sich in Teutscher Sprache fleissig hatte unterweisen lassen) solten 20000 auserlesene Reuter im rechten Flügel führen; Baldrich uñ Siegward 17000 im linken; und Ladisla 18000 Böhmen zu fusse in der Mitte. Die übrigen 3000 solten zur Beschützung des Lagers behalten werden. Arbianes erkundete sich fleissig bey den Gefangenen / wo das Dorff läge / in welchem die gefangene Fürstliche Häupter verwahret würden; hielt hernach bey Herkules an / ihm zugönnen / daß er mit seinen Parthern frey ab uñ zureiten / und nach Befindung den nohtleidenden beyzuspringen urlaub haben möchte /welches er ihm gerne einwilligte / weil er seines gefährlichen Anschlages keine Wissenschafft trug. Valiska hatte die ganze Reise über seiner Schwehrmuht genaue acht gehabt / und weil ihr die ursach gnug bekant wahr / machte sie sich vor der Schlacht mit ihrem kräfftigen Trost an ihn: Er solte dem wahren Gott vertrauen / ob er denselben gleich nicht kennete /derselbe würde das Fräulein schon retten / und zu seinem besten gnädiglich erhalten; nur begehrete sie vor dißmahl von ihm zuwissen / ob er auch zugeben wolte / daß das Fräulein den Christlichen Glauben annähme; dann im falle er sich dessen beschweret besünde /dürffte es wegen seiner künfftigen Heiraht hart halten / in Betrachtung / daß Herkules uñ Baldrich / ja sie selbst / vor Gott im Himmel und vor ihrem eigenen Gewissen es nicht wüsten zuverantworten / daß ihre einige herzgeliebete Schwester der Erkäntniß des wahren Gottes mangeln / und hernähst an ihrer Seele ewig schaden leiden solte. Und O wolte Gott / sagte sie weiter / daß mein geliebeter Freund und Bruder selbst zu unserm heiligen Glauben sich begeben möchte / damit er nach dieser kurzen Vergängligkeit der ewigẽ Himmelsfreude mit uns teilhafftig würde /welches ich ihm von grund meiner Seele wünsche; Er hat biß daher unserm Gottesdienste vielfältig beygewohnet / und gnugsam erfahren / daß unser Christlicher Glaube auff nichts heilloses oder schändliches bestehe / welches ich doch nicht zu dem Ende vorbringen wil / ob wolte Euer Liebe ich wider ihren Willen ein solches auffdringen / sondern sage nur bloß mein Gutdünken / worzu mich die schwesterliche Gewogenheit antreibet / welches mir zu keinem argen wird ausgeleget werden köñen; [483] Was aber meine Frl. Schwester betrifft / muß derselben der Christliche Glaube / wie auch ihren künfftigen Erben durchaus und schlechter dinge gegönnet und zugelassen werden; kan nun ein solches Eure Liebe nit eingehen /wird sie mir solches offenherzig anvertrauen / damit ich wisse wie hierin weiters zuverfahren sey. Arbianes / nach geliefertem demütigen Handkusse / schwieg ein wenig stille / lächelte darauff / und gab diese Antwort: Es zwinget mich vor dißmahl Eure Durchl. ihr mein Herz zuoffenbahren / welches vor meiner Heyraht ich sonst nicht willens wahr; Daß nun dieselbe dieses ihres Kummers / den Glauben betreffend / abkomme / beruffe ich mich auff des einigen wahren Gottes Zeugniß / daß sie der des Juden erschreklichem falle zu Ekbatana ich mir gänzlich vorgenommen /dem Christlichen Glauben zufolgen / bin auch nach der Zeit darinnen solcher massen gestärket / daß zu Bethabara ich mich herzlich gerne hätte tauffen lassen / wann ich nicht betrachtet hätte / dz das GroßFürstliche Fräulein annoch im Heydentuhm steckete / und vielleicht ihre Eltern mir dieselbe wegen meines Christentuhms versagen möchten; hernach / daß ich mich befürchtet / die Fürstliche Geselschafft hätte wähnen dürffen / ich tähte es nur zum schein / ihre bessere Gunst und Gewogenheit zuerlangen. Dieses /sagte er / ist die Ursach meines aufschiebens; habe sonst mein Gebeht täglich zu Gott und seinem lieben Sohn JEsus Christ / meinem wahren Heyland und Erlöser abgehen lassen / und den Christlichen Glauben zimlich gefasset / auch meinem Gott dieses Gelübde getahn / daß / wo das liebe Fräulein mir zu teile werden / und ihr von ihren Eltern das Christentuhm nicht solte gegönnet werden können / ich daheim nicht ruhen wolte / biß ich sie zu dieser allein seligmachenden Lehre würde gebracht haben / demnach mein Gewissen dergestalt versichert ist / daß wir allein in diesem Glauben können selig werden / daß / ob Gott wil / weder Teuffel noch Menschen / weder Gefahr noch wolergehen mich davon abführen sol / und meine Fr. Schwester in diesem stük mit vergeblichen Sorgen beladen ist / die ich herzlich hiemit wil ersuchet haben /in bißher geleisteter Träue fortzufahren / und die gewünschte Heyraht zubefodern / welche mir verhoffentlich weder GroßFürst Herkules / noch sein Herr Bruder mißgönnen wird. Die GroßFürstin wahr dieser unvermuhtlichen Erklärung so froh / daß sie ihn aus wahrer Liebe umfing / und nachgehends zu ihm sagete: Nun werde ich erst Eure Liebe vor einen warhafften Bruder halten / nachdem ich weiß / daß dieselbe ein Kind Gottes / und MitErbe der himlischen Seligkeit ist. Aber wie hat mein herzvertraueter Freund sein Christentuhm vor mir dergestalt verbergen können / da er doch weiß / daß mir angenehmere Zeitung nicht zukommen mag? Arbianes zeigete an / er hätte sich nicht allein höchlich verwundert / sondern auch mannichmahl herzlich betrübet / ja allerhand mißtröstliche Gedanken daher gefasset / daß er weder von ihr / noch von GroßFürst Herkules nie kein mahl zum Christentuhm angemahnet währe; deswegen er sich nicht erkühnen dürffen / ihnen sein Vorhaben zueröffnen; merkete aber nunmehr / daß sie ihn darzu nicht hätten reizen wollen / umb ihm seinen eigenen und freien Willen hierin zugönnen; baht / seine Verschwiegenheit ihm nit zuverargen / und ihn in ihr andächtiges Gebeht einzuschliessen / daß er in der himlischen Warheit beständig verharren / und in der heilsamen Erkäntniß je mehr und mehr zunehmẽ möchte. Valiska gab ihm zur Antwort: Er hätte die eigentliche ursach ihres nicht-ermahnens völlig errahten / und währe sie zum oftern willens gewesen / ihn bloß zufragẽ / wie ihm [484] ihr Gottesdienst / dem er so fleissig beywohnete / gefiele / hätte sich aber allemal eines and'n bedacht / um ausser Verdacht zubleibẽ / als wolte sie ihn zu ihrẽ Glauben nöhtigẽ; sonst würde sie nit erst anfangẽ / ihn in ihr Gebeht zunehmẽ / welches sie von anbegin ihres Christentums her fleissig getahn hätte / uñ doch mit freudẽ vernähme / dz er zeitiger als sie selbst darzu einẽ rechten Vorsaz gehabt hätte. Sie gingen hierauf von einander zur kurzen Ruhe / und lies Valiska dem Frauenzimmer dieses ihres lieben Freundes sein Christentuhm nicht ungemeldet. Des morgens sehr früh musten die Völker Speise nehmen / und in aller stille auffbrechen / weil die Schildwachten und Kundschaffter einbrachten /der Feind rüstete sich schon / hätte sein Lager etwa anderthalb Meile von hinnen / und währe wegen der erlittenen Niederlage so vol grimmiges Eifers / daß er des Tages kaum erwarten mögen. Diese Zeitungsträger irreten gar nicht; massen der alte Wendische Fürst vor Unsin zu berstẽ meinete / und zu seinen Obersten sagete: Pfui uns nichtwerten! wir mögen uns wol in unser Blut und Herz hinein schämen / daß wir von einer solchen Handvol Landstreicher und BaurenFlegel dergleichen Spot einnehmen müssen / dessen diese hochmuhtige Sachsen sich nit gnug werden rühmen köñen / weil sie uns nicht den dritten Teil an Manschaft gleichen. Lasset uns auff sie angehen / den Schimpf einzuhohlen und zwar also / daß ihrer keiner entrinne / der des geschehenen Zeitung überbringen könne. Die Obristen gaben ihm mit traurigen Geberden zur Antwort; sie währen bereit / teils als gebohrne Untertahnen / teils als dem Gewalthaber ihres Königreichs zufolgen / ja Leib und Leben willig vor ihn und seine Wolfahrt auffzusetzen; fünden aber schier das ganze Heer überal unwillig zu der Schlacht / so daß weder das Fußvolk noch die Reuterey einiges Zeichen ihres frischen Muhts von sich gäben; möchte demnach ihre Durchl. gnädigst bedenken / was vor Vnraht hier auß entstehen dürffte / wann sie in des Feindes Gegenwart sich wegern solten zufechten; ihr einhelliger Raht währe / daß man sich in die Zeit und das Glük schickete / und dem KriegsHeer ihre inständige Bitte einwilligte / damit übel nicht ärger würde; es währe ja sein leiblicher und einiger Sohn / welchen er so härtiglich am Leben zustraffen suchete / und dagegen von dem Heer in Schuz genommen währe. Zwar sie erkenneten dessen schweres Verbrechen wol; weil es aber nicht aus Boßheit / sondern aus Liebesgetrieb herrührete / möchte ihre Durchl. mit ihm ins Gnaden Buch sehen / und üm der mannigfältigẽ Vorbitte Willen ihm Väterliche Verzeihung und Gnade wiederfahren lassen. So dürfet auch ihr begehren / antwortete Krito / daß ich den Verwägenen unverschämten Bubẽ nicht allein lebendig und ungestraffet lassen solte /sondern ihn auch wieder vor einen Sohn annehmen /der mein allerhöchstes Gut mir zuentführen / sich blutschändiger Weise hat dürffen gelüsten lassen? ehe wolte ich gleich jezt hinreiten / und ihn mit eignen Händen erwürgen / auff daß mit des Bösewichts Tode die Auffruhr meines KriegsHeeres zugleich auffhöre /und sie erkennen mögen / waß sie ihrem Fürsten / Königlichen Verwalter und algemeinem FeldHerren schuldig sind. Eure HochFürstl. Durchl. sagte der vornehmste / fahren nach belieben / wann ja unser geträuer Raht nicht Stat finden kan; aber / wo ich nicht hefftig irre / halte ich gänzlich davor / es werde das Heer hiedurch noch auffrürischer gemacht / und dannoch der junge Fürst zur Straffe nicht herauß gegeben werden / weil die gemeinen Knechte / insonderheit die Wenden / ihn vor Gewalt zuschützen / sich äidlich[485] verbunden haben; daß also hiedurch nichts anders gewirket wird / als daß man dem Feinde den Sieg willig in die Hand spielet; und wer weiß / ob nicht der junge Fürst auß Hoffnung der Heyraht / den Feinden einen Vertrag anbieten / und seinen Herr Vater mit allen seinen Geträuen dem gefangenen GroßFürsten gefangen liefern dürfte? was vor Gnade aber wir bey demselben werden zugewarten haben / wird unsere begangene Taht uns leicht berichten können. Aber dieses erfolge nicht / wie ich auch nicht hoffen wil / so bin ich dannoch versichert / daß das Häuptheer kein Schwert wieder den Feind zücken wird (es werde dann von ihm gewaltsam angegriffen) / wo nicht der junge Fürst zuvor wird begnadet der Ketten entlediget / auff freien Fus gestellet / und aller Straffe loß gesprochen seyn. Kan nun eure Durchl. ein solches über ihr hoch beleidigtes Herz nicht bringen / noch auß der Noht eine Tugend machen; wolan! so habe ich meines Lebens mich schon getröstet; dann es ist / in eurer Durchl. Diensten sich selbst auff zuopfern / willig und bereit; und erwarte ich nur / wann der Feind / oder unser eigen Volk ansetzen / und mich niederhauen wird /dann kein Mensch sol mich / so wenig gefangen / als Unträu und meinäidig sehen; nur allein betraure ich meines Gnädigsten Fürsten gewissen Vntergang / und so wol des Friesischen Reichs / als des Wendischen Fürstentuhms Verwüstung / welches hierauß nohtwendig erfolgen muß. Als dieser außgeredet hatte /tahten alle Obristen einen Fußfal / und bahten / ihre Durchl. möchten ihrer selbst schonen / und durch unzeitigen Zorn sich nicht in den gewissen Tod stürzen /sintemahl ja alles mit ihrer Durchl. höchster Ehr beygelegt und verglichen werden könte / und nicht allein der junge Fürst / sondern auch die sämtlichen Völker erböhtig währen / ihr verbrechen durch einen demühtigen Fußfal abzubitten / dafern nur ihre Durchl. die von ihrem Sohn Fürst Gotschalk begangene Vnbilligkeit gnädigst und Väterlich vergeben und vergessen würde; auch währe ihres untertähnigsten ermässens hiebey zu beobachten / daß der junge Fürst durchaus nichts unzüchtiges vorgenommen / ja nicht eins begehret / sondern nur einwendete / sein Herr Vater selbst hätte ihm schon ein jahr lang dieses Fräulein zugefreyet / währe auch außdrüklich unter diesem Vorgeben außgezogen / ihm als seinem Sohn und künfftigen Nachfolger in der Herschafft / ein wirdiges Gemahl durch Gewalt zuhohlen / weil ihre Eltern sich wegerten ihm das Fräulein in güte abfolgen zulassen. O des Ungerahtenen Buben / antwortete Krito / welcher nimmermehr von meinem Leibe kan gezeuget seyn dann sonst würde er wieder kindlichen eingepflanzeten Gehorsam nich handeln / noch diese zum Gemahl begehren / die sein Vater ihm selbst im Herzen vertrauet hat; sein einwenden zubeantworten /achte ich nicht schuldig / und habe ich gleich vor diesem ihm das Fräulein zugedacht / hatte es damahls eins andere Beschaffenheit mit mir / weil mein liebes Gemahl annoch im Leben wahr; nachdem aber dieselbe mir mit Tode abgangen ist / wie euch allen bewust / habe ich mich nach einer andern ümtuhn wollen / die mir kein Mensch / er sey wer er wolle / abspenstigen oder entfremden sol dessen sich gleichwol dieser Bube durch heimliche entführung hat dürffen gelüsten lassen; würde es auch ungezweifelt verrichtet haben /wann ich ihm nicht hätte auff der Flucht mit ihr ertappet und eingehohlet. Daß nun mein KriegsVolk so meinäidig an mir handelt / wird sich zu seiner Zeit finden / und ungestraffet nicht bleiben / nur muß ich wegen des Feindes Gegenwart viel vertuschen und verschmerzen. So gehet nun hin zu [486] dem Heer / und versuchet / ob sie zugeben können / daß der leichtfertige Bube auff eine Festung in Gefängniß geleget werde / biß der Feind gedämpfet ist / alsdañ wil ich bloß den Völkern zugefallen / Fürstlich versprechen /daß ich ihm am Leben nicht straffen wil. Die Obristen wusten schon wol / daß dieser Versuch würde vergebens seyn / doch ihrem Furstẽ zugehorsamen / gingen sie hin / und tahten den Völkern diesen Vorschlag; bekahmen aber zur antwort; ihre Durchl. möchte ihr gnädigst gefallen lassen / dem jungen Fürsten die begangene Fehler gänzlich und auß väterlichem Gemüht zuvergeben als ob es nicht geschehen währe / auch ihn zuversichern / daß nach seinem ableiben (welches die Götter lange verhüten wolten) er algemeiner Erbe und Nachfolger in der Herschafft seyn und bleiben solte; dann auch / daß dem ganzen KriegsHeer eine durchgehende und unbedingete Vergebung wiederfahren möchte / so daß kein einiger wegen deß Schutzes /dem jungen Fürsten erteilet / angefochten / oder unter einigerley Schein und Einwendung zur Straffe gezogen würde; könte nun ihrer Durchl. ein solches nicht belieben / währe ihr einhelliger Schluß / mit den Sachsen Friede zutreffen / ihnen den entführeten GroßFürsten nebest den seinen wieder einzuliefern /und in dessen Schuz sich zubegeben / unter der Hoffnung / derselbe würde solche Woltaht erkennen / und ihrem jungen Fürsten seine Frl. Tochter nicht versagen; sonsten da ihr bitliches und untertähnigstes suchen Stat haben würde / wolten sie alle einen Fußfal tuhn / üm Gnade bitten / und alsbald wieder den Feind zu Felde gehẽ / auch nicht ümkehren / biß der selbe gänzlich würde auffgerieben / und die gestrige Schande mit ganzen Strömen Sachsen Blutes abgewaschen sein. Die Obristen wolten dem Heer einreden; es währe zuviel / daß man dem Fürsten und FeldHerren nicht allein Gesetze vorschreiben / sondern auch trotzen wolte. Aber es erhuhb sich ein algemeines Geschrey; wolten sie es dem Fürsten nicht hinterbringen / könten sie es ja wol lassen; das Heer hätte endlich an Fürst Gotschalk Häuptes gnug / wann es anders nicht sein wolte / und würden sich unter ihnen auch deren gnug finden / welche der Obersten stelle vertreten könten. Die Abgesanten befahreten sich eines grössern übels / meldeten dem alten Fürsten alles an /und bahten sehr / sich eines andern in der Noht zubedenken; welcher aber vol Zorn und Eifer lief mit Befehl / dieselben ihm gefänglich einzuliefern / die das Wort den Auffrührern zum besten geführet hatten; weil man aber ihn erinnerte / daß / wo er nicht alsbald dem Heer eine angenehme Erklärung und völlige Einwilligung geben würde / es ihn in kurzem gereuẽ möchte / und auff solchen fall wol gar bald des gefangenen GroßFürsten sein Gefangener seyn; fuhr er gelinder / überwand sich selbst / und ließ beydes dem Sohn und KriegsHeer völlige Verzeihung anbieten /und was sie sonst begehret halten / des gänzlichen Vorhabens / hernähst bald ursache zufinden / daß eines mit dem andern abgestraffet würde. Die ausgestelleten Schildwachten kahmen häuffig an / mit vermeldung / der Feind zöge in voller Schlachtordnung daher / und hielte man sie zwar nicht über 16000 Mann stark / nach der Gefangenen aussage / jedoch liesse sich ein grosser Staub hinter ihnen zur Seite spürẽ / welches anzeige gäbe / es müsten mehr Völker verhanden seyn. Sie kommen / antwortete Krito / zu meines muhtwilligen Sohns Glüke. Hieß die Obristen / den Fürsten seinẽ Sohn / und einen Ausschuß des Heeres herzuruffen / im Nahmen des ganzen Kriegvolks eine Abbitte zu tuhn / und die übrigen inzwischen zuordnen / daß dem Feinde könte begegnet werden. [487] Fürst Gotschalk ward an einer Kette / die ihm sein Vater vor zween Tagen hatte anlegen lassen /herzugeführet; dann ob zwar das Heer ihn in Schuz nam / wolten sie doch die Fürstlichen Bande nicht brechen. Mit ihm stelleten sich 40 Häupt- und Unter-Häuptleute / neben gedoppelt so vielen gemeinen Fußknechten und Reutern ein / den Fußfal gebührlich zuleisten; und als der junge Fürst sich vor seines Vaters Füssen niederlegete; fing er mit standhaftem Gemüht also an: Großmächtiger Fürst (den Vater-Nahmen ihm zu geben habe ich keine Ursach /) nachdem mir die begehrete rechtmässige Liebe zu dem Durchleuchtigsten Teutschen Fräulein / meinem erwähleten und bestätigten Gemahl von euch nicht wil gegönnet werden / gilt mir gleich / ob mir diese Ketten / oder meine lebendige Geister abgenommen werden; massen ich doch mein Blut nicht länger in meinen Adern begehre zu tragen / als nur so lange ich eure vorgenommene Blutschande verhindern und abwenden kan; bleibe auch nach wie vor der Meynung / es stünde eurem sechs und funfzigjährigen Alter sehr wol an /daß sie an der Jugend so hoch nicht straffete / was ihr selbst bey euren grauen Haaren zehnfach sündiget /und zwar mit schlechter Fürstlicher Ehre; meinet ihr etwa noch immerhin / mir sey unwissend / daß meine fromme Fr. Mutter nich Tod / vielweniger begraben /sondern annoch im Leben / und von euch auff einem Schlosse heimlich eingesperret sey / nur bloß der Ursach / daß ihr mit dem GroßFürstlichen Fräulein /eure unzimliche Lust büssen / hernach meine Fr. Mutter / eines herschenden Königes in Däñenmark leibliche Schwester heimlich hinrichten / und dieses Fräulein ehelichen könnet? O nein / eure Durchl. versichern sich / daß mir alles mehr dann zu wol wissend sey / und ich solches bißher nur bloß eure Schande zuverbergen / verschwiegen habe / immittelst doch in dieser Sache solche anstellung gemacht / daß meine Fr. Mutter vor Henkers- uñ MördersSchwert / oder schändlicher Giftmischung noch wol gesichert bleiben wird. Glaubet mir / daß unser Heer (ja unser; dañ ich habe als nähester ungezweiffelter Erbe der Wendischen Herschaft auch Teil daran) schon nach Wendland mit mir solte auffgebrochen seyn / meine Fr. Mutter zuerlösen / wann der Feind uns nicht so schleunig gefolget währe / welchem zubegegnen / im falle ich völlige Erlassung bekomme / ich nicht werde hinderlich seyn. Ja umb eben dieser Ursach willen stelle ich mich ein / meiner ganz billichen Liebe zu dem GroßFürstl. Fråulein / oder vielmehr wegen derselben versuchten Errettung verzeihung zu bitten /ungeachtet ich überdas keusch / und an keinem unwirdigen Orte geliebet habe; wil zugleich auch eure Durchl. zu Gemüht führen / daß sie betrachten / wie in dero beschützung / und ihr Leben zuerretten / ich ehmahls mein Leib und Leben in die Schanze geschlagen / und einen grossen teil meiner Gesundheit an meinen Gliedmassen eingebüsset / welches mir billich mit besserer Vergeltung / als durch entwendung meiner künftigen Gemahl / und anlegung dieser Kettẽ solte ersetzet worden seyn. Was leugest und schändestu? antwortete sein Vater mit verwirretem Gemüht; darfstu mich noch verleumden / uñ bey meinem / ja bloß bey meinem Kriegs-Heer mich so schändlich angiessen / ob hätte ich mein liebes Gemahl / deren Sohn zu seyn du nicht wirdig bist / versperret / umb eine andere zu heyrahten / da doch das ganze Land weiß / wie herzlich ich sie geliebet / sie auch gebührlich / als eines Königes Schwester und Hoch-Fürstliches Gemahl zur Erden bestatten lassen? heisset daß Abbitte tuhn? heisset daß / sich demühtigen / da man zu grösserm Auffruhr / Lügen lichtet / schmähet und lästert? ja heisset [488] das einen Fußfal tuhn / da man sich selbst rechtfärtiget / und trotzige Dräuungen heraus stosset? Er wolte in seiner verweißlichen Rede fortfahren / aber es kam eine Zeitung über die andere; der Feind liesse sich nunmehr recht sehen / währe an Mañschaft ihnen gleich / mit treflichen Waffen und Gewehr versehen / und hielte schon in voller Schlachtordnung / würde auch ohn zweiffel stündlich angreiffen / und des GroßFürsten Erlösung versuchen. / Was angreiffen / was versuchen? sagte Krito: Diese Landstreicher sollen uns wenig mühe schaffen / wann nur dem innerlichen Span wird gerahten seyn. Jedoch / weil er sahe / daß gefahr verhanden wahr / und er den Sieg nicht würde erhalten / wo er nicht vorsichtig spielete / rieff er überlaut: Er vergäbe hiemit seinem Sohne und dem ganzen KriegsHeer völlig / und nach allem ihrem begehren / setzete dessen seine Fürstliche Träue zu Pfande / und ließ alsbald seinem Sohn die Ketten abnehmen / umbfing ihn aus ertichteter Liebe /und versprach / nach gehaltener Schlacht ihm seinen Willen zuvergnügen; welches zwar der Sohn nicht gläubete / und ihm doch liebe wahr / daß er die Freyheit erlangete / nicht allein mit zu fechten sondern auch den rechten Flügel zuführen / welcher in 17000 Reuter bestund; da er dañ nach angelegter Rustung 2000 seiner geträuesten Leute umb sich nam / die er wuste / nach alle seinem Willen fertig und bereit zu seyn / massen er in steter Furcht lebete / der Vater würde ihm durch Meuchelmörder / auch wol mitten in der Schlacht nachstellen. Der linke Flügel / 20000 Reuter stark / ward von einem Wendischen Herrn /nahmens Plusso / angeführet / welcher ein überaus verwägener starker Ritter / und in Feldschlachten wol geübet wahr. Der alte Fürst ordente seinem Sohn einen Feldmarschalk zu / nahmens Niklot / welcher ihm sehr geträu / und in allen Bübereien beypflichtig wahr / und solte derselbe acht auff seinen Sohn geben / ob er irgend sich etwas gefährliches unternehmen würde / weil er offentlich bekennen dürfte / daß er sich der Liebe zu dem Fräulein noch nicht begeben hätte. Und wann die Götter diesen meinen ungerahtenen Sohn hinnehmen wolten / sagete er / es geschähe auff was weise es möchte oder könte / hätte ich ihnen / und die darzu behülfflich währen / hoch zu danken. Welches dieser wol verstund / und seinem Fürsten versprach / ihn / wo möglich / dieser Furcht zubenehmen. Das Fußvolk 20000 Mann / führete Krito selbst zwischen der Reuterey / und wahr Herr Gunderich /seines verstorbenen Bruders Sohn darüber Oberster Statverweser. Das ganze Heer / weil ihnen alles nach willen versprochen wahr / stellete sich überaus freidig zum Treffen / fingen ein starkes Feldgeschrey an / und meineten / es könte ihnen an dem Siege durchaus nicht fehlen. Herkules (der sich bey seinem Heer noch immerzu in angestrichener Farbe vor einen Persischen Abgesanten halten ließ) schickete Leches und Klodius mit 1000 Pferden vorne an / unter dem befehl / durchaus nicht ernstlich zu treffen / sondern sich / wo möglich / nur ein wenig mit des Feindes ausgeschikter Reuterey zu tummeln / und etliche Gefangene zuerhaschen / von denen man des Feindes Vorhaben berichtet werden könte; gingen demnach sehr behutsam fort / biß ihnen eine feindliche Schaar 1500 stark auffstieß / die mit grimmiger Wuht in sie fielen / daß sie sich nohtwendig wehren musten / da sie dann / ungeachtet sie zur helfte übermannet wahren / sich dergestalt ihren Feinden zuerkennen gaben / daß jene den ersten Eifer bald ablegten / und ihrer Schanze besser acht nahmen: jedoch zog sich Leches gerne zurük / hatte in diesem kurzen Treffen 200 Mann eingebüsset / und an Feindes Seiten 650 erleget / und 25 gefangen / mit welchen er [489] nach Herkules eilete / und alles Zustandes berichtet wurden / daß der Zwiespalt zwischen Vater und Sohn gleich diesen Morgen / mehr auffgeschoben als auffgehoben währe; hätten demnach die Völker noch keine Speise genossen / weil sie mit diesem Vergleich zutuhn gehabt. Wolan / sagte Herkules / diese beyden Räuber und MenschenDiebe sollen ob Gott wil / über meine Frl. Schwester sich nicht lange mehr zanken / und unsere Zeit ist kommen; gab das Feldgeschrey aus:Hilff Gott! ließ auffblasen und trummeln /und zog in wolgesezter Ordnung und guter freidigkeit loß. Ihre Feinde wahren gleich zuspeisen bedacht /weil sie aber die vielen glänzende RitterHarnische und blanke Waffen sahen / griffen sie auch zum Gewehr / wiewol nicht alle mit gleichem Muht und Herzen / dann die Friesen / deren ohngefehr der dritte Teil wahr / so wol zu Rosse als zu fusse / währen lieber aus der Gefahr gewesen / als die ohndas die unverantwortliche Taht des Wenden nicht billichte / und wol merketen / daß derselbe ihre freiheit zuschwächen /alle gelegenheit suchete; jedoch musten sie wider ihren Willen fechten / weil ihnen nit allein lauter Wendische Befehlichshaber gesetzet / sondern sie auch durch die Wendischen Völker dergestalt verstecket wahren / daß sie weder einer dem andern ihre Meinung offenbahren / noch Abtrit nehmen kunten. So bald beide ansehnliche Heere sich ins Feld gesetzet / und einer den andern ins Gesichte bekam / sendete Ladisla einen Heerhold / seinen Leches an Krito ab / und ließ ihm sagen: Der Großmächtige König aus Böhmen / König Ladisla / nachdem er vernommen /daß sein H. Vetter und Vater der GroßFürst aus Teutschland Herr Henrich / nebest seinem Gemahl und Frl. Tochter / von dem Wendischen Fürsten Krito / und seinem Sohn Gotschalk / unabgesaget / und unter dem schein einer Brüderlichen Zusammenkunfft und Beredung / gefangen hinweg geführet worden; hätte seine Pflichtschuldigkeit ihn auffgemahnet demselben kindliche Träue zuerweisen / als welcher ihn in der Jugend väterlich aufferzogen; begehrete demnach an den Wendischen Fůrsten / entweder gnugsame Ursachen der geschehenen Entführung anzuzeigen / oder in Mangel deren (wie ihm dañ unmöglich seyn würde / eine so schändliche Taht zurechtfärtigen) vor erst /den GroßFürsten samt den seinigen alsbald auff freye Füsse zustellen; und hernach / wegen begangener unfürstlicher ganz unverantwortlicher Entführung umb Verzeihung zubitten / und gebührlichen Abtrag zumachen; im fall aber er sich dessen wegern würde / solte ihm hiemit nicht allein als einem Erzfeinde und offentlichen StrassenRäuber abgesagt / sondern auch die FeldSchlacht angekündiget seyn / da dann der wahre Gott als ein gerechter Richter und Rächer aller Untahten / der gerechten Sache schon beistehen / und den Verbrecher zur gebührlichen Straffe zihen würde; jedoch foderte der Böhmische König ihn den Wendischen Fürsten / und der gebohrne GroßFürst aus Teutschland Fürst Baldrich / seinen Sohn Gotschalk aus zum absonderlichen Kampffe / da sie sonsten so viel herzens haben dürfften zuerscheinen; worauff er als ein Gesanter der Antwort wolte gewärtig seyn. Krito wahr zu stolz / selbst zuantworten / rief seinen Verweser Gunderich zu sich / und legte ihm die Worte in den Mund; welcher dann dieses vorbrachte: Der freye Fürst und Beherscher der unüberwindlichen Wenden / auch erwähleter Großmächtiger SchuzHerr des Friesischen Königreichs / hätte keinem Menschen in der ganzen Welt seines tuhns und lassens Rede oder Antwort zugeben / vielweniger dem vermeyneten Böhmischen Könige / von welchem man [490] bißher nichts gehöret / als daß umb eines Weibes willen er der Römer Joch ohn einigen Schwertschlag über sich genommen / und ihnen als ein Knecht bedienet währe; daher man ihn mehr vor einen Sklaven als König achten müste / und zugleich unwirdig schätzẽ / mit welchem ein freier Fürst absonderliche Handwechselung hielte; So wůste man überdas schon / daß kein Teutscher junger Fürst mehr im Leben währe / und sein Sohn viel zu ädel / mit einem ertichteten Fürsten sich zuschmeissen; den begehreten Abtrag wolte er ihm diese Stunde machen / und ohn weitere Anfoderung willig und gerne vergnügen / daß er dessen forthin nicht mehr begehren solte: Leches antwortete hierauff: Daß mein gnädigster König seine freiheit den Römern übergeben / und deren Dienstbarkeit solte über sich genommen haben / ist eine öffentliche Land- und Schandlüge / und wird von deinem Fürsten nur zu dem Ende ertichtet / daß er sich des absonderlichen Kampffs entbrechen möge / welches ihm doch sein Leben nicht lange fristen wird. Ob auch der Durchl. Fürst Baldrich tod oder im Leben sey / wird seine streitbare Faust gar bald Kundschafft geben. So sage du nun deinem Fürsten zum endlichen Schlusse: Mein gnädigster König halte deinen Fürsten als einen überzeugeten öffentlichen StrassenRäuber und MenschenDieb unwirdig seines Schwerts / und sich zu hoch /seine Hände mit solchem nichtigen Blute zubesudeln /gelebe auch der Hoffnung / es werde der gerechte Gott seiner guten Sache beypflichten / uñ ihm gönnen / daß der ruchlose Räuber zur gebührlichen Straffe gezogen werde. Gunderich wiedersprach diesem / als einer unbillichen Schmähung / die einem Heerhold nicht frey hingehen müste. Aber Leches sagte zu ihm: Mein Kerl / hier gilt nicht lange zankens / sondern ich bleibe auff meinem Vorbringen / dessen ich gnugsame Volmacht habe / und weil du mir dräuest / fodere ich dich auff einen absonderlichen Kampf / welchen du mit mir austragen must / wo du sonst Ritter Standes nicht wilt unwirdig gescholten seyn. Kehrete hiemit umb / und rennete Sporenstreiches nach ihrem Heer /weil er etliche sich hervor tuhn sahe / die ihn schelmichter weise angreiffen wolten / und darzu von ihrem Fürsten ausdrüklich hingeschikt wurden. Nun wahr Gunderich nicht allein ein sehr verwägener /sondern auch wol geübeter starker Ritter / welcher ihm schon die Hoffnung gefasset hatte / des Vaters und Sohns Zwiespalt solte zu seiner Erhöhung dienen / ob sie unter einander sich aufreiben möchten / weil alsdann er der näheste Erbe währe; daher er sich auch bey solcher Uneinigkeit bezeigete / daß er so wenig dem einen als dem andern Beystand leisten wolte /und ob er gleich von beiderseits Anhange darzu gereizet ward / wendete er beständigst ein / es wolte ihm durchaus nicht gebühren / sich zwischen seines gnädigsten Fürsten und dessen Sohns Streithändel einzumischen / wann sie aber ihn zu ihrer Versöhnung gebrauchen wolten / währe er willig und schuldig alle seine Kräffte daran zustrecken. Die Ausfoderung von Leches nam er getrost an / und mit diesen Worten baht er seinen Fürsten umb Vergünstigung den Kampff auszuüben: Großmächtiger Fürst; mein Sinn der mich noch nicht betrogen hat / saget mir gänzlich zu / dieser schmähsüchtige Gesanter müsse den Lohn seines frechen Mauls von meinem Schwerte einnehmen / welches er so frevelmühtig ausgefodert hat; bitte demnach untertähnigst / Eure Durchl. wolle mir gnädig erlauben / daß unserm Heer ich die Bahn öfne / und dem herlichen Siege über die tölpischen Böhmen und Sachsen den rühmlichen Anfang mache; hernach wollen wir des Böhmischen Königes [491] unbesonnenes Häupt bald auff einer Stangen stecken sehen. Niklot taht seinem Fürsten zugefallen den Vorschlag /obs nicht ein Ding währe / daß dem tapfern jungen Fürsten Gotschalk der Kampff wider den jungen SachsenFürsten zugelassen würde; aber derselbe antwortete im Eifer: Wo euch nicht gebühret zureden /Niklot / da schweiget / biß mans euch abfodere; hätte ich aber meiner Gliedmassen Gesundheit noch / die in Beschützung meines Gn. Herrn Vaters ich freudig und willig zugesetzet habe / wolte ich nicht harren / biß ihr mich darzu anmahnen würdet. Dieses redete der Fürst / weil ihm wol bewust wahr / wie gerne dieser seines Vaters Bosheit pflegete auszuüben / zweifelte auch nicht / da er sich vor einigen Meuchelmörder zubefürchten hätte / würde es dieser seyn; welcher sich vor des jungen Fürsten Zorn fürchtend / sich sehr demühtigte / und seiner Unbedachtsamkeit gnädige Verzeihung baht / welches Gotschalk mit einem stilleschweigen beantwortete. Der Vater stellete sich / als hätte er dieser Rede keine acht / wendete sich nach Gunderich / und sagte zu ihm: Reite hin mein Oheim /uñ biß eingedenke / dz du dich als ein Vorbilde Wendischer Tapferkeit erzeigẽ müssest / weil du zu dem Ende von mir abgeschicket wirst / da dir dañ nach erlangetem Siege / dessen wir schon versichert sind /die gebührliche Kron auffgesetzet / und das Ehrengedächtniß zugestellet werden sol. Leches hinterbrachte auch die erhaltene Antwort / und daß er ehrenhalben nicht umhin gekunt / seines Königes Redligkeit zu handhaben / und den Freveler auszufodern / baht umb gnädigste Vergünstigung / und hoffete / Gott würde ihm Kräffte / und dem Heer durch seinen Sieg / frischen Muht verleihen. Warum nicht / antwortete Ladisla / nachdem ihr das Wort gesprochen / und mirs so gut nicht werdẽ kan; deswegen schaffet es nach eurem Willen / weil ihr ohndas wisset / laß ich eurer Ehren steter Befoderer bin. Auff diese Volmacht sendete er Neklam selb sechse an den Feind / um zuvernehmen / ob dem Ausgefoderten das Schwert in der Scheide loß / und das Speer in der Faust feste währe /solte er gar allein zwischen beyden Lagern sich finden / seine Manheit sehen lassen / und vor allem unredlichen überfall gesichert seyn. Ja / antwortete Gunderich / ich erwarte des Lästerers schon / und wil ihm sein letzes einschenken. Er ist kein Lästerer / sagete Neklam / sondern ein Lästermaul redet solches / habe auch wol ehe gesehen / daß eine großsprechige Zunge gehemmet ist. Kehrete damit umb / und hinterbrachte den Bescheid / daher Leches alsbald fortritte / weil er seinen Mann sahe desgleichen tuhn. Sie wahren beyderseits eifrig / aber Leches behuhtsamer / traffen allerseits wol / und hielten das erste mahl redlich aus /hätten auch den andern Saz gerne gewaget / aber die Speer wahren zubrochen / und so bald keine neue verhanden / daher sie zu den Schwertern griffen / und einen grimmigen Streit anfingen / in welchem doch Gott und die gerechte Sache endlich scheidung machete / dann nachdem sie eine gute Viertelstunde gearbeitet hatten / warff Leches den Wenden vom Pferde /sprang ihm nach / und nach abgezogenem Helme schlug er ihm den Kopff mit einem Streiche hinweg /welchẽ er samt des Feindes Schwerte zu sich nam /und beides zu seines Königes Füssen mit diesen Worten niderwarff: Diese göttliche Rache sol verhoffentlich ein Beyspiel sein unsers künftigen herlichen Sieges / nachdem ich durch Gottes gnädigen Schuz allerdinge unverwundet und bey ganzen Kräfften blieben bin. Unser Heer ließ auff erhaltenen Sieg ein starkes FreudenGeschrey aus / dagegen erschrak der Wendische Fürst des Unfals / daß er erblassete; welches zubemänteln er zu den [492] seinen sagete: Der gute Gunderich hätte den Sieg leicht erhalten / dann ich habe eigentlich gesehen / daß er unter dem Gefechte in die fallende Sucht / die ihn zuzeiten anstosset / (welches doch errichtet wahr) geriet / und daher seinem Feinde zuteil worden ist; welches uns aber wenig irret / und sol sein Blut bald gerochen werden. Herkules ließ alsbald durch 3000 Reuter unter Klodius den ersten Anfal tuhn / denen der Wendische Plusso so viel entgegen schickete / die sich dann rechtschaffen zuwetzeten / doch spieleten die Teutschen bald Meister; wiewol ihren Feinden zeitig gnug der Entsaz zukam / daß Herkules gezwungen ward / unter Neda einen geruheten Hauffen 2000 stark fortzuschickẽ / welche alles vor sich nidermacheten / und Plusso mit seiner ganzen Macht loßzubrechen vor gut ansahe; dem Herkules nicht lange Ruhe gönnete aber doch Arbianes mit der Halbscheid seiner Parther und 2000 Teutschen zum Entsaz im Felde stehen ließ. Baldrich hatte den linken Flügel mit Siegward geteilet / und taht dieser mit 4000 den ersten Angriff; dem Niklot mit 6000 frisch begegnete / und sich im Felde weidlich umtrieben /daß keiner sich eines sonderlichen Vorzuges zurühmen hatte; dann dieser Wende wahr ein sehr geschikter Kriegsmann / und bemühete sich allezeit mit Vortel zuspielen; jedoch als jener von Markus mit 2000 frischen Reutern entsetzet ward taht der Feind gemach / daß ihnen Verstärkung nötig fiel / die ihnen zu rechter Zeit zu hülffe ging / und die unsern auffs neue zurük geprallet wurden / so daß Prinsla mit 3000 zur Seiten einbrechen muste / wodurch er der unsern fuß gegen den Feind wiederumb fest setzete / daß sie etliche Acker långe den Feind weichen macheten. Die Fußvölker wolten nicht die schläfferigsten seyn / dann Ladisla frischete seine Böhmen geherzt an; Er hätte bißher in FeldSchlachten mehrenteils fremde ausländische Völker an seinen Feind geführet / welche ihm allemahl so träulich beigestanden / daß er nie ohn den völligen Sieg abzug genommen hätte; jezt wolte er acht geben / wie fest und tapffer seine angebohtne Untertahnen sich bey ihm halten wolten / dessen er sich zu ihnen ungezweifelt getröstete; taht hiebey die Versprechung / daß er einem jeden / der ihm einen Befehlichshaber lebendig liefern oder daß er einen gefellet hätte / mit Zeugen beweisen könte / zehn Kronen über seinen Sold / und ein Frey Jahr geben wolte auff alle seine Haabe und Guter; hernach setzete er 15000 Kronen auff des Wendischen Fürsten Häupt / und wahr Fabius sein Feldmarschalk / Leches und Gallus aber GroßOberwachtmeistere. Es trug sich zu / daß wie er diese seine Rede hielt / sahe er unweit von ihm einen KriegsKnecht stehẽ / mit einem grossen SchlachtSchwert / stark von Leibe uñ Gliedmassen /welcher sehr bleich aussahe / und fast an allen Gliedern zitterte; dessen er lachete / und zu ihm sagete: Mein Kerl / wie fürchtestu dich so hart? grauet dir vor des Feindes Geschrey / so trit nur zurük / und mache dich wieder nach dem Lager. Dieser erhohlete sich bald / und antwortete: Gnädigster König; ich bin ungezwungen von mir selbst mit fortgezogen / da ich wol hätte köñen daheim bleiben / aber die begierde meinem Könige zudienen / und dessen Feinde zuverfolgẽ / hat mir dē Harnisch angelegt / uñ dz Schwert in die Faust gegebẽ / dessen ich mich / ohn ruhm zumeldẽ / mehr gebraucht habe; ich bin mir aber wegẽ dieser unart selber feind / welche ich almal empfinde /wañ ich fechtẽ sol; dafern ich aber meinẽ Plaz lebendig verlasse / od' im Treffẽ einige Furchtsamkeit sehen lassen werde / sol mein nähester Spießgeselle das Recht an mir verüben. So verzeihe mirs mein Freund / sagte der König / und wil ich dir vor diese bezichtigung [493] gerecht seyn. Nun redete dieser Böhme die Warheit; dann er hielt sich in der Schlacht so wol / daß er 21 von den Feinden erlegete / und dagegen neun Wunden mit dem Leben davon brachte; sein nahme aber wahr Miezla. Fürst Krito muhtigte die seinen auch mit grossen verheissungen / deren er doch wenig zu leisten willens wahr / hielt ihnen daneben vor / wie gehässige Feindschaft die Sachsen zu ihrem Geschlecht trügen / und sie fast den Hunden gleich schätzeten / daher sie ihn und seinen Sohn unwirdig geachtet hätten / ihnen das Fräulein zum Gemahl abfolgen zulassen; diesen Schimpf zu rächen / håtte man anjezt die gewünschteste Gelegenheit / darumb solten sie auff ihn sehen / und ihm immer nach würgen / alsdann müste ohn allen zweiffel der Sieg auff ihre Seite fallen. Der erste Angriff zwischen ihnen wahr sehr herbe; Leches und Gallus musten den ersten Fall wagen / die sich zwar äusserst bemüheten einzubrechen / aber sie funden gleichmässigen Wiederstand /weil Krito ihnen sehr tolkühne Wagehälse entgegen gehen ließ / welche den untergesteckten Friesen mit ihrem Beyspiel einen Muht eingossen / daß sie nicht weniger kühne Gegenwehr tahten / und niemand hinter sich zu weichen bedacht wahr. Also wütete nun das Schwert an allen Orten / aber am hitzigsten ging es dißmahl zwischen Baldrich und Gottschalk zu /woselbst Niklot und Siegward einander noch die Wage hielten / biß sie beyde selbst aneinander gerieten / und sich rechtschaffen zwageten. Baldrich fürchtete sich sehr / er würde an seinem Orte sich am schlechtesten halten / weil der Feind so leicht nicht weichen wolte / deswegen er mit seiner übrigen ganzen Mannschafft ansetzete / und den seinen zurieff /ob sie allein sich wolten überwinden lassen; der rechte Flügel hätte schon geobsieget; so währe des Feindes Fußvolk auff der Weichseite; was sie gedächten /daß sie als schlaffende die Hände sinken und den Muht fallen liessen. Gottschalk hörete dieses / und wie die Liebe ohndz allemahl furchtsam ist / gedachte er / ihm würde also seyn / ließ sich doch nichts merken / sondern sendete seinem Feldmarschalk das übrige seines Heers zu / Baldrich entgegen / ob sie Wiederstand tuhn / und seinen ungestümen Einbruch zurük halten möchten. Seine 2000 geträuen aber nam er zu sich / rante mit ihnen auffs allerschleunigste dem Dorffe zu / woselbst der GroßFürst neben den seinen verwahret ward. So bald er daselbst anlangete /erteilete er seines Vaters Leuten befehl / auffs geschwindeste nach der Schlacht zu reiten / und sich zu dem linken Flügel zuschlagen / als wo man ihrer benöhtigt währe / das Fußvolk aber nach des Lagers beschützung zu gehen; welche sich dessen wegerten /einwendend / es währe ihnen bey Leib und lebens Straffe gebohten / von den Gefangenen nicht zu weichen / viel weniger dem jungen Fürsten zu gönnen /daß er zu ihnen nahete. Er aber wolte sich nicht lange mit ihnen zanken / und weil er an Reuterey ihnen überlegen wahr / ließ er ihrer zwölffe alsbald niderhauen / dräuete auch dem ganzen Hauffen gleiche Straffe / dafern sie nicht alsbald abzihen und seinem befehl nachkommen würden; Er währe von seinem liebsten Herr Vater selbst hergeschikt / die Gefangenen an einen andern Ort zu bringen / damit sie nicht von ihren Völkern loßgemacht würden; zwar es merketen diese den Auffsaz wol / aber weil sie übermanet / und unversehens umbringet wahren / liessen sie sich weisen / und zogen auff seinen befehl ab. Gotschalk erfreuete sich des guten anfangs höchlich / besetzte das Dorff mit seinen Leuten auffs beste / machete sich darauff mit etlichen wenigen zu dem GroßFürsten /und redete ihn also; Gnädigster Herr / als Vater zu ehren; nachdem kein Ding in der ganzen Welt / [494] als der bittere Tod / meinen Vorsaz brechen kan / das Durchl. Fräulein vor meines ungerechten Vaters unbilligem vornehmen zu schützen / und aber derselbe annoch der Billigkeit in seinem Herzen nicht raum geben wil / da hingegen ich / die dem Fräulein versprochene Rettung zu halten / mir gänzlich vorgenommen / als kan ihrer Hocheit ich nicht bergen / daß mein Vater allerdinge gesinnet / und entschlossen ist /diesen Abend das ehebrecherische Beylager mit ihr zu halten / welches / da man der Zeit abwarten wird /kein Mensch wird hindern können; beliebe derowegen ihre Hocheit / meinen Vorschlag ihr gnädigst gefallen zu lassen / und mir zu gönnen / das dero Frl. Tochter ich von dieser Schande befreien / und in gute sicherheit führen möge; ob dann gleich vor vier Tagen der Anschlag mir nicht hat wollen glücken / nachdem er zu unvorsichtig gewaget wahr; so zweiffele ich doch nicht / vor dißmahl meinen Vorsaz durch der günstigen Götter beystand / zum gewünschten Ende hinaus zufuhren; massen ich mit 2000 Reutern versehen bin /welche bereit sind / Leib und Leben bey mir auffzusetzen; überdas auch die übrigen Völker mir versprochen haben / sich zu meiner Verfolgung nicht gebrauchen zu lassen. Die GroßFürstin / wie from sie sonst wahr / kunte sich hieselbst nicht enthalten / so wol des Sohns als des Vaters Verrähterey auszuschelten /und ließ sich ausdrüklich vernehmen / daß sie dem einen eben so wenig als dem andern trauete. Seid ihr Fürsten? sagte sie / und handelt wie Räuber und Strassendiebe. Wollet ihr mein liebes Kind heyrahten / und schleppet sie mit ihren Eltern umbher als gefangene Hunde? Der GroßFürst redete ihr ein / man müste den Göttern nicht allein im guten wolergehen /sondern auch im Unglük geherzt aushalten / dieselben schicketen offt den frommen dergleichen Wiederwärtigkeiten zu / umb zuerforschen / wie man sich in ihre Weise finden wolte / und währe denselben nichts so hart zu wieder / als die Ungeduld. Hernach kehrete er sich zu Gotschalk / und sagete ihm mit dürren Worten; Es kåhme ihm sein Vorbringen wankelmühtig und verdächtig vor / hätte auch wenig Ursach / sich auff seyn Wort zuverlassen; jedoch / dafern er ihm äid- und Fürstlich angeloben würde / daß er sein liebes Kind nicht allein vor anderer gewaltsamkeit beschützen / sondern auch selbst aller tähtlichen Unzimligkeit sich enthalten wolte / die ihrer Zucht und jungfräulichen Keuscheit irgend könte nachteilig seyn /währe er zu frieden / daß er sie zu sich nähme / und in gute gewahrsam brächte; solte er aber mit unerbaren Gedanken schwanger gehen / wolte er sie lieber selbst erwürgen / als ihre Schande erleben; nicht / daß er sie ihm hiemit vor der Faust zum Gemahl abschlüge /sondern er wolte durchaus nicht einwilligen / daß sie als eine geraubete solte entführet und geehlichet werden. Gotschalk befand es sehr hart / diese Verheissung zu tuhn / wolte doch nicht mit gewalt verfahren / sondern / weil es anders nicht seyn kunte / leistete er den äid / und empfing darauff das Fräulein / welche über die masse heftig weinete / daß sie nicht allein von ihren Eltern solte geschieden / sondern auch von diesem Einäugigen ungehalten Räuber / als sein Gemahl / in die fremde hinweg geführet werden / da sie vielleicht wol in wenig stunden seiner Gewaltsamkeit weichen / uñ seinem muhtwillen raum geben müste; jedoch wahr ihr des alten Wenden Beylager ungleich abscheuhlicher / insonderheit / weil Gotschalk ihr seiner Fr. Mutter Leben und Zustand offenbahret hatte; in dessen betrachtung sie sich endlich in etwas zu frieden gab / und sich von ihrem Herr Vater zu ihm auff sein Pferd heben ließ / weil sie aus zweien Ubeln unvermeidlich das geringere wählen muste / und noch etwas [495] Hoffnung hatte / der Fürst würde / inbetrachtung seines jezt geleisteten äides sich der Unbiligkeit enthalten / wozu ihn ihr Herr Vater beim Abscheide /ehr ernstlich vermahnete. So bald Gotschalk diese herzliebe Beute vor sich auff dem Pferde hatte / und umb besserer Eile willen seinen Harnisch ablegete /ließ er den GroßFürsten und sein Gemahl mit 400 Reutern bewahren / 1600 ließ er zurük gehen nach dem Heer / den ihren Beystand zu leisten / und mit hunderten setzete er über die Isel / unter dem Vorsaz /daß er des nähesten Weges durch Holland nach der Westsee reiten / sich mit dem Fräulein zu Schiffe setzen / und nach Dänenmark zu dem Könige / seiner Fr. Mutter Bruder sich verfügen wolte / woselbst er nicht allein vor seines Vaters Grim und Verfolgung / im falle er die Schlacht erhalten würde / verhoffete sicher zu seyn / sondern durch dieses Königes Vorschub bey dem Teutschen GroßFürsten ausgesöhnet zu werden und die Einwilligung zur Heyraht zuerhalten. Unterdessen ging es in der Schlacht scharff daher / insonderheit / wo Herkules mit seinem ädlen Blänken sich den Feinden zuerkennen gab / deren er die vornehmsten niederschlug daß jeder vor ihm auswiche / der ihn sahe; er hatte seiner aus Persen mitgebrachten Teutschen 20 umb sich / welche allen Anfall / so Schaarsweise auff ihn gerichtet wurden / von ihm abkehreten; noch wolten die Feinde nicht hinter sich weichen / als lange ihr Führer Plusso sich auff dem Pferde hielt; welcher nicht geringe Tahten verrichtete /und mit Klodius gleich in der Arbeit wahr / ihn lebendig gefangen zu nehmen / hätte es auch sonder zweiffel ins Werk gerichtet / wann nicht Herkules darzu kommen währe / welcher die Gefahr ersehend / als ein Bliz durch drang / und den Wenden dergestalt überfiel / daß er von Klodius ablassen / und wieder ihn sich kehren muste; meinete auch / diesen Kämpfer bald niderzulegen oder doch hinter sich zutreiben /welche Rechnung aber er ihm zu früh machete / massen ihm Herkules bald im anfange den linken Arm lähmete / daß er sein Pferd nicht nach Willen zwingen kunte / setzete immer eifferiger auff ihn / und sagete unter dem Gefechte: Ihr gottlosen Diebe und meinäidige Strassenräuber müsset dannoch wissen und empfinden / daß ein Gott im Himmel sey / welcher der Menschen Bosheit auff Erden sehen und abstraffen kan; schlug ihn auch so oft und viel umb die Ohren /daß er endlich betäubet zur Erden stürzete / und der Blänke ihm das Genicke abtrat / welchen er auff der Erden liegend / zuerstechen meinete. Sein Fall brachte seinen Leuten ein solches Schrecken / daß ihnen der Muht gar entfiel / uñ ihrer nicht wenig sich schon nach der Flucht umbsahen; aber ein unverzageter Wendischer Obrister / nahmens Gilimer / der zuvor den Vertrag zwischen dem Vater und Sohn gemacht hatte / taht sich hervor / samlete etliche tausend umb sich / und brachte diesen Hauffen wieder zum zimlichen Stande. Fürst Arbianes hatte sich bißdaher nicht gereget / sahe / daß nach Plussons hinrichtung Herkules Meister spielete / und seinen Feinden übrig gewachsen wahr / daher fassete er die unbewägliche Erklärung / sein Vorhaben ritterlich auszuführen / oder willig zu sterben / kehrete sich zu seinen Meden und Parthen / und redete sie also an: Nun auff / ihr redlichen Landsleute und Brüder; unser Oberhäupt / welches ihr kennet / und von ihm noch grosse Gnade zu hoffen habet / hat mir den Befehl erteilet / den gefangenen GroßFürsten und die seinigen / durch euren ritterlichen Beystand zuerlösen / welche Ehre er euch vor andern gönnen wollen / umb seine hohe Gewogenheit euch vorzulegen / so gedenket nun an euer getahnes versprechen / und haltet euch also / daß ihr Ruhm und Ehre [496] über Meer nach eurer Heimat davon traget; ich verspreche euch hiemit Fürstlich / daß euch der Mühe nicht gereuen sol. Seine Leute gaben durch Schwingung ihrer Schwerter umb die Köpfe / ein Zeichen ihrer freidigkeit / gingen mit ihrem Führer loß /und liessen sich durch einen gestriges Tages gefangenen / des nähesten Weges nach dem Dorffe führen. Die daselbst ausgestellete Schildwache sahe ihn herzu eilen / erkennete bald die feindlichen Fähnlein / und rennete dem Dorffe zu / der Besatzung solches anzuzeigen; welche dann nicht anders gedachten / als daß an ihrer seite das Feld allerdinge würde verlohren seyn / daher sie ohn langes bedenken auff ihre Pferde fielen / und nach der Abseite den Fluß hinunter die sicherste flucht vor sich nahmen / so daß kein einziger bey dem GroßFürsten blieb / und der lezte / so Abschied von ihm nam / zu ihm sagete: Eure Hocheit muß bey den Göttern in sonderlichen Gnaden stehẽ /als welche derselben eine so schleunige und unvermuhtliche Rettung zugeschikt haben / welches ausser Zweifel meinem Fürsten das Leben kosten wird. Der Großfürst verwunderte sich ihrer schnellen flucht /noch mehr dieser geführeten Rede / und kunte vor freuden nicht antworten. Arbianes / der sich jezt Karl nennete / eilete dem Dorffe zu / sahe die flüchtigen gar zeitig / uñ weil er in furchten stund / sie möchten den Großfürsten mit sich führen / schickete er ihnen den Halbscheid seiner Völker nach / welche sie bald ereileten / umringeten / und ohn alle Gnade nidersäbelten / daß kein einziger davon kam; zwar etliche und zwanzig suchten durch die Isel sich zuerreten /aber am andern Ufer kunten sie nicht auskommen /und ersoffen mit einander. Der Medische Fürst zweifelte anfangs / ob er nach dem Dorffe gehen / oder diesen flüchtigen nachsetzen solte / endlich wählete er den Dorffweg / fragete nach des gefangenen Großfürsten Herberge / und wuste vor freuden kaum zubleiben / weil er voller Hoffnung wahr / den so lang gewünscheten Schaz seiner Seelen schier anzutreffen; Er stieg mit etlich wenig Teutschen / die seinẽ Völkern zugegeben wahren / im Hofe ab / ging in das BaurenHüttlein / und so bald er den Großfürsten samt dessen Gemahl erblickete verwunderte er sich über ihrem treflichen Ansehen / weil sie kein ander Angesicht sehen liessen / als ob sie auff ihrem Schlosse gewest währen. Er trat zu ihnen hin mit sehr tieffer und demühtiger Ehrerbietung / küssete ihnen die Hände / und erfreuete sich / wie er sagete / des gehabten grossen Glüks / ihre Großfürstliche Hocheiten aus der schändlichen Räuber Händen zuerlösen. Der Großfürst zweifelte nunmehr an der Warheit nicht / nachdem er sahe / daß dieser weder Wendisch noch Friesisch gewapnet wahr / auch ihre Sprache nicht führete; hielt sich zwar freundlich gegen ihn / und erzeigete doch solche Standhafftigkeit / als währe ihm nichts widriges begegnet / wiewol ihn groß Wunder nam / was Rettung diese seyn möchte / massen ihm weder der Völker Ankunfft / noch der gehaltenen Schlacht einige Meldung geschehen wahr; unterließ demnach nicht / nachzufragen / von wannen ihm diese kräfftige Hülffe zukähme / und durch was mittel er sich getrauete / ihn nebest seinem Gemahl sicher und ohn feindliche Verfolgung davon zubringen. Arbianes antwortete: Seine Hocheit würde verhoffentlich schon berichtet seyn /was massen sein Sohn Fürst Baldrich / und dessen Geselle / Fürst Siegward aus Schweden / mit dem boßhafften Wenden in voller Arbeit der blutigen Feldschlacht währen / und den Sieg ehist erhalten würden / weil bey seinem Abzuge so wol die feindliche Reuter-flügel als das Fußvolk schon angefangen hätten /hinter sich zuweichen / und deren [497] eine grosse Anzahl mit seinen Augen gesehen hätte zur Erden stürzen; Daß nun der Großfürst mit den seinen nicht etwa beleidiget oder entführet werden möchte / wäre er abgeschikt / dem Unheil vorzubauen / und ihre Hocheiten ingesamt frey und sicher durchzubringen; fragete auch bald darauf / wo dann das Durchleuchtigste Großfürstliche Fräulein / Frl. Klara währe. Ach wir elenden / antwortete die Großfürstin; wie bübisch und meinäidig hat uns der Wendische Fürst hintergangen /welcher kaum vor einer halben Stunde unter der Begleitung von 100 Reutern sie über den Strohm geführet / und zweifele nicht / da ihnen stündlich nachgesetzet würde / könte man sie bald erreichen. Dem verliebeten Arbianes brach wegen dieser Zeitung der kalte Schweiß aus / hieß seine Völker mit dem Großfürstẽ und seinem Gemahl alsbald den Rükweg nehmen / er aber wählete 150 von den berittenẽ / ließ sich den Ort zeigen / wo sie übergangen wahren / und sahe deren noch etliche von ferne reiten / setzete hindurch /welches nicht ohn Gefahr zuging / weil die Ufer von den vorigẽ sehr schlüpferig / und zum teil eingetreten wahren; ging als ein Unsinniger immer fort / und wie eine Löuin / deren ihre jungen entführet werden / hörete auch nicht auff nachzujagen / biß er seinen Feind erreichete / und sein Heil bester massen versuchete.

In der Schlacht ging es inzwischen alles über und über; dann nach Arbianes Abzuge erhielt nicht allein Herkules an seinem Orte die Vberwindung / nachdem er den Gilimer gestenzet / und seinen versamleten Hauffen zutrennet hatte / sondern er ging alsbald hin /seinem Bruder Baldrich zuhülffe; und ließ Klodius das übrige bey seinem Flügel verrichten / welcher auch mit solchem Eifer den lezten Anfal wagete / daß die Feinde wie Mücken von einander stoben / und die Wendische mehrenteils in den Tod gerietẽ / die Friesen aber ümb Gnade anhielten / und sich darauff berieffen / daß zu dieser schändlichen Taht sie gezwungen währen; weil dañ keiner dieses Orts einige Gegenwehr vornam / wurden sie durcheinander / Wenden und Friesen gefangen abgenommen. An Baldrichs Seiten ließ der Sieg auff Herkules Ankunfft sich auch wolan / weil dessen mitgebrachte Völker 2000 stark /über laut rieffen gewonnen beym rechten Teutschen Flügel. Es hatten die beiden Fürsten hieselbst überauß grosse Manheit sehen lassen / unter der Hoffnung / am ersten fertig zu werden / aber des Feindes Wiederstand wahr zuhefftig / welche sich lieber auff der gefasseten Stelle liessen niederhauen / als daß sie hätten weichen sollen; doch wie Siegward den handfesten Niklot nach zimlicher Verwundung gefangen hinweg schleppen ließ / erstarreten gleichsahm seinen Völkern die Hände / daß eine grosse Blutstürzung erfolgete / welches auch an diesem Ort meist über die Wenden ging. Ladisla sahe / dz sein Leches kein Loch in des Feindes Fußvolk gewinnen kunte / uñ war willens ihmselbst zu hülffe zutreten / welches aber Fabius ihm nit gönnen wolte / nam 3000 geruhete Böhmẽ zu sich / uñ trat damit den Feinden zur Seite ein / wodurch Leches alsbald Lufft bekam und seiner gegenstreiter Ordnung trennete. Krito sahe Fabius Einbruch / wähnete als vor gewiß der König würde selbest an diesem Ort fechten / schickete ihm die Handfestesten entgegen / wo möglich / ihn selbstlebendig zufahen / dann er sahe / daß die Reuterey schon so gut als verlohren ging / und hoffete durch seine Gefängnis zur guten Rachtung zugelangen. Dieser Hauffe 2000 stark / wolten ihres Fürsten Anschlag ins Werk richten / drängeten als blind und taub zu Fabius hinein / und entstund daher ein blutiges Gemätsche. Leches und Gallus sahen Fabius noht [498] leiden /drängeten mit 200 Mann hindurch / und hoffeten ihn zuentsetzen / aber sie kahmen zuspät / und musten ansehen / was Gestalt er von sechs Gepanzerten angefasset und davon getragen ward; worüber diese beiden sich der Gestalt eiferten / daß sie ungescheuhet aller Gefahr hinein fielen / und einen grossen Raum ümb sich macheten / biß Krito selbst mit seinem besten Kern auff sie loßging / und sie beide anpackete / nach dem Gallus zimlich verwundet wahr. Ladisla wuste eigentlich nicht / wie es hieselbst zuginge / nur / weil er das Häupt-Banter daselbst fliegen sahe / zweiffelte er nicht / den alten Fürsten daselbst anzutreffen / fiel mit 4000 der besten Manschafft gleich darauf zu /risse es dem Fähndrich mit eigener Hand hinweg /welcher auch sein Leben dabey zusetzen muste / und hielt mit unablässigem stechen und hauen an / daß ihm niemand mehr stehen durffte. Krito wahr nicht weit davon / sahe wol / daß er endlich erliegen müste / wolte doch solange möglich / Widerstand tuhn / und sein Leben verkäuffen / so teur es gelten könte. Er hätte seine Manschafft gerne wieder zum Stande und in Ordnung gebracht / aber der Feind gönnete ihm so viel Zeit nicht; endlich funden sich noch 400 Mann zu ihm / deren Führer zu ihm sagete: Gnädigster Fürst /sehet daß ihr eur Leben durch die Flucht rettet / nachdem alles schon verlohren ist / ich wil / wo möglich /des Feindes Nachdruk so lange auffhalten / biß ihr auß dem Gedränge seyn werdet. Zu späte / zu späte /antwortete er; hier ist weder Pferd noch andere Gelegenheit davon zukommen / wo wir nicht mit dem Schwerte uns den Weg mitten durch den Feind öffnẽ; wollen demnach fechten / so lange warm Blut in uns ist / ob wir die Häupter dieses feindlichen Heers treffen / und sie mit uns in den Tod nehmen könten; setzete damit auff Ladisla mit grimmiger Wuht / und musten alle die es sahen / bekennen / daß wo das ganze Heer seine Schuldigkeit solcher Gestalt geleistet hätte / würde der Sieg an unser Seiten sehr blutig gewesen seyn / oder wol gar verlohrẽ. Nun war Ladisla nicht gewohnet / den Fus hinter sich zusetzen / und muste gleichwol diesern tapfern Schaar anfangs Willen gönnen / aber nach dem er sich mit 600 Mann vergeselschafftet / und eine feste Ordnung geschlossen hatte / trat er diesem Feinde muhtig entgegen / und nach kurzem Gefechte geriet er an Fürst Krito / mit welchem ers wagete / und ihn auß aller bestund, so daß derselbe endlich strauchelte / und wie hefftig er sich gleich sträubete / gefänglich angenommen / auß dem Gedränge geführet / verbunden / und in gute Verwahrung geleget ward. Worauff es nicht lange anstund / daß das feindliche Heer zurük wiche / die Waffen von sich warff / und ümb Gnad und Barmherzigkeit flehete. Ladisla befahl alsbald / daß man das Blutvergiessen angäbe / und alles was sich demütigte / lebendig gefangen nähme / welches zwar geschahe /aber doch also / daß die Gefangenen aller ihrer Waffen und Kleider beraubet / und wie das unvernünfftige Vieh zusammen getrieben wurden.

So bald Arbianes die feindlichen Hinter Schaaren erreichete / hieb er alles nider / und galt ihm gleich /ob sich einer zur Gegenwehr stellete oder üm Gnade baht / daher der Wendische junge Fürst bewogen ward / seine Völker üm sich zusamlen und sich zum Treffen fertig zuhalten / meinete Anfangs nicht anders / es währen seines Vaters Leute so ihm nachgeschikt /das Fräulein auß seinen Händen zureissen / und ihn nider zumachen / welches er dem Fräulein fest einbildete / die er 4 Reutern zu verwahren gab / ein wenig abwertz mit ihr zureiten / und beklagete höchlich /daß er nicht mit mehrer Mannschafft sich auff den[499] Weg begeben hatte; doch wolte er lieber sterben / als unter seines Vaters Hände wieder gerahten / setzete sich mit den seinen / und wolte nicht ungerochen erleget sein. Als Arbianes den Stand und die ernstliche Gegenwehr merkete / setzete er immer eiferiger an /und rieff ihnen zu; Ihr Schelmische StrassenRäuber /jetzt müsset ihr euren Frevel büssen / daß ihr das GroßFürstliche Blut auß ihrem Lande habt hinweg führen dürfen; worauß Gotschalk erst verstund / daß es Feindes Völker wahren; wuste nicht / wessen er sich verhalten solte / und gedachte / sie währen vielleicht mit des GroßFürsten vorwissen und Geheiß ihm nachgeschicket / darumb er einige Hoffnung der gütlichen Handlung fassete / auch selbst / wie erunbewaffnet wahr / darumb anhielt. Aber da wahr den Tauben geprediget / dann Arbianes und die seinen matzeten immer vor sich weg / und rieffen als zur Losung /Schlage tod / Schlage tod. Wodurch diese endlich gezwungen wurden / sich nach bestem vermögen zuschũtzen / weil weder Barmherzigkeit noch Gehör verhanden wahr; und wehrete dieses Blutbad so lange / biß Gotschalk durch Arbianes Hand erschlagen wahr / mit dem die wenig übrigen als im Augenblik drauff gingen. Noch dannoch fand sich das Fräulein nit unter diesem Hauffen / worüber sich Arbianes sehr hermete / und einen Verwundeten fragete / wohin sie geführet währe; welcher ihm nachricht erteilete / sie würde von 4 Reutern hinter jenem Gehäge Nordwerz verwahret. Er sahe gleich dieselben Reuter davon streichen / und bald darauff das liebe Fräulein in Himmelblauer Kleidung hinter ihnen her / bald folgete er ihr gar allein nach / nachdem er seinen Leuten den Befehl erteilet hatte / mit des erschlagenen Gotschalks Leiche ümzukehren und einen bequemern Durchrit am Ufer zusuchen / steckete sein Schwert ein / warf den Schild auff die Schulder / hängete den Helm an den Sattel Knauff / und rante ihr mit entblössetem Häupte nach / weil sie ohn das nicht so gar geschwinde jagen kunte / und ihre Reuter sich schon auß dem Gesichte verlohren hatten. Als er ihr nahete / sprang er vom Pferde / in Meinung ihr die Hand zuküssẽ / und ihr Pferd beym Zügel zuleiten; sie aber / welche annoch der Meinung wahr / sie solte dem alten Wendischen Fürsten zur Erfüllung seiner Unzucht / zugeführet werden / stieß ihr Pferd an / und jagete auffs schnelleste hinweg. Arbianes kunte so bald mit seinem Pferde nicht fertig werden / daß sie ihm einen zimlichen Vorsprung abgewan / doch erreichete er sie zeitig wieder / fassete ihr Pferd bey dem Zügel / und griffe ihr nach der Hand /da er schon abgestiegen wahr / worüber sie dermassen erschrak / daß sie in eine starke Ohmacht geriet / und vom Pferde stürzete / nam doch keinen Schaden / weil Arbianes ihrer Schwacheit bald innen ward / und sie als eine todten Leiche ihm in den Arm fiel. Er wahr über diemasse bekümmert / daß er sie ohn Geist und Leben mit verschlossenen Augen sahe / und sagete auß wahrer Andacht; O du barmherziger Gott / erhalte mir diesen werken Schatz / daß nach vollendeter ihrer Gefahr sie nicht gar auß vergeblicher Angst vergehen möge; legte sie damit auff seinen ReitRok / den er abgezogen hatte / ersahe eine nahe fliessende Bach /darauß schöpfete er mit seinem Helme des frischen Wassers / bestrich sie damit unter dem Gesichte und an den Händen / biß sie endlich zu sich selber kam /mit einem starken Seuffzen die Augen auffschlug /den Fürsten als einen unbekanten ansahe / und mit gebrochener bewäglicher Stimme ihn also anredete: Guter Freund / wer ihr sein möget / ich weiß nicht /ob vor geleistete Dienste zu meiner Erquickung ich euch danken sol / nachdem mir nichts liebers [500] als ein sanffter Tod begegnen könte / so daß alle die mich sterbens wehren / eine lautere Unbarmherzigkeit an mir begehen / dafern sie willens find / mich dem boßhaften Wüterich dem alten Wendischen Räuber zuzuführen / dessen eigener Sohn mitleiden mit mir getragen / und mich seiner Gewaltsamkeit hat entführen wollen. Arbianes geriet hiedurch in so grosses mitleiden / daß ihm die Trähnen häuffig über die Wangen abliessen / welches ihr gute Hoffnung gab / und sie daher also fort fuhr; eines tröstet mich / junger Herr /daß es scheinet / ob trügen eure trieffende Augen mitleiden und Erbarmung mit meinem schwerẽ Unfal /wovor ich billich dankbahr sein werde / wann mir nur so viel vermögen übrig bleibet; seid ihr aber befehlichet / mich dem Schandsüchtigen Räuber zuzuführen / so tuht dieses Werk der Barmherzigkeit an mir /und stosset euer Sieghafftes Schwert durch meinen Leib / damit der schnöde Wendische Hund seinen unkeuschen Willen an mir nicht erfüllen möge; und da ihr wegen solcher Tahl Ungnade fürchtet / so gebet /bitte ich / nur vor / ich habe mich selbst entleibet /alsdann werdet ihr mich beseligen / und euch alles ungleichen Verdachts entledigen. Arbianes saß vor ihr auff den Knien / küssete ihr die Hände / daß sie von seinen Trähnen genetzet wurden / und antwortete: Durchleuchtigstes Fräulein / ich bitte durch Gott /Ihre Durchl. wolle alle furcht und schrecken aus ihrem Herzen jagen / und sich versichern / daß sie des boßhafften Wendischen Bluthundes und Räubers wegen durchaus keine Anfechtung mehr haben wird; dann ihrer Durchl. Herr Bruder / Fürst Baldrich ist gestern mit einem starken Heer ankommen / und hält jezt die Feldschlacht mit den Feinden / von dem auff aus drüklichen Befehl ich mit einer guten Anzahl Reuter abgangen bin / Eure Durchl. samt dero herzgeliebten Eltern loßzumachen / welche ich dann mit einer starken und sichern Begleitung schon fortgeschicket / und aus Feindes Hand erlediget habe; auch so bald Eurer Durchl. Entführung ich von ihnen verständiget wordẽ / habe ich nach aller Mögligkeit hinter ihnen angesetzet / und die Räuber / wie sie ohn zweifel gesehen /durch Gottes Beistand erleget; Wolle demnach Eure Durchl. ihr gnädigst gefallen lassen / mit mir umzukehren / auff daß ihr Herr Bruder / uñ andere angenehme Freunde / durch ihre hochbegehrte Gegenwart erfreuet werden. Ich meines teils verspreche ihrer Durchl. so viel Sicherheit und Schuz / als mein und der meinen Schwert biß auf den lezten Mann wird schaffen können. Das liebe Fräulein wolte anfangs nicht trauen / meynete / er suchte mit guten Worten und ertichtetem Mitleiden sie zubetriegen / und antwortete: Mein Herr / wie solte mein herzlieber Bruder Fürst Baldrich in der nähe seyn / von dem wir sieder seiner Abreise aus Schweden nicht die allergeringste Zeitung haben mögẽ / sondern wird nebest seinem Oheim Fũrst Siegward vor tod geschätzet und beweinet. Durchleuchtigstes Fräulein / wieder antwortete er; sie versichere sich bey dem wahrẽ Gott / daß ich ihr die reine Warheit geredet habe / massen eben dieser Fũrst Siegward bey Fũrst Baldrich sich befindet / und bitte sie umb ihrer eigenen Wolfahrt willen / sich alhie weiter nicht auffzuhalten / damit wir nicht dem fliehenden Feinde in die Hände fallen / welcher allem vermuhten nach sich bald wird sehen lassen; Zweifelt sie aber an meiner Auffrichtigkeit und Träue / wil ich sie des Argwohns bald entheben; dann ich habe an Ihre Durchl. einen Brũder- und Schwesterlichen Gruß / von dem teuren GroßFürsten / Herrn Herkules / und der unvergleichlichen Großfürstin Fr. Valisken / als von denen ich aus Persen in [501] einer ansehnlichen Gesandschafft an ihrer Durchl. Großfürstliche Eltern abgefertiget bin / da ich die schelmische Entführung erfahren / und ihren Herr Bruder Fürst Baldrich zu gutem Glük in Prag angetroffen habe; Ja zum unfehlbaren Warzeichen liefere Ihrer Durchl. ich dieses Schreiben gehorsamst ein / von höchst gedachter Großfürstin an dieselbe selbst geschrieben / deren Hand und schön-gezogene Buchstaben derselben nicht werden unbekant seyn. Sie nam diesen Brief ganz begierig an / erkennete alsbald die Hand / und nach abgelegtem Zweifel sagete sie: O du allerliebstes Brieflein / wie grosse Angst uñ Kummer vertreibestu aus meinem Herzen! Aber mein Herr und Freund /wie sol ichs immermehr erkennen / daß er überdas noch meine Wolfahrt und Rettung ihm so hoch lässet angelegen seyn? stekete hiemit nach des Pitschaffts Besichtigung das Brieflein in ihren Busem / und sagete: Nun nun mein Herr und Freund / ich wil ihm und seinen Worten gerne trauen / auch hiemit versprechen / dafern er mich ungeschimpffet in Gewarsam bringen wird / sollen ihm solche Freundschafftdienste nach äusserstem Vermögen vergolten werden. Jedoch wolle mein Herr und Freund mir zuvor sagen / wer er ist /damit ich wissen möge / mich der gebühr gegen ihn zuverhalten. Durchl. Fräulein / antwortete er / ich bin der Durchl. Großfürstin Fr. Valisken ganz ergebener Knecht / und werde über meine Wirdigkeit von ihr geschätzet / bin sonst ein naher Anverwanter des Medischen Großfürsten Herrn Phraortes / dessen einiger Sohn und Erbe / Fürst Arbianes mit mir aufferzogen ist / welcher inwendig Viertel Jahrs mit höchstgedachter Großfürstin / dieser Länder ankommen wird. Als das Fräulein solches hörete / stund sie auff / neigete sich gar ehrerbietig gegen ihn / hub ihn auch in die Höhe / weil er noch auff den Knien saß und baht sehr / seine Liebe ihr durch so demütiges niderknien nicht gar zu grossen Schimpff erweisen möchte / angesehen er ohn zweifel Großfürstliches Standes seyn müste / nachdem er eines so mächtigen Großfürsten Anverwanter währe. Und weil nun Eure Liebe / sagete sie ferner / mir Fürstlich versprochen / meiner Jungfräulichen Zucht und Ehren Schützer zuseyn / so wil ich mit gutem Willen mit ihm fort retten / unter dem Versprechen / daß meine liebe Eltern diese seine hohe Dienste werden zuerkennen wissen. Arbianes verhieß ihr nochmahls äidlich / sie lebendig nicht zuverlassen / noch einigerley weise ihr ungebuhr anzufügen; küssete ihr den Rockes Saum wider ihren Willen / stieg auffs Pferd / und setzete sie vor sich / weil ihr eigenes davon gelauffen wahr / hoffete auch in weniger Zeit sie in gute Sicherheit zu bringen / welches ihn doch fehlete / wie wir vernehmen werden. Im fortreiten erzählete er ihr / wie zeit seines anwesens es in der Schlacht ergangen währe / und daß der Feind schon die Wankseite genommen / da er nach dem Dorffe geeilet / endlich auch / daß er den jungen Wendischen Fürsten mit eigener Hand nidergehauen / uñ seinen schnöden Leichnam durch seine Reuter schon fortgeschicket hätte; Worauff sie zur Antwort gab: Es hätte dieser Fürst zwar viel gutes bey ihr getahn / und seines leiblichen gottlosen Vaters Gewalt / doch mehr aus gefasseter Hoffnung ihrer Heyraht / als rechtschaffenem Mitleiden von ihr abgewendet; weil er dann mit diesen ihr gar widrigen Gedanken umgangen währe / sie nach Dännemark zuführen / und sie daselbst zu ehlichen; währe ihr lieb / daß sie forthin seinetwegen unangefochten seyn würde / ob sie ihm gleich einen solchen Tod nicht gönnete. Sie ritten in diesem Gespräche fort / und wurden gewahr / daß seine Reuter von ferne ihnen stark [502] winketen / auch bald darauff zur Seite aus Sudwerz wichen; bald hernach sahen sie viel zustreuete Völker über die Isel setzen / und bey hundert stark ausreissen; daher Arbianes zu dem Fräulein sagete: Als viel ich merke / ist Gott Lob / der herliche Sieg an unser seiten erstritten /wann wir nur glüklich möchten hinũber seyn; Wollen wir aber nicht in der flũchtigen rachgierigen Feinde Hände gerahten / müssen wir uns von dem Wege gegen Suden begeben / weil die Feinde sich West und Nordwest-werz wenden; hieb damit seinen starkẽ Gaul an / und ließ ihn immer durch das offene Feld hin lauffen / biß er auff einen schmalen Fußpfad geriet / auff welchem er hinritte / und nicht anders meynete / weil er seinen bißher so hochgewünscheten Schaz vor sich auff der Schos führete / könte es ihm an nichts mehr gebrechen.

Umb diese Zeit kam der GroßFürst auff der Wahlstat an / sahe daselbst die überaus grosse Menge der Erschlagenen liegen / und hielt sich nicht lange unter denen auff / sondern nam den nåhesten Weg nach dem Lager / hielt seine Völker enge umb sich zusammen /weil er sich eines überfalles befürchtete / und ihm schon etliche Schaaren auff gestossen wahren. Als er unser Sieghaftes Heer / welches sich zur Plunderung fertig machete / von ferne ersahe / schickete er 30 Reuter voraus / seine ankunft anzumelden / da dann Baldrich und Siegward neben Leches (der samt Fabius und Gallus den Feinden zeitig wieder entrissen wahr) ihm mit entblösseten Häuptern entgegen ritten /wurden auch mit freuden empfangen / sonderlich da sie noch frisch und ohn sonderliche Verwundung wahren. Geliebter Sohn / fing der GroßFürst an / ob dein Bruder Herkules in den abgelegenen Morgenländern ihm einen grossen Nahmen erwirbet / so muß doch deiner billich vorgesetzet werden / weil du in rettung deiner Eltern dich gebrauchest / und dein Vaterland zu schützen / dir lässest angelegen seyn; und wie bistu doch eben zu so glüklicher Stunde wieder zu Hause angelanget / da wir dich schon vor Tod beklaget haben? Gn. Herr Vater / antwortete er; Euer Unfal ist mir sehr zu herzen gangen / dessen ich doch bald vergessen wil / nachdem ich euch neben meiner herzlieben Fr Mutter frisch und gesund sehe. Er wolte mehr reden / aber die Mutter fiel ihm umb den Hals /herzete und küssete ihn / sprechend: O mein herzlieber Sohn / ich habe dich schon etliche Zeit als einen erschlagenen oder im Meer ersoffenen beweinet; wie fũhren dañ die gütigen Götter dich bey so gelegener Zeit zu unser Rettung her? Allerliebste Fr. Mutter /antwortete er; Ich habe Gott lob bißher sehr wol gelebet / und neben meinen Bruder Fürst Siegward hie gegenwärtig / Ruhm und Ehre / Geld und Gut erstritten; dz wir aber zu euer Rettung ankommen sind / haben wir der barmherzigkeit des Almächtigen Gottes allemiteinander billich zu danken / wiewol ich das wenigste dabey getahn / sondern die trefliche Persische Herren Gesanten / die wir zu Prag angetroffen / haben durch ihre Sieghafte Schwerter und hochverständige anordnung den Feind erlegt / und den schönen Sieg erstritten. Diese sind von meinem lieben Herr Bruder GroßFürst Herkules / und König Ladisla heraus gesand / haben etliche hundert Wagen mit Golde und Kleinoten geladen / aus den Asiatischen Ländern gebracht / welche ihnen zustehen / und können diese nicht gnug rũhmen / wie hoch sie beyde daselbst geliebet und geehret werden; und ob man ihnen gleich grosse Königreiche auffgetragen / wollen sie es doch nicht annehmen / weil sie entschlossen sind / in ihrem Vaterlande zu sterben / und daselbst ihr übriges Leben zuzubringen / dessen ich [503] mich dann herzlich erfreue / und ungleich mehr / als wañ mir das ganze Römische Reich geschenket würde. Mir kan nichts angenehmers zu Ohren kommen / sagte der Vater / als wann den meinen Ruhm uñ Ehre nachgesagt wird /möchte aber wünschen / daß dein Bruder aus Teutschland nie ko en währe / oder zum wenigsten nunmehr bliebe wo er ist / nachdem er seine Landgötter verleugnet / und ich daher gänzlich entschlossen bin / dir mein Großfürstentuhm nach meinem tode zuzuwenden. Mir? sagte Baldrich / mir? Gn. Herr Vater / und zwar bey meines unvergleichlichen Herrn Bruders lebezeiten? solches wende ja der grund gütige Gott in allen Gnaden ab; dañ ehe ich einem solchẽ Bruder /dessen Ruhm alle Welt durchstreichet / vorgreiffen /und ihn als rechtmåssigen Nachfolger erbloß machẽ wolte / würde ich lieber dieses Schwert durch mein eigen Herz stossen / oder ja ein Feind meines eigenen Vaterlandes werden; dann viel ehrlicher währe mirs /ich stürbe standhaftig / als daß ich einem solchen Bruder mich entgegen setzen solte / den die ganze Welt liebet uñ ehret; ja der die ganze Welt zubeherschen gnug wirdig ist; hat mir Gott eine Herschaft ausersehen / wird er mir solche schon zuweisen; ich habe den Verrähter Krito in meiner haft / der mus mir nicht allein mit dem Halse bezahlen / sondern sein Land sol es ihm zugleich mit kosten / und Frießland wird seine Gefahr auch stehen / weil sie ihre Schwerter mit in der Schlacht gebrauchet / und den Strassenraub verfochten haben; aber meinem H. Bruder und seinem unvergleichlichen Gemahl GroßFürstin Valisken / sol von mir alle Gewalt / nach belieben damit zuschalten / zugestellet werden; ihnen zum besten aber beydes zugewinnen / habe ich Gott lob Macht und Mittel genug / gestaltsam ich ein Heer von 58000 Mañ mit mir gebracht / und durch Gottes gnädigen Schuz nicht 4000 in der Schlacht eingebüsset habe /da hingegen der Feinde an die 30000 erschlagen sind. Wir werden hievon zu besserer gelegenheit reden und handeln / sagte der GroßFürst; vor dißmahl wird billich seyn / daß wir nach dem Lager reiten / und wegen geleisteter Hülffe den Persischen Herren Gesanten uns dankbar erzeigen. Aber lieber / wer ist der frische junge Held / welcher deiner Frl. Schwester gefolget ist / umb sie aus des jungen Wendischen Fürsten Händen loßzumachẽ / auch mich neben deiner Mutter so tapffer errettet / und die feindliche Wache auffgerieben hat? Baldrich hatte davon keine wissenschaft / sahe aber / daß die Parther seine Eltern begleiteten / und fragete einen Teutschen / der bey ihnen wahr / wer sie geführet hätte. Welcher zur Antwort gab; Ihr Oberster Herr Karl währe / seinem vorgeben nach / von dem Persischen Gesanten bevolmächtiget worden / den GroßFürsten zuerlösen / und nachdem er vernommen / daß das Durchl. Fräulein entführet / währe er mit 150 Mann gefolget / hoffete / er würde sich bald wieder einstellen. Baldrich ward der Zeitung sehr froh /und sagete: Es wüste kein Mensch im ganzen Heer von dieser geschehenen Rettung / welche ohn allen zweifel dieser junge GroßFürst aus Meden aus eigener bewägnis vorgenommen hätte; und weil man nicht wüste / wo er möchte geblieben seyn / beklageten ihn schon die höchsten Häupter des Heers / als einen erschlagenen oder gefangenẽ; er ist aber eben der junge GroßFürst / sagte er / welcher vor etlichen Monaten umb meine Frl. Schwester sol anwerbung getahn haben / und in betrachtung seines Standes und löblicher Ritterschaft wol wert ist / daß er in unsere Freundschaft auffgenommen werde. Wol zu frieden /sagte der Vater; haben die Götter sie ihm ausersehen /und überdas ihn aus Meden hergesand / sie zuerretten / werde [504] ich sie ihm auch wol gönnen / wann er nur ihren guten willen erwerben kan; wiewol / die Warheit zu sagen / ich sie an einen solchen Ort in meinem Herzen gewünschet habe / daher ich ein gleichmässiges nehmen könte / welches beydes Baldrich und Siegward verstunden / aber sich dessen nicht merken liessen; dann er hätte sie diesem gerne gegeben / und dagegen Frl. Schulda aus Scheden seinem Sohn gefreiet / welches nunmehr zu späte wahr. Sie ritten ingesamt nach dem Lager / woselbst Herkules und Ladisla nebest Neda und Neklam auffwarteten / den GroßFürsten und sein Gemahl ehrerbietig zu empfahen / da sie / als der Sprache unerfahrne durch Neda das Wort tuhn liessen / welcher also anfing: Großmächtigster GroßFürst / gnädigster Herr; die auch Großmächtige Fürsten und Herren / König Ladisla und GroßFürst Herkules / eurer GroßFürstl. Hocheit gehorsamste untertähnige Söhne / dañ auch die Durchleuchtigste GroßFürstin / und erwählete Fũrstin zu Susa / Fr. Valiska / eurer Hocheit ganz ergebene Tochter / entbieten ihrem Gn. Herr Vater uñ Gn. Fr. Mutter durch uns kindlichen Gruß / wũnschen ihnen alles wolergehen an Leib und Seel / und lassen ihnen wissen / was gestalt sie annoch frisch und gesund leben / auch willens sind / ihre herzgeliebete Eltern schier künftig zubesuchen / haben uns gegenwärtige Gesanten / nebest den Durchleuchtigsten Großfürstlichen Herrn aus Meden / Fürst Arbianes (der sider eroberter Schlacht gemisset / aber sich geliebts Gott wieder finden wird) abgeschicket / beydes an die Großmächtigste Königin in Böhmen / und an ihre Großfürstl. Hocheit / um etwas gewisses zu werben /welches zu gelegener Zeit sol vorgetragen werden /unterdessen befehlen wir uns eurer Hocheit zu aller gewogenheit und Gnade / wünschen derselben Glük wegen jezt geschehener Erlösung / und bitten / daß Gott dieselbe hinfüro vor solcher und dergleichen gefahr gnädiglich bewahren wolle. Der Großfürst sahe die Gesanten an / verwunderte sich ihrer Fũrstlichen geberden / bedankete sich des geschehenen Wunsches und geleisteter Rettung / hieß sie wilkommen seyn /erfreuete sich seiner geliebeten Kinder glüklichen wolergehens / und ließ sich vernehmen / daß ihre vorgenommene Werbung ihm nicht solte unangenehm seyn. Baldrich ließ in seinem Zelt alsbald Mahlzeit anrichten / so gut mans im Felde haben kunte / und nöhtigete seine Eltern / mit ihm vor lieb zunehmen. Diese liessen sich hierzu nicht lange bitten / weil sie den ganzen Tag noch keiner Speise genossen hatten /nur begehreten sie / die beyden Herrn Gesanten möchten mit ihnen Mahlzeit halten; welche sich aber durch einwendung etlicher nöhtigen geschäften entschuldigten / wolten hernach ihrer Hocheit untertähnigst auffwarten; insonderheit / eilete Herkules von ihnen hinweg / dañ sein Herz wallete ihm im Leibe auff / dz er die Trähnen länger nicht einzwingen kunte; ging also mit Ladisla nach dem Zelte / woselbst das gesamte Fũrstliche Frauenzimmer sich in prächtiger Kleidung auffhielt / welche durch die Zeitung von Arbianes hoch erfreuet wurden / insonderheit Valiska / die ihn schon als einen erschlagenen schwesterlich betrauerte. Das Heer trug verlangen nach der Plünderung / aber es ward ihnen bey Lebensstraffe gebohten / sich dessen diesen Tag zuenthalten / mit Verheissung / sie solten morgen früh alle Beute gemein haben. Bey dem Großfũrsten und seinem Gemahl hielt niemand Mahlzeit / als Baldrich / Siegward und Leches / und gingen allerhand Gespräche unter ihnẽ vor / da insonderheit der Großfũrst Leches fragete / wie seine Teutschen sich in den Morgenländern hielten; Ich zweifele nicht / sagte er / sie werden Beute zumachen wol abgerichtet seyn / [505] massen sie von Jugend auff sich darzu gewehnet. Leches gab zur Antwort: Sie hätten in unterschiedenen Häupt Schlachten und Scharmützeln einen solchen Nahmen erworben / daß die Feinde sich einzig und allein vor ihnen fürchteten; Der Persen Großfürst / nunmehr König / gäbe ihnen durch die Bank hin dreifachen Sold / und währe keiner unter ihnen /der nicht etliche viel tausend Kronen wert vor sich gebracht hätte / wie sie dann 100 Wagen mit Silber Gold / und andern köstlichen Sachen beladen / mit heraus biß nacher Prag geschikt / von dannen die ihren es abhohlen solten; durchgehend hielten sie Leibdiener und Handpferde / weniger und mehr; insonderheit hätte Obrister Wedekind an die 200 köstliche Handpferde uñ so viel Parthische Leibeigene / uñ erstreckete sich sein baarer Schaz neben Kleinodien /Kleidern und Waffen auff die 8 Tonnen Goldes. Das wird dir ein gefunden fressen vor meine Hühnerfänger seyn / sagte der Großfũrst / und wolte ich nicht gerne /daß meine Untertahnen solches erfahren solten / sie dürfften sonst alle den Pflug an die Wand hängen /und den Weg nach Persen suchen. Baldrich trachtete nach Gelegenheit / sein Vorhaben ins Werk zurichten / und als er mit seiner Fr. Mutter Sprache hielt / sagte er: Wegen jeztgescheher Erlösung freue ich mich von herzen / daß meine Reise nach Persen durch meine höchstwirdige Fr. Schwester / König Ladislaen Gemahl ist verhindert worden / dann sonst wahren mein Bruder Siegward und ich / des ganzen Vorhabens /unsere Herren Brüder zusuchen / und von ihnen in Kriegssachen etwas zulernen. Wie dann mein lieber Sohn / antwortete die Mutter / bistu dann bey der jungen Königin in Italien gewesen? Ja / sagte er / wir haben beyde die Ehre und das Glũk gehabt / sie und ihre Frl. Wase aus Räuber Händen loß zuwirken / und sie nach Prag zubegleiten / woselbst sie anjezt sich bey ihrer Fr. Schwieger Mutter neben ihren jungen Herrlein Herkuladisla auffhält / und mag sich meine Fr. Mutter wol versichern / daß dieser Heyraht wegen König Ladisla vor glükselig zupreisen ist / massen er und mein Bruder Herkules hiedurch bey dem Römischen Käyser in brũderliche Kund- und Freundschafft gerahten sind / so gar / daß wie ich euch bey höchster Warheit vergewissern kan / Käyser Alexander meinem lieben Bruder Herkules zu unterschiedenen mahlen auffgetragen hat / ihn zum Neben Käyser zumachen / und alle Gewalt mit ihm gemein zuhaben / welches er doch bestendig ausgeschlagen hat; Betrachte demnach mein Herr Vater / was vor einen Sohn er zuenterben gesonnen ist / der mit einem Fußtrampffe die ganze Welt in Harnisch bringen / und Teutschland mit Grund und Bodem ins Meer hinein schieben könte / da doch derselbe hingegen seinen Eltern und dem Vaterlande mit so kindlicher träuen Liebe anhanget /daß vor deren Heil uñ Wolfahrt zusterben / er sich nimmermehr wegern würde / welches wol klar genug daher erscheinet / daß er das rauhe Teutschland mehr liebet und höher achtet / als die aller geschlachtesten Landschafften der ganzen Welt. Wolle daher mein Herr Vater in betrachtung dessen / auffhören / einen solchen Sohn zuhassen / damit er nicht wider seinen Willen genöhtiget werde / sein Schwert wider sein eigen Vaterland zuwendẽ / welches ohn dessen Grundverderbung nicht geschehen kan / ich auch /ihm zuwiderstehen viel zu geringe und schwach seyn würde / wann gleich ganz Schweden und Dänemark bey mir stünden. Der Vater antwortete ihm mit einem halben Eifer: Was mein Sohn? legestu mir zu / daß ich meinẽ Herkules hasse / den meine Seele von seiner ersten Jugend an / über mich selbst geschätzet /uñ [506] vor eine sonderliche Gabe der Götter / ja vor ein Muster eines volkommenen Menschen gehalten hat? mit welchem Worte ihm die Bewägungs-Trähnen aus den Augen hervor drungen / daß sie auff den Tisch fielen / und sagte weiter: Ehre gnug Teutschland /Ehre gnug / dz man deinẽ Erbfürsten hat wollen auff den Käyserlichen Stuel setzen. Aber O mein teurer Herkules / warum hastu doch durch einen neuen Aberglauben dich deinen Eltern entrissen / und deines lieben Vaterlandes unfåhig gemacht? Was? antwortete Baldrich / seines Vaterlandes unfähig? schwieg hiemit stille / sahe vor sich nider / und sagte weiter. Gn. Herr Vater / ist dann mein teurer Bruder Herkules wegen seines gottseligen Christentuhms / des Vaterlandes unfähig worden / so werde ich zugleich mit ihm das Elend bauen müssen; dann ich halte es vor meine höchste Seligkeit / daß meine Fr. Schwester Königin Sophia mich und meinen Bruder Siegward zu eben diesem allein seligmachenden Glauben gebracht hat. Weil dann die verteuffelte / boßhaffte und verlogene Kroden-Pfaffen meinen Herr Vater leider so weit eingenommen / daß er umb der Erkäntniß willen des einigen wahren Gottes / seine Kinder enterben wil /wolan / so mag hernähst der Schelmen-Pfaffen einer die Großfürstliche Kron auffsetzen / und sich rühmen / daß ihm solches durch seine boßhaffte Lügen so wol gelungen ist / jedoch / wo mein Herr Bruder und König Ladisla / ja auch gegenwärtiger Königlicher nähester Erbe in Schweden / und ich / als ein verbanneter / euren Tod (welchen Gott lange verhüten wolle) ableben solten / würden wir ihnen den ReichsStab dergestalt anglüen / daß sie beyde Fäuste daran verbrennen müsten. Der Almächtige Gott verleihe meinen lieben Eltern nur ein langes Leben / dann bey ihrer Zeit sol dergleichen Unruhe wol verbleiben; aber hernach dürffte alles mit zehnsachen Zinsen eingefodert werden / und auff solchen fal das gottlose Pfaffenblut meinen Zorn schon löschen. So höret nun mein Herr Vater / und wisset / daß ihr in diesem Stük an mir einen andern Herkules habt / auch bemächtiget seyd / mit mir nach eurem Willen zuschalten / ohn was mein Christentuhm betrifft / in welchem ich meinem Gott mehr / als den Eltern / Gehorsam leisten muß / wann ich auch durch tausend uñ noch tausend Peinigungen solte hingerichtet werden. O Sohn / O Sohn / sagte der Vater mit betrübter Stimme / hältestu so dein äidliches versprechen / welches du mir bey dem Opfer geleistet hast / daß du deine uhralten Land Götter / die uns bißher so wol und träulich geschützet / und in Freiheit erhalten / nun und nimmermehr verlassen / noch andere neue annehmen woltest? Ja Gn. und liebster Herr Vater / antwortete er; wann ich gleich zehn tausend und noch zehn tausendmahl tausend äide darüber geschworen hätte / müstẽ sie doch alle gebrochen und verflucht seyn. Dañ wer ist schuldig / ungerechte und gottlose äide zuhalten / insonderheit / welche dem allerhöchsten einigen wahren Gott /dem Schöpffer Himmels und der Erden selbst zuwider lauffẽ? es bedenke nur mein Herr Vater / wann jemand ihm sagete: Der Mensch in jenem Neben Zelte währe sein Erzfeind / der Wendische Strassen Dieb und Menschen Räuber / und er darauff einen hohen äid schwüre / er wolte ihn lebendig verbrennen; befünde aber hernach / daß nicht dieser / sondern sein leiblicher guttähtiger Vater drinnen währe / wolte er sich wol schuldig halten / dem geleisteten äide nach /ihn zuverbrennen? Ich meyne ja nicht / Herr Vater /sondern er würde seinen äid brechen / uñ es damit entschuldigen / dz er schändlich hintergangen währe. Gleich also haben die bübischẽ Kroden Pfaffen mir ganz fälschlich [507] eingebildet / der Gott / welchen mein Herr Bruder / dessen Gemahl / König Ladisla / ich /Gott Lob / und andere Christen mehr verehren / währe ein falscher verfũhrischer GOtt / da wir doch im widrigen wissen und befinden / daß er unser Schöpffer /unser Erhalter / unser himlischer Vater / und der allein wahre Almächtige Gott ist; solte ich dann wol gehalten seyn / diesen Gott zuschänden / wie ich aus blinder Unwissenheit in meinen kindlichen Jahren /auff der Buben Verleitung versprochen habe? Tausend und noch tausend Herzen liesse ich mir lieber aus meinem Leibe reissen / wann sie darinnen währen; Feur / Wasser / und aller Büttelpeinigung liesse ich auff mich zustürmen / ehe ich diesen Gott verleugnen / oder ein Schmähewort auff ihn auslassen wolte. Bitte demnach meinen Herr Vater kindlich / er wolle doch den teuflischen Pfaffen nicht so leicht Glauben beymässen / wann sie der unschuldigen Christenheit zulegen / wie sie aller Stünde und Schande ihr Leben wie das unvernünfftige Vieh zubringen. Wahr ist es /daß etliche gottlose Buben unter dem Nahmen der Christen sich aller Schande haben gelüsten lassen; aber dieselben wahren nit Christen / sondern Erz Bösewichter / sind auch von den rechtschaffenen Christen nie vor Glaubensgenossen gehalten / sondern ausgestossen / so bald sie ihrer Gottlosigkeit innen worden; dann die wahren Christen / zu denen wir uns halten und bekennen / die unbillichen solche Boßheit von ganzem Herzen / und haben durchaus keine Gemeinschafft mit diesem Wuhst / sondern befleissigen sich aller Zucht und Erbarkeit / dz meinen Herr Vater ich wol versichern kan / dieses der Pfaffen widriges angeben bestehe nur in lauter Lügen und Boßheit /welche der Teuffel in ihnen aushecket / damit den elenden Menschen der Weg zur Seligkeit versperret werde. Dieses sind allemahl auch meine Gedanken gewesen / sagte seine Mutter; dann meines allerliebsten Herkules Art und Eigenschafft trug ja kein belieben zu der Unreinigkeit / sondern wahr aller Unzucht von ganzem Herzen feind / wie er auch hiedurch in grosse Gefahr geriet / und nicht allein das Gefängniß drüber erdulden muste / sondern hätte nach des Adels Willen wol gar den Kopff hergeben müssen / wann sein geträuer Ladisla ihn nicht gerettet hätte; Wie solte er dann / da er verständiger worden ist / sich des guten so gar abgetahn / und dem bösen ergeben haben? Ja wie hätte er köñen solchen Glauben annehmen / in welchem nicht allein jedem erlaubet ist / alle Schande zutreiben / sondern auch keiner gelitten wird / wo er nicht allerley Unfläterey mit machet? nimmermehr gläube ich ein solches; nimmermehr fasse ich diesen Argwohn von meinem zũchtigen Sohn Herkules. Weil Baldrich seine Rede vorbrachte / sahe sein Vater vor sich nider / und wuste nicht / was er antworten solte / dann er sahe seine Freidigkeit / vernam auch aus seinen Worten / daß weitere Abmahnung vom Christentuhm / allerdinge vergebens und umsonst seyn würde / endlich sagete er zu ihm: Lieber Sohn / wann dann dieser dein und deines Bruders Gott so stark und mächtig ist / und dein Glaube so gut und heilsam / welches ich so hefftig nicht wieder fechten wil / weil ich sein keine Erkäntniß habe / so wil ich weder dich noch deinen Bruder hinführo nöhtigen / denselben zuverleugnen / sondern mich eines bessern unterrichten lassen; nur allein müsset ihr euren Gott vor euch allein haben und ehren / und dẽ Untertahnen ihre Götter und gewöhnlichen Gottesdienst gönnen / sonsten werdet ihr ein solches Unglük erwecken / welches das ganze Land verstören / und zu grunde richten wird. O wie erfreuete sich Baldrich dieser Erklärung! Er bedankete sich kindlich der våterlichen [508] Zuneigung / und versprach ihm im ũbringen allen möglichen und bereitwilligen Gehorsam / mit Beteurung / ihr Glaube währe nicht also beschaffen /daß man die Menschen mit Gewalt darzu zwingen müste / sondern wann die Untertahnen sich nicht wolten durch Freundligkeit leiten lassen / währen sie nicht willens / jemand zunöhtigen; wiewol sie auch nicht zugeben könten / daß die Untertahnen sie und andere / wegen solches Glaubens verfolgen solten / da etliche aus gutem freyen Willen ihn annehmen würden. Bald darauf nam Leches einen Abtrit / vorgebend / er wolte etlicher Geschäffte halber bey dem Heer Anordnung tuhn / verfügete sich hin zu Herkules / mit der erfreulichen Zeitung / der Großfürst hätte auff Fürst Baldrichs Rede und gegebenen Betricht / sich nach Wunsch erkläret / wolte seinen Kindern / und jederman Glaubens Freiheit gönnen / und deswegen niemand gehässig seyn; erkennete schon guten teils /daß seiner Pfaffen Verleumdung auff Lügen beruhete /und liesse sich vernehmen / daß er nicht abgeneigt sey / von der Christlichen Lehre besseren Unterricht anzuhören / nachdem Fürst Baldrich durch sein ernstliches Vorbringen ihn zur mildiglichen Vergiessung seiner Tråhnen bewäget hätte; welches sie alle hoffen machete / er würde mit der Zeit selbst können gewonnen / und zur Erkåntniß der himlischen Warheit angeführet werden. Herkules wuste nicht / wie er seine Vergnügung hierüber auslassen solte / und fing an: Dir sey Dank und Preiß / O mein HErr JEsus / daß du mir meines Vaters Herz wieder zugewendet / und dem Christentuhm ihn gewogener gemacht hast / daß ich nunmehr in guter Hoffnung stehe / ich werde nach diesem Leben nit allein vor mich / sondern zugleich mit meinen herzlieben Eltern der himlischen Seligkeit geniessen. Er und Ladisla rieben die angestrichene Farbe ab / legten ihre Kleider an / und erwartetẽ nichts / als daß Baldrich / genommener Abrede nach /mit seinen Eltern des Weges hergehen solte / wie dann bald darauff geschahe / und er dessen zeitig gnug berichtet ward; deswegen er sein Gemahl bey der Hand fassete / und seinen Eltern entgegen ging /hielt sich auch fest / die Freuden Trähnen einzuzwingen / die wider seinen Willen loßbrechen wolten. Seine Eltern sahen ihn von ferne in der von Demanten schimmernder Kleidung daher treten / und frageten Baldrich / wz vor trefliche Leute jene wären / die in mehr als Königlichem Pracht sich sehen liessen? Herzlieber Herr Vater und Fr. Mutter / antwortete er; es ist eben der tapffere Held welcher heut die Feld Schlacht wider den Feind geordnet / den ersten Angrif getahn / und durch seine hohe Erfahrenheit zustreiten / das Feld erhalten hat. Die / so er bey der Hand führet / ist sein einiggeliebtes Gemahl / die Ehre und Kron des ganzen weiblichẽ Geschlechtes; und sehet /wie sie eilen / euch wir dig zuempfahen; hoffe demnach / meine geliebete Eltern werden nunmehr in der nähe ihren wirdigsten Sohn Herkules / und die unvergleichliche Valiska erkennen / dann eben die sind es /und keine andere. Uber dieser Rede erstarreten die Eltern / daß sie weder vor sich gehen / noch ein einziges Wort sprechen kunten. Herkules aber eilete mit seiner Valisken ihnen stark entgegen / dann die kindliche Inbrunst trieb ihn fort; und als er nahe vor sie kam / setzete er sich vor dem Vater auf die Knie / küssete ihm die Hand ganz anmuhtig / und fing also an: Gnädigster herzallerliebster Herr und Vater / euer Sohn Herkules / welchen der grosse Gott in dieser seiner Jugend wunderlich / aber sehr gnädig und wol geführet hat / stellet sich in kindlichem Gehorsam untertähnigst ein / nachdem er erfreulich vernommen / daß euer liebreiches Vaterherz seine Gegenwart [509] ertragen kan / würde sonst die Künheit nicht gehabt haben /sich vor eurem Angesicht finden zulassen. Ich danke aber dem grundgütigen Gott / daß er mir so hohe Gnade verlihen / meinen herzlieben Eltern in ihrem Gefängniß beypflichtig zuseyn / und die räuberische Boßheit straffen zuhelffen. O mein lieber Sohn / stehe auff / sagete der Vater / wolte auch weiter mit ihm reden / aber die übermässige Herzens-Bewägung zog seine Lebens-Geister zurük / daß er zur Erden nidersank / und von den seinen Erquickung einnehmen muste / da es dann der alten Großfürstin nit anders erging / welche schon vor ihm in tieffer Ohmacht lage /und von Valiska gerieben und geschüttelt ward. Der Großfürst erhohlete sich bald wieder / stund auff und umfing seinen Herkules mit diesen Worten: Nun du mein teurer Sohn / du unsterblicher Ruhm und Ehre deines Vaterlandes; die Götter werdẽ mir verleihen /daß ich auch teil an dir haben möge / nachdem sie mir schon eine grosse Erfüllung meines unauffhörlichen Wunsches gönnen / und dich mir wiederumb sehen lassen / werde mich auch dergestalt gegen dich zubezeigen wissen / daß du nicht Ursach haben solt / dich über mich zubeschweren / oder aus deinem Erbreiche zuweichen. Aber wer sind dann jene / die dort gegen uns daher treten? Es ist mein geträuer Bruder / König Ladisla / und sein wirdiges Gemahl / antwortete Herkules / die wol verdienet / daß sie von ihm geliebet und geehret werde. Der Großfürst ging ihm entgegen /und nach freundlichem umfahen sagte er: Herzgeliebter Oheim und Sohn; euer Liebe gesundheit und wolergehen ist mir eine vergnügliche Freude / und danke dem gütigen Himmel / daß er uns dereins gesund und frisch wieder zusammen geführet hat / wie ich dann euer Liebe mich wegen geschehener Erlösung nicht wenig verbunden befinde und erkenne. Die alte GroßFürstin hatte sich inzwischen auch erhohlet / herzete und drückete ihre Schwieger Tochter ohn einiges Wortsprechen / biß sie auch an ihren Herkules geriet /an welchen sie sich mit beyden Armen henkete / endlich aber anfing: Nun wil ich gerne und willig sterben / nachdem die Götter mich dein Angesicht wiederumb haben sehen lassen. O du mein herzallerliebster Sohn / den ich über mich selbst geliebet habe / wie hastu doch über dein liebreiches Herz bringen köñen / daß du dich mein so lange entäusserst / und kaum etliche wenig Schreiben mir zugeschicket hast? hastu an meinem Mutterherzen gezweiffelt / so verzeihe dirs dein GOtt; hat dich aber die Furcht und die Ernsthaftigkeit deines Vaters abgehalten / hätte ich noch wol mittel finden wollen / ihn zubegütigen / weil er wieder seinen Willen und als gezwungen dich verlassen müssen. Der Almächtige wahre Gott hat uns früh genug zusammen geführet / antwortete er / nachdem derselbe zuvor meines Herr Vaters Herz mir zugewendet hat. Ladisla trat auch zu ihr hin (da unterdessen der Großfürst seine liebe Schwieger Tochter wilkommen hieß) meldete ihr seiner Fr. Mutter Gruß an / und baht umb vezeihung / daß er biß daher sich vor ihr verborgen gehalten; da sie zur Antwort gab: Freundlicher herzgeliebeter Herr Sohn / ich bin euch mich selbst schuldig / vor die brüderliche Träue / welche ihr meinem Herkules in seinen höchsten nöhten erzeiget / und nicht habt verstossen wollen / da er von seinen Eltern selbst hat müssen verlassen / ja verstossen seyn; über welche Worte sie eine so grosse Menge Tråhnen vergoß / daß ihr Wischtuch feuchtenaß ward / und alle Anwesende mit ihr überlaut weineten; dann ihnen ward hiedurch Herkules ausgestandenes Leid zu gedächtnis bracht / und daß er so lange Zeit in Leibeigenschaft hatte leben müssen; doch nam diese Betrübnis [510] bald ein ende: dann Baldrich und Siegward wahren hingangen / ihre Gemahlen auch herzuführen; welche der alte Großfũrst von ferne sehend / zu Herkules sagete: Mein lieber Sohn / was vor Fürstliches Frauenzimmer wird von deinem Bruder und Fürst Siegwarden dort her geführet? Mein Herr Vater / antwortete er; ich wil nicht hoffen / daß eurem Vaterherzen ich unangenehme Zeitung sagen werde / in dem ich melde / daß die zwo Frauen / meiner Fr. Schwester Königin Sophien allernäheste Blutverwanten sind / der vornehmsten Römischen Herren und Stathalter leibliche und einige Töchter / des uhralten Fabius und hochberũhmten Pompejus Geschlechts / deren Brautschaz und väterliches Erbe sich auff viel Tonnen Goldes erstrecket. Valiska fiel ihm in die Rede / und sagete: Ja Gn. Herr Vater / sie sind meine herzvertrauete Schwestern / und gnug wirdig / daß sie in unsere nahe Freundschaft auffgenommen werden / daher ich sie auch den beyden lieben Fürsten / Baldrich und Siegward zugefreiet / da Römische Käyserl. Hocheit selbst auff ihren hochzeitlichen Ehrentagen erschienen ist / hoffe kindlich / mein Herr Vater wird in solche Heyrahten gnädigst einwilligen / und diese hochgebohrne Römerinnen / die von frömmigkeit und Tugend mehr / als von Gold und ädlen Steinen glånzen /vor liebe Töchter auff und annehmen. Der Großfürst antwortete ihr mit einem freundlichen Lachen: Herzgeliebete Fr. Tochter / es müste einzumahl widriges Werk seyn / welches mir mißfallen solte / wann von euer Liebe es herrühret / und habe ich vielmehr mit Dank zuerkennen / daß meine Fr. Tochter meines Sohns wolfart ihr so hoch hat wollen lassen angelegen seyn / wiewol michs schier etwas frühzeitig deucht /daß mein Baldrich schon hat heyrahten dũrfen; weil mir aber nicht zustehet / der Götter Versehung zu wiedersprechen / und er ein so grosses Glük nicht hat verseumen sollen / muß ich ihm recht geben / und mich selbst beschuldigen / daß mein heyrahten ich zu weit hinaus gesetzet habe. Empfing hierauff die beyden Fürstinnen sehr freundlich / wünschete ihnen allerseits Glük zum Ehestande / und erboht sich gegen sie zu aller Väter- und Schwigerlichen Liebe und Hulde. Es wehrete dieses empfahen über eine grosse Stunde / dz das späte Dunkel darüber einbrach / und diesen Abend Herkules ankunft dem algemeinen Kriegsheer nicht kund ward / welches gleichwol diese Nacht in fröligkeit zubrachte / ungeachtet ihrer etliche tausend ihre in der Schlacht empfangene Wunden wol auffzuweisen hatten / welche ihnen doch auffs fleissigste verbunden wurden. Die alte Großfürstin kunte dannoch nicht unterlassen / wegen ihrer entführeten Tochter sich zubekümmern / daher sie sagete: Ach du gütiger Himmel; nun lebe ich in so grosser Vergnügung / nach ausgestandenem herben Unglük / und habe alle meine verlohrne Kinder beyeinander neben mir sitzen / nur daß ich die bißdaher bey mir stetig anwesende meine liebe Tochter entrahten muß / damit ja zwischen unser Freude eine bittere bekũmmernis eingesträuet werde. Herkules selber trug nicht wenig sorge ihretwegen / ließ auch 2000 wolberittene Teutschen über die Isel setzen / daß sie alle Felder auff drey Meilweges durchreiten solten / ob ihnen Fürst Arbianes auffstossen / oder sonst kund werden möchte. Als nun der alte Großfürst auff vorgesagte Klage sein Gemahl trösten wolte / gab sich ein Kriegsknecht bey Leches an / ihm vermeldend / er währe aus der Zahl / welche den gefangenen Wendischen Fürsten bewacheten / könte unangezeiget nicht lassen / wie frech er sich bezeigete / und sich sehr unnüz machete /daß man ihn so lange ungespeiset und ungetränket liesse / [511] noch einigen hohen Kriegsbeamten ihm zugäbe /welcher ihm mit Gespräch die Zeit verkũrzete. Herkules gab Leches (da er solches anmeldete) zur Antwort: Es håtte sich gebühret / daß er beyzeiten solches geordnet / und ihm Fürstlichen Unterhalt verschaffet hätte / als er aber vernam / wie schlim und verächtlich seine liebe Eltern von ihm währen gehalten / uñ man ihnen zu unterschiedlichen mahlen in 24 Stunden weder Essen noch Trinken gebohten / muste der Kriegsknecht ihm anzeigẽ / ob er besser währe als der unüberwindliche GroßFürst der Teutschen; dessen Herr Sohn ihn auff solche Weise zu halten bedacht währe / wie seinen Eltern es begegnet; doch ward ihm ein wenig kalte Kũche und ein Trunk geringe Bier dargebracht / welches er auff die Erde schüttete und mit Fũssen zu trat / vermeinend / durch solchen frevel unsern Fürsten eine Furcht einzujagen / und ihm selbst ein Ansehen zu machen / welches ihm aber so gar mißriet / daß bald darauff ein Gewaltiger über die Steckenknecht zu ihm gehen / uñ ihm eine schwere Kette anlegen muste / mit dieser verweißlichen Rede /weil er sich als ein toller Hund bezeigete / und sein bevorstehendes Unglük aus hochmuht nicht erkennen könte / müste er empfinden was solcher frevel verdienete; dawieder er zwar mit scharffen Dräuungen sich bedingete / halff aber nichts / und muste er sich den Ketten untergeben / in welchen er etwas schmeidiger ward.

Fürst Arbianes setzete auff dem angetroffenen Fußpfade mit dem Fräulein zimlich fort / und begegnete ihm auff dem ganzen Wege kein Mensch / den er umb des Landes Gelegenheit hätte fragen können / biß gegen den Abend stieß ein Baur ihm auff / welchen er fragete / ob nicht in der nähe ein Städlein oder Flecken / oder sonst ein bequemer Ort zur guten Nacht Herberge anzutreffen währe; und bekam zur Antwort; allernähest nach der linsen zuläge ein Dorff / dahin müste er sich wenden / sonst winde er im offenen Felde bleiben müssen / hätte aber dorten eine gute Schenke / da essens und trinkens gnug zubekommen währe. Der verliebete Arbianes nam den Weg vor sich / und hatte manniches Gespräch mit dem Fräulein schon gefũhret / wahr auch etlichemahl Willens / sich zuerkennen zugeben / zückete aber doch wieder /wann er den Anfang machen wolte; endlich fing er an / sein gew \hnliches kurzes Liedlein zusingen / welches dieses wahr.


1
O du klare Sonne du /
O erleuchte meine Sinnen /
Wende deine Gunst mir zu /
Und laß gelten mein beginnen /
Gib auch meinen Geistern Ruh /
Daß sie nicht vor Angst zurinnen.
2
O du klarer Himmels-schein!
O wo bistu doch zufinden?
Kanst abwesend kräfftig seyn /
Und in mir die Gluht anzünden;
Schenke mir die Kühlung ein /
Sonst wird meine Krafft verschwinden.

Das Fräulein hörete seiner anmuhtigen Stimme fleissig zu / und erriet gar bald / daß es auff sie selbst gemeinet wahr / argwohnete auch von anbegin / es würde Fürst Arbianes selber seyn / welches zuerfahren / sie auff ihre Wase Fr. Valisken zureden kam /und zu ihm sagete; Durchleuchtiger Fürst / ich bitte ihn durch das Fräulein / zu deren Andacht er dieses gesungen hat / daß er mir eigentlich sagen wolle / wie neulicher Zeit er bey meiner herzallerliebsten Fr. Schwester Fürstin Valiska gewesen ist. Ach mein Durchleuchtigstes Fräulein / antwortete er / die Erinnerung ist so hoch und stark / daß mir unmöglich ist /die Warheit zuverschweigen; versichere sich demnach eure Liebe / daß die Großfürstin Fr. Valiska / meine höchstgewogene Fr. Schwester neben ihren Gemahl /Großfürst Herkules / und [512] Herr Bruder König Ladisla /wie auch Fürst Baldrich und Fürst Siegward auß Schweden (welche samt und sonders ihre neulich geheyrahtete Gemahlen bey sich haben) mit einander im Lager sind / und mit eurer Liebe Eltern sich schon herlich ergetzen werden / und ist mir ũberauß leid /das ich der unglükselige Arbianes (bey solcher Freude nebest ihr nicht seyn sol / wolte er sagen; aber sie fiel ihm auff den außgesprochen Nahmen in die Rede) was? sagte sie / ist dann eure Liebe der Großfũrstliche Herr auß Meden / Fürst Arbianes selber? Ja mein Gn. Fråulein / antwortete er / ich bin ja derselbe / dem eure Durchl. mit einem einzigen Worte sein Leben ab-und zusprechen kan; halte auch davor / wann ich das kleine allerliebste Brustbildichẽ / welches bißher abends und morgens von mir ist verehret werden / wie auch das auß sonderbahrer Gnade übergeschikte Hals Ketchen zeigen werde / habe ich glaubwirdigen Beweiß dargelegt / daß ich ihrer Durchl. zu Leib und Seel ergebener Arbianes sey. Zeigete hiemit die Kette / so er stets am Halse auff blosser Haut trug / langete auch das Gemählde hervor / und nachdem ers hatte sehen lassen / sagte er; ich danke dem wahren und alwaltigen Gott auß dem innersten Grunde meines Herzen / daß er mir die Gnade verlihen hat / den höchsten Schatz meiner Seele auß Räuber Händen zuerlösẽ /zweiffele auch nicht / er werde mich ferner geleiten /sie unangefochten und sicher den lieben ihrigen zuzuführen / möchte von Herzen wünschen / daß der vergebliche Schrecken eure Liebe nicht übernommen und in Ohmacht gestürzet hätte / weil diese Vermeilung uns von der rechten Bahn abgeleitet hat. Zwar ich fürchte mich vor mein Håuptwenig / nur daß euer Liebe keine Ungelegenheit zustossen möge / welche zuschützen ich mein Blut und Seele gutwillig und mit süsser Wollust anwenden wil. Das Fräulein / ohn daß sehr schamhafftig / befand sich in so grosser Verwirrung / daß ihr das Hertz im Leibe schlug; dannoch hielt sie billich seyn / ihrem Erlöser alle mögliche Dankbarkeit zuerzeigen / und gab ihm diese Antwort; Durchleuchtigster Fürst / eure Liebe erzählen mir die angenehmeste Zeitung / so mir in dieser Welt zuhanden kommen möchte / daß mein herzgeliebeter Herr Bruder Herkules und dessen Gemahl wieder zu Lande ko en sind / wodurch in dieser Betrübniß ich höchlich erfreuet werde / daß aber mein hochwerter Fürst mir die allerdinge unverdiente freundschafft erzeigen /und in Rettung meiner Wenigkeit / sein Blut und Leben willig darbieten und wagen wollen / gibt mir ein überflüssiges Zeugniß seiner guten Gewogenheit /welches auch nach vermögen zuverschulden die lieben meinigen neben mir / sich äusserst werden lassen angelegen seyn / so bald nur unsere Sicherheit und Zusammenkunfft es zugeben wird / welche eure Liebe zubefodern sich / bitte ich herzlich / bemühen wolle /nachdem dieselbe den Anfang und den grösten Teil meiner Rettung so willig über sich genommen haben. Aber auß was Ursachen haben meine geliebete Herren Brüder euer Liebe solche Mühe auffgebürdet / die von andern ihren Rittern ja wol hätte können verrichtet werden? und daß ich schlieslich dieses mitfrage /warum hat eure Liebe an dem unwerden nichtigen Gemählde so grosses Gefallen / daß sie es der Gestalt in Ehren hält / welches doch in meinen Augen sehr geringe geschätzet wird / ungeachtet es mehr Schönheit zeiget / als diese selbst / nach welcher es gemahlet ist? der hoch verliebete Fürst hörete ihren freundlichen Reden als ein Verzükter zu / küssete ihre Hände / und antwortete / wann er hundert Leben bey sich hätte / und jedes Beraubung ihm den allergrausamsten Tod gebehren solte / müsten sie doch alle in derẽ[513] Diensten angewendet werden / die er vor seines Lebens Leben / vor seiner Seelen Seele hielte / liebete und ehrete; welches ihn dann angetrieben / nicht / wie er anfangs vorgegebẽ / auß Geheiß / sondern allen unwissend / sich ihrer Erlösung zu unterfahen / weil ihm sein Herz ihre Gefahr und Entführung angesagt hätte /daß er auß der Schlacht hinweg geritten währe / um zuversuchen / ob er ihre Gefängniß brechen könte /welches ihm Gott lob / so weit geglücket. Erinnerte sich aber seiner Ehemahligen Kühn- und Grobheit /daß er sich unterstehen dürffen / ihre hochwirdigsten Augelein mit einem unhöfflichen Schreiben zubeleidigen / bähte ganz inniglich / und von Grund seiner Seele / sie wolte die Unterhandlung der Großfürstin ihrer Fr. Schwester gültig sein lassen / und mit derer Wirdigkeit seine Ungültigkeit durchkneten / damit ihm gegönnet seyn möchte / sich vor ihrer Vortrefligkeit bereitwilligsten Knecht und Diener anzugeben. Es wahr schon zimlich späte / als er diese Rede endigte / sahe daß er bereit vor dem Dorffe wahr / vernam auch einen Stein-alten Mann vor der äussersten Hütten des Dorffes stehen / zu dem er sich nahete / und zu ihm sagete: Lieber Vater / seyd gebeten / mir und dieser meiner Schwester Nachricht zugeben / wo wir diese Nacht sichere Herberge haben mögen / und nehmet diese Gold Krone von uns zur Verehrung an. Der Alte wegerte sich des Geschenkes / ließ einen schweren Seuffzen auß / und sagete: Mein Herr / reitet doch geschwinde in dieses mein Hütchen / und lasset euch länger nicht auff der Gassen sehen. Bald merkete Arbianes / daß er wenig Sicherheit in diesem Dorffe finden würde / taht nach des alten Vermahnung / und kehrete bey ihm ein / stieg mit dem Fräulein ab vom Pferde / und fragete den Alten / warumb er einen so schweren Seuffzen hätte von sich gelassen; währe etwan einige Gefahr verhanden / möchte er ihm dasselbe auffrichtig offenbahren / damit er nur seine Schwester / deren Eheliebster ohn gefehr 10 Meile von hinnen wohnete / in gewarsam bringen könte. O ihr Lieben Kinder / antwortete er / mich jammert euer Schönheit / Frömmigkeit und jugend / darum habe ich euch vertraulich warnen wollen / nicht in das Dorff zureiten / ihr würdet sonst ohn allen Zweiffel umb eures guten Pferdes und schönen Kleider Willen diese Nacht ermordet werden; und wer weiß / ob ihr nicht ausserhalb Dorffes schon gesehen seid? Nein sagte Arbianes / nur daß vor einer halben Stunde uns ein Mann mit einem rohten Barte und grosser Glatze begegnet ist / welcher uns den Weg nach diesem Dorffe bezeichnet / auff gute Herberge vertröstet / und alsbald sich von uns gewendet hat. Ja eben dieser ist der rechte Mause Kopff / antwortete der Alte / und wird ohn Zweifel mehr Beute zusammen treiben wollen; währet ihr nur gleich fort geritten / hättet ihr schon ein Stådchen erreichet / woselbst ihr gute und sichere Herberge antreffen mögen. Das Fräulein zitterte vor grosser Angst und sagte zu Arbianes: Ach mein herzlieber Bruder / lasset uns ja eilends von hinnẽ reiten /daß wir diesen grimmigen Mördern nicht in die Hände gerahten. Lieber Vater / sagte Arbianes / ich bedanke mich freundlich dieser geträuen Warnung /und wie es mein grosses Glũk ist / daß ich in eure Kundschafft gerahten bin / also sol es nicht weniger euch zur sonderlichen Wolfahrt gedeien / dafern ihr es redlich mit uns meinen werdet / dann ich wil euch in diesem euren Alter dergestalt versorgen / daß ihr Zeit eures Lebens alle Tage drey Kronen sollet zu verzehren haben / wann ihr gleich noch hundert Jahr leben würdet; helffet nur / daß ich diese meine Schwester in sicherheit bringe / da sie ohn Gefahr diese Nacht außruhẽ [514] kan / alsdann wil ich ihr mit meinen Waffen nach vermögen Schuz halten / daß von einem Dutzet Bauren sie sobald nicht sol beraubet werden. O mein Herr antwortete der Alte / das währe gar zu grosse Belohnung vor diesen schlechten Dienst / ich untergebe aber eurer gutẽ Gnaden mich und die meinen / und verspreche euch und seiner Schwester / mein äusserstes anzuwenden / sollet auch mit der Götter Hülffe morgen fruh vor Tage schon vor obgedachtem Städlein seyn; aber ihr werdet euch biß nach mitternacht heimlich bey mir verbergen müssen / welches zu oberst auff meinem Häu wol geschehen kan; dahin wil ich eure Waffen und Pferdezeug tragen helffen / und euer Pferd in die gemeine Weide straks hinter meiner Hütten treiben / damit es nicht bey mir gefunden werde. Arbianes ward dieses Trostes sehr froh / sattelte sein Pferd ab / und halff es hinauß treiben / koppelte ihm auch die Vörder Beine zusammen / und ließ es gehen. Als er wieder in das Hauß kam / fand er das Fräulein auff einem Klotze sitzen / und vor grosser Herzens Angst zittern und beben. Er tröstete sie aber mit kräfftigen Worten / sie möchte sich zufrieden geben; Gott hätte ja die gröste Gefahr durch dieses frommen Mannes Warnung schon abgekehret / und würde weiter helffen. Ja schöne Jungefrau / sagte der Alte / ob euch schon mehr Leute als der Roht Bart /möchten gesehen haben / sollet ihr doch vor aller Gefahr wol versichert seyn; aber ihr müsset hier nicht lange verweilen / sondern jene steigere Leiter hinauff klettern / und das übrige mich nur machen lassen. Wir wollen euch gerne gehorsamen / sagte das Fräulein /nehmet ihr euch unser nur geträulich an; lösete hiemit ein köstliches Armband von ihrem Arme / und reichete es ihm mit diesen Worten: Sehet da lieber Vater /nehmet dieses gũldene Armband von mir an / als ein Zeichen meiner schierkünfftigen Dankbarkeit / ihr könnet es willig vor 1000 Kronen verkäuffen. O nein / meine liebe Jungefrau / antwortete er / was solte mir das Kleinot nützen? Ich dürffte es ja keinem Menschen zeigen / dann jederman würde sprechen / ich hätte es gestohlen / und solte wol gar drũber an den lichten Galgen kommen; gebet ihr euch nur zufrieden / ich wil eurer gutwilligen Gnade biß dahin wol erwarten / und dessen kein ander Pfand als eure Verheissung begehrẽ / nur bitte ich / ihr wollet nach eurer Erledigung mich in eure Landschafft nehmen / und in diesem meinem hohen Alter mir nöhtigen Unterhalt verschaffen / worzu der dritte Teil dieses Kleinots nicht wird nöhtig seyn. Erinnerte sie hierauff / daß sie sich auff das Häu macheten / da dann der Fũrst anfangs seine Waffen hinauff trug / welches ihm saur genug ward / kam bald wieder / und ließ das Fräulein vor sich hinauff steigen / nachdem er sie fleissig ermahnet hatte / mit den Händen sich feste zuhalten /und eine Staffel nach der andern zuergreiffen / wann sie mit den Füssen hinauff treten würde. Anfangs dauchte ihr solches unmöglich seyn hinauff zukommen / aber die Gefahr machte das versuchen / und die Angst / die Kũhnheit es zuvollenden / da der Fürst allernähest hest hinter ihr hinauff stieg / und mit einer Hand ihr nach Mögligkeit halff / daß sie endlich das Häu erreichete. Als sie sich nun gar zu oberst nach der Gassen hin gelagert hatten / sagte sie; Ach mein werder Fürst / solte der gute Alte mir nicht zu einem Trũnklein Wassers verhelffen können? Ich habe diesen ganzen Tag in aller meiner Angst weder gegessen noch getrunken / daher ich mein mattes Herz weiters nicht zustillen weiß. Der Fürst / in dem schier-tunkelen sich erkühnend / küssete sich freundlich / beklagete ihre Mattigkeit / und baht / sich ein wenig allein zugedulden / biß er hinunter steigen / und etwas verschaffen könte; eilete [515] geschwinde / gab dem Wirte 10 Kronen / er möchte / wo möglich / sich bemühen /daß seine Schwester vorerst einen Trunk / und hernach etwas Speise bekähme. Der Alte hatte ein Maß Bier stehen / gab ihm solches in einem irdenen Gefäß / und sagete: Er möchte sich ein wenig gedulden / das Gold dürffte er nicht sehen lassen / wolte aber doch Mittel schaffen / etwas herbey zubringen / so gut es zubekommen wåhre. Der Fürst war bey dem Fräulein kaum wieder angelanget / und taht sie den ersten Trunk mit grosser Begierde / da sie bey der Stimme erkennete / daß der Roht Bart / so ihnen begegnet wahr / mit dem Alten vor der Tühr redete / ihn fragend / ob nicht ein junger weißmäulichter Ritter mit einer sehr schönen Jungfer in Himmelblauer seidenen Kleidung / mit breiten Silber Schnüren verbremet /zum Dorffe hinein geritten währe; dem der Alte zur Antwort gab: Es könte wol geschehen seyn uñ däuchte ihn schier / als hätte er jemand mit einem Geklapper reiten hören / hätte aber Schwacheit halben sich darnach nicht umsehen können; dann das leidige Bauchgrimmen / sagte er / plaget mich so hart / daß ich vor Angst nicht zubleiben weiß / welche Schmerzen ich doch leicht zuvertreiben wüste / wann mirs nicht an Mitteln mangelte; seyd demnach gebehten /lieber Nachbar / und strecket mir einen Gülden oder anderthalb vor / ich wil es euch inwendig sechs Tagen wieder geben / weil mir etwas ausstehet / gegen selbe Zeit zuheben. Ihr seyd schon in meiner Schuld / antwortete dieser / und habt noch nit abgezahlet / dürffte also die Schuld endlich zu groß werden; lasset mir aber euer fettes Rindichen über / das wil ich euch bezahlen / und das vorige abrechnen. Es ist zwar alles mein Vieh / das ich habe / sagte der Alte / könte auch von den Stad Schlächtern wol 12 Gülden davor heben / aber weil ihr auch zuzeiten in meinen Diensten seyd / möget ihrs umb zwölfftehalb Gülden hinnehmen /und mir zween Gülden auff Rechnung tuhn. Dieser dingete so lange / biß ers ihm umb eilfftehalb Gülden zuschlug / die zween Gülden empfing / und ihn baht /er möchte seine Magd nach der Schenke lauffen lassen / daß sie seinen Sohn heimholete / ihm in seiner Schwacheit Handreichung zutuhn. Dieser erboht sich / es selber zu bestellen / weil er gleich nach der Schenke wolte / und daselbst nachforschen / ob der junge Ritter da eingekehret währe / welcher ihn ersuchet hätte / morgen sehr frü ihn nach dem Reinstrohm zubringen / hoffete ein gutes Trinkgeld zuverdienen. Die unsern auff dem Häu höreten dem Gespräch fleissig zu / verwunderten sich nicht wenig über des Rohtbarts Lügen / als auch über des Alten Verschlagenheit / und sagte dz Fräulein: Durchleuchtigster Fürst / ich erkenne mich diesem Alten viel schuldig seyn / wil ihn auch seiner Träue lohnen / da mich die Götter in Sicherheit bringen werden / und habe ich mich durch den Biertrunk schon zimlich gelabet. Die gröste Gefahr ist Gott Lob vorüber / antwortete er /und wird man in dieser Hütten uns nicht mehr nachfragen; Ich bitte aber mein Fräulein demühtig umb Verzeihung / daß ich die Kühnheit gehabt / ihr den Nahmen einer Schwester ohn gebehtenen Urlaub zugeben / und sie darzu noch vor eine verheyrahtete anzumelden / daher auch der gute Mañ verleitet / sie vor eine Jungefrau gescholten hat. Es bedarf dieser Entschuldigung durchaus nicht / sagte sie / dann unangesehen mir hiedurch keine Beschimpffung wiederfahren / erfodert es die Nohtwendigkeit fast unvermeidlich / und beklage ich billich vielmehr / daß ein so mächtiger GroßFürst meinetwegen sich in diesem engen Baurenhũtlein verstecken / und sein Leib und Leben diesen alten unwirdigen Menschen anvetrauen[516] muß. Worauff er zur antwort gab: O ihr mein höchsterwähltes Fräulein / ihr einige Wollust aller meiner Kräffte und Gedanken; Gott dem Herzenkündiger ist es bekant / daß auff diesem dürren Grase ich tausend mahl sanffter / als auff dem Königlichen Schlosse zu Ekbatana sitze / nachdem ich das Glük habe / euer Vortrefligkeit Gegenwart zugeniessen / deren mein Leib und Leben nur durch den Anblik des Gemähldes ich zueigen übergeben habe; uñ wolte Gott / daß meine Geringfügigkeit von ihrer Liebe dessen könte gewirdiget werden / wz mein Herz suchet / und mein untertähniges Schreiben vor diesem inständig gebehten hat / alsdann wil Euer Liebe ich vor dem Heiligen Angesicht Gottes versprechen / ihr nach äusserstem Vermägen auffzuwarten / und alle meine Kräffte zuüben / daß ihrer Vortrefligkeit sie in etwas mögen scheinbar und angenehme seyn; bitte deswegen durch die herliche Volkommenheit / welche der Himmel ihr mitgeteilet / sie wolle ihren ergebenen Knecht mit gewieriger Antwort erfreuen / oder wann derselbe ja lebendig nur unglükselig seyn sol und muß / ihn solches wissen lassen / damit er auffhören könne / dasselbe zusuchen / wessen er / angesehen seiner Geringfũgigkeit / sich selbst unwirdig schätzen muß. Weil er dieses vorbrachte / hielt er ihre beyden Hände umfangen / küssete dieselben nach geendeter Rede ehrerbietig / und erwartete mit höchstem Verlangen / was ihm vor Erklårung folgen würde. Es wahr schon zimlich finster / daß man fast wenig sehen kunte / welches der Fräulein Schahm in etwas ringerte / die sich ein wenig besinnend / bald hernach also anfing: Durchleuchtigster Fürst / die Götter geben meinem Gewissen Zeugniß / daß ich der Liebe keine einige Wissenschafft gehabt / noch ihr im geringsten nachgesonnen / ehe dann Euer Liebe und meiner Frau Schwester Schreiben mit eingehåndiget worden sind / welches meines behalts noch nicht 40 Wochen ist. Mit was Schahm ich auch dieselben gelesen / erinnere ich mich / so offt ich auff meines Herr Vaters Schlosse an die stelle gelange /woselbst es geschahe. Nun bedanke ich mich aber sehr freundlich / so wol der dazumahl übergeschikten kostbahren Kleinot / als der hohen gar unverdienten Gewogenheit / welche eure Liebe / so wol dazumahl im Schreiben / als jetzo mündlich mir erzeiget hat /erkenne zugleich die mir heut geleistete Rettung billich / und daß ich davor euer Liebe hoch verschuldet bin. Dafern auch die Götter mir Gnade verleihen werden / daß neben euer Liebe ich auff meines Herr Vaters Schloß und in seine Gewarsam anlange / wil nach eingenommenem Raht und Willen meiner Eltern /Brüder und Fr. Schwester / auff euer Liebe freundliches gesinnen mich dergestalt zuerklären wissen / daß verhoffentlich dieselbe mit mir wird können friedlich seyn. Dieses brachte sie aus gutem Bedacht vor / umb zuerforschen / ob er ihre eheliche Versprechung biß dahin könte anstehen lassen / welche sie ihm alsdann zugeben / schon entschlossen wahr / weil an ihrer Eltern und Verwanten Einwilligung sie nicht zweifelte. Dieser aber erinnerte sich / dz die Großfürstin ihn etliche mal seiner Blödigkeit wegen zimlich angegriffen / nebest Ermahnung / er solte in allen ehrliebenden Teidungen / so wol beym Frauenzimmer als Mannesbildern sich frischer finden lassen / damit er durch gar zu tieffe Blödigkeit nicht einen Argwohn eines unädlen Herzen erweckete. Dieses munterte ihn zu weiterer Ansuchung auff / weil ohndas nach art der Liebe er das ärgeste fũrchtete / ob suchete das Fräulein durch diese ungewisse Antwort ihn nur hinzuhalten / auff daß sie hernähst den ihrigen selbst an deuten könte / wessen sie sich ihrem Willen erklären solten; fassete demnach ihre [517] Hände auffs neue / küssete dieselben / und fing also an: Mein allerschönstes Fräulein / ich bedanke mich vorerst ganz demühtig / daß ihre Liebe dieses mein anmuhten mit geduldigẽ Ohren angehöret / und mit keinem äusserlichen Unwillen auffgenommen hat; und wolte Gott / daß meine Seele mit der gegebenen Antwort sich könte befriedigen lassen / uñ dieselbe mich nicht anstrångete / ihrer Liebe weiters noch beschwerlich zuseyn; aber die Furcht /welche allemahl rechtschaffene Liebe begleitet / zwinget und nöhtiget mich / umb eine beständige Erklärung auff mein inbrünstiges ansuchen anzuhalten /damit ich der hefftigen Peinigung / welche die Ungewißheit in mir erwercket / entrissen / nach so langer Angst und quahl in ruhe gesetzet werden / und Erleichterung empfinden möge. Es erwäge doch mein Fräulein in ihrem hochvernünfftigen Herzen / was unleidliche Schmerzen heut unter den Händen ihrer Räuber / und hernach wegen des Alten anzeige sie empfunden / da sie anfangs durch Ohmacht vom Pferde herunter geworffen / und wegen des lezten in solche Erschütterung gerahten ist / daß sie ihrer eigenen Gliedmassen nicht mächtig seyn mögen. Nun beteure ich aber bey meinen ritterlichen Ehren / daß die Liebesangst in mir ungleich grössere Pein und Schmerzen verursachet / als wann mein Leib von Räubern und Mördern in hundert tausend Stũcken zerhacket würde; Ja solte die Hoffnung welche meine Durchl. Fr. Schwester durch ihren Trost biß daher in mir geetzet und erhalten / nunmehr ersterben und ganz abe seyn / wolte ich lieber gleich diese Stunde mich in die Hände der mörderischen Baurẽ ergeben / damit nur mein Jammer dereins zur Endschafft gelangen möchte. Mit welchen Worten er als ein todter Mensch bey ihr niderstürzete / und ihr daher schier ein gleichmässiges begegnet währen; ruffen durffte sie nicht / weil sie sich dadurch in Lebensgefahr stürzen möchte; so hielt auch anfangs die Blödigkeit sie abe / dem Fürsten Hülffe zuerzeigen / biß sie endlich durch Liebe überwunden / ihn nach vermögen schüttelte; hernach etwz mehr sich erkühnend / ihm das Wammes auffrisse / und da solches noch nicht helffen wolte / ihm des überbliebenen Biers unter das Angesicht streich / wodurch et endlich wieder zu sich selber kam / da er mit schwacher Stimme sagete: Ach mein Gott / was sanffter Tod würde mirs seyn / wann in den allerschönsten Armen ich sterben solte / von denen lebendig umfangen zuwerden ich vielleicht gar zu unwert bin; fing hierauff an seinen dreyfachen doppelten Reim mit leiser Stimme herzusagen / wiewol mit einer geringen Verenderung der beyden lezen im ersten Satze / auff diese Art:


O du klare Sonne du /

O erleuchte meine Sinnen /

Wende deine Gunst mir zu /


Und laß gelten mein beginnen /

Wo nicht / muß in einem Nuh /

Mein verliebter Geist zerrinnen.


Das Fräulein / die solcher strången anlåuffe allerdinge ungewohnet wahr / antwortete ihm mit sehr trauriger Rede: Ach mein Fürst / sagte sie / was vor Ursach hat eure Liebe / sich über mich zubeschweren / ja sich und mich in so herzlichen Kummer zuversenken? ist es nit schon unglüks gnug / daß wir unserer Fürstlichen Hocheit vergessen / und umb eines schändlichen Mörders willen / unsere Lebensfristung in einer elenden Bauren Hütten suchen müssen? und wollen uns durch unnöhtige Gedanken uñ falsche einbildungen selbst ersticken / da doch wildfremde zu unserer Erhaltung bemühet sind? wird mein Fũrst solcher gestalt fortfahren / so bestelle er nur bey dem Alten / daß etliche Mörder herzugeruffen werden / die k \nnen [518] uns mit leidlichern Schmerzen abschlachten / als daß wir uns selbst durch langwierigen herzängstenden Jammer algemehlich verzehren; und O wie wol hätte mein Fürst an mir getahn / wann er mich nur heut bey erster Erlösung in meiner Ohmacht hätte ersticken und vergehen lassen. Sie wolte weiter reden; so wahr auch Arbianes schon mit einer guten Antwort fertig: Sie höreten aber / daß jemand mit hartem Ungestüm ins Hauß trat / und den Alten zurede steilete / ob er wahnwitzig worden währe / daß er das schöne Rind umb so ein liederliches verkauft hätte. Der Alte gab zur Antwort; biß zu frieden / lieber Sohn / ich wil keinen Pfennig davon zu Beutel stecken; meine grosse Schwacheit nöhtiget mich darzu / und wann ich nur die zween empfangene Gũlden davon verzehre /magstu das übrige alles einfodern / und nach deinem Willen anlegen; kanstu auch ein mehres davor bekommen / gönne ich dirs gerne / und wil dich nicht auffhalten / wann du liebere Geselschaft als deinen alten schwachen Vater hast; nur laß Wolfgang meines Bruders Sohn zu mir kommen / der heut aus der Stad hieselbst angelanget ist / daß er mir ein wenig handreichung tuhe; ich sehe doch wol / daß dir kein sonderliches Glũk bescheret ist. Der ungerahtene Sohn wahr mit dieser Antwort sehr wol zufrieden / rieff Wolffgangen herzu / und ging wieder nach der Schenke /soffe und spielete vier Tage und Nachte aneinander /biß das verkaufte Rind verzehret wahr. Wolffgang aber kam geschwinde gelauffen / und fragete seinẽ alten Vetter / was er von ihm begehrete / erboht sich auch zu aller auffwartung / als lange er von seines Herrn Dienst abseyn könte. Der alte antwortete ihm: Lieber Sohn / nachdem mein leibliches Kind das bevorstehende Glük nicht erkennen kan / noch dessen wirdig ist / so warte du mir diese Nacht nur wenig Stunden auff / des wil ich dir lohnen / daß du mirs Zeit deines lebens solt zu danken haben: dann wie Arm ich mich gleich bißher gestellet / bin ich doch der allerreicheste in dieser ganzen Dorffschaft / und wil dir / wann ich sterbe / meinen heimlichen Schaz zum Erbe vermachen. Der junge Knecht wuste umb seine kurzweiligen Schwänke sehr wol / lachete darüber / und sagete: Ja lieber Vetter / seid meiner eingedenk bey auffsetzung eures lezten willens / daß ich des vergrabenen Schatzes mit geniesse / welcher bißher ungezählet und unsichtbar gewesen ist. Was? sagte der Alte / meinestu / es sey mein Scherz? sihe /da gebe ich dir alsbald fünf Kronen zum neuen Kleide / damit du wissest / was du schier heut oder Morgen von mir zugewarten habest. Wolffgang nam sie zu sich / in meinung es währen einzelne Groschen; und als er sie beim brennenden Kreusel besahe / weil er des Goldes gute erkäntnis hatte / sagte er mit nicht geringer verwunderung; lieber Vetter / woher kommen euch diese wunder schöne Kronen / dergleichen ich bey meinem Herrn nie gesehen habe? Was gehets dich an / woher ich sie habe? anwortete der Alte / laß dirs gnug seyn / daß ich sie habe; nim sie zu dir / und lege sie zu deinem besten an / unter der Versicherung / dz du deren noch vielmehr von mir erben wirst. Dieser bedankete sich des gar zu grossen Geschenkes / und erboht sich aller mögligkeit. Ja umsonst schenke ich sie dir auch nicht / sagte der Alte / sondern daß ich deiner Dienste dagegen geniessen wil / welche doch also beschaffen sind / daß sie dir weder unmöglich noch beschwerlich seyn können; nur nim diese Groschen / gehe nach der Schenke / und hohle mir Wein und Speise / so gut es zubeko en / und als viel auff drey hungerige Menschen gnug ist; hast aber nicht nöhtig zu sagen / wem du es hohlest / damit nicht jemand wegen meines Reichtuhms Argwohn fasse; dann diese [519] Verschwiegenheit fodere ich von dir am allermeisten. Dieser wahr willig / ging hin / und verrichtete den Befehl. Arbianes hatte sein herzliebes Fräulein auff seiner Schoß sitzen / lehnete sein Häupt an ihres / und horcheten miteinander fleissig zu. Unterdessen nun Wolfgang nach der Schenke wahr / fing Arbianes an / da ers zuvor gelassen hatte / und sagte zu ihr: O du allersũsseste Vergnügung der glükhaften Liebe! O wann werde ich mich deiner dereins auch zuerfreuen haben? mein auserwähltes Fräulein / gönnet bitte ich / eurem bereitwilligsten Knechte / daß durch betrachtung eurer vortreflichsten Volkommenheit er seine Gedanken / welche fast leztzügig sind /ergetzen möge / und labet doch seine verzweiffelten Geister mit dem allersüssesten erquikwasser eurer kraftbringenden Barmherzigkeit und güte / damit meine schwachen Glieder gestärket / und zur Reise /welche wir diese Nacht werden tuhn müssen / düchtig und bestand seyn mögen; kan aber dieses mein inbrũnstiges ansuchen nicht erhöret werden / so freue ich mich doch / daß der junge Baur sich ohnzweiffel bemühen wird / mein Fräulein zu den lieben ihrigen sicher durchzubringen. Dieses redete er mit so schwacher Stimme / und abgebrochenen Worten; daß daher gnug erschiene / wie heftig seine Geister von der Liebe geplaget wurden. Dem Fräulein ging diese Rede sehr zu herzen / kunte doch schamhalber ihm die vergnügliche Versprechung nicht leisten / ob gleich ihr Herz darzu willig wahr / sondern fing also an: O wehe mir armen verlassenẽ Tochter! wil mein Fürst so unbarmherzig mit mir handeln / und in dieser allerhöchsten Gefahr / meine Ehr uñ Leben einem groben unverständigen Baurenflegel anvertrauen / der umb eines Groschen willen mich verrahten und verkäuffen dürfte / da doch seine so wol schrift-als mündlich mir getahne verheissungen viel anders klungen; so hätte er weit besser an mir getahn / daß er mich mit samt den Räubern erschlagen hätte / dann so währe ich ja dem Unglük auff einmahl entgangen /und dürfte mich nicht aufs neue einiger Entfuhrung und angedräueten Schande befürchten. O Träue / O Glaube wo bistu? schwebestu auch nur in der mächtigen Fürsten Feder und Munde / und bist von ihren Herzen so weit entfernet? Mit welchen Worten die Trähnen håuffig aus ihren åugelein hervor drungen /daß sie über Arbianes Hände flossen / aber sein Herz viel stärker traffen / als die allerheftigsten Meerswellen / wann sie gegen die Felsenschlagen / und ganze Fuder Steine hinweg reissen. O ihr allerschönsten Augelein; sagte er / wollet ihr dann durch diese Trähnen-Bach mein bißher lichterlohe brennendes Herz nun ganz und gar ersäuffen? O stillet stillet euch / und lasset meine Augen dieses verrichten. Aber O ihr Trähnen / bin ich eures fliessens Ursach / so machet mirs kund / damit wegen dieses unverantwortlichen frevels ich mich gebũhrlich abstraffe. Nein / sagte sie / kein lebendiger Mensch ist dieser Trähnen Ursach / nur das leidige Glük / welches mich in diese Gefahr gestürzet / dem boßhaften Wendischen Räuber mich überliefert / und einen solchen Fürsten mir zum Erretter / zugeschicket hat / welcher ohn Ursach mich in der einsamen Fremde verlassen / und mich einem unflätigen Bauren anvertrauen wil. Arbianes wischete ihr mit seinem Tüchlein die Trähnen ab / und sagete: Ach Gott / ich bekeñe willig / daß meine unvorsichtige Reden ihre Durchl. veranlasset haben / meine Träue und Glauben in zweiffel zuzihen / und wåhre ungleich besser gewesen / ich hätte meines Herzen mattigkeit verschwiegen gehalten / und meine Reise so weit fortgesetzet / als mein Leben mich begleiten wird / wann ihrer Liebe ja nicht gefallen kan / durch eine beständige Erklärung meine arbeitende [520] Geister auffzurichten. Küssete hiemit ihre annoch nassen Augelein / und traff zu unterschiedlichen mahlen ihr Mündichen / gleichsam als aus Irtuhm / so daß / wie geherzt er sich zuerzeigen bedacht wahr / doch alles sein beginnen entweder in einer gar zu kühnen Furcht / oder zu furchtsamen Kühnheit bestund; wodurch er dannoch so viel schaffete / daß sich das hochbekümmerte Fräulein im Weinen mässigte / und zu ihm sagete: Ach mein hochwerter Fürst; wie froh werde ich seyn / wann ich uns nun aus dieser Gefahr wissen sol; mein Herz aber trägt mir eigen zu / wir werden so leicht nit entgehen / doch es gerahte nach der Götter Schluß / so danke ich ihnen dannoch / daß sie mich aus des Wendischen Råubers Fäusten erlöset / und dieses Fürsten Kundschaft mir gegöñet haben / auff welchen meine Fr. Schwester so hoch hält (wie aus deren Schreiben euer Liebe ich hoffe zuerweisen /) ja welcher meiner wenigkeit viel höhere Gunst und Liebe zugewendet / als mit alle meinem vermögen ich nicht ersetzen kan / und doch nach vermögen zuersetzen / mich stets werde befleissigen. Dieser Rede gebrauchete sie sich zu dem Ende / ihm seinen zweiffel zubenehmen / schaffete auch hiedurch so viel bey ihm / daß er seiner schwermühtigen Gedanken einen grossen Teil fallen ließ / und ihr solcher gestalt antwortete: Durchleuchtigstes Fråulein / ist es wol möglich /daß ihre vortrefligkeit wegen des unwerten Arbianes Kundschaft einige vergnügung haben solte? O mein auserwählter Seelen Schaz / verfolget / bitte ich / dieses holdselige erbarmen / bekräftiget diese mitleidige Gunst durch eine ehrenverbündliche Erklerung / die meinem fast abgezehreten Herzẽ mehr stärkung als das kräftigste Korallen-oder Perlen Wasser mitteilen wird. Als er dieses redete / griffe das Fräulein in ihren Busem / und fragete den Fürsten / ob dann das heut ihr eingelieferte Schreiben von ihrer Fr. Schwester selbst durchhin geschrieben währe / oder sie nur die Auffschrift mit eigener Hand verfertiget hätte; auch /was doch der eigentliche Inhalt seyn möchte. Daß sie es selbst geschriebẽ / antwortete er / kan ich wol beteuren / wird auch die Hand schon ausweisen; den Begrieff aber weiß ich in wahrheit nicht / nur als ich gestern Abend in meinem Herzen beschlossen hatte /mich vornehmlich in ihrer Liebe Erlösung zugebrauchen / baht ich die GroßFürstin / sie möchte mir einen kleinen Schein zustellen / bey welchem mein höchstwertes Fräulein mich erkennen könte / da mir etwa der almächtige Gott die Gnade verleihen würde / sie aus Räuber Händen zuerretten / und sie vielleicht aus Furcht mir nicht trauen würde; da sie dann alsbald in ihrem Zelte sich nidersetzete / dieses Brieflein schrieb / und nach versiegelung zu mir sagete: Sehet da /mein Bruder / göñet euch Gott das Glũk / meine Frl. Schwester in meinem abwesen anzutreffen / so gebet ihrer Liebe / wann ihr so viel raum allein haben könnet / dieses Brieflein / und das ich nähst vermeldung Schwesterlicher Liebe und Träue sie herzlich ersuchen und bitten lasse / diesen Brieff selbst zu lesen / den Inhalt keinem Menschen / als dem Einhändiger zuverständigen / und dafern sie ein tröpflein Blut in ihren Adern zu meiner Liebe ubrig hat / meinem Schwesterlichen ansuchen genüge zu tuhn. Diese Werbung /Durchl. Fräulein / hätte bey einreichung / ich herzlich gerne verrichtet / dafern beydes ihr Kummer und die Eile fortzureiten es nicht verhindert hätten. Das Fräulein antworte ihm: Daß müste gar ein unmögliches seyn / und über meine Kraft sich erstrecken / welches bey so hoher Errinnerung ich meiner werten Fr. Schwester versagen solte / nachdem ich mir ohndas vorgeno en / ihr in allem schlechter dinge / als einer gebietenden Mutter [521] zugehorsamen / weil nach ihrem hochgewogenen Herzen sie mir nichts unmögliches /viel weniger unanständiges zu muhten wird noch kan. Ach mein Gott / sagte der Fürst / daß wir doch nur so viel Licht hätten / dieses Schreiben zu lesen / ob vielleicht etwas drinnen enthalten währe / daß zu meiner Vergnügung könte ersprießlich seyn. Dem Fräulein kam schon die Reue / wegen gar zu offenherziger Erklärung / daß sie sagete: O mein Fürst / wiewol wird Euer Liebe der Inhalt bewust seyn / solte er auch meiner Fr. Schwester den Brief selber in die Feder gesaget haben / welches mich dann bald zum Wiederruff bewägen solte / sintemahl das Schreiben solcher gestalt mehr euer Liebe / als meiner Fr. Schwester begehren an mich fodern würde. Dieser hingegen bekräfftigte mit sehr teuren Worten / es währe ihm kein Wörtlein daraus bewust / nur daß er aus der GroßFürstin frölichen Geberden gemuhtmasset hätte / es würde seinem hefftigen Seelen-Wunsche nicht allerdinge zuwider seyn. Das Fräulein fing an / ihre getahne Erklärung in gewisse Schranken der Jungfräulichen Zuchtbedingungen einzuzihen / und sagete: Meiner Fr. Schwester Sin zur gebührenden Keuscheit ist mir schon gnug gerühmet / daher sie derselben zuwider an mich nichts begehren wird / und solte gleich ihr Schreiben wegen etlicher Redearten auff etwas mehres / als ein schamhafftiges Fräulein leisten kan / durch gelehrte Ausdeutelungen können gezogen werden /getraue Eurer Liebe ich dannoch ohn bösen Argwohn zu / sie werde meiner Fr. Schwester Scherz Schreiben als ein Zuchtliebender Fũrst schon zuverstehen wissen. Arbianes wolte hierauff Antwort geben / hörete aber / daß Wolffgang wieder kam / und mit dem Alten ein heimliches Gespräch hielt / auch bald darauf mit einer alten dunkelen Leuchte zu ihnen hinauff flieg /und neben einem guten Kruge Wein / Brod kalt Gebratenes und etliche Kähse ihnen mit diesen Worten vorlegete: Hochgeehrter Ritter / verdenket es meinem alten Vettern nicht / bitte ich demühtig / daß er mir unwirdigen ihre Anwesenheit offenbahren wollen; ich gelobe ihnen bey fester unbrüchiger Träue / daß ich weder durch Gewalt noch Geschenke mich bewägen lassen wil / euch gegen einigen Menschen zumelden /sondern mich hiemit zu allen ihren Diensten verbunden haben / dann unter dieser ausdrüklichen Bedingung habe ich ihres Geldes 5 Kronen von meinem Vetter gehoben / welche ich nicht anders als MietGelder rechnen wil. Guter Freund / antwortete Arbianes / uns wil nicht gebühren / an eines redlichen Menschen Auffrichtigkeit und Träue zuzweifeln / möget euch aber wol versichern / daß da ihr euer Versprechen haltet / ihr vor einen kurzen Dienst dergestalt sollet belohnet werden / daß ihr zeit eures Lebens solche Glükseligkeit nicht hättet hoffen können. Ach ja /guter Freund / sagte das Fräulein / lasset euch keine unbilliche Gedanken zur Verrähterey bewägen / und nehmet diesen Ring von mir an / als ein Zeichen der künfftigen Belohnung / welchen ihr umb 400 Kronen verkäuffen könnet. Davor behüten mich die Götter /antwortete er; Ihrer Gnaden Zusage ist mir Versicherungs gnug der zukünfftigen Leistung / unb bitte ich untertähnig / sie wollen sich zu mir aller Träue versehen / die ich nimmermehr zubrechen / bey Straffe aller himlischen und hellischen Götter verheissen wil. Ließ ihnen hierauff die Leuchte / bittend / sich vor Feurschaden zuhühten / und mit den geringen Speisen vorlieb zunehmen; womit er von ihnen hinweg ging. Fräulein Klara wahr von Herzen hungerig / schikte sich zum essen / und mit ihrem kleinen Brodmesser schnitte sie ihrem lieben Fürsten Brod und Fleisch in die Hand / sagend: Hochwerter [522] Freund / Eure Liebe wird mir zu sonderlichem gefallen dieses wenige zu sich nehmen / und die erste Mahlzeit mit mir halten /unter dem Wunsche / daß deren mehr und bessere erfolgen mögen. Er hingegen hielt inständig an / weil das Glük ihm so viel Licht gegönnet / das Schreiben erst zulesen / ob etwa er daher seiner hungerigen Seelen hochbegehrete Speise zunehmen hätte / alsdann wolte er der Leibes Kost gerne etliche Tage entbehren; über welche Worte sie eine sonderliche Liebes bewägung in ihrem Herzen empfand / daß sie zusagẽ sich nicht enthalten kunte: Mein hochwerter Fürst /wessen besorget er sich doch widriges an meiner Seite / da er mich auff seiner Schoß hält? findet sich etwas in meinem Schreiben / daß ihm behäglich und zuträglich ist / wird es ja unter so kurzer Zeit weder schädlich werden noch verschwinden; Dafern er aber die angebohtenen Speisen verschmähet / und im essen und trinken mir nicht Geselschafft leistet / wil im rechten Ernste ich den Brieff vor morgen Abend nicht lesen / oder ihn wol gar ungelesen zureissen. Ey mein Fräulein / antwortete er; wie könte eure Liebe eine solche Grausamkeit an den allerliebsten Buchstaben verüben / die von so angenehmer Hand in schwesterlichem Vertrauen geschrieben sind? Jedoch bin ich schuldig einen bereitwilligsten Gehorsam zuerzeigen /und wil über mein Vermögen essen und trinken / auff daß in dessen Wegerung Eure Liebe hernähst nicht gelegenheit uñ ursach suche / des lieben Briefes Lesungs weiter aufzuschieben. Mein Freund antwortete sie / hat sehr grosse Hoffnung auff diesen Brief gesetzet / und möchte vielleicht wol ein solches darinnen enthalten seyn / welches zuleisten / uns / wegen abwesenheit von den unsern beiderseits unmöglich währe. Solches kan nicht seyn / antwortete er / in Betrachtung / daß unsere Fr. Schwester bey Auffsetzung solches Briefes der gewissen Hoffnung gelebete wir würden diesen Abend bey ihr und der ganzen Fürstlichen Geselschafft anlangen. Zum wenigsten hat sie nicht muhtmassen können / daß wir beyde uns allein in solcher Einsamkeit beyeinander finden würden. Ein solches gestehe ich / sagte sie / werde auch desto williger seyn / des Briefes Inhalt mir wolgefallen zulassen. Fingen hierauff beyderseits an mit gutem Lust der Speisen zugeniessen / und rühmete Frl. Klara daß die ganze Zeit ihrer Gefängniß ũber / ihr die Speisen nicht den tausendsten teil so wol geschmäcket hätten. Bald ergriff sie auch das Trinkgeschir / und brachte ihm eins auff Großfürstin Valisken Gesundheit und Wolergehen / wiewol ich nicht zweifele / sagte sie /alle die meinen neben ihr / werden unsers aussebleibens herzlich bekümmert seyn / wo sie uns nicht wol gar als erschlagene oder doch als gefangene beweinen. Sie hielten eine frische Mahlzeit mit einander / bey welcher Arbianes sich immerzu an ihren liebreichen Augelein speisete / so viel er dieselben bey der tunkelen Leuchte beschauen kunte. So bald das Fräulein rühmete / daß sie sich allerdinge gesättiget hätte /hielt er auff ein neues an / das Brieflein zuverlesen /dessen sie nur zum Scherze / umb sein Vornehmen zuerforschen / sich wegerte / vorgebend / sie hätte bey dem tunkeln Wasser- oder Knatterlichte kaum die Speisen erkennen können / wie sie dann so klein geschriebene Buchstaben dabey lesen solte? Aber weil sie sahe / daß nach kurzgebehtener Verzeihung er sich erkühnen wolte / den Brief aus ihrem Busem hervor zulangen / kam sie diesem mit einem freundlichen lachen (welches die ganze Zeit ihrer Entführung das erste wahr) selber zuvor / nam das Schreiben in die Hand / und entschuldigte sich / daß sie so viel Herzens nicht hätte / es zuerbrechen. Ließ auch gerne geschehen / daß er solches [523] verrichtete; da er nach Eröffnung denselben Brief kũssete / und ihn solcher gestalt anredete: O du allerliebstes Briefelein / hastu einige Glũkseligkeit in dir / so teile doch dem bißher allerunglükseligsten Arbianes etwas mit / auff daß er in seinem Leiden nicht gar untergehe / noch dieses Häu sein Todten Bette seyn möge. Reichete ihn hie mit dem Fräulein ganz ehrerbietig über / und baht mit freundlicher Umfahung / diesem Schreiben die Lesens-wirdigung anzutuhn / in betrachtung der Herz Schwesterlichen Liebe / damit die GroßFürstin ihr zugetahn währe. Dieses ist eine hohe und kräfftige Ermahnung / sagte sie / derẽ ich mich nicht zuwider setzen weiß; legete den Brief von einander und lase / da Arbianes ihr leuchtete / folgenden Inhalt / ohn einiges Wortsprechen.

Herzallerliebste Fräulein Schwester; nach dem der gütige Gott uns ingesamt wieder nach Hause geleitet / auch unsern Lieben Eltern und Euer Liebe Rettung zutuhn /Gelegenheit bescheret hat / haben Euer Liebe Herren Brüder und ich / den Durchleuchtigsten GroßFürstlichen Herren auß Meden / Fürst Arbianes / dessen hefftiger Verliebung gegen eure Vortreffligkeit / keine andere gleichen mag / mit über bringen / und ihr denselben als ihren versprochenen Bräutigam und Gemahl zuführen wollen /nicht zweiffelnd / dieselbe werde unserm festgemachten Schlusse keines weges wiedersprechen / sondern / wann dem lieben Fürsten seine vorgenommene Bemühung /Eure Liebe aus Räuber Händen zureissen / glücken solte /ihn dessen nach seinem ehrliebenden Begehren geniessen zulassen / uñ nicht anders gedencken / als daß sie in Begleitung ihres versprochenen Bräutigams sich befinde /massen wir unsers Orts gar nicht zweiffeln / es werden eure liebe Eltern in diese Heyraht einwilligen / und ihrer Herren Söhne / wie auch meinen wolgemeineten Vortrag gelten lassen; daher wir der gänzlichen Zuversicht zugleich leben / Eure Liebe werde / ehe sie bey uns anlanget / also bald nach Lesung dieses Brieffleins / ihr Herz und Willen dem unsern gleich stimmend machen / und diesen Lieben ihr gantz und gar zu eigen ergebenen Fürsten ihr Herz zur steten Wohnung einräumen / dafern sonsten noch ein einziges Blutäderchen an ihrem Leibe übrig ist /welches ihren Herren Brüdern und mir mit Schwesterlichem Willen zugetahn verbleibet. Inzwischen bewahre der Allmächtige Gott eure Ehre / Leben und Gesundheit vor den boßhafftigen Räubern / und bringe uns in wenig Stunden wieder zusammen / wie solches wünschet und hoffet / Euer Liebe inbrünstig-ergebene Schwester und geträue Freundin


Valiska.


Der Fürst gab fleissige Achtung auff ihr Gesichte /weil sie den Brieff lase / und auß ihren unterschiedlichen Verenderungen merkete er / daß seiner Sache bester massen darinnen würde gedacht seyn / baht daher inständig / dafern möglich / ihm des Brieffes Inhalt wissen zulassen. Ja warumb nicht Durchl. Fũrst? sagte sie / legte inzwischen das Schreiben wieder zusammen / steckete es an den vorigen Ort / und fuhr in ihrer Rede fort / sie würde / von ihrer Fr. Schwester wegen glüklicher Wiederkunfft ihrer Herrn Brüder berichtet und daß ihre Liebe auß guter Gewogenheit gegen ihre Wenigkeit mit ũberkommen währe / umb bey ihren lieben Eltern zuvernehmen / ob einige Heyraht zwischen ihnen könte gestifftet und verabredet /auch über etliche Zeit / wann sie zu den verständigen Jahren würde kommen seyn / volzogen werden; da dann ihre Fr. Schwester bey ihr ansuchete / sich hierin gegen ihrer lieben Eltern und Brüder Willen nicht zu wiederspenstigen. Dieses ist der ganze Inhalt / Hochwerter Fürst / sagete sie / welchem nachzukommen /ich mich schon im Anfange von mir selbst erkläret habe. Sie brachte dieses mit einer angenommenen Ernsthafftigkeit vor / und gedachte nochmals / ihn damit hinzuhalten / würde auch in ihren Gedanken nicht betrogen seyn / wann sie nur der weiten Außstellung des Beylagers nicht gedacht hätte; welches dem verliebeten Fürsten allen Glauben benam / sintemahl die Großfürstin ihm [524] viel andere Verheissungen getahn hatte / und er daher / nach freundlicher Umfahung / die ihm züchtig gegönnet ward / diese Antwort gab: Mein Fräulein / ich bedanke mich sehr der beschehenen Erzählung deß schrifftlichen Inhalts; habe aber durch Einlieferung des Briefes meiner Fr. Schwester Befehl und Willen nur zur helffte erfüllet / nachdem sie mir ernstlich aufferleget / ich ihr auch mit einem Handschlage mich verbindlich machen müssen / alle Mittel zugebrauchen / daß / nachdem ihre Vortreffligkeit das Schreiben würde gelesen haben / ich solches auch zu lesen bekommen möchte; zweiffele nicht / es werde Eure Liebe ihr solches gefallen lassen / und mir dasselbe zuzeigen unbeschweret seyn. Ich weiß nicht / Durchl. Fürst / antwortete sie / ob meine Fr. Schwester diesen Befehl erteilet habe / wiewol Euer Liebe vorbringen der Unwarheit zubeschüldigen / mir nicht gebühren wil; nur dieses weiß ich wol /daß die Auffschrifft nicht zugleich an Eure Liebe mit /sondern nur allein an mich gerichtet ist / es währe dann / daß mein werter Fürst an meiner auffrichtigen Erzählung zweiffel tragen / und der Ursach wegen das Schreiben selbst lesen wolte / welches ich doch nicht eins fürchten noch gedenken wil. Dieses sey ferne von mir antwortete er; nur muß ich dem Befehl meiner Fr. Schwester geträulich nachkommen / dafern ich sonst nicht in ihre schwere Ungnade / die mir gar zu unerträglich seyn würde / fallen wolte. Bitte demnach von Herzen / mein Fräulein wolle umb eine frevelhaffte Bemühung zu hinterhalten / mir das Briefflein unbeschweret zeigen / nachdem ich so auffrichtig gespielet / daß / ob ichs gleich brechen müssen / mich dannoch der ersten Lesung gebührlich enthalten habe. Ach nein mein Fürst / gab sie zur Antwort / dann ob er dieses gleich noch so ernsthafftig vortragen würde /versichere ich ihn doch / daß ohn außdrüklichen schrifftlichen Beweißtuhm ich solches ihrer Liebe gar nicht trauen werde. Diesem nach stehe er nicht so hart auff des Briefes Besichtigung / sondern glaube meinen Worten / weil ich ja nicht hoffen wil / daß er mich von Anfang her dieser unser gemachten guten Kundschafft falsch gespüret haben solte. Nicht rede oder begehre ich solches / meiner Fr. Schwester / oder deren Willen mich zu widersetzen / wann es ja von ihr also solte geordnet seyn / sonden weil nur etliche wenig Worte darinnen enthalten sind / die mir eine Röhte abjagen könten / bitte ich nochmahls freundlich / seine Lesungs Begierden einzustellen / und wil Eure Liebe ich versichern / daß meine Fr. Schwester deßwegen gar keine Unganst auff ihn legen sol. Ach mein Fräulein / sagte er / sie wolle / bitte ich / ihren ergebenen Knecht durch solche Wegerung nicht zu hoch betrüben / dafern sonst meine Hoffnung ich nicht auff ungewissen und betrieglichen Trieb Sand sol gebauet haben / sondern meiner gebehtenen Verzeihung stat geben / damit sie nicht schier heut oder morgen mir meine Blödigkeit vorzulegen und schimpflich auffzurücken habe; umfing sie damit sehr inbrünstig / und nam die Kühnheit den Brieff in ihrem Busem zu suchen / wogegen sie sich / als viel Höffligkeit leiden wolte / sehr sträubete / aber endlich doch gewonnen geben muste / da er das Schreiben mit den spitzen Fingern ergriff / und zu sich nam. Als dieser Raub erhalten wahr / wolte dannoch das Fräulein sich einer schlauheit gebrauchen / und griffe nach der Leuchte /in Meinung das Licht auß zulöschen; aber der Fürst kam ihr zuvor / baht auffs neue um verzeihung / nam einen Abtrit und durchlase den Brief mit guter Bedachtsamkeit / löschete nachgehends daß Licht auß /setzete sich vor ihr in die Knie / und hielt folgende bewägliche Rede: Allerschönstes Fräulein / Euer Liebe händige [525] ich dieses Schreiben gebührlich wieder ein / dessen Inhalt ich weder loben noch schelten darff / so lange Eure Liebe ihre Wolmeinung darũber außzulassen bedenken träget; nur bitte ich nochmals um hochgünstige Verzeihung / daß ich mich der Gewaltsamkeit gebrauchet / und es durchzulesen / ihrer Liebe hinweg geraubet habe. Zwar ich gestehe ja willig und allemahl / daß der Liebe und Gunst ich unwirdig bin / welche von Euer Liebe mir erzeiget zuwerden / meine Durchl. Fr. Schwester unter so hoher Erinnerung ansuchet / daher ich forthin nicht weiters als noch dieses letzemahl / mich unterstehen wil / Eure Vortreffligkeit mit meiner inbrunstigen Bitte anzuliegen / daß / wofern möglich / dieselbe mir unbeschweret anzeigen wolle / ob von ihrer Gnade ich meine Vergnügung zugewarten / oder wegen meiner gar zu hoch gefasseten Gedanken / welche meine Fr. Schwester in mir ernähret / die endliche Urtel meines verbrechens anzuhören habe / dann wo dieselbe meinen würde / mich etwa in fernerer Ungewißheit hinzuhalten / muß ich zwar in ihren Willen mich schicken; weil ich aber über mein Herz und dessen Wirkungen weiter nicht zugebieten habe / als wann durch ihre tröstliche Erquickung / das geringe übrige Fünklein des Lebens darinnen auffgeblasen wird / so hoffe ich /es werde Eure Liebe nicht über wüterichs Art mit mir handeln / und mir nicht befehlen zuleben / wann alle Lebens Mittel mir entrissen sind / die einig und allein in diesem bestehen / und erhalten werden / was meiner Durchl. Fr. Schwester freundliches gesinnen von ihrer Durchl. bittet. Hiemit entging ihm alle Krafft /sich länger auff den Knien zuerhalten / legte sich sanfft neben ihr nieder / und gedauchte ihn nicht anders / als daß ihm die Seele außfahren wũrde. Das liebe Fräulein kunte wegen der Tunkelheit seine Mattigkeit nicht erkeñen / und befahrete sich doch deren /deßwegen sie ihm die Hand fassete / und als er dieselbe als ein Todter Mensch hangen ließ / empfand sie daher seine harte Ohmacht / welche sie mit Trähnen beweinete / und bald darauff allen möglichen Fleiß anwendete / ihn mit den Wein aufzumuntern / welchen sie ihm nicht allein unter das Gesichte sprützete / sondern nachdem sie ihm das Wammes gar auffgerissen / in den Busem goß / dz er dessen Krafft endlich emfindend / seine Entwerffung durch einen schweren Seuffzen zu verstehen gab / da sie zu ihm sagete: Hat mein Fürst so grosse Beliebung / sich und mich zutödten / warumb hat er solches dann nicht heut bald anfangs mit seinem blutigen Schwerte verrichtet? dann also hätte ich dieser Angst ja noch entũbriget sein können. Ach davorbehüte mich Gott / allerschonstes Fräulein / antwortete er / daß zur Verkürzung ihres Lebens ich behülfflich seyn solte; nur bitte ich dienstlich / sie wolle doch eines so unwerten Menschẽ halben / als ich bin / sich weiters nicht bemühen / sondern ihn den Unglüks Lauff dereins endigen lassen / weil nach dessen leztem ihn bißher stets / aber unter viel sũsserer Hoffnung / verlanget hat. Mein Fürst hat durchauß keine Ursach / sagte sie / dergleichen Rede zuführẽ / es währe dann / daß er mir gar verbieten wolte / meine Erklärung auff meiner Fr. Schwester begehren außzulassen / auff welchen fal ich mehr ihn / als er mich vor einen Wüterich anklagen müste; solches nun abzuwenden / wolle mein Fürst Zeit nehmen / sich zuerhohlen / und mir auch selbige zugönnen / damit ich mich ein wenig bedenken möge. Hierauff richtete er sich wieder in die höhe / drückete und küssete ihre Hände mit solcher inbrünstiger Bewägung / daß sie es länger mit stilschweigen nicht ertragen kunte / ein Herz ergriff / und ihm diese Erklärung gab: Durchleuchtigster Fürst; wann die Jungfräuliche Blödigkeit und [526] Schahm / die mein Herz bißher stets unter ihrem vollen Gehorsam gehabt / mir so viel Kühnheit zugeben wolte / daß der Mund außreden dürffte / was das Herz ihm gnug bewust ist / alsdann würde ich nicht allein hie in dieser Einsamkeit /sondern vor der ganzen Welt frey öffentlich bekennen / daß Eurer Liebe ich mehr als aus einer Ursach / zu alle seinem ehrliebenden Willen ohn Ausrede verbunden bin. Vor erst sehe ich an die Vertrauligkeit / wel che zwischen Euer Liebe und meinen Herrn Brüdern /auch meiner Fr. Schwester ist / die allein gnug währe / mich Euer Liebe willen zu unterwerffen. Hierzu kömt die hohe Bedienung / welche dieselbe meinen ietzgedachten nähesten Blutsverwanten Zeit ihres Elendes erzeiget / welche von Leches und Neklam mir grosses teils erzählet sind. Aber wañ solches alles schon nicht währe / meinet dann mein Fürst / daß ich so unempfindlich seyn / und nicht mit Dankbarkeit erkennen würde / daß er bloß durch das anschauen meines unachtsamen Brustbildes sein Herz mir zugewendet / und darauff alsbald so wol bey mir als bey meinen lieben Eltern gebührliche und mehr als gebũhrliche Ansuchung getahn? was wirds dann erst seyn und gelten / wann ich der heutigen Erlösung eingedenk bin / die weder Zeit noch Unglük noch wolergehen auß meinem Gedächtniß reissen sol? muß ich dann nicht gestehen / mein Fürst / daß ich schũldig bin /mich vor die Eure zuhalten? aber ich vernehme über diß alles / daß meine Herren Brüder / und Fr. Schwester / die mir zugebieten haben / den Schluß schon abgefasset / ich solte des Durchleuchtigsten Großfũrsten auß Meden seine verlobete seyn; da sie zugleich die Versicherung hinzu tuhn / meine Herzliche Eltern werden solches vorgenehm halten / wie ich dann an deren Willen zu zweiffeln keine Ursach habe / zugeschweigen / daß inkünfftig mir noch dergleichen Gefahr zustossen möchte (ach ja / ich fürchte sehr / sie werde nicht aussen bleiben) auß welcher ohn ihrer Liebe Hülffe und Beistand ich nicht errettet werden könte; und also mein hochwerter Fürst mich noch mehr ihm verbunden machen dürffte wann ich gleich anjetzo aller Vergeltungs-Schuld frey wåhre; hätte schier wegen Menge meiner Pflichten ausgelassen /daß ohn gegebene endliche Erklärung ich meiner hochgeliebeten Fr. Schwester Hulde und Liebe schwerlich würde erhalten können. Dieses alles und jedes / Durchl. Fürst / dränget mich nicht weniger als sein mündliches bitten / und ängstiges verhalten / seiner Liebe dessen völlig und ohn alle Bedingung zuversprechen / was einer geträuen verlobeten Braut ihrem Bräutigam und künfftigen Gemahl schuldig ist /wil solches auch hiemit und krafft dieses / Euer Liebe mit gutem Wolbedacht unwiederruflich geleistet haben / jedoch mit diesem billichen und ernstlichen Vorbehalt / daß Eure Liebe mit mir als seiner verlobeten Braut zugeberden / zwar freye Macht haben / aber doch meiner Jungfräulichen Zucht und Keuscheit nicht weniger wider sich selbst / als wider andere Schuz haltẽ / und dieselbe in keinerley weise anfechten / viel weniger beleidigen oder kränkẽ sol / biß dahin aus freyem ungezwungenẽ willen / uñ ungenöhtigter einwilligüg ich in unsere endliche Heiraht gehehlẽ werde / welche dañ ũber die gebühr ich nit auffschiebẽ / sond'n hierin meiner Fr. Schwester willen / uñ der meinigẽ Anordnung gerne folgẽ wil. Also hat nun eure Liebe / hochwerter Fůrst uñ Bräutigam / von mir alles / wz ein züchtiges Fräulein über ihr Herz und Zunge bringen kan; und solte er mir die hinangesetzete Bedingung / die nur auff kurze frist sich erstrecken möchte / zweiffelhaftig machen wollen / so wil und kan ich ihn nicht anders als einen muhtwilligen Feind meiner wolgebührlichen [527] Zucht / ja als einen boßhaftigen Freveler / der kein Häärlein als die vorige Räuber besser sey / vor allen meinen Anverwanten anklagen / und was Dienst er mir gleich tuhn möchte / doch alles vor nichts rechnen / sondern vielmehr umb Rache wieder seine (wie ich nicht verhoffe) geũbete Boßheit / bey allen Göttern und Menschen inständig anhalten / wo zu doch mein allerliebster Fürst und versprochener Bräutigam / weiß ich gar gewiß /keine Ursach geben wird. Arbianes aus ůbermässiger Freude bezwungen / kunte seine hohe vergnügung länger nicht einhalten / umfing sie mit inniglichen ehrliebenden küssen / deren ihm etliche in züchtiger Scham bezahlet wurden / und fing nachgehends also an: Durchleuchtigstes herzallerliebstes Fräulein / mit was dũchtigen Worten sol odẽr kan vor diese überhohe Gunst und Gnade ich mich bedanken? Ach nehmet von mir das begierige Herz / welches bereit ist / viel lieber alle Welt Angst auszustehen / als zu gönnen /daß in meiner gegenwart ihrem Leibe oder Willen einige Wiederwertigkeit angetahn wũrde. Ich gestehe zwar / mein unvergleichlicher Schaz / daß der hinzugesetzete Vorbehalt meinen hitzigen Liebesbegierden sehr zuwieder ist / nachdemmahl ihre Liebe dasselbe vor ein ungebührliches hält / und anklagen wil / was Gott den jungen Eheleuten selbst gönnet und frey gibt; jedoch aber wil ich mich auch in diesem Stük ihrem Willen gemäß verhalten / mit angehängter sehr demühtiger bitte / mir eine gewisse Zeit zubestimmen / zu welcher diese Bedingung sol auffgeruffen seyn. Ach mein Schaz / antwortete sie / dringet nicht weiter in mich / sonst werde ich gezwungen / mich vor euch mehr zufürchten / und zuverwahren / als euch zu lieben; Zeit zu berahmen / stehet keinem Fräulein zu /und fürchte sehr / meine Fr. Schwester werde mehr eilen als mir lieb seyn wird; aber dessen sey mein Fürst und wahrer herzens Freund versichert / daß wo ich meinen lieben Eltern nicht in reiner jungfräulicher Keuscheit wieder geliefert werde / wil ich demselben nun und ni ermehr / weder geträu noch hold seyn /der mir solches hindern und abzwingen wolte. Sonsten hat mein Fürst sich gar zu weiter aussetzung unser Heyraht so groß nicht zubefürchten / weil er mit meiner Fr. Schwester so wol und brüderlich daran ist /daß dieselbe ihm allen Vorschub tuhn wird. Dieses sagete sie mit grosser Scham / nur daß sie seiner heftigkeit durch solche gemachte Hoffnung einen Zaum anlegen möchte; wie er dann sich hierauff erklärete /sich selbst zu überwinden / und in den Schranken ihres Willens sich zuverhalten; welches dann das liebe Fräulein so froh und kühn machete / daß sie ihm mannichen Kuß lieferte / biß ihr endlich die müdigkeit den Schlaf brachte / da sie ihn höchlich baht /seine Ruhstete von ihr absonderlich zunehmen / wo er sonst ihr die Freyheit ohn Furcht zuschlaffen gönnete. Ja mein auserwähltes Seelichen / antwortete er / ich erkenne mich allerdinge schuldig / ihrer Liebe hierin zugehorsamen; hielt doch noch umb ein Viertelstündichen an zum Gespräch / und daß er sich aller ehrliebenden ergetzung an ihrer unsäglichen Schönheit / als ein versprochener Bräutigam gebrauchẽ möchte; welches sie ihm nach vorgeschriebener gemässigter Weise einwilligte. Ehe dann diese kurze Zeit verfloß /wurden sie etlicher Reuter auff der Gasse hin uñ wieder reitend gewahr / welche vor der Inwohner Hauß Tühren anklopfeten / deren einer auch mit zimlichem ungestüm an ihr Tührlein stieß / und eingelassen zu werden begehrete. Worüber das Fräulein so heftig erschrak / daß sie als ein Espinlaub zitterte. Wolfgang machte die Tühr alsbald auff / und fragete nach seinem begehren; da dieser von ihm wissen wolte / ob nicht ein [528] junger Ritter in blau angelauffenem Harnische mit güldener Verblümung / eine schöne adeliche Jungfer im himmelblauen Silberstük bekleidet / in oder durch / oder neben dieses Dorff hinweg geführet hätte; welches das Fräulein hörend / nicht anders meinete / als der Wendische Råuber hätte sie schon wieder in ihrer gewalt; rückete auch gar hart an ihren Liebesten und sagete mit sanfter wehmühtiger Sti e und zitterndem Leibe; Ach mein auserwåhlter Freund uñ Lebensschaz / ach schützet die eurige; gewiß gewiß lässet der alte Räuber mich suchen / dem ich doch lebendig nicht zuteile werden wil. Mein Seelen Schaz /antwortete er / gebt euch doch zu frieden / und erschrecket nicht so hart / wir sind ja nicht alsbald gefunden / ob man uns gleich nachfraget; dann des jungen Bauren Antwort gibt uns anzeige gnug / daß er uns zuverrahten nicht gemeinet ist. Wie er dann dem Reuter diesen bescheid erteilete; er hätte den ganzen Tag biß in die sinkende Nacht hart vor dem Dorffe in einem Garten ohn unterlaß gearbeitet / aber dergleichen Leute nicht vernommen / würde auch ausser allem zweiffel hieselbst vergeblich nachfragen / massen eine Stunde vor Abends ein vorübergehender Bohte / welchen er kennete / berichtet / er hätte ein sehr schönes Weibesbild mit einem geharnischten Ritter nach dem Iselstrohm zureiten sehen / und wie ihn gedäuchte / währe sie mit gutem willen von dem Ritter geführet worden. Wo ist diser Bohte dann geblieben? fragete der Reuter. Davon weiß ich nichts zu melden / antwortete er / nur daß er wegen seiner Reise grosse Eile vor gab / und noch vier Meile diese Nacht zu lauffen hätte / wohin er sich nun gewendet / kan ich gar nicht wissen. So höre ich wol / sagte der Reuter / ich werde meinem Fürsten das Bohtenlohn nicht abverdienen; kehrete sich hiemit zum Dorffe hinein und ritte seinen Gesellen nach / deren Wolfgang 10 gezählet hatte / und sie alle miteinander / wie fleissig sie auch nachfrageten / gar keine weitere Nachricht erhalten kunten. Unsere Verliebeten zweiffelten nicht /es würden des Wendischen Fürsten Ausspeher seyn /welcher etwa mit etlichen Völkern aus der Schlacht entrunnen / und an einen sichern Ort sich gelagert håtte; woran sie doch sehr irreten / und dadurch sich in grosse trübseligkeit und angst stürzeten. Dann es wahren die von Herkules ausgeschikte Reuter / mit welchen sie fein sicher hätten können überkommen; aber die himlische Versetzung wolte ihnen ihre Vergnũgung so frühzeitig nicht zuschicken / sondern sie musten zu ihrer besserung zuvor scharff bewehret werden / und einen herben Becher der Wiederwertigkeit austrinken / wie hernacher folgen wird.

Wir wenden uns aber wieder hin nach dem sieghaften Kriegsheer / bey welchem der alte GroßFürst mit seinen Kindern sich in aller fröligkeit finden ließ /weil sie annoch gute Hoffnung hatten / Arbianes würde sich schier einstellen; wie dañ dazumahl seine 150 Reuter mit dem erschlagenen jungen Wendischen Fürsten / wiewol zimlich späte ankahmen / uñ den Bericht einbrachten / ihr Oberster hätte diesen mit eigener Hand nidergehauen / und nachgehends nicht geringe mühe gehabt / das flüchtige Fräulein / welche ihn vor einẽ Feind gehalten / zuerhaschen / und aus der Ohmacht wieder zurechte zubringen / da er inzwischen ihnen hart befohlen / nicht zuseumen / sondern mit dem erschlagenen fortzugehen; doch hätten sie ihn endlich gesehen das Fräulein vor sich auff dem Pferde führen / und als sie in die 400 flüchtige Feinde durch den Strom gesehen hindurchsetzen / und durch winken ihm solches zuverstehen gegeben / währen sie gewahr worden / daß er mit ihr den sichersten Weg[529] Südwerz genommen / worauff sie ihn bald aus dem Gesichte verlohren / weil sie selbst umb gefahr willen den Strom auffwarz gehen müssen / und den gar zu häuffig herzu dringendẽ flüchtigen Feinden sich entzihen. Worauff Valiska die Anwesende tröstete / und zu ihnen sagete: So wollen wir uns zufrieden geben /dann Arbianes ist ein so verständiger Fürst / welcher mit Gottes hülffe schon Mittel und Wege finden wird / entweder durch zuko en / oder sie auff eine kurze Zeit in gute gewahrsam zubringen. Die alte GroßFürstin ward hiedurch in etwas getröstet / daß sie bey ihren Schwieger Töchtern sich frölicher erzeigete /weder vorhin / zwischen welche sie sich gesezt hatte /und es nicht wenig beklagete / daß sie mit Fr. Lukrezien nicht Unterredung halten kunte / weil sie kein Teutsch verstund / wiewol Valiska sich als eine Dolmetscherin bey ihnen vielfältig gebrauchen ließ. Es meldete sich abermahl ein Teutscher Kriegs Knecht an / vorgebend / man hätte mit dem gefangenẽ Wendischen Obersten Niklot viel Mühe / welcher nicht allein seine verbundene Wunden auffrisse / sondern alle Gelegenheit suchete / sich selbst zuentleibẽ; würde demnach das beste seyn / daß er fest gebunden würde. Der alte GroßFürst antwortete: Dieser wird ohn zweifel der verrähterische Bube seyn / welcher mich nicht allein mit List von meinem Schlosse gelocket / sondern hand an mich gelegt / und gleich einem gemeinẽ Bauren mich gebunden fortgeschleppet massen ich mich erinnere / daß derselbe von seinen Leuten Herr Niklot geneñet ward. Also ward ernstlich befohlen /man solte ihn fest an einen Pfal oder Leiter binden /den Wunden auffs beste Raht schaffen / und ihm allerhand Labung beybringen / dann es müste ihm seine Boßheit andern zum abscheuchlichen Beyspiel vergolten werden. Da wusten nun die Kriegsknechte ihm schon recht zutuhn / daß er gezwungen / Speise und Trank nehmen / und ihres willens geleben muste. Den unsern wolte die Zeit ohn Gespräch zu lange wehren /weil sie willens wahren / der Fräulein Ankunfft biß an die Mitternacht zuerwartẽ; Weil dann die alte Groß Fürstin gerne gewust hätte / durch was gelegenheit ihr lieber Herkules zu dem neuen Glauben kommen währe / welchen er so hoch und über alles schätzete /und sich gleichwol erinnerte / wie lieb ihm ehemahls ihr landüblicher Gottesdienst gewesen / bey dem er so manniches andächtiges Opffer vor sich hätte verrichten lassen / begehrete sie an ihn / ihr die ursach und gelegenheit solcher seiner Glaubensverenderung anzuzeigen. Herkules hörete ihr begehren mit sonderlicher Freude an / und taht einen inniglichen Seuffzer zu Gott / er möchte seinem Donner durch seine unverständige Zunge Krafft uñ Nachdruk verleihen / und die Herzen seiner lieben Eltern rühren / daß sie zur Erkäntniß der Warheit gebracht würden. Wie er in diesem andächtigen Wunsche stilleschweigend saß /gedachte sein Gemahl / er trüge dessen etwa bedenken / daher sie ihn in Persischer Sprache erinnerte / diese gute gelegenheit zu seiner Eltern Bekehrung nicht vorbey zulassen / sondern vielmehr mit beyden Händen zuergreiffen; vielleicht schickete es Gott also /daß seine Fr. Mutter selbst anlaß darzu geben müste; fuhr nachmahls fort / und sagete auff Teutsch zu ihm: Mein allerwerdester Schaz / lieber wegert euch nicht /unser Fr. Mutter begehren zu erfüllen / dann ich selbst habe vorlängst gerne wissen wollen / wie sichs mit euer Bekehrung zu dem seligmachenden Glauben begeben hat. Herkules gab durch ein freundliches Lachen seinen guten Willen zuverstehen / und fing also an: Gnädigste herzallerliebste Fr. Mutter; euer mütterliches Herz ruffet mir eine solche unaussprechliche Freude in mein Gedächtniß / [530] welche mich des zeitlichen pfleget vergessen zumachen / so daß meine Seele nichts höhers wünschet / als diesen sündlichen unnützen Leib zuverlassen / und mit allen außerwählten Kindern Gottes der himlischen Wollust in ihres Heylandes Gegenwart zugeniessen / deren Herligkeit keines Menschen Zunge beschreiben kan. O was elender Mensch und nichtiger Erdwurm würde ich seyn /wann ich zu dieser Erkäntniß der göttlichen allein seligmachenden Warheit nicht kommen währe / welche nunmehr mein Herz in dem Vertrauẽ zu Gott dermassen fest geankert hat / daß alles ũbrige / wie hoch es von der Welt mag gehalten seyn / mich nur wie ein unflätiger Koht anstinket. Nicht sage ich dieses / ob verachtete ich Gottes zeitliche Gaben / die er mir in kurzer Zeit häuffiger als einigem Menschen mag mitgeteilet haben / und ich / wann ein mächtiges Königreich zu kauffe währe / solches mit Golde wol an mich bringen könte / nachdem meines geträuen Bruders / Königes Ladisla / und meine Gelder fast nicht zuzählen sind / als die nach Silberwerd angeschlagen / an die 70000 Zentner oder Hundert schwehr sich belauffen; zugeschweigen aller zeitlichen Ehre und Herschafft / die mir unwirdigen im Parthischen / Persischen und Römischen Reiche aufgetragen sind / und zum teil fast auffgedrungen werden wollen. Noch wolte ich solches alles verfluchen / und als einen Wust in des Meeres Abgrund versenken / wann ich das allergeringste der zur Seligkeit notwendigen himlischen Erkäntniß davor entrahten solte. Mir zweifelt nicht / Gn. Fr. Mutter / diese meine Reden dünken euch kindisch / ja lächerlich seyn; und zwar eben so ist mirs anfangs mit meinem Bruder Ladisla auch gangen / daß er mich vor einen aberwitzigen Menschen hielt / welches ihn sider deß offt gereuet hat /aber es dazumahl nicht endern kunte; dann ehe Gottes Geist in des Menschen Seele den Glauben wirket /hält er göttliche Weißheit vor ein kindisches Affenwerk; und solches alles kömt von dem argen Menschen-Feinde dem leidigen Teufel her / als der nicht leiden kan / daß dem Menschen das Licht der Erkäntniß Gottes scheine / und dadurch sein schändliches Reich verstöret oder doch verringert werde; wie er dann ein Hasser und Verleumder alles guten ist. Wo aber die Furcht Gottes sich nur zuregen beginnet / so daß der Mensch gedenket und nachsinnet / was doch nach diesem kurzen vergänglichen Leben seyn werde /weil unsere Seel nicht verschwindet / sondern ewig bleibet / dann ist er schon bemühet / etwas zufassen /worauff er sich eigentlich verlassen / sein Gewissen befriedigen / und sein künfftiges höchstes Gut fest gründen und bauen möge / weil doch in dieser Sterbligkeit nichts gewissers ist / als die Ungewißheit unsers wolergehens; nichts beständigers / als des falschen Glückes Unbeständigkeit. Diese Gedanken /herzliebe Fr. Mutter / haben in meinen kindlichen Jahren mich offt angefochten und gereizet / auch in eurer Gegenwart (wo ihrs euch erinnern könnet) zu wünschen / wie gerne ich wissen möchte / was eigentlich Gott währe / wie er von uns wolte geehret seyn /und womit er nach diesem Leben die wahre Frömmigkeit beseligen wolte. Ein solches aber lehrete mich weder Krodo noch die Irmen Seul / noch die vermeinete Göttin / die man zu Magdeburg verehret. Fragete ich dann die Pfaffen darum / lacheten sie mich noch darzu höhnisch aus; warumb ich durch die Wolken steigen / und in der himlischen Götter geheimen Raht mich einmischen wolte; Ich solte mich an ihren Gottesdienst halten / dem Vaterlande gute Dienste leisten / und der Tugend mich befleissigen / dann würde mir nach diesem wol seyn / und könte ich wol gar dadurch erwerben / daß ich dereins [531] unter die Zahl der Götter auffgenommen würde; an welcher lezten Rede ich ein Greuel hatte / und mit den ersten muste ich mich abspeisen lassen / ohn daß wol etliche hinzu setzeten /ich solte mich der Fröligkeit dieses Lebens gebrauchen / und mit guter Geselschafft lustig und guter dinge seyn. Andere; ich solte nur frey auff die Feinde der Teutschen Freyheit streiffen / und von der eingehohleten Beute der Pfaffheit milde Opffer zukommen lassen / alsdann würde ich eine hohe Stuhffe im Himmel erwerben; Und also ging ich unwitziger und verwirreter von ihnen / als ich kommen wahr. Mein damahliger Römischer Lehrer Tibullus / gab mir des Römischen Bürgemeisters Tullius / und anderer gelehrter Heiden Schrifften von der Götter Wesen zulesen / in welchen ich gleichwol noch etwas fand / aber in Warheit / nur ein Fünklein / welches unter der Vemunfft-Aschen ein wenig gli ete und hervor blickete / und ich dannoch dadurch auffgemuntert ward /den Sachen etwas fleissiger nachzudenken; sahe und befand / dz gewißlich ein Gott seyn müste / der dieses grosse Rund erschaffen hätte / und in unverrükter Ordnung / welche wir vor Augen sehen / erhielte /auch demnach seine Herschafft ungleich weiter / als über das enge Teutschland reichen wũrde. Mein Bruder Ladisla wird sich erinnern können / wie offt ich mich gegen ihn vernehmen lassen / daß weder Krodo /noch Irmen Seul derselbe Gott seyn könte / welcher die Welt in ihrem Stande und Wesen erhält; und daß ichs vor einen Unverstand hielte / daß man Gott unter so ungestalter Bildung schnitzen und mahlen dürffte. Wie offt hat dieser mein Bruder / wann wir mit einander zur Luft ausritten oder gingen / mich gefraget /worauff ich so emsig gedåchte / und was ich so viel und offt hinauff sähe gen Himmel / daß ich alles Gesprächs drüber vergässe; ich ihm aber allemahl zur Antwort gab: Ich betrachtete entweder der Sonnen Wunderlauff / oder etwas anders am Himmel; wiewol alsdann meine Gedanken sich immerzu nach dem mir unbekanten Gott richteten / und ihn herzlich anfleheten / er wolte sich mir gnädig offenbahren / damit ich ihn erkennen / und nach seinem Willen leben möchte /weil ich keinen Menschen zusuchen noch zufinden wüste / von dem ich dessen könte berichtet werden. Lieber Sohn / sagte hieselbst die Großfürstin / warumb aber stundestu so hefftig nach solcher Erkäntniß und Wissenschafft? Gn. Fr. Mutter / antwortete er; ich wahr dessen versichert / daß unsere Seelen nicht umkommen / wann sie von dem Leibe durch den zeitlichen Tod abgeschieden werden / sondern daß ihnen hernach von Gott also gelohnet werde / wie mans in diesem Leben verdienet hat; solte ich dañ nicht geflissen seyn / mich umb mein künfftiges / das ewig wehret / mehr zubekümmern / als umb das hiesige / dessen wir keine Stunde lang versichert sind? Nun sahe ich aber / daß ich meiner Seele nicht füglicher noch beständiger rahten könte / als wann ich des wahrẽ Gottes Erkåntniß erlangete / unter dessen Gewalt wir alle sind; auff daß ich hernach eigentlich lernete / was derselbe Gott von denen erfodert und haben wil /denen er das höchste Gut nach dieser Sterbligkeit gedenket mitzuteilen. Zwar es bekümmern sich leider wenig Menschen umb dieses / aber mit ihrem unaussprechlich grossem Schaden / welches sie in dieser Welt nicht empfinden / aber es ihnen doch nicht aussebleiben wird. Nun auff mich selbst wieder zukommen / ob ich gleich dazumahl des einigen wahren Gottes Erkäntniß annoch nicht hatte / so erstrecketen sich dañoch so weit meine kräfftige Nachsinnungen /daß demselben die Unfläterey / Unreinigkeit / Ungerechtigkeit und Bosheit nicht gefallen könte / weil er[532] selbst das volkommenste Gut seyn / und nichts als gutes / das ist / Erbarkeit und Tugend / von uns Menschen begehren müste; daher ich weiters schloß / es würde eine vergebliche Hoffnung seyn / wann man Gottes Zorn wider die Gottlosigkeit durch Opffer und der unvernünfftigen Tihre Blut versöhnen und stillen wolte / sondern es müste das b se hinweg getahn /und nach Ordnung der löblichen Gesetzen gestraffet werden / welches mich dañ jensmahl bewägete / den frechen unzüchtigen Buben Ingevon / wiewol vor freyer Faust zufelten / wodurch ich schier in Lebensgefahr hätte gerahten dürffen. Ich muß mich aber erinnern / was vor eine Erzählung meine Gn. Fr. Mutter vor dißmahl von mir gewärtig ist / damit ich deren /und anderer anwesenden Geduld mich zuhören / nicht mißbrauche; welche ingesamt an mir ein Beyspiel vor Augen haben / an dem die Barmherzigkeit GOttes so wunderlich und kråfftig hat wollen erscheinen lassen /daß niemand von der Seligkeit solle ausgestossen werden / der ihr herzlich nachtrachtet / und der allerhöchste GOTT sich keinem Menschen wolle verbergen / der ihn von herzen zuerkennen begehret; dann ich bin dessen in meinem Glauben versichert / Gott habe meine Seuffzen / die in meinem Heydentuhm ich ihm zuschickete / gnädig erhöret / wiewol auff solche Weise / die ein Unverständiger mehr vor eine Straffe /als vor eine Woltaht schätzen würde / und ist doch meine allergröste Glükseligkeit gewesen / so mir jemahls begegnet ist / und in dieser Welt begegnet kan; nehmlich / da ich im Böhmer Walde von den Pannonischen Räubern gefangen / von Römischen Buschklöpfern ihnen wieder abgenommen / und von ihnen in der Stad Rom vor einen Leibeigenen verkauffet ward. O der glükseligen Leibeigenschaft! dann dieselbe hat mich nicht allein zu der Erkäntnis Gottes fein geschikt gemacht / in dem sie den hohen Muht des stolzen fleisches in mir gebrochen / und zur Demuht mich angehalten / sondern mir auch anlaß gegeben /meine Seuffzer je mehr und mehr nach Gott zu wenden / welche auch nicht vergebens noch umbsonst vor der Himmelstühr angeklopffet haben. So vernehmet nun / Fr. Mutter / was Gott an mir vor ein Wunder getahn hat / und erkennet daher seine Liebe damit er uns armen Sündern zugetahn ist. Ich dienete dazumahl meinem Herrn zu Rom geträu und fleissig / mich schämend / daß ich meinen elenden Zustand den lieben meinigen zuschreiben und offenbahren solte; dann ich gedachte / es würde mir schimpflich seyn /wann ich nicht vor mich selbst Mittel und Weise ergreiffen könte / mich wieder in freien Stand zu setzen; welches sich doch nach meinem Willen nicht fugen wolte. Ich hatte anfangs einen harten Herrn / dessen Tochter bald darauff mir gar zugeneiget ward / und endlich sein Eheweib mich noch schlimmer liebete; ich aber baht den wahren mir annoch unbekanten Gott / daß er mich vor aller Unzucht und Schande gnädiglich bewahren / und mich wieder in mein Vaterland geleiten wolte. Als ich nun einsmahls mit solchen Gedanken des Abends auf meinem schlechten Lager einschlieff / kam mir in derselben Nacht dieses Gesichte im tieffen Schlaffe vor; Ein kleiner schöner Engel Gottes trat vor mir / mit überaus freundlichen Geberden / hatte in der rechten Hand einen offenen Brieff /an welchem ich diese Worte lase;Gottes Erkäntnis gehet über alles. In der Linken hatte er eine kleine Ruhte / daran hing ein Brieflein mit dieser Schrifft:Diese züchtiget und heilet. Als ich solches alles mit grosser herzensfreude (wie mich schlaffend däuchte) ansahe uñ betrachtete / redete der Engel mich also an: Mein Bruder / Gottes erbarmung beut sich allen Menschen [533] an / und wirket bey denen die ihn suchen und seine Erkäntnis begehren; so mache dich nun früh mit dem Tage auff die Strassen / da wirstu einen Mañ antreffen / welcher dir des Himmels Schlüssel zeigen /und auff deine Bitte gerne mitteilen wird. Nach welcher Rede endigung / däuchte mich / er in einen Winkel getreten / und unsichtbar worden währe. Bald hernach stellete sich ein heßlicher ungestalter Teuffel vor mir / mit feurspeiendem Rachen / und scheußlichen Geberden / ohn zweiffel / den die unwissende Teutschen unter dem nehmen Krodo verehren; derselb dräuete mir mit einer grossen Keule / uñ ließ sich zugleich vernehmen / dafern ich diesem falschen und verführischen Bilde (so nennete er den Engel) folge leisten würde solte mit seiner Straffkeule ich Zeit meines lebens geschlagen werden. Er währe derselbe wahre Gott / welcher bisdaher den Teutschen Königen und Fürsten wieder alle ihre Feinde Schuz geleistet /und des Landes Freyheit erhalten håtte. Kaum kunte er diese Dräuungen ausreden / da ging vorgedachter Engel auff ihn loß mit einem feurigen Schwert / vor welchen er sich im geringsten nicht schützen kunte /sondern unter zitternder Furcht davon lauffen muste. Gleich hierüber erwachete ich / hörete meine Pferde wrinschen und kratzen (dann ich schlieff im Mahrstalle) empfand anfangs etwas grausen wegen des teuflischen Gespenstes / aber bald darauff eine herzliche Freude / mich auff des Engels Trostund beystand verlassend / daher ich des lieben tages mit grossem verlangen erwartete / welcher kaum hervor ragete / da ich meine Kleider anlegete und mich auff die Gassen hinaus machete / die eine ab / die andere auff ging / wie mirs vorkam / der gewissen Hoffnung / Gott würde mir den durch seinen Engel verheissenen Lehrer zuschicken; stund auch nicht lange an / daß ein alter und hagerer Mann / ehrbahres ansehens mir auffsties /welcher unter einem langen Mantel ein zimlich grosses Buch verborgen trug. Diesen grüssete ich freundlich / und fragete ihn / was vor ein Buch das währe; dann der Mantel schlug ihm ohngefehr vorne auf / dz ich dasselbe eigentlich sehen kunte. Er aber nach geschehenem Wiedergrusse antwortete mir; Lieber Sohn / wer seid ihr / uñ warumb fraget ihr darnach? Ich bin ein Leibeigener Knecht / antwortete ich / wie meine Kette ausweiset / und durch blossen unglũksfal aus Fürstlichen Stand in dienstbarkeit gerahten; habe sonst vor diesem auch meine Lehrer gehabt / und liesse mich noch gerne in allem guten / sonderlich in göttlichen Sachen unterrichten / hoffe auch schier einen solchen anzutreffen / der meinen Begierden / die nach der erkäntnis des wahren Gottes streben / ein genügen tuhn werde; massen ich dessen versichert bin /daß / wann ich nur dessen Erkäntnis haben möchte /wolte ich durch unablässiges Gebeht schon bey demselben erlangen / daß ich aus der Knechtschaft wieder in freien Stand gesetzet würde. Der alte sahe mich an als in höchster verwunderung / weiß nicht was ihm an mir gefallen möchte / und gab mir zur Antwort: Schönster ädler jũngling / ich halte euch in warheit mitten unter eurer knechtischen Kette vor einen solchen / und wũnsche euch des almächtigen wahren und einigen Gottes Gnade zu eurem Gottseligen vorhaben / kan auch inbetrachtung eures äusserlichen wesens /nicht gläuben / daß ihr aus Spot oder verachtung solches redet; darumb folget mir unvermerket nach /dann dieses (auff sein Buch zeigend) ist des Himmels Schlüssel / und die einige geöfnete Pforte zur heilsamen erkäntnis des wahren Gottes / der allein Gott ist; dann alle Götter der Heyden sind falsche Götzen /aber der HErr / der einige / ewige almächtige Gott hat den Himmel gemacht / [534] und uns denselben zum ewiglichen Sitze erworben. O mein lieber Vater / antwortete ich; des Himmels Schlüssel ist mir hint diese Nacht im Gesichte verheissen / und zweifele nicht / eben ihr seid derselbe / welcher ihn mir mitteilen sol. Der Alte boht mir einen Kuß / und sagete: Lieber Sohn / nehmet von mir an den Kuß des Friedes / uñ folget mir nach / der Himmels Schlüssel sol euch mitgeteilet /und das Geheimnis der erkäntnis Gottes zur Seligekeit offenbahret werden. Ich wahr hierzu gar willig / und ließ mich von ihm in ein Hauß führen / da wir miteinander auff ein Gemach allein gingen / und er anfing mich zu unterrichten / was zur erkäntnis des wahren Gottes zu wissen und gläuben nöhtig ist; und als ich ihn fragete / woher ihm diese Wissenschaft und himlische Lehre kähme / davon ich noch nie etwas gehöret / auch in andern Bũchern nichts davon gelesen hätte /sagte er: Dieses Buch / welches ihr bey mir auff der Gassen gesehen / hält diese göttliche Weißheit in sich / und ist das aller älteste Buch und dz allerheiligste auff der ganzen Welt / in welchem durchaus nichts falsches kan gefunden werden / sintemahl es nicht aus Menschlichem Gehirn entsponnen / sondern etlichen wenigen sehr heiligen Männern von Gott selbst eingeblasen ist / auff dessen Befehl sie auch haben schreiben / und diese Lehre zu unser unterrichtung und Seligkeit hinterlassen müssen / da zwar die Feinde der Warheit allen Mensch- und möglichen fleiß angewendet / wie sie dieses Buch samt der darinnen enthaltenen Lehre möchten vertilgen und aufheben / ist ihnen aber unmöglich gewesen / und wird ihnen wol / so lange die Welt stehet / unmöglich bleiben / nachdem unser Gott selbst uns die versicherte Zusage getahn hat / daß weder Teuffel noch Menschen diese Lehre ausrotten / oder dieses Buch vertilgen sollen. Hierauff fuhr er fort / mich in den ersten Häuptstücken der Christlichen Lehre zu unterweisen / und vermahnete mich endlich / wañ ich des vorhabens währe / den wahren Gott aus der Christlichen Lehre zuerkennen /müste ich zugleich auch den steiffen Vorsaz haben /die wahre ungefärbete Gotseligkeit in meinem ganzen Leben fortzusetzen / aller Gottlosigkeit / Untugend /Unzucht / Völlerey / und andern Lastern / wie sie nahmen haben möchten / mich zuenthalten / und hingegen die Warheit / Keuscheit / Gerechtigkeit / Versöhnligkeit / Geduld / Mässigkeit und insgemein alle Zucht und Erbarkeit zu lieben und nach äusserstem vermögen zu üben geflissen seyn; insonderheit müste ich an der einmahl erkanten Warheit fest und beständig halten / und weder durch Wollust / noch Noht /weder durch Gefahr noch Leyden / weder durch Lebensbegierde noch Todesfurcht mich davon abtreiben lassen; welches da ichs ihm aus gutem Herzen versprochẽ hatte / führete er mich mit sich in die Christliche Versamlung / woselbst ein ander Lehrer aufftrat /etliche Christliche geistreiche Gebehter ablase / und darauff etliche Worte aus obgedachtem heiligen Buche / welches man die heilige Schrifft / oder Gottes Wort nennet / erklärete; nachgehends die Anwesenden zur beständigkeit im Glauben / zur Geduld / Gottesfurcht und frömmigkeit vermahnete / das Gebeht wiederumb zu Gott hielt / und damit die Versamlung von einander gehen ließ / ihnen daneben vermeldend /welches Tages / und zu welcher Stunde die zusammenkunft zum Gebeht uñ zur unterrichtung solte wieder gehalten werden. Mein erster Lehrer aber schenkete mir ein Gebeht- und Glaubens-Büchlein / welches man die Christliche unterrichtung neñet / befahl mir /alle tage eine Stunde zu ihm zuko en / uñ tröstete mich herzlich in meiner Leibeigenschaft / unterrichtete mich auch täglich / und zeigete mir die unbewäglichen Grundfeste / [535] auff welche diese Lehre gebauet ist / und fest bestehet / daß die Pforten der Hellen selbst sie nicht überwältigen noch erschüttern können / da ich dann in Erkäntniß dieses heilsamen Glaubens wol zunam / und dem frommen Lehrer zeit meines Lebens werde zudanken habẽ. Ich gestehe auch gerne / daß bloß allein die Liebe zu dem Christentuhm mich abgehaltẽ hat / meinen lieben Eltern den Zustand meiner Knechtschafft zuzuschreiben / weil ich mich gar zeitig fürchtete / man würde mir diesen unbekanten Glauben in meinem Vaterlande schwerlich zulassen / wie ich dann dessen gnug zu funde kommen bin; ja mein liebster und geträuester Ladisla selbst durffte mir bedraulich gnug zuschreiben / wie er mich wegen meines Christentuhms anklagen / und zum Wiederruff zwingen wolte; nachdem er aber sahe / daß alles vergebens wahr / geduldete er meinen Glauben / und ich seinen Unglauben / biß ihn Gottes Barmherzigkeit erleuchtete / daß er seine nichtige falsche Götzen fahren / seiner armen Seele rahten ließ / und den wahren einigen Gott bekennete. Also sehet ihr nun / Gn. Fr. Mutter /daß meine damahlige Leibeigenschafft / welche die meinen vor einen sonderlichen Unfal und Straffe rechnen / mir ungleich besser und heilsamer / als meine Freiheit und Fürsten Stand / ja als mein zeitliches Leben gewesen sey / weil eben dieselbe mich an solchen Ort gebracht hat / wo selbst mir die heilsame Lehre zur künfftigen himlischen Seligkeit hat können mitgeteilet werden / und hat mein Gott an mir erfüllet / was ein grosser Christlicher Lehrer Paulus genant /an einem Orte schreibet / daß denen / die Gott lieben /alle Dinge / dz ist / nicht nur die glüklichen / sondern auch die wiederwertigen Dinge zum bestẽ dienen müssen. Sehet / herzliebe Fr. Mutter / also hat mein wunder-gnädiger Gott mich geführet / uñ sich über mich erbarmet / welches mir doch der hellische Feind nicht gönnen wollen / der sich durch seine Werkzeuge die leidigen Pfaffen bemühet hat / mich und meinen heiligen Glauben bey meinen lieben Eltern in Verdacht zubringen / ob hatte ich mich zu einem häuffen gottloser frecher Buben gesellet / welche nichts als üppigkeit und Schande begehen / abscheuhliche Vermischungen / heimlichen Mord und zäuberische Künste: reiben / die wahre Gottheit verachten / und mit kurzen zusagen / die ärger als das tumme Vieh leben /und nit werd seyn / daß sie der Erdbodem trage und ernähre. Nun stelle ich euch aber diese meine Geselschafft dar / umb nachzusinnen / ob jemand unter ihnen allen sey (dann wir sind Gott Lob / alle eines Christlichen Glaubens) von dem ihr solchen gottlosen teuflischen Sinn euch auch nur vermuhten köntet /und hoffe zu meinem Gott / er werde den boßhafftigen Pfaffen auff ihren Kopff vergelten / was sie mir zugerichtet / und ihnen doch / Gott sey ewig Lob / nit hat gelingen müssen; dann ich vor mein Häupt bin ganz nicht willens / mich im geringstẽ an ihnen zurächen /weil ich dem / der über alles herschet / vorlängst schon alle Sache und Rache befohlen und heimgestellet habe. Hierauf fing Baldrich an: Ja mein Herr Bruder; freylich hat das teuflische Pfaffengeschmeiß alle Lügen-mittel hervor gesuchet / Eure Liebe bey unsern geliebten Eltern schwarz und verhasst zumachen / und kenne ich die Redlensführer sehr wol / denen mit der Hülffe Gottes kan gelohnet werden. König Ladisla mischete sich mit ein / und fing also an: Großmächtigster GroßFürst / Gn. Herr Vater; ich erinnere mich / was Gestalt ich der erste gewesen bin / der Euer Liebe meines Herkules Christentuhm zuwissen gemacht / und seine Schreiben von Rom übergeschicket / auch dazumahl grosses mißfallen an solcher seiner Enderung getragen; aber niemahls habe [536] ich mir einbilden können / daß seine Tugendhaffte Seele einen solchen Glauben solte angenommen haben / in welchem man zu allen Lastern Freiheit suchete und fünde; dann ich bin seines Lebens und Wandels bester Zeuge; so gedenke mein Herr Vater nicht / daß dieser sein Sohn / den alle Welt liebet und ehret / des wegen nach seinem Vaterlande verlangẽ getragen hat /daß er dereins die Herschafft daselbst überkähme /wiewol er von Gottes und Rechtswegen der billiche Erbe ist / dafern er überleben sol; sondern bloß die Begierde seine Eltern zusehen / und deren Wolfahrt zusuchen / hat ihn über Meer und Land gefũhret / da er sonst das trefflichste Fürstentuhm Morgenlandes /nehmlich Susiana wol besitzen möchte / in welchem mehr Goldgülden / als in Teutschland Pfennige zuheben sind / welches ihn auch so lange er lebet / vor seine Obrigkeit erkennen / und ihm jährlich und alle Jahr / drey Toñen Goldes übermachen wird / ob er sich gleich dessen zuentbrechen / äusserste Bemühung angewendet hat. Und wann gleich dieses nicht währe / so stehet ihm zu Rom der gleichmässige Gewalt- und Ehren-Stuel neben dem Käyser schon fertig / wann er sich nur darauff setzen wolte. In betrachtung dessen alles / wolle nun mein Herr Vater den Unwillen gegen seinen Sohn gänzlich fallen lassen; da er auch durch falsche Verleumdungen hintergangen ist / wird er mit Gottes Hülffe erfahren / wann er meinem und der ganzen erbaren Welt Zeugniß nicht gläuben kan / was vor einen Sohn er allen fro en zum besten an diese Welt gezeuget hat. Der GroßFürst hatte diese ganze Zeit ũber sich des Königlichen Ansehens sehr verwundert / welches Ladisla zuhalten wuste / hörete auch aus seinen ernstlichen Reden / daß ihm sein Vor bringen von Herzen ging / und antwortete ihm also: Großmåchtigster König / geliebter Herr Sohn; es ist nicht ohn / daß mein Vaterherz aus Mißverstand meinem Sohn der Gebühr nicht begegnet ist / aber bloß aus Furcht der Götter / deren Ehre ein jeder Mensch ihm billich låsset angelegen seyn / als lange er sie vor Götter achtet. Meinen Sohn habe ich nie vor einen Freund der Laster gehalten / aber wol dieselben / welche ihn zu dem neuen Glauben verleitet / weil man mirs dazumahl einmühtig also vorgetragen hat / und ich dessen nunmehr viel eines andern berichtet werde. Nun kan ich zwar den begangenen Irtuhm nicht allerdinge entschuldigen / dann ich hätte der blossen Anklage und Verleumdung nicht sollen alsbald Gehör geben / sondern der Verantwortung erwarten; jedoch kan mein Fehler / wie ich meyne / leicht verbessert /und das unterlassene ersetzet werden. Vor dißmahl hat meine Seele ihre völlige Vergnügung / daß der gütige Gott mir meine Söhne / Töchter und Anverwanten auff einmahl hat wollen zuschicken / von denen ich meinete / keinen nimmermehr wieder zusehen; Insonderheit aber / und vor allen andern / bin Euer Liebe ich hoch verpflichtet / daß dieselbe meinem lieben Sohn Herkules so geträue Geselschafft / und ein besser Herz / als seine Eltern selbst / hat erzeigen wollen / werde mich auch äusserst bemühen / es nach allem Vermögen zuersetzen. Nachdem es aber sehr späte ist / wil mir nicht gebühren / Eure Liebden ingesamt von der Ruhe noch länger auffzuhalten / in betrachtung / sie heut in der Schlacht ihre volle Arbeit gehabt / und ich selbst deren in etlichen Nachten sehr wenig genossen / ich auch nicht gläuben kan / daß in 24 Stunden einiger Schlaff in ihre Augen kommen sey; überdas werden wir geliebts Gott morgen zeitig gnug beyde Hände vol zurahten und zuschaffen finden. Dem Frauenzimmer wahr solche Erlassung nicht unangenehm / und begab sich ein jeder nach seinem Schlaffzelte / die Ruhe [537] einzunehmen / wiewol die GroßFürstin ihrer lieben Tochter wegen die ganze Nacht schlafloß blieb / und ihrer Trähnen nicht schonete.

Inzwischen lag dieses Fräulein mit ihrem lieben Fürsten auff dem Häu in grosser Herzens Angst / und hätte ohn Zweiffel vergehen müssen / wann der verliebte und nunmehr zimlich befriedigte Arbianes sie nicht mit allerhand TrostReden gestärket hätte. Dann die auß geschikten Reuter gingen schier die ganze Nacht / und kahmen vier unterschiedliche Hauffen an / da einer in der Güte / der ander mit pochen wissen wolte / ob nicht die in Himmelblau gekleidete Jungfer des weges hergeführet währe / aber von Wolffgang alle einerley Bescheid bekahmen / worüber dem lieben Fräulein der Schlaff bald verging / daß sie zu Arbianes sagete; ach mein teurer Schatz / hülffen uns doch die Götter nur auß dieser Gefahr / alsdann wolte ich an weiterem glüklichen Verfolg nicht groß zweiffeln. Hingegen stellete er sich geherzt und baht sehr /sie möchte ihr doch gefallen lassen / ein stündichen oder etliche zuschlaffen / damit sie durch Müdigkeit an der künfftigen Reise nicht verhindert würde; worin sie ihm endlich gehorchete / legete sich neben ihn /wickelte die Kleider fest um sich / und schlieff immerhin biß an den lichten morgẽ. Ehe dañ der Tag anbrach / trat Wolfgang zu Arbianes / und sagete in aller stille zu ihm; er fürchtete sehr / die Jungefrau würde in ihren schönen Kleidern schwerlich durchkommen / es liessen sich im Felde hin und wieder zustreuete Völker ohn Waffen sehen / als ob sie flüchtig währen / welche dann der Beute am meisten pflegeten nachzutrachten / daher hielte sein alter Vetter vor rahtsam / daß er Pferd und Harnisch nach der Stad brächte / und daselbst schlechte Bürger Kleider entlehnete / in welchen sie den geringen Weg zu Fusse gingen / welcher in anderthalb Stunden wol könte geendiget werden; wũrden demnach diesen Tag sich alhier auffhalten müssen / biß gegen Abend / dann wolte er sie im langen Korn biß vor die Stad bringen /da sie nach-gehends keine Gefahr mehr zufũrchten hätten. Arbianes lies ihm den Vorschlag wolgefallen /reichete ihm 20 Kronen / davon er alte Kleider und gute frische Speisen bezahlen solte / und legete sich noch eine Stunde schlaffen / biß die Sonne am klaren Himmel schiene / und durch den offenen Giebel ihre Strahlen auff sie warff / wodurch ihm der Schlaff gebrochen ward / daß er sich recht gegen sein Fräulein übersetzete / und die volko ene Schönheit ihres Angesichts betrachtete / dessen er so eigentlich noch nicht wahr genomen hatte. Das Brustbildichen stellete er neben sie / umb zu erforschen / ob es eigentlich getroffẽ währe / da er als ein Kunstverständiger einẽ zimlichen Mangel befand / dann die lebendige Farbe ihres zarten Angesichts wahr ungleich schöner als des Gemäldes / daß er endlich anfing: O du allerschönstes Engelchen / ist dann nur Böhmen und Teutschland so glũkselig / die volkommene Zier hervor zubringen / so muß ich ja billich von den glükseligsten mich mit rechnen daß ich in Teutschland kommen / und so hohe Gunst und Liebe bey diesem wunderschönen Fräulein erhalten habe. Das Fräulein erwachete / da er diese Rede anhuhb / stellete sich doch als schlieffe sie / um zuvernehmen / was vor eine Endschafft er seinem Wunsche geben würde; da er also fort fuhr: O mein Gott / wie sol ich doch der unvergleichlichen GroßFürstin Valiska gnug danken / daß sie mein Herz auffgemuntert / und die Kühnheit in mich gebracht hat / um dieses allerschönste Tugend ergebene fromme Fräulein zuwerbẽ / der ich mir sonst vorgenommen hatte / mich in meiner verborgenen Gluht selber zu verzehren / [538] und dieses Gemälde / welches doch den tausendsten Teil an ihre Schönheit nicht reichet / Zeit meines wenigen übrigen Lebens zuverehren. O aller liebreichstes Fräulein / wann wird die höchst gewünschete Stunde erscheinen / da an dieser volkommenen Schönheit / nach so langen unaußsprechlichen Liebes Schmerzen / in züchtiger ehelicher Liebe und vergnügung ich mich ersättigen werde? er wolte weiter reden / aber das Fräulein / welche ohn das sehr mitleidig wahr / kunte ihm ohn Bewägung länger nicht zuhören; so hatte sie auch ihren lieben Fürsten noch nicht recht beschauet / wie er ungeharnischt von Leibe und Angesicht eigentlich gestaltet währe / schlug deßwegen ihre klare Augelein auff / und empfand wegen getahner ehelichen Zusage nicht geringe Schahm im Herzen. Als sie ihn nun in seiner dünnen Kleidung vor sich in den Knien sitzen / und das Gemählde in der Hand halten sahe / richtete sie sich auff / daß sie gegen ihn zusitzen kam / und nach Wünschung eines frölichen morgens rühmete sie / wie sanfft und wol sie nach außgestandenem Schrecken auff diesem Häu geschlaffen hätte / auch sonsten sich sehr wol befünde Aber mein Hochwerter Fürst / sagte sie mit einem freundlichen Anblik / hat auch Eure Liebe etwas Ruhe gehabt? ach in was grosse Sorge / Angst und Gefahr ist er doch meinet wegen gerahten / da sonst / wann ich nicht währe / er in seinem trefflichen Großfürstentuhm wol ruhig und sicher sitzẽ / und aller zulässigen Wollust geniessen möchte. Hierauff setzete er sich zu ihr an die Seite / umfing sie mit inniglichen küssen / daß sie ihm einzureden nicht umhin kunte / hernach antwortete er ihr also: O Sonne aller Schönheit / O einiger Glanz und wärmender Strahl meiner Seele! schätzet mein Fräulein mich diese Stunde vor unglükselig / in welcher ich der allergrössesten Wollust genossen / und das volkommene Meister Stük des gütigen Himmels / an der Vortreffligkeit ihres wunderschönen Angesichts betrachtet habe? Mein Seelen Schätzchen / gläubet mir / daß mein Herz in grösserer Freude niemals geschwebet hat. Mein Fräulein / ihr / ihr seid mein Großfũrstentuhm; ihr seid meine sichere Wollust / und die einzige Ruhe aller meiner auffwallenden Gedanken / ohn welche nach diesem ich keine Stunde werde ruhen können. Ja hette der Himmel Eure Liebe gleich im nidrigen Baurẽ Stande lassen gebohren werden / und nur dieses Hütlein ihr eigentuhm wäre / wolte ich mein Medisches GroßFürstentuhm gerne damit vertauschen /und mich zum Haußknechte hieher vermieten / nur daß ich der allerdurchdringendesten Strahlen dieser voll-schönen Augelein (die Er zugleich kũssete) in meiner Seele empfinden / und gegenwärtig geniessen möchte. Die innigliche Liebe wolte ihm nicht mehr worte gönnen / sondern er saß als ein gehauenes Bilde mit unverwendeten Augen / dem allerschönsten Angesichte seiner Herzgeliebeten Fräulein gerade entgegen; wodurch das keusche fromme Herz durch mitleiden der Gestalt bewogen ward / daß sie selbst wünschete / schon bey ihren Eltern zuseyn / damit sie seine Seele in keuscher ehelicher Liebe völlig befriedigen könte; vor dißmahl aber boht sie ihm einen züchtigen Kuß / legte ihr Häupt an seines / streich ihn mit der zarten Hand über seine Augen und Angesicht her / und sagete; ihr mein ehren-höchstgeliebeter Fürst und Erretter / was finden doch eure Augen an mir sonderliches / welches eine solche unerhörete Liebe in eurem Hochfürstlichen Herzen erwecken solte / daß ihr um meinet Willen den Großfürstlichen Stand verlassen / und in bäurischer Knechtschafft euch zubegeben einwilligen woltet? vielleicht hat Libussa Euer Liebe etwas von mir erzählet / welches sich doch im wenigsten bey [539] mir nicht finden lässet; es sey aber wie ihm wolle / so befinde ich mich nicht allein unwirdig solcher gar zugrosser Liebe / sondern auch hart verpflichtet / dieselbe nach äusserstem vermögẽ mit allem Gehorsam / und was meinem Fürsten kan behäglich seyn / zuersetzen / dessen ich auch / sobald wir bey den lieben meinigen ankommen werden /mich in keinem begehreten und mir zuleisten möglichen Stücke entbrechen wil. Arbianes hatte sich wieder erhohlet / zog das Fräulein auff seine Schoß / und betrachtete ihr Angesicht mit sonderlicher Anmuht; hernach erinnerte er sich ihrer Reden / daß sie sich vor unwirdig so grosser Liebe gescholten hätte / und beantwortete es folgender Gestalt / in dem er sie immer steiff ansahe; O du unvergleichlicher Pracht aller Schönheit / sagete er; ja du volkommenes Muster der jungfräulichen Tugend und Wirden; könnet ihr beyde zugleich der Zungen es so gar ungestraffet hingegen lassen / daß sie sich an euch so hoch vergreiffet / und eure Werdigkeit in zweiffel zihen darf? mein löbliches und liebliches Seelichen / höret auff / euch selbst zuverachten und gebet nicht Ursach / daß ich etwas an euch hassen solte / welches mir doch unmöglich ist / gläubets bey meinem äide / daß es meinem Herzen lauter tödliche Stiche sind / wann ich solches anzuhören gezwungen werde / daß ihr unbarmherziger Mund wider die herliche Volkommenheiten wütet; lasset / bitte ich / die Warheit meiner Reden frey gehen / und tadelt nicht / was Gott selbst über andere weit erhoben hat. Was solte mir Libussa vorgeschwätzet haben? zwar ich lasse sie in ihren Wirden /als eine adeliche verständige Frau / aber von meiner Liebe hat ausser meiner Fr. Schwester kein einiger Mensch ein Wort auß meinem Munde gehöret / auch GroßFürst Herkules selber nicht. Ach mein teurer Fürst / antwortete sie; eben als wann auff diesem unachtsahmen Häu ich mich von ihm zu solchem Stolze würde auffblasen lassen / daß ich mich wirdig schätzete / um deret Willen wol Großfürstliche Herren zu Bauer Knechten gedeien solten; nimmermehr wird mein Schaz ein solches bey mir erhalten / ungeachtet ich mich schon zu allem möglichen Gehorsam / wie billich / verbunden habe; dann ein solches würde mich unwirdiger machen / als kein Ding in der Welt; aber wie mein Fürst; werden wir uns nicht schier zur Reise fertig machen / oder müssen wir den starken Grase Geruch uns noch heut den ganzen Tag unser Häupter füllen lassen? Arbianes erzählete ihr was gestalt sie vor abends wegen Unsicherheit nit auffbrechen dürften / würden auch ihre Kleider mit bũrgerlicher schlechter Tracht verwechseln müssen / damit sie ohn angefochten in die Stad kähmen. Ach ach! antwortete sie / es währe alles wol angelegt / wann nur meine wenige Schönheit / wie geringe sie auch ist /mich nicht verrahten möchte daß ich etwas mehr als Bürger-Standes bin. Darauff habe ich mich bey Zeiten geschikt / sagte er / und mit einem Kunstpulver mich versehen / damit ich mein Fräulein unkäntlich gnug machen / und der Farbe nach / sie wie ein heßliches Bauren-Mägdlein zurichten wil / daß ihre Eltern selbst sie nicht kennen sollen; nur scheue ich mich /ihrer außbündigen Schönheit diesen Schimpf anzulegen / und möchte die Sonne am Himmel selbst auff mich zürnen / daß ich ihr das anschauen eurer trefflichen Zierde / durch diesen Nebel entzihen wolte. Ach nein ach nein mein Fürst / antwortete sie / wie würde ich ihm hernähst in solcher heßlichen Gestalt gefallen können? hat Eure Liebe eine zimliche vergnügung an meiner wenigen Schönheit / so beraube er mich derselben nicht / es sey dann daß die unvermeidliche Noht es erfodern würde. Der Fũrst merkete ihren Irtuhm / [540] und sagete; solte ich ihrer Schönheit Abbruch zutuhn mich unterstehen können? ehe müste meines Lebens Fadem selbst gebrochen werden. O nein nein mein Fräulein / diese Meinung hat es durchauß nicht; sondern mein Pulver streichet ihr eine heßliche Farbe zwar an / aber die ich / wann michs geliebet / abwischen und vertreiben kan. Ey das währe ein gutes mittel durchzukommen / antwortete sie / daß wir aber die lange Zeit vertreiben mögen / so wolle mein Fürst / bitte ich / mir unbeschweret erzählen /wie mein lieber Bruder Baldrich zu so schleuniger Heyraht kommen sey / und was vor ein Fräulein er gefreyet / dann ich erinnere mich / daß er gestriges Tages seiner Gemahl gedacht hat. Arbianes wahr ihr hierin gerne zugefallen / wiederhohlete alle begebnissen zu Padua / und mischete zugleich Siegwards Heyraht ein; wodurch sie die Zeit biß an den Mittag verzehreten / da Wolffgang wiederkam / gute Speise und Trank in einem Trage Korbe neben alter Kleidung herzubrachte / auch dabey berichtete / es streiffeten hin und wieder Wendische und Friesische Reuter /mehrenteils hart verwundet / welche einhellige Zeitung brächten / die Sachsen und Böhmẽ hätten ihr ganzes Heer erleget und den alten Wendischen Fürsten im Streite lebendig gefangen / daß zubefürchten stünde / es würde gantz Frießland und andere einverleibete Landschafften in ihre Gewalt gerahten. Ey Gott Lob / sagete das Fräulein / so wird der gottlose Räuber zweifels ohn mit dem Halse bezahlen müssen. Schwerlich kan ich solches gläuben / antwortete Arbianes / wofern er sonst nur demütig seyn / und zum Kreuz kriechen kan; dann GroßFürst Herkules und sein Gemahl sind viel zu barmherzig / und ihren ärgesten Feinden zuvergehen so willig / als boßhafftig jene immer seyn mögen / sie zubeleidigẽ / dessen ich so mannichen Beweiß mit meinen Augen angesehen /daß jederman sich ũber solche Gelindigkeit zum höchsten verwundern muß. Ey so wünsche ich dem verwägenen Menschendiebe ein auffgeblasenes trotziges Herz / sagte sie / daß er nicht ungestrafft uñ mit dem Leben davon komme / er dürffte sonst dereins gelegenheit suchen / sein Schart wieder auszuwetzen /und möchte der lezte Betrug wol ärger werden als der erste. Ich wil nicht hoffen / antwortete er / daß wir uns dessen vor ihm werden zubefürchten haben / dann zum wenigsten wird man ihm die Finger dergestalt beschneiden / daß er des kratzens nicht mehr machen kan; nur möchte ich wol wissen / wie seines Sohns Tod ihm gefallen werde. Sehr lieb / sehr angenehm wird ihm derselbe seyn / antwortete sie; dann über einem Raub / der ihrer / dem Himmel sey Dank / keinem bescheret wahr / entstund eine solche unversöhnliche Feindschafft zwischen Vater und Sohn / daß wo meine Brüder und Freunde diese scheidung nicht gemacht hätten / würden sie ausser allem Zweifel sich unter einander auffgerieben haben / massen aus des Sohns Munde ich selbst gehöret / es müste ihm sein Vater in der Liebe / oder durch den Tod weichen /oder aber er wolte seinen Kopff dran strecken. Es verließ sich aber dieser auff der gemeinen Kriegsknechte und der Häuptleute Gunst und Beistand / welche er als einen Mann auff seine seite gebracht hatte; hingegen verfuhr der Vater mit Troz und Verwägenheit /welcher / nach meines Herr Vaters Meynung / den Sohn in kurzer frist mit eigener Faust erwürgen / oder durch einen Meuchelmörder es verrichten würde. Ich vernehme / sagte Arbianes / der Sohn sey schon einmal mit meinem Fräulein auff der Flucht gewesen /und wieder eingehohlet worden. Ja / antwortete sie; so bald er auff der Reise verstund / daß sein Vater selbst willens währe / mich zuheirahten / suchete [541] er gelegenheit / mir solches zuoffenbahren / nebest dem Vorschlage / dafern ich sein Gemahl mit gutem Willen werden wolte / hätte er ein Mittel erdacht / mich davon zubringen; welches mein Vater mit einer zweifelhafften Zusage beantwortete / und von ihm die äidliche Verheissung nam / daß er mich / ehe wir ingesamt in völlige Freiheit gesetzet währen / nit berühren wolte. Worauff er zwar mit mir davon ging / des Vorsatzes / mich in der Römer Gebiet hinzuführen /aber er ward von seines Vaters Leuten zu frũh an ausgekundschaffet / und zurük gehohlet. Wir werden uns aber vor dißmahl in solchem Gespräch mässigen / uñ uns an die Speisen machen / weil es hohe Zeit ist / das Mittagsmahl einzunehmen. Er ließ sich darzu leicht bereden / legte dem Fräulein vor / und assen mit gutem Lust; Hernach setzeten sie allerhand Unterredungen fort / biß es zeit wahr / sich zu der Reise oder Wanderschaft fertig zumachen.

Unsere Fürstliche Geselschaft feirete desselben Tages auch nicht / dañ so bald der Tag anbrach / ward zu allererst durch das ganze Lager ausgeruffen / daß der GroßFürsten älterer Sohn / Fürst Herkules aus der Fremde wieder zu Lande geschlagen / und bey der Fũrstlichen Versamlung sich befünde / währe eben der ertichtete Persische Gesanter / Valikules / unter angenommener fremder Gestalt / welcher die Schlachtordnung gestellet / die Völker an den Feind geführet / und durch seine Tapferkeit die überwindung erhalten hätte; und ob dieser trefliche Held gleich vor diesem bey seinem Herr Vater währe angetragen / als ob er einen schändlichen Glauben angenommen / der Tugend abgesaget / und ein Feind aller Erbarkeit / des Vaterlandes / und der Teutschen Freyheit worden währe / so hätte doch sein H. Vater nunmehr das Wiederspiel gnugsam erfahren / und daher diesen seinen lieben Sohn gerne und willig zu Gnaden auff und angenommen / welcher hingegen sich gnug und übergnug verpflichtet / seine unverschuldete Verleumdung / als welche aus unwissenheit / und falschem Geschrey entstanden / an keinem einigen Menschen zurächen / ungeachtet ihm sehr wol bewust währe / daß ihrer gar wenig Ursach und Schuld daran trügen / denen doch ohn Nachfrage solte verzihen und vergeben seyn. Diesen Raht gab Herkules selbst /damit die anwesende Pfaffen / die sich bey dem Heer funden / keinen Auffstand seinetwegen erwecken und aus furcht der Straffe uneinigkeit machen solten. Das Heer / welches gleich umb erläubnis zur Plunderung anhielt / erfreuete sich dieser Zeitung sehr / insonderheit die gemeinen Knechte / als denen wol bekant wahr / was gestalt Herkules vor acht Jahren die Gewaltsamkeit etlicher ädlen von ihnen abgekehret / und sie in gute Freyheit gesetzet hatte / stelleten ein grosses Freudengeschrey an /Unser junge GroßFürst Herkules lebe; und begehreten untertähnig / daß er sich ihnen zeigen möchte / als welchen sie vor ihren Erlöser hielten / und ihn in langer Zeit nicht gesehen hätten. Er wahr hierzu willig / ritte neben seinem H. Vater und Bruder Baldrich hinaus / da ihnen alle Völker entgegen jauchzeten / er aber nach gegebenem Wink / daß er gerne von ihnen möchte gehöret seyn /also anfing: Ihr ädle und freie Teutschen alhie versamlet; was vor herzliche Vergnügung ich an eurem guten Willen trage / kan ich mit Worten nicht aussprechen; gläubet mir aber / als einem redlichen Ritter und gebohrnen Teutschen Fürsten / daß ich nimmermehr unterlassen werde / vor das Vaterland und die Teutsche wolher gebrachte / und bißher löblich erhaltene Freyheit / wieder alle und jede Feinde / Römische und Unrömische zu fechten / und aller deren Anfal und feindseligkeit [542] abzutreiben / als lange ich einen warmen Blutstropffen bey mir verspüre. Ich bin noch niemahls meines Vaterlandes oder der der Teutschen Feind worden / dessen ich mein Gewissen / und denselben Gott zum zeugen nehme / welcher Himmel und Erden beherschet; wie auch die wenig Teutschen / so mit mir aus den fremden Låndern wieder zu Hause angelanget / und sich unter euch befinden / bezeugen werden. Darumb so bleibet auch ihr hinwiederumb beständig / und eurem GroßFürsten / meinem Gn. Herr Vater / auch uns seinen beyden Söhnen getråu /als angebohrnen Untertahnen in ihrer ungestöreten Freyheit gebühret / und versichert euch / daß ihr an uns dreyen habet / welche vor euer Heyl und Wolfahrt ihr Blut zuvergiessen / und ihr Leben in die Schanze zuschlagen sich nimmer wegern werden. Der alte GroßFũrst fing darauff an: Ihr meine redliche auffrichtige Teutschen / und liebe geträue; in diesem Ritterzuge habt ihr mir eurem GroßFürsten euer Herz dargelegt / und augenscheinlich sehen lassen / wie fest ihr mir anhanget und zu meiner Rettung gefliessen gewesen seid / welches euch mit allen väterlichen Gnaden sol vergolten werden. Diesen meinen Sohn Herkules hat mir der Himmel wieder zugeschikt / welchen ich frey und unschuldig finde aller falschen und lügenhaftigen aufflagen / deren ihn etliche haben zeihen wollen / welches weil es aus unverstand und unwissenheit geschehen ist / sol ihnen nochmahls durchgehend verzihen seyn; vor dißmahl gehet hin die Beute einzusamlen / welche ihr gestriges Tages durch eure sieghaften Fäuste habt erstritten; inzwischen werden wir dasselbe abzuhandeln vornehmen / was zu unsers Teutschen Reichs Wolfahrt / Ehre und Auffnahme dienet. Es erhub sich abermahl ein grosses Freudengeschrey / welches sehr wüste durcheinander ging / und machte das Heer sich darauff nach der Wahlstat / da sie mehr bey den Erschlagenen funden / weder sie gehoffet hatten. Die gesamten Fürsten aber / denen Fr. Valiska auff des alten GroßFũrsten begehren beywohnen muste / hielten Raht / was weiter würde vorzunehmen seyn / da sie einhellig schlossen / man solte gleich mit dem Heer in Frießland gehen / sich aller feindtähtligkeit enthalten / und bey den Stånden des Landes vernehmen / ob sie sich gutwillig bequemen /und einen von des GroßFũrsten Söhnen vor ihren König annehmen / oder des wolbefugeren Kriegszwanges wolten gewärtig seyn. Wũrde das erste stat haben / alsdann solten des Landes schwere aufflagen alsobald und wirklich abgeschaffet / und alle Inwohner ein ganzes Jahrlang aller gewöhnlichen Schatzung erlassen seyn; ihre Gerechtigkeiten solten bestätiget /die Zölle geringert / die Frohndienste auss leidlichste gemässiget / uñ alles in den uhralten Stand gesetzet werden. Im wiedrigen würden ihre Dörffer verbrennet / ihre Städte verstöret / ihre Güter geraubet / die Weibsbilder geschändet / sie selbsten in harte Dienstbarkeit hinweggeführet / und das Land mit neuen Inwohnern besetzet werden / weil ohn alle gegebene Ursach / sie den mit ihrem lezten Könige auffgerichteten Frieden gebrochen / indem sie mit dem Wendischen Erzräuber ihre Macht zusammen gesetzet zu / nicht allein der schåndlichen Entfũhrung / sondern auch der Schlacht beygewohnet / und alle feindliche bezeigung vorgenommen hätten. Nach gemachtem diesen Schlusse ward umbgefraget / was mit dem gottlosen Råuber Krito wũrde vorzunehmen seyn; da Herkules vor gut ansahe / dz der Bube Niklot allererst vorgeno en / und nach befindung gestraffet würde / welches in des alten GroßFũrsten abwesenheit geschahe / als welcher ihn seines ausschauens nicht wirdigen wolte. Als derselbe vor dieses Hochfürstliche [543] Gericht gestellet werden solte / begehrete er zuvor vergünstigung /mit seinem gefangenẽ Fürsten zu reden / welches alle Fürsten ihm zu wegern willens wahren / ohn daß Ladisla riet / man könte ihm solches gönnen / jedoch daß es in Leches und Prinsla gegenwart geschehen solte. So bald Niklot zu seinem Fürsten nahete / empfing derselbe ihn also: Sihe da mein lieber geträuer /sind wir also beyderseits unter der Feinde Ketten und Banden gerahten? es ist mir sehr lieb / daß du zu mir komst / nach dem ich ein und anders in diesem Unfal mit dir zubereden habe; ihr beyden aber / sagte er zu Leches und Prinsla / tretet mit der ũbrigen Wache etwas ab / damit ich diesem meinen Geträuen anzeigen möge / was meinetwegen eurem GroßFürsten sol vorgetragen werden. Wir sind unter des gefangenen Wendischen Fürsten gehorsam nicht / sagte Leches /sondern bereit und schuldig unsern gnädigsten Herren zugebohte zustehen / deren ausdrũklicher befehl ist /daß wann sie miteinander reden wollen / solches laut /und in unser gegenwart geschehen solle. Wil man mir verbieten / mit meinen Leuten zu reden? sagte Krito /daß würde ein ungütlicher handel seyn. Fürst Krito hat keine Leute mehr / antwortete Leches / sondern sie sind unter des Teutschen GroßFürstẽ Gewalt; so haben wir uns darüber nicht zuzanken; befahl auch den Steckenknechten / mit Niklot wieder davon zugehen. Welcher aber also anfing: Mein Herr / sagte er zu Leches / gönnet mir zuvor ein Wort mit meinem Gn. Fürsten zu reden / wie mir solches von euren Gnn. Fürsten erläubet ist. Wendete sich hernach zu Krito / und sagete: Gn. Fürst uñ Herr / eure Hochfürstl. Durchl. weiß uñ sihet / wie unglüklich unser Anschlag gerahten ist / in welchem ich mich als ein geträuer und gehorsamer Diener habe lassen gebrauchen / und nichts über Befehl getahn / fürchte aber sehr / man werde solches nicht ansehen / sondern allerhand Ursachen / mich hart zustraffen / hervorsuchen; doch helffen die Götter / daß Eure Hoch-Fürstl. Durchl. einen guten und ehrlichen Vergleich erhalten mögen / alsdann wil ich mit Freuden vor ihre Wolfahrt sterben. Mein Kerl / sagte Leches / ob du würdest sterben müssen / wird solches gewißlich nicht vor eines andern Wolfahrt / sondern wegen deines befindlichen Verbrechens geschehen / würde euch auch beyderseits die Demuht und Anruffung der Gnade viel zuträglicher seyn / als solcher Stolz und eigene Rechtfertigung. Als auch Leches des Wendischen Fürsten weiteres Großsprechen nicht anhören wolte / eilete er mit Niklot davon / welcher als er vor die Versamlung der Fürsten trat / fragete er ohn einige Ehrerbietung /ob sich geziemete / einen redlichen gefangenen Ritter und freyen Herren des ädlen Wendischen Volkes mit Hundes Ketten zubelegen. Worauff Ladisla ihm antwortete: Du stolzer und verwägener Tropff wirst ohn mein erinnern wissen / daß du deine wolverdienete Ketten nicht als ein Ritter / oder freier Herr / wie du dich nennest / sondern als ein gefangener Räuber /Menschendieb / und Beleidiger eines grossen freyen Fürsten trägest. Hastu nun etwas einzuwenden / welches dich von solcher kurzen aber sehr harten Anklage frey machen kan / wird man dir mehr Gnade erzeigen / als du gedenken magst. Ein Diener / antwortete Niklot / wann derselbe tuht und verrichtet / was seine höchste Obrigkeit ihm aufleget und anbefihlet / sol und muß wegen seines Gehorsams vielmehr gerühmet / als gescholten werden / woher wird man dann ursach finden köñen / ihn zustraffen? Wann ein Diener auff seines Herrn Befehl etwas gutes und löbliches verrichtet / wiederantwortete Ladisla / ist es lobens wert; aber die Bosheit und übeltaht muß so wol an dem[544] Knechte / der sie verrichten hilfft / als an dem Herrn /der sie anstifftet / gestraffet werden; wiewol man sich hierũber mit dir einzulassen nicht gesinnet ist / sondern weil du nicht leugnen kanst / was vor grosse und unverschämte Beschimpfung du nichtwerter Tropf dem Großmächtigsten herschenden GroßFürsten der Teutschen durch Verrähterey / Meinäid / und schändliche eigentähtliche Beleidigung angetahn hast / soltu einen kurzen Abtrit nehmen / und deiner wolverdienten rechtmässigen Urtel gewärtig seyn. Er wolte in seiner Großpralerey fortfahren / fing auch schon also an: Ein redlicher Diener ist seinem Herrn gehorsam wider alle seine Feinde und Beleidiger; und weil der Sachsen GroßFürst sich als einen solchen / durch Unwerdhaltung der Heyraht mit seiner Fräulein Tochter / gegen meinen mächtigen Fürsten. Aber es ward ihm alhie gebohten zuschweigen / und musten die Häscher mit ihm hinweg eilen / da dieser Bube noch wol über Gewalt / und Gehörs Verwegerung sich beschweren durffte. Die Fürsten fasseten eine geschwinde Urtel in die Feder / gingen davon / und hinterliessen Neda / dieselbe dem gefangenen vorzulesen / und ohn Verzug / auch ungeachtet alles einwendens /selbe an ihm zuvolstrecken; Welcher dann den gefangenen vor sich foderte / und ihm diesen Todes Spruch vortrug: Demnach des Wendischen Fürsten Kriegs Bedieneter / Nahmens Niklot / nicht allein freiwillig gestehet / sondern es noch als eine lobwirdige Tahtrühmet / daß er den herschenden GroßFürsten aus Teutschland durch falschen äidschwuhr von seinem Schlosse gelocket / und wider versprochene Träue / nebest seinem Gemahl und Frl. Tochter / nicht ohn spötliche Verhönung gefänglich angenommen /auch seine Diener mördlich erschlagen / und man überdas gnugsame Nachricht hat / daß er solches unredliche Vorhaben nicht allein gut geheissen / sondern es seinem Fürsten selbst an die Hand gegeben / und dessen alles ungeachtet gar keine Demuht und Reue erscheinen lassen / noch einige Gnade begehret / Als sol ihm auch das gestränge Recht ohn Gnade wiederfahren / und sein hohes Räuberisches und Menschendiebisches Verbrechen dergestalt eingebracht werden /daß man ihn zwanzig Schrit von dieser Gerichtsstelle nach dem Lager zu / lebendig spiessen sol / und solches von Rechtswegen / andern dergleichen gottlosen Buben zum Beyspiel / uñ ihm selbst zur wolverdienten Straffe. Der Räuber entsetzete sich über dieser Urtel / daß er zitterte und bebete / dann er hatte ihm nicht einbilden können / daß ihm ein hårteres als das Richt Schwert dürffte angemuhtet werden. Zwar er wolte nunmehr anfahen sich zustellen / als währe ihm sein Verbrechen leid / und hielt umb Gnade an / aber es wahr zu spåht / dann Neda wahr mit Leches und Prinsla schon davon gangen / und seumeten die Henkers Buben nicht / die Urtel zuvolstrecken / da sie ihm anfangs die Hände auff den Rücken bunden / ihn oben auff den spitzigẽ Pfahl setzeten / und ihn darauff zogen / daß die Spitze ihm zur rechten Schulder ausging / und er etliche Stunden lang unsäglichen Jammer trieb. Unterdessen berahtfragete sich unsere Fürstliche Geselschafft / mit was vor Straffe der Verrähter Krito solte beleget werden / da von König Ladisla an / welcher seine Meynung zuerst sagẽ muste /biß an den alten GroßFürsten / welcher ihm den Schluß vorbehielt / alle Stimmen dahin gingen / es solte / könte und müste das grobe Verbrechen nicht gelinder als mit dem Leben gebůsset werden; womit der GroßFũrst einig wahr / und dabey anzeigete / wie er willens währe / diesen Menschendieb mit sich nach Teutschland gefangen zuführen / und ihn auf der Stelle enchäuptẽ [545] zulassen / woselbst er den verrähterischen Raub begangen hatte. Welches alle anwesende in des GroßFürsten freyen Willen stelleten /ohn allein Valiska hielt solches nicht vor rahtsam /und brachte dagegen dieses vor: Gnädigster Herr Vater; ich bin zu jung und unverständig / Eurer Gn. Willen und Vortrag zutadeln oder zuverbessern / erinnere mich auch meines weiblichen Geschlechtes / daß mir nicht geziemen wil / in dergleichen Gerichtligkeiten mich einzumengen; aber eure väterliche Gewogenheit gegen mich / gibt mir die Kühnheit / meinem Herr Vater dieses zubedenken vorzustellen; obs nicht vorträglicher seyn würde / daß der boßhaffte Räuber vor unserm Auffbruche seinen Lohn empfinge; dann also würden die Land Stände dieses Reichs nicht vorzuschützen haben / ihr Reichs-Verwalter / dem sie mit äid und Pflichten verbunden / lebete noch / und ob er gleich gefangen währe / hätte man doch Hoffnung zu seiner Erledigung / welches die Handelung gewaltig auffzihen und hinterhalten / und wol ursach zu aller hand Ungelegenheit geben dürffte. Ja wie bald könten sich etliche zusammen rotten / einen sonderlichen Dank / nicht allein bey ihm / sondern auch bey dem Dänischen Könige seinem Schwager zuverdienẽ / als welcher schon damit schwanger gehet seinem Sohn dieses Königreich / nicht ohn Nachteil und Gefahr des Teutschen Reichs / in die Hand zuspielen / wie er darzu vermeynet nicht wenig ursach und recht zuhaben / nachdem der ohn Leibes Erben verstorbene König seiner Schwester Sohn gewesen. Ich geschweige / daß es von allenthalben her an Vorschrifften / den Räuber zubegnaden / nicht ermangeln wird / denen man offt / wie ungerne auch / weichen muß. Hingegen / wann er kalt ist / bricht sich solches fast alles auff einmahl; Die Untertahnen / als von ihrem äide hiedurch entlediget / werden unsere Macht scheuhen /und vor unsern Waffen sich demühtigen; ja vielleicht der Dänische junge Fürst selber / als ein berümter friedliebender und gerechter Herr / dürffte seine Festung / darinnen er sich auffhält / in der Gũte abtreten / nach dem man ihm vielleicht da es eurem väterlichen Willen also gefiele / mit dem Wendischen Fürstentuhm an die Hand gehen könte. Der GroßFürst verwunderte sich zum höchsten ihrer vernunfftreichen Anführungen / umfing sie mit einem Kusse / und gab zur Antwort: Meine herzgeliebete Fr. Tochter hat recht und wol geurteilet / und kan ich mir solches sehr wol gefallen lassen. Ward demnach Prinsla abgefertiget / nachdem Niklot eine gute halbe stunde zuvor gespiesset war / dẽ gefangenẽ Krito diese Urtel mündlich vorzutragẽ: Nachdem er Krito der Wenden Fürst sich sehr wol eriñern würde / und durchaus nit leugnẽ könte / wie unredlicher / verrähterischer uñ räuberischer weise er den Großmächtigsten GroßFürsten /samt seinem Königl. Gemahl und Frl. Tochter / unabgesaget / und unter dem schein einer freundlichen Beredung / durch seinẽ meinäidigẽ Niklot hintergangẽ /gefangẽ geno en / uñ aus seinem eigenẽ Reiche hinweg geschleppet / auch sonst allerhand unverantwortliche Händel vorgenommen / die keinem ehrliebenden Menschen / geschweige einem Fürsten und Königlichen Vorsteher zustũnden / so hätte er sich dadurch nicht allein der Königlichen Verwaltung dieses Friesischen Reichs / sondern auch feines eigenen Wendischen Fürstentuhms / ja seines Leib und Lebens verlustig gemacht; solte demnach auff ernstlichen Befehl des großmächtigsten Großfũrsten der Teutschen /Herrẽ Henrichs / und Beltebung des auch Großmåchtigsten Königes auß Böhmen / Herren Ladisla / dann auch der beyden Durchleuchtigsten Großfürstlichen Herren als Herrn Herkules [546] und Hern Baldrichs / und endlich des auch Durchleuchtigsten Königlichen Schwedischen Fürsten Siegwards / sich zum willigen Tode gefasset halten / und nicht unerschrockener zur empfahung der Straffe seyn / als verwägen er gewesen / solche zuverdienen / wie dann nach Endigung einer Stunde er durch des Nachrichters Hand als ein gewaltähtiger Strassen Räuber und Menschen Dieb vom Leben zum Tode mit dem Schwerte solte hingerichtet werden. Der Fũrst erschrak der gesträngen Urtel hefftig / machte aber doch ihm Hoffnung / es würde zum Schrecken angesehen seyn / daß er seiner Königlichen Verwaltung sich desto leichter begäbe / daher er diese Antwort gab: Gehet hin Ritter / uñ nähst Vermeldung meiner Dienste und Grusses / zeiget der hochgedachten Fürstlichen Geselschafft an / daß ob ich gleich auß Liebes Zwang habe eine Taht begangen / die ich nicht aller Dinge zuverantworten weiß / so ist sie dannoch der Wichtigkeit bey weitem nicht / daß sie nicht auff andere Weise / als mit meinem hochfürstlichen Blute solte können / abgetragen und gebüsset werden; vielmehr zeiget ihnen an / sie haben wol und fleissig zuerwägen / was vor ein Gewaltiger und mit vielen Königen und mächtigen Fũrsten nahe befreundeter Fürst ich bin / dessen Blut auff unerhörete Weise von den Pannoniern / Pohlen / Dänen / Wenden / und andern Völkern würde an ihnen sämtlich / und an ihren Helffers Helffern gerochen werden; dann auch daß ich nicht der erste Fürst bin und gefunden werde / der auff solche Weise / die ehmals vor rühmlich und Tapffer gehalten worden / ihm ein wirdiges Gemahl gesuchet hat; daher ich bey ihnen bitlich begehre / sie wollen mich dieser schmählichẽ Hafft entnehmen / ihrem Väter-Brüder- und schwägerlichen Willen mir zuneigen / und durch freundwillige Außfolge des Durchleuchtigsten Fräuleins mich vor einen Schwieger Sohn / Bruder und Schwager auff und annehmen / alsdann wil ich nicht allein dem Großfürsten oder seiner Herrẽ Söhne einem die Verwaltung dieses Königreichs willig abtreten / sondern auch die gar zu kühne Entfühung mit einer ansehnlichen Geldbusse ersetzen / welche sie mir nach ihrer Höffligkeit aufflegen werden. Prinsla wolte ihm diesen Dienst nicht versagen / vermahnete ihn gleichwol / seines verbrechens etwas bessere Erkäntniß sehen zulassen / und hinterbrachte diese Werbung an behörigen Ort / deren sich die Fürstliche Geselschafft nicht gnug verwundern kunte /gaben ihm endlichen Bescheid / und liessen ihn wieder hingehen / welcher nach empfangenem Befehl den Gefangenen also anredete; Krito / euer anmuhten ist sehr stolz und unverschämt / welches keine Stat finden kan / und lassen vor höchstgedachte meine allergnädigste und gnädigste Herren euch hiemit schließ-und unwiederrufflich andeuten; ob ihr euch darauff beruffet / erstlich / daß ihr Fürstliches herkommens /und mit hohen Häuptern nahe befreundet seyd / hättet ihr eben dasselbige ja auch von dem Großmächtigsten Großfürsten wissen und bedenken sollen / als an dessen Hochheit ihr gewaltsahme Hand unverwarnet legetet. Hernach / daß dergleichen boßhaffte Raub- und Entführung wol ehemals vorgangen und von unverständigen Gewalttähtern gelobet / sey dieselbe auch wol ehemahl am Leben gestraffet / wann man des Räubers hat können bemächtiget seyn; und gesetzet /daß frevelmühtige Wüteriche solche gottlose Art zu heyrahten vortrefflich mögen geschätzet haben / können sie doch dessen sich nicht bereden lassen / solches mit gut zuheissen; vernehmen aber noch nicht /wie ihr dieses verantworten oder beschönen wollet /daß ihr einen so mächtigen Beherscher Teutschlandes[547] nicht allein Verrähterlich hintergangen / sondern ihn nebest seinem Gemahl als Hunde fort schleppen / und kaum nöhtigen Leibes Unterhalt habt abfolgen lassen / wie sie dann gestriges Tages ungegessen und ungetrunken auff euren außdrũklichen Befehl haben in der Hitze zubringen müssen / welcher Schimpf von ihnen höher als die Ermordung selbst gerechnet wird / daher es weder mit Abtretung einer Verwaltung (deren ihr schon wirklich entsetzet seyd) noch Außzahlung etlicher Gelder / wans gleich etliche hundert Tonnen Goldes währen / sondern durchauß mit eurem Blute muß außgesöhnet werden / wornach ihr euch zurichten /und nach verlauff einer halben Stunde den Tod so willig antreten werdet / als wolbedacht und vorsetzlich ihr die Freveltaht an so Großfürst- und Königlichen Hocheiten begangen / und überdas noch neulich den Großmächtigsten König in Böhmen nicht wenig beschimpffet habt / welches mit eigener Faust an euch zurächen er keines weges unterlassen würde / wann ihr nicht als ein Ubeltähter schon verdammet währet. Das wil ich nimmermehr gläuben / antwortete Krito /daß man mit einem herschenden Fürsten und Königlichen Verwalter dergestalt verfahren wolle. Ich weiß nicht anders / sagte Prinsla / als daß der Stab schier über euer Håupt solle gebrochen werden / und alle fernere Einrede nur ein Uberfluß sey. Ging hiemit davon / und ließ den Gefangenen in erschreklicher Herzensprast sitzen / welcher nunmehr den Ernst spürend / einen von der Wache absendete / Prinsla zurũcke zuruffen / welcher aber zuvor nach der Fürstlichen Geselschafft ging / und neben getahner Antwort berichtete / daß Krito ihn hätte zu sich fodern lassen. Also gab man ihm zum drittenmahle Unterricht / und ließ ihn gehen / ward auch von dem Gefangenen mit neuer Hoffnung empfangen / welcher inständig um Gnade anhielt; er wolte sich seines Fürstentuhms auff ewig verzeihen / und in Polen weichen / daneben äidlich angeloben / keine Ansprach nimmermehr an sein Fürstentuhm zuhaben; hoffete gänzlich / man würde ihm hierin zu Willen seyn / weil mit einer Hand vol Blut ihnen wenig / ja gar nichts gedienet währe. O nein / gnädiger Herr / sagte Prinsla / ein solches darff ich meinen allergnädigsten Herrn nicht hinterbringen / massen dieselben mit euch in keine Handelung sich einlassen / sondern als einen auff scheinbahrer Ubeltaht ergriffenen euch bestraffen wollen /als welcher durch seinen Raub zu so grosser gestriger Blutstürzung Ursach gegeben / daß ganze Bächlein Menschen-Blutes haben müssen rinnen / und demnach ihr so gewiß mit dem Kopfe bezahlen müsset /als gewiß ich lebe / weil derselbe euch zu dieser unverantwortlichen Taht verleitet hat. Die Hochfürstliche Geselschafft würde auch eurem äyde wenig zutrauen haben / sondern mit Polen ein neues Feur befürchten müssen / angesehen eures Vaters Bruders Sohn / welcher doch ein redlicher Fürst ist / daselbst die Herschafft führet; so ist über das nunmehr schon bey Leibes Straffe verbohten / daß kein Mensch eurer Begnadigung gedenken sol; man hat euch vor der Schlacht billiche Vorschlåge getahn / die habt ihr hochmühtig verachtet / und dadurch die Gnaden Zeit versessen. Demnach verzeihet mir / daß ich euch nicht gehorsamen kan. Als Krito hierauß merkete / daß seine ertichtete Demuht nicht helffen wolte / ließ er seinen Trotz hören und sagete; Was solte man einem Herschenden Fürsten des Henkers Schwert anbieten /und um einer Liebetaht Willen ihm den Tod ansagen /der bißher ein Furcht und Schrecken aller seiner Feinde / auch der Römer selbst gewesen ist? dahin müste es noch in langer Zeit nicht kommen / sondern zuvor dz [548] oberste zu unterst gekehret werden / dürffte auch eine solche Rache drauff erfolgen / daß Kindes Kinder darüber zuklagen hätten; darum gehet hin / und warnet eure Herren / daß sie sich nicht selbst in das unvermeidliche verderben stürzen / welches auff meinen Tod nohtwendig erfolgen muß. O mein Herr dräuet ja nicht / sagte Prinsla / ihr habt gewißlich nicht mit Kindern und furchtsamen Memmen / sondern mit Fũrsten und Tapffermuhtigen Helden zutuhn / deren Muht und Macht unüberwindlich ist; bedenket demnach vielmehr wie ihr wol sterben möget / weil euch zuleben nicht mehr möglich ist. Wie nun zum Henker / antwortete Krito / nennestu Lecker mich nur schlecht hin einen Herrn / und weist daß ich der Großmächtige freie Beherscher des unüberwindlichen Volkes der Wenden bin? Er wolte in seinem Trotze fortfahren /aber Prinsla fiel ihm in die Rede und sagete: Du bist aber auch ein boßhafftiger Räuber und Menschendieb / und viel zu wenig in deinen Banden / daß du einen redlichen Ritter beschimpffen / und vor einen Lecker schelten soltest; hast dich auch zuversichern / daß wann du dem Henker nit schon zugesprochen währest / ich bey meinem allergnädigsten Könige leicht erhalten wolte / es mit dir durch einẽ ritterlichẽ Kampf auszutragen / worzu ich dich aber nunmehr / nicht als einen gewesenen Fürsten / sondern als einen schmäh süchtigen schändlichen Räuber / der seiner übeltaht überwiesen ist / unwerd halte. Hiemit ging er von ihm hinweg / vol Zorn und Grimmes / daß er diesen Schimpff muste ungerochen über sich gehen lassen. So bald er den Fũrsten solches hinterbrachte / ward das Gericht gehäget / Siegward / Fabius / Leches und Neda zu Richter verordnet / uñ Gallus befohlen / mit dem Scharff Richter und seinen Steckenknechten hinzugehen / welcher die gesprochene Urtel an dem boßhafften Räuber ohn verweilen volstreckẽ / auch wañ er mit willen nicht nach der Richtstat gehen wolte /ihn durch sechs Kriegsknechte dahin schleppen lassen / und ihm den Schedel herunter schlagen solten. Der Scharff Richter / als er zu dem gefangenen in das Zelt trat / ward er von ihm ganz verwägen gefraget / was sein begehren währe. Worauff er antwortete: Der Fũrst würde ihm gnädig verzeihen / und sichs gefallen lassen / die Volstreckung der Urtel von seiner Hand gutwillig anzunehmen / weil es anders nicht seyn könte. Was? sagte Krito / woltestu ehrloser Schelm einen herschenden Fürsten berühren? geschwinde packe dich hinweg aus meinen Augen / und sage deinem GroßFürsten / ich lasse ihn wegen dieses unleidlichen Schimpffs zum Kampffe auff Leib und Leben ausfodern. Dessen habe ich keine Volmacht / sagete dieser / sondern ich frage nochmahls / ob der Fũrst willig mitgehen wolle / alsdann wil ich oder meine Diener keine Hand an ihn legen; wo nicht / ist mir aufferlegt / den Fürsten hinzuschleppen / und das Nachrichter Amt zuvolstrecken / da der Fürst wählen kan / was ihm beliebet / dann ich bin schuldig meines Gn. Herrn Befehl nachzukommen. Hier fing Krito an zuzittern und zu beben / drängete sich in einen Winkel / und rieff ohn unterlaß bald über Gewalt / bald umb Gnade. Gallus redet ihm etwas tröstlich zu / und ermahnete ihn / sich des mitgehens nicht zuwegern /es möchte leicht bey der Gerichtsstat durch bitte mehr Gnade / als hieselbst durch Widerspenstigkeit zuerhaltẽ seyn. Also ließ der erschrockene Mensch sich bereden / und ging hin. Er ward aber auff Befehl des Weges hergeführet / woselbst Niklot am Spiesse steckete / und ein über alle masse grosses Elende betrieb /kennete ihn doch nicht / und fragete Gallus / was dieser arme Mensch so schwer verbrochen hätte / daß man so grausam mit ihm [549] verführe. Mein Herr / antwortete er / es ist der verwägene Schelm / welcher meinen gnädigsten GroßFürsten durch falschen Schwuhr in die Gefängniß gebracht. Was? sagte er /ist das mein getråuer Niklot? So sol sein Nahme seyn / antwortete Gallus. Krito entsetzete sich über der harten Straffe / daß ihm alle Krafft entging / trat ihm näher / und sagete: Du mein geträuer Niklot / dein Jammer gehet mir sehr zu herzen / weil ich dir aber nit helffen kan / wünsche ich dir einen schleunigen Tod zu Abhelffung deiner unleidlichẽ Pein. Dieser sahe zwar seinen Fürsten an / aber weil ihm die Vernunfft aus übergrosser Pein schier vergangen wahr /antwortete er nichts / sondern brüllete vor Angst immerhin wie ein Ochse / trieb auch mit den gebundenen Händen und freyen Füssen solchen Jammer / daß alle Zuseher ein Abscheu daran hatten / und doch bekenneten / er hätte noch wol ein mehres verdienet. Krito kunte seine wehmühtige Trähnen nicht einzwingen /uñ begehrete an Gallus / daß dem redlichen Ritter seine Pein verkürzet würde. Aber er antwortete ihm: Währe er ein redlicher Ritter / dürffte er nicht am Pfale stecken / weil aber sein begangener hoher Verraht solches verdienet / muß er andern zum Abscheuh und Schrecken ihm diesen Lohn gefallen lassen / biß ihm Gott den Tod zuschicket; und nimt mich wunder über wunder / daß der Fürst nicht erkennen kan noch wil / wie hohe Beleidigung dem Großmächtigsten GroßFürsten in seinem eigenen Reiche / unter dem schein eines guten Willen / von ihm und diesem seinem verrähterischen Niklot angetahn ist. Dieser schwieg stille darzu / taht gleichwol als wann ers beantworten wolte / aber als er sahe / daß er schon bey dem Gerichte angelanget wahr / stellete er sich vor die obgedachte Richter / und fragete / wer sie währen / dz sie sich unterstehen dürfften seine Richter zuseyn / da er doch keines Menschen Oberbotmässigkeit unterworffen währe. Siegward gab ihm zur Antwort: Es könte ihm gleiche viel seyn / wer sie währen / nachdem er leicht zuerkennen hätte / daß sie von dem Großmachtigsten GroßFürsten verordnet währen /ihm seine wolverdiente Straffe anzusagen. Ich höre eurer keinen / wiederantwortete er / sondern wil und muß den GroßFürsten selber sprechen / dem ich durch meine entschuldigung ein solches Vergnügen geben werde / daß er meines Blutes nicht begehren wird. Habt ihr / Krito / so erhebliche entschuldigungen sagte Siegward / die sollet und müsset ihr vor uns euren Richtern anmelden / oder in dessen verwegerung die Endurtel über euch nehmen / massen der Großmächtigste GroßFürst seinen frechen / unbefugten und meinåidigen Räuber vor seinen Augen nicht dulden kan. Er wolte antworten / sahe sich aber ohngefehr nach der linken Hand umb / und ward gewahr /daß seines Sohns Leichnam daselbst in der nähe auff dem Rücken lage / welches ihn wunder nam / und zu den Richtern sagete: Ehe ich mich weiter mit euch einlasse / begehre ich zu wissen / auff was weise dieser mein ungerahtener Sohn / welcher ohnzweiffel meines Unglüks und der erlittenen Niederlage die gröste Ursach ist / umbkommen sey. Leches gab ihm auff Siegwards befehl zur Antwort; Dieser sein Sohn /weil er Zeit wehrender Schlacht sich hätte dũrffen gelüsten lassen / dz Durchleuchtigste Fräulein als einen Raub über den Iselstrohm davon zu führen / hätte man ihn verfolget / ertappet / und als einen Räuber nidergehauen / daß er noch also dem wolverdienetem Henkersschwert entgangen währe. Ihm ist recht geschehen / antwortete Krito / massen er seinem leiblichen Vater das Herz hat stehlen und die Seele rauben wollen. Euch aber ihr vermeineten Richter frage ich nochmahl / was [550] euch hat können so verwågen machen / daß ihr einen freyen mächtigen Fürsten vor Gericht zu fodern / und einige Urtel anzudräuen / euch unterstehen dürffet / noch ehe und bevor seine Sache erörtert ist? Siegward gab ihm zur Antwort: Was bedarff eure Sache des erörterns? stehet eure freche ũbeltaht nicht Sonnenklar vor Augen? so müsset ihr demnach billich leiden / was ihr dem Großmächtigsten GroßFürsten / welcher euch und die eurigen niemahls beleidiget hat / zugemässen habet / welchen ihr ausser zweiffel umb keiner andern Ursach willen diebischer weise aus seinem Reiche hinweg geführet / als daß ihr durch seine schändliche ermordung alle Rache von euch abkehretet / und euch wol gar zum GroßFürsten über die Teutschen machetet / nachdem ihr den Wahn hattet ergriffen / daß keine Teutsche junge Herschaft mehr im Leben währe. Dieses ist ja eine solche Taht die ohn allen zweifel das Leben verwirket / und an deren bestraffung andere eures gleichen ein Beyspiel nehmen und sich spiegeln müssen / auff daß sie hin fort sich scheuhen / solcher boßheit sich zu unterfangen. Weil ihr dann gleich jetzo die Urtel selbst ũber euren Sohn gesprochen habt / daß ihm recht geschehen sey / und derselbe doch viel bessere entschuldigung einzuwenden gehabt hätte / so werdet ihr ja erkennen / daß euch als vornehmsten Uhrheber dieser schändlichen Entführung / weder unrecht noch gewalt geschehe / wann ihr mit gleichmässiger Straffe beleget werdet. Daß ihr aber auff euren freien Fürstenstand euch beruffet / so müsset ihr bedenken / das Gott und das Schwert euer Oberherr sey / welche euch als einen Räuber und Menschendieb aus solchem Stand gehoben und in die Fessel gelegt / auch gleich jetzt fertig sind / eure begangene schli e Boßheit abzustraffen. Krito redete ihm ein / er solte sich mässigen einen so grossen und gewaltigen Fürsten vor einen boßhafften / und desgleichen auszuruffen / seine Taht währe bey weitem so schlim und unverantwortlich nicht / als man sie ihm aus egen wolte / würde ihm auch leicht seyn / daß auffgebürdete von sich abzulehnen / uñ der ganzen erbaren Welt darzutuhn /daß er keines weges mit mörderischen Gedanken umbgangen / und also den Tod nicht verdienet hätte; dero behueff er keine längere / als sechswöchige Frist begehrete / welche man ihm keines weges würde versagen können. Krito / antwortete Siegward / ihr suchet Zeit und weile / nicht eure Taht zurechtfärtigen /welches euch unmöglich ist; sondern euren Kopf zu retten / welches nicht geschehen kan; lase ihm demnach die Urtel vor / also lautend. Der gewesene Wendische Fürst Krito / weil er an dem Großmåchtigsten GroßFürsten der Teutschen die allerschelmichste Verrähterey begangen / so jemahls von einem Fürsten ist erhöret worden / und der gerechte Gott ihn in des verrahtenen Hände und gewalt zur Straffe überliefert hat / sol und mus der Gerechtigkeit / allen seines gleichen Verråhtern zur Warnung und abscheuh / ein genügen geschehen / und dieser Verrähter durch des Henkers Schwert vom leben zum Tode gebracht werden. Krito wolte sich dawieder bedingen / aber Leches winkete dem Scharfrichter / welcher hinter dem Verurteileten stund / daß er mit der Volstreckung verfahren solte; derselbe nun zohe ganz leise das Richtschwert aus /und schlug ihm also stehend den Kopf vom Rumpfe glat hinweg / daß er ohn sonderliche Todesangst dahin fuhr. Worauff seinem Sohn der Kopf auch abgeschnitten / und beyde auff Spiesse gestecket wurden / da sie von dem ganzen Heer und allen Gefangenen musten beschauet werden; es wurden sonst noch 36 vornehme Wenden an Bäume / nach empfangener harten Geisselung / auffgeknüpffet / als welche bey [551] der Verrähterey sich hatten wirklich gebrauchen lassen /und weil der Tod den Niklot nicht durch die Spiessung so bald würgen wolte / ward endlich ein Stec kenknecht befehlichet / ihm das Herz abzustechen. Drey Stunde vor Abends brach der GroßFürst mit dem Heer auff / und ging damit Nordwerz nach der Vechte auff Frießland zu / blieben auff der Grenze liegen / und enthielten sich aller tähtligkeit / sendeten aber an die Stände und Städte / daß nach empfangener angebohtenen schrifftlichen Gnade sie sich stündlich erkläreten / oder des Ernstes gewärtig seyn solten. Als sie auff dem Zuge wahren / kahmen die ausgeschikten Reuter Schaarsweise wieder an / aber kein einiger wuste das geringste von Arbianes oder dem Fråulein zu sagen / dessen die Fürstliche Geselschaft von herzen betrübt ward / ohn Valiska hatte noch gute Hoffnung / und fragete / vor was Leute sie sich im nachfragen ausgegeben hätten; uñ als sie antworteten /weil es in Feindes Land wåhre / hätten sie sich vor Wendische Reuter angemeldet; ward sie dessen sehr unwillig / und sagete: Hiedurch habt ihr trauen die allergrösseste Narrey und Tohrheit begangen; dann meiner ihr nicht / daß der Fürst mit dem Fräulein sich etwa in einem Dorffe heimlich verstecket habe / und bey seinem Wirte durch Geschenk und Verheissungen es leicht dahin gebracht / daß sie ihn ungemeldet gelassen? Hättet ihr euch vor die ihr seid / angegeben /was gilts / ihr würdet sie schon angetroffen haben. O nein mein Schaz / sagte Herkules / so leicht glåubet man einem nachforschenden Reuter nicht / daß man umb eines Worts willen sich ihm alsbald vertrauen solte; der almächtige Gott nehme sie in seinen väterlichen Gnadenschuz / sonst könten sie leicht in ungelegenheit / und unter die flüchtigen Wenden gerahten; gelebe aber der gänzlichen Hofnung / sie werden sich etliche Tage verbergen / biß die flüchtige Schaaren vorbey gangen sind / die sich nicht lange pflegen auffzuhalten. Baldrich scherzete drũber / und sagete: Ohn zweifel sitzet mein Bruder Arbianes mit meiner Frl. Schwester an Ort und Enden / welche er umb diß Königreich nicht vertauschete / nachdem ich mich nit erinnern kan / jemahls einen verliebetern Menschen gesehen zu haben. Sie sitzen / wie es ihnen beyden beliebt / sagte der Vater / wann sie nur frisch und gesund wieder bey uns anlangen; das übrige sey der göttlichen Versehung heimgestellet / und meiner geliebten Tochter Fr. Valiska / als deren ich sie in meinem herzen geschenket habe / sie nach ihrer wilkühr zuverheyrahten. Ich bedanke mich dessen kindlich und demühtig / antwortete sie / und wünsche nähst meiner herzallerliebsten Frl. Schwester Gesundheit nicht mehr / als daß mein Bruder Arbianes / das aufrichtige geträue Herz / diese Worte anhören möchte.

Diese beyde Verliebeten aber sassen denselben Tag noch immerzu auff dem starkriechenden Häu / und unter ihrem Liebes Gespräch und unnachlässigen kũssen beklageten sie dannoch / daß die ihrigen ohn allen zweifel ihres aussenbleibens sehr betrübt seyn würden / daher das Fråulein zu ihrem Liebsten sagete: Höchster Schaz / wir lassen uns unser Unglük wenig anfechten / und gedenken nicht eines auff das zukũnfftige; meynen vielleicht auf dieser Sträu immerhin zufaulenzen / oder im nähesten Städlein das Ende unsers Kummers zufinden / da es wol erst recht angehen möchte / massen unter der Vergnügung eurer herzlichen keuschen Liebe / mir dannoch mein Herz so schwer als ein Stein unter der Brust lieget / und mir nicht viel gutes verspricht; Ach daß doch meine liebe Eltern und Brüder nur wissen möchten / wo wir uns auffhalten / zweifelt mir nicht / sie würden schon ein zimlich [552] fliegendes Heer ausschicken / uns abzuhohlen / und dafern solches nicht geschihet / sehe ich nicht /wie wir durch die verschlagenen Völker sicher kommen werden / unter denen sehr wenig sind / die mich nicht kennen solten. Ja wer weiß / ob nicht unsere lieben Freunde uns ehe als erschlagene beweinen / als daß sie errahten solten / wir hätten auff diesem Häu unsere Heiraht abgeredet; auch dürffte ich allem ansehen nach / fast gläuben / die nächtlichen Reuter sind unsers Volks gewesen / und uns zum besten ausgeschikt / massen sie sich ja nicht als flũchtige anstelleten / und aber der Feind ja gänzlich sol geschlagen seyn / wie Wolfgang berichtet. Mein allerschönstes auserwähltes Fräulein / antwortete er / sie mögen Freund oder Feind gewesen seyn / der Almächtige Gott wird uns dannoch helffen / dem wir vertrauen wollen; Und O mein Gott / göñe uns beyden doch /unsere keusche Liebe durch schleunige Heyraht zuergetzen hernach beschere uns dereins die ewige Seligkeit / die dein Sohn uns armen Sündern erworben /und durch sein Verdienst zuwege gebracht hat; Inzwischen habe Geduld mit unsers Fleisches Schwacheit /und leite Zeit unsers Lebens uns auf dem Wege / den du uns selbst in deinem Heiligen Worte vorgeschrieben hast. O das ist wol ein guter und köstlicher Wunsch / sagte das Fräulein; was mich betrifft / wil meinem Fürsten ich wol äidlich versprechen / mich nach aller Mögligkeit der Zucht und Tugend zu befleissigen / und wolle Eure Liebe mir nur diese Gesetze vorschreiben / nach denen ich wandeln sol / und wie er meynet / ich unter des wahren Gottes Gnade verbleiben könne / denen wil ich zufolgen mich nimmermehr beschwerlich finden lassen. Ach mein herzgeliebeter Schaz / antwortete er / ich nehme ein solches erbieten von ganzem Herzen frölich an / wann euer Liebe mir nur in diesem Stük folgen / und den allein seligmachenden Christlichẽ Glauben ihr gefallen lassen wolte / welcher von euren Herren Brůdern und deren Gemahlen / auch von mir gutwillig und zu unser Seelen Wolfahrt angenommen ist / alsdann hätte Eure Liebe ich nichts mehr anzufodern / weil an ihrem Tugendergebenen Herzen mir zu zweifeln durchaus nicht gebühren wil. Solte ich mich dessen wegern? sagte sie; solte ich andere Götter ehren als mein Gemahl / oder einem andern Glauben anhangen? Ich nehme ja billig ein Beyspiel von meiner Fr. Schwester / und wie dieselbe sich alsbald nach meines Herrn Bruders Willen gerichtet / also wil ich ebenmässig mich hierin verhalten / insonderheit / weil zu diesem Glauben ich von der Zeit her grosses belieben getragen / wie Leches denselben meinem Herr Vater zu Prag so sehr rühmete; und noch mehr / nachdem Neklam dessen gegen mich absonderlich gedachte. Arbianes nam dieses erbieten mit herzlicher Vergnügung auff / und beteure / daß ihren Herren Brüdern und Frauen Schwestern diese Erklärung erfreulicher als ihre leibliche Errettung seyn würde; unterrichtete sie doch dabey / sie mũste nicht ihm / als ihrem Bråutigam zugefallen / sondern bloß aus Liebesbegierde zu der Erkäntniß des wahren Gottes / und zur Erlangung der ewigen Seligkeit solche Enderung ihres Glaubens vornehmen / dann sonst würde sie in ihrem Christentuhm keinen festen fuß setzen / sondern in stetem Wankelmuht bleiben / und nach Menschen Willen ihren Glauben endern und umwechseln / welches eine grössere Sũnde wåhre / als wann man aus Unwissenheit im Unglauben verbliebe. Hierauff unterrichtete er sie gar einfältig in den vornehmsten Stücken des Christlichen Glaubens / wie nur ein einiger wahrer Gott währe / und derselbe doch dreyfaltig; hiesse Vater / Sohn / uñ Heiliger Geist; [553] Dieser Gott hätte Himmel / Erde / Meer / und alles was drinnen ist / vor ohngefehr 4000 und mehr Jahren erschaffen /und den ersten beyden Menschen grosse Volkommenheit mitgeteilet / sie auch zu Erben der Seligkeit eingesetzet / welche aber von dem Teuffel zur Sünde sich verleiten lassen / und darüber unter Gottes Zorn zur ewigen Verdamniß / mit allen ihren Nachkommen /denen die Sũnde angebohren würde / gerahten währen; aber der ewige Sohn Gottes hätte sich über alle Menschen wieder erbarmet / und sie durch eine sonderliche Gnugtuhung wieder zu Gnaden gebracht /daß wann sie an denselben gläubeten / und im Christlichen gottseligen Wandel verharreten / ihnen die Seligkeit wiederum solte mitgeteilet werden. Diesen kurzen einfältigen Begriff trug er dem Fräulein vier oder fünff mahl nach einander vor / biß sie ihm denselben fast von Wort zu Wort (wie sie dann ein überaus herlich Gedächtniß hatte) nachsagen kunte / dabey sie unterschiedliche Fragen taht / umb alles desto desser zubegreiffen / und von ihm / so viel sein Vermögen kunte / guten Unterricht bekam. Hernach behtete er ihr dzVater Unser / denChristlichen Glauben / und dieHeiligen zehen Gebohte offt vor / daß sie solches alles gleicher gestalt ohn Anstoß hersagen kunte / jedoch wünschete / daß das Gebeht des HErrn ihr möchte etwas deutlicher erkläret werden / weil wegen der kurzen Bitten / so darin begriffen / es ihr etwas schwer vorkäme. Mein Herz / sagte er / ihr tuht sehr wol uñ weißlich / dz ihr begehret dasselbe zuverstehen / was ihr behtet / massen / wo ein Gebeht ist ohn Verstand /da ist keine Andacht / wo aber keine Andacht ist / da ist auch kein Gott wolgefälliges Gebeht / und erfolget auch darauff keine Erhörung noch Hülffe. Versichert euch aber / daß wann alle Menschen in der ganzen Welt / sie mögen so heilig / und in Gottes Wort und Erkäntniß so erfahren seyn / als sie immer wollen / sie doch kein besser / noch kũnstlicher noch volkommener Gebeht machen köñen / ja auch keines / welches in solchen Stũcken diesem gleich sey; massen in diesem kurzen Gebeht alles dasselbe begriffen ist /wessen wir von Gott zubitten bedürffen. Da wir anfangs sprechen:Unser Vater / der du bist im Himmel; anzudeuten / daß unser Gebeht nicht an irgend ein Geschöpff / sondern allein an den Schöpffer / an Gott muß hingerichtet werden / der in dem Himmel der Herligkeit / seine Almacht und Herschafft führet / und doch allenthalben gegenwärtig ist; denselben nennen wir unsern Vater / und solches aus Befehl unsers Heylandes / auff daß wir durch solchen süssen liebreichen Vater Nahmen sollen versichert werden / der allerhöchste Gott trage gegen uns ein Vaterherz / und wolle uns keine Fehlbitte tuhn lassen / gleich wie ein Vater seines lieben Kindes Bitte / nach seinem Willen angestellet / unerhöret nicht lassen kan. Also müssen wir durch diesen Vater Nehmen in dem Vertrauen zu Gottes Güte / gestärket werden / damit unser Gebeht nicht aus Zweifelmuht herrühre / welcher alles behten undüchtig machet. Hierauff folgen nun die sieben kurze Bitten in einer wolgefügten Ordnung. Dann sehet / mein Schaz / unsere höchste bemühung / ja alles unser tichten und trachten sol vornehmlich und vor allen Dingen dahin gerichtet seyn / daß es zu Gottes Ehren gereiche; daß nun solches von uns geschehen möge / bitten wir von Gott in der ersten Bitte: Du unser lieber himlischer Vater / gib und verleihe uns diese Gnade / daß dein Heiliger Nahme von uns nimmermehr geunehret / oder geschändet / sondern allemahl gebührlich geehret werde; daß wir in allem tuhn und lassen deine Ehre suchen. Das heisset:Geheiliget werde dein Nahme. Nähst dieser Bemühung [554] nach der Ehre Gottes / muß dieses unser vornehmstes seyn / daß wir mögen in der Gnade Gottes stets verbleiben / also / daß wir in diesem Leben wahre Gliedmassen seines Gnaden-Reichs / oder der Christlichen Kirchen; und in dem künfftigen ewigen Leben wahre Gliedmassen seines herlichen Reichs oder der himlischen Seligkeit seyn. Dieses bitten wir von Gott /wann wir in der andern Bitte sprechen:Zukomme dein Reich. Weil wir schwache sündige Menschen aber durch uns selbst nicht wissen uns also zubezeigen in unserm tuhn und lassen / als Gottes Wille erfodert /und wir allemahl wider Gottes Ehre handeln / wañ wir wider seinen Willen handeln / auch die angebohrne Sünde uns immerzu reizet / dasselbe vorzunehmen und fortzusetzen / was den fleischlichen Lüsten und Begierden lieb und angenehm ist / welches dann allemahl wider Gottes Willen / und folgends wider Gottes Ehre streitet / so müssen wir Gott den HErr bitlich ersuchen / daß wie die Heiligen Engel / und die Seelen der verstorbenen gläubigen Menschen nicht sündigen / sondern dem Willen Gottes sich in allem gemäß bezeigen / also wolle unser gnädiger himlischer Vater uns mit seinem Heiligen guten Geist erleuchten und fũhren / daß wir ja nicht wider seinen heiligen Willen handeln / das ist / daß wir ja nicht sündigen / sondern uns von Sũnden enthalten / und nach seinem Willen unser Leben anstellen und fũhren mögen. Sehet mein Schaz / dieses bitten wir von Gott in der dritten Bitte /wañ wir sprechen /Dein Wille (du lieber Himlischer Vater)geschehe / (werde bey uns und von uns im heiligen Wandel geleistet)wie im Himmel (von den Engeln und von den in die Seligkeit auffgenommenen Seelen) /also auch auff Erden (von uns annoch hieselbst lebenden Menschen). Darauff fahren wir fort / und bitten von unserm himlischen Vater / weil wir durch unsere eigene Krafft und Vermögen uns nicht können die leibliche Nahrung schaffen / sondern dieselbe als arme dürfftige Kinder aus Gottes Gnadenhand empfangen müssen / dz er uns solche Nahrung / als viel wir zu unsers Lebens Unterhalt bedürffen / alle Tage /biß an unser Lebens Ende bescheren wolle / und solche Lebens Nohtturfft heissen wir das tågliche Brod /da wir in der vierden Bitte sprechen:Unser tägliches Brod gib uns heute; Oder; gib uns alle Tage / wessen wir Zeit unsers Lebens zu unser Unterhaltung bedürffen. Weiters / so müssen wir uns erinnern / daß weil wir die Erbsünde an uns haben / und wir dieselbe nicht gänzlich ablegen können / so lange wir in dieser Schwacheit leben / sondern solche Erbsünde uns täglich zu sündigen anreizet / so daß wir nicht allerdinge uns von den Sünden der Schwacheit enthalten können; und aber auch solche Sünden uns die Verdamniß zuwendetẽ / wann sie uns nicht von Gott aus Gnaden vergeben würden; Gott aber dieselben niemand vergeben wil / als welche ihn in wahrer Busse herzlich darumb ersuchen; sehet so haben wir hoch von nöhten /daß wir unsern himlischen Vater anflehen / er wolle nicht mit uns handeln nach unsern Sünden / und uns nicht vergelten nach unser Missetaht / sondern uns dieselben um seines lieben Sohns JEsus Christus willen (welcher vor unser Sünde hat gnug getahn) gnädiglich vergeben; daher bitten uñ sprechẽ wir in der fünften Bitte:Und vergib uns unsere Schulde; unsere Sündenschuldẽ / auch diese / damit wir O Gott dich täglich aus schwacheit beleidigen. Wir setzen aber ganz merklich diese Wort hinzu:Als wir vergeben unsern Schuldigern. Gott hat uns befohlen / daß wann wir von andern beleidiget werden / sollen wir denen solches gerne vergeben / und sie deswegen nicht hassen noch anfeinden / so gar / daß wo [555] wir diesem Befehl Gottes zur brüderlichen Versöhnligkeit nicht nachstreben /sondern uns suchen aus eigener Bewägung zurächen /so wil uns Gott unsere Sündenschuld auch nit vergeben / damit wir ihn täglich beleidigen / sondern er wil uns unsere Sünde vorbehalten zur ewigen hellischen Verdamniß. Und solches hat uns unser Gott nicht allein in seinem Heiligen Wort gedräuet / sondern auch hieselbst in diesem Gebeht befohlen / daß wir uns selbst Gottes Straffe über den Halß bitten sollen /wann wir unsern Beleidigern nicht vergeben wollen; dann wir müssen ja außdrüklich sprechen: Gleich wie wir unsern Beleidigern ihre Beleidigung vergeben /also wolle und solle unser Gott uns unsere Sünde auch vergeben. Und eben dieses treibet uns Christen an / daß wir langmühtig sind / und unsern Feinden gerne vergeben. Das Fråulein fiel ihm hieselbst in die Rede / und sagte: Ich habe Gott Lob alles wol verstanden / was mein Schaz mir an stat einer Erklärung mitgeteilet hat / und ich solchen Verstand von mir selbst nicht würde gefunden haben. Aber es fält mir bey dieser fünften Bitte eine Frage ein / ob wir dann den Wendischẽ Räubern / Krito / Gotschalk / uñ ihren Gehülffen auch die Beleidigung vergebẽ / und sie des wegẽ ungestrafft lassen müssen; ich meine ja es erfodere die Gerechtigkeit selbst / daß solche Räuber und Gewalttähter gestraffet werden. Der Fürst antwortete: Mein Fräulein tuht wol / daß sie diesen Einwurff auffgelöset zu werden begehret. Grobe Ubeltahten und Sünde / welche vorsezlicher muhtwilliger weise begangen werden / als da sind / Mord / Raub / Diebstahl / Ehebruch und dergleichen / hat Gott in seinem Wort ernstlich gebohten / daß sie von der Obrigkeit gestraffet werdẽ / so gar / daß wo dieselbe inbestraffung solcher Boßheit nachlåssig ist / wil Gott diese Nachlåssigkeit hart und schwer an der Obrigkeit straffen; aber solche Straffe mus nit ergehen aus Nachgier oder sonderlicher Feindschafft wieder denselben der solche Boßheit verübet hat / sondern es mus geschehen aus Liebe zur Gerechtigkeit / und aus gehorsam gegen Gott; und mus doch inzwischen / wann die Obrigkeit selbst durch solche Ubeltähter beleidiget wird / mus sie zwar die Ubeltaht an den Tähtern straffen / aber doch so viel an ihnen ist / es dem Beleidiger vergeben / der dannoch dasselbe zur Straffe ausstehen mus was ihm Gott aufferlegt hat. Ein Mensch aber / der nicht Obrigkeit ist / und von seinem Nähesten beleidiget wird / mus nicht sein eigen Richter oder Rächer seyn /sondern der Obrigkeit es klagen / derselben es als Gottes Dienerin in die Hand geben / und in allem ohn Rachgier verfahren. Jedoch ist niemand verbohten eine Nohtwehre zu tuhn / wann er von einem andern mördlich überfallen wird. Ich bin hiemit zu frieden /sagte das Fräulein / und ist mir mein zweifel dadurch benommen / wolle demnach mein Schaz in Erklärung der übrigen zwo Bitten fortfahren. Die sechste Bitte /antwortete Arbianes lautet also /Und führe uns nicht in versuchung. / Die versuchung ist zweyerley; Eine heilsame / und eine schädliche Versuchung. Die heilsame rühret her von Gott / und ist diese / wann er uns zeitliches Unglük zu schicket / durch welche er uns von den weltlichen Lüften abzihen / und zu seinem Gehorsam leiten; oder dadurch er unsere Geduld und Beständigkeit im Glauben prüfen und bewehren wil. Welche Versuchungen / weil sie uns gut und zur Seligkeit beföderlich sind / müssen wir von Gott willig annehmen / und nicht wieder seine Schickungen murren / sondern nur bitten / daß Gott gnädig seyn /und dieselben uns nicht zu schwer machen wolle. Die andere Versuchung ist die schädliche / da ein Mensch versuchet oder angetrieben wird zu einer oder [556] andern groben Sünde / oder wann er wegen der begangenen Sünde versuchet und angetrieben wird zur Verzweifelung; welche aber nicht von Gott herrühret / sondern von dem Teuffel / von den gottlosen verführischen Leuten / und wol von unserm eigenen bösen willen des üppigen Fleisches. Daß wir nun in dieser sechsten Bitte sprechen: Du lieber himlischer Vater / führe du uns nicht in Versuchung / ist also zuverstehen; du gnädiger Gott / gib es doch dem Teuffel / oder den gottlosen Menschen / oder unsern sũndlichen Begierden nicht zu / daß wir von ihnen durch schädliche Versuchungen zur Sünde / noch hernach zur Verzweifelung verführet werden / sondern steure und wehre denselben / und wende solche Versuchungen gnädiglich von uns abe. In der siebenden und lezten Bitte fassen wir nun alles zusammen / daß uns Gottvon allem schädlichenübel Leibes und der Seeleerlösen wolle / und solches alles wolle er nach seiner Gnade durch seine Kraft an uns verrichten. Welches wir mit einem gläubigenAmen beschliessen / durch welches Wort wir bezeugen / wir haben den ungezweifelten Glauben / und die Hoffnung zu Gott unserm himlischen Vater / er werde uns umb seines lieben Sohns willen erhören / und uns die Bitte geben /die wir von ihm gebehten haben. Nach geendigter dieser Auslegung desVater unsers / ermahnete er das Fräulein / daß wann unser Gott uns Unglũk und Wiederwertigkeit zuschickete / müsten wir nicht unwillig auff ihn werden / oder gar von ihm abfallen / sondern wann er uns gleich gar tödten und umbkommen liesse / müsten wir ihm doch nicht umb ein Haar weniger /als in der höchsten Glükseligkeit anhangen / und solche zeitliche Straffen vor eine väterliche und gnädige Züchtigung erkennen / als welche zu unser besserung uns allemahl angelegt würde / damit wir in dieser Welt gleichsam als durch ein Feur geläutert / an der ewigen Seligkeit nicht Schiffbruch erlitten. Schließlich beschrieb er ihr die unsägliche Freude des himlischen ewigen Lebens durch Gottes eingeben (wir ers dann ehmahls in den Predigten gehöret hatte) so fein und anmuhtig / daß sie daher eine sonderliche Wollust in ihrem Herzen empfand / und sich verpflichtete / sie wolte alles Unglük / was ihr auch begegnen würde / geduldig ertragen / und zu Gott das feste vertrauen haben / es währe ihm ja so leicht / sie von diesem Häu / da es ihm gefiele / wieder auff ihres Herrn Vaters GroßFũrstliche Schloß zubringen / als sie durch räuberische Entführung davon auff dieses Häu gerahten währe. Daß ist recht und wol geredet / mein herzgeliebtes Fräulein / sagte er; zweifele auch nicht /der barmherzige Gott werde uns mit seinen Gnaden-Augen ansehen / und erinnere ich mich GroßFürst Herkules täglichen trostes / da er stets zu sagen pfleget:Ich bin gewiß / und dessen versichert; daß unser Gott geträu ist / der uns nicht lässet versuchen über unser vermögen / sondern schaffet endlich / daß die Versuchung also ein Ende gewinne / daß wirs können ertragen. Ja wann uns Gott gleich eine Kreuzes- oder Unglüslast wegen unser Sünde aufflege / so helffe er doch allemal uns dieselbe tragen / lege seinen Gnaden Hand unter und hebe selbst nach; und wann wir müde sind /alsdann nehme er sie gar von uns hinweg / und werffe sie ins Meer. Mit diesen und andern tröstlichen Reden machete er das liebe Fräulein so standfeste / daß sie sich erklärete / wann es eine solche beschaffenheit mit dem Unglük hätte / daß uns Gott solches nicht aus Zorn / sondern / wie er sagete / unsern Gehorsam zu prũfen aufflegete / so möchte sich ja ein Mensch glükselig schätzen / wann ihn Gott zu seiner selbst eigenen bessserung dergestalt mit der väterlichen Zuchtruhte heimsuchete. Aber sie redete noch zur [557] Zeit als eine Unerfahrene / wiewol sie sich dessen hernach zu ihrem besten oft erinnerte / und ihr betrübtes Herz dadurch gewaltig stärkete. Sie gerieten endlich wieder auf das Andenken ihrer Verwanten / und wolte das Fräulein gerne berichtet seyn / wie sichs eigentlich mit König Ladisla Heyraht zugetragen hätte / dessen Gemahls löbliche Tugenden und Schönheit Libussa ihr sehr gerühmet / daß sie nicht wenig verlangen trüge / in ihre Kundschaft zukommen. Ja mein Fräulein / sagete er / die Römerinnen tragen auch hohe begierde / sie zu sehen / aber heftig beklagen sie es / daß eure Liebe mit ihnen nicht werde unterretung halten können / nachdem jenen das Teutsche noch zur Zeit unbekant ist / und neulich erst den Anfang gemacht haben / in dieser Sprache sich unterrichten zu lassen. Je mein Fürst / antwortete sie / weis seine Liebe dann noch nicht / was vor eine gelehrte Braut dieselbe an mir bekommen? dann meine Brüder / und König Ladisla selbst haben in meiner Kindheit mich immerzu in der Lateinischen Sprache geübet / daß ich solche nicht allein verstehen / sondern auch zur Roht mit reden kan / ob ich mich gleich zuzeiten auff die Worte und deren zusammen fügung etwas bedenken mus. Ey so mus mein Fräulein das Latein fleissig treiben /sagte er / dann also kan sie mit meinem Herr Vater und Fürst Pharnabazus unterredung pflegen / welches ihnen sonderlich lieb seyn wird / biß sie etwa unsere Sprache wird gefasset haben / die ungleich leichter zu lernen ist / als die überaus schwere Teutsche. Auch wollen wir / da euer Liebe es gefället / nach diesem mehrenteils Lateinisch miteinander reden / wann wir allein sind / weil das Teutsche mir ohndas saur genug wird. Die reine Warheit zusagen / antwortete sie /mus ich bekennen / daß mein Fürst die Teutsche Fertigkeit noch nicht gefasset / wiewol er seines herzens anliegen noch mehr als zu deutlich an den Tag geben kan. Aber wie hat er doch immer und ewig das Reimen- tichten so wol gelernet / daß er sie gar dreyfach schränken kan? Mein Seelichen / sagte er / darzu währe ich eben so geschikt als der Esel zum Lautenschlagen / wann ich mich dessen unterwinden würde; aber meine Fr. Schwester hilft mir damit zu rechte / ja daß ichs eigen sage / sie setzet sie über / aus meiner Medischen oder Lateinischen Tichterey / sonst würde es über die masse elende Reimen und abmässung der Wörter geben; und wann ich wissen solte / das meinem Fräulein belieben könte / eines anzuhören / welches ich ehmahls in meiner Mutter Sprache gnug verwirret / ihr zu ehren und Gedächtnis getichtet / die GroßFürstin aber hernach in das Teutsche gebracht /würde ich mich erkühnen / es herzusagen / weil doch hieselbst keine Singenszeit ist. Das Fräulein hielt alsbald eiferig an / ihr diesen freundlichen Willen zuerzeigen / weil das erste ihr sehr wol gefallen hätte. Worauff er dieses vortrug.


1
O Grausame Furcht im Lieben /
Wie ist deine Glut so heiß?
Die noch keiner recht beschrieben /
Keiner zubeschreiben weiß!
O du gar zu herbes Quälen;
Mus ich dann ohn Ruh und fehlen
Bald nur Feur seyn / bald nur Eiß?
2
Meine Lust ist weit entsessen;
Ja bin ich dann wol so wehrt;
Das die / so ich ganz vermässen
Liebe / meiner auch begehrt?
O grausame Furcht im Lieben /
Die noch keiner recht beschrieben /
Er mag fahren wie er fährt.
3
Freilich mus ich rund bekennen /
Daß ich gar zu freche bin.
Darumb mus ich schier verbrennen /
Und doch kan ich meinen Sinn
Nicht von dieser Sonnen wenden /
Hätt' ich gleich an andern enden
Einen sicheren Gewin.
[558] 4
Nun es gehe wie es wolle /
Meine Liebe brech' ich nicht /
Ob gleich auff der Parken Rolle
Meines Lebens Fadem bricht.
Dann ohn dieser Sonnen Strahlen /
Die mein Herz so schön bemahlen /
Hab ich weder Schein noch Licht.
5
Fräulein / deren hohe Gaben
Selbst der Himmel zeuht hinan /
Weil sie mehr als Menschen haben /
Ach nehmt euren Sklaven an /
Der durch eurer Bildnis blicken
Noch vor Liebe mus ersticken /
Und sich kaum mehr kennen kan.
6
O du klarheit laß dich finden /
Brich die Dunkelheit in mir /
Meine Geister die verschwinden /
Meine Seele berstet schier /
Und die Kräfte sind erlegen /
Weil vor harten Liebes-Schlägen
Ich mus seufzen für und für.
7
Nun ich wil des Glückes warten /
Gibt das warten mir gleich Pein;
Vielleicht dürfte sichs noch karten
Daß der klare Sonnenschein
Mein Anschauen wird erleiden /
Alsdann werd' ich voller freuden
Und durchaus vergnüget seyn.

Wol zufrieden mein allerschönstes Seelichen; wol vergnüget mein aller teurester Schaz / fuhr er weiter fort / nach dem die Hoffnung mich nicht ganz verlassen / sondern schon in so weit besehliget hat / daß ich die mündliche Zusage erhalten / und die höchst gewünschete Volstreckung nicht ferne zu seyn hoffe; daher mich forthin nicht gereuen wird / ob gleich ihretwegen ich mannichen schweren Herzensprast außgestanden habe. Ach mein allerwerdester Fürst / antwortete sie; billich rechne ich mich unter die glükseligen / daß von ihm ich dermassen herzlich geliebet /und über Wirdigkeit hoch geschätzet werde / und hat er sich nicht zubefahren / daß ich einem solchen geträuen Liebhaber einige Vergnügung solte auf zuschieben Willens seyn / so bald ich mich nur bey meinen lieben Eltern und Verwanten finden werde. Ich gelebe der tröstlichen Hoffnung / sagete er / und wil in guter Geduld erwarten / wann das Glük mir die vollige Niessung ihrer Gunst und Liebe in ehelicher träue und zulässiger Belüstigung gönnen wird. Weil aber die Sonne ihren Lauff schier zum Ende gebracht / und sich unter die Erde verstecken wil / werde ich mein Fräulein bitten / mir zugönnen / daß ich sie mit meiner Kunst Farbe anstreiche / und den herlichen Sonnenschein ihres liebreichsten Angesichts unter dieser Wolke verberge; endlich ihr auch diese bäurische Kleidung anlege / um zubesehen / wie stolz dieselben sich werden dünken lassen / daß sie diesen ihren allerwolgestaltesten Leib zubedecken gewirdiget werden. Das fromme Fräulein hatte vor diesem dergleichen verliebete reden nie gehöret / viel weniger der Liebe Anmuht ihr einbilden können / die anjetzo ihr mit überhäuffetem Masse eingeschenket ward /daher sie allerdinge sich darein nicht zuschicken wuste; dañ ihr auffrichtiges unbetriegliches Herz meinete nicht / daß etwas an ihr wåhre / wodurch ein solcher Fürst zu dergleichen hohen Neigungen solte können gereizet werden / daher baht sie ihn / er möchte sie nicht über Wirdigkeit erheben / noch mit dergleichen Lobreden belasten / die nur eine Schahm in ihr erwecketen / daß sie gedenken und argwohnen müste /es wåhre zum Auffzuge angesehen / und wolte vielleicht er sie erforschen / ob eine töhrichte Einbildung und närrischer Ehrgeiz hinter ihr steckete / daß sie in unverdieneten Ruhm gehehlen könte; welches er mit traurigem Gesichte beantwortete / O ihr meines Lebens Meisterin / sagte er / kan mein Fräulein so wiedrige Gedanken von ihrem ergebenen Knechte fassen /oder hat sie dessen irgends an mir gespüret was zu ihrer Großfürstlichen Hocheit Verkleinerung gereichen möchte? und warumb [559] wil sie ihre Vortreffligkeit doch nicht erkennen / oder vielmehr mir verbieten /solche zuverehren / und ihr den gebührlichen Preiß zuzulegen / welches doch weder ich noch einiger Mensch völlig leisten kan? Umfing sie hiemit inniglich / und baht mit beweglicher Rede / ihn hinfüro des ungleichen verdachts zuerlassen / welcher ihn mehr als der Tod selber schmerzete. Wann es dann so seyn muß / antwortete sie / daß mit aller Gewalt ich mich einer sonderlichen Schönheit und anderer beywohnenden Volkommenheiten in meinem grossẽ Mangel sol bereden lassen / wil ichs meinen allerliebsten Fürsten zugefallen so lange mit gläuben / biß er sich eines andern besinnen / und mir solches hernach selber wieder auß dem Sinne schwatzen wird; vor dißmahl aber wolle mein liebster mit der Verstellung meines Angesichts fortfahren / damit ich hernach auch mein ehrbahres Kleid anlegen könne. Arbianes hieß Wolffgangen Wasser herauff geben / womit er die Farbe zurichtete / und vor erst ihr Goldgelbes Haar bräunlich machete / über welche Veränderung sie sich nicht wenig verwunderte; hernach streich er ihre Hände und Arme biß zu den Ellenbogen an / und zulezt ihr Gesicht / Hals und Kehle / da sie ihren kleinen Spiegel hervor suchete / und in dem selben sich besehend /hochbeteurete / sie kennete sich selbst nicht mehr. Endlich verfügete sie sich in einen absonderlichen Winkel / zohe ihre Fürstlichen Kleider ab / und legte die wolzuflicketen an / schürzete sich in Gestalt einer Dienstmagd zimlich auff / zohe grobe wüllinne Strümpffe / und breite Schuch an / in welchen sie einen guten Teil Häu stopffen muste / damit sie ihr nicht von den Füssen fielen. Inzwischen stũrzete ihr Arbianes eine weisse Mütze auff / und über dieselbe eine schwarze vierdraten / mit wöllinen Frenseln umher besetzet / hängete ihr leztlich ein weisses grobes Leilach umb / dessen hinter Zipffel ihr biß an die Waden herab hing / und als sie der gestalt bäurisch gnug außgeputzet wahr / sagte sie zu ihm; jezt erinnere ich mich der vorigen Rede meines Fürsten / daß er sich nicht wegern wolte / in diesem Hütlein vor einen Knecht zudienen / wann ich Magd oder Tochter drinnen währe; ey so betrachte er mich doch nun recht eigen / ob ich nicht vor eine grobe Bauren Dirne mit lauffen kan. Ja / sagte er / nach der jetzigen Kleidung und angestrichenen Farbe zwar wol; wie aber / mein Fräulein / wann ihr die Kleider außgezogen würden! Ach davor bewahre mich der Almächtige Gott / antwortete sie / und lasse mich ja lieber auff dieser Stelle die Seele außblasen. Ich bin aber des starkriechenden Häues von Herzen überdrüssig / und möchte wünschen / daß wir alsbald fortgehen solten / weil ich mich sehr wol zufusse befinde; ist mir auch insonderheit lieb / dz das heutige heisse Wetter sich in einen Regẽ zu verendern wollen scheinet / und in solcher Witterung man umb soviel weniger auff uns acht haben wird / wil auch lieber durchhin naß werden /als im finstern gehen / dann bey Nacht Zeit ist es gar zu grauhafft / und wann uns alsdann jemand auffstossen solte / dürffte man allerhand wiedrige Gedanken wegen unser nächtlichen Reise fassen. Der Fürst ließ ihm solches wolgefallen / rieff Wolffgangen und fragete / ob sie noch zeitig gnug in die Stad kommen könten / wann sie sich jezt mit dem Regen auffmacheten. Ja mein Herr / sagte er / nun währe wol die gewünschete Zeit / wann nur eure Fr. Schwester sich im nassen behelfen und den Regen leiden könte; ob wir dann gleich etwas späte nach geschlossenem Tohr kommen würden / habe ichs schon mit einem Trinkgelde bey dem Tohr Hüter bestellet / daß wir sollen eingelassen werden. Arbianes machte sich alsbald in seine Kleider / nam sein [560] Geld und Kleinote / deren er unterschiedliche bey sich hatte / zu sich / hing die Bauren Plötze an die Seite / und hatte mit dem Fräulein mühe gnug / ehe er ihr von der steigerẽ Leiter helfen kunte. Als sie hinunter kahmen / gedauchte den Alten / das Fräulein währe ihm gestern Abend im dunkeln ungleich schöner vorkommen / wolte doch nach ihrer Verenderung nicht fragen / sondern reichete ihr ein weisses Stäblein / wo bey sie gehen solte /welches sie mit diesen Worten hinnam: Lieber Vater /ihr habt wol als ein Vater bey mir gehandelt / welches ich auch als eine dankbahre Tochter erkennen wil /und vor diesen Stab euer Stab im Alter seyn / so und dergestalt / daß ihrs nicht besser wünschen sollet. Würde sich nun alhie bey euch meinetwegen weitere Nachfrage begeben / die von dem Teutschen Großfürsten oder seinen Söhnen herrührete / so stellet ihnen meine auff dem Häu hinterlassene Kleider zu / und berichtet alles was ihr von mir wisset / insonderheit /da inwendig sieben Tage ihr von uns keine Botschafft haben soltet / so schaffet euch Fuhre umb dieses Geld (dann sie legete ihm 20 Kronen in die Hand) fahret hin / wo das Teutsche Heer sich auffhalten wird / und bringet meine Kleider hochgedachten Herrn über / die werden euch schon des Weges zulohnen wissen. Dieser euer Wolffgang aber sol mein Diener seyn / und sein künfftiges Glũk noch zur Zeit nicht außrechnen können. Ach liebe junge Frau / antwortete der Alte /so hohes erbietens bin ich nicht wirdig / und möchte nur wünschen zuwissen / was vor liebe Leute ich beherberget habe / welches bey mir sterben solte. Das Fräulein fragete den Fürsten auff Lateinisch / ob sie ihm etwas Nachricht geben dürffte / und auff Erläubniß nam sie ihn absonderlich / und sagte zu ihm; Sehet Vater / daß ihr vor erst meinen guten Willen spüret / versichere ich euch in hohem vertrauen / dz ihr Braut uñ Bräutigam beherberget habet / welche Gott wunderlich zusammen gesellet hat / und ihres Standes so hoch sind / als einiger Mensch in diesem Königreiche. Der Alte erschrak dessen höchlich / baht um Gnade und Verzeihung / wünschete ihnen Glük und sichere Reise zu den ihrigen / und befahl sich ihrer beharlichen Gewogenheit. Arbianes nam auch freundlichen Abscheid von ihm / bedankete sich der erwiesenen Träue / und versprach ihm gnugsahme Vergeltung neben der Erinnerung / er solte seine und seiner Liebsten Kleider beyeinander lassen / und sie /wann er etwa abgehohlet würde / mit sich bringen. Welches er willig versprach / auch zugleich eine Vorbitte wegen seines ungehorsamen Sohns einlegete /damit derselbe auch dereins seiner Befoderung möchte zugeniesen haben; dann er währe jung / und von böser Geselschafft verleitet / würde alsdann das böse wol ablegen / und alle Mögligkeit leisten. Worauff Arbianes ihm allen freundlichen Willen verhieß; nam einen Springstecken zur Hand / ließ Wolffgang mit dem Fräulein ein wenig voran gehen / und folgete gemehlig nach / Gott den HErrn von Herzen anstehend /er möchte ihr Geleitsman seyn / und sie in kurzen zu den ihren bringen. Als sie in das offene Feld kamen /und zwischen dem Korn / welches gleich in der Blüte stund / daher gingen / erhub sich ein überaus ungestümes Ungewitter / da nicht allein ihnẽ der Wind gerade entgegen stund / welcher den scharffen Regen mit zimlichen grossen Schlossen vermischet / ihnen ins Gesichte schlug / sondern der Bliz und Donner sich dergestalt sehen und hören ließ / daß auch ein Herzhafter dadurch in Furcht und Schrecken gesetzet ward. Das Fräulein beschirmete ihr Angesicht mit dem Leilach so best sie kunte / und wurden sie ingesamt in kurzer Zeit so pfützenaß / daß ihnen kein trockener Fadem übrig [561] blieb. Arbianes beklagete das Fräulein sehr / und führete sie stets unter dem Arme / welche sich aber keine Ungelegenheit verdriessen ließ / vorgebend / sie hätte nie keinen angenehmern Lustgang verrichtet / und könte das Wetter so ungestüm nicht seyn / daß sie es nicht schärffer wünschete / wann sie nur hiedurch vor Unfal gesichert würde; aber als sie den Weg zur Helffte gebracht hatten / ließ der Regen nach / und gingen neben etlichen grossen Bäumen her / hinter welchen sich drey verschlagene Wendische Fußknechte wegen des Regens aufhielten / deren einer ein Schwert bey sich fũhrete / die andern beiden aber mit langen Prügeln sich versehen hatten. Sie macheten alsbald einen Anschlag auff die unsern / ihnen / wz sie etwa bey sich hätten / abzunehmen / weil sie sonst keine Leute im Felde spüreten / insonderheit hatten sie Lust / Arbianes umb seine Baurenplötze zubringen / und sich damit zuwapnẽ / daher sie alle drey mit einander loßbrachen / und der eine sein Schwert /noch ehe sie gar nahe kahmen / entblössete / welches Arbianes ersehend / dem Fräulein einẽ Muht einredete / sie solte sich wegen dieses überfalles durchaus nicht fürchten / sondern bey Wolffgangen bleiben / oder /welches das beste / sich nur an den einen Baum nidersetzen / massen da diese Räuber ihnen etwas wũrden anmuhten seyn / sie es bald gereuen solte. Hernach hieß er Wolffgangen ein gutes Herz fassen / und mit seinem Springstecken sich dem einen frisch entgegẽ setzen / oder nur abwehren / daß er von ihm mit dem Prügel nicht getroffen würde / er wolte mit Gottes Hülffe den andern beiden Mannes gnug seyn. Kaum hatte er solches ausgeredet / da rieffen jene ihnen zu /sie solten stille stehen / oder alsbald niedergemacht werden. Das Fräulein verließ sich auff Gott und ihres Fürsten Herzhafftigkeit / daher sie ohn einige Wehklage sich nidersetzete / nicht zweifelnd / dieser Streit würde bald geendiget seyn. Arbianes aber gab den Ansprengern zur Antwort; was sie ihnen zugebieten hätten zu stehen oder fortzugehen? sie solten sich bald packen / und der eine das Schwert in die Scheide stecken / oder es würde noch vor abends mit ihnen dreckicht gehen werden. Diese liessen auff solche Dräuung sich trotzig vernehmen / weil sie keine Gnade erkennen könten / mũsten sie ohn alles erbarmen in grüner Heide das Leben verlieren; da dañ der eine mit dem Prügel auff Wolgang loßging / der andere sich auff die Huht stellete / ob diesen etwa ein Entsaz zukommen würde / der mit dem Schwerte aber sich an Arbianes machete / des festen Vorsatzes / ihn alsbald niderzumachen; welcher aber mit seiner kurzen Plötze sich zum rechtmässigen Gefechte stellete /und seines Feindes getrost erwartete. Dieser erkennete hieraus / daß der vermeynete junge Baur der Fecht Kunst nicht allerdinge unwissend seyn müste / gedachte doch / weil er selbst ein guter Fechter wahr /ihm etliche blutige Streiche zuversetzẽ / biß er ihn würde auffgerieben haben / da er sich dann nicht wenig auff sein langes Schwert verließ. Arbianes aber achtete sein nit / gab nur acht / wie es Wolffgang mit seinem Manne ergehen wũrde / und als er merkete /daß diese beiden einer dem andern gewachsen wahrẽ /hielt er seinen Feind mit Worten auff / und fragete ihn / was ihn so kühn machete / die Inwohner dieses Landes auff freyer offener Landstrasse zuüberfallen / und möchte gerne wissen / ob er ihn vor einen Mörder und Räuber / oder vor einen abgestrichenen Landsknecht halten solte. Diesen verdroß der Spot / und begunte hefftig auff Arbianes loßzudringen / welcher mit einem kurzen Lager ihm auffwartete / auch nicht lange anstund / daß er ihm einen Schnit über das Maul gab / daß die rohte Suppe mildiglich hervor flosse / welches diesen [562] zum wütigen Eifer verursachete / daß er ihm auch wol einen Tod durch Pein dräuen durffte; worüber sich Arbianes erzürnete / ihm eintrat / und mit einem quehrhiebe ihm den Unterbauch öfnete / daß ihm das Gedärme zum Leibe heraus floß / und vor Ohmacht das Schwert fallen ließ; Arbianes machte sich alsbald hin nach dem dritten /der auff die Huht gestellet wahr / welcher schon mit flüchtigen Gedanken umging / weil er seines Gesellen Unfall von ferne sahe / und über das unbewehret wahr; sein Feind aber saß ihm zu zeitig auff der Haube / dem jener sich mit seinem grossen Prügel entgegen setzete / aber denselben mit samt der abgehauenen rechten Hand bald fallen ließ / und ihm bald darauff mit einem hiebe der Schedel geöffnet ward /daß das Gehirn samt dem Blute heraus flosse. Der Obsieger kehrete hiemit umb nach Wolffgangen /umb zuvernehmen / wie es ihm ginge. Derselbe hatte nun anfangs mit seinem Ansprenger sich rechtschaffen zudroschẽ / und sehr herbe trockene Schläge ausgeteilet und angenommen; Weil er aber merkete / daß der Wende ihm mit Fertigkeit / die Streiche auszunehmen und zuversetzen zu gescheid wahr / unterlief er ihm / und fing an mit ihm zuringen / da sie dann sich mit einander bey ben Haaren wol zuzauseten / biß es Wolffgangen durch seine Leibesstärke geriet / daß er diesen zur Erden niederwarff / sich auff ihn setzete /und ihm die Augen im Kopfe dergestalt zerschlug /daß sie ihm zuschwollen. Derselbe aber gedachte an sein Brodmesser / und suchte es hervor / ihn damit zuerstechen / gleich als Arbianes herzu nahete / welcher solches sehend / ihm im Augenblicke vorkam /und die Hand begriffe / als er gleich den Stich vollenden wolte / schnitte ihm auch mit der Plötze über die Finger / daß er das Messer fallen lassen muste / und in dieser Angst fragete / obs recht währe / daß zween sich ũber einen macheten. Arbianes aber lachete dessen / reichete Wolffgang die Plötze / und befahl ihm /den Räuber damit hinzurichten / welches er mit dreyen Hieben leistete / und die erschlagenen Buben hinter eine Hecke schleppete. So bald das Fräulein des völligen Sieges inne ward / stund sie auff von ihrem andächtigen Gebeht / dankete Gott mit kurzen Worten / und eilete hin zu ihrem lieben Fürsten / welchen sie umfahend / also anredete: Gott Lob und Dank / mein Schaz / daß wir dieser Gefahr gesund und unverwundet entgangen sind; lasset uns aber unsern Weg eilig fortsetzen / damit nicht andere Buben über uns kommen / und die Gefahr vergrösseren. Mein Fräulein redet wol / sagte er; dann ob wir gleich solcher Uberwindungen mehr erhalten würden / sind sie doch unrühmlich / und dũrffte dem guten Wolffgang das Fell gar zu hart gegerbet werden / dann wo ich nicht irre /hat er des Räubers Prügel zimlich gekostet. Ja mein Herr / antwortete er / ich werde der empfangenen Stösse wol etliche Tage mich zuerinnern habẽ / danke aber eurer Gn. vor mein erhaltenes Leben / welches der Mörder bedacht wahr / mit dem Messer mir zunehmen. Derselbe hat seinen Lohn empfangen / und wird hinfort ruhig seyn / antwortete er; gingen also fort / und fragete ihn Arbianes / ob er ihm nicht könte eine bequeme Herberge zuweisen / woselbst ihm ein eigen Gemach mit einem Feurheerd und zwey bereiteten guten Betten eingeråumet würde. Welches er beantwortete; Er dienete bey einem Gastwirt vor einen Haußknecht / welches ein Witwer und guter Mann /aber sehr geizig währe / hätte ein feines Hintergemach / und würden sie bey demselben besser als bey keinem andern können bewirtet werden. Welches das Fräulein gerne vernam / ging mit ihrem lieben Fürsten immer fort / und gelangeten noch vor Tohrschliessens bey der [563] Stad an / gleich da eine Geselschafft trunkener Bauren heraus schwärmeten / und Arbianes zurechtfertigen begunten / woher er kähme / und wer er währe; welcher aber sich mit ihnen in kein Gespräch einlassen wolte / sondern Wolffgangen das Wort überließ / wickelte sich also fein von ihnen loß / ohn mit dem lezten währe er schier in ein schlimmes Bad gerahten; dann als dieser sich an das Fräulein machete / und mit ihr zutanzen / sie bey der Hand fassete /weil der Sakpfeiffer vor ihnen herging / verdroß ihn solches so hart / daß er schon im vollen Werke wahr /von Leder zuzihen / und den Schimpf zurächen / dafern Wolfgang sichs nicht angenommen hätte / welcher den Bauren kennete / und ihn erinnerte / diese fremde Jungefrau unbeschimpffet zulassen; dieser aber mit hohen Flüchen (sie steiff bey der Hand haltend) beteurete / er wolte der Dirnen kein Leid antuhn / nur sie müste einmahl mit ihm tanzen / und möchte hernach wol ungehindert ihres Weges gehen. Arbianes sich besiñend / lachete endlich des Handels / weil das Fräulein / um Unheil abzuwenden / sich zum Tantze anerboht / da sie sich äusserst bemühete / ja so unhöflich zuspringẽ / wie sie wol ehmals es von den Sachsischen Bauren Mägdlein gesehen hatte / wiewol dieser Tanz ihre verstellung leicht hätte verrahten mögen / wann daß nüchterne Zuseher sich dabey angefunden / massen der Baur seiner tölpischen Gewohnheit nach sie dergestalt herumb schwänkete / daß die Kleider ihr zimlich in die höhe flogen / und man das zarte ihres Beins nähest ober dem Knie sehen kunte / fehlete auch wenig / sie währe mit samt dem Tänzer ũbern hauffen gefallen / welcher im springen wegen des glatten Erdbodems ausglitschete / und sich mitten im Koht rechtschaffen umbwälzete / das Fräulein aber bloß durch ihre leichte geradigkeit sich des Falles entledigte. Wolfgang nahm ihres Beines entblössung wahr / und aus der zarten Haut muhtmassete er / sie müste unter dem Angesicht und an den Händen mit einer Kunstfarbe verstellet seyn / weil der Alte ihm von ihrer Schönheit gesagt hatte. Der Baur machete sich aus dem stinkenden Lachen wieder hervor / und weil der Sakpfeiffer noch immerzu auffspielete / wolte dieser noch weiter an den Tanz; aber Wolfgang / auff Arbianes anmahnung machete den Spielman durch verehrung eines Groschen auffhören /da der Baur das Fräulein schon wieder bey der Hand gefasset hatte / und mit diesen Worten abscheid von ihr nam: Dirne / du must deine Tage wenig mit den Händen gearbeitet haben / dann niemahls habe ich so weiche Finger angerühret / als die deine sind. Das erschrockene Fräulein wuste hierauf so bald nicht zu antworten / endlich sagete sie: Sie währe eine Nähterin / darumb hätte sie keine schwelle in den Händen; zog sich hiemit von ihm nach ihrem Liebesten / welcher zu ihr sagete: Dieses wahr gleichwol noch übrig /mein Fråulein / daß ich sie nicht hatte tantzen sehen. Verzeihe es euch Gott / mein Schaz / amwortete sie /daß zu meinem grossen Unglük ihr mich noch auffzihen dürffet; niemahls habe ich in grösser angst uñ ungemach getanzet / und behüte mich Gottes Barmherzigkeit ja hinfort / daß dergleichen Tänzer ich nimmer wieder an die Hand bekomme; aber lasset uns schleunig fortgehen / daß ich nicht weiter ansprach von den Trunkenbolzen bekomme / und Wasser haben möge /meine besudelten stinkenden Hände abzuwaschen. Fassete ihn bey der Hand / und ging mit ihm zum Stadtohr ein / klagend / es hätte der grobe Baur mit seiner steinharten Faust ihr die Finger dergestalt zerdrücket / daß sie ihr rechtschaffen schmerzeten. Als sie in das Wirtshaus anlangeten / sagte Wolfgang zu seinem Herrn; Hie sind fremde Leute auff dem Wege[564] zu mir kommen / und haben mich umb nachweisung einer guten Herberge gebehten / wo ihr sie nun am besten lassen könnet / werdet ihr wissen. Sein Herr fing an mit ihm zuschelten / eb er Kost und Lohn mit müssiggehen verdienen könte / möchte er sich nach einem solchen Herrn umbsehen; er hätte ihm diesen Tag über durch versäumnis einen Gulden schaden getahn /welches er bey der Ablohnung wol finden wolte. Ich habe es nicht endern können / antwortete Wolgang /und wañ ichs nicht nachhohlen kan / bin ich zu frieden daß ihr mirs abkürzet. Der Wirt wolte noch weiters auff ihn loßzihen / aber Arbianes fiel ihm in die Rede / sagend: Guter Freund / ich und diese meine Wase / sind vom Regen getroffen und zimlich naß worden; in was Gemach weiset ihr uns / daß wir uns fein abtroknen mögen? Da gehet in die Gesinde-Stube / antwortete er / ich werde hinte kein grosses Feur anlegen / die Haut machet euch die Kleider wol wieder trocken / wann ihr über Nacht drinnen schlaffet. Solches schlimmen Ruhbettes sind wir ungewohnet /sagte Arbianes; und weil er merkete / daß die Schuld ihrer verachtung an den Kleidern lage / sagte er weiter: H. Wirt / urteilet uns nicht nach der Kleidung; ich bin ein wolhabender Kauffman / und habe mich also verkleiden müssen / weil ich vom Reinstrom herkomme; gebet mir / und meiner Wasen ein gutes abgelegenes Gemach / ich wil euch täglich eine Krone davon geben / und auff drey Tage voraus bezahlen. Legte ihm damit solches Geld in die Hand / womit der Wirt nach dem Liechte lieff / es zubesehen; kam bald wieder / zohe seinen Huht demühtig ab / und verhieß alles / was in seinem vermögen wahr / ihnen gerne zu leisten. Ey so lasset uns ein gutes Feur anlegen / sagte Arbianes / und die besten Speisen zurichten / mich aber vor die bezahlung sorgen. Der Wirt führete sie selber nach dem begehreten Gemache / und fragete ob sie einen steten Auffwarter haben wolter. Ja / sagte das Fräulein / aber keinen andern / als diesen euren Knecht / mit dem wir bereit Kundschaft gemacht /und in seiner Geselschaft ankommen sind, hat er euch dann / weil ich ihn auffgehalten / etwas verseumet /habe ich schon mittel / es zuerstatten. Davon ist nichts zu sagen / antwortete dieser; rieff seinen Wolfgang herzu / uñ befahl ihm / sich sonst an nichts zu kehren / als bloß diesen Fremden auffzuwarten. Da ging es nun dem Fürsten nach seinem willen; er machete sich mit dem Fräulein sein trocken / uñ ergetzeten sich nach der mũhseligen Reise / mit guter Speise und Trank. Nach gehaltener Mahlzeit fragete der Fürst Wolfgangen / ob er die schon angelobete Verschwiegenheit auch gedächte redlich zu halten / alsdann solte er in der elenden Knechtschaft nicht lange mehr zubringen / sondern in kurzem ein solcher Herr werden / der selber Pferde und Diener halten könte. Dieser versprach bey Bauch und Halse / sich durch keines Henkers zwang zur Verrähterey und Träulosigkeit bringen zu lassen / sondern was ihm vertrauet würde / mit sich in die Grube zunehmen. Wolan sagte der Fürst / so soltu wissen / daß du jezt einer Großmåchtigen Fürstin / und einem Fũrsten auffwartest /welche dich in kurzer Zeit zu solchem Ehrenstande erheben wollen / dahin du dein lebenlang nicht hast können gedenken. Wolfgang erschrak hierüber / fiel vor ihnen in die Knie / und gelobete freiwillig an / vor ihre Wolfahrt gerne zusterben / weil er lange gnug gelebet hätte / nachdem er das Glük gehabt / daß hohe Fürsten Häupter ihn vor ihren Knecht anzunehmen gewirdiget hätten. Nein / sagete das Fräulein / ihr sollet wils Gott nicht sterben / sondern mit uns wol leben / dafern ihr nur euren Worten redlich nachkommen werdet; solte euch aber leichtfertigkeit verführen /[565] meinäidig zu werden / könnet ihr uns damit zwar keinen Schaden / sondern nur Wiederwillen tuhn; aber wir würden solches dergestalt an euch rächen / daß das ganze Land daran ein Beyspiel und Abscheuh haben würde; wiewol ich mich dessen zu euch nicht versehe / daß ihr die wolangefangene Tråue so schåndlich soltet überschreiten. Arbianes befahl ihm darauff / er solte haussen nähest vor dem Gemache seine Schlafstelle nehmen / damit er ihn allemahl bey der Hand hätte / wann er seiner Dienste benöhtiget währe. Das Fräulein hatte ihre alte Lumpen noch an /schåmete sich auch in des Fürsten gegenwart ihren Leib zu blössen / daher sie ihn freundlich baht / ihr die unhöfligkeit nicht zuverargen / daß sie an ihm einen kurzen Abtrit begehrete / nur so lange / biß sie sich entkleiden / und ihr Bette einnehmen könte. Der Fũrst erkennete hieraus ihre Schamhaftigkeit / wahr gehorsam / und fand bey seiner kurzen Wiederkunft sie im Bette / vor welches er sich noch ein Stündichen nidersetzete / Sprache mit ihr zuhalten / da sie ihn baht / er möchte Morgen geringe Zeug zu Kleidern einkäuffen lassen / daß sie nicht so gar lumpicht gingen / sie währe ihrem zulappeten Rocke so gram / daß sie ihn an ihren Leib nicht wieder legen wolte. Hierzu wollen wir bald raht schaffen / antwortete er / taht mit ihr den Schlafftrunk / und nach gewũnscheter glükseliger Ruhe / legte er sich an sein absonderliches Bette. Des morgens da sie beyderseits wol ausgeruhet hatten / machete sich Arbianes auff stellete Wolfgangen einen köstlichen Ring zu / welchen er bey dem Goldschmiede umb 1500 Kronen ausbieten solte. Dieser ging zuvor nach einem reichen der ädlen Steine wolerfahrnen Manne / vorgebend / es währe ein ådelmann bey ihnen zur Herberge / welcher aus noht seinem Herrn diesen Ring verkäuffen wolte / der aber keinen verstand von solchen Waaren hätte / und ihn bitten liesse / ihm den Wert ohngefehr anzuzeigen. Mein Kerl / antwortete dieser / nach genauer besichtigung; diß ist trauen keines schlechten ädelmannes Ring / der ihn aus noht verkäuffen müste / sondern er kömt zweifels ohn aus einem Fürstlichen Schatze hervor /und weiß ich gewiß / daß seines gleichen in diesem Königreiche nicht zu finden ist / massen seine kostbarkeit über die 6000 Kronen austräget. Was wollet ihr mir aber davor geben / fragete Wolfgang / ich wil euch die Warheit sagen / daß ich ihn ohngefehr auff dem Felde gefunden habe da eine Schaar verschlagener Wendischer Reuter vor mir hinjagete. Der Schätzer hätte sein Wort gerne wieder zurücke gehabt / besahe ihn aufs neue / und gab vor / weil der Ring nur von einem Reuter herkähme / müsten gewißlich die drey eingefasseten Demant nicht echte seyn / sagete auch bald darauff / er befünde es schon an unfehlbaren Zeichen / daß es keine Morgenländische / sondern geringe Bömische Steine währen. Aber Wolfgang merkete den Kauffmansstreich / und sagete / es währe zu späht / ihn zuhintergehen / nachdem er ihn schon anderswo / doch unter einem andern vorgebẽ hätte besehen lassen / da ihm schon 4000 Kronen davor gebohten währen. Dieser besahe ihn darauff zum drittenmahl / und sagete: Er müste zwar bekennen / daß er nunmehr seiner gültigkeit innen würde / aber solche kostbare Sachen währen nicht jedermans kauff /und mũste er die Gefahr stehen / ob er in etlichen Jahren ihn an seinen Mann bringen könte; doch wann er ihm den Ring vor einem andern gönnen wolte / währe er erbötig / ihm 3500 Kronen davor zu geben. Er hat mir eben das meiste auch nicht gekostet / antwortete Wolfgang / nur daß ich gleichwol mein Glũk nit verschenken mus; ists euch aber ein ernst zu käuffen / so leget noch 800 Kronen zu / und schaffet [566] mit dem Ringe euer bestes. Nach kurzem gedinge wurden sie der Sachen einig / uñ nach träuer angelobeter verschwiegenheit an beydẽ Seiten / empfing Wolfgang 4200 Kronen / welche er ohn verweilen in einem zurissenen Futtersacke dem Fũrsten brachte / und allen Verlauff ihm erzählete / der ihm diese Träue so wol gefallen ließ / daß er ihm alles übrige schenkete / uñ nur die begehreten 1500 Kronen davon behielt; gab ihm auch urlaub / die Gelder alsbald seinem alten Vetter zu bringen / der sie zu seinem besten in verwahrung nehmen solte; welcher grossen Schenkung aber dieser sich åusserst wegerte / uñ doch annehmen muste / daher er alles geschwinde überbrachte / und dem Alten die Freiheit gab / ihm selbst nach freien willen gũtlich davon zu tuhn / er hätte einen so reichen und vornehmen Herrn / daß er wol merkete / er würde von ihm mit grossem Reichtuhm begnadet werden. Der Alte entsetzete sich wegen des vielen Goldes / und gelobete Wolfgangen an / er wolte schon wissen es zu seinem besten zuverwahren / hätte aber gerne gewust / wer sein Herr eigentlich währe; aber bekam doch keinen andern / als diesen bescheid / er müste sich gedulden / biß die Zeit kåhme es zuoffenbahren /sein Gelũbde wåhre zu stark / solches zumelden / und seinem Vetter damit nichts gedienet / ob ers gleich wũste; nam des Fürsten Pferd und Harnisch zu sich /weil alles im Felde stille war / uñ brachte es mit über / hatte aber schon zuvor etlich schwarzgefärbetes Zeug / Wöllin und Leinen durcheinander gewebet /eingekaufft / wovon sie alle drey sich schlecht und bürgerlich kleideten / auch neue Hemder und ander leinen Gerähte aus mittelmässiger Linnewand machen liessen; welches alles gegen Abend erst fertig ward /und das Fräulein den ganzen Tag über in den Federn liegen muste / da der Fürst ihr die Zeit zuverkürzen /alle Begebniß erzåhlete / was zeit seines anwesens sich in Italien zugetragen hatte / wobey er des Christlichen Glaubens nicht vergaß / sondern auff ihr begehren die vorige Unterrichtung zu unterschiedlichen mahlen wiederhohlete / daß sie zimlich weit in der Erkäntniß Gottes und ihres Heylandes kam / und die Lehre fein begriff. Hernach erinnerte er sie / was gestalt die zarte Haut ihres Beines sich unter dem Tanzen hätte merken lasse; weil man nun nicht wissen könte / was einem auff der Reise zustossen möchte /wünschete er / daß der mehren teil ihres Leibes / wo er am leichtesten könte entblösset werden / mit der Farbe angestrichen seyn möchte; welches das Fräulein anfangs vor einen Scherz auffnam / aber endlich selbst vor rahtsam hielte / foderte die gemachte Salbe von ihm / und in seiner Abwesenheit richtete sie sich fast überal heßlich gnug zu / daß sie vor sich selbst abscheuh trug. Gegen Nachmittage breitete das Gerücht hin und wieder in der Stad aus / der Wendische Fürst Krito währe in der Schlacht gefangen / und durch Büttelshand hingerichtet / sein Sohn erschlagen / und nachgehends enthäuptet / und würden die Sachsen das ganze Königreich einnehmen / weil sie keinen Widerstand hätten. Bey spätem Abend kam ein reitender Bohte / bekräfftigte nicht allein dieses / sondern brachte mit / die Sachsischen Völker gingen alle zum Reich hinein / und hätten die vornehmsten örter alle auffgefodert. Arbianes ließ nachfragen / an was Ort sie sich gelagert hätten / und erfuhr / daß sie wol 14 Meile von hinnen seyn würden / und i er weiter ins Land gingen / damit sie sich aller Seehafen bemächtigten / auff daß aus Dännemark oder Engeland dem Dänischen jungen Fũrsten keine Hülffe zukommen solte. So wird es zeit seyn / sagte Arbianes zu dem Fräulein / daß wir uns auff den Weg begeben / dann je ferner das Heer von uns lieget / je unsicherer die[567] Strassen zureisen sind / offenbahrete darauff dem Fräulein / auff was Weise er die Reise vorzunehmen bedacht währe; er wolte morgen eine Karre und ein Pferd davor / einkauffen / allerhand geringe leichte Waaren / von Korallen / Tockenwerk und dergleichen Sachẽ von den Krämern einlösen / in ein Kram Faß vermachen / und mit ihr sich darauff setzen / da Wolffgang ihr Fuhrman seyn solte. Der Anschlag gefiel dem Fräulein sehr wol / taht noch hinzu / wie sie in ihrer angestrichenen Farbe sich vor ihrer Fr. Schwester Großfürstin Valisken wolte als eine Krämerin stellen / und die schönen Waaren feil bieten; durffte auch schon erzählen / wie sie ihr Wort machen / und das Frauen Zimmer auffzihen wolte. Wie sie den Abend ihre neue Kleider bekam / legte sie dieselben an / und gefielen ihr recht wol / weil sie ja noch renlich und ganz wahren; saß diesen Abend zimlich lange hin mit ihrem Fürstẽ und erzählete ihm / wie hefftig die Teutschen Pfaffen es ihnen biß daher hätten lassen angelegen seyn / ihren Herr Bruder Herkules bey ihrem Herr Vater anzutragen / als einen Gottlosen / Unreinen / und geschwornen Feind aller Teutschen Götter / welcher überdas mit den Gedanken umginge / wie er sein eigenes Vaterland verrahten /und dessen Herschafft den Römern vollends in die Hand spielen wolte; welches auch ihr Herr Vater eine gute Zeit her also gegläubet / aber nach Neklams Abzuge hätte er angefangen daran zuzweiffeln / insonderheit / weil sie ihren lieben Bruder so abscheuhlicher Unzucht beschuldigten / deren ihr Herr Vater wol wüste / diesen seinen Sohn von Herzen feind und zuwieder zusein. Sonst führeten sie ihr Liebesgespräch miteinander gar freymühtig / dann sie wahr in dieser kurzen Zeit ihm zimlich geheim worden / daß sie mit ihm als einem leiblichen Bruder umging. Des folgenden morgens verschaffete Wolffgang alles / was sie zu der Reise bedurfften / daß es gegen Abend seine gute Richtigkeit hatte / dann sie wolten des nähstfolgenden sehr früh auffbrechen / damit sie des dritten Tages hernach / wo möglich / bey den ihrigen seyn möchten; aber diese Rechnung macheten sie II ganzer Wochen zu früh / und musten diese beyde neu und erst angehende Kinder Gottes zuvor ihres himlischen Vaters Zuchtruhte zimlich scharff schmecken / daß das Blut drauff folgete / ehe sie seiner Gnaden Gũter recht und ohn Angst geniessen kunten. Die Zeitung von des Wendischen Fürsten Niederlage und schmehlichen Tode ward diesen Tag von allenthalben her bekräftiget / daß die unsern daran nicht mehr zweifeln durfften / daher ihr Schluß wegen der schleunigen Reise desto fester gemachet ward. Arbianes sprach diesen Abend seinen Haußwirt an / er möchte ihm seinen Wolffgang zum Diener überlassen / wo vor er ihm ein Stük Geldes geben wolte. Dieser machte sich anfangs gar geschäfftig / er währe ihm in der Haußhaltung sehr nöhtig / köme so bald keinen andern bekommen / der ihm anstünde / weil es ausser der Miete Zeit wåhre / und was des einwendens mehr wahr / doch als ihm der Fürst 20 Kronen zum Abtrit anboht / und ihn überdaß 12 Kronen vor die Speisung bezahlete / wahr er zufrieden / erboht sich auch / des Fürsten Leibpferd wolzufuttern / und seine Waffen in Verwahrung zunehmen / biß nach Verlauff 14 Tage /zum längsten / ihrer Abrede nach / es abgehohlet würde; nach welcher Abhandelung die unsern sich an die Ruhe legeten / des folgenden Tages zur Reise erwartend. Nun trug sich aber ein grosses Unglük in der Nachbahrschafft zu / in dem bey Dörrung des Malzes / auß des Brauer Knechtes Unvorsichtigkeit / kurz vor der Sonnen Auffgang eine Feuersbrunst im allernähesten [568] Hause entstund / deren unsere verliebeten nicht eins gewahr worden währen / sondern darinnen elendig hätten umkommen und zu Aschen verbrennen müssen / wann nicht Wolffgang mit vielem klopffen und ruffen sie auß dem harten Morgen Schlaff erwecket hätte / da ihnen kaum so viel Zeit übrig wahr / die Kleider anzulegen; dann weil die helle brennende Lohe schon zu ihrem Fenster hinein schlug / gedachten sie an nichts / als nur ihr Leben zuretten / liessen alle ihre Gelder und Kleinot liegen weil wegen der Hitze man dabey nicht wol kommen kunte / so gedachten sie auch nicht eins daran in der Angst / sondern sprungen mit ihren annoch unzugemachten Kleidern zur Kammer Tühr herauß / da ihnen Gott sonderlich halff / daß sie unverletzet auff die Gasse kahmen / woselbst Arbianes sich erst des hinterlassenen besan / jedoch es wenig achtete / weil er des vorigen Abends in sein Kleid 100 Kronen / und in der Fråulein ihres 60 Kronen zum Nohtpfennig vermacht hatte. Die Strassen wahren schon vol Volks / die Brunst zulöschen / und ward jederman angemahnet / zuzulauffen und Wasser zutragen; welches aber den unsern ungelegen wahr / sondern gingen mit Wolffgangen nach dem Stad Tohr / da sie herein kommen wahren / in Meinung dahinauß zulauffen / und ihre alte Herberge wieder zusuchen / weil sie es aber verschlossen funden / gingen sie nach dem andern Tohre / welches nahe an einem fliessenden Wasser lag / woselbst die Bürger das Wasser schöpffetẽ / und weil Wolffgang ihnẽ bekant war / ihm und seiner Geselschafft den Außgang nicht wehreten. Das Fräulein empfand grosse Angst in ihrem Herzen / und baht den Fürsten / so viel möglich fortzueilen / dann der Sin trũge ihr nichts gutes zu; lieffen also miteinander alle drey zimlich fort / daß in kurzer Zeit sie die Stad einen guten Weg hinter sich legeten. In der Stad fragete jederman / bey wem das Feur außkommen währe / da der Rechtschuldige nicht allein sich statlich außzureden wuste / sondern auch die Schuld eigentlich auff seinen Nachbar /Arbianes Wirt / legete / dessen Hauß dann in ja so grossen Flammen als sein eigenes stund. Jederman rieff hierauff / man solte ihn ins Feur werffen und lebendig verbrennen / weil durch seine Vewahrlosung dieser Jammer und Schade entstanden währe; aber der gute unschuldige Mann ward gewarnet / daß er sich versteckete / und sein Leben erhielt / nachdem er nicht ohn Lebens Gefahr bald nach der unsern Abscheid in ihre Kammer gangen / und die Kleinot samt dem Golde / über 1000 Kronen baar noch zur guten Beute davon brachte / daß er nach dem Brande reicher wahr als vorhin. Es fand sich aber einer auff der Gassen /welcher überlaut rieff; sein Knecht Wolffgang müste Zweiffels ohn der rechtschuldige Tähter seyn / dann er hätte sich zeitig zum Tohre hinauß gemacht; man solte ihm mit etlichen Pferden schleunig nachsetzen /als dann könte man ihn leicht erhaschen und nach verdienst abstraffen. Bald fielen vier verwägene Bürger auff Pferde / nahmen ihre Schwerter zu sich / und jageten ihrer Spuhr nach / die man wegen des gefallenen Taues sehr wol sehen kunte. Arbianes ward ihrer zeitig innen / und daß sie ihre blossen Schwerter um den Kopff kommen liessen / daher sagte er zu Wolffgang: Diese haben gewiß nicht viel gutes im Sinne /darum halte dich fertig / daß wann du sehen wirst / sie auff uns anfallen / alsdann biß nur darauff bedacht /wie du mit meiner Liebsten auffs geschwindeste davon lauffest / und sie in Sicherheit bringest; ich wil diese schon wissen auffzuhalten / nam etliche pfũndige Steine von der Erden auff / und wie er im werffen sehr geschwinde wahr / gedachte er sich bester [569] massen zuwehren. Nun wahr Wolffgang diesen Verfolgern von Angesicht unbekant / uñ setzeten deren zween vor den andern aus / sahen Wolffgang mit dem Fräulein davon lauffen / und Arbianes stehen bleiben / und sich zur Gegenwehr bereiten / daher meyneten sie / sie hätten den Rechtschuldigen angetroffen / und stürmeten grimmig auf ihn zu. Es wahr sein Glük /daß er sich neben einen Baum gestellet hatte / und sie ihn nicht überrennen kunten / fassete daselbst gewissen Stand / und richtete die Hand zum Wurff / ob sie ihn anfallen wũrden. Diese rieffen ihm alsbald zu: Du schändlicher Mordbrenner / jezt werden wir dir den wolverdienten Lohn geben / damit du dich deiner Boßheit nicht berühmen könnest / wie viel armer Leute du gemacht habest. Hilff mir Gott / sagte Arbianes bey sich selber / als wahr ich unschuldig bin; rief ihnen hernach zu: Er währe kein Mordbrenner /und hätte nie solchen bösen Willen gehabt. Aber diese kehreten sich daran im geringstẽ nicht / sondern setzeten gleich auff ihn zu / daß er genöhtiget ward /sein bestes zutuhn; da er dann dem ersten die Stirn einwarff / daß er reine tod vom Pferde stürzete. Der andere dieses eriehend / wolte seines Mit Bürgers Tod rächen; aber mit dem andern Steine ward er gleich vor das Maul getroffen / daß ihm die Vörder Zähne heraus sprungen / und er in Ohmacht vom Pferde fiel. Arbianes nicht faul / nam des ersten Schwert zur Hand / und hatte noch einen Stein ũbrig zu seiner Beschützung / aber der dritte wahr ihm zu nahe auff der Hauben / welcher ihm / da er sich nach dem Schwert bückete / eins über den linken Arm versetzete / daß der rohte Schweiß darauff folgete / wolte ihm auch den andern Hieb beybringen / aber er weich ihm aus /und mit einem Nachhiebe schlug er ihm das rechte Bein im Knie-gelenke rein abe / daß auch dieser zur Erden stürzete / und ein klägliches Geschrey trieb /biß ihm die Seele ausfuhr. Ehe nun dieser verschiede /kam auch der vierde herzu gesprenget / und war willens ihn zuüberrennen / ward aber auch mit dem Steine dergestalt getroffen / daß ihm der Kopff borste /und kein Wort mehr redete. Der andere mit dem zuworffenen Maule kam wieder zu sich selbst / fassete sein Schwert / und lieff ganz verwägen auff Arbianes zu / trieb es auch mit seinen unauffhörlichen Streichen / daß ihm anfangs durch Fechterkunst nicht zubegegnen wahr / aber endlich hieb ihm Arbianes die rechte Faust hinweg / daß sie mit samt dem Schwerte auff die Erde fiel / mid im andern Streiche spaltete er ihm das Häupt mitten von einander. Das Fräulein hatte anfangs des Streites gar ein wenig zugesehen / kehrete sich aber bald umb / und vor grosser Angst lief sie dergestalt fort / als ob sie Flügel gehabt hätte / daß auch Wolffgang ihr schwerlich folgen kunte / und /welches das ärgeste war / verließ sie den vorgeno enen Weg / und setzete zur Seiten aus über das quere Feld. Wolffgang lief ihr nach / was er Leibes und Kräffte hatte / rieff ihr auch zu / sie möchte dem Wege folgen; aber sie wahr vor Angst nicht bey sich selber / und gedäuchte sie nicht anders / als ob ihr lauter Feinde nachlieffen / welches sie schüchtern machte / daß sie nur suchte weit von der Landstrassen abzukommen / biß sie an ein hoch aufgelauffenes fliessendes Wasser kam / durch welches sie ohn weiteres bedenken hindurch watete / und sie darinnen hätte ersauffen müssen / wann nicht Wolffgang sie (nicht ohn grosse Gefahr) hindurch gebracht hätte / massen ihr dasselbe biß an die Gurgel reichete. So bald sie auff das Ufer trat / gedachte Wolffgang / sie würde sich nun zur Ruhe begeben / aber sie fing den Lauff von neuen in ihren nassen Kleidern an / triebs auch noch eine gute halbe Stunde / biß sie endlich vor grosser Mattigkeit [570] zur Erden stürzete / da sie allen Odem verlohren hatte / und nicht anders schien / es würde ihr alsbald die Seele ausfahren. Arbianes befand / daß ihn die Armwunde schmerzete / legte seine gewöhnliche Salbe drauff / die er zu allem Glük zu sich gestekt hatte / und band sein Schnupfftuch darumb / daß er gute Linderung fühlete; weil er aber mit dem Gefechte schier eine halbe Stunde zugebracht hatte / wahr ihm sein herzgeliebtes Fräulein gar aus dem Gesichte kommen; doch trabete er anfangs ihrer Spuhr nach /und hatte das eingestekte Schwert in der Hand / weil es ihm am Gehänge mangelte. Ihm wahr fast angst /dz er seinen Schaz nicht erblicken kunte / ging doch immer des Weges fort / und hatte nicht mehr acht / ob er frisch betreten wahr / sondern richtete seine Augen gen Himmel / und baht inständig / Gott möchte ihn samt dem Fräulein zu den ihrigen verhelffen / und vor weiterem Unfal gnådiglich bewahren; in welcher Andacht er anderthalb Meilen ging / ehe dañ drey Stunden verlieffen / geriet endlich an ein Dörflein / und fragete / ob nit ein junger Knecht mit einer jungen bräunlichen Frauen / gleich wie er gekleidet / da eingekehret / oder hindurch gangen währen / bekam aber zur Antwort von einem Manne: Er hätte fünff Stunden lang aneinander vor seiner Hauß Tühr gearbeitet /aber keinen einigen fremden Menschen gesehen vorüber gehen / da doch nur diese einige Strasse währe /und alle durchreisende nohtwendig hier vorüber müsten. Arbianes hoffete / sie würden noch zurücke seyn / und sich etwa hinter einer Hecke verberget haben /deswegen er ihrer daselbst in die sechs Stunden wartete / und inzwischen nohtdürfftige Speise und Trank zu sich nam. Als sie aber gar nit ankahmen / ward er herzlich betrübet / und behtete inniglich zu Gott / er möchte das unschuldige fromme Fräulein durch den Schuz seiner lieben Heiligen Engel geleiten / daß sie nicht von ihm getrennet würde. Aber sie wahr schon ferne von ihm / und hatte sich zur Ruhe niedergesezt /nachdem Wolffgang Mũhe gnug mit ihr gehabt hatte /sie wieder zuerquicken / wiewol ihre Herzensangst so groß und die Mattigkeit so stark wahr / daß die Zunge kein verständiges Wort hervor bringen kunte / da Wolffgang endlich zu ihr sagete: Ach Frau (dann anders wolte sie von ihm nicht genennet seyn) wie so gar übel haben wir getahn / daß wir uns von dem rechten Wege abgewendet / und dadurch meinem Herrn uns gar aus dem Gesichte gebracht; wie wollen wir doch immermehr ihn wieder antreffen? Ach mein lieber Wolffgang / antwortete sie; meynet ihr / daß euer Herr noch wol solte im Leben seyn? Ach nein /ach nein / er ist ohn zweifel schon ermordet. Fing hierauff an / so erbärmlich zu weinen / daß es einen Stein in der Erden jammern mögen / wolte auch durchaus sich nicht trösten lassen / wie viel gleich Wolffgang ihr vorsagete / und sie demühtig eriñerte /sie möchte doch nicht aus blossem Argwohn sich selbst durch Sorgen ermorden; die Götter hätten ihn ausser zweifel geschützet / wie er dann mit seinen Augen gesehen / daß er den ersten und andern durch zween Würffe zu grunde gerichtet hätte / und weil der Verfolger nur viere gewesen / wũrde er der übrigen zween sich durch gleiches Mittel leicht erwehret habẽ / nachdem es an Steinen ihm daselbst nicht hätte mangeln können; währe demnach nichts rahtsamers / als daß sie wieder umkehreten / und auff den vorigen Weg sich begäben. Ach nein ach nein / sagte sie / das Herz träget mir viel ein ärgers zu / daß er hart verwundet oder wol gar erschlagen ist. So werde ich demnach den Rükweg zugehen mich nimmermehr bewägen lassen / daß ich den Mördern ins Schwert lieffe / und wann ich gleich wolte / so hat weder [571] mein geängstetes Herz Krafft sich zuerheben / noch meine ermüdeten Beine einiges Vermögen mich weiter zutragen; fiel damit zum andern mahl in tieffe Ohmacht /und lag nicht anders / als ob sie verschieden währe. Wolffgang wahr über die masse betrübt / wuste nicht / was er zu ihrer Erquickung vornehmen solte / rieb ihr den Schlag an beyden Händen / bließ ihr in den Mund / schriehe ihr in die Ohren / und wendete alle Mögligkeit an / daß er sie endlich wieder zurechte brachte / da sie eine starke Trähnen Bach aus ihren betrübten Augelein hervor brach / daß er den Jammer långer nicht ansehen kunte / auch so verwirret sich befand / daß ihm alle Erkäntniß entging / welches Weges sie kommen wahren. Endlich redete er sie mit Ernst an / und sagte: Verzeihet mir / geehrte Frau /daß ich die Kühnheit gebrauche / euch einzureden /welches bloß allein zu eurem besten geschihet; Es wird in Warheit höchstnöhtig seyn / daß wir uns auff die Beine machen / nachdem wir über zwo Stunden schon alhier zugebracht haben; auffs wenigste müssen wir uns erheben / daß wir zu Leuten kommen / und uns in Sicherheit bringen / dann es scheinet an den ungebaueten Sand-Hügeln / daß in der nähe kein Dorff werde anzutreffen seyn; und was wollen wir durch unnützes klagen uns selbst verzehren? ich sage noch / und bleibe beständig dabey / die Götter werden meinen Herrn behütet haben / welcher tausend mahl bekümmerter umb euch / als umb sich selbst ist; ja welchen ihr durch euren Tod gewiß umbbringen würdet. Ach wolte Gott / sagte sie / daß er nur bekümmert währe / alsdann könte sein Kummer noch gebrochen werden / ist er aber schon kummerloß / so muß der meine sich auch durch den Tod endigen. Damit ging das weinen von neuen an / daß Wolffgang wegen mitleidens ihm selbst den Tod wünschete. Doch endlich nach Verfliessung fũnff Stunden / welche sie daselbst zubrachten / ließ sie sich noch bereden / daß sie auff stund und ihm folgete / da Sie sich dann in etwas begriff / ihre Augen gen Himmel kehrete / und Gott /den sie kaum vor vier Tagen erkennet hatte / mit überaus herzlicher Andacht anflehete / er möchte nicht zugeben / daß der fromme Fürst erschlagen würde / welcher bloß ihretwegen sich in diese Gefahr begeben hätte; tröstete sich auch zugleich dessen / daß Arbianes ihr vorgesagt / Gott schickete den Gläubigen zwar Unglük zu / aber liesse sie nicht drinnen stecken und verderben.

Wir wollen aber diese beyde verliebten ihr Elend bauen lassen / uñ zu der HochFürstlichen Geselschaft uns wenden / welche dann nicht feireten / die Friesen unter das Joch zu bringen / nah en eine Stad nach der andern ein / und erzeigeten sich den Willigen gnädig /den Wiederspenstigen aber / deren doch wenig wahren / sehr hart und scharff / wodurch die übrigen gewitziget / alle Wiedersezligkeit fallen liessen. Nun hatte der lezte erblose Friesen König des Königes in Däñemark einigen Sohn und Reichserben / seinen Landstånden / als einen künftigen König und seinen Nachfolger vorgeschlagen / der Hoffnung / daß wañ beyde Königreiche unter einem Herrn seyn würden /es ihnen allerseits umb so viel solte ersprießlicher seyn. Aber den Ständen wahr solches durchaus nicht mit / durften doch bey ihres Königes lebzeiten nicht dawieder reden / aber so bald er todes verbliechen wahr / lagen die vornehmsten dem Wendischen Fürsten an / er möchte sich ihres Reichs als ein Verweser geträulich annehmen / weil die Stände über der Wahl und Krönung des Dänischen Fũrsten sich so schleunig nicht vergleichen könten / und würde er ihnen solches nicht versagen / inbetrachtung / daß ihr König seiner Gemahl leibliche Schwester zur Ehe gehabt hätte.[572] Währe dann dem Dänischen Fürsten das Reich bescheret / würde es ihm hiedurch nit entzogen. Fürst Krito wolte diesen angebohtenen Vogel nicht gerne aus der Hand fliegen lassen / wie er ohndas sehr ehrgeizig wahr / und ihm schon die Hoffnung zur erblichen Friesischen Krone gemacht hatte / trat die Verwesung an / und gelobete den Ständen bey seinen Ehren / daß er ihren befehl und freien Willen nicht ein Haar überschreiten wolte; ließ darauff dem Dänischen Fürsten anmelden / wiewol im Nahmen der Stände /daß er eine Zeitlang das Königreich räumen solte /biß er durch eine freie Wahl zur Herschafft gefodert würde. Dieses fiederten die Vornehmsten des Reichs /dañ ihnen grauete vor der Dänischen Herschaft / welche sie wol ehmahls mit ihrem grossen Schaden erfahren hatten; wiewol sie viel ein härter Joch an dem Wenden würden gehabt haben / wann derselbe ihr volkommener Meister und König solte worden seyn. Der Dänische Fürst roch den Braten gar zeitig / klagete es seinem Herr Vater / bey welchem er schon zimlich wieder ausgesöhnet wahr; der beydes die Stände und seinen Schwager Krito schriftlich erinnerte / sie möchten sich des vorigen Königes gemachter sorgfältigen Versehung gemäß bezeigen / und nicht Ursach zu grosser unnöhtiger Blutstürzung geben / nachdem sie / und die ganze erbare Welt leicht ermässen würde / wie schimflich es der Dänischen Kron anstehen wolte / wann dieselbe ihres Königs Sohn ohn alle gegebene Ursach aus dem wolbesugten Sattel ausheben liesse. Welches dann Krito nicht anders als eine Ankündigung des Kriegs auslegte / gleich da er mit den Gedanken schwanger ging / das Teutsche Fräulein zu rauben; kunte auch den Landständen die Sache so gefährlich machen / daß sie auff sein unnachlässiges anhalten einwilligten / ein Heer von 68000 Mann auff die Beine zu bringen / worzu er verständige Befehlichshaber aus seinem feinem Fũrstentuhm / und 40000 Reuter und Fußknechte verhieß; aber ehe noch solche Anzahl beyeinander wahr / verrichtete er obgedachte Entführung. Der Dänische Fürst wahr solcher Macht nicht gewachsen / und wegerten die Dänischen Stände sich gegen ihren König ausdrüklich / eine so harte Fehde mit Frießland anzutreten / da sie zwar zur Ursach einführeten / daß man nicht wüste wie man mit der Kron Schweden stünde; aber ihr Häuptbedenken wahr dieses / daß sie nicht gerne ihren König gar zu mächtig haben wolten / welcher sich der ausländischen Macht zu ihrem Zwange und ihrer Freyheiten verkleinerung gebrauchen könte; jedoch gönneten sie / daß der junge Fürst in dem Dänischen Reich 1500 tapfere Kriegsknechte werben / und über See zu sich gehen ließ / wozu er noch 1400 geträue Friesen hatte /mit welchen er die Hauptfestung / die in seiner Gewalt wahr / zu aller Nohtturft besetzen kunte / auch auff Anderthalbjahr allerley Vorraht an Früchten /Holz / Salz und Fleisch hineinbrachte / nicht zweifelnd / die Stände würden des wüterischen Wenden bald überdrüssig werden. Nun vernam dieser Dänische Fürst gerne / daß der Wende Krito erleget / und des Königreichs Macht geschwächet wahr / aber daß der GroßFũrst aus Teutschland es gar einnehmen /und unter sich bringen wolte / dauchte ihm gar zunahe getreten seyn. Derselbe aber kehrete sich an ihn und seine Festung nicht im geringsten / biß er die übrigen Orter alle unter seinem Gehorsam hatte / welches doch jenem den Argwohn nicht benam / sondern taht seinem Vater alles bey schleuniger Bohtschafft zu wissen / man hätte sich vor den Teutschen wol vorzusehen / daß sie nicht zu mächtig würden / und die ehmaligen Uberzũge / von den Dänen geschehen / zu rächen sucheten; aber ehe [573] er sichs versahe / lag der GroßFürst ihm vor der Nase / und belagerte den Ort zu Lande dergestalt / daß kein Mensch weder aus noch ein kunte / des gänzlichen vorhabens / von dannen nicht zu weichen / biß die Festung gewonnen /und alles in Friede und Ruhe gesetzet währe; sendete demnach einen Trometer zu ihnen hinein / und foderte den Ort als eine unstreitig Frisische Festung auff / mit angehängter bedräuung / dafern inwendig dreyen Tagen sie sich nicht ergeben würden / solte ihnen hernach der Zutrit zu aller Gnade versperret seyn. Insonderheit wurden die Frisischen Häuptleute und Knechte vermahnet / sich von dem Dänen abzuzihen / und der Stände Schluß anzunehmen / weil der Dänische Fürst durchaus keine rechtmässige Ansprache zu dem Königreiche hätte; dann nachdem keine Erben von des verstorbenen Königes Geblüt und Stamme übrig /währe damit der Stuel erlediget und den Ständen heimgefallen / einen König nach freiem willen zuerwählen / also daß der verstorbene dasselbe nicht hätte können nach belieben verschenken. Aber dieses wolte nichts verfangen / sondern der Däne / Fürst Olaff gab zur Antwort: Es befremdete ihn sehr / daß der Teutsche GroßFürst ihn in seiner Festung belagern dürfte /da er ihm doch nicht eins abgesaget / noch einige Ursach der bestreitung / als seinen in den rechten ungegründeten Willen einführen könte; hätte er mit dem Wendischen Fürsten / seinem selbst eigenen Feinde /und etlichen Frisischen Ständen / so jenem wieder Recht angehangen / etwas zu fechten gehabt / ginge weder ihn noch dieses Königreich ichtwas an / solte ihm auch nimmermehr mit Warheit überbracht werden / daß er in ihr Vorhaben eingewilliget / einigen Vorschub darzu gelegt / oder wolgefallen daran gehabt hätte. Nun währe aber ja die angelegete Unbilligkeit seines ermässens zur gnüge gerochen / nicht allein an dem ganzen Heer / sondern an dem Wendischen Fürsten selbst / welchen man (eine fast unerhörete Straffe) durch Büttels Hand håtte abschlachten lassen; währe dann der Teutschen Grim auch durch Blut noch nicht versöhnet / je warumb erholeten sie sich dann nicht an Wendland welches an der Ostsee /nicht an der Westsee belegen währe. Man dürfte ihm vorwerffen / er hätte kein recht an diesem Reiche /währe auch von den Ständen nicht beruffen / als denen die Wahl heimgefallen währe; er möchte aber gerne wissen / ob dann die Sachsen Recht daran hätten / oder ob die Stände sie zur Herschaft eingehohlet. Mit dem Schwerte / und durch harte dräuungen währen sie darzu gezwungen / sonst würden sie sich wol hüten / daß sie denen sich nicht unterwürffig macheten / die ihnen wol ehmahls unabgesagt ihr Land durch und durch geplündert hätten. Jedoch hette vor den Sachsen er sein Recht oder Unrecht nicht zu streiten; der lezte Friesen König hette ihn an Kindesstat erwählet und angenommen / auch den Landständen es frühzeitig gnug zu wissen getahn / welche überdas durch ihr nicht wiedersprechen ihre einwilligung gnug zuverstehen gegeben; daß sie aber nach des Königes Tode währen rũkfällig worden / solte der Teutschen GroßFürst / wann er löblich handeln wolte / vielmehr straffen als unterstützen helffen. Er sässe auff seinem Schlosse / und in seiner Feste / davon wolte er sich trauen nicht durch einen Trometer herunter blasen /noch von einem Schreier herunter predigen / sondern durch unüberwindliche Fäuste heraus stürmen lassen /und solte der Sachsen GroßFürst erinnert seyn / daß Dänische Herzhaftigkeit noch wol so groß / und so fest gesenket währe / daß sie Frießland über Meer nicht allein beschützen / sondern aus unrechtmässiger Gewalt wieder loßzureissen / eine Schanze wagen dürfften; [574] wie dann der Großmächtigste König in Dännemark sein Gnädigster Herr Vater ihn in seiner gerechten Sache nicht hülff-loß oder unentsetzet lassen würde / dabey man sich zuerinnern hätte / daß wol ehe die Sachsen der Dänischen Kron hätten müssen ein Knie beugen. Inzwischen / da es dem GroßFürsten also gefallen würde / könte er sich an seiner Festung versuchen / vielleicht sünde er mehr / als er gemeynet hätte. Er wolte zwar vor dißmal dem Trometer seinen unbesonnenen Frevel übersehen; wũrde aber noch einer nach ihm kommen / und sich unterstehen / ihm seine Leute abspenstig oder anfrührisch zumachen /wolte er ihm den gebührlichen Lohn geben / und ihn über die Maur hinaus henken lassen. Die unsern vernahmen solche Erklärung ungerne / sahen auch / daß es viel Zeit und Blut kosten würde / die Festung mit Gewalt anzugreiffen; so ward ihnen des Dänischen Fürsten Herzhafftigkeit und ritterliche Erfahrenheit von allen Ständen hoch gerühmet. Herkules betrachtete am meisten / daß er gleichwol ein zimliches Schein Recht vor sich hätte / insonderheit / weil die Stände anfangs ihm nicht widersprochen; daher er in der Fürstlichen Versamlung also anfing: Ich habe nie keinen Krieg mit grösserem Unwillen / als diese Belagerung / geführet / und däucht mich / mein Gewissen werde dadurch in etwas beleidiget; am besten währe es / man könte den Fürsten / der uns ohndas verwand ist / in der Güte bewägẽ / daß er sich der Ansprache dieses Reichs begäbe / welches mich däucht auff diese weise wol geschehen könte. Erzählete hierauff seine Meinung / und bekam von allen Beifall und Volmacht zuhandeln. Also setzete er sich / und nach kurzem bedenken schrieb er folgenden Brief an den Dänischen Fürsten.

Ich Herkules / gebohrner Großfürst und nähester Erbe / des freyen Teutschen Reichs / erwähleter Fürst zu Susa in Asien / und Obrister Feld Herr der Königl. und Großfürstlichen Verbündnis in Asien wieder den Parther König Artabanus / entbiete dem Durchleuchtigsten Fürsten / und nähesten Erben des Königreichs Däñenmark /Fürsten Olaff / meinem geliebeten Oheim / meinen Gruß und alles gutes / und lasse dessen Liebe hiemit wissen /welcher gestalt nach Erlegung des boßhafften Menschen Räubers Krito / die sämtlichen Stände dieses freyen Königreichs Frießland / meinem Gn. Herrn Vater / dem Großmächtigsten Großfürsten auß Teutschland die Beherschung dieser Länder einhellig auffgetragen / und die Krone ohn Abbruch ihrer uhralten wol hergebrachten Freyheiten auffzusetzen / sich anerbohten / mit dem außdrüklichen Vorbehalt / daß sie lieber alle miteinander zum Lande außzihẽ / als der Dänen Herschafft über sich nehmen wollen / und könte sie nichts hindern / daß ihr gewesener lieber König / ihnen den Dänischen Fürsten vorgeschlagen / welchen anzunehmen sie nie Willens gewesen / wie wol sie / Unruhe zumeiden / ihrem Könige b y dessen Lebzeit nicht außdrüklich wiedersprechen wollen /auch dessen blosser Vorschlag dem Dänischen Fürsten kein Recht zu disem entledigten Reiche geben konne. Wann nun mein Herr Vater mich seinen ältern Sohn mit dieser Kron gnädigst anzusehen Willens ist / und kein Mensch / als Eure Liebe / mir dieselbe streitig machet /ungeachtet dieselbe weiß und sihet / daß mit der Stände Bewilligung sie ihren Vorsatz nicht heben / noch dieses Reich erhalten kan. Als wil dieselbe ich Oheimlich ermahnet haben / sich wol zubedenken / ob sie mit gutem Gewissen die Beherschung dieses Reichs wieder der Untertahnen Willen durch Blutvergiessung erhalten können / und ihr nicht rühmlicher anstünde / sich ihres vorhabens willig zubegeben. Mein Oheim traue mir zu als einem auffrichtigen Fürsten / daß wann meine Wahl nicht schon geschehen währe / ich mit ihm mich den Ständen stellen /und wann die Stimmen auff seine Liebe fielen / der erste sein wolte / der ihm hierzu von Herzen glük wünschete. Lasset uns demnach / Durchl. Oheim / nicht ohn noht Blut stürzung anrichten / meldet die Gefahr / welche von euren Friesischen Knechten die kaum des Ernstes erwar ten werden / euch zustossen könte / und begebet euch euer vermeinten Ansprach / alsdann wil ich [575] mich hiemit erbieten und verpflichtet machen / Euer Liebe Freund und Bruder zuseyn / auch es dahin zu bringen / daß Euer Liebe die volkommene freie Beherschung des Wendischen Fürstentuhms erblich eingeräumet werden sol. Welchen Vorschlag Eure Liebe verhoffentlich wählen /und weitere Ungelegenheit abwenden wird; auff welchen Fal ich dann Zeit meines Lebens bin und verbleibe / Euer Liebe zudienst und Freundschafft bereitwilligster und ergebener Oheim


Herkules.


Als Fürst Olaff dieses verschlossene Schreiben empfing / und diese Auffschrifft lase:Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Olaff / nähestem Erben des Königreichs Dänenmark / meinem freundlichen lieben Oheim; wahr er willig / es zuerbrechen / und nach Verlesung beredete ers mit seinen Befehlichshabern / welche es vor eine Kleinmühtigkeit an Seiten Herkules außlegeten / und vorgaben / es währe ihm rühmlicher angestanden / den Fürsten zu einem absonderlichen Kampf außzufodern / als freundliche Bit Brieffe zuschreiben / insonderheit / da er sich vor einen Kriegs Held und bestalten Feld Herrn außgäbe. Riehten demnach mit einhelliger Stimme / er solte seiner guten Sache trauen / und es in der Götter Nahmen dem Schwert anbefehlen / weil man billich zweiffeln müste / ob die Dänischen Stände dem sieghafften Sachsischen Heer sich entgegen setzen / und mit ihnẽ den Krieg auffnehmen würden. Und als der Fürst fragete / auff was weise sie es dann vor best hielten / tahten sie den unvorgreiflichen Vorschlag / sie wolten die wehrhaftesten Dänẽ 600 Mann / und die tapffersten Friesen / 400 stark / außlesen / sich mit dieser Schaar unter ihres lieben Fũrsten Anführung ins Feld setzen /und den Feind mit gleicher Anzahl zur Schlacht fodern /unter der von beiden seiten gegebenen gnugsamen Versicherung / daß / welcher Teil unterliegen und das Feld räumen würde / dem andern alle Ansprache zu diesem Königreich abtreten solte. Fũrst Olaff lachete dieses vorschlages / und gab ihnen zur Antwort; ob sie den Teutschen Großfũrsten und andere Anwesende Fürsten so Kindisch hielten / daß sie ihres grossen vortels sich begebẽ / und um die Frisische Kron noch erst 1000 Knechte fechten lassen wolten / welche sie schon so gut als in Händen håtten / oder doch zu haben vermeineten. Er vor sein Häupt wolte durch einen solchen ungereimten Vortrag sich ihnen nicht zum gelächter vorstellen / sondern in freundlich-abschlägiger Beantwortung dem berümten jungen Großfürsten Herkules / so viel zuverstehen geben / daß wann er bereit währe / er sich willig wolle finden lassen / mit ihm in einem absonderlichen Kampf sein Heil zuversuchen / unter der Bedingung / daß auff den fal seines Sieges / die Sachsen abzihen / seine Festung unangefochten lassen / und ihm Freyheit gönnen solten / mit den Friesischen Ständen sein Recht außzufũhren / und ein grosses wird es seyn / sagte er / wañ ich solches von ihnen erhalten werde; setzete darauff dieses Antwort-Schreiben in der eyle auff.

Olaff / gebohrner Fürst und Erbe des Königreichs Dänenmark / erwähleter und angenommener Erbe und Nachfolger des Königreichs Frießland / entbeut dem Durchleuchtigsten Großfürstlichen Herrn auß Teutschland / Herrn Herkules / Fürsten zu Susa / und Obersten Feld Herrn der Königlichen und Großfürstlichen Verbündniß in Asien / seinem geliebeten Oheim / freundlichen Gruß und alles gutes; füget dessen Liebe zuwissen /daß dero Schreibens Inhalt er gelesen und reifflich erwogen habe / selbes aber gründ- und umständlich zubeantworten / noch zur Zeit unnöhtig und unfruchtbar achte / jedoch vor angebohtene Freund-Oheim- und Brüderschafft sich hoch bedanke und ein gleichmässiges mit auffrichtigem Herzen anerbiete / ohn daß er in Abtretung eines Königreichs so leicht / und ohn vorwissen seines gnädigsten Herr Vaters und Königes nicht gehehlen können / würde ihm auch [576] fast unrühmlich und ehren-verkleinerlich anstehen / wann mit freundlichen Brieffen er seine wolversehene / und vor Feindes Anfal gnug verwahrete Festung solte stürmen und einnehmen lassen. Hätte er eine gleiche oder etlicher massen bestante Macht auff den Beinen / währe er unerschrocken / dem Glük im offenen Feldesein gutes Recht anzuvertrauen / aber in Mangel dessen ist er biß dahin gezwungen sich von Wahl und Mauren zuwehren; giebet gleichwol seiner Liebe daneben zubedenken / obs uns beiderseits zuverdenken währe / wann wir um ruhige Besitzung eines so schönen Reichs / Schwert an Schwert setzeten und Leib an Leib wageten / damit die Götter zu Richtere gesetzet / den Außschlag im kurzer frist und ohn Blutstürzung der unschuldigen geben möchten. Welches Euer Liebe zur WiederAntwort zugeben / auch vor angebohtenes Fürstentuhm zudanken sich schuldig erkennet hat / und im übrigen / als lange erlebet / ist und sein wil / Euer Liebe zu dienst- und Freundschafft-bereitwilligster und ergebener Oheim


Olaff.


Ekhard wahr dißmahl der Heerhold / welchem der Däne eine statliche güldene Kette schenkete / und das Antwort Schreiben mit großmühtigen Geberden zustellete / sagend: vermeldet meinem Oheim dem trefflichen Helden Fürst Herkules meinen Gruß und Dienste / und daß von seinen preißwirdigen Tahten mir in Spanien und Engeland etwas vorkommen ist; möchte wünschen / daß dieser Span zwischen uns nicht entstanden währe / dann würde ich mein Schwert / wie leicht es auch ist / lieber wieder seine Feinde als ihn selbst entblössen; und verlanget mich nach nichts so sehr / als die Ehre zuhaben / sein tapfferes kämpfen anzusehen / ja auch seiner Streiche selbst zuempfinden; ich gelebe aber zu einem so hoch beschriehenen Helde der ungezweifelten Hoffnung / seine Liebe werde meine Frage einer Antwort wirdigen. Durchleuchtigster Fürst / antwortete Ekhard / mir zweifelt nicht / ihre Durchl. werde mit meinem Gnädigsten Herrn / Großfürst Herkules / dereins in gute Kundschafft gerahten / dessen Durchleuchtigkeit einem solchen tapfferen Fürsten und lieben Oheim ein Königreich zuschenken / sich nicht lange bedenken würde /wann es mit der Stände Einwilligung geschehen könte; massen dessen Durchl. weder nach Herschafft noch Hocheit fraget / und dessen zum Beweißtuhm /den Käyserlichen Stuel / darauff der jetzige Römische Käyser seine Dũrchl. hat setzen / und zum Gleichwaltigen Mit Herscher annehmen wollen / außgeschlagen hat. Weil ich aber merke / daß Eure Durchl. Begierde träget / meines Gnädigsten Großfürsten Schwert zuprüfen / mag sie dessen sich wol gänzlich versichern /daß sie des Wunsches inwendig einer Stunde wird gewehret seyn / dafern dessen sonst in diesem Schreiben einige Meldung geschehen ist. Ich weiß wol / Ritter /sagte der Däne / dz Euer Fürst mein Oheim / seines Gegners Speer und Schwert wol leiden mag / das übrige werde ich schon zuvernehmen haben. Ließ ihn hiemit zimlich bezechet zihen / und gab ihm einen Trometer mit. Herkules verlaß den Brieff in der Fürstlichen Versamlung / da Fürst Baldrich sehr anhielt /daß der Kampf ihm möchte übergelassen werden /dessen sein Vater wol zufrieden wahr / und er sich dessen schon freuete / aber Herkules wolte durchaus nicht einwilligen / sonderlich da er die mündliche Werbung vernam / einwendend / es müste ihm ja billich zur Kleinmühtigkeit gerechnet werden / wann er einem Fũrsten auff Ausfoderung nicht selber stehen /sondern einen andern an seinen Plaz stellen würde. Doch trug er der Geselschafft dieses vor: Ob er zwar willens währe / im fal er unterliegen würde / sich dieses Königreichs zubegeben / so könte er doch den Ständen dieses Reichs nicht auffbürden / daß sie wider ihren Willen diesen Fürsten annehmen solten /[577] wiewol / da er im Leben bliebe / er nicht unterlassen wolte / ihnen solches zurahten. Weil dann ihnen solches beliebete / verfassete er dieses in ein kurzes Schreiben / und als er den Trometer mit einer köstlichen Kette / daran sein Brustbilde wahr / geschenket hatte / sagte er zu ihm: Reitet hin / mein Freund / und nach Anmeldung meiner Dienste und Grusses / saget meinem Oheim: Ich nehme seine ritterliche höfliche Ausfoderung willig an / hätte zwar lieber auff freundlichere weise mich mit seiner Liebe abfinden wollen; weil aber solches nicht hafften mag / ist mirs dannoch lieb / daß unser Span durch absonderlichen Kampff kan ausgetragen werden / jedoch solcher gestalt / daß der überwundene sich aller Ansprache zu diesem Königreiche schlechter dinge begebe / und solches Fürstlich verbriefe / welches an meiner seiten schon bündig gnug geschehen ist / und ihr in diesem Schreiben (welches er ihm einreichete) zuũbergeben habet. Ob mirs dann in meiner guten Sache nicht glücken solte /muß ichs dahin rechnen / daß es meinem Arme sehr zuwider seyn wird / mein Schwert wider meinen Oheim zukehren / dem ich gewißlich lieber in andern Diensten auffwärtig seyn wolte. GroßFũrstin Valiska stund dabey / und taht dieses hinzu. Trometer / vermeldet eurem Fürsten / einen Gruß von seiner unbekanten Wasen Valisken aus Böhmen / uñ daß ich ihn erinnern lasse / er wolle mit besserm Gewehr als Recht sich gefasset halten / wañ er Hoffnung zum Siege haben wil; ich vor mein Häupt wolte es in dieser so guten Sache wider ihn mit dem Schwerte zu Roß und Fuß wagen / und an der überwindung wenig zweifeln. Der Trometer verwunderte sich nicht allein solcher Erklärung / sondern auch ihrer übermässigen Schönheit / machte sich fort / und hinterbrachte alles; welches Fürst Olaff lieb und angenehm wahr / kunte es auch Herkules nicht verübeln daß er den Ständen das Recht ihrer Wahl vorbehalten wolte / dann er gedachte / wann nur die Teutschen würden abgewiesen seyn / solte sein Herr Vater den Stånden schon so nahe treten / daß sie ihn annehmen müsten; wiewol auff solchen fal die Wahl auff Fürst Siegward ohn allen zweifel würde gefallen seyn / welches sie ihm nachgehends ausdrüklich zuerkennen gaben / doch dabey unangezeiget nicht liessen / daß ihm nichts schaden tähte / als daß er der Dänischen Kron ungezweifelter Erbe währe / ausser welcher Betrachtung er von den Ständẽ alsbald würde beliebet / angenommen / und noch bey ihres Königes Lebzeit gekrönet worden seyn; mit welcher Erklärung er dann völlig in seinem Herzen zufrieden wahr. Vor dißmahl aber dauchte ihm schimpflich seyn / daß ein Weibesbild ihn im Kampffe bestehen wolte. Worauff der Trometer zu ihm sagete: Durchl. Fürst / ob sie mit dem Schwerte wider Eure Durchl. hafften würde / solches weiß ich nicht / wiewol sie scheinet muhts gnug zuhaben /mehr als ich mir bey einigem Weibesbilde habe einbilden können; aber ihrer Augen Schwerter / Spiesse und Pfeile sind scharff und hurtig gnug / alle Mannesbilder zu überwinden / dann ihres gleichen an Schönheit und freundlichen Geberden / lebet in der ganzen Welt nicht; so kan ich auch wol mit warheit sagen /dz ein Fürst von grösser Schönheit und tapffermuhtigen Bezeigungen / als Herkules / mir nie vorkommen ist / aus dessen Reden und Sitten wol erscheinet / daß er im Felde und auf der Streitbahn sich rechtschaffen zutummeln wisse. Ein anwesender Schmeichler / welcher sonderliche Gnade hoffete zu verdienen / wolte dem Fũrsten liebkosen / uñ fragete den Trometer / ob er nicht in seiner kühnen Erzählung dem Fürsten zu nahe getreten wåhre. Aber derselbe wolte es selbst beantworten / [578] und sagete: Mein Kerl / laß du mir diesen und jedermänniglich die Warheit reden; oder meinestu / daß ich in einer Narrenhaut stecke / und einem tapfferen Ritter sein gebührliches Lob nicht gönne? Er wolte aber / seine Herzhafftigkeit zuerzeigen / den Kampff nicht långer auffschieben / setzete die schrifftliche Einwilligung nach begehren auff / suchte seine besten Waffen hervor / und machte sich zum Kampffe fertig; und weil er wuste / daß Fürstliche Mannes-und Weibesbilder zusehen würden / putzete er sich gar zierlich / nam einen starken Friesischen schwarzen Hengst mit einer Hi elblauen Decke / mit Perlen reichlich gesticket / und einen schwarzen mit Golde eingegossenen Harnisch; die Feldbinde wahr gleicher art mit der Pferdedecke; im Schilde stund ein Königliches Mannesbilde / hatte eine Kron auff dem Häupte /und umb sich her diese güldene Buchstaben:Regni Lex, Honesta Regis Voluntas. Des Königes ehrlicher Wille ist des Landes Recht. Womit er seinen Anspruch behåupten wolte. Auff dem Helme führete er einen güldenen Löuen / welcher eine Schlange zerdrückete / daß ihm der Gifft ansprützete / hatte aber in ber Tatzen ein Täffelein mit dieser Auffschrifft:Fraus Fortitudinem non frangit Betrug bricht die Stärke nicht. Diese Waffen hatte er machen lassen /der Meynung / sich deren wider den Wenden Krito oder dessen Sohn Gotschalk im Kampffe zugebrauchen. Herkules muste auff seiner Valisken begehren sich folgender gestalt ausrüsten. Er ritte einen starken schneeweissen Hengst (aber nicht seinen ädlen Meden) dessen Decke ein zartes Persisches gülden Tuch wahr / mit den schönsten grossen Zahl Perlen besticket / und umher die scheinbaresten Demanten /zwo Reihen ũber einander. Der Sattel blänkete von allerhand ädlen Steinen; sein Harnisch war stark übergüldet / mit geetzetem schwarzen Blumwerk; Im Schilde wahr seine Valiska gemahlet / und umher diese Worte:In Cœlo DEVS, in terra HÆC meus amor est; Gott im Himmel / und diese auff Erden ist meine Liebe. Auff dem Helme hatte er auch einen güldenen Löuen / welcher sich aber von einem Schäflein leiten ließ und an seiner Brust diese Worte stunden:Effectus Amoris. Diß ist der Liebe Wirkung. Seine Feldbinde wahr von gleichem Zeuge mit der Pferdedecke / uñ saß an seinem Schwerte / welches stark ũber uñ über vergüldet wahr / ein treflicher Demant oben auf dem Knauffe / welcher Strahlen von sich warf. Olaff hielt zwischen zween vornehmen Dänischen Herren / seinen Anverwanten / welche ihn zubesuchen / vor weniger Zeit kommen wahren / hatten etliche Jahr der Ritterschaft in der fremde obgelegen / und mannichen guten Preiß erworben; der eine hieß Harald / der ander Hunibold. Neben Herkules ritten König Ladisla und Fũrst Baldrich. Das Fürstliche Frauenzimmer hatte sich auff den Elefanten gestellet / dem Kampffe zuzusehen / woselbst Valiska als eine Sonne unter den Sternen hervor leuchtete / und erwieß ihnen Fürst Olaff / so bald er sie sahe / mit abgezogenem Helme grosse Ehrerbietigkeit / ward auch über Valisken Schönheit ganz bestürzet / daß ihn schier gereuete /den Kampff begehret zuhabẽ; doch gedachte er in seinem Herzen; wie wann du Herkules erlegetest / und durch eine einzige überwindung zugleich dieses Königreich und das Reich aller versamleten Schönheit erstrittest? sendete auch einen zierlichen ädelknaben an das Frauenzimmer / bey welchem er sich anfangs entschuldigen ließ / daß er die unbilliche Entführung des GroßFürstlichen Fräulein weder befodert noch gut geheissen hätte; hielt demnach umb Erläubniß an /daß ihm der Kampff mit ihrem guten Willen möchte zugelassen seyn; und ließ sich ihren ingesamt / [579] und jeder absonderlich gehorsamen Knecht und bereitwilligsten Diener nennen. Herkules gefiel die Höfligkeit sehr wol / und nam ihm gänzlich vor / so viel möglich / sein zu schonen. Valiska aber / welche ihren Köcher mit übergüldeten Pfeilen / und den Bogen angehengt hatte / gab dem Knaben diese Antwort: Reite hin /und melde deinem Herrn / dem Dänischen Fürsten /unserer sämtlichen Ehren-gewogenheit an / und daß ich ihn träulich warnen lasse / das Schwert in so schlimmer Sache nicht zugebrauchen / da ihm weder Gott noch Recht Beystand leisten wil; kan er nun meinem Raht folgen / werde ich mich bemũhen / ihm dergestalt zubegegnen / daß ihm nach der Friesischen Kron nicht verlangen sol; bringe ihm auch diesen Ring meinet wegen zum Pfande / daß wann er meinem allerliebsten Gemahl im Streit angewinnen solte /ich ihm zwar dieses Königreich nicht streitig machen / aber ihn doch ausgefodert haben wil / daß er ungeharnischt / mit Schild und Schwert / oder auch wol ohn Schild / umb Leib und Leben den Kampff mit mir antreten muß. Fürst Olaff entsetzete sich der ernstlichen Ausfoderung von einem Weibsbilde / wolte auch den Ring mit solchem bedinge nicht annehmen / sondern schickete ihn wieder zurũk / und ließ ihr sagen: Er währe bereitwilligst / in allen möglichen Dingen ihr zugehorsamẽ / aber seiner Ausfoderung sich zubegeben / würde ihm unertäglicher seyn / als der Tod; sein Schwert aber wider eine solche trefliche Fürstin auffzuheben / wolte er lieber unbewehret sich von ihrer Hand niderhauen lassen / wie herzlich gerne er auch die Ehre haben möchte / diesen Ring zu ihrem unsterblichen Gedächtniß zubehalten. Zeit dieser Handelung schickete Baldrich an Olaffs Gefärten /und ließ ihnen sagen: Sie hielten alhie beyderseits gegen einander gewapnet / nicht als Feinde / sondern als Zuseher / uñ verzöge sich der Kampf in etwas; währe demnach nicht unabgeneiget / mit ihrer einem ein ritterliches Speer / nit aus Feindschafft / sondern zur Lust / und dem anwesenden Frauenzimmer zur Ergezligkeit zubrechen / wann es ohn Unwillen könte eingewilliget werden. Olaff wahr dessen wol zufrieden / und erläubete seinem Gefärten Herrn Harald solches gar gerne; welcher es ohn auffschieben annam /und den Saz mit ihm anging; hielt sich auch im ersten Treffen wol; im andern schwankete er; und im dritten muste er seine alte Mutter die Erde küssen; dessen er sich nicht ein geringes schåmete / weil er sahe / daß sein Obsieger unbewäglich sitzen blieb. Ladisla hatte auch belieben mit dem andern einen Versuch zutuhn /welcher nicht allein ehrenhalben es nicht ausschlagen kunte / weil es bloß dem Fürstlichen Frauenzimmer zugefallen geschehen solte; sondern hatte auch die Hoffnung gefasset / seines Gesellen Schimpf einzubringen / welches ihn aber sehr betrog; dann ob er gleich den ersten Stoß etlicher massen aushielt /schwankete er doch davon als ein trunkener / muste auch im andern Gange einen solchen Sprung nehmen /daß er den rechten Schenkel zubrach; massen ihn Ladisla mit samt dem Pferde über und über warff. Olaff kennete der seinen Rittermässigkeit / und wunderte sich nicht wenig / daß sie dergestalt beschimpffet stunden / daher er auch die Rechnung ihm leicht machete / er würde aller seiner Kräffte uñ Erfahrenheit in diesem Kampffe wider Herkules bedürffen; zu welchem ende er sich fertig machete / da er von der jungen GroßFũrstin gleich diese Antwort bekam: Sie erkennete sein ritterliches Gemüht aus dem / daß er das versprochene vor unwiederruflich hielte / und weil ihm ihre Bestreitung so gar unangenehm währe / sie auch nicht hoffete / daß ihres Gefechtes es bedürffen solte / [580] möchte er dessen erlassen seyn / und dannoch den Ring / weil es ihm also gefiele / zum Zeichen ihrer künfftigen Gutwilligkeit behalten; welchen er alsbald an seinen kleinen Finger steckete / und gleich willens wahr / Herkules mit einem Speerwinken zuverstehen zugeben / daß er zum Treffen fertig währe; Er sahe aber / daß Valiska ihren Bogen zum Schuß anlegete / umb nach einer Taube zuschiessen / deren drey hoch oben her in Lüfften schwebeten; und lachete / seiner Meynung nach / ihrer Tohrheit bey sich selbst / daß sie einen so unmöglichen Schuß in Gegenwart so vieler Fũrsten wagen / und sich dadurch nur in Spot setzen wolte; aber als er gewahr ward /wie geschwinde sie die eine getroffen / dz sie mit samt dem Pfeil tod herunter fladderte / verwunderte er sich dessen über alle massen / insonderheit / als sie fast im Augenblik darauff die andere / und endlich / ehe man sichs versahe / auch die dritte / ohn einigen Fehlschuß herunter hohlere; sagte auch zu einem Ritter / der hinter ihm hielt: Dafern dieses Wunder Bild so fertig mit dem Degen / als mit dem Bogen ist / würde ich mich nicht unterwinden / einen Gang mit ihr zutuhn / und wann ich diese drey Schüsse mit meinen Augen nicht hätte angesehen / würde ichs vor eine lautere Unmögligkeit halten; wiewol ich bey wir anstehe / obs eine warhaffte Taht / oder eine Augen-Verblendung ist. Dieser verwunderte sich darüber nicht weniger / erinnerte aber den Fürsten / es schiene / daß sein Gegener auff ihn wartete. Es ist mein Vorhaben durch diese Wunderwirkung mir schier aus dem Gedächtniß gefallen / antwortete er; gab auch Herkules ein Zeichen /daß er loßbrechen wolte. Derselbe pflegte sich nun in dergleichen Geschäfften nicht gerne zweymal ansprechen zulassen / legete ein / und begegnete dem Dänischen Fürsten sehr artig / traff ihn auch dergestalt /daß er hinter sich bog / und wenig fehlete / er hätte sich auff der Erden ausstrecken müssen; dessen er sich gleichwol entsetzete / und schon merkete / daß Speer würde ihm die Friesische Kron nicht erstreiten /weil sein Wiedersacher fest im Sattel blieb; jedoch hoffete er im andern Treffen sich besser zuhalten / da es Herkules bald ungleich ergangen währe; dann als er meynete den Stoß anzulegen / ward sein Pferd schüchtern / sprang zur seiten aus / und lief wider seinen Willen mit ihm eine zimliche Ecke hinweg / biß er endlich wieder Meister ward / sich aber des Fehls /der ihm sonst nie begegnet wahr / sehr schämete / und dannoch das Pferd umzuwechseln bedenken trug /sondern sich wieder auff die Bahn setzete / und seinen Feind dergestalt empfing / daß er ihn mit samt dem Rosse zur Erden warff. Sein Vater sahe den gewaltigen Rit / und sagte: Hilff Gott / wie können eines Jünglings Arme solche Macht volbringen! Nun glückete es gleichwol dem Dänen / daß er weder unter das Pferd zuliegen kam / noch sonst einigen Schaden empfing / sondern da ihm sein Leibdiener ein frisches Roß zuführete / setzete er sich darauff / und mit dem entblösseten Degen hielt er sich fertig / weil er lieber zu Pferde als zu Fusse kämpffen wolte. Herkules schickete Neda an ihn / und ließ ihn warnen / er möchte den Streit lassen auffgeruffen seyn / nachdem er sähe / daß das Glük ihm in dieser Sache nicht beypflichten / noch nach willen fugen wolte / alsdann solte er sein Freundes Gemüht in der Taht spüren; welches erbieten ihn etwas schimpflich dauchte / und zur Antwort gab: Ob sein Pferd lieber fallen / als zur seite aussprengen wollen / könte er nicht endern hoffete / das angefangene zuvollenden würde ihm Fürst Herkules nicht versagen. Wol dann / antwortete er hierauff / so kan es ja nicht anders seyn; Setzete auch dergestalt auff ihn zu / daß Valiska fürchetete / der Dåne [581] würde mit dem Leben bezahlen mũssen / daher sie zu dem Großfürsten sagete: Ich sehe ungern / daß der Dänische Fürst keine freundliche Anmuhtung /weiß nicht / aus Tapfferkeit oder Verstockung / wil gelten lassen / und dürffte ihm vielleicht die Reue zuspaht kommen. Das Gehacke ging unter diesen beyden rechtschaffen an / und ließ Olaff wol spüren / daß er muht und herzens gnug hatte / umb ein Königreich das Schwert zuführen / meinete auch / in dem ersten Anfal der überwindung einen festen Grund zu legen; aber Herkules betrachtete / daß er in seiner Eltern und des ganzen Kriegsheers gegenwart stritte / wolte demnach sehen lassen / daß das Gerüchte von seinen Tahten nicht aus blosser gewogenheit erschollen wåhre / daher er alles mit Doppelhieben dem Dänen dergestalt zusetzete / daß er in kurzer Zeit an unterschiedlichen Orten seines Leibes die blutigen Merkzeichen der empfangenen Verwundung von sich gab /wiewol wegen güte seiner Waffen es nicht tieff durchgangen wahr. GroßFürst Henrich / der bey dem Frauenzimmer auff dem Elefanten wahr / fing an: die Streiche hat mein Sohn in Teutschland nicht gelernet /noch von einigem Kämpfer gesehen. Gn. Herr Vater /antwortete Valiska / ich achte dieses Gefechte fast vor nichts; aber wann man ihn unter einem ganzen Hauffen solte mätschen sehen / wũrden die Hiebe wol anders zischen und krachen / versichere auch meinen Herr Vater / daß mein Herkules noch Höfligkeit gegen Fürst Olaff gebrauchet / dann sonst würde er ihn schon längst vom Pferde gerissen und abgeschlachtet haben. Nun hielt sich dannoch der Dähne /daß ihn niemand tadeln kunte / und die Warheit zu sagen / würde ausser Herkules und Ladisla nicht leicht ein ander ihm überlegen gewesen seyn. Dann er ging sehr behutsam / versetzete so viel ihm möglich wahr / und gab sich nicht bloß / ohn wann er meinete / seinen Feind mehr zubeschädigen / als von demselben getroffen zu werden. Nachdem es aber Herkules verdroß / daß er so lange Wiederstand hielt / taht er einen heftigen Anfal / gleich da sein Gegener die Hofnung fassete / er wũrde sich nunmehr zimlich abgemattet haben / und doch dagegen seine Hiebe nur verzwiefältigte / ihm auch dergestalt den Helm zuhämmerte / daß ihm vor den Augen zu funkeln begunte /und er sich zuerhohlen / zur Seiten ausweich; aber Herkules setzete ihm auff dem Fusse nach / schlug den Helm auff / uñ rieff ihm zu; Fürst Olaff / lassets dereins gnug seyn gefochten / und gebet dem Streit anstand / dann ich wolte ungerne einen so guten Ritter / als ihr seid / tödlich beschädigen; ihr sehet ja vor Augen / daß es euch weder an gutem Herzen noch kräftigen Fäusten / sondern bloß an gerechter Sache mangelt. Dieser Schimpf / wie ers auslegete / schmerzete ihn mehr als die empfangenẽ Wunden / daß er derselben gar darüber vergaß / kehrete umb / und antwortete mit kurzen; O nein Fürst Herkules / diese Rechnung ist noch zur Zeit zu früh gemacht. Woldann / sagete er / so werde ich die Kreide zum andernmahl ansetzen müssen; damit erhub sich der Streit von neuen / ob hätten sie noch keinen Schwertschlag geführet; aber Glũk / Erfahrenheit uñ geschikliche Kraft hing nicht in gleicher Wage / sondern an Herkules Seite im grossen Ausschlage / der seinen Feind zu unterschiedlichen mahlen hätte niderstossen können /wolte aber nicht / sondern da er seinen Vortel ersahe /warf er ihn vom Pferde herunter und sprang ihm nach / wiewol er ihm selber auff die Beine halff / und ihm Zeit genug gönnete / sich zum Fußkampfe zubereiten / welcher auch ernstlich angetreten / aber nicht so gar lange geführet ward; und wahr wunderlich anzusehen / daß / nachdem die Kämpfer Sattellos wahren / [582] die Pferde einander so grausam anfielen / als währen sie rasend worden / schlugen und bissen sich so lange /biß sie beyde niderfielen / und das Leben einbüsseten; woraus etliche Zuseher ein Unglükszeichen nehmen durften / als würden die beyde Fũrsten sich ebenmässig hinrichten; aber Valiska weissagete viel anders /und zwar recht / es solten diese Pferde das Opffer vor ihre Herren seyn / wie dann bey denen die Gefahr nicht so groß wahr; massen / nachdem Herkules seinen Feind Schildloß gemacht / und ihm den Helm gelöset hatte / risse er ihm denselben gar vom Häupte /setzete ihm die Schwertspitze an die Kehle / und sagete; Ich ermahne euch nochmahls / mein Oheim / daß ihr Lebensfristung nicht muhtwillig ausschlaget / welches weder euch noch mir rühmlich seyn würde / uñ ich doch genöhtiget / etwas wieder meinen Willen tuhn mũste / welches mir eben so leid als der ganzen Kron Dänenmark seyn solte; ihr wisset daß man mit Gottes schickung mus friedlich seyn / welcher nur einem den Sieg gönnet / welchen ich doch an euch zubehäupten nicht begehre; begebet euch dieses Königreichs / welches lieber untergehen / als euch zum Herrn annehmen wil / und gedenket daß Dänenmark seinen künftigen Herrn und König wol ernehren könne; alsdann wil ich mein allererstes erbieten erwiedert haben / uñ diesen Kampf als ungeschehen rechnẽ. Olaff antwortete ihm mit geherzter Rede; besser im Streit geblieben / als gefangen hinaus geschleppet / und mißgönne ich meinem Obsieger das minste nicht / welches mein Blut ist / nachdem er das meiste / die Ehre davon getragen hat. Nicht ein Häärlein Ehre verlohren / sagte Herkules / werde auch nach auffhebung des Streits euch vor keinen Gefangenen oder überwundenen / sondern vor meinen brüderlichen Freund añehmen und halten. Welche Worte den Dänischen Fürsten / der ohndas der Tugend herzlich ergeben wahr / dergestalt bewägeten / daß er ihm sein Schwert willig darboht / und zu ihm sagete: Unvergleichlicher Held; eure Kräfte haben zwar meinen Leib / aber eure Höfligkeit meine Seele überwunden /schätze mich unwirdig einem solchen frommen redlichen Fürsten ein Königreich zuvorenthalten / wann es auch mein angebohrnes währe / und ist mir leid / daß aus unbedachtsamkeit ich eure Liebe zur Feindschaft wieder mich fast genöhtiget / welches aber wieder einzubringen ich mich bemühen wil / wünsche deroselben Glük und alle gedeiliche Wolfahrt zu dieser Kron / und verbleibe Zeit meines übrigen lebens zu deren wolgefallen. Als Herkules dieses hörete / legte er seinen Helm abe / umbfing ihn brüderlich / und sagte: Er solte mit ihm alle seine Glükseligkeit gemein haben; mag auch euer Liebe nicht bergen / setzete er hinzu /daß wir vordißmahl umb ein Reich gestritten / welches nunmehr weder eure Liebe noch ich begehren; nam ihn bey der Hand und ging mit ihm hin nach dem nähesten Zelt / daß seinen Wunden alsbald möchte raht geschaffet werden. Die gesamte Fürstliche Geselschaft machte sich hin / ihn zubesuchen / nachdem er verbunden wahr / und trat Valiska vor hinein / welche anfangs mit wenig Worten ihren Herkules (der von ihm noch nicht gewiechen wahr) anredete / und / wie sie sagete / sich von Herzen erfreuete / daß er unbeschädiget aus dem Kampfe getreten wahr; wendete sich hernach zu dem Dänischen Fürsten / und sagete zu ihm: Durchleuchtigster Fürst und Oheim; ich möchte von ganzem herzen wünschen / daß die Gelegenheit es håtte leiden wollen / auff andere Weise /als vor dißmahl geschehen ist / mit euer Liebe Kundschaft zu machen; jedoch / weil Gott lob aller Zwiespalt verglichen / und die Mißhelligkeit beygelegt ist /erfreuet mich höchlich / daß eure Liebe so wol / [583] als mein höchstgeliebter Gemahl den Kampf ohn tödliche Wunden geendiget haben / wovor ich dann nicht geringe Sorge getragen. Es hat in Warheit eure Liebe durch auffruffung des Kampfs und der ganzen Fehde /sich uns alle zu ihren verbundenen gemacht / und verspreche derselben ich meinesteils in künftig alle Dienste und Freundschaft / die ohn Ehren-verletzung von mir können geleistet werden; dessen ich euer Liebe dieses schlechte Pfand nunmehr selbst einliefern / und ihrer künftigen Königlichen Braut mit einer halben Million Goldes verfallen seyn wil / selbe Zeit des Beylagers auszuzahlen; nahm hiemit einen sehr köstlichen Ring / steckete ihm denselben an den Finger und sagete; Wann sie ein wichtigers als ein Königreich erdenken könte / wolte sie ihm darzu / als viel an ihr währe / schwesterlich behülflich seyn. Der Fürst vergaffete sich fast an ihrer Schönheit und freundlichen Reden / nam den Ring mit hoher Ehrerbietung von ihr an / vermeldend / daß noch nie kein angenehmer Geschenk ihm dargeboten währe / als dieser Ring; das übrige erbieten wüste er nicht zubeantworten / weil es gar über sein verdienst reichete; baht hernach / dz das vorgelauffene gänzlich möchte abgetahn / und als ungeschehen in vergeß gestellet werden nachdem er numehr aller Ansprach an dieses Königreich / sich willig begäbe / welches er niemand lieber als ihrer hohen vortrefligkeit gönnete /deren auch seine Festung einzuräumen / er alle Augenblik bereit und willig währe. Sie nam dieses Erbieten mit hohem Danke an / und versprach im Nahmen ihres Herkules / daß das grosse Fürstentuhm der Wenden ihm erblich solte erstritten und zugestellet werden / wurden auch dero behueff Siegward / Leches und Neda alsbald gevolmächtiget / mit 8000 Teutschen und Böhmen / denen 9000 Frisische Völker /und 7000 gefangene Wendische Reuter solten beygefüet werdẽ / nach Wendland / welches jetzo Mekelnburg heisset / zu gehen / die alte Fürstin ihrer Haft zuerlassen / und den Untertahnen anzutragen / ob sie mit gutem Willen / den Dänischen Fürsten / Herrn Olaff (welcher alle ihre Landes Freiheiten bekräftigen würde) zu ihrem Fürsten annehmẽ / oder der gänzlichen Verwüstung wollen gewärtig seyn. Sie muhteten zwar Fürsten Olaff an / ob ihm gefallen könte / als ein Feldherr mit zuzihẽ / aber er wegerte sich dessen /einwendend / weil er nichts höhers wünschete und begehrete / als mit den Königl. und Fürstlichen Helden in bessere Kundschaft zugerahten / båhte er sehr / ihm zu gönnen / daß er ihrer Geselschaft sich eine Zeitlang gebrauchen möchte. Niemand wolte ihm dieses versagen / deßwegen rieff Valiska Siegwarden zu sich / und baht / er möchte die mühe über sich nehmen /und seiner Frl. Schwester / Frl. Schulda das Heyrahtgut erstreiten / sie verhoffete zwischen ihr und dem Dänischen Fürsten eine glükliche Ehe zu stiften; die Wenden würden zweifels ohn erschrocken seyn /weil nicht allein ihre Fürsten / sondern auch ihre geůbete Mannschafft erschlagen und gefangen währen /daß also die Eile alles nach Wunsch erhalten würde. Siegward bedankete sich der schwesterlichen Vorsorge / wegen seiner Frl. Schwester / und machte sich fertig zum Auffbruch; nahm auch sein Gemahl mit sich / deren Libussa geselschaft leistete / unter geno enem Abscheide / daß inwendig sechs Wochen sie mit der hülffe Gottes zu Magdeburg seyn woltẽ. GroßFürst Henrich hielt sich insonderheit gar freundlich gegen Olaff / dann er hatte in der Jugend mit seinem Vater gute Freundschaft gepflogen / als sie miteinander in Engeland und Reussen der Ritterschaft obgelegen; daher er sich auch gegen den jungen Fürsten aller wilfahrung erboht; worauff er antwortete: Eure [584] Großfürstl. Hocheit erfreuen sich billich des glüklichen Sieges / aber tausendmahl billicher ihres Sohns Fürst Herkules / als den ich vor einen unvergleichlichen Held und bestẽ Kämpffer des Erdbodems schätze / mehr als von einigem Ritter ich mir niemahls einbildẽ können; und nachdem die Götter mir seine Kundschafft auff keine andere / als diese weise gönnen wollen / bin ich damit gerne friedlich / der ungezweifelten Gewißheit / wie dieses unser erster Streit gewesen / also solle er auch der lezte seyn. Nachgehends foderte er selber an / daß man ihm Schreibezeug hergeben möchte / da er folgenden Brief an seinen Oberhauptman der Festung auffsetzete:

Olaff / Fürst aus Dänenmark / entbeut seinem Verweser Erich / daß er straks angesichts dieses / mit der ganzen Dänischen und Friesischen Besatzung sich hieselbst bey mir in des Großmächtigsten GroßFürsten der Teutschen Heerlager einstelle / und die Schlüssel der Stad Tohre mit sich bringe / Zeigern dieses aber mit seiner Manschafft einzihen / Mauren / Wahl und Tohre nach seinem gefallen besetzen / und ihm nach alle seinem belieben schalten und walten lasse / als lieb euch meine Huld und Gnade ist.

So bald er dieses geschrieben hatte / begehrte er an Herkules einen Obersten mit ohn gefehr 1000 Mann nach der Festung abgehen zulassen / daß sie alsbald /wann seine Leute auff diesen Befehl abzihen würden /den Ort fleissig besetzeten / welches Prinsla und Klodius anbefohlen ward / die auch ohn seumen fortzogen / aber nicht eingelassen wurden. Dann ob gleich der Dähnische Obriste seines Fůrsten Hand und Siegel sahe / wolte er doch so bald nicht trauen / sondern argwohnete / er würde diesen Brieff zuschreiben gen \htiget seyn / gab demnach zur Antwort / es könte leicht geschehen / daß zween einerley Hand schrieben / und möchte seinem Gnädigsten Fürsten das Pitschafft wol abgehändiget seyn / daher er zuwilfahren bedenken trüge / wann aber Herr Harald / oder Herr Hunibold / ober sein Gnädigster Fürst selber zur Festung kommen / und ihm mündlichen Befehl erteilen würde / befünde er sich schuldig zugehorsamen. Olaff meinete / die Fürstliche Geselschafft würde ihm solches nicht gönnen / dahin zureiten / weil Harald mit Gallus und Ekhard auff die Jagt außgeritten wahr / als aber Valiska selbst anhielt / wann seine Verwundung es leidẽ wolte / ihm seines Dieners Vorschlag der auß redlicher Pflicht herrührete / gefallen zulassen / ritte er bis an den Graben / und rieff ihm zu seinem schrifftlich gegebenen Befehl nicht folge leisten / die Festung räumen / und wegen geschehener Wegerung bey der Durchl. Großfürstin Valiska um Gnade anhalten würde / solte er als sein Erzfeind sterben / wolte auch keine Antwort voll ihm anhören / sondern ritte alsbald mit seinem Diener wieder zurück. Erich / dem sein Gemüht wolbekant wahr / machte sich geschwinde fertig / führete die Völker mit weissen Stäben ab / und ging er selber ohn alles Gewehr / nur daß ihm sein Leib Diener das Schwert nachtrug / hielt die Tohr Schlüssel in der Hand / und als er vor Valisken nider fiel / legte er dieselben / wie auch sein Schwert zu ihren Füssen nider / baht vor sich und seine herbeygeführete Soldaten um Gnade / wegen Wegerung der Ubergabe / und erboht sich zu allem untertähnigsten Gehorsam. Valiska aber redete ihm mit diesen Worten freundlich zu: Stehet auff mein Freund / und gürtet alsbald euer Schwert an / dann ihr tuht euren eigenen Ehren unrecht / daß ihr mit einem Fußfalle euch als ein Ubeltähter einstellet / und doch nichts gehandelt habet / als was einem redlichen und geträuen Diener zustehet. Warff ihm damit eine güldene Kette um den Hals / und [585] versprach ihm daneben ein gutes Ritter Pferd / samt einem volståndigen Reit Harnischer und 6000 Kronen baar / welches dieser in unvermuhtlicher Freude mit untertähnigster Danksagung annam; seinen Völkern aber / deren 2900 wahren /ließ Herkules durch die Bank hin drey Monat Gold baar außzahlen / und musten hernach auff Olaffs Befehl sich mit den Friesischen Völkern / so nach Wendland solten / zusammen tuhn / daß er Willens wahr / deren nur 12 bey sich zubehalten / aber Herkules und Valiska lagen ihm hart an / daß er 400 alle gebehrne Dänen / zu seinem Leibschuz und Auffwartung unter seinem Leib Fähnlein zurük behalten möchte / welche alle von Valiska absonderlich beschenket wurden / und auff deren getrieb ihrem Fürsten aufs neue schwören musten ihm getråu zu seyn /und ihn in keiner Noht zuverlassen / dessen sich Olaff nicht gnug verwundern kunte. Als nun jederman der Meinung wahr / Herkules würde mit seinem Gemahl sich krönen lassen / und die Herschafft antreten / foderte er seinen Vater den Großfursten und seinen Bruder Baldrich zu sich / und in beyseyn der sämtlichen Landstånde hielt er diese Rede: Hochansehnliche Stände dieses Großmächtigen freyen Frisischen Reichs / geliebte Herren und Freunde; daß dieselben nach einhelligem Schlusse meinem Gnädigsten Herr Vater / dem Großfürsten und mächtigen Beherscher der Teutschen / auch du Erb Herschafft ihres Vaterlandes aufgetragen / und dessen Hocheit zu ihren König erwählen wollen / nach dem der Alte Königliche Friesische Stam abgangen ist / solches erkennet seine Hochheit mit gnädigster Gewogenheit / unter gleichmässigem gnädigsten erbieten / als ein geträuer König und Vater des Vaterlandes / ihre Rechte / Gerechtigkeiten / Freyheiten und löbliche Satzungen /auch wasdem allen sonst anhängig ist; wie dann alle und jede Einwohner samt und sonders / ädel und Unädel / hoch und nidrig / Bürger und Baur / in Schuz und Schirm zunehmen / und alles das zutuhn und zulassen / was von einem Friesischen Könige nach Uhralten Rechen und Gebräuchen erfodert wird. Wiederhohlet gnädigst die schon getahne Verheissung / daß alle Einwohner von heut anzurechnen / ein ganzes Jahr aller Schatzung / wie die Nahmen haben mögen /sollen enthoben / die in funfzig Jahren neu angelegete Landes Beschwerungen ewig abgeschaffet / die Frohndienste auffs leidligste angeschlagen / und alles in den uhralten Stand hiemit und Krafft dieses gesetzet seyn / welche Gnade die Einwohner mit dankbahrem Gemüht und Herzen erkennen werden. Nachdem aber höchstgedachte ihre Hocheit / ihr angebohrnes Teutsches Erbreich nicht übergeben / noch ihren Siz in Frießland versetzen kan sondern mit ihren Reichs Geschäfften vor sich gnug zutuhn hat; als wil ihre Hocheit den Herren Land Ständen einen von uns seinen beiden Söhnen gegenwärtig / zum Könige vorgestellet habẽ / wie solches diesem ihren Reiche am sichersten / zuträgligsten und erbaulichsten seyn wird /hat auch mir als dem ältern solches mit Beliebung der gesamten löblichen Landstände gnädigst Väterlich auffgetragen / welches ich dann um Ungehorsamkeit zumeiden / in Kindlicher Demuht über mich genommen habe / bedanke deswegen so wol gegen meinen Gnädigsten Herr Vater / als die sämtlichen Stände mich Kind- dienst- und freundlich / und wie ich darauß ihrer aller gute Gewogenheit verspüre / also erkenne ich mich schuldig und verbunden / es an jedem Orte nach gebühr / mit kindlichem Gehorsam und freundwilligen Bezeigungen / nach vermögẽ zuersetzen. Weil aber ich mich wol erinnere / daß die Teutsche Beherschung nach meines [586] Gn. Herr Vaters ableben (welches Gott lange Zeit gnädigst verhüten wolle) auff mich als den ältern Erben bestehen wird / und zwey Königreiche unter einem Herrn sich nimmermehr so ruhig befinden / als wann jedes seinen eigenen König hat / welcher sich seines einigen dergestalt annimt / daß er keinen fremden die hohen Bedienungen einraumet / und dadurch der einheimischen Haß und Wiederwillen (es geschehe dann mit deren freien belieben) aus sich ladet; als habe in Betrachtung dessen / ich vordißmahl meine Rede an ihre Großfürstl. Hocheit / meinen Gn. Herr Vater / an seine Durchl. meinen geliebten Bruder der Fürst Baldrich / und an die Hochansehnlichen gesamten Land Stände richten wollen / Kind Brüder-freundlich bittend / sie wollen allerseits dieses Reichs beste wol und fleissig beobachten und ohn Einrede darein gehehlen / daß die Beherschung desselben von mir abgenommen / und meinem jeztgedachten lieben Bruder Fürst Baldrich auffgetragen werde / welcher dann seinem Fürstlichen Verstande und begnadeten Gaben nach / diese Bürde wol wird tragen / und dem Reiche als ein löblicher König vorstehen können. Versehe mich dessen zu ihnen allen samt und sonders / und wiederhohle hiemit mein voriges erbietẽ. Der Alte Großfürst / welcher dieses sein vorhaben schon zeitig an ihm gemerket hatte / antwortete darauf; ob er zwar des Vorsatzes gewesen währe / ihn als seinen ältern Sohn ehe in eine wirkliche Herschafft einzusetzen / als den Jüngern / so wolte er dannoch ihm hierin seinen freien Willen gönnen / insonderheit / weil er betrachtete /daß den beiden grossen Herschafften besser mit unterschiedlichen / als einem Könige gedienet währe /damit die Friesẽ nicht ihr Recht und Schuz in Teutschland suchen dürfften / welches einen Schein einiger Dienstbarkeit und Unterwerffung haben könte / und mannichem unruhigen Kopffe Ursach zur Neuerung an die Hand geben; zweifelte also nicht / die Land Stände würden ihr und des Landes beste beobachten / und seinen jüngern Sohn Baldrich vor ihren König erkennen. Hie wahr nun der Land Stände Vorsteher und Worthalter fertig / gewierige Antwort zugeben; aber Fürst Balbrich winkete ihm / ein wenig zuverzihen / und huhb also an: Gnädigster Herr Vater / und freundlicher lieber Herr Bruder / ob sie wol allerseits gedenken möchten / mir geschähe durch diese Väter- und Brüderliche Hulde eine sonderbahre Annehmligkeit / so zeuget doch mein Gewissen / daß /wo diese nicht weniger wiederwärtige als unvermuhtliche Anerbietung mir solte bewust gewesen seyn / ich ohn genommenen Urlaub mich so lange wolte hinweg gemacht haben / biß die Krönung meines Herr Bruders würde geschehen seyn / sintemahl nicht allein wegen meiner Jugend und Liebe zu ritterlichen übungẽ ich dieser Reichs Last mich unbestand befinde /sondern würde mir auch zumahl verwägen und frech anstehen / wann meinem ältern Herr Bruder / der zum Reichs Stabe ungleich geschikter und begabter ist /ich vorgreiffen / und also eine Herschafft betreten solte / ehe und bevor dessen Liebe auff dem Gewalt Stuele sitzet. Ist es dann gleich / daß diese beyden Reiche von einem einzigen Könige nicht solten verwaltet werden / welches doch meines Herr Bruders Liebde ich von Herzen gönnen wolte / ey so nehme nur dieselbe die Herschafft bey unsers Gn. Herr Vaters Lebezeit über sich / alsdann wird sichs hernach schon schicken / wie es ferner wird anzuschlagen seyn; warum ich dann kind- und brüderlich anhalten /und die Land Stände / solches einzugehen und zuschliessen / gebehten haben wil. Nein geliebter Bruder / antwortete Herkules / du weist ohn mein erinnern / was vor [587] ein verwirretes Wesen aus solchem ümtauschen erfolgen / und wie gar beschwerlich es diesem Königreiche und mir fallen wolte; hoffe auch /dafern du mich liebest / wie ich dann daran im geringsten nicht zweifele / du werdest hinfüro dich dergleichen Entschuldigungen begeben / und dieses dir von Gott versehene Königreich nach seinem Willen annehmen / wie ich dann mich dessen versichert halte /die Land Stände werden in diesem falle des Landes Wolfahrt reiflich erwägen / und sich schließlich zuerklären wissen. Baldrich wolte seine Gegen Antwort tuhn / aber sein Herr Vater redete ihm ein; er solte sich nicht wegern / seines Bruders Willen und seinem gutheissen gemäß zuleben. Worauff der Friesische Worthalter diese Landes Erklärung ablegete: Gegen Eure GroßFürstliche Hocheit und Durchleuchtigkeiten bedanken sich die sämtlichen Land Stände dieses löblichen Königreichs untertähnigst / daß dieselben in hochweiser Betrachtung / was diesem Lande am vorträglichsten seyn möchte / uns einen Herscher und schierkünfftigen König auff unser einhelliges untertähnigstes Begehren / gnädigst bestimmen und setzen wollen / wie auch nicht weniger vor die mildreiche Erlassung der einjährigen Schatzung / dann endlich Auffheb- und Milterung der ungewöhnlichen Zölle /Auflagen und Frohndienste / untertähnigst gedanket wird; nehmen darauff den Durchleuchtigsten Groß Fürsten und Herrn / Herrn Baldrich / vor ihren herschenden allergnädigsten König untertähnigst auff und an / uñ sind bereitwilligst / über drey Tage die Erb Huldigung und gewöhnliche Krönung mit gebührlicher Feirligkeit ergehen zulassen; wünschen ihrem gnädigsten Könige Friede / Gesundheit / langes Leben / glükliche Herschung und alles Königliche Wolergehen / und ergeben demselben sich mit alle dem ihrigen ohn einige Ausrede und Bedingung untertähnigst / demühtigst bittend / Ihre Durchl. und Würden / ihrer aller gnädigster König seyn und verbleiben wolle. Hierauff ward von allen Seiten Glük gewünschet / und am bestimmeten Tage die Krönung vorgenommen / da Baldrich und sein Gemahl Fürstin Lukrezie mit treflichem Pracht gekrönet / auch dabey allerhand Freygebigkeit vorgenommen ward; aber die Fröligkeit wolte bey der Fürstlichen Geselschafft nicht recht loßdrücken; dann weil das Großfürstliche Fräulein schon 11 Tage verlohren wahr / und man nicht die allergeringste Zeitung von ihr erfuhr / beforgeten sie sich sehr / es müste nicht recht mit ihr und Arbianes stehen. Des ersten Tages nach der Krönung sassen die Fürsten und Fürstinnen ingesamt an einem Tische / da unter der Mahlzeit der alten Großfürstin die Klaren-Trähnen von den Augen herunter flossen /und sie zugleich also zu ihrer Schwieger Tochter Fr. Valisken anfing: Ach meine Herzen Fr. Tochter / wie frölich würde ich seyn / wann mir nur ein Mensch die Zeitung brächte / daß mein allerliebstes Kind Klärichen annoch am Leben währe / kan mir aber nunmehr keine Hoffnung darzu machen / dann mein Herz trägt mirs eigen zu / sie müsse entweder tod / oder in überaus grosser Trübsaal seyn. Mein Gott weiß / antwortete Valiska / daß ich bey keiner frölichen Geselschaft trauriger / als ebẽ bey dieser gewest bin / jedoch hat mein Geist annoch gute Hoffnung / der allerhöchste Gott werde das allerliebste grundfromme Herz neben den Gottfürchtigen Fürsten (dañ sein Christentuhm hatte sie ihnen allen schon zuwissen getahn) vor Lebens- und Ehren-Gefahr gnädiglich erhalten. Ich trage eben dieses Vertrauen zu meinem Heylande / sagte Herkules / wiewol ich mich nicht darein zufindẽ weiß / daß sie uns so gar nichts zuentbieten / welches kaum möglich seyn könte / wann sie in [588] der nähe währen. Als sie mit diesen traurigen Gedanken und Unterredungen sich also plageten / trat Neklam zu dem GroßFürsten / und meldete an / es währe ein alter abgelebter Mann auff einem Bauren Wagen ankommen /trüge einen volgestopften Sak auff dem Rücken / und gäbe vor / er müste den GroßFürsten aus Teutschland selber sprechen / dessen hätte er ausdrüklichen Befehl. Lasset ihn herkommen / sagete der Großfürst /wer weiß / was er vorzutragen hat. Neklam verrichtete diesen Befehl / wolte nicht lange nachfragen / von wannen er kähme / und was er suchete / sondern erinnerte ihn bloß / den Sak haussen stehen zulassen; Worauff dieser zur Antwort gab: Ich werde ja dasselbe nicht von mir legen / welches einzuliefern ich eigentlich überkommen bin. Also ließ ers gerne geschehen / daß er nach seinem Willen verfuhr. Als dieser mit seiner Bürde zur Tühr hinein trat / und den grossen Fürstlichen Pracht sahe / währe ihn schier geschwunden / setzete den Sak neben sich auff die Erde und lehnete sich dran / endlich erhohlete er sich wieder / zohe sein Hühtlein ab / lösete dẽ Sak ohn einiges Wortsprechen auff / zohe hernach der Fräulein rohten UnterRok / und das Himmelblaue Silber Stücken-Oberkleid hervor (dann er wahr der alte Wittho / bey dem sie auff dem Häu ihre erste Herberge hatten) trat vor den GroßFürsten / und wolte seine Erzählung ansahen / da er beyde Kleider im Arme trug; aber die alte GroßFürstin kennete dieselben straks ansehens /und fing an überlaut zuruffen: O du almächtiger Gott /das sind ja meiner lieben Tochter Kleider! bald saget mir / mein guter Alter / ob sie lebe oder tod sey. Der gute Mann erschrak der Rede / wuste nicht / was er antworten solte / und in der Verwirrung fing er an: Was weiß ichs / ob sie lebendig oder tod ist / wann sie hie nicht ist? Darauff fing die betrübete Mutter an zuklagen und weinen / daß ihr Gemahl ihr gnug einzureden hatte: Sie möchte doch in Geduld stehen /und dem alten einfältigen Manne Zeit gönnen / anzudeuten / was er davon wüste; befahl auch diesem /sein Wort vorzubringen / welcher also redete: Gnädigster Großfürst / ich habe des abends nach gehaltener Schlacht einen jungen Ritter und eine Jungfer in meiner Hütten auff dem Häu / umb Gefahr zu meiden / heimlich verstecket / welche sich anfangs vor Bruder und Schwester angaben / aber ich nachgehends wol merkete / dz es eine andere Beschaffenheit mit ihnen haben möchte / davon ich doch eigentlich nicht zusagen weiß / wiewol sie mir so viel anvertraueten / daß sie des höchsten Adels in diesem ganzen Königreiche währen; Diese haben nach ihrem Abscheide mir besohlen / wann inwendig sieben Tagen nicht Nachfrage kommen / oder sie mir nicht einen Wagen senden würden / solte ich mich nach dem GroßFürsten der Teutschen machen / ihm diese Kleider bringen / um zur Nachricht anzeigen / daß sie bey mir gewesen währen. Das ist mir ja wol eine recht wunderliche Sache / sagte der GroßFürst; ist dann diese Schwester mit ihrem lieben Bruder mutternacket davon gesprungen / und hat Unter und Ober Kleider verlauffen wollen? Nein / antwortete er; sondern sie durfften in diesen statlichen Kleidern im Felde nicht wanken /wegen der flüchtigen streiffenden Reuter / und hatten alte Lumpen angelegt / daß sie sicher durchkommen möchten. Das wird ihr wenig helffen / sagte der Groß Fürst; die Haut und Farbe wird sie bald verrahten /daß sie keine Bauren Magd ist. Davor hätte ich sie in dieser Kleidung leicht angesehen / sagte der Alte /dann wie zart und schön sie mir des ersten Abends bey ihrer Ankunfft vorkam / so heßlich und fahlbraun sahe ich sie im wegreisen / daß ich nicht wissen kan /wie sich ein Mensch [589] so schleunig verendern mögen. Valiska merkete bald / daß Arbianes sie würde angestrichen haben / und vermeldete solches den Eltern /fragete hernach den Bauren / wohin sie dann ihren Weg geno en hätten. Davon sagten sie mir nichts eigentliches / antwortete Wittho / nur daß aus allen Umständen ich wol merkete / sie wolten sich hieher begebẽ / wie mich auch des folgenden Tages ihr neuer Diener / meines Bruders Sohn Wolffgang berichtete /gegen weichen sie wegen seiner Träue sich sehr freygebig erzeiget / und ihm einen grossen Beutel vol güldener Pfennige / welche man Kronen nennet / verehret haben / die er bey mir nidergesetzet / und ich wol drey Tage darauff zugebracht / ehe ich sie alle zählen können / habe endlich durch fleissiges anmerken die rechte Zahl getroffen / als nehmlich 135 Stiege (eine Stiege aber ist 20) / davon ich / weil er michs geheissen /etliche wenige verzehret / und die übrigen mit mir gebracht habe. Es ist mir aber unlieb / daß ich sie hieselbst nicht finde / wil ja nicht hoffen / daß sie in der Feuersbrunst drauff solten gangen seyn. Ach mein Gott / sagte die alte GroßFürstin; sind sie dann in Feuersnoht gerahten? Ja / Gn. Frau / antwortete er /das Städchen / darinnen sie lagen / ist mehrenteils abgebrand / und sollen in die 30 und mehr Menschen im Schlaffe elendig umkommen seyn. Da ging es nun an einklagen / weinen und heulen / dann es wahr niemand / der ihm nicht gänzlich eingebildet hätte / sie währen zu Staub und Aschen verbrand / so daß Herkules selbst das ärgeste vor wahr hielt; endlich noch gab Valiska den Raht / man solte 100 schnelle Reuter ausschicken / und vernehmen lassen / ob kein Mensch von ihnen Nachricht zugeben wüste; welches alsbald zu werke gerichtet / und dem alten Wittho eine RennenGutsche angespannet ward / mit überzufahren. Prinsla und Ekhard musten ihre Hauptleute seyn / eileten geschwinde fort / und auff scharffe Nachfrage zogen sie den Bericht ein / Wolffgang währe mit einem unbekanten jungen Manne / und mit einer fremden jungen Frauen davon gestrichen / gleich als der Brand angangen / und hielte man gänzlich davor / das Feur währe von ihnen angelegt / daher vier Bürger auff Pferden ihnen nachgesezt hätten / welche man des andern Tages / teils mit Steinen zu tode geworffen /teils nidergehauen angetroffen hätte / und wüste kein Mensch zusagen / wo jene müsten geblieben seyn. Der alte Wittho widersprach dieser Beschuldigung /und erboht sich / sein Leben zulassen / dafern sein Oheim oder diese fremden solches Bubenstük verrichtet hätten; es möchte dann ohngefehr geschehen seyn /oder aus Unvorsicht: begehrete auch Nachricht / wo ihr Wirt anzutreffen währe. Man gab zur Antwort; weil man ihm wegen des Feurschadens mit dem Tode gedräuet / hätte er sich heimlich davon gemacht / und ginge das Geschrey / er hielte sich auff dem nähesten Dorffe auff / unter der Hoffnung / von der Obrigkeit Schuz und Freyheit zuerlangen / daß er sein abgebrantes Hauß wieder bauen möchte. Es musten alsobald 20 Reuter dahin jagen / welche in demselben Dorffe ihn antraffen / und begehreten / daß er unter ihrem Schuz und auff gutem Glauben mit nach seiner Stad zihen solte; welches er willig leistete / und den unsern alles offenbahrett / so viel ihm bewust wahr; taht endlich hinzu / wie bößlich sein Nachbar ihn wegen des Feurschadens verleumdet / welches aus dem Brauhause nohtwendig müste entstanden seyn / und erboht sich / daß er sich mit demselben auff Leib- und Lebensstraffe wolte setzen lassen / würde auch die Warheit bald an den Tag kommen / wann nur dessen Gesinde unter harter Bedräuung absonderlich befraget würde: welches auch erfolgete / [590] massen dieselben aus Furcht des Todes bekenneten / was gestalt ihr Herr es ihnen hart eingebunben / ihnen auch Geschenke versprochen / daß sie den Ursprung des Brandes seinem Nachbar zulegen solten; daher dann dieser unschuldige Mann nicht allein von der Bürgerschafft frey gesprochen / sondern sein Verleumder gefänglich gelegt / und nachgehends des Landes verwiesen ward. Prinsla freuete sich anfangs dieser Gewißheit / dz die unsern nicht im Feur drauff gangen wahren / hatte aber daran noch kein genügen / sondern ließ sich den Weg zeigen / welchen sie ohngefehr müsten gereiset seyn /da er dañ nicht irrete / sondern in dem Dorffe anlangete / woselbst Arbianes seiner Fräulein Ankunfft etliche Stunden erwartet hatte; ließ die Inwohner zusammen ruffen / und erfuhr so viel: Es währe des Tages /da der Brand sich zugetragen / ein junger sehr betrübter Mann daselbst angelanget / hätte nach einem andern jungen Manne und einer Jungefrauen ernstlich gefraget / ob sie daselbst nicht durchgereiset währen /und als er Nein verno en / hätte er ihrer etliche Stunden vergeblich gewartet / hernach mit Vergiessung vieler Trähnen sich wieder auff den Rükweg begeben / von dem sie fieder dem nicht das allergeringste vernommen; meldeten auch dabey / er hätte eine frische Wunde am linken Arme gehabt / welche er selbst verbunden. Ein mehres zuerforschen wahr den unsern unmöglich / deswegen sie wieder umkehreten / der Fürstlichen Geselschafft alles hinterbrachten / und dieselbe zimlich zufrieden stelleten / weil sie gewiß wahren / daß das Feur sie nit verzehret hätte / und demnach der Hofnung lebeten / Gott würde sie in ihrem vermuhtlichen Elende / und auff der Reise gnädiglich bewahren / und sie wieder zu Lande bringen; und wer weiß / sagte Valiska / ob sie nicht schon ihren Weg nach Magdeburg / oder wol gar nach Prag geno en haben. Der alte Wittho hatte Ekharten angezeiget / wessen das Fräulein / seine Unterhaltung betreffend / sich gegen ihn gnädigst erbohten hätte; deswegen gab man ihm eine bequeme Wohnung in einer Stad / und daß er die mitgebrachten Gelder sicher angreiffen / und nach belieben alle Wochen drey oder vier Kronen davon verzehren / nachgehend von der Obrigkeit ein mehres fodern solte; sein Oheim / wann er ankähme / solte das seine schon wieder bekommen. Unsere Fürstliche Geselschafft machte sich hierauff zur Heimreise fertig / welches Valiska aus verlangen nach ihrem Söhnlein sehr befoderte. Zwar die Land Stände des Königreichs hatten ihnen die Hoffnung gemacht ihr König Baldrich würde nunmehr bey ihnen bleiben / und das Reich selbst in guten Stand bringen / als sie aber vernahmen / daß er wieder mit nach Prag reisen / uñ doch bald sich wieder einstellen wolte /gaben sie sich zufrieden / dañ er hatte die Gerichts Stüle und hohen ämter alle mit den verständigsten auffrichtigsten Leuten bestellet / und dem Reiche aus eigener Bewägung diese Freyheit erteilet / daß er keinen einzigen Ausländer zu einem Amte im Königreiche befodern wolte / sondern lauter Land sassen / es währe dann / daß die Stände aus eigenem Wilkühr einen oder andern wolten befodert haben. Sie wolten ihn aber vor dißmahl nicht ohn seine eigene Leute zihen lassen / sondern gaben ihm 8000 Reuter mit zum Leib Schutze / und erbohten sich / da es nöhtig seyn würde / ihm und seinen Anverwanten mit des ganzen Landes Macht beyzuspringen. Die übrigen Teutschen und Böhmischen Völker bestanden annoch in 46000 Mañ / welche nicht allein alle zu Pferde wahren / sondern (gar wenig ausgenommen) ihre Hand-Pferde aus der Schlacht mit sich führeten. Prinsla wahr Feldmarschalk / dann die Fürstliche [591] Geselschafft hatte sich in Gutschen verteilet / daß jeder sein Gemahl bey sich hatte; wiewol der GroßFürst offtmahl mit Valisken und die GroßFürstin mit ihrem lieben Sohn Herkules fuhr / umb die Christliche Lehre recht zubegreiffen / welche mit gutem Willen anzunehmen / sie sich schon des andern Tages nach ihrer Erlösung erkläret hatten.

Wie nun der Abgesagte arglistige Menschen Feind der leidige Teufel der wahren Christlichen Gotseligkeit allemahl wiederstrebet / also fürchtete er sich vordismahl sehr / es möchte ihm durch unsere Fürstliche Helden sein Reich und Dienst in Teutschland /Schweden und Böhmen zerstöret / und die heidnische Abgötterey durch Einführung des Christlichen Glaubens abgeschaffet werden / welchem vorzubauen / es des Nachtes vor gehaltener Schlacht einem Teutschen Pfaffen bey dem Kriegs Heer in Gestalt der Göttin Freia erschien / und ihn folgender massen anredete; Lieber Sohn / verwundere dich nicht / meines ungestalten zitternden Leibes / Trähnen fliessender Augen und hochbetrübten Geberden / in welchen du mich anjetzo sihest / sondern biß einzig darauf bedacht / wie du deinem Vaterlande außhelfen / und ihre bißher fleissig bedienete / auch nit minder gnädige Schutz-Götter retten; ja den algemeinen Untergang des freien Teutschlandes durch deine Vorsorge abwenden mögest / und versichere dich / daß die schierkünftige blutige Schlacht den Teutschen Grund und Bodem umkehren / Städte und Dörfer verwüsten / und alle Einwohner zu Römische Leibeigene machen wird / dafern du nicht wirst bey Zeiten darzu tuhn / und alle Kriegs geübete Manschafft auffmahnen / ihrer selbst wahrzunehmen. Dann sihe / die jungen Fürsten / die sich den Römern zu Dienste ergeben / und ihre verführische Töchter geheyrahtet / welches bißher unerhöret / gehen mit diesem Vorhaben schwanger / nicht allein den Uhralten ädlen Gottesdienst gar auffzuheben / wobey ihr Pfaffen alle des Hungers sterben müstet / sondern alle Länder den Römern zinßbahr zumachen / welches Joch sie in Ewigkeit nicht werden von sich werffen können / dafern sie einmahl unterdrücket find. So reite nun eilend fort / wecke dein sicheres Vaterland auff vom Schlaffe / und nach Vermeldung meines unfehlbahren Schutzes und Beistandes / auch reicher Belohnung ihrer Träue / zeige ihnen an / des Großfürsten Kinder und Oheime seyn Willens / ihnen neue Römische Götter aufzudringen / und die alten wolverdieneten abzuschaffen. Werden sie nun ein solches einwilligen / alsdann wil ich mit zutuhn meiner Brüder / Krodo / Irmen Seul und anderer Gotter / alle umliegende Völker wieder sie in Harnisch bringen / die sollen ihre Manschaft erschlagen /ihre Güter und Vieh rauben / und die wenige so überbleiben werden / in ewige Dienstbarkeit hinweg schleppen / dann werden sie mit Schmerzen erfahren /aber gar zuspäht bereuen / daß sie ihren SchuzGöttern den Dienst und Gehorsam aufgekůndiget / und einen Gekreuzigten an ihre Stat angenommen haben. Nach Endigung dieser Rede fing die vermeinete Göttin an /des Teutschlandes Untergang von neuen zubeweinen /dräuete auch diesem Pfaffen alle Strafe und Verfolgung / dafern er nicht stündlich sich erheben und sein Vaterland warnen würde. Bald ließ ein ander Teufel in Gestalt des Abgottes Krodo sich sehen / welcher ihm ein schönes Land mit Städten / Dörffern / Wäldern / Ackern und Wiesen außgezieret vor Augen stellete / und dabey diese Rede führete: Sihe da du Teutschland / durch meinen Schuz und Beistand bistu so schön worden / da du zuvor eine Wüste und Einöde wahrest / der Wölffe und Füchse Wohnung / wirstu nun [592] meine Woltahten nicht erkennen / sondern meinen Gottesdienst aufheben und einen neuẽ dir aufdringen lassen / so wil ich dir hiemit zeigen / durch was vor eine grausame Straffe ich mich an dir rächen wil; nam einen Topf mit Sand gefüllet und streuete ihn auß über die Wiesen und Felder / wovon alles Gewächse im Augenblik verdorrete; über die Wälder goß er einen giftigen Dampf auß / welcher dieselben versengete und algemehlich verzehrete; über die Städte und Dörffer aber speyete er ein grosses Feur auß seinem Rachen / wovon sie biß auff den Grund verbrennet wurden / daß weder Stok noch Stiel davon übrig wahr. Worauff er zu der Freia sagete / sihe meine Schwester und MitGöttin / gleich also sol Teutschland zugerichtet werden / wo die Inwohner so frech und verwägen sind / daß sie von uns ab zu neuen Göttern treten. Ach nein / mein Bruder / schone schone / antwortete Freia / wir wollen ein besseres von den frommen Teutschen hoffen / und uns dieses unsers geträuen Dieners Siegwieß gebrauchen / welcher des Landes bestes wissen / und sein eigenes nicht unter die Füsse treten wird. Damit verschwand alles /und erwachete dieser auß dem Traum / voller Angst und kummers / wie er dann vor vielen andern ein Andächtiger Diener der Freia wahr / und bey dem gemeinen Volk wegen seiner äusserlichen Scheinheiligkeit in grossem ansehen: wolte demnach solchen vermeineten göttlichen Befehl nicht in den Wind schlagen /sattelte alsbald früh morgens sein Pferd / und begehrete von seinem Obersten Urlaub / nach Hause zureiten / unter dem einwenden / er hätte sein Weib daheime gelassen / welche der Geburt sehr nahe währe /und er auß seinem gestrigen Opfer und angemerketen Vogelgeschrey / gewisse Merkzeichen genommen /daß die Geburt sehr gefährlich zugehen dürffte / wann er nicht solte dabey seyn / welches Unglük von seinem Hause abzuwenden / er billich müste gefliessen seyn. Sein Obrister wolte ihm solches weder verbieten noch zulassen / gab ihm doch zum Bescheide / er als einer der bey der Schlacht das Schwert nicht führen wolte / wurde wol können Erlassung erhalten / nur müste er den jungen Fürstẽ Baldrich selbst darumb begrüssen. Dieser taht solches mit eben dem vorbringen / und ward von dem Fürsten mit freundlicher Antwort angesehen; es solte ihm seine Heimreise / und allen Pfaffen / die es begehren würden / nicht gehindert noch gehemmet werden; habt euch aber / sagte er / wegen eures lieben Weibes nicht so hart zubefürchten / dañ ich wil euch ihret wegen bessere Nachricht geben / als eure Opffer und lügenhaffte Vogel nicht getahn / nehmlich / sie hat einen jungen Sohn zur Welt gebracht / der nach verlauff eines Jahrs wird anfangen zu gehen und zusprechen. Dieses redete er auß blossem Scherze / und wahr doch in der Wahrheit also ergangen. Damit er aber keinem Pfaffen ursach geben möchte / ihn zuverleumden / gab er diesem 12 Kronen Zehr geld / mit dem versprechen / er wolte auff seine Ankunft in Teutschland ihm eine bessere Verehrung tuhn. Dieser bezeigete sich äusserlich zimlich demühtig / und setzete alsbald seine Reise fort. So bald er in Teutschland kam / suchete er hin und wieder die Pfaffen heim / erzählete ihnẽ seine gehabte Erscheinung / hielt ihnen alles mit einem sonderlichen Eifer vor / und unterließ nicht / es zum ärgesten außzudeuten / daß Baldrich von seinen Opffern und Vogelgemerk so verächtlich hätte reden dürfe; wobey er als ein sonderliches Wunderwerk vermeldete / daß sein Pferd / sonst von geringer Kraft / ihn auff dieser Reise täglich 12 Meilen fortgetragen / und kein Spier Graß oder ander Futter dabey gefressen / welches die unfehlbahre göttliche Begleitung ausser Zweifel [593] gewirket hätte / ihn in diesem seinem heiligen Vorsaz dadurch zustärken / und andere zuermuntern / daß sie ihrer Götter sich annähmen / damit das Land in seinem guten Wesen uñ Wolstande erhalten würde. Es bewågete dieses alle / zu welchen er kam / und ritten die Pfaffen mit Hauffen auß / allen Inwohnern des Landes zwischen Elbe / Weser und Rein / diese göttliche Warnung vorzutragen / da dann ihr Vorschlag allenthalben angenommē ward / daß man eine grosse Kriegsmacht versamlen / den Fürsten entgegen zihen /und ihnẽ weder den Einzug in das Land verstatten /noch sie vor ihre Obrigkeit erkennen solte / biß sie die neuen Götter verleugnet und abgeschaffet / dem Uhralten Gottesdienst volkommene Freyheit / und ihren Land Göttern Liebe / Gehorsam und Schuz versprochen hätten. Sie sendeten auch alsbald unterschiedliche Pfaffen nach Frießland / ein gleichmässiges bey dem Fürstlichen Heer vorzutragen / und wo möglich /den Fürsten alle Manschaft / so wol Böhmen als Teutschen abspenstig zumachen / welches dann von ihnen allerseits unverdrossen und nach Wunsch fortgesetzet ward / und kahmen diese des andern Tages nach dem Auffbruche bey dem Heer an / unter dem Schein / ob wolten sie ihrem Großfürsten wegen der geschehenen Erlösung und des erhaltenen Sieges Glük wünschen / da sie bey den vornehmesten Teutschen und Böhmischen Kriegsbeamten es so verschlagen zutreiben wusten / dz sie alles dessen / was sie begehreten / völlige Verheissung empfingen. König Baldrich merkete im fortzihen / daß die Völker den grösten Teil ihrer Freidigkeit abgeleget hatten / und so traurig / als überwundene daherzogen / und ob er ihnen gleich etlichemahl / insonderheit seinen alten bekanten freundlich zuredete / kehreten sie doch das Angesicht von ihm hinweg / und liessen gar kein Zeichen eines gewogenen Willens sehen / daher er zu der Fürstlichen Versamlung sagete; er könte sich über dem Unmuht des Heers nicht gnug verwundern / hielte gänzlich davor / die neulich herzugeschlichene Teufels Pfaffen / müsten durch hellischẽ Getrieb nichts gutes im Schilde führen; hielte demnach vor nöhtig /geträue Leute nach seinem Königreiche zusenden /und von den Ständen zubegehren / daß man ihnen eine starke bewehrete Mannschaft nachschickete /weil man sich einer Auffruhr / dem Friesischen Reiche sehr schädlich / befahrete. Aber sein Vater wehrete ihm solches / man müste auß blossem Argwohn nit so hefftig fahren / das Heer währe in Pflicht und Aiden / dagegen kein Mensch in Teutschland / welcher bey seiner Lebzeit nach der Herschafft streben dürfte. Aber bey Baldrich wolte solches nicht hafften /wie wol er sich weiters nicht merken lies / und nicht desto weniger etliche Friesen ingeheim zurük gehen hieß / daß ihm straks Angesichts 30000 bewehreter Mann biß an die Grenzen folgen solten / und noch 40000 auffgebohten würden / sich stets fertig zuhalten / welches er mit Königlichen Gnaden ersetzen wolte. Ekhard der Teutsche wahr mit unter den Abgefertigten / ritten Tag und Nacht fort / und funden alle Untertahnen hoch und niedrig / zu ihres Königes Diensten willig und gehorsam. Prinsla brachte seinem Könige auch zur neuen Zeitung / die Pfaffen gingen ausser Zweifel mit gefährlichen Sachen um / und dürfften wol fragen / wer den jungen Fürsten Herkules so verwägen gemacht hätte / in sein Vaterland zukommen / ehe und bevor er mit den Land Göttern völlig außgesöhnet währe; so gar / daß sie hinzusetzeten ihr Herschender Großfürst würde es schwer zuverantworten haben / daß er ihn auff und angenommen. Doch /sagte Prinsla / verwundert mich am meisten / daß auch unsere Böhmische Völker nicht viel anders / als[594] die Teutschen / scheinen gesinnet seyn. Die Fürsten nahmen dises nunmehr besser zu Herzẽ / wolten sichs aber bey den Völkern nicht merken lassen / und zogen algemach fort / biß sie auf drey Meilen die ersten Sächsischen Grenzen erreicheten / da ihnen 4000 Reuter von 20 Pfaffen angeführet / entgegen ritten /und im Nahmen des ganzen Teutschlandes / so viel dessen von der Römer Joche annoch befreyet währe /anfangs um Verzeihung bey ihrem herschenden GroßFürsten anhielten / nachgehends diese Werbung vorbrachten: Es wünschete das ganze Reich ihrem lieben Großfürstẽ Glük und Heil / wegen seiner Erlösung uñ erstrittenen Sieges / und erkenneten sich nach wie vor Ihrer GroßFürstl. Hocheit zu allem Gehorsam als geträue Untertahnen verbunden; nur eines müsten sie /des algemeinen Vaterlandes heischender Nohtdurfft nach / ungemeldet nicht lassen / was gestalt von den Land Göttern selbst angedeutet währe / daß der junge Großfürst Herr Baldrich / nebst den Böhmischen Könige / und Schwedischen jungen Fürsten ankommen währen / einen neue Gottesdienst einzuführen / und die uhralten Teutschen Götter abzuschaffen / welches dann nichts anders / als des algemeinen Vaterlandes äusserstes Verderben mit sich auff dem Rücken führete; solches nun abzuwenden / währen alle Einwohner von den Göttern selbst auffgemahnet / hätten einen grossen Ausschuß bewaffnet und ausgeschikt / ihrem lieben Großfürsten entgegen zuzihen / und denselben untertähnigst zubitten / ihre Hocheit möchte gnädigst geruhen / mit ihrem Heer ausserhalb den Grenzen sich zuhalten / biß sie ihren gehorsamen Untertahnen diese grosse herzklemmende Furcht gänzlich benommen /und dem uhralten Teutschen Gottesdienst Schuz und durchgehende Sicherheit versprochen hätten. Solten sie aber über alles verhoffen solches nicht erhalten können / müsten sie mehr des Vaterlandes Heil und Wolfahrt / als der jungen Fürsten Lüsternheit beobachten / und mit gewapneter Hand ihren gnädigen und hochverdienten Göttern beyspringen / auff daß durch deren Zorn sie nicht den Römern und andern gri igen Feinden zur ewigẽ Knechtschafft übergeben würden /wie auff solchen fall die Götter ihnen ausdrüklich gedräuet hätten. Der alte GroßFürst / ohndas ein eiferiger Herr / fragete alsbald / wer sie so kühn gemachet hätte / daß in seinem Abwesen sie sich in Harnisch begeben dürffen. Und als sie trotzig gnug antworteten; des algemeinen Vaterlandes Nohtdurfft / dem jeder mit seinem Blute verbunden währe / hätte sie auffgemahnet / vor welches zusterben sie alle miteinander bereit wahren; hieß er sie anfangs etwas harren / damit er mit seinem Sohn und Oheimen hievon reden könte / und fragete sie zugleich / ob etwa ein durchgehender Wahnwiz seine Teutschen durchwehet hätte / nachdem ja kein Mensch wegen Abschaffung des alten Gottesdienstes jemahls einigen Gedanken gefasset / vielweniger ein Wörtlein davon hätte entfallen lassen. Die Fürstliche Geselschafft trat zusammen / und bekümmerten sich wegen dieses gewaltigen Auffstandes nicht ein geringes / weil Adel / Pfaffheit und Bauren der Sachen ganz einig wahren. Jedoch wahr der alte Großfürst nicht willens / ihnen eine Antwort zu erteilen / sondern mit seinem Heer fortzurücken; welches aber schon zuruffen begunte: Hier müste man die Waffen niderlegen / biß ihre gütigen Götter gnugsame Sicherheit und Frieden hätten; im übrigen währen sie ihrem GroßFürsten mit Gut und Blut verpflichtet; Da dann die Böhmen mit den Teutschen durchaus ein Liedlein sungen / nur 350 Mañ / als seine ehmahlige ädelknaben / und andere / die er mit aus Persen gebracht hatte / nebest [595] den 50 Teutschen von derselben Persischen Reise / und alle Parther und Meden / samt Olaffs 400 Dänen / ingesamt 4300 Mann / sonderten sich von dem Heer / und machten sich hin zu den Fürsten / zu welchen sich alsbald die 8000 Friesen / uñ 6000 untergestekte Wenden hinbegaben / deren unsere Fürsten über die masse froh wahren / und ihnen alle Speise-Wagen zubeschützen untergaben / von welchen sie eine statliche Wagenburg macheten / in welche sich das Frauenzimmer mit begab; Nur mit 6000 Reutern ging der GroßFürst eilig wieder hin nach den abgeordneten 4000 Teutschen / und geboht ihnen bey Leib und Lebensstraffe daß sie straks angesichts eine gute halbe Meile zurük gehen / und daselbst guter und gnädigster Erklärung selten gewärtig seyn; dem sie alsbald gehorsamlich nachkamen / so daß ihnen keine gelegenheit gegönnet ward / mit dem ungehorsamen Fürstlichen Heer ein Wort zureden. Inzwischen musten die 12300 gehorsame alsbald anfangen / die geschlagene Wagenburg mit einem Wahl und Graben einzufassen / worzu bald die übrigen 6000 / so mit dem GroßFürsten den kurzen Rit getahn hatten / sich begaben, / und die Arbeit zum eiferigsten fortsetzeten / wobey die Wenden das beste tahten / welches Herkules so wol gestel / daß er ihnen allen die Freyheit / und LandGüter gnug in ihrem Vaterlande versprach / wovor sie sich demühtigst bedanketen. Unsern Fürsten wahr sonst nicht gar wol bey dieser Sache / dann sie sahen vor Augen /daß die algemeine Empörung nahe wahr / uñ stunden nicht in geringer Gefahr / die freche Pfaffheit würde ihnen zumuhten / den wahren Gott zuverläugnen / und den Teuflischen Abgöttern Opffer zutuhn / wovor sie lieber tausend Hälse verlohren hätten. Sie rieten aber dem GroßFürsten / er möchte sich zu dem Kriegsheer machen / und auffs best er könte / sie befriedigen und zum Gehorsam bringen. Weil nun demselben seiner Teutschen Hartnäckigkeit und verstokter Sin auff ihren Gottesdienst gar zu wol bekant wahr / hielt er solches genehm / und ließ dem Heer durch Prinsla andeuten / sie solten Teutsche Redligkeit und ihren äid beobachten / und durch heimliche Auffwiegeler sich ja nicht zum Auffruhr anführen lassen / wodurch sie dem Teutschen Namen eine unablöschliche Schande anhenken würden; Er wolte sich jezt unter ihnen finden lassen / und dergestalt sich erklären / daß ihnen ihres tuhns von sich selbst gereuen würde; folgete auch bald darauff / von wenig Friesischen Reutern begleitet / uñ begehrete anfangs / daß / weil er den Böhmen eigentlich nicht zugebieten håtte / solten bis Teutschen sich allein lagern; welche aber durch einen Obersten sich entschuldigten / sie wåhren biß daher ein Heer und ein Hauffe gewesen / und könten sich nicht trennen lassen / ehe und bevor sie wüsten / wie man bey ihren lieben Land Göttern halten wolte. Der GroßFürst ließ sich dieses nicht irren / hieß die Befehlichshaber ohn Unterscheid zusammen vor sich treten / damit sie seine Rede vernehmen könten / und trug dieses vor: Was vor Unglük / ihr meine lieben Söhne / hat sich zwischen euch und mich geleget? Welche Widersinligkeit hat euch an meiner väterlichen Hulde zweifeln machen können? Wisset oder erkennet ihr nicht mehr / daß ich euer alter GroßFürst bin / GroßFürst Henrich / der biß daher sich åusserst bemühet hat / wie er Teutsche Freyheit und Vaterlandes Wolfahrt erhalten / und der Römer Troz und anderer Feinde Wůten von unserm Reiche abwenden möge / welches ihm auch noch nie mißglücket hat? Was hat euch dann / und zugleich alle Landsassen bewogen / meine alle wolbekante Redligkeit in Zweifel zuzihen / als ob ich Teutschland zuverderben vorhabens wůhre? [596] Habe ich etwa solche Schelmenstücken von dem Bübischen Wenden Krito gelernet? Dem habe ich ja den Schedel herunter hauen lassen Oder haben meine Söhne und Oheime diesen unredlichen Willen aus fremden Ländern gebracht / und mir eingebildet? Ey die haben ja kein fremdes Kriegsvolk umb sich / sondern neben euch / ja vor euch ihr Leben in der Schlacht gewaget; und was wolten doch wir einzelne wider den Willen aller Inwohner beginnen? Habe ich etwa heimliche Werbungen in Feindes Gebiete? Lasset hervor treten / der mich dessen zeihet. Ich versichere ihn bey meinen Großfürstlichen Ehren /und bey diesem meinem grauen Håupte / daß da er mich dessen ichtwas überzeugen kan / ich als ein Verrähter mich binden und henken lassen wil. Nun wo bistu mein Ankläger / wo bistu? trit kühnlich hervor /du hast mit mir nicht als mit deinem Großfürsten /sondern als mit einem gemeinẽ Landsknechte / ja als mit einem schlechten Bauren zuschaffen. Sihe da / ich ermahne dich bey deiner Redligkeit / verbirge dich nicht länger / sondern zeige nur bloß an / was du aus meinen Geberden habest muhtmassen können / daß ich Teutschland zu beleidigen / oder ihnen ihre Götter wegzuschaffen solte willens gewesen seyn; ich wil deiner Anklage erwarten / und dieses mein Heer (welches ich doch durchaus nicht schuldig bin / auch nie kein Beherscher der Teutschen vor mir eingangen ist) gerne und willig zum Richter leiden. Hiemit schwieg er stille / legte sein Schwert abe / und setzete sich nider auff die Erde. Als nun keiner sich finden wolte /stund er wieder auff / und fing abermahl an: Bin ich nun nicht eins mehr wirdig / daß mir geantwortet werde? ey so bin ich schon gar zu lange euer GroßFürst gewesen. Ich meynete / man würde aus hochbewäglichen Ursachen mir zufolgen sich gewegert haben / so sehe ich aber / daß es nur ein frecher Stolz und verwägener Muhtwille ist / und wird demnach mein bestes seyn / daß ich mit meinem Sohn nach Frießland umkehre / und daselbst das Gnaden-Brod die übrigen wenig Tage meines Lebens fresse. Hierauff fing ein Unter Befehlichshaber an zuruffen: Wes zeihẽ wir uns / ihr Brüder? Warum treten die Hauptleute nicht zusammen / und vergleichen sich einer gebührlichen Antwort? Oder ist etwa ein Kläger verhanden / er sey geistlich oder weltlich / ådel oder unädel; der trete hervor / und versichere sich alles Schutzes /nachdem der gewaltige GroßFürst selber sich vor das KriegsRecht stellet / welches freilich unerhöret ist /und uns schier heut oder morgen von unsern Nachbarn fast schunpflich dürffte vorgeleget werden. Die Hauptleute folgeten diesem Raht / weil kein Kläger sich finden wolte / und nach kurzer Berahtschlagung redete der ansehnlichste unter ihnen also: Unüberwindlichster Großfürst / Gnädigster Herr; Euer Hocheit anwesendes Kriegsheer ist erbötig und bereitwillig / Leib und Blut vor dero Wolergehen einzubüssen; nur allein bitten sie untertähnigst / es wolle dieselbe darüber nicht ungeduldig werden / daß das gemeine Vaterland bemühet ist / ihren uhralten Gottesdienst unverendert zuerhalten / damit nebest Hinfallung dessen / nicht auch ihre Freiheit zugleich mit untergehe /wovor sie lieber alle mit einander tausendmahl sterben wollen. Wann nun Ihre Hocheit ihren Untertahnen solches versichern wird / ist alles Unwesen schon gänzlich auffgehaben. Man hat in Erfahrung bracht /ob solte unsere junge Herschafft neue Götter mit sich von Rom hergeführet haben / die so hochmühtig uñ stolz seyn sollen / daß sie keine andere Götter neben sich leiden oder dulden können / sondern alles allein seyn wollen / gleich wie der Römische Käyser alles allein seyn wil; Diese neuen [597] G \tter einzuführen / und die alten wolverdienten abzuschaffen / sollen die jungen Fürsten des gänzlichen Vorhabens seyn. Weil aber Teutschland so wenig der Römer Götter / als sie selbst zu Ober Herren leiden kan / als wird Ihre Hocheit sich in diesem Werke dergestalt gnädigst erklären / daß so wol sie selbst / als die Fürstliche junge Herrschafft und das ganze Land der Gefahr befreyet werde. Ey lieber / sagte hierauff der GroßFürst / sollen dann geschworne Untertahnen / umb eines blossen nichtigen Verdachts willen / sich ihrer höchsten Obrigkeit im algemeinen Auffruhr / mit Schwert und Spieß widersetzen / und ihr den Durchzug in ihr Erbreich gewaltsam verlegen und verbieten? Welche unsere Vorfahren haben sich jemahls unterstanden /wider ihre Könige sich auffzulehnen / und durch falschen nichtigen Argwohn zu dergleichen unerhörten Aufwiegelung sich reizen zulassen? ich muß aber anjetzo zweierley vernehmen / welches über meine Söhne geklaget wird / als vor erst / sie haben neue Römische Götter; vors ander / sie wollen solche den Teutschen vorstellen / die alten abschaffen / und zugleich das Vaterland umb ihre teur erkauffte / und bißher wol erhaltene Freiheit bringen. Niemand wird mirs verdenken / daß ich vor meine Söhne rede / dann sie sind mein Fleisch und Blut. So sey es nun also /daß meine Söhne einen Gott (dann mehr als einen Gott gläuben sie nicht) in der fremde erkennet haben /von dem sie vormahls nichts gewust; sol man sie umb solcher Erkäntniß willen dann des Landes vertreiben /welche keinem Menschen schaden kan? Ja sprechet ihr / sie haben Römische Götter / die können wir nicht dulden. Römische Götter? höret mir / bin ichs wirdig / biß einige nur / dann wird das übrige schon alles geschlichtet seyn. Meine Söhne haben den Christlichen Glauben angenommen / das gestehen sie; ist aber dieser der Römische Glaube? Ey sendet doch hin in der Römer Gebiet / und nur biß gen Köllen am Rein / fraget nach / ob die Römer Christen sind / ja ob sie der Christen ihren Gott verehren? Ich versichere euch bey meiner Redligkeit / ihr werdet keine andere / als diese Antwort von ihnen bekommen: Das Römische Reich / und dessen Vorsteher / sind der Christen abgesagete Feinde / wollen durchaus ihren Gott vor den wahren Gott nicht erkennen / vielweniger annehmen / sondern ihren Wiederwillen gegen denselben zubezeigen / verfolgen sie die Christen auffs härteste sie es nur erdenken können. Nun dann / ihr lieben Teutschen / haben dann nun eure junge angebohrne Fürsten Römische Götter angenommen? Römische Gelder haben sie mit sich gebracht / die wollen sie den Teutschen zum Beutpfennige außteilen; das sind die Römischen Götter / könnet ihr die nicht leiden /so müsset ihr ja die Geld Liebe in kurzer Zeit abgeleget haben. Aber ich muß nachfragen / ob dann die Erkäntniß eines neuen oder vorhin unbekanten Gottes einigem Menschen / wil nicht sagen / Königen und Fürsten in ungleichem außzulegen sey? Wer ist unter euch Teutschen / der nicht wissen solte / was vor Götter man in Dännenmark / Schweden / ja in Italien selbst verehre? hat euch jemand deswegen zu Rede gesetzet? Nein / sprechet ihr / solches ist die Frage nicht / sondern wir wissen solches zwar / aber daneben verehren wir dannoch die unsern / und stossen sie nicht von der Brücke in die Weser oder Elbe. Gut; ihm sey also; es wird euch solches auch niemand wehren; ihr ehret sie; und zwar billich / dann ihr haltet sie noch vor wahrhaffte Götter. Meine Söhne aber zweifeln an ihrer Gotheit / daher enthalten sie sich solches Gottesdienstes / biß sie von unsern Geistlichen eines bessern unterwiesen werden. Ja / werffet ihr ein / und[598] zwar als den schweresten Knoten: unsere junge Herschafft / ist daran nicht vergnüget / daß sie einen fremden Gott vor sich haben / sondern sie wollen denselben auch ihren Untertahnẽ auffdringen / und die alten Land-Götter abschaffen / auch zugleich die Teutsche Freiheit in Römische Dienstbarkeit und Leibeigenschafft verwandeln. Hilf Gott! wer hat eine solche erschrekliche schandbahre Verleumdung auff die Beine setzen dürfen? können dann meine Söhne ein solches durch sich selbst verrichten? oder haben sie euch darum jemals begrüsset / daß ihr ihnen hierzu möchtet behülfflich seyn? oder ist etwa Frießland in Bestallung genommen / solches ins Werk zustellen? O ihr nicht mehr beherzete / sondern furchtsame Teutschen! werden dann zween einzelne Männer / die den Jahren nach noch unter die Jünglinge zurechnen sind /euch und alle eure Götter zum Lande außjagen? Ich meine ja / Teutschland habe noch seine Grenz Völker liegen / die werdens ohn Zweifel nicht verschlaffen /wann etwa die Römer kommen / und uns als Leibeigene auß dem Lande schleppẽ wolten. Doch ihr lieben SpießGesellen / vielleicht möchte sich jemand finden / der meinen Söhnen solches zeihen dürfte / lasset deswegen den Schreier ankündigen / daß er hervortrete / als wahr ich ein ehrlicher Großfurst bin / und ein solcher zu sterben begehre / wil ich ihm wieder meine Söhne Schuz halten / und wann er nur die allergeringste glaubwirdige anzeige tuht / daß meine Söhne des einen oder andern sich nur haben verlauten lassen /wil ich sie dem Heer zur wilkührlichen Straffe übergeben. Verflucht sey / wer einem Römer / zum Nachteil des Vaterlandes hold ist / und solte ein solches von meinen Söhnen mit Warheit können gesagt werden / solte diese Faust sie vom Leben zum Tode richten. Aber O nein / diese haben der Freiheit süsse Wollust und Ergezligkeit viel zu tieff in ihr Herz gesenket / und würden sich lieber zehnmahl henken als unter der Römer Joch zwingen lassen. Drum so höret nun / wessen ich mich / und zugleich meine Söhne sich beständig erklären / dabey es auch sein verbleiben haben sol: In ganz Teutschland sol keinem einigen Menschen / er sey adel oder unadel / der alte gebräuchliche Gottesdienst verbohtẽ oder verwehret sein / sondern ein jeder mag dabey nach Gewohnheit seiner Vorfahren verbleiben. Eure Landes und Lebens Freiheit sol im wenigsten nicht gekränket werden / die jetzige Wiederspenstigkeit sol tod und vergessen seyn / ohn daß man die Redlensführer und ersten Auffwiegeler / andern zum Abscheu mit gebührlicher Straffe ansehen muß / deren doch / ob ihrer etwa viel währẽ /nicht über vier ihre Köpffe verlieren / die übrigen begnadet werden sollen. Habt ihr nun hieran ein Genügen oder nicht / so erkläret euch bald / auffdaß ich wissen möge / ob ich noch der Teutschen Großfürst /oder ihr Verbanneter sol genennet werden. Hierauff fing das ganze Heer / da es ihnen durchgehends kund getahn ward / an zuruffen: Der Großfürst und unsere junge Herschafft lebe / und halte her Teutschen Freiheit und ihren Göttern Schuz. Mit welcher Erklärung unsere Fürstliche Geselschafft vor dismahl wol zufriden wahr / wurden auch etliche Häuptleute außgewählet / welche mit Prinsla nach den abgeschickten 4000 Reutern sich hinmachen solten / daselbst anzuhören /was Gestalt derselbe jenen ihrer Großfürsten auffrichtiges erbieten anmelden solte / dañ erselbst vor sein Häupt wolte sich mit den Ausrührern in keinen Zank einlassen / viel weniger auff ihren ungegründeten Argwohn Rede und Antwort geben / und gleichsam vor ihrem Gerichte stehen. Als aber jenen die vorgemeldete gnädige Erklärung des Großfürsten von Prinsla vorgetragen [599] ward / dieselbe den ihrigen / so auff der Grenze in grosser Menge lagen / zuhinterbringen /mit dem ernstlichen Befehl / daß sie darauff alsbald in Ruhe stehen / und hinter sich in ihre Gewahrsam zihen solten / wolten die 20 Pfaffen damit durchaus nicht friedlich seyn / frageten die Gegenwertigen Häuptleute / so mit Prinsla kommen wahren / ob sie mit solcher Erklärung könten einstimmen; und als dieselben zur Antwort gaben / sie hätten zuvernehmen / wessen der grösseste Teil ihrer LandsLeute gesinnet währe / trugen diese Pfaffen im Nahmen des ganzen Teutschlandes vor / es müste sowol der Großfürst selber / als die Anwesende junge Fürsten / der Bömische König mit eingeschlossen / sich äidlich verpflichten /und schrifftlichen Schein von sich geben / daß sie nicht allein den alten Gottesdienst ihren Inwohnern frey lassen / sondern auch vor ihr Häupt denselben gut halten / die neuen Götter abschaffen / den Christlichen Glauben verleugnen und verfluchen / und die uhralten LandGötter vor die wahren und rechtmässigen erkennen wolten; würden sie dieses eingehen /alsdann währen sie nach wie vor ihre liebe Obrigkeit; wo nicht / würde man der Teutschen versamleten Macht es nicht verdencken / daß sie die Großfürstliche Erklärung vor gefährlich und als auff Schrauben gesetzet / halten müste. Daß auch der Großfürst so hart und strenge auf einen Ankläger drünge / währe nicht anzusehen / gestaltsam es klärlich am Tage läge / daß sein Sohn und Oheim sich öffentlich vor Christen außgäben / und nach des Großfürsten Anzeige ungescheuet gestünden / daß sie allein ihren einigen Gott vor den wahren Gott hielten. Nun würden sie ja nicht leugnen / daß die Christen alle andere Götter in ihren Herzen verflucheten / und vor Lügen-Teufel hielten; wie könte dann Teutschland zugeben / daß ihre Obrigkeit alle Inwohner in ihrem Gottesdienste verfluchen und vor einen Abscheu halten solten? könte dieses wol einige Vertrauligkeit setzen? ja könte es wol möglich seyn / daß unter dieser Mißhelligkeit das Teutsche Reich bestehen solte? Die abgeschikten Hauptleute fingen auf diese Rede schon wieder an zu wanken / ungeachtet sie sich Großfürstlich erkläret hatten / wegerten sich aber doch gleich so wol / als Prinsla selbst / diese Antwort dem Großfürsten zu hinterbringen / sondern begehreten / es möchten etliche ihres Mittels solches selbst verrichten; dessen sich diese gar nicht scheueten / wähleten 6. Pfaffen /welche mit fortritten / dieses Anmuhten mit gleich so dürren worten vorzutragen. Als diese ankamen / wahren des Großfürsten seine getreue Leute sehr geschäftig / die Schanze umb die Wagenburg aufzuführen /welche schon in solchem Stande wahr / daß man sich daraus aller ihrer Menge erwehren kunte / und hatte man bey diesem Graben unterschiedliche Quellen angetroffen / die ein kleines Wasser in guter Menge hervor gaben. Nun wusten die neu ankommende Teutsche Völker noch nicht / daß Herkules wieder zu Lande geschlagẽ währe / weil er / da der erste Pfaffe von dem Heere nach Teutschland gieng / sich den Völckern noch nicht kund gegeben hatte / daher wolte er auch noch dißmal sich von diesen 6. Pfaffen nicht sehen lassen / als sie vor die Fürstliche Geselschaft (denen Fürst Olaf stets beizuwohnen genöhtiget ward) sich stelleten / und ihre unverschämte Meinung mit eben den vorigen Worten verwägen gnug vortragen durften; ja der älteste unter ihnen grief König Baldrichen solcher gestalt absonderlich an: Großmächtigster König / ich erinnere mich dessen ehmahliger Teutscher Gottseligkeit / welche er mir zum öftern bey unserm uhralten köstlichen Gottesdienste hat sehen und erscheinen lassen / so gar / [600] daß er auch äidlich versprochen / sich davon nimmermehr abzuwenden / und mus ich dannoch mit grossem Unmuht und inniglichen Seelen-Schmerzen hören und vernehmen / daß derselbe solches so liederlich hindan gesetzet / und nach dem Beyspiel seines abtrünnigen Bruders den gekreuzigten falschen Gott und verführer angenommen; hätte nimmermehr gemeinet / daß ein solcher frommer tugendliebender Fürst zu einem so lasterreichen Unglauben sein Gemüht hätte können hinwenden: Er wolte in seiner verweislichen Schmachrede fortfahren / aber Baldrich ward durch die dreyfache schåndung / welche dieser Bube seinem Gotte / seinem Bruder und ihm selbst anlegete / zu so heftigem Zorn bewäget / daß ihm das Blut vor die Augen schoß / daher er ihn alsbald schweigen hieß / und die andern fünft Pfaffen fragete / ob diesem ihren Worthalter ausdrüklich befohlen währe / ihn dergestalt absonderlich vorzunehmen; welches sie aus furcht weder mit ja noch nein beantwortẽ durften / biß endlich dieser freche sich vernehmen ließ / ob ihm solches gleich so eben nie währe aufgetragen / so hätte er doch gnugsame Volmacht / die Warheit zu reden / und die Fürsten im nahmen des ganzen Volkes ihrer Schuldigkeit zuerinnern. Baldrich ergriff sich inzwischen in etwas /und antwortete ihm: Wolan / ich bin mit dieser dir gegebenen Volmacht zu frieden / daß du die Warheit reden solt; aber Lügen vorbringen / und deiner Obrigkeit selbe auffbürden stehet dir nicht frey. Also mustu nun deine ausgespeiete Reden wahr machẽ / oder als ein frevelmühtiger Lůgener und Verleumder deiner angebohrnen Obrigkeit / die Straffe leiden. Sol ich aber deine Rede vor wahr halten / so mustu anfangs Sonnenklar darlegen / daß mein Gott ein falscher und verfürischer Gott sey; hernach daß mein Glaube ein Lasterreicher sey / und endlich wie du vor diesem meinen Herr Bruder zu verleumden pflagest / daß derselbe in allerhand Unzucht und Unflätereyen sich mit andern Schand-ergebenen wälzete; und werde ich willig seyn / deinen dreyfachen Beweißtuhm anzuhören /aber auch / wann dirs daran fehlen wird / soltu mit mir in Unglüks Küche kommen. Dieser beantwortete es mit einem kaltsinnigen einwenden; was öffentlich am Tage läge / bedürffte keines grossen Beweißtuhms / dañ es währe schon Sonnen-klar; so währe er auch vor dißmahl nicht abgeschicket / sich in solche weitläufftigkeit hinein führen zulassen. Pfaffe Bertram /bedenke dich ja bald einer bessern Antwort / sagte Baldrich; ich sage / daß du alles dreyes schändlich gelogen hast; wiltu nun dein Leben retten / so führe Beweißtuhm / oder bekenne dem gottloses Verbrechen; dann bistu nicht ausgeschikt / dich in Weitläufftigkeit einzulassen / so wirstu viel weniger ausgeschikt seyn / meinen Herr Bruder und mich mit falschem lügenhafftem Maule zuverleumden. Der Pfaffe fing darauff an: Gn. König / dräuet mir und meinem Leben nicht / auff daß ihr euer eigenes nicht in gefahr setzet; was ich geredet habe / wil ich zu seiner zeit gnugsam verantwortẽ. Da kunte nun Baldrich seinen Zorn länger nicht einzwingen / sondern griff ihn mit dieser Rede an: Je du gottloser ehrvergessener Schelm und Verleumer; wer hat dir dann die Kühnheit und Gewalt erteilet / meinen Gott in meiner Gegenwart zuschmähen / meinen Herrn Bruder vor einen Abtrünnigen / und mich / einen herschenden König /vor einen Meinåidigen auszuschelten? ist dirs nicht gnug / was du vorhin schon gelogen / und bey meinem gn. Herr Vater hochgedachten meinen preißwirdigen Herr Bruder / als einen Tugend Feind und der abscheulichsten Laster ergebenen angetragen hast? Dieser wolte noch nicht zum Kreuz kriechen / [601] sondern blieb steiff dabey / er wolte die Warheit zu seiner Zeit vorstellen; welches dem erzürneten Fürsten zuverschmerzen unmöglich wahr / zog sein Schwert aus /und schlug ihm mit einem Hiebe den Schedel reine hinweg / sagend: Du wirst mir forthin die Auffruhr wol nicht weiter schüren. Die übrigen Pfaffen erschraken dermassen / daß sie kein Wort sprechen kunten; so wahr auch der GroßFürst selbst nicht allerdinge damit zufrieden / meinete / man hätte ihn allemahl noch finden können. Doch die Taht wahr geschehen /und numehr zubedenken / wie sie eine zeitlang vertuschet bliebe; wurden also die fünff übrige Pfaffen fleissig bewachet / und setzete Baldrich sich alsbald zu Pferde / ritte in Geselschafft 50 Friesischer Reuter zurücke / umb zubefodern / daß die begehrete Mannschafft aus seinem neuen Königreiche herzu eilete. Den abgeordenten Reutern und Pfaffen aber ließ der Großfürst andeuten / sie solten sich straks angesichts nach den ihrigen machen / und ihnen seine getahne GroßFürstliche Erklärung vortragen; die 6 Pfaffen müsten bey ihm in freier Hafft bleiben / biß man sich erkündigen würde / ob ihre hochmuhtige frevelhaffte Anwerbung nebest angefügeten gräulichen Schmach reden wider die jungen Fürsten / ihnen von seinen Untertahnen einhellig auffgetragen währe oder nicht. Zwar die annoch übrige Pfaffen durfften trotzig anhalten / daß sie ihre Amts Brüder auff freyen Füssen haben / und das Fürstliche Heer sprechen wolten; bekahmen aber von Prinsla zur Antwort: Das lezte würde man ihnen durchaus nicht gönnen / nachdem der Auffwiegeler schon mehr als zu viel unter dem Heer währen, das erste dürffte niemand als sie selbst bey dem Großfürstẽ werben / welches ihnen dann solte erläubet seyn, aber die guten Herren rochen Lunten / und nahmen mit ihren Reutern den Abzug / wiewol nicht ohn hefftige Dräuungen / welche doch Prinsla / wie ihm befohlen wahr / unbeantwortet ließ / als hätte er sie nicht gehöret. Ladisla wuste nicht / was er vor Zorn wegen seiner Böhmen Träulosigkeit anfahen solte / nam Prinsla und Neklam zu sich / ritte nach dem Heer / und hielt zu ihnen diese Rede: Ihr Teutschen; ich als Böhmischer König / habe euch wegen eures tuhns und lassens weder zubefehlen noch zuverbieten; nur mit meinen anwesenden Untertahnen des Böhmischen Reichs rede ich / und frage dieselben /ob sie auff mich auch etwas zusprechen haben / das der Auffruhr und ihres Ungehorsams wert sey; solches sollen sie alsbald durch einen Gevolmächtigten andeuten; Ich erinnere mich / daß ich den Kern meiner jungen Ritterschafft alhie bey mir habe; wie es nun ihren frommen redlichen Eltern und Anverwanten gefallen wird / wann sie dieses von ihnen erfahren sollen / stehet zu erwarten; Ich meyne / sie werden es empfinden / wann ihre Söhne erbloß gemacht / vor ihres Königes Verrähter ausgeruffen / des ganzen Königreichs von meiner Fr. Mutter und den sämtlichen Land Ständen in Ewigkeit verbannet / und vor Vogelfrey ausgeruffen / wo nicht wol gar die Ketten der Leibeigenschafft ihnen angelegt werden. Darum so vernehmet meine Königliche Gnade / und gebraucht derselben zu eurer Wolfahrt / wo euch sonst nicht aller Wiz entgangen ist; Ein jeder Böhme / der gleich diese Stunde zu mir treten / ein Zeichen der Reue an den Tag legen / mir auffs neue den äid leisten / und wie ein redlicher Untertahn sich nach diesem verhalten wird / sol volle Erlassung des jezt ergangenen /krafft dieses meines Königlichen versprechens haben /so gar / daß dessen / als währe es nie geschehen / in Ewigkeit nicht gedacht werden sol. Da hätte man ein elendes Geschrey hören sollen. Alles was Böhmisch wahr / [602] so bald des Königes Rede durch die Völker von einer Schaar zur andern lief / daß rief umb Gnade / Gnade / sonderten sich von den Teutschen ab / fielen von ihren Pferden / und tahten einen wehmühtigen Fußfal / einwendend / sie währen verleitet und hintergangen; die Teutschen Pfaffen währen Lügener und Bösewichter / und ihr König gerecht uñ from; trieben dabey ein solches Geheule / daß Ladisla selbst zu Mitleiden bewäget ward; gab ihnen einen freundlichen Wink mit dem abgezogenen Hute / daß sie auffstehen solten; und als er sie gestillet hatte / redete er sie also an: Nun ihr redliche auffrichtige Böhmen /und liebe Geträue; Ich weiß und sehe vor Augen / daß ihr nicht aus Boßheit / sondern blosser Einfalt gesündiget habet; stehet auff / setzet euch zu Pferde / und folget mir nach; wer des ergangenen gegen mich im guten oder unguten gedenket / sol mein Freund nicht seyn. Nam sie hiemit auffs neue in Pflicht und åide /und wahr sehr froh / daß er noch 28000 Böhmen zählete / da der Teutschen kaum 16000 mehr sich funden / weil die übrigen mit Siegward nach Wendland fortgangen wahren. Diese Teutschen nun erschraken der unvermuhtlichen Absonderung höchlich / dann sie sahen / wie leicht sie von den andern hätten können nidergemacht werden / welches auch auff ihre beharliche Widersezligkeit wol erfolget währe. Ladisla muhtmassete leicht / daß ihnen das Herz würde entfallen seyn / darumb redete er sie also an: Ihr bißher so redliche Teutsche Herzen / und gewesene liebe Spießgesellen; mich wundert nicht wenig / wie ihr so unbedachtsam verfahret / und von eurem liebreichen Vater dem GroßFürsten euch absondern könnet / welcher sich doch gegen euch dergestalt erkläret hat / daß ich nimmermehr ein gleiches tuhn würde / auch kein erbarer Mensch ein mehres von ihm fodern kan; und dannoch wisset ihr nicht / ob ihr ihn vor euren Herrn erkeñen wollet oder nicht; gedenket ihr nicht / daß er euch alle auff der Rolle hat / ja das Hauß weiß / aus welchem ein jeder entsprossen ist? ich sähe ungerne /daß euch etwas wiedriges zustehen solte / weil ihr in neulicher Schlacht euch so ehrlich und tapffer gehalten / und kan doch nit ersinnen / wie man euch zu hülffe treten sol / nachdem ihr die Gnadenzeit als recht unsinnige Leute vorbey streichen lasset; Trotzet ist aber etwa auff eure auffrührischen Landsleute / die sich ohn alle ursach wider ihre Obrigkeit setzen dürffen? Oder machet ihr euch Gedanken / euer Großfürst werde von allen Menschen verlassen seyn / weil seine Untertahnen ihn höhnen dürffen? O weit gefehlet! Ganz Frießland ist schon im Harnisch; der Schwedische Fürst ist mit seinem Heer zurük gefodert; nach Böhmen gehen meine Bohten Tag und Nacht ohn Ruhe fort / darinnen ich keinen wehrhafften Mann sitzen lassen wil / er sol auff das ungehorsame Teutschland angehen / wo sie sich nicht in kurzem eines bessern bedenken werden; alsdann werdet ihr aber gar zu späte beklagen / daß ihr meinen wolgemeineten Raht so unsinnig verachtet habet; wiewol / wo ihr eure Vernunfft nicht gar gefressen / ihr leicht euch die Rechnung machen werdet / daß man euren Muhtwillen die längste zeit schon geduldet habe. So höret nun meinen geträuen Raht / und folget demselben erstes Augenbliks; sendet etliche eures Mittels an eure annoch gutherzige Obrigkeit ab / welche euren Frevel verbitten / und umb Barmherzigkeit und Gnade anhalten; was ich zu eurem besten werde tuhn können / sol euch hiemit versprochen seyn; bleibet ihr aber aufrührisch nach wie vor / so wil ich unter euch hauen und stechen helffen / biß mir der Arm erstarret / und ihr alle werdet vertilget seyn. Hiedurch ward ihnen eine solche Furcht eingejaget / daß sie sich auff [603] ihren Pferden nicht halten kunten / wurffen das Gewehr von sich / fielen auff die Erde nider / rieffen nur umb Barmherzigkeit und Gnade / und daß der König ihr kräfftiger Vorbitter bey dem Großfürsten seyn wolte. Ladisla sendete seinen Prinsla geschwinde nach dem Großfürsten / mit Bitte / samt Herkules dem Heere zu nahen / stellete doch inzwischen seine Böhmen zum Schrecken in Schlachtordnung / und kahmen die Fürsten mit allen Parthischen und Wendischen Völkern darzu / nicht anders / als wolten sie gleich auff die Teutschẽ hinein setzen / und alles nidermachen. Ladisla rennete ihnen mit wenig Reutern entgegen / und nach kurzer Beredung kehrete er wieder umb nach dem Heer / da der alte Großfürst in vollem Harnische / und das Schwert in der Faust haltend / sie auff seinem Pferde also anredete: O ihr Unbesonnene / hätte schier gesagt / Ungetråue / welches der Teutschen Redligkeit gar zu unerträglich währe; ich meyne ja /ich euer herschender Großfürst habe mich gnug vor euch gedemühtiget / mein Schwert abgegürtet / und mich gar auff die Erde geleget; und dannoch kuntet ihr weder mein Vaterherz sehen / noch eure Sünde erkennen. Würde ich euch nun ungleich tuhn / wann mit diesem entblösseten (sein Schwert zeigend) ich euch niderschlüge / welches ihr in der Scheide so liederlich geschätzet habet? Sehet / diese redliche Böhmen /welche ihr schändlich verleitet hattet / finden sich alsbald wieder zu ihrem Könige / da sie sein Angesicht sehen / und seine Stimme hören / und ihr liesset mich in Ungewißheit von euch / da auff den fal meines Verbrechens ich mich euch zur Straffe dargestellt hatte. O ihr Undankbahren! betrachtet euer Verbrechen / und lasst hören / welches die geringste Straffe sey / die ihr verdienet. Sehet diese redliche und ehrliche Wenden an; die wahren anfangs meine Räuber / und nun sind sie mein geträuer Beystand worden wider meine Untertahnen / welche kommen wahren / mich aus Räubers Händen loßzureissen. Was sol ich aus euch machen? Wie sol ich euch nennen? Schåmet euch in euer Herz und Blut / daß ihr eurem ehrlichen Nahmen einen solchen schlimmen Schandflecken anhånget; schämet euch ihr äidvergessene / daß ihr von eurem Landes Fürsten abtretet / ohn alle gegebene ursach. Hier fing das Volk an / sich so jämmerlich zugeberden / daß dem Groß-Fürsten selbst die Augen übergingen / dann er sahe / daß etliche / die ihm nahe wehren / sich fertig macheten / sich selbst zuentleiben / welches er ihnen ganz ernstlich verboht. Herkules aber / der sich beliebt zumachen / gefliessen wahr /fing also an: Gnädigster Herr und Vater / ich bitte untertähnigst / mir zuverzeihen / daß ich die Kühnheit fasse / mich als ein Vorsprach dieser eurer Untertahnen anzugeben. Als sie dieses erbieten höreten / ging das algemeine Geschrey an: O GroßFürst Herkules tretet zu uns in dieser Roht / und erlanget uns Gnade; davor wollen wir euch unser Blut verpflichten. Herkules winkete ihnen / stille zu seyn / und fuhr in seiner Rede fort: Höret doch mein Herr Vater; ja hörets als ein Vater dieser eurer Untertahnen; höret wie sie ihr Verbrechen bereuen / und noch beyzeiten wiederkehren / ehe sie etwas wirkliches wider eure Hocheit vor geno en haben; Mein Herr Vater lasse doch vor dißmahl Gnade vor Recht ergehẽ / und vergebe ihnen allerdinge / gleich wie König Ladisla seinen Leuten vergeben hat. Ist gleich das jetzige verbrechen groß /so haben sie doch vor weniger Zeit sich rühmlich uñ wolverhalten / werdẽ auch durch die gegenwärtige Gefahr sich warnen lassen / nimmermehr deßgleichen vorzunehmen / wovor ich nicht allein mich als einen selbschuldigen Bürgen darstellen / sondern die verhoffete Gnade nicht anders / [604] als mir selbst geschehen /rechnen wil; stieg hiemit von seinem Pferde / und taht einen demühtigen Fußfal. Der GroßFürst aber gab ihm diese Antwort: Geliebter Sohn / das Verbrechen ist fast zu grob / es ohn Straffe hinstreichen zulassen; dann ob sie gleich zu meiner Rettung sich ehmahls haben eingestellet / mus ich doch aus diesem ihren jetzigen verhalten abnehmen / sie haben solches nicht mir zum besten / sondern aus begierde zur Beute getahn. Mit den redlichen Böhmen hats viel eine andere Beschaffenheit; die sind von den meinen verführet /und daher zimlichermassen zuentschuldigen; diese aber haben das Unheil gestiftet; da ich ihnen fortzuzihen befahl / hörete ich wol Teutsche / aber keine Böhmen schreiben / hier müste man die Waffen niderlegen. Jedoch mein Sohn / damit du sehen mögest / wie gültig deine Vorbitte bey mir sey / sihe da / so schaffe alles nach deinem gutdünken und belieben / ich wil solches genehm halten / und mit meinem Häuptschlusse bekräftigen / nur durchaus sollen sie anzeige tuhn / welche die ersten Uhrheber dieser Auffwiegelung sind / dieselben sollen und müssen sie melden /und gänzlich von sich absondern. Bald hierauff rieffen die Befehlichshaber; was Pfaffen Nahmen tråget /packe sich von dem Heer hinweg; ja sie fasseten sie bey den Armen / schleppeten sie hervor / und bekenneten öffentlich / diese währen die einige Ursach alles Auffstandes; welche der GroßFürst / an der Zahl 15 anpacken ließ. Ein gemeiner Fußknecht trat herzu und trug vor / es währen drey unter diesen Pfaffen / welche sich hätten verlauten lassen / man würde die Landgötter nicht befriedigen / noch ihren Zorn und Unwillen abwenden können / ehe und bevor vier Köpfe auff Stangen stecketen; und als ein ander gefraget / welches diese Köpfe währen / hätten sie zur Antwort gegeben / es währen die vier schweresten / fettesten /und teuresten. Alsbald wurden diese drey Pfaffen von einander gebracht / und absonderlich befraget / was vor Köpfe sie gemeinet hätten; da der eine diß / der ander daß zu seiner entschuldigung vorbrachte / und ihre ausflüchte gar nicht übereinstimmen wolten / biß endlich ihnen die Folter gedräuet ward / welcher zuentgehen / sie einmühtig bekenneten / die vier Köpfe hiessen / Henrich / Ladisla / Herkules / Baldrich. Diese Uhr gicht ward den Völkern vorgetragen / und umbgefraget / was diese drey verdienet hätten; denen der gröste Teil zusprach / daß sie lebendig solten gespiesset oder geviertelt werden / aber der GroßFürst ließ ihnen die Köpfe abschlagen / und auff Spiesse stecken; die übrigen 12 Pfaffen worden zu den andern fünffen geleget / die mit höchstem Schrecken des vornehmen Groß Pfaffen Bertrams Häupt auff einer Stange stecken sahen / und nicht anders meineten / es würde ihnen gleich also ergehen. Herkules erteilete den Völkern durchgehend völlige erlassung / allerdinge wie Ladisla seinen Böhmen getahn hatte / nur daß sie diese Nacht biß an den Morgen von 3000 Friesen und 2000 Wenden bewachet werden / wehrloß bleiben / und weder Speise noch Trank geniessen musten / welches alles sie gerne erduldeten. Die Böhmen hingegen tahten diese Nacht aus freiwilligem erbieten eine fast ungläubliche Arbeit / in dem sie den schon gemacheten Wahl / mit noch einem viel dickeren /und weiteren Graben umbschanzeten / so daß gegen Morgens das Lager mit einer doppelten Festung dergestalt eingeschlossen wahr / daß ihnen mit gewalt nicht wahr beyzukommen. Des folgenden Morgens wurden 20 Bömische und gleich so viel Teutsche Reuter mit harten äiden belegt / und unter gewissem befehl nach der Auffrührer Lager geschikt / als nehmlich sie musten dieselben von dem ganzen Fürstlichen Heer grüssen / sie aller [605] beständigkeit versichern / und anhalten / daß man ihnen auff drey Tage gnugsame Speise mitteilete / damit sie zu leben hätten / nachdem die Fürsten ihnen alles versageten / und aus dem fest umbschossenen Lager durch gewalt nichts zuerhalten währe. Der Anschlag geriet glüklich / und ward die Speise sein fortgebracht / da die Teutschen mit zutuhn der Böhmẽ / so viel deren sich willig anerbohten noch den dritten Graben und Wahl umb das Lager zogen /und es unüberwindlich macheten. Die 4000 Reuter samt ihren übrigen Pfaffen hatten des vorigen Abends den versamleten Auffrührern des GroßFursten Erklärung hinterbracht / und daß man die sechs abgeschikte Geistlichen in Haft zurücke behalten / welches die Pfafheit hoch empfand / und alle beredsamkeit anwendeten / die Völker auffzumuntern / daß sie auffs schleunigste den rechten Ernst darzu tähten / des GroßFürsten und die junge Herschaft zur schriftlichen Versicherung und ablegung des Christentuhms ansträngeten / und mit ihrer unüberwindlichen Faust / so wol des Landes Freyheit / als den uhralten Göttern zu hülffe kähmen / alsdann könte das Feur in der Asche gedämpfet werden / welches / wo es überhand nähme / und die Teutschen Grenzen überschritte / nicht würde zu löschen stehen: erhielten auch bey der Versamlung so viel / daß sie des folgenden Tages / bald nach abhohlung der obgedachten Speisen / andere 6000 Mann abfertigten / ihrem GroßFürsten anzuzeigen / die sechs Pfaffen hätten durch vortragung der Landeswerbung / und daß sie dem jungen Fürsten Baldrich etwa die Warheit in die Nase gerieben /nicht wieder befehl gehandelt / wie dann dem hochgelerten Geistlichen Herrn Bertram noch wol so viel Freyheit zustünde / daß er die jungen irrenden Fürsten von der Laster Bahn ab / auff den guten Weg wieder anführete; begehreten demnach / daß sie alsbald auff freien Fuß gestellet / und auff des Landes Vortrag bestendige Erklärung möchte gegeben werden / weil man mit der schon heraus gelassenen nit könte friedlich seyn. Würde dann der Großfürst sich dessen wegern / soltẽ sie nur ausdrüklich sich vernehmen lassen / dz das Land dẽ Göttern uñ ihrer Freyheit mehr / als dem GroßFürsten uñ der jungen Herschafft verbundẽ wäre. Insonderheit solten sie dz Kriegsheer zur beständigkeit vermahnẽ / und denẽ bey ihnen anwesendẽ Pfaffen es verweißlich gnug vorhalten dz wider geno enẽ abscheid sie ihnẽ so gar keine Zeitung zuentböhten. Sie setzeten dieses hinzu / weil die 40 Reuter / welche die Speisewagen abgeholet / ihnen auffgebunden hatten / die Pfaffen bey ihnen / währen ihrer Sachen uneins worden / und hätten die helffte sich wollen an die Fürsten henken / aus Furcht / es dürffte der Handel unglüklich ablauffen. Ja daß zuverwundern / hätten ihrer drey ausdrüklich vorgegeben das Christentuhm währe nicht so schnöde als mans austrüge. Jedoch hätten sich die vornehmesten Obersten zwischen ihre Streitigkeiten geleget / und sie mit einander wieder verglichen / da sie dann bey ihrem abreiten schon damit umgangen währen / drey ihres Mittels an die grosse Landes Versamlung abzuschicken / welche ohn Zweifel sich bald würden einstellen. Weil nun diese sich nicht anfunden / und sie die Erzählung der Reuter vor gewiß hielten / fürchteten sie / es würde eine Unlust sich zwischen ihnen zugetragen haben / da sie dann den dreien Christen-Freunden keine gelindere Straffe als den lichten Galgen dräueten. Als die unsern der Herzunahung obgedachter 6000 Reuter verstendiget wurden / muste Neklam ihnen mit allen Parthern und 3000 Wenden entgegen reiten / ihr Begehren zuvernehmen / und da sie auff ihren vorigen Troz verharren wurden / sie ab zuweisẽ. [606] Zwölf Pfaffen / welche dẽ Hauffen führete / stelleten sich ganz verwägen / so dz sie auch etliche Schmähe Worte mit einmengeten / und durchaus begehreten /man solte ihre sechs Amts Brüder (dann von den übrigen wahr ihnen noch nichts kund getahn) loß geben /sonst wolten sie sich von allem daraus entstehendem Unheil auffs zierlichste bedinget haben. Prinsla / welcher Neklam auff Herkules gutheissen / gefolget wahr / zeichnete die Redlens-Führer fleissig an / und antwortete; man hätte keinen Befehl sich mit ihnen zuzanken; stunde ihnen doch frey / selbst hin zureiten /und dem Großfürsten ihre Werbung vorzutragen. Sie nicht faul / ritten alsbald mit ihnen fort / und wurden geschwinde vorgelassen. Weil sie sich dann nicht weniger trotzig als zuvor im freyen Felde vernehmen liessen / ungeachtet sie vor Augen sahen / daß das ganze Heer sich zu dem Fürsten geschlagen hatte /sprach ihnen der Großfurst diese Urtel / daß den sechs Worthaltern der Grind solte herunter geschmissẽ werden; welches sie anfangs vor eine blosse Bedrauung hieltẽ / aber da der Scharf Richter bald darauff mit seinen Knechten zu ihnen nahete / ihnen auch der vier hingerichteten Häupter vor Augen gestellet wurden /begunte ihre frecheit sich in eine Reue zuverkehren /wiewol sie sich bedingetẽ / dz man nach aller Völker Recht mit ihnen handeln / uñ sie als des Landes Abgeordente ünbeschimpfet lassen solte; Aber Ladisla gab ihnen zur Antwort; sie währen nicht des Landes /sondern der Auffrührer Abgeordente / und zwar solche / die ihnen dieses Amt selbst erwählet hätten; weil sie dann an ihrer Obrigkeit sich nicht allein durch Empörung / sondern auch durch frevelmuhtige Schmach reden hart vergriffen hätten / solten sie alsobald zum willigen Tode niderknien / oder aber lebendig gespiesset werden; welches so viel bey ihnen wirkete / daß / weil es anders nicht seyn wolte / sie den gelindern Tod annamen / und nichts höhers wünscheten / als dz ihre übrige Amts Brüder nur wissen möchten / wie es ihnen hieselbst erginge. Worauff Neklam zur Antwort gab / wann dieselben mit Troz sich anfinden würden / könte ihnen eben der Groschen zum Arbeits Lohn ausgezahlet werden. Ihre abgehauene Köpffe wurden inwendig des Lagers auffgestecket / und die übrigen sechse zu den andern gefangenen getahn / da sie mit Brod und Wasser sehr kärglich gespeiset wurden. Nach solcher Volstreckung ging Prinsla mit allen Parthen / 3000 Wenden und gleich so viel Friesen den Auffrührischen sechstausenden abermahl entgegen / ihnẽ gebietend / sie solten auff Befehl ihres herschenden Großfürsten stehendes Fusses sich hinweg packen / und da sich nach diesem jemand mit dergleichen trozigen Reden als die heutigen Pfaffen wurde finden lassen / solte es ihm den besten Hals kosten; ihr Großfürst hätte sich gestriges Tages erkläret / ganz Teutschland bey ihren Geist- und weltlichen Freyheiten zulassen / dabey hätte es sein verbleiben; währe dann solches den Landsassen noch nicht gnug / solten sie morgen gegen Abend ihre Abgeordenten / jedoch keine schmähsüchtige trotzige Pfaffen / sondern höfliche vom Adel und vom der Gemeine abschicken die ihre Werbung mit geziemender Untertähnigkeit vortrügen / als dann solte eine gebührende gnädigste Antwort erfolgen. Die 12 Pfaffen hätte man wegen ihrer Unhöfligkeit und Schmäheworte angehalten / mit denen ihre Großfürstl. Hocheit schon also würde zuverfahren wissẽ /wie sichs gebühren wolte. Diese wolten mit solcher Antwort nicht friedlich seyn / und begehreten insonderheit etliche Pfaffen von dem Fürstlichen Heer zusprechen; aber Prinsla umzog sie mit seinen Völkern /reiß den Worthalter vom Pferde / und dräuete ihm den [607] Tod / wo er sich noch eines Worts wieder seine hohe Landes Obrigkeit würde verlauten lassen / fragete auch die ganze Schaar / ob sie willens wären / in gute oder gezwungẽ abzuzihẽ; welche als übermannet sich erbohten zu gehorsamen / und den gegebenen Befehl zuhinterbringen. Ihre Ankunft erweckete nicht geringen Auffland / insondernheit / weil alle ihre Pfaffen zurük blieben / worüber die Geistligkeit nicht wenig erschrak / da sie noch überdaß anhören musten / daß der Großfürst ihrer keinen mehr hören / sondern nur mit den weltlichen Handlung pflegen wolte; gingen darüber fleissig zuraht / verteileten sich durch das ganze Lager / und macheten die Sache so gefährlich /als ob ihnen allen / grossen und kleinen / das Leben schon abgesprochen währe. In des Fürstlichen Heers Zustand aber wusten sie sich gar nicht zurichten /scholten auf ihre Amts Brüder hefftig / daß dieselben unter sich selbst zwiespalt angefangen hätten / und dem gemeinẽ Wesen dadurch nicht geringe Ungelegenheit zuzögen; gerieten zugleich auf die Gedanken /der Großfürst müste dem Heer die Wege versperret haben / daß keine Botschafft von ihnen durchkommen könte. Durch ihr ungestümes anhalten aber brachten sie es vor dismahl dahin / daß die Einwilligung geschahe / es solte morgen zeitig früh / ungeachtet alles Großfürstlichen Verbohts / diese ernstliche und / wie sie es nenneten / schließliche Anfoderung eingeschicket und vorgetragen werden / daß I ihre Pfaffen alle miteinander auff freien Fuß gestellet. II Die begehrete schriftliche Versicherung wegen Erhaltung des Uhralten Gottesdienstes von dem Großfürstẽ und der jungen Herschaft innerhalb 24 Stunden ausgefertiget; III der Christliche Glaube von allen und jeden so ihn angenommen hätten / abgelegt und verschworen; IV Allen und jeden / wie sie Nahmen haben möchten / so zu dieser Handlung Raht und Taht gegeben auch dabey sich wirklich finden liessen / durchgehend /verzihen / und dessen in Ewigkeit nicht gedacht werden solte. Dieses solten 20 Pfaffen / 20 ädle / und 20 von der Gemeine dem GroßFürsten und der jungen Herschafft ungescheuhet vortragen / und zur Begleitung 40000 Mann zu sich nehmen. Die ädlen hielten die auffgezeichneten Foderungen gar zu frech seyn /wolten auch den Aufbruch verhindern / und den gelindern Weg gehen; aber der Pfaffen Geschrey drang durch / da sie vor gaben / man sähe numehr schon wol / wie hoch man die Götter achtete / deren Ehre und Beschützung man um eines bedräulichen Wortes Willen wolte fahren lassen. Ihnen ward geantwortet; es hätte diese Meinung durchaus nicht / aber doch müste man Vernunft gebrauchen / und wol bedenken / daß man nit mit Feinden / noch mit Fremden / noch mit seines gleichen / sondern mit der angebohrnen höchsten Obrigkeit zuhandeln hätte; dieselbe nun begehrete an ihre Untertahnen zweyerley; vor erst / daß man vor morgen abends keine Handlung vornähme; hernach / des Landes Anfoderung nicht dürch geistliche sondern weltliche vorgetragen würde; was nun davon nicht könte beliebet werden / müste nicht von einem Stande allein vor sich geschlossen / und den andern beiden Ständen einzuwilligen auffgedrungen / sondern ihnen reifflich zubedenken vorgestellet / und ihr Wolmeinm darüber gehöret werden; ja daß allem Dinge sein Recht geschähe / währe nöhtig und heilsam / daß die Verständigsten aus allen dreyen Ständen sich zusammen tähten / alles wol erwögen / einen Entwurff aufsetzeten / nachgehends der ganzẽ Gemeine vortrügen / und geschickte Männer erwähleten / die als Abgeschickte gebraucht / und ihnen schrifftlicher Unterricht erteilet würde / was und wie weit sie handeln solten / alsdann [608] würde man am glüklichen Verfolg nicht zuzweifeln haben; dann was biß daher vorgenommen währe / hätten nur ihrer etliche von der Geistligkeit / nach getrieb ihres eigenen Willens / und vielleicht aus gar zuhefftiger Bewägung ihrer Begier den geschlossen und verrichtet / daher man sich nicht verwundern dürffte / daß es keinen Verfolg gehabt; Und solten sich die Herren Geistlichen dieses versichern / daß der Adel und die Gemeine ihren Göttern ja so fest anhingen als sie / nur daß man gleichwol die Obrigkeit nicht mit Füssen treten / das ist / sie weder beschimpffen noch trotzen / sondern sie gebührlich ehren / und alles auffs glimpflichste suchen müste / so lange man Hoffnung zur Einwilligung trüge. Die Pfaffen musten gleichwol hierauff geschehen lassen / dz eine Rahtschlagung von den Häuptern aller dreyen Stände vorgenommen ward; aber sie drungen hiemit durch / daß sie vorerst antworteten: Der GroßFürst suchete den Sachen Auffschub zugeben / und zwar zu dem ende / daß anfangs des ganzen Volks Gemühter sich enderten / und die Liebesbrunst gegen ihre Götter erkaltete; dann auch / daß zwischen ihnen der Same der Uneinigkeit ausgesträuet würde / worzu das beste Mittel schon vor die Hand genommen währe / indem man die Geistligkeit ausschliessen / und ihnen der Zungen Freiheit abschneiden wolte / welchem Unwesen aber beyzeiten müste vorgebauet werden. Dann wer währe so blind und unverständig / der nicht sehen und merken solte / was gestalt der Großfürst / oder vielmehr die junge Herschafft der Stände Trennung suchete / indem man die Geistligkeit ausschlösse /weil man versichert währe / daß diese sich des Gottesdienstes ungleich mehr und eiferiger als andere annehmen würden; könte auch wol seyn / daß man Hoffnung sch \pffete / man würde etliche Häupter der übrigen Stände durch Schenkungen oder statliche Verheissung gewinnen / und auff der Fürsten Seite bringen können. Dieses ward den unruhigsten des gemeinen Volks von den Pfaffen tapffer eingeblasen / welche ein wüstes Geschrey anfingen; man müste diese Sache niemand als den Geistlichen anvertrauen / damit man vor Verraht und Betrug sicher bliebe. Wodurch dann aller guter Raht Krebs gängig gemacht / und das ganze Werk nach der Pfaffen willen angestellet ward. Als die ausgesetzete Fürstliche Schildwachten die Zeitung brachten / daß so ein starkes Heer / halb zu Pferde und halb zu Fusse sich sehen liesse / besetzeten die Fürsten ihr Lager mit aller Manschafft / die sie durch einander gemischet hatten / und sendeten ihnen Prinsla und Neklam mit 2000 Wenden und so viel Parthen entgegen / umb zufragen / wer sie so verwägen kühn gemacht hätte / daß ohn ihres GroßFürsten ausdrüklichen Befehl sie ihre Wohnungen verlassen /und als in einer offentlichen Fehde sich sehen lassen dürfften; doch begehrete ihre Großfürstl. Hocheit von ihnen vor dißmahl mehr nicht zuwissen / als wer dieser Aufwiegelung Ursach / Anfänger / und des Heers Führer wahre. Hieselbst wolte sich nun so bald kein Weltlicher melden / nur die Pfaffen fingen ihr Geblärre an / und begehreten / daß Prinsla dem GroßFürsten obgedachte Anfoderungen alsbald einreichen solte /wann ihnen nicht könte erlaubet seyn / vor ihren GroßFürsten zutreten. Das werde ich wol nicht tuhn /antwortete er / daß ich mich von euch Pfaffen vor einen Bohten und Briefeträger solte bestellen lassen; ich diene meinem GroßFürsten als ein Ausländischer /und euer keinem nicht / daher werde ich mich schon hüten / über Befehl nichts auff mich zunehmen; halte auch nit davor / daß Ihre Großfürstl. Hocheit vor Abends einige Werbung anhören werde / nachdem [609] sie Arzney eingenommen hat. Inzwischen ritte der / welchen er vorigen Tages vom Pferde gerissen / zu ihm hinan / und fragete ihn / warumb er ihm den Schimpff angeleget / welches er ihm nicht gut heissen könte /sondern müste sich deswegen ritterlich mit ihm vergleichen. Gar willig und gern / mein guter Kerl / antwortete er / so bald ich dessen nur von meinem Allergnädigsten Könige Erlaubniß habe / sol dir ein solcher Rittertanz unversaget seyn / dessen zum Pfande ich dir diesen Handschuch gebe. Dieser wolte so lange nicht harren / aber die ädlen redeten ihm ein: Er solte der Sachen einen geringen Anstand gebẽ / weil dieser Herr sich aller Billigkeit erhöhte. Sie wolten aber auff vorgebrachte Großfürstliche Fragte ein mehres nicht antworten / sondern zogen / Prinslaen Einrede ungeachtet / frisch fort nach des GroßFürsten Lager zu. Herkules verdroß dieser Troz nicht wenig /nam Prinsla mit seinen Reutern in die Festung / und gab ihm Urlaub / wieder hinaus zu reiten / und dem Ausfoderer Fuß zuhalten; welches er geschwinde verrichtete / und im achten Hiebe ihm den Schedel herunter schlug / welches die Pfaffheit nicht vor ein gutes Zeichen hielt / deren doch 12 sich nach geendigtem Kampffe nahe an den äussersten Graben macheten /und hinüber rieffen: Der Großfürst möchte sichs gefallen lassen / den Abgeordentẽ Gehör zugeben; ward ihnen aber durch Neklam geantwortet: Seine Großfürstl. Hocheit könte sich über diesen grossen Frevel nicht gnug verwundern / warumb sie mit so starker Manschafft herzu nahen dürfften / und überdas wider sein ausdrükliches Verbot diesen Morgen umb Handelung anhalten; Ihr GroßFürst währe anjetzo ganz unmüssig / und mit andern Wichtigkeiten beladen /solten biß gegen den Abend verharren / und alsdann /was vorzubringen währe / durch verständige und höfliche des Teutschen Adels und der Gemeine antragen lassen; Es währen ReichsHändel / die man vor hätte; die Pfaffen solten ihres dinges warten / und sich umb solches / was sie nicht anginge / unbekümmert lassen / welches ihnen bey Vermeidung hoher Ungnade und unausbleiblicher Straffe hiemit solte gebohten seyn. Köntet nun ihr anwesende alle miteinander euch rahten lassen / setzete er auff Befehl hinzu / soltet ihr straks angesichts euren Frevel erkennen / umb Gnade anhaltẽ / und wie das Fürstliche Heer alsbald getahn euch zu eures GroßFürsten Schuz einstellẽ / alsdann würdet ihr redlich bey eurer Obrigkeit / und wol bey euch selbst handeln. Diese Pfaffen kunten solches Vorbringen kaum abwarten / und gaben zur Antwort: Sie müsten es dahin lassen gestellet seyn / daß ihr GroßFürst in so hochwichtiger Sache ihnen Gehör versagete / dessen man in Teutschland bißher ganz ungewohnet währe: doch würden sie Götter es in kurzem anders schicken; fingen darauff an / die Großfürstlichen Völker heftig auszuschelten / daß sie widersinnisch worden / und das gemeine Wesen stecken liessen / sie würden solches alle miteinander in wenig Tagen mit dem Leben bezahlen müssen / wo sie nit alsbald wieder kehreten. Es rief aber einer von dem Heer liber den Wahl ihnen zu / er währe von dem ganzen Heer befehlichet / ihren Landsleuten zudanken vor die guten Speisen / welche sie ihnen zuko en lassen / hoffeten / wann sie verzehret seyn würden / dürfte man um ein mehres ansuchen. O ihr meinäidige Betrieger rief ein Pfaffe darauff / freuet euch des Diebstahls nicht / Gott Krodo wird euch die Speise gesegnen / daß sie euch das Herz abstossen muß. Herkules ließ 26 Parther ausgehen / welche diese Pfaffen alle griffen / und ins Lager führeten; Ihre Völker solches sehend / ranzen in zimlicher Anzahl herzu / in Meinung [610] sie zutreten / kahmen aber zu späte / und wurden die fördersten / mit blutigen Köpffen zurük gewiesen / die 12 Pfaffen aber auff den äussersten Wahl geführet / uñ den 6 Worthaltern der Grind öffentlich herunter geschlagen / daß die Auffrührer es sehen kunten / bey denen guter Raht sehr teur wahr; dann die Pfaffen reizeten den Pöfel an / das Lager zustürmen / und den Schimpff ungerochen nicht zulassen. Der Adel hingegen widerstund nach aller Mögligkeit /einwendend / sie hätten nicht allein dessen gar keinen Befehl von der Versamlung / sondern würden überdas den Fürstlichen nicht eins gewachsen seyn im offenen Felde / wie wolten sie dann dieselben in ihrem Vortel und festem Lager angreiffen können; möchten demnach die Herren Geistlichen diese Völker nicht ins mutwillige Verderben stürzen / sondern ihrer schonen / auff bessere gelegenheit warten / und von Vermässenheit abstehen / auch an dem kläglichen Fal ihrer Gesellen sich spiegeln / und der Vernunft raum und gewalt über den Zorn gönnen. Aber die Pfaffen wolten ihnen gar nicht lassen einreden / scholten den Adel aus vor ungeträue Leute / denen ihr Gottesdienst kein Ernst währe. Es müste das unschuldige Blut gerochen werden / und würde Gott Krodo voran treten mit seiner grossen Keule / und ihnen freyen Weg über den Wahl machen. Der Adel warnete sie nochmahl träulich / welcher in 2000 stark war / aber der gemeine Mañ / als sie von ihres Gottes Hülffe und Beystand höreten rühmen / wahren mehrenteils bereit ihren Pfaffen zufolgen / und wurden 25000 stark zum Anfal angeführet / 13000 aber derselben blieben bey dem Adel zurücke. Die unsern hätten sich dieser Verwägenheit nicht versehen können / wiewol Ladisla /Olaff / Fabius / Klodius / Markus und Gallus der Stürmenden Ankunfft redlich erwarteten / und ihnen die Kolben dergestalt lauseten / daß ihrer wenig mit dem Leben davon kahmen. Herkules und Prinsla nahmen die Parther und Wenden zu sich / fielen damit aus / und hieben die schlecht bewehreten Auffrührer wie das unvernünfftige Vieh nider / daß vor endigung einer halben Stunde 9000 erschlagen / 2000 hart verwundet / und 8000 gesunde gefangene ins Lager geschicket wurden. Die unsern meyneten / daß die hinterbliebene 15000 Auffrührer zum Entsaz ihrer Gesellen sich würden finden lassen / als aber dieselben sich nicht allein gar nicht bewägeten / sondern die 6000 flüchtigen kaum wieder zu sich nehmen wolten / ließ man sie unangefochten / biß man gewahr ward / daß sie sich ins freie Feld setzeten / in gestalt eines Heers / welches zuschlagen willens ist; da gingen Ladisla und Herkules ihnen mit 20000 Reutern frisch nach /und liessen ihnẽ durch einen Trometer andeuten / sie solten stehen; man würde nichts feindseliges wider sie vornehmen. Worauff sie stille hielten / und ihrer Ankunfft erwarteten / da Ladisla sie also anredete: Was vor Unsinnigkeit treibet euch wahnwitzige Leute /daß ihr eures herschenden GroßFürsten Lager mit Sturm anzulauffen euch nicht scheuhet? gedenket ihr etwa / die Reichsfeinde ligen drinnen? O nein / es ist eure angeborne Obrigkeit / eure Landsleute / eure Bundgenossen und nachbarliche Freunde. Antwortet mir nur nichts ich weiß schon euer Vorbringen wol; man hat die 12 rasichte Pfaffen gefänglich angenommen / und ihrer 6 enthäuptet; ja es ist billich / und mit gutem Recht geschehen; dann durfften diese gotlose Schelmen sich nicht scheuhen / ihren GroßFürsten zulästern / ihm selbst zudräuen / und seine Leute ihm abspenstig zumachen / ja dieselbe vor meinåidige auszuschelten / da sie selbst die meinåidigsten Schelmen wahren / so hat man ihnen ja den Lohn davor erteilen müssen. [611] Erkennet nur die hohe Gnade / daß man sie nicht alle 12 hingerichtet und lebendig gespiesset hat. Aber betrachtet daneben / was ihr drüber angefangen / und ein so grosses Blutbad gestifftet / da hingegen an unser Seiten kaum 40 Menschen verwundet / und kein einziger erschlagen ist. Wolte man mit euch nach Verdienst handeln / solte uns ein geringes seyn / euch allen die Hälse zubrechen; aber Gott behüte mich davor / daß ich einiges Menschen Blut vergiessen solte / der mirs nicht mit Gewalt abhohlete. So leget nun euer Gewehr auff guten Glauben nider /begrabet eure Todten / und verbindet eure Verwundeten / euch sol in solcher Zeit kein Mensch ein Häärlein kränken / auch kein ungenehmes Wort sagen. Wann ihr nun bey den euren wieder anlangen werdet /könnet ihr / da es euch gut deucht / sie warnen / sich ja beyzeiten zubedenken / und die Gnadenzeit nicht zuversitzen; euch ist von eurem GroßFürsten ein gnugsames gebohten / seyd ihr witzig / so werdet ihr eurer Wolfahrt wahr nehmen. Die ädlen und andere verständige tahten sich hervor / wendeten zur Entschuldigung ein / es währe der Sturm wider ihren Willen auff unnachlässiges Getrieb ihrer Pfaffen vorgenommen; bedanketen sich / daß man ihren Todten die Ruhe in der Erde gönnete / und zogen alle mit einander 21000 stark hin / dieselben zubegraben / da ihnen überdas gegönnet ward / die besten Sachen /und alles was sie wolten / von den erschlagenen zu beuten; dann die Großfürstlichen Völker durfften keinen einzigen Todten besuchen oder plündern. Nach gehaltener Begräbniß wurden diese Völker ihrer Sachen uneins / ob sie zu ihrem GroßFürsten sich schlagen / oder wieder umkehren wolten / da dann 8000 sich angeben liessen / wann sie könten zu Gnaden angenommen werden / wolten sie in ihres lieben GroßFürsten Dienste und Gehorsam wieder treten / und bey demselben leben und sterben. Ladisla ritte zu ihnen hinaus / versprach ihnen im Nahmen des Großfürsten (der sich heut nicht wolte sehen lassen) völlige Vergebung / und führete sie ins Lager / da sie hin und wieder unter die Völker verstecket wurden / doch wahr kein einziger vom Adel unter den hinterbliebenen / sondern die gingen mit denn 11000 gar traurig wieder zurük / und musten ihre Verwundeten mit sich nehmen / hatten nur noch einẽ einzigen Pfaffen in ihrer Geselschafft / dann die übrige 6 halten im Sturm ihren Lohn bekommen. Als sie bey spätem Abend ihr grosses Lager erreicheten / ward alles Volk rege / und frageten / wo dann ihre übrige Geselschafft bliebe; danach Erzählung ein wunderlicher Zustand im Lager wahr / nicht anders / ob hätte einer den andern erwürgen wollen; etliche rieffen / welche die verständigsten wahren / warumb man solchen Frevel gebraucht / und des GroßFürsten Lager gestürmet; man hätte sich ja hiedurch öffentlich vor Feind erkläret / welches traun ein jeder nicht würde über sich nehmen. Andere scholten mit den überkommenden / warumb sie sich getrennet / und ihren Bundsverwandten / ja Brüdern nicht Beystand geleistet; aber die / so dem Sturm beygewohnet / auch der übrige Pfaffe selber / musten gestehen / es währe unmöglich gewesen / denen im Lager ichtwas abzugewinnen / weil nicht allein sie gar zu fest verschanzet lägẽ / sondern eine sehr grosse Manschafft bey sich hätten / und zwar die allergeübtesten Teutschẽ und Böhmen; so hätten sich etliche tausend Mann ganz unbekanter Sprache unter ihnen gefundẽ / welche nicht anders als lauter Teufel mit ihren Schwertern gewütet. Niemand aber wahr / der den 8000 Abtrünnigen (wie sie sich musten schelten lassen) nicht alles übels gewünschet hätte. Wie hart und schwer man auch die Träulosigkeit des Fürstlichen Heers [612] rächen wolte / kunte man sich so bald nicht erklären / insonderheit / daß sie ihnen eine solche Menge Speise betrieglich entwendet / deren sie ohn das nicht viel übrig hatten. Doch ließ die gröste Traurigkeit sich bey den Geistlichen spüren / dann sie merketen schon / daß es endlich über sie auslauffen dürffte / wann das Messer unmahl fallen solte / wurden auch von etlichen Einfältigen befraget / warumb Gott Krodo und Göttin Freia zugeben wollen / daß ihre ergebene und geträue Verfechter so liederlich nidergeschlagen / und doch den Wiederwärtigen kein Abbruch geschehen währe. Die Pfaffen bemåntelten solches best sie kunten / und bearbeiteten sich / das noch ein Heer 50000 stark mit der Sonnen Auffgang fortgehen / und die obengesetzeten Anmuhtungen ungeendert vortragen solten. Umb Mitternacht kam König Baldrich / mit 24000 Reutern an / denen Ekhard mit 30000 zu Fusse folgete. Herkules und Ladisla wurden des Entsatzes froh / dann auch die 8000 Gefangene hatten sich gutwillig untergestellet / das nunmehr ihr Heer über die 102000 Mann bestund /und folgendes Tages mit Ekhards Fußvolk umb so viel gestärket ward / denen eine grosse menge Speisewagen folgeten / und von allenthalben her ihren Pferden Futter zugetragen / auch von den Reutern selbst eingehohlet ward. Die Fürsten hielten vor undienlich /das ganze Heer in dem verschantzeten Lager einzuschliessen / macheten noch ein sonderliches Reuter Lager / und legeten fünff kleine sehr feste Schanzen eine kleine halbe Meile von ihrem Lager auff den engen Durchzug / daher die Auffrührer allemahl kommen musten / wann sie zu dem GroßFürsten wolten; wurden inwendig drey Stunden verfertiget / und mit 15000 Mann / mehrenteils Schützen / (welche Baldrich mit sich gebracht) wol besetzet. Die Aufrührer erfuhren solches von ihren ausgesetzeten Schildwachten / hatten aber das Herz nicht / es zu hindern / sondern erwarteten des Tages / und setzeten ihr Vorhaben ins Werk. Ihr Anzug ward den Fürsten zeitig kund getahn / die nach gehabtem Raht die junge GroßFürstin und Königin Frr. Valisken und Lukrezien vermochten /auff dem wolgeputzeten Elefanten ihnen in begleitung 40000 Reuter (denen noch 20000 folgen musten) entgegen zuzihen / noch ehe sie bey den fünff Schanzen anlangeten / und solte Herkules / doch unerkant / die Völker führen / welcher alle Wenden und Parther nebest 31000 Teutschen / Böhmen und Friesen in gleicher Anzahl zu sich nam / und drey viertelmeilen vom Lager auff sie sties / sendete Prinsla mit 500 Reutern vor an / und ließ ihnen sagen; sie solten stille halten /und keinen Fuß näher rücken / oder des feindlichen Angrifs gewärtig seyn. Ihr höchstgebietender GroßFürst hätte eine ansehnliche Gesandschaft an sie abgehen lassen / von welcher sie dero Hocheit schließliche Meinung wurden zuvernehmen haben. Die Pfaffen wahren bedacht / fortzugehen / aber der Adel wolte durchaus nicht; man müste sich dañoch schämen / der Obrigkeit vorsezlich zu trotzen; die Geistligkeit möchte doch dermahleins auffhören / sich in das mutwillige Verderben zu stürzen / und betrachten daß ihres mittels schon 52 / teils in Haft / teils in den Tod gerahten währen / so trüge an der neulichen Niderlage niemand schuld als der Geistlichen Troz und Verwägenheit. Man hielte ja den GroßFürsten annoch vor ihre Obrigkeit / wessen wolte man sich dañ zeihen /dz man ihm allen Gehorsam versagete? Vielleicht währen die Vorschläge so beschaffen / daß sie einen guten Grund zur gütlichen Handelung setzen könten /und möchten al endlich die Herrn Geistlichen wissen /daß man nicht schuldig währe / ihnen / als die Ochsen ihren Hirten / [613] blindlings und ihres gutdünkens zu folgen; würden sie diese herlichen Völker in gefahr setzen / wie sichs ansehen liesse / solten sie es hernähst vor der Versamlung zuverantworten haben. Hiedurch wurden sie eingehalten / daß sie der Gesandschaft erwarteten. Als sie nun das ungewöhnlich grosse wolgeputzete Wunder-Tihr sahen / und die zwey allerschönsten Weibesbilder oben darauff / welche sich in Königlichem Pracht biß an den Gürtel zeigetẽ / entsetzeten sich groß und klein / daß ihrer viel sie vor warhaftige Götter hielten. Valiska merkete ihre verenderung / und als sie sahe / daß der meisteteil sich ehrerbietig erzeigete / schöpfete sie gute Hofnung / etwas fruchtbarliches auszurichten / und fing diese Rede an: Von Gottes Gnaden / ich Valiska / gebohrnes Königliches Fräulein aus Bohmen / des Durchleuchtigsten unüberwindlichen Helden / Herrn Herkules / gebohrnen GroßFürsten und unstreitig-nähesten Erden des freien Teutschen Reichs / erwähleten Fürsten zu Susa in Asien / und der König- und GroßFürstlichen Verbündnis daselbst / Feld Obristen sein Gemahl. Der ganze Adel dieses vernehmend / neigete sich sehr tief mit dem Häupte auff ihren Pferden / da sie in ihrer Rede unverrücket also fortfuhr. Ja ich Valiska / Teutsches Geblüts uñ eures hochverdienten GroßFürsten Frauen Schwester einige Tochter / bin von seiner Großfürstl. Hocheit an euch seine Untertahnen und Söhne abgefertiget / von euch zuvernehmen / was vor ein sonderbahres Unglük und schwere Gottesstraffe es doch immer und ewig seyn möge / daß / in dem er auff der Fahrt ist / seinen lieben freien Teutschen sich wieder als ein gnädigster Vater darzustellen / und durch seine glükliche Erlösung nach gehaltenem Siege sie zuerfreuen / er mit schmerzhafen Augen ansehen und bestürzetem Herzen vernehmen mus / daß dieselbe ihm den siegprächtigen Einzug in sein Reich zuverhindern sollen gemeinet seyn; da er doch seinen Untertahnen mit keinem Wort oder Gedanken zu solchem Auffstande einige Ursach gegeben / noch den allergeringsten unter ihnẽ beleidiget hat. Wessen zeihet ihr euch / ihr redlichen Teutschen / wessen zeihet ihr euch? seid ihr eures frommen Großfürsten und Vaters in so kurzer Zeit müde worden / darumb daß er von Räubern hinweg geführet ist / die doch ungestraffet nicht haben bleiben müssen? wo ist dañ der prächtige Herr / den ihr vielleicht schon an seine Stelle erkohrẽ habt? trit hervor / du neu-erwähleter GroßFürst / daß wir deine Hocheit sehen / wo wir dessen sonst können gewirdiget seyn. Bistu ein Ausländischer / so rühme dich / daß du der erste Unteutsche bist / dessen Herschafft die Teutschen ertragen können. Bistu ein Teutscher / so lege mir deinen Adel vor / ob er höher sey als meines Gn. Herrn Schwiegervaters / dann ich wil nimmermehr hoffen / daß du aus dem Pfaffen Stande zur Herschaft werdest erhaben seyn. Jedoch rühme dich noch nicht des Großfürstlichen Sitzes / du wirst aufs wenigste mit meinem freundlichen lieben Herrn Oheim und Bruder / dem Großmächtigsten Friesen Könige / Herrn Baldrich den Kampf darumb angehen müssen / welchen du vielleicht gestern in seinem Lagerhaft bestürmen wollen / aber vergeblich / weil er hingeritten wahr / und die Mannschaft seines Reichs /zu seinem und der seinigen Entsaz hohlete; kom nun wieder und suche ihn / wie dichs gelüstet / er wird sich finden lassen; aber kom nur nicht mit Teutschen Kriegsknechten / sondern mit ausländischen; dann sein eigen Blut zuvergiessen / träget dieser tapffere junge Held groß bedenken / und hat schon heut herzlich beklaget / daß er seinen Wahl mit deren Blut besprützet hat sehen müssen / deren man lieber håtte schonen wollen / wann sie nicht muhtwillig [614] an der unsern Schwertern und Spiessen sich selbst gespiesset hätten. Nun / geschehene dinge sind wol zu tadeln /nicht zu endern / wañ nur das zukünftige Unglük verhindert wird / haben wir dem wahren Gott im Himmel zu danken. O ihr meine herzliebe Teutschen / was vor fehl sehet ihr doch an meinem und eurem Herr Vater /daß ihr ihm so auffsetzig seid? Hasset ihr ihn vor sein eigen Håupt? so habt ihr dessen noch die allergeringste Ursach nicht angezeigt; hasset ihr ihn wegen seiner lieben tapferen Söhne? wie sichs ansehen lässet /so bedenket ja wol was ihr beginnet. Mein Gemahl Herr Herkules ist sein Erstgebohrner / ein Held / ohn unzeitigen und doch mit warhaftigen Ruhm zu melden / welchen das Römische Reich zum Käysertuhm hat befodern wollen; aber nein / sagete er; ich wil bey meinen lieben Teutschen bleiben / und ihre Freiheit wieder das Römische Reich und alle andere Feinde beschützen helffen; ein Held / dem man in Asien ein Fürstentuhm geschenket hat / nur daß er daselbst bleiben / und die höchste Herschaftverwalten möchte; aber nein / sagte er / ich wil lieber in Teutschland von meinen künftigen Unterahnen schlechte Heller / als hieselbst Kronen und ädle Steine zur Schatzung einnehmen. Könte er auch seine Liebe und Zuneigung dem Vaterlande klärer darlegen? noch verachtet ihr ihn / ja eure Geistligkeit hat sich bemühet / ihn gar zuverbannen / welches an ihnen und dem ganzen Lande zu rächen / ihm gar ein leichtes währe / und daß er mit 1000000 wolbewehreter Mannschaft kähme / und Teutschland zur Einöde machete; aber daß wende ja derselbe gnädig ab / welcher droben im Himmel der Sonnen den Glanz / und uns allen den Athem giebet. Sehet meine geliebte Teutschen / diese Königin / welche neben mir stehet / ist König Baldrichs allerliebstes Gemahl / und hat zugleich mit mir einen demühtigen Fußfal getahn vor eurem erzürneten GroßFürsten / daß uns möchte gegönnet sein / mit euch zu reden / ehe und bevor er mit seinem Heer auffbreche / und seinen Eifer durch Rache zu stillen suche. Ihr gebet zwar vor / ihr redliche Teutschen /eure Waffen seyn zum Schuz eurer uhralten Götter ergriffen; aber wer wil euch dann dieselben nehmen? Ja / ihr müsset Teutsche Freiheit verfechten; aber wer wil euch solche dann wol streitig machen? etliche mutwillige Buben sind es / die euch solches einbilden / ob wolten eures GroßFürsten Herrn Söhne in diesen beyden Stücken euch eintrag tuhn. Sie liegens / ja sie liegens durch ihren Halß / die Gottschändichte Auffwiegeler; und wollet ihr mir gläuben; es ist ein Geticht zu eurem verderben ausgesträuet. Wollet ihr mir nicht gläuben / O ihr Teutsche Herzen / so lasset mir einen einzigen in meine gegenwart kommen / der ein wiedriges wahr mache. Kan ers; gut; ich wil alsdann leider seyn / und an hochgedachter Herren stat mich eurer wilkührlichen Straffe unterwerffen. Bringet er aber verleumdungen vor / so sol ihm diese weibliche Hand / wie schwach sie auch scheinet / abstraffen /wiewol ehemahl ein Boshafter durch dieselbe ist gezüchtiget worden. Aber ich wil schliessen / ihr redliche Teutschen / und euch zu allem überflusse zu gemüht gezogen haben / was euer GroßFürst sich zu unterschiedlichen mahlen erkläret hat / nehmlich / er wolle in seinem ganzen Reiche keinen einigen Menschen zu einem neuen Glauben oder Gottesdienst zwingen / auch nicht ansuchen noch bereden lassen /sondern ein jeder / hoch und niedrig / reich und arm /Geist- und Weltlich möge seines alten Glaubens leben / wie es ihm gefält / und von alters gebräuchlich ist. So sol auch euer Gottesdienst an keinem Orte / weder gehindert noch beschimpfet / vielweniger verbohten werden. Eure weltliche Gerechtigkeit / [615] Freiheit / und was dem anhängig ist / bestätiget er / daß sie seyn und bleiben sollen / wie sie Zeit seiner Herschaft stets und unverrücket gewesen sind / nichts durchaus davon ausgeschlossen. Ja er lässet durch mich seine Schwieger Tochter allen seinen Untertahnen eine algemeine durchgehende Verzeihung noch- und zum leztenmahl ankündigen / und solches aus sonderlicher angebohrner Gnade / nur etliche wenige der Straffe vorbehaltend / die als Uhrheber dieses unverantwortlichen Auffstandes etwa möchten überzeuget werden / und zwar also / daß deren Anzahl nicht über 30 seyn solle. Ob ihr nun dieses sein Großfürstliches gnädigstes Erbieten annehmen / euer eigen bestes beobachten / dem Lande Friede und Ruhe gönnen / und das äusserste Verderben durch mutwillige halßstarrige Wiederspenstigkeit euch nicht selbst über den Halß zihen wollet /solches sollet und müsset ihr euch inwendig 30 Stunden erklären / dann hernach wird die Gnaden-Tühr versperret seyn. Ich vor mein Häupt wil mich hiemit erbohten und verpflichtet haben / bey eurem GroßFürsten alles dasselbe zu werben / was euch seinen Untertahnen kan ersprießlich / und seiner Hocheit und dessen Herren Söhnen nicht nachteilig oder schimpflich seyn; welches nicht eins zubegehren / ihr selbst verständig gnug seyn werdet. Hiemit gab sie ihrer Rede ein Ende / und erwartete der Antwort. Der Adel und das gemeine Volk wahren im Herzen so gerühret / daß sie nichts mehr begehreten / als bey ihrem GroßFürsten auff solchen Vortrag ausgesöhnet zu seyn; aber die Pfaffheit / und welche sich der Auffruhr schuldig wusten / wolten diesen Weg nicht hinaus /daher fing der Vornehmste unter ihnen also an: Ihr redliche Teutsche Gott ergebene Herzen und auffrichtige Biederleute; euch ist / meine ich / nicht unbewust / was gestalt bißher die mächtigen Schuzgötter Teutschlandes / Krodo / Freia / IrmenSäul / und andere mehr / euch vor aller ausländischen Herschaft behütet / und allen Gewalt der Reichsfeinde kräftig hintertrieben und abgekehret haben / und wir uns daher schuldig wissen / uns denselben dankbar zuerzeigen uñ auf alle Wege zuverhüten / dz ihnen kein Spot oder Schimpf angetahn / vielweniger sie gar verworffen oder von unser Obrigkeit bey seite gesetzet werdẽ. Ihr habt von dieser gnug schönen uñ beredsamẽ jungen Fürstin halte ich / wolverstanden / wessen euer G Fürst sich anerbeut (dañ dz übrige berühre ich nicht / nur wz zur sache dienet) nehmlich / seine Hocheit wolle allen uñ jeden Untertahnẽ den uraltẽ Gottesdienst frey lassen. Je / möchte jemand sagen /genug genug / wann wir dieses haben / das ist eben was wir suchen / was wolten wir mehr? Aber ist dieses gnug ihr meine lieben Söhne / ist dieses gnug? Weit O weit gefehlet! unsere Götter wollen trauen nicht allein der Untertahnen / sondern auch der Obrigkeit ihren Gehorsam / Herz und Ehrerbietung habẽ /sonst straffen sie die Verachtung ihnen angelegt / so wol an den Untertahnen als an den Verächtern selbst. Ich wil von unserm jetzigen Großfürsten nicht muhtmassen / daß er sich bald eines andern bedenken / die Zusage endern / und seine Nachfolger es wol gar aufheben könten; nur dieses einige gebe ich euch ingesamt zuerwägen / ob sich nicht gebühre; ja ob nicht des ganzen Reichs Heil und Wolfahrt es erfodere /daß Obrigkeit und Untertahnẽ einen gleichmässigen Glauben / einen durchgehenden Gottesdienst / einen Gott haben. O wie jammert mich schon des Elendes /welches aus den unterschiedlichen / ja / wiederwärtigen Gottesdiensten entstehen wird. Der Herr wird zu dem Knechte sagen; warum machestu es nicht nach /wie ich dirs vormache / damit du meine Gnade behaltest / und zu hohen [616] Ehrenämtern befordert werdest? der Knecht wird sich mit seinem Gewissen schützen /er könne die uhralten Götter nicht hindan setzen / und durch deren Verwerffung alle seine VorEltern übern Hauffen verdammen. Dann wird sein Herr fortfahren: O du elender Narr / was uhralte Götter / was uhralte Götter? das alte gilt nicht mehr / es klappert / aber das neue klinget und ist angenehm; deine Götter sind falsche Götzen / Lügen-Götzen / tüchtige Götzen; deine VorEltern sind durch Irtuhm verführet; sie habens nicht besser gelernet / die himlische Erkäntnis und Wissenschafft ist ihnen nicht mit geteilet. Dieses darff der Knecht nicht aus dem Grunde wiederlegen /wie leicht es ihm auch währe / wo er sonst nicht ohn Kopf nach Hause gehen wil / (aus welcher Ursach ohn Zweifel meine sechs Liebe und hochselige MitBrüder haben müssen ihr unschuldiges Leben lassen) / er darf nicht sprechẽ; Herr woher wisset ihrs / daß meine und eure Vor Eltern geirret haben / und ihr nicht irret? Er darf nicht wieder antworten; Herr euer Gott ist ein solcher / wie ihr die meinen mit unwarhaftem Maule aus schreihet / sondern er mus alles stilschweigend in sich fressen; das wird ihm ein Schwert im Herzen /ein Brand in der Seele / ein Denkmahl im Gewissen seyn / und ihn von der schuldigen Träue abwendig machen / weil er seinen Herrn vor einen Feind der Götter halten muß. Ist er dann ein Bidermann / wird er die Götter gerne geschützet sehen / und kan ers selber nicht / muß er wol ausländische Hülffe herzu ruffen. Ey ich meine / da werde es alsdann ein schön fressen geben / da werde es an ein Katzebalgen gehen / welches nicht auffhören kan / biß Teutschland der Feinde Beute / und der auslåndischen Spot worden ist. Was sol ich aber von Recht und Gerichte sagen? die Ehrgeizigen unter uns / wann sie kein ander Mittel sehen / über andere zusteigen / werden bey der Obrigkeit sich melden / ihr alter Gottesdienst gefalle ihnen nicht mehr / sie haben Lust ihrer Obrigkeit sich gleich zu halten und ihren Gott anzunehmen / damit werden sie Gnade erlangen / und zu Ehrenämtern befodert werden; ja diese werden unsere Richter seyn / und die Urtel nicht nach Billigkeit und Recht / sondern nach Gunst und Gewogenheit abfassen / insonderheit / da ein Liebhaber der alten Götter mit einem Neuling oder Christen wird über den Fuß gespannet seyn. Da wird jener in seiner gerechtesten Sache unterliegen müssen / und dieser wird Freyheit haben / dem Richter vorzuschreiben / wie er sprechen sol. Es wird kommen / ihr redliche Teutschen / ja es wird kommen / und dahin gelangen / daß wann der im alten Glauben beständiger / wil hülffe haben / wird er zuvor seinen Göttern müssen ungeträu werden / und den Glauben endern: Und also wird Teutschland sich verwundern müssen / über sich selbst / wie es so schleunig von seinem heilsamen Gottesdienst abgeführet / und eine Gottes-Verläugnerin worden ist; aber man wirds müssen an Gütern / Hals und Bauche empfinden / wann Gott Krodo seine Keule zücken / und Göttin Freia die Steine zum Wurf fassẽ wird / daß alles über und über gehen muß / und kein verschonen wird zu hoffen seyn biß Teutschland zur Einöde / und ihre Einwohner zu Staub und Koht worden sind. Bedenket dieses wol / O ihr in Gefahr schwebende Teutschen / bedenket es /und bauet im Anfange vor / daß ihr nicht ansehen dürfet / wie eure Weiber und Kinder in Dienstbarkeit weggeschleppet / und ihr alle miteinander jämmerlich abgeschlachtet werdet. Bestehet festiglich auff dem gemachten Schlusse / daß unser Großfürst und alle seine Kinder / Erben / Nachfolger und Angehörige sich äyd- und schriftlich verbinden / nicht allein den Untertahnen dẽ [617] uhralten Gottesdienst frey zulassen /sondern auch selbst vor sich denselben schlechter Dinge zubehalten / und durchaus keinen fremden Gott / wie der auch Nahmen haben möge / neben einzuführen. Werden sie sich dessen wegern / alsdann müssen ablangliche Mittel an die Hand genommen werden /oder aber Teutschland ist schon so gut / oder vielmehr / schon so schlim als eine Wüsteney und Mordgrube; wohin es aber mit der Götter Hülffe nimmermehr kommen sol. O Krodo / O Irmen Seul / O Freia / O ihr Teutschen Götter groß und klein / sehet an die Noht und Gefahr eures / ja eures Teutschlandes /schützet euch selbst und eure Ehr / auch zugleich alle / die eurem Dienste auffrichtig ergeben sind. Die aber so euch wiederstreben / und andere Götter einzufüren sich bemühen / die greiffet an mit Drüsen / Pestilenz und fallender Sucht / daß vor Angst / weh und Schmerzen sie nicht wissen / wo sie daheime sind /biß nach eurer billichen Rache sie durch ihr eigen Schwerdt sich gefället haben / und ihre innerliche Galle ihnen zu SchlangenGifft gedeie / der ihnen das gottlose Hertz brenne und brate / biß sie ihre verfluchte Seele hinden und fornen / und zu allen Löchern außspeyen. Die Großfürstin hatte seine Rede mit grossem Verdruß angehöret / aber wegen dieser teuflischen Verwündschung meinete Sie vor Zorn zu bersten; doch weil Sie sahe / daß der Pfaffe nicht geringen Beyfall bekam / ob gleich niemand öffentlich redete / mässigte Sie sich selbst als best Sie kunte /und gab ihm diese Antwort: Heilloser Pfaffe / wann du so wol behten und segnen köntest / als du fluchen gelernet hast / müste deines gleichen in frommer Andacht erst gebohren werden; weil aber dein gottloser Fluch nur in den Wind gehet / und keine Christen treffen kan (dann Trotz allen deinen Götzen / daß sie ihn an mir erfüllen) / so wil vor dißmahl ich deiner unergründlichen Bosheit nicht antworten. Eines lobe ich an dir / daß du es mit dem Vaterlande gut meynest /wo sonst deine Reden / wie ich sehr fürchte / nicht wegen deines Eigennutzes ausgestossen sind. Daß du aber dich unternehmen darffst / deine dir von Gott vorgesetzete Obrigkeit dergestalt zu verunglimpfen /und sie ungescheuhet zubeschuldigen / als würde sie Recht und Gerechtigkeit verkehrẽ / und die Urtel nach eigenen Lüsten sprechen und sprechen lassen / daran handelst du als ein meinäidiger Bösewicht. Wohin aber sol ich diesen deinen teuflischen Frevel rechnen /daß du schlimmer Bube dir die Gewalt zueignest /deiner höchsten Obrigkeit nach deinem Willen Gesetze vorzuschreiben / und sie zunöhtigen / daß sie ihr Gewissen besudeln? Gläubet mir ihr redlichen Teutschen; Obrigkeit und Untertahnen können gar wol in weltlichem Friede und guter Einigkeit leben / ob sie gleich nit einen Glauben habẽ; nur allein dieser schmähsüchtige Pfaffe gebrauchet sich dieses Grundes / euch wider euren geträuen GroßFürsten zu eurem Verderben auffzuwiegeln. Dann ist es nicht ein unbesonnenes Vornehmen / dz er seine Großfürstl. Hocheit und dessen Herren Söhne zur äid- und schrifftlichen Versicherung zwingen wil / nach seinem gefallen / wider ihre Ehre uñ Gewissen / als ob er sie schon im Stokhause sitzen hätte / da euch schwehr fallen wird / ihrer Waffen Macht zuentgehen / wo es nicht durch Bitte und untertähnigstem Gehorsam geschihet? Bist du der Mann / Pfaffe / dem ich nachgefraget habe / daß er des GroßFürsten Stuel besitzen wil? Zum Zungendröscher bistu schier gut genug /was die Glocke betrifft / wann das Geläute nur nicht so gar garstig währe; aber Herr und GroßFürst zuspielen / bistu viel zu unbesonnen. Du hast viel Geifers ausgespeiet / welcher deines GroßFürsten und seiner Herren Söhne HochFürstund [618] Königliche Ehre dermassen geschändet / daß du verdienet hast / man schnitte dir Riemen aus dem Leibe / und henkete dich dran. Aber es tuht mir leid / daß über dich Unflat ich meinen viel zu ädlen Zorn auslasse. Euch rede ich forthin an / ihr redliche Teutschen / schlaget meinen Raht ja nicht aus / wollet ihr sonst leben. Nehmet die angebohtene Gnade und eingewilligte unbrüchige Sicherheit eures Gottesdienstes ohn ferner bedenken an /und fürchtet euch nicht vor den schwarzen Raben /welche dieser Schänder nur mit Wasserfarbe mahlet /und nimmermehr ausgehecket werden sollen. Er wird nur bloß von den bösen Teufel getrieben / welcher an dem gestrigen Blutbade noch kein genügen hat / sondern euer noch viel tausend gerne auff die Fleischbank opfern wolte / woran er eine grosse Freude haben würde / dafern es ihm nach Wunsch gerahten solte. So sey nun euch ädlen erläubet zureden / ja auch den verständigen aus der Gemeine / was eure weitere Anfoderung seyn möchte; ich wil euch gnädigst hören / und meinem Gn. Herr Vater alles gerne hinterbringen; aber was Pfaffe ist und heisset / das schweige hinfüro / dann deren Geifer ist so hoher Ehren nicht wirdig /werde mich auch nach diesem mit keinem mehr einlassen / es geschehe dann zu seinem Verderben / und zu Erhaltung meiner Fürst- und Königlichen Ehre. Die Pfaffen sahen wol / wo dieses hinaus wolte /daher sie nicht bedacht wahren / ihnen die Zunge hemmen zulassen / sondern der vorige / Nahmens Wilken / fing seine Schmachrede von neuen also an: Ich wil ja nimmermehr hoffen / daß die hochädle tapffere Teutsche Ritterschafft / und die ganze Gemeine /sich von einer jungen Frauen / welche erst von dem Spiegel hinweg getreten ist / werde vorschreiben / und von unserm hochlöblichen Werke abwendig machen lassen; ich meyne ja nicht / daß dem Adel es Nachteil geben könne / wann sie mit der Geistligkeit an einem Joche zihen / und zwar daselbst / wo man vom Gottesdienst handelt. Es würde trauen dem Teutschen Abel höchst schimpflich seyn / daß man heut oder morgen sagen solte / sie hätten den gemachten Bund auff Einrede einer schönen jungen Frauen / welche sie vor niemahls gesehen / zerfliessen lassen / und des Vaterlandes Wolfahrt zurük gestellet. Bißher haben wir Männer in Teutschland unsere Weiber befehlichet / und ihnen nicht gegönnet / sich in Reichshändel zumischen; und nunmehr scheinet es / als würden wir unwerd geachtet / mit denen man durch Männer handele / daß diese Jungefrau geharnischten Männern Gesetze vorschreiben / und im Nahmen der höchsten Obrigkeit antragen sol. Valiska wolte ihm länger nicht zuhören / und fing an: Was sagestu schändlicher Verleumder? Wiltu mir antichten / ob solte ich den löblichen Teutschen Adel zu unverantwortlichen Sachen anreizen wollen? Ja hastu so gelernet / deines angebornen jungen GroßFürsten und künfftigen Herschers Ehegemahl zuehren / daß du sie einem gemeinen Weibe vergleichest / uñ unwert ausschreihest / die im Namen ihres Gn. Herrn Schwiegervaters mit dessen Untertahnen zu ihren eigenen besten handele? Dieser Schimpff müste auff mich nicht ersitzen / oder ich unwirdig seyn / eines Fürsten Gemahl zuheissen. Fassete hiemit ihren Bogen / und schoß ihm einen Pfeil ins Herz / daß er ohn Wortsprechen niderstürzete. Die Pfaffen lieffen geschwinde zu / huben den zappelnden auff / in meynung / er würde dem Tode noch so nahe nicht seyn / daher ihm einer zurief: Herr Wilken /Herr Wilken / was vor ein Mordpfeil hat euch übereilet? Dieser verkehrete die Augen im Kopffe / brüllete wie in Ochse / und fuhr damit zu seinem Gott Krodo. Das anwesende [619] Pfaffengeschmeiß fing darauff ihr Zetergeschrey an / und ermahneten die ihrigen zu Rache; nun sähe man augenscheinlich / wie es gemeynet währe; ohn zweifel würden alle ihre abgeschikte Amts Brüder schon solcher gestalt hingerichtet seyn /auff daß man die gesamte Geistligkeit abschlachtete /uñ keiner übrig bliebe / der sich ihrer Götter geträulich annähme / und den alten Gottesdienst erhielte. Aber Valiska fiel ihnen in die Rede / und fing mit freundlichen Geberden an: Ihr redliche fromme Teutschen / lasset euch ja von diesen Buben nicht zu weiterem Auffruhr verleiten; Ihr sehet / daß man euch gewachsen ist; befodert euren Untergang nicht selber mutwillig; ich habe den Schand Buben wegen seiner Lästerung billich gestraffet / ihr aber sollet so viel grössere Gnade zugewarten haben. Doch rahte ich euch als eure geträue Freundin; lasset die Pfaffen abtreten / oder zum wenigsten das Schände-Maul halten / dann sie verhindern eure Wolfahrt; und erkläret euch / ob ihr eures gnädigsten GroßFürsten gehorsame Untertahnen oder muhtwillige Auffrührer seyn wollet; werdet ihr aber länger schweigen / muß man solches vor eine augenscheinliche Widerspenstigkeit halten /welche euch den garaus machen wird. Das gemeine Volk / ohndas der Pfaffheit ergeben / ward hierüber entrüstet / meineten / man verführe mit ihnen gar zu stränge / begunten sich auch fertig zum Streit zumachen / und wahr an dem / daß sie den Angriff auff Herkules Völker wagen wolten. Aber der Abel begütigete sie / mit dem versprechen / es würde noch alles nach ihrem Willen ergehen / lauffen und kauffen wolte nicht zu hauffe; die ansehnliche GroßFürstin hätte den ihr angelegten Schimpf nach Teutschẽ Gebrauch gerochen; Der Pfaffe solte höflicher gefahren seyn / dessen ungestüme verächtliche Reden kein vernünftiger Mensch billichen könte; Könige und Fürsten müsten dannoch ihre Wirde und Hocheit behalten / und währe kein Untertahn befuget / dieselbe solcher gestalt zubeschimpffen / massen auch fremde den hohen Häuptern Ehrerbietigkeit zuerzeigen schuldig währen. Herkules / so bald er des Pövels Vorhaben merkete / taht den 20000 Reutern die ihm folgeten /Befehl / umb des Feindes Völker herzuhauen / und ihnen den Weg nach ihrem Lager zuverlegen / seine 40000 Reuter aber stellete er ihnen entgegen in einer ausgedehneten ansehnlichen Schlachtordnung / und wahren 8000 Schützen aus den fünff Schanzen mit herzugefodert. Die Kriegserfahrne unter den Auffrührern sahen wol / mit was Vorsaz Herkules (den sie noch nicht kenneten) umging / daß er sie einschliessen / und aller gelegenheit zur Gegenwehr berauben wolte / daher sie die Obersten warnetẽ / ihres Tuhns wahrzunehmen / und sich weit genug von einander zusetzen; aber ehe sie dieses ins werk richten kunten /waren sie dergestalt schon eingefasset / daß ihnen unmöglich war / sich der unsern zuerwehren; worüber der Adel höchlich erschrak / den großsprechigen Pfaffen ihren Hochmuht verwieß / und zu ihnen sagte: Weil sie alles nach ihrem steiffen Sinne richten wolten / solten sie sich nun auch des Streits annehmen /und die Schlacht ordnen / nun sie von allen Seiten her umgeben währen / daß sie sich nicht regen noch wenden / noch das Gewehr gebrauchen könten. Herkules fuhr in seiner Bereitschafft immer fort / hatte sein Reuterheer in zween gleiche Flügel geteilet / die sich von beyden Seiten zimlich nahe an den Feind gehenket hatten. Hinter ihnen / wie gesagt / stunden auch 20000 Reuter unter Prinsla Auführung / und die Schützen hielten Stand vor dem Feinde. Neklam muste mit 500 Reutern nahe hinzu / und ihnen anmelden / es tähte dem Großfürstlichen [620] Heerführer leid /daß er gezwungen seines GroßFürsten Untertahnen niederschlagen müste / und wegen ihrer Widersezligkeit doch nicht anders könte / weil sie den Anfang zum Treffen an ihrer Seite gemacht / welches verfolget seyn müste / es währe dann / daß sie das Gewehr niderlegeten / Gnade begehreten / und die sämtlichen Pfaffen auslieferten / als welche an allem Unheil allein Schuld trügen; denen doch nicht ärgers wiederfahren solte / als daß sie zu den übrigen schon gefangenen solten hingeführet werden; würden sie dessen aber sich wegern / solte es ihnen allen das Leben kosten. Die Völker sahen / daß ihnen unmöglich wahr /sich gebührlich zur Gegenwehr zusetzen / willigten deswegen ein / daß sie die Pfaffen zurük lassen / aber mit ihrem Gewehr Abscheid nehmen wolten. Neklam vermahnete sie abermahl / die Gnade / so ihnen gebohten würde / anzunehmen / und zu ihrem GroßFürsten zutreten / damit sie ihr Leben retten möchten; Und als sie sich dessen wegerten / drücketen die Schützen loß / stelleten 3000 nider / und verwundeten 5000 / daß sie zum Gefechte undüchtig wahren. Nach solchem Treffen setzeten die Reuter von allen dreyen Seiten in sie hinein / und trieben sie dergestalt enge in einander / daß sie sich nicht regen kunten / und sich unter einander selbst hätten erdrücken müssen / weil sie nicht eins gelegenheit hatten / sich an einem Ort durchzuschlagen. Es wurden über die vorgemeldete noch 4000 nidergehauen / und 600O verwundet / biß Herkules abermahl an sich hielt / ob sie sich eines bessern bedenken würden / da sie dann das Gewehr von sich wurffen / umb Gnade bahten / und sich erkläretẽ / zu ihrem GroßFürsten zutreten / und unter dessen völligen gehorsam sich zubegeben; worauff sie als gefangene / 32000 stark in vier achttausichte Schaaren nach des Großfürsten Lager hingeführet /die 11000 verwundete aber zurük nach den ihren gelassen wurden / wiewol 40 verwundete vom Adel lieber mit dem grösten Hauffen nach ihren Fürsten mit wolten / daher man sie verband / und gerne mit nahm. Als diese grosse Menge gefangene bey dem Lager ankahmen / ritte der GroßFürst zu ihnen hinaus / und fragete sie mit gütlichen Worten: Aus was ursachen sie sich wider ihn aufflehneten / da er doch keinen Menschen zubeleidigen willens währe. Die gefangene fielen nider / bahten umb Gnade / und entschuldigten sich / daß sie von den Pfaffen darzu angetrieben währen / unter dem hochbeteurlichen Vorgeben / die junge Herschafft wolte die alten Götter abschaffen / neue einführen / und das ganze Vaterland den Römern zinßbar und unterwürffig machen. Es funden sich bey diesem Hauffen 33 Pfaffen / und 17 wahren im Treffen drauff gangen / der von Valisken erschossene mitgerechnet. Der GroßFürst hieß dieselben vor sich treten / und fragete sie ingesamt / welcher hellische Geist ihnen eingeblasen hätte / solchen algemeinen Auffstand des Landes zumachen. Welches ihrer 10 beantworteten: Die Pflicht / damit sie ihren Göttern verbunden währen / hätte solches von ihnen erzwungen. Es wurden diese Worthalter allein gestellet / und fing der GroßFürst abermahl mit sanfftmühtiger Rede an: Dafern ihr dieses gnugsam werdet behäupten können / wil ich euch recht geben / und euer Vornehmen loben; darumb beweiset mirs / ob dann jemand sey /welcher gewilliget ist / eure Götter euch zunehmen /und euch den gewöhnlichen Gottesdienst zuverbieten. Dieses / antworteten jene / währe die kundbahre Warheit / und unleugbar / daß die junge Herschafft solchen Vorsaz hätten. Ihr tuht wol / daß ihr mir solches anzeiget / sagte der GroßFürst / und wann ihr solches behäupten könnet / werde ich wissen / meine Kinder deswegen ernstlich anzusehen; [621] Befahl auch / daß seine Söhne und König Ladisla alsbald hervor gefodert würden; welche geschwinde da wahren / und der 10 Pfaffen Beschuldigung von ihrem Herr Vater anhöreten. Da sagte nun Herkules zu denselben: Haltet ihr eure Anklage vor die kundbahre Warheit / wolan so überweiset uns dessen / als dann sind wir bereit /des Landes Straffe über uns zunehmen; Wir aber wissen uns dessen unschuldig / und ist solcher Vorsaz nie in unser Herz kommen. Diese Pfaffen wahren ihnen eines solchen gerichtlichen Verfahrens nicht vermuhten / schwiegen stille / und sahen sich nach ihren übrigen Amts Brüdern umb / daß sie zu ihnen treten solten; Aber der Großfürst zeigete an / die übrigen solten schweigen / oder so etliche unter ihnen währen / die sich getraueten die Anklage gebührlich zubehäuptẽ /solten sie zu den zehnen nahen; dessen sich doch keiner unterstehen wolte; Und drängete er stark in die Zehne / ihren Beweißtuhm wieder seine Söhne zuführen / und sich zu versichern / daß ihnen dessen volkommene Freiheit hiemit solte gegeben seyn. Dieses machte ihnen einen Muht / und fing der eine also an: Es ist eine preißwirdige Liebe zur Gerechtigkeit / daß eure Großfürstl. Hocheit in diesem Gerichte uns die Freiheit gibt / des Landes Notturft wieder ihre Söhne zubehäupten / als welche ihre alten Land-götter verläugnet / und einen neuen angenommen haben; welches / weil sie es nicht werden in abrede seyn / halte ich daher unsere Anklage vor schon erwiesen. Herkules wolte / daß Baldrich dz Wort führen solte / welcher darauff sagte: Nein Pfaffe / deine und deiner Gesellen Klage ist dadurch nicht erwiesen; massen dein voriges also lautete; eure junge Herschaft währe gewilliget / eure alten Götter euch zu nehmen / und euren Gottesdienst euch zuverbieten; dieses mustu und deine Mitkläger als eine kündliche Warheit darstellen; dann ob mein H. Bruder und ich einen andern Gott erkennen / und wissen daß eure Götter falsche Götter sind / ist ganz eine andere Frage / und gestehe ich dir nicht / mich deswegen zubesprechen; deswegen führe einen redlichen Beweiß deiner beschuldigung / oder wisse / daß ich dich als einen lügenhaften Verleumder peinlich anklagen werde. Dem Pfaffen entfiel das Herz / wuste hierauff nichts gründliches zu antworten / und brachte halb zitternd vor / er könte nicht anders schliessen als daß die junge Herschaft den uhralten Gottesdienst auffzuheben würde gesinnet seyn / weil sie denselben vor sich abgelegt hätten. Hat niemand unter euch Pfaffen einen bessern Beweißtuhm als diesen? fragete der GroßFürst; dann die jungen Fürsten wahren auff getahne Antwort wieder davon geritten. Die Pfaffen schwiegen alle / biß der Worthalter anfing: Gott Krodo und die Göttin Freia hätten es selbst angedeutet / daß die junge Herschaft mit solcher Verenderung umginge. Ja mein Pfaffe / sagte der Großfürst / so mustu solche Zeugen darstellen / oder als ein Lügener und Verleumder gestraffet werden. So ruffe nun deine Götter herzu / daß sie dich vertreten / sonst wirstu den Ausspruch des Rechtens bald zuvernehmen haben. Wendete sich darauff zu den Gefangenen ädlen / und fragete sie / was sie meineten / solche Untertahnen verdienet zu haben / welche ihrer angebohrnen höchsten Obrigkeit dessen schuld gäben / daß allerdinge falsch und ertichtet währe / und sie nicht desto weniger dadurch eine algemeine Auffruhr erwecketen. Diese nach kurzer unterredung antworteten: Es hätten solche Untertahnen verdienet / daß sie lebendig gespiesset würden. Und solches währe ihr rechter Lohn / sagte der Großfürst. Weil mir nun bewust ist / daß meine lieben Söhne dieser Beschuldigung allerdinge unschuldig sind / ich auch solches [622] meinen Untertahnen habe anmelden /und ihres Glaubens Freiheit sie versichern lassen /diese gottlose Pfaffen aber nicht desto weniger auff solcher Verleumdung steiff bestehen / und deren doch den allergeringsten Beweißtuhm nicht führen köñen /solte ihnen zwar die Straffe der Spiessung angelegt werden / aber meine angebohrne Gnade und Barmherzigkeit ihnen wiederfahren zu lassen / sollen sie mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht werden; wie dann solches alsbald an diesen zehnen volstrecket ward. Die übrigẽ 23 Pfaffen wurden von dem GroßFürsten auch befraget / ob sie gnugsame Ursachen der Auffwiegelung anzuführen wüsten; welche sich aber durch ihrer Gesellen Unfal witzigen liessen / daß sie ingesamt mit einem Fußfal umb Gnade anhielten /und daß sie von andern verleitet währen. Hätten die andern auch also geredet / sagte der GroßFürst / solte ihnen gnädigste vergebung wiederfahren seyn; daß demnach diese zu den andern Gefangenen hingeführet wurden. Darauff nun wendete sich der Großfürst zu den Gefangenen Völkern / und verwieß ihnen ernstlich / daß sie von den leichtfertigen Pfaffen wieder ihre höchste Obrigkeit / deren sie mit Pflicht und äiden verwand / sich so leicht und unbesonnener weise hätten lassen in Harnisch bringen / wodurch sie ja ausser allem zweifel ihr Gut und Leben verwirket hätten. Doch Gott sey dank / sagte er / daß solche Auffrührer mich und die meinigen noch bey zeiten gewarnet haben / ich hätte sonst dürffen in Gefahr gerahten / da ich allem Unglük meinete schon entgangen seyn. Ihr aber erkläret euch alle miteinander / ob ich euer GroßFürst / und ihr meine Untertahnen seid / dañ ich wil wissen / wie ich mit euch dran bin / und was ich wieder euch vorzunehmen habe. Der Adel / welcher 3000 stark / allein getreten wahr / machte den Anfang mit einem Fußfalle / bahten umb Gnade und vergebung ihres unbesonnenen ungebührlichen und straffwirdigen Vornehmens; die Großfürstliche Erklärung währe ihnen bald anfangs völlig gnug gewesen /hätten aber mit fuge und ohn Lebensgefahr nicht können von der Versamlung sich loßwirken / hielten diese ihre Gefängnis vor ihr höchstes Glük / und währen so bereit als schuldig von neuen in ihm Hocheit Pflicht und äide zu treten / und ihr Leib / Gut und Blut bey derselben auffzusetzen. Als der gemeine Hauffe dieses hörete / rieffen sie gleicher gestalt umb Gnade / sie hätten nicht aus Bosheit noch unwillẽ wieder ihre liebe Obrigkeit die Waffen ergriffen / sondern aus Andacht zu ihren Göttern / währen von den Pfaffen verleitet und hintergangen / auch nunmehr willig vor ihre Obrigkeit zu leben und zu sterben. Musten demnach ingesamt den äid ablegen / uñ sich auff weitern bescheid unbewehret bewachen lassen da ihnen vor ihre bezahlung Speise und Trank zur Notturft ausgefolget ward / weil man solches aus Frießland uñ andern orten gnug zuführete. So bald die Verwundeten bey der auffrührischen Versamlung ankahmen / und allen Verlauff erzähleten / da erhub sich ein solcher Auffstand / daß jederman meinete / es müste nun über und über gehen; dann es wurden die einfältige Bauren (deren Anzahl der gröste wahr) so rasend gemacht / daß sie als die Unsinnigen hin und wieder lieffen / und durch einander schrihen / man hätte dem dinge viel zu lange zugesehen; es währe vor den Landgöttern unverantwortlich / daß man keinen Ernst darzu tähte / dann auff solche weise würden sie endlich alle miteinander auffgerieben und gefangen werden / ehe man sichs versähe; der Götter gerechte Straffe träffe sie / weil man so schläfferig handelte /und die Hände als lahm sinken liesse. Endlich fingen sie auff der Pfaffen reizung an / auff den [623] Adel loßzuzihen; es währe das gemeine Wesen ihnen kein Ernst; sie wolten und wolten auch nicht; mit dem linken Auge sähen sie nach den Göttern / doch nicht auffrichtig; mit dem rechten nach Großfürstlicher Gnade und eigener Ehre. Die ädlen traten zusammen / und entschuldigten sich / ihr Herz währe nicht so gesinnet / nur allein wünscheten sie / daß das Werk mit besserem Nachdenken und reiffer Vernunft beobachtet wurde / alsdann wåhre ihre Macht noch groß genug /die Obrigkeit dahin zu halten / daß dem algemeinen Landesbegehren ein genügen geschehen müste; erbohten sich auch / ihre redligkeit dergestalt sehen zu lassen / daß inwendig 24 Stunden alles auff einen festen Fuß gesetzet werden solte. Aber sie hatten kein Gehör; massen ein vewägener Schmid von den Pfaffen darzu angehetzet / aufftrat / und ungescheuhet vorbrachte; es währe das rahtsamste und sicherste / daß man die Befehlichshaber aus der Gemeine nähme /und den Adel dämpfete / oder zum wenigsten sie jagete / daß ihnen die Schuch entfielen / dann sie hätten bereit schon voriges tages erwiesen / wie unträulich sie den Göttern anhingen / und heut möchten sie es wol nicht besser gemacht haben / nachdem man vernehmen müste / daß sie des jungen Weibes Mord an dem vornehmen geistlichen Manne begangen / gebillichet hätten. Und was wolte man an ihrer Träulosigkeit zweifeln; hätten sie doch bey heutigem feindlichen Anfalle sich alsbald zufechten gewegert / und verlohren geben ehe sie angegriffen worden; so hätten die verwundete von Adel nicht mit den andern fortgewolt / sondern die willige Gefängnis davor gewählet. Dieses ward von vielen Handwerksleuten ganz begierig angenommen / und schüreten die Pfaffen es weidlich / daß die ädlen / so annoch 15000 stark wahren /sich in nicht geringer gefahr und furcht befunden / so gar / daß wann sie ihre entschuldigung vortragen wolten / man ihnen kein Gehör gab. Sie vereinbahreten sich aber untereinander / daß keiner von ihnen absonderlich austreten / vielweniger zu dem GroßFürsten weichen solte / damit die hinterbliebenen nicht gefähret und einer Verrähterey verdacht würden / und sie alle miteinander das Leben unter des Pövels Hand zusetzen müsten; beredeten sich demnach kürzlich / und liessen der Versamlung / die sich am gemeinen Volke auff 190000 Mann erstreckete / gütlich vortragen; es tähte ihnen schmerzlich weh / daß sie sich vor Verrähter müsten halten und austragen lassen / da sie doch nit weniger als andere dahin trachteten / daß der gemachte Schluß ins Werk gerichtet würde. Also wüsten sie sich in ihrem Gewissen der Bezichtigung frey und unschuldig. Nicht destoweniger / weil man ihnen mißtrauete / und die ämter abstrickete / wolten sie es dahin lassen gestellet seyn / und hiemit ihren Abscheid / nicht nach des Großfürsten Lager / dann deshalben währen sie nicht ausgezogen / sondern nach ihrer Behausung nehmen / weil sie nicht mehr könten gelitten werden. Wünscheten nicht destoweniger dem hinterbliebenen mächtigen Heer Glük und alle gedeiliche Wolfahrt / uñ daß sie dem Vaterlande ihre alten Götter und wolerstrittene Freyheit erhalten möchten. Die Pfaffen wahren schon im vollen werke begriffen /wie sie andere Häuptleute an ihre stelle verordnen möchten / und liessen sich gutenteils selbst gebrauchen / daß also ihr Wort nunmehr allenthalben ohn wiedersprechen galt / hätten auch ohn zweifel dem Adel grossen Schimpf angelegt / wann sie nicht deren Rache / nach vollendetem diesen Zuge sich befürchten müssen; und nur dieses hielt sie ein / daß sie ihre eigene Zunge mässigten / und den Handwerkern das Wort in den Mund legeten / was auff diese Werbung ihnen solte vor bescheid [624] gegeben werden / da vorgedachter Schmid zur Antwort gab; man währe an den ädlen solcher geschmeidigen Worte ganz ungewohnet / denen man daher umb so viel weniger zu trauen hätte; solten aber wissen / dz wañ sie gleich nit wären / oder diese Stunde an des GroßFürsten seite stünden / sich dañoch aufrichtige Teutschen Herzẽ anfinden würdẽ / die vor ihre Götter / da es die noht erfoderte /auch zu sterbẽ bereit währẽ. Dz sie nun umb erlåubnis anhieltẽ des freien abzuges / solte ihnẽ derselbe nit gehindert werdẽ / uñ möchtẽ nur gehen / wohin sie es gelüstete. Der Adel war sehr froh dieses zimlichẽ bescheides / beschleunigtẽ ihren Abscheid also / dz sie alle ihre Speisewagen uñ Knechte unabgefodert hinterliessen / uñ umb die Abendzeit ihren Weg vor sich nahmẽ / als wolten sie des geradesten nach ihrer Heimat reisen; aber da sie eine Viertelmeile vom Lager wahren / hieben sie zur linken umhin / nahmen einen Umschweiff auff drey Meilen / und kahmen vor der Sonnen Auffgang biß eine halbe Meile an des Großfürsten Lager / da sie 150 ihres Mittels an ihre Obrigkeit abschicketen / unter denen Friderich und Luther (deren im ersten Buche Meldung geschehen) mit wahren / als die von ihren Nachbahren gezwungen sich hatten in die Auffruhr mitbegeben müssen. Ihr vorbringen aber wahr dieses. Es hätte der Adel nunmehr in augenscheinliche Erfahrung bracht / daß die heilose Pfaffen diesen Auffstand mehr um ihres eigen Nutzes als des Gottesdienstes Willen angerichtet hätten / und weil sie in ihre unverschämte Boßheit nicht einwilligen können / währen sie fast alle miteinander um ihr Leben kommen / massen die Pfaffen den Pövel auff sie als Großfürstliche Geträue zu verhetzen / in vollem Werke schon begriffen gewesen / und sie ihrer rasichten Wuht zuentrinnen / sich aus dem Staube machen müssen; stelleten sich in der Gnadenzeit untertähnigst ein / bey ihrer Großfürstl. Hocheit ihres unbesonnenen verbrechens demühtigste Abbitte zutuhn / und als geträue Untertahnen / vor dessen Wolfart und Ehre / ihr Gut und Leben gerne aufzusetzen /nachdem an Großfürstlicher gnädigster Erklärung /wegen Glaubens und Landes Freyheit sie ein satsames Genügen hätten. Herkules / Ladisla und Baldrich wahren mit 300 Parthern hinaus geritten / ihre Werbung mit zugemachten Helmen / um nicht erkennet zuwerden / anzuhören / und als sie ihre Beräuung und erbieten vernahmen / sagten sie ihnen im Nahmen des Großfürsten völlige Vergebung und alle Gnade zu. Nun ward Herkules der beyden vorgedachten ohngefehr gewahr / wunderte sich ihrer Undankbarkeit / und ließ sie durch Neklam an die Seite absonderlich fodern / setzete den Helm ab und sagete zu ihnẽ: Ist diß der dank / welchen ihr mir zu Padua versprochen habt? O ihr unbesonnenen / und habt euch mit in die Verbündniß können schreiben lassen / welche mich erbloß zumachen bedacht ist? Friderich kennete alsbald sein Angesicht / sprang vom Pferde / küssete ihm die Füsse / und sagete mit trähnenden Augen: Durchleuchtigster Großfürst / gnädigster Herr; die Götter sind meine Zeugen / daß ich aus Zwang / wie viel andere mehr / habe mitreiten müssen / da ich mir nicht den Hals wolte brechen lassen / aber habe ich oder dieser mein Geselle von eure Durchl. Gegenwart das geringste gewust oder bißher vernommen / wollen wir aller Straffe uns gerne unterwerffen; von Herzen lieb aber ist mirs / daß meines Erlösers Angesicht zu sehen ich beglükseliget werde / und bitte untertähnigst / ihre Durchl. wolle wich in ihre Dienste auff und annehmen / so geringe und schlecht die Anbefehlung immer seyn mag / wil ich mich doch glükselig schätzen / wann ich solches erhalten werde. Luther[625] baht desgleichen / daher Herkules ihnen zufolgen befahl / untergab auch alsobald jedem 4000 Mann zuführen / doch / sagete er / daß ihr mir die rechten Redlens Führer dieser Aufruhr geträulich / und ohn einigen Haß oder Gunst anzeiget. Ja warumb nicht / sagte Friederich / meldete auch von den schon Gefangenen annoch lebendigen Pfaffen 7 / und von denen die annoch bey den Auffrührern wahren 16. Die Gefangene wurden alsbald befraget / schuldig befunden / und mit dem Schwert gerichtet / gleich da Ethard mit den 20000 Friesen Fußvolk ohn Pfeiffen und Trummeln Schlag angezogen kahm mit welchen die gestriges Tages Gefangene 59000 Unädle Teutschen vermischet wurden / daß nunmehr ihr gesamtes Heer in die 180000 Mann stark wahr / und so wol gerüstet / daß Herkules und Ladisla sich vermassen / den halben Teil der Welt damit zuüberwältigen / wann ihnen Gott nicht zuwieder währe: wie sie dann schon des vorigen Abends den Schluß gemacht hatten / ob gleich Ekhard sich nicht stellen würde / wolten sie doch mit ihren Völkern aufbrechen / auf der Auffrührer Lager gerade zu zihen / und ihnen die oft angebohtene Gnade nochmahls vortragen / auch sonst allerhand gütliche mittel versuchen / daß sie in Ruhe stünden / und von der Empörung abliessen; würde aber in der Güte nichts zuerhalten seyn / wolten sie einen Angriff in Gottes Nahmen wagen / nicht zweifelnd / es würden solche zusammen gelauffene und grossen Teils unversuchte Bauren leicht auff die Flucht zubringen seyn; aber sie wurden von dem Ankommenden Adel berichtet / die Abtrünnigen würden sich diesen Tag unterstehen / ihren Willen entweder durch ihres Großfürsten Einwilligung / oder durch bewehrete Hand zuvergnügen; daher die unsern ihrer Ankunft um so viel lieber erwarten wolten. Dieselben nun wurden sehr froh / daß sie des Adels auff solche Weise wahren loß worden / hätten auch lieber ihren Vorsaz stündlich ins Werk gerichtet / als diese Nacht es auff geschoben; so bald aber die Morgenröhte hervorblickete / wahren sie munter / und gingen aus ihrem Lager loß / aber mit solcher Unordnung und Sicherheit / daß alle die des Kriegs ein wenig Verstand hatten / alsbald urteileten / es würde ihrem Frevel mit geringer Macht zusteuren seyn / wie wol sich dessen keiner wegen der Pfaffen Trotz durfte vernehmen lassen / als welche durch Abschaffung des Adels den höchsten Gewalt an sich gezogen hatten daß jederman ihnen ins Maul sahe / und ihre Worte nicht anders als eine göttliche Rede annam. Ehe sie aus ihrem Lager aufbrachen / trat ein sehr frecher und verwägener Pfaffe auf /nahmens Seifart / und deutete an / sein Gott Krodo /von seiner Schwester Freia und seinem Bruder Irmen Säul begleitet / währe ihm diese Nacht erschienen /hätte ihm ein feuriges Schwert in die Hand gegeben /und dabey diese Worte gebrauchet: Nim hin mein lieber geträuer Sohn dieses götliche Schwert / und haue damit nider / alles was sich mir und dir zuwiedersetzet; dann dieses ist eben das Schwert / welches vor 218 Jahren Großfürst Herman / Siegmeiers Sohn auff mein Geheiß und unter meiner Anführung wieder den Römer Quintilius Varus und seine Völker gebrauchet / und mein liebes Teutschland dadurch in die Freyheit gesetzet hat. Dieser hatte solches kaum zu Ende gebracht / da entstund ein grosses Geschrey; Gott Krodo hätte klärlich hiemit andeuten wollen / daß dieser heilige tapfere Mann ihr Heerführer und algemeiner Feld Oberster seyn solte; welche Ehre dieser willig annam /als worauff seine Lügen eigentlich angesehen wahren / wie wol er des Kriegs aller Dinge unerfahren wahr /ob es ihm gleich an verwägener [626] Kühnheit nicht mangelte. Ein ander Pfaffe trat alsbald zu ihm her / und nach getahnem Glükwunsche zu solchem wirdigen Amte sagte er / die Göttin Freia hätte ihm diese Nacht offenbahret / daß ihr älter Bruder Gott Krodo diesen heiligen Mann mit gnugsamer Weißheit und tapfferer Stärke ausgerüstet hätte / solches Amt zuverwalten. Womit dieser Schmeichler verdienete / daß der obgedachte ihn zu seinem obersten Statverweser einsetzete / und wahr sein Name Hardet. Dieser teilete hinwiederumb seinen guten SauffBrüdern die ämter aus /daß er desto grössern Anhang haben möchte. Sonst führeten sie ein greßliches geschrey durch einander: Es müste vor der Sonnen Untergang sich ausfündig machen / ob Teutschland noch von einem freien unbezwungenen Volke / oder von Römischen Sklaven bewohnet würde. Die unsern erfuhren ihren Auffbruch zeitig gnug dann der flüchtige Adel hatte gerahten /daß man die Schildwachten etwas weiter hinaus setzete / welche den unordentlichen Anzug anmeldeten /daher die Unsern nach genommener Speise eine artige ansehnliche Schlachtordnung ins Feld stelleten / ob sie gleich nicht willens wahren zu treffen. Die fünff Schanzen wahren diese Nacht viel stärker befestiget /und mit den Schützen besetzet / denen befohlen wahr / dem ankommenden Teutschen Heer anzudeuten /daß sie vor der Schanze stille hielten / es würden sich Gevolmächtigte von dem GroßFürsten zu ihnen verfügen / und alles ohn Schwertschlag in der güte beylegen. Aber ein solches wahr den hochmuhtigen Pfaffen ungelegen / darumb sie nach angehörter Werbung die Schanzen durch etliche Trommelschläger aufffoderten / unter der Bedräuung / dafern sie nicht alsbald abzihen / und sich bey ihnen unterstellen würden / solten sie alle gehenket werden. Prinsla / Friederich und Luther lagen mit in den Schanzen / liessen sich auff der Brustwehr sehen / und gaben zur Antwort: Sie währen nit bedacht / einigen Pfaffen der Antwort zuwirdigen; Ihr gnädigster GroßFürst / dem sie dieneten / hätte ihnen diese Schanzen anvertrauet / welche sie lebendig nicht verlassen wolten. Friederich und Luther wahren dem Heer sehr wol bekant / deren Führer nicht wusten / was sie gedenken solten / als sie ihrer ansichtig wurden / biß endlich ein Pfaffe rief: Oho Verrähterey / Verrähterey! der Adel ist GroßFürstlich worden und übergetreten; O hätten wir ihnen allen nur die Hälse gebrochen / oder das Genik eingedrükt! Friederich rief hinüber zur Antwort / nachdem er ihnen ein Friedenszeichen gegeben hatte: O ihr redliche Teutschen / bedenket euch eines bessern / wie wir ädle getahn haben / und ergebet euch eurer angebohrnen Obrigkeit zum Gehorsam / wie ihr schuldig seyd /damit ihr leben möget. Ihr Pfaffen aber gehet hin /und wartet eures Gottesdienstes abe / darzu ihr bestellet seyd / und führet diese unwissende einfältige Leute nicht muhtwillig auff die Fleischbank; dann was wollet ihr Kriege führen / darzu ihr gleich so geschikt seyd / als der Esel zum Lautenschlagen. Du abtrünniger Bube / antwortete der vorige Pfaffe; was hastu der Geistligkeit ihr vornehmen zulästern / dessen die Götter selbst Stiffter und Uhrheber sind / denen wir dich und deinen ganzen Beystand zum angenehmen Opfer abschlachten wollen; lieffen auch alsbald alle fünff Schanzen zugleich an / als blinde erzürnete Ochsen. Aber die Pfeile wurdẽ ihnen in solcher Menge zugeschicket / daß / ungeachtet die vördersten mit Schilden wol versehen wahren / ihrer doch 5000 erschossen / und 6000 hart verwundet wurden / ehe sie den Graben erreicheten. Noch dannoch drang ihr Wuht durch; dann sie fülleten die Graben [627] mit den Erschlagenen / und brauchten dieselben an stat einer Brücken / biß sie an den Wahl kahmen / da sie mit langen Spiessen / Morgensternen und anderem Bäurischen Gewehr elendig hingerichtet wurden / daß ihrer noch 12000 das Leben einbüsseten / und 14000 mit blutigen Köpffen zurük gingen; wodurch dann die übrigen sich warnen liessen / es nähern Kauffs zugeben / weil sie sahen / daß es mit dem Kopffe gegen den Stein gerennet wahr. Herkules gelebete der Hoffnung / wann sie ihre grosse Macht sähen / würden sie das Herz fallen lassen / deswegen er auff den Schanzen ein weisses Fähnlein zum Zeichen eines gütlichen Vergleichs ausstecken ließ; welches die Pfaffen den unsern zur Furchtsamkeit auslegeten / und die ihren zum andern Sturm anmahnetẽ / nebest getahner Versicherung / der Feind würde nicht fuß halten. So bald Herkules solches merkete / und aber das Blutvergiessen nach aller Mögligkeit verhüten wolte / geboht er der Besatzung ohn weitere Gegenwehr alsbald abzuzihen / und zu den seinen sich hin zubegeben; Daß also die Aufrührer vor dißmahl sich der Schanzen ohn einigen Schwertschlag bemächtigten / uñ den Durchzug öffneten / auch fast im Augenblik die Schanzen schleiffeten. Da ging es nun an ein jauchzen und frohlocken; der Feind dürffte nicht stehen; Gott Krodo hätte sich ihnen in seiner greßlichen gestalt sehen lassen / daß sie vor Schrecken davon geflohen währen. Macheten darauff ihre Ordnung / und gingen auff die unsern freihmühtig zu / der gänzlichen Meinung / sie würden alle schon in der Flucht begriffen seyn; aber als sie ihre trefliche ausgedehnete Schlachtordnung sahen /stutzeten sie / und wolten Kriegs Raht halten / dann der Schrecken wahr sehr groß / weil Herkules seine Völker dergestalt im offenen Felde ausgebreitet hatte /daß es dreymahl grösser schiene als es wahr. Der GroßFürst und Olaff führeten das Fußvolk / 60000 stark; Herkules und Fabius den rechten; Ladisla und Baldrich den linken Flügel / jeden 60000 Reuter / da die geharnischten alle die vördersten Glieder halten /und bey den Auffrührern die Furcht mehren musten /welche nur zusammen gelauffene / und leichte Reuter mit Schwertern und Spiessen versehen wahren; So wusten die Pfaffen nicht / wie sie es angreiffen solten / daher sie fast vor Angst erstarreten / und kein Wort sprechen kunten; welches die unsern zeitig wahr nahmen / und Herkules an seiner Seiten mit der Helffte seiner Reuterey / Ladisla mit gleicher Menge an seinem Orte loßging / da doch Prinsla und Neklam /jeder mit 30 Pferden voraus setzeten / und ihnen ansagen musten: Ob sie dann ihre Vernunfft und alle Sinnen gefressen hätten / daß sie muhtwillig sterben / uñ wie das tu e Vieh sich wolten nidermatzen lassen /da sie doch alle miteinander wol leben könten. Es tähte ihrem GroßFürsten noch diese Stunde leid / daß er in dem Blute seiner Untertahnen baden müste /deren er lieber tausend beym Leben erhalten / als einen einzigen erschlagen wolte. Er bliebe annoch bey seinem ersten und gnädigsten erbieten / welches ihre ädlen angenommen / und sich diesen Morgen samt und sonders eingestellet hätten / währen auch ohn einige Straffe oder verweißliche Rede gnädigst auff und angenommen / ja zu ihres GroßFürsten LeibSchuz verordnet. So möchte doch nun die Gemeine auch in sich gehen / als welche ihrem GroßFürsten ja so lieb als die ädlen währẽ / weil durch sie das Land müste gebauet und der Feind abgetrieben werden. Sie solten sich zu ihrem GroßFürsten nichts als aller Gnade und väterlichen Gewogenheit versehen / dafern sie ohn genommene Bedenkzeit sich bequemen / und umb Verzeihung anhalten würden; [628] Wo nicht / solten sie alle nidergehauen / Weiber und Kinder erwürget / und ihre Güter den Böhmen / Friesen und Wenden vor erbeigen eingeräumet werden / welches dann keines weges ausse bleiben würde / gestaltsam sie vor Augen sähen / daß ihnen unmöglich währe / solchem überausgrossen und wolgerüsteten Heer zuwiderstehen. Die verzagtesten und unschuldigsten machten alhie den Anfang / trenneten die Ordnung / welche ohndas übel versehen wahr / wurffen das Gewehr von sich / liessen ihre Pferde lauffen / und gingen ganz gebücket den unsern entgegen / mit geängsteter Sti e ruffend: Gnade / Gnade! Und belief die Anzahl dieses ersten Hauffen sich auff 25000 Mann; Woraus Herkules gewisse Hoffnung schöpffete / die übrigen würden sich auch finden; ließ aber doch 20000 Mann umb die Auffrührer hinhauen / ihnen den engen Durchzug von hinten zuverlegen / damit die Redlensführer nicht durch die Flucht sich davon machen / und heimlich entwischen möchten. Andere 18000 folgeten der vorigen Schaar nach / und macheten mit ihrem Abtrit /daß kein einziger mehr auff die Gegenwehr bedacht wahr. Herkules rennete unter der Begleitung 6000 Reuter dem übrigen grossen Hauffen mit eingestecketen Schwertern entgegen / schlug seinen Helm auff /und rief ihnen zu: Ihr redliche Teutschen / uñ meine geliebete Landsleute; was bedenket ihr euch noch lange / ob ihr lieber glüklich leben oder schändlich sterben wollet? Sehet ich bin Herkules / eures GroßFürsten älter Sohn / der ich schon in der Jugend mich eurer wider den Adel angenommen habe; darum so trauet mir / und versichert euch / daß ich euch allen alle Gnade und Vergebung bey meinem gn. Herr Vater schon erbehten habe / dafern ihr nur die Häupter und Uhrheber dieser unbefugten Auffruhr nicht werdet lassen davon streichen / als durch deren weniges und gottloses Blut aller Zorn und Eifer eures GroßFürsten kan gestillet und ausgelöschet werden. Damit wahr alles geschlichtet; Der ganze Hauffe trieb die Pfaffen / und die ihnen fest anhingen / in eine Schaar zusammen / ja wol mannicher Mitschuldiger stellete sich am unwürschesten wider die Pfaffen /auff daß sie ihres begangenen Frevels sich entbrechen möchten. Herkules taht seinen Helm gar ab / hub beyde Hände auff gen Himmel / und dankete dem grundgütigen Gott / daß er diesem Blutbade so gnädiglich gesteuret / und des mörderischen Kroden Teufels Anschläge zunichte gemacht hätte; ließ die ganze Menge der Auffrührer mit seinem Heer umgeben / und die Pfaffheit zusammen führen / zu welchen die schon gefangene auch hingeführet wurden / und ihre Anzahl sich auff 320 erstreckete; welche König Baldrich also anreden muste: O ihr meinäldige Pfaffen / was vor ein böser blutgieriger Geist und Teufel hat euch getrieben / ein solches unverantwortliches Wesen wider eure höchste Obrigkeit und seine Söhne anzurichten? Wer kan von eurem Vornehmen anders urteilen / als daß ihr in diesen Hochmuht gerahten seyn müsset / das ganze weltliche Gericht / uñ Oberbotmässigkeit an euch zubringen / und die Fürstliche Herschung übern hauffen zu werffen? Dann vorerst habt ihr alle Untertahnen wider euren GroßFürsten und dessen Söhne auffgewiegelt; nachgehends euch auch des ganzen Adels entlediget / die höchsten Kriegsbedienungen und ämter euch angemasset / eures GroßFürsten Schanzen unabgesagt bestürmet / und seiner angebornen Untertahnen / die in Pflicht und äiden sitzen / so manniche tausend auffgeopffert / ja mit wenigen zureden / alles das getahn und vorgenommen / was ihr nur eurem GroßFürsten und dessen Söhnen zu Troz habt erdenken können. Nun [629] ist eure Boßheit euch auff eure Scheitel gefallen; Ihr stehet als die verlassene und auff dem Diebstahl ergriffene / wie es dann allemahl den Auffwiegelern zuergehen pfleget / daß sie doch endlich das Bad austragen müssen. So sprecht euch nun selbst die Urtel / was durch solche Boßheit ihr verdienet habet; könnet ihr einiges Recht in der Welt finden / welches euch zustatten kommen möchte / das wil man euch gerne gönnen. Aber euer eigenes Gewissen / der unbetriegliche Richter rufft eure Schuld und Straffe euch selber zu / welches ein jeder vernünfftiger euch vor der Stirne lesen kan. Damit ihr aber eures GroßFürsten und seiner Söhne angebohrne Gnade erkennen und geniessen möget / sol dem grösserẽ Teil verzihen / und die Boßheit geschenket seyn; aber alsbald gebet eure Verführer und Auffwiegeler heraus /und die vor andern sich des Unwesens angenommen; lasset auch diesen vor allererst hertreten / welcher in Frießland von mir Urlaub baht / nach Hause zureisen / und sein schwangeres Weib zubesuchen / da er selbst von einem schändlichen Teufel geschwängert /mit der gottlosen Frucht der algemeinen Auffruhr beladen wahr / und wie mir schon bewust ist / die andern zu solchem übel angereizet hat. Derselbe nun trat willig hervor / weil er sahe / daß es doch nicht anders seyn kunte / und brachte ein; Er wäre vor diesem allemahl ein geträuer Großfürstlicher Diener gewesen /hätte dieses Werk nicht aus eigenem Getrieb getahn /sondern auff der grossen Göttin Freia ernstlichen Befehl und angehängte Dräuung verrichten müssen / die ihm nit allein glüklichen Fortgang / sondern auch Schuz und Schirm verheissen und zugesagt hätte; und währe er viel zu wenig gewesen / sich ihrer Macht und hohem Ansehen zuwidersetzen / deswegen er in solcher Verrichtung wol würde zuentschuldigen seyn. Zuentschuldigen? sagte König Baldrich; wolan / laß uns deine Entschuldigung besehen. Du wendest ein /deine Göttin Freia habe dichs geheissen. O mein Kerl; der boßhafftige Lügen Geist / der leidige Teuffel hat dich gereizet / du Erz-Bösewicht; derselbe hat gefallen an Unfrieden / Krieg und Blutstürzung / und ist ihm dannoch / dem allerhöchsten Gott sey Dank /nach seinem Willen nicht gelungen / dann er hatte euch allen viel ein grösseres Verderben zugeschnitten / wann nicht viel ein stärker es gnädigst abgewendet hätte; aber gesetzet / deine Freia habe es dir befohlen; hättestu dann nicht deiner weltlichen Herschafft es zuvor anzeigen sollen? Wie leicht hättestu mirs können sagen / als du umb Urlaub der Reise bey mir anhieltest / und das währe deine Schuldigkeit gewesen. Aber Gott Lob / daß es schon so weit kommen ist /und du erkennest / auch bekennen must / deine vermeinete Göttin habe dich hinter das Licht geführet /weil du augenscheinlich sihest / daß dein Vornehmen den glüklichen Fortgang nicht erreichet; so wirstu auch diese Stunde empfinden / ob sie dir wider des Henkers Schwert Schuz halten werde; meinest du aber / daß die wahre Gottheit wol könne mit Lügen umgehen / und ichtwas wider die Warheit vorbringen? Nein; die gesunde Vernunfft lehret dichs ja / daß Gottheit / das volko enste Gut / mit dem schändlichen Laster der Lügen und Betriegerey durchaus keine Gemeinschafft haben könne. Dann was Gott oder göttlich ist / das leuget nicht / und wz da leuget und treuget / das muß oder kan ja kein Gott seyn. Nach dieser RedeEndigung muste der angemassete Feldherr Großpfaffe Seifart mit seinem Statverweser Großpfaffen Hardek / und andern Redlensführern hervortreten /und die ganze Zahl der recht schuldigen mit ihrem ja bekräftigen / deren annoch 22 lebendige Pfaffen und 16 Handwerker uñ Bauren [630] wahren / denen ihr Verbrechen vorgehalten / die Urtel gesprochen / und alle durch des Henkers Schwert abgetahn wurden. Die übrigen Pfaffen wurden vorgefodert / und befraget / ob sie mit ihres GroßFürsten und seiner Söhne gnädigstem anerbieten und gegebener Erklärung friedlich /und wie der Adel und Gemeine gutwillig getahn / solches anzunehmen bedacht währen; welche alle einen demühtigen Fußfal leisteten / ihren Irtuhm uñ Missetaht bekenneten und beräueten / auch allen Gehorsam versprachen / bahten daneben untertähnigst /daß die Großfürstliche Zusage wegen des alten Glaubensfreyheit in ihrer Kraft verbleiben möchte. Der Adel und die Gemeine bahten sehr vor ihr Leben /und bekahmen darauff ohn fernere nachforschung ihres verbrechens vollige verzeihung / und nochmahlige versicherung ihrer Geist- und weltlichen Freyheit; daher ein solches Frolocken unter den Völkern entstund / daß auch die Pfaffen selbst es bereulich beklageten / daß sie wieder solche fromme gnädige Herrn sich auffgelehnet hätten. Als nun der GroßFürst sahe /daß die Untertahnen überal ein gutes Herz gegen ihn gefasset hatten / ritte er selbst / von wenigen seines Landadels begleitet / bey ihnen umbher / hieß sie diesen Abend ruhen / die Todten begraben / und folgen den Morgens mit alle ihrem Gewehr erscheinen / so daß die Teutschẽ alle miteinander allein / die Böhmen und Friesen aber zur seite halten solten; welches alles nach seinem willen ging / da er den Elefanten ausrüsten hieß / und vor das Teutsche Heer stellen / stieg mit seinen Söhnen und Ladisla hinauff / welche sich Schneeweiß uñ Königlich gekleidet hatten / und musten von den ädlen / Pfaffen und gemeinem Manne 300 in gleicher Anzahl umb den Elefanten hertreten; er aber fing diese Rede zu allen Anwesendẽ an: Liebe geträue Untertahnen und Landsassen; ich und wir alle miteinander haben Gott hoch zu danken / daß er des bösen Feindes Vorhaben gesteuret / und das angestiftete Elend gnädig abgewendet hat / da die Obrigkeit und Untertahnen / Väter und Kinder / Brüder und Anverwanten einander grimmig auffreiben solten; nun aber / Gott lob / an stat dessen / eine löbliche Vertrauligkeit und fester Friede angerichtet und gestiftet ist / nachdem gleichwol / welches ich hoch beklage /über die 30000 meiner Untertahnen dz Leben einbüssen müssen. Euch allen ist wol bewust / und bedarfs keines weitläuftigen erzählens / was gestalt vor wenig Jahren ich meinen herzlieben älteren Sohn / Fürst Herkules / aus meinem Reiche verbannet habe / umb daß er nicht allein einen fremden / uns unbekanten Gottesdienst in der Fremde angenommen / der uns überal abscheuhlich beschrieben ward / und wir doch weit anders befinden / sondern auch zugleich sich hiemit dem Römischen Reiche als ein Lehnträger und Untertahn verpflichtet hätte / so daß bey künftiger seiner Herschaft er der Römer Willen geleben / und ihnen die Teutschen Völker zinßbar machen wolte; welches gleichergestalt eine abgefeimete grobe Lügen ist / und die Ertichter und Aussträuer derselben ihren Lohn nach Gottes wunderbahrem Gerichte schon empfangen haben. Beklage deßwegen billich und von Herzen / daß durch falsches angeben ich mich dazumahl zu ungerechtem Zorn und Eiser wieder diesen meinen Sohn Herkules / der mir allernähest alhie zur Linken stehet / verleiten lassen / und ihn als einen Durchächteten halten müssen / welches doch mein eigen Herz dergestalt abgezehret hat / daß wo es länger hätte wehren sollen / ich in kurzer Zeit des Todes drüber seyn müssen / und mich dessen doch gegen niemand habe dürfen merken lassen. Wie hart und unbillich nun ich mich gleich gegen ihn erzeiget / so hat er doch hingegen [631] seinen kindlichen Gehorsam von mir nicht abgekehret / sondern ist stets geblieben / der er vorhin wahr / nehmlich ein ergebener Sohn seiner Eltern / ein Freund der Tugend / uñ ein Liebhaber seines undankbahren Vaterlandes / welches augenscheinlich daher zusehen ist / daß ob ihm gleich der Römische Käyserliche Stuel (O welch eine Ehre den Teutschen!) angebohten und auffgetragen ist / er dañoch solchen nur deßwegen ausgeschlagen hat / weil er alsdann hätte müssen ein Feind seiner Teutschen werden / und sie nohtwendig bestreiten. Zweifele nun dann einer / ob er seinem Vaterlande die gebührliche Liebe und Träue erzeiget habe oder nicht. Den kindlichen Gehorsam wird kein Mensch an ihm leugnen können /wer nur betrachtet / daß so bald er meiner Entführung innen worden / er mit Leib und Lebensgefahr (dann er wahr ja ein Verbanneter) sich nach Teutschland gemacht / und zu reiten nicht auffgehöret / biß er mich und die meinen loßgerissen / und des gottlosen Räubers frevel gebührlich abgestraffet hat. Also wil ich euch nun diesen meinen Sohn länger nicht verbergen /welchen ihr gutenteils ohndas schon wieder kennet; denen aber seine glükliche Wiederkunft bißdaher unwissend gewesen / die sehen nur sein Angesicht an /sie betrachten seine Gestalt und Wesen / so werden sie befinden / daß er nicht so gar sich verendert hat /daß man ihn nicht mehr kennen solte. Von seinen herlichen Tahten zu rühmen / die er in Italien und andern weit abgelegenen Ländern begangen / wil mir als seinem Vater nicht anstehen / und sind etliche hundert Teutschen und Böhmen in dem Heer / welche als grossenteils sehende Zeugen / davon werden bericht geben können. Dem almächtigen grundgütigen Gott sey Lob und Dank gesaget / dz er den unschuldigen erretten / diesen meinen lieben Sohn dem Vaterlande zum besten hat wollen in der Fremde unter so mannicher grosser Gefahr erhalten / und sein Herz also lenken / daß er fremde angebohtene Herschaften ausgeschlagen / und nach seinem Teutschlande verlangen getragen hat. So vernehmet nun meinen ernstlichen Willen und Meynung / und richtet euch darnach; ihr wisset / daß diesem meinen Sohn Herkules / als dem erstgebohrnen / mein Teutsches Reich von Gott und Rechtswegen zustehet / (dann die ergangene Acht und der Ban mus Tod / rein abe / und als ungeschehen seyn) so daß er mit keinem fuge davon kan ausgeschlossen werden. Nun bin ich zwar euer GroßFürst annoch im Leben und zimlicher Gesundheit / wiewol den Abgang meiner Kräfte ich schon merke / habe aber mir gänzlich vorgenommen / meine übrigen Tage / wie weit sie noch reichen werden / in guter Ruhe und sanfter Stille zuzubringen / und meinem Gott zu dienen; daß nun gleichwol das Reich nicht ohn ein gewisses Häupt seyn möge / so wil ich gleich jezo diesen meinen Sohn Herkules euch vor erst als euren GroßFürsten hiemit vorgestellet haben / und zugleich des Aides / damit ihr mir verbunden seid / euch Kraft dieses erlassen / auch alsbald auff diesen euren GroßFürsten euch verweisen / dem ihr alsbald auff stehendem Fusse die Huldigung abstatten sollet; hingegen wird er sich verbinden / alles daß ungeendert zu halten / was ich euch heut und vorige Tage / GroßFürstlich versprochen habe. Damit aber unser Teutsches Reich sein ehmaliges Ansehen unter diesem euren jungen Herscher wieder bekommen möge / sol er forthin nicht mehr den Nahmen eines GroßFürsten / sondern Königes der Teutschen führen / wovor ihn unsere Reichsfeinde die Römer selbst ehren / halten und erkennen. Herkules erschrak dieses vorbringens von herzen / machete sich auch schon gefasset / die Antretung der Herschaft durch erhebliche Ursachen [632] abzulehnen; aber die ganze Menge fing ein solches Freuden-geschrey an / daß die Erde erzitterte / uñ die Luft sich zerteilete / auch eine Viertelstunde nichts anders gehöret ward / als; Glük zu unserm neuen Könige Herkules; Glük zu unserm lieben Könige Herkules; Glük zu dem tapfern / glükhaften / unüberwindlichen Könige der Teutschen! Einem Ehrgeitzigen hätte kein angenehmer Lied können gesungen werden / aber der demühtige Herkules hörete es mit grosser ungeduld an / daß er auch dem Volke endlich durch unterschiedliche Zeichen andeutete / er wolte gerne gehöret seyn /da er also anhuhb: Gnädigster Herr uñ Vater / ich ruffe mein Gewissen zu zeugen / daß / wann ich dieses solte gemuhtmasset haben / ich eurem liebreichen Vaterherzen mich diese Stunde noch nicht hätte wollen zuerkennen geben; wie ich dann durchaus nicht willens bin / einen Fuß in die Königliche Herschaft zu setzen / als lange der grundbarmherzige Gott euch meinen Herr Vater bey Leben und Vernunft erhalten wird; nicht wegere ich mich dessen aus ungehorsam /sondern aus gebührlicher kindlicher Demuht / zweifele auch nicht / mein Herr Vater so wol / als das ganze hochlöbliche Königreich der Teutschen werde mich alles ungleichen verdachts gnädigst und freundlich erlassen / und wil ich zugleich meine herzliebe Brüder /König Ladisla und König Baldrich gebehten haben /da sonst einige rechtschaffene Liebe in ihrẽ Herzen gegẽ mich übrig ist / meinen Gn. Herr Vater dahin helffen zubereden / daß er seine gefassete Meynung Väterlich endern / und die wirkliche Beherschung Zeit seines lebens behalten wolle / sonsten / wann es ja so seyn müste / wil ich gerne einwilligen / daß ich vor einen erwähleten König uñ künftigen Herscher der Teutschen gehalten werde. Ladisla und Baldrich sahen seinen ernst / und nicht geringe Bewägung /daher sie allerhand Ursachen hervorsucheten / den GroßFürsten zur enderung seines Vortrages zubereden / unter welcher Zeit Herkules von dem Elefanten stieg / und sein liebes Gemahl vermochte / ihm bey seinem Vater zu hülffe zu treten / welche alle Reden wol vernommen hatte / dann sie hielt allernähest bey dem Elefanten auff ihrer Gutsche; stieg demnach willig abe / stellete sich gegen den GroßFürsten gleich über zu fusse / da Fürst Olaff ihr eine Sammete Decke hinspreiten ließ / und hielt diese Rede: Großmächtigster / gnädigster Herr Vater; euer väterliches Herz und hochgeneigter Wille gegen mich / ist in weniger Zeit mir dermassen bekant worden / daß ich eine Todsünde begehen würde / wann in denselben ich einigen zweifel setzete; daher ich dann die feste Zuversicht gefasset / es werde euer Vaterherz das untertähnige demühtige Ansuchen euer Hochheit ergebenen Tochter nicht verstossen / sondern ihr behägliche und erfreuliche Antwort wiederfahren lassen. Vor erst aber erkühne ich mich zu fragen / warumb doch mein Herr Vater meinen herzallerliebsten Gemahl Fürst Herkules so hart beschweren / und ihm alsbald die lastsame Bürde der Herschaft aufladen wil / da doch nicht allein mein Herr Vater sein Reich bißdaher so löblich beherschet / sondern auch noch stark / vermögen und verständig gnug ist / demselben weiter vorzustehen; hingegen mein Gemahl Fürst Herkules bißdaher vor wirkliche beherschung Land und Leute sich aufs höchste gehütet / uñ dazu sich durchaus nicht hat bereden können. Wil dann mein Herr Vater dieses nicht lassen gültig seyn / ey so endere ihre Hocheit doch diese ihre gefassete Meinung nur umb meinetwillen /uñ gönne mir nach so grossem ausgestandenen Herzleide / daß ich mich an meinem herzallerliebstẽ Gemahl ein wenig ergetzen möge / welches die unaufhörlichen Reichsgeschäfte sonst nicht [633] zulassen würden; massen / wann ich meinete / ich hätte ihn bey mir am Tische sitzen / würde er sich hinweg machen / den Königlichen Stuel besteigen / und den Untertahnen Recht sprechen müssen. Nun mir zweifelt nicht / mein Herr Vater werde diese meine erste öffentliche Bitte mir nicht ungnädig abschlagen / sondern uns ein wenig ruhe gönnen / nachdem wir bißdaher die weit abgelegenen Weltwinkel durchkrochen / und fast keinen Tag allein mit einander reden können; es ist uns gnug uñ übrig gnug / daß wir schon wissen / was wir nach unsers Herrn Vaters Tode (welchen Gott ja lange verhüten wolle) dereins seyn sollen / daß wir noch zur Zeit nicht begehren. Hierauff kehrete sie sich umb nach dem Heer / und redete dasselbe also an: O ihr unüberwindlichen Teutschen! wie könnet ihr mit geduldigen Ohren anhören / daß euer GroßFürst / der euch bißher so wol und redlich vorgestanden / sich euer gar abzutuhn vorhabens ist? lieber gebet nicht zu / daß durch seine abdankung eure schuldige dankbarkeit gehindert werde / welche zuerzeigen ihr nach eingepflanzetem Recht gehalten seid; deswegen helffet mir und meinem Gemahl bitten / daß euer GroßFürst /der euch bißdaher so wol geschützet / den Reichsstab in der Hand behalten / und ja nicht ablegen möge. O ruffet ihm den Nahmen eines Königes zu / dz wie ihr dem Bömischen / Frisischen und andern umliegenden Königreichen weder an Macht noch Adel / noch weitleuftigkeit ichtwas bevorgebet / auch an der Benahmung nicht geringer seid / weil eure Voreltern von undenklichen Jahren her / unter Königen gelebet haben. Sehet da; werdet ihr helffen / daß meine Bitte haften kan / wil ich dem ganzen Teutschen KriegsHeer durch die Bank hin ein Denkgeschenk austeilen /und einem jeden ohn unterscheid zwo Kronen einreichen lassen. Die KriegsObersten liessen sich hierzu leicht bereden / traten vor den Elefanten / und fing ein vornehmer Herr unter ihnen also an: Großmächtigster / unüberwindlicher GroßFürst / gnädigster Herr und Landes-Vater; wie gnädig eure Hocheit sich gegen uns seine ungehorsame Untertahnen hat erzeiget / und nach erlassung aller mißhandelung und Straffe / ihren geliebten Herr Sohn den unvergleichlichen Held /GFürst Herkules / uns zur höchsten Obrigkeit vorstellen wollen / werden wir Zeit unsers Lebens zu preisen Ursach haben / und doch ni ermehr gnug preisen können. Ob nun zwar an ihre Hochfürstl. Durchl. unserm gnädigsten Großfürsten / Herrn Herkules wir im geringsten nit zu tadeln haben / sondern bekennen müssen / auch willigst bekennen / daß seine preißwirdige Tahten des ganzen Teutschen Nahmens Ehre seyn und ewig bleiben werden / so ist doch auff dessen / wie auch der unvergleichlichen Großfürstin und Frauen / Fr. Valiska / inständiges begehren / an Eure Hocheit unser aller flehendliches suchen und untertähnigstes bitten / dieselbe wollen ihren Untertahnen nicht so schleunigst aufdanken / sondern denselben etwas Zeit gönnen / daß vor erzeigete väterliche Gnade sie ihr dankbegieriges Herz in etwas sehen lassen können. Damit aber Eure Hocheit sehe und gnädigst merke / wie genehme derselben Vortrag uns allen sey / so verpflichtet sich hiemit und Krafft dieses / das TeutscheReich / daß wir seine Großfürstl. Durchl. Herrn Herkules nicht weniger ehren / fürchten und lieben wollen / als ob er schon auff dem Reichs Stuel sässe / aber doch / wie schon erwähnet / wollen ihre Hocheit wir untertähnigst und demühtigst nochmahls ersuchet haben / dieselbe wolle bey Lebzeit /den ReichsStab nicht aus den Händen legen. Schließlich zeiget der Adel und die ganze Gemeine an / daß sie nach diesem nicht mehr zugeben können / [634] daß ihre Hocheit den Nahmen eines Großfürsten / sondern Königes der Teutschen führe / wie denselben ihrer Hocheit Vorfahren vor langen Jahren / nicht ohn Schrecken der Feinde geführet haben; erklären auch hiemit dieselbe vor ihren König / wie dann seine Durchl. Großfürsten Herkules gleicher Gestalt vor ihren schon erwähleten und bestätigten König; als auch die beiden Durchl. Großfürstinnen und Frauen / Fr. Gertrud /und Fr. Valiska vor ihre allergnädigste Königinnen. Worauff das Geschrey wüste durcheinander ging / da etliche den beiden Königinnen Glük / Heil / Friede /Gesundheit und langes Leben zurieffen / daß der Redener sein Wort nicht ausführen kunte / welcher willens war vor das von Fr. Valisken angebohtene Gnadengeschenk untertähnigst zudanken / und Könige Baldrich im Nahmen der Teutschen Stände zu der Friesischen Kron glük zu wünschen. Der alte Großfürst sahe nunmehr / daß er seinen Vorsaz nicht kunte zu Werk richten / und gab sich in des Landes und seiner lieben Kinder Willen. Das übrige dieses Tages ward mit aller Fröligkeit zugebracht / und sahe man seinen wunder / wie die Teutschen Völker eine solche unzählige Anzahl Kränze / in Gestalt Königlicher Kronen von Laub / Graß / Korn / Kräutern / Blumen /und was sie haben kunten / flochten und herzu trugen / daß sie bey unterschiedlichen Hauffen in die zehn Ellen hoch / und eins so breit aufeinander lagen. Die Fürstlichen Häupter hielten sich in einem grossen Zelt beyeinander / da König Baldrich (weil sie von dem ergangenen Wendischen Kriege ihr Gespräch hattẽ) zu Königin Valisken sagete: Wann der allerhöchste Gott diese Welt und alle Königreiche mit Väterlichen Gnaden-Augen ansehen / und sie mit einander zum Christentuhm bringen möchte / alsdañ würde ohn Zweifel zuhoffen seyn / daß Krieg und Unfriede würde auffhören / und durchgehends vertrauliche Christliche Einigkeit gestifftet werden / nachdem unser Heiland seinen Jüngern und gläubigen in seinem heiligen Worte einen so gar ernstlichen Befehl erteilet hat / daß sie sich untereinander lieben / und nit allein alle ungebührliche Feindschaft ablegen / sondern man auch seinen Feinden gutes tuhn / und dem Beleidiger alle Freundschafft und Liebe-Dienste erweisen solle / welches alsdann ein jeder / hohes und niedriges Standes würde müssen in acht nehmen / wo er sonst nicht wolte vor einen Unchristen gehalten seyn. Valiska schwieg auff solche Rede ein wenig stille / bald hernach sagte sie zu Herkules: Ich muß bekennen / daß mein lieber Bruder / König Baldrich sehr wol und vernünfftig geurteilet hat / und halte ichs mit ihm / daß wann die Christliche Lehre durch alle Welt wird angenommen / und das Heidentuhm auffgehaben seyn / wie man ja dazu überaus grosse Hofnung hat / alsdann werde nicht allein das unbefugte BeleidigungsSchwert / sondern auch das eigentähtliche RachSchwert zubrochen / und aus der Welt verbannet werden. Aber Herkules gab ihr diese Antwort. Ja mein trauten Schatz / so müste es zwar billich seyn /wañ nach algemeiner Einführung des Christlichen Glaubens ein jeder / wes Standes er seyn möchte / seinen Glauben mit seinen Werken zuzeigen gefliessen seyn würde. Aber meinet ihr dann / daß der hellische Friedenstörer alsdann schlaffen / und die Menschen /insonderheit / hohe weltliche Häupter unangefochten lassen werde? Es hat ja der Sohn Gottes uns viel ein anders zuvor gesaget / daß nehmlich am Ende der Welt / oder in den lezten Zeiten man noch am allermeisten von Kriegen und Kriegsgeschrey hören werde; welches ohn zweifel von den Christen selbst zuverstehen ist / wann alle Welt sol Christlich werden. Valiska antwortete [635] hierauff: Je was werden dann diese wol vor Christen seyn / welche wider ihres Heylandes Befehl und Willen so vorsezlich zuhandeln /uñ öffentliche Beledigungs Kriege anzufahen sich nicht scheuhen werden? Ach mein Seelichen / sagte er hierauff; weiß sie dann nicht / daß heut schon unter den Christen viel gefunden werden / welche sich zwar zur Kirchen Gemeinschafft bekennen / und nicht desto weniger einer und anderer Boßheit ihre Seele gewiedmet haben? Betrachtet nur den schänd- und schädlichen Lehr-Krieg / welcher von den Ketzern in der Kirche geführet wird / die sich alle vor Christen angeben / und dannoch biß auffs äusserste sich katzebalgen. Es werden aber / sagte Valiska / die Christlichen Lehrer und hohen Häupter der Kirchen wol durch ihr einreden und vermahnen / die unbefugten Kriege können hintertreiben / und durch angeführte Ursachen /deren sie aus Gottes Wort mehr als tausend zunehmen haben / die Könige und Fürsten zu friedliebenden gedanken bewägen. Ja / sagte Herkules / wañ dieselben allemahl möchten gehöret werden. Wie sol aber ein grosser König oder Fürst es machen / wann er von einem andern seines gleichen hefftig und hart beleidiget wird? sol er darzu stille schweigen / und solche Unbilligkeit zustraffen allerdinge vergessen seyn? Valiska / nach kurzem stilleschweigen und tieffem nachsinnen / gab zur Antwort: Es müsten alle Könige und Fürsten / die niemand vor ihren Obern / als Gott und das Schwert erkennen / dieselben / sage ich / müsten vermöge ihrer geistlichen Gemeinschafft dessen einig seyn / daß wann einer ihres Mittels / einem andern unrecht tuhn / oder sonst tähtliche Beleidigung anfügẽ würde / die andern sich alsbald darein mischen / und beyden Teilen aufflegen müsten / daß sie der übrigen allen Machtspruch sich unterwerffen / und der Beleidiger endlich dem Beleidigten gnugsame Erstattung leisten müste. Würde aber der eine Teil sich dessen wegern / so daß der beleidigte nicht wolte ohn Rache sich lassen befriedigen / oder der Beleidiger seinen Fehler nicht wolte erkennen noch verbessern / als dann stünden die übrigen alle an des Friedfertigen Seite / und zwüngẽ den Kriegsüchtigen zur Billigkeit. O mein Schaz / antwortete Herkules / wie schwerlich würde sich dieses werkstellig machen lassen. Der eine würde einen Verwanten / einen sonderlich gewogenen Freund / einen geträuen Nachbar haben / umb dessen Beystand er sich würde bewerben / und dadurch unter allen Königen Uneinigkeit machen / daß sie leicht in zween Hauffen ritten / und beide streitende Teile ihren Anhang hätten / worauff es über uñ über gehen / und der böse Friedenstörer der leidige Satan keine bessere gelegenheit ihm wünschen könte / die ganze Christenheit aneinander zuhetzen; da er sich insonderheit würde bemühen / der Könige ihre hohen Bedienetẽ zum Geiz zuverführen / durch dessen getrieb sie von den Gewalttähtern würden Geld nehmen / und mit Judas Ischarioth wol ihre Herren gar verrahten. Dann wo der Geiz herschet / oder die Geizigen gewalt und gehör habẽ / da hat Satan seine geträuen Leute im Spiel / durch welche er seinen Vorsaz / das ist / Krieg und Mord leicht erhalten kan. Sonsten gestehe ich gerne / daß wann die ganze Welt zum Christlichen Glauben gebracht währe / und ein jeder König oder grosser Herr sein Gewissen in acht nähme / insonderheit aber dessen sich erinnerte / daß er am grossen algemeinen Gerichts Tage / von alle dem Blute / welches auf seine Veranlassung vergossen ist / Rechenschafft geben müste / würde Satan nicht so leicht können blutige Kriege anzetteln / es währe dann / daß einer oder ander König das Christentuhm im Munde /und des bösen Teufels [636] Willen im Herzen führen möchte. Zugeschweigen / daß zwischen etlichen Ländern und Völkern eine solche eingewurzelte Feindschafft ist / dz deren Vergleichung und Liebe scheinet eine lautere Unmögligkeit seyn. Ladisla redete mit darein / weil er sahe / dz seine Schwester hieselbst eine geraume Zeit ihre Antwort hinter hielt / uñ sagte: Ich vor mein Häupt wil diesen Sachen so weit nicht nachdenken / nur möchte ich gerne berichtet seyn / ob dann keinem Christlichen Könige von Gott zugelassen sey / einigen Beleidigungs Krieg anzufahẽ; dann daß er sich und seine Untertahnen wider frevelmühtige Anfälle wol schützen / und gewalt durch gemalt abtreiben dürffe / daran wil ich schier nicht zweifeln /demnach wir ja in Gottes Worte lesen / daß recht fromme gottselige Könige und Obrigkeiten / zeit des Alten Bundes / das Schuz Schwert mit gutem Gewissen / ja wol gar auff Gottes Befehl das Rach Schwert ergriffen / und dessen glüklich gebraucht haben. Diese Frage / mein geliebter Bruder / kan viel leichter erörtert werden / sagte Herkules; Und ist diß meine Meinung / daß so lange einiger beleidigten Obrigkeit der Weg Rechtens offen stehet und gegönnet wird /kan sie mit gutem Gewissen keinen Krieg ansahen noch führen / man möge den Krieg auch täuffen wie man wil. Solte aber dem beleidigten aller Weg Rechtens verlegt und abgeschnitten werden / dann wird derselbe nicht zuverdenken seyn / wann er mit dem Schwerte suchet / sich der Unbilligkeit und gefahr zuentschütten / oder auch sein Recht zusuchen. Wiewol eine Christliche Obrigkeit alle und jede Umstände vorher wol und fleissig zuerwägen hat / ehe sie den Harnisch anleget. Insonderheit muß alsdann solche Obrigkeit sich hüten / daß sie sich nicht lasse zu einer grösseren Rache verleiten / als die eingenommene Beleidigung erfodert; noch unschuldig Blut vergiesse /da sie dessen kan geübriget seyn. Dann Menschen Blut ist vor unserm Gotte sehr teur und wert geschätzet / und mag eine jede Obrigkeit sich dessen wol versichern / daß wann dieselbe Krieg und Blutvergiessen veranlasset / sie vor dem hohen Gericht des Allerhöchsten Gottes von solchem unschuldig vergossenen Blute wird Rede und Antwort geben müssen; Und O weh denen / die solches nicht vor ihres Lebens Ende erkennen und rechtschaffen bereuen; denẽ wird Gottes Strafhand gar zu schwer und unleidlich fallen. Betreffend die grossen und blutigen Kriege / welche Moses /Josua / David und andere wider die Ungläubigen geführet haben / damit hat es seine sonderliche Beschaffenheit; dann weil solche heydnische Völker / wider welche diese Kriege geführet wurden / durch ihre übermachte Sünden es dahin gebracht hatten / daß Gott über sie die Straffe der Ausrott- oder Vertilgung beschloß / und solches sein Gericht an ihnen zuverüben diesen seinen fro en Dienern anbefahl / waren solches keine menschliche / sondern des HErrn Kriege / wie sie auch in Gottes Wort genennet werden / über welche alhie kein Mensch seine Urtel fellen / sondern mit König David sagen muß: HErr du bist gerecht /und deine Gerichte sind gerecht. Sonsten daß unser Gott kein gefallen an denẽ Kriegen haben könne /welche unter Christen geführet werden möchten / solches wird wol niemand in Zweifel zihen / es währe dann / daß er Gottes Wort und Warheit wolte zu Lügen machen; Dann was der grosse Lehrer Paul den Christen insgemein gebeut / da er spricht: Ist es möglich / so viel an euch ist / so habt mit allen Menschen Friede. Und der Sohn Gottes: Selig sind die Friedfertigen / dann sie werden Gottes Kinder heissen; solches ist nicht allein den Untertahnen / sondern auch der Obrigkeit angesagt / und stehet an [637] stat eines gnugsamen Beweißtuhms / daß alle Kriege / deren man irgend kan müssig gehen / den Gläubigen keines weges erläubet sind; haben auch solche Kriegsüchtige schon die gedräuete Straffe / daß sie Gott zustreuen wolle. Sie wurden endlich in dieser Unterredung verstöret /weil bey den Völkern ein überaus grosses Geschrey sich erhub / dessen ursach zu erfahren sie aus ihrem Gezelt hervor gingen / und sahen / daß etliche hundert Mann einen Kranz von Graß / Korn / Laub und Blumen hinzu trugen / in solcher grösse und weite / daß alle Fürsten sich dessen verwunderten; weil alle Träger in dessen Kreise stehen / und darinnen rings umher gehen kunten. Es wahren aber lauter Friesische Untertahnen / welche ihn gemacht hatten / brachten auch denselben ihrer neuen Königin Fr. Lukrezien herzu / legten ihn zu ihren Füssen / und wünscheten ihr so mannichen glüklichen Tag / als Blumen / Graß / Kornhalme und Laub an diesem Kranze währen. Welches ihr Gemahl / König Baldrich mit guter Freundligkeit beantwortete / und allen Trägern eine sonderliche milde Gabe versprach. Sie machten sich darauf wieder in ihr Gezelt / uñ suchten durch allerhand Unterredungen sich zuergetzen; aber es wolte dañoch die Fröligkeit bey den Königl. Häuptern nit volko en seyn / wegen der eingemischeten Trauer- uñ Leidgespräche / welche von dem verlorne Fräulein /bald von einem bald vom andern angeführet wurdẽ; da insonderheit die liebe Mutter sich i erzu ängstete /und sich gar nit wolte bereden lassen / dz sie añoch im Leben seyn solte / insonderheit als ihr um dieselbe Zeit im Schlaffe vorkam / wie sie zwey tieffe Wasser sähe / in deren einem ihre liebe Tochter biß an dẽ Halß wadete / uñ mañichmahl gar unter die Wellẽ kam; in dem andern aber Fürst Arbianes noch grössere gefahr ausstund / weil unterschiedliche ungeheure Fische auff ihn ansetzeten / und ihn zuverschlingen dräueten. Sie erzählete solches ihren lieben Kindern nicht ohn Trähnen / welche daher auch wenig gutes zu deuten wusten / ohn daß Königin Valiska sie versicherte; es währe ihrer Gn. Fr. Mutter dieses zweifels ohn noch zum troste von Gott also vorgestellet / massen sie daher die sichere Hofnung fassete / daß sie noch beyderseits im leben / aber in unterschiedlicher Gefahr / auch wol von einander getrennet seyn möchten. In welcher Auslegung sie dann nicht umb ein Haar fehlete. Des andern Tages nach der geendigten Fehde ließ Baldrich seine Friesen wieder zurük gehen / gegen welche er sich gebührlich bedankete / uñ wegen geträuen beystandes ihnen alle Königliche Gnade versprach / neben der Verheissung / daß allen die ihm zugezogen währen noch ein halbes freies Jahr / nach dem schon versprochenen ganzen Jahre / solte geschenket seyn; über welche mildigkeit sie sich zum höchsten verwundertẽ. Er behielt aber auff Herkules gutachten deren 9000 bey sich / die er biß nach Prag mitführen solte / ob etwa der Teufel auch in Böhmen loß werden wolte / daß man einen nohtschuz bey sich hätte / und wurden dieselben mit den 6000 Wenden in ein Heer zusammen gesezt / doch daß jede Landes-Art ihre eigene Befehlichshaber und Geschwader hatten. Die Teutschen musten gleicher gestalt ausser 12000 /alle miteinander nach hause gehen / die genennete aber bey ihren nunmehr bestätigten Königen bleiben /da alles Volk nebest den Pfaffen angeloben musten /daß sie von der Christen Gott und ihrem Glauben nichts spöt- oder verächtliches / vielweniger lästerliches reden wolten; dagegen solten sie in ihrem Gottesdienste auch ungestöret / unangefochten und unbespottet bleiben; wiewol einem jeden Untertahnen freistehen solte / wann ihm aus ungezwungenem freien willen belieben würde / den Christlichen [638] heiligen und allein seligmachendẽ Glauben anzunehmen / wiewol gar wenig sich anfunden / deren Herz von Gottes Geiste zu solcher heilsamen Bekehrung gerühret ward /so gar wahren sie in ihrem heidnischen Irtuhm und väterlicher gewohnheit ersoffen. Als sie sich auff den Weg nach Magdeburg begaben / säumeten sie auff der Reise nicht lange / und behielt Ladisla umb mehrer sicherheit willen / alle seine Böhmen bey sich / biß sie zu Magdeburg anlangeten / da musten sie alsbald fort nach ihrer Heimat gehen / jedoch 9000 bey ihrem Könige verbleiben. Weil nun hieselbst auff fleissige Nachfrage kein Mensch das allergeringste von dem verlohrnen Fräulein zu sagen wuste (dann die Mutter hatte Hofnung gehabt / hieselbst etwas zuerfahren) da ging das Herzleid von neuen bey ihr an / so daß sie alle Hofnung verlohr / sie Zeit ihres lebens wieder zu sehen / drunge auch stark darauff / daß man ihres todeswegen die Trauer anlegen solte / welches sie aber nicht erhalten kunte. Ihr Hoffgesinde / so dem Heidentuhm annoch ergeben wahr / sucheten vor sich selbst bey ihren Pfaffen an / aus den Opffer-zeichen oder anderen üblichen nachforschungen ihnen anzumelden / wie es mit dem Fräulein möchte beschaffen seyn / dann sie ward von hohen und nidrigen wegen ihrer Demuht und Frömmigkeit überaus heftig geliebet; aber es wolten die Pfaffen sich weder durch schenkungen noch verheissung bewägen lassen / das allergeringste davon zu melden / aus furcht / sie würden ihre Obrigkeit dadurch beleidigen / weil ihnen bewust wahr / daß die Christen solches alles vor ein Affenwerk und Narrentand hielten. Ladisla währe gerne bald wieder zu Prag gewest / aber König Henrich wolte ihn vor seiner und seines Sohns Herkules beschehener Krönung nicht lassen / welche des neunden Tages nach ihrer Ankunft angesetzet wahr / und die Teutschen ädlen / so vor aus gezogen wahren / solches durch das ganze Land ausbreiten musten. Herkules ließ seine und seines Gemahls Krone bey schneller Botschaft von Prag hohlen / nebest etlichen Tonnen Goldes Baarschaft / vielen Kleinoten / und 50 Fuder der mitgebrachten köstlichsten Italianischen und Griechischẽ Weine / ward auch eine herliche Bahn zum Ringelreñen vor dem Schlosse angeleget / und bemüheten sich die Jäger allerhand Wildbrät herbey zuschaffen / da die Fürsten selbst alle Tage dem Weidewerk oblagen. Der Ausschuß von den Landständen stelleten sich gebührlich ein / aber über dieselbe eine solche menge Volkes / welche der Königlichen Krönung zusehen wolten / daß umb das Königliche Schloß her von allen seiten fast eine halbe Meile Zelten und Hütten auffgerichtet wurden. König Henrich und Herkules wurden mit der Kron gekrönet / welche der Käyser selbst unserm Herkules zu Padua auffgesetzet hatte / die beyden Königinnen aber mit Valisken Kron / welche sie eben an dem Ort hatte empfangen / und ist unmöglich zubeschreiben was vor ein Freudengeschrey dabey getrieben ward. Man warff ganze Säcke vol Silbergeld / und ganze Tonnen vol güldener Münze bey der Krönung aus / dessen man dazumahl in Teutschland allerdinge ungewohnet wahr / und legten die einfältigen Bauren solches also aus /als wann sie es nur auflesen / und alles wieder einliefern müsten. Wie sie aber ein wiedriges vernahmen /daß ein jeder behalten solte / was er ergriffen hätte da speiete sich mannicher selber an / daß er das auffgelesene andern hingereichet hatte / und doch nicht wuste wem. Ja etliche durften fragen / wie viel Tage solches Geldaussäen wehren würde. Bey der Königlichen Gästerey ging alles prächtig zu / nur daß die rechte Kunstweise zu Singen und auff Seiten zu spielen /von König [639] Henrich an seinem Hofe annoch nicht angeordnet wahr / daher nach gehaltener Mahlzeit Valiska an dem obersten Tische mit ihrer Lauten sich lustig machete / da die anwesende Abgeordente von den Ständen hinzudrungen / dem herlichen Spielwerk und eingerichteten Gesange zuzuhören / gleich als sie den 45sten Psalm des Königes David in einer lieblichen Weise sang / welcher also lautete.

Der XLV. Psalm.
1
Wie treibet mich mein Herz und Sin /
Und reisset mein Vermögen hin /
Ein Lied ein feines Lied zu tichten /
Vom Könige wil ich zurichten
Den aller lieblichsten Gesang;
Gleich wie ein schneller Schreiber führet
Die Feder / die er richtig spüret /
Sol klingen meiner Zungen Dank.
2
Du bist der allerschönste Mann /
Der unter Menschen leben kan /
Deß Lippen auch von Honig fliessen;
Drum wird dich Gott zusegnen wissen
Mit Freud und Wollust für und für.
Du starker Held in Unglüks Zeiten /
Dein blankes Schwert gürt an die Seiten /
Und schmücke dich mit Pracht und Zier.
3
Recht / daß der Streit und Kampf dir glükt /
Weil du so prächtig bist geschmükt.
Fahr her zu uns auff deinem Wagen
Der Wahrheit / und las dir behagen /
Was Sanfftmuht und das Recht begehrt;
So wird die Stärke deiner Rechten
Dich wunderbahrlich lehren fechten
Zu wieder dem der dich beschwehrt.
4
Scharff und durchdringend ist dein Pfeil /
Und stränger als kein Donner Keil /
Kein Volk mag dessen Schuß ertragen;
Zur Erden werden sie geschlagen /
Da wo der Feinde Schaar sich hält.
Dein Stuel O Gott kan nicht vergehen /
Dein Reichs Stab muß gerader stehen
Als wol kein ander in der Welt.
5
Gerechtigkeit die hältstu wert /
Und hassest den / der Gottloß fährt /
Es muß ihm fehlen allenthalben /
Drum hat dein Gott mit solchen Salben
Dich Gott und Herscher schön geschmiert /
Die Fröligkeit in uns entzünden /
Mehr als die sich bey dir empfinden /
So treflich bistu auß geziert.
6
Es riechen deine Kleider ja
Wie Aloes und Kasia /
Und wie die Myrren / wo du stehest /
Und her aus grossen Häusern gehest
Von Elffenbeinen auffgebaut.
So tritstu her in deinem Prangen /
Wie solchen Schmuk auch um sich hangen
Die Königs-Töchter und die Braut.
7
Zur rechten Seiten steht sie dir
In aller reinster Goldes Zier /
So gut als mans aus Ophir bringet.
O schönste Tochter / was hier klinget /
Da hör und sihe du nach aus /
Neig her die Ohren: Unterdessen
Must deines Volkes du vergessen
Und deines lieben Vaters Hauß.
8
So wird der König allemahl
Dich lieben wie sein Einig-Al /
Und deiner Schönheit stets begehren.
Er ist dein HErr / den mustu ehren /
Und ganz demühtig vor ihm stehn.
Die Tochter Zor wird Gaben bringen /
Und Reiche werden zu dir dringen
Daß sie vor deinen Augen flehn.
9
Der Königs-Tochter schöner Pracht
Ist innerlich vor höchst geacht /
Mit gülden Stük ist sie geschmücket /
Und ihre Kleider sind gesticket;
So wird sie an den König bracht;
Das Frauen Zimmer auch daneben /
Die ihr zu Dienst Gefärten geben
Sind allesamt in deiner Macht.
10
Die Heimfahrt ist mit Lust geschehn /
Ins Königs Hoff siht man sie gehn.
Du wirst viel schöner Kinder säugen
An Väter stat / und Fürsten zeugen
Der ganzen Welt. Zu aller Zeit
Wil deines Nahmens ich gedenken /
Drum werden dir die Völker schenken
Sehr hohen Dank in Ewigkeit.

[640] Die heidnischen Zuhörer verstunden dieses Gesanges Inhalt ganz nit / meineten / es währe von eines irdischen Königes Tapferkeit und Heyraht getichtet / und hatten mehr gefallen an der gesanges Weise / als an den Worten. Ihre Fr. Mutter selbst / die alte Teutsche Königin / zweifelte / worauff sie zielete / deßwegen Valiska mit lauter Stimme zu ihr sagete: Gn. Fr. Mutter; dieser Gesang ist nichts anders / als ein Geistliches Lied / welches ein geistreicher weissagender König des Israelitischen Volkes / nahmens David /unserm Heylande und Erlöser Jesus Christ / uñ der glaubigen Christlichen Kirchen zu ehren getichtet hat / mehr als 1000 Jahr vorher / ehe derselbe unser Heyland seiner Menscheit nach an diese Welt gebohren ist / dañ der heilige Geist Gottes hat ihm solches eingegeben / er aber hat es auffgesetzet den damahligen Gläubigen zu trost / daß dieser versprochene Himmels König gewißlich kommen und nicht ausbleiben würde / wie lange sichs gleich damit verzöhe; Und rühmet alhie der Tichter den Sohn Gottes als einen himlischen Bräutigam seiner gläubigen Kirchen / wie derselbe so schön / freundlich-beredsam / mächtig und gerecht sey; seine Braut aber / daß dieselbe auch von ihrem Bräutigam treflich ausgeschmücket sey /durch welchen Schmuk die iñerliche Zierligkeit des Glaubens / der Hoffnung / Liebe / Geduld / und anderer Christlichen Tugenden verstanden wird; dañ vor dem heiligen Gotte gilt kein äusserlicher Pracht von Gold / Perlen und ädlen Steinen / sondern ein Herz /welches sich von den sündlichen Werken des Fleisches und von der Liebe der üppigen Wollust abzeuhet / und hingegen seinen Gott sich zu allem Gehorsam ergiebet. Diese Rede höreten alle im Saal versamlete Heiden mit grosser befremdung an / und begunten etliche zu sagen: Wañ der Christen Glaube also beschaffen währe / daß er nur zur übung der Tugenden anführete / so müsten es gottlose Verleumder seyn / die den Christen alle Freiheit zur Sünde uñ Schande aufbürdeten. Herkules nam auff seiner Fr. Mutter begehren die Laute auch zur Hand / und gab ihr zuvernehmen wie bereit er währe ihr zugehorsamen / nebest anzeige / er wolte ein Lied hören lassen /in welchem angezeiget würde / was vor einen herlichen und kräftigen Trost eine gläubige Seele daher zunehmen hätte / daß dieser unser himlischer Bräutigam JEsus Christ seiner Menscheit nach erhaben währe / und zur rechten der Kraft Gottes im Himmel sich gesetzet hätte; da er dañ nach einem und anderem kurzen Vorspiel (umb die reinstimmung der Lauten zuvernehmen) dieses Lied erschallen ließ.

Seelen-Trost

Uber unsers zur Rechten Gottes sitzenden Heylandes Vertretung seiner Gläubigen bey GOtt.

1
GOtt Lob! das Heil ist wieder bracht /
Die Noht ist überwunden;
Weil JEsus Christ in grossem Pracht
Sich hin zu Gott hat funden
Dann weil er nun im Himmel sitzt /
Und kräfftig seine Schaar beschützt /
Ist sie der Angst entbunden.
2
Der schwarze Satan stund vor Gott /
Der uns sehr hart verklagte;
Die Sünde macht' uns grosse Noht /
Die das Gewissen plagte;
Der Tod trat her mit vollem Lauff /
Die Helle taht den Rachen auff /
Daß alle Welt verzagte.
3
Der Eifer Gottes brante sehr /
Gesetzes Spruch wahr herbe;
Die Urtel drükte gar zu schwehr /
Wer sündiget der sterbe;
Dann Missetaht kan anders nicht /
Als daß sie stürzet ins Gericht /
Und raubt des Himmels Erbe.
[641] 4
Wie wiltu armer Sünder dann
Der Hellen Pein entgehen?
Kom schaue deinen Heiland an /
So wirstu wol bestehen;
Der dir zur Rettung ist gesand /
Sizt hoch zu Gottes rechten Hand /
Da horet er dein flehen.
5
Daselbst vertrit er dich mit Krafft
Und reinigt dich von Sünden.
Umsonst sucht Satan deine Hafft /
Dann Christ wil dichs entbinden.
Der Tod zeucht seine Klauen ein /
Die Helle muß verstopfet seyn /
Und was dich quählt / verschwinden.
6
Dein JEsus stillet Gottes Zorn /
So groß ist sein vermögen;
Bricht des Gesetzes steifes Horn /
Und macht aus Urtel Segen;
Ja alle deine Missetaht /
Die Gottes / Grim erwecket hat /
Muß sich in Abgrund legen.
7
Was fürchtestu O Sünder dann /
Was stehestu in Zagen?
Nur schaue deinen Heyland an /
Der deine Schuld getragen;
Der ist / so weit der Himmel geht /
Hoch über Engels-Krafft erhöht /
Mehr als wir können sagen.
8
Dein Fleisch O Mensch / herscht überal
In JEsus deinem HErren /
Darum bewäget dich kein Fal /
Er sey nah oder ferren.
Wer könt uns doch / wo JEsus Christ
Dein Bruder Ober Meister ist /
Die Himmels Tühr versperren?
9
Er ist des Vaters liebster Sohn /
Dem Gott noch nichts versaget;
Durch sein Verdienst ist aller Hohn
Gott Lob / vor uns gejaget;
Als er vor uns sein teures Blut
Vergossen hat mit grosser Fluht /
Und sich in Tod gewaget.
10
Der herschet nun mit voller Macht
Als Gott und Mensch zusammen;
Und weil er uns zum besten wacht /
Wird uns wol nichts verdammen;
Der Teufel sey noch eins so groß /
So gibt ihm JEsus doch den Stoß
Und wirfft ihn in die Flammen.
11
Uns aber wil er nach dem Tod'
Aus Gnaden zu sich zihen /
Und schaffen / daß wir aller Noht
Durch seine Hulff' entfliehen.
Drum trit zu diesem JEsus her /
So wird dein Heyl je mehr und mehr
Auff wachsen und vol blühen.
12
Ach ja / du süsser JEsus Christ /
Der du hinauff gestiegen /
Und Herscher über alles bist /
Laß uns nicht unter liegen.
Vertrit dein armes Häuffelein /
Und gib / das wir nach dieser Pein
Uns hin zu dir verfügen. Amen.

Es ist ein überaus grosses / sagte seine Fr. Mutter nach dieses Liedes Endigung / daß ein armer sündiger Mensch von dem allerhöchsten Gott die Freiheit hat /sich in seinen Nöhten zu ihm durchs Gebeht hinzuwenden / und dessen hohe Kraft zu seinem besten zugebrauchẽ. Zwar ich habe zeit meines Heydentuhms ja auch wol die Hofnung gehabt / meine damahlige vermeynte Götter würden zeit der Noht bey mir stehen / und mir Rettung widerfahren lassen / aber keine Zuversicht / kein Vertrauen wolte sich dabey eräugen /und wahr nicht viel anders / als wann mich der kalte Schweiß erwärmen solte. Ja gn. Fr. Mutter / antwortete Königin Valiska; wie kan man trauen / da kein grund ist? Wie kan man auff den Trieb Sand fest bauen? Ich muß ja vorhin in meiner Seele dessen versichert seyn / daß derselbe warhafftiger Gott sey / der mir helffen sol / ehe ich mich versichern kan / daß ich die gewisse Hülffe von ihm zugewarten habe. Ja ich muß zuvor auch wissen / ob derselbe geneigt und willig sey mir zuhelffen / zu dem ich meine Zuflucht nehmen sol. Dann wo es an diesem gedoppelten Grunde mangelt / da ist es dem listig-verschlagenen Teufel ein leichtes / [642] des Menschen Herz aller Zuversicht zuberauben / und die völlige Verzweifelung ihm beyzubringen. Ja es hat noch Mühe gnug / daß ein gläubiger frommer Christ vor den Anfechtungs Pfeilen dieses Hundert-Tausend-Künstlers gesichert bleibe /deren freilich die Heiligen Kinder Gottes / als lange sie in dieser gebrechligkeit wallen / nicht können allerdinge enthoben seyn; massen dieser Feind unserer Seligkeit ein unverschämter Gast ist / und sich lieber einstellet / da er nichtgeladen wird / als da er seine Stelle schon weiß. Jedoch sind wir in der SchuzHand unsers Almächtigen Gottes / der uns mit seinem GnadenSchilde decket / daß die Anfechtungs-Schüsse leer und ohn Blut abgehen müssen. Aber uns lieget inzwischen ob / Gottes Barmherzigkeit hierüber inbrünstig anzuruffen / und dabey uns fleissig zuhüten / daß wir nicht durch unsere Sicherheit und üppiges getrieb den Schuz Gottes von uns wenden / und dem Versucher uns unbewaffnet darstellen. Wann wir nun hieselbst das unsere nach Vermögen tuhn / und mit Furcht und Zittern im Glauben unsere Seligkeit wirken / ob wir gleich zuzeiten aus Fleisches Schwacheit straucheln /wil doch Gott darumb nicht alsbald die Hand gar abzihen / sondern auf ergangene Bereuung gnädig seyn /und gerne wie der auffhelffen. Ich erinnere mich / daß meine gn. Fr. Mutter mir schon mehr als einmahl ihres Herzen Anliegen zuverstehen gegeben / daß sie den Anfechtungẽ nicht allemahl zusteuren wisse; aber wir müssen den Teuffel nicht zuviel hofiren / noch auff alle seine Einwürffe uns zur Verantwortung einlassen / sondern uns auff unsers Gottes Barmherzigkeit und seines lieben Sohns Verdienst beruffen / alsdann wird der Heilige Geist seinen kräfftigen Trost in unser Herz fest einsenken / daß Satan mit allen seinen Versuchungen zu schanden werden muß. Meine herzgeliebte Fr. Tochter hat mir vor etlichen Tagen auff der Reise / da wir auf dem Elefanten beyeinander wahren / ein tröstliches Lied hören lassen / sagte die alte Königin / dessen Anfang dieser wahr:Ach wie angst ist unser Seelen / wann der Teufel auff uns sticht; und möchte ich dasselbe noch gerne einmahl hören. Valiska gab zur Antwort: Mein Herr Bruder König Ladisla hat dasselbe auffgesetzet / uñ wird verhoffentlich seiner Fr. Mutter nicht versagen / es alsbald anzusti en. Ihr Bruder sagte mit einem Lachen: Geliebte Schwester / du weist allerhand Mittel zuerfinden / mich und andere zum Schuelrecht anzufodern / so daß man nicht bald gelegenheit haben kan / die dein begehren zuversagen; nam die Laute zur Hand /gab ihr eine andere Verstimmung / und sang dieses Lied darein.


Umb Beystand des Heiligen Geistes zeit der Anfechtung.

1
Ach wie angst ist unser Seelen
Wann der Teuffel auf uns sticht;
Wann er / Herz und Geist zu quählen /
Unser Trost-Stab gar zubricht;
Wann er seine Pfeil' ohn Ruh
Scheust auff uns Elenden zu /
Und macht uns mit seinen Waffen
Unerträglich viel zuschaffen.
2
O da ist kein Trost zu finden /
Da fält alle Freude hin:
Unsre Kräffte die verschwinden /
Und der hart geplagte Sin
Schreiet lauter weh und Ach /
Lässet keine Stunde nach /
Kan die Pein nicht mehr ertragen /
Noch sein Herzleid von sich sagen.
3
Geiliger Geist / du Kraft der schwachen /
Du im tunkeln helles Licht /
Wirstu über uns nicht wachen /
Wirstu uns erleuchten nicht /
So ist es um uns getahn.
Keiner ist der helffen kan /
Wann du wirst dein Heil versagen /
Und vor uns nicht Sorge tragen.
[643] 4
Schau' auff uns elende Kinder;
Ohn dich sind wir Vater loß
Satan bleibt wol Uberwinder
Wann du Gott uns lässest bloß.
Heiliger Geist / beut uns die Hand /
Und feucht unser dürres Land;
Las dich als ein Schützer finden /
Und Anfechtungs-Feur verschwinden.
5
Höchster Trost in allen Nöhten /
Sieh' uns arme Sünder an /
Und laß vor dich unser behten.
Nichts ist das uns retten kan /
Wann du nicht die Hand anlegst
Und den Feind zu rücke schlägst;
Nichts ist / das der Teuffel scheuhet /
Als wann deine Kraft ihm dräuet.
6
Dann weiß er nicht Fus zuhalten /
Sondern muß die Flucht angehn;
Sein' Anfechtung muß erkalten /
Wann dein Heil du lässest sehn;
Wann du uns zur Seite stehst /
Und zu unser Hülff' außgehst /
Dann so müssen seine Flammen
Ihn selbst brennen und verdammen.
7
O so kom du Rettungs-Bringer.
Unsre Seele sey dein Hauß.
So wird alle Noht geringer /
So reist Satan furchtsam aus /
Und des schwachen Menschen Muht
Wächset unter deiner Huht /
Daß er allem Teuffels-wüten
Und Anfechtung Troz kan bieten.
8
Wir sind willig unsre Herzen
Dir zu liefern; nim sie an /
Und laß deines Wortes Kerzen /
Welches dunkel brechen kan /
Bey uns scheinen für und für;
HErr entzünde die Begier /
Daß wir gläubig zu dir rennen /
Und von heisser Liebe brennen.
9
Dann sol aller Teuffel Schrecken
Uns forthin nicht schrecklich seyn /
Wann wir deinen Trost nur schmecken /
Wann du zu uns kehrest ein.
Ach erhör uns Gottes Geist /
Der du heilig bist und heist;
Dann so wollen wir dort oben /
Und hie niden dich stets loben. Amen.
Herkules wolte auch eines hinzu tuhn / welches gleiches Inhalts währe / und ließ dieses erschallen:
1
Wann unsre Macht des Satans List und Pfeil /
Und seine Wuht nicht kan zu rücke treiben;
Wann unser Fleisch uns selbsten alleweil
Verführen wil / auf böser Bahn zu bleiben;
Wann Sünden-Angst zu giftig auf uns schlägt /
So daß wir uns auch vor uns selbst entsetzen;
Und unsern Geist durch Zweifelmuht erlegt /
Daß gar kein Trost ihn wieder kan ergetzen;
2
Sotrit uns zu / du grosse Himmels Kraft /
Gott Heilger Geist / gib Kraft in solchẽ Nöhten;
Las Satans Pfeil und List seyn abgeschaft /
Und daß der Geist das Fleisch mög' untertretẽ;
Die Sünden-Angst nim gnädig von uns hin /
Daß sie uns nicht in dieser Noht erdrücke;
Hilf wieder auf und stärke Muht und Sin /
Daß unser Geist sich / HErr Gott / zu dir schicke.
3
Du bist ia HErr der armen Sünder Trost /
Der schwachen Krafft / die Hofnung der Elenden;
Wann Satans Grim auff Sie gewaltig stost /
Pflegstu die Noht in Gnaden abzuwenden.
Du richtest auf was sonst er schlagen liegt;
Dein Gnaden-Strohm erquicket matte Seelẽ;
Dein Schutz ist / der die frommen nicht betriegt /
Vñ unser Herz frey macht von Satans quählẽ.
4
Diß frischet uns / O höchster Tröster / an /
Daß wir nicht gar in diesem Kampf erliegen /
Den sonst kein Mensch zum Sieg' aus führẽ kan /
Wann wir nicht Kraft durch deine Gnade kriegẽ.
Ach Heilger Geist / so steh uns schwachen bey /
Las deine Macht und Güte tröstlich scheinen;
Zu dir erhebt sich unser Noht-Geschrey /
Derwegen kom und rett' O Gott die deinen. Amen.

Fürst Olaff wunderte sich / daß diese Fürsten und Valiska das Seitenspiel und die Singekunst so wol begriffen hatten. Sein Leibdiener ein gebohrner Engeländer / wahr derselben auch wol erfahren / und hatte unterschiedliche anmuhtige Lieder aus den heydnischen [644] Geschichten / die nicht uneben gesetzet wahren / welches Königin Valiska wuste / und ihm die Laute reichete / den anwesenden ädlen eines auffzumachen; Welcher in gebührlichem Gehorsam solches leistete /und aus dem Ovidius das Getichte von dem Pyramus und der Thysbe in diesen Reimen anstimmete:


Thysben Klage über ihres Pyramus Tod.

1
Pyramus mein bester Freund /
Meines Lebens Sonne;
Meine Freud und Wonne /
Der mich träulich hat gemeint!
Was vor Unglük hat dich troffen?
Wer hat dich alhie ermordt?
Stilstu so mein sehnlich hoffen /
O du meiner Seelen Hort?
Wer hat dich erschlagen?
Wiltu mirs nicht sagen?
2
Pyramus erhöre doch
Deiner Thysben Schreihen;
Wiltu so erfreuen
Ihr angst-schweres Liebe-Joch?
Ach was sol ich nun beginnen?
Weh O weh der grossen Noht!
Ach der Herzog meiner Sinnen
Ligt vor meinen Füssen tod!
Leiden über Leiden
Wirket Todes scheiden!
3
Mein Ziel wahr in dich gericht
Und dir wahr ergeben
Mein Herz / Geist und Leben;
O freundlich Angesicht /
Wo ist deine Schönheit blieben?
Warumb bistu doch so bleich?
Das zulieben mich getrieben /
Ist nun eine todte Leich'.
O du bittre Liebe /
Darin ich mich übe!
4
Dieses Schwert sey stets verflucht /
Welches hat dein Leben
In den Tod gegeben /
Vnd dein keusches Blut versucht.
Trag' ich schuld an deinem sterben /
Wie mir zeiget diß mein Kleid;
Bin mit dir gleich zuverderben
Ich ganz willig und bereit;
Wil mit meinen Händen
Gern mein Leben enden.
5
Ich wil dein Gefärte seyn /
Vnd dich nicht verlassen
Auff des Todes Strassen;
Dieses wünsch ich nur allein:
Unsre Leiber mögen liegen
Fein in eines Grabes Raum;
Darzu wil ich dieses fügen:
O du blutger MaulbeerBaum!
Deine Beerlein färbe
Blutroht / wann ich sterbe.

Valiska lobete den Tichter / und sagete zu Olaff: Solche und dergleichen weltliche Gesänge / die weder von Göttern noch Menschen schandbahre Sachen in sich begreiffen / sondern entweder der Warheit ähnliche Erzählungen / und keusche Liebes-Reden / oder sonst der Tugend Lob uns vorstellen / sind mir nicht unangenehm. Der Lauten Spieler hörete dieses / und ließ folgendes noch darzu erklingen:


Koridons Morgen-Seuffzer.

1
Nvn die finstre Nacht ist hin /
Hoffnung hat mich jezt umfangen.
Fillis liebste Schäfferin
Bistu schon hinweg gegangen!
Warumb geh' ich nicht mit dir?
O du Sonne meines lebens /
Lieb' ich dich dann so vergebens?
Bricht dein Glanz noch nicht herfür?
2
Zwar der Sonnen-Fackel wacht /
Und die Morgenröhte scheinet /
Alles Wild im Walde lacht;
Und mein Herz im Leibe weinet.
Fillis läufstu' noch vor mir?
O du Sonne meines lebens /
Lieb' ich dich dann so vergebens?
Bricht dein Glanz noch nicht herfür?
3
Höre doch die Nachtigal /
Wie sie schon ihr Stimlein fuhret /
Wann sie klaget ihren Fal /
Daß sie unkeusch ist berühret.
[645]
Fillis aller Wälder Zier /
O du Sonne meines lebens /
Lieb' ich dich dann so vergebens?
Bricht dein Glanz noch nicht herfür!
4
Schaue deine Schäffelein /
Wie sie in den Auen spielen /
Weil auch sie des Tages Schein
Und der Sonnen Hitze fühlen.
Fillis Fillis kom doch hier!
O du Sonne meines lebens /
Lieb' ich dich dann so vergebens /
Bricht dein Glanz noch nicht herfür?
5
Unsre Heerden weiden all /
Welche Berg und Tahl besteigen /
Und der Schäffer-Pfeiffen-Schall
Läst die Echo nimmer schweigen.
Fillis Fillis kömstu schier?
O du Sonne meines lebens
Lieb' ich dich dann so vergebens /
Bricht dein Glanz noch nicht herfür?
6
Deine Schäflein weiden nicht /
Wer wil deine Lämmer tränken?
Gib mir deiner Augen Licht /
Die mein Herz abwesend kränken.
Deiner wart' ich mit begier.
O du Sonne meines lebens /
Lieb' ich dich dann so vergebens?
Bricht dein Glanz noch nicht herfür?
7
Hat dich Unglük übereilet?
Hat dich wa der Wolf verletzet?
Hastu dich wa sonst verweilt /
Oder untern Baum gesetzet?
Scheuhstu wa das wilde Tihr?
O du Sonne meines lebens /
Lieb' ich dich dann so vergebens /
Bricht dein Glanz noch nicht herfür?
8
O ihr Hirten jauchzet nicht /
Lasset die Schalmeien schweigen;
Lasset euer Traur-geticht
Hin biß an die Wolken steigen;
Ruffet / rufft / (was schweiget ihr?)
O du Sonne meines lebens /
Lieb' ich dich dann so vergebens?
Bricht dein Glanz noch nicht herfür?

Das Königliche KrönungsFest ward drey Tage feirlich gehalten / da unter andern / sechs grosse Bähren mit so viel Ochsen kämpffen musten / welches eine feine Lust zu sehen wahr / uñ vier Ochsen auch zween Bähren das Leben einbüsseten. Die versamleten Bauren hatten auch ihre gewöhnliche übungen mit dem Steinwurff und dergleichen; unter anderẽ kurzweilen hatten sie eine Gans an einen Quehrbalken bey den Füssen auffgehenket / unter welchem sie mit vollem rennen herjagen / und nach der Gans greiffen musten / da der / so ihr den Hals abrisse / eine Tonne Bier zum Gewin davon brachte. Nach geendigtem solchem Fest schicketen sich die unsern zur Reise / welche die beyden jungen Königinnen vor allen andern befoderten /weil nach ihren jungen Herrlein ihnen sehnlich verlangete.

Es wird aber Zeit seyn / daß wir dem höchst betrübten Großfürstlichen Fräulein ein wenig nachfolgen / umb ihren elenden Zustand anzuschauen / welches ohn mitleiden nit geschehen kan. Dieselbe hatte auff ihres getråuen Wolfganges emsiges anhalten sich endlich noch erhoben / und einen ungebahneten Weg /Leute anzutreffen / vor sich genommen / aber biß eine Stunde vor Abends sahen sie keinen Menschen / endlich stiessen drey / dem äusserlichen ansehen nach /erbare alte Männer auff sie von der linken Seiten her; welche auff ihre nachfrage / ob in der Nähe kein Dorff währe / zur Antwort gaben; nicht weit von hinnen hätten sie in einẽ Flecken ihre Wohnung; ermahneten sie mitzugehen / und vertrösteten sie guter Herberge. Das Fräulein ward ihrer Geselschaft froh / und sagete: O ihr ehrliche Männer und gute Freunde / des müsse euch Gott im Himmel lohnen / daß ihr uns zu rechte weiset / damit wir nicht in dieser Einöde dürffen liegen bleiben; und möchte ich wünschen / daß euer Flecken nicht gar zu weit währe / ich werde sonst schwerlich so weit gehen können. Wir werden gar bald dahin gelangen antwortete der eine / fragete auch darauff / was vor [646] Leute sie währen; dem Wolffgang antwortete; diese junge Frau währe seines Bruders Eheweib / und wohnete in Frießland jenseit der Isel /dahin sie zu gehen willens währen. Nun hatte sich aber Wolfgang in der Welt gar verlohren / und da er meinete nach der Isel zukommen / ging er immer weiter davon abe; welches diesen dreyen die gewisse muhtmassung gab / sie würden zweifels ohn dieser Länder unbekant seyn; sageten doch / sie gingen gar recht / und würden die Isel bald zusehen bekommen; aber ehe Wolfgang sichs versahe / nahmen ihrer zween ihn bey den Armen / der dritte setzete ihm das Messer an die Kehle / uñzwang ihn / anzuzeigen / ob er Geld bey sich hätte / solte ers albald hergeben /oder seines lebens beraubet seyn. Dieser / mehr wegen der Fräulein als sein selbst vor dem Tode sich fürchtend / erboht sich zu alle ihrem Willen / und langete die 100 Kronen hervor / die er bey sich vernähet hatte. Das Fräulein gedachte hieselbst / sie müste auch Geld geben / oder sterben / rieff aus grosser Angst / und sagte mit kläglichen Geberden: Ach ihr guten Leute / tödtet diesen meinẽ Schwager nicht /damit er mich durchbringen könne / ich habe auch noch Geld bey mir / daß wil ich euch alles gerne einhändigen; langete auch allenthalben hervor / da sie meinete etwas vernähet zu seyn. Diese drey Diebe /welche eigentlich Pferde aus der Weide zustehlẽ ausgangen wahren / erfreueten sich der guten Beute / kehreten sich weiter nicht an sie / sondern liessen sie immer vor sich hingehen / schenketen auch Wolfgangen auff sein bitliches anhalten drey Kronen Zehrgeld / und machten sich von ihnen hinweg / wolten ihnen gleichwol nicht anzeigen / wo sie Leute antreffen könten / dann sie fürchteten / man würde sie verfolgen /da das Fräulein anfing: Ach du almächtiger Gott / wie greiffestu mich doch so gar hart und ernstlich an; du hast mich von meinen lieben Eltern / hernach von meinem allerliebesten Fürsten geschieden; nun bin ich überdas noch aller Lebensmittel beraubet / welche mehrenteils im Feur auffgangen / und das wenige überbliebene mir nun gar abgeno en ist; doch mein Gott / erhalte nur den lieben Fürsten beim Leben /und mich bey ehren / daß wir endlich frisch und gesund wieder mögen zusammen kommen. Sie hatte diesen ganzen Tag weder gegessen noch getrunken / und wahr vom lauffen so müde / daß sie keinen Fuß mehr nach sich zihen kunte. Wolfgang wünschte nichts mehr / als nur ein Dorff oder Stad zuerreichen / da er das Fräulein bey Leute bringen / und er einen des weges erfahrnen Menschen antreffen möchte / der ihn wieder auff den Weg nach seinem alten Vetter brächte / dañ wolte er schon Gelder finden / und dem Teutschen GroßFürsten nachzihen / der das Fräulein mit gnugsamer begleitung abholen würde. Als er aber sahe / daß sie vor mattigkeit nit weiter fortgehen kunte / sagte er zu ihr: Frau / der Abend fält mit macht herein / und wir sind im offenen Felde da keine Bahn ist; lieber stärket euch aufs beste / ich hoffe /wir werden bald bey Leute kommen / dann wir haben die Sandhügel überwunden / und gerahten an besametes Land / welches dort von ferne sich blicken lässet /da wir dann einen Landweg antreffen werden / so haben wir wils Gott unsere mühselige Reise abgelegt. Ja wol abgelegt / mein guter Wolfgang / ja wol abgelegt / sagete sie; ich fürchte sehr / sie werde erst recht angehen / machte sich doch aufs stärkeste / und ließ sich von ihm bey der Hand leiten / biß sie gar nicht mehr folgen kunte; da fassete er sie / wie er ein starker untersezter Mensch wahr / und trug sie eine grosse Viertelstunde / biß er bey eine Heerstrasse kam / woselbst er sie nidersetzete / umb ein wenig zu ruhen /und wahrzunehmen / ob nicht ein Mensch des Weges reisen [647] würde. Endlich sahe er einen Lastwagen daher fahren / welcher zimlich schwehr beladen wahr / und baht den Fuhrman / er möchte diese Frau welche sich sehr müde gangen / biß an das näheste Dorff auffsitzen lassen. Der boßhaffte unbarmherzige Mensch aber wegerte sich dessen; seine Pferde währen auch müde / und den ganzen Tag abgetrieben; so müste er über das eilen / damit er das Dorff vor später Nacht erreichete; sie währe ein junges frisches Weib / die den Weg noch wol gehen könte / welcher in einer halben Stunde würde geendiget seyn; wie wolte sie ihm gethan haben / wann er gar nicht kommen währe. Das Fräulein hatte sich ein wenig ausgeruhet / nur daß sie die Füsse wund gangen / und erboht sich gegen Wolffgang / sie wolte so weit noch wol gehen; weil er aber ihr hinken über sein Herz nicht bringen kunte /nam er sie wieder auff den Rücken / und trug sie fort /da sie von dem mehr als halbtrunkenen Fuhrman so viel schimpflicher Reden annehmen muste / daß ihr die Trähnen aus den Augen schossen / und doch alles geduldig erlitte. Du fauler Balg / sagte er unter andern zu ihr / lässt du dich als ein jähriges Kind von dem Kerl auff dem Puckel tragen? pfui schäme dich du Muz; wann ich dein Kerl währe / ich wolte dich mit der Peitsche dergestalt wissen zustriegeln / du soltest mir wie ein Tanzpferdichen springen. Bald griff er auch Wolffgangen an; mein Kerl du must lieber tragen als ich / daß du das junge faule Weib auff dem Rücken fortschleppest; laß das Weib lauffen auff den Füssen die ihr angewachsen sind / und wann du ja etwas tragen wilt / wil ich dir schon eine Last auflegen / daß meine Pferde etwas Leichterung empfinden. Nun wolte Wolffgang sich mit ihm nicht gerne überwerffen / sondern sagte / er solte ihn seines Weges gehen lassen / wie er ihm ja an seinem fahren nicht hinderlich währe; könte er erkennen / daß seinen Pferden eine Müdigkeit zustossen könte / warumb solte dann ein schwaches Weib nicht können matt werden. Worauff der Unflaht so garstige Reden ausschüttete /daß das züchtige Fräulein darüber erstarrete / insonderheit als er anfing sie unzüchtig zubegreiffen / und ihr bald darauff einen Groschen boht / seines Willens zupflegen. Wolffgang redete ihm ein / er solte wissen / daß er mit keinem unzüchtigen Weibe fortginge / uñ dafern er sie weiter mit schändlichen Worten und anderer Ungebühr antasten würde / solte ers mit ihm zutuhn haben / nachdem er schuldig währe / sich seiner Schwägerin anzunehmen. Ja du Knolle / antwortete er / ich fürchte mich gleich so wenig vor dir / als vor dieser jungen Metzen / und nun sol und muß sie meines Willens seyn / oder ich wil euch beyden die Hälse umdrehen; fassete zugleich die Peitsche / und hiebe das Fräulein umb die Beine unbarmherzig gnug; worüber Wolffgang alle Geduld verlohr / und in solchen Eifer geriet / daß er einen Stein fassete / und damit auff den Buben loßging. Derselbe nun fiel ihm alsbald in die Haar / und gedachte ihn zur Erde niderzureissen / welches ihm aber fehlete / kahmen mit einander zuringen / und weil Wolffgang sich durch das gehen zimlich abgemattet hatte / solte der ander ihm schier überlegen gewesen seyn / arbeitete sich endlich von ihm loß / und als er sahe / daß jener sein Brodmesser hervor suchete / ihn damit zuerstechen / er aber den Stein noch in der Hand hatte / schlug er ihm damit die Hirnschale ein / daß er alsbald niderfiel /und nach wenig zappeln das Leben auffgab. Erst geriet das Fräulein in die allergrösseste Angst / und sagete: O du barmherziger Gott / nun fallen wir ja erst in die aller schlimmeste Lebensgefahr. Ach Wolffgang / Wolffgang / hattet ihr ihn doch nur immerhin peitschen lassen / er würde [648] vielleicht nichts ungebührliches vorgeno en habẽ. Davor wolte ich zehnmahl sterbẽ / antwortete er / ich habe dẽ gottlosen Schelm schon viel zuviel zu gute gehaltẽ / uñ schäme mich /dz ich ihm nicht gleich anfangs das Schandmaul gestillet habe; grif dem schon verschiedenen in den Schiebsak / fand einen zimlichen Beutel mit Gelde /und eine frische Semmel bey ihm / gab solche dem Fräulein / und steckete das Geld zu sich / schleppete hernach die Leiche hinter einen dicken Pusch / trieb den Wagen nach der andern Seite vom Wege ab / da die Pferde einen jehen Hügel hinunter renneten / und der Wagen gar umschlug / daß die Pferde weder hinter noch vor sich kunten; Er aber fassete das Fräulein wieder auff / und lief / so viel ihn Angst und Gefahr treiben kunte / biß er endlich vor dem Dorffe anlangete / da es schon zimlich finster wahr / ging nach der Baurschenke / und ließ ihm Speise uñ Trank geben /so gut es zubekommen wahr / da dann das Fräulein sich des Schreckens zimlich erhohlete / auch eine gute Mahlzeit hielt / und bald darauff ihr eine Sträu machen ließ / darauf sie die ganze Nacht hindurch wegen der grossen Müdigkeit schlief. Zwo Stunden nach ihrer Ankunfft entstund das Geschrey im Dorffe / des Schenken Wage läge mit samt den Pferden unten am Hügel / eine halbe Viertelmeile vom Dorffe / und währe kein Mensch dabey; welches seinem Weibe angesaget ward / die darauff anfing über ihren Mann sich hefftig unnütze zumachen; es währe des versoffenen Bier Tölpels sein Brauch also / daß er in allen Krügen schwabbelte / und die Pferde ihren Weg vor sich hingehen liesse / weil er sich darauff tröge / daß sie die Strasse kenneten; würde demnach wol wieder kommen / wañ er den Rausch hinter etwa einem Zaune ausgeschlaffen hätte / wo er wol nicht gar mit einem unzüchtigen Balge abseit gangen währe; doch schickete sie ihre beyden Hausknechte hin / den Wagen auffzuheben / und nach Hause zubringen /damit nichts von den auffgeladenen Sachen davon gestohlen würde. Aus welchem allen Wolffgang leicht muhtmassete / er läge bey der Wirtin zur Herberge /und hätte ihr den Mann erschlagen. Es wahr ihm das beschwerlichste / daß er nicht wuste / wo er wahr /setzete sich zu einem reisenden Bohten / der das Nachtlager auch daselbst suchete / bezahlete vor ihm eine Kanne Bier / und fragete / welchen Weg man nehmen müste / wann man an den und den Ort an der Isel belegẽ / reisen wolte. Dieser berichtete ihn / es läge ein Städchen fünff Meile von hinnen an einem Wässerchen dadurch man reisen müste. Nun wahr dieses eben dasselbe / welches gleich diesen Morgen abgebrand wahr / und sie mit Lebensgefahr verlassen hatten; daß er demnach leicht sahe / wie so gar er des Weges verfehlet / und sich vergangen hätte / wuste also diesen Abend keinen Schluß zumachen / weil er das Fräulein in ihrer süssen Ruhe nicht verstören wolte. Früh morgens taht er ihr alles zuwissen / und baht / sich heraus zulassen / ob ihr nicht gefallen könte / daß er einen Karren im Dorffe mietete / und sie an einen sichern Ort führen liesse / woselbst sie sich in einer Herberge auffhielte / biß er nach ihrem Herr Vater lieffe / und sie mit gnugsamer Begleitung abhohlete; welches sie aber durchaus nicht eingehen wolte / sondern er solte selbst mit ihr hinfahren / und sehen wo sie bliebe; dann wañ er sich alhie von ihr scheidete / und sie auff dem Wege in grössere Gefahr geriete / daß sie den vorgeno enen Ort nit erreichen könte / währe es abermal vergebens / und sie überdas ohn alle Geselschafft. Also muste er bey ihr bleiben /dingete einen Karren / und setzete sich früh morgens mit ihr darauff / noch ehe die Zeitung von dem erschlagenen Wirte eingebracht [649] ward; da sie dann den Weg nach dem Rein auff der Fräulein begehren vor sich nahmen / von dannen sie nach dem Elbstrohm sich wenden / und des nähesten Weges nach Magdeburg zihen wolten. Wolffgang gab dem Fräulein die drey übergebliebene Kronen / welche die gestrigen Räuber ihm wieder geschenket hatten / mit Bitte / sie in ihre Kleider zuvermachen / und ob schon Räuber an sie kommen würden / sich dessen nicht merken zulassen; des Erschlagenen Geld aber / welches sich auff 9 Gülden Silbermünze erstreckete / behielt er bey sich. Sie wahren etwa drey Meilen gefahren / da kahmen fünff verschlagene Wendische Landsknechte zu Fusse an sie / nahmen Wolffgangen alles Geld / worffen ihn samt dem Fräulein gebunden in ein Stücke Rogken / schlugen den Fuhrman / weil er sich sträubete / und sein Pferd nicht gerne verlieren wolte / halb tod / setzeten sich auff den Karren / und fuhren davon. Frl. Klara wünschete ihr nur den Tod / und gleichwol wann sie die Hoffnung fassete / ihr Arbianes würde annoch im Leben seyn / nam sie sich vor / alle Unglüks Widerwertigkeiten zuerdulden / insonderheit danckete sie Gott höchlich / daß sie sich am ganzen Leibe über und über mit der Farbe angestrichen / und heßlich gnug gemacht hatte. Sie lagen beyderseits gar elendig doch wirkete Wolffgang so lange mit seinen Händen / dz sich der Strik lösete / machte hernach seine Füsse / und bald das Fräulein auch loß / welche er nach seinem Vermögen tröstete; das Glük würde sie ja noch endlich ansehen / und ihnen freundlicher werden / wann es seinen Muht gnug wurde gekühlet haben. Das ärgeste war / daß er keinen Weg kennete /und ihre Füsse zum gehen undüchtig währen / sonst wolten sie noch sehen / daß sie wieder bey Leute kähmen. Ey ich wil frisch mit lauffen / sagte das Fräulein / und an die Fußschmerzen nicht gedenken / weil das schmieren / welches mich gestern Abend die Wirtin lehrete / mir sehr wol geholffen hat; aber den Weg /welchen die Räuber gefahren sind / wollen wir meiden / und uns auf einẽ andern wenden / so bald nur ein Scheide Weg zusehen ist. Sie gingen sanfftmühtig fort / und kehreten sich nach der Linken zu; kahmen auch des Nachmittags ganz ermüdet in ein geringes Dörflein / da nichts als Brod und Butter / und sehr schlechtes Getränke zubekommen wahr; so wusten ihnen die Leutlein keine Anzeige zutuhn / wohin sie sich wenden solten / deswegen sie über Nacht daselbst blieben / und sich sein ausruheten; aber als des folgenden Morgens sie fort wolten / und kein klein Geld bey sich hatten / die geringen Speisen zuzahlen /auch niemand die Gold Kronen kennete / ob sie gut währen oder nicht / muste Wolfgang an stat der bezahlung seine Schuch im stiche lassen / wie ungerne er auch wolte. Sie brachen doch wieder loß / und tanzete dieser auff den Söcken / dessen er dann nicht ungewohnet wahr / und dannoch das Fräulein groß Mitleiden mit ihm trug / beteurend / wann sie solches hätte wissen sollen / wolte sie ungessen blieben seyn; dessen er aber lachete / sie versichernd / wann er sich vor ihr nit gescheuhet / würde er des vorigen Tages seine Schuch lieber unter dem Arme / oder auff einem Stecken über der Schulter / als an seinen Füssen getragen haben; dann es ist mit einem Menschen / sagte er / als mit einem Pferde / welches wann es nicht von Jugend auff zu den Huefeisen gewehnen ist / gehet es unbeschlagen viel besser; also finden sich unter uns Bauren / die stölpern immerfort / wann sie in Schuhen gehen / da hingegen sie barfuß fest und geschwinde fort treten. Nun mein lieber Wolffgang / antwortete sie / last es geschehen / daß ihr meinet wegen einen Tag barfuß gehen müsset / uñ zweifelt nicht / daß / so bald mir mein Gott [650] zu meinen lieben Eltern hilfft / es euch an Stiefeln und vergüldeten Sporn nicht mangeln sol. Behüte Gott / Frau / antworte er / wie solte ich darzu kommen / ich möchte sie dann meinem Herrn in der Hand oder unterm Arme nachtragen. Ihr solt sie keinem Herrn nachtragen / sagte sie / sondern selbst ein Herr seyn / und seyd dessen gewiß / daß ich noch einen Aedelman aus euch zumachẽ gedenke. O gn. Fr. antwortete er; so würde gar nichts guts aus mir werdẽ; dañ weiß sie nit dz bekante Sprichwort: Kein Schermesser so scharff je schiert / als wañ ein Baur zum Herrn wird. O nein / ich wil gern uñ lieber in meinẽ nidrigẽ Stande mich halten / wañ ich in demselben zimliche Lebensmittel habe / als hoch steigen / uñ ungewiß sitzen; dañ wer wolte mich doch vor einen Aedelman haltẽ / da ich in einer groben uñ tölpischen Baurenhaut stecke. Wañ ich demnach wissen solte /dz meine gn. Frau ein solches aus Ernst redete / wolte ich keinen Schrit weiter gehẽ / ehe dieselbe mir gnädig versprochen hätte / mein mit solcher Ehre uñ Hocheit zuverschonẽ. Gebt euch zufriedẽ Wolfgang /sagte sie / ich verspreche euch hiemit / dz wieder euren willen euch nichts begegnẽ sol / lasset uns nur Gott fleissig anruffen / daß er uns zu meinen Eltern bringe. Also verkürzete er dem Fräulein sonst des weges Ungelegenheit mit allerhand einfältiger Unterredung / da er ihr angeloben muste / daß in dieser Fremde er sich vor ihren Ehman ausgeben solte / welches zu ihrer Ehren rettung am dienstlichsten seyn würde. Sie gelangeten des späten Abends bey ihrer geringen Speise / welche sie zu sich gestecket hatten vor einem Flecken an / da das Fräulein vor mattigkeit keinen Fuß mehr von der Stete bringen kunte. Ihnen begegnete ein armer Betler / welcher sie umb eine Gabe ansprach / zu dem sie sagete: Ach ich solte euch ja wol billich etwas geben / aber ich habe nichts damit ich euch aushelffen kan; gehet aber mit mir in den Flecken / und zeiget mir eine Herberge / daselbst wil ich nach meinem geringen vermögen euch gerne mitteilen. Dieser wahr darzu willig führete sie zu einer Witwen / und empfing von ihr einen Groschen /nachdem die Wirtin ihr eine Krone gewechselt hatte /da sie zu dem Betler sagete: Ach ihr guter Mann / seid ihr doch noch elender als ich bin / aber vor dißmahl weiß ich euch weiters nicht zuhelffen; soltet ihr aber etwa nach Magdeburg kommen / und vor des GroßFůrsten Schlosse eine Almosen suchen / so fraget nach einer / nahmens Klara / alsdann wil ich euch ein mehres schenken. Dieser nahm den Groschen vorlieb /und gedachte / der Weg währe ihm viel zu weit / eine Verehrung daher zu hohlen. Das Fräulein ließ ihr gute Speise und Trank reichen / und wahr ihr ein grosses /daß ihr alles auff der Reise so wol schmeckete. Sonsten wahr Gottes Kraft in dieser Schwachen sehr mächtig / daß sie gar ein gutes Herz fassete / Gott wurde sie zwar wegen ihrer Sünde züchtigen / aber ihr gnädig wieder helffen; worüber sie oft vor Geistes-freude lachete / und in ihrem Herzen sagete: Ach du frommer Gott / ich bin ja durch meines lieben Fürsten unterweisung (welchen du dir in deinen gnädigen Schuz wollest lassen befohlẽ seyn) dein Kind worden / und erfreue mich auch / daß du so zeitig anfangen wilt / meinen Glauben und Gehorsam durch deine väterliche Zucht-ruhte zubewehren; aber ach mein lieber Vater / handele mit mir schwachen nach deiner Gnade / und lege mirs doch nicht schwerer auff / als ichs ertragen kan / alsdann wil ich dir in Kindlicher Geduld gerne aushalten / wañ du nur mein Vater / uñ ich dein Kind bleibe; bey welchen Gedankẽ sie auch vordißmahl ihre Andachts-Trähnen vergoß / als die Wirtin sich zu ihr niedersetzete / und sie fragete / von wannen sie [651] kähme / und wohin sie gedächte. O sagte sie / ich komme von der Isel / und mein weg ist nach der Elbe / wann ich ihn nur finden könte. Nach der Elbe? antwortete sie / das ist weit hin; doch zu zeiten kehren Karren und Wagen bey mir ein die des Weges hinreisen / mit welchen ihr füglich werdet überkommen; und wann ihr euch mit nähen behelffen köntet /wolte ich biß zu solcher Gelegenheit euch gerne bey mir behalten / dann mein Mañ ist mir leider vorm halben Jahre mit Tode abgangen / und hat mich schwanger hinter sich verlassen / daß ich nunmehr alle Tage der Entbindung gewärtig bin; wollet ihr mir nun etlich Kinderzeug verfertigen / wil ich euch dessen gebührlich lohnen / und eurem Manne auch im Hause Arbeit verschaffen / daß er die Kost haben sol. Dem frommen Fräulein gefiel dieser Vortrag sehr wol / weil ihr unmöglich wahr / auff ihren Füssen zu wandern; ließ sich mit ihr ein / und machete alles was sie begehrete / wolte aber kein Geld zu lohne haben / sondern baht /daß sie umb so viel besser gespeiset würde / weil ihr Magen die harten Speisen nicht wol verdauẽ könte; schmierete auch diese Zeit über ihre Füssefleissig /daß sie in kurzer Zeit ganz heile wurden / und bezeigete sich im Hause nit anders als eine Dienstmagd /welche von Jugend auff darzu gewähnet währe / daß Wolfgang sich dessen nicht gnug verwundern kunte. Ihre Frau aber gewann sie sehr lieb wegen ihrer träue und fleisses / daß sie sich erboht / sie so lange zubehalten / als es ihr selbst gefallen wurde. Einsmahls fragete sie Wolfgang / ob ihr das Herz nicht weh tähte / daß sie einer so geringen Frauen müste auffwärtig seyn; dem sie zur Antwort gab: Mein guter lieber Freund / warumb solte mir deswegen mein Herz wehe tuhn? Der Almächtige Gott / dem wir Menschen alle mit einander auff gleiche weise unterworffen sind / hat mir seinem Kinde solches aufferleget / solte ich dann demselben entgegen murren? Nein O nein! derselbe verfähret ja noch gnädig mit mir / giebet mir das tägliche Brod / und bewahret mich vor Unehr und Schande; davor bin ich schuldig ihm von herzen zudanken /und daneben nicht zuzweifeln / daß es ihm gar ein geringes und leichtes sey / mich in vorigen Stand wieder zusetzen. Diesem gingen wegen solcher Rede die Trähnen aus den Augen / und fing darauff also an: Ach Frau (anders muste er sie nit nennen) / ich bitte euch lauter umb Gottes willen / gönnet mir doch / daß ich allein nach euren Eltern reise / ihnen euren Zustand anzumelden / damit ihr diesem Elende möget entrissen werden; Ihr seyd ja nun an einem Orte / da ich euch zufinden weiß / und sollet meinem guten Raht nach / hieselbst verbleiben / biß euch gnugsame Begleitung zugeschicket werde; solte aber solches in dreyen Wochen nicht erfolgen / daß ich etwa auff meiner Reise in Unfal kähme / welches ich doch nicht hoffen wil / so gebet euch dieser Wirtin nur kühnlich kund / dieselbe wird alsdann alles ihr Vermögen (aus Hoffnung grosser Vergeltung) gerne daran wenden /daß euch gebührlich geholffen werde; Und dafern ihr in diesen meinen geträuen Raht nicht werdet einwilligen / wird mir entweder mein Herz aus Mitleiden zerspringen / oder ich werde wider euren Willen mich auff den Weg machen. Welche Rede er mit einem hefftigen weinen beschloß / und (weil sie allein wahren) durch einen Fußfal baht / ihren Willen in seine Reise zugeben. Das Fräulein kunte seiner grossen herzlichen Träue sich nicht gnug verwundern / umfing ihn als ihren Bruder / und sagte: Mein lieber und wahrer Freund / was hat doch mein Gott mir vor eine grosse Gnade und Woltaht erzeiget / daß er euch zu mir geführet hat. Zwar ich habe mir bißher steiff vorgenommen / [652] euch keines weges von mir zulassen /sondern auff gelegene Fuhre zuwarten / und alsdañ mit euch zugleich auffzubrechen; aber weil ihrs anders vor gut ansehet / wil ich einwilligen / dz nach Verlauff dreyen Tagen ihr diese Reise mit einem des Weges kündigen Bohten in Gottes Nahmen vor euch nehmet / dafern inzwischen keine gelegenheit zu meiner Mitreise sich eräugen wird. Aber O wie wol hätte sie getahn / wann sie seinem Raht gefolget währe; doch wolte des Allerhöchsten Versehung / daß sie noch etwas besser in die KreuzSchuele solte geführet / und daselbst bewehret werden.

Der hochbekümmerte Arbianes muste nicht weniger / als ein angehender Christ durch die ZuchtRuhte Gottes des HErrn fein zugerichtet / und zur Geduld angewähnet werden / welcher wegen des Verlustes seiner lieben Fräulein in unsäglichen Sorgen wahr /massen als er im obgedachten Dorffe von ihr nichts erfahren kunte / lies er wieder zurük / und rief zu zeiten im offenen Felde den Nahmen Klara mit lauter Stimme / wie wol vergebens und umsonst; wo er eine Hecke in der ferne oder nähe sahe / lief er hinzu / und meinete / sie würde dahinter ruhen / wendete sich auch zwar nach der Seite hin / nach welcher sie gelauffen wahr / aber da er das aufgeschwollene tieffe Wasser erreichete / sagete er bey sich selbst; nun bin ich gewiß / daß sie diesen Weg nicht gangen ist /stund also und bedachte sich / ob er auf oder nider gehen solte; und in diesen Zweifel fiel er nider auff die Knie / und baht Gott von Herzen / er wolte ihn des rechten Weges geleiten / daß er sein Fräulein antreffen möchte. Nach vollendetem eyferigen Gebeht lief er mit dem Strohme fort / biß in die finstere Nacht / und weil er keinen Menschen in der nähe merkete /legete er sich hinter einen Pusch nider zur ruhe / da er zuvor einen guten Trunk aus der Bach getahn / und seine Arm-Wunde aufs neue verbunden hatte / schlieff auch in der Herzens Angst biß die Mogenröhte anbrach. Als er des Tages Gegenwart spürete / nam er nach getahnem Gebeht seinen Weg wieder vor sich /biß er der Bach Ende erreichete / da sie in das Wasser lief / welches bey dem abgebranten Städlein vorüber floß; da ging nun sein Jammer erst recht an; Ach mein gnädiger Gott / sagete er / verlaß mich doch nicht in dieser meiner grossen Noht; ach HErr zeige mir die rechte Bahn / daß ich ihrer nicht verfehle. Nun sahe er wol / daß er nohtwendig wieder zurük / und über die Bach muste / dann unmöglich wahr es / daß sie solte einẽ andern Weg gangen seyn; brachte also drey Stunden auff dem Rükwege zu / biß er einen schmalen Steg antraff / über welchem das Wasser einer Handquer ging / und ihm unmöglich wahr / einen festen Trit darauff zu tuhn; gedachte endlich / vielleicht hat das Fräulein einen bessern Weg angetroffen / welchen du nicht finden kanst; wagete sich hinein ins Wasser /hielt sich mit der Hand an dem Siege / und kam mit grosser Lebens Gefahr noch hindurch / weil es in der mitte tieffer wahr / als daß ers hätte ergründen mögen. Als er das Ufer erreichet hatte / ging er in seinen nassen Kleidern immer fort / und sahe doch keine Bahn /blieb in steten Gedanken zu Gott / und meinete / wie er seinen Weg fort setzete / also geleitete ihn die Göttliche Versehung / traff doch keinen Menschen an / sondern ging biß an den späten Abend / daß er endlich ungessen sich hinter eine Hecke legen und ausruhen muste. Des folgenden morgens sahe er weit um sich / und ward dreyer Männer (welche Wolffgangen und das Fräulein des vorgestrigen Tages beraubet hatten) gewahr / ging zu ihnen hin / und fragete / ob man nicht in der Nähe an ein Dorff gelangen könte; auch /ob sie [653] nicht eine junge Frau und einen jungen Mann /wie Er gekleidet wäre / vernommen hätten. Diese gedachten alßbald / Er müste auch des schönen Goldes bey sich haben / welches ihre gewisse Beute seyn solte; und gaben jhm zur Antwort: Sie hätten ja vorgestern solche zwey Menschen Bilder angetroffen /die vom gehen sehr ermüdet gewesen / hätten ihnen auch auf ihr Begehren den Weg nach einem Dorffe gezeiget / wohin sie nunmehr selbst gedächten / und stünde ihm frey / mit ihnen zugehen. O ihr guten Leute / sagte er / was habt ihr ein gutes Werk getahn /so wol / daß ihr denen zu Leuten verholffen / als daß ihr mir dessen Nachricht gebet / welches ich euch unvergolten nicht lassen kan; griff in den Schiebsak /und verehrete ihnen eine Krone. Diese sageten davor Dank / und gingen mit ihm fort / und weil sie wustẽ /daß sie bald an einen wanksamen Ort gerahten würden / da ihnen das rauben nicht würde gelingen / sucheten sie schleunige Gelegenheit / ihr Vorhaben ins Werk zurichten / daher der eine / ehe er sichs versahe / ihm nach dem rechten Arme griff / ihn dabey fest zuhalten; der ander wahr auch schon fertig / ihn bey der Kehle zufassen; aber wie er von Gliedmassen stark und gerade wahr / also risse er den Arm bald loß / zog von Leder / und stieß dem erstẽ das Schwert durchs Herz / zu ihm sagend: Je du gottloser Mörder / ist das die Vergeltung vor mein Trinkgeld? dem andern hieb er alsbald auch den Kopf mitten von einander; und den driten / welcher schon das Messer gezückt hatte /ihn zuerstechen / und nunmehr vor Angst davon lieff /verfolgete er / hohlete ihn bald ein / warf ihn zur Erde / und dräuete ihm den Tod / dafern er ihm nicht sagen würde / ob die beiden Menschen / denen er nach gefraget hätte / annoch im leben / oder von ihnen erwürget währen. O mein Herr / antwortete dieser / schenket mir das Leben / ich wil euch die ganze Warheit sagen / dz wir ihnen alles ihr Gold abgeno en / uñ sie ohn beschädigt gehen lassen. Wohin aber haben sie sich gewendet? fragete er; wir haben sie über einẽ Sandhügel heissen gehen / gab er zur Antwort / da sie ohn Zweifel bey spätem Abend zu einem Dorffe kommen sind. So mustu mir keine weitere Ungelegenheit machen / sagte Arbianes / und ich wil dir als einem Räuber und Mörder lohnẽ / hieb ihm den Kopf herunter / und nach dem er ihm 50 Kronen aus dem Schiebsak genommen hatte / besuchete er auch die andern beiden erschlagenen / fand alles geraubete Gold wieder / machte sich schleunig über die Sandhügel / kam auff den rechten Weg / und eilete dem Dorffe zu / voller Hoffnung / sein Fräulein daselbst noch anzutreffen / als welche vom gehen ermüdet / hieselbst ausruhen würde; ging in die BaurenSchenke / und sahe mitten im Hause auff einer Sträu eine Leiche liegen / dessen er nicht wenig erschrak / und doch die Ursach seines entsetzens selbst nicht wuste. Die Wirtin gab acht auff seine Verenderung / und fragete / was er sich so entsetzete? ob er etwa der Mörder währe / welcher ihren Mann gestern oder vor gestern Abend im Felde auff freier Land-Strasse erschlagen hätte? Woraufer herzhaft zur Antwort gab; solte ich mich nicht entsetzen / daß man eine schier ganz nackete Leiche so dahin wirft / nicht viel besser als obs ein Vieh währe? Aber Frau / wañ ein Mann solche nachteilige Frage an mich würde abgehen lassen / würde ich ihm eine hart treffende Antwort geben; ist euer Ehwirt erschlagen / so suchet den Tähter / oder habt ihr Ursach auf mich zu argwohnen / so saget es rund aus / als dann werde ich euch schon begegnen. Sie hingegen fuhr ihn an; er solte ihr nicht viel trotzens im Hause machen /es währe ihr Unglüks gnug / daß ihr Mann ermordet währe; und da er sich nicht bald packen würde / [654] wolte sie ihm Füsse machen / dieses redete das Weib aus Zorn / dann gleich da Arbianes zur Haus Tuhr hineintrat / wahr das lose Weib Willens ihre Buhlerey mir ihrem Knechte zutreiben / mit dem sie in Ehebruch lebete / auch schon mit denselben angelegt hatte / daß er ihren Mann / als welcher ihr ungeträu währe erwürgen / und sie wieder heyrahten solte / daher sie in den festen Gedanken stund / er hätte die Taht selbst begangen / und daß er ihr solches nicht offenbahren wolte; daß sie demnach Arbianes nicht in verdacht hatte / nur dz sie sein gerne wolte loß seyn; welcher dann auf ihre obgedachte Rede zur Antwort gab / weil er nicht bedacht wahr / lange mit ihr zu zanken: Wol in Gottes Nahmen / Frau / das Haus ist euer / so viel ich vernehme / und muß mich dessen wol äussern /wann ihrs so haben wollet; aber des Mords beschuldiget mich ja weiters nicht / oder ihr werdet mit mir in Unglüks Küche kommen. Ging damit zur Tühr hinaus nach des nähesten Nachbars Wohnung / welchen er um etliche Stunden Herberge baht / und daß er ihm Speise und Trank vor doppelte Bezahlung schaffen möchte; klagete ihm auch / wie es ihm mit der Wirtin ergangen währe / und begehrete seines guten Rahts. Worauff dieser antwortete; sie währe zwar seine nahe Anverwantin / aber eine grund-böse Haut / und währe vorgestern Abend ein junger Mann mit einer ermüdeten jungen Frauen / wie er gekleidet / zu ihr kommen /die Nacht Herberge bey ihr gehabt / und früh morgens davon gezogen; denselben hätte sie nach seinẽ abreisen eben dieses Mords geziehen / und zwar aus dieser liederlichen Ursach / weil derselbe ihr eben solche Münze zur Bezahlung geben / als ihr Mann hätte bey sich gehabt. Arbianes muhtmassete selbst aus dem Zeichen / daß Wolffgang der Tähter wol sein möchte /weil er wuste dz er von den dreyen alles Geldes beraubet wahr / kunte doch mit solchen Gedanken sich nit lange auffhalten / sondern erfreuete sich vielmehr der angenehmen Zeitung / dz er der Mahlzeit kaum abwarten kunte / und erkundigte sich / wohin diese beyde ihrẽ Weg genommen / dankete Gott in seinem Herzen vor erst / daß sein liebes Fräulein annoch im Leben währe / und einen geträuen Menschen bey sich hätte; hernach / daß er ihn diesen Weg so ganz wunderbahrer Weise geführet / und baht / daß er weiter sein richtiger Gleitsmann seyn möchte / damit er bald bey ihr anlangen / und zu ihren Eltern sie bringen könte / wo zu er Mittel gnug bey sich hätte. Sonsten verständigte ihn sein Wirt / daß gestern früh diese beiden einen Karren gemietet / darauff sie hinweg gefahren währen / wolte sich ihres Weges bey dem Fuhrmann erkundigen / wo er wieder zu Hause währe angelanget; aber dessen Weib wuste noch nichts von ihm zusagen / dann er wahr wegen seiner empfangenen Wunden auf dem nähesten Dorffe liegen blieben /weil er nit weiter fort kommen können; doch gabe sie Nachricht genug / wohin er die fremden zuführen / gedinget währe; welchen Weg auch Arbianes nach gehaltener kurzen Mahlzeit / mit einem Bohten / ihm den Weg zu zeigen / vor sich nam. Er wahr nicht weit gangen / da begegnete ihm der Fuhrmann auff einem Wagen / welchen der Bohte als sein Nachbar fragete /wie er zu diesem Unglük kommen währe; welches er ausführlich berichtete / und Arblanes mit Händen greiffen kunte / was vor welche von den Räubern gebunden / und ins Korn geworffen währen; ließ sich deßwegen den Ort und die Stelle fleissig bezeichnen /wo es geschehen währe / gab dem Fuhrmann aus mitleiden etliche Kronen / eylete des weges fort / und fand es also / besahe den Ort wo sie gelegen / traf auch die Stricke an / damit sie wahren gebunden gewesen / aber [655] keinen Menschen dabey / doch schöpffete er guten Trost / sie müsten von vorüberreisenden Leuten loßgemacht / und davon kommen seyn; nahm auch den Weg nach derselben Stab vor sich / in Meinung / sie würden alles ungeachtet / gleichwol noch dahin gereiset seyn. Wie wollen ihn aber seinen mühseligen Unglüks Weg fortgehen lassen / und zu rechter Zeit ihn im elenden Betlers Stande wieder finden.

Das liebe Fräulein wahr willens / ihren getråuen Wolffgang nach ihren Eltern lauffen zulassen / als sie sechs Tage im erwähneten Flecken bey der Wittiben in fleissiger Nähe-Arbeit sich auffgehalten hatte; aber es kam eine neue Verhinderung darzwischen; dann des Abends kehrete ein fremder Herr mit seiner Frauen und jungen schier manbaren Tochter in ihrer Herberge ein / da diese Frau der Fräulein schönes Nähewerk besichtigte / und sie fragete / ob sie sich zu ihr vermieten wolte / solte sie gut essen uñ trinken / auch ein gewiß Jahrlohn haben / und könte ihr Mann wol bey ihr bleiben / weil ihr Herr solcher Leute bedürffte. Sie aber bedankete sich dessen / einwendend / sie müste mit ihrem Mañe nach dem Elbstrom reisen /woselbst ihre nahe Anverwantin wohnete / welche zubesuchen / sie keinen umgang haben könte / weil sie ihre Verlassenschafft ihr erblich zuvermachen bedacht währe. Diese Frau / Nahmens Mechtild / welche auff jenseit des Reins im Römischen Gebiet wohnete / erdachte diese List / und fragete; ob sie und ihr Mann des Weges nach der Elbe vor diesem gereiset? Und als sie aus Einfalt Nein sagete / fing diese an: So bin ich mit diesem meinen Herrn hieselbst zu eurem guten Glük angelanget / dann unser Weg gehet auch dahin /und wil euch aus guter Gewogenheit zu mir auff meine Gutsche nehmen / wañ sonst euer Mañ beyher lauffen / und zuzeiten hinten auff sitzen wil. Wem wahr zu diesem vermeynetẽ Glük lieber / als dem grundfrommen Fräulein; Sie bedankete sich mit höflichen Geberden / so viel ihr vermummeter Stand zulassen wolte / welche sie doch schier verrahten hätten; massen die Frau nicht unterlassen kunte / sie zubefragen / von was Leuten sie währe; dessen ursach sie merkend / zur Antwort gab: Ihre Eltern währen arme Leute / und gar geringes Standes / und hätten sie in der Jugend vor vier Jahren zu einer Aedel Frauen vermietet / welche ihr das nähen gezeiget / und ihres Junkern Gutscher gefreyet hätte / welcher Wolffgang sie aber Armgart hiesse. Diese ließ sich damit abspeisen /und geboht ihren Leuten ernstlich / da einer fragen würde / wohin ihr Weg ginge / solten sie nicht den Rein / sondern die Elbe nennen. Wolffgang ward des guten Glüks von dem Fräulein bald berichtet / der zugleich mit ihr sich freuete / auch auff der Reise gerne bey dem Wagen herlief / und nunmehr ihm die Rechnung machete / wie bald er vom reichen Manne spielen / und der erlittenen Unruhe sich ergetzen wolte; dann gedachte er / wie er den hohen Adelstand / damit ihm das Fräulein hatte gedräuet / von sich ablehnen /und sonsten ihm einen solchen Dienst loßbitten könte / der ihm angenehmer währe / weil doch das Fräulein sich hatte verlauten lassen / daß sie ihn nimmermehr von sich lassen wolte; Aber seine gefassete Freude währete nicht lange; dañ wie sie des andern Tages den Reinstrom erreichetẽ / und hinüber schiffeten / höreten beydes er und das Fräulein / daß sie schändlich betrogen wahren / daher sie dann zu der Frauen sagete: Ach mein Gott / warumb habt ihr so gar übel an mir getahn / uñ mich nach dem Rein geführet / da ich doch an der Elbe zuschaffen habe? Die Frau aber /wie sie dann ein überaus böses und unbarmherziges Weib wahr / gab ihr diese trotzige Antwort: Schweig du junge [656] Metze / es wird dir wol gleich seyn / ob du bey dem Rein oder bey der Elbe das Brod frissest; hätte ich dir dieses nicht auff solche weise beygebracht / würdestu dich in meine Dienste nit eingelassen haben; hastu aber an der Elbe etwas Bettel-Erbschafft zugewarten / kan dein Baurflegel immer hinlauffen / und es einfodern; du aber must bey mir bleiben / und meine Tochter im nähen unterweisen /wovor du gebührlich in Speise und Trank solt gehalten werden / wie ich dann wol weiß / was Mägden gebühret / daß sie nicht Hungers sterben / noch zu freche werden; und ist wol deine vorige Frau die rechte gewesen / daß sie dir jungen halbgewachsenen Balg das heyrahten schon gegönnet hat / darzu du noch über 10 uñ mehr Jahren früh gnug kommen währest; sie wird gewiß nicht gewust haben / wie man sich der Mägde mit Nuz gebrauchen sol. Das Fräulein zitterte vor Angst / aber Wolffgang / der alles hörete / und die Gefahr besser als sie betrachtete / sagte zu ihr: Gebet euch zufrieden / liebe Armgart / ihr habt Gott Lob eine gute Frau bekommen / bey welcher ihr wol werdet leben können / weil es Gott versehen / daß wir in diesem Lande wohnen / und unser Brod verdienen sollen; es ist ohndas mit unser Reise nach dem Elbstrohme so eilig nicht; ich wil euch vorerst ein Viertel Jahr in dieses Herrn Dienste Geselschafft leisten / und hernach zu euren Verwanten reisen; Und wann gleich dieser Herr meiner Dienste nicht benöhtiget ist / wil ich doch wol Arbeit finden / daß ich mich ernähre /nachdem ich vor euch nicht sorgẽ darff. Das Fräulein begriff sich darauff alsbald / stellete sich frölich / und antwortete ihm: Wol wol / wann ihrs so vor gut ansehet / wil ich auch zufrieden seyn / vielleicht gefält mirs bey dieser meiner Frauen also / daß ich in viel Jahren nicht begehre von ihr zuscheiden. Ja hältestu dich from / fleissig und geträu / sagte sie / so wil ich dich hernähst befodern / daß du über mein Gefinde Altfrau seyn solt. Welches erbietẽ das Fräulein mit grosser Danksagung annam. Sie hatten etliche Tagereisen hinter Köln ihr adeliches Gut / und als sie daselbst ankahmen / muste das Fräulein die erste Stunde das Nähezeug hervor nehmen; da sie dann alles / umb Verdacht zumeidẽ / auffs beste und schleunigste verfertigte; nur baht sie / ihre Frau möchte ihr die überbliebenen Speisen von ihrem Tische zuessen geben /sie wolte sich an gar wenigem genügen lassen / wann sie nur was verdauliches hätte; dann ihr Magen währe gar schwach / daß sie die grobe Kost nicht vertragen könte. Aber sie durffte umb ein weniges nicht bitten /das filzige Weib gab ihr wenig gnung / und hätte sie des Hungers verschmachten müssen / wann nicht die Tochter / die ihr sehr geneigt wahr / ihr bißweilen etwas heimlich zugestecket hätte; welches ihr aber die gottlose Mutter endlich verboht / und Wolffgang es doch reichlich erstattete / welcher alles / was er an Lohn verdienete / an gute Bißlein legete / und ihr solches zutrug; daher sie sich desto weniger umb Unterhalt bekümmerte / und nur geflissen wahr / wie sie ihrer Frauen gute Gunst erlangen möchte / welche sich sehr hart gegen sie bezeigete / und fast täglich eine ursach vom Zaune brach / mit Ohrfeigen / daß das Nasebluten drauff folgete / sie anzugreiffen / welches sie geduldig verschmerzete / und in beständiger Hoffnung zu ihrem Gott verblieb / derselbe würde sie mit den Augen seiner Barmherzigkeit ansehen / und die Schmach von ihr nehmen. Sonsten hielten die drey Töchter sie so lieb und wert / daß sie nimmer von ihr weg wolten / und die Nähekunst in kurzer Zeit zimlich von ihr fasseten / trugen ihr insonderheit ein verborgenes Trinkgeschir mit Wein zu / damit nicht von dem blossen Wasser und sauren Kofend ihr Magen gar verdürbe. [657] Hingegen bezeigete sie sich / als achtete sie dessen wenig / ja als währe ihr gänzlicher Wille /nimmermehr von dannen zuscheiden. Wolffgang hielt nicht vor dienlich / sich in dieses Herrn Dienste einzulassen / wie er auch darumb nicht sonderlich angesprochen ward / sondern arbeitete den Leuten in der Stad umbs Tagelohn / wiewol ihm vergönnet wahr /zuzeiten des Nachts bey seiner vermeyneten Frauen zuschlaffen / da er stets auff der Erden vorlieb nam /und doch Gott dankete / daß er gelegenheit hatte / zu ihr zukommen / und seinen Anschlag ihr zuentdecken / wann ihm ein guter Gedanke einfiele / wie er sie füglich hinweg bringen möchte / welches sich doch in sieben Wochen nirgend zu schicken wolte; welche Zeit über er ihr / wie schon gemeldet / an essen heimlich zutrug / daß sie sich sehr wol behelffen kunte /und sie daher nicht allein sein gutes Herz erkennete /sondern solche schwesterliche Hulde zu ihm gewan /als währe er ihr leiblicher Bruder gewesen. Wann sie allein wahr / brachte sie die Zeit mit vielem herzbrechenden Seuffzen zu / hielt sich aber doch zum fleissigen Gebeht / da sie unter andern auch diese Andacht aus eigenem nachsinnen vielfältig Gott dem HErrn auffopfferte:

O du grosser und Almächtiger Schöpffer Himmels und der Erden; Ich danke dir von Grund meiner Seelen / vor die hohe Gnade / welche du in Bekehrung meiner /mir erzeiget / und durch meinen teuren und frommen Fürsten / mich so weit in deiner Erkäntniß hast unterrichten lassen / daß ich mein Vertrauen auff deine grundlose Barmherzigkeit setzen / und in allem Unglük mich so sein trösten kan / so daß ich weiß / es wiederfahre mir nichts zum Verderben / sondern alles zur Besserung O HErr mein Gott / sihe auff mich in diesem Elende / da ich vor eine Magd wider meinen Willen dienen muß / reiß mich loß / mein Erlöser / der du mich schon aus viel grösserem Elende erlöset hast / daß ich die meinen bald wieder sehen / und von ihnen in deiner Erkäntniß / (wornach mich / wie du HErr weist / so herzlich verlanget) besser unterwiesen werden möge; Bewahre mich mein Gott vor Zweifelmuht / Mißtrauẽ und Unehre; und meinen lieben Fürsten vor Unglük und Verderben / welchen du O HErr / sonder zweifel mir zugeführet hast / und bringe uns nach diesem Leide in Fröligkeit wieder zusammen; alsdann wollen wir dir / mein Gott und Vater / unsern Dank anstimmen / und vor deine hohe Woltaht dir von Herzen Lob und Preiß sagen / auch zugleich erkennen / daß diese deine väterliche Züchtigung uns sehr gut und heilsam gewesen sey. Dieses mein Gebeht / HErr mein Gott und mein Erlöser / wollestu gnädiglich erhören / und dich mein erbarmen / Amen / Amen.

Ja wann dieses Fräulein den Schmak dieser heilsamen Gnade Gottes in ihrem Herzen nicht empfunden hätte / währe sie ohn allen Zweifel in ihrer Betrübniß vergangen / wie sie dann von Tage zu Tage abnam /daß ein grosser Teil ihres Fleisches ihr entging / welches alles sie doch in Hoffnung und Geduld überwand.

Als die Königliche Geselschafft von Magdeburg aufbrechen wolte / ihre Reise nach Prag fort zusetzen / ging das Wehklagen wegen der Fräulein Abwesenheit von neuen wieder an / dañ niemand wuste sich darein zuschicken / daß sie weder von einem noch andern die aller geringste Zeitung nicht hatten / und sie doch nicht in Feindes Lande wahren. Herkules sagte zu seinem Gemahl: Nimmermehr würde Fürst Arbianes sich so verborgen halten / wann er noch im Leben währe / und kan ich mir keine andere Gedanken machen / als dz sie entweder in der flüchtigen Feinde Gewalt gerahten / und elendig erschlagen sind / welche etwa ihrer Fürsten Tod an ihnen haben rächen wollen; oder aber mein Frl. Schwester ist durch Unfal umkommen / und er hat sich darüber aus Ungeduld und übermässiger Liebe selbst entleibet; dann bedenket mein Herz / wann sie gleich biß gar in der Romer Gebiet hinkommen [658] währen / so weiß Arbianes wol / wie viel ich bey denen gelte / daß wann er sich nur kund gäbe / er nach allem Wunsch sichere Begleitung biß hieher haben könte; hielten sie sich aber in Friesischer oder Teutscher Landschafft auf / wie könte ihnen dann an Hülffe gebrechẽ / wann sie sich nur meldeten? Welches wann ichs betrachte / kan ich meine Gedanken nicht wol zwingen / daß sie noch Hoffnung ihres Lebens fassen solten. Mein Schaz / antwortete sie / des grossen HErrn Hand ist unverkürzet; so können hundert und noch hundert Ungelegenheiten uns in der fremde eingesträuet werden / welche uns abschrecken / dasselbe vorzunehmen / was uns am dienstlichsten seyn möchte. Wir wollen dem allerhöchsten vertrauen / er werde das fromme Fräulein und den Christgläubigen Fürsten gnädiglich bewahren / dann ich zweifele überdas nicht / weil er sie etliche Tage in seiner Gewahrsam gehabt / habe er ihr das Christentuhm schon beygebracht. Dasselbe ist mein höchster Wunsch in diesem Unglük / sagte Herkules / auff daß wir zum wenigsten in der himlischen Seligkeit der eins wieder zusammen kommen mögen / wann ja in diesem Leben Gottes Versehung es nicht zulassen wolte. Inzwischen müssen wir meine liebe Fr. Mutter immerzu in der Hoffnung erhalten / welche vor traurigkeit fast gar von Leibe kömt. Sie gingẽ nach solcher Beredung hin zu der Königlichen Versamlung /weil Ladisla sie durch Prinsla fodern ließ / mit anzeige / es währen denkwirdige Schreiben von seiner Fr. Mutter von Prag ankommen / welche ihnen dann weitläufftig zuwissen taht / es liessen sich im Königreiche hin und wieder traurige und erschreckliche Zeichen sehen und hören / die wenig gutes bedeuten könten. Bey einer GrenzeStad nach Pannonien hätte sich ein Fisch Teich in Blut verwandelt; nit weit davon hätte es Blut und Schwefel geregnet; eine SchaarWölffe in die 30 stark von Pannonien wertz / hätten unterschiedliche Heerde Vieh angefallen / etliche hundert stük samt den Hirten zurissen / und währen endlich mit grosser Mühe alle erschlagen. Am andern Orte hätten viel tausend Raben sich gesamlet / uñ in zween unterschiedlichen Hauffen einen harten Streit gehalten / daß ihrer viel tod blieben. Zween grosse Adler hätten sich in hoher Luft gebissen / und währen endlich ganz ermüdet uñ sehr blutig herunter gefallen / so dz ein Baur den einen erschlagen / den andern lebendig gefangen hätte. Die Hunde führeten allenthalben im Reich ein ungewöhnliches Geheule / und fielen in einander als ob sie rasend währen. Ein Schaff hätte einen jungen Wolff zur Welt gebracht; Und in einem Dorffe hätte ein Kind in MutterLeibe über eine viertel Stunde geweinet / und endlich geruffen / weh weh! von vielen Bäumen hätte es Blut getreuffet; die Sonne währe einen ganzen Tag wie Blut am Hi el gestanden / wie wol in ihrem gewöhnlichen Lauff / uñ mit keinen Wolken bedecket / und des Abends als mit einem Sacke bekleidet / untergangen; da man desselben Tages an vielen Orten grausame Gespenste gesehen hätte; und welches den Inwohnern die gröste Furcht eintriebe / hätte man bey hellem Tage in der Luft drey Kriegs Heer nach einander von Pannonien wertz gegen ein einiges zihen sehen / die beydes zu Fusse und Rosse einen grimmigen Kampf gehalten / da man nicht merken können / an welcher Seiten der Sieg geblieben währe. Als dieses gelesen ward / wahr niemand zugegen / dem es nicht ein grauen erwecket hätte / insonderheit / weil der Wunder-begebnissen so viel uñ mannicherley wahren / und sagte Ladisla; ohn Zweifel stehet meinem Reiche ein grosses Unglük vor / der fromme Gott ko e nur mit Gnaden / daß wirs können ertragen / und straffe uns doch [659] nit wegen der teuflischen Abgötterey / die von den Untertahnen verübet wird / und von uns leider noch zur Zeit nicht kan geendert oder abgetahn werden; ich halte es auch nicht vor umsonst / daß ich meinen verstorbenen Herr Vater / (ach seligen kan ich leider nicht sagen) so offt im Schaffe uñ zwar allemahl in elender jämmerlicher und armseliger Gestalt vor mir sehe. Werde dem allen nach nicht unterlassen / so bald ich nach Prage mit Gottes Hülfe kommen werde / mögliche Anstalt zumachen / damit auff den unverhoffeten Fal man sich gleichwol bereit könne finden lassen; er vor sein Häupt legte alle Zeichen so aus / dz dadurch eine schleunige und erschrekliche Kriegs Gluk von den Pannoniern / gedräuet würde. Herkules antwortete ihm; es währen zwar solche Begebnissen nicht in den Wind zuschlagen / sonderlich / wann sie in so grosser Menge vorgingen / jedoch auch nit gar zu hoch zu schätzen; bißweilen hätte der böse Menschen-Feind sein Spiel mit drunter / die Abergläubigen zu aller hand ungötlichen Opfern anzutreiben. Doch wie dem allen / währe ein wachendes Auge allezeit zurühmen /daher ihm nicht zuwerdenken stünde / daß er nach seinem Königreiche eylete / wohin sie ihm alle (weil der morgende Tag zum Auffbruch bestimmet währe) Geselschaft / und auff den Fal Beystand leisten wolten /welches ihm sehr angenehm wahr.

Fürst Siegward wahr vor zween Tagen mit seinem Heer aus Wendland daselbst schon angelanget / woselbst es ihm nach Wunsch ergangen wahr. Zwar es hatten etliche wenig flüchtige Reuter vor seiner ankunft die Zeitung gebracht / wie ein unglükliches Ende ihr vorgehabter Anschlag genommen / und ihre beiden Fürsten samt den vornehmsten Obersten und grösten Teil ihres Heers das Leben eingebüsset hätten; worauff dañ die Landstände sehr eilig gewesen /durch offenen Trummelschlag ihre junge Mañschaft auffzumahnen / und ihre Grentzen / Städte und Festungen damit zubesetzen / aber er währe ihnen zu früh ankommen / sonst dürfte er mehr Arbeit angetroffen haben. Als Siegward dieses in der kürze vortrug / antwortete Valiska; Darumb halte ich viel von der Eile / wann man etwas wichtiges vor hat; aber wie kömt es / daß eure Liebe / mit so einem kleinen Heer sich eingestellet hat? wil ja nicht hoffen / daß die übrigen Völker solten drauff gangen seyn. Sie fragete hiernach nicht umbsonst / weil ihr bewust wahr / daß er ein wolgerüstetes Kriegsheer 24000 stark mit sich geführet hatte / und mit Leches / Neda / und ihrem Frauenzimmer / nur unter einer Begleitung von 6000 Mann / Teutschen / Böhmen und Olafs Dänen / wieder kommen wahr. Siegward aber gab ihr diese Antwort: Behüte Gott / meine Fr. Schwester; daß würde bey so gestalten Sachen ein grosser und unverantwortlicher Verlust gewesen seyn. Ich habe Gott lob keinen einigen Mañ eingebüsset / sondern alles ohn Schwertschlag zum gewünscheten Ende ausgeführet. Zeigete auch auff begehren an / er hätte bey seiner ankunft die Grenzen und engen Durchzüge wol besetzet gefunden / da man ihm auch anfangs den Einzug verhindern wollen / biß er etliche Vorsteher solcher Völker /seine verständige von Adel / auff guten Glauben und eingeschikte Geisel zu sich gefodert / und ihnen zuverstehen gegeben / was vor eine gerechte Straffe von Gott über ihre beyden meinäidigen Fürsten ergangen währe / auch daneben ihnen vor Augen gestellet / in was Gefahr und verderben sie ihr Land und alle Einwohner stürzen würden / dafern sie in ihrem Vorsatze fort führen / und diesem seinem Heer den fortzug wegerten / welches von dem GroßFürsten der Teutschen / und seinen Herrn Söhnen / ausgeschikt währe ihr bestes zubefodern / da sie [660] es nur erkennen könten. Diese gaben zur Antwort; man könte noch nicht trauen / daß ihres Fürsten Niederlage so groß / und derselbe samt seinem Sohn solte Tod seyn. Ich aber / sagte Siegward / fiel ihnen in die Rede; Ich könte dieses zweifels sie bald benehmen / und hieß sie zu meinen mitgeführeten Wendischen Völkern gehen / denen ich zugleich anzeigen ließ / daß sie alles / was sie wüsten /auch sonst gehöret und gesehen hätten / geträulich berichten solten. Nun hatte ich diesen fest eingebildet /ich zöge nur voran als mit einem fliegenden Heer /umb zuvernehmen / ob Wendland ihr bevorstehendes Glük erkennen könte / und daß auff meine anfoderung alle hinterbliebene Fürsten mit ihrem bey sich habenden Heer alsbald folgen / und auff befindliche Wiedersezligkeit jung und alt / was nur den Wendischen Nahmen hätte / ausrotten würden. Dieses hatten sie nun ihren Landsleuten nicht allein als vor gewis eingebildet / sondern auch allen verlauff ihres begangenen Menschen raubes und der darauff erfolgeten schweren Niederlage und bestraffung / ausführlich erzählet; wodurch diesen das Herz dergestalt entfallen wahr / daß als sie wieder zu mir kahmen / und vor Seelen-Angst kaum reden kunten / nur untertåhnig von mir zu wissen begehretẽ / was man vor einen Gehorsam und unterwerffung von dem Wendischen Volke / welches ihres gewesenen Fürsten Untaht weder gut geheissen / noch dessen sich teilhaftig gemacht / erfoderte. Ich aber ihnen zur Antwort gab; sie solten zuvor wieder zu den ihrigen hinreiten / und ihnen zu wissen tuhn / in was zustande sie alle miteinander begriffen währen / welches ihre Landsleute ihnen ohn zweifel anjetzo würden gemeldet haben; und sich bald wieder bey mir einstellen / alsdann würden sie zuvernehmen haben / was grosse unverdienete Gnade man ihnen anbieten würde. Diese wurden solcher gemachten Hofnung überaus froh / hinterbrachten alles träulich / und hatten dadurch eine solche Furcht erwecket / daß sie alle geruffen / man solte nur dahin sehen / daß ihnen Leben und Freyheit überbliebe / das übrige wolten sie alles gerne über sich nehmen / wahr auch niemand gewesen / welche nicht ihre todte Fürsten und deren vornehmste Rahtgeber biß in abgrund der Hellen soltẽ verflucht haben. Die vorigen stelleten sich bald wieder bey mir ein / deren ältester /namens Hunerich / im nahmen des ganzen Wendischen Volkes / vortrug: Es währe ihnen allen von Herzen leid / daß ihr gewesener Fürst Krito / und seyn Sohn Gotschalk / eine solche unverantwortliche Taht an dem Großmächtigen GroßFürsten der Teutschen /Herrn Henrich und den seinen / begangen / und müsten bekennen daß ihnen durch die angelegte Straffe recht geschehen währe. Uberdas währe ihnen wol bewust / daß allemahl die Untertahnen / ob sie gleich allerdinge unschuldig / dannoch mit leiden müsten /wann ihre Obrigkeit etwas verbrochen hätte; doch dannoch hätten zu ihrer Großfürstl. Hocheit sie das vertrauen / dieselbe würde gnädig mit ihnen verfahren / nachdem sie sich hiemit und Kraft dieses auffrichtig wolten erbieten und verpflichten / daß / wann ja noch ein oder etliche (dann viel würden deren nicht seyn) in ihrem Lande soltẽ gefunden werden / die schuld an dem begangenen Raube trügen / dieselben durch grausame Straffen vom Leben zum Tode solten gebracht werden / gleich auff die Weise / wie dem frechen Buben und falschen Schmeichler Niklot nach seinem verdienst begegnet währe. Endlich bahten sie / ich möchte nach tragender meiner volmacht ihnen andeuten / was von ihnen erfodert würde / welches nach äusserster mögligkeit solte geleistet uñ erfüllet werden; tahten auch dabey einen demühtigen Fußfal / ganz flehlich bittend / man [661] möchte mit ihnen nach Gnade /und nicht nach der Stränge verfahren. Ich hieß sie auffstehen / und daß alsbald ihre Leute / so die Grenze besezt hielten ihr Gewehr von sich geben / und alsdann meinen gnädigen Vortrag vernehmen solten. Welches sie nicht allein gerne und willig leisteten /sondern in 12000 stark / einen kläglichen Fußfal tahten: da ich sie gutes muhts seyn hieß / und ihnen vortrug; sie solten gleich jezt in der Taht erfahren /was vor hohe Gnade der Großmächtige GroßFürst der Teutschen ihnen durch mich seinen Gevolmächtigten antragen liesse: Als nehmlich / daß ihrer Fürsten verbrechen an keinem einigen Menschen mehr solte geeifert werden / sondern alles Tod und abe seyn; das ihr Land und Fürstentuhm weder mit Geldbusse noch anderer Straffe solte belegt werden; daß alle Inwohner /ädel und unädel bey ihren Freiheiten und Gütern solten gelassen werden. Daß alle Beschwerung / welche Krito Zeit seiner Beherschung ihnen auffgebürdet /solten allerdinge auffgehoben und abgeschaffet seyn. Ihre alte fromme Fürstin / welche der Räuber eingemauret / und vor Tod angegeben hätte / solte und müste alsbald frey gemacht / und ihr die völlige Herschaft eingeräumet werden / jedoch daß ihr Land Raht von lauter eingesessenen Wenden / aus allen Stånden ihr solte zugeordnet werden / welche dann nebest der Fürstin und allen Untertahnen angeloben würden /daß der Durchleuchtigste Dänische Fürst / Herr Olaff / der einige und gewisse Erbe seyn / und von der Fürstin vor einen Sohn solte angenommen werden. Als ich meine Rede hiemit beschloß / entstund eine solche Freude unter dem Volk / daß sie vor vergnügung nicht wusten was sie tahten; sie rieffen durcheinander her: Verflucht sey Krito und Gotschalk in Ewigkeit / dagegen lebe und hersche glüklich der allergnädigste und allerwoltähtigste Großfürst der Teutschen / welcher uns mehr gutes erzeiget / als wir nicht wert sind. Ich ließ die vornehmsten vor mich fodern / und befahl daß alsbald nachdem mir bewusten Orte geschikt / und die eingesperrete Fürstin auff meiner Leibgutsche zu mir gebracht würde / doch daß man ihr von allem verlauff nichts sagete / welches zuverhüten / ich Neda mit gehen ließ. Man hatte sie im elenden Stande angetroffen / und da man sie auff die schöne Gutsche ganz ehrerbietig gesetzet / hatte sie gefraget / ob ihr gottloser Gemahl oder ihr geträuer Sohn sie hohlen liesse; worauff ihr geantwortet worden; weder ihr Gemahl /noch ihr Sohn / sondern ein fremder unbekanter Herr /dem weiter nachzufragen sie sich gnådigst mässigen wolte / biß er sich selbst meldete. Der Ort wahr nur eine Meile von meinem Lager / und ritte ich ihr geharnischt entgegen / stieg mit blossem Häupte vom Pferde / ging zu ihr an die Gutsche / und nachdem ich sie davon gehoben hatte / boht ich ihr mit gebogenem Knie den Handkuß. Die fromme Fürstin hatte ihr gänzlich eingebildet ich würde kein ander als der Dänische Fürst Olaff seyn / weil sie dessen Liebe ohndas von Angesicht nicht kennete / fiel mir umb den Hals /herzete und küssete mich / und mit weinender Stimme sagte sie zu mir. Ach ihr mein allerliebster Obeim und Sohn; wie schicken die gütigen Götter euch mir zur hülffe und rettung so ganz gnädig zu; und werde ich meinem Gn. herzlieben Herr Bruder dem Könige in Dännemark nimmermehr gnug danken können / daß seine recht brüderliche Liebe und Gnade mich aus meiner elenden Gefängnis loß gemacht / dessen Liebe flehlich zu bitten ich nicht auffhörẽ werde / mir diese Gnade zuerzeigen / daß ich dem gottlosen Wüterich Krito ja nimmermehr unter die Augen komme / sondern in Däñenmark die übrige Zeit meines lebens in stiller einsamkeit und ruhe zubringen [662] möge. Ich gab ihr zur Antwort: Ihre Durchl. möchte mir gnädig verzeihen / dz ich derselbe Fürst nicht währe / wiewol sie gleich einen solchen gehorsamen untertähnigen Sohn und diener an mir haben solte; sagte ihr auch meinen Nahmen / und daß von dem Großmächtigen GroßFürsten aus Teutschland ich abgeschicket währe / ihre Durchl. nicht allein aus ihrem Gefängnis loßzureissen / sondern dieselbe auch als eine mächtige und volkommene Beherscherin des ganzen Wendlandes einzusetzen und zubestätigen; welches da sie aus verwunderung es nicht begreiffen kunte / meldete ich ihr kürzlich ihres gewesenen Gemahls freveltaht und lebens verlust an / auch daß ihr Sohn in der Schlacht als ein tapferer Held mit drauff gangen währe; welches lezte ihr die Trähnen hervor trieb / und sich doch bald zufrieden gab / insonderheit / da sie vernam / wer ihr künftiger Erbe und Nachfolger in der Herschung seyn würde. Sonsten wahr eine solche Freude bey den Untertahnen / daß es zubeschreiben unmöglich ist / ward mir auch angezeiget / daß wañ man ihnen die freie Wahl gegeben / würden sie keinen andern als den Dänischen Fürsten gekieset haben. Ich muste auff der frommen Fürstin heftiges anhalten mit ihr nach ihrem Schlosse zihen / und alle meine Völker in ihre Städte und Festungen verlegen / daß ich mühe hatte / meine mitgebrachten loß zu bitten; uñ weil man unvermuhtlich einen sehr grossen Fürstlichẽ Schaz / auff viel Tonnen Goldes in den heimlichen Gewölben fand /davon der Fürstin nichts kund wahr / musten nicht allein meine Völker drey Monat Sold / sondern mein Gemahl und ihr Frauenzimmer Königliche Schenkungen wieder ihren willen annehmen; da dann das ganze Land nebest ihrer redlichen Fürstin sich willig anerbeut / dem Großfürsten der Teutschen und allen den seinen mit Leib / Gut und Blut allemahl auffwärtig und bereit zu seyn. Die unsern erfreueten sich sehr /daß alles so wol und friedlich abgangen wahr / aber die freude durch ganz Wendland wahr nicht auszusprechen; dañ Krito hatte sie unter sehr schweren Frohndiensten und Schatzungen gedrücket / daß sie von ihm biß aufs Blut ausgesogẽ wurdẽ. Fürst Olaff stellete sich bey dieser Erzählung / als ginge ein solches ihn gar nichts an / ohn daß er Siegwarden /wegen der seiner Wasen erzeigeten freundschaft und dienste / höchlich dankete / und sich zu aller mögligkeit hinwiederum erboht. Herkules redete ihn an / mit bitte / er möchte ihm gefallen lassen / sich den Landständẽ des Wendischen Fürstentuhms zustellen /damit er samt der alten Fürstin die Huldigung zugleich annehmen könte. Valiska kam auch darzu / und hielt freundlich an / ein solches zu leisten / und sie zu Prag wieder zu besuchen. Er aber gab zur Antwort /er hoffetete von der König- und FürstlichenGeselschaft die Gnade zuerhalten / daß ihm gegönnet würde / mit ihnen in Böhmen zuzihen / nachdem ihm unmöglich währe / ihre Geselschaft so schleunig zuverlassen. Worauff Königin Valiska / die ihn schwesterlich liebete / ihm diese Erklärung taht; es würde seine Liebe schwerlich gläuben können / wie angenehm ihnen allen und jeden dieses sein Erbieten währe; rechneten auch in Warheit seine brüderliche Freundschaft höher als das erworbene Königreich. Er wolte ihr auff gegebene Antwort den Handkuß bieten / aber sie umfing an dessen stat ihn als einen Bruder /welches auch von den jungen Königen und Fürsten geschahe / die sich ihm mit Gut und Blut anerbohten /und wahr insonderheit zwischen ihn und König Baldrich eine solche innigliche Liebe / daß sie nicht wol kunten lange von einander seyn. Noch hielt aber Valiska an / er möchte sich erklären / wie bald ihm gefällig seyn könte / nach [663] Wendland zureisen. Worauff er mit wenigem antwortete; er hätte noch zur Zeit nicht Ursach dahin zuzihen / hoffete auch / man würde ihm allerseits verzeihen / daß er sich desselben Fürstentuhms unangemasset liesse. Dann ob gleich ihr gar zu mildes anbieten / ihr gewogenes Herz ihm Sonnenklar vor Augen stellete / würde ihm doch nit gebühren solches anzunehmen / ehe und bevor er sähe / wie es zu verschulden seyn könte; müste überdas seinem Herr Vater es erstlich zu verstehen geben /und es abwarten / ob derselbe auch einwilligen könte / dz er ein solches Geschenk annähme; schlieslich baht er demühtig / ihm davon ein mehres nicht zu sagen. Also schlugen sie dieses Faß zu / und antwortete Valiska als im Scherze; sie merkete wol daß ihr getahnes doppeltes versprechen würde müssen bey einander seyn. Ihr Zug ward zimlich eilig fortgesetzet / so daß nur 300 Reuter mit ihnen gingen / und das ganze Heer von Teutschen / Böhmen / Friesen / Wenden und Olafs Dänen / ingesamt 34000 stark / alle wolgewapnet und beritten / unter Neda und Klodius folgen musten. Zu Prag ließ die alte Königin auff ihre Ankunft bester massen zubereiten / weil ihr der Aufbruch durch einen reitenden Bohten angemeldet ward; und als sie daselbst anlangeten / ging sie ihnen biß an das Schloß Tohr entgegen / und ließ die beyden jungen Herlein hinter sich her tragen. So bald sie einander erreicheten / trat Valiska aus der Ordnung vorhin /nahm ihr liebes Söhnlein auff ihren Arm / welches nunmehr 38 Wochen alt wahr / herzete und küssete es mütterlich / und gabs hernach ihrer Fr. Schwiegermutter mit diesen Worten: Sehet da / herzliebe Fr. Mutter / diesen meinen herzallerliebsten Schaz / an welchem ihr auch Teil habet / habe ich euch noch nicht kund machen wollen / auff daß ihr auch alhie zu Prag möchtet durch eine neue Lust erfreuet werden; so nehmet nun eures Sohns Herkules und mein allerliebstes Söhnlein hin / und erfreuet euch / daß ihr ein Kinds Kind auff die Arme bekommet / ehe ihr wisset / daß ihr GroßMutter seyd. Die Mutter ward der unvermuhtlichen Zeitung froh / nam das liebe Kindichen ganz begierig an / und kunte sich an demselben nicht sat noch müde küssen. Ach du mein herzallerliebster Herkuliskus / sagte sie zu ihm; der allmächtige Gott verleihe dir seine Gnade / daß du in seiner Furcht auffwachsen / und zu allen Christlichen Tugenden mögest erzogen werden / auff daß du nach dieser Sterbligkeit / die kaum nennens wert ist / ein klarer Stern unter allen Auserwählten erfunden werdest. Rief hernach den alten König ihren Gemahl zu sich / hielt ihm das Kind zu / und sagete: Da mein Herzgeliebeter; wisset ihr noch nicht / daß ihr Großvater seyd / so besehet nur diesen kleinen / ach / allerliebsten Herkuliskus / der seiner ElternGesicht so wenig als sich selbst verleugnen kan. Der König nahm ihn alsbald auff seine Arme / und sagte zu Herkules: Lieber Sohn / habe ich dann nicht ehe als zu Prag mich einen glükseligẽ Großvater kennen müssen? doch es ist wol angelegt / damit wir auch alhie eine neue unvermuhtliche Freude einnehmen mögen; aber der allerhöchste Gott / sagte er zu dem Kinde / hat dir sehr grosse Gnade verlihen / daß du ein Christ in deiner Kindheit schon bist / ehe du es selbst wissen oder verstehen kanst; dein Heiland nehme dich in seinen Gnaden Schuz / und lasse dich nach dieser Vergängligkeit mit allen Kindern Gottes der ewigen Herligkeit geniessen. Die alte Böhmische Königin erzeigete sich nicht minder frölich / daß sie die ihrigenfrisch und gesund wieder herzen und umfahen kunte / auch ihr geliebter Bruder und dessen Gemahl erlöset wahren; aber die traurige Zeitung wegen der Fräulein Verlust (die man[664] ihr nicht hatte zuschreiben wollen) betrübete sie herzlich / hoffete doch / sie würde von Gott wieder zu Hause geleitet werden. Nach gehaltener Mahlzeit ward der alte König / fein Gemahl / und Fürst Olaff in ein grosses Gemach geführet / in welchem Herkules und Ladislaen Gelder wie Kornhauffẽ aufgeschüttet lagẽ / dessen sie sich nit gnug verwundern kunten; und als sie die sehr grosse Menge der köstlichen Kleinoten sahen / sagten sie / es schiene fast / ob hätten sie Asien von dergleichen Kostbarkeiten ganz leer machen wollen; dessen Valiska lachete / und ihnen anzeigete / daß das überaus weitläufftige und reiche Land diesen Abgang an Golde und Kleinoten nicht eins merkete; wiewol auch ein sehr grosser Teil aus der Paduanischen Räuber-Höhle erobert währe. Des ersten Tages nach ihrer Ankunfft wurden Klodius /Markus und Neda mit 1800 Teutschen und Böhmischen Reutern nach Padua abgefertiget / Herrn Q. Fabius / Herrn Pompejus und andern guten Freunden ihre kurze und glüklich geendigte Kriege und Siege anzumelden / und sie zugleich ihrer Zusage der Besuchung zuerinnern / nebest Bitte / daß sie alsbald mit ihnen überkommen möchten. Diese seumeten sich nicht auff dem Wege / wurden aber von einer Pannonischen Schaar 2000 stark / aus einem Pusche unversehens überfallen / so dz Neda mit 300 Mannen sie anfangs aufhalten muste / biß die andern sich in Ordnung begaben / da dann ein sehr herbes Treffen vorging / in welchem 600 Pannonier erschlagen / und die übrigen mehrenteils verwundet in die Flucht getrieben wurden / sie aber auch 400 Mann einbüsseten / und an die 500 Verwundete unter sich hatten. Zu Padua empfing man sie sehr wol / woselbst Herr Pompejus mit aller seiner Haabe von Jerusalem schon wieder angelanget wahr. Sie erfreueten sich ingesamt unserer Helden wolergehens / und daß Fürst Baldrich mit so geringer Mühe ein Königreich erlanget / da Pompejus nach eingenommenen Bericht diese Urtel von Herkules fellete: Ich höre und vernehme mit Verwunderung / daß dieser unvergleichliche Held eben so glüklich den Teutschen als anderen Völkern obsieget; und muß sein Muht ja so kräfftig seyn / daß er allen seinen Kriegsleuten die Herzhafftigkeit eingiessen / und den Feinden Schrecken bringen kan. Insonderheit wahr er herzlich froh / daß sein geliebter Schwieger Sohn sein Königreich so nahe bey Köln hatte / und sie allemahl in wenig Tagen zusammen kommen kunten; trug auch grosses Verlangen / die unsern zusehen / und mahnete Herrn Fabius / Kornelius / Emilius / Antenor und Opimius samt etlichen andern auff / daß mit ihren Gemahlen sie sich zur Reise fertig machen musten /welche des andern Tages solten vorgenommen werden. Inzwischen wahren die unsern in so weit vergnüget weil sie die Unruhe (ihrer Meinung nach) nunmehr zum Ende gebracht / und die Waffen abzulegen /Mueß und Zeit bekommen hatten (dann die vielen ergangenen Unglüks Zeichen schlugen sie fast gar in den Wind / unter der Meynung / der böse Feind wolte ihnen dadurch eine vergebliche Furcht einjagen); so daß sie der gänzlichẽ Einbildung wahren / wann nur Frl. Klara und Fürst Arbianes wieder funden währen /könte man in der Furcht des HErrn von Herzen frölich seyn. König Henrich erinnerte Ladisla / er solte seine Krönung länger nicht auffschieben / sondern dadurch seine Untertahnen erfreuen / damit er hernach mit so viel grösserem Ansehen und Nachdruk gute Anordnung in seinem Königreiche machen / und allerhand eingeschlichene Mißbräuche in Städten und auff dem Lande abschaffen könte; Welchem er zufolgen bedacht wahr / und [665] solches Fest 6 Wochen nach seiner Wiederkunfft zuhalten ausschrieb / mit ernstlichem befehl / daß die Ritterschafft und andere wehrhaffte Untertahnen sich dagegen auffs beste rüsten und einstellen solten.

Zehn Tage vor der angesetzeten Krönung meldete der Frankische Ritter Farabert sich vor Prag an / hatte 220 wolberittene treflich geputzete Reuter und 12 beladene Maulesel bey sich / ward auffbegehren mit allen seinen Leuten willig eingelassen / und bey der Bürgerschaft verlegt und Kostfrey gehalten / da er zwar ansuchete / dz auff den nähstfolgenden Tag er möchte vor Königin Valisken zur gnädigsten Verhörung gelassen werden / aber dieselbe ließ ihm gegen die Abendmahlzeit mit ihrer statlichen Leib Gutsche nach dem Schlosse hohlen / räumete ihm und seinen LeibDienern etliche Gemächer ein / und muste daselbst absonderlich Königlich gespeiset werden / da ihm Leches und Klodius Geselschaft leisteten. Des folgenden morgens wurden die beladene Maulesel nach dem Schlosse gebracht / abgeladen / und alle Sachen in verschlossenen Wetschern von rotem und gelben Leder hinter ihm von 46 Dienern hergetragen /welche / da er vorgefodert ward / inzwischen auf dem hohen Gange warten musten / biß ihnen geruffen würde. Königin Valiska ließ ihn fragen / ob er mit ihr absonderlich / oder in anderer ihrer Anverwantẽ Gegenwart / reden wolte; und als er zur Antwort gab; wann eine so höchstwirdige König- und Fürstliche Geselschafft sein anbringen mit anhören wolte /würde bey seinem allergnädigsten Könige er solches hoch zurühmen haben. Also wahren alle vier Könige samt dem ganzen Frauenzimmer / nebst Siegward und Olaf versamlet / da Königin Valiska ihrem Gemahl zur Seiten saß / und den Gesanten / Ritter Farabert mit einem auffstehen grüssete / und die Hand zuküssen ihm darboht; welches er untertähnigst verrichtete /etliche Schritte wieder zurücke trat / und also anfing: Großmächtigste unüberwindlichste Könige und Königinnen / Durchleuchtigste Fürsten und Fürstinnen. Mein Allergnädigster / und Gnädigster Herr / auch allergnädigste Frau; der Großmächtigste unüberwindlichste König der freyen Franken und Sikambter; wie auch dessen Hocheit Gemahl die Großmächtigste Königin / und deren Hocheiten HerrSohn / der Durchleuchtigste Königliche Fürst Markomir / haben mir ihrem Diener allergnädigst und gnädig anbefohlen /alle eure Anwesende Königliche Hocheiten und Fürstliche Durchleuchtigkeiten freund- und dienstlich zugrüssen / und ihren Hocheiten uñ Durchleuchtigkeiten samt uñ sonders ihre auffrichtige beharliche Freundschaft und Dienste anzumelden / auch dabey dieselben zuversichern / daß ihnen nicht mehr anliege / als wann einige empfangene Freundschaft zuvergelten /ihnen die Macht und Gelegenheit benommen werde /welches sie doch nie als vor dißmahl bey ihnen empfunden / nachdem das Glük ihnen noch zur Zeit die Mittel an die Hand nicht geben wil / eine wirdige Dankbarkeit vor erzeigete Woltaht / im Werke sehen zulassen. Absonderlich lässet mein König sich gegen dẽ Großmächtigsten König / Herrn Herkules freund-Väterlich bedanken vor den angenehmen Gruß uñ Freundschaft-Anerbietung / uñ ersetzet dessen Hocheit ein solches mit gleichmässigem. Die unvergleichliche Königin uñ Großmächtigste Frau aber / Fr. Valiska wird dessen versichert / daß wie dero Hocheit sich erkläret / meinen allergnädigsten König und Königin an Eltern Stat anzunehmen / also haben dieselben gegen diese ihre wirdigste Fr. Tochter sich hinwiederumb erklären wollen / alles dasselbe zuleisten / was derselben kan lieb und [666] angenehm seyn. Mein gnädigster Fürst aber / Herr Markomir / dem die Götter durch ihrer Hocheit freundliches Schreiben die völlige Gesundheit wieder zugestellet haben / achtet sich unwirdig dero hohen schwesterlichen anerbietens / und verbleibet Zeit seines Lebens seiner Gnädigsten Königin und Frauen / Frauen Valiska in Ehren dienstergebener Knecht. König Henrich selbst bedankete sich des überbrachten Grusses in ihrer aller Nahmen / und zeigete an / wie lieb ihnẽ des Franken Königes und der seinigen Wolergehen währe / und daß sie hoffeten / die Ehre zuhaben / in Ihrer Liebden Brüder- und Väterliche Kundschafft zu kommen. Herkules setzete hinzu; Es könte ihm nichts angenehmers begegnen /als daß eines so Großmächtigen und Weltberühmten Königes väterliche Gewogenheit er erhaltẽ / daher er nicht ruhen / noch seine Seele völlig befriedigen würde / ehe und bevor seines Gn. Herr Vaters / Königes Hilderichs / und liebwerten Bruders GroßFürstMarkomirs Angesicht er gesehen / und seinen Gehorsam und Dienste ihnen mündlich angetragen hätte. Königin Valiska brachte ihren absonderlichen Dank mit grosser Freundligkeit und Ehrerbietigen Benennungen vor / und stellete sich überaus frölich wegen des jungen Fürsten wieder erlangeter Gesundheit / wie ihr dann solches eine grosse Freude wahr; daher sie sagete: Der Tag müsse gesegnet seyn / an welchem ihr mein Freund Herr Farabert / mich zu Padua angesprochen und des liebwerten Fürsten / meines freundlichen lieben Herrn Bruders / Herrn Markomirs Zustand mir zuwissen gemacht / weil nicht allein hiedurch / wie ich herzlich gerne vernehme / des lieben Fürsten Gesundheit befodert ist / sondern ich auch in die Väter-und Mütterliche Gunst und Gnade der Großmächtigen Königes und Königin der freyen Franken auff und angenommen bin; hoffe auch dieser Tage von dem Herrn Gesanten den jetzigen erfreulichen Zustand meines Herrn Bruders und Oheims umbständlicher zuvernehmen. Großmächtigste Königin / antwortete er; Ihrer Königl. Hochheit solches zuerzählen erkenne ich mich in tieffster Untertähnigkeit schuldig / und überliefere deroselben diese beyde Schreiben von meinem allergnädigsten Könige Herrn Hilderich / uñ von dem Durchl. GroßfürstenHerrn Markomir; nebst angehengter untertähnigster Bitte / Ihre Königl. Hocheit wolle mir allergnädigst erlauben / die dabey übergeschickete Sachen / als ein Zeichen Mütterlicher Gewogenheit meiner allergnädigsten Fr. Königin /und dienstergebenen Bereitwilligkeit höchstgedachten meines gn. Fürsten / vor ihre Gegenwart einzuliefern. Sie empfing solche Briefe ganz ehrerbietig / und daß dem Gesanten frey stünde / alles nach ihrer Gn. Eltern seines Herrn Königes und Fr. Königin Anordnung und Befehl zuschaffen / brach des Königes Brief zuerst / und fand diesen Inhalt:

Durchleuchtigste Großfürstin (dann es wahr diesem Könige ihr Königlicher Stand annoch unbewust)freundliche geliebte Fr. Tochter und Wase; je näher eines Menschen Art der göttlichen Volkommenheit trit / jemehr befleissiget sich derselbe andern zu dienen und deren bestes zubefodern / die ihrer Hülffe bedürffen; daher uns dann keines weges wundert / daß Eure Liebe (deren Ruhm schon in dieser ihrer jugend den Weg der Ewigkeit suchet) sich der Wolfahrt unsers freundlichen liebẽ Herr Sohns / aus recht schwesterlicher Freundschafft und mitleiden / so hoch und ernstlich angeno en hat; welches dann die gütigen Himmels-Götter mit ihrem Gedeien dergestalt gesegnen wollen / daß es mehr gefruchtet und gewirket / als wir an unserm Orte hätten hoffen und wünschen mögen / gestaltsam der ehmahls elende Markomir an seiner Vernunft und Leibe ungleich gesunder und glükseliger worden ist / als vor nie / und derselbe sich nicht scheuhet offentlich zubekennen / daß wann er gleich sein [667] Leben und Blut vor Euer Liebe Wolfahrt auffopffern würde / solches doch nicht zuschätzen währe gegen das empfangene Gut / von Euer Liebe über ihn mit vollen Ströhmen ausgeschüttet. Wir seine Eltern sind daher Euer Liebe verbundẽ zu aller Väter- und Mütterlichen Liebe / welche in der Taht dermahleins zuerweisen / wir das Glük und die Gelegenheit uns von den Göttern wünschen / und uns vor unglükselig achten werden /biß wir dessen einen rechtschaffenen Anfang werden gemacht haben. Nehmet von uns den Willen an / herzgeliebete Fr. Tochter / und versichert euch daß die Versiegelung unser Freude dieses ist / daß durch Eurer Liebe gewogene Kindliche Freundwilligkeit / wir auch teil habẽ an den Ruhm / welcher Eure Liebe durch ihren hohen Verdienst weit über alle andere ihres gleichen setzet. Die von Eurer Liebe meinem Gemahl und Sohn übergeschikte kostbahre Bezeugungen ihrer Freundwilligkeit und Liebe / sind allerseits wol eingeliefert und begierig angenommen / daher man desto weniger zweiffelt / die geringe Gegenbezeigung einer Mütterlichen Ergebenheit und Brüderlichen dienstwilligsten Herzen (wo bey unser Väterlicher Wille sich nimmermehr aus schliessen sol) /werde hinwiederum mit gleichmässiger Vergnügenheit angenommen werden. Meine werte Fr. Tochter wolle nebest ihrem hochberühmten Gemahl und sämtlichen Anverwanten von uns freundlich gegrüsset seyn / deren zu aller Väterlichen Mögligkeit wir verbunden sind und bleiben wollen / als lange wir leben.


Hilderich.


Valiska lase es mit hoher Vergnügung / und reichete es nachgehends ihrem Herkules mit diesen Worten ein: Mein Schaz / hie gebe Eure Liebe ich zu vernehmen eine sonderliche VäterlicheGunst und Gnade /damit unser Gn. Herr Vater der Großmächtigste Franken König uns zugetahn ist; mehr als in unserm vermögẽ seyn wird / es zuverschuldẽ. Herkules nam es ehrerbietig an / und in dem ers durchsahe / erbrach sie auch das andere von Fürst Markomir geschrieben /unter dieser Auffschrift:Der Ruhmwirdigsten des Erdbodens / Großmächtigsten Großfürstin der Teutschen / Frauen Valiska / seiner einigen Lebens-Erhalterin / und Vernunft-wiederbringerin / zu ihrem selbst eigenen unsterblichen Ruhm. Nach Verlesung dessen / sagte sie zu Farabert: Herr Gesanter; wañ dieser Brieff mir nicht von so angenehmer Hand zukähme / würde ich ihn zu lesen mich nimmermehr unterstehen / in Betrachtung der gar zu ungebührlichen Benennungen / welche in der Auffschrift enthalten sind. Er aber ließ solches unbeantwortet / und legte sie den Brieff von einander /welcher also lautete:

Wann der Himmel selbst / unvergleichliche Großfürstin und vollig-gewaltsahme Gebieterin über mein Leben / mit seinem Donnerschalle außblasen und uns hieniden anmelden wolte / alle die Volkommenheit / welche er selbst eurer Vortreffligkeit mit unermäßlicher fülle mitgeteilet hat / würde er dannach so wichtig nicht seyn / es uns Menschen durch einiges ander Mittel / als ihr selbst vorzustellen; welches doch meine armselige Feder abschrecket / sich dessen zuunternehmen / was uns allen unmöglich fället / daher ich bloß nur dasselbe zupreisen versuchen wil / was wir gewesenen Elenden / nunmehr beglükseligten Menschen von ihrer Erbarmung und Güte gutes begegnet ist. Ihre Strahlen der innerlichen und aüsserlichen Volkommenheit hatten mich am Verstande und Gesundheit geblendet / und weil ich deren entrahten muste / machten sie mich einem unvernünftigen Vieh ganz ähnlich; biß der helle Gnaden-blik ihrer kräftigen Schrift und das Zeichen eines solchen erbietens / dessen ich nicht wert bin / meine Vernunft durch der Augen Anblik / wieder zu ihrer Richtigkeit brachten / und ich wieder wuste wer ich wahr / uñ wer ich seyn solte. Vortreflichste Großfürstin / einige Wiederbringerin meiner Sinnen / gönnet bitte ich / eurem gar zu tief verschuldeten /daß ihm frey stehen möge / dieses mit vollem Munde zurühmen / was von ihrer Gnaden Hand er empfangen hat; mehr als alle Welt ihm nicht hätten mitteilen können /und lasset ihm gnädig zu / sich dessen vor dißmahl durch seine Schrifft / und erste Mögligkeit mündlich zubedanken / in solcher untergebener Ehrerbietigkeit / als [668] die empfangene Woltaht erheischet. Was mein Gn. Herr Vater mir anbefohlen / meiner Erlöserin zum Zeichen aller Ergebenheit zu übersenden / wird verhoffentlich die Gnade erhalten / daß unter ihrer Vortrefligkeit gewarsam es verbleiben möge; und ihr gehorsamer Knecht die Freyheit habe / dasselbe vor allen zubekennen / was ihre kräfftige Hülffe ihm hat wiederfahren lassen / alsdann wird derselbe sich vor recht glükselig schätzen / welcher mit allem / was er ist und hat / ist und verbleibet der volko enwirdigsten GroßFürstin Fr. Valisken ganz verschuldeter und verpflichteter Knecht Markomir.

Valiska wolte vor der ganzen Geselschaft nicht aussagen / was an diesem Schreiben ihr so sehr mißfiel / nur zeigete sie dem Gesanten / wie hocherfreulich ihr die Zeitung wegen des lieben Fürsten Gesundheit währe. Und als des aufftragens der vielen Wetscher kein ende werden wolte / stellete sie sich etwas ungeduldig / und fragete / warumb man sie doch mit solcher Last beschwerete. Farabert aber ließ dieselben / an der Zahl 24 in zween Hauffen stellen / da an den rohten der Königin / an den gelben aber des jungen Fürsten Nahme stund; und er untertähnig anhielt / ihre Königl. Hochheit möchte mit solchem Willen und Wolgefallen dieses alles teils von der Königin / teils von dem jungen Fürsten / annehmen / wie daß von ihr übergeschikt währe angenommen worden. Worauff sie sich freymühtig erklärete; ja / ob sie gleich augenscheinlich und an den vielen Wetschern sähe / daß die Königlichen Geschenke gar zu groß währen / wolte sie doch / umb ihrer Gn. Fr. Mutter der Fr. Königin ihren Gehorsam / und dem jungen Großfürsten ihre schwesterliche Liebe sehen zu lassen / sich dessen durchaus nicht wegern. Und muste der Gesante mit zur Königlichen Mahlzeit gehen / da er als eines grossen Königes Diener gebührlich geehret ward. Nach der speisung foderte ihn Valiska allein vor sich in ihr Gemach / und zeigete ihm an / daß so hoch sie über des jungen Fürsten erlangeter Gesundheit sich erfreuet / so heftig hätte sie sich über dessen Schreibens Inhalt betrübet / weil sie ein solches übermachtes Lob darinnen hätte lesen müssen / das ihr Herz sich vor ihr selbst geschämet / wolte auch hiemit angeloben / daß ob sie zwar vordißmahl dem Fürsten schriftlich antworten wolte / sie doch hinfüro weder dergleichen Briefe mehr von ihm anzunehmen / noch zubeantworten bedacht währe. Hernach muste ihr Farabert erzählen / wie es mit dem Fürsten eigentlich beschaffen währe; da er ihr zuvernehmen gab / was gestalt in den ersten fünff Wochen nach ihrer Hocheit empfangenen Schreiben / seine Durchl. zur volständigen gemühts und leibes Gesundheit gerahten / da es sich von Tage zu Tage gebessert / und er Farabert fast immer bey ihm seyn / und ihrer Hocheit Wunderfälle und lebens Art ihm erzählen müssen; nachgehends hätte er sich wieder in seinem Fürstlichen Stande /aber weit prächtiger als vorhin / öffentlich sehen lassen / hätte auf der Jagt sich viel geübet / und allerhand Ritterspiel eiferig getrieben / auch dabey so freimühtig gewesen / dz man sich darüber verwundern müssen. Sein Schild dessen er sich gebrauchete /währe also bezeichnet daß aus einem verborgenen dicken Dampfe eine ganz helle Flamme hervor schlüge in sieben zwar unterschiedlichen / aber nahe zusammen stehenden Strahlen an welchen zu unterst die sieben BuchstabenV.A.L.I.S.C.A. stünden / nicht anders / als sieben reiche Quellen dieser auffsteigenden Fla enstralen. Umbher stunden die Worte mit grünen Buchstaben:Cœlestis Medicina facile reparat quod per se periit. Das ist:Die himlische Arzney machet leicht wieder gut / was durch sich selbst verderbet ist. Ein sehr herlicher Spruch / sagte Valiska / wann er nur recht verstanden und erkläret wird; [669] aber der Nahme oder die Buchstaben unten an den Strahlen müsten nicht die gesetzeten / sondern diese seyn:C.R.E.A.T.O.R. Das ist;der Schöpfer / oder der wahre Gott. Farabert fuhr in seiner Erzählung fort; es hätte Fürst Markomir oben auff dem Helme einen andern Strahl / welcher einen verwelketen Graßstengel wieder grünend machete und in die höhe richtete / und darunter dieses Wort:Desuper Auxilium. Die Hülffe komt von oben herab. Das ist ein recht löbliches Wort / sagte Valiska / und möchte wünschen / daß des Fũrsten Brieff hiemit zustimmete; wie aber? wird der liebe Fürst meinem Gemahl und mir nicht die Ehre antuhn / uns zuzusprechen. Wir werden gewiß nit unterlassen / unsere Gnn. Eltern / euren König und Königin zubesuchen / weil wir nicht zweifeln / wilkommen zu seyn. Ja / Großmächtigste Königin / antwortete er / höhere Vergnügung würde meinem Könige nicht begegnen / werde auch keine angenehmere Zeitung nach hause bringen können als diese. Sie besahe nachgehends die überschicketen Sachen / deren sie sich verwunderte; dañ da wahren zwo Königliche Kronen und Reichsstäbe; Hals- und Armketten von dik gegossenem Golde / Pferdespangen und Puckeln aus gleichen Erz; und Steigbügel von hohem wert. Hernach die allerzarteste Linnewand / die Menschen Augen jemahls gesehen / uñ allerhand Bettegerähte /Tisch- und Tellertũcher / und was zur ũberflüssigen auszierung eines Königlichen Essesaals / Verhör-stuben / geheimen Zimmers / und Schlaffgemachs kan oder mag gefodert werden; welches sie hernach dem andern Frauenzimmer zeigete / welche bekenneten /deßgleichen nie gesehen zu haben. Es ward Farabert Königlich beschenket samt allen seinen Dienern / da die 46 so die Wetscher auffgetragen hatten / alle mit köstlichen neuen Kleidern versehen wurden / und jeder 300 Kronen Baarschaft / Farabert aber zu sechs Kleidern allerhand teurbahre Tücher / und 8000 Kronen / auch vor 6000 Kronen Kleinot bekam; seinen übrigen 204 Reutern wurden jedem 60 Kronen ausgezählet / und bey jeder Mahlzeit jedem eine Krone verehret. Farabert hielt zwar an / daß er des vierden Tages nach seiner Ankunft gnädigst möchte abgefertiget werden / aber sie vermochten ihn / daß er die Zeit der angesetzeten Krönung abzuwarten versprach; weil aber solche durch einen feindlichen Uberfal verhindert ward / ging er am Tage der unglüklichen Zeitung nach empfangenen Briefen eilig fort nach seinem Könige.

Das allerliebste Fräulein ward nunmehr als eine Erschlagene von ihren verwanten herzlich betrauret / so daß auch bey Herkules selbst wenig Hoffnung ihres lebens mehr übrig wahr / dessen er aber sich nicht merken ließ / damit der Eltern betrübnis nicht dadurch vermehret wũrde; aber der grundgütige Gott wolte sie in ihrer elenden Magdschaft nicht lange stecken und verächtlich halten lassen / sondern sie den ihren nach seiner väterlichen Versehung wieder zuführen. Dann Wolfgang sinnete Tag und Nacht / wie er sie nach dem Elbstrom bringen möchte / ob er gleich sein Leben darüber einbüssen solte; aber das Fräulein wolte / daß er des sichersten spielen muste / damit sie Ehr und Leben behielte. Nun arbeitete er bey einem reichen Bürger / dessen erwachsener Sohn Richard /seines alters von 22 Jahren / hohes Sinnes / und über die masse ehrgeitzig / etliche Pferde auff der Sträu hielt / welche ihm Wolfgang neben seiner verdingeten Arbeit / fleissig wartete / daß er seine gute Gunst erhielt / und zuzeiten einen Trinkpfennig bekam. Es wahr dieser Kerl ein rechter Waghals durfte sich unterstehen / was ihm einfiel / und glückete ihm allenthalben wol / ungeachtet die [670] Tugend sehr dünne bey ihm gesäet / und überdas der unkeuscheit sehr ergeben wahr. Als Wolfgang merkete / daß er eines Worts bey ihm mächtig wahr / sagte er einsmahls zu ihm; es währe schade und jammer / daß ein solcher frischer und tapferer Mensch im Bürgerstande sterben / und sein gutes Herz so zu reden / unter dem Koht vergraben solte; wann er nun wissen könte / wessen er sich zu ihm zuversehen oder zu trauen hätte / wolte er ihm Anleitung geben / und darzu behülflich seyn / daß er in wenig Tagen durch eine tapffere ehrliche Taht nicht allein den hohen Adelstand erwerben / sondern ein grosser reicher Herr / und angenehmer Freund treflicher Fürsten werden solte; die Taht / deren auff solchen fal er sich würde unterwinden müssen / währe eben so schwer und unmöglich nicht / wann er nur die Kühnheit nehmen dürfte / ein Fräulein sehr hohes Standes / die an einem Orte nicht weit von hinnen / in dienstbarkeit wieder ihren Willen behalten würde /zuerretten / und nach den ihren zubegleiten. Dieser wolte alsbald wissen / wo das Fräulein anzutreffen /und auff was Weise die Erlösung vorzunehmen währe. Welches aber so dürre auszubeichten / ihm ungelegen wahr / daher er ihm diesen Dunst vormahlete: Diesseit Köln läge ein Städlein / in welchem dieses Durchleuchtige Fräulein von einem unwirdigen verwägenen Weibe schlechtes Adels / als eine Magd wieder ihren Willen auffgehalten wũrde / wiewol derselben dieser Fräulein hoher Stand unwissend währe; wann man nun etwa zwölf bewehrete Reuter hätte /könte man sie ohn alle Lebensgefahr davon bringen; doch müste man eine Gutsche mit guten ausgeruheten Pferden in bereitschaft haben / darauff man sie setzete / und an einen Ort / welchen er zu seiner Zeit nennen wolte / hinbrächte. Ich weiß so schleunig nit zu rahten / antwortete Reichard / woher man so viel Mannschaft / welcher man trauen dürfte / nehmen könte; Gutschen und Pferde hat mein Vater gut genug / wolte auch wol so viel Gelder schaffen / als zu der Reise kosten erfodert würden / dann auff dem Lande hat mein Vater hin und wieder Aufkünfte zu heben / und andere Schulden ausstehen / welche ich bald einfodern wolte. Wie? antwortete Wolfgang / könte mein Herr nicht eine heimliche Werbung anstellen / oder von seinen Eltern begehren / daß sie ihm so viel Reuter ausrũsteten /unter dem Vorgeben / er wolte damit zu Kriege zihen / einen Herrn suchen / und Ehre / Ruhm und Güter zuerwerben bemühet seyn? Dieser bedachte sich ein wenig / trug es seinem Vater vor / und erlangete dessen bewilligung auff acht Reuter / welche er ihm werben und gebührlich ausrũsten wolte. Wolfgang dauchte die Zahl zum nohtfalle gnug seyn / welche Reichard inwendig sechs Tagen zu liefern versprach / und solte Wolfgang inzwischen es schaffen / daß ohn verzug die Sache vorgenommen würde / er vor sein Häupt wolte entweder sterben / oder die Erlösung ritterlich zu werk richten / hätte auch mit seines VatersGutscher es schon angeleget / Wagen und Pferde fertig zu halten / und solche nur sechs Stunden (also hätte ers ihm vorgeschwätzet) zugebrauchen / davor er ihm drey Gülden versprochen / auch die helfte schon vor heraus gegeben hätte. Als Wolfgang sahe / daß an dieses Menschen Träu und Glauben nicht zuzweifeln wahr / taht ers dem Fräulein in der Nacht zu wissen /und sagte zu ihr: Ach daß Gott wolte / daß ihr nur einmahl Gelegenheit hättet / auff das Feld zu gehen oder zu fahren / dann wolte ich mir getrauen / euch ohn alle Gefahr davonzubringen. Dann sehet / vor erst könte ich euch adeliche Kleider verschaffen; vors ander tähtet ihr die angestrichene Farbe ab; wer wolte euch dann vor die jezige Armgard [671] ansprechen? so habe ich schon eine Gutsche wol bespannet / und acht beherzete Reuter / die euch begleiten solten; O daß ihr nur einmahl hinaus vor das Tohr kommen möchtet /mein Herz trägt mirs zu / daß mein Anschlag gerahten würde. Mein frommer und geträuer Wolfgang / antwortete sie; ich kan dem allerhöchsten Gott nicht gnug danken / daß Er mir euch zugewiesen hat; dann ihr habt mir diese ganze Zeit über / solche Träue erzeiget / welche ein Bruder seiner leiblichen Schwester kaum leisten würde. So fahret nun fort geträu zu seyn / wie ich dann nicht zweifele / und gläubet mir sicherlich / daß ihr von mir Zeit eures lebens dergestalt sollet geliebet und begnadet werden / als ihr euch noch nicht einbilden möget. Aber daß ich auff euren Vorschlag komme; meinet ihr dann / geträue Leute angetroffen zu haben / denen ich mich sicherlich vertrauen dürfte / wann ich mich in meiner wahren Gestalt stellen würde? Daß hoffe ich gänzlich / antwortete er; erzählete ihr auch den ganzen Anschlag / und daß er seinem Gesellen den Ort noch nicht genennet hätte /woselbst das vornehme Fräulein anzutreffen währe. Ich verlasse mich nähest Gott auff euch / sagete sie /uñ dafern euer Anschlag aller richtig ist / hoffe ich die gröste Tochter / deren ich zimlich mächtig bin / wol dahin zubereden / daß sie mich mit sich hinaus auf ihr nähestes Meier-Gut nehme. Daß währe der sicherste Weg / sagete er; aber ich mus es 24 Stunden vorher wissen / weil es so schleunig nicht zu werke gerichtet werden kan. Wir wollen nach mögligkeit eilen / antwortete sie / dann meines bleibens ist ohndas nicht länger hie / inbetrachtung / ich nicht weis / wessen ich mich zu dem alten Ehebrecher / meinem jetzigen Herrn zuversehen habe / welcher von unzimlichen Sachen mit mir zu reden beginnet / und Geschenke ausbieten darff; ich ihn gleichwol aber das leztemahl der gestalt abgewiesen habe / und ihn mit der Dräuung /es seinem Weibe zu sagen / erschrecket / daß er verhoffentlich mich wol zufrieden lassen sol / und fũrchte ich mich nur des nachtes am meisten vor ihm / wann ihr nicht hie seid / wiewol ich alsdann die Tũhr und das Fenster so fest versperre und inwendig verbolwerke / dz niemand ohn Gewalt herauff brechen wird. Des folgenden Morgens / da das Fräulein mit der grösten Tochter die Nähe-arbeit trieb / fing sie an zu wünschen / daß sie einmahl einen halben Tag in die frische Luft kommen möchte / es gäbe eine feine Verenderung / und befünde sie sich ohndas nicht allerdinge wol auff / welches ihre Gestalt gnug anzeigete; nun fürchtete sie aber ihrer Frauen Zorn (dann sie wahr schon etlichemahl von ihr mit Maulschellen gelohnet) daß sie sich dessen nicht würde dũrfen verlauten lassen; hätte demnach höchlich zu bitten / ob sie es nicht dahin bringen könte / daß sie eins mit ihr nach ihrem Vorwerk ausfahren möchte / davor wolte sie ihr /wann sie Braut seyn würde / ein statliches Bräutigams Wischtuch mit sonderlichem fleiß verfertigen. Ja warumb nicht / antwortete sie: Dieses sol meine Mutter mir nicht versagen / und wans euch geliebete / könte es noch wol heute geschehen. Ach nein / geehrte Jungfer / sagte sie / ich wil zuvor eures Herrn Vaters Hemde uñ Kragen fertig machen / woran ich heut und Morgen zu arbeiten habe; könte es dañ übermorgen geschehen / währe mir sehr lieb. Daß wil ich euch wol vorherzusagen / antwortete die Jungfer / noch ehe ich meine Mutter darumb begrüsse. Wer weiß aber / sagte das Fräulein / ob sie mir so viel Feierabend gönnet /daß ich mit euch fahre? Davor lasset mich rahten und sorgen / antwortete sie; ich habe meiner Mutter wol ehe etwas abgebehten / und sol mirs vordißmahl auch nicht mißlingen. Weil nun dieselbe gleich in die Stube trat / brachte [672] die Tochter vor / sie möchte ihr erläuben / übermorgen nach dem Vorwerk zu fahren /und Armgarten mitzunehmen / der sie ihre schöne Rosmarin / Negelblumen und andere Gewächse zeigen wolte. O ja / sagte die Mutter / das ist eine mögliche Bitte; ich werde meinen Mägden Wagen und Pferde halten / daß sie zur Lust ausfahren / und sich im Kräutergarten ergetzen. Sie sol mir auf dem Hindern sitzen und nähen / dann mit dem ausfahren kan sie das fressen nicht verdienen. Aber sage mir / hat die faule Metze dir etwa solches angegeben: die Landläufferin wird des sitzens irgend schon müde seyn. Nein gewißlich nicht / herzen Fr. Mutter / antwortete sie / ich selbst habe sie darzu gebehten / weil schon vor etlichen Wochen ich von ihr verstanden / daß sie mit künstlicher Auffbindung der Rosmarin Båume fein umzugehen wisse / davon unser Gärtner wenig vergessen hat. Das Fräulein entschuldigte sich mit demühtigen Worten / und baht / ihre Frau möchte sie nicht in dem Verdacht haben / sie wolte gern nach ihrem Befehl bey ihrer Nähe-Arbeit bleiben. Aber die Tochter hielt immer an mit bitten / weil ja die schöne Rosmarin sonst gar ins wilde wachsen würde / wo man sie nicht beyzeiten gewähnete. Worauff endlich ihre Mutter sagete: Machet mir zusammen fertig was ich euch eingesetzet habe; komt dann Zeit / so komt auch wol Raht; Womit sie hinweg ging / und sagte die Jungfer zu dem Fräulein: Nun ist die Sache schon klar / massen wann meine Mutter sich so weit heraus lässet / das ist gleich so viel / als ob sie ja gesaget håtte; darumb zweifelt nur nicht / wir wollen übermorgen / so bald es euch gefället / auff seyn. Diesen Nachmittag wurden die Töchter / ohn die jüngste /von dem Fräulein abgefodert / andern Hausgeschäfften obzuliegen / welcher gelegenheit der Hausvater /Namens Bernhard / wahr nam / sich zu dem Fräulein machte / uñ ihr gewaltig liebkosete / wie er sie so hefftig liebete / und bedacht währe / sie nicht länger als eine Magd / sondern seinen Kindern gleich zuhalten / dagegen würde sie verhoffentlich seine Liebe und Gunst erkennen / und nicht / wie bißher geschehen / ihn verächtlich von sich abweisen; nach welcher Rede er sein Töchterlein vermahnete hinzugehen / und mit ihren Tocken zuspielẽ. Das Fråulein aber wolte in deren Abtrit nicht einwilligen / sondern sagte zu ihm: Herr / wann ihr wollet / daß ich bey euch bleiben /und euch auf euer erbieten antworten sol / werdet ihr das liebe Kind alhie bey uns lassen / oder mirs nicht verdenken / daß ich zugleich mit ihr davon gehe. So wolte auch das Kind durchaus nicht hinweg / sondern hielt sich an ihr / und setzete sich endlich gar auff ihre Schoß / welches dieser Unzüchtige / Schande halben einwilligen muste / sich aber zu ihr setzete / und um freundliche Erklärung bey ihr anhaltend / sich ungebührlicher Griffe gebrauchen wolte / dessen sie sich entbrechend / also zu ihm sagete: Herr / daß ihr euch gegen mich als ein gewogener Freund erkläret / und meine Magdschafft zumiltern mir versprechet / dessen wird euch der Himmel lohnen / weil mein Unvermögen die Vergeltung nicht zulässet; daß ihr aber gedenket / mich zu eurem unzüchtigen Willen zuverleiten /da ich überdas in der Ehe lebe / solches werdet ihr hinfüro abstellen / oder mir es nicht verůbeln / daß bey meiner Frauen ich umb Schuz wider euch anhalte / und so kühn bin / euch anzuzeigen / daß ich tausend mahl lieber den Tod leiden / als ich was wider meine Zucht und Ehre begehen oder zulassen werde / wie schlecht uñ geringe ihr mich auch halten möget; stellet demnach euren Mutwillen ein / oder gönnet mir /daß ich einen andern Dienst suche / da von dergleichen unerbaren Ansprengungen ich frey bin. Der Alte (dann [673] er wahr schon ein 52jähriger) wolte sich zornig stellen / und weiß nicht / was vor Straffen dräuen; aber seine älteste Tochter kam unvermuhtlich wieder /daß er kaum gelegenheit hatte / heimlich zu ihr zusagen / sie solte schweigen / oder ihres Lebens nicht sicher seyn. Worauff sie zur Antwort gab: Ja Herr /ich wil auch vor dißmahl noch schweigen / wann ich nur hernähst unbemühet bleibe. Also ging er hinweg /als hätte er kein Wasser betrübet / dañ er fürchtete sich vor seinem Weibe nicht viel weniger als vor dem Henker selbst. Sie klagete diese Nacht ihrem Wolffgange solches alles / und gab ihm zugleich zuverstehen / auff welche Zeit sie ihre Lustreise verhoffentlich ungezweifelt fortsetzen würde; welches ihm sehr lieb wahr; im übrigen aber ihr den Raht gab / da sie des folgenden Tages aber eins unzimliche Ansprache von dem Alten haben würde / möchte sie sich etwas gelinder vernehmen lassen / damit er nicht aus toller Liebe eine Erklärung fassete / die auff Gewalttaht bestünde; könte auch nicht schaden ihn auff etliche wenig Tage (wanns nicht anders seyn könte) hinzuweisen / und ihm also in Sicherheit das Maul auffsperren. Aber wie sie dazu sich selbst nicht bereden kunte / also schikte es Gott / daß er aus Schahm und Furcht sich des folgendẽ Tages von ihr nicht sehen ließ. Wolffgangen dauchte numehr hohe Zeit seyn / seinem Gesellen Reichard die rechte Warheit zuoffenbahren / welcher ihm zuvor einen leiblichen äid schwören muste / was er ihm anjezt vertrauen würde / in geheim zuhalten; dagegen versprach er ihm hinwiederumb im Nahmen der Fräulein äidlich / ihm entweder ein freies RitterGut erblich zuverschaffen / oder zwo Tonnen Goldes in Baarschafft / da ihm solches angenehmer seyn würde; gefiele es ihm auch / solte er in den Ritterstand / und zum Großfürstlichen Beamten gesetzet werden. Und als sie sich darauff beyderseits auffs hårteste verbunden / sagte ihm Wolffgang das vornehme Fürstliche Fräulein würde morgen umb 9 oder 10 uhr aus dieser Stad nach dem und dem Vorwerk fahren; da müste man nun einen Anschlag auff sie machen / daß man sie dergestalt hinweg führete / daß es so bald nicht ruchtbar wũrde; alsdann währe durchaus keine Gefahr bey der Sache / nur daß die / so sie angreiffen und wegnehmen solten / in vermummeter Gestalt es verrichteten / damit sie hernähst nicht erkeñet / oder doch nicht so gar bald ausgekundschaffet werdẽ könten. Reichard wahr zu allem willig und bereit / nahm von seinen Eltern und Verwanten Abscheid / und richtete sich nach der Zeit / daß er auff den nähstfolgenden Tag sehr früh mit seiner Reuterey hinaus ritte / vorgebens / er wolte über den Rein / und im Kriege sich eine zeitlang versuchen; hatte auch die Gutsche fertig / und fehlete ihm nichts / nur daß das Fräulein sich blicken liesse / die man hinweg nehmen solte. Als Wolffgang diesen lezten Abend nach seiner Gewohnheit zu dem Fräulein ging / seinem Vorgeben nach /bey seiner Armgart zuschlaffen / wolte der alte Bernhard ihm solches nicht gönnen / fing einen falschen Zank an / und sagte / er solte sich alsbald von seinem Hofe hinweg packen; Er kähme in Erfahrung / daß er hin und wieder austrüge / was in seiner Haushaltung vorginge / dessen er hinfüro wolte geübriget seyn. Dieser wuste sich dessen unschuldig / baht deswegen umb Verzeihung / und erboht sich / sein Leben zulassen / wann ihm das allergeringste könte überbracht werden; Er merkete aber daher / daß der Alte irgend auff diese Nacht einẽ gefährlichen Anschlag möchte gemacht haben. Die Frau / Nahmens Mechtild / kam gleich darzu / und fragete ihren Mann / was er sich mit Wolffgang zukeiffen hätte? Da dieser seine jezt getahne [674] Entschuldigung wiederhohlete / und die Frau inständig baht / ihm zum wenigsten noch diese Nacht seine Armgart zugönnen / alsdann wolte er lange nicht wieder kommen. Die Frau wahr diesen Morgen von ihrem kleinen Töchterlein berichtet / ihr Vater hätte Armgart küssen / und auff seine Schoß nehmen wollen / welches sie nicht hätte wollen leiden / und sich darüber mit ihm gescholten. Dieses fiel ihr gleich ein / daher sie einerley mit Wolffgangen argwohnete /und zu demselben sagete: Gehe hin / und schlaffe bey deinem Weibe / wie bißher geschehen / kein Mensch sol dir solches wehren; ja wann du eine einzige Nacht von ihr bleibest / wil ich dich zustraffen wissen. Ihr Bernhard solches hörend / gedachte alsobald / die Karte würde falsch seyn / und ging stilschweigend davon / sie aber folgete ihm auff dem fusse nach / und da sie mit ihm allein wahr / fing sie also an: Sehet doch den jungẽ frischen Buhler / der meine Mägde beginnet zuküssen / und auff der Schoß zuführen / so ungescheuhet / dz seine kleinen Kinder es ansehen und austragen müssen. Er fragete mit einem wundervollen Eifer / wer ihn also belogen hätte. Ihr kleinstes Töchterlein Adelgund kam gleich daher gelauffen / zu dem die Mutter sagete: Mein Kind / sage mir / was taht dein Vater unserer Armgart? Je HerzenMutter /antwortete das kleine / habe ichs euch doch bereit gesagt; Er wolte sie herzen / und auff seine Schoß nehmen / aber unsere Armgart / meine liebe Armgart /wolte es nicht leiden. Je du loser Sak / sagte der Vater / wer hat dir solches zusagen eingestecket? Ja HerzenVater / antwortete sie / ist es nicht wahr / woltet ihr nicht auch ihr nach dem Busem greiffen? Wisset ihr noch wol / als ihr mich woltet aus der Stubẽ schünnen / und unsere Armgart wolte es nicht leiden? Gut mein Töchterchen sagte die Mutter / wo du es aber noch einem einzigen Menschen sagen wirst / wil ich dir den Hals abschneidẽ. Je HerzenMutter / sagte diese / ich wil es keinem Menschen mehr sagen. Es kam die gröste Tochter eben darzu gangen / deren diese kleine entgegen lief / und überlaut zuruffen anfing: Höre Alheid (also hieß diese) es ist nicht wahr / daß unser Vater hat wollen unsere Armgart küssen / auff die Schoß nehmen / und ihr in Busem greiffen; Nein es ist nicht wahr / es ist doch nicht wahr. Diese erschrak der Rede / und sagte: Je du Balg / wer saget dann solches? habe ichs gesagt? Nein / antwortete die kleine /du wahrest nicht dabey ich habs allein gesehen / aber ich darffs nicht mehr sagen / oder meine HerzenMutter wil mir den Hals abschneiden. Die Mutter hieß die beyden Töchter hingehen / und als lieb ihnen ihr Leben währe / das Maul halten. Hernach sagte sie zu ihrem Ehe Junkern: Pfui schämet euch in euer Herz und Blut / ihr alter ehebrecherischer Narr; ist euch nun ein neuer Kitzel nach meiner Magd ankommen? Er wolte noch stark leugnen; aber sie hieß ihn schweigen; wie es doch möglich währe / daß dieses Kind von sechs Jahren ein solches aus ihren Fingern saugen solte; Kinder und Narren (hiesse das alte Sprichwort) sagten die Warheit; welches an ihrem Töchterchen erschiene. Sie wolte dißmahl ihm solches zu gute halten / würde er aber sich noch eins gelüsten lassen / zu ihrer Magd zunahen / wolte sie schon wissen ihn dergestalt die Schüppe zugeben / daß er dessen vor aller Welt Schimpff und Spot haben solte. Ob er an ihr nicht ein Genügen haben könte / da sie noch frisch und kaum von 32 Jahren währe. Er gestund endlich so viel / daß er solches aus Kurzweil getahn hätte / umb zusehen / wie beydes Armgart und die kleine Klapperbüchse sich dagegen bezeigen würde. Ich wil euch diese Entschuldigung gläuben / wie die erste Leugnung / sagte sie / und dannoch umb [675] Friedes und eurer eigenen Ehre willen hievon nicht wissen / nur lasset euch ja witzigen / wollet ihr sonst nicht / daß ich euch öffentlich beschimpfen sol. Sein Gewissen sagte ihm /daß er schweigen solte / aber seinen Vorsaz / ob er gleich heut vergebens währe / hoffete er doch zur andern Gelegenheit auszuführen. Wolffgang meldete dem Fräulein des alten Buben Vornehmen an / schlugens aber beyde aus dem Sinne / und brachten den mehrenteil der Nacht mit andächtigem Gebeht zu /dann sie hatte ihn schon zum Christentuhm beredet; Ihr mit Trähnen vermischetes Flehen ging hin zu Gott / daß derselbe nach seinem väterlichen Willen ihr Unglük brechen / und das Vornehmen zu ihrer Erlösung gerahten lassen wolte. Die gröste Tochter Alheit hatte alle ihre Ketten / Ringe / Perlen und Kleinot ihr in Verwahrung getahn / weil sie dieselben fein zusaubern wuste; Hievon nam sie einen zimlichen Anteil auff die 200 Kronen wert zu sich / deren als eines Nohtpfenniges auff der Reise zugebrauchen / und hernähst ihr viel ein kostbahrers wieder zuschicken; ließ Wolffgang zimlich frũh von sich / nahm ihr gewöhnliches nähen vor / und gedachte des ausfahrens nit im geringsten / als die Jungfer zu ihr kam / wiewol sie schmerzlich verlangen trug / die Gewißheit zuerfahren / damit sie / genommener Abrede nach / ihren Wolffgang solches zeitig gnug / mit einem weissen ausgestekten Tüchlein aus ihrem Kammer Fenster möchte zuverstehen geben. Aber kaum hatte diese sich an Händen und unter dem Gesichte gewaschen /da fragete sie das Fräulein alsbald / ob sie sich nicht fertig machen wolte / mit hinaus zufahrẽ; der Wagen würde schon angespannet / und dürffte der Auffbruch wol eine Stunde zeitiger geschehen / als sie gemeynet / weil die Mutter umb 4 uhr nachmittage wieder daheim seyn / und selbst mitfahren wolte; Welche Antwort sie nicht ohn grosse Bekümmerniß anhörete /und doch ihrem Gott trauete / er würde es zu ihrem besten schicken. Das Vorwerk lag eine gute Meile von der Stad / und musten sie durch einen kleinen Wald fahren / in welchem die Taht zuvolstrecken / sie den Anschlag gemacht hatten. Wolffgang ging in seiner täglichen Kleidung hinter dem Wagen her / welches die Frau ersehend / ihn fragete / wo er hinaus gedächte / und ob er sich befahrete / daß sie ihm seine Armgart entführen wolte. Nein Hochädle Frau / antwortete er; sondern weil ich heut ohndas Herren loß bin / gehe ich mit / ob ich ihr auff dem Vorwerke zu etwas könte behůlflich seyn. So gehe mit / sagte sie /ich finde allenthalben Arbeit vor deines gleichen. Die Abrede zwischen ihm und seinen Reutern wahr / daß auff der bestimmeten Stelle er ein Zeichen geben solte / dessen er unvergessen wahr; massen so bald er anfing zusingen / liessen sich 4 Reuter sehen / welche mit angeklebeten Bärten sich unkentlich gnug gemacht hatten / und von hinten zu dem Wagen folgeten / auch wie es angelegt wahr / Wolffgangen mit ungestüm frageten / ob er zu der Gutsche gehörete / und was vor Leute darauff sässen. Er aber zur Antwort gab: Er gehörete nicht darzu / und möchten sie selber zusehen / wornach sie frageten. Frau Mechtild hörete solches / und nach ihrem Frevelmuht fragete sie die Reuter / was sie sich umb ihren Wagen / oder wer darauff sässe / zubekümmern hätten; sie solten sich ihres Weges packen / oder gewärtig seyn / was ihnen begegnen solte. Die Reuter verteileten sich / daß zween den Gutscher zwischen sich nahmen / die andern zween aber an den Wagen ritten / und der eine diese Antwort gab: Wie nun Frau / was habt ihr fremde Leute zu trotzen? oder darff [676] man diesen Bauren umb nichts fragen? sahe inzwischen das Fräulein starre an / und sagte als im Zorn zu ihr: Wie nun zum Henker / wie nun Armgart? finden wir uns so ohngefehr hie beyeinander? wer hat dich heissen aus meinem Dienst gehen / und einen andern Herrn suchen /ehe du mir die versprochene Zeit ausgehalten hast? Das Fräulein antwortete / als aus Furcht: Sehet da Herr seid ihrs? und kennet meinen Mann nicht mehr /welcher hinter dem Wagen hergehet / dem ihr ja / und eben so wol auch mir Urlaub gegeben habt nach dem Elbstrohm zu unsern Freunden zu reisen. Ich kenne ihn wol / antwortete er / aber aus begierde zuerfahren / ob du hier währest / habe ich ihn nicht angesprochen; sage mir aber du betriegerin / heisset dieses nach der Elbe reisen / uñ bist über den Rein gangen? Mein Herr / antwortete sie / die Schuld lieget nicht an mir / sondern an dieser Frauen / als welche mich mit List nach dem Rein geführet / und nachgehends mich gezwungen hat in ihre Dienste zu treten / dessen ich wol nimmermehr willens gewesen währe. Je Frau /sagte dieser darauff / wie dürfet ihr euch dann erkühnen mir mein Gesinde abzuspannen? und dräuet mir selbst noch wol darzu? bald dürftet ihr mich auff dem vorsatze finden / daß ich gleiches mit gleichem vergölte / und eure Tochter zu meiner Beyschläfferin mit mir nähme / wozu sie mir deucht groß genug seyn. Was woltestu nehmen? sagte die Frau / halte ja bald ein mit dieser Pfeiffe / oder es wird dir ein selzamer Tanz darauf erfolgen. Je du leichtfertiges freches Weib / antwortete dieser / kanstu dann noch nicht erkennen / daß du mir durch entführung meines Gesindes / unrecht getahn hast? so wird dir das Wasser bald über die Körbe gehen. Hier entfiel ihr der Muht gar / fürchtete der Tochter Ehre / und fing an sich zuentschuldigẽ; es hätte Armgart dieses nicht offenbahret / daß sie in eines andern Dienste währe / würde demnach solche unwissenheit zu ihrer entschuldigung geltẽ lassen / uñ möchte er seine Magd nach seinem belieben immerhin nehmen / welche sie ohndas in kurzen lauffen zulassen willens gewesen. So heissets nicht / sagte dieser / ich wil trauen wegen des mir erwiesenen Schimpfs und ausgestossener dräuung abtrag haben; darumb gib alsbald Ringe / Ketten / Armbänder / und alles geschmeide her / was du und deine Tochter an euch traget / oder meine dräuung sol stündlich auff dieser grünen Heide erfüllet werden. Die Angst machete / daß sie bald einwilligten / und auff 500 Kronen wert von sich gaben. Ihrer zween bunden dem Fuhrman Hände Füsse / legten ihm einen Knebel ins Maul / und schleppeten ihn eine gute Ecke zum Walde hinein / Wolfgang aber muste auffsitzen /und die Gutsche fortführẽ / da die Reuter / welche ein lediges Pferd bey sich hatten bey ihm blieben / und denen auf dem Wagen den Tod dräueten / dafern sie einiges Geschrey anfahen würden. Sie brachten den Wagen zwo Meilen von der Stad an einen unwegsamen Ort in ein dickes Gepüsche / da die Jungfer anfing zu zittern und zagen / nicht zweifelnd / es würde um ihre Ehre getahn seyn; aber das Fräulein tröstete sie / mit dem versprechen / ihr solte durchaus kein Leid geschehen / möchte nur wünschen daß ihre Mutter sich auch also gegen sie bezeiget hätte / daß sie ungestraffet bliebe / weil aber dieselbe sehr unbarmherzig mit ihr verfahren / ihr weder essen noch trinken / noch ruhe gegönnet / und täglich gelegenheit vom Zaune gebrochen sie mit Fåusten zu schlagen / daß ihr oft Mund und Nase geblutet / müste sie inne werden und in etwas empfinden was solche wüterische Grausamkeit verdienete. Der ertichtete Herr riß darauff die Frau von der Gutsche / und mit einem starken Prügel zerschlug er ihr die unbarmherzigen [677] Hände / Arme /und das Gerippe / daß sie endlich drüber in Ohmacht fiel / und das Fräulein noch vor sie bitten muste. Der frommen Adelheit (oder Alheit) aber geschahe gar kein leid / wiewol ihrer Mutter Elend ihr die häuffigen Trähnen aus den Augen trieb / und Wolfgang zu ihr sagete: Danket ihr Gott / daß ihr dieser meiner vermeineten Frauen kein leid habt angetahn / eurer würde sonst nicht besser als diesem grausamen unbarmherzigẽ Weibe gewartet werden / bey welcher ihr diesen Tag uñ folgende ganze Nacht verbleiben sollet / und wo ihr euch erkühnen werdet vor Morgen früh von diesem Orte weg zuzihen / müsset ihr umb Ehr und Leben kommen / hernach aber möget ihr zihen wohin ihr wollet / könnet euch auch berühmẽ / daß nie kein Mensch eures gleichen / ein vornehmer Weibesbild zur Magd gehabt als ihr. Das Fräulein kehrete sich nichts an das Weib / aber zu der Tochter sagte sie: Meine Freundin / ich danke euch sehr vor allen erzeigeten guten Willen / und versichere euch / daß ich nicht unterlassen werde / mich gegen euch in der Taht dankbar zuerzeigen; eines ist mir fast leid / daß euer alter unzüchtiger Vater nicht mit heraus gefahren ist /welchen ich wegen seiner ehebrecherischen anmuhtungen hätte wollen eurer Mutter gleich zurichten lassen / damit eins dem andern nichts vorzuwerffen hätte. Warnet ihn aber / daß er von solcher schändlichen Büberey abstehe / oder da ichs erfahren solte /werde ich ihn schon finden; dann meine Hand ist so lang daß ich über hundert Meilen damit reichen kan /welche zu küssen eure Mutter das gottlose freche Weib unwirdig ist / und doch dieselbe zu ihrer Mägde-Arbeit so grausam angetrieben hat. Ihr solt auch wissen / dz ob ich gleich anjetzo flüchtig davon eile / wolte ich doch (wann ich mich nur bey dem Römischen Stathalter zu Köllen meldete) bald nach euer Stad umbkehren / und eure böse Eltern durch Henkers Hand abschlachten lassen. Als sie dieses geredet hatte / machte sie die angestrichene Farbe von ihrem Angesicht und Händen hinweg / und ließ die Jungfer ihre zarte Schönheit sehen / welche sich deren hoch verwundernd / zu ihr sagete: Ach gnädige Frau; vergebet doch meinen Eltern / was sie aus unwissenheit wieder euch gesündiget haben. Ja / sagte sie / es sol ihnen auff eure Bitte vergeben seyn / da sie sich bessern werden; euch aber hoffe ich noch gutes zu tuhn. Wolfgang stellete sich nunmehr sehr demühtig gegen sie /und weil sie sich was lange aufhielt / sagte er: Durchleuchtigstes Fräulein / ihre Durchl. wolle ihr gnädigst gefallen lassen abscheid zu nehmen / demnach es hohe Zeit seyn wird. Ja mein Freund / antwortete sie /wir wollen uns nicht långer aufhalten. Ihr redlichen Leute aber / sagte sie zu den Reutern / seid mir geträu und beyständig auff meiner kurzen Reise / uñ versichert euch / so wahr ich gedenke ehrlich zu leben und selig zu sterben / daß ich euch dieses rittes dergestalt ergetzen wil / daß ihr vor Armut sollet befreiet seyn /und in grosser Fürsten ansehnliche Dienste / da ihrs begehret / auffgenommen werden. Diese viere sprungen von ihren Pferden / tahten ihr einen Fußfal / und verpflichteten sich ihr äidlich / vor ihre Wolfahrt Leib und Leben auffzusetzen. Wolfgang nam das Fräulein vor sich auff das ledige Pferd / und ritten miteinander nach ihrer Geselschaft / welche sich nicht weit davon in einem Dorffe auffhielt / woselbst das Fräulein von Reichard höflich empfangen und alsbald mit buhlerischen Augen angesehen ward / dessen sie doch nicht wahr nam / sondern zu ihm sagete: Mein Freund / daß ihr auff meines geträuen Dieners Wolfgang anmuhten euch zu meiner rettung habt wollen gebrauchen / ist eine löbliche Taht / welche euch und allen euren [678] Gehülffen dergestalt sol vergolten werden / wie ihr selbst wünschen könnet / nur seid mir geträu und beyständig auff den Nohtfal / wir werden unsern Weg in etlichen Tagen endigen / da ich mit Gotteshũlffe zum Ende meiner trübsaal / ihr aber zum anfange eures Glüks gelangen sollet. Reichard wahr ein stolzer Mensch /meinete / es geschähe ihm von dem Fräulein nicht Ehre und danks genug / uñ ließ sich vernehmen; daß er ihrer Gn. mit seiner hülflichen Hand beygesprungen / währe nicht eben aus Hofnung der Vergeltung /sondern aus mitleiden wegen ihres elendes geschehen / wie solches einem jeden tapferen Gemüht zustünde /der unterdrücketen sich anzunehmen. Welche Antwort sie seiner unwissenheit zulegete / sich nochmahl aller vergeltung erboht / und mit Wolfgang auff eine Kammer ging / woselbst sie die mitgebrachten adelichen Kleider anlegete / sich auff die herzugeführete Gutsche setzete / und unter inbrünstiger anruffung Gottes frölich davon fuhr / da Wolfgang sich zu ihr in den Wagen setzen muste / mit welchem sie im Gebeht zu Gott fleissig anhielt / und diesen Tag und die ganze Nacht zu eilen nicht auffhörete / biß sie des folgenden morgens sehr früh den Reinstrohm erreichete / und sich hinũber setzen ließ / eben des Orts daher sie kommen wahr. Sie mieteten daselbst im nähesten Flecken einen des weges kündigen Bohten / welcher sie die richtigste Strasse nach Magdeburg bringen solte / und hatten eine gute und sichere Reise. Reichard hätte nunmehr mögen etliche wenig Tage sich der Untugend enthalten / alsdann würde er in kurzen an Ehr und Reichtuhm höher / als keiner seines Geschlechts gestiegen seyn; aber als er der Fräulein ausbündige und ganz volko ene Schönheit sahe / die dannoch durch ihr Elend umb ein grosses gemindert wahr / wuchsen die unzüchtigen Begierden in ihm dermassen / daß er ihm gänzlich vornahm / das äusserste zuversuchen / damit er ihrer geniessen möchte / dann der Stolz / umb daß er etwa acht Reutern zugebieten hatte / wahr so groß bey ihm / daß er sich selbst nicht kennete; er ritte bey der Gutsche auff und abe / ließ sich sehen / und redete so kühnlich mit ihr /als währe er ein Fürst / oder sie eines Bürgers Tochter gewesen. So bald sie über den Rein wahren / stellete er sich / ob könte er wegen des Zahnewehes / das reiten und die Luft nicht wol erleiden / daher er an Wolfgang begehrete / daß er auff sein Pferd sässe / und ihm die Stelle in der zugemachten Gutsche überliesse; wozu dieser willig wahr / aber das Fräulein ungerne sahe / weil sie wenig höfliches Gespråchs bey ihm vermuhten wahr / und sich doch dessen nicht durfte merken lassen. Als der Freveler sich bey dem schönen Fräulein allein befand / und aus allen ihren Geberden wol muhtmassete / sie müste sehr hohes Standes seyn / welches er noch zur Zeit nicht eigentlich von Wolfgang erfahren köñen / scheuhete er sich dañoch /plumpßweise loßzubrechẽ / fing an sie höchlich zubeklagen / dz ein so trefliches uñ mit aller Schönheit begabtes Fräulein sich als eine Haußmagd hette müssẽ verächtlich haltẽ lassen / erfreuete sich hoch / dz er die Ehre gehabt / sie loßzumachẽ / uñ baht schließlich / ihm mit gnädiger gewogenheit zugetahn zuverbleiben / nach dem er mehr als brüderliche Träue an ihr erwiesen / welches ihn Zeit seines Lebens erfreuen würde / und daß in ihre Kundschafft er gerahten währe / deren Schönheit ihn dermassen strängete / daß ihm unmöglich währe / ihr solches zuverbergen. So wol dem Fräulein die ersten Worte gefielen / so herzlich entsetzete sie sich über die lezten / daß sie kaum ihrer Vernunft gebrauchen kunte / diese wenig Worte zusagen; Mein Freund / daß er sich zu meiner Rettung hat wollen lassen gebrauchen; ist mir ein sonderlicher gefallen daran [679] geschehen / wie wol ich mich leicht auf andere Weise hätte können loßmachen / wann ich mich nur dem Römischen Stathalter zu Köllen / Herrn Julius Lupus zuerkennen geben wollen; aber versichert / sollen seine mir erzeigete Dienste und angewante Kosten / ihm nicht unvergolten bleiben / sondern mit Reichtuhm und Ehren Erhöhung zu aller gnůge / und mehr als sein Stand mit sich bringet / ersetzet werden / welches er mir wol sicherlich trauen mag / dafern er sonst sich weiters bereitwillig finden lassen wird / mich nach Verm \gen an Ehre und Leben zuschützen / da die Noht / wie ich doch nit hoffen wil / es erfodern würde. Meine Schönheit betreffend / ist dieselbe keines sonderlichen Ruhms wirdig / aber immer und ewig leid müste mirs seyn / wann dieselbe / wie schlecht sie auch seyn mag / auf andere Weise /als in Erbarkeit / einigem Menschen gefallen solte. Welches sie auch mit solchem Ernst uñ eiferigen Worten vorbrachte / daß er sich in etwas entsetzete /und schon bereuete / daß er diesen Argwohn bey ihr erwecket hatte; dann er hoffete eine solche Gelegenheit anzutreffen / seinen Muhtwillen dergestalt zuerhalten / daß weder sie es verhindern / noch jemand davon ich / was erfahren solte; derhalben / sie aller Furcht zubenehmen / er um Verzeihung baht / vorgebend / er hätte entweder seine Reden aus Unbedachtsamkeit anders vorgebracht als sie gemeinet wåhren /oder aber ihre Gn. wůrden sie ungleich aufgenommen und ausgeleget haben; währe ihm also leid / daß er in solches mißtrauen bey ihr gerahten solte. Welche Antwort sie / als währe sie völlig befriediget / aufnahm /und doch aus seinem strängen anschauen und unsittigen Geberden wol merkete / daß er nichts gutes im Siñe haben möchte. Wie sie auf einem Dorffe das Frühstucke von der mitgenommenen kalten Kuche /anderthalb Meile disseit Reins hielten / merkete Wolfgang aus seinen Bezeigungen / was er im Schilde führete / und suchete Gelegenheit / allein mit dem Fräulein zu reden / welche ihm aber zuvor kam / und die leichtfertige Anmuhtung ihn wissen ließ / daher er mit den Reutern in Reichards Abwesenheit redete; sie solten sich versichern / daß ihrer keiner ohn Fürst- und Königliche Geschenke bleiben solte / wann sie ihm äydlich wůrden angeloben / daß sie dz Fråulein vor alle Gewaltsamkeit / äusserstes Vermögens wolten schützen helfen / wann ihr irgend Unbilligkeit solte angemuhtet werden. Diese liessen sich einhellig auf solche Zusage heraus / als lange sie warm Blut håtten / solte es keine Noht haben. Wolan / sagte er / so helffet auff den Fal euren Herrn abhalten / wann er sich einiger Gewaltsamkeit oder unlöblicher Taht unterfahen wolte / biß dahin aber lasset euch nichts merken; dagegen wil ich euch åydlich versprechen / daß euch bloß allein vor diese Tråue eine Tonne Schaz sol ausgeteilet werden / so bald wir nur bey der Elbe angelanget sind. O wie freueten sich diese arme Landläuffer / neigeten sich vor ihm / und verhiessen / so wol Nachtes als Tages fleissig zu wachen / und alles böse zu verhindern. Welches er dem Fräulein anzeigete /und daß sie sich vor dem Buben durchaus nicht fürchtete / sondern / da sie ein unbilliches Wort oder Geberde von ihm vernehmen würde / ihm nur kühnlich /und hart genug einredete / weil die Reuter ingesamt sich zu ihrem Schutze / auch wider ihren Herrn selbst / äydlich mit ihm verbundẽ hättẽ. Ey Gott lob sagte sie / so ist mir dieser schwere Stein vom Herzen genommen / stellete sich auch freymühtig / und lies gerne zu / daß der freche Bube sich wieder zu ihr auf die Gutsche setzete / weil er darumb anhielt. Er hätte gerne gesehen / daß man mit der Reise so heftig nie eilen mögen / wendete ein / die Pferde könten es nicht ertragen / und würden bald tod nider [680] fallen. Aber da half nichts zu; dann Wolfgang antwortete / man hätte an dem erbeuteten und andern geschmeide Mittel gnug / frische Pferde zukauffen / wann diese gleich drauff gehen würden / weil ihre Wolfahrt auf der eile bestünde; daß er also nicht weiter wiedersprechen durfte. Auf der Gutsche fing er an sein Unglük zubeklagen / daß er in so nidrigem Stande hätte müssen gebohren werden; der Himmel hätte ihm wol eine so ädle und unüberwindliche Seele gegeben / als mannichem nicht / der ein Fürstentuhm besässe; aber was diesen wol anstünde / und von jederman an ihnen gelobet würde / důrften er und seines gleichen kaum mit Gedanken überlegen; woraus leicht zuerkennen währe / daß es einem tapferen Manne und hohen Geiste nicht allein am Lebens- sondern vielmehr an Standes-Glũcke gelegen währe / wañ man empor schweben wolte. Das Fråulein erkennete hieraus seinen Hochmuht /und was er darunter verdeckete / verließ sich auf Wolfganges Vertröstung / und gab ihm diese Antwort: guter Freund / es hat unser Gott selbst der Stände Vnterscheid gesetzet / daher sie kein Mensch vermischen muß / sondern ein jeder ist billich mit dem seinen zufrieden / bloß darumb / weil dem allerhöchsten es nit gefallen hat / ihn in einen andern zusetzen; welches ich nicht darumb sage / ob solte niemand nach Ehren und Standes Besserung trachten; dañ was hat rechtschaffene Tugend sonst vor Lohn als Ehre? nur dieses wird ein jeder Vernünftiger gestehen / daß nicht ein jeder tapferer Mann könne zum FürstenStande gelangen; und noch dannoch hat er seine Ehre und Ruhm vor der Welt; dz also alle und jede / in was Stande sie auch leben / Gelegenheit haben können /ihre Tugend und gutes Herz zu üben. Daß er aber sich beschweret / ein ander dürfte sich dessen nicht unterfahen / was einem Fürsten erläubet ist / solches muß trauen mit Unterscheid gesagt werden; from uñ ehrlich leben / ist allen Menschen frey gegeben / ja sie sind durch die eingepflanzeten Gesetze darzu verbunden. Aber wann etwa ein Bürger oder ädles Standes /Fürstlichen Häuptern dasselbe nachtuhn wolte / was sie als Fürsten vornehmen / würde ein grosses Stük der wahnwitzigen Tohrheit seyn. Dann heissets nach dem bekantem Sprichworte; Wann zween ungleiches Standes / eines tuhn / das ist nicht einerley. Zum Beyspiel: Ein Fürst gebeut den Inwohnern seines Landes /mit dem Gewehr auf zuseyn / und einen Zug gegen den Feind mit ihm zutuhn. Wann dessen aber ein ander sich unterstehen wolte / dürfte er spot oder Schläge zu Lohn tragen. Also ordnet ein König oder Fürst in seinem Lande allerhand Gesetze; ein ander muß es trauen wol bleiben lassen / ob er gleich tausendmahl bessere Gesetze geben könte / als dieser mit allen seinen Rähten. Ein ander Beyspiel: Ein Fürst trachtet nach der Heyraht einer Fürstlichẽ Fraülein /als die Standes ihm gleich ist; wůrde nun ein ädler oder Bürgersmañ / wie tapfer / reich / und ansehnlich er gleich seyn möchte / ihm solches ungescheuet nachmachen wollen / hätte er an stat der Braut entweder eine NarrenKappe / oder die Striegel / wo nicht wol gar den Staupbesem zugewarten / nachdem er die Sache angreiffen würde. Also sehet ihr nun / Reichard / daß ihr und eures gleichen euch billich etlicher Sachen enthalten müsset / die Königen und Fürsten allein zustehen / wo nicht sonst eine Verwirrung aller Stände und Ordnung in die Welt solte eingefuhret werden. So beklaget euch nun nicht / wegen eurer angebohrnen Nidrigkeit / sondern strebet der Erbarkeit und Tugend nach / als weit euer Stand / in welchen euch Gott selbst gesetzet hat / reichen kan / und versichert euch als dann / daß ihr nicht umsonst euch bemühen / [681] sondern ohn Zweifel in einen höhern (kans gleich nit der höchste seyn) Stand schreiten werdet. Ich wil nur euer jezt bevorstehendes Glũk euch vor Augen stellen: Ihr seid Bürger Standes der Geburt nach / jezt habt ihr euch zu meinem Diener bestellen lassen / dessen ihr in wenig Tagen grosse Vergeltung empfahen sollet / nicht allein an Geld und Gütern /sondern auch / wann es euch geliebet / könnet ihr in den Adel und RitterStand aufgenommen werden; massen was mein geträuer Diener Wolfgang und ich selbst euch versprochẽ haben / sol euch auf den Fall eures beständigen wolverhaltens (woran ich dann nicht zweifeln wil) Fürstlich geleistet werden; nur leget diese verkehrete Meinung abe / uñ gönnet hohen Fürstlichen Häuptern / was ihnen von dem Himmel selbst und Einwilligung aller Völker zugeeignet und übergeben ist / damit ihr nicht wieder den Stachel lecket / und euch in Unglück stürzet / welches ich euch gar nit gönne. Dieser verwägene Tropf hätte ihre Meinung hieraus ja billich fassen / und seinen gottlosen Vorsatz endern sollen / insonderheit / weil er die ungezweifelte Rechnung zu machen hatte / es würde ihm solches ni ermehr ungestrafet hindurchgehen; aber wie der leichtfertige Bube schon eines redlichen vornehmen Mannes Tochter wieder ihren Willen zu Unfal gebracht / und ihr hernach den Raht gegeben /sie solte schweigen / und sich nicht selbst in der Leute Mäuler bringen / welches sie auch vor ihr bestes gehalten; alß gedachte er / würde ein Fürstliches Fräulein vielmehr ihres guten Leumuts acht haben / und sich nicht verrahten; blieb demnach in seinem steifen Vorsatze / und antwortete ihr so ungereimtes Ding /daß er dadurch klar an den Tag gab / die Sinnẽ spieleten Meister über die Vernunft. Jedoch enthielt er sich aller äusserlichen Bezeigung wodurch er den ArgwohnsBrunnen zustopfen meinete. Des Abends in der Herberge eines Dorffes / ihrem Herr Vater schon unterworffen (welches ihnen allen ohn dem Bohten / der es vergaß anzuzeigen / unbewust wahr) stellete sich Reichard gar wolgemuht / ließ seinen Reutern frisch aufftragen / und nöhtigte sie / insonderheit Wolffgangen / gar freundlich zum trinken / dann sein Vorhaben wahr / sie alle trunken zumachen. Aber als die Reuter sahen / daß dieser sich wegerte über Durst zutrinken /neben der Erinnerung / man könte nicht wissen / was auff einem unverschlossenen Dorffe sich zutragen möchte / welches durch Nüchternheit müste abgelehnet werden / wolte ihrer keiner sich zum sauffen bewägen lassen / welches jenen nicht wenig verdroß /daß er auch etlicher Dräuworte sich vernehmen ließ; an welche sich doch niemand kehrete noch es beantwortete / uñ er daher immerzu kühner ward / der Hoffnung / niemand würde auffs äusserste widerstehen dürffen; setzete sich demnach schon halb beräuschet zu dem Fräulein nider / mit viel grösserer Verwägenheit als vor nie / und trank ihr auf Gesundheit dessen zu / der sie mehr als sich selbst liebete. Das Fräulein erinnerte sich bey dem Worte ihres lieben Fũrsten nicht ohn seuffzen / doch weil ihr des Buben Gedanken nicht unbewust wahren / gab sie ihm zur Antwort: Mein guter Reichard / ich begehre eines solchen Freundes nicht / der mich mehr / als sich selbst lieben solte; so habe ich auch auff euer hartes nöhtigen schon mehr getrunken / als mir dienet; werdet mich daher mit diesem Trunke / wie ich weiß / gerne verschonen. Dieser rechnete ihm solches nicht vor einen geringen Schimpff / baht / sie möchte ihn doch nicht so gar unwirdig ihrer Freundschafft halten; dann ob er gleich der Geburt nach nur Bürgerstandes welchen Unterscheid der Stånde ein Schelm erdacht hätte / nachdem sie alle eines Zeuges [682] währen) / so währe er dannoch derselbe / welcher ein Fürstliches Fräulein zuerlösen mächtig gnug gewesen / ja der umb ihrer Freiheit willen sein ganzes väterliches Erbe angewendet / seines Vaterlandes sich verlustig gemacht / und LebensGefahr über sich genommen / ungeachtet er sie vorhin weder gesehen / noch ein Wort von ihr gehöret / ohn was er von dem Tagelöhner Wolffgang hätte /welchen Freund / ausser ihn / sie in der Welt nicht finden würde; und hätte doch vor alle seine Dienste uñ Woltaht nichts mehr / als verächtliche Beschimpffungen / die ihm Herz und Seele durchschnitten; hoffete gleichwol / sie würde dergleichen Undankbarkeit nicht ferner wieder ihn gebrauchen / sonst müste er sich beyzeiten vorsehen / und des Weges mit ihr ziehen / den er kommen währe. Das Fräulein verschmerzete diesen Hohn / und antwortete ihm sehr gütig: Sie wüste sich durchaus nicht zuerinnern / daß sie ihn mit einem Worte oder Augenwink beleidiget hätte / möchte sie demnach solches Argwohns entschütten. Sie håtte nicht gemeynet / daß er die Verwegerung eines Trunks so ungleich empfinden wollen / solte ihm sonst wol unversaget blieben seyn; nam auch das Gläselein von ihm an / und taht über Vermögen bescheid. Da fing nun der schlauhe Bube an / sich auffs neue beliebet zumachen; aber das Fräulein suchete sich von ihm abzuscheiden / ließ der Wirtin ruffen / und fragete / ob ihr nicht in einem absonderlichẽ verschlossenen Gemache / wie schlecht es auch währe / eine Sträu könte gemacht werden / in welchem sie mit jenem ihrem Diener / auff Wolffgang zeigend / allein seyn / und etliche wenig Stunden ruhen könte. Gar wol / sagte die Wirtin / ich habe eine fest-verschlossene Kammer / die wil ich euch einräumen. Nun hatte der Bösewicht schon vorher gemuhtmasset / sie würde des gemeinen Lagers sich nicht gebrauchen / auch an die Wirtin begehret / daß sie ihr an solchem Orte ihre RuheBette zurichten solte / da er zu ihr kommen könte / dann sie währe seine versprochene Braut / und håtte Recht darzu / wiewol sie nach Art der Jungfern sich dessen wegerte; gab ihr auch eine Verehrung /und erkauffte sie dadurch / daß sie ihm den Schlüssel zu der Kammer zustellete / schmierete hernach die Hespen / daß sie leise auffgingen / und machete Wolffganges Lager so weit von der Fräulein Stråu /als das Gemach lang wahr. Das fromme Fråulein hatte sich solcher Verrähterey nicht versehen / nam mit Wolffgang einen freundlichen Abscheid von ihren Reutern / und vermahnete sie / des folgenden Tages zeitig auffzuseyn. Als sie nach Bette ging / fragete sie die Wirtin / unter wessen Gebiet dieses Dorff gehörete / und bekam zur Antwort: Der Großfürst zu Magdeburg währe ihre Obrigkeit / welchen seine Stånde neulich zum Könige gemacht håtten / und hiesse König Henrich. Ey Dank sey dir / du höchster Gott /sagte das Fräulein; meynete / sie währe nun allem Unglük entlauffen / schloß die Kammer Tühr zu / und hielt mit Wolffgang eine herzliche Danksagung:Du frommer Gott / sagte sie /du Vater aller deren / die auff dich trauen; wie so gar gnädig erzeigestu dich uns armen Sündern / und reissest uns im Augenblik aus der Noht und Anfechtung / wann wir meynen am allertieffesten darinnen zustecken. Ich gedachte schon / mein liebes Vaterland würde ich nimmermehr wieder sehen / und sol nun schon diese Nacht darinnen schlaffen / ehe ich weiß /daß ich daselbst angelanget bin. HErr / du hast mich zwar gezüchtiget / aber mit gelinder Hand / du hast mich gestäupet / aber mit deiner KinderRuhte / daß ich nur wenig Streiche mit der Fuhrmans Peitsche / und etliche Schläge von der Hand meiner unbarmherzigen Frauen empfangen habe. O wie wol wird mirs seyn / daß ich auch von deiner Züchtigung etwas bekommen habe. Mein gnädiger Heyland / gib vor dißmahl meinem Unglük die Endschafft /und laß [683] mich die meinen schier wieder sehen; erhalte auch meinen liebsten Fürsten / daß er in der fremde nicht verderbe / noch umb meinet willen in Unfall gerahte /sondern hilff uns nach deiner Gnade wieder zusammen /auff daß wir HErr mit frölichem Munde deinen Preiß zugleich und auff einmahl ansti en / und uns in deiner heilsamen Erkäntniß von den unsern je mehr und fleissiger unterrichten lassen mögen / Amen.

Nach geendigtem Gebeht gab sie Wolffgangen zu verstehen / sie wolte früh Morgens den Amtman / der hieselbst zugebieten håtte / zu sich fodern / sich ihm zuerkennen geben / die Reuter bey sich behalten / und Reicharden wegen seiner groben Unbescheidenheit und Unzucht Urlaub geben / jedoch daß er sich nicht zubeklagen hätte / ihm eine zimliche Verehrung von etliche tausend Kronen nach Kölln ũbermachen lassen / weil sie ihn vor ihren Augen länger nicht leiden könte. Gott sey Lob / sagte Wolffgang / daß ihre Gn. schier in ihren wirdigen Stand wieder treten / und ich dieselbe werde gebührlich ehren dürffen / massen mirs im Herzen weh getahn / daß mit derselben ich mich so gemein machen müssen / da ich doch nicht wert bin / ihr geringster Diener genennet zuwerden. Gebet euch zufrieden mein lieber und frommer Wolffgang / antwortete sie / ich weiß wol zuerkennen / was vor Mühe uñ Ungemach ihr bloß meinet wegen ausgestanden / und die allergrösseste Träue mir erwiesen habt / die von eingem Menschen geleistet zuwerden möglich seyn kan / wovor ich dann wil schuldig gehalten seyn / euch höher zuerheben / als ihr meinet wegen euch genidriget habet. Sie hielten mit ihrem Gespräch noch ein wenig an / biß das Fräulein aus Müdigkeit in einen harten Schlaff geriet / wie imgleichen auch Wolffgang / welcher sich doch vorgenommen hatte / die Nacht hindurch zuwachen. Die Reuter lagen mit Reicharden in der Stuben auff gemeiner Sträu / und umb Mitternacht machte sich der Bube in aller stille hinaus / verriegelte auch auswendig die StubenTühr / daß ihm niemand folgen kunte / ging hin / schloß die Kammer sanffte auf / und legete sich unvermerket zu dem Fräulein. Er spürete / daß sie fest schlief / und die Kleider mehrenteils auffgelöset / wiewol nicht abgelegt hatte / zog seine Kleider ab / und näherte sich ihr gar sehr / wie sie auff der rechten Seite mit aufgezogenen Knien und durchwickeltem Rocke lag / da er sie gewaltsam ũberfiel / in Meinung / seinen Mutwillen / ehe sie recht erwachete / zutreiben; aber sie empfand seinen ersten Angrif / und rief überlaut: Wolffgang / Wolffgang / wer ist bey mir auff dem Lager? fing auch bald ein Geheule an / und stieß von sich / daß nicht allein Wolffgang davon erwachete / sondern geschwinde herzulief / über den verwägenen Schelm herfiel / und sich rechtschaffen mit ihm zausete / daß das Fräulein Lufft gewan auffzustehen / und aus der Kammertühr umb Hülffe zuschreihen; wovon die Reuter wache wurden / und doch aus der versperreten Stuben nit kommen kunten biß sie die Tühr entzwey fliessen / und der Kammer zueileten. Inzwischen zuschlugen sich die beyden auff der Sträu / daß ihnen Maul und Nase blutete / und währe der Bösewicht schier Wolffgangs-Meister worden / dann er fassete ihn bey der Kehle / hätte ihn auch erwürget / wann dieser nicht an sein Brodmesser gedacht / und ihm damit den Arm durchbohret hätte /daß er ablassen muste / und Wolffgang Mattigkeit halber / und daß ihm die Kehle schier eingedrücket wahr / nicht weiter nachsetzen kunte / daher Reichard ihm das Messer nahm / und ihm mit der Linken drey gefährliche Stiche gab / hätte ihn auch gar ermordet /wann nicht gleich die Reuter herzu gelauffen währen /und ihn bey den Fůssen [684] weggezogen hätten / da er zu ihnen sagete: O ihr leichtfertige Schelmen / wie handelt ihr bey mir eurem Herrn; ist das die Träue / die ihr mir schuldig seyd? fassete hiemit das Messer / und stach dem einen eine zimliche Wunde in das Bein /welcher aber ihm das Messer bald aus der Hand brach / und ihm damit die Schulter verletzete. Das Fräulein schickete einen ab / ein Licht zuhohlen / welcher bald wieder kam / und das Blut auff der Fräulein Lager sahe / auch daß Wolffgang zimlich Macht-loß wahr /welchen das Fräulein nicht ohn Trähnen selbst verbinden halff / da unterdessen die Reuter den Tähter mit Füssen zutratẽ / hätten ihn auch umbs Leben gebracht / wann nicht Wolffgang sie gebehten hätte / sie solten ihm nicht weiter Schaden zufügen / sondern festgebunden verwahren / und ihm die Wunden verbinden. Weil dann Wolffgang noch keine TodesAngst empfand / sondern nur wegen des verblutens von Kräfften kommen wahr / dankete das Fräulein Gott inniglich und von Herzen. Die Wirtin / deren Ehman verreiset /ward herzu geruffen / und befraget / auff was weise der Bösewicht durch die KammerTũhr kommen währe / mit Bedräuung / da sie Wissenschafft drumb hätte /solte sie es bekennen / oder schwerer Straffe gewärtig seyn. Worauff sie mit einem Lachen antwortete: ob es dann was neues währe / daß man den Bräutigam zu der Braut liesse? massen als sie solches von ihm berichtet worden / hätte sie auff sein hefftiges anhalten ihm den Schlüssel abfolgen lassen. O du verwägener Bube / sagte das Fräulein / so darffstu dich noch wol darzu vor meinen Bräutigam angebẽ? Nun ich wil dir deinen Lohn schon zustellen / und das BrautBette dergestalt zurichten lassen / dz du kein Königliches Fräulein mehr gewaltsam überfallen solt. Geboht hierauff einem Reuter / daß er von dem HaußKnechte sich geschwinde solte hinbringen lassen / wo der Amtman dieses Dorffs wohnete / und demselben anzeigen / es sey alhie seines gnädigsten Königes nahe Anverwantin / die begehre gnädigst / daß er auffs schnelleste mit einem gutẽ WundArzt und einer gewapneten Schaar sich hieselbst einstelle. Sie nahmen beyde Pferde / ranten geschwinde fort / und brachten den Amtman samt dem Arzt mit sich. Jener / weil er offt zu Hofe gewesen wahr / kennete das Fräulein alsbald / demütigte sich vor ihr / und baht untertähnigst / ihm die Gnade zuerzeigen / und ihm zubefehlen / daß er ihrer Durchl. Wiederkunfft seinem allergnädigsten Könige anmeldete; Aber sie antwortete ihm: Er solte ohn das schon gnädigst angesehen werden; Ließ Wolffgang auffs neue verbinden / und hörete mit Freuden / daß der Arzt guten Trost gab; wie dann auch des TähtersSchaden wol in acht genommen ward / welcher sich bezeigete / als wann er von Sinnen kommẽ wåhre / und nicht wüste / was er verrichtet hätte. Die gewapnete Begleitung stellete sich auch bald ein / daß sie frühzeitig auffbrachen / und den nähesten Weg nach Magdeburg vor sich nahmen. Wolffgang muste bey ihr auff der Gutsche sitzen / dem sie fast schwesterliche Hulde erzeigete / welches er doch in einfåltiger Untertåhnigkeit verbaht / als der dessen allerdinge unwirdig währe / und daher gerne mit einem Karren vorlieb nehmen wolte / weil er seiner Wunden halben das reiten und gehen nicht ertragen könte. Sie aber sprach ihn zufrieden: Er solte mit dergleichen Wegerungen sich nit verunruhen / sondern alle knechtische Nidrigkeit ablegen; sie wolte ihm schon wissen Leute zuzugeben / die ihn in höfischen Sitten unterrichten würden; welches er mit betrůbtem Herzen anhörete / und noch hoffete / es zu seiner Zeit abzulehnen. Der freche Reichard ward auff einen Karch gebunden / [685] und seinem Verdienste nach / fortgeschleppet. Als sie zu Magdeburg ankahmen / entstund grosse Freude bey allen Hofeleuten; Weil sie aber vernam / daß die Königliche Geselschaft schon vor etlichen Wochen nach Prag verreiset währe /wolte sie daselbst nicht länger als eine Nacht verharren; gab Wolffgangen ein schönes Scharlaken Kleid /dessen Wundẽ / (wie dann die Bauren gute Haut zuheilen haben) in kurzer Zeit anfingen sich zusetzen und schliessen / und muste noch immerfort bey ihr auff der Gutsche bleiben. Sie wahr über die masse betrübt / daß man ihr zu Magdeburg so gar nichts von dem Fürsten zusagen wuste / nur daß die Königliche Geselschafft denselben nebest dem Fräulein sehr beklaget hätte / und sie daher an seinem Leben anfing zuverzweifeln / so daß ihre Augen selten ohn Tråhnen / und ihr Herz ohn Seuffzen wahr; da gleichwol Wolffgang sie nach vermögen tröstete; man mũste dem Allerhöchsten trauen / er würde diesen gläubigen und frommen Fürsten ja so wol im Unglük / als sie /erhalten haben / wie er dann nimmermehr gläuben könte / daß er in dem Streite mit den Bürgern des abgebranten Städleins solte erschlagen seyn; uñ wer weiß / sagete er / ob seine Fũrstl. Gn. nit wol schon zu Prag anko en ist / und gleich so grosses Leid über ihrẽ vermeintẽ Tod trägt / als sie über ihn? Sie reisetẽ ohn einige sonderliche begebniß fort / biß sie auf 3 Meilẽ an Prag kamẽ / da sie einẽ Jäger in fremder Kleidungsart / vor einẽ sitzenden Betler ganz demühtig stehen / und den Huht in der Hand halten sahen welches sie wunder nam; und weil es nicht weit von dem Fahrwege wahr / befahl das Fräulein Wolfgangen (der nunmehr geheilet wahr) hinzugehen / und zuvernehmen / warumb dieser wolgeputzeter Jäger einem so unachtsamen Menschen in zurissenen Kleidern /diese grosse Ehrerbietigkeit erzeigete. Dieser / so bald er hinzutrat / ward er / ungeachtet seines schönen ungewöhnlichen Kleides von dem Betler (dann derselbe wahr Fũrst Arbianes) erkennet / welcher voller Hoffnung und Begierden mit lauter Stimme zu ruffen anfing: Wolfgang Wolfgang / verbirge dich nicht vor mir in deinem Ritter-kleide / und sage mir / wo das liebe Fräulein ist / damit ich meiner grossen Herzensangst entweder lebendig oder Tod abkommen möge. Gute Zeitung / glükliche Zeitung gnädiger Fürst / antwortete er; wolte auch weiter reden; aber das Fräulein; welche alle Worte des Fürsten eigentlich hörete / uñ seine Stimme alsbald erkennete / sprang herunter von ihrer Gutsche / und wolte zu ihm lauffen / aber aus grosser herzlicher Liebe / und nicht weniger aus erbarmung uber seinen kläglichen Zustand / fiel sie in Ohmacht zur Erden nieder. Arbianes sahe sie / und geriet in eben denselben Zustand / daß der Jäger mit ihm / und Wolfgang mit dem Fråulein gnug zu tuhn hatten / ehe sie wieder zum verstande uñ zu kräften kahmen. Das Fräulein ermunterte sich zu allererst /lieff ungescheuhet hin zu ihrem allerliebsten Bräutigam / umbfing ihn in seinen Betlers Kleidern und ganz verworrenen Haaren / herzete und küssete ihn /und sagete endlich: O weh mir unglükseligen / daß der teure Fũrst aus Meden / meinetwegen zum Betler worden ist / und es meinem Erlöser viel unglüklicher als mir selbst hat gehen müssen. Nun nun mein Schaz / der almächtige Gott hat uns auf die Läuterung gestellet / wir haben durch seine Gnade und Hülffe ausgehalten / und sind in den Augen seiner Barmherzigkeit wert erfunden worden / daß euer Bettelstand / und meine elende Magdschaft (HErr Gott dir sey dank vor die Stäupe und vor die Hülffe) zum ende gelauffen ist. Arbianes saß noch / als währe er verzukt / die Zehren lieffen ihm über die Wangen / und fand so viel Kraft nicht in [686] seinen Gliedern / daß er sich hätte erheben mögen; endlich richtete er sich langsam in die höhe /sahe sie starre an / und geschwand ihm zum andernmahl / daß er nidersank / sie auch anders nicht meineten / er würde gar verschieden seyn; sein Jäger welcher Zariaspes Sysigamben Sohn wahr / hatte nicht weit davon eine Flasche mit Wein stehen / welche er herzu hohlete / und das Fräulein ihn damit erquickete / da sie zugleich zu ihm sagete: Wie ist ihm nun /Fürst Arbianes / wil mein Vertraueter nach überstandenem Elende es noch schli er machen / als im anfang auff dem Heu? lasset uns doch nach dem Leide die Trähnen abwischen / und nach dem Elende das Trauren einstellen / damit wir nicht selbst diesen Tag zum verworffenen machen / welchen uns Gott zur ergetzung gegeben hat. Er schlug die Augen wieder auff / uñ sagete: Ach du gnadenreicher Heyland / du Helffer aller die auff dich trauẽ; lebet das allerfrömmeste und tugendreicheste Fräulein der Welt noch? ja lebet sie dem bißher elenden Betler Arbianes noch zu Trost und beståndiger Träue? Schweiget / mein allerliebstes Herz / sagete sie / und schändet euch selber nicht; ihr wisset ja besser als ich / daß wir geduldig mit alle dem müssen friedlich seyn / was von Gott uns zukomt. Er richtete sich hiemit auff / und gab zur Antwort: Dir sey dank HErr in ewigkeit / daß du diesem Königlichen Fräulein mit so reichem Trost-Geiste in ihrer Noht beygestanden bist / und ihr vertrauen auff deine Hülffe so fest erhalten hast. Sie aber nam ihn bey der Hand und fũhrete ihn nach der Gutsche / da die Anwesenden nicht anders meineten / sie hätte ihren Wiz verlohren / oder dieser Betler hätte sie bezaubert / daß sie dergestalt sich gegen ihn bezeigete. Arbianes wegerte sich anfangs / ihr zu folgen / und taht den Vorschlag / ihre Liebe möchten im Nahmen Gottes nach der Stad fahren / dieser sein Diener solte geschwinde hinreiten / und ihm gebührliche Kleider samt seinem Leibwagen heraus hohlen / daß er ihr wirdig folgen k \nte. Aber sie wolte durchaus nicht von ihm weichen. Was? sagte sie / solte ich meinen hochwerten Fürsten umb seines Betler-kleides willen verlassen / welches er bloß meinetwegen angelegt und getragen hat? Eure Liebe lasse den Diener in Gottes Nahmen reiten / dz er die Kleider heraus uns entgegen bringe auff das näheste Dorff der Stad / inzwischen wollen wir ihm gemählich folgen; muste also der Fũrst auff den Wagen steigen / da dz Fräulein ihrem Amtman befahl / hinter sich auff dem nähesten Dorffe mit allen seinen Leuten sich biß Morgen niderzulassen und den Gefangenen fleissig zuverwahren; redete auch ihren acht Reutern ganz freundlich zu / sie solten bey dem Amtman verharren / und auff Morgen ihrer ergezligkeit gewärtig seyn. Wolfgang aber muste auff ein Pferd steigen / und ihrem Wagen etwas von weitem folgen. Auff der Gutsche ging das Herzen uñ drücken erst recht an / wiewol der Fürst wegen seiner Lumpen / die nicht ohn Unziefer wahren / sich übel schåmete / da hingegen sie beteurete / er währe in ihrẽ Augen mit dieser Kleidung tausendmahl schöner als in güldenen Stücken / weil er sie ihretwegen trüge. Sie erinnerten sich ihrer schuldigen Dankbarkeit gegen Gott / der ihnen so wunder-gnädig geholffen hatte / daher Arbianes dieses Gebeht aus dem innersten seines herzen mit vielen Trähnen hervor suchete /und das Fräulein ihm ganz andächtig mit pfũtze-nassen Augen nachbehtete:

Gott unser Helffer! ach wie groß ist dein erbarmen /wie unaussprechlich deine Güte! ich hätte fast an deiner Hülffe verzweiffeln dürffen; der Fall wahr mir sehr nahe / und strauchelte schon / weil ich den Stab deines Heils und den Trost deiner Hülffe nicht sichtbarlich empfand. Herr Gott / sagte [687] ich / hastu mich dann gar von deinen Augen verstossen / und von deiner Gnade verbannet /daß du mich nicht sihest? hastu allen Sturm deines Grimmes über mich ausgestürzet / der ich nur Staub uñ Asche bin? Ja Herr mein Gott / ich gedachte / die Fluht hätte mich gar ergriffen; die Wasser deines grimmigen Zorns währen über mich zusammen geschlagen. Herr sagte ich / wo ist deine Hülffe? mein Gott / rieff ich / wo ist deine so teur versprochene erbarmung? und finde mich / ey Gott lob! schon auff dem Trocken / ehe ich des Wassers abflus merke; und liege in deinen hülffreichen Vater-Armen / da ich eben meinete zuversinken. O mein Gott /groß sind deine Wunder / die du an uns beweisest; unermäßlich ist deine Liebe / welche du gegen uns trägest / ob du sie gleich eine kurze Zeit / ja kaum ein Augenblik in deinem Herzen verborgen gehalten. Ja Herr / ich habe diese Betlerskleider mit meinen Sünden und ehemaligen weltlichen üppigkeiten wol verdienet / den erlittenen Jammer hoch verschuldet / die empfangenen Schläge und Wunden mir selbst gemacht / und ist mir noch nicht der tausendste Teil der gerechten Straffen auffgelegt / wann du mein Gott mit mir vor Gerichte treten / und nach meinen Werken mir lohnen woltest. Aber Herr / deine Güte hat überwogen / daß meiner Sünde / wegen der gnugtuhung deines Sohns nicht hat müssen gedacht werden. Davor danke ich dir / mein Schöpfer / davor preise ich dich / Herr mein Gott. O so laß nun nach dieser kurzen Walfahrt uns fördet nicht mehr in der Irre gehen / nachdem wir sehr wol gelernet haben / daß wann du Herr züchtigen wilt / ein Fürst leicht an den Bettelstab gerahten; und wann du helffen wilt / der Betler im Augenblik zu Fürstlicher Hochheit wieder gelangen kan / damit HErr dein Wort wahr bleibe / daß du die Gewaltigen vom Stuel stossest / und die niedrigen erhebest. Dir HErr unserm Gott / dir JEsus unserm erbarmer / sey vor deine väterliche Züchtigung / die uns so heilsam; auch vor deine gnädige Hülffe uñ Rettung / die so tröstlich süsse ist /Lob / Ehr / Preiß und Herligkeit von nun an biß zu ewigen Zeiten / Amen / Amen.

Nach volendeter herzlicher Danksagung wurden sie eins / diesen Tag jährlich nicht anders als ihren Geburtstag in beharlicher Danksagung zu Gott / und milder Handreichung den Armen Christen / deren es in Meden viel gäbe / zu feiren. Hernach fragete der Fürst / was vor einen elenden Gefangenen sie auff dem Karren mit sich gefũhret hätte. Da sie zur Antwort gab; eben dieser hätte sie zwar durch gnug kühne Verwegenheit und angewante Kosten von ihrer Dienstbarkeit loßgemachet / daß ohn sein zutuhn sie so bald nicht würde errettet worden seyn; aber durch sein unkeusches beginnen hätte er alle vorige Woltaht verderbet / daher sie willens währe / ihn mit abscheuhlicher Straffe zubelegen; erzählete darauff seine Untaht / und nam hiedurch gelegenheit / Wolfganges über-grosse und fast ungläubliche Träue /Zucht und Auffrichtigkeit zu rühmen / da sie endlich sagete; Es währe kein Mensch auff Erden / dem sie mehr als ihm schuldig währe / dann er hätte Leib und Leben / Hunger und Kummer / Angst und Gefahr /Noht und Tod nichts geachtet / wañ er ihr nur dienen können / deßwegen nach ihren Eltern und Bräutigam sie ihn vor ihren allerliebsten Freund / und ihren Brüdern gleich hielte; müste sich daneben verwundern /daß er sich wegen künftiger gar zu grosser Gnade und erhöhung mehr / als über sein voriges Elend bekümmerte. O so verzeihe mirs der almächtige Gott / antwortete Arbianes / daß seinetwegen ich so mannichen argen Gedanken gefasset / und mir eine uñ andere Träulosigkeit von ihm eingebildet habe / welches / inbetrachtung seines guten anfanges ich billich nicht hätte tuhn sollen; jedoch wird Meden noch so reich seyn / daß ich einem so redlichen Menschen Abtrag wegen meiner ungleichen Gedanken mache. Aber dem Gefangenen / mein werdester Schaz / ob er wol den Tod verschuldet / und mir das liebste in der Welt hat schänden wollen / müssen wir Barmherzigkeit erzeigen / wo er sonst nur wahre Erkäntnis und Räue seiner Ubeltaht [688] ergreiffen / und die Bosheit ablegen kan; dann Gott hat uns Gnade erzeiget / und mit uns den Bogen nicht auff das genaueste gespannet; daher müssen wir uns unsers täglichen Gebehts erinnern / da wir von Gott bitten; du unser himlischer Vater /vergib uns unsere Schuld / als wir vergeben unsern Schuldigern. Dann es versichere sich nur mein Seelichen daß wir uns ehmahls auch an Gott hart vergriffen haben /und wol schwerer als wir wissen oder meinen; und währe es sonst nicht geschehen / so ists freilich unsere ehmahlige heidnische Abgötterey / die von Gott in seinem Worte / wie ich von König Herkules oft gehöret / eine geistliche Unzucht / Hurerey und Ehebruch genennet wird. Der Bube sey euch / mein Schaz /übergeben / antwortete sie / ungeachtet ich ihm den Tod fast geschworen habe; jedoch übergebe ich ihn mit dem bedinge / daß nach erteileter Begnadigung er nicht mehr vor meine Augen komme; dann er hat aus muhtwilligem Vorsatze einer solchen Bosheit sich unterstanden / die nach aller VölkerRecht / am Leben gestraffet wird. Arbianes saß uñ betrachtete die grosse Träue des frommen Wolfganges / daher er eine solche Gewogenheit zu ihm fassete / daß er ihn zu sich an die Gutsche rieff / und also anredete: Mein geträuer auffrichtiger Wolfgang; nimmermehr hätte ich in dir oder deines gleichen ein so ädles Herz gesuchet / welches ich bey dir angetroffen / und ich fürstlich zuvergelten entschlossen bin; befleissige dich nur / das wenige übrige / welches dir von deinem vorigen knechtischen Stande noch anhangen mag / vollends abzulegen / dann ich wil dich zu einem solchen Manne machen / auf welchen Länder und Städte sehen sollen. Ach Durchleuchtigster GroßFürst / antwortete er / ich bitte lauter umb Gotteswillen / ihre Durchl. wolle mich unwerten einfältigen Menschen nicht über meine wirdigkeit erheben / welches ohn zweifel euer Durchl. selbst würde nachteilig seyn; es ist ja schon zu viel /daß euer Gn. und meiner Gn. Fräulein Diener ich sol genennet werden / der ich zur Bauren Arbeit erschaffen bin. Du hörest / fuhr Arbianes fort / was ich dir sage / daß du alle niedrigkeit / welche dir in deinem künftigen Stande nicht geziemen wil / ablegen / und ein Herren-standes Gemũht annehmen solt; dann wo ich lebe / soltu in meinem Großfürstentuhm der näheste umb mich seyn / als mein Stathalter / weil du mir eine herliche Bewehrung abgeleget hast / daß auff deine Träue ich mich verlassen darff. Nur dieses fasse zum steten Gedächtnis in dein Herz / daß wann du nun zu solchen Ehren wirst erhaben seyn / du dich allemahl deines ehmahligen geringen Standes eriñerst /und der Träue / welche du deinem Fräulein und zu gleich mir / diese Wochen über erwiesen hast / alsdann wirstu ein gewünschter Mann seyn und bleiben. So entschuldige dich nun nicht mehr / das ist mein ernstlicher Wille / mit deiner Unwirdigkeit; du bist annoch jung uñ gelernig / und was du nicht weist / wil ich dir schon anleitung geben / und dir Leute zuordnen / von denen du es lernen kanst. Wolfgang befahl sich seines GroßFürsten Gnade / und wahr der angebohtenen Ehre trauriger / als daß er sich derselben hätte erfreuen sollen / gelebete auch der Hofnung / das Fräulein zuerbitten / daß sie den Fürsten auf andere meinung bringẽ möchte. Unsere beyde verliebeten erzähletẽ sonst einander in der kürze / was sider ihrer unglũklichẽ treñung ihnen begegnet wahr / worüber dz Fräulein zu unterschiedlichen mahlen ihre Trähnẽ vergoß / als sie vernam / wie mañiche Lebensgefahr den Fürstẽ in so kurzer Zeit zugestossen wahr. Sonstẽ sahe Arbianes Zeit solcher erzählung sein Frl. steif an / dz ihre Haar den rechten Glanz noch nit hattẽ / auch dz Angesicht bey weitem nicht der vorigen Zartheit[689] wahr; aus ursachẽ / daß sie dz Abwische-tuch nit recht hatte zugerichtet; dessen er sie eriñerte; aber zur Antwort bekam / nachdem sie ihres herzen Schönheit wiederfunden / uñ bey sich auf der Gutsche håtte /währe sie schön genug; gestund ihm auch / dz sie die angestrichene Farbe von ihrem Leibe noch nicht hinweggemacht hätte / auch nicht wol wůste / wie sie es machẽ solte; der Fürst ihr aber zur Antwort gab: die gute fromme Libussa würde mit HerzensLust sich darzu schon gebrauchen lassen. Welcher Vorschlag ihr nicht übel gefiel / uñ sagete hernach; mir zweifelt nicht / die lieben unsern werden uns schon lange als ermordete beweinet haben; weil es dañoch fruh genug am Tage ist / möchte ich wünschen / daß ich mich recht wieder verstellen könte / dann wolten wir gleichwol noch unsern ersten Vorsaz mit der Krämerey ins Werk richten / und einen seinen Auffzug machen. Darzu haben wir Gelegenheit gnug / antwortete er; fuhren damit zur Stad hinein / vorgebens / Wolfgang währe ein Königlicher Teutscher Bedieneter /und kähme von Magdeburg bey seinem Könige etwas zubestellen; daß sie also willig und ohn weitere Nachfrage in die Stad eingelassen wurden; so hatte Zariaspes seinem Herrn die Kleider eine halbe Meile entgegen bracht / welcher mit dem Fräulein in ein Wirtshaus einkehrete / und Leches samt Gallus zu sich fodern ließ / unter dem Schein / es hätten sich etliche Reuter mit einander gezanket / uñ bähten sie als scheides Leute zu sich; der abgeschlite aber muste Gallus dieses ingeheim sagen: Herr nehmet eure Kunstfarbe zu euch / es wird von einem begehret /dem ihrs nicht wegern werdet. Diese frageten weiters nicht nach / gingen mit / und sahen Arbianes in seinen Betlers Kleidern (welche er wieder angelegt hatte) im Gemache stehen / worůber sie vor mitleiden anfingen zuweinen. Er aber tröstete sie / sie solten ihre Tråhnen sparen / nachdem die seinen ihm Gott Lob allerdinge schon abgewischet währen / deren er in diesem Kleide manniche vergossen / massen er sein herzgeliebtes Fråulein vor wenig Stunden wieder gefunden / und mit sich gebracht hätte; welche gleich aus einem NebenGemache herzutrat / und von Leches alsbald erkennet ward. Die Freuden Trähnen stunden ihnẽ allerseits in den Augen / und nach Empfahung taht der Fürst jenen beiden sein Vorhaben zuwissen; worauff Gallus das Fräulein anstriche / und Leches dem Fürsten einen falschen Bart mit Terpentin anmachte. Kleider nahmen sie in der Nachbarschaft von einem Kramer / und allerhand leichte Waaren von gemeinen Korallen / gläsern Perlen und etliche Nadeln / deren das Fräulein ein Kramerlädichen vol auf ihrem Rücken nach dem Schlosse trug; der Fũrst aber eine zimliche Bürde von groben schlechten weissen Zanken oder gekloppelse ihr nachschleppete / da Leches und Gallus vor ihnen hergingen / und durch ihre Gegenwart macheten / daß sie allenthalben ohn Ansprach durchgelassen wurden. Libussa begegnete ihnen zum guten Glük im innersten Platze / zu welcher Leches sagete; gehet hin mein Herz / und saget eurer Gn. Königin / es seyn hieselbst fremde Krämer / die ihrem Vorgeben nach / sonderliche köstliche Waaren feil tragen. Diese wahr bald fertig / und bekam Befehl /sie in das gemeine Königliche Gemach zuführen. Wohin sie bald gingen / und nach abgelegtem schlechten Grusse ihre Lädichen auf einen Tisch setzeten / da das Fräulein ihre Sachen / ehe sie aufgemacht uñ besehen wurden / treflich rühmete: Sie hätte die allerschönsten Korallen uñ gemachtẽ Perlen / die Menschen Augen je gesehen hätten. Gemachte Perlen? sagte Valiska; das müssen mir wol unbekante und köstliche Sachen seyn; aber woher bringet ihr dann diese schöne [690] Waaren? Vom Reinstrohme / antwortete sie; und haben den Weg mit unsäglicher Mühe / unter mannicher Gefahr zum Ende gebracht /ob wir hieselbst Lieb haber unserer Waaren antreffen möchten / dann uns ward gesagt / daß hier so viel hohe Herrn und Frauen bey einander währen / die den Krämern ihr Geld gerne gönneten. So hat mein Mann auch seine Zanken oder Spitzen. Wol wol / sagte Valiska / lasset eure Kostbarkeiten sehen / wir käuffen euch den ganzen Krahm wol auff einmahl abe / wann er uns dienet / und wollen uns alle miteinander fein drein teilen. So währe ich zur glükseligen Stunde ankommen / sagte das Fräulein / und wolte ich euer Gn. noch wol eine SchnührKette und einen Brief Nadeln in den kauf geben. Die Fürstliche Geselschaft lachete der milden Zugabe überlaut; woran sich doch das Fräulein nit kehrete / sondern in ihrer Beantwortung also fortfuhr. Wie wolte aber mein Krahm euer Gn. nicht dienen? ich habe mannichem Adel und Unadel davon verkauft / und darf / dem Himmel sey dank / allezeit wol wiederkommen / da ich eins gewest bin /weil ich und mein Mann noch keinen Menschen im Handel und Kauffe betrogen haben / welches wir wol mit guten Gewissen k \nnen vor die Götter kommen lassen. I er Schade / sagte Valiska / daß so aufrichtige Leute zu Krähmern gedien sind; hörete auch schon was vor herliche Sachen verhanden seyn würden / und sagte zu dem jungen Königl. und Fürstlichen FrauenZimmer; komt doch her meine herzen Schwesterchen /und lasset uns die treflichen Waaren beschauen / welche ädele und Unädele zukäuffen nicht beschweret sind. Inzwischen sahe das Fräulein ihre beiden Herrn Brüder stehen / daher die Trähnen ihr vor Freuden schier loßgebrochen währen; doch hielt sie sich feste /und sagte zu ihnen: Ihr junge Herren und Fürsten /wer ihr seid / komt uñ käuffet euren Liebsten eine schöne Kermeß / damit ihr euch bey ihnen sehr beliebet werdet machen können. Ach ja mein Schaz / sagte Valiska zu Herkules / hie werdet ihr gnug wirdige Sachen finden / wann sie nur erst ausgelegt währen. Das Fräulein / die sich ganz ernsthaftig stellete / wahr damit bald fertig / hatte rohte / grüne / gelbe / blaue und schwarze gläserne Korallen an langen Schnüren /auch weisse / die sie vor gemachte Perlen angab / legete alles aus / fein bund durch einander her / und sagete: Sehet ihr Fürstliche Jungfern / sind das nicht so schöne bunte Sachen / gelüstets doch einem der es siehet / wie die mannicherley Farben durcheinander her spielen; und wie treflich solte eure Schönheit vermehret werden / wann ihr sie also bund durcheinander an euren weissen Hälsichen uñ ärmichen trũget. Sehet die Schnuhr gebe ich um 8 Groschen / wann ich sie nur 4 Meilen auff disseit Köllen trage; nun müste ich ja billich vor den weiten Weg auch etwas haben / daß ich etwa vor die Schnur 10 Groschen bekähme / vor welches geringe Geld ihr sie viel Jahr tragen / und euch damit außputzen könnet. Da hätte man nun sollen ein Gelächter hören; woran aber das Fräulein sich nicht kehrete / sondern zu Valisken sagete. Schöne Fürstliche Jungfer; warum verlachet ihr meine gute aufrichtige Waaren / und machet daß die andern desgleichen tuhn müssen? Zwar die Perlen uñ ådlen Steine / welche ihr ümb euer schnẽeweisses Hålfichen und ärmlein traget / mögen wol teurer seyn / aber die meinen scheinen doch weit besser / sind auch viel heller uñ durchsichtiger / von allerhand hohen Farben /und werden durch sonderliche Kunst zugerichtet / da die euren nur aus dem Wasser gefischet / und aus der Erde gegraben werden / welche Arbeit ein jeder ungeschliffener Baur wol verrichten kan / aber von dieser kůnstlichen Zubereitung [691] seine groben Hände wol lassen muß. Krämerin / antwortete Valiska / ihr seyd wol unterwiesen / eure Waaren zu loben. Ja / schönste Fürstliche Jungfer / sagte sie; wann meine Waaren es selber könten / wolte ich kein Wort darzu reden; aber habe ich dann nicht die Warheit gesaget? Die Reden sind so gar uneben nicht / sagte Valiska zu der ganzen Geselschafft; dann freilich ist es eine grosse Tohrheit / daß wir Menschen mit denen Sachen prangen / die im Meer von den nicht werten Muscheln gezeuget werden; und die Steine hoch schätzen / welche doch nimmermehr des Werts sind. Ey warumb dann? sagte Herkules / (mit ihr ein LustGezånke zuhalten) ist dann Gold und Silber nicht auch irdisch / und viel häuffiger in der Erde zufinden / als die ådlen Steine? Ich bekenne meinen Irtuhm / sagte Valiska / aber in Gegenschätzung der Speisen und anderer Nohtwendigkeiten / ist es gar zu hoch angeschlagen. Herkules antwortete zur Kurzweil: Wachsen doch solche auch aus der Erde / und zwar in viel grösserer Menge; und müssen hohe Leute ja auch ein Narrenspielchen haben / daran sie den Gecken sehen lassen / welches ausser Zweifel der Perlen und ädlen Gesteine Schazbarkeit ist. Die Krämerin mischete sich mit ein / deutete alles auf ihren Vortel / und sagete: Wann ihr dann alle miteinander meine Waaren so hoch rühmet / so gönnet mir auch eures Geldes davor / alsdann wil ich euch meines Mannes schönes Geklöppel auch sehen lassen. Das möchte vielleicht von höherm Wert seyn / antwortete Valiska. Wie dann nun? sagte das Fräulein /habe ich euch dann meine Waaren zu wolfeil gelobet /stehet euch frey / ein mehres davor zugeben / welches ich als ein Geschenk rechnen wil. Herkules fragete /was er ihr dann vor alle ihre Korallen und Perlen zahlen solte. Wir wollens fein ausrechnen / was es tragẽ wird / antwortete sie; zählete die Schnürlein / foderte Kreide / und machete eine Rechnung von 40 Gülden und 10 Groschen: Er aber zog alsbald eine Handvol Kronen heraus / und fragete / ob sie ungezählet zufriedẽ währe. Ja antwortete sie / wann es nur so viel ist /als ich gefodert habe / sonst müste ich mit schaden verkauffen / und merke ich wol / es werden Goldpfennige seyn / deren ich noch alle mein Tage vor meine Waaren nicht bekommen habe / weiß aber wol / daß sie mehr gelten als das Silbergeld / und wil auff solchen fal den empfangenen überschuß auff meines Mannes Spitzen Krahm rechnen. So werden wir leicht Kaufleute werden / sagte Herkules / reichete ihr die Gelder / und teilete die schönen Sachen unter dem Frauenzimmer aus / daß das gesamte junge Frauenzimmer Fürstliche und adeliche mit den Korallen behänget wurden / und sie es das Königliche Geschenk nenneten. Valiska ließ die Zanken auch hervor langen / deren sie noch am meisten lacheten / weil die vornehmsten nicht ůber zween Groschen die Elle austrugen / daher sie zu der Krämerin mit einem Gelåchter sagete: Wie dann / gute Frau / haben euch dann auch Adel und Unadel diese Waaren abgekaufft? O ja / vor ihr Gesinde / antwortete sie / denen sind sie gut genug / und kan ja nit fehlen / ihr werdet auch Volk haben /denen ihr etwas buntes umb Kragen / Hemder und Schnupfftücher verbremen lasset. Nein / sagte Valiska aus Scherz / mein Gesinde muß solche bunte Sachen nicht tragen / es tuhst ihnen noch wol schlecht hin. Libussen verdroß / daß die Krämerin sich mit so geringen Sachen durch sie hatte lassen angeben / und fürchtete nicht wenig / sie würde grossen Spot müssen über sich nehmen / daher sie zu Königin Valisken sagete: Was sol der Bettel? Eure Hocheit lassen sie gehen / und werde ich hernähst mich besser vorsehen /was [692] vor Krämer ich angebe. Das Fråulein bekam Lust / sich mit dieser zuzanken / und sagte: Wz saget ihr Jungfrau? scheltet ihr meines lieben Mannes Krahm vor einen Bettel? Er hat ihn trauen nicht zusammen gebettelt / sondern sein baares Geld davor gegeben /ob er gleich wol ehmahls gebettelt hat. Und was habt ihr mir meine redliche Waaren zuverachten / wollet ihr sie nicht käuffen / oder mangelt es euch am Gelde / so lasset mir meine Waaren so gut sie sind; vielleicht gereuets euch / dz eure gn. Frau selbst mit mir handelt / und solches nit durch euch verrichtet / daß ihr auch euren Vortel damit håttet spielen können /wie es dann bey Fürstlichen Höfen ins gemein zugehet / daß die grossen Herren viel näher käuffen / und gleich vor ihr Geld bekommen würden / wann sie selbst zu Markte gingen oder die Krämer zu sich foderten. Es entstund ein gemeines Gelächter hierüber /daß Valiska kaum diese Worte zu Libussen vor lachen sagen kunte: Sihe / das schadet dir nicht kanstu nicht andern Leuten ihre Waaren so gut lassen als sie sind? Diese lief darüber vol Eifer / und wolte der Krämerin ihren Frevel verweißlich vorhalten. Aber dieselbe sagte zu ihr: Was habt ihr mich hieselbst auszuschelten? seyd ihr doch nicht gebietende Frau auff diesem Schlosse / so habe ich euch auch meine Waaren nicht feil gebohten / und sage noch einmahl / lasset mir meine Waaren unverachtet; seyd ihr eine junge ädelfrau / so bin ich eine ehrliche Krämerin; so stehets euch auch nicht fein an / daß vor dieser Fürstlichen Geselschafft ihr euch so mausicht machet. Libussa nam ihr den Schimpff so sehr zu herzen / daß sie kein Wort antworten kunte / und verdroß sie am meisten / als sie ihren Leches darüber lachen sahe. Valiska aber sagte zu ihr aus Kurzweil: Laß dir dieses zur Warnung dienen / und gib dich mit keinen Krämerinnen mehr in Zank / sie haben die Zunge noch besser gelernet zugebrauchen als du. Sie erhohlete sich endlich darauff / und sagete: Mein lebelang bin ich dergestalt nicht beschimpffet worden / und werde Eurer Hocheit Vermahnung ich hernähst wissen in acht zunehmen. Dabey aber die Krämerin sich stellete / als hörete sie es nicht / sondern fragte Valisken / ob sie vor ihres MannesWaaren ihr kein Geld gönnen wolte. Ich muß wol / antwortete sie / wo ich sonst ohn lose Worte gedenke von euch zukommen. Nein / gn. Jungfer / sagte sie / so böse bin ich nicht / daß ich einem Menschen lose Worte geben solte / der mirs nicht abhohlete. Wolan / sagte sie / so bin ich sicher vor euer Ungnade / und wil meinem Liebsten und andern anwesenden jungen Herren auch ein Jahrmarkt käuffen; saget mir nur in der Güte / was ihr vor die ganze Lade vol haben wollet. Eure Gn. geben was sie wollen / antwortete sie / es sind 50 Stücke drinnen /die kosten uns 80 gute Gulden in Kölln bezahlet / und wann Eure Gn. wüsten / was vor Elend / Noht und Jammer mein Mann auff dieser Reise erlitten / sie můste mit ihm weinen. Ach lieber Gott / sagete die mitleidige Valiska / dz ihr alles lachen verging / es kan wol seyn / daß euch beyden das tägliche Brod zuerwerben durch solche Nahrung saur gnug wird / gab ihr zwo Hände vol Kronen / und sagte / sie könte nun in Gottes Nahmen hingehen. Mich deucht / Eure Gn. geben mir zu viel / sagte sie / aber Gott belohne euch das ũbrige und euer Mitleiden. Wendete sich darauff zu Libussen / und sagete: Ich bitte euch freundlich /ädle Frau vergebet mirs / daß ich ein wenig zu heftig wider euch im Zorn geredet habe / es ist mir leid / und wil / Abtrag zumachen / euch diesen Brief vol Nadeln verehren. Libussa hätte sich schier auffs neue geeifert / wann nicht Leches ihr einen ernstlichen Wink gegeben hätte / woraus sie urteilete / diese müste nur eine verstellete [693] Krämerin seyn / nam deswegen die Nadeln zu sich / und sagete: Weil ich sehe / daß euch meine Beschimpffung leid ist / wil ichs euch vergeben / und dieses Geschenk zum Gedächtniß beylegẽ / daß ihr mich so fein sauber habt ausgehechelt. So böse ists nicht gemeynet gewesen / antwortete die Krämerin /und ist mir lieb / daß ich mit euch wieder verglichen bin. Baldrich trat zu ihr hin / und sagete: Gute Krämerin / wo bleibet die versprochene Schnür-Kette mit dem Briefe Nadeln / nachdem euch alle Waaren abgehandelt sind? Junger Herr / antwortete sie / eures Geldes habe ich noch wenig gesehen / und dürffet doch eine Zugabe fodern; aber doch / da habt ihrs beydes /ich wil vor dißmahl die reicheste seyn / nehmets hin /und schenkets eurer Liebesten / wann ihr dermahleins eine bekommen werdet. Valiska lachete des Auffzuges von Herzen / trat hinzu / und nahm das gebohtene zu sich / sagend / mir gehöret dieses / verm \ge unsers Kauffs / eigentlich zu / aber ich wils gleichwol mit dem Bedinge nehmen / daß ichs dieses jungen Herrn seiner Liebesten zurahte hägen wil. Die Krämerin reichete ihr solches willig ein / und sagete: Gnådige Frau / mich deucht / ihr verstehet euch sehr wol auff Krämerey / denke ja nicht / daß ihr des Königes aus Böhmen Frl. Tochter seyd / von welcher ich mir habe sagen lassen / sie sey auch wol ehmahls lieber eine Krämerin als eines grossen gewaltigen Königes versprochene Braut gewesen / wodurch sie ohn Zweifel in unsere Gülde getreten ist / und dieselbe Königlich geadelt hat; Ist nun Eure Gn. dieselbe / so kan ich nicht unterlassen / dieselbe als eine ehrliche Gülde-Schwester zugrüssen. Valiska verwunderte sich der Rede / sahe alle anwesende an / und sagte: Die Karte ist falsch / und ist diese gewißlich eine verstellete Krämerin / uns einen Auffzug zu machen. Das Fräulein aber kehrete sich an nichts / ging mit Arbianes davon / und sagete kein Wort mehr / da Leches und Libussa (weil er ihr winkete) ihnen auff dem Fusse nachfolgeten. Valiska sagete nach ihrem Abscheide zu den anwesenden: So statlich bin ich zeit meines Lebens nicht auffgetrieben / als vor dißmahl / und noch wol kurzweiliger / als ehemahls mein Parthisches Frauenzimmer; und was gilts / wo meine Libussa der lose Balg diesen Possen nicht angerichtet / und einen ertichteten Zank mit der Krämerin gehaltẽ hat /mich so viel zierlicher auffzuzihen? So bald das Fräulein aus dem Gemache wahr / sagte sie zu Libussen: ädle Frau / verzeihet mir / bitte ich / alle Grobheit /die ich heut / bloß ein Gelächter über uns beyden anzurichten / an euch begangen habe / und wann dieses nicht währe mein Vorsaz gewesen / hätte ich euch hoch beleidiget; Je länger aber ich euch ansehe / je mehr erinnere ich mich unser ehmahligen Freundschafft / wie wir uns dann vor diesem wol gekennet haben; Kommet und führet mich auff ein absonderliches Gemach / mein Mann wird mit eurem EheJunkern auff ein anders gehen / dann ich habe von Kölln ab einen hochvertraulichen Gruß an euch von einer Nähterin / die ist wol vor diesem etwas mehr / und eure gute Freundin gewesen. Libussa gedachte alsbald an das Fräulein und sagete: Ach gute Frau / ich verzeihe euch alles gerne / wie heftig ich mich gleich zu anfange geschämet habe; nur saget mir / wie heisset diese Nähterin? Sie nennet sich Armgart / antwortete sie / und hat im wolstande Klara geheissen. Ey Gott Lob und dank / sagete sie / so lebet das allerfrömmeste Fräulein der Welt noch? O daß doch nur der liebe Fürst auch noch möchte im Leben seyn! wolte alsbald von ihr hinweg lauffen / und ihrer Königin diese hocherfreuliche Zeitung bringen. Aber Leches hielt sie auff / und sagete: [694] Wie eilet ihr so / wollet ihr als blindlinges davon springen? besehet doch diese Krämerin recht / nachdem ihr höret / daß ihr bekanten seid / und wann ihr die Warheit erkennet / so bittet wegen eures heutigen trotzes umb vergebung. Libussa meinete vor freuden zu bersten / so bewägete sich das Herz in ihr / fiel der Krämerin umb den Hals / und sagete: Ach gnädiges Fråulein; ich zweifele nicht / sie sey es selbst in angestrichener Farbe. Ja Gott Lob /antwortete sie; aber meldet mich nicht / sondern schaffet / daß ich meine Fr. Schwester Königin Valiska allein möge sprechen. Leches erinnerte sie abermahl / daß sie um verzeihung anhielte; aber sie sagte; es bedůrfte solches nicht / sie håtte nicht mit dem Königlichen Fräulein / sondern mit einer Krämerin sich gezanket / und weil dieselbe schon verschwunden währe / hätte sie sich weiters nicht darumb zubekũmmern; lieff darauff hin / und traff Euphrosynen vor dem Gemache an / welche sie baht / daß sie Königin Valisken vermöchte heraus zukommen / weil die Krämerin eine heimliche Werbung an sie abzulegen hätte. Die Königin gab zur Antwort: Was mag meiner Libussen hinte geträumet haben / daß sie mich mit dieser Krämerin so äffet / welche sie ohnzweifel selbst ausgerüstet hat / dann wie hätte sie sich sonst so leicht mit ihr wieder vergliechen / als wodurch sie an den Tag leget / daß ihr Zank nur ertichtet gewesen; doch ging sie hin / dräuete auch Libussen mit einem heimlichen Wink / uñ fragete die Krämerin / was sie begehrete; welche darauff anfing: Gnädigste Königin /ich habe neun Meile hinter Kölln einer ädelfrauen etliche Waaren verkauft / dieselbe hatte eine Nähterin /welche da sie vernam / daß ich nach Magdeburg reisen wolte / baht sie mich mit heissen Trähnen / auf den fall der Teutsche GroßFũrst daselbst nicht seyn würde / ich möchte vollends nach Prag mich erheben /und Gelegenheit suchen / der jungen Teutschen Groß-Fürstin Valiska nur dieses wenige (dessen ich gut Trinkgeld bekommen würde) anzumelden / daß ihre geträue Dienerin Klara annoch lebete / nur daß sie durch Unfal und betrug währe zur Magd einer boshaften Frauen worden / und von derselben manniche Ohrfeige einschlucken müste. Valiska sprang vor freuden auff / uñ sagte: Ey dem allerhöchsten Gott sey lob und dank / daß sie noch lebet / die Magdschaft sol ihr bald beno en werdẽ / und ihr gute Krämerin müsset ohn ein reiches Trinkgeld nicht scheiden / daß ihr dieses so träulich habt werben / und solchen weiten Weg über euch nehmen wollen. Lieff damit wieder nach der Geselschaft / und wuste nicht / wie sie vor fröligkeit sich geberden solte. Herkules sahe solches an ihr / und sagte: Mein Schaz / was vor eine heimliche Verehrung hat euch die Krämerin getahn / damit sie euch so erfreuen können? Eine über köstliche Verehrung / antwortete sie; wolte ihm aber nichts mehr sagen / sondern trat hin zu Herkules Fr. Mutter und sagete überlaut; Gn. Fr. Mutter / der allerhöchste Gott wil uns nach der Traurigkeit wieder erfreuen. O herzliebe Fr. Tochter / fiel ihr diese in die Rede; ist etwa mein liebes Kind wieder zu Lande geschlagen? Zwar noch nicht zu Lande geschlagen / antwortete sie / aber gnug ist es uns vor erst / daß wir nunmehr gewiß wissen / daß sie noch lebet und gesund ist / wiewol in fremden Landen / uñ daselbst vor eine Nähe-Magd dienet / davon wir sie mit Gottes hülffe bald befreien wollen. Dir sey dank HErr Gott / sagte die liebreiche Mutter / aber an was Ort hält sie sich auff? Neun Meile hinter Köllen / sagte sie / in der Römer gebiet /woselbst die fremde Krämerin sie selbst gesprochen hat. Die ganze Geselschaft wolte die Zeitungsbringerin selbst fragen / aber Libussa zeigete an / wie sie mit ihrem Manne hinweg gangen [695] wåhre / und bald wieder kommen würde; ging damit wieder davon nach dem Fräulein auff ein absonderliches Gemach / da Libussa ihren Leib von der angestrichenen Farbe reinigte / und ihr in die Kleider half / welche sie von Magdeburg mit gebracht hatte; Arbianes aber auff einem andern Zimmer sich auch ausputzete / dem die Freude mehr Kraft und stärke verliehe / als er sonst an sich hatte. Als sie beyde fertig wahren / fasseten sie einander bey der Hand / liessen Leches und Libussen vor sich her treten / und folgeten denen auff dem Fusse nach / daß ihrer niemand gewahr ward / biß das Fräulein nahe vor ihrer Fr. Mutter stund / und ihr mit küssen und Trähnen umb den Hals fiel / welche über der unvermuhtlichen gegenwart sich entsetzend / in Ohmacht nidersank. Arbianes stellete sich vor Valisken /und wolte ihr die Hand küssen / aber sie umfing ihn schwesterlich / und sagete: Herzlieber Herr Bruder; ach wie hat eure Liebe sich doch so lange Zeit verborgen gehalten? Gott sey Lob / daß ich dieselbe wieder vor mir sehe / wiewol das verfallene Angesicht gnug zu erkennen gibt / dz er mehr böse als gute Stunden mus gehabt haben. Ich danke dem allerhöchsten GOtt / antwortete er / daß eure Liebe ich gesund und frisch antreffe / und bin mit meines Gottes züchtigung wol zu frieden / nachdem von demselben ich die Gnade gehabt / das Durchl. Königliche Fräulein wieder anzutreffen / so das mein überstandenes Elend ich nicht allein gerne vergessen / sondern es als ein Gnadenzeichen / daß Gott an mich gedacht hat / rechnen wil. Die alte Königin kam bald wieder zu sich selbst / umfing ihr allerliebstes Kind mit herzen und kũssen /und wolte in einem Augenblik alles ihr ergehen wissen; sie aber gab zur Antwort; Gn. Fr. Mutter / wir wollen unsere Trähnen heut nicht weiter reitzen / sondern dem almächtigen wahren Gott / und unserm Heylande JEsus Christ von herzen danken / daß er nicht weniger meine Ehr und jungfräuliche Keuscheit / als mein Leben väterlich behütet und errettet hat. Arbianes ward von König Henrich freundlich empfangen /welchen er nach geschehener Danksagung und geleistetem Handkusse also anredete: Großmächtigster unüberwindlichster König / gnädigster Herr; ob zwar zu jener Zeit / da eure Königl. Hocheit ich erstmahls angesprochen / mich unterstanden habe / das Durchleuchtigste Fräulein / eurer Königl. Hocheit Frl. Tochter aus Räubers Henden loßzuwirken / und ihren Eltern sie wieder zuzuführen / hat doch ein leidiger Fal / der gutenteils ans Irtuhm entstanden / nicht allein solches gehindert / sondern von höchstgedachtem Fräulein mich endlich gar hinweg gerissen / welche kaum vor sieben oder acht Stunden ich drey Meile von hinnen / durch Gottes sonderbahre schickung ohngefehr angetroffen / und von ihrer Durchl. die Ehre gehabt / daß sie mich im Betlerstande und Kleidern auf ihre Gutsche genommen / so daß dannoch nach Gottes Willen dieselbe ich nicht allein gesund und frisch / sondern auch im unbeflecketen jungfräulichen Stande hieher geleiten können. Wann nun vor diesem umb eine Heiraht bey ihrer Königl. Hocheit durch meine Gn. Fr. Schwester und Königin / Fr. Valiska / ich untertähnige ansuchung getahn / als wil anjezt ich solche Anwerbung selbst mündlich in untertähnigstem Gehorsam vortragen / demühtigst bittend / ihre Königliche Hocheit wollen mit angenehmer Antwort und väterlicher neigung mich beseligen / und ihre herzgeliebete Frl. Tochter mir versprechen; dagegen ich mich dann Christlich erklären und verpflichten wil / sie Zeit meines lebens als ein hochwirdiges Gemahl zu lieben und ehren / und nach meinem Tode mit einem Großfürstlichen Leibgedinge versehen. Mein geliebter [696] Herr Sohn / antwortete der König; wem solte ich mein herzliebes Kind lieber g \ñen und geben / als der ihretwegen / wie ich verstehe / aus einem mächtigẽ GroßFürsten gar zum Betler worden ist / und wol unsägliche mühe und arbeit ũberstanden hat / wie euer Liebe bleich-mageres Angesicht gnugsam uñ überflüssig bezeuget. Fassete damit seine Frl. Tochter bey der Hand / und nachdem er sie etlichemahl geküsset hatte / sagte er zu ihr: Ich zweifele nicht / geliebtes Kind / du werdest die Träue und Liebe / dir von diesem GroßFürsten erwiesen / mit gebũhrlichem Dank zuerkennen gesonnen seyn / und nach meinem Schlusse ihn vor deinen Bräutigam und künftigen Gemahl annehmen. Gnädigster Herr Vater /antwortete sie; Dieser Durchleuchtigster GroßFürst hat meinetwegen äusserste Noht / Armut und Lebensgefahr ausgestanden / und über die 20 Wunden in meiner getråuen nachsuchung empfangen / so das mein Unglük gegen das seine nicht eins zu rechnen ist; auch hätte ich weder von dem Wendischen Gotschalk / noch von bevorstehender Todesgefahr ohn seine Hülffe können errettet werden; und welches ich vor das höchste halte / hat er die drey Tage über / so er mich in seinem gewarsam gehabt / mich nicht allein im Christlichen Glauben unterrichtet / ohn welche Erkäntnis ich mein ausgestandenes Elend unmöglich hätte ertragen können; sondern hat sich auch so ehrliebend und züchtig gegen mich verhalten / daß er mir nicht das allergeringste zugemuhtet / welches meiner jungfräulichen Keuschheit im wenigsten hätte zu wieder seyn können; daher / nach dem er sein ehrliebendes begehren mir vorgetragen / ich ihm die Versprechung getahn / seiner Durchl. nach eingehohletem Befehl und Raht / meiner herzlieben Eltern / Herrn Brüder / uñ Fr. Schwester / mit solcher Antwort zubegegnen / die eine anzeige eines dankbahren willens mit sich brächte. Weil dañ mein H. Vater mir solches anbefihlet / wil seinem Geboht zugehorsamen / ich diesen Durchl. Großfürsten vor meinen Bräutigam und künftigen hochwirdigen Gemahl annehmen / ihm alle Träue uñ Liebe versprechen / uñ daneben demũhtig bitten / seine Durchl. wolle mit meiner Schwacheit und geringem vermögen geduld tragen / wann allemahl ich mich nicht wůrde der Gebühr nach verhalten köñen / wornach doch meine stete Bemühung streben sol. Da ging nun nicht allein das Glük wünschen /sondern auch das wilko ẽ erst recht an / und erfreueten sich Königin Sophia / Lukrezia und Fürstin Sibylla von Herzen / als die höreten / daß das liebe züchtige Fräulein sie mit diesen Worten in lateinischer Sprache anredete: Großmächtigste Königinnen /Durchleuchtigste Fürstin; weil der almächtige Gott mir diese Barmherzigkeit erzeiget / uñ ihrer sehr angenehmen Kundschaft mich gewirdiget hat / als bitte ihre Liebden ich demůhtig / sie wollen meine gering-schätzige Gegenwart ihnen nicht lassen verdrießlich seyn / sondern sich versichern / daß denen samt und sonders aufzuwarten ich begierig bin / wie dann in meiner sieben Wöchigen Magdschaft ich viel geringern Leuten habe müssen die Hände küssen / daß mich das Angesicht davon geschmerzet hat. Die lezten Worte bewägeten die ganze Geselschaft zuweinen / so daß die Königinnen ihr kein Wort antworten kunten / sondern an Stat der Rede ihr um den Hals fielen /uñ noch endlich Fr. Sophia zu diesen kurzen Worten sich zwang: Durchleuchtigstes Königliches Fräulein /herzallerliebste Frl. Schwester; unserm Heilande JEsus Christ sey Lob und Preiß vor ihre Beschütz-und Erhaltung; wir unsers teils freuen uns dessen von ganzem Herzen / freundschwesterlich bittend / ihre Liebe wolle mit so tiefen Ehrerbietungen [697] uns nicht beschämen / sondern die Freyheit uns gönnen / daß wir derselben als einer hochbegabten Königlichen Fräulein mögliche schwesterliche Dienste / Freundschaft und Liebe erzeigen können. Valiska hatte sich zu ihr noch nicht genahet / dann sie wolte unter dem FrauenZimmer die letze seyn / trat demnach zu ihr /küssete sie zum offtern auff ihr annoch bleiches Mündlein / und sagte: O ihr mein tausend Schätzichen und herzallerliebstes Schwesterchen / warum habe ich nicht das Glũk haben sollen / ihr grosses Unglük zu wissen / auff daß ich ein so tugendreiches Herz und volkommenes Muster der auffrichtigen Frömmigkeit und Demuht loßwirken / und mich ihrer Schwesterlich annehmen mögen. Nun / ich habe auch Noht und Angst versuchet und geschmecket / aber ich dancke meinem Gott noch darzu / das er mir solches zugeschicket hat / dann sonst würde ich weder eure Liebe noch mich selbst / noch einigen andern Menschen haben erkennen können. Zweifele auch nicht / mein allerliebstes Seelichen werde dereins sich nicht weniger über diese Väterliche Züchtigung Gottes Kindlich erfreuen / weil solche viel böses aus unserm Herzen hinweg schaffet / und die kindliche Furcht gegen Gott in uns wirket / daß wir im guten Glük nicht auffgeblasen werden / noch uns selbst zukennen auffhören /sondern stets gedenken / daß der Allmächtige welcher uns ehmahls gestäupet / uns allemahl wieder finden könne / auch viel schärffer angreiffen / als zuvor geschehen. Ist also / mein herzen Schwesterchen diese RuhteGottes nichts anders / als ein kräfftiger Teriak und Seelen Arzney / welche die hefftigen Zufälle der angebohrnen Boßheit abhält / daß sie nicht das Herz gar einnehmen / sondern wañ sie auffsteigen / vor ihren volkommenen Wirkungen abgeleitet werden. Ach wie ergetze ich mich / wann meine Seele es bey mir überleget / wie oft ich in Noht / Gefahr und Angst gestecket / und dannoch allemahl meines Gottes und Heilandes Hülffe und Rettung genossen / auch da ich sein Feind noch wahr! wir wollen aber vordismahl keines ausgestandenen Unglüks mehr gedenken / sondern uns miteinander über unser Erlösung herzlich ergetzen. Das liebe Fräulein hörete ihren andächtigen Reden fleissig zu / und antwortete ihr: Unvergleichliche K \nigin / und wahres Ebenbild der Gottseligkeit und volkommenen Tugend; wie grosse Hoffnung mache zu ihrer Hocheit ich mir wegen zukünftiger träu fleissiger Unterrichtung zum wahren ungefärbeten Christentuhm / weil schon zum aller erstenmahle ich eine so köstliche Herz Stärkung von ihrer hochgelehrten Zunge einnehme / daß dieselbe wol nimmer mehr aus meinem Herzen ko en wird / auch solche heilsame geistliche Erquickung lieber in steter Betrachtung erhalten / als mit meinen ungeschickten Reden beantworten wil; nur allein bedanke ich mich vor dismahl sehr dienstlich uñ von ganzem Herzen /daß meine höchst gepreisete Fr. Königin / Wase und Schwester sich um meine Wolfahrt so heftig hat bemühen wollen; bitte solche hohe Gewogenheit in steter Blüte zuerhalten / und an meiner Unvolko enheit kein Mißfallen zutragen / weil mein Herz und Seele /ungeachtet die Folge nicht dabey seyn kan / sich stets bemühen wird / meiner Gn. Fr. Königin und Schwester nach äusserster Mögligkeit auffwärtig zusein. Ja mein Schwesterchen / antwortete Valiska / sie herzlich küssend / wir wollen diese Höfligkeiten den fremden überlassen / würde mich auch sehr schmerzen /wañ mein Schätzichen an stat der so hochgewünscheten Vertrauligkeit und Liebe mir Wortspeise aufsetzen wolte. Herkules mengete sich hieselbst ein / umfing seine Frl. Schwester Brüderlich und erboht sich zu aller aufrichtigen Liebe. Als das [698] freundliche Wilkommen / welches in die anderthalb Stunden wehrete / ein Ende geno en hatte / kunte das Fräulein nicht umhin / an Leches zubegehren / er möchte doch ihren lieben Freund den geträuen frommen Wolfgang ihm bestermassen lassen befohlen seyn / und ihn fein unterweisen / wie er sich bey hohen Leuten zubezeigen hätte. Sie ward von der Geselschaft gebehten / anzuzeigen / was dieser vor ein geträuer Mensch währe /der solcher Unterrichtung bedürfte; worüber / da sie es kürzlich erzählete / was er bey ihr getahn hätte /sich alle Anwesende verwunderten / und muste ihn Leches herführen / daß sie ihn sehen möchten. Er entsetzete sich gewaltig / als er so viel Könige und Königinnen sahe / daß ihm die Farbe und Rede verging; welches Valiska merkend / ihn mit diesen freundlichen Worten anredete. Wolfgang / mein guter und lieber Freund; ihr sollet euch vor diesen grossen Herren uñ Frauen nicht entsetzen / als bey deren Geselschaft ihr euch noch oft und viel werdet finden lassen / sondern sollet alle unständige Niedrigkeit eures Gemühts ablegen / und von gegenwärtigem Leches Bericht einnehmen / wie ihr geliebts Gott / morgen bey Empfahung der Belohnung eurer redlichen Tråue / die wol aus einem recht adelichen und nicht aus einem bäurischen Gemüht entstanden / euch verhalten sollet. Ja mein frommer Wolfgang / setzete das Fråulein hinzu /versichert euch nur daß ich eben dieselbe im diesem Königlichen Pracht gegen euch verbleiben werde / die ich im Mägde-Kittel gewesen bin / ohn daß wir unsere getichtete Ehe aufruffen werden / weil ich eurem gnädigsten Großfürsten und Herrn nunmehr versprochen bin / nach welcher Aufruffung / wie ich wol weiß / euch eben so heftig als mich verlanget hat. Wolfgang begrif sich hierauf in etwas / setzete sich auf die Knie / bedankete sich aller Königlichen Gnade / und baht sehr flehentlich / sie möchten doch seinem groben Unverstande und Bäurischer Einfalt nicht grössere Gnade auflegen / als er ertragen könte / und da ihm ja einige über seine Wirdigkeit begegnen müste / wolte er dem Fräulein in dieser ihrer Königlichen Hocheit seine erste untertähnigste Bitte vortragen / sie möchte gnädigst erhalten / daß ihm zuvor etliche Tage frey gegöñet würden / sich bey dem Hofeleben umzusehen / und von andern zufassen / wie gegen Königen und Fürsten er sich verhalten müste /welches ihm als einem Bauren und Haus Knechte allerdinge unbewust währe. Die ganze Geselschaft legete ihm solches zur guten Vernunft auß / wurden ihm auch drey Tage Auffschub gegönnet / in welcher kurzen Zeit Leches und Neklam ihn dergestalt anführeten / daß er sich adelich gnug zubezeigen wuste / und er nunmehr bey sich befand / daß es besser währe / in solchem Stande zuleben / als eines Bürgers Hausknecht zuseyn. Diese drey Tage über wurden die 8 Reuter und der gefangene Reichard mit essen und trinken wol gehalten / wiewol dieser ihm keine andere Rechnung machete / als daß er eines grausamen Todes würde sterben müssen. Sonsten bestimmete K \nig Henrich noch diesen Abend / daß nach sechs Tagen Fürst Arbianes und der Fräulein Beylager solte gehaltẽ werden / gegen welche Zeit sie der Römischen Herren Ankunfft erwarteten. Wolffganges und der Reuter Begnadigung ward des angesezten Tages vorgenommen / da König Henrich den ersten anfangs in den hohen Teutschen Adel auffnam ihm Schild / Helm und Wapen gab / nehmlich ein Hündichen / welches ein Lamb bewahrete und oben auff dem Helm eine Fahne / in welcher ein grüner Lorbeerbaum stund /mit diesen Wortẽ:Der Träue Belohnung; und nahm das Fräulein ihn alsbald zu ihrem Hofmeister an / da ihm drey Reitpferde / eine [699] Gutsche mit vier Pferden /zween reitende Knechte / so viel Gutscher und zween Leibdiener gehalten wurden / so daß etliche des Adels ihm solches mißgönneten / und davor hielten / die Vergeltung währe vor einen Bauren schier zu groß. Valiska wolte ihm alsbald Neklams Schwester / eine züchtige schöne Jungfer von 18 Jahren / freyen / und die Braut mit 12000 Kronen aussteurẽn; welche Heyraht ihm zwar sehr angenehm war / jedoch emsig anhielt / daß biß auff seines alten Vettern Wittho Ankunfft das Beylager und die Trauung gnädigst möchte verschoben werden / welches das Fräulein selbst vor gut ansahe / und alsbald Anstalt machete / daß eine Begleitung von 30 Reutern mit einer ledigen Gutsche nach Frießland gehen / und den alten Wittho nebest seinem ungerahtenen Sohn Gerd nach Prag hohlen solten / auch ihm dabey anzeigen / wann er sonst noch andere seine Verwantẽ gerne wolte befodert haben /ihm frey stunde / solche mit überzubringen; König Baldrich ließ zugleich einen Befehl an die Landstände abgehen / daß alle Inwohner des Dorffes / woselbst das Fräulein bey Wittho gelegen / solten vorgefodert /und der Rohtbart wegen seiner begangenen sehr vermuhtlichen Mordtahten scharff befraget / auch nach Befindung samt allen Mitschuldigen / andern zum abscheuhlichen Beyspiel mit dem Rade gestossen /und darauff gelegt werden. Die 8 Reuter / deren noch keiner über 21 Jahr alt wahr / hatten diesen Morgen schon neue Kleider mit Golde stark verbremet bekommen / in welchen sie nebst Wolffgang erscheinen musten / da Arbianes sie also anredete: Ihr redliche Reuter und liebe geträue; es ist der Tag eures Glũckes erschienen / da ihr erfahren / sehen und geniessen müsset / was ehrliche und geträue Dienste vor Belohnung zugewarten haben. Ihr habt das Durchleuchtigste Königliche Fråulein / meine Vertrauete / aus ihrer Dienstbarkeit geführet sie auff dem Wege begleitet /Unheil nach Vermögen von ihr abgewand / uñ euch nichts von ihrem Schutze abschrecken lassen; des sol euch / ihrem Fürstilchem Versprechẽ nach begegnen /was ihr begehret; und damit ihr sehen möget / was vor angenehme Dienste ihr mir hiedurch geleistet habet /als wird der ädle Wolffgang von Friesentahl (dieser Zunahme ward ihm von dem Fräulein gegeben) euch eine Tonne Schaz zum ersten Gnadenpfennige baar austeilen / jedem drey Reitpferde / zween Reitknechte und einen Leibdiener zustellen / und mit monatlichem Solde versehen; geliebet euch nun meiner gnådigẽ Anerbietung zugebrauchen / sollet ihr von mir anfangs vor meine HofJunkern bestellet / und alsbald in den Adelstand auffgenommen werden; wo nicht / wird man euch noch so viel Baarschaft nebst andern Verehrungen zustellen / und euch nach belieben zihen lassen / wohin ihr begehret. Diese bedanketen sich aller angebohtenen Gnade mit einem Fußfalle / und erkläreten sich einhellig / in ihrer Großfürstl. Durchleuchtigkeit Diensten zuleben und sterben / wiewol der angebohtenen Hofbestallung und des Adelstandes sie sich allerdinge unwerd schätzeten. Es geschahe dieses alles im fördersten SchloßPlatze / da die Henkers-Buben mit dem gefangenen Reichard in einem Winkel stehen / und dieser solches alles ansehen und anhören muste. Nach der Hochfůrstlichen Geselschafft Abtrit ward daselbst ein Gericht gehäget über den armen Sünder Reichard / da Wolffgang und die 8 Reuter nahe dabey stehen / Leches aber auff dem Richterstuel ihm diese Urtel vorhalten muste: Er wůrde ohn einiges leugnen gestehen / was gestalt er sich durch seine verteufelte fast unerhörte Boßheit und wahnsinnigen übermuht hätte lassen verleiten /einem Hochfũrstlichen [700] Fräulein (welches ihm nicht unbewust gewesen) nach Ehr und Keuscheit zustreben; wodurch er dann verdienet / daß er andern seines gleichen Buben zur Warnung und Beyspiel abgestraffet würde / und zwar auff diese weise: Daß sein schandsüchtiger Leib an allen seinen Gliedern solte mit einem Rade durch des Henkers Hand zustossen /und hernach den Raben zur Speise darauff gelegt werden; worzu er sich nach Verlauff drey Stunden solte gefasset halten / weil er aus blossem vorsezlichen und muhtwilligen Frevel ein solches lieber hätte verdienen / als der hochversprochenen Fürstlichen Vergeltung abwarten wollẽ. Er erblassete anfangs in etwas ũber der harten Straffe / jedoch verging ihm solches gar bald / stellete sich standhafftig und unerschrocken /und gab diese Antwort: Ja Herr Richter / ich erkenne und bekenne / daß durch meine vorsezliche Boßheit ich diese Straffe wol verdienet habe / und aller Begnadigung unwirdig bin / die mir sonsten / wann ich meine unbilliche Begierden hätte bendigen wollen /mit grösser masse als meinen Reutern wůrde zugewendet worden seyn; wil demnach die Volstreckung eurer Urtel mit möglichster Standhafftigkeit über mich nehmen / und vor die Bosheit leiden / weil ich durch Tugend mich nicht habe wollen verdienet machen; nur allein bitte ich untertähnigst / dz das Königliche Fräulein mir nach meinem Tode vergeben wolle; und daß meinen lieben Eltern und Anverwanten diese meine schändliche Hinrichtung nicht möge kund gemacht werden. Wolfgang / wie ihm befohlen wahr /fragete ihn / ob er dann nicht umb Gnade anhalten wolte; es könte geschehen / daß seine demühtige Bitte das Königliche Fräulein und die ganze Königliche Geselschafft bewägen möchte / ihm auffs wenigste einen gelinderen Tod auffzulegen / erboht sich auch /ihm hierin gerne zudienen / weil er ihm schon von Herzen die ihm angelegte Verwundung vergeben hätte. Worauff er antwortete: Euer Herz / mein Freund / muß gewißlich eine Wohnung vieler herlichen Tugenden seyn; und wolte Gott / daß in meiner Kindheit ich durch Verzärtelung nicht zum Muhtwillen veranlasset währe / hätte ich auch etwas gutes verrichten können / welche Reue aber nunmehr zuspäte ist. Ich gedachte / ihr hättet euch hieher gestellet / umb an meiner Verurteilung und Hinrichtung euer Herz und Augen zubelustigen / und muß nun hören / daß solches aus Erbarmung geschehen ist / ja ihr noch vor mich bitten wollet / welches ich umb euch gar nicht verdienet habe. Die Götter verleihen euch davor alle Glükseligkeit / die einem Menschen zufallen kan; Ich bedanke mich von Herzen / nicht allein vor diese Gewogenheit / sondern daß durch eure Vorsorge ihr das übel verhütet / welches ich zubegehen willens wahr. Jedoch / wollet ihr auch noch solcher gestalt eure Tugend scheinen lassen / und euch bemühen / bey dem Königlichen Fräulein zuerhalten / daß mein Leib in die Erde verscharret werde / wil ich den Tod / auff was weise er mir zugesprochen ist / gerne und frölich ausstehen / und die Götter bitten / daß sie euch solche Guttaht unvergolten nicht lassen. Als die Königliche Geselschaft diese Erklärung vernam / sagte Herkules: Der Mensch ist der Gnade wert / und wird ohn zweifel zum feinen Manne gedeien; doch weil ich weiß /daß meine Frl. Schwester ihn vor Augen nicht leiden kan / ist mein Bedenken / daß man ihm seine angewante Kosten nebest einer Verehrung / die doch in unserm Nahmen nicht geschehen muß / zuwende. Und als sie alle einwilligten / auch das Fräulein selbst auff Arbianes einreden sich sein erbarmete / in Betrachtung des guten / das er gleichwol bey ihr getahn hatte / wolte Herkules sein Gemüht [701] noch etwas besser prüfen / und begehrete / daß ein gar ungestaltes Mensch in ihrem Sudelkleide (dann sie wahr in der Gesindes-Küche Schüsselwäscherin) nach dem Gerichte gehen und / noch ehe Wolffgang die Gnade brachte / dem Richter Leches vortragen muste / sie hätte bey Königin Valiska gleich jetzo bitlich erhalten / daß man ihr diesen verurteileten jungen Mann allergnädigst zum Ehegatten geben / und ihm Leben und Freyheit schenken möchte / da sie bereit währe / mit ihm in das Elende sich hinschicken zulassen / und sie sich mit einander wol ernähren wolten. Leches enderte darauff die Urtel alsbald / und schenkete ihm unter dieser Bedingung das Leben. Er aber trat hin zu der heßlichen Dirne / und nachdem er sie wol beschauet hatte / ließ er einen tieffen Seuffzen aus dem innersten seines Herzen gehen / und sagte zu ihr: Gutes Mensch / was hastu von mir je gutes empfangen / daß du dich mein so träulich annehmen / und mich vom Tode erlösen wilt? Zohe hierauff 6 Kronen heraus / sprechend: Dieses hatte ich dem Nachrichter zur Verehrung ganz zugedacht / wil es aber teilen / und euch die Helffte schenken / mit Bitte / solches vor euren guten Willen vor lieb zunehmen; reichete ihr solches dar / und fing zu dem Richter also an: Ob zwar kein Ding in der ganzen Welt einem Menschen angenehmer seyn kan /als das Leben / und mannicher / dasselbe zuerretten wol eine Verheissung tuhn würde / die er zu halten nicht gemeinet währe; so ist doch nunmehr / Gott Lob / mein unbewäglicher Sinn und Vorsaz / entweder ehrlich und redlich zu leben und handeln / oder bald zu sterben; und weil ich sehe und merke / daß zu diesem guten frommen Mädchen ich ein solches Herz nicht tragen kan / daß ich ihr geträu bliebe / wil ich immerhin sterben / damit ich nicht veranlasset werde /auffs neue zu sündigen. Wie so? fing die Dirne an; warumb woltet ihr nicht lieber euch mit mir verehlichen / als unter des Büttels Hand einen so abscheulichen Tod leiden? ich bin ja / ohn ruhm zu melden /noch Mensch gnug / und ärgert euch nicht an diesem meinen schmutzigen Kittel / mit welchem ich aus der Küche von meiner arbeit hergelauffen bin / ich habe noch andere säuberliche Kleider / meinem Stande gemäß / und über die hundert Gulden durch meine saure arbeit verdienet / die wil ich euch geben / uñ werde ich in meinen Feirkleidern euch schon besser gefallen. Ach mein gutes Mädchen / antwortete er /seid gebehten / und bekümmert euch ferner nicht umb meinen Tod / welchen ich wol verschuldet habe; danket auch dem Hi el / daß ich nicht ein solcher bin /der aus begierde des Lebens / euch zu äffen bedacht währe / und euch hernach im elende wolte sitzen lassen; die Götter werden euch schon denselben zum Manne bescheren / den sie euch ausersehen haben. Wolfgang kam gleich darzu / umb zuvernehmen wessen er sich erkläret hätte; da die Dirne Reichartẽ diese Antwort gab. Mein Liebster / wisset ihr dann nicht /daß man euch mit dem Rade alle eure Knochen entzwey stossen sol! O wie werdet ihr es bereuen / daß ihr diese meine Liebe ausgeschlagen habet / wann euch nun der erste Stoß gegeben wird / und gedenket nur nicht / daß ich euch alsdañ loß bitten werde. Ihr sollet / gute Freundin aller dieser Ansprache von mir wol enthoben seyn / sagte Reichard / die Götter nehmen euch in ihren Schuz. Kehrete sich nach Wolfgang / und sagete: Mein Freund / habt ihr mir die Gnade der beerdigung erhalten? Ja / sagte er / dieselbe ist euch ganz richtig erteilet / aber ihr werdet vernommen haben / daß diese gute Dirne euch viel eine grössere /nehmlich / Leben und Freiheit erbehten hat. Nein /mein Wolfgang sagte er / ich wil nun gerne sterben /damit ich nicht an diesem frommen [702] Mädchen zum Schelme werde. Da hätte man nun diese Dirne hören sollen / wie sie mit schelten und schmähen auff ihn ansetzete; Je du Galgenschwengel / du Henkermässiger Bube / sagte sie / bist nicht wert / daß ein ehrlich Mädchen sich dein erbarme / oder einigen willen zu dir trage; pfui mich an / daß ich durch deine äusserliche gestalt mich habe bewägen lassen / dich loß zu bitten / ich werde doch nun und nimmermehr keinen Mann beko en können / dann jederman wird mirs vorhalten / ein zum Radebrechen verurteileter armer Sünder / habe lieber also hingerichtet seyn wollen /als mich zur Frauen nehmen; fing auch ein solches gehäule an / daß die Zuseher dessen gnug lacheten / und also ging sie nach dem innersten Platze / woselbst die Königliche Geselschaft auff einem Lustgange bey einander sassen. Valiska wahr dieser Magd zimlich gewogen / massen sie wol 16 Jahr in der Küchen gedienet / und ihr Winterzi er hatte pflegen einzuheitzen /daß sie nunmehr von 36 Jahren wahr; als sie nun dieselbe also heulen sahe / fragete sie / was ihr begegnet währe. O Gn. Königin / der Schelm uñ Dieb wil mich nicht haben / antwortete sie / sondern viel lieber sterben. Valiska lachete dessen / und sagete: Gib dich zu frieden du solt noch wol einen bessern Mann bekommen / so viel Brautschaz habe ich dir zugedacht; worauff sie sich dañ endlich stillen ließ. Die Fũrstliche Geselschaft kunte sich über Reichards erklärung nicht gnug verwundern / insonderheit / als Leches kam /und ihnen seine Worte vortrug. Gewißlich / sagete König Henrich / dieser Bube dürfte noch so gut werden / als schlim er bißher gewesen ist / daher lasse man ihn lauffen / und daß nach zweijähriger frist er sich / mit aufflegung eines schriftlichen Zeugnis seines verhaltens / bey mir anmelde / alsdann sol er von mir einer Gnade gewärtig seyn. Herkules rieff Leches zu sich / und legete ihn in den Mund / was er anfangs mit Wolfgang / hernach zu Reichard reden solte; welcher sich wieder auff den Richterstuel setzend also anfing: Reichard / deine anfangs erwiesene Dienste /samt der jetzigen Reue / die du über deine begangene Bosheit trägest / haben die versamleten Großmächtigsten Könige zu dieser hohen Gnade bewogen / daß die Straffe / welche deiner eigenen Bekäntnis nach / du wol verdienet / sol gemiltert werden / wie ich hernach anzeigen wil. Damit aber dein frommer Vater / wegen der Königlichen Fräulein nicht umb das seine komme / wil ich wissen / wie grosse Kosten du zu deren Erlösung angewendet habest. Dieser gedachte noch nicht /daß er mit dem Leben davon kommen wũrde / und antwortete: Mein Herr / wie ergetzet es meine Seele /daß noch vor meinem betrũbten Ende ich vernehmen sol / daß man meinem lieben Vater das ausgelegete wieder zustellẽ wil; dasselbe nun beläuft sich alles in allem auf 2000 Kronen / und etwas weniger; könte aber ich elender Mensch so bitselig seyn / daß solche Gelder / weil es ohndas mein väterliches Erbe ist /dem frommen Mädchen / so mich loßbitten wollen /gegeben / und ich dagegen mit dem Schwerte begnadet würde / zweifele ich nicht / die Götter würden alles beydes mit reicher vergeltung erstatten; doch solte mein Herr Richter davor halten / daß durch dieses ansuchen ich das Königliche Fräulein zum Wiederwillen reizen würde / wolle er dessen nur nicht gedenken. Es fält mir aber gleich ein / daß die Gutsche mit den Pferden in die jeztgemeldete Rechnung nicht gehören. Leches trug grosses mitleiden mit diesem Menschen / ging abermahl mit Wolfgang zu der Königlichen Geselschaft / und zeigete dieser dem Fräulein an / ihm währe bewust / daß Reichard in seiner Landstad eines ehrlichen Mannes Tochter durch heimlichen Nohtzwang entehret / und sie durch vorstellung [703] ihrer Schande / wann sie es ruchtbar machen würde geschweiget hätte; hielte davor / wann man ihm geböhte / dieselbe zu heyrahten / würde er solches gehorsamlich leisten. Kennet ihr das gute Mensch? fragete das Fräulein. Ja / sagte er / ich habe in ihres Vaters Hause etliche Tage Holz gehacket / und sie gesehen / daß allenthalben da sie ging / ihr die Augen vol Trähnen stunden / und mannichen elenden Seufzer von sich ließ. Das Fräulein sagete; tuht alles / wessen ihr schon befehlichet seid / und gebet ihm darzu noch 1000 Kronen / welche er der redlichen Dirnen meinetwegen schenken sol / unter dem einwenden / daß ich ihr gewogen sey / weil ihr mir ihre frömmigkeit gerühmet habet. Also ging Wolfgang hin zu Reichard /der mit seinen acht Reutern ein Gespräch hielt / und sie vermahnete / daß sie sich an ihm spiegeln / und durch kein ding in der Welt sich zur Unträu oder andern Untugenden solten verfũhren lassen; welches sie von ihm nicht ohn grosses mitleiden anhöreten / weil sie sich erinnerten / daß er dannoch alles ihres Glüks die erste warhafte Ursach währe. Wolfgang störete dieses Gespräch / da er ihn also anredete: Sehet da Reichard / die grosse Königin / Fr. Valiska / welche dem Königlichen Fräulein insonderheit ergeben / und dañoch mit eurem Unfal / darin euch gutenteils eure unbedachtsamkeit gestürtzet / grosses mitleiden träget / hat mir die 3000 Kronen zugestellet / welche eurem Vater ihretwegen sollen übergebracht werden; und nun höret die begnadigung und erfreuet euch derselben; euer schlimmes verbrechen sol euch vergeben seyn / Leben / Freiheit / und ehrlicher Nahme wird euch geschenket / wiewol mit dieser bedingung / daß wo man erfahren würde / daß ihr von neuen wieder Ehrbarkeit handeltet / werdet ihr in die ausgesprochene Urtel und Straffe verfallen seyn; könnet ihr aber nach verlauff zwey Jahren dem Großmächtigsten Könige / Herrn Henrich ein schriftliches Zeugnis aufflegen / daß ihr ehrlich gelebet und der Tugend nachgestrebet / sollet bey seiner Königl. Hocheit ihr euch angeben / und einer Gnade gewärtig seyn: aber vor dißmahl sollet ihr bey Sonnenschein / dieses / und aller gegenwärtigen Könige und Fursten ihre Länder räumen / und euch nach eurem Vaterlande erheben / dieses zu leisten / was mein gnädigstes Fräulein euch hiemit aufflegt; nehmlich / sie hat Zeit ihrer Magdschaft ohngefehr vernommen / daß ihr eines ehrlichen Mannes frommes Kind sollet schändlich hintergangen und betrogen haben / die sollet und müsset ihr durchaus ehelichen / oder aller schon versprochenen Gnade verlustig seyn. Was saget ihr darzu? Ja mein Freund /antwortete er / ich gestehe und beräue diese meine Missetaht / und wil von ganzer Seelen dieses Verbrechen durch folgende Heyraht gerne wieder gut machen / nur bitte ich untertähnigst / daß vor dem Beylager mir möge vergünstiget seyn / mich ein Jahrlang in fremden Ländern zuversuchen / ob durch eine rühmliche Taht ich meine grosse Schande in etwas abwischen könte. Ich hoffe euch solches noch wol loßzumachen / sagete Wolfgang / aber es mus mit einwilligung euer Braut geschehen. Weiters hat der Medische Groß-Fürst / Herr Arbianes / der Königl. Fräulein versprochener Bräutigam / mir noch 3000 Kronen zugestellet / welche ihr in seiner Durchl. Nahmen /eurem Vater sollet einhändigen / als zur Danksagung vor eure ausrüstung. Hierůber werde ich euch noch 1000 Kronen wegen meiner Gn. Fräulein einreichen /welche ihr euer Braut ihretwegen mit übernehmen sollet / bloß darumb / daß deren grosse frömmigkeit ihrer Gn. ist gerühmet worden / worzu ich noch 200 Kronen vor mein Häupt legen wil / darumb daß sie bey meiner Arbeit mir [704] etliche mahl einen guten Labetrunk hat zuko en lassen. Zwar euer verbrechen hindert / daß euch selbst kein Fürstliches Geschenk mag gegebẽ werden; jedoch habe ich durch einen Fußfal erhalten / daß mir und diesen meinen acht Gesellen frey stehet / euch unserer gewogenheit nach / eine mögliche Verehrung zu tuhn / da wir dann euch 9000 Kronen von unsern empfangenẽ Gnaden-geldern schenken / uñ uns zu aller möglichen Freundschaft verbindẽ wollen. Er hatte dieses kaum ausgeredet da schickete Leches ihm 3000 Kronen / welche er Reicharden seinetwegen zustellen solte / nebest der Vermahnung dz er hinfüro alle untugend aus seinem Herzen verbañete / und der Erbarkeit nachsetzete / alsdañ würde er nicht allein völlige vergebung / sondern noch wol ansehnliche Befoderung bey König Herkules haben können / dessen Hocheit ihm ohndz nit ungewogen währe. Die acht Reuter redetẽ ihm auch freundlich zu / und lieferten ihm 12000 Kronẽ / welche er ihren armẽ uñ dürftigen Eltern mit übernehmẽ möchte / als welche alle in der nähe bey seiner Heimat / etliche auch gar in seiner Landstad wohnetẽ. Reichard ensetzete sich vor so grossen Geschenkẽ / welcher nunmehr die Boßheit in seinẽ Herzen verschworen hatte / leistete einen demühtigen Fußfal in seinen Ketten / erkennete / daß er der erteileten Königlichen Gnade allerdinge unwirdig währe / wolte aber Zeit seines lebens nicht auffhören daran zugedenken / und entweder ritterlich sterben / oder einen bessern Nahmen als bißher / erwerben; dankete nachgehends Wolffgangen sehr uñ seinen gewesenen Reutern / und gab ihnen zuverstehen / wie er gesinnet währe / sich mit 50 Pferden auszurüsten / so bald er wůrde zu Hause angelanget seyn / und nach Ehren zustreben /weil er seine Gelder nicht wüste besser anzulegen. Seinen Gutscher / der wegen dieser Begnadigung sich höchlich erfreuete / foderte das Fräulein durch Wolffgangen vor sich / rühmete / daß er wol gefahren hätte / und schenkete ihm 1000 Kronen / da sie ihm frey stellete / ob er bey ihr bleiben / und ihr LeibGutscher seyn / oder lieber zu seinem vorigen Herrn zihen wolte. Er gab zur Antwort: Er könte zwar sein Lebelang keinen bessern Herrn bekommen / weil er aber sich mit einem frommen redlichen Mädchen in Reichards LandStad verlobet hätte / wolte er derselben gerne sein Wort halten / wann er nur zu seinem vorigen Herrn / umb daß er dessen Gutsche und Pferde ohn sein wissen mitgenommen / wieder kommen dürffte. Welche Erklärung Arbianes so wol gefiel / dz er ihm noch 1000 Kronen verehrete / und daß er Pferde und Gutschen wieder dahin bringen solte. Reichard wolte mit dem Gutscher alsbald aufbrechen / uñ davon scheiden / aber ihm ward gebohten / diese Nacht auff dem nähesten Dorffe zubleiben dahin das Fräulein ihm etliche Sachẽ / an Fr. Mechtild Kinder mit überzunehmen / zuschicken wolte. Hiebey erinnerte er sich / man möchte daheim / wegen der Fräulein gewaltsamen Entführung auff ihm einen Argwohn geworffen haben / worüber er in Lebensgefahr gerahten dürffte / welches er Wolffgang zuverstehen gab /und darauff von König Herkules an den Stathalter zu Kölln eine Vorschrifft bekam. Das Fräulein legte alle heimlich und öffentlich entwendete Geschmeide zusa en / es Jungfer Adelheit wieder zuzustellen / legte dabey 4000 Kronen vor dieselbe / 3000 Kronen / vor deren mittelste Schwester Adelwald / und gleich so viel vor die jüngste Adelgund; wie auch vor einer jeden ein schön Kleinot und drey Ringe hohes Werts /und dabey diesen Brief:

[705] Sonders liebe Freundin / Jungfer Alheid / eurer unbarmherzigen Mutter ehmahlige armselige Magd und Nähterin Armgart / sonsten vor dem / und Gott lob nunmehr wieder / gebohrnes Königliches Fräulein aus Teutschland / Frl Klara / bedancket sich nochmahls alles geleisteten guten Willen / sendet ihr alle heimlich und offentlich entwendete Geschmeide unversehret wieder / nebest 10000. Kronen / und etliche Kleinot Gnaden-Gelder / ihr und ihren beyden Schwestern nehest begrüssung /und stellet ihnen allen dreyen frey / zu ihr nach Prag zukommen / und ihrer Königlichen Hochzeit / welche sie mit dem Durchl. Großfürsten Herr Arbianes aus Meden schier zu halten entschlossen ist / beyzuwohnen / da ihnen alle Gnade und milde Königliche Woltaht wiederfahren sol. Zwar es währe mir gar ein leichtes / mich noch weiters an eurer grausamen Mutter / und ehebrecherischen Vater gebührlich zu rächen / aber aus lauter Gnade sol ihnen verziehen seyn / wiewol ich nicht ungerne gesehen hätte / daß euer Vater den Prügel wegen seines huhrischen Herzens / gleich eurer Mutter kosten mögen / damit eins dem andern nichts vorwerffen dürffte / doch weil mir der Zorn nunmehr vergangen / mag er so hinlauffen / und sich bessern. Gehabt euch wol und besucht mich kühnlich nach eurem belieben; insonderheit grüsset mir die kleine Adelgund / als welche durch ihre Gegenwart eures schlimmen Vaters unkeusches Vorhaben (welches / da ers vollendet hätte / ihm und allen den seinen den Halß würde verlustig gemacht haben) guten teils abgewendet und verhindert hat. Ich bin und verbleibe eure und eurer beyden Schwestern gute Freundin Klara / Königliches Fräulein aus Teutschland / versprochene Großfürstin in Meden.

Wir haben bißdaher die wol zuprügelte Frau Mechtild mit ihrer Angst-vollen Tochter auf ihrem Wagen im Pusche verlassen / welche nach Wolfganges Abscheid gerne alsbald wieder nach Hause gefahren währen / aber die Dräuung hielt sie zurük / und daß sie keinen Fuhrmann hatten / daher sie den Tag und die Nacht daselbst außhieltẽ / und noch ihr bestes wahr / daß sie Essen und Trinken gnug bey sich hatten. Die Nacht wehrete ihnen sehr lange / und empfand das Weib überaus grosse Schmerzen wegen der Prügelung / weil sie keine Salbe zur Linderung bey sich hatte. Daß ihre Armgart ein Fürstliches Fräulein seyn solte / wolte ihr in den Kopff nicht / wie wol die Tochter solches gerne glåubete / weil sie nur mit einer angestrichenen Farbe sich so heßlich gemacht / und vor dem Abzuge ihre wunder zarten Hände / Hals und Angesicht ihr hätte sehen lassen. Aber die Mutter sagete; Ey was Fräulein / lag sie doch fast alle Nacht bey dem Baurflegel Wolfgang / den sie selbst ihren Mann nennete. Nein herzen Mutter / antwortete sie /ich erinnere mich / daß unsere Haußmagd etlichemahl mir angezeiget hat / daß sie allemahl nur eine Schlafstelle in ihrem Bette gefunden / und also der Baur sich ohn Zweifel auf der blossen Erde hat behelfen müssen. Sie sey wer sie wolle / sagte die Mutter; hätte ich aber gewust / daß ich diese schmertzhafte Prügelung von ihr sollen gewärtig seyn / wolte ich ihr den Hals zubrochen haben. Ach liebe Mutter / sagte sie / ihr seid auch alzu hart mit ihr gewesen / dann ungeachtet sie kein Augenblik bey ihrer Arbeit seumete / suchetet ihr doch allemahl Uhrsach an sie / daß michs oft gejammert hat. Was wiltu junge Metze mich auch noch rechtfärtigen? sagte die Mutter; währe ich meiner Hände mächtig / ich wolte dir das weise Maul dergestalt zurichten / daß du es auff ein andermahl schon halten soltest. Ich sage nichts ungebührliches / sagte die Tochter / und gebe der Himmel / daß wir nicht von diesem Fürstlichen Fräulein noch eine grössere Straffe zugewarten haben. Und ach ach! was muß doch mein Vater ihr vor Ungebührligkeit angemuhtet haben / davon das kleine Kind gestern zusagen wuste? dein Vater ist ein alter verhuhreter Bube / antwortete sie / und hätte ihm wol gönnen mögen / daß er [706] davor von den Reutern rechtschaffen abgeschmieret währe. Sie brachten den Tag mit ihrem Gespräche hin / und die Nacht schlief die junge Tochter hindurch /welches der Mutter wegen ihrer Schmerzen fehlete; früh morgens aber bemühten sie sich so viel / daß sie den Wagen mit den Pferden umwendeten nach dem Wege daher sie kommen wahren / da dañ die Pferde aus hunger im vollem Lauff davon sprungen / und groß wunder wahr / daß sie dẽ Wagen nicht in Stücken lieffen; sie fehleten doch des rechten Weges nicht / und kahmen noch vor Mittages vor dem StadTohr an / gleich da ihr Fuhrmann sich auch daselbst finden ließ. Als sie zu Hause anlangeten / muste sich die Mutter von dem Wagen heben lassen / die sich erst mit ihrem Manne auffs neue überwarff / aus lauterm Eifer / daß er nicht gleichen Lohn mit ihr empfangen hatte. Sie sinneten fleissig nach / wer doch immermehr so verwägen seyn dürffen / gewaltsame Hand an sie zulegen / erfuhren / daß gleich denselben Tag Reichard mit seinen Reutern davon gezogen währe / in dessen Vaters Hause Wolffgang sein meistes Wesen gehabt hatte daher sie denselben in starken Verdacht zogen.

Als nun Reichard zu Hause anlangete / hatte er mit dem Gutscher es abgeredet / daß von seinem Unfal er im anfange nit gedenken solte / den er auch schon beredet hatte / mit ihm fortzuzihẽ. Er ließ die Laden mit der Baarschaft vor Mechtilden Hoff führen / ging kühnlich zu ihr hinein und fragete nach der grösten Jungfer / welche bald hervor trat / und er sie also anredete: ädle Jungfer / mein allergnädigstes Fräulein /das Durchl. Königliche Fräulein aus Teutschland lässet ihr durch mich ihren gnädigsten Gruß anmelden /und übersendet ihr dieses Schreiben / neben grosser Baarschaft Gnaden Gelder und andern köstlichen Sachen / welche vor dem Hofe auf meinem Wagen stehen / und von ihren Knechten können abgeladen werden. Alsbald fiel ihr ihre Armgart ein / brach den Brief / und lase ihn teils mit Freuden / teils mit Betrübniß; da inzwischen die Mutter / alles ungeachtet /Reichardẽ vor einen StrassenRäuber außrief / und ihm alles Unglük dräuete. Er wolte sich aber mit ihr nicht einlassen / sondern gab zur Antwort; Frau / habt ihr auff mich zusprechen / so tuht solches mit recht / und nicht mit Scheltworten / alsdann wil ich meine Taht handhaben / die ich keines weges leugne / wie wol ich keine Hand an euch geleget / auch nicht dabey gewesen bin / noch Anordnung darzu gemacht habe; Lasset die Sachen von meinem Wagen heben / und fahret alsdann wol und glüklich. Die Jungfer lies alles abtragen / sie aber hielt bey der StadObrigkeit um Haft an wieder Reicharden / welcher aber sich erboht Fuß zuhalten / und deßwegen 6000 Kronen zur Verpflichtung bey dem Raht nidersetzete / auch seine Vorschrift durch seinen Gutscher Südmeier / (diß wahr sein Nahme) eilend nach Kölln überschickete / da Herr Julius Lupus an den Raht schrieb / bey LebensStraffe sich an Reicharden nicht zuvergreiffen / sondern ihn vor frey und allerdinge unschuldig zuerkennen / hingegen Mechtilden samt ihrem ganzen Hause in freyer gewahrsam zuhalten / ob etwa sie möchten wegen ihres Verbrechens angeklaget werden; daß diese also noch um schön Wetter bitten muste. Reichard gab sich bald bey der Jungfer Eltern an / die er geschwächet hatte / erkennete seine Sünde / baht um Vergebung / lieferte die 1200 Kronen wegen der Fräulein und Wolfganges ein / und legte 1000 Kronen von den seinen hinzu / wodurch er beydes von den Eltern und der betrübten / nunmehr hocherfreueten Tochter / völlige Vergebung erhielt / hätte zwar das Beylager gerne biß auff seine Wiederkunft aufgeschoben / [707] aber beiderseits Eltern wolten durchaus nicht einwilligen / daß er also / wie auch Südmeyer ihre Heyraht volzogen / und darauf 56 Reuter stark außgingen / Ehre zusuchen.

Die Römischen Herren von Padua / kahmen des Tages vor dem Beylager an / und wurden nit anders als grosse freie Fürsten empfangen und geehret. Niemand wahr frölicher / als Arbianes und sein Fräulein /welche diese Tage über von Herkules und Valisken sich fleissig in der Christlichen Lehre unterrichten liessen / und nahm ihre Gesundheit zusehens zu. Die Großfůrstliche Trauung geschahe auff dem Königlichen Saal / wobey niemand als Christen (ohn allein Fürst Olaff) geduldet wurden. Dann die vornehmste Böhmische Herren / Pribisla / Krokus / und andere /hatte den Glauben begierig angenommen / wie auch der alte geträue Wenzesla / welcher wegen seiner gefliessenen Dienste in den Königlichen geheimen Raht auffgenommen ward. Die Freude der jungen Eheleute wahr sehr groß / und hatte König Henrich seinen Ekhard / neben Friederich und Luther nach Teutschland geschicket / 24000 wolgeübete Teutsche Reuter zuwerben / zu welchen Ladisla 4000 Böhmen / Baldrich 4000 Friesen / und Herkules 2000 Wenden geben wolten / und solten diese alle Fürsten Arbianes mit 20 Tonnen Goldes zur Heimsteur mitgegeben werden /weil er ohn das die Völker zuwerben befehliget wahr. Des ersten Abends / bald nach geendigter Hochzeitlicher Mahlzeit / trat ein kleiner zierlicher Knabe mit höflicher Ehrerbietung zu der Großfürstlichen Braut /und lieferte ihr einen versiegelten Brief mit diesen Worten ein: Durchleuchtigstes Fräulein; es ist eine fremde Botschaft gleich jezt ankommen / und hat dieses Schreiben / an ihre Durchl. haltend / mit sich gebracht / welchen auff Befehl ich untertähnigst übergeben sollen. Sie nam denselben mit freundlicher Bezeigung an / und umb dessen Inhalt zuvernehmen / trat sie ein wenig zurük / da inzwischen der Knabe / allen unvermerkt / sich hinweg machte / und sich nicht mehr sehen ließ. Nach Erbrechung aber fand sie darinnen wie folget:

Zu Ehren den Hochfürstlichen Hochzeitern / welche nach ausgestandenem herben Unglük / des allerlieblichsten Glückes süsseste Erndte halten und geniessen sollen.


1
Die so man in LiebesSachen
Obrist über alles stellt /
Raubet durch ihr süsses Lachen
Odem und Geist aller Welt;
Treibet aller Menschen Sinnen /
Hin / das Süsse zubeginnen /
Eh' die junge Krafft verfält.
2
Alles was die Lust empfindet /
Eilet zu der Süssigkeit /
Leistet / eh' es gar verschwindet /
Ihrer Gottheit ohne Streit
Seine Schuld mit gutem Willen /
Alle Wollust zuerfüllen /
Biß hin an die graue Zeit.
3
Einsamkeit wil niemand lieben /
Träue Liebe wählen wir;
Haben Zwene was zu üben /
Ach das sättigt die Begier /
Vielmehr als wir sagen können /
Ob mans gleich uns nicht wil gönnen /
Noch so sucht mans für und für.
4
Wol! so sol die Traur sich legen /
Jaget Angst aus eurer Brust /
Nach dem Sommer kompt der Regen /
Da du Kummers vol seyn must.
Trauren wil uns nicht behagen /
Eh wir uns auff Krücken tragen;
Mein / so suchet LiebesLust.

Nach geendeter Verlesung reichete das Fråulein solches Königin Valisken / welche den Dänischen Fürsten Olaff in Verdacht zog / er währe des Hochzeit Liebes Tichter / wie wol derselbe sich niemahls darzu gestehen wolte; daher man sich des weitern Nachforschens enthielt. König Baldrich aber / welcher mit dieser seiner Frl. Schwester in der Kindlichẽ [708] Jugend sich nicht allemahl gleiche brüderlich zuvertragen pflegete / hatte diese Zeit über so herzliche Liebe ihr zugewendet / daß ihre Eltern sich darüber höchlich verwunderten; dann er sahe daß ihre Frö igkeit ihr von Herzen ging / welche er sonst an ihr vor eine Heucheley gehalten hatte. Sein Gemahl Königin Lukrezia / welche in Tichtung lateinischer Reimen eine anmuhtige Gnade hatte / ward diesen Tag von ihm fleissig ersuchet / seiner Frl. Schwester zuehren ein Hochzeit Geticht aufzusetzen / worzu sie dann ganz willig wahr / es innerhalb weniger Zeit zu Papier brachte / und es Königin Valisken / welche sie bey der Tichtung antraff / zuverlesen geben muste; deren es dann so wol gefiel / daß sie alsbald es in folgende Teutsche Reimen ũbersetzete.


1
So muß noch dannoch Unfals Wuht /
Nicht immerzu die Frommen trillen.
Es heisst nicht stets / Gut oder Blut /
Nach frevelhaffter Räuber willen.
Die Gottesfurcht muß endlich siegen /
Dann Gottes Wort kan nimmer liegen.
2
Ein Fräulein / deren Frömmigkeit
Und hoher Tugend nichts mag gleichen /
Hat zwar vom herben Unglüks Neid
Sich scharff gnug müssen lassen streichen;
Doch ihre Tugend muste siegen /
Dann Gottes Wort kan nimmer liegen.
3
Sie ward geraubt / und schlim geliebt;
Feur / Wasser / Schmach und Hungerbissen
Hat ihren schwachen Geist betrübt /
Sie lag dem Frevelmuht zun Füssen;
Doch ihre Demuht muste siegen /
Dann Gottes Wort kan nimmer liegen.
4
Sie must' in Unschuld flüchtig seyn /
Nicht anders als des Unglüks Ballen;
Noch zwang sie sich geduldig ein /
Ließ böß- und gutes ihr gefallen.
Des must' auch ihre Tugend siegen /
Dann Gottes Wort kan nimmer liegen.
5
Diß Lämlein hatte wol die Bach
Den Raube-Wölffen nie getrübet;
Noch strebten sie ihr grimmig nach /
Gleich wie man leichte Kegel schiebet.
Doch endlich must' ihr' Unschuld siegen /
Dann Gottes Wort kan nimmer liegen.
6
So prüfet Gottes Vater Hand /
Die er vor Kinder ihm erwehlet;
Sie müssen manchen harten Stand
Aushalten / der rechtschaffen quälet /
Und müssen durch Geduld doch siegen /
Dann Gottes Wort kan nimmer liegen.
7
Du wunder-frommes Seelchen hast
Gott Lob geduldig ausgehalten /
Darumb benimt dich Gott der Last /
Und lässet lauter Gnade walten;
So hastu kräfftig müssen siegen /
Dann Gottes Wort kan nimmer liegen.

Dieses / als es kurz vor schlaffengehens der G. fũrstlichen Braut von Libussen eingehändigt ward / wie wol ohn Nennung / von wannẽ es kähme / lase das fromme Fräulein es nicht ohn Trähnen uñ echtzen durch /erholete sich doch bald / und aus begierde den Tichter zuerkeñen / redete sie Libussen so bewäglich zu / daß sie ihr alle beide ins Ohr raunete. Weil dann Königin Valiska ihr zur Seite stund / bedankete sie sich gegen dieselbe mit so demühtiger Bezeigung und Rede / daß sie derselben die innigsten LiebeTrähnen aus den Augen lockete / und sie mit solcher herzlichen Inbrunst sich küssend umbfangen hielten / daß Herkules durch freudliche Anmahnung daran ein Ende machen muste. Noch kunte das fromme Fräulein sich nicht zuruhe geben biß sie der ersten Tichterin / Königin Lukrezien sich auf gleichmässige Weise dankbahrlich erzeiget hatte. Worauff sie von ihrer Fr. Mutter und Königin Valisken nach Bette ihrem lieben Fürsten zugeführet ward / da sie sich in züchtiger ehelicher Liebe zusammen hielten / und dem allerhösten herzlich danketẽ / daß derselbe sie mit Gnaden-Augen angesehen / und nach so mannicher Gefahr ihnen den Schein seiner Väterlichen Hulde so reichlich mitgeteilet hatte.


Ende des Siebenden Buchs.

8. und Leztes Buch
[709] Achtes und Leztes Buch.

Zu Prage auff dem Schloßwahle machten die Polter Geister diese erste Nacht des Beylagers ein solches Unwesen / daß die ausgestelleten Schildwachten darauff nicht bleiben kunten / wie ungerne sie auch wichen; dann etliche / die hart Widerstand leisteten /wurden gar hinunter in den Graben gestürzet / daß sie sich durch schwimmen erretten musten; die anderen wurden mit Gewehr und Waffen abgetrieben / und sahen doch keine Hand / die solche führete. Dieses Gespenste-werk hielt über eine Stunde an / und kunte keiner von allen anwesenden Kriegsknechten einigen Laut von sich geben. Kaum hatte sich dieser Aufflauff gestillet / als Neda / dem die Ober Wachtmeisterschafft anbefohlen wahr / seinen Umgang hielt / und diese ganze Seite des Wahls von allen Kriegsleuten entblösset fand / worüber er sich eiferte / und schon harter Dräuworte sich vernehmen ließ / sahe aber eine Schildwache ganz pfützenaß den Wahl wieder herauff klimmen / und fragete mit Troz / welcher Henker ihm dahinunter geführet hätte; Die entwichene / welche sich in das Wachthauß begeben hatten / höreten seine Stimme / und gingen wieder zu ihm hin / andeutend /was sich kurz vergangen zugetragen; so rieffen etliche jenseit des Graben gegen den Wahl / man möchte ihnen das Tohr öffnen / weil sie mit grosser Gefahr hinüber geschwummen währen / und ihr Leben gerettet hätten. Neda verwunderte sich dessen nicht ein geringes / stellete sich doch gegen die Knechte / als gläubete ers nit / besetzete die Wachten auffs neue /und befahl ihnen / alsbald anzeige zutuhn / da sich dessen mehr zutragen würde; hätte es auch den Königen gerne angedeutet / aber er durffte sie nit so früh aus dem Schlaffe wecken; doch so bald der helle Tag sich sehen ließ / ging er hin zu seinem Könige auff das Schlaffgemach / und als er denselben wachend vernam / sagete er: Gnädigster König; wann ich nit ausgelachet würde / müste Ihrer Hocheit ich eine nächtliche Begebniß anmelden. Ist es lachens wert /antwortete er / so sagets nur her. Die bösen Teuffel /sagte Neda / haben diese Nacht ihr Polterwerk auff dem Osten-wahle getrieben / und alle daselbst sich befindende Kriegsknechte / teils in den Graben hinunter geworffen / teils zum Wahl Tohr hinab gejaget /daß bey meinem Umgange ich denselben ganz ledig gefunden. Der König gab zur Antwort: Ich halte / daß die Knechte der gestrigen Hochzeit mit genossen /und mehr gesoffen / als ihre Gänse Köpffe vertragen können / daher sie selbst zu Polter Geistern worden sind. Nein / gnädigster König / sagte er; ich habe scharffe Nachfrage gehalten / und befinde / daß deren keiner im geringsten nicht ist bezechet gewesen. Als es hernach der Königlichen Geselschafft angemeldet ward / urteilete Herkules daher / es würde dieses Beylager dem Teufel zuwider seyn / weil viel gutes / zu ausbreitung des Christlichen Glaubens daraus entstehen könte; Nach gehaltener Unterredung aber bahten sie Gott / er wolte dem Teufel steuren / und seine schädliche Wirkungen von ihnẽ allen in Gnadẽ abwenden. Sie hatten sich kaum zur Mahlzeit nidergesezt / und begunten die jungen Eheleute umzutreiben /ob die Braut ihre Unter- und Oberkleider auch vor dißmahl verlauffen hätte / wie jensmahl auff dem Häu; da das fromme Christliche Fräulein ihre Antwort [710] zugeben schon fertig wahr; aber Leches verhinderte sie daran / welcher vor den Tisch trat / und untertähnigst umb Verzeihung baht / daß er nicht unterlassen dürffte / ihren Hocheiten und Durchll. anzumelden /was gestalt eine fliegende Zeitung durch die Stad erschollen währe / die wenig gutes nach sich führete. Ladisla fiel ihm in die Rede / und sagete: Was vor Unglük sträuet uns dann nun der leidige Teufel zwischen unsere Christliche Fröligkeit? Ich gedachte wol / er würde uns dieselbe nicht lange ungestöret lassen; ists aber ein schlimmeres / als welches er hinte auff dem Wahle gestifftet hat? Solches mag wol ein Zeichen eines viel schädlichern gewesen seyn / antwortete er; massen über die 20 Menschen in grosser Angst zum Osten Tohre herein gelauffen sind / mit vermelden / es seyn die Pannonier mit unsäglicher Macht ins Land gefallen / und verwüsten alles vor sich her als eine überschwemmende Sündfluht / so daß sie weder Menschen noch Vieh / weder Städte noch Dörffer /weder Acker noch der fruchtbahren Bäume schonen. Ist dem also / sagte Herkules / so befürchte ich ein grosses Blutbad / und schwere Landesverwüstung; dann es wird König Mnata seinen Bato / Pines / und was er sonst finden kan / zurächen suchen. Doch dem Allerhöchsten sey herzlich Dank gesaget / daß er unser Wiederkunfft von dem Wendischen Kriege erwartet hat / dann sonst würde er alles übern hauffen geworffen haben. Das Fürstliche Frauenzimmer entsetzete sich darüber / daß ihnen alle Lust zur Speise verging / und weil das Geschrey sich in wenig Stunden hefftig vermehrete / muste Neda mit etlichẽ Teutschen / Ekharden folgen / umb / so viel Reuter und Fußvolk / als in der Eile möglich seyn würde / herüber zuschaffen / und sie reicher Beute zuvertrösten. Diese jageten eilend fort / und erreicheten jenen mit seiner Geselschafft an den Grenzen / gaben ihm den Königlichen Befehl / und kehreten wieder umb nach Prag / da sie 9000 Teutsche Reuter mit sich nahmen /auch von darab biß an Prag alle wehrhaffte junge Manschafft mit ihren Waffen auffbohten. Umb Prage her geschahe desgleichen / von Leches / Prinsla / Neklam und anderen. Herkules freuete sich seiner Teutschen / Friesen und Wenden / 34000 stark / zu welchen sich 14000 Böhmen tahten / und unter Baldrich und Siegward noch desselben Tages fortgingen /denen ernstlich eingebunden ward / nichts hauptsachliches wider den Feind vorzunehmen / noch durch ihre bekante List sich in Gefahr locken zulassen. Ich wundere mich dieses überfals nicht / sagete Herkules /sondern vielmehr / daß er sich nicht zeitiger gereget hat / weil mir stets vorgestanden / daß der Kampff wider Pines vor Padua angefangen / sich in Böhmen wũrde endigen mũssen; woran er dann gar nicht irrete; Dann weil König Mnata und seine Stände nicht allein jensmahls von den zurük kommenden Dienern vernommen hatten / was gestalt der Teutsche Großfürst Herkules nebest König Ladisla und andere mehr wider ihre Gesantẽ vor Padua gestrittẽ / uñ sie erlegt hättẽ / sondern auch wusten / dz ihre streiffende Schaaren zu unterschiedlichẽ mahlẽ von den unsern zurük geschlagen waren / wolten die Pannonier solchen Schimpff und Schaden nicht länger auf sich ersitzen noch ungerochen lassen; damit aber alles mit Raht und vorsichtigkeit angefangen würde / stellete ihr König eine Reichsversamlung an / und solches auff unablässiges getrieb seines Stathalters Dropion /des verwägenen Pines und Bato dritten Bruders / welcher ein ũberaus Mañfester und hochmühtiger Mensch wahr / und nicht geringere Gewalt im Königreiche als Mnata selbst hatte. So bald die gesamten Landstände beyeinander [711] wahren / trat derselbe auff / und hielt diese Rede: Ich weiß nicht / unüberwindlichster König / und ihr tapferen hochweisen Landstände dieses unvergleichlichen Pannonischen Reichs; ich weiß nicht / ob mirs anstehen wil / unsere jetzige Reichsnotturft vorzutragen; oder da mirs anstehen wird / ob ich in meinem vorbringen nicht etwa vor einen solchen angesehen werden möchte / welcher mehr umb sein eigenes anliegen als umb des Reichs beste redet. Zwar in meinem Gewissen bin ich versichert / daß ich nichts als gemeine Wolfahrt suche /welches einem jeden Biderman oblieget; ob ich aber auch von eurer Königl. Hocheit / und der anwesenden hochtapferen Versamlung davor gehalten werde / wird ihre allergnädigste und freundliche Erklärung entdecken. Wie hoch dieses unser Reich vor allen anderen zu schätzen sey / werden uns die Römer selbst Zeugnis geben / als denen wir die einige hinderung sind /daß ihr Reichsstab sich nicht über ganz Europa ausstrecken kan; sie sind bißher wieder uns zu felde gelegen / so lange ich ein Mann gewesen bin / aber unsers Bluts nichts umbsonst gekostet / und unserer Macht nicht grössern abbruch getahn / als wir ihnen. Wie lange wollen wir dann des tolkühnen Teutschen Jünglings / der sich Herkules nennen lässet / und seines verwägenen Gesellen des After Königes in Böhmen Hochmuht / beschimpf- und spottung dulden / und ihren Geifer / den sie uns ins Gesichte geworffen / unabgewischet lassen. Ich klage nicht eigentlich hierũber / was meinem Bruder / dem redlichen Bato /einem Königlichen Gesanten schon vor vier Jahren begegnet ist. Ich betraure eben meinen andern Bruder nicht / den ritterlichen und umb diese Kron hochverdienten Pines / daß er vor einen leibeigenen Ruderknecht sich auff der Römer Schiffen neben seinen tapferen Gesellen gebrauchen lassen muß; dann dieses /möchte jemand gedenken / währe mein eigenes Haußunglük / welches mit den Reichshändeln nicht müsse vermenget werden; wiewol ein jeder weiß / daß sie nicht als meine Brüder in ihren eigenen oder meinen verrichtungen; sondern in des ganzen Landes Geschäften als Königliche Reichs-gesanten beleidiget und geschändet sind. Meiner drey ausgerusteten Kriegs Schiffe habe ich auch schon vergessen / welche der Böhme auff dem Adriatischen Meer schändlich überfallen / uñ alle ehrliche Mannschaft / hoch und niedrig / durcheinander her / an ihre eigene Masten aufgeknüpfet hat. Nur gehet mir zu herzen / und peiniget alle meine Geister / daß der Pannonische Nahme / davor ehmahs Käyser und Könige erzittert /Länder und Völker erbebet / von den leichten Böhmen und nacketen Teutschen als ein Spot mus gehalten werden. Es ängstet mir mein Blut / daß ein Teutscher Jüngling uns ein zehnjähriges Joch an den Hals geworffen / damit uns die Römer unter ihrer Zinß-schuld halten / welches wol kein Mensch gehoffet hätte / solte auch wol unmöglich blieben seyn / wann nicht der Teutsche Zäuberer Herkules / welcher / beständiger aussage nach / einen Teufel in Pferdesgestalt reiten sol / und ihm allemahl den Sieg erhält /uns diesen Spot bereitet hätte. Was rahtet ihr nun / O ihr Väter des Vaterlandes? was rahtet ihr unserm gegenwärtigen Könige / in dieser hochwichtigen Sache? sol es ungerochen bleiben? sollen wirs noch weiter in uns fressen / wie bißher geschehen ist? so haben wir erstes tages die Bömischen Gesanten vor dem Schloßtohr / die werden uns gebotsweise ansagẽ / daß wir den Reichsschoß nach Prage einliefern sollen /welchen sie vor diesem hieher mit ehrerbietigkeit gebracht haben; und weil sie wissen / daß unsere Rentkammer rechtschaffen bespicket ist / und die Untertahnen von [712] grossen Geldmitteln sind / so werden sie nach unser Haabseligkeit zuschnappen nicht auffhören / biß sie alles hinweg haben. O der Schande! ein Königlein / ein junger Ohn-bart mus uns beschimpfen / und der Römische Käyser hat uns nichts angewinnen können. Wolte Gott / ich währe ein Weib / so wolte ich mich in einen Winkel verkriechen / und daselbst des Vaterlandes Unglük beweinen; aber mir als einem Ritter und Kriegsmanne wollen die Trähnen weder anstehen noch fliessen. Währen wir die alten Pannonier / müsten die Ohmächtigen Böhmen schon alle mit ihrem Könige unter der Peitsche / und der Pannonier Leibeigene seyn; aber nun geben wir mit stilleschweigen an den Tag / daß wir uns fürchten / und noch wol dem Himmel darzu danken / daß wir zwischen unsern vier Pfälen wohnen können / und in unserm Lande unangefochten bleiben. Wachet auff meine Brũder / wachet auff / was schlaffen wir? ein vierwöchiger Zug / sehet eine kurze Zeit / eine geringe Mühe / sol Böhmen zu grunde richten / des wil ich euch meine Güter / meine Ehr und mein Leben zu pfande setzen. Fürchtet ihr euch aber vor dem Bömischen Schwerte / und wollet ihnen lieber zusehen /wie sie euer spotten / als den Spott abwenden und rächen; wolan / so wil ich meinen allergnädigsten König und die löblichen gesamten Landstände untertähnigst und freundlich ersuchet haben / sie gönnen mir auff meine Kosten / Völker / inner- oder ausserhalb des Reichs zu werben / und daß mir frey stehe /mein håußliches Unglük / an meinen löblichẽ Brüdern erlitten / als ein redlicher Mañ zu rächen / weil mirs könte verdacht bringen / wañ ich des Reichs Anspruch auff meine selbst gewachsene Hörner nehmen /und verfechten wolte. Und wann ich auch dieses nicht erlangen kan / so mus entweder mein König mich hinrichten lassen / oder ich wil mein eigen Schwert wie der mich selbst gebrauchen / weil mir unmöglich ist /solche Schande noch långer zuverschmerzen. Diese lezten Worte endigte er mit solchem rafichten Eifer /daß ihm das Blut aus Maul und Nase sprützete. Der König kennete den Sinn dieses verwägenen Menschen / sahe auch / daß er aus dem grimmigsten Eifer geredet hatte / wolte aber seinen Willen noch nicht anzeigen / sondern begehrete / daß die Stände zuvor sich über diese beyde Fragen beständig heraus lassen solte; Ob man den von dem König in Böhmen und GroßFũrsten in Teutschland eingenommenen Schimpf solte verschmerzen / oder rächen; und wann er müste gerochen seyn / auff was Weise und Wege man alsdann die Rache solte vornehmen. Bey der ersten Frage wahren sie ũberal einig; man müste Pannonische Ehre und ansehen keines weges von so geringen Feinden schwächen lassen / sondern die Rache ernstlich vornehmen / und es dahin spielen / daß ihrem Könige und dem ganzen Reiche satsamer Abtrag / beydes von den Böhmen und Teutschen geschähe. Die andere Frage aber ward auf dreyerley Weise beantwortet. Mastyes des Königes Unter Stathalter / ein verständiger ReichserfahrnerMann sehr hohes Adels / welcher stets zum Friede geneiget wahr / seinem Könige geträu / und dem Vaterlande ergeben / muste auff Befehl / und der Ordnung nach / seine Meinung zu erst sagẽ /welcher dann diese Stimme gab: Nach dem unser allergnädigster König und die gesamten Reichs-Hof-und Kammer-Rähte dessen allerdinge einig sind / daß von unsern Beleidigern / anfangs den Böhmen und nachgehends den Teutschen / wir des angelegten mannichfaltigen Schimpfs wollen ergetzet seyn / wird darauff reiflich müssen erwogen uñ überleget werden /wie und auff was Weise man einen solchen tapferen und billichen Vorsaz [713] wolle ins Werk richten / so daß unser gutes Recht in den Schranken der Billig- und Gerechtigkeit erhalten werde / wie ich mir dann andere Gedanken zumachen / nicht Ursach habe / als daß wir alle und jede dahin sti en werden / wir wollen nichts vornehmen / als was recht / löblich / und vor der ganzen erbahren Welt verantwortlich sey / so daß man allenthalben an uns rühmen möge / wir haben unsere Macht nicht mißbrauchet / sondern vernünftig und erbar gehandelt. Nun bringet aber aller verständigen und der Gerechtigkeit ergebenen VölkerRecht es mit sich / dz der Beleidigte allemahl zu erst dem Beleidiger sein Verbrechẽ vorhalte / uñ vor angefügten Schimpf und Schaden gebührlichen Abtrag uñ Gutmachung fodern lasse / so daß / wann jener sich zur Billigkeit erbeut man den Zwiespalt und die Fehde durch friedliebende verständige Mäñer ohn Streit uñ Blutvergiessen hinzulegẽ sich bemũhet / wil aber die Güte nicht haften / dann so kündiget man ihm den Krieg billig an / und suchet durchs Schwert / was durch das Recht nicht zuerhalten ist. Und also halte ich vor billich und best / daß in dieser wichtigen Sache man den gelindesten Weg auch vor die Hand nehme / damit hernähst / wann derselbe nicht zureichen wil / man die umliegende freien Königreiche und Herschafften / von solcher Ungerechtigkeit uñ erlittenen Gewalttaht Bericht tuhn / und ihren Beistand / da man dessen benöhtiget währe / suchen uñ erlangen könne / welche in einer so gerechten Sache ihre Hülffe dem Pannonischen Reiche nit versagen werdẽ. Endlich setzete er hinzu / man hätte wol zubedenken / daß Böhmen und Teutschland in enger Verbündniß sehr mächtig währen / denen nunmehr Frießland und Wendland zu Gehorsam stünde / auch Schweden und Dänenmark ja wol das Römische Reich selbst sie nit hülf-loß lassen dürften / um welches sie neulicher Zeit sich wol verdienet gemacht / und ihnẽ zu Dienste / der Pannonier Feindschaft über sich gezogen hätten; welches alles / wañ ers bey sich erwöge / nichts anders mit sich brächte / als daß dieser Krieg ein grosses nach sich zöhe; zu geschweigen daß man von unter schiedlichen Wunder begebnissen sagen wolte / welche ihre geistlichen mehrenteils vor sehr unglüklich und dem ganzen Reich dräuend / auslegetẽ; Ist demnach meine unvorgreifliche Meinung / wiederholete er / daß man vor erst den gelindesten Weg gehe / und Abtrag in der Gũte fodere; wie wol ich bereit bin /einem heilsameren und vorträglichern Rahte gerne zuweichen / insonderheit dem Königlichen Schlusse ohn einiges Wiedersprechen mich zu unterwerffen. Als dieser geendiget hatte / wahr die Ordnung an Agiß /dem Reichs- und Hof-Marschalk / welcher ein auffrichtiger frommer Mann wahr / und ihm seines Königes Heil und gemeines LandesWolfahrt mehr als kein ander ließ angelegen seyn; aber Dropion wahr ihm überaus gehässig / trachtete ihm auch nach Ehr und Leben / weil in unterschiedlichen Sachen er sich dessen Boßheit zu des Königes Nutzen entgegen gesetzet hatte. Er wahr schon zimliches alters von 63 Jahren /uñ hatte sich beyde durch Krieges- und FriedesHändel um dz Vaterland wol verdienet gemacht. Dieser hatte sich schon in etwas erkundet / mit was Vorsaz Dropion umging / aber er durfte sichs gegen niemand merken lassen / weil dieser Wüterich durch seinen grossen Anhang viel zumächtig wahr; ging demnach auch vor dißmahl und bey dieser Sache gar behuhtsam / und stimmete bey der ersten Frage nicht allein ganz nach Dropions Willen / sondern rühmete auch dessen Heldenmuht / daß er ihm mit solchem Eyfer seines Königes und des Vaterlandes Ehre liesse angelegen seyn. Bey der anderen Frage aber fiel er dem Unter-Stathalter [714] Mastyes allerdinge zu / und zwar unter diesem Scheine / als hielte er vor gewiß /dieser würde es mit jenem schon also überleget und abgeredet haben; nur daß er hinzu setzete / das Gerücht erhöbe den jungen nunmehr schon gekröneten Teutschen König Herkules und den Böhmischen Ladisla sehr hoch / ob hätten sie so trefliche Helden-Tahten in Persen verrichtet / daß man sie daselbst vor die allertreflichsten / klügesten / er fahrnesten uñ glüklichsten Helden schätzete / und man davor hielte /es müste der Himmel den Sieg dahin lenken / wo diese Beistand leisteten; wie man sich dañ billich darüber verwunderte / daß sie den tapferen Wendischen Fürsten Krito / und sein wolgeübetes Heer mit so gar geringem Verlust nidergelegt und sich Frieß- und Wendlandes ohn Schwertschlag / und so zureden / im Augenblik bemächtiget; überdas noch den algemeinen Aufstand der Teutschen Untertahnen / ehe man sichs versehen mögen / beygelegt und auffgehoben hätten; wie solches dem Könige schon vor etlichen Tagen durch vertrauliche sichere Hand zukommen währe. Hiemit endigte er seine Rede / und untergab sich des Königes schließlichem Macht Spruche. Dem Dropion wahr dieser beider Stimme überaus zuwieder hätte auch gerne dazwischen geredet / wann er ihm nit dadurch ungleichen Verdacht zugezogen hätte / schwieg aber um so viel lieber / weil die Ordnung zuredẽ an Pyrechmes den Unter Marschalk wahr / der ihm als sein Geschöpf und Befoderter schlechter Dinge anhing / auch von ihm schon unterrichtet wahr / wie ers am liebsten sehen möchte; daher dann dieser / ohndas ein frecher ruchloser Mensch / allen Wiz zusammen suchete / wie er dieser beiden Vortrag hintertreiben könte / uñ fing also an: Großmächtigster unüberwindlichster König und ihr tapffere und geträue Väter unsers Vaterlandes; wann meine Pflicht und Schuldigkeit ich betrachte / weiß ich schon wol / daß in dieser höchstwichtigen Reichs Beredung ich mein Gutdünken aufrichtig und unverhohlen werde sagen müssen /welches doch den Verständigern weichen / und meinem aller gnädigsten Könige unterworffen seyn sol. So bin ichs nun mit dem Herrn Stathalter Mastyes /und dem Reichs- und HofMarschalk Herr Agiß / bey der ersten Frage allerdinge eins / als welche kein Biederman anders beantworten wird. Daß man aber des eingenommenen Schimpfes Abtrag noch lange in der güte fodern / und gleichsam vor der Tühr bekteln /auch den Krieg mit sonderlichem Prunk ansagen wolte / halte ich vor unnöhtig / vor schimpflich und vor schädlich. Vor unnöhtig halte ich die Friedenshandlung; dann wie wolten uns dieselben in Ruhe und Friede leben lassen / welche ohn ursach und ohn vorhergangene Beleidigung / die Königlichen und Reichs-Gesanten / in Warheit die treflichsten Säulen dieses Reichs / feindlich anfallen bestreiten und niderhauen / bloß nur / unser ganzes Reich zuschänden und in Ungemach zusetzen. Werden wir mit solchen verwägenen Ansprengern Friede zuhandeln suchen da wir beleidiget sind / und niemand beleidiget haben; ich meyne / sie werden drüber rühmen und pralen. Die Pannonier fürchten sich eines ernstlichen Angriffs werden sie sagen / drumb kommen sie ungefodert und bieten uns die Schmukhand / damit sie vor unserm Schwerke mögen sicher seyn; ey wie ein seines Näsichen werden wir als dann bekommen und unsern Könige heim bringen; Zihet hin / werden sie sagen / und seyd fein from / so sollet ihr keine Stäupe haben. Und das würde auch / muß ich bekennen / die rechte Antwort seyn. Aber gesezt / sie nehmen unsern Friedens-Vertrag etwas ehrerbietiger an; haben sie dann zu dem Ende uns in Spot und Schadẽ [715] gesezt / daß sie es wieder gut machen wollen? Haben sie uns die zehnjährige Schatzung / welche wir den Römern geben müssen / zu dem ende abgedrungen / daß an unser stat sie dieselben erlegen wollen? Ich weiß schon die glimpflichste Antwort / welche sie uns geben können: Ihr Pannonier müsset in eurem Unglük zufrieden und geduldig seyn; das Glük hats also über euch verhänget; Wir haben unsern Leib an den euren gewaget / und durch einen redlichen Kampff den Sieg erhalten; währe das Messer an unser Seite unmahl gefallẽ / hätten wir ja müssen damit zufrieden seyn. Sehet ihr meine Herren / das wird ihre höflichste Antwort uns zum Trost geben; Können wir nun damit zufrieden seyn / je was wollen wir dann noch Kosten auff die Gesandschafft wenden? Wil uns aber diese ihre Erklärung nicht behagen / warumb wollen wir sie dann mit unser Beschimpffung anhören? Unser Schwert und Feur muß der Gesante seyn / welcher unsere Sache werben kan /dann eben diesen haben sie an uns geschicket. Oder sind wir schlimmer als die kahlen Böhmen und nackete Teutschen? Lasset uns keine Friedens Gedanken tichten / da sie nicht hafften köñen / sondern solches unnütze Spiel unsern Kinderchen anbefehlen. Der Krieg / der muhtige uñ vorsichtige Krieg muß den Schimpff abwischen / und den Schaden mit grossen Zinsen wieder einbringen. Auff was weise aber ist dieser von uns an die Hand zunehmen? Sollen wir einem offenbahren muhtwilligen Feinde denselben noch eine zeitlang vorher ansagen / welcher ohn alle Absagung die unsern ũberfallen und nidergeschlagen hat? Was währe das anders / als solchen ungerechten Feind warnen / er solte sich rũsten / er solte sich nach Hülffe umtuhn / er solte Italien / Schweden / Dännemark / Frieß- und Wendland / und alle die sie wissen / wider uns auffwiegeln / und uns als eine Fluht von allenthalben herüberschwemmen weil er vor sich selbst zu schwach ist / uns Widerstand zuleisten. Ein schöner Vortel an unser Seite / da wir unser eigen Unglük erbetteln sollen. Aber wir müssen ihnen gleichwol vorher absagen / möchte jemand einwenden /damit wir unser Sachen Gerechtigkeit andern Königreichen darlegen. Ey es bedarffs nicht ihr meine Herren / es bedarfs nicht. Wir haben uns umb fremde Hülffe gegen diesen Feind nicht zubewerben / die wir viel einem mächtigern vor uns selbst gnug gewachsen sind. So würdẽ auch unsere Nachbarn ohn zweifel es uns zum Unverstande auslegen / dz wir einem Beleidiger durch Warnung den Harnisch selbst anzihen wolten. Am besten wird es seyn / daß wir ihre getahne Absagung gnug seyn lassen; dann wir wollen den Feind nicht ausfodern und angreiffen / sondern der uns durch die weltkündige Beleidigung ausgefodert /und schon angegriffen hat / entgegen treten / und seinen Frevel von uns abtreiben. Diesem nach müssen wir die auffgebohtenen Völker in aller Eile zusammen fũhren (dann der Krieg ist schon in unser vorigen Versamlung beschlossen worden) und uns unter einander äidlich verbinden / daß keiner lautkündig mache /worauff unsere Kriegsrüstung angesehen sey. Ja es müssen die Grenzen nach Böhmen zu / wol besetzet werden / nebest genaufleissiger Auffsicht / daß niemand von uns dahin reise / welcher ihnen einige Zeitung unsers Vorhabens bringen könne. Schliesse hiemit / und wiederhohle mein anfängliches erbieten. Mastyes und Agiß höreten eigentlich / daß dieser nicht allein die Sti e / sondern auch die Worte aus Dropions Maul genommen hatte / daher merketen sie / daß dieser Frevel unter so scheinbahren Ursachen durchdringen würde / weil ihnen die Freyheit benommen wahr / solche heillose Gründe [716] durch wichtige Ursachen anzugreiffen und umzustossen. So ließ über das der König schon spüren / daß ihm dieses Vorbringen nicht übel gefiele / als er den tapferen Hyppasus /seinen lieben und geträuen Raht und Feld Obersten Wachtmeister mit diesen Worten anredete: Lasset euch nun auch vernehmen / mein redlicher Hyppasus /was ihr wider unsere frevelmühtige Feinde stimmen wollet. Wir reiten schon in zween Hauffen / allergnädigster König / antwortete er / und dürffte ein redlicher Diener fast bedenken tragen / sich weiter heraus zulassen / weil er nohtwendig der einen Meinung beyfallen / und die andere verlassen muß / da er dann dessen seine Ursachen anzuzeigen / und die mißfällige zuwiderlegen gezwungen wird; dessen ich mich aber nicht zubefürchten habe / weil eine zeitlang danider zu Bette gelegen / und von den uns angefũgeten schweren Beleidigungen / darüber der Marschalk Herr Pyrechmes klaget / wenig Wissenschafft habe; nur daß vor etlichen Jahren ich verstanden / daß Herr Bato von dem jungen Fürsten Herkules nidergehauen sey / jedoch vor freyer Faust / und da der Sieger mit schweren Scheltworten ausgefodert ist; So weiß ich auch / daß unterschiedliche Pannonische Schaaren von den Teutschen und Böhmen etwas Abbruch gelitten haben / aber da sie jene angesprenget / und zu ihrem selbst eigenen Schutze sie genöhtiget / welches auch in der lezten zimlich harten Niderlage also ergangen. Der ritterliche Pines ist von Herkules überwunden und zum Leibeigenen gemacht / aber er ist ja Ausfoderer gewesen / und meldet nit allein das Käyserliche Schreiben / sondern auch der zurük geschicketen Diener Zeugniß einhellig / daß Herkules von Herr Pines fast zum Kampff genöhtiget sey / mit der Bedräuung / da er ihm zu Padua nicht fuß halten würde / wolte er ihn so lange verfolgen / biß er wol solte stehen. Von anderen Beleidigungen weiß ich nicht zusagen; trage demnach billich bedenken / mich weiter heraus zu lassen / wiewol ich nicht zweifele /man werde Ursachen gnug haben / ob sie mir gleich verborgen sind; und bitte untertähnigst / Ihre Königl. Hocheit wolle aus beyden schon vorgetragenen Meinungen die behäglichste allergnädigst erwählẽ / dem wir zweifels ohn ingesamt Beyfal geben werden. Der König besan sich auff dieses Vorbringen / und Dropion währe schier vor Eifer geborsten / mässigte sich doch über vermögen / und kunte sich nicht inne halten / den König also anzureden: Großmächtigster König; demnach der Feld Obrist-Wachtmeister sich mit seiner Unwissenheit entschuldiget / wie er dañ wegẽ Leibes schwachheit bey unser vorigen Versamlung nicht erschienen ist / halte ich davor / er könne mit weiterer Stimmung wol verschonet werden. Nicht also / antwortete Mnata; sondern gleich wie ihr alle mit einander eure endliche Meinung sagen müsset / und zum teil schon gesaget habet / also muß Hyppasus auch tuhn; jedoch also / daß / wie unserm lieben geträuen Pyrechmes es kein Mensch verübeln sol / daß er wider die beyden vorhergegangenen Sti en seine Gedanken ausgedrücket hat / also sol einem jeden in dieser Reichsversamlung nicht allein frey stehen / sein Gutdünken offenherzig anzusagen / sondern auch dessen Ursachen einzuführen. Der Stathalter Herr Dropion hat recht geurteilet / antwortete Hyppasus / daß wegen meiner Unwissenheit ich mit weiterer Stimmung könte verschonet werden; weil aber Euer Königl. Hocheit gnädigster Wille mir Befehls gnug seyn muß / und ich über das noch das ernstliche Gebot vor mir habe / wil ich ausser Zweifel setzen / daß wir nicht vielfältig solten beleidiget seyn / und stimme darauff mit dem Stathalter Herr Mastyes; [717] daß ein jedes Königreich / krafft durchgehender Gerechtigkeit / ũber das gemeine Recht aller Völker steiff zuhalten schuldig sey / ob gleich die unbedachtsamen Feinde solches nicht in obacht nehmen wolten. Zwar wir sind beleidiget / wie ich nicht zweifeln wil; aber sollen wir aus diesem Grunde nicht mit Vorbehalt unser Ehren und Ansehens versuchen / ob der Feind auff ergangene großmühtige Erinnerung in sich gehen / der Billigkeit stat geben / und den groben Fehler verbessern wolle? Ja sollen wir aus eben demselben Grunde ihm auff den fal der Wegerung nicht den Krieg ankũndigen / sondern ihn ungewarnet anfallen / so würde daraus folgen / daß nur der erste Beleidiger solche beyderley vornehmen und der Beleidigte sich deren enthalten müste / welche Meynung ohn zweifel viel Widersprachs bey den Kriegs- und Rechtsverständigen finden wũrde; Und kan uns von vernünfftigen redlichen Leuten (der unwissenden muß man nicht achten) nicht vor einen Unglimpff ausgeleget werden / daß wir dem frevelhafften Beleidiger friedlichen Abtrag anfodern / nebest dem ansdrüklichen Bedinge / daß im widrigen falle uns nicht unbewust sey / wie wir des empfangenen Schimpfes und Schadens halben Erstattung zusuchẽ wol befuget sind / und das Herz haben /uns mit dem Schwerte dessen beydes zuentschütten. Wird dañ der Feind auch solches in dẽ Wind schlagen / und sich zur Gegenwehr rüsten / so stehet uns ja besser / dz wir fechten als rauben / dz wir unser Recht gebührlich suchẽ / als diebischer weise stehlẽ; es währe dann / dz wir uns vor unsern gewaffnetẽ Feinden furchteten / uñ dieselben lieber ermordẽ als bestreiten woltẽ. Jedoch dürfen wir nit gedenkẽ / der Feind werde auf unsern unabgesagten Anfal alsbald verlohrẽ geben / das Land verlauffen / und der gegenwehr vergessen. Sie kommen erst aus dem Kriege /sind des fechtens wol gewohnet / und wegen des neuen erst erhaltenen Sieges sind sie muhtig; ja wer weiß ob sie ihr tapferes Heer nicht mehrenteils noch beyeinander haben / und nichts mehr wünschen / als daß wir durch unrechtmässiges vornehmen unsere Sache verdächtig und ihre scheinbar machen / welches ihre Völker zur herzhaftigkeit anspornen wird? Ich kan mir durchaus nicht einbilden / daß ihnen unsere starke Kriegsverfassung allerdinge solte unbewust und verborgen seyn. Diesem allen nach ist mein gutachten / man handele nach Herrn Mastyes vorschlage / wo sonst nicht des Königes Machtschluß ein anders gebeut / auf welchen fall ich meine meinung billich zu endern habe. Die Anwesende / so viel ihrer des Königes und des Vaterlandes beste sucheten / kahmen zu weit anderen Gedanken / als sie mit sich in die Versamlung gebracht hatten / und wurden sehr wankelmühtig / ob man auch in warheit von dem Teutschen und Bömischen Könige beleidiget währe; dann daß dieser seine unwissenheit vorwendete / geschahe bloß darumb / daß er Dropions ungunst und Zorn nicht wolte durch die runde wiedersprechung auff sich laden. Doch sahen die in zweifel gerahtene / das solches in obacht und beredung zu nehmen (ob man beleidiget währe oder nicht) nunmehr zu späte seyn würde. Der König selbst saß als währe er nicht bey sich selber / währe auch durch die eingeführetẽ Häuptgründe schier auff andere Meinung gebracht /wann nicht der dumkühne Pelegon / Dropions ergebener / ein Feldhäuptman über ein fliegendes Heer / mit seiner ungestümigkeit dem Fasse gar den Bodem ausgestossen hätte / in dem auff Königlichẽ Befehl er also anfing: Solte ich ein hocherhabener Pannonischer König seyn / und meinen mutwilligen Beleidiger mit sanften friedfertigen Worten ersuchen / daß er den angelegten [718] Schimpff gutmachen / und den Schaden erstatten möchte? davor wolte ich den Stand eines tapferen schlechten Ritters oder Fechters wählen / als welcher die Freiheit hat / auff denselben zuzustossen und zu hauen / der ihn angreiffet; ja ein Baur würde mehr Recht haben als unser König / weil er seinem Pfluggesellen eine Ohrfeige wieder beut / wañ er zuvor eine empfangen hat. Haben wir noch nicht Schimpfs gnug erlitten / da man sich genöhtiget hat zu unsern Gesanten / wie dieselben durch schelmische Zaubergriffe angetastet / beschimpfet und nidergelegt würden; und wir wollen den Frieden noch darzu betteln? dafern dieser Raht gelten solte / werde ich mir ein ander Land suchen müssen / in welchem ich ohn der Teutschen und Böhmen beschimpfung leben könne / dann ich sehe schon zuvor / wie statlich uns diese nichtwerte Landläuffer trillen werden / zweifele auch nicht / mañicher redlicher Mann werde mit mir eines vorhabens seyn. Ich möchte aber gerne wissen /was vor eine Erstattung wir durch Friedeshandelung von diesen unsern abgesagten Feinden begehren wollen. Sollen sie den Schimpff und Schaden mit Gelde büssen? dessen haben wir / dem Glük sey dank /schon überflüssig; oder sollen sie die Beleidiger zur Straffe heraus geben? Ey ihre Herscher sind es ja selber / die werden sich dem Büttelsschwerte nit unterwerffen / so lange sie sich wehren können. Auch müsten wir solche Handelung nicht mit ihnen / sondern mit ihren Untertahnen anstellen / welches ja nicht geschehen kan / und ist in aller Welt wol unerhöret /daß man einen Beleidiger durch friedliche Handlung zur Lebensstraffe fodert / wie ich dann aus meines gnädigsten Königes Munde bald anfangs gehöret habe / daß der angelegte Schimpf (von dem Schaden wil ich nicht reden) durch keine andere gnugtuhung /als durch der frevelmühtigen Blut bey seiner Hocheit könne ausgesöhnet werden; welchen recht Königlichen Schluß / woran Pannonischen vorzuges Ehr und Ansehen hanget / ihre Hocheit nimmermehr wiederruffen wird / und mus aus diesem unwiedertreiblichen grunde alle gütliche Handelung verstieben und von sich selbst verschwinden. Aber unser König sol durch der Völker Recht gehalten seyn / diesen ehrenschändigen Beleidigern den Krieg anzukũndigen. Ey warumb? ich habe mich in den Rechtshändeln nicht hoch verstiegen; aber dieses Völker Recht / ja dieses eingepflantzete Recht weiß ich wol / daß ich mich unabgesaget wehren sol / wann ich angefallen bin / oder ich dürfte mir des Feindes Schwert selber in das Eingeweide rennen. Auff auff meine Herren / Freunde und Brüder / auff auff / und lasset uns der ganzen erbaren Welt zeigen / daß Pannonische Tapferkeit annoch in voller blüte stehe / und die Erndte nahe sey /da sie ihre herliche Frucht einsamlen müssen; alsdann wil ich mein Häupt nicht sanfte legen / der Zäuberer Herkules und sein Schmeichler Ladisla müssen dann zuvor gebendiget / und unsere Götter durch ihr Blut versöhnet seyn. Man sahe es dem Könige an / daß ihm dieser Vortrag wol gefiel / insonderheit / als acht Rähte und Obersten nacheinander dieser Stimme beypflichteten; und ob zwar Amythaon und seines Bruders Sohn Deon den gelindern Weg als den erbarern ihnen gefallen liessen / welche beyde ihrem Könige sehr geträulich dieneten / so ging doch aller ũbrigen Stimme dahin / wie es Pyrechmes und Pelegon getrieben hatten / weil sie wusten / daß ihrem Befoderer Dropion es also gefiel / und zugleich merketen / dz der König auch nicht dawieder wahr. Hier muste nun der Oberstathalter Dropion seine meinung sagen /welcher vor erst wiederhohlete / was vor unleidlichen Schimpf das Pannonische [719] Reich von dem Böhmen und Teutschen eingenommen / welches doch alles verkehret angezogen / und unsern beyden Helden angetichtet ward / als hätten sie sich nur die Pannonier zubeschimpffen in den Streit mit Pines gemischet / wie desgleichen auch Bato ohn alle gegebene Ursach von Herkules währe beleidiget / und meuchlischer weise erlegt worden / alles dem Pannonischen Reiche zu troz; hätte überdas von vertraueter Hand / dz sie von dem Römischen Käyser grosse Gelder empfangen /Pannonien zubestreiten / solches Land mit ihm zu teilen / und alle Inwohner entweder zu tödten / oder in wüste Länder / solche zu bauen / zuversetzen; welches sie untereinander mit ihrem Blute solten verschrieben haben; ob dann nicht ein kindisches Vornehmen seyn würde / wann man mit ihnen gũtliche Handlung wolte pflegen / welche nicht allein dahinaus schlagen würde / daß man Spot zu lohn bekähme /sondern man hätte sich zuversichern / daß der Böhme ein gutes Stũk des Pannonischen Reichs / zur erweiterung seiner Herschaft fodern würde / welches anzuhören ganz unleidlich währe. Hielte demnach unnöhtig und allerdinge ũberflüssig / daß man einem Landkündigen Freveler / welcher die begangene beleidigung weder leugnen könte / noch zubereuen willens währe /dẽ Krieg lange vorher solte ankündigẽ; dañ hiedurch würde man den Feinden anlaß geben / ihre Grenzen aufs stärkeste zubesetzen welche ohndas zimlich verwahret währen / und dürfte man auff diese weise gnug zu tuhn bekommen / ehe man sich der Grenz-Festun gen würde bemächtigen können / wo nicht wol gar die Feinde den Krieg auf dem Pannonischen Bodem zu führen sich bemühen dürften. Doch stellete ers endlich ihrer Königlichen Hocheit alles anheim / ob man den Frieden erbetteln / oder durch tapfere Faust Böhmen erstreiten solte / da er dann dessen Machtspruche sich willigst hiemit wolte unterworffen haben. Woldann in Glückes Nahmen / sagte der König; so sey hiemit der Krieg wieder unser abgesagte Feinde die Böhmen und Teutschen beschlossen / also und dergestalt / daß wir keines weiteren absagens nöhtig haben / vielweniger eine gütliche Handlung vornehmen wollen / die uns nichts als Schimpf und verachtung bey den Feinden zuzihen würde. Sollen demnach die Völker in möglichster Stille / und inwendig drey Wochen beyeinander seyn / auffdas unsere unbefugete Beleidiger schleunig und mit schmerzen empfinden mögen /was es vor nutzen bringe / wann man die unũberwindliche Pannonische Macht zu Zorn und Eifer reitzet. Euch aber Herr Stathalter Dropion / sol hiemit und Kraft dieses das höchste algemeine Feldmarschalks Amt auffgetragen und anbefohlen seyn / unser lieber geträuer Agiß aber euch / als der näheste nach euch /zugegeben werden / mit welchem ihr alles bereden /und in Raht stellen sollet; wird euch beyden also volko ene Gewalt Kraft dieses / erteilet / diesen Krieg anzufangen / zu führen / und zu endigen / wie euch und den hohen Kriegshäuptern solches am vorträgligsten dünken wird; jedoch daß / wann der Feind Handelung und Abtrag anbieten würde / uns solches zugeschrieben / und unser Befehl darüber eingehohlet werde. Hierauff verpflichtete sich Dropion / den Bömischen König lebendig oder Tod zu liefern / wann sein gnädigster König ihn zur belohnung mit dem Bömischen Reiche belehnen wolte; welcher unverschämten Anfoderung nicht allein der König und seine Geträuen / sondern der gröste teil seines eigenen anhanges erschraken / daß wenig fehlete / der König hätte ihn deswegen scharf angegriffen / doch mässigte er sich / und gab ihm zur Antwort; er solte alle gebührliche Träue und möglichen Fleiß anwenden / [720] auch hinwiederumb aller Königlichen Gnade von ihm gewärtig seyn. Dropion hatte ihm die Hofnung gemacht /nicht allein die ungemässene Macht und Freiheit über das ganze Heer vor sich allein zuerhalten / sondern auch dieses seines anmuhtens gewehret zu seyn; als er aber in beyden fehlete / verdroß ihn solches nicht wenig / setzete doch das lezte aus / und bemühete sich den Agiß von seiner Seite zu schaffen / als welchen nunmehr das Alter anfinge zuberücken / und oft gute heilsame Anschläge zerflössen / wann die Häupter noch erst lange darüber zweieten. Aber der König /welcher von seinen gefährlichẽ Anschlägen schon etwas nachricht hatte / gab zur Antwort; er hätte nicht weniger seinen Raht und Marschalk Agiß / als ihn Dropion darzu erwählet / daß sie gesamter Hand an seine stat alles richten uñ fortsetzen solten / wie solches dem Pannonischen Reich am vorträglichsten und heilsamsten währe / dessen auffnahme durch diesen Krieg gesuchet würde. Zwar Agiß stund auff / und baht inständig / Königliche Hocheit möchte allergnädigst ihre Meinung endern / und ihn dieser Last entheben; aber er blieb beständig auff seinem vortrage / nur daß er endlich einwilligte / es möchten Mastyes und er das Loß drumb werffen / wer unter solchem Amte mitgehen / oder im Reiche als Stathalter verbleiben solte. Welches Dropion vernehmend / darzwischen redete / es hätte die Meinung nicht / als ob er Herrn Agiß unlieber als einen andern neben sich dulden könte / sondern weil dem Könige gefiele / ihm ein Neben Häupt zuzuordnen / währe er mit dem Marschalk wol zu frieden / uñ hoffete in guter einigkeit mit demselben zu leben / und des Vaterlandes beste zu schaffen. Dieses aber brachte er aus ertichtetem Gemüht vor / dann er wahr Agiß von herzen feind /aber weil er vor Mastyes sich noch am meisten fürchtete / wolte er aus zweien vermeineten Ubeln das geringste wählen. Nach dem diese Versamlung von einander gelassen wahr / gingen Mastyes / Agiß / Hyppasus und Amythaon in geheim zu dem Könige / und stelleten ihm vor zubetrachten / mit was hohen Ge danken Dropion umginge / und nicht hätte verbergen können / dz er bloß zu seinem besten diesen Krieg triebe / damit er eine Krone anff sein Häupt bekähme / welches ausser zweifel nirgend anders hin gespielet währe / als daß er der Pannonischen auch bald teilhaftig werden möchte; währe demnach sehr nöhtig / daß man ihm nach äusserster Mögligkeit die Karte versteckete / also und dergestalt / daß ihm etliche des Königes Geträue zu hohen KriegsRähten und Befehlichshabern zugegeben wũrden / und hinwiederumb /Verdacht zumeiden / dem Agiß etliche verdächtige; also würde allenthalben vielem Unheil vorgebauet werden können. Dieses ward angenommen / und musten Hyppasus und Amythaon dem Dropion zutreten; bey Agiß aber / welcher sonst lauter Geträue umb sich hatte / Pyrechmes und Pelegon verbleiben / welches abermahl Dropion sehr zuwider wahr / und sich dessen doch nicht durffte merken lassen / nahm ihm auch vor / im Anfange behuhtsam zugehen / und mit der Zeit allen Verdacht abzulehnen. Er wahr sehr geschäfftig / das Heer in aller stille zusamlen / welches mitten im Reich geschahe / da 180000 wolgeübete und bewehrete Pannonier zusammen gebracht wurden / als 93000 zu Pferde / und 87000 zu fusse / und in bestimmeter Zeit zum Auffbruch fertig lagen. Dropion bekam 55000 zu Pferde / und 50000 zu Fusse; Agiß 38000 Reuter / und 37000 Fußknechte; welche aber umb besserer Einigkeit willen offt durcheinander versetzet / sich lagern und fortzihen musten. Agiß taht dem Dropion als dem Ober Häupt grosse Ehre an /und willigte in alle seine Vorschläge / [721] weil sie von diesem listigen anfangs also angelegt wurden / daß man sie dem Vaterlande vor ersprießlich halten muste; So wahren auch Hyppasus und Amythaon gnugsam unterrichtet / wessen sie sich / Verdacht abzulehnen / bezeigen solten / und nur darauff fleissig merken / was vor welche dem Dropion vor andern anhingen / und nicht unterlassen / die gemeinen Knechte und Unter-Befehlichshaber in des Königs Gewogenheit zuerhalten. Dieses grosses Heer / da es noch eine halbe kleine Tagereise von den Böhmischen Grenzen war / ward in sechs Reũterhauffen und so viel Fuß Heere verteilet / und einem jeden Befehl gegeben / an was Ort und Enden sie einfallen solten / welches auff eine gewisse Stunde des folgenden Tages geschehẽ muste; wie sie auch als eine stränge Fluht / ehemans inne ward / loß brachen / und die GrenzFestungen zuüberrumpeln meyneten / welches ihnen doch mißriet /dann Ladisla hatte sie aus Vorsorge bald bey seiner ersten Wiederkunfft mit starker Besatzung versehen /uñ gute Befehlichshaber hinein gelegt; / doch musten sie endlich gewonnen geben / dann der Feind stürmete Tag und Nacht unauffhörlich / biß er sie erhielt / und alles / so wol Inwohner als Besatzung nidermatzete /wiewol er über 20000 Mann davor sitzen ließ / welche zwar alsbald wieder ergänzet wurden / muhtmasseten aber daher / daß ihres Bluts in diesem Kriege viel drauff gehen würde. Eines taht ihnen grossen Schadẽ / daß sie nicht alsbald fortzogen / sondern nach eroberten Festungen den Völkern dreytägige Ruhe gaben / alles zuverschwenden / was in diesen Städten gefunden ward; dañ hiedurch gewunnen die unsern Lufft / daß sie sich gefasset machen kunten.

Baldrich und Siegward / wie zuvor gemeldet / gingen ihnen mit 48000 wolgewapneten Reutern entgegen / da ihnen eine ungläubliche menge der Inwohner mit ihren Weibern und Kindern aufsties / dann sie lieffen alle davon / und liessen Vieh / Korn und alles im Stiche / nur daß sie ihre Baarschafften und das Leben retten möchten / wie wol etliche ihrer Pferde /Ochsen / uñ Kühe nicht vergassen / auf welchen ihrer viel noch die besten Sachen fortschleppeten. Baldrich ließ alle erwachsene Mannesbilder anhalten / und sendete deren in zween Tagen 15000 nach Prag / daß sie mit Gewehr und Waffen solten versehen werden. Ladisla hatte zu diesen noch 16000 / von denen allen wurdẽ die helfte beritten gemacht; und unter Leches nach Baldrichs Heer fort geschicket. Der Feind drang schleunig zum Lande hinein / und die unsern gingen ihnen nicht langsamer entgegen / da sie des Elendes zeitig gewahr wurden / weil sie des Nachtes von ferne viel Dörffer und Flecken sahen in hellem Feur stehen /und daher zu rahte wurden / ihnen in guter Behutsamkeit zu nähern / damit solchem Land-Verderben gesteuret würde. Siegward ging mit 6000 wolberittenen voraus ümb zu vernehmen / ob man dem Feinde nicht einen einfall thun / und ihn etwas stutzen machen könte / traf viel flüchtige Bauren an / und erfuhr von ihnen / es lägen drey Meile von hinnen in einem grossen Dorffe 9000 Reuter / frässen / söffen / und trieben mit den geraubeten Weibern allen schändlichen Muhtwillen. Er befahl sich Gott / nam etliche Wegweiser zu sich / und kam zwo Stunde vor Abends daselbst an / besetzete das Dorff auswendig mit 1000 Mann / und fiel mit der übrigen ganzen Macht zu Fusse hinein / funden den mehren Teil schlaffen / die übrigen sauffen und schwärmen / und hielten ein solches Gemätsche unter ihnẽ / daß ganze Bächlein Blut aus den Häusern flossen / weil sie in einem oft 400 antraffen. Alles was Feind wahr / ward ohn Unterscheid nidergemacht / ohn 50 [722] Häupt- und Unter Häuptleute wurden gefangen / und etwa 14 gemeine Knechte verstecketen sich im Stroh / und erretteten ihr Leben. Alle Pferde bekahmen sie / welche mit statlicher Beute beladen wahren / erlöseten auch 6000 gefangene starke Männer / welche nach Pannonien in Dienstbarkeit solten geführet worden seyn. Es wahr eine grosse Freude unter ihnen / daß sie keinen einzigen Mann eingebüsset / und etwa 30 Verwundete unter sich hattẽ / bewehreten die Erlöseten mit der Feinde Rüstung / nahmen das übrige Gewehr mit sich / legeten selbst Feur in das Korn und Stroh dessen eine grosse Menge verhanden wahr / damit es dem Feinde nicht zu Teil würde / und zogen frölich davon / da sie mit einem Freuden-Geschrey empfangen wurden / dann es wahr heller Mondenschein / daß sie die ganze Nacht reiten kunten. Die Gefangene wurden scharf befraget / und mit der Folter gezwakt / weil sie anfangs gar wiederwärtiger Aussage sich vernehmen liessen / biß sie endlich einhellig anzeigeten / wie stark sie an Manschaft / auch wie sie gesoñen währen / nit zuruhen / biß ganz Böhmen würde eingeäschert und verwüstet / oder doch unter des Pannonischen Königes völligem Gehorsam seyn; welches Baldrich so hoch empfand / daß er sie alle 50 als kundbahre Mordbrenner an Bäume aufhenken ließ. So bald die wenige überbliebene diese leidige Zeitung ihrer Niderlage überbrachten / wolte das Heer / welches sich nunmehr zusammen geschlagen hatte / des Tages kaum erwarten / brachen im Gri e auf / und wolten dieses Häuflein mit Gewalt tod haben; wie dañ Baldrich ihm gar zeitig diese Rechnung machete / bewehrete noch 6000 der flüchtigen Einwohner / und ging mit der ganzen Macht 60000 stark ihnen entgegen /da er einen sehr vortelhaften engen Durchzug zuerhalten / und daselbst festen Fuß zusetzen treflich eilete /welches ihm glückete / und alsbald ein raumes Lager abstechen / umgraben und aufwerffen ließ. Leches kam um Mitternacht mit 16000 Reutern zu ihm / und brachte Zeitung das Prinsla mit 20000 Fußknechten nicht weit währe / welche auch (weil sie auff Bauren Pferden schnelle fortjageten) gegen den Morgen sich einstelleten / und alle miteinander diesen Tag das Lager dergestalt verschanzeten / daß sie nicht zweifelten / etliche hundert tausend Feinde darinnen wol auffzuhalten. Herkules stund in steter Furcht / seines Bruders gewöhnliche Hitze zu fechten möchte dem ganzen Wesen schådlich seyn / wolte daher auff die ankommende Teutschen Völker nicht warten / sondern ging mit 400 Reutern schnelle nach dem Lager /und fand alles in gutem Wolstande / wie ers wünschete / nur daß er die Graben / von forne nach dem Feind zu / etwas breiter und tiefer machen ließ / daß der auffgeworffene Wahl an diesem Ort wie ein zimlicher hoher und geher Berg anzusehen wahr. Dropion bekam dessen bald Zeitung / daß die unsern auf dieser enge Stand gefasset hätten / uñ willens währen seiner alda zuwarten / hielt eilig Kriegs-Raht / und befand /daß Hyppasus Meinung der Warheit ähnlich wahr /die unsern würden hieselbst suchen / sich aufzuhalten / und zugleich ihrem weiteren Einbruch zusteuren /biß sie mit gnugsahmer Manschaft aus Teutschland sich würden versehen haben / eine Feld-Schlacht zuwagen / wie wol er solches in den Wind schlug / nebest hohen Flüchen / wann sie gleich drey Mann gegen einen herzufũhren würdẽ / wolte er sie doch mit seiner wolgeübetẽ Mannschafft niderschlagen; macheten endlich den Schluß / die auffgeworffene Schanze zu stürmen / und hiedurch den Weg überal zu öffnen; zu welchem Ende sie 18000 Reuter zum Vortrabe ausschicketen / alle mögliche Kundschafft einzuziehen / und alles was ihnen [723] von Menschen auffstossen würde / ohn Barmhertzigkeit niderzumachen; würde sich aber ein bewaffneter Hauffe sehen lassen / solten sie ihn anfangs sicher machen / und durch einen Hinterhalt berücken. Herkules hielt gleicher massen vor dienlich / daß etliche tausend Reuter außgeschicket würden / umb zuerforschen ob der Feind herzunahete; welche zuführen Baldrich so heftig anhielt / daß mans ihm nicht versagen kunte / daher gab ihm sein Bruder 2000 Teutschen / 1000 Wenden / 1000 Friesen / und 2000 Böhmen / alle wolversuchte Leute / mit geträuer Vermahnung / aufs behuhtsamste zugehen / und ohn Vortel den Streit nicht zuwagen; und weil Siegward ihn nicht verlassen wolte / ritten sie miteinander / da Olaf Freyheit baht / in Geselschaft mit zugehen. Nach ihrem Abzuge sagte Herkules zu Fabius; ich fürchte sehr / mein Bruder werde eine Schlappe hohlen / wo die Feinde ihn antreffen / baht ihn demnach / nebest Leches mit 8000 Mann zu seinem Entsatze fort zueilen / und ihrem Huefschlage zufolgen; wodurch auch aller dreyen Fürsten Leben gerettet ward. Dann Baldrich wahr etwa drittehalb Meile fortgangen / da erblickete er ohngefehr 5000 Reuter von Feindes Volk / die sich / wie sie die unsern sahen / enge zusammen zogen / aufdaß sie desto kühner zum Anfal gemacht würden; welcher Anschlag ihnen vorerst geriet; massen der ohndas zuschlagen begierige junge König die seinen geschwinde ordente / mit der Helfte auf den Feind loßging / und die andere Helfte Siegwarden und Olaf zum Entsatze ließ. Der Feind wolte ihm anfangs nicht Fuß halten / zog sich immer zurük / und lockete ihn nach sich / woraus Siegward den Betrug merkete /und durch einen Reuter ihm sagen lies / er möchte sich nicht zu weit vertuhn / des Feindes weichen / so ohn Noht geschähe / kähme ihm viel zuverdächtig vor. Er aber lies sich nichts anfechten / meinete es müste gewaget seyn / und boht den Feinden das Häupt mit starken Spornstreichen gerade zu / welche dagegen nur bemühet wahren / ihm an die Seite zukommen; welches er doch zuhindern wol gelehret wahr / greif auch freudig an / und erlegete in kurzer frist 5 Ritter mit seiner Faust. Die Pannonier wähneten vor erst / es wũrden nicht sonderliche Obristen bey diesem Vortrabe seyn / daher sie des Anfalls nicht groß achteten / aber da sie der Streiche empfunden /gingen sie gezwungen zurük / welches sie ohn das vorsetzlich zutuhn willens wahren. Baldrich hieb ihm frisch nach / würde auch diesen Hauffen bald auff die Flucht getrieben haben / wann der versteckete feindliche Entsaz 13000 stark nicht gewesen währe / welche die ihren zwar Noht leiden sahen / und doch nicht loßbrechen wolten / weil Baldrich ihnen noch nicht nahe gnug wahr / daß sie ihn hätten ümringen können; gleichwol liessen sie 3000 geruhete auf ihn ansetzen / welche ihn auch stutzen macheten / daß er von den vorigen ablassen / und gegen diese sich kehren muste / wodurch er einen gedoppelten Feind bekam. Siegward sahe solches / und sagete zu Olaf; dieses Aufzuges bin ich mir schon anfangs vermuhten gewesen; nam 800 Reuter zu sich / befahl dem Dänen die übrigen / und dz er nicht ehe / biß es hohe Noht seyn würde / damit loßgehen möchte. Er kam zu rechter Zeit an / und entsetzete Baldrichen / weil die Feinde ihn sonst hätten umringen dürffen / ermahnete ihn auch / hinter sich zuweichen / aufdaß / wann mehr Feinde verhanden währen / sie nit ins Gedränge getrieben würden; welches er auch / so viel möglich in acht nam / insonderheit / weil er sahe / daß der Feind noch i erhin sich zurük zohe / ungeachtet er an Manschaft weit überlegen wahr. Durch sein weichen nun gerieten die Pannonier auf den Wahn / ihr Anschlag wũrde entdecket seyn / deßwegen sie den añoch verstecketen zu entbohten / sie möchten [724] nur loßbrechen /weil der Feind nit weiter anbeissen wolte; doch verweilete sich ihr Anzug zimlich lange / daß die unsern sich gar biß auf Olaf gezogen hatten / welcher den Nachfolgern der gestalt auf den Hauben saß / daß die unser seits Verwundete Zeit hatten / sich verbinden zulassen / und die Ermüdeten sich in etwas erhohlen kunten. Es gebrauchete sich aber dieser Held dermassen / daß Baldrich zu Siegwarden sagete; er hätte solche Tapferkeit und vernünftige Stärke nimmermehr hinter ihm gesuchet / massen er mit 2000 Mañ sich gegen 5000 (dann 3000 wahren schon von den Feinden erleget) dergestalt verhielt / dz es die Feinde selbst wunder nam. Er wahr nicht lange an einem Orte / sondern da er die seinen frisch angeführet hatte /machte er sich unvermerkt loß / und fiel an einem andern Orte mit etlichen an / da sichs der Feind am wenigsten vermuhten wahr / daß in kurzer Zeit er 2000 von den Feinden erschlug / und die übrigen nicht mehr begehreten anzubeissen / als welche meyneten /er solte ihrem ausweichen immer nachsetzen; welcher Hoffnung auch die übrigen wahren / und deswegen ihren Auffbruch noch in etwas verweileten; nachdem er aber dessen nicht willens wahr / ließ der Pannonische Entsaz 10000 stark sich mit fliegendẽ ReuterFähnlein sehen; da Siegward zu Baldrich sagete: Schaue Bruder / wie würdest du dich und uns gestürzet haben / wann du meiner Erinnerung nicht gefolget währest; nun rahte bald; gehen wir durch / oder halten wir Stand? Olaf zog sich geschwinde mit ihnen zusammen / und sagete: Ihr Brüder / hier wil gefochten oder gestorben seyn; ich meines teils befinde mich Gott Lob also / daß ich ein Stündichen mit machen /und ein halb Dutzet auff die Spitze nehmen wil; solte mich aber Feindes Schwert nidermachen / so bezeuge ich hiemit / daß ich als ein gläubiger Christ zusterben bereit bin / ob ich gleich biß daher diese meine Bekehrung vor jederman heimlich gehalten habe. Der allmächtige Gott wird unser Schuz seyn / antwortete Baldrich / welchen wir mit unsern Seuffzern mitten im Gefecht darumb ersuchen wollen; ermahnete hierauff die Reuter / sie solten bedenken / was vor einẽ Feind sie vor sich hätten / der keines Menschen / auch des Kindes in der Wiegen nicht schonete / daher sie keine Gnade oder Lebensfristung hoffen dürfften / wann sie lebendig sich fahen liessen; Er neben seinen Gesellen wolten bey ihnen fuß halten; und verflucht sey / rief er überlaut / der sich den Feinden lebendig ergiebt. Sie hatten überal etwa 300 Mann eingebüsset / und 360 wahren verwundet / daß der Gesunden Anzahl sich auff 5340 Mann erstreckete / da hingegen der Feinde noch 12000 gesunde waren / welche mit grossem Geschrey und starken Spornstreichen auff sie angingen. Die unsern fasseten eine kurze Erklärung / setzeten sich gar breit / daß sie nicht leicht kunten umgeben werden / weil es im offenen Felde wahr; da Baldrich zur Rechten / Siegward in der Mitte / und Olaf zur Linken die Völker führeten / auch so unverzagt an den Feind ansetzeten / daß sie der Kühnheit sich nit gnug verwundern kunten. Die Pannonier bissen anfangs weidlich ins Graß / dann sie verliessen sich nicht allein auff ihre Menge / sondern meineten auch /die unsern würden sich im ersten Treffen schon abgemattet haben; weil sie aber der treflichen Gegenwehr empfunden / gingẽ sie behuhtsamer / und fielen die unsern Schaarsweise an / unter der Bemühung / daß ein jeder / wann er angegriffen ward / seinen Feind mit in den Tod zunehmen suchete / welches unsere Fũrsten merkend / eine gevierde Schlachtordnung in zimlicher Ausbreitung schlossen / und dadurch diesen Vorsaz des Feindes brachen. Baldrich ging hieselbst am heftigsten / [725] daher fast die Helffte des feindlichen Heers sich gegen ihn richtete / dem aber Lufft zu machen / Siegward allen Fleiß ankehrete. Olaff meynete den Feind mehr mit List als kraft zubegegnen / auff daß er sich in die Harre sparen könte; aber sie liessen ihm keine Ruhe / daß er wider seinen Willen alle Kräffte anwenden muste. Die drey Helden wurden durch ihr Gefechte den Feinden in kurzer Zeit bekant /und vereinigten sich drey Schaaren / jede von 400 Mann / sie zuüberfallen und hinzurichten / unter der Hoffnung / es würden alsdann die übrigen bald zutrennen seyn. Sie hingegen versahen sich auch mit einem Schutze / und wolten sich von ihren Völkern nicht abreissen lassen / welches dann ein greuliches Blutstürzen verursachete; aber endlich ward Baldrich / da er kaum 150 Mann bey sich hatte / von 400 umgeben; durch welche er sich fũnff mahl hindurch schlug / daß Freund uñ Feind ihn rühmen musten; aber seine Manschafft ging mehrenteils drauff / daß er sich ohn zweifel hätte niedermachen lassen / oder ergeben müssen wann nicht Olaff seiner Gefahr währe inne worden / welcher dem Dänen Harald an seinem Orte die Auffsicht befahl / und mit 200 Mann ihm zu hülffe ging / es auch so weit brachte / daß er sich mit ihm vereinigte / und diesen Streit auffs neue fortsetzete / da die Feinde ihre Schaar immerzu stärketen. Siegward hatte inzwischen an allen Seiten zutuhn /missete sie beyde / und machte 500 Reuter aus / die sich durchschlagen / und wo sie auch seyn würden /ihnen hülfliche Hand bieten solten; aber es wahr ihnen unmöglich durchzubrechen / daher sie beyde einen überaus hefftigen Stand zuhalten gezwungen wurden / weil sie 250 Mann stark / sich gegen 1600 wehren musten / und an unterschiedlichen Orten ihres Leibes zimliche tieffe Wunden empfingen. Ihre damahlige Rettung wahr / daß die Feinde anfingen sich gegen Siegward schläffrig zubezeigen / und er daher Lufft bekam / mit 600 Köpffen sich loßzumachen; ging hin / wo er wuste / daß seine liebe Gesellen Noht litten; und wie hefftig eine andere Schaar von 800 Reutern sich ihm gleich wiedersetzete / brach er doch endlich durch / und befand / daß sie fast alles Beystandes beraubet wahren; rief ihnen doch freudig zu /und sagte: Haltet euch frisch / ihr Brüder / wir müssen vor unserm Ende ihrer noch mehr ohn Köpffe tanzen machen. Sein Anfal wahr hieselbst so hefftig /daß ihm niemand wiederstehen kunte; vernam aber mit Betrübniß / daß Baldrichs Gegenwehr wegen der empfangenen Wunden zimlich schlecht wahr / deßwegen er ihn mit 150 Mann aus dem Gedränge führen ließ. Der Feinde Heerführer / ein starker ansehnlicher Ritter / nam sein mit 300 Pferden wahr / und umgab ihn von neuen / geriet endlich an ihn selbst / und hielten ein absonderliches Gefechte mit einander / da Baldrich wegen seiner Wunden ohnzweifel hätte müssen den kürzern zihen wann nicht Olaff mit 100 Reutern zum andern mal ihn entsetzet hätte / der sich an den Pannonischen Feld Herrn machete / und nach wenig Streichen ihm den rechten Schenkel sehr hart verwundete / daß er vor Schmerzen vom Pferde stürzete / und in dem Getümmel vollend zutreten ward; hatte doch zuvor Baldrichen eine harte Wunde in die Schulder beygebracht / daß er sein Schwert nicht mehr gebrauchen kunte. Es ging das Spiel über und über / dann Freund und Feind hatten sich durcheinander vermischet / wiewol Olaf den steiffesten Stand halten muste / weil er Baldrichen beschirmete. Siegward befand sich auch zwar im Gedränge / aber er brach durch / zog 600 Mann an sich / und ging Olaff zu Hülffe. Es wahren kaum noch 2500 unbeschädigte von den unsern / da hingen der Feind [726] noch mit 8000 stritte / und den Sieg schon auszuschreyen anfing /weil die unsern nur immer hinter sich wichen / und wann sie den Feind ohn Ordnung merketen / einen Anfal wageten / damit sie nicht gar auf die Flucht getrieben würdẽ. Aber Siegward ward des Staubes hinter sich gewahr / und sprach den seinen ein Herzein; Sie solten gar ein wenig nur noch stehen / er hätte den gewũnscheten Entsaz schon gespüret; welcher auch nicht lange verweilete; dann Fabius hatte des Treffens von ferne wahr genommen / ging mit 3000 voran /und ließ Leches mit den übrigen nach der rechten Seite zugehen. Die Feinde sahen seine geringe Manschafft / vor welcher sie sich zwar entsetzeten / aber doch nicht weichen woltẽ / wiewol er durch seine Ankunfft ein solches Loch machete / daß Baldrich und Olaff / die wegen Mattigkeit und Verwundung fast keinen Schwertschlag tuhn kunten / Luft bekahmen /sich aus dem Gedränge zubegeben / und Baldrich seine Wunden im freien Felde verbinden ließ / auch Olaff / sich zuerhohlen / den Helm absetzen muste. Fabius fochte wie ein grimmiger Löue / und als er Siegwarden verwundet antraff / sagte er zu ihm: Bruder nim nur Ruhe / und laß dich verbinden / du wirst gar bald ein köstlich spiel sehen; welchen Trost er annam / hin zu Baldrich rante / und ihm anzeigete /daß Fabius diesen Einsaz führete / und ein grösser Hauffe bald zugegen seyn würde; sahen auch in dem Leches mit den seinen von der seite hersprengen / der sich in zwo Schaaren teilete; die eine muste immer forthauen / dz sie dem Feinde den Rükweg abschnitten; die andere welche er selbst führete / stürmete auff den Feind grimmig ein daher in kurzer Zeit die Pannonier auff die Weichseite gebracht wurdẽ / dz sie endlich zur gemeinen Flucht sich schicketen / da sie den hintersten in die Hände fielen / und ohn Gegenwehr wie das Vieh abgeschlachtet wurden / so daß auch nicht ein einziger entran / und nur 300 gefangen wurden / welche Nachricht gaben / ihr Hauptheer läge kaum zwo Meilen von hinnen / und würde vor Abends noch alhier anlangen; daher die unsern geschwinde Beute macheten / insonderheit Pferde und Gewehr (welches ihnen am nöhtigsten wahr) zu sich nahmen / ihre Todten auff Pferde luden / und als völlige Uberwinder frölich zurük gingen / wiewol sie 4700 Mann verlohren hatten und von Baldrichs erstem Heer nicht ein einziger ohn Wunden wahr; dagegen hatte Fabius kaum 50 eingebüsset / und 200 beschädigte unter seinem Entsaz / wunderte sich auch nicht wenig / daß diese drey Fũrsten mit so wenig Völkern den Feind nicht allein auffgehalten / sondern fast überwunden hatten / dann was die Pannonier vor Kriegsleute wahren / wahr ihm nicht unbewust. Noch fürchtete Baldrich sich nicht wenig vor seinem Bruder Herkules / und sagte: Wie werde ichs gegen ihn verantworten / daß ich seiner Warnung nicht gefolget bin / und mich so unvorsichtig ins Spiel gewaget? Sie wurden mit ihrer grossen Beute wol empfangen / wiewol Herkules seinem Bruder etwas scharff zuredete; Er selte hinfort nicht den Eifer über die Vernunfft herschen lassen / weil solches die gefährlichste Bahn zum Tode währe. Er erkennete sein Verbrechen willig / und daß er seine Wunden wol verdienet hätte / die er mit Geduld ertragen wolte / nur währe ihm leid / daß Siegward und Olaff (dem er die Ehre des Sieges / und Erhaltung seines Lebens öffentlich zulegete) darüber in Schaden gerahten / und seine Tohrheit mit büssen mũsten. Sie musten alle drey wider ihren Willen sich in Sänfften nach Prag tragen lassen / woselbst Neda bey ihrer Ankunfft mit 40000 anlangete / die nur wenig Stunden ruheten / und mit Ladisla / König Henrich [727] und Arbianes fortgingen / da die junge Fürstin Fr. Klara ihren Schaz sehr ungerne von sich ließ /er ihr auch fast äidlich angeloben muste / daß er sich in keine unnöhtige Gefahr wagen wolte. Die Römische Herren blieben zu Prag bey dem Frauenzimmer /woselbst Königin Valiska dẽ Oberplaz bey der Besatzung versahe / uñ fleissige Anordnung machete / dz das Lager mit Speise und Futter gebührlich versehẽ würde / ließ auch Ekharten zum andern mahl ohn der ihrigen wissen nach Teutschland gehẽ / in ihrem Namẽ 30000 Reuter zuwerben / uñ jedem 25 Kronẽ auf die Hand zugeben / welcher behuef sie ihm 8 Toñen Goldes zustellete. Das Pannonische Häuptheer hatte mit ihrem vortrabe verlassen / daß sie alle Stunden einen Reuter zu rũk solten gehen / und alle begebenheit zeitig gnug andeuten lassen; wie sie auch / so bald Baldrich den ersten Angriff taht / hinüber entbohten / sie hättẽ ohngefehr 6000 wolbewapnete Reuter in der Falle / deren keiner zurük gehen / noch den ihren die Zeitung ihres Unfals bringen solte; dessen Feldmarschalk Dropion froh ward / dann er hatte einen hohen äid geleistet / nicht zu ruhen / biß er den Tod der im Dorffe erschlagenen etlicher massen gerochen hätte. Nun harrete er eine / zwo drey Stunden auff weitern bescheid / und als keiner mehr folgete /sagte er: Dieses gehet nimmermehr recht zu; vielleicht haben die unsern ein Nez gestellet / und sich selbst darinnen verstricket; brach mit der ganzen Menge Reuter / die annoch in 66000 Köpfen bestund /schleunig auff / nachdem er zuvor einen vornehmen Obristen zurük in Pannonien gesand hatte / bey dem Könige zu suchen / daß er noch 120000 Reuter aufs geschwindeste samlen / und zum Entsaz nachschicken / oder selbst führen möchte / weil der Feind ihrer ankunft zu zeitig inne worden / und eine grosse Mañschaft aus Teutschland (welches er doch nur muhtmassete) zusa en geführet hätte / woraus er schliessen müste / daß der heimliche Reichsschluß von seinen mißgünstigen / ihn in Schande zu bringen / den Feinden verrahten währe. Weil er auch der Reuterey am meisten trauete / ließ er von seinen Fußvölkern 20000 beritten machen / wozu sie geraubete Pferde gnug hatten. Als er gegen den Abend auff der Wahlstat ankam / und den erbärmlichen Zustand sahe / daß alle seine Völker nidergehauen / und kein einiger Todter von den Feinden zu findẽ wahr / wuste er nicht / was er gedenken solte; seine Leute ritten die Erschlagenen durch und durch / die alle nacket ausgezogen wahren / und traffen nur einen einzigen an / der sich ein wenig wieder entworffen hatte / und den ganzen Verlauff erzählete / daß anfangs nur 6000 sich mit ihrem ganzen Heer zwo Stunden geschlagen / und keinen Fuß gewichen / weil ihre drey Führer wie Löuen angefallen / biß ihnen anfangs etwa 3000 zulezt schier gedoppelt so viel zu hülffe kommen / und ohn alle Gnade alles niedergehauen / Plunderung gehalten / die Pferde zusammen getrieben / und ihre erschlagene / etwa 4000 Mann mit sich fortgeschleppet hätten. Die hochmuhtigen Pannonier gedachten des Schimpfs und Schadens zu bersten / verschwuren sich untereinander / es ungerochen nicht zu lassen / und liessen sich hieselbst nieder / damit sie mit den hinterbliebenen morgens früh fortgehen könten / begruben die Erschlagenen / und durften ihnen noch wolfluchen / daß sie von so wenigen Feinden sich hätten lassen niderhauen. Agiß sahe wol was vor eine menge Pannonisches Bluts diese Fehde fressen wũrde / und gab den Raht / man möchte ein wenig gemach tuhn / und mehrer hülffe aus ihrem Reich erwarten / welche einen andern Weg einzufallen müsten ausgeschikt werden / damit der Feinde Macht getrennet würde /die vermuhtlich einen festen Stand etwa [728] an einer vortelhaften Enge würden gefasset haben. Aber Dropion wolte davon durchaus nicht hören / einwendend / man müste sich ja ins Blut und Herzschämen / wann man das vergossene Blut ungerochen liesse; daß demnach der Aufbruch sehr früh vorgenommen ward. Herkules gedachte wol / daß sie nicht lange ausse bleiben wũrdẽ / ließ die ganze Nacht das Lager von hintenzu und an beyden seiten noch fester verschanzen / übergab Fabius das Fußvolk / welches er auff 40000 Mann ergänzete / und wahr Gallus dabey Statverweser neben den Dänen Humbold. Die Reuterey bestund in gleicher Menge / welche Herkules und Leches teileten / und ob zwar noch 10000 Reuter übrig wahren /so hatte doch Herkules dieselben auff die dreissig kleine Schaaren verteilet / daß sie hin und wieder reiten mustẽ / umb nachzuforschen / ob die Feinde auch etwa an andern Orten mehr einbrechen würden. Die verlohrne Schildwache brachte gar zeitig ein / des Feindes Vortrab ohngefehr 8000 stark liesse sich eine halbe Meile von hinnen sehen / denen Leches mit gleicher Anzahl entgegen ging / mit dem ausdrüklichen Verboht / sich in kein Häuptwerk einzulassen /sondern nur etlichen Gefangenen nachzutrachten / und von ihnen nöhtige Kundschaft einzuzihen; welches er aufs fleissigste verrichtete; dañ so bald die Feinde ihn erblicketẽ / welche einen gleichmässigen Befehl hatten / zohen sie sich zurük / ob sie Leches locken / und etliche seines Volks erhaschen könten / weil sie durchaus keine gewißheit hatten / wie schwach oder stark / oder an was Ort die unsern sich / offen oder beschanzt / geleget hätten. Hingegen erteilete Leches den seinen / welche lauter Böhmen wahren / ernstlichen Befehl / dafern sich einer lebendig würde greiffen lassen / solte er vor unredlich ausgeruffen / und seine Güter preiß gemacht werden; lobete sonst vor jedwedern Feindes Gefangenen 50 Kronen aus / und ließ 100 wolberittene vorangehen / einen behutsamen Anfal zu wagen / wo ihnẽ sonst keine stärkere Schaar begegnen würde. Der Feind sendete ihnen 200 entgegen / daher Leches die seinen auch verstärkete. Nun trieben sich diese Häuflein rechtschaffen im Felde umb / aber keiner wolte sich bloß geben / oder ernstlich angreiffen / welches Leches ersehend / selbsechse auff den Führer anfiel / ihn vom Pferde warff / und gefangen hinweg schleppen ließ. Seine Leute wageten es ihm nach / und ob ihrer gleich 30 das Leben drüber einbüsseten / erschlugen sie doch dagegen 50 Mañ und bekahmen 16 Gefangene / da hingegen keiner von den unsern dem Feinde zu teile ward / ohn ein einziger Verwundeter / dem das Pferd im umbkehren nidergehauen ward / gleich da sie den Abzug nahmen /und er also sich muste mit fortschleppen lassen / hätte sich auch gerne selbst entleibet / wann er seiner nur währe mächtig gewesen. Leches ging mit den seinen nachdem Lager / weil er nach erhaltenem Vorsatze nicht weiter fechten wolte; so durftẽ ihm die Feinde auch nicht kühnlich nachsetzen / welche doch als überwinder den Plaz einnahmen / und den unsern schimpflich nachrieffen / ob sie blanke Schwerter nicht könten schimmern sehen / daß sie als verzagete Hasen davon strichen; ward ihnen aber geantwortet; ja sie sähen dieselben noch wol / aber ihre gestrige Gesellen könten sie nicht sehen / währen auch zu faul / auffzustehen / und davonzulauffen; welcher Spot ihnen durch Leib und Leben drang / daß sie hinter ihnen aufs neue angingen / und Leches sich gezwungen schwänken muste; aber der Streit wahr bald auff gehoben; dann die unsern gingen behutsam / und zogen sich unter dem Gefechte immer zurük / daß wenig Blut vergossen / und kein Gefangener mehr erhaschet ward / weil der Feind nit kühnlich nachsetzen durfte. Der Gefangene Böhme / [729] nahmens Grozemißla / wahr ein überaus verschmizter Schalk / und nahm ihm gänzlich vor / seinem Könige und Vaterlande mit seinen Lügen zu dienen / weil er mit der Faust nicht kunte / deswegen / da er vor die Obersten des Heers gestellet wahr / nam er sich zugleich eines frölichen herzens und sehr schwachen Leibes an / und auff ihre grimmige Befragung antwortete er also: O ihr grossen Götter / die ihr euch des ädlen Volks der Pannonier billich annehmet; vor erst sage ich euch dank / daß ihr dannoch endlich die Gemühter dieser meiner angebohrnen Landsleute erwecket / den grossen und erschreklichen Ubermuht der Böhmen und Teutschen niderzulegen / und den Schimpf an den ihrigen verübet / zu rächen. Ihr werdet schon aus meiner Sprache vernehmen (dann er redete gut und fertig Pannonisch) daß ich kein gebohrner Böhme bin / ob ich gleich vom achten Jahr meines alters her / in diesem verfluchten Lande leben mũssen / da mein lieber Vater /nunmehr vor 16 Jahren (habe ich sonst recht behalten) mit mir zugleich von etlichen Bömischen Räubern gefangen / und zum Leibeigenen gemacht ward / welchen Schimpf / weil ihn sein ädles Pannonisches Herz nit erdulden kunte / er mit einem willigen Tode abwendete / da er drey Jahrlang das Elend gebauet / und mich nach mögligkeit fleissig erzogen hatte. Meine Dienstbarkeit nach seinem Tode / wahr so gar herbe nicht / weil ich bey meines Herrn Frauẽ in guten Gnaden lebete / auch ihm selbst vor vier Jahren das Leben rettete / wovor er mich mit der Freyheit begabet hat /daß ich gar an seine stat Reuterdienste leisten mus /habe auch auff seinen Befehl mich mit seines verstorbenen Bruders Tochter verheyrahtet / welches allein (mus bekennen) mich von der Flucht abgehalten hat /weil ich sie durchaus nicht bewägen köñen / mit mir fortzugehen / sonsten wũrde ich mich vorlängst schon in meinem Vaterlande wieder angefunden haben. Dann wie viel gutes mir gleich in Böhmen geschihet /so stinket mir doch ihr Hochmuht zu / massen mein Pannonisches Blut gerne oben schwimmen wolte /welches / den Göttern sey dank / schier geschehen wird / da ich leben sol; und wie mat ich gleich bin /haben doch die ädlen Pannonier mir recht getahn /daß sie meine Adern mit ihrem Schwerte gelüftet /aufdas / wañ etwas Bömisches sich dahinein gesetzet hätte / es auff ihrem Grund und Bodem vergossen werden / und daselbst bleiben möchte. O ihr unvergleichlichen Helden / sparet euch nicht länger / den empfangenen Schimpf zu rächen; lasset dorthin zur seiten nur etliche Reuter gehen / da werden sie 50 ädle Pannonische Helden / welche im bewusten Dorffe sind gefangen worden / an Bäumen auffgeknüpfet finden. O was vor Spot uñ Hohn musten sie erleiden /ehe und bevor ihnen diese Gnade des Strickes angeleget ward. Die Hundebuben traten sie mit Fũssen /striechen ihnen allerhand abscheuhlichen Unflat ins Maul / prügelten und striechen sie mit Ruhten / als kleine Knaben / umb die Lenden / und rieffen ihnen zu (welches doch alles errichtet wahr) ob sie es mehr tuhn wolten / und dem Bömischen Könige noch weiter unabgesaget ins Land fallen. Mein Herz wil mir im Leibe zerspringen / wañ ich daran gedenke / was vor schändung wieder das hochädle Volk die Pañonier / ausgestossen ward; da die jeztgedachten Kriegshelden solten gehenket werden / und sich überaus tapfer und unverzaget zum Tode finden liessen / ihren Henkern zugleich verweißlich vorhaltend / daß sie wieder Kriegsbrauch mit ihnen handelten / welches hart und schwer würde gerochen werden / da dräuete man ihnen / die Zunge auszuschneiden / und muste der erste so gehenket ward / Mnata / der ander / Dropion / der dritte [730] Mastyes / der vierde Agiß / der fünfte Pyrechmes heissen / und so fort an / wie viel ihnen der hohen Pañonischen Häupter bekant wahren. Aber auff euer begehretes / ihr grossen Helden / zukommen / so haben die verlauffene Bauren hin und wieder ein grosses Geschrey gemacht / als ob euer Heer wol 100000 Mann stark währe / welches man ihnen doch nicht gläuben kan / und ich / dem Himmel sey dank / ein übriges befinde. Der junge Bömische König / und etliche seiner Anverwanden sind nicht von schlechter Verwägenheit / aber den Krieg dieser Landesart verstehen sie nicht; so hat eure Weltkündige grosse Macht ihnen solche Furcht und Schrecken eingejaget /daß sie sich ihres Lebens erwogen / massen sie wol sehen / wie es ihnen endlich ergehen werde; jedoch umb einen Versuch zutuhn haben sie bey die 50000 Bauren zusammen geraffet / wobey sich etwa vier oder fünff und zwanzig tausend Teutsche / Friesische / und Wendische zimlich geübete Kriegsleute befinden; der vorgedachten aber kaum der fũnffte Teil auff Kriegerisch bewehret ist / und der zehnde mit Waffen nicht umzugehen weiß / weil alle Trill- und übunge viel Jahr lang stille gelegẽ sind: Wollen nun meine Herren eine Anzahl Affter Reuter sehen / wie dieselben mit Mistgabeln / Schweine Spiessen / Häuvorken und dergleichen musterischem Baurgerähtlein auffgezogen kommen / ob wolten sie auf die Wolffes Jagt reiten (dann an Pferden mangelts ihnen nicht / wiewol die meisten ungesattelt sind) mögen sie etwa eine gute Meile förder zihẽ. Das gestrige Glük hat sie etwas muhtig gemacht / aber ihre drey Führer (kan nicht eigentlich erfahren / ob ihr König / wie ich gänzlich davor halte / mit darunter gewesen sey) sind gleich wol dergestalt geputzet / daß sie des Bettes wol eine geraume Zeit werden hüten müssen. Die Völker liegen in ihrem Lager ganz sicher; dann sie haben so viel Erde umb sich hergeworffen / daß sie meinen /wer zu ihnen kommen wolle / müsse zuvor Flügel erborgen. Meine Schwacheit lässet mich nicht mehr reden; lieber erbarmet euch eures unglüklichen geträuen Landsmannes / gebet ihm Pflaster auff seine Wunden / und erwartet hernach / wz vor Dienste er euch zuleisten kündig sey. Hierauf ließer etliche Trähnen fallen / und sagete: O mein allerliebstes und einiges Söhnlein / hätte ich dich nur bey mir / deine Mutter /die Böhmische Sau / möchte daheime immerhin grunzen; aber bleibestu mir / O mein allerliebster Mnata (diesen meines angebohrnen Königes Nahmen habe ich ihm aus sonderlicher Anmuhtigkeit gegeben) bleibestu mir zurük / so wil und begehre ich nicht eine Stunde zuleben. Schwieg hiemit stille / und stellete sich gnug ohmächtig an. Die Pannonier höreten ihm dergestalt ins Maul / als währe er ihnen von Gott als ein Engel vom Himmel zugeschicket / liessen ihn fleissig verbinden / und zeigeten Dropion alles an /welcher mit Pyrechmes selbst zu ihm ging / und zu ihm sagete: Guter Geselle / wie gehets in eurem Lager zu? Dieser gab zur Antwort: Großmächtiger und Unüberwindlicher Herr Ober Stathalter; als es pfleget zugehen / da Bauren und Adelleute eine Geselschafft machen; und kan wol bezeugen / daß der hohe und teure Nahme / Dropion / von ihrer vielen als ein Donner angehöret wird. Dieser ließ ihm solche hohe Ehren-benennung sehr wol gefallen / und sagte: Du hast deinem Glük wol zudanken / daß du auff solche weise gerettet bist; gab ihm etliche hundert Kronen /und stellete ihm frey / wieder nach Böhmen zureiten /sein Söhnlein abzuhohlen / und inzwischen der Böhmen Macht und Anschläge sich zuerkunden / insonderheit / ob sie auch nach Teutschland umb Hülffe geschicket hätten. Allergnädigster [731] Herr / antwortete er /ich wil willig sterben / oder das jezt empfangene Geschenk dergestalt ersetzen / daß durch ganz Pannonien ich dessen hoffe Ehr und Ruhm zuerlangen; dann Eure Hocheit versichere ich / daß ehe dann vier Tage zum Ende lauffen / das feindliche Lager in vollen Flammen stehen sol. Sonsten hoffen sie auff neue Teutsche Hülffe / aber sie fürchten selbst / daß sie zuspät ankommen dürffte / und weiß ich wol so viel /daß des Landes Inwohner ein schlechtes Vertrauen zu ihrem alten und jungen Könige tragen / weil sie die alten Land Götter verleugnet / und einen fremden Gott sollen angenommen haben. Ich wil aber / wo es euch sonsten also gefället / mich / als währe ich entflohen /bey ihnen wieder einstellen / und wie ihr michs heissen werdet / ihnen Bericht geben; dann ich weiß / daß sie mir mehr / als allen euren Leuten / welche sie gefangen hinweg geführet / trauen werden; heut aber über zween Tage so erwartet meiner / alsdañ wil ich euch ein unfehlbares Zeichẽ meiner Träue / so ich meinem Könige und dem lieben Vaterlande schuldig bin / sehen lassen; und werdet ihr Helden inzwischen nicht unterlassen / die Feinde in ihrem vergrabenen Lager zubegrüssen. Dieses erbieten gefiel den Häuptleuten so wol / daß sie zusammen schossen / und ihm einen mit Golde beladenen Maul Esel schenketen /davor er Mordbrenner zubestellen / und dz Lager anzünden zulassen / sich äidlich verband; nahm damit Abscheid / und kam vier Stunden nach Leches in ihrem Lager an. Als seine Mitgesellen ihn von ferne mit einem wolgeputzeten Pferde und beladenen Maul Esel sahen daher stechen / sagte einer zu dem andern; Sehet da komt der abgefeimte Schalk her / gilt wo er sich nicht mit seiner Pannonischen Sprache frey loßgelogen hat; lieffen ihm bey 10 und 20 entgegen / und wolten wissen / wie es ihm bey den Feinden ergangen währe. Ihr Narren / sagte er / kuntet ihr euch nicht zugleich mit mir lassen gefangen nehmen? man wolte euch ja nichts zuleide tuhn / sondern Gnaden-Gelder austeilen; und weil ich allein ausgehalten / ihr aber alle mit einander ausgerissen seyd / haben sie mir es allein gegeben / dz ich also nicht schuldig bin / euch das geringste mitzuteilen / als was mein guter Wille ist / worüber ihr die Rappuse halten sollet; warf etliche Hände vol Goldes unter sie / und ritte nach dem Lager zu / da er sich bey Leches meldete / und seine Taht erzählete. Derselbe führete ihn alsbald hin zu Herkules / dem er alle seine gehaltene Reden von Wort zu Wort wiederhohlen muste / und er nicht allein des Possens sich wol zulachete / sondern ihn auch öffentlich rühmete / und ihm von seinem Könige den Adelstand und ein Ritter-Gut verhieß / ungeachtet er nur seines Handwerks ein Seiler-Geselle wahr; vermahnete alle anwesende / von diesem geträuen Untertähnen ein Beyspiel zunehmen / und auff alle mögliche weise dem Vaterlande zudienen; ließ auch endlich auff sein stränges anhalten geschehen / daß er seine mitgebrachten Gelder ausboht / da einer und an der Lust hätte / sich freiwillig zuwagen / und zuversuchen / ob sie des Feindes Lager anzünden könten / solte ein jeder 200 Kronen davor von ihm zuheben haben. Worauf sich neun der Pannonischen Sprache erfahrne Wagehälse / alle Handwerks Gesellen angabẽ / solches ins Werk zurichten / und er selbst den zehnden Mann zugeben willens wahr; welches ihm Herkules doch nicht zulassen wolte / einwendend / man kennete sein Gesicht / und dürffte er den ganzen Handel verderben. Leches muste anordnen / daß die ausgeschickete Schildwachten sich mit Lumpen behängen / und alte rostige Knebelspiesse zu Pferde führẽ musten. Das Hauptlager ward mit dem Fußvolke auffs beste besetzet / unter welchen eine [732] gute Anzahl wolgeübete Teutsche wahren / aber die Reuterey stellete er auswendig zu beyden Seiten hinter die Hügel und das Gehölze / daß sie von den Feinden nicht kunten gesehen werden / und nam ihm gänzlich vor / in dreyen Tagen nicht zuschlagen / weil die Gefangene einhellig bekenneten / daß in ihrem ganzen Heer kein undũchtiger oder ungeübeter Mann währe / und ihnen schon begunte an Speise abzugehen / wozu dieses kam / daß er Ladisla mit mehren Völkern vermuhten wahr. Das Pannonische Heer / da sie die erhenketẽ Häuptleute antraffen / wolten an ihres Gefangenen Aussage und Träue weiter nicht zweifeln / und weil die angeknüpffete alle hohes Adels wahren / und der vornehmsten Obristen nahe Anverwanten / liessen sie sich verlauten / sie wolten den Böhmischen König mit seinem ganzen Adel gleich also erhöhen. Mit diesem Troz gingen sie fort / nicht als zur Schlacht / sondern / ob solten sie gebundene arme Sünder / wie die ScharffRichter / ohn Gegenwehr niderhauen. Weil es aber zu späte wahr / einen Sturm oder Schlacht zuwagen / lagerten sie sich eine halbe Meile von den unsern ins offene Feld zwischen ihre Wagenburg / und liessen ihr gerichtetes Lager hinter sich mit 6000 Mann besetzet. Herkules bekam Zeitung von ihrer nahen Anwesenheit / wolte sich aber nicht an ihnen reiben /dann seine Ausspeher befunden / daß sie sehr gute Wache hielten. Obgedachte neun Handwerks Gesellen hatten sich in drey gleiche Geselschafften getheilet /und wolte eine von der andern nichts wissen / lieffen auff unterschiedlichen Wegen nach des Feindes hinterstem Lager / und gaben sich nach einander an / sie währen Pannonische Handwerkspursche / hätten teils in Böhmen / teils in Teutsch- und Wendland gearbeitet / und nicht ohn grosse Gefahr ihr Leben gerettet /weil man sie wegen ihrer Landsleute ermorden wollen; begehreten Dienste / und liessen sich von dem Obristen der Besatzung einschreiben / wiewol alle mit falschẽ Nahmen; welcher ihnen Gewehr austeilen ließ / und ihnen frey stellete / ob sie lieber vor oder nach Mitternacht wachen wolten. Diese ihrem Anschlage nach / teileten sich durch alle Nacht-Stunden / damit es ihnen ja nicht fehlen solte; Ein jeder hatte sein Feurzeug und Zunder bey sich / und wahren bereit /entweder ihrem Versprechen nachzukommen / oder vor das Vaterland zusterben; doch gingen sie behutsam / legeten sich hinter etliche Strohhütten / als wolten sie ruhen / und stecketen den Zunder behende hinein / daß niemand des gewahr ward / dann die Hütten wahren mehrenteils ledig / insonderheit mitten im Lager / da sie das Feur eingeleget hatten / daß in kurzer Zeit eine grosse Brunst auffging / ehe ein Mensch herzu lauffen und das Feur löschen kunte; Und als die Flammen hin und wieder das Stroh erreicheten / stund das Lager in vollem Feur / ehe man sichs versahe /daß die Kriegsleute mit samt dem Troß hinaus zulauffen gezwungen wurden / uñ die Uhrheber unvermerket und in guter Sicherheit davon strichen. Beyde Kriegsheere kunten den Brand eigenlich sehen / und freueten sich die unsern des glüklichen Fortganges nit wenig /die Feinde aber gerieten in grosse Furcht / meineten anfangs / es würden die Böhmen das ledige Lager angefallen und gestũrmet haben / daher sie sich in Ordnung stelleten / ob sie etwa würden angegriffen werden / wie dann Leches gerne eine Schanze gewaget hätte / aber wegen hartes verbohts sich nicht regen durfte. Der Feind ward des Unfalles sehr bestürtzet /dañ alle ihre Zelten / die sie mit sich geführet / samt aller Speise und anderem Voraht wahren samt den mehrenteil Wagen aufgebrennet / daß nichts mehr zufressen vor das Heer übrig [733] wahr; freueten sich aber noch / daß das Volk auf zween Tage Brod hatte zu sich nehmen müssen / und hoffeten des folgenden Tages von den unsern schon zu bekommen / was ihnen nunmehr mangelte. Von 50000 geraubeten- und Wagen-Pferden verdurben 10000 im Feur / die übrigen nebest 9000 stük Rind Vieh lieffen zum Lande hinein / und wurden von den Einwohnern aufgefangen. Als die Morgenröhte anbrach / funden sich die neun Neugeworbene nicht / und meinete man anfangs / sie würden im Schlaffe vom Feur ergriffen / und verbrennet seyn / aber weil kein einziger davon erschiene / muhtmasseten sie / eben diese müsten diese Taht begangen haben / wodurch sie immer heftiger zum Zorn bewäget wurdẽ / daß sie einmühtig aufbrachen / und gerade zu auf der unsern Lager zogen. Unsere ausgesetzete Schildwachten wurden ihrer zeitig iñen / flohen davon / und liessen die Lumpen samt dem bäurischen Gewehr / als aus Furcht / dahinten / welches die Feinde mit grossem Gelächter besahen / uñ sich wolrechtschaffen darüber zukitzelten / gerieten auch hiedurch in solche Sicherheit / dz sie sageten; es müste der Pañonische Adel sich billich eines solchen elenden Feindes schähmen / welcher ohn Zweifel / wann er ihre Rüstung nur sehen solte / alsbald davon lauffen würde / und aus diesem eingebildeten Wahn den Schluß macheten / straks Angesichts das Lager anzugreiffen / und mit stürmender Hand hinweg zunehmen; jedoch stelleten sie ihre Feldschlacht gar ansehnlich / die unsern destomehr dadurch zuschrecken. Herkules hielt auf einem Hügel / betrachtete des Feindes Macht gar eigen / und sahe wol / daß bey öffentlicher Feldschlacht es an beiden Seiten viel Blut kosten würde / und seine Völker ihnen wegen Unerfahrenheit und geringer Anzahl nicht gewachsen währen; ließ auch Fabius andeuten / er möchte sich gefasset halten / und die besten Völker vorne anstellen / den ersten Anlauff abzuschlagen. Seine Reuter aber ließ er zwischen den Bäumen und hinter den Hügeln stille halten / daß der Feind ihrer nicht gewahr würde / sendete auch keinen einzigen Reuter dem Feinde entgegen /welches sie ihm zur sonderlichen Furcht außlegeten /und einen Abgesanten biß aus Lager reiten liessen /welcher ihnẽ dieses in Böhmischer Sprache vortragen muste: Es erinnerte sich der Großmächtigste König in Pannonien / Herr Mnata / und sein unvergleichlicher Adel / was gestalt vor etlichen Jahren ihrer ansehnlichẽ Gesanten einer / Herr Bato der Großtähtige /einen unablöschlichen Schimpf zu Prag einnehmen müssen / welchen zurächen man zwar bald anfangs vorgenommen / aber weil ihr König durch der Götter Rache umkommen / und sein Sohn sich in Winkeln verstecket / hätte der Pannonische König sich an einer Elenden / vielleicht unschuldigen Wittiben nik rächen / sondern biß zu gelegener Zeit versparen wollen; inzwischen hätte man in gläubwirdige Erfahrung bracht / daß der junge Böhmische König mit unter den Kämpfern zu Padua gewesen / die ihre Gesanten schelmischer Weise und durch Zauberkünste erleget /welches ungestraffet nicht bleiben müste; worzu noch dieses kähme / daß man ihre Völker bey dem Abzuge von Padua feindlich angefallen / und unabgesaget bestritten. Währe demnach gegenwärtiges unüberwindliches Krieges-Heer des Großmächtigsten Pannonischen Königes zugegen / die Volstreckung der gebührlichen Rache vor die Hand zunehmen / und zugleich mit abzulegen / was ihre unbillicher weise erhenkete von ihnen foderten; jedoch trüge der Pannonische Feldherr Mitleiden mit den unschuldigen Untertahnen; wolte demnach vernehmen / ob dieselben ihr bestes erkennen / Lebens-Gnade annehmen / und ihren König [734] samt allen seinen Anverwanten und gesamten Adel zur wolverdieneten Straffe heraus geben wolten / als dann solte das Königreich mit gänzlicher Verwüstung verschonet / und ihnen ein solcher tapferer König vorgestellet werden / der sich ihrer besser als der jetzige eine zeitlang verlauffene annehmen würde. Im wiedrigen solte keine lebendige Seele im ganzen Königreiche übergelassen werden / wornach sie sich zuachten / und ihre Meinung schleunig anzudeuten hätten. So bald Herkules des Heerholds Ankunft vernam / machte er sich von hinten zu in das Lager / und nach gemachter Anordnung / ließ er ein Geschrey anrichten / als ob einige Meuterey darinnenunter dem Volke währe / da etliche schreyen musten / es währe besser / wenige gestorben / als das ganze Land verdorben; endlich traten etliche auf die Brustwehr und zeigeten dem Pannonier demühtig an / ihr König uñ dessen näheste Anverwanten währen nicht zugegen / sondern wegen ihrer empfangenen grossen Wunden nach der Häupt Stad gezogen / sich heilen zulassen; der Adel währe auch in geringer Anzahl bey ihnen / daher des grossen Pannonischen Königes begehren nicht könte volstrecket werden / ob sie gleich gerne wolten. Damit zog dieser wol gemuht ab / hinterbrachte Dropion die Antwort / und empfing aufs neue dieses zuwerben: Ob ihr König und dessen Angehörigen nicht zugegen währen / könte nicht schaden / man würde sie zu Prag schon finden und in den Tohren aufhenken; sie aber solten alsbald das Gewehr niderlegen / den Anwesenden Adel herausgeben / dem Pannonischen Könige Träue und Gehorsam schwören / und dessen milde Gnade gewärtig seyn; bekam aber zur Antwort; sie könten des Schlusses nicht so bald einig werden / würde auch biß morgen früh / zwo Stunden nach der Sonnen Aufgang wol anstand haben köñen / alsdañ wolten sie sich gebührlich zuerklärẽ wissen. Womit dañ die Pañonier vordismahl zufrieden wahrẽ / der gänzlichen Hofnung / es solte alles nach ihrem Wunsch ergehen. Nur Amythaon trat auf /und zeigete an er hielte der Böhmẽ Antwort sehr verdächtig / möchten wol diese Nacht eines starken Entsatzes vertröstet seyn / wie man nit sagen könte / dann im Kriege gingen die Sachen wunderlich; hielte demnach vor rahtsam / daß man die berittenste Reuter zurük gehen / uñ bestellen liesse / daß ihnen Brod und andere Nohtwendigkeiten auß Pannonien zugeführet würden; dann im falle es mit des Lagers Ubergabe triegen solte / müste das Heer sich teilen / Speise zu suchen / oder des Hungers verschmachten. Der hochmuhtige Dropion lachete ihn aus / aber die andern hohe Kriegs Beamten / hielten diesen Vorschlag vor das sicherste / deswegen ers auch endlich geschehen ließ / aber zu dem ersten Rahtgeber sagete; wolan Herr Amythaon / wir wollen euch zugefallen unserm Lande diese Beschwerung anmuhten / aber wann wir andere morgen in Feindes Lager speisen / sollet ihr am untersten Tische allein sitzen. Nun hatten sie vor der Auffoderung des Lagers nach der rechten Seiten 5000 / und nach der linken 3000 Reuter ins Land geschicket / Speise von den nähesten Dörffern einzuhohlen / und alles Vieh heran zutreiben. Aber Herkules schickete der erstgemeldeten Schaar 4000 Teutschen uñ 7000 Böhmen nach / welche sie mit Verlust 400 Mann / alle niderschlugen / daß kein einziger entran. An seinem Orte machete Leches es nicht anders /und büssete nur 100 Reuter ein; wie wol ohn gefehr 20 ledige Pferde mit Blute sehr besprenget und teils verwundet / zurük lieffen / daher obgedachter Amythaon nichts gutes muhtmassete / und den Vorschlag taht / daß etliche Pannonier / der Böhmischen Sprache kündig / in Bauren Kleider ausgeschikt [735] würden /etwas bericht einzuziehen; welcher Anschlag ihnen wol zu nütze kam; dañ einer von diesen begab sich bey Mondenschein in das Gehölze / und als er eine grosse Menge Reuter von ferne vernam / kroch er auff allen vierẽ unter den Püschen hinan / da er ihr Gespräch hörete / was gestalt die beide feindliche Schaaren biß auff den lezten Mann nider gehauen / und alle ihre Pferde samt den aufgebundenen Wetschern gebeutet währen; welches die Pannonischen Obristen nicht allein bestürtzet / sondern ihnẽ auch die Gedanken machte / es müsten mehr Völker / als die im Lager / verhanden / und ein gefährlicher Anschlag über sie gemacht seyn / daß sie ihre Wache fleissig versahen / und doch wegen Furcht des künftigen Brodmangels den gewissen Schluß macheten / das Lager in Güte oder mit Sturm zugewiñen. Des morgens zur bestimten Zeit liessen sie ihren gestrigen Gesanten wieder hinreiten und die Erklärung einhohlen /welche diese wahr; es hätte der unbesonnene langsame Pöfel sich noch nit allerdinge darüber vergleichen können; etliche wolten auff / und etliche nieder /wie es dann bey so gestalten Sachen pflegete zugehen; bähten demnach / die Herrẽ Pannonier möchten sich noch diesen einzigen Tag gedulden / alsdann solte ihnen unfehlbare Antwort gegeben werden. So bald dieser hinweg wahr / kam König Ladisla und König Henrich in Begleitung 2000 Reuter auf schnellen Läuffern an / dann sie trugen verlangen zuwissen /wie es mit dem Heer ginge / hatten Nacht und Tag geritten / und liessen Arbianes mit dem Heer folgen. Herkules wahr ihrer Ankunft herzlich froh / uñ ließ sie mit ihren Völkern ins Lager zihen / da dann der Abscheid wahr / es solte die Reuterey keinen Entsaz vornehmen / biß sie die rohte Blutfahne würden an einer hohen Stange außgestecket sehen. Der Pannonische Feld Herr wahr mit der gegebenen Antwort nicht vergnüget / und ließ nochmahls andeuten / sie solten stũndlich abzihen / oder deß Sturms gewärtig seyn /da dañ alles ohn erbarmen solte nider gemacht werden. Ladisla selbst gab ihm unerkant zur Antwort / es währen ja 24 Stunden eine kurze Zeit / die noch wol abzuwarten stünde; sie vor ihr Häupt dürften sich nit weiter in Handlung einlassen / weil sie von ihrem Könige (der nit so gar hart verwundet währe) Zeitung hätten / dz er um Mitternacht würde bey ihnẽ seyn; hätte derselbe nun Lust / sich henkẽ zulassen / möchte er selber von sich sagen / der gegenwärtige Adel könte sich dessen so leicht nicht bereden lassen / dz sie ihre Hälse dem Strange widmeten. Aus welchen lezten Worten dann der Heerhold den Auffzug unschwehr verstund / und sich heftiger Dräuworte vernehmen ließ / wie sein Pferd in ihrem Blute biß an die Knie waden solte. Welches Ladisla beantwortete: Der Herr Gesanter möchte doch nicht zu unwillig werden / sondern den armen Böhmen mit einem guten Worte zu hülffe kommen; in Menschen-Blute zu reiten stünde abscheuhlich / und währe ihm besser / daß er sich davor im Spanischen Weine badete; welches Spottes dieser fast bersten wolte / auch mit solchem Eifer die Antwort hinterbrachte / daß er noch eins so viel hinzu log / auffdas man ja den Sturm / welcher leicht durchdringen wũrde / länger nicht auffschieben möchte. Es taht ihnen allen die Beschimpfung sehr weh / und macheten alsbald Ordnung / daß zu fusse 67000 stürmen / uñ zu beyden seiten die ganze Reuterey (welche von dem Fußvolke gestärket wahr) halten solte / wann etwa ausser dem Lager sich etwas regen /oder den Sturm zuverhindern sich unternehmen wolte. Die Völker hatten diesen Morgen ihre lezten Speisen verzehret / und wahr nichts übrig / als etwa Pferdefleisch rohe und ungesalzen zu fressen / welches die[736] Obersten ihnen vorhielten / und sie zur tapferkeit anmahneten; setzeten die Völker in sieben hauffen / daß sie zugleich und auff einmahl den Sturm antreten /und nicht auffhören solten / biß das Lager erstritten währe. Die vördersten Glieder trugen Holz / Steine /Erde / und was sie finden mochten / die Graben auszufüllen / welches gar schleunig geschahe / und traten sie bald darauff mit einem unmenschlichen Geschrey den Sturm an / in welchem Eifer sie gar bald oben auff die Brustwehr kahmen / aber dergestalt mit Steinen / pfeilen / und langen Spiessen zurük geprallet wurden / daß sie wie die Mücken hinunter fielen /wiewol immerzu andere nach ihnen hinauff klimmeten / und so inständig anhielten / daß sie die unsern schon mit den Schwertern erreichen kunten; welches ihnen gleichwol sehr herbe besalzen ward; dann Ladisla /Henrich und Fabius liessen sehen / wie feind sie denen wahren / die ihnẽ den Galgenstrik hatten ankũndigen lassen. Noch durften die draussen schon gewonnen ruffen / weil sie etliche ihrer Fähnlein sahen auff dem Wahle stecken / und doch die Pfeiffe bald einzogen / da sie so gute Schuch vor ihre Füsse antraffen / daß sie den Wahl Tod oder verwundet hinunter purzeln musten / welchen sie frisch und frech hinauf gestiegen wahren. An einem Orte hielten sich die Pannonier wol / da sie schon 3000 stark auff dem Wahl in zimlicher Ordnung hielten / und wie wũtige tolle Hunde anfielen / biß obgedachte drey Helden sich gegen sie kehreten / und biß auff 800 alle auffgerieben / diese aber zum Wahl hinunter tummelten /und von ihren eigenen Völkern nidergemacht wurden / da die unsern nur 500 misseten / und 1200 beschädigte hatten; der Feinde aber 7000 Tod / und 6000 hartverwundet wurden. Nach des Strums endigung muste ein Böhme auff die Brustwehr steigen / und hinüber schreihen; was man ihnen doch zu leide getahn hätte / daß sie des lebens müde und überdrüssig währen; sie möchten sich eines andern bedenken / und gut Wildwerk essen / wann sie kein Brod hätten; welches dann gnug wahr / die ohndas verbitterten Gemühter hitzig zu machen / daß sie den Sturm zum andernmahl anlieffen / und musten die Häuptleute vor ihren Knechten hertreten / welches im ersten Sturm nicht geschehen wahr. Diese wolten nun ihr Leben teur gnug verkäuffen / und fochten sehr tapfer / in meinung / vor dißmahl die Oberhand zubehalten; worüber anderthalb Stunden unnachlässig gestürmet ward / in welcher zeit der Feind fünffmahl abwiche /und so oft immer frischer wieder ansetzete. Die Häuptleute wahren mehrenteils Tod oder verwundet /der Wahl und die Graben lagen vol todte Leichnam /und wahr ein so erbärmliches Geheule der sterbenden / daß der umbliegende Wald davon erschallete / dann sie liessen in diesem andern Sturme 12000 sitzen /und 18000 wahren hart verwundet / weil sie es so eiferig trieben / daß sie 40 Fähnlein auff die Brustwehr brachten / und auffstecketen / welche sie mit Spot und Schaden hinterlassen musten; wiewol an unser Seite es auch nicht leer abging / sondern 4000 erschlagen /und 8000 verwundet wurden / so dz auch König Henrich am Schenkel verletzet ward. Als die Feinde sahen / daß alles vergeblich wahr / zogen sie ab / vol Grim und Eifer; dann keiner hatte vor drey Stunden die Gedanken gehabt / daß es mißlingen solte. Die unsern rieffen ihnen spötlich nach; wann sie Brod betteln wolten / müsten sie nicht trotzen / sondern gute Worte geben; ob dann ihre ausgeschikte Kuhdiebe vielleicht mit einer gestohlenen Heerde wiederkähmen / möchten sie Geld vor Salz bringen; jedoch zuvor den dritten Saz auch versuchen / nach dem Sprichworte / daß aller guten Dinge drey währen; und als sie [737] keine Antwort bekahmen / rieffen sie ihnen endlich zu / sie möchten doch ihre Todten mit sich schleppen / und sie nicht wie das Vieh unbegraben liegen lassen. Diesen Spot solten sie billich verstanden haben / aber ihr auffgeblasenes Herz gab ihnen ein / daß sie abermahl einen Obersten mit zehn Rittern vor das Lager schicketen / mit dieser Bedräuung / daß da sie innerhalb 16 Stunden sich nicht ergeben / und alle ädle und Fũrstliche Häupter liefern würden / solte des Kindes in Mutterleibe nicht verschonet werden; der heutige Sturm währe nur Kinderspiel gewesen / Morgen würde die recht geübete Mannschaft 120000 stark anfallen / und alles in grund niederreissen. König Ladisla wolte diesen Troz länger nicht dulden / ritte mit 50 Teutschen zu ihnen hinaus / ließ sie alle greiffen / schlug den Helm auff / und redete sie also an: Je welcher Teuffel hat euch dumkühnen Hunden die Sicherheit gegeben /ohn vor erbehtenen Urlaub an mein eures Todfeindes Lager zu reiten / und meine Völker mir abzuspenstigen / ja mich gar zum Stricke heraus zu fodern? wisset ihr schäbichten Hunde nicht / wie ihr mich / einen rechtmässigen König dieses Reichs gebührlicher weise ausfodern sollet? oder gedenket ihr etwa /König Ladisla werde euer unverschämtes bellen groß achten? währe euer König / der schändliche Mordbrenner selbst bey dem Volke / müste er mir mit eigenem Schwerte rechenschaft ablegen / da er sonst nicht wolte vor einen verzagten Mörder und Räuber ausgeruffen seyn; aber unter euch anderen achte ich keinen der wirdigkeit / mich mit ihm absonderlich einzulassen; dañ ihr seid alle miteinander Schelme und Mörder / die mir mein Reich unabgesaget ũberfallen und gutenteils verwüstet haben / deswegen ich den übrigen allen / so bald ich ihrer mächtig werde / eben denselben Lohn ausfolgen lassen wil / welchen ihr anjezt durch euren Frevel / und daß ihr mich nicht gewirdiget / umb sicher geleit anzusuchen / verdienet habet und einnehmen sollet. Hierauf ließ er einen Galgen auff die Brustwehr setzen / und den Obersten samt neun Rittern daran knũpfen / daß die Feinde sie fein kunten bammeln sehen / dem zehnden aber wurden Ohren uñ Nase abgeschnitten / auch an beyden Händen die ersten Glieder der Finger abgehauen / und sagte hernach Ladisla zu ihm; reite du nun hin / und zeige den Mordbrennern an / ich wolle von Mnata dem Pannonier wegen des unredlichen Räuberisch-und Mordbrennerischen überfalles abtrag haben / vor eins; hernach sollen sich die Mordbrenner klein und groß / innerhalb 16 Stunden aus meinem Reiche fortpacken / und mir den boshaften Schelm ihren Feldherrn / samt allen Obristen zu Geissel geben / daß sie mir allen zugefügten Schaden ersetzen wollen; im wiedrigen wil ich nach erhaltenem Siege / an welchem ich mit GOtt nicht zweifele / sie als Mordbrenner und Räuber abstraffen / und das Pannonische Reich einer Wũsteney gleich machen / worzu ich schon mittel in Händen habe. Obgedachter Seiler geselle Grozemisla trat in seiner neuen Rittersgestalt auch herzu / uñ sagete: Mein Herr / vermeldet eurem Feldherrn und allenhohen Kriegsbeamten / welche mir das Geld /Mordbrenner zubestellen / verehret / meine Dienste /und daß ich aufs fleissigste alles verrichtet / aber doch übel mißrahten sey / gestaltsam meine Bedienete es unrecht verstanden / und da sie das Bömische Lager anzünden solten / sie irre gangen / und dem Pannonischen ihren Zunder beygebracht haben; ob ich auch zwar selbst mit meinem ungebohrnen Söhnlein mich gerne einstellen wolte / könne von meinem allergnädigsten Könige ich doch kein Urlaub erhalten / sondern daß ich wieder Bömisch Blut setzen möge / hat seine Königl. Hocheit aus mir [738] armen Seilergesellen einen ädelman und Ritter gemacht; hiemit guten Tag /mein Herr. Der geschändete Ritter kennete ihn alsbald / durfte kein Wort dawieder reden / welches ihm auch die abgeschnitte Nase gnug verboht / ritte mit einem vor dreien Tagen gefangenen und an beyden Armen gelähmeten hin / und brachte die Zeitung / wie der Bömische König selbst im Lager währe / alle seine Gefärten henken lassen / und diese Antwort gegeben; worüber sie alle sehr bestürzt wurden / und in die Gedankẽ gerieten / es müste schon ein grosser Entsaz verhanden / oder doch nicht weit zurücke seyn; verzweifelten demnach an eroberung des Lagers / und furchten sich vor einem nächtlichen Uberfal / höreten auch schon die Völker / so diesen Tag sider heut früh nicht gessen hatten / offentlich murren / warumb man sie in solcher unvorsichtigen Sicherheit so weit ins Land geführet / und hintersich alles verderbet hätte /daß sie entweder den Feinden in die Schwerter und Spiesse lauffen / oder / welches noch unertäglicher /durch Hunger und Durst ihr Leben enden müsten. Die hohen Obristen speieten sich selbst an / daß von einem schli en Seilerknechte sie sich dergestalt hatten berücken lassen / bekenneten / er hätte ihnen mehr Schaden / als das Böhmische Heer getahn / und schmerzete sie überaus / daß er sie noch darzu von neuen auffzihen durffte. Die Erhenkung der zehne /und Zerstümmelung des eilfften ging ihnen sehr zu Herzen / aber Agiß kunte nicht umhin / Dropion es zuverweisen / daß er nicht hätte wollen nach seinem Raht bescheidener handeln / weil man ja mit einem Könige zuschaften hätte / darzu in seinẽ Lande; welches aber der Freveler mit Troz beantwortete / und daß er in kurzen diesen After König mit allen seinen Anverwanten auff gleiche weise wolte lassen auffknüpffen. Der KriegsRaht ward gehalten / und wolte keiner die erste Stimme geben / biß Pyrechmes anfing: Ihr Herren / mich deucht schier / es werde uns der eilfärtige Auffbruch das allerbeste Mittel seyn zu unser aller Rettung; was stehen wir dann alhier als träumete uns? Ich muß nunmehr bekennen / daß wir in unserm unabgesagten Einfal entweder zu unbesonnen oder zu schläfferig gangen sind / und daher sehr wenig Ehr und Ruhm mit uns nach Hause bringen werden / welche wir uns sehr groß eingebildet hatten; doch möchten wir erst wieder auff Pannonischem Grund und Bodem seyn / könte dieses erste versehen wieder eingebracht werden / in welches der bübische Seiler-macher / die Götter schänden ihn / uns gestürzet hat. Hyppasus antwortete ihm / er hätte gar recht geurteilet; es währe aber nicht raht / von dem ergangenen viel Worte zumachen / weil es unwiederbringlich /nur hielte er davor / der schleunige und stokstille Abzug müste ergriffen und fortgesetzet werden. Pelegon wahr bemũhet / seinen Befoderer Dropion zuentschuldigen / uñ alles dem neidischen Glük zuzulegen; Aber Agiß gab zur Antwort: Es währe solches ein überflüssiges / massen ja kein Mensch / seines wissens / über ihren Feld Herrn klagete. Derselbe aber wahr so dutzig / daß er fast kein Wort reden kunte /fing endlich hierauff an: Ja noch zur Zeit höre ich keinen / der mich verleumde / aber in künftig werden sich deren ohn zweifel wol mehr als zu viel angeben /doch weil ich mich meiner Redligkeit und wolgemeineten Vorsatzes tröste / wil ich herzhafft erwarten /was folgen wird. Amythaon sagte zu ihm: Er vor sein Häupt würde nicht unterlassen / ihm dessen Zeugniß zugeben / daß alles redlich und wolgemeinet gewesen währe; das Glük und dessen Fälle hätte kein Mensch zuverantworten / und würde man Anordnung zum stündlichen Auffbruch machen müssen. Also sagete man durch das ganze [739] Lager an / daß die Verwundeten / welche das schnelle reiten nicht erdulden könten /alsbald voraus gehen solten; welches noch bey guter Tageszeit geschahe / so daß die unsern dessen nicht eins inne wurden. Der algemeine Auffbruch ward mit dem dunkeln Abend vorgenommen / da gleichwol 6000 von den zubest berittenen zurük bleiben / und viel Feur anlegẽ musten / und solches innerhalb der zum teil hinterlassenen Wagenburg; wodurch dann die unsern verleitet wurden / daß vor des Tages Anbruch sie nicht das allergeringste davon erfuhren / da die grosse stille es verriet / weil man so gar keine ausgestellete Schildwachten vernam. Etliche von den unsern wolten sich eines Auffsatzes besorgen / aber Herkules ließ 500 Reuter nach des Feindes Lager gehen /und versicherte inzwischen die andern / daß der Hunger sie frühzeitig gnug würde hinweg getrieben haben; welches die ausgeschicketen gar bald einbrachten / weil sie von 400 tödlich verwundeten hinterbliebenen Pannoniern (welche weder das reiten noch fahren ertragen kunten) allen Bericht eingezogen hatten. Zwar man setzete ihnen eiferig gnug nach /aber vergebens / weil jene gar zu grossen Vorsprung genommen hatten / deswegen kehreten sie wieder umb / und danketen Gott herzlich / vor diesen verliehenen Sieg. Des folgenden Tages / da Arbianes mit dem wolgerüsteten Teutschen Entsatze kam / hielten sie Kriegsraht / und schlossen in der Kürze / den Feinden zu folgen / ob man den Krieg in Pannonien spielen /oder auffs wenigste des erlittenen Land- und Brandschadens sich am ersten Anfal erholen könte / weil nicht zuzweifeln währe / die schändlichẽRäuber würden sich durch diesen Unfal nit lassen abschreckẽ /sondern in grösser Anzahl wieder ko en als vorhin. Es gingen die Pañonier nach ihrẽ Grenzen zu / in solcher Eile / als ihre Pferde es ertragen kunten / deren ihnẽ doch ũber die 16000 niderfielen / und 12000 verwundete Kriegs Leute mit drauff gingen; dann es mag nie keine Feldflucht eiferiger fortgesetzet seyn /als dieser unrühmlicher Abzug / doch überschritten sie die Grenzen nicht / aus Furcht / die Böhmen möchten in ihrem Lande eine gleichmässige Verwüstung anrichten / daher sie sich an einen solchen Ort lagerten / woselbst ihnen durchaus nicht bey zukommen wahr; dann ob sie zwar auf dem Rükwege grossen Hunger erlitten / Wurzeln und PferdeFleisch fressen / und allerhand Ungemach außstehen müssen /funden sie doch auf den Grenzen die begehrete Zufuhre häuffig / und ergetzeten sich nach allem Willen /setzeten sich auch muhtig / dem Feinde zuwiederstehen / weil ihr Heer sich annoch auf 100000 wolbewehreter Mann ersteckete. Die unsern / deren Völker sich immerzu verstärketen / gingen ihnen mit 140000 Mann eiferig nach / und beklageten die erschreckliche Landes Verwüstung sehr / da Ladisla den Tähtern schwere Straffe dräuete / kunten aber von den Feinden keine Gewißheit einzihen / biß der Vortrab endlich ihres Lagers gewahr ward / und solches den unsern zuwissen machete. Herkules wolte den Krieg nicht gerne in die Harre spielen / weil er sich dem Feinde gnug gewachsen sahe / sendete einen Trommelschläger an ihr Lager / und ließ ihnẽ die Schlacht anbieten; aber sie gaben zur Antwort; man hätte dem Böhmischen Könige vordißmahl die Ehre getahn / und auf seinen Befehl das Land biß an die Grenze geräumet /auch die übrigen Anfoderungen an den Pannonischen König gelangen lassen / welcher sich in kurzem würde zu erklären wissen; deßwegen solte er sich trollẽ / und seinem Könige anzeigen / daß er sich in etwas geduldete / oder da er so viel herzens hätte /sich an ihrem Lager auch versuchete / ob es so gute Beschützer als das Böhmische hätte. [740] Auf Rükbringung dieses zweifelte niemand / es würde der Feind eine neue Macht an sich zihen / dem man nach Mögligkeit vorbauen müste / und sahe doch niemand / wie es am füglichsten anzugreiffen währe. Leches und Klodius hielten jeder umb 8000 Reuter bey König Ladisla an / damit sie zur Rechten und Linken in Feindes Land gehen / und Beute einzuhohlen den Anfang machen wolten / welches ihnẽ beyderseits zugelassen ward / jedoch mit gesetzeter Masse / wie weit sie sich vertuhn solten. Neda und Prinsla bekahmen gleichmässige Erläubniß / jeder mit 9000 Mann sein Heil zuversuchen / und gingen eilig fort / in Hoffnung was gutes zuschaffen. Dropion hatte sich zwar an einen festen Ort nidergeschlagen / daß er eine freye Seite hatte / weil daselbst lauter Morast wahr; aber dagegen halte er sich selbst eingesperret / da die unsern ihn mit 18000 Mann in sechs unterschiedlichen Schanzen dergestalt einhielten / daß ihm unmöglich wahr / auszufallen / oder einen einzigen Bohten auszuschicken /und wahren diese Schanzen mit tieffen Graben der gestalt an einander gehänget / daß die Feinde / wie gescheid sie wahren / bekeñen musten / deßgleichen vortelhafte Einsperrung Zeit ihres Lebens nicht gesehen zuhaben. Unsern vier außgegangenen fliegenden Heeren glückete es nach allem Wunsch / weil die Inwohner von der unsern Ankunft gar keine Zeitung hatten / und sowol Bauren als Bürger in aller Sicherheit das ihre bey sich selbst verwahreten. Weil dann das Land dieses Orts treflich bewohnet / und vol Frũchte und Vieh wahr / funden sie allen Uberfluß / massen sie 120 Dörffer / 30 Flecken und 14 Städchen außplünderten / und alles Korn und Speisen auff Wagen und LastVieh ludẽ / in solcher Menge / daß ihr ganzes Heer die folgende Zeit des Krieges davon überflüssig zu leben hatte; und ob sie zwar der Gebäu mit Feur verschonetẽ / verbranten sie doch alle Früchte / welche sie nit mit fortnehmen kunten. Ihres Viehes wahr fast keine Zahl; Leches brachte 8000 feiste Ochsen /12000 Melke Kühe / 16000 Schaffe / 4000 Pferde /ohn was vor dẽ Wagen gespannet wahr / deren Anzahl sich auff 3000 erstreckete / mit 6000 Pferden und 16000 Ochsen bespañet. Klodius hatte so reiche örter nit angetroffen / jedoch 5000 Ochsen 3000 Pferde 8000 Schaffe und 1000 mit Früchten und Wein wolbeladene Wagen erbeutet. Neda brachte auß etlichen Städten 1800 Fuder Wein / und 5000 Melke Kühe /samt 3000 jungen Rindern / 600 Fuder Korn uñ 6000 Schaffen. Prinsla hatte viel Tuch / gegerbet Leder /und Kleider geraubet / so viel 300 Wagen fortschleppen kunten / und weil er etwas tieffer ins Land gangen wahr / hatte er eine Heerde Ochsen und Kühe 14000 stark / 15000 Schaffe / und 3500 ledige Pferde angetroffen / welche sich auff die Flucht hatten geschicket. Als die Feinde eine solche ũberaus grosse Beute /nicht gar weit von ihrem Lager nacheinander daher treiben sahen / wusten sie nicht was sie vor Eifer tuhn oder reden wolten / und verfluchten die Inwohner /daß sie so langsam zur Gegenwehr wahren / durften uñ kunten doch keinen Außfal wagen / weil die unsern ihnen zufleissig aufwarteten. Es wurdẽ alle erbeutete Sachen in Eile fortgeschickt / und durch das Land verteilet / welches die zum Kriege undüchtigsten / 3000 stark fortbringen musten / denen 8000 erlösete Böhmische Leibeigene zugegeben wurden / und 6000 mit Waffen versehen und zum Heer getahn. Die unsern wolten es hie bey nicht lassen gut seyn / weil sie Zeitung hatten / daß in der abgelegenen Weite die Völker zusammen getrieben wurden / muste demnach Leches alsbald wieder fort mit 10000 auß geruheten / dem Herkules und Arbianes mit 12000 auf eine halbe Meile [741] immerzu nachfolgeten; wie im gleichen Neda und Prinsla mit 12000 nach einem andern Orte / von denen Ladisla und Markus mit 10000 nicht weit blieben. Nun wahr das Geschrey an dieser Seite schon durch das Land erschollen / daß die Böhmen den Einfal getahn hatten / daher der König etliche hundert Befehlichshaber von seinem neuen Heer /welches noch nicht gar bey einander wahr / nach diesen Grenzen schickete / mit Befehl / alle erwachsene Manschaft zusamlen und bewehret zumachen. Diese wurden Leches seiner Ankunft gewahr / zogen ihm 14000 stark entgegen / und schicketen herum / daß sich mehr zu ihnen schlagen solten. Leches empfing sie mit unverzagtem Herzen / welche anfangs als verzweifelte Leute fochten / und die unsern beide Hände vol zutuhn bekamen / biß ihre Ordnung getrennet ward / und nachgehends / weil sie sich nicht wieder setzen kunten / wie das Vieh abgeschlachtet wurden. Ehe sichs aber Leches versahe / ward er von der Linken her von einem neuen Feinde 15000 stark angegriffen / gegen welche er sich kehrete so best er kunte / da inzwischen die ersten sich samleten / voller Hoffnung / sich rechtschaffen zurächen. Aber Herkules kam zu rechter Zeit / gab Arbianes 7000 gegen die ersten zuführen; er aber ging mit 5000 Leches zu Hülffe / welcher dieses unvermuhtlichen Entsatzes sich erfreuend / den Feind gerade von fornen zu angriff / da Herkules zur Seite einfiel. Arbianes empfand schwachen Wiederstand von den schon Abgematteten /daher er zu erst fertig ward / daß von diesem ganzen Hauffen nicht mehr als 4000 lebendig blieben / deren 3600 gefangen wurden / die übrigen sich durch die Flucht errettetẽ. Der andere Feindes-Hauffen hielt sich biß dahin noch wol / weil viel handfeste Leute unter ihnen wahren / aber so bald sie Arbianes auch herzu dringen sahen / entfiel ihnen aller Muht / daß sie ihr Gewehr von sich worffen / und um Gnade rieffẽ / welche ihnen auch gegeben ward / wurden also hieselbst 8000 gefangen genommen / und erretteten sich kaum 50 durch die Flucht. Dieser herliche Sieg ward in anderthalb Stunden völlig erhalten / welcher den unsern nur 1800 Mann kostete / wiewol ihrer 2600 beschädiget wahren. Sie hielten in aller Eile Plünderung / funden bey den Lebendigen und Todten sehr viel Baarschafft / welches alles den Kriegsleuten frey gegeben ward; und also hielten sie es auch bey dem ersten Einfall / daß die Völker alle Baarschafft vor sich raubeten / und überaus viel Gold zusammen schleppeten. Unter den Gefangenen wahren 130 Ober Befehlichshaber / wurden aber den gemeinen Knechten gleich gerechnet / und alle vor Leibeigene nach Böhmen fortgeschicket. Herkules ging noch zwo Meile weiter zum Lande hinein / traf eine zimliche Stad an wiewol nicht sonderlich feste / und weil sie an Manschafft sehr entblösset wahr / bemächtigete er sich derselben ohn Blutvergiessen; sie wahr aber vol hinein geflehetes Guts / von Vieh / Korn und allerhand Waaren / so daß die Gassen und Höfe an vielen Orten mit den Wagen angefüllet wahren. Herkules ließ ausruffen /daß alle Leibeigene sich zur süssen Freiheit einstellen solten / worauff in kurzer Zeit sich 4000 / mehrenteils Böhmen anfunden / welche viel dankens machen wolten; aber sie musten helffen die Wagen und das LastVieh mit allerhand Raub beladen / da dann 3000 volgepackete Wagen / 6000 MaulEsel und Esel /8000 Pferde / und 7000 Ochsen mit voller Ladung fortgetrieben wurden. Als Herkules mit solcher grossen Menge gefangenen / gesattelter Pferde / und Beute nahe bey des Feindes Lager herzohe / und das Heer ihn mit grossem jauchzen empfing / meynete Dropion vor Herzensangst zusticken / fluchete und schalt so wol auff [742] seinen König selbst / als auff dessen Leute / daß sie mit dem Entsatze so schläfferig umgingen. Neda geriet an seinem Ort an ein sehr grosses Dorff / in welchem sich an die 16000 Pannonier gesamlet hatten / das Gewehr daselbst zuempfangen /denen er zuentboht / ob sie sich ergeben / oder mit samt dem Dorffe im Feur auffgehen wolten. Anfangs wegerten sie sich in etwas / aber als Ladisla mit seinen Völkern darzu kam / bahten sie umb Gnade und Lebensfristung. Man wolte so viel Leibeigene nicht mit sich schleppen / vielweniger sie lauffen lassen /daß sie auffs neue sich hätten mit Waffen versehen /und weil gleichwol Ladisla keinen gefallen an Vergiessung so viel Menschen Blutes hatte / musten sie alle miteinander ihnen den Daumen an der rechten Hand / oder zween Finger lähmen lassen / damit sie zum Gefechte undüchtig würden / welches sie / umb den Hals zu retten gerne angingen. In dem Dorffe traffen sie fast ja so viel hinein geflehete Güter an / als Herkules an seinem Orte / wie auch 3600 Bömische Leibeigene / welche frey gegeben / und mit Waffen versehen wurden. Diese kahmen zwo Stunden nach Herkules an / uñ erwecketen bey den ihren eine neue Freude / bey den Feinden aber fast eine rasichte Verzweifelung. Gleich diese Stunde fingen die unsern fünff lauffende Bohten auff / welche von dem Könige an Dropion abgeschicket wahren / ihm mündlich anzudeuten / daß nach verlauff zween Tagen derselbe mit einem wolgerũsteten Heer 150000 stark bey ihm seyn / und dem Feinde den verwägenen Einfal besalzen wolte; welches die unsern durch erschrekliche Peinigung aus ihnen brachten; hielten darüber Kriegsraht / und fundens am dienstlichsten seyn / daß sie wieder hinter sich nach ihrem alten Lager gingen. Es ward aber von einem befreieten Leibeigenen / der Geburt ein Italiäner / den unsern kund getahn / daß vier Meile von dem Lager ein verhauener Wald währe / welcher inwendig einen grossen und fruchtbahren Raum fast einer Meile im umbkreiß hätte / dahin währe ein grosser Vorraht allerhand Früchte / Speisen / Waaren / und Viehs gebracht / zweifelte nicht / man konte alle Beute leicht erhalten / wann eine zimliche Macht dahin ginge / weil sich mehrenteils Weiber /und nicht über 8000 Männer dabey fũnden. Ladisla bekam Lust / diesen Rit zu tuhn / nam 30000 frische Reuter zu sich / gingen die ganze Nacht fort / und gelangeten eine Stunde vor der Sonnen Aufgang daselbst an / funden den zimlich breiten Eingang mit bewehreter Mañschaft besetzet / und erwarteten des Tages zum Angriff / da inzwischen die unsern bemühet wahren / noch fünff örter zu öffnen / und durch dieselben hinein zu dringen. Die Feinde wurden der unsern zeitig gnug wahr / hatten sich mit Geschoß etwas / mit Schwertern uñ Spiessen aber wol versehen / und schossen anfangs verwägen gnug in die unsern /denen aber die Schilde wol zu statten kahmen / welche sie auff diesen fal mit sich genommen hatten /wiewol von unsern Leuten in die 300 erschossen / und 700 verwundet wurden; es half ihnen aber zurschleunigen überwindung / daß durch die fünff geöfneten Löcher in die 2500 Mann in kurzer frist hindurch drungen / und inwendig des Platzes ein grosses Blutvergiessen anfingen / daher ein sehr jämmerliches Geschrey von den Weibern und Kindern gehöret ward /daß allen ihren Mäñern der Muht entfiel / uñ die im grossen Eingange gedachten / es würden der unsern vielmehr durch gebrochen seyn / wie gleichwol ihre Anzahl sich immerzu mehrete. Ladisla ließ diese nochmahls zur ũbergabe anmahnen / welches sie auch annahmen / nachdem ihrer ingesamt 3200 erschlagen wahren. Sie funden einen ũberaus grossen Vorraht daselbst; 16000 ledige [743] Pferde / 40000 Rindvieh / 20000 malter Frũchte auff Wagen geladen; 300 Wagen mit allerhand Waaren zu Kleidungen; 1200 fuder Wein /19 Tonnen Goldes an Baarschaft / 70000 Schaffe /und sehr viel geschlachtetes und eingesalzen Fleischwerk. Bey dem Vieh und Wagen wahren über 8000 Leibeigene / mehrenteils Böhmen / welches alles nach möglicher Eile fortgebracht ward / so daß nach verlauff 23 Stunden sie im Lager ankahmen / und ein durchgehendes Freudengeschrey erwecketen. Die vornehmsten Häupter von dem Feinde / sahen auff ihrem erhöheten Wahle mit grosser bestürzung zu / und erzeigete sich Dropion nicht anders als ein Wahnwitziger / daß ihm alle mögligkeit auszufallen gänzlich abgestricket wahr / er auch kaum noch auff einen einzigen Tag Lebensmittel an Speise und Trank in seinem Lager hatte / daß wann der König seine ankunft noch vier Tage weiter hinaus gesetzet / hätten sie aus Noht sich alle ergeben mũssen / daher ein über aus grosses Leid unter ihnen entstund / weil von des Königes anzuge sie ganz keine nachricht hatten / und weil die unsern noch so ungescheuhet zum Lande hinein gingen / den Raub zu hohlen / sie in der Furcht stecketen / es würde keine anstalt gemacht / solches zu hindern. Die unsern sahen daß es zeit seyn würde auffzubrechen / liessen alle Beute samt den Gefangenen alsbald forttreiben / und lagerten sich gegen den Feind / nicht anders / als ob sie daselbst ein Lager befestigen wolten; aber so bald die Dunkelheit einbrach / zogen sie in aller stille fort / ritten die ganze Nacht /und bekahmen eine Enge hinter sich / daß sie vor überfal gesichert wahren. Dropion hätte sich dessen nimmermehr versehen / ließ zwar aus seinem Lager etliche kleine Reuterschaaren gehen / weil er alle Schanzen ledig sahe / und gleichwol trauete er nicht /weil er sich einer Hinterlist befürchtete / nochmehr aber / daß seine Knechte wegen mangels gar davon lauffen möchten / wann sie das weite Feld offen hätten; aber als etliche Bauren / insonderheit fünff Abtrünnige von den Gefangenen (welchen die Dunkelheit davon half) ihm die gewisse Zeitung brachtẽ / der Feind ginge in aller eile hinter sich / ward er dessen zum teil froh / wiewol er nicht aufhörete auff seinen König und dessen Gewaltige (deren etliche dañ / welches er wuste / ihm diesen eingelegeten Schimpf wol gönneten) zu schmähen; aber ein geträuer des Königes / redete ihm ein / er möchte alles nach belieben reden / und nur Königl. Hocheit schonen / als welche hieselbst keines weges zubeschuldigen währe / sondern vielmehr wir selbst / sagete er / in dem wir diesen Fehler begangen / und uns so gar auff die Grenze gelegt / da kein mittel gewesen ist / einigen Bohten abzufertigen / oder zubekommen; welches versehen doch unser König uns nicht auffrücken wird / weil kein Mensch einer solchen Schlauheit zu dem Feinde sich hätte versehen können. Dropion stellete sich äusserlich / als wann er durch solche Vermahnung völlig zu frieden gestellet währe / aber des folgenden morgens fand man diesen redlichen Mann auff seinem Lager Tod / da ihm das Häupt an der rechten seite eingeschlagen und die Kehle abgestochen wahr. Kurz nach dem Dropion des Feindes Abzug erfahren hatte /kam ein Königlicher Bohte zu ihm / anmeldend / es nähme den König / und alle seine Leute höchlich wunder / daß ihm in etlichen Tagen so gar keine Botschaft aus dem Lager zukommen währe / hätte darüber geeilet / mit der Reuterey voran zu gehen / mit welcher er gegen Abend bey ihm seyn / und den Feind ernstlich angreiffen wolte. Dropion schickete ihm 2000 Reuter / unter der Anfũhrung seiner ergebenen entgegen / welche ihm alles nach seinem Willen vortragen und den Fehler beschönen solten. Wir haben[744] aber hieselbst zuvernehmen / mit was Gemüht und Willen Dropions erste Botschafft (da er von dem Könige ein neues Heer / noch ehe er der unsern Lager gestürmet hatte / begehrete) auffgenommen sey. In Pannonien wahr dazumahl überal grosse Freude / weil man alle Tage / ja fast alle Stundẽ eine Anzahl Vieh nach der andern aus Böhmen brachte / und umb ein liederliches Geld verkauffte / wobey stets zur neuen Zeitung ausgeruffen ward: das ganze Land stünde mit ihrem Könige in solchem Schrecken / daß dieser davon zuzihen / jenes sich an König Mnata zuergeben willens währe / dann die beste Manschafft hätte sich in den eingenommenen Grenz Festungen auffgehalten / nach deren Hinrichtung den übrigen das Herz entfallen währe. Mnata wahr etwas leichtgläubig / und trauete seinem ungeträuen Dropion zu viel / daher er sich gegen die seinen öffentlich vernehmen ließ: Er hielte Böhmen so gut als überwunden / und solte ihm Teutschland hernach vor den Schimpff auch schon gerecht seyn. Dieses wusten Dropions Zugetahne ihm dergestalt einzubilden / daß er ganz sicher ward / und des verständigen Mastyes Reden verachtete / welcher stets auff die guten Zeitungen antwortete: Er fürchtete / man würde mit den Böhmen mehr zu tuhn bekommen / als Vieh rauben und Dörffer brennen; das Land währe reich an Manschafft; Teutschland stünde ihnen bey / als ginge sie es selbst an / und däuchte ihn unmöglich / daß ein so tapfferer König in Geselschafft eines noch tapfferern geträuen Freundes nicht eine Schanze wagen solte / ein Königreich zubehalten /welches ihm angeerbet währe; riet demnach man solte sich gefasset machen / damit man zeit der Noht bereit währe; dessen aber der König lachete / und sich vernehmen ließ / er währe nicht willens / sein ausgeschiktes Heer mit einem Manne zuverstärken / so gewiß währe er des Sieges; mit welcher Erklärung seine Geträuen vor dißmahl mustẽ friedlich seyn. Als aber die Zeitung erscholle / daß die 9000 im Dorffe von geringer Manschafft nidergehauen währen / welches Dropions Anhang gerne vertuschen wolte / begunte Mnata zumerken / daß die Böhmen noch nicht gemeinet währen / das Land zuverlauffen / insonderheit / als Mastyes und Deon / die auff alles gute Kundschafft legeten / ihm zu wissen tahten / sie hätten von guter Hand Zeitung / daß Teutschland und Böhmen ihr äusserstes wider Pannonien zuwagen entschlossen währen / und dero behuef sich gewaltig rüsteten. Weil dann Dropions begehren wegen Auffrichtung eines neuen Heers darzu kam / wobey doch der Niderlage ihres Vortrabes keine Meldung geschahe /merkete Mastyes / daß ein Schade müste eingenommen seyn / welches zuerforschen / er seinen geträuen Diener / der mit Dropions seines Abgefertigten Diener sehr vertraulich wahr / an denselben mit fleissiger Nachfrage setzen ließ / welcher / ob ihm gleich ernstlich von seinem Herrn verbohten wahr / dessen nichts zugedenken / so offenbahrete er doch diesem auff versprochene Verschwiegenheit alles / wie es ergangen währe. Mastyes hielt vor nöhtig / daß dem Könige es vertrauet würde / wiewohl ohn des Anbringers Meldung; Worauff dann Mnata den Abgeschickten mit ernstlichen Worten zu Rede stellete / warumb er so verrähterisch mit ihm umginge / und ihm die Warheit vertuschete / welche ihm von unterschiedlichen andern / so dem Heer beywohneten / mit allen Umständen schon zugeschrieben währe. Dieser verstummete anfangs / und als er des Königes Zorn merkete / bekennete er rund aus / daß ihm / solches zumelden /von dem Feld-Herrn ausdrüklich verbohten währe. Hieraus nahmen Mastyes und Deon gelegenheit /[745] ihren König absonderlich mit Trähnen zuwarnen / er möchte sich doch vorsehen / und bedenken / was es auff sich hätte / daß nicht allein Dropion ihm den wahren Verlauff hinterhalten dũrffte / sondern auch solche Leute umb sich hätte / welche ihm geträuer währen / als dem Könige selbst. Aber es wolte diese Vermahnung noch nicht bey ihm wirken / insonderheit / weil der Abgeschikte / nachdem er sich bedacht hatte / den Feld Herrn zuentschuldigen wuste / daß derselbe seinen König mit so ungenehmer Zeitung nicht betrüben wollen / sondern sich hoch verheissen /sein Schart zuvor redlich auszuwetzen / ehe man in Pannonien davon etwas erführe. Der König hielt darauff Raht mit den Gewaltigen / was man auff Dropions begehren vorzunehmen hätte / und weil dieser noch gar einen grossen Anhang bey dem Könige hinterlassen / wusten dieselben alles nach dessen Willen zufidern. Mastyes wahr sehr sorgfältig / hatte mit Deon und etlichen wenig andern schon überleget /was des Königes und seines Reichs beste seyn würde / und trieb fleissig / daß ein Heer von 150000 Reutern möchte gesamlet werden / mit welchem der König selbst zu Felde ginge; welches zusammen zutreiben äusserster Fleiß angewendet ward / dann die Teutsche Hülffe / deren Dropion selbst gedachte / hielt sie nicht in geringer Furcht / daß die verständigsten es schon unter sich beklageten / daß man den Krieg so liederlich angefangen / und nicht zuvor gütliche Handlung versucht hätte. So bald aber Dropions und aller KriegsObersten anderes Ansuchen wegen eiligster übersendung der Speise Wagen / dem Könige vorgetragen ward / und daß ihr Lager mit allem Vorraht durch blossen Unfall (wie sie sageten) im Feur auffgangen währe / befahreten sich Mastyes und Deon viel eines ärgern / erfuhren auch durch heimliche Geschenke von einem mit übergekommenen Diener / daß alles durch Feindes List und Verrähterey zugangen währe. Jedoch / weil auch dieser beständigst darauff verblieb daß des Feindes Lager in wenig Stunden sich ergebẽ würde / war die Furcht bey ihnen nicht so groß / wiewol Mastyes gnug zuverstehen gab / daß er solcher guten Zeitung wenig trauete / und Dropion mit guten listigen Worten gespeiset würde / wunderte sich auch nicht wenig / daß er von Agis oder Hyppasus /genommener Abrede nach / gar kein geheimtes Schreiben bekam; aber diesen ward viel zu fleissig auff die Hand gesehen / daß ihnen solches zuleisten unmöglich wahr. Es musten alsbald 1200 Wagen auffbrechen und mit allerhand Speisen nach Böhmen zugehen / welche den flüchtigen / wie schon gemeldet / wol zu gute kahmen. Weil dann Dropions abermahlige Gesandschafft (welche er gleich seiner Ankunst auff die Pannonischen Grenzen abgehen ließ) sich angab / nebest Vermeldung / daß man wegen Mangel des nöhtigen Unterhalts / des Feindes Bodem hätte verlassen / und sich zurũk zihen mũssen; entstund daher ein grosses Schrecken / und gedachten Mastyes und Deon nicht anders / als währe das ganze Heer geschlagen; welches eigentlich zuerfahren / sie dem Könige rieten / er solte sich seiner Königlichen Gewalt gebrauchen / und die 8 Abgeschikte absonderlich mit Ernst vermahnen / daß sie ihm den ganzẽn Verlauff umständlich anzeigeten; wodurch diese auch geschrecket / einhellig berichteten / daß sie über 70000 Mann in zweyen Stürmen und kleinen absonderlichen Schlachten eingebüsset / und doch dagegen dem Feinde sehr geringen Schaden getahn hätten; insonderheit zeigete ihrer einer dem Stathalter Mastyes vertraulich an / wie hoch König Ladisla und seine Verwanten von Dropion beschimpffet / und zum Galgen gefodert währen / wodurch [746] derselbe zum Eifer gereitzet / seiner Abgesandten zehne henken / und dem eilften Ohrẽ /Nase und Finger abschneiden lassen; welches dieser mit entsetzen und grossem Herzensprast anhörete /und nebest seinen Vertraueten beklagete / Dropions verwägener Frevel und unverschämter Ehrgeiz nach der Böhmischen Kron / würde ganz Pannonien ins Verderben stürzen. Bald hernach brach die Zeitung aus / die Teutschen und Böhmen hätten Dropions Heer mit überaus grosser Macht ganz umlagert; und als alle Stunden eingebracht ward / was gestalt alles Vieh geraubet / alle Früchte hinweg geführet / und was man nicht fortbringen könte / verbrennet würde /sahen sie die Früchte des unnöhtigen Krieges vor Augen / wolten gleichwol das Herz nicht gar fallen lassen / sondern reizeten den König / daß er eilen /und durch seine Gegenwart den Völkern einen Muht /und den Feinden Schrecken machen solte. Also brach Mnata endlich auff mit 150000 wolbewehretẽ Völkern / über welche er seinen geträuen Hyppasus zum Unter Feldherrn zusetzen willens wahr. Als Dropions 2000 Reuter auff den König stiessen / wusten deren Führer nicht gnug aufzuschneiden / wie viel Feinde sie erschlagen / und wie grosse Verwüstung sie in Böhmen angerichtet; aber der König wolte solchen eiteln Ruhm nicht unbeantwortet lassen / und fragete; wo dann die Siegszeichen / der Feinde Fähnlein und Gewehr währen / und was sie bewogen hätte / als flüchtige davon zulauffen; es währe unerhöret / daß ein so starkes Kriegs Heer ohn gewagete Feldschlacht das Hasen Panier aufgeworffen hätte; Und weil auff diesem Zuge von den Untertahnen nichts überal als klagen und weinen / wegen des überaus grossen Verlustes ihrer Güter gehöret ward / da sie zugleich sich vernehmen liessen / es währe der Feld Herr Dropion mit einer so grossen Macht in seinem Lager ganz stille dabey gewesen / daß sichs ansehen lassen / als hätte er mit den Feinden einen heimlichen Verstand gehabt / ja als ob er ihnen einen Frey Brief / nach gefallen zurauben / zuplündern und zuwürgen erteilet hätte / erzürnete sich der König nicht ein geringes darũber / so daß er willens wahr / das KriegsRecht über die hohen Häupter ergehen zulassen. Als er im Lager ankam / gingen Agis / Hyppasus und Amythaon in trauriger Gestalt zu ihm hin / und klageten sich selbst an / wie sie durch unterschiedliche Unvorsichtigkeit und Versäumniß dasselbe nicht geleistet hätten / was ihnen gebühret / wobey sie gleichwol unangezeiget nicht liessen / daß allemahl die gröste Schuld bey ihnen nicht gewest währe / und daß den listigen und glüklichen Anschlägen des Feindes sie sich nicht bestand befünden / welche allenthalbẽ durchgedrungen / und eine grosse Anzahl ihrer Völker gefressen /da hingegen wol kaum eine Hand vol der feindlichen Völker drauff gangen währen. Jedoch hoffeten sie /bey des Königes Gegenwart es wieder einzubringen wann sie des ergangenen gnädige Verzeihung erlangen könten. Mnata verstund aus ihren Reden wol /was sie gerne klagen woltẽ / und doch nicht durfften /beklagete die erlittene Niderlage / und zeigete an /daß ihnen freilich wolte gebühret haben / sich besser in Feindes Lande und Gegenwart vorzusehen; weil aber es an ihrer Auffrichtigkeit und Träue nicht ermangelt hätte / und man das geschehene nit endern könte / solte ihnen ihr versehen hiemit zugedecket und vergeben seyn / welches sie hernähst würden wissen einzubringen; ernennete auch darauff Hyppasus zu seinem Feldmarschalk über die mitgebrachten Völker / und foderte Dropion vor sich / welcher zu ihm tretend fragen durffte / warumb der König selbst mit überkommen währe. Derselbe aber anzeigete / [747] es währe billich über seine schleunige Zurükkunfft sich mehr zuverwundern / und dz er sich hieselbst von den Feinden hätte einschliessen lassen / als daß er kähme /ihn loßzureissen. Der verwägene Dropion wahr ihm solcher verweißlichen Rede nicht vermuhten / uñ fragete / warumb der König sich seiner überkunfft verwunderte; ob dergleichen Glüksfälle nicht wol ehe vorgangen währen. Mnata kunte länger nicht schweigen / und sagete: Was Glüks fälle? heisset man dasselbe auch Glückesfälle / was man liederlich verübet /und durch Verachtung des Feindes oder andere dergleichen Verwarlosungen ihm selbst zurichtet? heisset man das Glüksfälle / wann man des Landes Plünderung mit leiblichen Augen anschauet / ja den Feind ungehindert abzihen lässet / welcher fünff mahl mehr Beute wieder gehohlet / als man ihm abgenommen hat? Dieser Unhold sahe seinen König mit grimmigen Augen an / und weil er seine Gewalt fest gelegt hatte /daß er bey den meisten KriegsBeamten / ja auch Reichs Bedieneten mehr als der König selber galt /fing er an dergestalt zuschnarchen / und seine dem Reich geleistete Dienste zuerheben / auch schon zu dräuen / daß er seine Hand abzihen wolte / daß der König gnug zuschaffen hatte / ihn wieder zubegütigen / dann ausser Agiß / Hyppasus und Amythaon / hingen ihm alle Feld Herren und vornehme Obersten an /weil sie durch seine Befoderung gestiegen wahren / so gar / daß welche der König gesezt hatte / fast nichts golten / wiewol dieselben durch des Königes Gegenwart nunmehr anfingen / das Häupt auffzurichten /weil sie bey dem neuen Heer eine grosse Anzahl ihres gleichen funden. Agiß und Pyrechmes schlugen sich zwischen die Uneinigkeit des Königes und seines Feld Herrn / da dann die Furcht einer Auffruhr an seiten Mnata / und das böse Gewissen bey Dropion die Vegleichung leicht befoderte / und ward bald darauff algemeine Kriegsbesichtigung gehalten / da sie ihre zusammen gestossene Macht also beschaffen befunden / daß sie sich getraueten ein kurzes Spiel zumachen / brachẽ des dritten Tages nach der unsern Abzuge auff / und führeten 90000 Fußknechte in der Mitte / und an beyden Seiten die Reuter / jeden Flügel 80000 stark / alle miteinander auserlesene Kriegsleute; hatten auch ihre Rũstwagen bey sich / welche auff 6 Wochen Speise gnug nachführeten. Siegward und Olaf waren völlig wieder genesen / und kamen zween Tage nach der Unsern Wiederkunft mit 10000 gesamletẽ Böhmischen Reutern an / dz ihr ganzes Heer in 160000 Mañ bestund / unter denen aber der vierde Teil zum Kriege nit abgerichtet war. Sie verscharretẽ bey ihrer Ankunfft die erschlagenen Pañonier in die Erde / umfassetẽ ihr Lager etwz weiter / uñ befestigten es dergestalt / dz es fast unüberwindlich war. Fleisch / Butter / Brod / Mehl / Salz uñ Wein hatten sie überflüssig von der mitgebrachten Beute / richtetẽ auch eine grosse menge Baköfen uñ gemeine Küchen zu / dz die Völker / hoch und nidrig wol verpfleget /uñ im Gewehr ohn unterlaß geübet wurden / weil sie nit zweifeltẽ sie würden den Feind bald wieder unter dem Wahle haben / wiewol ihre Leute sehr muhtig wahren und ihre Ankunft wünscheten / damit der Krieg bald zum Ende gebracht würde. Neda und Prinsla musten mit 6000 Reutern gegen Feindes Land zureiten / und 200 Mañ je vier und vier eine Meileweges lang vor sich hergehen lassen / mit dem Befehl / daß so bald die ersten etwas gewisses vernehmen würden solten sie ein Zeichen geben / und so fortan / daß die hintersten es schleunig an sie bringen könten. Am sechsten Tage nach der unsern Wiederkunft meldeten diese an / dz der Feind mit einer schier ungläublichen Macht [748] und Menge ihrer Ritterschaft im Anzuge währe / und mit solcher Grausamkeit fort gingen / daß sie keines fruchtbahren Baumes verschonetẽ / auch die Steine auf den guten Acker mit Hauffen außstreueten /ihn zuverderben. Die unsern hielten hierauff Kriegsraht / und teileten ihre Völker solcher gestalt /daß König Henrich / Ladisla / Leches / Prinsla und Gallus das Lager mit 9000 Fußknechten bewahren /die Reuter Flügel aber an beiden Seiten verborgen (wie vormahls) halten solten / jeder 50000 Köpffe /da Herkules / Arbianes / Klodius und Neda den Rechten; Siegward / Olaf / Markus / und Herr Bertram /ein Frey-Herr von der Weser den Linken zubefehlen hatten. Der Feind schlug sein Häuptlager eine gute Meile von den unsern / uñ erkundigte sich fleissig /wessen man sich an dieser Seite verhielte / erfuhren auch daß das Lager mit gnugsamer Manschaft besetzet / und beide Reuter-Flügel in Ansehung des vortelhaften Ortes zur Gegenwehr düchtig und stark genug währe / so daß man sie weder einschliessen noch hintergehen könte; währe also kein besser Mittel / als daß man den Feind zur Schlacht außfoderte. Diesem ward alsbald des ersten Tages nach ihrer Ankunft folge geleistet; aber die unsern gaben zur Antwort; hätten sie auff ihrem Grund und Bodem sich gewegert zu schlagen / solte ihnen ein solches noch zur Zeit ebener gestalt versaget seyn; doch gefiele ihnen wol /daß sie nunmehr beginneten Kriegsart vorzunehmen /und die unredlichen Mordbrenner und Räuber Stükchen angäben / deren sie doch wol auff dem jetzigen Zuge wieder auffs neue gnug möchten betrieben haben / wie wol man ihnen darzu keine Ursach gegeben / noch in ihrem Lande einen einzigen Baum / geschweige ein Haus oder Dorff durchs Feur beschädiget hätte. Agiß hatte dem Könige es zuvorgesaget /daß sie abschlägige Antwort bekommen würdẽ / und der Feind ausser Zweifel den Krieg etwas in die Harre zuspielen gesonnen währe. Ward darauff von ihnen aufs neue umgefraget was vor ein Mittel zum schleunigen Siege vorzunehmen seyn würde. Dropion stimmete abermahl auf eine gewaltsame Bestürmung des feindlichen Lagers / Agiß hielt vor rahtsamst / daß man etwas wieder zurük wiche / und hernach an einem añoch unverderbeten Ort zum Lande nach der HäuptStad zu / hinein ginge / da ihnen der Feind folgen / oder ohn ein befestigtes Lager ihnen entgegen zihen müste. Welche Meinung ihm der König nicht übel gefallen ließ / würde auch wol mit der unsern grossem Schaden ins Werk gerichtet seyn / wañ nicht Dropions ergebene ihn überstimmet hättẽ / daß auch Hyppasus einwenden nicht geachtet ward / in dem er mit guten Gründen ihnen vorstellete / daß solcher Sturm viel Volk fressen / und die Erstreitung des überaus festen Lagers dannoch sehr mißlich seyn würde. Dann Dropion brachte dagegen vor / es mangelte ihnen an gutẽ Wegweisern / uñ würde man auf den engen Durchzügen auffgehalten werdẽ / welche dem Feinde alle miteinander kündig; hingegen / wañ das Lager erobert währe / würde damit die Schlacht zugleich erhalten / der Feind zustreuet / und das ganze Land auff einmahl unter den Gehorsam gebracht; dem der König Beifal gab / insonderheit als sich Dropion mit hohen Schwüren verfluchete / er wolte den empfangenen Schimpf und Schaden rächen / oder darüber zu Grunde gehen / auch durchaus weder Gnade erzeigen noch begehren; welches sehen zulassen er durch stränges anhalten den König darzu bewägete / daß er alles wiedrigẽ rahtens / so von etlichen geschahe / ungeachtet einwilligte / daß ein hoher neuer Galgen vor unser Helden Augen auffgerichtet ward / und man zugleich einen Trometer an das Lager [749] schickete / welcher ohn gesuchten freien Abzug ihnẽ ankündigte /dafern sie sich nit stündlich ergeben / das Gewehr niederlegen / und umb Gnade wegen des geschehenen Verbrechens anhalten würden / solte im ganzen Königreich Böhmen keine lebendige Seele bleiben auch des Kindes in Mutter Leibe nicht verschonet werden; das ganze Land müste zur Wüsteney gedeyen / und König Ladisla nebest allen seinen Anverwanten den jezt auffgerichteten Galgen bekleiden Ladisla hörete dieses mit dem aller bewäglichstẽ Eifer an / ließ ihn hinein führẽ / und fragete ihn mit grimmigen Angesicht / wer ihn so verwägen gemacht hätte / daß er einem Könige in seinem Reiche den Galgen andräuen dürffte; befahl schleunigst einen Galgen oben auff der Brustwehr zu richten / und den frechen Buben daran zuhängen; aber durch König Heinrichs Vorbitte schenckete er jhm das Leben / weil er vorgab / er wolte endlich gerne am Galgen sterben / und es vor eine Gnade rechnen / massen / wann er sich im geringsten gewegert hätte diese Werbung abzulegen /würde ihm der schmerzhafteste Tod auff Dropions Befehl angetahn worden seyn. Doch ließ ihn Ladisla Mutternacket außzihen / mit Koht beschmieren / die Hände auff den Rücken / und einen schäbichten Hund auff die Schulder binden / hernach rũklings ihn auff ein reudiges Pferd setzen / und einen gefangenen Pannonier / nach zustümmelten Fingern / Nase / und Ohren / zugeben / der ihn unter solchen Schmerzen bey dem Zügel hinleiten muste / gab ihm auch diese Antwort / seinem Könige zubringen: Redliche Teutschen und Böhmen währen bißher nicht gewohnet /sich auff Gnade und Ungnade zuergeben / noch ehe sie angegriffen würden / viel weniger dem Diebs-Henker den Hals zum Stricke darzubieten; währe Mnata ein redlicher König / würde er deßgleichen Beschimpffung keinem König- oder Fürstlichem Blute anmuhten; er vor sein Häupt achtete seiner Dräuungen gar nicht / durch welche er sich nicht als ein König /sondern als ein schändlicher Wüterich erzeigete / dem er aber sein Schwert entgegen setzen / und ihn versichern wolte / dafern die Galgen Bedräuung nit in 24 Stundenfrist widerruffẽ würde / wolte er eben denselben daran henken lassen / der ihn auffzurichten befohlen hätte. Hiebey gab er ihm einen offenen Außfoderungs-Brief an Mnata / welcher also lautete:

Mnata / währestu ein redlicher König / würdestu Königl. Hocheit nimmermehr biß an den Diebes-Galgen beschimpffen / insonderheit / weil man dir nicht / als Kriegsrecht / und zwar anff gelinde Weise hat wiederfahren lassen. Weil dann dieser Schimpff gar zu schändlich /und der Anstiffter dessen nicht wert ist / daß er eines Königes Nahmen tragen sol / hastu dich solcher Benennung selbst beraubet / die ich dir sonst nicht würde gewegert haben. Damit du aber sehest / wie gering ich deinen Troz halte und schätze / habe ich dir deinen Bohten in solcher gestalt wieder geschikt / wie du es verdienet hast; Und dafern noch eine Ader eines redlichen Königes und Ritters an dir ist / so stelle dich mit rittermässigem Gewehr ein zwischen meinem und deinem Lager / woselbst ich deiner warten / und von dir nicht scheiden wil / es sey dann / daß du oder ich durch das Straff-Schwert abgeschlachtet werde. Wegerstu dich dessen / so schrecket dich deines Gewissens Brandmahl / und machest dich selbst zu einem solchen / der keines redlichen Königes Schwerts wirdig sey.


Ladisla dein geschworner Feind.


Der elende Trometer brachte seinem Könige diese Antwort nebest dem Absagsbrieffe; welcher nebest seinem Dropion und den andern Obersten / sich nicht anderst geberdete / als wolten sie unsinnig werden. Das Ausfoderungs-Schreiben ward gelesen / und umbgefraget / was zu tuhn währe; da Dropion zwar den Kampf nicht rahten durfte / und ihn doch herzlich gerne gesehen hätte / währe ihm auch lieber gewesen /daß sein König / als Ladisla [750] den kürzern gezogen hätte. Aber Agiß erwies durch hochwichtige Ursachen / daß solchen Kampf sein Heer keines weges zulassen könte noch solte; wobey es auch sein verbleiben hatte. Doch erkläreten sie sich einhellig / den Schimpf noch vor der Soñen Untergang grausamlich zu rächen / daß keinem hinfort gelüsten solte / dem Pannonischen Könige und seinem unũberwindlichen Kriegsheer einen schäbichten Hund zuzuschicken. Es musten 10000 Reuter absitzen / und zu dem Fußvolke treten / daß ihre Zahl auff 100000 vol ward. Das Lager besetzeten sie mit Fuhrleuten und andern unnützen Gesinde / und teilete Mnata mit Dropion die Reuterey gleich / daß jeder 75000 Pferde führete / welche Zeit des Sturms in voller Schlachtordnung halten solten. Dropion wahr so stolz / daß er an seinen König begehren durfte / ihm den Bömischen König zur Straffe überzulassen / so bald er würde gefangen seyn; befahl auch dem Fußvolk / sie solten ihn nicht erschlagen / sondern lebendig greiffen. Mnata munterte die seinen zur Herzhaftigkeit auff / sie solten nur betrachten / was vor einen unablöschlichen Schimpf man ihrem ganzen Volke durch überschickung des schäbichten Hundes angelegt hätte / welchen auszudeuten man keines Dolmetschers bedürfte / gestaltsam der nichtige Böhme (so nennete er Ladisla) schon im vorigen Zuge die Pannonier vor Hunde / und ihre Anfoderung vor ein Hundisches bellen hätte schelten dürffen; es währe solcher Hohn tausendmahl bitterer / als der Tod selbst; dann dieser brächte einem redlichen Mañe keine Schande / jenes aber beschimpfete ihn so hoch /als weit ein Hund geringer dann ein Mensch währe. Abbitte währe davor viel zu schlecht / es müste solcher Frevel mit dessen Blute ausgesöhnet werden / der ihn begangen hätte; deswegen solten sie ihrer angebohrnen und durch die ganze Welt beschriehenen Mannheit eingedenke seyn / und mit wenigen zu sagen / nur sich erinnern daß sie Pannonier währen /alsdann würde einem jeden seine Schuldigkeit es schon zuruffen / was ihm gebühren wolte; er selbst währe willens / den rechten Flugel anzuführen / wann der Feind mit seiner Reuterey loßbrechen wũrde / biß dahin er auff einem Hügel halten / und eigentlich acht drauff geben wolte / wer seine Tapferkeit am besten gebrauchen würde / wiewol er an keinem im geringsten nicht zweifelte. König Henrich unterließ nicht /den seinen den Muht gleichergestalt zuerwecken; sie solten nicht des Feindes menge ansehen / noch sein wüstes Geschrey achten / sondern ihnen nach dẽ Fäusten sehen / uñ sie daselbst angreiffen / wo ihnen am besten beyzuko en währe / welches allen und jeden nicht solte unvergolten bleiben / ungeachtet sie schuldig währen / vor das Vaterland und vor ihre Könige streitend zu sterben. Damit höreten sie / daß das Zeichen zum Sturm gegeben ward / und ein so gräuliches Geruffe sich erhuhb / daß wol ein gnug herzhaftiger dadurch solte bewäget seyn / und wahr inwendig einer halben Stunde der doppelte Graben an zehn Orten 25 Schuch breit ausgefüllet. Weil dann die Pannonier die Gefahr des ehemaligen Sturmes noch in frischem Gedächtnis hatten / macheten sie sich mit Hacken und Schauffeln an den auffgeworffenen Wahl / der meinung / ihn niderzureissen / und einen ebenen Eingang zumachen / welches ihnen anfangs glüklich von statten ging / dz sie drey zimliche Strassen zur helfte hindurch arbeiteten. Ladisla entsetzete sich in etwas vor dem gräuliche toben / aber sein unüberwindliches Herz fassete bald festen Stand / und befahl er / daß 6000 Mann ausfallen und die Arbeiter angreiffen solten / welches so wol glückete / daß sie ohn verlust eines einzigen Mannes / 2000 niderschlugen / und ihr Werkzeug davon [751] ins Lager brachten; doch wolte sichs in die harre nicht treiben / dann der Feind drang gewaltig auff sie zu / umb ihnen den Weg nach der Seitenpforte / von dannen sie kommen wahren / abzuschneiden; daher sie sich wieder davon machen musten / und verlohren im Abzuge 300 Mann / nahmen doch dabey 1400 Feinde mit sich in den Tod / und wurden ihres wolverhaltens von Freunden und Feinden gepreiset. Nach ihrem Abscheide ging das Hacken von neuen an / doch nicht mit vorigem Eifer /weil sie sich eines abermahligen überfalles besorgeten / welcher ihnen auch bald über den Hals kam; dann auff der andern Seite ließ König Henrich 8000 hinaus eilen / die mit kurzem Gewehr ein heftiges Gemätsche triebẽ / daß endlich die Gräber die Flucht nahmen /nachdem ihrer 3000 erschlagen / und so viel verwundet wahren / davon hernach nicht 300 lebendig blieben; sie aber dagegen auch 400 einbüsseten. Der feindselige König muste dieses mit Augen ansehen /und kunte ihnen doch den Entsaz nicht so eilig zuschicken / daher er das niderreissen verbieten / und zum Sturm auffblasen ließ. Inwendig dem Lager hatten die unsern nicht gefeiret / sondern hinter dem Wahle / da der Feind arbeitete / tieffe Wolfes- gruben auffgeworffen / und mit dünnen Reisich bedecket /welcher anschlag sehr wol gelung / dann weil an solchen Orten der Wahl am leichtesten zuersteigen wahr / lieffen die Feinde daselbst mit grossem Eifer an /und als ihnen wenig Wiederstand von forne zu geschahe / drungen sie leicht hinüber in das Lager / und stürzeten sich hauffens weise in die Gruben / worinnen sie jämmerlich und mit grossem Geschrey / teils sich mit ihren Schwertern beschädigten / teils sich unter einander erdrücketen / daß ihrer auff solche weise 1600 umbs Leben kahmen / und die Nachfolger zücketen / die nicht hinüber wolten / weil sie sahen /wie erbärmlich es den ihren erging. Draussen wuste man nicht was der anlauffenden Stuz bedeutete; dann ob diese gleich die Ursach anmeldeten / kunte mans doch wegen des vielfältigen Geschreyes nicht vernehmen / biß sie endlich den Betrug muhtmasseten / und diese Lücken verlassend / den ganzen Wahl teils hinauff kletterten / teils mit Leitern bestiegen / aber von den unsern mit langen Spiessen dergestalt empfangen wurden / daß ihrer im ersten Anlauffe 3000 Tod zurük fielen / welches alles ihr König ansahe / und mit ihnen zwar mitleiden trug / aber aus heftigem Grim nicht desto weniger befahl / den Sturm unauffhörlich fortzusetzen. Da ging es nun ũber und über; die ganze Seite des Wahles wahr im Augenblik mit Feinden erfüllet / die mit Steinwerffen den unsern sehr gedrange tahten / und man ihnen durchaus nicht steuren kunte / daß sie drey unterschiedliche Löcher durch den Wahl brachen / durch deren äusserstes nach der Rechten zu / sechs Mann neben einander streitend hindurch dringen kunten; wehrete auch nit lange / daß in die 4000 Feinde inwendig des Lagers sich befunden / welche mit den unsern einen herben Streit anfingen / und zugleich der ihren immer mehr und mehr an sich zogen / welches doch Ladisla mit willen geschehen ließ / biß ohngefehr 10000 durchgedrungen wahren / da muste Leches und Gallus von der Rechten /Fabius und Prinsla von der Linken die Lücke verhauen / daß niemand mehr durchdringen kunte; Ladisla aber trat mit grossem Volke auff sie zu / schloß sie enge ein / und hörete nicht auff / biß sie alle niedergesäbelt wahren; worüber sie doch 3000 im Stiche liessen / weil jene aus verzweifelung fochten / uñ nicht ungerochten sterben wolten. Es wahr ein solches Elend und Jammer / desgleichen nie mochte gesehen seyn / dann aus den Tohren des Lagers flossen Bächlein Blut hinaus / und stelleten sich die unsern so häuffig [752] auff den Wahl / daß der Feind nicht mehr belieben trug hinan zuklimmen / weil sie keinen lebendigen wiederkommen sahen. Mnata hätte den Sturm gerne weiter fortgesetzet / aber Agiß und etliche geträue Obersten mehr / wiederrieten solches; es währe gar zu kühn gewaget / eine so grosse menge der Feinde in ihrem Vortel anzugreiffen / da ihrer zehn so gut drinnen / als 60 draussen währen; man müste den Feind durch Hunger (welches doch unmöglich) oder durch einẽ andern Einfal zur Feldschlacht dringẽ /sonst würde die Gefahr und der Verlust zu groß / auch der Gewin oder Sieg zu zweifelhaftig seyn; wodurch er sich dann bereden ließ / daß er den Abzug gönnete / dessen die unsern wol zu frieden wahren / weil die tapfersten sich sehr abgemattet / 7000 überal eingebüsset / und 5000 beschädigte hatten; da hingegen der Feinde 28000 geblieben und 13000 hart verwundet wahren. Auch hatte König Henrich fũnff / wiewol geringe Wunden bekommen / dañ vor dißmahl hatte er den härtesten Stand gehalten. Dannoch aber wolte Ladisla seinen Heldenmuht sehen lassen / und befahl Leches und Prinsla / mit 15000 Mann auff den abzihenden Feind auszufallen / welche dann gnug spüren liessen / wie gehässig sie den Landverderbern wahren. Aber die Feinde stelleten ihnen auch keine Kinder entgegen / daher ein hartes Treffen entstund / welches schier eine ganze Stunde wehrete / weil ein jeder den seinen frischen Entsaz zuschickete / daß endlich die Feinde den unsern zu schwer fallen wolten / als welche im offenen Felde ihrem Könige zu zeigen sich bemüheten / daß es ihnen weder an Kraft noch herzen gefehlet / sondern nur des Orts ungelegenheit hinderlich gewesen währe; daher dauchte den unsern am rahtsamsten seyn / sich zurücke zuzihen / uñ dem Gefechte anstand zu geben / nachdem hieselbst an Feindes seiten 5000 / und der unsern 4000 gestrecket lagen. Ladisla wagete diesen Ausfal wieder Herkules gutheissen / als welcher solches ernstlich wiederrahten hatte / und dem Treffen zusahe / fand aber keine Gelegenheit / dem Fußvolk mit der Reuterey zu helffen / biß dieser Abzug geschahe / da nam er seiner Schanze wahr / brach mit 4000 Teutschen / deren 1500 Schlachtschwerter führeten / dem Feindes Fußvolk zur seite ein / und fing ein solches Gehacke an /dz ihm 20000 weichen musten / deren er doch 6000 in den Tod schickete. Der Feind wolte diesem Unwesen länger nicht zusehen / und ließ 8000 Reuter auff ihn ansetzen / die mit grosser mühe durch ihr eigen Fußvolk hindurch brachen / und deren nicht wenig ertraten / ehe sie Herkules erreichen kunten / der sie zeitig gnug kommen sahe / noch 3000 der seinen zu sich foderte / und die herandringenden ganz unerschrocken und mit guter vorsichtigkeit in geschlossener fester Ordnung empfing / die doch nach kurzem Gefechte sich bald wieder zurük zogen / teils / weil sie vor den grossen Schwertern nicht bestehen kunten / teils in meinung / die unsern zu locken / daß sie mit der Menge umbgeben / und also erschlagen werden könten. Aber Herkules roch den Braten / und folgete nicht so hitzig nach / hatte doch mühe / die seinen abzuhalten / welches er noch endlich mit dem Trometen-zeichen tuhn muste. Der Feind ward mit 6000 gestärket /und ging auffs neue auff ihn an / dessen er sich mit seinem Häuflein nicht wegerte / mischete sich freudig unter sie mit seinem ädlen Blänken / und hielt ein so ernstliches Treffen / daß / ungeachtet der Feind an Mañschaft fast eins so stark wahr / er sie dannoch auff die Weichseite brachte / nachdem er ihren obersten Führer / und fünff andere ansehnliche Ritter mit seiner Faust erleget hatte. Die Feinde liessen noch 5000 im stiche / und büsseten die unsern nur 600 ein. Es zog sich eine feindliche Schaar 8000 [753] stark / enge zusammen / des vorsatzes ihm von hinten zu den Weg zuverlegen / aber weil er seine Bestreiter schon auff die Flucht gebracht hatte / nahm er seinen Abzug /ehe diese ihm so nahe kommen kunten. Dropion hatte an seinem Orte dieses Reutertreffens Kundschafft erhalten / ließ deswegen auch eine Schaar 9000 stark sich gegen Siegward nahen / dem Olaf mit gleicher Anzahl entgegen ging und sich dergestalt bezeigete /daß in kurzem 4000 Pañonier absattelten / uñ die übrigen sich nach Entsaz umbsahen / welcher ihnen auch 15000 stark / zeitig gnug kam; aber Olaf wuste /daß man nicht willens wahr / eine Feldschlacht zu wagen / daher zog er sich wieder nach seinem Gewarsam / und hinterließ 1600 Todten. Gegen Herkules hatten sich auch 16000 ins offene Feld gesetzet / aber niemand fand sich / der ihnen begegnen wolte; welches der Feind ersehend / schier rasend worden währe / durffte doch mit den Reutern sich nicht zu weit vertuhn / weil er allerhand hinterlistige Auffsätze befahrete / und gereuete ihn schon / daß in Auffrichtung des Galgen er eingewilliget / ja den unnötigen Krieg angefangen hatte / weil er nicht allein sahe / daß die unsern sich ihrer Haut redlich erwehren / und umb den Sieg mit ihnen spielen wolten / sondern auch handgreifflich zumerken begunte / daß Dropion alles zu seinem eigenen besten getrieben hatte. Hingegen zierete Ladisla seinen blutigen Wahl mit 60 Fähnlein aus / welche der Feind zurücke gelassen hatte / freuete sich auch des von Gott verliehenen Sieges / massen der Feind diesen Tag 39300 zu Fusse / und 10000 zu Roß eingebüsset / und sie dagegen nur 11000 Fußknechte / und 2200 Reuter zugesetzet hatten. Als der Feind sahe / daß er sein Schart vor dißmahl nicht auswetzen kunte / ließ er zwey absonderliche Reuter-Heer / jedes 14000 stark / von beyden Seiten ins Land gehen / mit Befehl / alle Menschen zuerwürgen / Flecken und Dörffer anzuzünden / und das Vieh überzutreiben. Daß er aber die unsern in der Furcht behielte /und ihnen die Nachfolge wehrete / stellete er sich zur HauptSchlacht; das übrige gesunde Fußvolk 48000 in die Mitte / und zu beyden Seiten henkete er die Reuterey als zween Flügel an / jeden zu 50000 stark / und musten die übrigen 12000 Pferde / teils umb ihr Lager her halten / teils hin und wieder im Felde reiten / umb zuerforschen / ob die unsern den ausgeschikten nachgehẽ würden. So bald Herkules dessen inne ward / erklärete er sich / den Feind im offenen Felde durch eine algemeine Schlacht anzugreiffen / weil er ihm gewachsen war / taht Ladisla und Siegwarden solches zuwissen / und zog alle Völker zusammen. König Henrich blieb wegen seiner Verwundung mit 6000 im Lager; Ladisla / Fabius und Gallus führeten 38000 heraus zur Schlacht. Herkules / Arbianes / Leches und Klodius nahmen den rechten Flügel 48000 Reuter; Siegward / Olaff / Neda / Markus und Prinsla den Linken 50000 stark. Mnata ward dessen zeitig berichtet / zog nicht allein die 12000 Reuter wieder an sich /sondern sendete auch den beyden ausgeschikten Schaaren eilige Botschafft zu / mit Befehl / alsbald wieder umzukehren; wolte sich doch nicht in das offene Feld zihen / sondern blieb nahe bey seinem Lager stehen / und erwartete des Angriffs in seinem Vortel; welches Herkules nicht schreckete / sondern Leches mit 6000 loßbrechen ließ / dem eine gleiche Schaar begegnete / aber mit solcher Vorsichtigkeit / daß von den unsern mehr als der Feinde verwundet wurden /und Leches es abzuwenden umsonst bemühet wahr /ursach / er hatte grossen teils unerfahrne Böhmen bey sich. Im andern Flügel taht Neda mit 7000 den ersten Anfal / aber ehe er sichs versahe / gingen ihm 9000 gerade auff den Leib / dz [754] er bald im Anfange 1600 einbüssete / und hinter sich zuweichen gezwungen ward / biß ihn Prinsla mit 3000 entschüttete / da brachte er den Schimpff bald wieder ein / und erschlug der Feinde 2200. Leches wolte nicht nachlassen / so wahr sein verschlagener Wiedersacher nicht willens / mit ganzer Macht anzubeissen / worüber er seine Völker zu weit wagete / daß ihm 1600 mehrenteils Böhmen hart verwundet / und 1400 erschlagen wurden / daher Klodius ihn zuentsetzen befehlichet ward / der mit 3000 auff den listigen Feind anging /gar zeitig durchbrach / und mit Leches Hülffe 2000 fellete / und 600 verwundete. Herkules ließ Ladisla und Siegwarden zuentbieten / sie solten in Gottes Namen mit der ganzen Macht den Angriff tuhn / und ging er gleicher gestalt so eiferig loß / daß er gnug sehen ließ / daß er nicht willens währe / ohn eine sonderliche Taht abzuzihen. Aber die Feinde wolten doch nicht mehr / als der unsern Anfal Beschützungsweise ablehnen / daher das Schwert nichts sonderliches verrichtete / ohn Ladisla mit dem Fußvolke wirkete das meiste / daß des Feindes / bey welchem der König selber wahr / gar zeitig zurük wiche / und sich in des beschanzete Lager zog. Als nun Ladisla hierüber zu kühn ward / fiel ihm Dropion mit 9000 Reutern zur seite ein / uñ taht ihm nit geringẽ schadẽ / biß Siegward selbst mit 12000 zu hülffe ging / und der Pannonier sich an dem verrichtetẽ wol vergnügẽ ließ; wiewol er im Abzuge 1000 Reuter einbüssete / nachdem er 2500 von unsern Fußvölkern erschlagẽ hatte jedoch auch dz Pañonische Fußvolk 4000 auff dem Platze ließ / und von den unsern nur 600 auffrieben. Endlich drang Herkules kräftige Faust durch an seinem Orte /daß bey diesem Flügel es zum vollen Treffen kam / uñ ein grosses Blutbad vorging / da hingegen Siegward und Olaff die ihrigen mit grosser Mühe von der Flucht abhielten; Ladisla aber gar nichts mehr verrichten kunte / weil Mnata wieder seine Gewohnheit sich mit den Fußvölkern im Lager enthielt / uñ der Reuterey gleicher Gestalt Befehl erteilete / hinter sich zuweichen; wodurch Siegward Luft bekam / und Herkules den völligen Sieg nicht behaupten kunte; über dessen Gefechte Mnata sich am meisten verwunderte /und in Furchten stund / er würde ihm den ganzen Flügel zuschanden machen. Wie nun solcher Gestalt der Feind weder schlagen noch weichen wolte / sahen die unsern von beiden Seiten einen grossen Staub auffgehen / und merketen bald / daß es des Feindes abgeschikte Völker wahren / deßwegen nahmen sie den Abzug / und wahren zimlich betrübet / daß so viel Volk darauff gangen / und doch nichts Hauptsachliches verrichtet wahr; dañ über vorgedachte hatte Siegward noch 4000 uñ Herkules 600 verlohren / ingesamt 7600 Reuter / 3100 Fußknechte. Hingegen missete Agiß im linken Flügel 8800 Mann über die obgedachten / und Dropion im rechten noch 2000; ingesamt 16000 zu Pferde und 4000 zu Fusse. König Mnata / wie streitbahr er sonst wahr / wolte vor dismahl nicht mit fechten / dann ein Pannonischer Pfaffe / welcher ihm zu unterschiedlichen mahlen zukünfftige Dinge vorher angezeiget hatte / warnete ihn heimlich / kurz vor der Schlacht / er solte diesen Tag sich nicht ins Gefechte begeben / wo er sonst nicht seine Gesundheit / oder wol gar seyn Leben verlieren wolte; deßwegen hielt er sich zwischen dem Fußvolke / und taht Befehl / wessen man sich verhalten solte / wodurch er aber die seinigen zaghaft machete / weil sie dessen an ihm nicht gewohnet wahren; insonderheit entsetzete sich die Reuterey sehr darüber / daß er mit dem Fußvolke so zeitig den Abzug ins Lager nam da er doch stärker als der Feind wahr / und noch keinen sonderlichen Abbruch erlitten hatte / [755] viel weniger sich befürchten durffte / daß ihm von des Feindes Reuterey Einfal geschähe / weil die Flügel ihm Sicherheit gnug hielten. Der hochmuhtige Dropion / welcher schon etliche Jahr her mit gefährlichen Sachen wieder seinen König schwanger ging / und ihn nur des gemeinen Volks Liebe zu ihrem Könige abhielt / sein Vorhaben ins Werk zurichten / meinete hieselbst Gelegenheit zuhaben / ihm eins anzuwerffen / und beschwerete sich gegen die Obersten / niemand als der König hätte den Sieg durch sein furchtsames weichen verhindert /dann sein Gegener wie kühn er auch gefochten / hätte sich kaum in der Ordnung halten koñen / welchen er in einer halben Stunde Schachmat wolte gemacht /und hernach dem andern Flügel auch seine Faust zuerkennen gegeben haben; nun hätte man an Stat der Uberwindung nur Schande / an stat der Ritterlichen Ehre / Verachtung erstritten. Der meiste Teil war der Meinung / es könte nicht schaden / daß man den König drüber zu Rede stellete / und seines Abzuges Ursach zu wissen begehrete; aber ihrer etliche hielten solches zustränge. Er Mnata selbst zweifelte nicht /die Reuterey würde seinen Abwich nicht zum besten empfunden haben / dessen / die Warheit zusagen / die Furcht Ursach wahr / hatte sich aber doch einer Entschuldigung besonnen / ging zu den versamleten Obersten / und fragete was ihre Beredung währe; worauff Dropion zur Antwort gab; sie beklageten untereinander ihren Unfal / daß wegen Ausweichung des Fußvolks ihr herlicher Sieg / welchen sie schon mehrenteils in Händen gehabt / ihnen entrissen währe. Der König gab zur Antwort; sein Abzug währe nit aus Furcht oder Unvorsichtigkeit geschehen / sondern als er dẽ Feind hätte so stark auf ihn zudringen gesehen /währe er hinter sich gangen / seinen Reutern Raum zumachen / daß sie von beiden Seiten in der Feinde Volk fallen / und ohn verlust ihr FußHeer auffreiben solten / welches Feldmarschalk Dropion an seinem Orte sehr wol verrichtet / wann nur der ander Flügel sich gleicher gestalt auch bezeiget hätte; welcher aber nit allein diese Gelegenheit aus der acht gelasse / sondern auch des FeindesReutern schlechten Wiederstand geleistet hätte. Agiß der Reichs Marschalk hatte diesen Flügel geführet / und vorsichtig gnug gefochten /nur daß ers mit Herkules zutuhn hatte. Er wahr des Königes allergeträuester Raht und Diener / hatte auch von Anfang her ihm diesen Krieg wiederrahten / aber durch andere überstimmet / einwilligen müssen / und taht ihm sehr weh / daß er sich unverschuldeter Sache muste rechtfertigen lassen / deßwegen er diese Schuzrede vorbrachte. Allergnädigster König; wie ich mich bißher in meinen Ritterdiensten im Kriege und Feldzügen verhalten / weiß ihre Königl. Hocheit selbst / und das ganze Land; scheuhe mich auch nit /dessen allemahl Rede und Antwort zugeben; ich gestehe aber gerne / daß die meinen vordißmahl den lezten Stand nicht gehalten / noch des Feindes Wuht abtreiben können / dann sie hattens auch nicht mit Böhmischen Bauren / sondern mit dem außerlesensten Kern der Teutschen Ritterschaft und SchlachtSchwertern zutuhn; so wahr ihr Führer nicht ein ungeübeter wehrloser / sondern der in aller Welt gepreisete Herkules / wie man ihn an seinen Tahten und unbendigem Pferde leicht hat erkennen mögen / und haben mich die Götter nicht darzu ersehen / daß ich der erste ihm ansiegen sol; dann warumb solte ich diesem Helden sein Lob nicht göñen / welches in unsers ganzen Heers Munde schwebet? Ich gestehe / daß ich ihm nicht habe können die Wage halten / noch seinen hefftigen Einbruch verhindern / wiewol ich ihm dannoch nicht entlauffen bin. Darff ich aber / gnädigster [756] König / darff ich die Ursach meiner Niederlage bekennen? so träget des Fußvolks Abzug daran die gröste Schuld /dann hiedurch ward mir die Iñerseite geblösset / und zwar mir unbewust / und wider alles mein vermuhten / dessen der Feind sich gar wol hat wissen zu nutze zumachen. Aber Ihre Königl. Hocheit beschuldigen mich / ich hätte es übersehen / und des Feindes Fußvolk nicht angefallen. Sehr gut / gnädigster König /wann ich einen ohmächtigen und geringen Feind vor mir gehabt hätte. Weil ich aber schon beyden Fäusten Arbeit fand / wie kunte ich dann noch einen neuen Feind anfallen / da mir der eine schon mehr als gewachsen wahr? Herkules lässet sich nicht nur oben hin auffhalten; an welchem Orte derselbe fechtet / ist die ganze / nicht nur halbe Auffsicht und Krafft nöhtig. Man frage nur diese drumb / welche schon heut mit ihm sich versuchet / und mit gedoppelter Macht zuweichen sind gezwungen worden / da ich kaum eine gleiche Manschafft mit ungleichem Gewehr wider ihn angeführet. Zwar ich möchte wünschen / daß ich nicht allein ihn hätte auffhalten / sondern gar lebendig fahen können / aber in meiner Krafft / gestehe ich gerne / ist es nicht gestanden; solte ich nun deswegen straffbar seyn / was würden dann die heutigen Bestürmer ihres Lagers zuverantworten haben? Schließlich weiß Eure Königl. Hocheit / daß wegen meines herzu kriechenden Alters ich mich entschuldiget und gebehten habe / dieses hohe Amt einem andern auffzutragen; Ich wolte gerne mit fechten / auch allen möglichen Raht aussinnen helffen / aber es hat mir ja so gut nicht werden können; bitte demnach untertähnigst und von Herzen / Ihre Königl. Hocheit wolle mich allergnädigst entschuldiget halten / und sich versichern / daß dieselbe mich nicht allein unter ihre geträuesten Diener / sondern auch eiferigsten Liebhaber des Vaterlandes und Ihres Königlichen Stuels wol zählen darff. Feldmarschalk Dropion hatte sich vor diesem Manne stets am meisten / wegen seiner Auffrichtigkeit und Träue gefürchtet / und viel Mittel angewendet / ihn auff seine Seite zubringen /aber bißher vergebens / weil er nicht den Eigennuz /sondern des Reichs und seines Königes Wolfahrt suchete. Hier aber meinete er ihn zustreicheln / und wider den König anzuhetzen / und fing nach dessen geendigter Rede also an: Je wann ein redlicher Ritter und KriegsOberster deswegen zurecht stehen sol / daß er des Feldherrn verschwiegene Gedanken nicht hat sehen / und denen sich gemäß bezeigen können /wolte ich lieber ein gemeiner Landsknecht seyn; Ich zeuge / und alle die zugegen sind / daß Herr Agiß GroßOber Wachtmeister an seinem Ort keine Mögligkeit hat ermangeln lassen / sondern das Glük ist ihm zuwider / und auff seines Feindes seite gewesen. Der König hörete schon / wo dieser hinaus wolte / fiel ihm deswegen in die Rede / und sagete: Ich habe ja meinen GroßOber Wachtmeister und Reichs Marschalk weder angeklaget noch vor das Kriegs-Recht gefodert / sondern bloß nur meine Meynung angedeutet; bin ich nun in derselben betrogen worden / wie ich nunmehr gestehe / werde ich ja deßwegen noch zu keiner Rechtferngung gehalten seyn. Ich wil bekennen / daß mein Abzug der sehr wol gemeynet wahr / übel gerahten ist; aber euer Abzug / Feldmarschalk biß an des ReichsGrenzen hat uns auch wenig Vortel gebracht /welches ich euch sagen muß / weil ihr euch nicht scheuhet / mich euren König zurechtfertigen; und haben unsere Feinde sich vor dißmahl nicht groß zurühmen / massen der Schade noch nicht so übergroß /und an beyden Seiten fast gleich seyn wird; möchte auch wünschen / daß bey dem heutigen ganz unglüklichen Sturm ich deren Raht [757] gefolget hätte / welche mir den zeitigern Abzug rieten / solches solte mir ungleich grössern Vortel / als mein heutiger Abzug Schaden / gebracht haben. Die Ankunfft der ausgeschicketen ReuterSchaaren hinderten ihn weiter zureden; dann als diese eine so grosse Menge der erschlagenen / und doch keine Feinde sahen / riessen sie alle / wo dann ihr König / und ob er noch im Leben währe; daher er sich ihnen zeigen / und sie befriedigen muste. Dropion hatte grossen Verdruß daran / daß der König ihm so verweißlich zuredete; weil es aber noch nit Zeit wahr / sich zurächen / fraß ers in sich / und nahm mit seinen Verschwornen gefährliche Händel vor. Agis aber suchete Gelegenheit / mit seinem Könige absonderlich zureden / und da er bey ihm allein wahr / sagete er zu ihm: Eure Königl. Hocheit erinnern sich gnädigst / Mastyes und meiner mehrmahligen geträuen Warnung / den Feldmarschalk betreffend / und versichern sich / daß er noch diese Stunde nicht mit guten Gedanken umgehet; die Götter wenden nur gnädig ab / daß eben er nicht ein grösser Feind seines Königes / als der Böhmische König sey; eines weiß ich versichert / daß er diesen Krieg weder unserm Reiche noch seinem Könige zum besten angestifftet hat / sondern dieses ist seine Andacht / wann er König in Böhmen ist / wolle er Pannonien auch wol behäupten. Und warumb hindert er / daß Eure Hocheit nicht wieder heyrahten sol? Je daß kein gebohrner Erbe zur ReichsNachfolge seyn möge / nachdem der einzige vor zwey Jahren / durch unvermuhtlichen Tod unter augenscheinlichen Gifftzeichen beyseit geschaffet ist. Eure Königl. Hocheit weiß sehr wol / wie geträulich ich und Mastyes diesen Krieg wiederrahten /da wir uns nicht so sehr vor den Feind / als vor unsern eigenen Feldherrn gefürchtet / und dazumahl es so teutsch nit ausbeichten dürffen / und wolte Gott / man hätte unsere eingeführte Ursachen auf die Wage der gesunden Vernunfft geleget; doch die jungen Rahtgeber / die von Dropion alle mit einander wahren zu Ehren gebracht / musten mit ihrer grossen Menge der einträchtigen Stimmen durchdringen / in welchen sie gewißlich mehr Beleidigungen richteten / als uns angetahn sind; aber lebet auch noch wol die Helffte von ihnen? 6 sind von den Feinden auffgeknüpffet / und 15 in Stürmen und Schlachten drauff gangen / da sie zweifels ohn ihren blutgierigen und ungeträuen meinäidigen Raht viel zuspät werden bereuet haben. Jedoch / weil der Streit angefangen ist / muß er redlich ausgeführet werden / und verhoffe ich nicht lebendig /als nur wie ein Obsieger aus Böhmen zuzihen. Eure Hocheit setzen ein Geboht / (ich rede dieses aus den allerhochwichtigsten Ursachen / auff welchen meines Königes Heil und Leben beruhet) daß wer inkünfftig aus der Schlacht entrinnet / und das Feld verlässet / er sey hoch oder niedrig / solle Ehr / Gut / und Leben verwirket haben. Aber diß ist mein Raht / daß man alle mögliche Mittel ergreiffe / den Feind zur Schlacht zubringen / ehe uns ein ander Feind mördlich anfalle. Ich weiß wol / was vor Reden ich schon von dem Feldmarschalk gehöret habe: Dem Könige sey das Herz entfallen; Er dürffe bey der Reuterey nicht fechten / halte sich hinter dem Fußvolke / und meide die Wunden. Was kan hieraus entstehen / als Auffruhr? Ich rede mit meinem Könige vertraulich / und wolte wol ein mehres reden / wanns nicht noch zur Zeit zu unzeitig währe. Dieses versichere sich Eure Königl. Hocheit / daß ich des Feldmarschalks Gnade und Heuchelgewogenheit / nach bewuster ehmaliger Beschimpff- und Verfolgung leicht haben könte / welche er mir durch sich selbst und durch andere anbeut; aber ich wil lieber unter dem MeuchelSchwert / wie [758] schon andern geschehen ist / sterben / als an meinem Könige im geringsten träuloß werden. Ists aber möglich / so unterdrücke Ihre Königl. Hocheit meine vertrauliche Reden / biß sie wieder in ihr Land kommen / und des äusserlichen Feindes entladen sind / alsdann wil derselben ich ihren innerlichen viel schädlichern mit solchen unfehlbaren Beweißtuhmen vor Augen stellen / daß Sie sich selbst verwundern wird / wie sie dem Verderben hat können entgehen. Im Felde fürchten sich dieselbe nicht / und befehlen mir allemahl in beysein Dropions oder anderer / daß Ihrer Hocheit ich die mir genenneten Häuptleute mit ihrẽ Schaaren zur Leibwache herschaffen solle. Auch ordnen dieselbe es nach diesem / da es ihr gelieben kan / also / daß der Feldmarschalk wider des Feindes rechten Flügel / in welchem Herkules / gewißlich ein treflicher und ehrliebender Held streitet / gehen möge. Der Ruhm / welchen er mir gab / ging nit von Herzen / sondern von Eurer Hocheit mich abzuzihẽ / war es angesehẽ / und währe dieselbe ihm nit in die Rede gefallen würde er seine Boßheit wider seinẽ König erst recht ausgeschüttet habẽ; aber alles der Zeit uñ Geduld befohlẽ; ich wil nit unterlassen / vor meines Königs Heil uñ wolfahrt zuwachẽ / welches ich durch dieses mittel bißher glüklich verrichtet / dz des gemeinen Volkes Träue zu ihrem Könige ich in festem Stande erhalten habe. Der König erschrak dieser Rede nicht wenig /bedankete sich der Träue / welche unvergolten nicht bleiben solte / und hieß in ja schweigen / daß nicht zur unzeit eine Aufruhr entstünde; er hoffete diesem Tokmäuser dergestalt zubegegnen / daß es ihm zun Augen ausgehen solte. Ließ alle Völker versamlen /hielt gemeine Heerbeschauung / und befand / daß er noch 44000 gesunder Mañschaft zu Fusse / welche von den Fuhrleuten (an deren stat die Troßbuben treten musten) auff 50000 ergänzet wurden; die Reuterey aber in 124000 Mann bestund; und weil er sein gröstes Vertrauen auff die Ritterschaft gestellet hatte / musten von den Fußknechten noch 10000 beritten gemacht werden. Die grund Ursach aber / daß Agiß seinen König so träulich vor dißmahl warnete / wahr diese; es hatte Dropion einen Leibdiener / dem er sein geheimstes vertrauete / ungeachtet er vor etlichen Jahren dessen Vater wegen einer Mordtaht gebührlich hatte hinrichten lassen / welches aber dem Sohn nicht aus dem Sinne wolte / wie viel gutes ihm gleich von seinem Herrn geschahe / welcher ihm den hohen Adelstand in künftig versprochen / und schon zimliche Landgüter zugeschanzet hatte. Dieser machte sich des vorigen Abends in stiller geheim zu einem Fähndrich / seinem nahen Anverwanten / welchen er wuste sehr gut Könisch seyn / beklagete anfangs seines lieben Königes Gefahr / und daß er ihm solche zu offenbahren zu ihm kähme / mit begehren / es Herrn Agiß anzumelden / welcher schon auff Raht würde bedacht seyn. Du handelst redlich mein Oheim / antwortete dieser / daß du die von deinem Herrn empfangene Guttaht geringer / als deines Königes Heyl und Wolfahrt achtest / weil ich leicht ermässen kan / kein Mensch als eben dieser / gehe mit gefährlichen sachen zu unsers Königes verderben umb. Dem ist also / sagete dieser; massen ich euch wol versichern kan / daß mein König in Leib und Lebensgefahr schwebet / er gewinne oder verliere die künftige Feldschlacht; weil ich mit meinen Ohren den Rahtschlag angehöret / daß wo das Glük uns den Sieg gönnen wird / solle der König / wo nicht durch Feindes Hand / doch gewiß durch MördersSchwert in der Schlacht gefellet werden; welchem bestelleten Mörder zwar drey Tonnen Schaz versprochen sind / aber er wird alsbald durch einen andern Mörder unter dem Schein der [759] eiferigen Rache nidergemacht werden / auff daß der Anschlag schier heut oder Morgen nicht unter die Leute komme; solte aber der Feind Meister spielen / wird mein Herrn der Feldmarschalk mit den seinen (einer sehr grossen menge von beyden Flügeln) aus der Schlacht reissen /unter dem vorschutze / man müsse dem Vaterlande zu helffen / sich auffmachen; da dann der gute König solle in der Feinde Hände gerahten / und wegen des auffgerichteten Galgen / erhenket werden; hernach könne mein Herr mit den Feinden Rachtung treffen /und durch seinen grossen Anhang die Pannonische Kron leicht erlangen. Der Fähndrich hatte dieses kurz vor dem Sturme bey Agiß vertraulich abgelegt / welcher aber biß hieher keine gelegenheit gehabt hatte /den König zu warnen. Gleich als nun Agiß von dem Könige weg gehen wolte / kam sein Leibdiener / und reichete ihm ein wolvermachetes Schreiben von dem Stathalter Mastyes ein / welcher in des Königes Abwesenheit die Herschaft verwaltete / und ihm ernstlich ließ angelegen seyn / hinter Dropions künste zukommen / auch so viel erfuhr / daß der König gewiß auff diesem Zuge / er gewönne / oder verspielete / sein Leben einbüssen würde; welchem Unheil vorzubauen / er in seines Königes Nahmen und Befehl eine Macht von 80000 zu Roß in aller eile versamlete / und an Agiß schrieb; er solte vor allen dingen den König abrahten / daß so lieb ihm sein Heyl und Leben währe /er in keine Schlacht sich mit dem Feinde einliesse /ehe und bevor er ihm noch einen ansehnlichen Entsaz würde zugeführet haben / welcher des fünfften Tages nach empfahung dieses / ihm nicht weit mehr seyn solte. Hernach / daß er nicht in dem Reuterflügel sich streitend finden liesse / bey welchem Dropion währe; und endlich / daß man dem Bömischen Könige keine ehren verkleinerliche Beschimpfung antuhn liesse. Agiß hielt vor nöhtig / es dem Könige zu offenbahren / verschwieg doch des Fähndrichs anbringen / und bewägete den König / daß er nun mehr völlig gläubete /daß Dropion ihm nach Leben und Kron stünde / ging auch mit Agiß hin nach dem Heer / und sagete beydes hohen und nidrigen selbst an; ein jeder solte an seinem Orte fleissig und wachsam seyn; dann nach verlauff fünff Tagen müste es durch eine algemeine Schlacht redlich ausgetragen werden / ob der Böhme ihm / oder er dem Böhmen zugebieten hätte / inzwischen solten sie ingesamt fein ausruhen und alles volauf haben. Dropion verdroß solches heftig / daß er die Zeit zur Schlacht vor gehaltenem Kriegsraht / oder doch ohn sein vorwissen bestimmete; meinete auch /er hätte Agiß / der ihm allernähest stund / und sich freundlich gegen ihn bezeigete / nunmehr gar auff seiner Seite / daher sagete er zu ihm: Hui! wie wil unser König nun ohn unsern Raht wieder gut machen / was er allein verderbet hat? wie aber / wañ das Heer ihm nicht folgen wolte? Ich möchte wünschen / antwortete Agiß / daß unser König darüber Raht gehalten / oder zum wenigsten es mit dem Herrn Feldmarschalk beredet hätte; weil es aber ihrer Hocheit also gefället /deren Befehl und Wille unser Gesez seyn mus / so wenden ja die Götter dieses Unglük gnädig ab / daß das Heer sich ihrem gekröneten Oberhäupte entgegen richten wolte; ich vor mein Häupt wolte mich lieber selbst umbringen / damit ich ein solches Unglük nicht sehen dürfte; dann was könte dem Feinde angenehmers auff der Welt begegnen? und würde auff diesen Fal besser seyn / daß der Herr Feldmarschalk den König eines andern beredete / wann seinem hohen verstande nach / er dieses vornehmen vor undienlich befinden solte / wobey ich dz meine geträulich tuhn wil. Ich wil auch nicht hoffen / gab dieser Schalk zur Antwort / daß die [760] Völker sich sperren werden; und weil vor dißmahl dem Könige es also gefallen / daß er seinem eigenen Raht folgen wollen / wil ichs mit gut heissen; gab damit an den Tag / daß ihm schon leid wahr / sich gegen Agiß so weit heraus gelassen zu haben / weil derselbe nach seiner Leier nicht tanzen wolte. Der König stund ein wenig / als voller Gedanken / welche ihm dañ im Kopffe rechtschaffen herumb lieffen / und man leicht muhtmassen kunte / dz sein Herz beschweret wahr. Dropion aber gedachte / es währe ein Zeichen der Scham / wegen seines heutigen versehens; doch erhohlete er sich bald / nahm eine sonderbare freundliche Herzhaftigkeit an sich / und redete die versamleten Kriegshäupter also an: Liebe Geträue; ich habe aus höchstwichtigen Ursachen /welche schier künftig sollen gemeldet werden / bey mir beschlossen / mit den Feinden einen viertägigen Anstand zu machen / unter dem Scheine / dz man Zeit habe und sicherheit / die Erschlagenen beyderseits zubegraben / welches sie ohn zweifel gerne eingehen werden. Ist demnach mein gnädigstes Gesinnen / mir eure Meinung hierüber anzudeuten. Dropion gab zur Antwort; er könte sich hier weder mit ja noch mit nein heraus lassen / es währe dann / daß er die wahren Ursachen solches vornehmens hörete / alsdann wolte er auff dieses ganz unvermuhtliche vorbringen sich gehorsamlich erklären. Gar wol / antwortete der König /und warumb solte ich meinen Kriegsfürsten und Rähten solche Ursachen verhehlen / wañ sie dieselben zuwissen begehren? ich habe bey meinem Auszuge aus meinem Reiche / es mit meinem hinterlassenen Stathalter Mastyes verabscheidet / er solle auff allen Nohtfall noch ein Reuter Heer 80000 stark samlen /und mir solches eiligst nachschicken; weil ich dann heut nach gehaltenem Treffen von ihm Zeitung erhalten / daß nach Verlauff vier Tagen er bey uns seyn wolle / bin ich durchaus nicht willens / die Häupt Sache dem Glük zuuntergeben / biß solcher Entsaz in der nähe sey / von welchem ich bißdaher nichts habe melden wollen / damit den Feinden es nicht verkundschaffer würde. Dropion entsetzete sich des Vorbringens / sahe daß ers nicht hintertreiben kunte / und doch seinen Wiederwillen anzuzeigen / fing er mit verwirretem Gemüht also an: Ich weiß nicht / ob es rahtsam seyn würde / dem Feinde einigen Anstand zugeben / wann er darumb anhalten solte / wiewol er darzu viel zu hochmühtig ist / und nun wollen wir selbst darumb ansuchen? Ich schätze unsere Macht stark genug seyn / dem Feinde anzusiegen / deswegen fodere man ihn aus auff Morgen zur Schlacht / ehe er die Kühnheit zu treffen ableget / und durch Zeitung wegen des Entsatzes / der mich sehr / und nicht ohn ursach befremdet / davon abgeschrecket werde. Marschalk / warumb befremdet euch der Entsaz? sagte der König; meinet ihr / daß er uns so gar unnöhtig / und ein lauter überfluß sey? Haben wir doch schon über 80000 Mann / die Verwundeten mitgerechnet / heut diesen Tag eingebüsset. Und warumb schriebet ihr mir dann nechten / wir dürfften dem Feinde nicht unter 250000 Mann in der Schlacht unter Augen stellen? Aber GroßOber Wachtmeister Agiß / was ist hierüber eure Meinung? Allergnädigster König / antwortete er; es kan seyn / daß der Herr Feldmarschalk sein hoch vernünfftiges absehen habe / welches ich nicht wissen kan / aber meiner unvorgreiflichen Meinung nach / hat Eure Königl. Hocheit sehr vorsichtig gehandelt / daß dieselbe auff einen Entsaz ist bedacht gewesen / weil wir andern solches aus der acht gelassen; wundere mich gleichwol nicht wenig / daß Ihre Hocheit ein solches / ohn aller deren Vorwissen / welche mit derselben ausgezogen find / vorgenommen /und mit [761] Herr Mastyes abgeredet hat. Der mehrenteil der übrigen / ungeachtet sie gut Feldmarschalkisch wahren / stimmeten mit zu / dann sie sahen nicht /was ihnen der Entsaz schaden könte / weil ihnen das eigentliche Vorhaben des Dropions (welches kaum ihrer sechse wusten) annoch nicht entdecket wahr. Aber Dropion dachte den Sachen etwas tieffer nach /und befahrete sich / Mastyes würde diesen gewaltigen Hauffen nicht allein führen / sondern dabey solche Befehlichshaber ordnen / welche zu steiff Königsch währen / und ihm alle seine Vorschläge zunichte machen dürfften / hatte doch das Herz nicht / weiter zuwidersprechẽ / nur sagete er / seine Meinung währe noch / daß man mit dem Feinde ein Treffen wagete /ehe der Entsaz sich mit ihnen zusammen tähte; dann vor erst würden alsdann die Feinde aus ihrem unüberwindlichen Lager nicht zubringen seyn; hernach dürffte das alte Heer es ungleich verstehen / daß die frischen Völker an der Beute anteil haben solten / welche dieselbe durch ihre Mühe und Blut schier erworben und in Fäusten hätten. Der König bedachte sich ein wenig / und gab zur Antwort: Ich nehme diese wichtige Ursachen billich zu herzen und so wenig ich an meines geträuen Marschalks Auffrichtigkeit und Träue zuzweifeln habe / so gewiß bin ich auch / dz er den Krieg wol verstehet; wollẽ demnach die Schlacht auff gut Glük mit dem jetzigen Heer wagen / doch nicht ehe / biß daß unser Entsaz auff zwo Stunden hinter uns ligen wird / da wir uns dessen gar nicht /als nur auff den äussersten Nohtfal gebrauchen wollen / und sie dañoch an der Beute keinen Teil haben sollen; ist eins. Uberdas trage ich euch meinen unbrüchigen Schluß vor / welchen ich mir ganz ins Herz gepflanzet / und als ein Gesez gestifftet habe / dem ich mich selbst ohn Ausrede mit gutem Wolbedacht unterwerffen wil / daß wer vor erhaltenem Siege den Abzug durch die Flucht oder aus anderem Vorgeben /nehmen wird / sol an Gut / Ehr und Leben gestraffet /oder / da man ihn nicht ertappen kan / als ein Verrähter des Vaterlandes durchächtet werden. Dieses nun wahr Dropion ganz ungelegen / wie auch den Vornehmsten seines Anhangs / welche obgedachten Anschlag über den König gemacht hatten; daher er zur Antwort gab: Er vor sein Häupt und andere redliche Kriegs Helden bedurfften solches Gesetzes nicht / als welche daselbst zubleiben willens währen / wo der gröste Hauffe ihrer Völker bleiben würde. Und diesem fielen alle seine ergebene freimühtig zu / daß Agiß und andere Geträue nicht stark dawider seyn durfften. Der König aber erdachte diese List / und sagete: Wolan / weil wir uns hierüber nicht vergleichen können / und meinen Obersten mein Vorschlag / den ich gerne ins Werk gerichtet haben möchte / nicht gefallen kan / ich aber dabey besorge / daß wann die Unter Häuptleute und gemeinen Knechte solche Wegerung erfahren solten / sie es ungleich auffnehmen möchten / so wollen wir alsbald hingehen / und des ganzen Heers Meinung darüber vernehmen / welche uns allen wolgefallen muß; ging vor hinaus / hieß die andern folgen / und gab es den Völkern mit sonderlicher Leutseligkeit zuverstehen / welche einmühtig rieffen: Dieses Königliche Gesez würde der unbewägliche Grund ihres künfftigen Sieges seyn. Daher die Obersten sichs also gefallen lassen wusten / und ward Dropion / welcher sich noch keiner Verrähterey befahrete / die Karte heßlich verstecket. Noch desselben Abends schickete Mnata einen Heerhold an die unsern ab / welcher sich gebührlich meldete / und wie ihm befohlen wahr / diese Werbung vorbrachte: Der Großmächtigste Unüberwindlichste König des ädlen hochbenahmten Pannonischen Volkes / [762] nachdem er dem Böhmischen Könige seinem Feinde die Schärffe seines Schwerts in etwas zuerkennen gegeben / auch willens wahr / mit demselben ein absonderliches Treffen auff Leib und Leben zuhalten / wann von seinen Untertahnen es ihm hätte können gegönnet werden / lässet den Böhmischen König durch mich seinen Heerhold / auff den fünfften Tag nach diesem / zu einer auffrichtigen offentlichen Feldschlacht einladen / da seine Königliche Hocheit alles Vortels sich begeben /und die Sache auff das Glük und seine Faust setzen wil; inmittelst schläget seine Königliche Hocheit einen viertägigen Anstand vor / daß die erschlagenen allerseits mögen begraben / und den Leibern nach ihrem tapfferen Tode die Ruhe gegeben werden; im übrigen ist seine Königliche Hocheit nicht gesinnet /dieses Land zuverlassen / biß sie / die ihrem Trometer angefügte Schmach Königlich gerochen haben wird. Ja Königlich gerochen / antwortete Ladisla / solches währe ehrlich und wol zuerdulden / wie es auch Gott fügen möchte; aber Galgen vor gebohrne uñ herschende Könige auffzurichten / das ist noch lange kein Königlich Stük. Wer weiß / sagete der Herhold / wer diesen schnöden Galgen auffzurichten angeordnet hat? meinethalben wolte ich / der Uhrheber henkete schon dran / so versichert bin ich / daß es nicht aus meines Königes Geheiß geschehen sey. Dieses sagete er auff Agiß außdrüklichen Befehl / weil er dessen und des Königes geträuer wahr; und gerieten die unsern hiedurch in wunderliche Gedanken; doch beantworteten sie es nicht / sondern Ladisla gab diesen endlichen Bescheid: Sage deinem Könige / oder vielmehr dem Pannonischen Wüterich; ich und gegenwärtige meine hohe Anverwanten / werden schon wissen / wann es Zeit seyn wird eine Feldschlacht zuliefern. Er hat sich gegen mein Land und Volk nicht als ein Feind / sondern als ein Mörder und Mordbrenner erzeiget /worinnen ich mich ihm nicht habe wollen gleich stellen / wie ich leicht gekunt hätte / sondern geschonet was mich nicht beleidiget. Vordismahl haben wir ihm eine Mummen Schanze gebracht / und lassen seine großpralichte Dränungen auff ihrem Unwerd beruhen; die begehrete Frist wegen Begrabung der Todten wird ihm eingewilliget / er handelt auch dabey redlicher (wo sonst keine Tokmäuserey dahinten stecket) als sein Gott und Ehr vergessener Dropion / welcher seine erschlagene den Raben und wilden Tihren übergab / womit er bekennete / daß seine hingerichtete Strassen Räuber und Mordbrenner vielmehr den Galgen und das Rad bekleiden solten / als mit der Erden überkleidet werden; jedoch könte es Gott schicken /daß / ehe sechs Tage verfliessen / er mehr ursach /deßgleichen Anstand zubegehren / haben möchte. Also wurden zu beiden Teilen die Geisel eingeschikt /und liessen Ladisla und Herkules die ihren nicht allein ehrlich begraben / sondern hielten ihnen auch bey dem Heer öffentliche Lobreden ihrer Mañheit. Die Feinde aber wurden nur schlechts hin in die Erde verscharre / nach dem sie von den unsern geplündert wahren / und hielten die Pannonier ein abscheuliches Geheule und Geklapper der Waffen bey dem Begräbniß. Zeitwehrendes Anstandes funden sich an beiden Seiten etliche Ritter und Knechte / welche von ihrem Könige Urlaub begehreten eine gleichmässige Schaar zum absonderlichen Kampfe außzufodern; aber Herkules wolte es an seiner Seite nit gut heissen / darum daß man der geübtesten in der Schlacht würde benöhtiget seyn / die Ungeübeten aber leicht einen Schimpff durch verwägenen Unverstand einlegen /und dadurch bey dem Heer eine Furcht erwecken könten / weil die Abergläubischen [763] allemahl aus solchem Verlauff / als aus einem Vorbilde und Spiegel das künfftige Glük oder Unglük der algemeinen Schlacht zu urteilen pflegeten / wodurch sie dann entweder sicher oder furchtsam gemacht würden. Agiß hätte gleicher gestalt gerne an Pannonischer Seite ein solches gehindert / aber Dropions Frevel ging vor / daß man nicht allein solchen ritterlichen Leuten diese wolständige und preißwirdige Ubung gerne gönnen und zulassen solte / sondern rühmete die / welche sich angaben / öffentlich vor dem Heer / und versprach ihnen eine Verehrung / da sie sich Pannonisch / das ist / wie er sagete / unüberwindlich erzeigen würden. Es wahr aber eine Schaar ganz verwägener Buben / 120 Mann stark / welche in vier absonderlichen Hauffen die Freyheit zum Kampff begehreten / deswegen sie in eine Schwade gesetzet / und ihre vier Häuptleute ümb den obersten Befehl mit würffeln spielen musten /welcher dem Frechesten unter allen zufiel. Weil dann der König auch wolgefallen daran hatte / vermahnete er sie zur Tapfferkeit / und daß ein ieder unter ihnen /nicht weniger eines andern als seine eigene Gefahr und Verwundung abzuwenden gefliessen seyn / auch zuschlagen und stechen nit ablassen solten / biß sie den Feind auf die Weichseite gebracht hätten. Bald darauff schickete er den vorigen Heerhold ab an die unsern / uñ ließ ihnen anzeigen / weil den Arbeitsamen Männern die Zeit im Müssigange lange wehrete /und man in Zelten des Würffel- und KartenSpiels auch müde würde / meldeten an Pannonischer Seiten sich eine ritterliche ädle Schaar 120 stark / und nicht mehr / hiemit an / ob eine gleiche Anzahl von Feinden so viel Herzens hätte / zwischen beiden Lagern mit ihrem ritterlichen Gewehr zuerscheinen / damit man sähe / an welcher Seite / die rechtmässigste Sache /und tapffermuhtigsten Kämpffer sich fünden / jedoch mit diesem außdrüklichen Vorbehalt / daß dieses anmuhten dem gemachten Anstande nicht im geringsten solte nachteilig seyn. Die unsern beredeten sich nach geendigter Anwerbung hierüber / und ob sie gleich wusten / daß es dergleichen Wagehälse unter den Pannoniern nicht wenig gab / welche durch frevelmuhtige Raserey oft wahrer Tugend überlegen währen / wolten sie doch solchen Schimpff auff sich nicht ersitzen lassen / und gaben die Antwort / daß weil es schon zimlich spät / solte auff morgen geliebts Gott / der Streit auff begehrete masse hiemit angenommen seyn / daß er mit ritterlichem Gewehr / als Speer und Schwert /in vollem Harnisch außgeführet würde; könten demnach die Außfoderer zwo Stunden nach der Soñen Auffgang / unter der Begleitung anderer 500 Reuter /und nicht mehr / erscheinen alsdann wolten sie mit gleicher Anzahl verhanden seyn / doch unter diesem Vorbehalt / es fiele der Sieg auff eine oder andere Seite / solten die 500 doch kein Schwertzücken / sondern den Kämpfern ihren freyen Willen gönnen / auch zu mehrer Versicherung / solche Begleitung ohn Harnisch verrichten. Mnata und Dropion wahren dieser Einwilligung froh / durchsucheten ihre Kämpffer fleissig / ob ihnen ichtwas an guten Pferden oder Gewehr mangelte / welches sie auffs fleissigste verbesserten / und ihnen / da sie siegen würden / eine Tonne Schaz außzuteilen / versprachen. Die unsern / damit dieser Kampff desto glüklicher ablauffen möchte /wurden eins / daß Ladisla / Herkules / Siegward /Olaff / und Arbianes unerkanter Weise selbst mit Kämpffen wolten; und daß solches desto unvermerketer geschehen möchte / ward Leches zum Obersten Führer bestellet / welcher dessen anfangs sich demühtig wegerte / und endlich aus Untertähnigkeit gehorsamlich über sich nam. Neda / Prinsla / Klodius /Markus [764] Gallus / wie auch Fabius / wolten nicht zurük bleiben; die Dänen Harald und Humbold / die vornehme Teutsche Herren und sehr handfeste Ritter /Oswald / Sebald / Gebhard / Burchard / Bertram von der Weser / Walfried / Günther / Erhard / Ernst / Künebald / Gotfried / Adelbert / Roland / Gothard / Willibald / Arnhold / und Ludwieg / alle vornehme Obersten / bahten sehr inständig / daß sie möchten gewirdiget werden / diesen ritterlichen Zug mit zutuhn. Neklam / und der neue Ritter Grozemisla bekahmen dessen auch Urlaub. Zu diesen wurden noch 30 nahmhaffte Teutschen / 16 Böhmen / 6 Friesen / 8 Wenden / und 27 Parther gewählet / da insonderheit die lezt genenneten darümb ganzflehentlich anhielten. Sie gingen zu rechter Zeit loß / alle mit schneeweissen Feldzeichen / und hatten 500 von den tapffersten zur Begleitung mit sich genommen / welche nach dem Pannonischen Begleitern ritten / und sich ihnen zeigeten /daß sie ganz keine Waffen / als das Seiten Gewehr bey sich hatten / alle mit Himmelblauen Feldzeichen und statlichen rohten Federbüschen außgezieret / funden auch ihre Feinde redlich und ohn heimliche Waffẽ / die mit rohten Feldbinden (wie auch ihre Kämpffer) sich angelegt hatten / und wahren Mnata und Dropion selbst mit unter ihnen / üm den Streit desto besser zu sehen. Unsere Christen hatte vor ihrem Auszuge ihr andächtiges Gebeht gehalten / und nach angelegten festen Waffen sich in fünff Schaaren / jede 34. Köpffe stark / verteilet; den Ersten führete Leches und wahr bey demselben Ladisla; bey dem Andern Herkules und Arbianes; bey dem Dritten Siegward; bey dem Vierden Olaff; und bey dem Fünfften Fabius / hatten sonst die tapffersten Ritter gleich unter sich geteilet. Es wolten die Pannonier mit dem Speer nicht zuschaffen habẽ / sondern nur das kurze Gewehr gebrauchen /daher die unsern / um allẽ Verdacht der Furcht abzuwenden gerne einwilligten / jedoch ihnen diesen Verweiß zuentbohten; Redliche Ritter verachteten das Speer nicht / als welches ihr Ehren-Gewehr währe /und dabey insonderheit erkennet würden. Sie setzeten Fuß vor Fuß auff ein ander an / biß sie sich erreichen kunten / und jede Schaar eine gleiche Anzahl zubestreiten hatte. Anfangs gingen sie beyderseits sehr behutsam / insonderheit spareten unsere Helden ihre Kräffte nach Mögligkeit / und liessen ihre Leute fechten / welche sich zwar als redliche Kriegsleute hielten / und doch dem Feinde keinen Fußbreit abgewinnen kunten / auch schier mehr Wunden annahmen als sie bezahleten. Als Mnata solches sahe / sagete er zu Dropion: Der Feind hat unsern Rittern keine Kinder entgegen gestellet / wie auch alle ihre Begleiter sehr ansehnliche / tapffere und unerschrockene Ritter sind /deren gleichen ich mich bey ihnen kaum versehen hätte / jedoch ist die Oberhand an unser Kämpfer Seite; aber dieser stolze Ruhm währete nit lange; dann Herkules / Ladisla / Siegward / Olaff und Fabius nahmen jeder sechs handfeste Ritter zu sich / schwänketen sich damit von der Seite ab in den Feind / und schlugen dergestalt von sich / daß im ersten Anfalle ein jeder seinen ersten Mann zu grunde richtete / wodurch die übrigen in zimliche Verwirrung gerieten. Als die andern diese Lufftung von fornen her empfunden / setzeten sie nicht minder eiferig hinein / da ihre Verwundeten vor Zorn weder Müdigkeit noch Schmerzen empfunden. Ladisla traff auff den obersten Führer / und befand / daß er guter Fäuste wahr /brachte ihm aber gar bald einen Stoß unter den Krebs an / damit er ihm die Seele mit samt dem Blute auszapfete. Als die unsern diesen grossen Vortel erstritten hatten / und noch keiner von ihnen [765] gefellet wahr /sie auch in behaltener festgeschlossener Ordnung mit getrenneten stritten / sahe Dropion bald / daß solches kein gut tuhn würde / worüber er vor Zorn und Eifer anfing zu fluchen und schänden / daß alle ihre Kämpfer seine Bernheuter und Narren seyn musten / die sich nur auff ihre unerfahrne Frecheit verlassen / und sich einer Sache unterfangen hätten / deren sie durchaus nicht bestand währen; sahe doch endlich mit etwas vergnügung an / daß die übrigen algemach sich in kleine Schaaren setzeten / und ein Häuflein / 36 stark / eine neue Ordnung schloß / welches aber Herkules gar zu zeitig inne ward / nam 24 Mann nebest Neda und Prinsla zu sich / und befahl den andern / die annoch getrenneten fein warm zu halten / weil sie ihnen ohndas an Mañschaft überlegen wahren / und stürmete er dergestalt auff diese Schaar / daß sie alsbald hinter sich zu weichen gezwungen ward / da Herkules Beystand in sie hinein brach / und nicht auffhöreten / biß sie alle gestrekt lagen / dañ hie wahr alle Gnade auffgeruffen. Als Mnata und seine Leute dieses sahen / bereueten sie ihre Tohrheit / aber zu späht /kehreten auch mit ihren 500 Reutern umb / und gingen nach ihrem Lager zu / als hätten die Kämpfer ihnen nicht zugehöret / weil sie das Elend länger nicht ansehen kunten / und von den ihren nit 30 lebendige mehr übrig wahren / welche schon heftig verwundet /ohn gegenwehr nidergehauen wurden / worauff man sie nacket auszohe / die Köpfe ihnen abschlug / und sie auff den Wahl auff Stangen steckete / ihre Pferde /Gewehr und Kleider mit nahmen / und mit einem Freudengeschrey von der Streitbahn hinweg ritten /weil nur drey Böhmen zwey Teutsche und ein Friese das Leben eingebüsset hatten / auch alle verwundete wieder geheilet wurden. Die Fürsten und genennete Ritter kahmen alle / ausgenommen Günter / Adelbert und Arnold / unbeschädiget davon / und wurden doch diese drey mit köstlichen Salben in 24 Stunden geheilet. Mit so geringem Verlust wahr der kleine aber ansehnliche Sieg erstritten / worüber unser Heer so frölich wahr / als währe der Feind gar aus dem Felde geschlagen. Hingegẽ schämete sich Mnata / sein Kriegsheer anzusehen / welche in voller Schlachtordnung stunden / ihre überwinder zu empfahen; aber als sie keinen einzigen wieder zurük kommen sahen / begunten ihrer viel zu spotten / und rieffen / die verwägene Narren hätten ihren verdienten Lohn empfangen / in dem sie auff ihre Mannheit getrotzet / und ihnen eingebildet / wann unter den andern sie mit föchten /würde man ihre tapffere Tahten so eigentlich nicht können sehen / als wañ sie allein dz Schwert gebraucheten; welches Dropion sehr verdroß / weil er zu diesem Spiel am meisten gerahten hatte. Agiß redete dem Heer ein mit guter freundligkeit / hielt nachgehends sein absonderliches Gespräch mit dem Könige / und baht sehr / in dergleichen vornehmen hinfüro nit zugehehlen. Die Götter wolten keinen Troz von uns Menschen haben / und pflegten allemahl von solchen verwägenen ihre Hand abzuzihen. Sie wolten weiters mit einander reden; aber es ward angemeldet / daß ein Bömischer Trommelschläger sich vor dem Lager meldete / mit begehren / daß jemand zu ihm heraus kähme / dem er etwas an seinen König zu bringen /anzeigen wolte; und als ihm einer seines gleichen zugeschicket ward / gab er demselben etliche Würffel und Kartenspiel mit diesen Worten: Sihe da mein Kerl / unsere tapfere Kämpfer / deren nur sechs auff der Wahlstat blieben / und 27 untödlich verwundet sind / überschicken eurem Könige und seinen Leuten dieses / die übrige Zeit des anstandes damit zuvertreiben / weil sie damit besser / als mit dem Waffenspiel umbzugehen gelehret sind; [766] sie haben an der ihren Niederlage sich wol zu spiegeln / und können daher /wo sie nicht verblendet sind / fein lernen / was vor einen Lohn der allerhöchste Gott den Räubern / Mördern und Mordbrennern mitzuteilen pflege. Der ander wahr nicht viel bey solchen werbungen gewesen / nam das eingereichete zu sich / und ging damit nach des Königes Zelt / da inzwischẽ der unsere auff seinem schnellen Pferde glüklich davon kam / sonst würde man sein übel gewartet haben; dann so bald jener seinem Könige neben erzählung der Rede / die er fein behalten hatte / alles vortrug / ward er alsbald angeknüpfet / und fassete Mnata neben Dropion und andern Kriegs Obersten daher solchen Grim / daß sie schwuren / es ungerochen nicht zu lassen; ja / sagten etliche / es währe dieser Schimpf mit dem vorigen schäbichten Hunde fast gleich zu schätzen. Die übrigen beyden Tage des anstandes wurden ohn alle denkwürdige Begebnissen hingebracht / nur daß man allerseits die Völker übete / und das Gewehr wol versahe. Des lezten Abends bekam König Mnata bey eiliger Botschaft die Zeitung / daß sein treflicher Entsaz in der nähe währe / dessen er sich sehr freuete / lieferte die Bömischen Geisel / und foderte die seinen wieder ab / worauff er alsbald / noch desselbigen Abends /den vorigen Heerhold an König Ladisla schickete /und ihn erinnern ließ / daß die Zeit der offenen Feldschlacht Morgen früh seyn würde / dero behueff er zwo gute Meilen zurük gehen wolte / und ihnen raum gnug machen / sich zur Schlacht einzustellen. Aber Ladisla gab ihm kurzen Bescheid / ob seinem Könige irgend träumete; es währe ihm ja die Macht nicht eingeräumet / daß er ihm vorschreiben solte; wann seine Zeit zur Schlacht kommen würde / solte er noch mehr als zu früh erfahren / hoffete auch in kurzen ihm so nahe zu treten / daß er ihm freilich raum genung lassen solte. Mnata hatte sich dieses Abschlages nicht vermuhtet / nam nicht desto weniger seinen Abzug /und schickete diesen Heerhold abermahl an ihn / mit diesem vorbringen; ob die Böhmen unter der Teutschen Beschützung sich nicht schämeten / daß sie ihre Feinde mitten im Lande liegen hätten / und ohn wagung einer redlichen Schlacht / sie vor sich sehen könten; man hätte gedacht / sie würden durch das nähst erhaltene Sieglein / da 120 Teutsche und Bömische KriegsObersten / wieder so viel gemeine Pannonische Reuter gekämpfet / einen Muht geschöpfet haben / welches sich aber nicht finden wolte; währe Ladisla ein Kriegsheld / wie ihn etliche nennen dürften / solte er sich finden lassen / oder es nicht vor übel auffnehmen / daß man ihn mit einem grossen feigen Herzen abmahlete. Es kähme dem Pannonischen Könige glaubwirdig vor / ob solte er seine uralten Landgötter verleugnet / und an deren stat einen erhenketen angenommen haben; währe dem nun also / müste er gedenken / die Pannonier währen von den Bömischen Göttern aufgemahnet / ihren Schimpf zu rächen. Hätte er dann das Vertrauen zu seinem neugebackenen Gott / daß er mächtiger als die Alten währe / warumb stellete er sich dann so zaghaftig / und dürste auff die angebohtene Schlacht keinen richtigen Bescheid geben; er der Pannonische König währe schon vorhin / und hinter sich gewichen / den Böhmen raum zu machen /würden sie folgen / wolten sie auff gut Landknechtisch handeln / wo nicht / müste er ihm einen andern Streich sehen lassen / als einer der seiner guten Sache / seinem Glük und seinen Fäusten trauete. Ladisla empfand nichts über also hoch / als daß er die verächtliche Gotteslästerung anhören muste / wolte dem Heerhold keine Antwort geben / sondern ließ ihn verwahrlich anhalten / beredete sich mit den übrigen Fürsten / und hielt mit allen Christen [767] (unter welchen nunmehr Olaff sich finden ließ) ein ernstliches Gebeht zu Gott / daß er seines Nahmens Ehre retten / und den unschuldigen Beystand leisten wolte. Die Heerschauung wahr schon des vorigen Tages geschehen / und ihnen ernstlich befohlen / sich alle Stunden zum Aufbruch fertig zu halten / und auff drey Tage Speise zu sich zu nehmen / welche ihnen zu aller gnüge ausgeteilet ward. Von Prag ab wurden ihnẽ fast täglich unterschiedliche Schaaren von neuen Völkern zugeschicket / welche mit dem Pannonischen eroberten Waffen und Pferden gnugsam versehen wurden /so das ihr Heer vor dißmahl 100000 zu Roß / und 50000 zu Fusse stark wahr / welches er also austeilete / und gegen früh morgens fortgeführet ward. König Henrich / Fabius / Markus und Gallus hatten das Fußvolk in der mitte. Zur Rechten hatten Herkules / Arbianes / Olaff / Prinsla und Klodius 50000 Reuter. Zur Linken Ladisla / Siegward / Leches und Neda eine gleiche Anzahl / wovon Leches 6000 zum Vortrab führete. Sie nahmen den Pannonischen Gesanten mit sich / welcher über ihr grosses Heer sich verwunderte. Eine halbe Meile von des Feindes neuem Lager / stieß Leches auff 7000 Reuter / welche er beherzt angriff / und nach hartem Gefechte auf die Flucht brachte; zog von den Gefangenen alle Kundschaft ein / und taht es seinem Könige zu wissen / daher sie in gerichteter Schlachtordnung fortgingen / uñ ihre Völker vermahneten / Stand zu halten / und nicht / wie im ersten Treffen unter Siegwarden geschehen / ihre Ordnung brechen zulassen; liessen den Pannonischen Heerhold seines Weges reiten / und zogen fort / biß sie den Feind eine Meile von ihrem alten Lager dieser gestalt im Felde halten sahen. Das Fußvolk 44000 wolgeübete Manschafft hielt in der Mitte; Zur Rechten gegen Ladisla stund der König mit 65000 Reutern; zur Linken gegen Herkules führete Feldmarschalk Dropion eine gleichmässige Anzahl / wie sein König / aber die auserlesenste Ritterschafft / dann er hatte ihm gänzlich vorgenommen / vor dißmahl ein Königreich zuerstreiten / worzu ihm sein König nunmehr grosse Hoffnung gemacht hatte / umb seine Verrähterey zu hintertreiben dann er hatte sonst mit Agis und Hyppasus schon abgeredet / daß nach erhaltenem Siege er ihn vor Gericht stellen / seines Gottlosen Vorhabens ihn überzeugen / und ihn an den Galgen wolte henken lassen. Er wahr sonst nicht allein ruhmrätig / sondern von sehr grosser Leibeskrafft / und daneben vorsichtig und gerade / hatte auch 26 Römische Ritter in absonderlichen Kämpfen erleget. König Mnata sahe zwar / daß er den unsern an Manschafft nicht sonderlich groß überlegen wahr / aber er tröstete sich dessen / daß die seinen durchgehend wol geübet /und unter den unsern nicht wenig undüchtige gefunden wurden / welches auch unsere Helden am meisten betrachteten; Uberdas verließ er sich auff seinen treflichen Entsaz / welcher von lauter geübeten Grenzvölkern bestund / an deren stelle man ungeübete hingeschicket hatte / und taht den unsern den allergrösten Schaden / daß von diesem Entsatze sie nicht die allergeringeste Nachricht oder Muhtmassung hatten. An allen Seiten wahren die Feld Herren bemühet / den ihren ein Herz einzusprechen. König Mnata hielt den seinen vor / die Götter hätten den Feind überredet /sich ins offene Feld zusetzen / da ihnen aller Vortel abgeschnitten währe / hinter welchem sie sich biß daher so munter beschirmet hätten; es währe jezt Zeit / der angefügeter Schmach eingedenke zuseyn / und den schäbichten Hund zuvergelten; und ob des Feindes Frecheit anfangs etwas gegenhalten würde / solten sie nur behutsam fahren / und keine angebrachte[768] Wunde unvergolten lassen / als dann würden die ohmächtigen Böhmen wie das Wasser zerrinnen / die ohndas mit Ackerbau / Holzfellen und Handwerksübungen besser / als mit Waffen umzugehen wüsten. Er erinnerte sie seines neugemachten Gesetzes / und ließ ausruffen: Wer ihm den Böhmischen König oder seiner anbefreundeten Fürsten einen lebendig gefangen einliefern würde / solte 60000 Kronen / oder da er ein geschlagener Ritter währe / eine freie Herschafft von ihm zugewarten haben. Die unsern wusten auch /wie sie ihrem Volk den Muht aufftreiben solten; dann Herkules / dem hoch und nidrig / wegen seiner Freundligkeit gewogen wahr / sagte mit einem frischen lächelnden Angesicht: Es solte keiner der Pannonischen Räuber Köpffe (deren ohndas nicht mehr als der ihren währẽ) sondern ihre Herzen zählen /deren sich gar wenig finden würden; dann ihr Gewissen überzeugete sie ihrer Untaht und mördlichen Vornehmens. Vor fünff Tagen währe schon der dritte Teil ihrer Manschafft / und zwar die tapffersten nach ihrem Verdienste abgestraffet / und würde der Almächtige Gott / als ein gerechter Richter und Vergelter / den übrigen auch zulohnen wissen; man hätte an dieser Seite eine ungezweifelt-gerechte Sache; man stritte vor das Vaterland wider diese Mordbrenner; und ob gleich diese Feinde hart gegen halten solten /müste man doch biß auff den allerlezten Blutstropffen sich tapffer halten / weil man bey ihnen weder Gnade noch Lebensfristung / sondern nur den abscheuhlichsten Tod zugewarten hätte. Ey ihr lieben Brüder / sagete er / was hätten wir vor einen köstlichern Wetzestein unsern Schwertern und Herzen antreffen können / als die ädle Freiheit / die Beschirmung des Vaterlandes / die Beschützung unserer Weiber und Kinder / welches alles diese Mörder auf ein mahl zuverderben geschworen haben? So folget nun eurẽ Anführern herzhaft und redlich / und versichert euch / alles was die Räuber vor Schätze bey sich führen / muß noch heut vor der Sonnen Untergang eure Beute und Reichtuhm seyn. Hierauf fing das ganze Heer ein algemeines Feldgeschrey an / und gaben dadurch zuverstehen / daß sie ungefochten abzuzihen nicht gemeinet währen. Jene tahten nicht minder / und schicketen sich gleich den unsern zum Angriff. An Herkules Seite taht Olaf den ersten Anfal mit seinen eigenen Dähnen und Friesen / welche aus Wendland zurük kommen waren / nahm darzu alle Wenden / und ging unverzaget loß / dem der verwägene Pannonier Pelegon mit 15000 Reutern entgegen geschicket ward / und tummelten sich diese beyde dermassen / nachdem keiner seines Vortels sich begeben wolte / daß Herkules leicht muhtmassete / der Sieg würde ohn hefftiges Blutvergiessen nicht zuerhalten seyn. Olaf ward des langen auffhaltens müde / setzete mit 600 Dänen gleich auff den feindlichen Obersten zu / und ging hieselbst es scharff daher / biß endlich Pelegon durch unterschiedliche schwere Hiebe taumlich gemacht ward / welches Glüks Olaff sich gebrauchete /ihn mit Gewalt vom Pferde riß / und 20 Dänen übergab / welche ihn König Henrichen zuführen musten; jedoch schlugen sie sich zuvor rechtschaffen umb diese Beute / weil die Pannonier ihr Häupt nicht gerne verlieren / und die unsern den erhascheten Raub ihnen nicht wieder nehmen lassen wolten; worüber etliche hundert beyderseits das Leben einbüsseten / uñ doch immerzu würgeten / daß es nicht anders schien / als hätten diese beyde Häuflein vor des ganzen Heers Wolfahrt kämpffen müssen / daß auch Olaf sich gar matt arbeitete / und ihn Herkules durch Klodius mit 8000 entsetzete / daß er mit den seinen freien Abzug bekam / nachdem er 150 [769] Dänen / 400 Friesen / und 2000 Wenden eingebüsset / dagegen aber 5000 Feinde erschlagen hatte. Klodius bekam auch einen frischen Gegener / nahmens Bato / Dropions unehelichen Sohn / welchen er in seiner Jugend durch Blutschändung mit seines Vatern jüngster Schwester gezeuget hatte. Dieser ging mit 8000 loß / in Meinung /die unsern im erstẽ Anfal zutrennen; aber Klodius hielt ritterlich Widerstand nebest dem Dänen Harald /der in diesem Treffen ein sonderliches Lob verdienete / und ihm nachgerühmet ward / daß er mit seiner Faust 12 Pannonier hätte zur Erden gestürzet. Er ward zwar drüber hart verwundet / aber doch aus dem Gedränge geführet / und beym Leben erhalten. Ladisla hatte nicht weniger den Anfang durch Siegwarden machen lassen / als dem er diese Ehre schon beym Auffbruche versprechen müssen; gab ihm 3000 wehrhaffte Teutschen und 7000 Böhmen zu / mit welchen er auff 14000 Pannonier ging / aber solchen Ruhm einlegete / daß alle Zuseher sein Herz / Krafft und Erfahrenheit rühmen musten. Er schonete seiner Völker / so viel möglich / und ging sehr behuhtsam / ungeachtet sein Feind Deon mit grossem wüten von sich schlug / und hatte derselbe einen verwägenen Obersten unter sich /welcher Siegwarden überfiel / in Meinung ihn hinzurichten / fand aber seinen Meister / der ihm mit einem Stosse in den Unterleib das Leben nam / und den andern der seinen Gesellen zurächen meinete / ohn Kopff springen lehrete. Seine Völker nahmen von ihm ein Beyspiel / und tahtẽ nach allem Vermögen / so daß in kurzer Zeit sie in gleicher Anzahl 8000 gegen 8000 stritten. König Mnata sahe wol / daß es hieselbst über seine Leute ging / machete ihm auch die ganze Rechnung Herkules oder Ladisla richteten ihm die seinen dergestalt zu / und schickete einen Entsaz 8000 stark unter seinen geträuen Amnthaon aus / dem sich aber Leches mit 7000 entgegen stellete / so daß die ersten ihren Streit ungehindert fortsetzeten / daran Ladisla keine Spereung machen wolte / weil es Siegwarden so wol glückete. Aber der Pannonische König kunte der seinen Unfal länger nicht ansehẽ / weil dieser Hauffe kaum noch 6000 Mann übrig hatte / daher er ihm 12000 zu hülffe schickete / an welche Siegward sich nicht reiben wolte / sondern nachdem er über die vorigen noch 300 eingebüsset hatte / mit volkommener Ehre abzog als Neda mit 9000 den einbrechenden entgegen trabete. Klodius legete mit einem Pannonischen Obersten absonderlich an / dem er auch gnug gewachsen wahr / aber sein Pferd ward ihm von einem herzudringenden Pannonier erstochen / daß er drunter zuliegen kam / und währe ohn zweifel zutreten worden / wann nicht ein Teutscher und drey Böhmen das Leben vor ihm eingebüsset / welche mit ihrer ritterlichen Faust so heftige Gegenwehr tahten / daß er von den seinen hervor gerissen / und auff ein Pferd gesetzet ward. Er hat aber nachgehends den nachgelassenen Witwen und Kindern dieser vier geträuen Leute 40000 Kronen zur Dankbarkeit ausgezählet /und die Witwen überdas durch reiche Aussteur wieder verheirahtet. Nun suchete er gleichwol diesen Schimpff zurächẽ / wagete sich zum andern mahl an seinen Mann / und richtete ihn mit einem Stosse hin. Seinen Reutern ging es anfangs sehr hart / aber nach Endigung dieses Kampffes entfiel den Feinden das Herz / und wurden mit Hauffen niedergesäbelt / daß ihrer nur 4000 übrig wahren / und der rechte Führer Bato gefangen und verwundet hinweg geschleppet ward; welches / da es seinem Vater Dropion angemeldet ward / bekümmerte er sich nicht wenig / dann er liebete dieses unehrliche Laster-Früchtchen hefftig /weil er ihm im Frevel / Unzucht [770] und Gottlosigkeiten fein nachartete. Er ließ auff Klodius 9000 loßgehen /aber derselbe sagete sich aus / und gab dem einbrechenden Arbianes Raum / welcher alle seine Parther und Meden nebest 5000 Teutschen (deren 1600 SchlachtSchwerter wahren) mit sich führete. Der heranstechende Pannonische Oberster entrüstete sich sehr / daß Klodius ihm entgehen solte / nachdem er von Dropion den ausdrüklichen Befehl hatte / ihn / weil er so grossen Schaden getahn / ungestraffet nicht abzihen zulassen; weil ihm aber solches gehindert ward (dann nach Hinterlassung 2000 erschlagener begab er sich in Sicherheit) / als wolte jener seinen Muht an Arbianes kühlen / dessen Schaar er auch mit solcher Macht anfiel / ob hätte er sie auff einmahl stürzen wollen; Seine Parther aber / welche durchaus den Vorzug nahmen / begegneten ihm mit solchem Muht /daß es schien / als hätten sie sich unter einander den Tod geschworen / und weil die Parther sich fleissig schützeten / nahmen sie viel geringern Schaden / als die Feinde / wahren auch so eiferig im fechten / als hätten sie alles allein ausrichten wollen; endlich erinnerten sie sich ihres Fürsten Befehls / welcher in die Mitte die tapfferen SchlachtSchwerter gestellet hatte /öfneten ihre Glieder / und gabẽ diesen den freien Zutrit / welche als geruhete dergestalt den abgearbeiteten Pannoniern einschenketen daß sie als Mücken von den Pferdẽ stoben / auch ihr Führer selbst welcher schon zimlich verwundet wahr / in diesem Satze zu Grunde ging / und von den Pferden elendig zutreten ward / daher seine Leute aus Furcht sich zurük zogen / und nicht desto weniger niedergeschlagen wurden /biß ihnen 8000 zum Entsaz kahmen / da sie schon 5000 verlohren hatten. Diese frische Andränger hätten Arbianes schier zu schwer fallen sollen / dann er hatte auch 1500 verwundete unter sich / und 300 verlohren; so dauchte Herkules nit raht seyn / seine übrige Manschafft weiter zuschwächen deswegen setzete Olaff sich mit Arbianes zusammen / und zauseten den Feind an allen Orten / weil sie stärker an Manschafft als die Pannonier wahren. Neda mit seinen 9000 Böhmen muste einen schweren Stand halten / dann seine Völker wahren nicht sonderlich geübet / hingegen wuste sein Widersacher das Schwert wol zugebrauchen; nur die kühne Willigkeit vor das Vaterland zusterben /taht das beste bey der Sache / daß sie endlich mehr leisteten / als man ihnen beym Angriff hätte mögen zutrauen; massen / wann es ja solte gestorben seyn /gedachten sie / währe nichts bessers / als den Feind mit sich nehmen / oder ihn vorhin zuschicken; welcher Vorsaz ihnen dermassen glückete / daß sie 8000 niderschlugen / und dagegen nur halb so viel einbüsseten. Der zierlichste Streit ging zwischen Leches und Amythaon vor / massen dieser nur durch List zu siegen bemühet wahr / und jener zu tuhn hatte / die Stricke zumeiden / biß ihm endlich der Handel verdrießlich ward / und einen hefftigen Fall mit drey tausend Mann zur Seite hinein wagete / welches ihm so wol geriet / daß der Feind die Glieder nicht wieder schliessen kunte / sondern überal einbüssete / so daß er 3500 auff der Streitbahn ließ / und der unsern kaum 800 gefellet hatte; welches Mnata sehend / nunmehr Zeit seyn meinete / daß er mit den übrigen seines Flügels den algemeinen Ansaz wagete. Olaff und Arbianes wahren an ihrem Orte noch in voller Arbeit /dann es glückete ihnen / daß sie es vor dißmahl mit zimlich ungeübeten zu tuhn bekahmen / die zwar ihre Feinde zu fellen kühn gnug wahren / aber weil sie sich vor ihnen zu schützen nicht gelernet hatten / ging ihnen das Wasser über die Körbe / daß ihrer 5000 ins Graß bissen / und die unsern dagegen kaum 600 im[771] Stiche liessen. Der Pannonische Feldmarschalk Dropion sahe / daß sein König sich begunte zusammen zuzihen / daher er jezt gedachten Hauffen / welcher sehr gedränget ward / durch 15000 entsetzete / brachte alle gesunde Mañschaft / und die das Gewehr zu führen annoch düchtig wahren / beyeinander / und ging damit gegen Herkules loß / welcher hierauff schon lange und mit schmerzen gewartet hattee / weil die absonderlichen Streite ihm zu viel Volk hinnahmen / und deswegen seinen ganzen Flügel geschwinde also zurichtete / daß die geruheten vorne an gehen musten / setzete auch seine 3000 Schlachtschwerter bey kleinen Schaaren von 50 Mann durch das ganze Volk / also daß gleichwol 600 die erste Spitze halten musten. Als sie aneinander gerieten / fielen sie wie grimmige Bähren und Löuen ineinander. Dropion hatte die tapfersten vorne an gestellet / wahr auch selbst nicht weit von ihnen / und versahe alles so wol / daß ihn Freund und Feind vor einen guten und verständigen Feldherrn halten musten. Olaf und Arbianes gingen an beyden seiten / Herkules in der mitte / und hatte jeder 300 auserlesene Teutschen umb sich /deren Schlachtschwerter gar bald von der Feinde Blut gefärbet wurden. Dropion trieb groß wunder mit seinem Gefechte / daß er sich den unsern bald bekant machete / Herkules ließ die Fäuste auch nicht sinken; so übete sich sein ädler Blänke dergestalt / daß er nicht minder als sein Reuter anfiel und die Feinde beschädigte; welches Dropion bald kund getahn ward /der diesem Unheil bey zeiten vor zubauen / 3000 gute Ritter zu sich nam / und sie also anredete: Komt ihr Brüder / ich mus versuchen / ob dann dieser Herkules auch ein wahrer Herkules sey / der mir meine beyden Brüder sol erschlagen haben; entweder ich mus der dritte / oder sie gerochen seyn. Herkules sahe ihn herzu dringen / gedachte wol / es würde sein Mañ seyn / nahm auch 3000 umb sich / und ließ sich von diesem Nachsucher gerne finden. Da ging es nun an ein eiferiges schlagen / so daß da kein weichen wahr /biß Mann oder Roß oder beyde gefellet / den folgenden Raum gaben / über sich hin zu reiten / da inzwischen Olaf und Arbianes auch das ihre tahten / und mit ihren Völkern den Feind rechtschaffen drängeten /weil sie nunmehr an Mañschaft gleich / oder doch stärker wahren. Nicht lange / da ward Herkules Dropions gewahr / und rieff ihm zu / er möchte gemach tuhn / vielleicht fünde er noch Arbeit vor der Sonnen Untergang. Ja kom her du Lecker / antwortete er / ich wil schon machen / daß dich das Zahnweh nicht lange plagen sol. O du Hund / bin ich dein Lecker? sagete er drauß; ging auch mit solchem Zorn auff ihn an /daß die Anwesende bekenneten / er müste des dinges vor mehr getrieben haben. Doch seumete der Pannonier auch nicht / sondern so bald sie einander abreichen kunten / stürmeten sie dergestalt auffeinander ein / daß sie beyderseits ihres wiederstreiters empfunden. Keiner ließ einiges Zeichen der Furcht noch machtlosigkeit spürẽ / aber die behendigkeit und grosse erfahrung zu streiten / sahe man auff Herkules seiten / welches doch der wilde Mensch nicht erkennen kunte /dañ er gedachte ihn mit schweren Hieben zu fellen /deren ihm doch keiner nach Wunsch angehen wolte /und er dagegen unterschiedliche Streiche über den Hals annehmen muste / daß ihm die Ohren sauseten /und endlich zu ihm sagete: Deines gleichen ist mir wenig vorkommen / aber doch rühme dich / daß du von einer ritterlichen Hand den Tod empfähest. O du rechnest dich viel zu nahe / antwortete er / und wirst vor dem Siege noch erst streiten müssen. Mit dem schlug der Blänke Dropions Pferd in die Seite / daß es niderstürzete / und wahr Herkules nicht faul / zuversuchen / [772] ob er ihn also liegend hinrichten könte; aber die Pannonier umgaben ihn mit aller macht / rissen ihn unter dem Pferde hervor / und führeten ihn aus dem Gedränge; worüber ihrer wol 200 das Leben zusetzen musten. König Ladisla wahr mit Mnata auch schon in voller Arbeit / wiewol dieser nicht bald anfangs mit fochte / sondern in begleitung 500 seiner Geträuen hin und wieder rante / damit an allen Orten alles wol versehen währe. Siegward taht ihm an der rechten Seite sehr gedrange / hingegen litte Leches bey der Linken / schweren überfal / welches er seinem Könige / der in der mitte zimlichen fortgang hatte / zu wissen taht / bekam auch unter Neda anführung 2000 gute Teutschen zu hülffe / welche alles wieder ersetzeten / und mit den unversuchten Böhmen sich vermischeten / daß sie ihrem Beyspiel folgen / und von ihnen ein muster nehmen kunten. Herkules wahr sehr zornig / daß ihm der Braten aus den Fäusten hinweg gerissen wahr / und meinete / er würde etwa durch den Fal mit dem Pferde so viel schaden genommen haben / daß er zum weiteren Gefechte undüchtig worden währe / hoffete auch / weil er abwesend / die Feinde bald auff die Weichseite zu bringen / wie er dañ in warheit eine ernstliche Schlacht hielt / und des Pañonischen Blutes so viel vergoß / daß es wie kleine Bächlein ran / würde auch ohnzweifel sehr gefährlich umb sie gestanden seyn / wañ ihr Herz / der Feldmarschalk sich nicht wieder eingestellet hätte / der noch ohn allen Leibesschaden blieben wahr / und nur neue Waffen angelegt hatte / weil die ersten hin und wieder zerhacket wahren. So bald er sich wieder stellete und die seinen wanken sahe / rieff er über laut; wie schlaffet ihr / lieben Brüder / daß ihr euch so wenig reget? es schien nicht anders / als wann seine Stimme beydes Roß und Mann auffgemuntert hätte / dañ das Blad wendete sich alsbald / so daß die Weichende vor sich hinweg drungen / und die Treiber getrieben wurden; welches Olaf / der an diesem Orte fochte / nicht ohn bestürzung ansahe / und sein äusserstes anwendete /das Werk wieder in Stand zubringen; aber es fiel ihm zu schwer; dann weil er sich schon sehr abgemattet /und mit seiner Hand in einer Viertelstunde acht Feinde erlegt hatte / daß auch sein Pferd nicht wol mehr fort kunte / ward ihm dasselbe erschlagen / und er /wie heftig er sich gleich sträubete / gefangẽ hinweg geführet / da man ihn dem Feldmarschalk einlieferte /welcher nach seinem Nahmen fragend / diese Antwort von ihm bekam; ich habe noch nie kein mahl meinen ehrlichen Nahmen gegen einen redlichen Ritter aus Furcht verleugnet / sondern gerne gestanden / daß ich Olaf gebohrner Fürst aus Dännemark bin und heisse. Worauff Dropion seinen Leuten befahl / ihn wol zuverwahren / daß er nicht entwieche. Er aber drang immerzu heftiger in die unsern / welche an diesem Orte nunmehr ohn ein Häupt fochten / und gleichwol Herkules des Fürsten Gefängnis zeittig wissen liessen /worüber er sich schmerzlich bekümmerte / befahl Klodius daselbst die Auffsicht / und ging mit 2000 Mann den bedrängeten zu hülffe / da ihn Dropion mit diesen Worten empfing; Komst du mir zum ander mahl unter die Hände / du Herenmeister? O du verleumder / antwortete er / hastu dich in einem neuen Harnisch verstecket? fiel hiemit über ihn her / daß er sich kaum zur Gegenwehr gefasset machen kunte; worüber er schier rasend ward / insonderheit / da Herkules zu ihm sagete: Du läst dich gar vom Streite hinweg tragen / so furchtsam bistu / und deine Brüder schämeten sich davon zu lauffen. Das rasende Tihr kunte vor Eifer kein Wort sagen / sondern brach loß wie ein Unsinniger / meinete / es solte ihm nun nicht fehlen; wolte ihm auch den Blänken niderhauen / der ihm [773] aber gar geschiklich aus dem Schlage sprang /bald unter seines Reuters Schutze sich wieder herbey machete / und ihn vom Pferde zur Erden niderrisse /würde ihn auch vollends gar zu treten haben / wann nicht seine Leute ihn zum andernmahl auffgehoben /und hinweg geschleppet hätten / da er im falle den linken Arm verrenkete / welchen er wieder muste einrichten und schmieren lassen / sich hoch verfluchend /nicht zu ruhen / biß er den Buben (so durfte er einen König nennen) mit samt dem Teuffelspferde erschlagen hätte. Zeit seines abwesens ging es über die Pañonier / dañ Herkules blieb hieselbst in Olafs stelle /und taht dem Feinde so gedrange / daß er umb Entsaz ausschicken muste. Bey dem andern Flügel gab es rechtschaffene Püffe / woselbst Siegward eine solche Furcht in die Feinde gebracht hatte / daß sie scheuh trugen / ihm zu nahen. König Ladisla / welches ein Teutscher Ritter gezählet / hatte 16 Pannonier in diesem lezten Treffen nidergehauen / und suchete hin und wieder / ob er den rechten Heerführer dieses Flügels nicht ertappen könte; welcher aber vor seines Entsatzes ankunft nicht willens wahr zu streiten / mehr aus Furcht wegen Dropions nachstellung / als des Feindes; blieb daher stets bey seiner kleinen geträuen Schaar / und hatte fleissige Aufsicht / daß den bedrängeten zeitige hülffe geschahe. Der gewaltige Hyppasus nam einen absonderlichen Kampf wieder Ladisla an / hielt sich auch eine gute Zeit / ehe er sich geben wolte / aber endlich siegete die Königliche Faust ob /und nam ihn hart verwundet gefangen / da ihn etliche Böhmen aus dem Gedränge nach König Henrich führen muste. Leches und Neda hatten sich zusammen gesetzet / stunden vor einen Mann / und schenketen ihren Feinden so tapfer ein / daß sie gnug daran hatten / dann je länger ihre ungeübete Böhmen das Ding trieben / je besser sie sich drein schicken kunten / und trug sich zu / daß da Leches einen grossen starken Böhmen / der sehr blutete / fragete / ob er hart verwundet währe / dieser zur Antwort gab; er sähe zwar das Blut hin und wieder hervor quellen / und fühlete doch keine Wunde / fochte auch in dem gefasseten Eifer immer vor sich weg / biß ihm die Seele ausfuhr /da er diese lezte Worte sagete; Ey wie ein süsser Tod ist es / vor das Vaterland sterben. Diesem ward nach erhaltener Schlacht / bey seiner bestattung eine sonderliche Lobrede gehalten. König Mnata sahe / daß die seinen allenthalben abbruch litten / und hauffensweise nidergeschlagen wurden / und wahr ihm leid /daß er den Entsaz nicht zeitiger hatte herzu fodern lassen / welcher doch nunmehr nicht gar weit mehr seyn müste; ließ auch bey seines Feldmarschalks Flügel vernehmen / wie es daselbst zuginge / und als er die Zeitung bekam / er währe schon zweimahl von Herkules zur Erde geschlagen / und allemahl gerettet /entsetzete er sich dessen / und befürchtete sich einer algemeinen Flucht / ehe der Entsaz würde verhanden seyn / dem er etliche Reuter nach einander zuschickete / daß er / so viel möglich / eilen solte. Ladisla hatte so viel Zeitung / der König währe selbst bey diesem Flügel im schwarzen Harnische / und führete auff dem Helme einen blauen Löuen / der einen Hund zuriß; deßwegen er mit 3000 Mann hin und her rante / biß er ihn mit seiner Geselschafft antraf / und überlaut rief: König Mnata / bistu Ritters wert / so laß deinen Feind König Ladisla empfinden / daß du ein Schwert führest. Diesen Schimpff durffte er wegẽ seiner inheimischen Feinde nicht überhin wehen lassen / und stellete sich mit dieser Antwort: Wann ich mich vor deinem Schwert fürchtete / würde ich dir so nahe nicht kommen / noch so weit nachgezogen seyn. Sie zuhämmerten einander weidlich / dann ihre guten Schwerter[774] kunten den festen Waffen nichts angewinnen / biß endlich Ladisla seinen Feind vom Pferde stürzete /welcher im Augenblik von den seinen umringet und auffgehoben ward / die ihn auch vor dißmahl ferneres Streits durchaus nicht gewehren wolten. Nun hatte Herkules an seinem Orte es schon so weit gebracht /daß die Feinde sich enge zusammen zogen / und die Hoffnung des Sieges albereit hatten fahren lassen; aber da ihr Feldmarschalk zum dritten mahl herzu kam / entzündete sich ihr Muht wieder von neuen; dann er traf auf Arbianes Hauffen / daß er gezwungen hinter sich weichen und den Feinden Plaz geben muste / deßwegen seiner Meden einer schleunig umhin rante / und Herkules diese Zeitung brachte; der seinen lieben Schwager zuretten nicht faul wahr / kam auch eben dazumahl an / als Arbianes sich mit ihm in einen absonderlichen Kampff eingelassen hatte / und durch seine Ringfertigkeit und Fechterkunst / die er sehr wol gefasset / ihn lange gnug auffhielt; aber endlich würde es den Stich nicht gehalten haben; dann der Pannonier taht ihm sehr gedrange / gleich da Herkules mit 800 Teutschen herzu rante / und ihn anschrihe: Du Hund / werde ich dich dann nicht schier gewiß fassen können? stellete sich in Arbianes Stelle /der wider seinen Willen abweichen muste / und griff ihn zum dritten mahl an; aber die Pannonischen Reuter wolten es durchaus nicht zugeben / trenneten sie mit Gewalt / uñ fingen mit den Teutschen einen solchen blutigen Kampff an / daß desgleichen den ganzen Tag nicht vorgangen wahr. Es hatte diese Schlacht schon über fünff Stunden gewehret / und wahren an des Pannonischen Feldmarschalks Seiten in diesem algemeinen Treffen 12000 erschlagen / und 5000 verwundet / da hingegen Herkules nur 4000 missete / und 2000 beschädigte hatte. In Königes Mnata Flügel wahren in diesem gemeinen Gefechte 14000 nidergehauen / und 7000 hart verwundet /daher ihnen nit möglich wahr / längern Stand zuhalten / weil auch Ladisla nur 600 verlohren / und 3000 Schadhaffte in seinem Heere fand. Als es nun gleich drauff stund / daß die Pannonier hinter sich weichẽ wolten / kahmen etliche Reuter herzu gerennet / mit der frölichen Zeitung / der Entsaz währe verhanden; welches doch die unsern nicht höreten / sondern immerzu muhtig ansetzeten / als die nunmehr an dem Siege nicht zweifelten / daß auch König Henrich sich gefasset machete / mit dem Fußvolke den Angriff zutuhn / dafern nicht Gott selbst ins Mittel getreten währe / ohn zweifel zu der unsern augenscheinlichem besten; dann es entstund ein solches erschrekliches Ungewitter mit Donner / Bliz und Regen / daß Mann und Roß sich entsetzete / und keiner das Gewehr brauchen kunte; ja der Sturm- und Wirbelwind wütete dergestalt / daß nicht allem die Hütten und Zelten in den Lägern übern hauffen fielen / sondern etliche Reuter / deren Pferde abgemattet wahren / wurden mit samt den Rossen zur Erde geworffen / daher dann die feindliche Völker von ander gingen / und jedes Heer sich absonderlich stellete / als hätte man den Friede ausgeblasen / oder einen Anstand des Gefechts gemacht. Das Wetter hielt keine halbe Stunde an / und so bald sichs gestillet hatte / musten die unsern Speise nehmen / dann sie wahren willens / dem Feinde vor Abends den Garaus zumachen / und wunderten sich über alle massen / daß die Pannonier nicht allein fest stunden / sondern auch ein grosses Freuden Geschrey ergehen liessen / dessen Ursach ihnen aber gar bald vor Augen gestellet ward; dann sie sahen die grosse Macht des Entsatzes in wolgeschlossener Ordnung mit neuẽ unbekanten Fähnlein daher zihen / deren Anzahl sie [775] auff 60000 schätzeten / und doch 80000 vol wahren. Unsere Christen traten alsbald zusammen /und fing Herkules dieses Gebeht überlaut an / welches ihm die andern im Herzen nachsprachen:

HErr JEsus Christ / du Sohn des Allmächtigen Gottes; du hast die Schändung deines heiligen Nahmens heut anhören müssen / in dem der Wüterich dein gespottet hat. O mein Heyland / rette du selbst deines Nahmens Ehre /wie du sie an dem stolzen Sanherib gerochen / und durch einen Engel ihm in einer Nacht 185000 gotlose freche Mordbrenner erwürget hast; wie du den Spötter Pharao mit seinem frechen Heer im Schilffmeer ersäuffet hast. Unser Häufflein ist geringe / und welches noch das ärgeste / ein abergläubisches Häufflein; aber O HErr sihe uns an deine Knechte / laß unser Schwert durchdringen / und erschrecke sie mit deiner Macht / wie du die Heidnischen Könige vor Abrahams wenigen Knechten hast furchtsam gemacht / auff daß ihnen ihre Gottslästerung nicht frey ausgehe. Du HErr kanst so wol durch Wenige und Matte / als durch Viel und Frische helffen; ja ietzt schon hastu uns gezeiget, daß wann dirs gefiele / du die ganze Welt mit einem einzigen Donnerschlage ümkehren / und in das ehmalige Nichts stürzen köntest. Nun HErr unser Gott /wir deine Kinder verlassen uns auff deinen Rahmen /dann unser Schwert kan uns nicht helffen; wir trauen auff deine Barmherzigkeit / dann unsere Macht ist gegen den Feind als nichts zu rechnen; aber wann du uns deine Hülffe sendest von deinem Heiligthum / alsdann werffen wir Panier auff / dann du HErr bist unsere Zuflucht in der Noht / und der Schild unsers Heils. Deswegen unverzaget / ihr meine Glaubigen / mit Gott wollen wir Tahten thun /er wird unsere Feinde untertreten.

Nach gehaltenem Gebeht gingen sie zu Raht / wie sie es best anschlagen wolten. König Henrich meinete / man müste sich zurük setzen / ob man einen Vortel /und die alte Schanze wieder einbekommen könte / alsdañ währe man geborgen; aber Herkules hielt vors beste / weil ihre Reuter eine grosse Menge Pferde von den Feinden auffgefangen hatten / wolten sie alles Fußvolk beritten machen / alsdann könten sie noch 120000 Mann ins Feld führẽ / mit welcher Menge wol ehmahls 200000 geschlagen währen / woran doch die Feinde bey weitem nicht reichen könten / dann er wüste sicher / daß der Feinde an diesem Tage an die 80000 und mehr / erschlagen / und zur Gegenwehr undüchtig gemacht währen / welches man bey der geringen Zahl ihrer überbliebenen Reuterey leicht abnehmen könte; würde demnach nöhtig seyn / dem Volke einen Muht zumachen / und sie zuvertrösten /ihr Entsaz aus Teutschland würde gegen Abend verhanden seyn. Dieser Raht ward vor gut gehalten / und trat Herkules unter das traurige Heer / sie mit dieser Rede auffzumuntern; ihr redlichen und ritterlichen Spießgesellen / wie sehe ich euch doch so traurig / als ob ihr verschlagen oder Feldflüchtig währet / da ihr doch heute diesen Tag dem Feinde an die 100000 Mann abgeschlagen / und seine vorige und gröste Macht bey nahe gar zu Bodem gelegt habet; lieber lasset mich eure gewöhnliche Freidigkeit sehen / welche mich aller Furcht des Feindes benehmen kan. Eure Schwerter sind ja noch nicht zubrochen; eure Arme nicht Lahm oder ganz abgehauen. Zwar ich weiß wol / was euer etliche mir einwenden wollen; der Feind habe sich gestärket / und eine grosse Manschafft zum Entsaz bekommen; ja lieben Brüder /währe auch dieser nit herzugenahet / würden die übrigen uns nur ein viertel Stündichen gekostet haben. Meinet ihr aber / daß sie den Kern ihres Volks auffs lezte gesparret haben? es ist ein zusammen geraffetes Gesindle / welches durch die Menge sich selbst hindern und verderben wird. So ist ja der unsern so ein kleines Häufflein nicht / daß sie uns einschliessen und lebendig fressen könten; lasset ihrer den fünfften Teil mehr seyn als der unsern ist / stärker [776] kan ich sie nicht schätzen; woltet ihr aber vor diesem kleinen Uberschusse euch entsetzen? ich versichere euch / meine Brüder / daß ihrer fünffe gegen der unsern einen auff der Wahlstat liegen; also halte ich unser einen so gut /als ihrer fünffe / ja als ihrer achte / nunmehr; dann ihre wehrhafftesten sind gefallen / und pochen sie uns nur mit der Zahl ihrer Verzageten. Wir haben noch ein herliches Fußvolk / 50000 Mañ / und ledige Pferde zum Uberfluß / damit wollen wir uns alle beritten machen / und 120000 redliche Reuter ins Feld setzen / mit welcher Menge ich wol ehmals zweymahl so viel Völker aus dem Felde geschlagen habe / als dorten vor uns halten; und deucht euch dieses noch nicht gnug seyn / werde ich euch nunmehr offenbahren müssen / was ich bißher aus sonderbahren Ursachen gar heimlich gehalten / nehmlich / daß mein Herr Vater noch ein starkes Reuter Heer aus Teutschland verschrieben hat / davon wir schon gewisse Zeitung haben / daß sie nicht gar weit mehr von uns liegen. Wollet ihr aber leiden / ihr meine Brüder / daß dieselben uns den schönen Sieg entwenden / und sich zueignen sollen? darzu haben wir gewißlich es uns schon gar zu saur werden lassen. Ja werdet ihrs mit geduldigen Augen ansehen können / daß sie uns den reichen Raub vor der Nase hinweg nehmen / der uns Arbeit und Blut gekostet hat? Ey lasset uns in Gottes Nahmen ansetzen / und die Mordbreñer vollends auffreiben; ich versichere euch / sie werden nicht lange Fuß halten / wann sie nur sehen / daß ihr den Muht habet /euch auffs neue mit ihnẽ einzulassen. Als das Heer dẽ Trost des Entsatzes hörete / fingen sie ein starkes Feld Geschrey an / daß es in der Lufft erschallete / welches der Feind meinete geschehen seyn / weil Fürst Olaff wieder zu ihnen kam. Dann unsere Könige hatten alsbald nach dem geendigten Ungewitter Leches an den Feind geschicket / und ihm andeuten lassen / dafern sie dem gefangenen Dänischen Fürstẽ einiges Leid zufügen würden / solte es an den vier Obersten / welche sie in ihrer Hast hätten / sonderlich an Dropions Sohn ganz grausam gerochen werden / derẽ zween sie sonst gegen Fürst Olaff wolten loßgeben / wie sie es wählen würdẽ. Dropion hörete solches gerne / uñ erboht sich alsbald / Fürst Olaf gegẽ seinen Sohn uñ Pelegon der Haft zuerlassẽ. Zwar der König stund darauf / dz an Pelegons stat sein geträuer Hyppasus ausgewechselt würde; aber Dropion wendete ein /weil Olaff sein Gefangener währe / stünde es bey ihm / wz vor welche er tauschen wolte. Agis uñ Mastyes setzeten dagegen / daß ja Hyppasus dem Pelegon billich vorgezogen würde / weil er eine höhere Bedienung hätte; aber dieser antwortete / Pelegon hätte an seiner Seite gefochten; hätte der andere Flügel auch Gefangene / möchten sie die ihren auch außwechseln. Welches Mastyes nit allerdinge unbeantwortet lassen wolte / und zu ihm sagete; man wolte ja nicht hoffen /daß man die beiden unterschiedlichen Flügel ansehen wolte / als wans zwey unterschiedliche Heere währẽ /nachdem sie alle miteinander einem Könige dieneten /welcher auch billich dieser Sache den Ausschlag zugeben hätte. Dropion war nicht gewohnet / daß dieser ihm so geherzt einredete / und sagete mit höhnischen Worten; er hätte seiner Tahten noch wenig gesehen /uñ was er sich hieselbst einzumischen hätte / da er bey der Schlacht nicht eins währe zugegen gewesen? wir wollen uns hierüber nicht zweien / sagte Mastyes / aber das sollet ihr wissen / dz ich meinem Könige ja so redlich und träu diene als ihr / ob gleich meine Tahten schlecht und geringe sind / möchte auch wünschen / daß der Feldmarschalk den unzeitigen Eyfer einhalten könte. Mnata geboht ihnen beiden ein Stillschweigen / und sagte mit sonderlichem [777] Ernste / so wenig als er einen Diener haben wolte / der sich unterstünde ihm vorzuschreibẽ / so wenig könte er gedulden / daß seine vornehmste Beamten sich untereinander zweien solten. Dropion entsetzete sich nit so sehr wegen des Königes Rede / als daß Mastyes ihn dergestalt anzapffen durffte / und begunte ihm sein Gewissen zusagen es müste sein Anschlag verrahten seyn; doch ließ er seine Furcht bald fallen / und fragete Mastyes / ob er so viel Herzens hätte / wegen geführeter nachteiliger Stachelrede es mit ihm außzutragen. Ja antwortete dieser / ich wil euch zu recht stehen / wie ihrs begehret; aber nicht ehe / als nach vollendeter Schlacht / und daß unser allerseits gnädigster König Richter sey. Mnata redete ihnen nochmahl ein /sich alles Gezänks zuenthalten / als lieb ihnen seine Gnade währe; ob sie sich untereinander beissen wolten / daß der Feind sie desto leichter fressen könte? es solte dem Feldmarschalk Dropion sein Begehren eingewilliget seyn / und hoffete er seinen liebẽ geträuen Hyppasus durch Schwertes Kraft bald loß zumachen. Dropion durffte fragen / unter wessen Befehl die neuen herzu geführeten Völker seyn solten. Welches den König verdroß / und zur Antwort gab; unter wessen sonst / als unter meinem / und welche ich darüber gesetzet habe? Ich frage nicht / gnädigster König /sagte er / nachdem höchsten Häupte / welches uns allen befielet / sondern welcher Statverweser sie führen sol. Der sie auff dem Wege hat befehliget / antwortete der König / der sol sie auch an den Feind führen / gleich wie ich und Agiß an Hyppasus Stat meinen ersten Entsaz; ihr aber den Uberschuß eures Heers und zwar in meinem Nahmen. Hier merkete Dropion / daß die Karte falsch seyn muste / wolte der wegen den König weiter nit reizen / sondern sagete in ertichteter Demuht; meines Königes Wille sol mein Befehl seyn / und desto weniger Völker ich unter mir haben werde / desto weniger werde ich auch zuverantworten haben; nam damit Abscheid in solcher Verwirrung / daß ihm das Gesicht schier dunkel worden währe; aber die Verwägenheit bließ ihm bald stolzere Gedanken ein. Er ließ Fürst Olaff vor sich bringen /und sagete zu ihm; du hast dich zuerfreuen Däne / daß dieses Mittel zu deiner Erlösung verhanden ist / sonsten hättestu mir gewißlich sollen den Galgen bescheissen / doch bekomme ich dich zum andernmahle / wil ich dieser Zusage unvergessen seyn. Dem Fürsten wolte das Herz im Leibe wegen des Schimpffes bersten / und antwortete ihm; höre du unbescheider Pannonier; wann in dir eines höflichen Ritters einziger Blutstropffen währe / würdestu dich in dein Herz und Blut schämen / einem Königlichen Füsten den Galgen anzumuhten / welcher dir nie kein Leid getahn / nur daß er in einem redlichen Feldzuge seinen besten Freunden zugefallen / gegen deinen König sich ohn einige Bitterkeit hat gebrauchen lassen. Ist dir aber der Galgen bescheret / kömstu noch zeitig gnug hinan. Dropion fragete ihn / ob er auch wüste mit wem erredete; ja / antwortete er / weil du nicht der König / sondern sein Diener bist / so rede ich mit einem der viel geringer ist als ich ein gebohrner Königlicher Fürst / und Erbe eines Königreichs. Der Pannonier hätte sich gerne gerochen / aber wegen der noch nit eingelieferten Gefangenen durffte er nicht. Also nahm Olaff einen freimuhtigen Abzug / und kam gleich dazumahl vor unserm Lager an / wie das FeldGeschrey erging; klagete / was vor Hohn im begegnet währe / und vermochte die ganze Fürstliche Geselschaft / daß sie sich verpflichteten / es zurächen; Nachgehends zeigete er an / daß der Feind alles Fußvolk zu Pferde setzete / und eine Macht in die 170000 stark beyeinander hätte / welche dannoch die [778] grosse Menge ihrer erschlagenen sehr beklageten / welche sich über 70000 Mann belieffe; hätten auch den Schluß gemacht / die unsern zuumzihen / und von allen Orten her anzugreiffen. Worauff sie alsbald schlossen / auffzubrechen / und hinter sich zuweichen / damit ihnen die erschlagenen nicht am Gefechte hinderlich währen. Der Feind / da er ihren Abzug sahe /gedachte sie würden gar ausreissen / deßwegen sie mit grossem Geschrey folgetẽ; woran aber Herkules /welcher den Nachzug hatte / sich nicht kehrete / sondern immer in guter Ordnung fortrückete / biß er einen guten Raum erhielt / und sich zum Treffen fertig machete. Ihre Ordnung hielten sie / wie zuvor / und muste König Henrich mit Fabius und seinen berittenen Fußvölkern in der Mitte halten. Herkules nam zu sich lauter Teutsche und andere Völker / aber keine Böhmen / 40000 Mann; Ladisla eine gleiche Anzahl mehrenteils Böhmen / und etliche tausend Teutschen /in gleicher Anzahl; und wurdẽ König Henrich gleich so viel von den berittenen Fußvölkern gelassen. Hingegen führete König Mnata gegen Ladisla 60000 wolgeübete Reuter; Feldmarschalk Dropion gleich so viel wider Herkules / und zwar unter denen den besten Kern seiner geträuen. Mastyes aber in der Mitte 50000 gegen König Henrich. Der Feind meinete anfangs nur Schaars-weise zu streiten / und also die unsern gemählig aufzureiben / weil sie über Zuversicht dieselben stärker befunden / als sie nicht gegläubet hätten / daher sie an allen Orten 12000 / ingesamt 36000 Mann auf die unsern loßgehen liessen / denen zubegegnen die unsern anfangs bedenken trugen aber doch endlich diesen Saz wageten / und Olaff / Siegward und Fabius jeden mit 8000 wolgeübeten entgegen gehen liessen / welche auch im ersten Anfal dergestalt wirketen / daß der Feind sich der Herzhafftigkeit verwunderte; insonderheit wahr Olaff wegen des erwiesenen Schimpfs so giftig eiferig / daß er als ein blinder zufiel / und in kurzer Zeit seinen Feind drängete / daß er hinter sich weichen muste / nachdem er ihm 4000 abgeschlagen und 5000 verwundet hatte. Dropion stärkete sie mit 10000 wolgeübeter Manschafft / denen Olaff in guter Ordnung wiche / und seine Völker / deren nur 600 tod / aber 2000 wund wahren / abführete / weil Arbianes und Leches ihn mit 5000 entsetzeten; und als dieselben dem Feinde gar zu leicht fallen wolten / nam Olaff 3000 seiner vorigen Manschafft / und ging ihnen damit zu Hülffe /da er sich bezeigete / als ob er den ganzen Tag noch keinen Schwertschlag geführet hätte / daß die Feinde gedachten / er währe Herkules selbst in andern Waffen. Siegward taht auch sein bestes / aber er hatte einen hefftigen Feind / dz ihn Ladisla noch mit 1000 Mann unter Neda Anführung stärken muste / da waren sie gewachsen / und vergossen einen grossen Teil ihrer Feinde Blut / daß deren nicht 5000 ohn Wunden blieben / und 3000 gefellet wurden / da hingegen der unsern 1000 erschlagene / und 800 verwundete wahren. Als sie nun den lezten Anfal tahten / und ihren Feind gar auffzureiben die Rechnung macheten /sahen sie 12000 frische heran hauen / daher ihnen Leches mit 3400 zu Hülffe ging / daß sie diesen hefftigen Anfal zimlich auffhalten kunten. An seiner Seite schlief Fabius auch nicht / hieb und stach umb sich /daß ihm niemand nahen wolte / wie dañ seine Leute /halb Teutsche und halb Böhmen sich nicht träger erzeigeten / daß auch hieselbst der Feinde 3500 erschlagen / und 4300 verwundet wurden / die übrigen aber sich nach Entsaz umtahten / der ihnen nicht gewegert ward / dann Mastyes schikte ihnen 8000 zu hülffe /die empfangene Schlappe zurächen; aber Prinsla mit 5000 Mann trat zu Fabius / der sich [779] noch wol befand / ungeachtet er 900 eingebüsset / und gleich so viel verwundete hatte; Da gab es nun von neuen an allen dreyen Orten sehr harte Stösse / daß zwar an Feindes Seiten die meisten erschlagen und verwundet wurden /aber dannoch der unsern eine zimliche Anzahl drauff ging / und Herkules den überschlag machete / daß wann man also fortfahren solte / es ihres Orts endlich an Manschafft gebrechen würde; taht deßwegen seinem Vater und Ladisla zuwissen / es würde am rahtsamsten seyn / daß man mit der ganzen Macht föchte / vielleicht schikte sichs / daß der Feinde ein oder ander Hauffe bald in die Flucht getrieben würde /alsdann könte man in gewisser Hoffnung des Sieges streiten. Weil dann dieser Raht vor best angenommen ward / schicketen sie sich gemehlich darzu / und naheten den streitenden / die sich rechtschaffen verwickelt hatten / und keiner dem andern eines Fusses breit weichen wolte. Die Feinde sahen dieses Vornehmen /rücketen mit ihrer grossen Menge auch fort / und sprachen den ihren ein frisch Herz ein: Sie solten nur eine halbe Stunde Mühe über sich nehmen / alsdann würde kein Feindes Hund mehr übrig seyn; gingen hiemit auff die unsern / nicht anders als die Wahnsinnige und Verzweifelte / weil sie des unbewäglichen Schlusses wahren / entweder zusiegen / oder nicht ungerochen zusterben. Dropion wolte sich auch als ein geträuer Diener seines Königes äusserlich bezeigen /dem nunmehr sein verrähterisches Herz mochte beginnen etwas leid zuwerden / nach dem er aus allerhand Reden und Vornehmen des Königes merkete / sein Anschlag würde ihm fehlen / oder wol schon gar verrahten seyn; wendete sich demnach zu seinem Könige / ihm des Feindes Vorhaben selbst zuhinterbringen /und redete ihn solcher gestalt an: Wie heftig ich mich gleich heut und voriger Tage bemühet habe / Euer Königl. Hocheit Ansehen zuverfechten / und den Feinden sehen zulassen / was Pannonische Krafft und unerschrockener Muht vermag / so wil ich doch in diesem Satze eine sonderliche Bewehrung tuhn / daß mein König Mnata wol sänfftere Schmeichler und verleumderische Ohrenbläser / aber keinen geträueren Diener und Ritter in seinem ganzen Reiche / als seinen Dropion habe / der aus wolbedachtem Muhte schwöret / von diesem Platze nicht lebendig zuweichen / biß der Räuberische Hauffe dort vor uns / erleget und vertrieben ist; vor welchen Dienst ich keine andere Belohnung begehre / als daß Eure Königl. Hocheit mit voriger Gewogenheit mir gnädigst zugetahn verbleibe / und das Angeben meiner boßhafften Feinde nicht zu Herzen nehme. Mein geträuer redlicher Stathalter und Feldmarschalk / antwortete ihm der König / ich erkenne diese Ergebenheit billich / wil sie auch unvergolten nit lassen; greiffet nur die Feinde an / und machet dem Sieg einen glüklichen Anfang /welcher ohndas mehrenteils auff euer Faust und Tapfferkeit bestehet; ich wil ritterlich nachfolgen / und entweder mit euch siegen / oder Königlich sterben. Wolan / sagte Dropion / das Feld ist unser. Fiel mit dem halben Heer in die unsern als ein toller Hund /nachdem er den seinen diese Dräuung hatte hören lassen: Wer vor dem Feinde weichen würde / solte von seinem Schwerte nidergehauen werden. Er setzete aber daselbst an / wo König Henrich mit seinẽ berittenen Fußknechten hielt / welche solcher Hefftigkeit ungewohnet / sich vor diesen starken Streichen nicht zuschützen wusten / daher nicht allein ihrer etliche tausend alsbald niedergeschlagen wurden / sondern die übrigen gerieten in solche grosse Unordnung / daß unmöglich fiel / sie wieder einzurichten / uñ welches das ärgeste wahr / begunten ihrer viel schon [780] Schaarsweise die Flucht zunehmen / und nach der Seiten auszureissen. König Henrich erschrak des Unfals nicht wenig / legete zwar allen fleiß an / den Schaden zuersetzen / und taht nicht geringen Abbruch denen /die sich an ihn wagen durfften; aber er wahr von Feinden übermannet / und von seinen Leuten verlassen /daß seine Bemühung wenig schaffen kunte. Herkules sahe diesen Unfal / und wahr gleich im Anzuge / seinen lieben Vater zuentsetzen; aber König Mnata ließ ihm durch seinen geträuen Agis mit 30000 Mann vorbeugen / damit Dropion in seinem glüklichen Treffen nicht gestöret würde. Dieses glückete dem Feinde so wol / daß Herkules sein Vorhaben nicht zu Werk richten kunte / deßwegen er Siegwarden mit 8000 Mann abschickete / den Entsaz zuversuchen / kam aber zu spät / und vernam mit grosser Herzensprast / daß König Henrich in Feindes Gewalt gerahten / und unbarmherziger weise an Händen und Füssen gebunden / davon geschleppet währe; daher dann seine Völker /weil sie ohn Häupt wahren / durchaus keinen Widerstand mehr tahten / sondern teils gefangen / teils nidergeschlagen wurden / nur Fabius / der König Henrichs Statverweser wahr / behielt irgend 8000 Mann umb sich / mit welchen er dem rasenden Dropion entgegen stund / und gleich in dem wahr / als Siegward sich zu ihm nahete / daß die seinen ausreissen wolten; wurden aber durch den Entsaz gestärket / und versucheten in fester Zusammensetzung ihr bestes. Nun wahr Herkules sehr ungehalten / daß er seinem Vater nicht beispringen kunte / und sagete ihm sein Herz schon zu / daß es nicht wol umb ihn stehen würde /noch ehe ihm die leidige Zeitung kam / deßwegen er einen Reuter an Ladisla abgehen ließ / ihn gegen Dropion auffzumahnen / dessen Völker albereit den Sieg ausrieffen; dann Siegwards Entsaz ließ nach kurzer Gegenwehr sich auch die Furcht einnehmen / daß sie anfangs gar verzagt stritten / und endlich mit Fabius Hauffen sich zur Flucht schicketen / daher diese beyde Helden nebest Prinsla / Markus und Gallus den Feinden lebendig in die Hände gerieten / weil sie lieber fechtend sterben / als schändlich ausreissen wolten /wurden aber übermannet / und wider ihren Willen hinweg geschleppet. Ladisla ward dieser Niederlage gewahr / und sahe wol / daß die Trennung dieses Hauffens dem ganzen Heer schädlich seyn wolte /ging aber doch mit den seinen unerschrocken fort /ließ auch die Flüchtigen zu sich samlen / als viel möglich wahr / und machte durch seine Ankunft Dropions Völker stutzen / daß sie sich zusammen zogen /und vom würgen abliessen / welches ihr Führer ihnen als eine unverantwortliche Faulheit verwieß / sie auffs neue mit herzhaften Worten auffmunterte / und eines starken Entsatzes sie vom Könige vertröstete / daher ihr Muht wieder zunam / daß sie auff Ladisla (dem sie an der Menge weit überlegen wahrẽ) nicht anders angingen / als hätten sie noch keinen Schwertschlag geführet. Da ging es nun an ein mätschen und würgen; dann Ladisla durffte sich nicht enge zusammen zihen /daß er nicht umringet würde / darumb wurden seine Glieder geschwächet / und setzeten bald im Anfang einen grossen Teil der ihrigen zu. So verschlief Dropion seine Wolfahrt nit / sondern daß er auch diesem Feinde in kurzem den Garaus machen möchte / foderte er von seinem Könige noch 10000 zu hülffe / wel che dergestalt ansetzeten / daß auch Ladisla Völker zuweichen begunten / und würden zeitig die Flucht genommen haben / dafern nicht Olaff und Klodius mit 3000 von Herkules zu ihnen gestossen währen / welche durch ihren ritterlichen Anfal den Feind auffhielten / daß Ladisla sich wieder setzen kunte. Herkules tummelte [781] sich inzwischen weidlich mit Agis / der doch nicht recht anbeissen wolte / nachdem er befehlicht wahr / nur den Feind auffzuhalten / damit er gegen Dropion keinen Entsaz; schickẽ könte; aber sein Vorhaben wolte ihm nicht nach Willen glücken /dann Herkules schertzete nicht / sondern taht ihm so gedrange / daß er sich zurük auff seinen König zihen muste / der ihn mit 8000 stärkete / daß er zimlicher massen bestand wahr / daher Mnata mit seinen übrigen dem Dropion zu hülffe ging / der Hoffnung / an diesem Orte den völligen Sieg zu behäupten / dann hernach würde es leicht seyn / Herkules und sein Häuflein mit gesamter Macht anzugreiffen und niderzulegen. Nun müssen wir dannoch unserer elenden Gefangenen nicht gar vergessen / welche in Feindes Lager geführet wurden / woselbst man sie entwapnete / und alsbald scheidete / daß jeder absonderlich seyn /und verwahret werden muste. König Henrich empfand diesen Schimpff hefftiger als den Tod selbst / dann er ward von dreyen Pannoniern mit herben Spot angefahren / welche ihn erinnerten / er solte sich gefasset machen bald nach gehaltener Schlacht den Galgen mit seinem grauen Häupte zu zieren; und begegnete den übrigen Gefangenen keine geringere Schmach / welche sie doch / so best sie mochten / verschmerzeten /weil sie der Hoffnung lebeten / Gott würde den Sieg auff ihre Seite fallen lassen / daß sie mit andern ausgewechselt / und auff freyen Fuß gestellet würden. Ladisla / wie droben gemeldet / hatte sich gegen Dropion in etwas wieder gesetzet / so daß Gewin und Verlust in gleicher Wage hing / ja fast auff der unsern Seite ausschlagen wolte; aber Königes Mnata Ankunfft machete eine schleunige Enderung / als welcher sich bemühete / die unsern von der Seite her anzugreiffen / und ihre Ordnung zu trennen / welches ihm so wol geriet / daß er sich fast ohn Verlust hinein drang / und unter den abgematteten Böhmen eine hefftige Blutstürzung verursachete / welche Olaff gerne abgewendet hätte / oder zum wenigsten gemiltert; aber die Völker wahren gar zu erschrockẽ / und überdas mehrenteils schon verwundet / daher sie sich nach der Flucht umsahen / welche sie völlig vornahmen /als von den Feinden ausgeruffen ward / daß Herkules Hauffe erleget währe; dann hiedurch einfiel ihnen der Muht / die Fäuste sunken hin / und gedachten an keine Gegenwehr / sondern gingen bey tausenden uñ hunderten fort / als ob ihnen das lauffen angesagt /und die Gegenwehr verbohten währe. Zwar die beherzesten Teutschen hieltẽ bey ihren Häuptern Fuß / wolten auch lieber sterben / als ihre Feld Herren schändlich verlassen / weil aber ihr Häuflein gar zu geringe wahr / wurden sie übermannet und abgetriebẽ / daher ihrer viel einbüsseten / und von den Feinden erleget wurden. Ladisla wahr Zeit seines Lebens in solcher Angst nicht gewesen / auch da er unter Büttels Hand sich befand; Er sahe / daß unmöglich wahr / den Sieg solcher gestalt zubehäupten / massen er kaum 3000 Mann bey sich hatte / welche von den Feinden von allen Seiten so gar eingeschlossen wahren / daß sie sich kaum regen kunten / und mit ihrem Gewehr sich selbst beschädigten über das wahr Olaff / Klodius und Neda schon in Feindes Händen / und hielt nur Leches bey ihm / welchen er in dieser Angst also anredete: Mein Freund / es hat dem lieben Gott gefallen / die Abgötterey meiner Untertahnen durch das Pannonische Schwert heimzusuchen und abzustraffen; Ja ich selbst habe mit meinen Sünden ein solches / und noch wol ein mehres verdienet; jedoch wil ich wider meinen gnädigen GOtt nicht murren / noch meinen Muht sinken lassen / sondern fechten / als lange mir das Schwert in der Faust [782] bleibet; der barmherzige GOtt bewahre nur meinen lieben Herkules wegen seiner Frömmigkeit / daß er lebendig entrinnen möge / derselbe wird meinen Tod schon zu rächen wissen. Euer Königl. Hocheit Tod wende Gott in Gnaden ab / antwortete Leches / dessen Almacht kan uns retten / da wir keine rettung sehen; nur bemühe sich eure Hocheit / mit der Flucht davon zukommen / welches wol geschehen kan / so wil ich den Feind nach vermögen auffhalten / weil ich mein Blut in keiner Bedienung besser anzuwenden weiß; uñ vielleicht ist König Herkules schon in sicherheit / so daß er aus der Noht eine Tugend gemacht / und sein Leben auff ein besser Glük durch die Flucht erhalten hat. Aber Ladisla kunte sich hierzu durchaus nicht verstehen / sondern gab diese Antwort: Die Flucht ist zu spät / und die Schande zu nachteilig / deswegen folget mir / und lasset uns sehen / was Gottes Barmherzigkeit mit uns vor hat / ohn dessen willen kein Häärlein von unserm Häupte fallen kan. Macheten sich hiemit aus dem Gedränge / und in begleitung 800 Teutschen brachen sie durch / daß sie raum zu fechten gewonnen / und über 4000 der stärkesten Feinde niderschlugen / matteten sich aber so gar ab / daß ihnen die Arme entschlieffen / und die Schwerter aus den Fäusten fielen / dann sie hatten sich durch Arbeit in den schweren Waffen dergestalt erhitzet / daß ihnen die Zunge am Gaumen klebete / und sie wegen durstes vermeineten den Geist auffzugeben; es erkenneten aber die Feinde den Bömischen König an den Waffen / deswegen ward ihnen von Mnata und Dropion ernstlich gebohten / ihn nicht zu fellen / sondern lebendig anzunehmen / welches auch geschahe / daß er nebest Leches und 200 Reutern vom Pferde gerissen / mit Zäumen und Sattelriemen gebunden / und nach dem Lager geführet ward. Herkules wahr dieses unglüklichen falles nicht allein berichtet / sondern auch / daß sein H. Vater und andere mehr gefangen wahren / welches ihm die Seele durchschnitte / und in dieser Gefahr sich nicht zubegreiffen wuste; so hatte er keinen sonderlichen Kriegs verständigen mehr bey sich / als Arbianes / welchen zu retten er sich äusserst bemühete / und ihm deswegen ernstlich geboht / er solte straks angesichts sich mit 1000 wolberittenen durchschlagen / und nach Prag reiten / daselbst anzuordnen / daß die Stad mit nöhtiger Mañschaft und Speise versehen / und ganz Teutschland in Harnisch gebracht würde / weil vor dißmahl der Sieg vermuhtlich auff Feindes seite fallen dürffte; welchem Befehl er wieder seinẽ willen nachkam / aber doch aus sonderlicher schickung Gottes /dann es glückete ihm nicht allein / daß er von Feinden unangegriffen blieb / sondern weil sein Hauffe zimlich ansehnlich wahr / und dannoch vor flüchtig angesehen ward / hieben ihm die andere Feldfluchtige gutesteils nach / uñ folgeten seinem Huefschlage; es wahren aber mehrenteils Parther und Meden / welche er anfangs mit sich nam / welche auch redlichen Stand bey ihm gehalten hatten / daß Herkules bekennete /wann ehmahls die Parther nur halb so träulich vor ihren König gefochten hätten / würde Artaxerxes die Feldschlacht nicht erhalten haben. Nicht lange wahr Arbianes hinweg / da ging die ganze Pannonische Macht auff Herkules an / und rieffen allenthalben ihren Sieg aus / welches er vernehmend / seine Leute also anredete: Gedenket / daß ihr freygebohrne Teutschen / und nicht gewohnet seid / Bande und Ketten der Leibeigenschaft zu tragen; ist unsere Stunde verhanden / so wollen wir ehrlich sterben / und gleichwol unser Blut so teur verkäuffen / als es immer gelten kan. Seine Leute wahren willig / mit ihm in den Tod zu gehen / ungeachtet sie sich albereit sehr abgearbeitet hatten / und grossen [783] teils verwundet wahren; setzeten also 13000 stark dermassen in den Feind / daß alles was sie traffen / zu grunde gehen muste. Ihr Anfal geschahe zu gutem Glük auff König Mnata /und ob zwar die Pannonier alle Gegenwehr versucheten / ihn zu befreien / so drang dannoch sein Löuenmuht hindurch / da seine Völker die anfallenden auffhalten musten / daß er sein Schwert wieder den König recht gebrauchen kunte / auff welchen er dergestalt zuschlug / daß ihn von wenig streichen geschwand / ihn vom Pferde risse / und durch drey Teutschen ihm das Häupt entwapnen ließ / mit der bedräuung / wo er im geringsten sich wegern würde mit zu reiten / wohin man ihn führete / solte seines lebens nicht mehr seyn: sonst solte es ihm gehen wie es seine von ihm gefangene Anverwanten haben würden. Darauf schlossen ihn 200 wolberittene Teutschen zwischen sich / und nach Herkules Befehl gingen sie als Feldflüchtige des geradesten weges mit ihm nach Prag zu. Die Pannonier fingen hierauf ein starkes Geruffe an; Unser König ist gefangen / König Mnata ist gefangen; ja sie macheten sich hin zu Dropion / mit ermahnung / die versehung zu tuhn / daß eine starke Schaar nachgeschicket würde / ihn wieder loß zu machen; aber diesem wahr solche Zeitung ein gefunden Fressen / weil er hoffete seines Königes solchergestalt ohne zu werden; befahl deswegen die Feinde / so annoch gegenwärtig / anzugreiffen / und den völligen Sieg zu behäupten / alsdann solte sich ihr König schon wieder finden. Damit fielen sie als wilde Ochsen auff Herkules Leute / beklemmeten sie umb und umb / und würgeten alles vor sich weg / biß Herkules mit 5000 an einem Ende durch brach / in meinung /sich nach einer Enge zuzihen / und daselbst / als lange er lebete / Stand zu halten; aber seine Völker meineten nicht anders / als daß er die Flucht zu nehmen vorhabens währe / daher sucheten sie sich auch zu retten / und gingen zustreuet fort / was die Pferde lauffen kuntẽ. Da befahl nun Herkules sich der barmherzigkeit Gottes / und schickete sich zum gewissenrühmlichen Tode. Sein Blänke wolte ihn zwar wieder seinen willen davon tragen / hätte auch ohnzweifel sich in sicherheit bringen können / aber er wolte nicht / und muste das Pferd gezwungen umbkehren / da er selb 300 auff eine Schaar 4000 stark anfiel / und mit seiner Faust 15 manliche Ritter erlegete; die seinen spareten sich auch nicht / und weil sie den gewissen Tod vor Augen sahen / trieben sie solch Wunder / daß ihrer keiner unter fünff oder sechs Feinde niderlegete /und die übrigen vor ihnen ausweichen musten; aber ein frischer Hauffe 6000 stark überfiel sie von neuen /trieb sie enge ineinander / daß sie biß auff 40 alle auffgerieben / und die übrigen / unter welchen Herkules wahr / von den Pferden gerissen / und hinweg geschleppet wurden. Hiemit wahr der vollige Sieg in Dropions Händen / wiewol durch sehr blutige überwindung; massen der Pannonier in diesem lezten Treffen 50000 erschlagen und 16000 heftig verwundet wahren. Der unsern dagegen lagen aus dieser lezten Schlacht 4000 gestrecket / und hatten sich über die Gesunden 20000 verwundete durch die Flucht errettet / auch unterschiedliche hohe Pannonische Befehlichshaber mit sich geführet. Dropion ward von des Königes Geträuen vermahnet / den Flüchtigen nachzusetzen / ob ihr König wieder könte loßgemacht werden; aber darzu kunten sie ihn nicht bewägen / dann er gab vor / das Heer währe durch den heftigen und langwierigen Streit abgemattet / und gäbe es vorwarts unterschiedliche enge Durchzüge / woselbst die Flüchtigen ohn zweifel sich samlen / und stand halten würden. Worauff Mastyes antwortete: Je so mus dannoch mein König nicht so gar [784] verlassen seyn / solte auch alles übern hauffen gehen; ließ alsbald 12000 von seinen Leuten (denen Agiß 200 des weges erfahrne zu gab) nachhauen / welches gleichwol vergebens wahr. Das übrige Heer gesunde und verwundete 108000 stark ward durch den gewöhnlichen Pauken- und Trometenschal zusammen geruffen / und von der Nachfolge abgezogẽ. Der gefangene Herkules ward noch / ehe man ihn ins Lager brachte / vor Dropion geführet / welcher ihn bey den Waffen kennete / und im grimme ihn also anfuhr: Hastu unbendiger teutscher Hund nun dereins ausgeraset? ich wuste schon wol / daß die Pannonischen Schuzgötter nicht leiden würden / daß meines ersten Bruders Blut / und des andern Gefängnis ungerochen bliebe; darzu wird man dir vergelten / daß du meinen König hinweg geschicket hast / wiewol zu seinem besten / auff daß er das Königliche Schloß zu Prag einnehme / noch ehe ers bestürmet hat; du aber mit deinem anhange schicke dich zum standhaften Tode / und gedenke nur / daß ich die mir bewiesene Schmach mit eifern werde. Herkules sahe ihn Zeit solcher Rede mit gar freudigen Augen an / nicht anders /ob währe ihm nichts wiedriges begegnet / enderte auch wegen der Schmachrede und Dräuung seine Farbe nit im geringsten / und gab ihm diese Antwort: Dein schänden Dropion / mus ich verschmerzen / weil mein Gott wegen meiner Sünde mich dir in die Hände gegeben hat; dein König ist von mir ritterlich überwunden / und ohn einige angelegete Schmach in Sicherheit geführet / da man ihn Königlich halten wird /dann unser Zorn währet nicht länger als des Feindes Gegenwehr; deswegen wird dir obliegen / daß du gleicher weise mit mir und anderen gefangenen Königen /Fürsten und Rittern also umbgehest / wie es Kriegsgebrauch mit sich bringet / welcher noch nie keinem redlichen Sieger unbillichen Rachgier eingeblasen hat / und ob dir gleich diesesmahl das Glük die Uberwindung gegönnet / so gedenke doch nicht alsbald / daß du alles frey tuhn mögest / was dir gefält; meinestu aber durch unterschiedliche meine Siege von mir verlezt zu seyn / so nim mich vor nach Kriegs- und Rittersbrauch / alsdañ wil ich dir antworten / daß jederman meine Unschuld und Auffrichtigkeit sehen sol /nur laß nicht andere mit entgelten / wann du meinest von mir beleidiget zu seyn. Wiltu noch pochen und schnarchen / gab Dropion zur Antwort / da ich dich in meiner Gewalt habe? gab hiemit einem Kriegsknechte einen Wink / welcher hinzu trat / und den unvergleichlichen König mit der Faust ins Gesichte schlug; welcher Schimpff ihn so heftig schmerzete / daß er sich nicht enthalten kunte / ihn also anzureden: Du bist nicht wert Dropion / daß du eines Ritters Nahmen führest / weil du einen König und Ritter so schändlich halten darfst / und ich versichere dich bey meinen Ehren / daß Gottes Hand / ehe du es meinest / dich treffen wird. Er stellete sich aber / als hörete ers nicht / und redete unterdessen mit einem andern / befahl auch alsbald / man solte den Gefangenen Teutschen Hund ins Lager führen / damit ihm neben den andern seine Straffe angetahn würde. Bald darauff versamlete er alle seine verschworne / welche ihm träulich rieten / er solte Mastyes und Agiß neben anderen des Königes geträuen nicht aus dem Raht schliessen / in betrachtung / es sich leicht zutragen könte / daß sie einen solchen Auffstand macheten / in welchem ihnen allen die Hälse gebrochen würden / weil sie den mehren Teil der Völker auff ihrer Seite hätten; welcher Erinnerung er / wie wol ganz wieder seinen Willen / folgen muste / daß er ihrer sechse fodern ließ / dahingegen er der seinen achzehn bey sich hatte. Mastyes[785] und Agiß beredeten sich kürzlich / gaben etlichen vornehmen Obersten Befehl / was Zeit ihres abwesens sie mit den Häuptleuten reden / und wie sie sich auff Erinnerung ferner bezeigen solten / und gingen mit den andern fort nach der Gerichts Stat. Als sie nun bey einander wahren / fing Dropion diese hochmuhtige Rede an: Die Pannonischen Götter haben nunmehr den Spot und Hohn gerochen / welchen die Teutschen und Böhmen unserm hohen Adel durch Ubersendung eines schäbichten Hundes angelegt haben; wird demnach unter uns sich keiner finden lassen / welchem die Rache an den Urhebern nicht gefallen solte / zumahl sie von unserm lieben Könige selbst bestimmet / und zu dem Ende der Galgen schon gerichtet ist. Was ich zur Behäuptung des Sieges durch meine Faust und Anführung verrichtet / mögen diese zeugen / so es gesehen haben und die meiner Streiche empfunden; einmahl ist gewiß / daß die Teutsche und Böhmische Macht dergestalt gebrochen ist / daß sie in Ewigkeit wieder die Pañonische Beherschung sich nit auffrichten / noch deren Joch von sich abwerffen sol. Hiemit schwieg er / und erwartete der Antwort mit sonderlichem Stolze. Niemand wolte hierauff Antwort geben /weil ers von keinem foderte / biß endlich Agiß zu Mastyes sagete: Herr Stathalter und Feldmarschalk Herr Mastyes / euch gebühret die Ehre der ersten Antwort /nachdem unser aller lieber König leider nicht zugegen ist / daß seine Hocheit nach eigenem belieben Anordnung machen könte / denen wir uns alle ohn Einrede gemäß uñ untertähnigst-gehorsam bezeigen müsten. Ja mein Freund / sagte Mastyes / ich werde euch gehorsamen / wann es den versamleten Pannonischen Helden und Landesvätern also gefället. Weil dañ niemand dawieder redete / jedoch auch niemand ihn weiters daran eriñerte / fuhr er dañoch also fort: Ruhmwirdiger Feldmarschalk und Reichs-Stathalter Herr Dropion; ich habe seinen Vortrag angehöret / und gleichwol mich viel eines andern vermuhtet; massen ich der Andacht wahr / einen Rahtschlag zuvemehmen / durch was Mittel und Gelegenheit unser allerliebster König und Herr wieder erlöset / und auff freie Füsse gestellet würde / damit seine Königl. Hocheit des Sieges mit uns geniessen könte / welchen eure ritterliche Faust / wie jederman bekennet und rühmet / grossen Teils erworben hat; so suchet aber der Feldmarschalk nur bloß die Abstraffung der gefangenen Könige und Fürsten / dessen doch / meiner Meinung nach / vor unsers Königes Erlösung wir uns nicht unternehmen dürffen; dann andere Ursachen zugeschweigen / wird ja ein jeder vernünfftiger Mensch es greiffen und fühlen / daß unser lieber König ohn allen Zweifel durch den allerschändligsten Tod hingerichtet werdẽ müste /sobald des Böhmischẽ und der beiden Teutschen Könige Gemahle ihrer Gemahlen Tod vernehmen solten; ja die erschrekliche Pein / die man seiner Königl. Hocheit würde anlegen / würde nit außzusprechẽ seyn. Ist demnach / meine auffrichtige Meinung anzuzeigen / diß mein Raht / daß man die Gefangenen nicht allein der schnöden Bande erlasse / sondern ihnen auch als Königen uñ Fürsten gütlich tuhe / biß auff unsers allergnädigsten Herrn und Königes glükliche Wiederkunfft; alsdann wird dessen Hocheit schon weiter ordnen und befehlen / was geschehen sol. Zwar der Herr Feldmarschalk wendet ein / es habe unser König den Galgen schon bauen lassen; aber wer weiß / ob er annoch der Meinung ist? Ja wer weiß nit / daß die Stricke / damit man unsere Gefangenen henken würde / unsers lieben Königes Kehle zugleich zudrücken und das Genicke brechen würden? Was hätten wir aber alsdann erstritten / als [786] unsers Königes Tod und Verderben? welches abzuwenden / wir alle schuldig /und Krafft unsers geleisteten äides gehalten sind /unser Gut / Blut / Ehr und Leben auffzuopffern. Ey freilich / antwortete Dropion; gerade als wann Mastyes nur allein vor den König Sorge trüge; daß ich aber seiner Königl. Hocheit biß daher keine Erwähnung getahn / und was zu seiner heilsamen Rettung dienlich seyn kan / wie man mich deßwegen schon verleumdẽ wil / sondern von den gefangenen Hunden den Anfang gemacht / ist nicht aus Vergessenheit / viel weniger aus Nachlässigkeit oder Verachtung geschehẽ / sondern man muß durch ernstliche Abstraffung der Gefangenen / die hinterbliebenen verzageten Weiber schrecken / dz sie ihres eigenẽ Lebens desto mehr fürchtẽ / uñ solches zuerhaltẽ / unserm Könige so viel grössere Ehre erzeigen. Meiner redlichen Vorsorge vor unsern König / sagte Mastyes / bin ich mir am besten bewust / welche so wenig als die eure / Herr Dropion / sol in zweiffel gezogen werden; nur befremdet mich nit wenig daß ihr mein Vorbringen so höhnisch halten dürffet / ehe und bevor die anderen Herren und Häupter ihre Meinung angezeiget haben. Und was bedeutet es / daß man bey dieser allerhochwichtigsten Rahtschlagung nur etliche / und nicht alle vornehme Häupter des Pañonischen Heers hat haben wollen? dürfften auch die außgeschlossene / deren eine grosse Menge ist / sich dessen über uns beschwehren / uñ uns wol gar die Hälse brechen? doch stelle ich solches zu eurer Verantwortung / weil ihr mich und Herrn Agiß / nicht als die mit euch einerley Amt bedienen /sondern nur als gemeine Obersten habt in eure schon angestellete Versamlung fodern lassen. Ich setze aber auch dieses aus / und erinnere euch Herr Dropion /daß wir beide nicht hier sind / mit einander zuzanken / oder allein zuschliessen / sondern andere Stimmen auch anzuhöhren / daher ich auff eure jezt eingeführete Ursachen kein Wort antworten wil. Dropion muste sich vor diesen Mann nunmehr fürchten / weil sein Anhang der gröste wahr / sonst würde er ohn Urtel und Recht ihm alsbald das Leben genommen haben. Doch seinen Hochmuht zuerzeigen / gab er ihm zur Antwort; was hat Mastyes mich zurechtfärtigen / oder mir vorzuschreiben / wie viel / und was vor Obersten ich zu mir fodern sol? und bildet er sich ein / daß er mit mir in gleicher Hocheit sitze? Ich bin ja der Oberstathalter / und habe in des Königes abwesen zu ordnen und gebieten.

Das gestehe euch einander / und ich nicht / fiel ihm Mastyes in die Rede / es währe dann / dz ihr euch gar vor unsern König auffwerffen woltet; dann ihr wisset wol / daß in des Königes Abwesenheit / nicht einer allein / sondern der ganze Raht ordnen und befehlen muß / es sey dann dz der König es ausdrüklich anders haben wolte. Doch wir wollen alles hieselbst als unter der Rose angehöret haben / sonsten / da zu der abgeschlossenen Obersten Wissenschaft es gelangen würde / daß Herr Dropion ihm die Gewalt anmassete sie nach belieben auß dem Kriegsraht zuschliessen /dürffte wenig gutes daher entstehen. Dropion saß und knirrete mit den Zähnen / und wann Mastyes und Agiß nit ihre gewapneten Diener in der nähe gehabt hätten / würde er gefährliche Dinge vorgenommen haben / wahr auch bereit / Mastyes zuantworten / aber Agiß kam ihm zuvor / und sagete: Ihr Herren / was sol das bedeuten / daß ihr euch zweiet / und habt dessen keine Ursach? lasset uns über des Herrn Feldmarschalks Herrn Dropions Vortrag unsere Stimmen geben / und zugleich bereden / wie unserm lieben Könige möge gerahten werden. Ausser allem Zweifel bestehet seiner Königl. Hocheit Leben und Heil auff dem / was der Feldmarschalk Herr Mastyes geträulich angezeiget [787] hat / und durch des Feldmarschalks Herrn Dropions Gegenwurff nicht umgestossen ist; dann wer weiß nicht / was vor einẽ Heldenmuht Königin Vallfka träget / welche ihres Gemahls Herkules / und ihres Bruders Ladisla der beiden Könige Tod / an unserm Könige zum allergrimmigsten rächen würde / ob sie gleich ihr äusserstes Verderben solte vor Augen sehen. Es ist der Friesische König Baldrich / Herkules Bruder bey ihr / wo nicht schon nach Teutschland und Frießland / uns ehistes ein neues Heer über den Hals zuführen / und wir demnach keines Weges gedenken dürffen / als sey mit dieser Schlacht der ganze Krieg zum Ende gerichtet; O nein; haben wir noch gute Manschaft bey uns und im Lande / werden wir derselben wol bedürffen / und möchte ich vor mein Häupt wol wünschen / wir hättẽ unsern lieben König loß /und mit den Feinden eine ehrliche Rachtung / welches beides ich zuerlangen hoffe. Vor dißmahl ist mein geträuer Raht / man nehme vor allen Dingen unsers Königes Erlösung vor / welcher nachgehends die Bestraffung der ansehnlichen Gefangenen nach seinem Willen anzustellen hat / und wil dieser Versamlung zur Nachricht so viel sagen / daß ich versichert weiß /daß unser König durchaus nicht willens ist / die Gefangenen henken zulassen; und erfahret ihr ein widrigen / so wil ich mich selbst lassen auffknüpffen. Die andern Obristen / welche dem Könige geträu wahren /stimmetẽ hiemit gänzlich ein; aber Dropions Anhang wolte nicht einwilligen / wanten einhellig vor / man müste gleichwol dem Feldmarschalk und OberStathalter nit so gar zugegen streben / als welcher durch seine Vorsichtigkeit und unüberwindliche Stärke den Sieg erstritten / die Feindes-Häupter gefangen / und hiedurch die Pannonische Herschafft den Teutschen und Böhmen auffgebürdet hätte / wovor ihr König ihm die Böhmische Kron nicht mißgönnen / viel weniger versagen würde; Was Agis von einem neuen feindlichen Heer vorbrächte / währe eine vergebliche Furcht / und hätte mit ihrem Könige es keine Gefahr; aber dagegẽ müste der Schimpff ohn Verzug gerochen werden / damit man das Pannonische Volk beleget hätte. Weil dann diese Meinung mit den meisten Stimmen bekräfftiget ward / schloß Dropion / es solte alsbald ein neuer Galgen auffgerichtet / und alle gefangene Könige / Fürsten und Häupter daran geknüpffet werden. Die Geträuen des Königes ingesamt wurden darüber bestürzet / bahten und fleheten / man möchte der Sache einen geringen Anstand geben / bedingeten sich daneben auffs allerbeste / wann ihrem Könige daher einige Gefahr zustehen solte / und führeten jenen zu Gemüht / wie schwer solches vor dem Pannonischen Reiche würde zuverantworten seyn. Aber dieses alles verfing durchaus nichts bey Dropion / weil er bloß nur Gelegenheit suchete / daß sein König umgebracht würde / dan er zweifelte nicht / die Kron müste ihm nach dessen Tode auffgesetzet werden; gab demnach auff jezterwähnete der Reichsgeträuen Bedingung diese Antwort: Ohn Zweifel sind etliche unter euch / die wegen Hoffnung einer grossen Vergeltung sich bemühen dürfften / den Gefangenen unsern geschwornen Feinden das Leben zuretten / wo nicht / ihnen das Vaterland wol gar zuverrahten; rahte also einem jeden / daß er / solchen Verdacht zumeiden / sich alles ferneren Einredens enthalte wo er sonst von mir nicht wil als ein Feind und Verrähter des Vaterlandes abgestraffet seyn. Zwar ich dürffte nunmehr auff die Gedanken gerahten / das gestrige mir eingehändigte Warnungs-Schreiben müsse nicht allerdinge gerichtet seyn / in welchem mein König und ich erinnert werden / uns wol vorzusehen / daß nit [788] durch fremde Gelder unsere Häupter verkaufft und verrahten werden. Die Königs Geträuen antworteten unerschrocken / sie wüsten sich aller Verrähterey ganz frey und unschuldig / wolten doch diese Beschuldigung keines weges auff sich ersitzen lassen / sondern zu seiner Zeit anzuhalten wissen / daß der Feldmarschalk öffentlich darlegete / von was Leuten er solche Schreiben hätte / und aus was Gründen er sie so erschreklicher Verrähterey zeihen dürffte. Ja / gab Dropion zur Antwort / es sol freilich ein solches zu seiner Zeit von mir nit verseumet werden / biß dahin ein jeder sich wird gedulden können / weil ichs selbst so lange verschmerzen muß. Befahl darauff einem Obersten / die Anordnung zutuhn / daß auffs allerschleunigste der Galgen auffgerichtet / und die Gefangenen herzu geführet würden; welches dann des Königes Geträue vor dißmahl musten geschehen lassen. Agis hatte im Treffen eine geringe Wunde an den linken Arm bekommen / stellete sich / als schmerzete ihm dieselbe seht / und befahl seiner Diener einem / hin nach dem Lager zureiten / und seinen Arzt zu hohlen /daß er ihm den Schaden besichtigte. Dieses wahr mit dem Diener also angelegt / wuste wol was es bedeutete / und ritte schleunig fort nach den Obersten / mit welchen Mastyes und Agis Abrede geno en hatten; Dieselben nun hatten eine grosse Anzahl Häuptleute und Unterhäuptleute versamlet / und ihnen vorgetragen / es liesse sich ansehen / als ginge Feldmarschalk Dropion mit sehr gefährlichen Dingen schwanger / die zu ihres Königes Untergang gereicheten / hoffeten demnach gänzlich / es würde das gesamte Heer ihres liebẽ Königes Wolfahrt ihnen lassen angelegen seyn /und auff allen fal dem Feldmarschalk einreden / insonderheit / wann derselbe etwa vornehmen wolte /die Gefangenen tödten zulassen / weil ungezweifelt solches an ihrem lieben Könige grausamlich würde gerochen werden. Diese erkläreten sich alsbald / Leib und Leben vor ihres Königes Wolfahrt anzuwenden /und solches / wie es immermehr könte und möchte erfodert werden; es gäbe ihnen schon nicht geringen Verdacht / daß man umb des Königes Rettung so gar unbemühet währe. Die Obristen / deren 12 an der Zahl wahren / bedanketen sich der Träue / welche ihr König unvergolten nicht lassen würde / nahmen auch 40 Häuptleute und 30 Unter Häuptleute neben 1000 Reutern zu sich / und erwarteten getrost / was man ihnen zuentbieten würde. Zeit wehrender Auffrichtung des Galgen zeigete Mastyes in seiner Gesellen Nahmen den andern an / sie währen alle sechse gewilliget / mit ihrem Gerichte durchaus nichts zuschaffẽ zuhaben / damit sie deswegen ihrem Könige oder dem Heer nicht dürfften Rede und Antwort geben / dessen zur Bezeigung sie auch begehreten / daß ihnen erläubet währe / einen absonderlichen Siz von ihnen zunehmen / oder gar davon nach dem Lager zureiten. Dropion antwortete ihm gar trotzig / sie möchten sich nach gefallen setzen wo sie wolten / aber nach dem Lager zureiten / solte ihnen verbohten seyn. Sie verschmerzeten dieses geduldig / und hoffeten / es solte noch anders ergehen / als dieser ihm eingebildet hatte / weil sie auff der 12 Obersten Redligkeit sich verliessen. Inzwischen lagen unsere Helden jedweder in einer schlechten Reuter Hütten absonderlich gebunden auff blosser Erde / und ward ihnen weder Brod noch Wasser gegeben / auch nicht eins nachgefraget /ob sie verbunden währen. Herkules überlegete bald in seinem Siñe / wie Dropion mit ihnen verfahren würde / hatte doch nicht desto weniger das Vertrauen zu Gott / er würde mit seiner Errettung auch daselbst erscheinen / wo menschliche Hülffe aus und verlohren wahr / und verlangete ihn nicht wenig / [789] mit seinẽ Mitgefangenen zureden / uñ seinen geträuen Raht ihnẽ mitzuteilẽ. Als er mit diesen Gedanken umging / trat ein Pannonier zu ihm in die Hütte / und deutete ihm in Dropions Nahmen an / er solte sich zum wolverdienten Tode gefasset machen / und mit den übrigen Gefangenen sich vor Gericht stellen / umb zuvernehmen / was man ihm wolte. Welches er kurz beantwortete: Sein Leben und Tod stünde bloß in Gottes / und keines Menschen Händen; was derselbe über ihn beschlossen hätte / wolte er gerne und willig angehen /auch ungewegert sich in seiner Unschuld vor Gericht einstellen / umb zuvernehmen / was Dropion sich über ihn als einen König zubeschweren hätte. Ging also in seinen Banden unwegerlich fort / und sahe die übrigen Gefangenen in gleicher gestalt daher zihen; welcher elende Blik an Ladisla und seinem Vater /ihm die Trähnen aus den Augen trieb / fassete doch ein Herz / und redete sie also an: Herzlieber Herr Vater / auch Bruder Ladisla / und sämtliche allerliebesten Freunde; Ich bitte höchlich / wollet über unsern frommen GOtt nicht ungeduldig werden / daß er uns in diese Noht wegen unser Sünde hat wollen fallen lassen; eben seine Hand / die uns gedemühtiget hat / kan uns hinwiederumb erheben / und wol ehe /als wir gläuben oder gedenken. Vorerst zeige ich euch an / daß König Mnata von mir gefangen / und nach Prag geschicket ist. Vors ander bitte ich / ihr wollet mir gönnen / das Wort vor Gerichte zuführen. Gut mein herzallerliebster Sohn / antwortete sein Vater /das erste gibt mir einen Trost das andere ist mir sehr lieb und angenehm / und zweifele nicht / mein Sohn König Ladisla werde gerne einwilligen. Warumb nicht / antwortete dieser; nur daß mir Freiheit bleibet /mich zuverantworten / da ich solte an meinen Königlichen Ehren gekränket werden. Wir müssen geduldig seyn / sagte Herkules / und nicht alles hören / viel weniger verantworten / biß GOtt Besserung giebet. Sie gingen mit gebundenen Händen auff den Rücken freudig fort / biß sie bey dem Gerüste ankahmen / auff welches Dropion mit seinen Verschwornen sich in grossem Pracht gesetzet hatten; Und da die unsern in der Reihe vorgestellet waren / redete nicht Dropion /sondern Pyrechmes / der ihm am nähesten saß / trug dieses vor: Es erinnert sich der gevolmächtigte Pannonische Königliche Statverweser / der unüberwindliche Held / Herr Dropion / bestätigter König in Böhmẽ /añoch sehr wol / was gestalt seinem Könige / ihm /und dem unvergleichlichen ganzen Pannonischen Adel von euch Teutschen und Bömischen Hunden (o du Hund sagte hierauff Ladisla) durch übersendung eines eures gleichen schäbichten Hundes / und andere schmähungen ist geschändet worden / welches sein Heldenmuht ungerochẽ nicht hingehen lassen kan; lässet demnach durch mich seinen verbundenen euch ingesamt und ohn unterscheid anmelden / daß ihr die wolverdienete Straffe jezt diese Stunde von Henkers Hand annehmen / und mit dem Strange an diesem auffgerichteten Galgen vom Leben zum Tode sollet gebracht werden; da dann der Zäuberer und seiner Brüder Mörder Herkules oben an / nähest ihm Ladisla der verlauffene Böhme / und drittens der alte Henrich hangen sol. Alsbald brach Dropion mit freudigen Augen den weissen Stab entzwey / welchen er in der Hand hielt / und befahl ein ander den anwesenden Henkern / ihr Ampt und gebühr ohn auffschueb zuverrichten. Die Gefangenen stelleten sich unerschrocken / und fing Herkules also an: Ich kan mich nicht gnug verwundern über dieses unbesonnene vornehmen / daß ihr uns so schändlich hinrichten wollet / da euer König in der unsern Gewalt [790] ist. Er wolte weiter fortfahren / aber Pyrechmes hies ihn mit ungestüm schweigen / oder es solte ihm alsbald die Zunge aus dem Halse gerissen werden. Woldann / sagete Herkules / so wil ich schweigen / und begehre nur vor mich und meine mitgefangenen ein Viertelstündichen frist /daß uns gegönnet werde / alhier unser Gebeht zu unserm Gott zu verrichten / damit er unser Seele möge gnädig seyn. Aber ihnen kunte so lange Zeit nicht zu gelassen werden / sondern Pelegon sagete: Es hätte kein Gott mit ihrer Seele etwas zuschaffen / weil sie alle alten Götter verleugnet und einen erhenketen angenommen hätten; könte derselbe nun seines gleichen retten / würde man zuvernehmen haben. Uber welche Gotteslästerung die unsern ihre Augen gen Himmel richteten / und sagte Herkules über laut: O mein JEsus / rette deine Ehre / und biß uns deinen Dienern gnädig. Ja / sagte Pyrechmes / mit einem hönischen Gelächter; er wird schier kommen und deinen Königlichen Sitz / den Galgen meine ich / zuschmettern /oder uns an deine stelle hinan bringen. Bey Gott ist kein ding unmöglich / antwortete Herkules. Dieser aber befahl dem Henker / alsbald sein Amt zu volstrecken; welcher auch Herkules angriff und zu ihm sagete: Kom mit mir / du sihest ja / daß kein Gott vom Himmel komt / dich zu retten. Ja / antwortete er /ich ergebe mich in meines allergütigsten Gottes willen / und ging mit ihm hin. Als er nun sein Gebeht auff dem kurzen Wege verrichtete / und schon mit dem Henker mitten auff der Leiter stund / ranten die 12 Obersten mit ihren Häuptleuten und Reutern spornstreichs herzu / und weil sie sahen / daß Herkules schon auff der Leiter wahr / ritte einer hinzu / und geboht dem Henker / er solte mit dem verurteileten herunter steigen oder alsbald erwürget werden. Herkules wahr in voller Andacht des Gebehts / daß er der herzunahung dieser Reuter nicht eins wahr genommen hatte / sprach auch eben die lezte Bitte des heiligenVater unser (sondern erlöse uns vom übel) als er diesen Obersten ruffen hörete. Der Henker hätte sein Amt gerne verrichtet / aber die Todesfurcht schreckete ihn ab / daß er gehorchete / und mit Herkules herunter stieg. Nun hatten unsere Helden sich des lebens schon erwogen / stunden und ermahneten sich untereinander zur glaubens beständigkeit; welches Leches mit solchen herzerfreulichen Worten verrichtete / daß sie alle sich darüber verwunderten; aber die Zukunft dieser Reuterschaar / und daß der Henker mit solchem ernst und eifer befehlichet ward / gab ihnẽ gute Hoffnung /Gott würde sich über sie erbarmen / und seine Almacht und Güte an ihnen sehen lassen. Dropion / als er das Verbot hörete / gehuhb sich nicht anders als wolte er von Sinnen ko en / dräuete auch dem Obersten / es solte ihm socher Frevel den Hals kosten; welcher aber sich daran nicht kehrete / weil ein ander von seiner Geselschaft diese Rede hielt. Ihr Herren Feldmarschalke / Herr Dropion / Herr Mastyes und Herr Agiß; vernehmet meine Worte / die ich euch nicht vor mich / sondern aus geheiß und befehl des unüberwindlichen Pannonischen Heers vortrage: Es verwundern sich alle Obersten und Häuptleute / ja alle Kriegsknechte / hoch und nidrig / daß man hieselbst in so geringer Anzahl ein Gerichte über gefangene Könige und Fürsten häget / sie an den lichten Galgen auffzuknüpfen / nicht anders / als gehörete niemand mehr in dieses Kriegsrecht / als sie wenige. Noch mehr aber befremdet sie unter höchster bestürzung / daß man durch hinrichtung dieser gefangenen unsern auch gefangenen König an den Galgen bringen wil; möget euch deswegen / ihr Herren / wol vor glükselig schätzen / daß wir noch zu rechter Zeit alhier angelanget sind / dieses euer Vorhaben [791] zu hindern; massen / solte es volstrecket / und unser lieber König dadurch in Lebensgefahr gestürzet wordẽ seyn / müstet ihr alle solches mit dem Halse unter der grausamsten Peinigung bezahlen. Welchem allem nach / im Nahmen und von wegen des ganzen Pannonischen Heers ich euch samt und sonders ansage / daß ihr mit der Verurteilung und hinrichtung dieser Gefangenen inne haltet / so lieb euch des Heeres Gunst und Freundschaft / ja so lieb euch euer Leib und Leben ist. Ihr aber Herr Feldmarschalk Mastyes / werdet Kraft dieses / von euren Völkern / Häuptleuten und Obersten gefodert / vor ihnen zuerscheinen / und hören zu lassen / wie ihr dieses getrauet zu behäupten / dz ihr alle eure hohen Befehlichshaber samt den Obersten ausschlisset / und euch allein hieselbst finden lasset / da Herr Dropion die seinen nicht vorbey gangen ist /auch Herr Agiß ja noch etliche von den seinen mit sich genommen. Ich bin bereit und willig / sagte Mastyes / vor mein Heer mich zu stellen / und ihnen meine Unschuld darzulegen; inzwischen ihr redlichen Brüder hoch und niedrig / euch sage ich von herzen dank / bevorab unsern Göttern / dz ihr zu glüklicher Stunde hieselbst erschienen seid / unsers allerliebsten Königes Leben vom abscheuhlichsten Tode zuerretten / welcher ihm auf dieser hohen gefangenen erhenkung ungezweifelt würde zu teil worden seyn. Ich / wie gesagt / wil mich bey dem Heer anfinden / weil mirs nunmehr frey stehet / und werdet ihr inzwischen die Gefangenen Herren / welche weder Diebe noch Mörder sind / in euren Schuz nehmen / damit sie vor aller gefahr sicher bleiben. Die unsern kehreten sich an nichts / fielen plat nider auff die Erde / und rieffen Gott inbrünstig an / daß er seines heiligen Nahmens Ehre retten / ihnen weitere hülffe erzeigen / und dem schändlichen Hochmuht ihrer Feinde steuren und wehren wolte. Es trat aber einer von den 12 Obersten zu ihnen hin / und redete sie also an: Ihr gefangene Könige / Fürsten und Herren / stehet auff von der Erde / und ergebet euch unter den Schuz des Pannonischen Kriegsheers / biß auff weitere anordnung unsers allergnädigsten Königes. Sie richteten sich alsbald auff / und gab ihm Herkules diese Antwort; Tapferer Ritter und Freud; ihr und eure Gesellen handelt redlich bey eurem Könige / in dem ihr uns diesem schändlichen ganz unverdieneten Tode entreisset. Ich gestehe es daß ich euren König gefangen genommen; aber ich habe ihn in ehrliche Haft geschicket / und meinen Leuten befohlen / ihn Königlich zu halten /und dafern solches nicht geschihet / sehet da / so wollen wir alle miteinander den Tod darumb leiden; hingegen versichert euch auch dessen / daß wann diese Urtel an uns solte volstrecket worden seyn / würde euer König durch die aller grausamste Straffe hingerichtet werden / welches ohnzweifel alle dieselben ihm gönnen / welche uns verurteilet haben. Dropion durfte annoch seinen Dienern befehlen / sie solten die Gefangenen nidermachen / aber der Obersten einer warnete ihn / er solte ja zusehen was er tähte / das ganze Heer würde sich von ihm nicht verachten lassen; befahl auch alsbald 300 Reutern / welche sie zwischen sich nehmen musten. Als Mastyes wieder von dem Heer kam / ward er von einer grossen menge Obersten und Häuptleuten begleitet / und hielt er diese Rede an Dropion: Herr Feldmarschalk; es ist des ganzen Königlichen Heers ernstlicher Wille und unwiederruflicher Schluß / daß die gefangenen Könige / Fürsten und Herren / weder mit Schmähworten noch anderer Ungebühr sollen beleget / sondern von ihren Ketten und Banden erlediget / und in guter verwahrung behalten werden / biß unser allergnådigster König selbst anordnung machen wird / wie ers mit ihnen [792] wolle gehalten haben; dann nicht euch und euren Beysitzern / sondern unserm großmächtigsten Könige allein stehet zu / gefangene Könige zuverurteilen. So werdet ihrs auch zu verantworten haben /daß ihr eurem Pyrechmes gönnet / euch vor einen bestätigten König in Böhmen auszuruffen / dessen ihr ja von unserm Könige nicht die allergeringste einwilligung habet; sonsten sol euch eure Wirde und Marschalksamt über eure Völker völlig bleiben / aber an meinem Orte werde ich euch keines befehlens gestehen / wie auch Herr Agiß an Herrn Hyppasus stelle den Königlichen ersten Entsaz als ein Feldmarschalk führen wird / wornach ihr euch zu richten habet. Dropion erschrak des Vorbringens nicht wenig / und gab zur Antwort; es sol dir dein Vornehmen nicht gelingen Mastyes / daß du umb Geld und Gaben träulos werden / und die Verbrechere / welche Pannonische Ehr auffs höchste geschändet haben / der billichen Straffe entzihen wilt; unser König hat keine Gefahr /und wil ich mich dem ganzen Heer verbürgen / dz wegen dieses Gerichtes seiner Hocheit nichts arges zustossen sol. Ihr verleumdet mich ohn Ursach / Herr Dropion / sagte Mastyes; ich gedenke meinem Könige nimmermehr unträue zubeweisen / vielweniger die dem Pannonischen Nahmen angefügete Schande ungerochen zu lassen / nur allein gefället es dem Heer daß die Verbrecher biß auff unsers Königes wiederkunft hingesetzet werden / dann seiner Königl. Hocheit / sage ich nochmahl / stehet allein zu / Königen und Fürsten die Endurtel zu sprechen; überdas sihet ja kein Mensch / woher ihr wissen möget / daß unserm lieben Könige dieser Gefangenen schändlicher Tod nicht solte schädlich seyn / welches der geringste Landsknecht besser verstehet. Dropion wolte hieselbst die mitgebrachten Völker zu rede stellen / warumb sie sich wieder ihn zum Auffruhr erwecken liessen / welches ihnen schier heut oder Morgen übel bekommen würde. Aber ein Oberster warnete ihn / er solte wol bedenken was er redete; ob sie Auffrührer währen / oder dieses eine Auffruhr könte genennet werden / wañ man bemühet währe des KönigesLeben zuerhalten. Es währe wegen befahrung eines neuẽ feindlichen Anfalles nicht Zeit / daß er Trennung unter dem Pannonischen Heer machen wolte; Sie stünden alle vor einen Mann / und wolten / so bald ihr König würde frey seyn / schon wissen / wie sie ihre Redligkeit vertreten solten. Endlich als Dropion sahe / daß er seinen Willen brechen müste / gab er zur Antwort: Des ganzen Heers Wille müste ihm endlich gefallen / nur hoffete er nicht / daß man mit seiner höchsten Beschimpffung ihm seine Gefangenen entzihen /und einem andern dieselben untergeben wolte. Aber Mastyes antwortete: Es sind mit nichten eure / sondern unsers Königes Gefangene / und weil ihr ihnẽ nach dem Leben stehet / ist des ganzen Heers Schluß /daß sie Herrn Agiß / als Statverweser bey dem Königlichen ersten Entsaz sollen zum Schuz untergeben werden. So müssen sie gleichwol ihre Ketten und Bande billich tragen / sagte Dropion / damit sie es nicht besser als unser König haben. Der Oberste / so die unsern in Schuz genommen hatte / antwortete: Der junge Teutsche König hat sein Leben davor verpfändet / daß unser König nicht unter Kettenliege / sondern auff seinen ausdrüklichen Befehl Königlich gehalten werde. Wolan / sagte Mastyes / so kan des algemeinen Heeres Schluß keines weges gebrochen werden / sondern sie müssen ohngebunden von Agiß verwahret / und redlich geschützet werden. Ich nehme diesen Befehl des Pannonischen Heers gehorsamlich über mich / antwortete Agis / und wil die Gefangenen also halten / daß ich mich stets erinnere / sie seyn unsers [793] Königes und des Pannonischen Reichs Feinde; ritte hin zu den 300 Reutern / welche mit ihnen absonderlich im freien Felde hielten / und gab 6 Obersten und 20 Hauptleuten ernstlichen Befehl / sie ingesamt mit sich in ein grosses gemeines Zelt zuführen /und keinen lebendigen Menschen / wer der auch seyn möchte / zu ihnen zulassen. Als diese hinweg geführet wahren / trat Dropion mit seinem Anhange zusammen / und befrageten sich / was hier zu tuhn seyn würde. Er hatte kaum noch 30000 Mann von seinem ersten Heer / wuste auch wol / daß nicht 3000 unter denselben es mit ihm gegen das Königliche Heer halten würden / daher begab er sich aller Gewalttähtigkeit /und war auff List und Betrug bedacht / wie er zum wenigsten Herkules und Ladisla ermorden lassen /und Mastyes bey dem Heer in Verdacht einer Verrähterey bringen möchte. Pyrechmes aber / Pelegon /und sein Sohn Bato wiederrichten ihm das lezte träulich / und sageten: Sie hätten den Göttern zudanken /daß sie noch bey ihrer habenden Gewalt gelassen würden / und sähen vor Augen / daß sie noch zur Zeit Mastyes nicht heben könten; müsten demnach aus der Noht eine Tugend machen / und diesen Schimpff über sich gehen lassen; ob man aber den beyden Hunden (Herkules und Ladisla) den Lebens Fadem brechen könte / hätte man zuversuchen; wiewol es nicht ohn ihre selbst eigene Lebensgefahr würde geschehen können. Herkules fürchtete sich sehr vor solchen Meuchelmord / deßwegen redete er ihrer Wachte freundlich zu / mit Bitte / bey Herrn Agiß anzuhalten / daß ihnen vor heimlichen Mördern möchte schuz geleistet werden / bekam aber zur Antwort: Sie hätten sich dessen nicht zubefahren / weil sie eben der Ursach halben in solcher Anzahl bey ihnen wachen müsten. Es wurden ihnen geringe Speisen und ein Trunk Wasser zur Labung gegeben / womit sie doch zufrieden wahren / weil ihrer keiner verwundet wahr / ohn allein Klodius und Gallus / welche Herkules mit seiner WundSalbe selbst verbunde. Nach gehaltener kurzen Mahlzeit fingen sie ihr andächtiges Gebeht an zu Gott / danketen ihm herzlich vor seine schon geleistete wunderbahre Hülffe / und bahten mit Trähnen / er wolte seine Barmherzigkeit ferner groß über sie machen / und den Spöttern seiner Almacht zuerkennen geben / wie leicht es ihm währe / die Elenden zuerheben / und die Gewaltigen vom Stuel zustossen. Sie wahren aber in ihrer Seele so wolgemuht / daß sie mit einander den 91 Psalm des Königes Davids anstimmeten / welcher also lautete:


1
Wer in des Höchsten Schirm gehört /
Und hat sein Zelt geschlagen
Im Schatten des der mächtig fährt /
Darff frey zum HErren sagen;
O du mein Schloß / O du mein Gott
Und fester Schuz in aller Noht /
Mein ganzes wolbehagen.
2
Dann er macht meine Füsse frey
Vom Jäger-Netz und Stricke /
Und treibt die Pestilentz vorbey
Daß sie dich nicht berücke /
Die sonsten leichtlich schaden tuht /
Drum nimt er dich in seine Huht /
Auff daß er dich erquicke.
3
Mit seinen Flügeln wil er dich
Als eine Henne decken /
Sein wahres Wort sol festiglich
Dir Schirm und Schild darstrecken /
Das dich des Nachtes Grausamkeit
Und Tages-Pfeil zu keiner Zeit
Mag treffen noch erschrecken.
4
Vor Peste soltu sicher seyn /
Die sich im finstern reget /
Dazu von aller Seuche rein
Die bey Mittage schläget /
Und griffe sie gleich tausend Mann
Und noch zehn tausend ander' an /
Bleibstu doch unbewäget.
[794] 5
Ja du wirst deine Freud und Lust
Mit deinen Augen sehen /
Wie über aller Sünden Wust
Die schweren Straffen gehen /
Dann Gott ist deine Hülff' und Schuz /
Und der im Himmel wohnt / dein Truz /
Drum muß dir wol geschehen.
6
Vor Unglük bistu gnug befreit /
Kein Leid wird dich belegen /
Weil seinen Engeln er gebeut
Daß sie auff deinen Wegen
Dich schützen / so daß auch dein Fuß
An keinen Stein sich stossen muß /
So werden sie dein pflegen.
7
Du wirst die Schlangen ohn Gefahr
Ertreten sampt den Löuen /
Der jungen Löuen wilde Schaar
Und Drachen gar nicht scheuhen /
Dann weil er meiner so begehrt /
Wil ich ihn wieder unbeschwert
Mit meiner Hülff erfreuen.
8
Ich helff' ihm / dann er kennet mich /
Er rufft / ich wil ihn hören /
Aus Nöhten wil ich sicherlich
Ihn retten und hoch ehren /
Ich wil ihm seine Lebens-Zeit
Erstrecken / und die Seeligkeit
In meinem Heil beschehren.

Ihre Hüter wunderten sich über alle masse / daß sie in dieser grossen Gefahr mit so frölichem Munde und lächelndem Angesicht singen kunten / nicht anders als wann sie in der allerbehägligsten Königlichen Lust sässen / brachten auch die ganze Nacht mit Erzählung geistlicher Geschichten zu / wodurch ihre Wächter desto besser vom Schlaffe abgehalten wurdẽ. Umb die Mitternacht schliechen dañoch drey verwågene Meuchelmörder mit kurzem Gewehr herzu / welches sie unter ihren Kleidern verborgen hielten; und als sie befraget wurdẽ wer sie währen / gaben sie sich vor etlicher Obersten Diener aus / welche die Wacht bey den Gefangenen hielten / als aber dieselben mit Fackeln zu ihnen heraus gingen / und solches vorgeben falsch befunden / wurden sie in Fessel gelegt / und musten hernach mit dem Leben bezahlen / da sie bekenneten /es hätte Herr Bato / Dropions Sohn jedem 3000 Kronen versprochen / wann sie den Böhmischen und jungen Teutschen König würden hinrichtẽ.

Es wolte aber ihr Gott und Heiland dem sie so herzlich vertraueten / seine völlige Hülffe und Rettung ihnen nicht lange hinterhalten / sondern sich herlich bey ihnen erzeigen / damit sie in der Taht empfünden / was König David Psalm 22 rühmet:Gott hat nicht verachtet noch verschmähet das Elend des Armen / und sein Antliz vor ihm nicht verborgen / und da er zu ihm schrey / höret ers; dann bey früher TagesZeit /eine Stunde nach der Soñen Auffgange (da Agiß und Mastyes grosse außgeschikte Schaaren / ihrem Könige nach zuforschen / schon vor vier Stunden wieder ankommen wahren) jageten sechs Pannonische Reuter / so auff Mastyes Anordnung auff einem Hügel Schildwache hielten / mit vollen Spornstreichen auff ihr Lager zu / uñ brachten Zeitung / es gäbe von ferne ein dicker Staub Anzeige / daß ein gewaltiges Heer von Prage werts im Anzuge währe / und Zweifels ohn bald vor Augenschein ko en würde. Dropion wolte solches nit gläuben und sagete; etliche Ungeträue / die es gerne also haben möchten liessen solches zum Schrecken außsprengen; aber Mastyes baht ihn / er möchte seiner Vernunft raum gönnen / und solche Zeitungen nit in den Wind schlagen / an deren Tichtung kein redlicher Mann gefallen haben würde. Bey dieser Beredung kahmen 30 andere Reuter / die sudwerz auff einen Raub außgangen wahren / und meldeten an / daß auch von der Seiten ein gewaltiges Heer in blanker glinzender Rüstung heran zöge / von welchen ein starkes Trometen blasen und Heerpaukenschlagen getrieben würde; worüber Mastyes sich nicht wenig bestürzet befand / und zu Dropion sagete; [795] wollen wir unser Vaterland und die uns anvertraueten Völker nit verrahten / werden wir uns fertig halten /damit wir nicht in unserm Lager überfallen und als das Vieh abgeschlachtet werden; und wird nunmehr der Feldmarschalk erkennen / obs nicht gut und heilsam sey daß man der Könige uñ Fürsten verschonet hat. Ein Narr währe ich / sagte Dropion / wañ ich solches vor gut hielte. Befahl darauff nach beiden Orten 500 Reuter gehen zulassen / welche Nachforschung tähten / ob den Zeitungsbringern nicht möchte geträumet haben. Wie wol er auff allen Fal im Lager auffblasen ließ / da inzwischen Agiß die Gefangenen in sein eigenes Gezelt hinführete / und ihnen 1500 geträue Leute zu ihrem Schutze zugab / wovor sie ihm höchlich danketen / und sich aller Vergeltung anerbohten. Den Völkern kam es wunderselzam vor / daß sobald ein gedoppeltes Heer über sie kommen solte /gaben sich doch zeitig ins Gewehr / und harreten mit Schmerzen / was vor Nachricht die außgeschicketen bringen würden; da nach Verlauff einer halben Stunde die von Abend her anzeigeten / sie håtten nicht allein den grossen Staub / sondern bald darauff ein grosses Heer in zween abgeteileten Flügeln gesehen / deren jeder wol in 40000 Reutern bestünde. Nicht lange hernach stelleten die von Suden her sich mit schnellem jagen ein / anmeldend / es wåhre ein glinzernd Heer auffs wenigste von 50000 Reutern verhanden /deren Trometen uñ Pauken man von ferne hörete Woher führet dann der Teuffel alle die Völker in solcher Eile? sagte Dropion; teilete das Pannonische Heer / welches annoch in 104000 gesunder Manschafft bestund / gab Mastyes 36000 gegen die von Mittage anzugehen; Agiß 30000 gegen den rechten Flůgel des andern Heers / und behielt er von sich selbst 36000 gegen des Feindes linken Flügel. Diese SchlachtOrdnung wahr kaum gerichtet / da kam das erste Heer aus Westen zum Vorschein / dessen rechter Flůgel in 50000 wolgewapneter Reuter bestund / der Linke wahr 42000 stark / erzeigete sich aber viel muhtiger und erzürneter als der ander. Sie wahren sobald nicht gesehen / da schickete Dropion eine Schaar von 3000 an sie / um zuvernehmen / was Volk sie währen / und zu was Ende sie unabgesaget ihm so gerade auff den Leib gingen; bekahmen aber von dem rechten Flügel in lateinischer Sprache zur Antwort; was die Pannonier sie auff eines andern Grund und Bodem zu rechtfertigen hätten; und ob nit ihnen so wol als einem andern fremden der Weg offen stünde; ihr begehren währe / daß man ihnen ohnwegerlich Raum machete / weil ihr Zug eilig währe / sonst müsten sie versuchen / es mit dem Schwerte zuerhalten. Dem Pannonier kam diese Antwort fremde und trotzig vor / meinete / es würde etwa ein Römisches Heer seyn / welches vom Rein her durch Teutschland nach Italien ginge / weil die Römer mit den Teutschen und Böhmen in guter Einigkeit stünden / daher ließ er ihnen wiedersagen; man währe nit der Meinung / sich ohn Ursach jemand zum Feinde zumachen / nachdem sie ihre Feinde die Böhmen und Teutschen gestriges Tages ritterlich geschlagen / und ihre Könige gefangen hätten / welche so lange in Haft gehalten würden /biß ihr gefangener König / Mnata sich loß gewirket håtte. Daß sie aber ihnen als unbekanten und fremden das Feld ohn Wiedersetzung gönnen solten / kähme dem Pannonischen FeldHerrn Dropion und seinen Leuten sehr nachdenklich vor / verhoffeten demnach /anjetzo ohn fernere Wegerung verständiget zuwerden / wohin sie gedächten / und ob sie den Teutschen und Böhmen Entsaz zuleisten gemeinet währen; würde man sich aber keiner Richtigkeit erklären / könte man an dieser Seite [796] sie nicht anders als vor Feinde achten. Der fremde Heerführer hörete solches alles mit unwillen an / und gab zur Antwort; es erschiene aus des Pañonischen FeldHerrn Antwort und Werbung / daß er ein stolzer und verwägener Kerl sein müste / in dem er sich nit scheuhete / dasselbe zuwissen / welches ihm und allen den seinen biß dahin solte verborgen seyn; seine Dräuungẽ achtete man nicht hoch /und doch vor gnugsam / daß hiemit die Schlacht angekündiget währe; jedoch wolte man ihm noch zum Uberfluß erinnert haben / seinen Hochmuht abzulegen / das Heer von dem Felde ins Lager zuführen / und den Weg unbesetzet frey zulassen; würde er solches nicht straks Angesichts eingehen / solte ihm damit abgesaget / und die Schlacht angekündiget seyn. Dropion hörete hieraus / was dieser Völker Vorhaben wahr / nur verwunderte er sich / woher diese grosse Macht kähme / welche / insonderheit der rechte Flügel / ganz neue unbekante ReuterFahnen führete; so wahr auch ihr Drometen-Schal nicht nach der gemeinen Teutschen Art / noch nach der Böhmischen / sondern gar fremde und unbekant. Er sahe / daß sie an der Zahl zwar nit überlegen wahren / doch grauete ihn vor dem andern Heer noch am meisten / welche gleich in dieser Handelung herzunaheten / und ein überlautes Freuden Geschrey ergehen liessen / als sie sahen / daß diese zwey Heer zur Schlacht gegen einander hielten. Der FeldHerr / bey dem Heere von Westen / sahe dieses dritte Heer sich ins Feld gegen die Pannonier setzen /und nahm ihn höchlich Wunder / was Völker sie sein möchten / unterließ auch nicht / alsbald 500 Reuter an sie abzuschicken / und den FeldHerrn bitlich zuersuchen / ihm unbeschweret anzuzeigen / wessen die Teutschen uñ Böhmen sich zu ihnen zuversehen hätten / welche ihnen / dafern sie nicht Pannonier währen / alle Freundschafft uñ möglichen Beistand wieder ihre Feinde hiemit anböhten. Worauff der FeldHerr dieses treflich gewapneten Heers mit sonderlicher Freundligkeit in lateinischer Sprache (in welcher er auch angeredet wahr) zur Antwort gab; er und alle seine Volker wůnscheten den Teutschen und Böhmen des Himmels Beystand wieder ihre unbefugetẽ Feinde die Pannonischen Mordbrenner / und stünden um keiner ander Ursach im Felde / als daß sie vor deren Könige Leben uñ Wolfahrt ihr Blut zuvergiessen bereit und fertig währen; kehrete sich damit um / und befahl seinem Heer daß sie ihr Feldwort ruffen solten; dasselbe aber wahr der Nahme Valiska / welchen sie mit grossem Geschrey etlichemahl wie der hohleten / und bald darauff den abgeschikten Befehl erteilete / sie solten hinreiten / und ihrem Heerführer solches anmelden. Dieser Zeitung verwunderten sich die Häupter der beiden Flügel zum höchsten / und sagete der eine zu den übrigen / deren unterschiedliche wahren /sehet meine Freunde / wie wundergnädig handelt unser GOtt mit denen / die sich auff ihn verlassen! ehe dieselben solten untergehen / müsten ganz unbekante ko en / und ihnen Rettung tuhn. Mastyes sendete feine Leute auch ab an dieses Südische Heer /umb zuvernehmen / wz die Pañonier sich zu ihnen zuversehen hätte / welche mit niemand in Feindschafft lebeten / noch jemand unrechmässiger Weise zubeleidigen außgezogen währen / nur daß sie den von den Böhmen empfangenen Schimpff zurächen sich nohtwendig hätten in Harnisch begeben müssen. Aber er bekam diese harte Antwort: Es ist Landkündig / daß die Pannonier das Böhmische Reich angefallen nicht als Kriegsleute / welche die Fehde nach aller redlichen Völker Brauch zuvor angesagt / sondern als Mordbrenner und Räuber / und solches darumb / weil sie durchaus keine andere erhebliche Ursach einzuwenden gewust [797] haben / als ihren frechen und unbendigen Muhtwillen; daher sie sich desto weniger zu verwundern / daß er mit seinen Völkern sich zu der Böhmen Beystand auffgemacht / die grosse Ungerechtigkeit helffen abzustraffen / ungeachtet er mit denselben in keiner Verbündniß stünde / möchten sich dannoch die Pannonier versichern / daß er ihrer Boßheit Feind währe / und ein Freund deren / die recht und ehrlich handeln. Als Mastyes diese Antwort hörete / seuffzete er / und sagte: Ach ach! also muß offt ein ganzes Land büssen / was ein einziger verkehrter Mensch verschuldet. Sie begunten sich allerseits zum ersten Angriff zu schicken; aber über alle Zuversicht kam von Norden her noch ein neues Heer 60000 stark / als zween Flügel Reuter / jeder 20000 Mann / welche gleich so viel wolbewehrete Fußvölker zwischen sich eingeschlossen hatten. Das Heer von Westen meinete nicht anders / es würde ein Pannonischer Entsaz seyn; aber als der Führer des linken Flügels 300 Reuter an sie abschickete / zufragen / ob sie der Teutschen und Böhmen Freund oder Feind währen; gaben sie zur demühtigen Antwort: Sie währen schier zum dritten Teil Teutschen / und zween Teil Wenden / dem Teutschen und Böhmischen Könige von ihrer Fürstin ganz eilig zu Hülffe gesand / weil ihre Gn. Fürstin in glaubwirdige Erfahrung kommen währe / daß die Pannonier mit sehr grossen heimlichen Werbungen umgingen /das Böhmische Reich züuberfallen / wie ihnen dann nicht unbewust wåhre / daß solches schon geschehen /und sie demnach bereit stünden / vor Teutschland und Böhmen ihr Blut biß auff den leztẽ Mann zuvergiessen. Die unsern wusten nicht / was wegen dieser Erklärung sie vor Freuden beginnen solten / und liessen ihnen alsbald anzeigen / sie solten alle wilkommen seyn / und wann es ihnen gefallen könte / möchten sie ihre Fußvölker samt der Halbscheid ihrer Reuterey nach Osten hinter den Feind gehen lassen / daß ihnen der Růkweg zur Flucht abgeschnitten würde; der ander Teil aber ihrer Reuter könten das Feld halten /und sich nicht regen / biß man ihres Entsatzes würde von nöhten haben. Hier fing nun Dropion an den Muht sinken zulassen / weil er ihm keiner neuen Hülffe vermuhten wahr / bald aber verkehrete sich die Furcht in eine rasichte Wuht / und schickete an dieses Nordische Heer / sie soltẽ sich erklåren / ob sie Pannonisch oder Böhmisch wåhren; bekam aber zur Antwort: Sie währen aller Räuberischen Mordbrenner geschwohrne Feinde / und also auch der Pannonier. Dropion entboht ihnen hinwiederumb: Währen sie dann seine Feinde / so müste ers lassen dahin gestellet seyn; nur wann sie redlich währen / solten sie harren /biß er mit seinen Feinden von Westen her Schlacht gehalten / alsdann wolte er ihnen auch stehen; Welcher Anmuhtung nicht wenig gelachet / und zur Antwort gegeben ward: Die Pannonier solten wissen / dz sie weder mit Kindern noch mit Narren zutuhn hätten / denen sie vorschreiben und gebieten wolten / da sie doch ihre geschwohrne Feinde währen. Agis schickete sich zu einem růhmlichen Tode / und sagete zu Pyrechmes / der sein Obrister Statverweser wahr: Nun sehet ihr Herrn / was vor einen Jammertanz ihr unserm guten Könige / dem Pannonischen Reiche und uns allen zugerichtet habt / in dem ihr unsern König beredet / und uns andere gezwungen / diesen unnöhtigen muhtwilligen Krieg anzufangen. Ich sehe wol daß ich sterben mus / antwortete er / aber ich wil mich so lange wehren als der Odem in mir ist / und mus ja ein sonderlicher Unglüks Teufel alle Feinde auff einmahl zusa en hergeführet haben. Das Nordische Heer richtete sich nach dem empfangenen Befehl / und zogen [798] zween teile mit fliegenden Fähnlein Ostwerz / daß sie hinter den Feind sich in ausgebreiteter Schlacht setzen möchten / welches ihnen glüklich anging / und der Feind nichts dawieder vornam. Der Heerführer des rechten Flügels von Westen her /ließ 36000 Mann in drey gleiche Hauffen sich setzen /und wahr willens den Agriff auff Agiß Völker zutuhn / aber Dropion wolte noch einmahl versuchen ob er durch Worte diesen Feind furchtsam machen könte /da er ihm sagen ließ; er wolte ihn nochmahl warnen sich vorzusehen / und sich nicht in unnöhtige Gefahr zu geben / noch in fremde Händel sich einzumischen; dann wie durchdringend das Pannonische Schwert wåhre / hätten die Teutschen in wenig Tagen empfunden / daß wie vor gute Kriegsleute man sie auch hielte / währen sie doch wie das Reisich nidergehauen / daß sie nunmehr ihre Verwägenheit zu späht bereueten /welches ihm ausserzweifel auch also ergehen wũrde. Ich merke wol / antwortete der Feldherr / man wil mich mit Worten schrecken / da ich doch eigentlich kommen bin / solchen Trotzern ihren verdienten Lohn ausfolgen zu lassen; darumb sage deinem Herrn; Kinder erschrecke man mit einer Blase vol Erbsen / und feige Herzen mit trotzigen Worten: aber unerschrockene Männer müsse man das Schwert empfinden lassen. Dieser hatte befehl auff den fal solcher Antwort den endlichen Troz auszuschütten / welches er also verrichtete: Nun dann ihr stolzer / höret des unüberwindlichen Pannonischen Feldherrn / und bestätigten Königes in Böhmen Herrn Dropions endlichen Bescheid. Ey des schönen Bömischen Königes / fiel ihm der fremde Feldherr in die Rede / welcher besser zum Säuhirten bestätiget währe. Doch laß hören / was vor einen endlichen Bescheid gibt er mir dann wol / nach seiner Königlichẽ einbildung. Diß ist der Bescheid /fuhr dieser fort / dz / dafern ihr nicht werdet eure Schmachreden wiederruffen / auch straks Angesichts umbkehren / und mit schleiffenden Panieren zwo Meilen stilschweigens / ohn Geschrey / Trometenklang und Tro elschlag hinter euch zihen / sollet ihr alle miteinander zu kleinen Stücken zerhacket werden. Wolan / antwortete dieser; die Pannonische Kerze hat vor ihrer gänzlichen Erlöschung noch einen Blik von sich geben sollen. Ihr aber bringet dem hochmuhtigen Narren zur wiederantwort; Ob er dann von GOtt gar geblendet sey / daß er nicht sehen kan / was gestalt er von tapferen Feinden ganz umbgeben ist; ich wolle jezt kommen / und ihm mit meinem Schwert den endlichẽ Bescheid bringen / auch zugleich vernehmen /ob sein Säbel so schneidig als seine Zunge sey. Damit ließ er die drey gesetzeten gleichteile seines Flügels gegen Agiß loßbrechen / und muste der linke Flügel zugleich mit fortgehen. Dropion ließ gegen diesen Linken seinen Pelegon mit 10000 Mann loßstürmen /denen nur 8000 begegneten / aber mit solcher Verwägenheit / als hätten sie geschworen daß sie alle fechtend sterben wolten / daher sie bald im ersten Anfal 300 Pañonier niderschlugen / griffen auch bald anfangs 30 von den Feinden lebendig / führeten sie nach dem FeldHerrn des rechten Flügels (welcher mit 14000 Reutern noch im Felde hielt / als wolte er seine drey außgeschikte Hauffen entsetzen / an was Ort es würde nöhtig seyn) und wurden diese alsbald bedraulich befraget / an was Ende des Lagers die gefangene Könige und Fürsten behalten würden; welches sie einmühtig außsagetẽ; worauff dieser mit seinen 14000 beherzten Leuten des rechten Weges nach dem Lager zuging / auch die Wendischen Fußvölker / weiche nahe dabey hielten / zu sich foderte / das Lager mit stürmender Hand einzunehmen / welche alsbald zum Anlauffe fertig wahren; [799] aber es bedurfte keines Schwertschlages / weil solches mit lauter Verwundetẽ besetzet wahr / die um Gnade und Barmherzigkeit rieffen; welche ihnen in so weit gegeben ward / dz sie stündlich das Lager räumen / sich ins offene Feld legen / und die Wendischen Fußvölker einzihen lassen musten / denen bey Lebens Straffe gebohten ward / sich an keiner Beute des Lagers zuvergreiffen. Der fremde Feldherr ritte mit 3000 Pferden auch hinein /nach Agiß Gezelt / woselbst alle Hüter bey den gefangenen Königen schon umb Leben und Freyheit angehalten hatten / welches ihnen willig versprochen ward. Alsbald ließ der unbekante FeldHerr allen gefangenen Königen Fürsten und Herrn statliche Rustungen und muhtige Pferde außteilen / da sie sich insonderheit verwunderten / daß man Herkules seinen ädlen Blänken darboht; und ein Teutscher überlaut anfing; seyd getrost ihr Helden / es sind diesen morgen vier unterschiedliche Heere ganz unvermuhtlich ankommen / zu eurem Entsaz / deren keines von dem andern gewust hat / ingesammt über 200000 Mann stark / welche euren Schimpff zurächẽ schon in voller Arbeit begriffen sind. Die Gefangenen wusten vor Freuden nit zuantwortẽ; aber so bald Herkules im Harnische wahr fiel er nider auff seine Knie / und sagete dieses Gebeht ůberlaut:HErr JEsus / du wahrer Heiland und Helffer aller deren die dir vertrauen; jezt spůre ich / daß du von dem Stuel deiner Almacht auff unser Elend gesehen / und unsere Schmach von uns gewendet hast / da wir meineten / noch mitten driñen zustecken; Herr dir sey Lob / Preiß und Herligkeit / von nun an biß in Ewigkeit / Amen. Der fremde Feldherr machte sich mit 6000 Reutern alsbald wieder hinweg nach seinen Leuten / und ließ die erlöseten ersuchen / daß sie sich in vier Teile setzen / und jeder von seinen hinterlassenen 8000 Reutern / 2000 zu sich nehmen möchte / so daß König Ladisla nach dem Sudheer / König Herkules nach dem Westheer des linken Flügels; König Henrich und Fürst Siegward nach dem rechten Flügel desselben Heers / und Fürst Olaff nach dem hinterbliebenen Nordheer; Leches / Klodius / Gallus und Neda aber nach den Wendischen Reutern in Osten sich verfügen / und ihr bestes prüfen möchten; worzu sie bereit uñ willig wahren. Das Treffen ging inzwischen tapfer fort / und entsetzete sich Dropion nicht ein geringes /daß seine Völker unter Pelegon dergestalt gestenzet wurden / schickete ihnen 6000 zum Entsaz / und vermahnete sie / daß sie sich redlich halten solten; aber ihnen begegnete eine gleiche anzahl / und wetzeten sich dergestalt / als ob sie einer dem andern den Tod geschworen hätten / und wahr zuverwundern / daß die Fremden keinen Fuß sich wolten zurük treiben lassen / sondern ja so willig zum Tode als zum Siege wahren; daher kam es / dz die Pannonier häuffig gefellet /uñ von den andern über verhoffen wenig nidergelegt wurden / dann da diese erste Schaaren samt ihrem Entsatze sich zurük zogen / hatten die Feinde 7000 /und die unsern etwa 2000 eingebüsset. An seinem Orte ließ Agiß seine Völker auch in drey gleiche Hauffen / jeden 10000 stark / wieder die drey Geschwader so ihn angriffen loßbrechẽ / da Pyrechmes in der mitte ging / und an seinem Orte heftig wütete /weil auff den Fal der Niderlage / er ihm den Tod erwählet hatte / damit er nicht lebendig in der unsern Hände gerahten möchte / als die von ihm gar zu heftig beleidiget wahren. Der linke Flũgel merkete die gegen Pyrechmes noht leiden / und sendete ihnen 6000 zum Entsaz / welche ansetzen / die anderen aber abzihen musten; da sich dann das Blätlein bald umbkehrete; massen dieser Entsaz nicht weniger den Tod oder den Sieg ihnen erwählet hatten. Agiß ging seines Orts [800] zur rechten Hand / fochte auch so geherzt / daß hieselbst das Spiel in gleicher Wage hing; sein dritter Hauffe hielt gleicher gestalt aus verzweifelung zimlich fest gegen / so daß hieselbst allenthalben das Schwert rechtschaffen wütete. Wir müssen aber des fremdẽ Sudheeres nicht vergessen / welches wegen der vielen lichtblanken Harnische das scheinbahreste wahr; diese wolten nicht ehe fechten biß sie das Westenheer sahen den Angriff tuhn / da brach die helfte 25000 stark auff einmahl loß / mit welchen ihr Feldherr zugleich fortging / welcher 3000 prächtige Ritter mit Speeren umb sich hatte; er selbst führete auch sein Speer / mit vergüldetem Eisen / und sein ganzer Harnisch wahr ũber und über vergüldet / mit schönen eingeetzeten grünen Laubwerk. In seinem Schilde lag ein Kranker auff einem Bette / mit Ketten gebunden /dem ein schönes Weibesbilde die Hand reichete / und ihn auffrichtete / mit dieser umbschrift;Cœci amoris remedium Caritas. Der blinden verliebung Arzney ist die heilige Liebe. Auff dem Helm hatte er einen grossen grünen Federbusch uñ daran drey weiß geetzete aus Golde gegossene Lilien / mit dieser Unterschrift:Marcida reflorent. Die verwelketen blühen wieder. Er setzete sich mit seinen 3000 SpeerRittern vor die angeführeten Völker her / und drängete auff Mastyes ein / welcher ihnen die wolbewapnesten wiewol Speerlosen entgegen schickete 18000 stark / und den vördersten befahl / sich wieder die SpeerReuter fest zu halten /welches sie zwar nach vermögen leisteten / und ihrer doch in die 1700 zur Erden gefellet wurdẽ. Die fremden / nach erbrechung ihrer Speere / griffen zu den Schwertern / und schlugen sehr behuhtsam auff die Pannonier / weil sie sahen / daß dieselben als rasende Hunde wůteten / und ihrer selbst eigenen beschützung wenig achteten / wañ sie nur den Feind verletzen möchten. Ward demnach an diesen dreyen Orten so eiferig gestritten / in dem der Feldherr von Westen das Pannonische Lager einnahm / und die Gefangenen loßwirkete / daß die in der Schlacht dessen nicht eins wahrnahmen. Als die Gefangene Fürsten zu Pferde sassen / und nach des fremden Feldherrn Vorschlag sich verteileten / empfunden sie einen sonderlichen Eifer in ihrem Herzen wegen des empfangenen Galgen-schimpfes / und sagete Herkules zum Abscheide zu ihnẽ; versichert euch ihr gläubige Kinder Gottes /daß unser Heyland des Gotteslästerers Pyrechmes Weissagung erfüllen / und Dropion mit seinem anhange / an unser stat an den auffgebaueten Galgen bringen werde / und lasset die uns geleistete wunderbahre Erlösung ja nimmermehr aus euren Herzen kommen. So bald Ladisla bey dem ruhenden teil des Sudischen Heers anlangete / schlug er seinen Helm auff und sagte: Ihr ädle tapfere Ritter / euch sage ich wegen Zeitmangel mit wenig Worten dank vor diesen euren Beystand / welchen ihr mir als Bömischen Könige zuleistẽ / ankommen seid; gefält es euch nun so gehet mit mir an den Feind / euren und meinen Brüdern und Spießgesellen Beystand zu leisten / auff das wir auch teil mögen haben am Siege. Diese neigeten sich vor ihm / und riefen; seine Königl. Hocheit möchte sie anführen / sie wolten mit ihm leben und sterben / weil sie ihrem Feldherrn / welcher dorten im güldenen Harnische ritterlich föchte / keinen angenehmern Dienst leisten könten. Mastyes hatte sich bißher gefreuet / daß die seinen / ungeachtet sie der Zahl nach geringer / dem Feinde gnugsam gewachsen wahren; aber vor dem eiferigen Einbruch dieser andern helfte / welche noch mit 2000 Reutern gestärket wahr / entsetzete er sich / weil er nur 12000 Mann bey sich übrig hatte; ließ deswegen Dropion zuentbieten / sein Feind währe ihm an der menge zu weit überlegen /[801] daß er entsatzes bedürfte. Gleich kam ein ander zu Dropion hingerant / mit anzeige / ihr Lager währe erobert / von des Nordischen feindlichen Heers Fußvölkern / (welches lauter Wenden) / besetzet / und die gefangene Fürsten frey und zu Pferde. Da schlage Donner / Bliz und Hagel drein / gab er zur Antwort; nun mus es heissen / Vogel friß oder stirb. Zu dem ersten aber sagete er: Gestern wahr der Hundsnase Mastyes ja beherzt und tapfer gnug / die verurteileten Hunde vom Galgen zuerl \sen / und nun er fechten sol / hat er den Muht auff die Erde geschüttet; sage ihm daß er sich gefasset halte / von denen gehenkt zu werden / die er dem Büttel von der Leiter hinweg gerissen hat. Jedoch gab er ihm 2000 Reuter / und befahl / daß er gleich so viel auch von Agiß fodern / und sie Mastyes zuführen solte. Herkules wahr zwar willens sich nach dem linken Flügel des Westen-Heers hin zu wenden / aber weil ihm von seinen Reutern angezeiget ward / daß ihr Feldherr / welchen sie nicht kenneten / bey dem rechten Flügel sich hielte / machete er sich auch dahin / ihm möglichẽ Beystand zu leisten /welchen er auch in voller Arbeit antraff / da er mit seinem Gesellen (den er aus dem Gefechte vor Arbianes erkeñete) sich tapfer unter den Feinden tummelte /zu denen er sich auch verfügete / und nebest ihnẽ bey den unsägliche Tahten beging. Der fremde Feldherr /diesen seinen lieben Freund an seiner Seite verspürend / wahr voller Lust und Freude / und tahten sie des Pyrechmes seinem Hauffen so gedrange / daß er immer hinter sich weichen muste. König Henrich und Fürst Siegward / da sie Herkules enderung sahẽ / gingen hin zu dem linken Flügel der Westischen Völker /da sie mit unsäglichen freuden uñ Trähnen empfangen wurden; dann dieser Flügel wahren die gestrigen Feldflüchtige Teutschen und Böhmen / welche Arbianes auff dem Wege wieder gesamlet / und der rechte Flügel / der aus lauter neuen Völkern bestund / ihnen gedräuet hatte / dafern sie die gestrige Schande ihrer äidvergessenen Flucht heut nicht würden durch rühmliches verhalten rechtschaffen einbringen / solten sie ohn alle Gnade ehrloß und zu Leibeigenen gemacht werden / daher sie bey König Henrichs Ankunfft umb Gnade und Barmherzigkeit bahtẽ / und auff sein freundliches Zusprechen sich gefast macheten / unter ihrem Führer (der sich nicht zuerkennen gab) und diesen beiden Helden auff Dropions Heer loßzugehen /welcher an Pelegons Gefechte merkend / daß die Schaars-weise angestellete Treffen kein gut tuhn wolten / vornam / mit gesamter Macht an den Feind zusetzen / welches ihm anfangs ziemlich geriet / daß die unsern / nicht wie sie wolten / durchbrechen kunten. Fürst Olaff kam bey dem Nordischen Heer an / wolte mit demselben alsbald loßbrechen / und dem linken Westischen Flügel zu hũlffe gehen; weil er aber von ihnen verstund / daß der fremde FeldHerr ihnen gebohten hätte / hieselbst stille zuhalten / biß man sie zum Entsaz foderte / muste er gezwungen es also geschehen lassen; jedoch weil ihn der Eifer wegen des empfangenen Schimpffs gar zu hefftig reitzete / nahm er seine 2000 Mann zu sich / und ging damit auff Dropions Hauffen fort / ihm zur rechten Seite einzufallen. Mastyes muste mit seinem geringen Hauffen gegen Ladisla einen sehr harten Stand halten / so daß er schon auff der Weichseite wahr / als die 4000 ihm zum Entsaz kahmen / durch deren hefftigen Anfal er sich wieder setzete. Ladisla traff ihn an / und nahm mit ihm den absonderlichen Kampf auf / wiewol er ihn vor dißmahl nicht kennete; Er hielt aber so fest gegen / weil er ohndas lieber sterben als gefangen seyn wolte / daß er durch starke Gegenwehr ihm entging. Der Feld-Herr [802] dieses Suden-Heers empfand harten Wiederstand / so daß er nicht durch ihre Ordnung brechen kunte / wie hefftig er sich gleich bemühete; dann seine Feinde wahren trauen keine Kinder / sondern alle handfeste beherzete Männer / daß er Mühe gnug bekam / und die seinen / wie gute Waffen sie auch hatten / manniche Wunden davon brachten; doch drang endlich ihres Führers Schwert durch / daß er den Obersten dieser Völker erlegete / und dadurch eine grosse Furcht in sie brachte. Bey Agis stund es fast am schlechtesten / dann Herkules schimpffete nicht / so bezeigete sich sein ädler Blänke nicht anders / als hätte er den gestrigen Spot mit rächen wollen; wiewol sein Reuter mehr bemühet wahr / den fremden FeldHerrn zubeschützen / und allen Anfal von ihm abzuwenden / als dem Feinde zuschaden. Es begab sich / daß der fremde FeldHerr auff Agiß traff /und mit ihm anlegete / aber beyderseits Reuter trenneten diesen Kampff zeitig / daß sie gescheiden wurden. Herkules wolte nicht gerne / daß diesem redlichen Manne leid wiederfahren solte / nam 300 Reuter zu sich / und suchete ihn von neuen / traf ihn an / und machten ihm seine Leute Raum genug zum Kampffe. Er wolte ihn aber nicht angreiffen / sondern redete ihn also an: Ihr redlicher Agis; ich bin euch wegen meiner Wolfahrt verbunden / und würde mir leid seyn / wann ich mein Schwert wider euch gebrauchen solte / seid demnach gebehten / und ergebet euch mir / damit ich Gelegenheit haben möge / euch meine Dankbarkeit sehen zulassen. Preißwirdigster König / antwortete er; womit hat euer Knecht solche Gnade verdienen mögen / welche leider bey mir nicht hafften kan /damit ich nicht von andern vor einen Verrähter angesehẽ werde; welches mich auch antreibet / lieber zusterben / als meinen Verleumdern ursach zu solcher Schåndung zugeben. So muß ich euch nohtwendig an greiffen / nicht zu eurem Verderben / sondern zũ eurer Erhaltung / sagte er; stürmete auch damit auff ihn an /und nach etlichen Hieben / welche sie mit einander verwechselt hatten / stürzete Agis mit dem Pferde übern Hauffen / weil es über etliche Erschlagene herstrauchelte. Herkules aber ließ ihn auffheben / und befahl / daß er absonderlich verwahret / ehrlich gehalten und gelabet wůrde. Uber welche Freundligkeit sich dieser so hoch verwunderte / daß er überlaut sagete: O wir Unglükseligen / daß wir mit der Tugend selbst den Streit auffgenommen habẽ / worzu uns der lasterhaffteste Mensch der Welt gezwungen hat / dem die Götter gebührlich lohnen wollen. Seinem Gehülffen dem Pyrechmes ward seine Gefängniß zeitig kund getahn / welcher sich äusserst bemühete / die Völker wieder in Stand zubringen / gleich da ihm Dropion zuentboht: Er solte sich nach ihm zihen / und Mastyes ein gleiches wissen ließ; Aber dieses wahr nicht so leicht getahn / als gesagt; dann die unterschiedliche drey Schaarẽ hatten sich zu sehr in einander mit dem Feinde verwickelt. Ladisla an seinem Ort empfand zimlichen Wiederstand / als Mastyes den Entsaz der 4000 Reuter bekam / merkete auch / daß an der andern Seite der fremde FeldHerr mit seinen Völker beide Hände zu tuhn hatte / deßwegen suchete er Gelegenheit / mit seinem Bestreiter bald fertig zuwerden / samlete 4000 umb sich / und sagete: Ihr Herren /waget mit mir einen redlichen Ansaz / alsdañ wollen wir durchdringen / und die ersten seyn / welche sich des Sieges zurühmen haben. Diese ermunterten sich unter einander selbst / und stürmeten so unmenschlich zu Mastyes ein / daß er mit den seinen weichen muste / und wie hefftig er sich bemühete / sich wieder zu setzen / wahr es doch vergebens. Ladisla traff zum andern mahl auff ihn selbst / und hatte [803] freien Plaz / mit ihm nach Willen zuhandeln / merkete vor dißmahl /daß es Mastyes wahr / und sagte zu ihm: Ritter / seyd ihr der redliche fromme Mastyes / so zeiget mirs an /auf daß ichs vergelte / wie ihrs umb mich und die meinen verdienet habet. Ja ich bin der unglükliche Mastyes / antwortete er / und begehre keine andere Vergeltung / da ich einige verdienet / als daß ich durch eines redlichen Ritters Faust das Ende meines Lebens empfahen möge. Nicht also / sagte Ladisla; ich wil euch sehen lassen / daß ich nicht allein Woltähtern gerne danke / sondern auch die Tugend an meinem Feinde liebe. Er wolte aber weder antworten noch sich ergeben / sondern suchte sich auff seine Völker zuzihen / ob er sie in Ordnung setzen könte; welches Ladislaen ungelegen wahr / warf ihn vom Pferde / und ließ ihn mit 20 Reutern aus dem Gedränge bringen. Seine Völker sahen dieses / gaben an diesem Orte verlohren / und setzeten sich mit ihren andern zusammen / so best sie kunten / in Hoffnung /daselbst glüklicher zustreiten / aber Fabius / der steiff bey seinem Schwager hielt / ging ihnen in die Eisen /daß sie keine feste Glieder schliessen kunten / welches bald hernach eine ursach ihrer Flucht wahr. Bey des gefangenen Agiß seinen Leuten brauchte Pyrechmes grossen Fleiß / daß er endlich alle seine verteilete in ein Heer brachte / welches noch in zimlicher Manschaft bestund / wolte auch damit nach Dropion zu /wo ihm sonst der Feind so viel Zeit und Raum gönnen wůrde / woran es ihm aber fehlete; dann Herkules /als er sahe / daß er diesen Hauffen bald dåmpffen könte / sagte zu Arbianes: Mein Freund / wo ich nicht irre / daß ihr mein Bruder Arbianes seyd / so nehmet etwa 2000 oder 3000 Mann zu euch / umb nachzuforschen / wie es dem Sudischen Heer gehen möge / dieses Orts wollen wir mit der Hülffe Gottes bald fertig werden. Ich bin zu wenig / vor Eure Hocheit mich zuverbergen / antwortete er; samlete 3000 umb sich /und ging hin / auch an diesem Orte sein Schwert zu versuchen. Der Westische Feldherr fürchtete sich von Herkules erkennet zuwerden / und suchete Gelegenheit / sich von ihm zutrennen / indem er mit 5000 Reutern nach dem linkẽ Flügel ging / und daselbst tapffer mit ansetzete. Herkules zog seine Völker zusammen / welche noch über 38000 stark wahren / setzete dem verwägenen Pyrechmes nach / und drängete ihn / daß er Stand halten muste; da ging es nun an ein Treffen / als hätte alles zu Grunde gehen sollen / daß des Feindes Glieder bald getrennet wurden; welches ihren Führer nicht wenig verdroß / und sich dahin machete / in Hoffnung / diesem Ubel noch vorzukommen / aber er sahe es bald an dem Pferde / wer ihm den Schaden taht / ging auch mit solchem Wuht auff denselben an / als wolte er ihn mit samt dem Pferde zur Erden stürzen / aber er fand doppelt vor einfach / und geboht Herkules seinen Leuten / ihm vor andern schuz zuhalten / damit er diesen ihren Fũhrer zum Bahren bringen könte; welcher sich auch findẽ ließ /und durch seine Raserey sich eine zeitlang schützete /endlich aber eine Wunde an den rechten Arm bekam /daß er sein Schwert nicht mehr führen kunte / welches er sonst / da es zum äussersten kommen wůrde / wider sich selbst zugebrauchen / ihm gänzlich vorgenommen hatte / weil er an aller Gnade verzweifelte. Herkules reiß ihn vom Pferde / ließ ihm den Helm abzihen (dann er kennete ihn nicht) und als er sahe / daß es Pyrechmes wahr / sagte er zu seinen Leuten: Bindet mir den Schelm und Bösewicht / daß er sich selbst nicht leid antuhe; er muß viel anders / als durch eines ehrlichen Ritters Hand seinen Lohn empfahen; welches er vor schrecken nicht beantworten kunte. Dropion trieb an seinem Orte [804] Wunder / dann die Verzweifelung verdoppelte ihm seine Kräffte; Olaff machte ihm zwar anfangs Ungelegenheit gnug an der rechten Seite / aber Bato stellete sich wider ihn mit gleicher Anzahl Volckes / und hielten gleichsam eine absonderliche kleine Schlacht / da der eine nicht schläfferiger vor sein Leben / als der ander den Sieg zuerlangen / fochte. Der Führer des Westischen linken Flügels hatte König Henrich und Fürst Siegwarden mit der grösten Macht lassen auff den Feind gehen / er aber schwenkete sich mit 8000 Mann nach der Rechten / daß er Dropion zur linken Seite einbrechen möchte / da er dann so ritterlich fochte / daß jeder / der es sahe / ihn preisen muste. Pelegon suchte ihn auffzuhalten / aber er wahr ihm zu schwach an Volk und Kräfften / daß er endlich von ihm hart verwundet und gefangen hinweg geschleppet ward; man band ihm aber Hände und Füsse zusammẽ / weil man merkete / daß er suchete /sich selber zuentleiben. Nach Pyrechmes Gefängniß gingen seine Leute von einander / weil Herkules gar zu stränge auff sie hinein setzete / und sie über das weit übermannet wahren. Dropion sahe diese Niderlage mit betrübten Augen an / und erkennete / daß ihm unmöglich wahr / den Sieg zubehäupten / wolte deßwegẽ sich selbst niderstossen / damit er den unsern nicht lebendig zu teil würde; bedachte sich aber / aus Hoffnung / er könte noch allemahl dieses äusserste vornehmen / und wolte zuvor seinen Feinden so wehe tuhn / als ihm wůrde möglich seyn; daher er einen beherzten Obristen den Flüchtigen zusendete / sie in Ordnung zusetzen / welches ihm zimlich geriet; dann Herkules übergab hieselbst Markus die Auffsicht /und mit 1000 Reutern folgete er dem abgewichenen fremden Feldherrn / welchen er keines weges verlassen wolte. Derselbe aber hatte sich mit dem Führer des linken Flügels zusammen gesezt / kurz hernach als Pelegon von demselben gefangen wahr / da sie dann mit gesamter Hand durchbrachen / und unter Dropions Völkern eine grosse Unordnung macheten. Arbianes ging mit seinen Leuten ein wenig zu sicher auff Mastyes hinterlassene / daher er von 5000 frischen und frechen Wagehälsen angegriffen ward / daß er mühe hatte ihnen wiederstand zu leisten; König Ladisla ging ohngefehr dahin / nur weil er sahe daß an dem Orte sich ein neues ganz ernstliches Schlagen erhuhb / und nam 5000 mit sich / unter welchen eine Geschwade von 80 Reutern wahr / deren Ritmeister einen glinzend-schwarzen Harnisch mit grůnen Blumwerk an hatte / einen Schild in welchem an stat des wapens eine dicke Wolke wahr / uñ in derselben diese Worte:Sic meruisti; Daß hastu verdienet. Auff dem Helm stund das Laster-Bilde als ein sterbendes Weib / und ein Täflein dabey mit diesem WorteEjicior tandem. Ich werde endlich ausgeworffen. Er hatte in dieser Schlacht trefliche anzeigungen seiner Tapferkeit sehen lassen / und gaben seine Leute ihm das Zeugnis / daß er acht Feinde nidergehauen hatte. Dieser wuste / daß der Bömische König ihren hauffen fũhrete / und schwebete mit seinen Reutern hin und wieder / umb gelegenheit zu haben / daß er in dessen gegenwart eine ruhmwirdige Taht möchte sehen lassen. Das Glũk fugete ihm sehr wol / und schickete es Gott /daß er gewahr ward / was gestalt Arbianes von 600 Reutern umbgeben uñ fast eingeschlossen wahr / da er nur 200 zu seinem beystande bey sich hatte / daher seiner Leute einer rieff: O Fürst Arbianes leidet Noht. Dieser solches hörend / schätzete sich glükselig / fragete / an was Ort solches geschähe / und auff nachweisung sagete er zu seinen Reutern; auff / und folget mir / dañ hier finde ich was ich gesucht habe; setzete in die Feinde hinein / da sie sich am dickesten geschlossen [805] hatten / und stürzete im durchbrechen zu grunde was sich ihm wiedersetzete. Nun hätte er länger nicht dürffen ausse bleiben / dann Arbianes Leute wahren auff 24 nahe alle erschlagen / welche wenige zu fusse fochten / und sich sterbens schon erwogen hatten; aber dieser trieb die Feinde ab als ein wũtiger Löue / und als er zu Arbianes nahete / sprang er vom Pferde / reichete ihm den Zügel / und sagete: Sitzet auff gnädigster Fürst / und vertrauet euch meinen Leuten. Ein Pannonier wagete einen Fal auff ihn zu /in meinung ihn niderzuschlagen / er aber durchstach ihm das Bein / warff ihn herunter / und setzete sich auff sein Pferd; noch wolten die Feinde nicht ablassen auff Arbianes zu schlagen / weil sie merketen / daß er etwas sonderliches wahr / und hatte er nicht allein sich gar abgemattet / sondern das Schwert wahr ihm auch vor der Faust abgesprungen / und der Schild in stücken zerhauen / daher dieser ihm beydes hinreichete / hernach als ein Blinder einen Pannonier anfiel und demselben anfangs das Schwert bald darauff auch den Schild hinweg nam / worüber er doch etliche Wunden empfing. So bald er sich hiemit versehen hatte / setzete er Arbianes nach / dem seine Reuter zimlichen Schuz hielten / blieb ihm stets zur Seite / und schlug sich glüklich durch / daß er aller gefahr entrissen bey seinen Leuten wieder anlangete / wiewol er so mat wahr / daß er sich kaum auff dem Pferde halten kunte. Nach leistung dieser Taht / baht er den Fürsten untertähnigst / ihm seinen Schild wieder zu geben / welcher nicht allein willig darzu wahr / sondern zu ihm sagete: Mein Freund / daß vor dißmahl ich ihm nähest Gott mein Leben zu danken habe / werde ich nimmermehr in abrede seyn / hoffe auch / er werde sich mir zuerkennen geben / damit ich sehen lasse / daß ich der Undankbarkeit nicht gerne möchte gezihen werden. Dieser aber gab zur Antwort: Gnädigster Fürst / ich bin nunmehr bereit und willig zu sterben / wann nur euer Durchl. nach vollendeter Schlacht mich einer untertähnigsten Bitte gnädigst gewehren wil. Alles mein vermögen / mein Freund / ist zu eurem willen / antwortete Arbianes. Worauf dieser antwortete: Und ich ruchloser Mensch bin nicht wert / daß eure Durchl. einige erbarmung mir erzeige / so hoch ist dieselbe ehmahls von mir beleidiget. Dessen wüste ich mich durchaus nicht zuerinnern / sagte der Fürst / solte es aber ja geschehen seyn / wollen wirs in die unterste Erde vergraben / und so gar der Vergessenheit übergeben / als währe es nie geschehen. Gnade genug gnädigster Fürst / antwortete dieser / und tausendmahl mehr als ich nicht wert bin; spornete damit sein Pferd an / uñ setzete mit seinen Reutern nicht weit von Ladisla / mit solchem Grim in die Feinde / daß er ihre Ordnung trennete; welches Ladisla sehend / ihm 3000 nachgehen ließ / welche hieselbst den Feind auff die Flucht brachten. Die beyden Führer des Westischen Heers hatten sich / wie gesagt / zusammen getahn /und ängstigten Dropions Hauffen von der linken Seiten dergestalt / daß sie nicht mehr stehen kunten. An der rechten Seiten kunte Olaf nichts sonderliches schaffen / wagete es derwegẽ / die ruhende Nordische Ritterschaft ingesamt 20000 stark zu sich zu fodern /welches Bato ersehend / die helfte der wiedergesetzeten Völker von Agiß / zu sich hohlen ließ / ob er dieser Macht wiederstehen könte. Dropion ward also von dreien Orten her angegriffen / noch setzete er sich so grimmig wieder seine Feinde / daß es schien / er würde allenthalben durch brechen / traff endlich auff die beyden Führer des Westischen Heers / und schlug bald auff den einen / bald auff den andern / daß sie ihm nichts angewinnen kunten. Herkules kam gleich darzu / sahe solches / und rieff ihnen zu; gönnet mir /[806] meine Freunde / gönnet mir diesen meinen Erzfeind /dann er hat keinen Menschen höher beleidiget / als mich; rante auch mit einem ungewöhnlichen Eifer auff ihn dar / und als er ihm nahete / sagte er: Du gräulicher Bluthund / Gott lob / dz ich meiner Fäuste wieder mächtig bin / dir den teuflischen Schimpf einzubringen / und meine rechtmässige Rache auszuübẽ. O du zum Galgen verdamter / antwortete er / was vor Unglük hat dich wieder in den Harnisch verstecket? fiel zugleich über ihn her / ob wolte er ihn erstes Treffens erlegẽ; aber Herkules wolte dißmahl gewinnen oder verspielen / und hielt ihm die Stange mit solcher Vorsichtigkeit / dz jenem sein Rasen zu nichts dienete / als dz er sich selbst abmattete. Die beydẽ Feld-Herren samt ihren Leuten hielten ihm Schuz genug / dz kein ander sich in ihren Kampf einmischẽ kunte; daher Herkules sich desto emsiger befliesse ihn zu fellẽ / oder wo möglich / lebendig in seine Gewalt zubeko en / nit zweifelnd / nach seiner überwindung solte alles geschehen seyn; er hatte sich aber mit so festẽ Waffen versehẽ / dz er nit leicht zubeschädigẽ war / worauf er sich dañ nit wenig verließ; doch fügete es sein Unglük / dz sein Pferd auß Mattigkeit in die vörder Knie schoß / und zugleich mit einem Hinter Beine einen falschen Trit taht / worüber es gar nach der rechten Seiten umschlug / daß Dropion darunter zuliegen kam / und mit seinem Schwerte sich nicht beschädigen kunte / wie heftig er sich auch darnach bemühete. Herkules nicht faul / sprang ab / reiß ihm das Schwert aus der Faust / und ließ sechs Teutsche Reuter herzu kommen / welche ihm die Hände auff den Rücken zusammen binden / und den Helm ablösen musten / bald auch den Krebs und Rük Harnisch /worffen ihn auff ein Pferd in die quere / und führeten ihn in Begleitung 80 Reuter davon / da er Herkules diese Worte hören ließ: Das sind die allergrössesten Wüteriche / die uns heissen leben / wann wir gerne sterben wolten / und es also richten / daß wir weder Freund noch Feind in der Welt haben müssen. Aber er bekam nicht die geringste Antwort darauff / dann Herkules wahr in seiner Andacht begriffen / daß er seinem GOTT vor diesen herlichen Sieg dankete. Olaff /so bald er die Nordischen Reuter bekam / vermahnete er sie mit kurzen Worten / sich redlich zugebrauchen /und als geruhete / den abgematteten Feind mit allen Kräfften anzugreiffen / welches sie dergestalt verrichteten / daß die Pannonier mehr weichens als wehrens macheten. Markus ermunterte die seinen auch / so wolten König Henrich und Fürst Siegward nicht die geringsten seyn / daß demnach dieser Feind hinter sich außwiech / und alles verlohren gab / wie hefftig auch Bato sich bearbeitete / nach seines Vaters Gefängniß die Völker zum Stande zubringen; auff welchen Olaff einen gewaltigen Fal / mit einem geruheten Pferde wagete / ihn am rechten Arm verwundete / und ihm das Pferd unter dem Leibe niderschlug / daß er stürzete / und von 50 Reutern gefangen hinweg geführet ward; der Oberste / welcher ihm den Entsaz zugebracht hatte / ward von einem Nordischen Obersten nach harter Verwundung angenommen / und fortgeschicket. Als Dropion zu den andern Gefangenen gebracht ward / unter welchen auch Hyppasus sich von gestern her befand / hieß dieser ihn also wilkommen: Es ist mir lieb Dropion / daß / nach dem unser lieber König durch diesen unnötigẽ von euch angezetteltẽ Krieg hat müssen in Gefångniß gerahten /uñ in jenem Zelte / gleich gegen über verwahret wird /ihr als Stiffter und Uhrheber dieses Elendes / ihm Geselschaft leisten můsset. Daß dir feihen Afte Reuter mein Unfal nit unangenehm seyn kan / antwortete er /weiß ich mehr als zu wol / kan auch [807] leicht erachten /dz deine Beisitzer (diese wahren Mastyes und Agiß) mehr über meine Bande lachen / als über die ihren weinen. Aber hättet ihr Hudler euch redlich gehalten /und mir mein Gestriges Gericht nit gehindert / wolten wir alle miteinander frey und Obsieger seyn. Diese wolten ihm antwortẽ / aber Prinsla uñ Neklam / welche wegen ihrer Verwundung ihnen zu Auffseher gegeben wahren / hiessen sie schweigen / uñ daß sie förder kein Wort / weder böses noch gutes miteinander reden solten / oder man wũrde ihnen dz Maul mit einem Knebel hemmen. Bald nach Bato Gefängniß wurden Agiß und Dropions Völker ganz eingeschlossen / daher sie um Gnade uñ Lebens Fristung rieffen /wie wol eine Schaar 12000 stark lieber sterben / als leibeigen seyn wolten / schlugen sich nach Osten zu durch / und setzeten sich in viel kleine Häufflein von etlichen hundert Mannen / ob sie desto füglicher durch die Flucht entriñen könten / aber Klodius uñ die andern / welche biß daher hieselbst mit 20000 Reutern geruhet hatten / setzeten sich gar breit ins Feld /daß sie ihren Siñ endern / und sich ergeben musten; Ladisla hatte nunmehr auch an seinem Orte es so weit gebracht / daß der Feind Herz und Hände sinken ließ /uñ bey grossen Schaaren Ostwerz begunten auszureissen / wurden aber gleich wie die vorigen zurük gewiesen / uñ musten sich gefangen geben; nur ein Häuflein 500 stark setzete sich enge zusammen / und weil sie lieber sterben / als leibeigen seyn wolten / drungen sie hindurch / daß sie das Feld einbekahmen; und die unsern sie i erhin lauffen liessen / damit sie die unglüklichen Bohten seyn / und ihre gänzliche Niderlage dẽ ihren ankündigen möchten. Also wahr dieser erschrekliche grimmige Feind gedämpffet / und der herliche Sieg durch grosse Blutströhme und unsägliche Gefahr erhalten. Es wurden 70000 Pannonier lebendig gefangen / unter welchen 150 Obersten / und 1300 Håuptleute wahren / mehrenteils hart verwundet. Uber diese wahren 105 Obersten in diesem ganzen Kriege an Feindes Seiten umkommen / und an die 2000 Häuptleute / nebest 342000 UnterHäuptleuten /Fähndrichen und gemeinen Knechten / dieselben ungerechnet / welche im ersten Einfal vor den GrenzFestungen blieben. In dieser heutigen Schlacht aber hatten die unsern dannoch auch eine merkliche Anzahl eingebüsset; Das Westen Heer missete von beyden Flügeln 12000 Mann / und hatte 7000 beschädigte; Von dem Sudischen Heere wahren 7500 erschlagen /und 8500 verwundet. Das Nordische hatte den geringsten Abbruch gelitten / massen deren nur 1500 erschlagen / und 2000 verwundet wahren / daß also die unsern noch ein Heer von 163500 gesunder Manschafft ins Feld stellen kunten / und von den beschädigten / deren 17500 wahren / etwa 5000 das Leben einbüsseten; hatten also ũberal 26000 Mann in dem heutigen ernstlichen Treffen zugesetzet. Nach erhaltenem Siege traffen die Könige und Fürsten / die kurz zuvor gefangen gewesen waren / wunderlich aneinander / setzeten sich ingesamt auff die Knie / und danketen dem Almächtigẽ Gott beydes vor die väterliche Stäupe und allergnädigste Erlösung / eine gute Viertelstunde lang / hernach trugen sie grosses Verlangen / die beiden tapfferen Helden zuerkennẽ / welche den West- und Sudischen Entsaz herzugeführet hatten. Sie sahen nicht gar weit von ihnen drey Geharnischte auff den Knien ihr Gebeht halten / gingen zu ihnen hin /und wurden bey ihren entblösseten Håuptern gewahr /daß Königin Valiska (dann eben diese hatte den rechten Flůgel geführet / und des Feindes Lager eingeno en) / König Baldrich / und GroßFürst Arbianes (der sich schon hatte lassen verbinden) dieselben wahren. Da [808] ging es nun an ein umfahen / herzen und küssen /und sagete Herkules zu ihr: Ach warumb hat mein Schaz sich vor mir so lange verbergen wollen / nach dem ich in so grosser Lebensgefahr gestecket / daß wenig gefehlet / sie würde ihren geträuen Herkules haben müssen am Galgen hängen sehen. Sie erschrak der Rede höchlich / und als sie den Verlauff kũrzlich vernommen hatte / baht sie anfangs umb Verzeihung /daß ohn eingewilligten Urlaub sie sich in die Schlacht mit eingewaget hätte; verständigte ihn hernach / daß aus Furcht des grimmigen Feindes sie bald nach ihrem Abzuge von Prag nach Teutschland geschicket /und daselbst 40000 Reuter vor baar Geld werben lassen / worzu sie 10000 Böhmen gesamlet / und den rechten Flügel damit versehen / da ohn Zweifel der gütige Gott es also geschicket / daß sie eben zu rechter Zeit ankommen můssen / als Arbianes auff sie gestossen / mit dessen Zutuhn sie alle Flüchtigen auffgesamlet / und daraus den linken Flůgel unter Baldrichs Befehl gestellet / welche dann durch ritterliches fechten die gestrige schändliche Flucht gut gemacht / und den verwirketen Tod von sich abgewendet hätten. Der gefangene Bluthund Mnata währe ihr auch auff dem Wege eingeliefert / welcher sich gar demühtig erzeiget håtte / und unter starker Huht auff seine Straffe warten můste. Die Obristen des Nordischen Heers kahmen zu unsern Helden / und lieferten ihnen ihr ansehnliches Heer im Nahmen der Wendischen Fürstin /welches alsbald Olaffen / als volwaltigem Feld-Herrn übergeben ward. Es wurden alle Könige und Fürsten eins / nach dem Sudischen Heer zureiten / von welchem sie noch das allergeringste nicht wusten / wz vor Leute sie währen / oder wer sie ihnen zum Beystand ausgeschikt håtte; und rühmete nicht allein Ladisla / daß sie ganz eiferig und tapffer gefochten hätten / sondern Arbianes zeigete zugleich an / wie ernstlich ein handfester Ritmeister von demselben Heer sich zu seines LebensRettung gebrauchet / und davor nichts / als seines ehmahligen Verbrechens (welches ihm doch allerdinge unbewust) Gnade und Vergebung begehret. Valiska / seine grosse Gefahr vernehmend /gab zur Antwort: Wann dieser gleich die allergröbeste Missetaht hätte begangen / müste ihm doch nicht allein verzihen / sondern auch Fürstliche Geschenke mitgeteilet werden. Sie ritten hierauff fort nach dem Sudischen Heer / unter der Begleitung von 100 Reutern / da König Ladisla mit entblössetem / die ůbrigen mit behelmeten Häuptern sich stelleten / und durch einen Gesanten freundlich begehreten / der FeldHerr dieses mächtigen Heers / dem ein grosser Teil des erhaltenen Sieges billich zugeschrieben wůrdt / möchte sich unbeschweret gefallen lassen / mit dieser Konigl. und Fürstlichen Geselschaft sich zubesprechen / und ihnen seine Kundschafft zugönnen / damit ihnen Gelegenheit an die Hand gegeben würde / sich dankbarlich zubezeigen. Dieser wolte ihnen solches nicht abschlagen / nahm 120 ansehnliche Ritter zu sich /und ritte mit auffgeschlagenem Helme hinzu / da Ladisla ihn auff dem Pferde umfing / und nachgehends ihn also anredete: Wie ersprießlich / tapfferer Held /uns allen eure ganz unvermuhtliche Ankunfft und Hůlffe gewesen / so begierig sind wir auch / denselben grossen Herrn zuerkennen / der uns einen solchen Beystand in unsern Nöhten geleistet hat / daß wir auch nicht frölich seyn köñen / ehe und bevor uns solches kund getahn ist; zweifeln demnach gar nicht / es werde eure Tapfferkeit uns diese hohe Glůkseligkeit mitteilen / und sich versichern / daß wir alle miteinander zu dessen Freundschafft nach aller Mögligkeit so erbötig als verbunden sind. Dieser FeldHerr fragete kürzlich / was [809] vor ein grosser Herr ihn angeredet hätte; und nach dessen Anmeldung / gab er diese Antwort: Großmächtigster unüberwindlicher König / gnädiger Herr; die Anzahl Völker / welche unter meiner Anführung zu rechter Zeit / (wovor ich dem Himmel danke) ankommen sind / hat ein wahrer Freund der Teutschen und Böhmen in höchster Eil: bißhieher zu deren Beystand fortgehen lassen / so bald er des unredlichen überfalles der Pannonier ist berichtet worden / und solches insonderheit zu ehren der Großmächtigsten Königin / Frau Valisken / unter dem mir gegebenen Befehl / daß ich meinen grossen Herrn und mich selbst niemand melden sol / ehe und bevor höchstgedachter Königin ich diese meine Völker zugestellet habe. Ladisla fiel ihm in die Rede / und sagete zu ihm: Tapfferer Held / wann es sonsten an nichts als an diesem fehlet / wollen wir ob Gott wil gar bald gute bekanten werden / massen ich denselben versichere / daß des Westischen Heers Führer und Herzog kein ander / als meine geliebete Fr. Schwester / König Herkules Gemahl / Fr. Valiska gewesen ist /welche hie bey ihrem EheGemahl hält / und durch Ablegung des Helms sich alsbald wird zuerkennen geben. Dieselbe hörete alle ihre Rede / legete den Helm von sich ließ ihre Goldgelben Haare umb die Schuldern fliegen / ritte dem fremden näher / und redete ihn also an: Tapfferer Held / wann eure Völker mir insonderheit zu ehren hergefůhret sind / wird mirs sehr schwer fallen / es zuvergelten / es währe dann /daß der grosse Herr meinen Willen vor die Werke nehmen / und durch eine stetswillige Begier sich wolte vergnügen lassen / wiewol ich mich nicht entbrechen werde / seinen tapfferen Leuten eine mögliche Vergeltung sehen zulassen; nur bitte ich vor dißmahl unsern brennenden Wunsch zuerfůllen / und so wol seinen als seines grossen Herrn Nahmen uns anzumelden. GroßFürst Markomir (dieser wahr der Sudische FeldHeer) kennete alsbald ihr Angesicht / durch dessen anschauen sein Herz und Seele auffs hefftigste gerůhret ward / daß er sich so bald nicht begriffen kunte; endlich legete er seinen Helm ab / schwang sich vom Pferde / und trat zu ihr / des Vorsatzes / ihre Füsse im Stegreiff zuküssen / welchem sie aber wol vorzukommen wuste / und mit diesen Worten ihm die Hand boht: Mein Herr und Freund / er wolle / bitte ich / mich nicht über Gebühr und Wolstand ehren /sondern mir seinen Nahmen anzeigen / damit ich wissen möge / wie ich mich gegen denselben zuverhalten habe. Welches er also beantwortete: Warumb solte der tieffverschuldete Knecht Markomir unterlassen /dieselbe über alles zuehren / von welcher er aus der Unvernunfft wieder zu seinem Verstande / uñ aus dem Verderben zu seiner jetzigen Glükseligkeit gebracht ist. Valiska dieses hörend / sprang gerade von ihrem Pferde / trat ihm entgegen / und nach einem schwesterlichen umfangen und dargebohtenem ehrliebenden Kusse (wodurch er zum allerhöchsten ergetzet ward) sagete sie zu ihm: Durchleuchtigster GroßFürst / ich befinde mich bereit Euer Liebe stårker verbunden / als ich nimmermehr bezahlen kan / und solches wegen der hohen und warhafften Freundschafft / welche dieselbe zu mir tråget; wie werde ich dann diese mehr als Brüderliche Hülffleistung vergelten können / ohn welche wir unsers Orts den Sieg schwerlich würden erhalten haben? Ich trage aber zu Euer Liebe diese Zuversicht und festes Vertrauen / dieselbe werde unsere Geselschafft nicht so schleunig verlassen / daß wir nicht solten Zeit haben / zum wenigsten durch allerhand ehrliebende Bezeigungen scheinen zulassen /wie herzlich gerne wir bezahlen wolten / wann nur die Schuld nicht gar zu ůbermässig [810] währe. Der junge Fürst befand sich durch diese Rede in der allersüssesten Vergnügung / wahr auch so gar von ihm selber kommen / daß er aller Antwort vergessend / sich vor ihr auff beyde Knie niederwarff / und mit demühtigen Geberden ihre Knie umfing / so daß sie sich von ihm nicht loßwirken kunte / und befürchtete sie sich eines schweren Unfals / weil sie nicht allein seiner Farbe Verenderung sahe / und das zittern seiner Glieder wahrnahm / sondern auch seine starken Seuffzer hörete; und wahr der mit Liebe und Anmuht erfůllete Fürst in dem Stande / daß wenig fehlete / er währe vor Freuden Todes verblichen. Die gesamten Könige und Fürsten stiegen von ihren Pferden / ihn ehrerbietig zuempfahen / da dann Herkules voraus trat / und mit entblössetem Häupte zu ihm nahete / gleich da Valiska durch nicht geringe Bemühung ihn von der Erden auffgerichtet hatte / uñ ihn zum andern mahle umfangen hielt. Sie wolte ihm aber Zeit geben / sich in etwas zubegreiffen / darumb redete sie ihren Herkules also an: Sehet hier / mein Schaz / den teuren GroßFürsten und nähesten Erben des mächtigen Königreichs der Franken und Sikambern / dessen Liebe so willig gewesen ist / uns in unsern höchsten Nöhten beyzuspringen / wovor wir ohn zweifel deroselben sehr hoch verbunden sind. Ja Durchleuchtigster Fũrst / Herr Markomir / sagte Herkules / was vor eine unbegreifliche Tugend euer recht Fürst- und Königliches Herz bewohne / hat Eure Liebe durch diese kräfftige Hülffe dergestalt sehen lassen / daß es klärer nit hätte geschehen können / und wie ich eine geraume Zeit her Euer Liebe Kundschafft gewũnschet / und des steiffen Vorsatzes gewesen bin / nebest meinem Gemahl Eure Liebe zubesuchen / also erfreuet michs inniglich und von Herzen / daß dieselbe ich dieser ends sehen sol /deren ich mich samt alle meinem Vermögen zu allen geträuen Diensten und auffrichtiger wahrer brüderlicher Freundschafft anerbiete. Der Fürst erhohlete sich etlicher massen / stund aber doch annoch in grosser Verwirrung / daß er seine Zunge nicht gebrauchen kunte; welches Ritter Farabert (der allernähest hinter ihm stund) merkend / seine Stelle vertrat / und also antwortete: Ihr unüberwindliche Könige; verzeihet /bitte ich / meinem gnädigsten GroßFürsten / Herrn Markomir / daß dessen durch die allervolkommenste Vergnügung ganz verzucketen Geister / mit viel zu anmuhtigen Gedanken umgehen / als daß dieselben durch der Zungen Laut soltẽ können ausgedrücket werdẽ / nachdem seine Durchl. ganz unvermuhtend hieselbst dasselbe antrifft / welches zusehen / die ganze Zeit seiner wiedererlangeten Gesundheit / sein einiger Wunsch gewesen ist. Valiska machete sich gemählig von Markomir loß / daß Herkules Gelegenheit bekam / ihm nahe zutreten / und ihn zu umfahen; Welcher nunmehr sein Herz in etwas beruhiget befand / und sich unterstund / Herkules mit ehrerbietiger Neigung zubegegnen; der ihm solches doch nicht gestattete / sondern ihn zum andern mahle ganz Brůderlich umfing; Worauff jener endlich diese Rede von sich gab: Großmächtigster Unüberwindlicher König / auch Großmächtigste Unüberwindliche Königin; mit was Gehorsam kan ich diese hohe Gnade ersetzen / welche von Ihren Hocheiten mir Unwirdigen hieselbst begegnet und mitgeteilet wird? Ich ruffe den Himmel zu Zeugen / daß die Beherschung der ganzen Welt /wann sie mir zustünde / ich willig übergeben wolte /wann dadurch ihre Gewogenheit und Freundschafft ich k \nte erlangen; und diese wird mir mit so grossem ůberflusse angebohten / daß ich eine Schuldigkeit seyn / erachten muß / davor zusterben / wann einigerley weise Ihren [811] Hocheiten mit meinem Tode würde können gedienet seyn. Vor dißmahl habe ich von nöhten / meines Unverhaltens gnädige Verzeihung zu bitten / hoffe auch / nicht allein dieselbe zuerlangen /sondern mit der Zeit / da meine Gegenwart kan gelitten werden / meine Augen also zugewähnen / daß dieselben die Strahlen der allervolkommensten Tugend-Sonnen in etwas werden ertragen können / welche bey dem ersten unvermuhtlichen anschauen mich allerdinge geblendet haben. Durchleuchtigster GroßFürst /antwortete Valiska; eure Liebe wollen / bitte ich sehr / dieses Wortgeprånge denen überlassen / welche mehr Freundschaft auff der Zungen als im Herzen führen; euer Liebe gewogenheit lässet sich in der Taht so helle und scheinbar sehen / daß kein Mensch ein mehres begehren kan. Ich habe lange und glüklich gnug gelebet / unvergleichliche Königin / antwortete er / wann mein bemüheter Wille angenehm ist / weil ausser dem meine Schwacheit nichts erhebliches leisten kan. Die freundliche Beredung hielt bey ihnen zimlich an / biß Markomir seiner Eltern Gruß anbrachte / und daß dieselben die Teutschen und Bömischen Könige und Königinnen freundlich ersuchen liessen / ihr wahres und ergebenes Freundes Herz aus diesem wilfärtigen Beystande zuerkennen / welche sich hiemit erböhten / vor ihre Wolfahrt ihres ganzen Frankisch- und Sikambrischen Reichs vermögen willig anzuwenden. Welches mit gebührlichem dank erkennet und beantwortet ward. Herkules und Ladisla erläubeten den Völkern auff der Wahlstat Plunderung zu halten / aber weder die Sudischen noch die Nordischen Völker wolten daran anteil haben / derwegen musten die Teutschen und Böhmen alle Beute an einen Ort zusammen tragen / welche sich auff viel Tonnen Goldes an Baarschaft / Geschmeide und Pferdeschmuk belieff / welche nachgehends unter alle Völker verteilet ward / wiewol man den Franken einen grossen Vorzug gab; des Lagers Reichthum wahr sehr groß / welchen Ladisla unter die Könige und Fürsten verteilete / wo bey Markomir sich heftig wegerte. Was man aber bey den gefangenen Pañoniern fand / ward alles zur gemeinẽ Beute geleget. Zeit wehrender einsamlung der Beute stelleten unsere Helden das Gericht über ihre Gefangenen an / liessen in aller eile auff die gestrige Stelle nahe bey dem annoch stehenden Galgen ein Gesäß auffbauen / und alle vornehme Gefangene samt ihrem Könige / an der Zahl 127 / an Ketten lind Banden herzuführen / unter denen aber Mastyes / Agis und etliche andere mehr /die sich ihrer gestrigen Erlösung angeno en hatten /ehrlicher gehalten / und von Leches ungefesselt begleitet wurden / daß sie nicht unter den andern Gefangenen / sondern ihnen zur Seite gingen / uñ ihr Gleitsman sie mit freundlicher Unterredung / wie ihm befohlen wahr / unterhielt / welches sie doch wenig achteten / nachdem sie entschlossen wahren / mit ihrem lieben Könige zu sterben oder zugenesen / welcher mit seinem Dropion (als ein par Hunde) zusammen gefesselt wahr. Als sie vor dz Gerüste traten / auff welches alle Fürstliche Häupter / ausser Königin Valiska sich gesetzet hatten / wurden diese beyden voneinander gelöset / und muste Mnata allein etwas näher ko en / welchen Ladisla mit überaus grimmigen Angesicht und fũnkelnden Augen also zu Rede stellete: Was vor ein böser Geist hat dich getrieben / du ehrvergessener gottloser Mordbrenner / Dieb / Räuber /und Mörder / daß du nicht allein mich und mein unschuldiges Land / ohn alle gegebene Ursach / unabgesagt / und mit so teuflischem Grimme angefallen /sondern auch allen Inwohnern den Tod / dem ganzen Lande die Verwüstung / und welches erschreklich [812] zu hören / vier unschuldigen ehrliebenden Königen und dreyen redlichen Königlichen Fürsten den Galgen hast angedräuet und auffrichten lassen / auff daß du auff einmahl und an einem Schand-holze fünff großmächtige Königreiche schmähen möchtest / welche dir nie keine beleidigung angefüget hatten? und diese von ewigkeit her ganz unerhörete Grausamkeit würde dein verteuffelter Marschalk / ohn zweifel aus deinem ehmahligen geheiß uñ anordnung zuvolstrecken / gestriges Tages nicht unterlassen haben / dafern der almächtige barmherzige Gott nicht etliche wenige auffrichtige Herzen deines gewesenen Volkes aufgemuntert hätte / welche / inbetrachtung deiner selbst eigenen Gefahr / seiner unmenschlichen Wüterey und durch triebenem Frevel sich wiedersetzeten / welches ihnen unvergolten nicht bleiben mus. Nun sihestu ja /daß gleichwol noch ein Gott im Himmel wohnet /welcher deinem närrischen Hochmuht steuren kan /wann du ja Menschen zu geringe achtest / dich vor ihnen zu fürchten. Und ich frage dich / du Henkermässiger / bildetestu dir wol ein / als du den Galgen vor meinem Lager auffrichtetest / diese Königliche /Hochfürstliche und Ritterliche Geselschaft würde deinen Strik ohn wegern umb den Hals nehmen / und mit dir die Leiter hinan klimmen / daß du sie frey immerhin auffknüpfen möchtest / da sie doch ein so wolgesetzetes Heer umb und bey sich hatten? Doch setze ich dieses auch beyseit / und möchte nur gerne wissen / was vor eine unsinnige Bosheit dich getrieben hat /daß du meinen wahrẽ lebendigen Gott / welchen du aus teuflischem Spot einen erhenketen nennest / lästern / und gleichsam zum Kampfe hast ausfodern dürfen. Sihestu noch nicht / daß er dir redlich / zeitig /und mehr dann zu scharff ko en ist / und uns seine Kinder zwar mit der gnädigen Vater-Ruhte / wegen unser Sünde gezüchtiget / wovor wir ihm herzlich danken / dich aber mit schwerer Hand zur grimmigen Straffe / wegen deiner lästerung und unmenschlichen gottlosigkeit hingerissen hat? So schicke dich nun nebest deinen mitgefangenẽ / von dir bestelleten Mordbrennern / Räubern und Mördern zum wolverdieneten Tode / dann du must den Gagen / welchen du dieser Königlichen Geselschaft / wiewol / Gott lob / zu früh und vergebens hast auffrichten lassen / mit deinem gottlosen verfluchten Leibe zieren und kleiden / und daran deine zu leben unwirdige verfluchte Seele ersticken lassen; woraus du noch vor deinem Ende die Warheit des alten Sprichworts lernen kanst:Mannicher gräbet einem andern eine Grube / und fället selber dahinein. Der gefangene Mnata entsetzete sich dieser schleunigen Urtel / sahe den Galgen vor Augen / und muhtmassete aus Ladislaen vorbringen / daß Dropion ihn den gefangenen Königen würde haben auffrichten lassen / betraurete solches sehr / und fing an / dieser gestalt sich zuverantworten: Wir Könige haben leider das gemeine Laster an uns / daß wir nichts so heftig /als die Beherschung ũber viel andere / und die Rache der empfandenen Beleidigung mit aller macht zu volstrecken / uns lassen angelegen seyn; insonderheit wann hohe Beamten und Rähte nicht allein in solchen Sachen sich vor stete Ohrenbläser angeben / sondern auch so viel gewalt über uns erlangen / daß wir sie hören / uñ ihrer führung folgen mũssen. Eben dieses /bekenne ich / hat auch mich unglükseligen König verleitet und getrieben / einen möglichen Versuch zu tuhn / ob mir das Glük / dem ich zu viel trauete / so günstig seyn / und meine Gewalt über dieselben ausbreiten / ja mich auch an denen rächen wolte / welche mich den Römern zu zehnjähriger Schatzung übergeben haben. Nun ist an meiner Seite alles zum ärgesten Unglük ausgeschlagen / und habe nicht allein den ganzen [813] Kern meiner Untertahnen eingebüsset / sondern auch diese Ketten annehmen / und als ein Ubeltähter mich vor Gericht schleppen lassen müssen; da ich dann gestehe / daß meine Obsiger leicht Ursach finden können / mit mir also zuverfahren / wie mir anjetzo gedråuet ist. Ich erinnere mich überdas auch meiner unbesoñenheit / daß in auffrichtung des verfluchten Galgen ich eingewilliget / welches vielleicht (doch zweifele ich dran) ich durch starkes und äusserstes wiedersprechen hätte hindern können; daß es aber aus meinem Angeben / oder Geheiß und wolgefallen solte geschehen seyn / oder ich jemahls des willens gewesen / König- und Fürstliche Häupter hinan zu heben / oder heben zu lassen / wird mir kein Mensch überbringen; aber wol / dz ich anfangs dawieder geredet / uñ den ausgesprochenẽ Schimpf nie gebillichet /vielweniger aus meinem Munde gehen lassen. Hat mein gewesener Marschalk sonst gestriges Tages /welches mir allerdinge unwissend ist / sich einiger unbilligkeit wieder eure Königl. Hocheiten unternommen / solches ist mir bey Königlicher Träue herzlich zu wieder / und machet mich fürchten / es sey solches mehr zu meinem selbst eigenen / als zu anderer Leute verderben und untergang angesehen gewesen / gestaltsam ihm ja meine Gefängnis nicht hat können unbewust seyn / deren mich zuentheben / / man ja alle güte / und keine grausamkeit hätte anwenden und gebrauchen müssen / da man sonst meine Wolfart und Erledigung suchen wollen; ist mir demnach von herzen lieb / daß etliche der meinen solchem teuflischen Vornehmen wiederstanden / und so wol von eurem tapferen Königlichen Blute / als von mir selbst das Verderben abgekehret haben. Ja ihr redliche und ehrliebende Könige / ich ruffe den wahrhaften Himmel zu zeugen / und alle Götter / die mich in dieses Unglük gestürzet haben / daß wann die Wahl bey mir gestanden / wolte ich lieber durch eure ritterliche Faust in der Schlacht nidergehauen seyn / als durch eure schändliche Erhenkung mein Leben gerettet haben. In betrachtung dessen gelebe ich der tröstlichen Hofnung und zuversicht / König Ladisla werde seine gesprochene Urtel gnädig mässigen / und an mir unglükseligen / der ich gestern umb diese Zeit noch ein mächtiger König wahr / seinen rechtschaffenen Heldenmuht sehen lassen / daß er an keinem andern Fürstlichen Blute gefallen träget /als welches er ritterlich mit dem Schwerte vergeusset /auff welche weise ich ihm das meine tausendmahl lieber hätte gönnen und geben wollen / als daß ich diese Ketten tragen / und vor Gerichte stehen mus. Kan mir nun solche Königliche barmherzigkeit wieder fahren /daß nach fristung meines lebens / durch gutwillige abtretung alles meines gehabten Rechtes / von seiner Hocheit ich etwas Land uñ Leute behalte / und dz übrige nebest allen meinẽ Baarschaften / die fast unzählig sind / gerne verlasse uñ auf ewig verzeihe / werde ich solche Königl. Gnade zu rühmen uñ zuerkeñen habẽ. Ihr aber / hochberühmter König Herkules / von dessen Tugend uñ erbarmung die erbare Welt preises vol ist / wollet von mir ganz demühtig gebehten seyn /an mir eurem gefangenen armen Mnata (welchẽ dz Glük im Augenblik von der höchsten Staffel in die tiefste Pfütze alles ku ers gestürzet) eure so hoch gerühmete Gnade erscheinẽ zulassen / uñ durch eures allerliebsten Freundes / Königes Ladisla (dessen Willẽ ihr beherschet) harten Zorns uñ Eifers milterung / es zuschaffen / dz Mnata nicht der erste Pañonische König sey / welcher sein Leben in Böhmen an einem Diebes-Galgen endigen solte. Mit welchem Worte ihm die Rede stehen blieb / fing vor grosser Angst anzuseuffzen uñ klugzen / uñ indem er einen demühtigẽ Fußfal taht / sagte er; verflucht sey mein Hochmuht [814] und aller deren Raht / welche mich in diesen elenden Stand gestürzet haben. O du grosser Gott /wie bald und leicht kanstu den Stolz fellen / und den auffgeschwollenen Hochmuht zur Erde niderdrücken! unsere ganze Geselschaft ward zum Mitleiden gegen ihn bewäget / liessen sichs doch nicht merken / sondern hiessen ihn und alle Gefangene einen Abtrit ins weite Feld nehmen / mit ernstlichem Befehl / daß sie unter sich kein einziges Wort / weder in gutem noch bösem wechseln solten; welches dem trostlosen Mnata schon etwas Hoffnung machete. Als sie wieder vorgefodert wurden / fing König Ladisla nach gehaltener Beredung also an: Ich und mein ganzes Königreich / welches ihr Mnata / so elendig zugerichtet habet / möchten von Herzen wünschen / daß ihr euren Hochmuht selber hättet brechẽ können / ehe und bevor Gottes schwere Hand über euch kommen währe / daß ihr aber nach begangener gar zu ůbermachter Freveltaht / Gnade und Lebens Fristung begehret / ist zu lange geharret; dann bedenket nur selber / wie viel tausend unschuldiger Menschen Seelen ihr auffgeopffert / wie viel betrübte Wåysen und Wittiben ihr gemacht / in wie grosse Armut und Verderben ihr viel meiner Untertahnen gesetzet / worzu man euch nicht die allergeringeste Ursach gegeben / nur daß man sich eurer boßhafften Leute redlich erwehret / und auff ihre frevelmühtige Anfoderung / sie bestanden / welches das eingepflanzete Recht uns selbst geheisset und aufferlegt hat; kan also euer Mutwille und übermachte Beleidigung nicht wol anders / als durch euren Tod gebüsset werden. Jedoch werde nach Befindung eurer Busse und Auffrichtigkeit ich mich zumässigen wissen / wann ihr vor erst durch gnugsame Zeugen euch des auffgerichteten Galgens entbrechen / und den wahren Angeber ohn einige Verleumdung nahmhafftig machen; hernach auch anzeigen werdet / wer oder welche dieses unredlichen Mordes (dann ein Krieg kans nicht genennet werden) Stiffter uñ Uhrheber seyn. Dieses / antwortete Mnata / wird niemand besser darzulegen wissen / als gegenwärtige meine allergeträueste und heilsamste Rähte uñ Beamten / Mastyes / Agiß / Hyppasus / Amythaon und Deon / welche wol unschuldig mit den boshafften in dieses Elende gerahten sind / nachdem sie mir diesen (muß nunmehr selbst bekeñen) ganz unbefugten unredlichen Einfal geträulich wiederrahten / ich aber ihnen in etlichen Dingen nicht folgen wollen / und in den wichtigsten nit folgen dürffen. Der gebundene Dropion hatte sich bißher gestellet / als ginge ihn dieses Gericht gar nit an / wahr auch des Vorsatzes / kein Wort zureden / es geschähe dann zu unserer Helden Beschimpffung; hieselbst aber fiel er seinem Könige ins Wort uñ sagete /König Mnata; wañ guter Wille und wolgemeineter Raht unglüklich außschläget / gebühret keinem Könige / sich dessen zubeschweren / vielweniger seinen Kopff aus der Schlinge zuzihen / und andere darinnen stecken zulassen / sondern mit seinen Leuten gleiches Lieb und Leid außzustehen; uñ solches würde einem geherzten Pannonischen Könige ungleich besser uñ rühmlicher seyn / als mit unablöschlichem Schimpfe seiner Hocheit / sich vor seiner FeindeFüssen niderwerffen / welches auch diese unsere jetzige Richter gestriges Tages in ihrer Verurteilung nicht haben tuhn wollen. Sehet König Mnata; diese Bande und Ketten trage ich euret wegen rühmlich / und bin eben derselbe / der ich gestern wahr. Er wolte weiter großsprechen / aber König Ladisla redete ihn also an: O du abgefeimeter Bube; rühret dich schon dein Gewissen? und bistu noch eben derselbe / der du dich gestern zuseyn rühmetest / ein bestätigter König in Böhmen? Lieber von wem [815] hastu doch solche Bestätigung? Sihe da / ich gönne deinem Könige wol / daß er allerdinge sich der Untaht entbrechen könte / wie ich mich dessen schon guten teils zu ihm versehe / da ich dann dir zu Troz mich ihm gnädiger erzeigen wil / als du ihm nicht gönnest. Wer mich zum Böhmischen Könige bestätigt hatte? antwortete Dropion; das Glük uñ meine Faust; aber unbefugete Feinde / mit welchen Pannonien in keiner Fehde gestanden / haben mich wieder außgehoben / dessen sie alles Unglük lohnen müsse. Du frecher Teufel bist keiner Antwort wirdig sagte Ladisla / und wo du deine ruhmrätige Zunge nicht alsbald schweigen machest / sol sie dir aus dem Schandmaule gerissen werden. Weil er nun dieselbe nicht gerne verlieren wolte (dañ er wahr bedacht /deren hernåhst noch besser zugebrauchen) ließ er sich leicht stillen; und ward dem redlichen Agiß Urlaub erteilet zureden / und seines Herrn Entschuldigungen /wie wol ohn falsch und anderer unschuldigen Verleumdung vorzutragen; welcher also anfing: Ihr Großmåchtigste / unüberwindlichste Könige / Durchleuchtigste Fürsten / und ritterliche Helden; die allergifftigste Seuche / welche bey aller Könige und Fürsten Höfen ein durchgehendes ũbel ist / ich meine dieSchmeicheley / und ihre Tochter dieVerleumdung / hat auch den Pannonischen Königlichen Hoff nicht meiden wollen / sondern denselben so hefftig angestecket / daß kaum vier oder fũnf Rähte / samt etlichen anderen / wiewol wenigen Bedieneten davon frey bleiben m \gen / und die frey blieben sind / haben täglich unter dem Meuchel-Schwerte sich wagen und besorgen müssen. Die grossen Götter / welche uns billich gestraffet haben / ruffe ich zu Zeugen / daß mein König / euer Gefangener / diesen unbillichen und unseligen Zug nicht aus seinem freyen Willen und Getrieb vorgenommen / sondern durch unnachlässiges anhalten und begehren / meinäidiger Blutgieriger Rähte darzu angehetzet und fast gezwungen / nachdem er schon über anderthalb Jahr sich gewegert hat /ihnen Folge zuleisten; hätte auch noch diese Stunde nit eingewilliget / wann nicht dieser ruchlose / Tugend- und Ehr-vergessene Mensch / sein gewesener /(ja den Göttern sey Dank / gewesener) Stathalter und Feldmarschalk / der ungeheure Dropion / den grösten Teil der Königlichen Råhte und Beamten eingenommen und auff seine Seite gezogen hätte / so daß mein König und wenig andere wol folgen müssen / wolten sie nicht gar / als Verrähter des Vaterlandes / über Bort geworffen werden. Da stehet das Unglük unsers Königes und des algemeinen Pannonischen Reichs gegenwärtig / unter dreyen Brüdern der allergottloseste / der seiner Brüder Tod und Leibeigenschafft zurächẽ / keine Gelegenheit aus der acht gelassen ungeachtet sie ihres Frevels wolverdienten Lohn bekommen haben; aber es ist ihm leider dergestalt gelungen / daß ganz Pannonien mit samt ihrem Könige alles drüber haben eingebüsset. Wolte Gott / seine Mutter /das Gottlose Weib / hätte ihn im ersten Bade ersäuffet / oder in der Geburt erdrücket / so dürffte Pannonien heut nicht seuffzen / und den UnglüksNahmen Dropion verfluchen. Doch die Götter müssen ihn ja uns zur Straffe haben lassen groß werden / sonst währe unmöglich / daß er nicht vorlängst schon von der Erden verschlungen / oder vom Donner erschlagen währe /als welcher / da er noch nicht 16 Jahr alt gewesen /mit seines Vaters leiblicher Schwester / das Blut-schandlose Früchtchen den Bato / welcher unweit von ihm stehet / und sein an Untugend und Gesichte ganz ähnlicher Sohn ist / gezeuget; Ein Jahr nach seines Vaters Tode kam seine Mutter nider / und hat man festiglich gegläubet / kein Mensch als dieser [816] ihr Sohn trage schuld daran. Seine zwo leibliche Schwestern hat er hernach geschändet / da sie kaum manbar gewesen / und mit der ältesten eine Tochter gezeuget /mit welchem seinem eigenen Fleisch und Blute er nachgehends die allerverfluchteste Blutschande getrieben; daß ich anderer / mit Vieh und Menschen begangener Abscheuhligkeiten geschweige / die vor keusche Ohren nicht zubringen sind / wozu er doch diesen seinen Bato selbst angeführet und abgerichtet hat. O du hochmũhtiger Freveler / wie ist dir nun die Böhmische Kron bekommen / welche du dir so fest eingebildet hattest / und bey dieses unglüklichen Krieges Beredung sie von deinem Könige fodern durfftest / wiewol sie dir dazumahl / und biß gestern von unserm Könige ist gewegert worden. Zwar du hast dieselbe in etwas geschüttelt / und teuflischer weise in ihrem wirdigsten Könige beschimpffet / aber leider deinem Könige die seine gar vom Häupte geschlagen / dannoch aber / Gott Lob / deren keine auff deine Stirn bekommen / wiewol du nach beyden zugleich strebetest. O du Verderben deines Vaterlandes! O du Unehr alles Pannonischen Blutes! du stinkender schäbichter Hund! Dropion kunte vor Ungeduld und Rachgier långer nicht schweigen noch sich einzwingen / und sagte: O du Raben-Vieh / ist deine Zunge doch schärffer als die Schwerter aller meiner Feinde; zückete zugleich den linken Fuß / welcher ihm frey wahr /und stieß diesen Redener / daß er zurük prallete. Welcher Frevel unsern Königen so sehr zu herzen ging /daß er aüff Befehl von vier Bütteln dergestalt geprügelt ward / daß er als ein wilder Ochse brüllete / und als ein Erdwurm sich krümmete; Worauff Agis also fortfuhr: Ich wil es zu meiner Entschuldigung nicht sagen / daß allein ich und gegenwärtiger Mastyes /nebest wenig andern / unserm Könige diesen unseligen Zug wiederrahten haben; nur allein führe ichs zu dem Ende ein / daß Ihre Königl. Hocheiten sehen /wie mächtig dieser boßhaffte Mensch in unserm Vaterlande gewesen / daß er nicht allein aller übrigen Rähte Willen zu sich lenken / sondern auch seinen König zwingen können / sein begehren gut zuheissen. Niemand wird mirs leugnen / daß der Bluthund mich schon vor etlichen Jahren als einen LandVerrähter hat wollen hinrichten lassen / weil ich ůber Gerechtigkeit hielt / und hat bloß meines Königes mühselige Vorbitte mein Leben erhalten. Eben dieser / ja allein dieser ist des Galgen Angeber und Meister; Er hat ihn lassen zimmern und richten / daß Könige und Fürsten daran sterben solten / und hätte ihm jemand eingeredet / müste derselbe als ein Verrähter hingerichtet worden seyn / nachdem ers auch seinem eigenen Könige nicht vor gut halten kunte / daß derselbe bey der Auffrichtung zu ihm sagete: Feldmarschalk / Feldmarschalk / lasset uns gelinder und vorsichtiger gehen /man henket die Könige nicht so bald an Galgen; so haben wir sie auch noch nicht in unser Gewalt / und wann das Glük mit uns spielen wolte / als in der ersten Bestürmung dieses wolbefestigten Lagers / ja wann es uns gar in unser Feinde Hände liefern wolte (ach wie wahr hat unser König geweissaget!) wie würde es uns dann wegen dieses Vornehmens ergehen? Uberdas ist dieser Landverderber mit der allerunerhörtesten Verrähterey umgangen / seinen eigenen König auszuheben / und sich auff dessen Stuel zusetzen; dann Böhmen wahr seiner eingebildeten Hocheit viel zu enge. Dessen müssen mir zwölfe unter diesen Gefangenen Zeugniß geben / unter denen Pyrechmes /Pelegon / Bato / und der jüngere Pines die Redlensführer sind / die übrigen aber ich auch nahmhafftig machen wil; wird man diese auff der Folter befragen /[817] sollen sie schon ausbeichten / wie sie unsern König in der Schlacht haben wollen entleiben / dafern er vor FeindesSchwert solte erhalten werden; welches auch die einige Ursach gewesen ist / daß Mastyes nach dessen Erfahrung / aus eigener Bewägniß / uns den lezten Entsaz zugebracht / daß unsers lieben Königes schon verrahtenes Leben Schuz haben möchte; und werden jezt gemeldete zugleich außbeichten müssen / wie ihr vermeineter König Dropion die Ehrenämter und Landschafften schon unter ihnen außgeteilet / versprochẽ und verbriefet hat. So lasset nun / ihr Großmächtigsten Könige und Durchleuchtigste Fürsten / lasset dieses zur Entschuldigung meines Königes eures Gefangenen in so weit geltẽ / daß er nicht eigenwillig /sondern fast durch Zwang diesen unverantwortlichen Zug vorgenommen / und des Galgen Auffrichtung /dessen ich alle Götter zu Zeugen ruffe / in seinem Herzen nie gebillichet hat; und kan endlich meines Königes Blut durch ein anderes gelöset werden / so lasset das meine an seiner Stat vergiessen / ich wil mich glükselig preisen / wañ durch meinen Tod ich meinen lieben König beim Leben erhalten werde / wie ich schon in meiner Seele die allerhöchste Vergnügung befinde / daß mit zutuhn meines Freundes Mastyes ich durch Vorbitte bey dem Pannonischen KriegsHeer dem Himmel sey Dank / es dahin gebracht / daß dem Bluthunde Dropion sein Vorhaben hat müssen gebrochen / und nachgehends auch sein angestelleter Meuchelmord hintertrieben werden. Herkules wendete sich zu dem wol abgeprügelten Dropion / und sagete: Du bist viel ein heilloser Schelm als deine Brüder wahren / dann die stritten und strebeten noch vor ihres Königes Wolfahrt / welchen du gar hast stürzen wollen / daher wundert michs um so viel weniger / daß du mich und andere Könige und Fürsten so schändlich gehalten / und zum Galgen hast dürfen verdammen / welchen du aber noch vor eine Gnade und Endigung deiner Pein halten wirst / wann er dir wird können zuteil werden. Doch achtestu uns so wirdig / so laß hören / was vor eine Entschuldigung du habest / damit niemand spreche / du seist ungehöret und auff wüterisch verdammet / wie du gestern mit uns verfahren / und mir kein einiges Wort hast göñen wollẽ. Meine Entschuldigung / wird mir wenig helffẽ / antwortete er / da Freund und Feind zugleich auff mich einstürmen / und mein Kläger auch mein Richter ist. Uberdas befinde ich in mir einen recht-Königlichen Geist / welcher sich nie hat drücken könnẽ / sondern stets oben geschwummen ist /und ůber andere herschen wollen; wer würde mirs demnach verübeln / ob ich nach einem K \nigreiche getrachtet hätte? währe mirs gelungẽ / dann so håtte die ganze Welt gesaget; der tapffere ädle Dropion hat ihm recht getahn / seine Wirdigkeit erfoderte ein solches; nun es aber mißglücket ist / darf auch dieser unnütze Hund (auf Agis zeigend) mir ins Angesicht speiẽ. Jedoch es gehe nach der G \tterSchluß; Ich bin in meinem Gemůhte noch diese Stunde ein König /und wil nicht als mit Königlichen Gedanken sterben. O du elender Tropff / antwortete Herkules / meinestu /daß ein Königlicher Muht in der Herschafft-Sucht bestehe / und nicht viel mehr in dem / daß man sich selber zwingen / und die Begierde meistern kan? daher ist dein Sin noch sehr weit von einem Königlichen Muhte abgescheiden / und was du Königliche Gedanken nennest / sind nichts als RäubersGedanken /daher auch / weil du solche ins Werk zurichten / alle Mühe uñ Gottlosigkeit angewendet hast / du gewißlich nicht als ein König / aber wol als ein Dieb / ErzRäuber und wüterischer Beleidiger der Königlichen Hocheit sterben wirst / darumb [818] gedenke nur / wie du deinen Königlichen Stuel / welchen du selbst hast richten lassen / nach ausgestandener Pein / auffs zierlichste bekleidest. Herkules / ein gebohrner Großfürst und König / hat gut aus dem Tugend-Buche zuschwätzen / antwortete dieser freche Mensch / nachdem ihm ein Königreich angebohren ist / und wann gleich solches nicht währe / er wegen des vermeyneten Königlichen Blutes / leicht durch Heyraht darzu gelangen könte. Aber durch welche Tugend sol ich und ein ander meines gleichen zum Königreiche auffsteigen / da uns eine Königliche Seel eingegossen ist /und es uns nur an einem Vater-Könige gemangelt hat? Ich möchte wünschen / daß ich auch in der Gnadenzeit gelebet hätte / als der tapffere und großmühtige Herr Jurelio Merkwol das Königreich Dalmazien sein eigenes Vaterland unter seine gevolmächtigte Herschafft brachte; da er aus heuchlischem Schein zur Tugend und Liebe der Landsassen Freyheit / seinem zur Herschung unwirdigen Könige (wie ich ihn schätze) so lange nachtrachtete / biß er ihm den Kopff vom Rumpffe brachte / und durch gemehlichen Fuchstrit nach wunder-listiger Verschlagenheit / mitten unter seiner Feinde wůten gar auff den Oberstuel kam / welchen vor ihm kein König hatte erlangen können; da dann alle dieselben ohn Köpffe gehen / oder in der Lufft bammeln musten / welche der von ihm so teur versprochenen Freiheit Erwähnung tahten. Ja er ward zugleich allen umliegenden Königreichen eine Furcht und Schrecken / daß die Höchsten der Welt / wie neidisch sie ihm gleich im Herzen wahren / dannoch ihre Gesandschafften an ihn abgehen liessen / und ihm als einem irdischen Gott schmeichelten / so daß dieselben sich vor glükselig schätzeten / die seine Hulde erlangen / und vor seinem durchdringenden siegreichen Schwerte befreiet seyn kunten. Dazumahl wahr es gut / eine grosse Herschaft an sich zubringen; aber die Zeiten lauffen nunmehr zu selzam / und kan der gemeine Pöfel sein eigen bestes nicht erkennen; Und eben diß ist die Ursach / warumb ich und andere meines gleichen die Hocheit nicht erhalten mögen / die unserm Königlichẽ Geiste sonst von rechtswegen gebührete. Aber was muß ich doch hören? bin ich ein Dieb und Räuber / darumb daß ich mich nach meiner Wirdigkeit umsehe? Lieber was muß doch der Mazedonische Alexander gewesen seyn / als sein Geist viel zugroß wahr / in dem engen Winkel Griechenlandes zubleiben / und deßwegen der ganzen Welt Herschafft suchete? Dieser wird ja daher von allen tapferen Helden / ja auch in Büchern gerůhmet. Aber wann er vor diesem Gerichte seines verhaltens Rechenschafft geben solte / müste er ein Dieb und Räuber heissen. Und du Kajus Julius erster Käyser / wer hat dich doch zum einigen stetswehrenden Herscher zu Rom eingesetzet und erkohren? hats nicht deine eigene Faust getahn / als dein grosser Geist wallete / der nicht allein niemand über sich dulden / sondern auch keinen gleichẽ neben sich leiden kunte? noch wann du an meiner stelle dich befündest / müstestu ein Dieb und Räuber seyn / da man dir nicht allein den Tod / sondern alle ersinliche Pein dräuen / uñ den Galgen zur Erquickung anbieten würde. Aber O ihr ehmahlige Helden /möchte ich eines gleichmässigen Glückes mit euch geniessen / wie mir der Himmel eine gleichwirkende Seele und troz-bietende Krafft eingegossen hat /würde ausser allem Zweifel mir die Herschafft von des grossen Griechischen Herkules Seulen biß jenseit des Ganges eingeräumet seyn / da mich nun das neidische Unglük in diese enge Ketten eingefesselt / und vor deren Gerichte gezogen hat / denen ich vor wenig Stunden die Galgenstraffe auffgelegt hatte. [819] Die K \nigliche Geselschafft wolte sich an des Großsprechers Auffschneiderey nicht kehren / stelleten sich auch als höreten sie es nicht / und befahl Ladisla / daß alle Gefangene nach dem Stokhause geführet / und daselbst mit Wasser und Brod unterhalten würden / ihrer Ketten und Banden unbenommen / nur Hyppasus / Amythaon und Deon wurden mit ihrem Könige entbunden / und in einem absonderlichen ReuterZelte mit zimlicher Speise und Trank versehen / da man Mastyes und Agiß / nebest ihren gestrigen Schützern alle Freiheit gab / zureiten und gehen / wo sie wolten; welche aber bey ihrem Könige blieben / und ihm allen Verlauff /was nach seiner Gefängniß sich zugetragen hatte / erzähleten; woraus er unschwer abnam / daß Dropion durch Verdammung unserer Könige / allermeist nach seinem Häupte und Leben hingezielet hätte. Nach gehaltenem diesen ersten Gerichte / hielt Arbianes bey Markomir fleissig an / daß der tapffere Ritmeister mit der dicken Wolke im Schilde / der ihm sein Leben ganz ritterlich errettet / möchte herzu geladen werden / damit er ihm eine wirdige Dankbarkeit sehen liesse. Derselbe aber schickete an seine stat einen von seinen Reutern ab / mit gnugsamer Unterrichtung / wessen er sich verhalten solte; welcher dann vor der Königlichen Geselschafft erscheinend / sich auff beyde Knie nidersetzete / und also anfing: Großmächtigste Unüberwindliche Könige / auch Durchleuchtigste Fürsten; auff allergnädigstes erfodern hätte mein Rittermeister sich in alleruntertähnigstem Gehorsam gerne eingestellet / wann nicht seine Unwirdigkeit und ehmaliges grobes Verbrechen ihn davon abschreckete /wiewol er ausdrüklich zu dem Ende sich in des Durchleuchtigsten GroßFürsten Herrn Markomirs Kriegsdienste mit seiner von ihm selbst geworbenen ReuterSchaar begeben hat / sich zubemühen / ob der gütige Himmel ihm einige Gelegenheit an die Hand geben wolte / wodurch er Gnade und Vergebung seiner schweren Sünde erhalten könte; da ihm dann das Glük so günstig erschienen ist / daß dem Durchleuchtigsten Medischen Großfürsten er nach seinem geringen Vermögen hat können auffwärtig seyn / auch von dessen Durchl. hohe Fürstliche Zusage seines begangenen übels erlanget / welche vor andern höchlich beleidiget zuhaben / er sich nicht ohn beissende herzens Reue erinnert; dafern nun die übrige Königl. und HochFürstliche Geselschafft / insonderheit die abwesende Durchl. GroßFürstin Fr. Klara / ihm gleichmässige allergnädigste Vergebung erteilen könten / wird er mein Ritmeister mit höchster Vergnügung von hinnen reiten / nachdem er sich selbst vor ganz unwirdig schätzet / vor eure Königl. Hochheiten und HochFürstl. Durchleuchtigkeiten zu erscheinen / verbindet sich auch in allertieffester Demuht / die ganze Zeit seines lebens zu seyn und biß in den Tod zuverbleiben / deroselben alleruntertähnigster gehorsamster Knecht Reichard der büssende. Unsern Helden fiel alsbald bey nennung des Nahmens ein / wehr er wahr / verwunderten sich seines redlichen vornehmens die ehmahlige Boßheit zu büssen / hiessen den abgeschikten Reuter einen Abtrit nehmen / und beredeten sich miteinander kürzlich; bald muste der Reuter wieder vor treten / und gab Arbianes ihm diese Antwort: Reitet hin mein Freund / und saget eurem Ritmeister Reicharden / daß seine heutige mir geleistete Rettung und getråue Dienste / sein ehmahliges Verbrechen weit überwogen haben / daher nicht allein diese ganze König- und HochFürstliche Geselschaft ihm gnädigst gewogen ist / sondern ich ihm auch meines lieben Gemahls völlige Vergebung und Fürstliche Hulde zuwege bringen wil; daß er aber [820] nicht davon zihe / sondern / wo seine Wunden / die er umb meinetwillen empfangen / es zugeben können / er alsbald mit seiner Geschwade sich alhie einstelle / damit ich ihn meiner Gnade und Gewogenheit gnugsam versichern möge. Dieser bedankete sich alleruntertähnigst in seines RitmeistersNahmen / und brachte dem ängstig harrenden Reichard diese gewünschete Zeitung; welcher bey nahe vor freuden vom Pferde in Ohmacht gesunken währe; ergriff sich doch bald wieder / foderte seine Mannschaft / die noch in 50 Köpfen bestund (dañ 30 hatte er bey Arbianes Erlösung eingebüsset / und wahren die übrigen biß auff sechse alle verwundet) zusammen / und ritte mit ihnen ohn alle Waffen / (nur daß er seinen kenlichen Schild mit sich nam) nach der Königl. Geselschaft / ließ seine Leute auff 100 Schrit davon stille halten / stieg daselbst ab vom Pferde /und ging gar allein tieff gebũcket hin / taht vor den Königen einen demůhtigen Fußfal / und ob er ihm gleich vorgenommen hatte / sich fest zu halten / fing er doch an zu seufzen / und seine Bußträhnen so häuffigzuvergiessen / daß er kein einzig Wort hervor bringen kunte. Die ganze Geselschaft trug grosses Mitleiden mit ihm / dann sie sahen vor Augen / daß seine Sũnde ihm sehr leid wahr / deswegen redete Herkules ihn also an: Mein Freund Reichard; ihr habet vor dißmahl in der Taht sehen lassen / daß eure Seele ehmahl von den unbendigen Begierden zwar hat können angesprenget und verleitet / aber nicht gänzlich überwunden werden / gleich wie ein hoher Baum von einem heftigen Windsturm wol zimlich gebeuget / und doch nicht gar abgebrochen wird / sondern sich bald wieder gleich richtet. Mein Bruder Fürst Arbianes scheuhet sich nicht / euch vor seines lebens Erretter zu halten und öffentlich zu rühmen / darumb sollet ihr eures Herzen empfindnis wegen des geschehenen / ablegen /und euch versichern / daß ihr von nun an / an uns allen ingemein / und an einem jeden insonderheit /ganz gnädige und gewogene Herren haben werdet /nicht anders / ob hättet ihr die ganze Zeit eures lebens auff der heutigen Tugend-bahn zugebracht. So stehet nun auff / und haltet euch nicht mehr vor einen Verbrecher / der sich vor der Straffe fürchtet / sondern vor einen wolverdienten / der grosse vergeltungen zugewarten hat; ich vor mein Häupt erbiete mich / daß ich euch in meine beharliche Dienste auffnehmen /und mit einem wirdigen Amte versehen wil. Ihr habt euch unter meiner Auführung wol gehalten / sagte Ladisla weiter zu ihm / des solt ihr bey der Beute austeilung zu geniessen haben / und verbleibe ich euch mit beharlichen Gnaden gewogen. Arbianes empfand eine grosse Zuneigung gegen diesen Menschen in seinem Herzen / welche sehen zu lassen / er zu ihm trat / hies ihn freundlich von der Erden aufstehen / boht ihm die Hand / welche er mit grosser Ehrerbietung küssete /und sagete zu ihm: Was vor eine Träue ihr heut an mir / mit äusserster Gefahr eures lebens / erwiesen /und mich abgematteten von des FeindesSchwert loßgemacht / müste ich sehr unempfindlich seyn / wann ichs in vergeß stellen / und zuvergelten mich nicht bemühen würde. Eur voriges euch zuvergeben ist uñöhtig / weil es schon längst vergessen ist / daher sollet ihr alle Gedächtnis des ergangenen bey seit setzen / als währe es nicht geschehen / und euch schicken solche Vergeltung zu empfahen / wie ihrs verdienet / und mirs zu leisten anstehet. Reichard erhohlete sich inzwischen / und zeigete kürzlich an / was gestalt er seine empfangene Gnadengelder zur ausrustung seiner Reuter angewendet / und willens gewesen einen Zug in fremde Lande zu tuhn / hätte des Franken Königes Werbung erfahren / und daß dessen Hocheit dem Bömischen Könige eine ansehnliche [821] Hülffe wieder die Pannonier zuschicken wolte / daher er sich in dessen Dienste begeben / und diese seine höchstgewünschete Glükseligkeit erlanget hätte / welche hiedurch volkommen gemacht währe / daß König Herkules ihm gnädigste Bestallung angebohten / in dessen Diensten er zu leben und sterben begehrete. Derselbe nun schlug ihn alsbald zum Ritter / und als die grosse gemeine Feldbeute geteilet ward / bekam er vor sein Häupt 30000 Kronen an Baarschaft und Geschmeide /darzu 24 statlich geputzete Reitpferde / drey Pakwagen mit 18 Pferden und eine Gutsche mit sechs Pferden / von der LagerBeute aber / welche der Königlichen Geselschaft vorbehalten ward / wendete ihm Arbianes 20000 Kronẽ und die andern Könige und Fürsten ingesamt auch so viel zu; da seine 50 Reuter ingesamt zwo Tonnen Goldes / gleich unter sich zu teilen / bekahmen / welche Arbianes alle in bestallung nam / und Reicharden 12 Teutsche Reuter zugab /welche mit ihm nach seiner Heimaht alsbald fortzihen solten / umb seine Gelder und Sachen dahin zubringen / er aber solte mit seiner Eheliebsten sich bald wieder einstellen / und erwarten / was vor absonderliche Gnade ihm daselbst begegnen würde. Er kam diesem Befehl willig nach / da er Südmeier den ehmahligen Gutscher loßbaht / welcher / weil er sich kund gegeben hatte / über 10000 Kronen wert bekam / nebest viel Pferden und anderen Sachen / die er seinem lieben Weibe und ihren armen Eltern mit übernehmen /und sich in Herkules Dienste wieder einstellen wolte. Das übrige dieses Tages brachte die Königliche Geselschaft in aller ergezligkeit zu / da beydes Herkules und Valiska sich über der Vergnügung hoch verwunderten / welche Markomir an den Tag legete / darumb dar er von ihnen so gar freundlich gehalten ward / wie sie dann beyderseits ihn in ihre brüder- und schwesterliche vertrauliche Freundschaft aufnahmen / dessen er sich selbst vor unwirdig schätzete; und wuchs diese Vertrauligkeit von Tage zu Tage / weil er sich so züchtig gegen Valisken bezeigete / daß leibliche Brüder und Schwester nie heiliger mit einander gelebet haben. Des folgenden Morgens musten alle Gefangene mit ihrem Könige (der mit einer zimlichen Kette wieder beleget ward) abermahl vor Gerichte erscheinen / da Dropion ohn gebehtenen Urlaub alsbald diese verwågene Rede anfing: Wañ das Glük mit mir nach meinem Verdienste verfahren wolte / müste ich trauẽ nicht gefesselt und umbkettet als ein Ubeltähter vor diesem Gerichte stehen / sondern die vorgestriges Tages abgefassete Urtel / wegen des übergeschikten schäbichten Hundes an meinen Gefangenen / nunmehr sitzenden Richtern gebũhrlich volstrecken. Meine tapfere Tahten sind grösser / als daß sie mit der Feder können beschrieben werden. Wann ich meiner Fäuste mächtig bin / mus vor mir stürzen was ich mit meinem Säbel berühre / und mus anjetzo mich von denen rechtfertigen lassen / denen so zu reden der Diebsstrik schon umb den Hals geleget wahr. O du verfluchte verhängnis / hastu den tapferen Dropion zum Schauspiel der jungen Knaben / die in Königlichem Pracht sitzen / an diesen Ort hergestellet? Er wolte fortfahren in seinem schänden / unter der Hoffnung / die unsern zu reizen / daß sie ihm aus Eifer einen schleunigen Tod anlegeten / wie dann Ladisla sich schier übersehen hätte; aber Herkules redete ihm ein / und sagete nachgehends zu Dropion; Ey du gottloser Bube / solte man deinen Stolz und Ubermuht dann so gar nicht vertreiben können? dein Bruder Pines machte es nicht viel besser / aber ich fand ein mittel zu seiner Zähmung / welches ich an dir auch werde versuchen müssen; befahl darauff / daß man ihm dis Kleider gar vom Leibe [822] reissen / ihn an eine Galgenseule binden / und am Hinterleibe mit scharffen Ruhten von den Fußsolen biß ans Häupt streichen muste / daß keine ganze stelle an ihm übrig blieb; da er anfangs mit schelten und lästern fortfuhr / aber endlich durch schmerzen überwunden / ein schrekliches Geschrey trieb / auch mit den angebundenen Händen und Füssen solche Arbeit taht / daß er die Galgenseule schier loßgerissen hätte; endlich ward er geschmieret / wieder abgelöset /und allein hingestellet / da er ansehen und hören muste / was vor eine Urtel man seinen Gesellen fellete; massen alsbald Pyrechmes vorgefodert ward / welchen Herkules also anredete: Du frecher Bube / erinnerstu dich auch noch deiner gestrigen Bosheit / da du die Galgen Urtel über uns sprachest / uns vor Hunde und verlauffene ausscholtest / und bey dräuung / daß mir die Zunge solte aus dem Halse gerissen werden /mir keine verantwortung gönnetest; ja auch noch auff meinen kråftigen und gütigen Gott hönisch reden durftest? Wer hat jemahls erfahren / daß einiger Mensch deines gleichen / sich eines so verwägenen Trotzes solte gebrauchet haben? aber sihestu nun schier / daß du damahl selbst dein Wahrsager gewesen bist / mein Gott würde dich und deine Geselschaft an unsere Stelle an den Galgen bringen? Dieser Boshafte bedachte sich ein wenig / was er antworten solte / biß Dropion ihm zurieff; laß den Muht nicht sinken /du mein geträuer Freund / damit unsere Feinde nicht rühmen / sie haben unserer Tapferkeit angewonnen. Durch welche Auffmunterung dieser ohndas verwägene Mensch gleichsam wieder sich selbst wütend ward / daß er in diese Worte loßbrach: Was ich gestern geredet und getahn habe / gereuet mich so gar nicht / dz ichs noch tuhn wolte / wans nur in meiner Macht stünde / ob ihr Hunde mich gleich darůber zureissen würdet. Dir frechen Schelm mus der wolverdiente Lohn werden / gab ihm Herkules zur Antwort / ließ ihn eben wie zuvor den Dropion mit Ruhten streichen / wobey er ein schändliches Låstern / Fluchen und Geschrey trieb. Pelegon ward nach ihm vor Gericht gestellet / und von Herkules also zu Rede gesetzet: Du Gottloses Schandmaul wirst dich erinnern / wie höhnisch du mich bey dem gestrigen unbefugeten Gerichte angetastet / und mir nicht eins Zeit zum Gebeht gönnen wollen / daneben es vor unmöglich hieltest /daß der Gott / welcher Zeit seiner ernidrigung umb unser Sůnde willen sich hat lassen aus Kreuz henken /mich und andere unschuldigen von dem Strange befreien könte; nun aber sihestu wie mächtig derselbe sey / und wie er dich mit deines gleichẽ andern Buben zur wolverdieneten Straffe fodert. Du hast gut trotzen / antwortete dieser / aber währen meine Fäuste so wol frey als die deinen / würde der Ausschlag es bald geben / wer eines andern Richter zu seyn das beste Recht hätte / nun aber mus ich wol schweigen und mich drücken / wil ich sonst der Henkersruhten geübriget seyn. Bato / Dropions Sohn / ward auch zu rede gestellet / warumb er vor andern sich bemühet hätte diese unschuldige Könige und Fürsten durch Meuchelmörder hinzurichten; dann eben dieser hatte solches zu vollenden über sich genommen; welches er auch nicht verleugnen wolte / sondern dich Antwort gab: Ob ich meinem lieben Vater in verfolgung seiner Ertzfeinde gehorsam geleistet habe / ist nicht zuverwundern / dann die eingegossene Pflicht erfodert solches von mir / und Odaß mir nur mein Anschlag hätte mögen gelingen / so hätte ich nicht dürffen mit meinen blutigen Augen ansehen / daß der treflichste Held unter allen Pannoniern / mein Herr Vater Dropion mit Henkersruhten ist gegeisselt worden; welches die hellischen Götter [823] allen denen vergelten werden / die es angeordnet haben. Ich sehe wol / sagte Herkules / daß du in Blutschande gezeugeter Bube es nicht besser als dein Vater haben wilt / sonst würdestu deinen Fluch gesparet haben. Muste also auch dieser des Henkers Streiche unter grossen Schmerzen ausstehen / wobey er sich sehr frech bezeigete. Der jůngere Pines / des ältern unehelicher Sohn gar ein verwägener Bube /muste nach diesem vor treten / welcher dann zu seiner entschuldigung vorbrachte; er währe gehalten gewesen seines lieben tapferen Vaters Schande und Leibeigenschaft nach vermögen zu eifern / deswegen er seines vorhabens nicht um verzeihung bitten dürfte /sondern erwartete mit standhaftem Gemühte des Todes / welchen er seinen Feinden lieber håtte mitteilen / als dessen von ihnen gewärtig seyn wollen. Ja daran zweifelt unser keiner / antwortete Herkules; ließ die übrigen acht sonderlich Gefangene auch herführen / und gab ihnen Freyheit / ihre entschuldigung vorzubringen / da sie einige hätten; aber sie wahren erstarret / und wusten nichts anzuzeigen / als daß Dropion durch grosse Verheissungen sie gar auff seine Seite gezogen / und verleitet hätte / daß an ihrem Könige sie träuloß worden währen. Worauff König Mnata mit allẽ gefangenen Obersten deren ausser den jeztgedachten noch 135 wahren / und den gefangenen 1300 Håuptleuten / abermahl vorgestellet ward / umb anzuhören / was vor eine Urtel ihm und den andern solte auffgeleget werden. Leches muste solche mündlich vortragen / welcher dann anfangs dem Pannonischen Könige es auff befehl gar verweißlich vorhielt /daß er ein solches grausames Landverderben ohn alle gegebene Ursach angerichtet / nebest schimpflichen Verweiß / daß er dem Dropion so viel Macht und Muhtwillen über sein Reich uñ über sich selbst eingeräumet / und zum Sklaven seines Knechtes sich gemacht hätte; hernach lase er ihm diese Urtel vor; Ob zwar der Pañonische König Mnata / darumb daß er ohn Ursach uñ unmabgesaget das Königreich Böhmen überfallen / Stådte uñ Dörffer verheret und eingeäschert / Vieh uñ Menschen und andere bewågliche Güter geraubet / Acker / Garten uñ Hölzungen verwüstet / die Könige höchst beschimpfet / und zur auffopferung etlicher hundert tausend unschuldiger Seelen Ursach gegebẽ / sein Königreich / Ehr und Leben wol verwirket hätte / so solte ihm doch aus angebohrner Königlicher Barmherzigkeit uñ sonderlicher milden Güte solches geschenket seyn / dafern er folgende bedingungen ohn alle einrede uñ wegerung eingehen /uñ erster mögligkeit nach / redlich uñ aufrichtig erfüllẽ würde.Als Erstlich solte er mit einem bemühtigen Fußfalle wegen des unabgesageten Einfalles / Landesverwüstung und auffgerichteten Galgen eine öffentliche Abbitte tuhn. II. Eine halbe Stunde im Pfluge eingespannet stehen. III. Eines gefelleten fruchtbaren Baumes Blok /eines Zentners schwer / hundert und zwanzig Schritte auff seiner Schuldern hin und her tragen. IV. Alle Gefangene und Leibeigene Teutschen und Böhmen / (auch /dafern Franken / Schweden / Dähnen / Friesen und Wenden darinnen seyn würden) samt deren Weibern und Kindern durch sein ganzes Königreich / ohn Entgelt und arge List frey und ledig machen / mit der Verwahrung / dafern einiger zurük gehalten würde / solte alles übrige als ungeleistet gerechnet / oder nach wilkühr sehr hart gestraffet werden. V. Die vornehmsten gefangenen Römer und Italiäner / biß an 10000 Mann / mit Weib und Kind / ohn entgelt auff freien Fuß stellen / daß sie zu Prag erscheinen. VI. Dem Bömischen Könige und seinen Nachkommen zu ewigen zeiten ein Stük seines Königreichs / so breit es an Böhmen grenzet / acht Teutsche Meilen lang einräumen / damit nach belieben / als mit seinem Eigentuhm und Erbe zuschalten. VII. Vor des besameten Landes verderbung 30 Tonnen Goldes / zween teile an Baarschaft / und [824] einen Teil an allerhand Getreidig erlegen und einliefern. IIX. Alles aus Böhmen higweg getriebeut Vieh / als Pferde / Esel / Ochsen / Kühe / Rinder / Schaffe /und Schweine (deren Anzahl die beraubeten einbringen solten) wiederstellen / oder davor ohn zugelegete Rechnung 40 Tonnen Goldes entrichten. IX. Alle Zimmerleute / Bauleute und Tischer seines Königreichs herzu fodern /nebest 15000 Frohndiensten / welche auff Pannonische Kosten die abgebranten Städte / Flecken und Dörffer /auch einstendige adeliche Sitze auffbauen. X. Vor jeden verderbeten fruchtbahren Baum zwo Kronen oder ungezählet davor 20 Tonnen Goldes auszählen. XI Vor die grausame Nidermatzung der Besatzung und Einwohner der dreien Grenzfestungen fünff Tonnen Goldes erlegen. XII Vor jeden verwundeten des Böhmischen und Teutschen Kriegsheers / von der ganzen Zeit des Kriegs her gerechnet / acht Kronen / oder im gemeinen anschlage vier Tonnen Goldes. XIII. Vor jeden im Streit und Sturm erschlagenen 50 Kronen / oder ohn zugelegte Rechnung 42 Tonnen Goldes. XIV. Dem annoch übrigen Bömischen und Teutschen Heer drey Monat Gold / oder davor 35 Tonnen Goldes liefern. XV. Alle Festungen seines Königreichs anderthalb Meilen von den neu ewähneten Grenzen / so eingeräumet werden sollen / belegen / abbrechen. XVI. Vor seine erledigung 30 Tonnen Goldes einschaffen. XVII. Die Güter aller Obersten / welche gleich jezt zum Tode würden verurteilet werden / dem Bömischen Könige geträulich ausfolgen. XIIX. Vor jeden im ganzen Kriege erschlagenen Pannonier / drey Kronen / oder ingesamt eilf Tonnen Goldes erlegen. XIX. In wirklicher Haft verbleiben / biß alles obgedachte völlig geleistet währe. Und dann XX. solte er ein Jahr und alle Jahr / 50 Jahrlang / dem Reiche Böhmen 300000 Kronen baar; 4000 Satteldüchtige Reitpferde; 2000 Wagenpferde; 3000 Ochsen / 5000 Kühe / 18000 Schaffe / und 9000 Häuptschweine auff seine Kostẽ biß drey Meilen über die Bömischen Grenzen liefern / und zwar auff eben den Tag / an welchem sein Kriegsheer den ersten Einfal in Böhmen getahn hatte. Diß wahr die Urtel über den König / welche er schrifftlich begehrete / sie desto besser einzunehmen. Darauff folgete der Straff-Spruch ůber Dropion also: Der Feind aller Ehr und Tugend Dropion / darum daß er so gar keine Demuht erzeigen wollen / sondern in seiner teuflischen Schåndung verharrete / solte anfangs als ein Meinäidiger seiner beiden vördersten Finger an der rechten Hand beraubet; II. als ein Mörder / Mordbrenner und LandVerderber lebendig gespiesset / III mit glüenden Zangen an sechs Orten seines Leibes gezwakt / IV mit einer glůenden eisern Krohn gekrönet / V endlich an den von ihm selbst auffgerichteten Galgen / als ein ander Haman auffgehenket; und VI alle seine bewägliche Güter Könige Ladisla eingeliefert werden. Sein gotloser boßhaffter Richter und Worthalter Pyrechmes solte gleiche Straffe / doch die erste und vierde außgenommen / außstehen. Pelegon der GöttesLåsterer solte / wie dieser /hingerichtet werden. Bato und Pines solten jeder zweymahl mit glüenden Zangen angegriffen / an allen ihren Gliedern von unten auff mit dem Rade zustossen / und endlich nebest den andern an den Galgen geknüpffet werden. Die übrigen acht boßhaffte Obersten solten als schändliche Mordbreñer lebendig verbrennet werden. Die sämtliche gefangene Pannonische Obersten 135 an der Zahl müsten eben diese Straffe über sich nehmen / es wåhre dann daß vor Abwendung solcher Straffe jedweder 50000 Kronen erlegen /und die ewige Leibeigenschafft antreten wolte / da die Haabseligere den unverm \genden mit ihrem Uberflusse solten zu Hülffe kommen; doch solten sie zuvor in vierwöchiger Haft verbleiben / und alle Tage acht Stunden im Pfluge zihen / daß sie den Acker verwůstet / und die fruchtbahren Bäume gefellet håtten; und solten den vierwöchigen Unterhalt ingesamt mit 150000 Kronen bezahlen / dieses Lösegeld der Obersten [825] machte 67 Tonnen Goldes 50000 Kronen. Die 1300 gefangene Hauptleute währen zu gleicher Feuers-Straffe verdammet / dafern nicht ein jeder 9000 Kronen vor sein Leben bezahlen / und gleich den Obersten sich in willige Leibeigenschafft geben würde / müsten sonst gleiche Straffe des Pfluges über sich nehmen / und vor den vierwöchigen Unterhalt eine Tonne Goldes erlegen. Ihre Lösegelder trugen 117 Tonnen Goldes aus. Die anderen Befehlichshaber und gemeinen Knechte / 68000 stark / solten sich von der Straffe des Feuers durch die Bank hin / jeder mit 40 Kronen lösen / da die Reichen den Armen solten zu steur kommen / uñ müsten dañoch zur ewigen Knechtschafft behalten seyn; machte ihr Löse- oder Feur-Geld 26 Tonnen-Goldes 20000 Kronen. Nach verlesenem Urtel hörete man einen unsåglichen Jammer bey den Pannonischen Völkern / weil sie ihnen grösten Teils Hoffnung zur Freyheit gemacht hatten; die zum schmählichen Tode verda ete aber stelleten sich ganz rasend / weil sie vor den bevorstehenden Schmerzen sich hefftig entsetzeten / und doch über ihr hochmuhtiges Herz nit bringen kunten / daß sie um Gnade hätten angehalten. Nachgehend wurden Agiß und Mastyes nebest den gestrigen Schuzhaltern vorgefodert / wegen ihrer Redligkeit gerühmet / vor frey und Freunde der Teutschen und Böhmischen Könige erkläret / und den beiden ehrlichen Männern Dropions liegende Gründe und Güter erblich geschenket / den übrigen aber 200000 Kronen außgeteilet. Hyppasus /Amythaon und Deon wurden auch ihrer Hafft erlassen uñ aller Straffe / auch stellete man ihnen (wie auch den vorgedachten) alles unverrücket wieder zu / was sie im Lager hatten. Die Volstreckung der Urtel ward bald darauff vor geno en / welche die Pannonischen Henker mit musten verrichten helffen / insonderheit die / so des vorigen Tages / unsere Fürsten zuhenken bestellet wahren. Das Gerichte nam den Anfang von den acht zum Feur verurteileten Obersten / unter denen ihrer drey noch gar spät umb Gnade anhielten /daher wurden sie an den Galgen auffgeknüpffet / und die fünf übrige mit ihren schweren Ketten lebendig ins Feur geworffen / da sie ein grausames Gebrülle trieben / ehe sie die Seele außbliesen. Bato und Pines musten diesen allernähest folgen / hielten den ersten Zangen Zwak an der rechten Brust stilschweigend aus / aber bey dem andern an der linken Brust schriehen sie ganz erbärmlich / und gerieten darauff in Ohmacht / wurden doch wieder erquicket / und befrag er / ob ihr Verbrechen ihnen schier leid währe. Worauff sie sich bezeigeten / als höreten sie es nicht. Bey Zerstossung ihrer Arme und Beine schriehen und brülleten sie viel erschreklicher / da sie den Tag ihrer Geburt verflucheten / biß ihnen endlich das Genik abgestossen ward / und alsbald an den Galgen geknüpffet wurden. Dropion betrieb Zeit ihres Leiden ein solches fluchen und lästern / daß der Himmel sich davor hätte entsetzen mögen / biß man ihm einen Knebel ins Maul legete / da muste er schweigen. Pelegon und Pyrechmes zitterten und zageten / als man ihnen die Kleider abzog / und sie hin zu den spitzigen Pfälen führete / da sie anfingen Dropion und seinen teuflischen Hochmuht zuverfluchen / welcher nicht weit von ihnen stund / und man ihn das Maul wieder loß machete / um zuvernehmen / wessen er sich darauff verhalten würde; welcher sie also anredete; ihr lieben Spießgesellen (also mag ich euch nunmehr recht nennen) Lieber scheltet euren Freund nicht aus / dem euer bevorstehendes Leiden eben so hefftig schwerzet als sein eigenes; es wird der Schmerzen nicht lange an halten / wr aber wollen als tapffere unverzagte Helden [826] sterben. Aber dieser Trost wolte wenig fruchten / nur daß sie gleichwol auffhöreten ihn zuschelten. Als sie an die Spiesse gezogen wurden / ging ihnen die Spitze zur rechten Schulder heraus / und blieben an ihrem Eingeweide fast unversehret / daher sie biß in die vierzehnde Stunde unaussprechlichen Jammer trieben / und solche Gottes Låsterungen außspihen / daß die unsern es nit anhören kunten / endlich da man sie mit glůenden Zangen angriff / nahm die gotlose Seele Abscheid vom Leibe. Eine halbe Stunde muste Dropion bey ihnen stehen / und ihre Angst ansehen / wie auch König Mnata selbst / welcher sich des bittern und mitleidigen weinens nicht enthalten kunte / wie Ungetråu ihm gleich diese Buben gewest wahren. Dropion aber redete ihn also an: Höre mich König Mnata / du bist unter meiner Stathalterschafft ein Herr / und ein Schrecken deiner Feinde gewesen / und nun bistu ein Sklave und Hohn der Teutschen und Böhmen. Sihe mich / und diese teils schon Verschiedene /teils noch Leidende unvergleichliche Pannonier an; wie tapffer stehet es / in seiner Freyheit sterben / und wähle lieber mit uns einen rühmlichen Tod / als deiner Königl. Hocheit und des ganzen Pannonischen Reichs unvergängliche Schande. Aber Mnata gab ihm zur Antwort: O du Schande und Verderben meines Königreichs! hätte ich dich auff solche weise durch alle Pein hinrichten lassen / als du mich zu diesem Kriege verleitetest / dann håtte ich dir dein Recht getahn / uñ einem grossen Unheil löblich vorgebauet. Nennestu aber dieses einen tapfferen Tod / wann du umb deiner Missetaht willen gespiesset und mit glůenden Zangen zurissen wirst / da du als ein Mörder und Mordbrenner / der du bist / stirbest / mustu dir wol eine elende Tapfferkeit in deinem Gehirn abgerissen haben. Würde ich nun ein Sklave der Teutschen und Böhmen seyn / hätte ichs niemand als dir Buben zudanken; jedoch hoffe ich mich dergestalt gegen diese höchstlöbliche Könige zu verhalten / daß sie mit mir und dem Pannonischen Reiche den schweresten Stein nicht heben werden / wie sie dann schon in den begehreten Stücken mich noch haben lassen einen reichen gewaltigen Herrn bleiben / mehr als ich gehoffet. Und zwar hieran redete er die Warheit / dann ob er gleich einen guten Teil seines Schatzes hergeben / und ein Stük Landes abtreten muste / wahr doch seine Kammer so reich / und seine Herschafft so weitlåufftig / daß er dieses Abganges wenig achtete. Dropion wolte ihm antworten / aber die unsern / welche an Königes Mnata Reden ein gutes genügen hatten / liessen den Henkern befehlen / mit Dropion zur Straffe zuschreiten / darüber ihm die Haut am ganzen Leibe schauerte / und er zu den Gespiesseten sagete: Jezt meine Brüder / werde ich euch gleich werden / aber redet mir doch ein / wann des Fleisches Leiden mich zur unzimlichen Wehmuht verführen wolte. Diese aber wusten vor grosser Angst ihm nicht zuantworten. Bey Abhauung der beydẽ Finger stellete er sich / als empfünde er solches nicht; und als er auf dẽ Pfahl gesetzet ward / drũckete er selber nach / unter der Hoffnung / es solte ihm die Spitze durchs Herz oder sonst durch ein lebend-führendes Eingeweide gehen / aber es geriet nach der Rechten zu / daß ihm das Eisen hinter der Schulder ausging. Als er nun also saß / und keine Todesangst empfand / winselte er zwar anfangs ein wenig / und sagte zu den Henkern: O ihr Schelmen / wie unredlich spiesset ihr mich; fing aber bald an / unsere Helden so erschreklich zulästern / und wider den Himmel selbst die gräulichsten Flüche auszuschütten / daß die anwesende sich darüber entsetzeten. Die glůende Kron ward ihm auffgesetzet / jedoch daß ihm das Häupt [827] nicht sonderlich verfehret ward /damit er desto länger zur Pein behalten würde. Man ließ ihn immerhin zappeln / und gingen die unsern davon / Speise zunehmen / ward auch befohlen / daß er mit den glüenden Zangen nicht gezwakt wůrde /biß sie sich wieder einstelleten / wo sonst seines Lebens so lange seyn würde; da er dann nebest Pyrechmes und Pelegon einen solchen Jammer betrieb / daß nicht auszusprechen wahr. Neklam vermahnete sie /umb Gnade und umb einen schleunigen Tod anzuhalten / aber sie wahren zuverstokt / und woltẽ durchaus nicht / daher sie biß gegen den späten Abend in solcher Pein verblieben / weil man sie mit Wein und kräfftigen Sachen labete. Endlich als unsere Helden wiederkahmen / wurden Pyrechmes und Pelegon zuerst mit den Zangen angegriffen / da dieser unter dem andern / jener unter dem dritten Zwak verschiede /und biß an ihr Ende zulästern und schänden nicht auffhöreten. Dropion empfand den Tod noch so nahe nicht / enthielt sich von allem Geschrey / so daß er den ersten Angriff mit der Zange geduldig erlitte; bey dem andern seuffzete er; bey dem dritten geriet er in harte Ohmacht / und nach geschehener Erquickung /da er zum vierten mahle solte angetastet werden / rief er mit erschreklicher Stimme: Ihr feurigen Teufel /Herkules und Ladisla / habt ihr nicht schier genug die Augen an unserm Jammer geweidet? fing darauff wegen des vierten Zwaks so hefftig an zubrüllen / als ob er besessen währe Der fůnffte und sechste angriff erfolgeten bald darauf / worunter er auch das Leben ließ; und ward mit seinen beiden Gesellen an den Galgen zu den andern hin gehenket. Mnata muste nochmahl alles ansehen / und nach Vollendung sich gerichtlich erklären / ob er die vorgeschlagenen Posten willig eingehen / oder der Todesstraffe wolte gewärtig seyn; da er ohn einiges wegern alles einwilligte / den Fußfal alsbald verrichtete / und bey demselben umb Gnade und Vergebung anhielt / nebest dem Erbieten /das ůbrige gleicher gestalt gerne zuleisten / als viel in seinem Vermögen währe / nur daß vor geschehener Beredung mit seinen Landständen er den 4 / 5 / 6 / 9 /15 / und 20 Saz nicht zuversichern wüste / es währe dann / daß König Ladisla alsbald ein starkes Heer fort schicken / und seine Leute durch harte Dräuungen in Furcht setzen wolte / hoffete er die Volstreckung bald zuleistẽ. Die unsern sahen aus seinem Vorschlage /seine Reue und Gutwilligkeit / gaben Fürst Olaff als Obersten FeldHerrn 60000 Reuter / welche Leches /Klodius / Neda / Markus und Prinsla fůhren solten; nahmen Königes Mnata Geträue / den Agiß / Hyppasus und Amythaon (Mastyes und Deon blieben bey dem Könige) mit sich / und gingen mit gnugsamer schrifftlichen Volmacht fort / da Mnata seinen Stånden zuwissen taht / in was Unglük Dropion und dessen Anhang ihn gestůrzet / und das ganze Vaterland krafftloß gemachet hätte / welches sie wol beherzigen / und die begehreten Anfoderungen einwilligen möchten / nicht allein / daß er erlöset und auff freyen Fuß gestellet / sondern auch das ganze Königreich vor algemeiner Verwüstung bewahret würde. Olaff ging mit seinem Heer freudig fort / fand aber die Pannonischen Grenzen mit starker Manschafft besetzet / die sich ůber der unsern Ankunfft ganz verzweifelte Gedanken macheten / nicht anders wähnend / es wůrde ihr Königreich zur Wüsteney gemacht / und in Grund geschleiffet werden; dann die 500 flüchtige Reuter hatten nicht geseumet / ihr Land zuerreichen / da sie allen Verlauff erzähleten / und des Feindes Völker grösser macheten als sie wahren; daher dann wenig Muht bey ihnen wahr; doch stelleten sie sich anfangs zur Gegenwehr / welches die unsern nicht [828] wenig verdroß / liessen sich aber von Agiß leicht begütigen /welcher dann mit seines Königes Schreiben sich bey den Pannonischen Häuptern angab / dessen Hafft /und des Heers gånzliche Niderlage nach der länge andeutete / und der 500 Feldflüchtigen Anbringen bekräfftigte; daher sie nach kurz gehaltenem Raht sich hin zu Olaff macheten / und ihm die Freiheit in das Land zuzihen / und alle Festungen mit seinen Völkern zubesetzen anbohten. Er nam solches gutwillig an /hieß im Nahmen des Böhmischen und der Teutschen Könige die versamleten Pannonier ihr Gewehr niderlegen / und ging eine Tagereise in ihr Land / legete sich daselbst feste / und ließ ihm und dem Heer nöhtigen Unterhalt zuführen / daß kein einziger Reuter sich des Raubens oder anderer Gewalttåhtigkeit unternehmen durfte. Die LandStände nach gehaltener Berahtschlagung willigten alle Stücke ein schlugen eine grosse Schatzung auff das reiche Land / daß nicht alles aus der Königlichen Schazkammer dürffte genommen werden / und liessen ihren Ernst zu ihres Königes Erlösung gnugsam spůren / da insonderheit durch schnelreitende Bohten im ganzen Königreiche ausgeruffen ward / daß bey höchster Leib- und Lebensstraffe kein Mensch wer der auch seyn möchte / einigen Teutschen oder Böhmischen Leibeigenen oder Gefangenen / weder mit Worten noch in der Taht beleidigen / sondern allen guten Willen / als besten Freunden bezeigen solte. Der Hingerichteten liegende Güter (ausser Dropions) wurden verkaufft / uñ nebest ihren bewäglichen geträulichst eingeliefert / die sich über 40 Tonnen Goldes erstrecketen; das übrige solte inwendig vier Wochen alles folgen; und damit die Völker nur bald aus dem Lande kähmen welche die sechs vornehmste Festungen besezt hielten / macheten sie 300 des vornehmsten Adels aus / welche mit dem Böhmischen Heer 42000 stark (dann 18000 blieben in den Besatzungen) nach Böhmen zihen / und sich als Geisel einstellen solten / biß die Anfoderung ihre Richtigkeit hätte. Sonst erzeigete sich das Pannonische Reich sehr milde / teileten unter Olaffs Heer 8 Tonnen Goldes aus / und schenketen dem FeldHerrn Fůrst Olaff 3 Tonnen / auch den obgedachten fünff hohen Befehlichshabern jedem eine Tonne Goldes. Die Königl. Geselschaft brach des nähesten Tages nach volstrecketem Gerichte auf nach Prag / nachdem sie Markomirs hohe Kriegsbeamten mit Gelde / Geschmeide und Pferden statlich begabet / und dem Heer durch die Bank drey Monat-Sold über ihren anteil der gemeinen Beute ausgezählet hatten / so daß der junge GroßFũrst darüber ungehalten wahr / und anzeigete /es würde seinen lieben Eltern solches sehr zu wieder seyn; aber Valiska und Herkules wusten ihm dergestalt zubegegnen / daß er sich zu frieden gab. Ladisla schickete Könige Hilderich gar ein freundliches Dankschreiben vor geschehene statliche Hülffe / und lude ihn nebest seinem Gemahl ein / auff seine künftige Krönung; wobey Markomir an seine Eltern schrieb / und ihnen feine hohe vergnügung über König Herkules und Königin Valisken geträuer Freundschaft nicht gnug rühmen kunte; wie er dann in Warheit von ihnen recht brüder- und schwesterlich geliebet ward /er sich auch gegen dieselbẽ sehr demühtig und ehrerbietig erzeigete / und wahr sehr fleissig / nicht allein die Reit- und Waffen-Ubung / sondern auch andere Fürstliche Sitten von ihnen zu lernen / in welchem allen er ganz volkommen ward. Er hielt nachgehends insonderheit sehr gnädige Freundschaft mit Leches und seiner Libussen / welche ihn auch algemählig zum Christentuhm brachten. [829] Die Wendischen Völker wurden auch wolbegabet / nach Hause geschikt / und die alte Fürstin mit grossen Schenkungen angesehen /auch zum KrönungsFest eingeladen. Alle Verwundere das reiten nicht erdulden kunten / musten im Lager bleiben / da ihnen wol gedienet ward biß sie geheilet wahren; unter diesen wahr der neue Ritter Grozemisla / der in allen Treffen mit gewesen wahr / und 26 Wunden davon getragen hatte / ward aber doch wieder geheilet / wiewol er hinkend an der linken Huft und lahm am linken Arme blieb; man hatte ihm aber 30000 Kronen von der Beute zugewendet / und ward ihm ein statliches Rittergut in dem abgetrettenen Pañonischen teile versprochen / welches ihm auch nebest 50000 Kronen Baarschaft geliefert ward / da ihm Valiska eine von ihren ädlen Kammerjungfern freiete. Die König- und Fürstliche Geselschaft ward zu Prag mit grossen freuden von den beyden alten Königinnen und den hinterbliebenen Römischen Herren und Frauen / auch andern / empfangen; nur Libussa und Euphrosyne rücketen es Herkules in freundlichem Schimpfe auf / daß er ihre Eheliebsten noch weiter hinweg geschicket hätte / und sie so viel länger allein schlaffen müsten; wurden aber mit der Vertröstung einer guten Beute auff ihre schleunige Wiederkunft wol begnüget. Gallus hatte nicht allein bey der Feldplunderung sondern auch aus FeindesLager ein ansehnliches bekommen / welches er seiner liebsten Beaten zum Beutpfennige lieferte / und seiner Schwigermutter davon 24000 Kronen schenkete. Arbianes ward von seiner Klaren überaus freundlich empfangen / entsetzete sich zwar anfangs über seiner Verwundung / aber da sie der schleunigen Gesundheit versichert ward / gab sie sich zu frieden / und dankete Gott herzlich vor seine erhaltung; da Königin Valiska zu ihr sagete: Ihr tuht recht / mein Schwesterchen / daß ihr dem Allerhöchsten danket / als welchem alles Häuptsachlich mus zugeschrieben werden; wann aber unser Gott sich guter Leute gebrauchet / die zu unser Rettung und Wolfahrt ihr leben gutwillig in die Schanze schlagen / mũssen wir denselben auch unsere Dankbarkeit sehen lassen. Ja mein Schaz / setzete Arbianes hinzu / es hat ein tapfer Ritmeister durch Gottes schickung vor dißmahl mein Leben erhalten /durch eine solche Wagnis / die nicht leicht ein Bruder dem andern leisten würde / und hätte ohn dessen Rettung ich ausser allem zweifel meinen Geist aufgeben müssen / wiewol weder ihr noch ich / demselben jemahls etwas gutes getahn; er erinnert sich aber / euch ehmahls beleidiget zu haben / und wil es vor eine volkommene vergeltung halten / wann ihr ihm sein voriges Verbrechen nur verzeihen / und ihn zu Gnaden aufnehmen wollet; erzählete hierauff / wie es eigentlich ergangen / uñ wie groß seine Gefahr gewesen. Da sie ihm zur Antwort gab; Dem almächtigen und grundgütigen Gotte sey dank in ewigkeit vor diese Rettung / und werde ich dem tapferen Ritmeister wissen zubegegnen / wans gleich Reichard selber währe. Ja mein Schaz / sagte Arbianes / eben derselbe ist es /und hat nicht ohngefehr / sondern aus willigem Vorsaz sein Leben vor mich gewaget / so daß die ganze Königl- und Fürstliche Geselschaft ihm nicht allein allerdinge verzihen / sondern wolbegabet hinzihen lassen / seine Eheliebste abzuhohlen / und sich ehist in eures Herr Bruders / Königes Herkules beharliche Dienste wieder einzustellen; je gnädiger ihr nun diesem redlichen Menschen (welcher seine rechtschaffene Busse durch Trähnen und seufzen mit einem hochbewäglichen Fußfalle sehen lassen / und sich aller Gnade unwirdig genennet hat) euch werdet erzeigen / je mehr werdet ihr mich eurer Liebe versichern /an welcher [830] mir nicht gebühret zu zweifeln. Der frommen Fürstin kam dieses alles fremd vor / endlich sagete sie: Ich bekenne es / mein werter Fürst / daß dieser Mensch uns mehr gutes als böses getahn / drumb mus das vorige ganz abe und vergessen seyn / und werde auff eure eriñerung ich mich wol zubedenken haben / durch was bezeigung ich ihn meiner Gnade vergewissern könne. Diese Zeit fůhreten sonst die unsern zu Prag ein fröliches und Christliches Leben /und ward angeordnet / daß über fünff Wochen nach ihrer Wiederkunft Ladisla und Sophien Krönung /auch zu gleich Arbianes und Klaren Hochzeitfest (welches durch den Pannonischen Einfal verhindert wahr) solte gehalten werden; worauff auch die Könige aus Schweden und Dännemark geladen / und überaus grosse bereitschaften darauff gemacht wurden. Gallus muste alsbald mit 1000 Reutern nach Rom / dem Käyser ihren gedoppelten Sieg wieder die Wenden und Pannonier anzumelden / und ihm 4000 Pannonische Pferde nebest 2000 Pannonischen Leibeigenen /auch 60 Pannonische Reuter- und 40 Fußfähnlein /nebest vielen erbeuteten köstlichen Zelten und anderen Sachen zum Siegszeichen und Beutpfennige überbringen; welcher dann sehr eilete / damit er bey der Krönung sich finden möchte. Das Geschrey dieses blutigen Krieges und gewaltigen Sieges wahr zu Rom bereit erschollen / dessen umbstände Gallus dem Käyser und seinen Gewaltigen erzählen muste; worauff die Römer gnug merken liessen / wie leid ihnen wahr / daß sie den zehnjährigen Anstand mit Mnata eingangen / nachdem ihnen nunmehr leicht zu tuhn währe /der Pannonischen Gewalt viel eine grössere Feder / ja wol einen ganzen Flügel auszurupfen. Olaf kam endlich auch nach wolverrichteter Sache mit seinen Leuten zu Prag wieder an / denen des dritten Tages Agiß /Hyppasus und Amythaon mit der helffte aller versprochenen Gelder (deren ganzes 217 Tonnen Goldes wahr) folgeten / hatten über das auff ihres Königes Befehl an die 20 Tonnen Goldes wert Kleinodien und andere Kostbarkeiten bey sich / welche Mnata über die Helffte dem König- und Fürstlichen Frauenzimmer zum Geschenk austeilete / und dessen insonderheit Valiska und Sophia so viel nehmen musten / daß sie sich dessen fast schämeten / wobey sich aber der Pannonier so freymuhtig stellete / daß er höchst beteurete / es währe ihm eine grössere Vergnügung in ihre Kundschafft gekommen zu seyn / als ihn die Niederlage betrübet hätte. Und eben diß wahr das rechte Mittel / wodurch er unsern Helden das Herz abgewan / so daß auff Valisken anhalten sie ihn nicht allein vor Einlieferung des hinterstelligen / aller Huht und Hafft erliessen / sondern ihn vor einen freien König in Pannonien / und Bundgenossen der Teutschen / Böhmen und Friesen erkläreten / auch alsbald ihre Besatzungen aus Pannonien abfoderten; worüber sein Reich sich zum hefftigsten erfreuete / und ein dreytägiges FreudenFest hielten / auch noch eine freiwillige Steur über sich nahmen / welche dem Könige / behueff allerhand dankbahren Bezeigungen zugesendet ward; der dann solche sehen zulassen / Herkules / Valisken und sich selbst abmahlen ließ / schickete solches in sein Land / und ließ auff eine grosse ganz silberne Stellung ihre drey aus dem besten Pannonischen Golde gegossene Bildnissen / jedes 250 Pfund schwehr / setzen / da Herkules ihm eine Kette anlegete / und Valiska ihm solche wieder abnam. Dieses ward des Tages vor der Krönung übergeschicket / und den unsern unbewust / auff den grossen Saal gestellet / da Mnata selbst es Königin Valisken mit diesen Worten zueignete: Großmåchtigste unvergleichliche Königin / vornehmste [831] Ursach und Befoderin meiner jetzigen Freiheit; Ihrer Liebe zu Dienst ergebener Mnata bittet demühtig / dieses geringschätzige Gedächtniß seines Falles und auffstehens mit hochgeneigetem Willen anzunehmen / und als ein ewigwährendes Pfand zubehalten; wobey ich mich verpflichte /daß die mir von ihrer Liebe / wie auch von dero Gemahl / Herrn Bruder / und sämtlichen König- und Hochfürstlichen Anverwanten geschehene Gnade nun und nimmermehr aus meinem Herzen kommen lassen werde. Nun wahr aber Valisken Bildniß mit so vielen köstlichen Perlen und anderen Kleinoten ausgezieret /daß solches nicht bald zuschätzen wahr; daher gab sie ihm zur Antwort: Großmächtigster König; diese Gedächtniß ist in Warheit zu kostbar / möchte auch von Herzen wünschen / daß unsere Kundschafft sich auff andere und gütlichere weise håtte zutragen mögen; weil aber durch böser Buben Anstifftung es also ergangen / wollen wir alles widrige aus dem Gedächtniß legen / und hinfüro die Auffrichtige Freundschafft fest setzen; welches an unser Seite zubezeigen / sollen eurem Lande hiemit und krafft diesem 40 Tonnen Goldes an der bestimmeten Anlage geschenket seyn. Worauff Mnata sich gegen sie neigete / und Mastyes im Nahmen des Landes sich davor bedankete. Als die grossen Gelder aus Pannonien ankahmen / wurden der abgestraffeten Obersten Güter unter die Böhmischen und Teutschen Obersten ausgeteilet / wovon Königin Valiska Fürsten Olaff 10 Tonnen Schaz anboht / welche doch anzunehmen / er sich durchaus wegerte /daher sie endlich zu ihm sagete: Je so sol auch mein Herr Bruder diese Gelder nicht eben wider seinen Willen haben / sondern ich wil sie zu mir nehmen /und so lange in Verwahrung behalten / biß ich sie dereins (Gott gebe gar bald) seiner künfftigen liebesten Braut in seinem Nahmen werde einhändigen können. Dessen er sich bedankete / mit vorwenden / es würde ihre Vortrefligkeit noch viel Jahr zur Auslieferung haben. Die erlassene 10000 Römische Gefangene und gemachte Leibeigene stelleten sich zu Prag am zeitigsten ein / und wurden alsbald dem Römischen Käyser wol bekleidet und begabet / zugeschicket. Die anderen folgeten almehlig hernach / und musten zu Prag ihre Nahmen / Stand und Wesen auffzeichnen lassen. Ihre Herren hatten sie auff des Königes und der Landstånde Befehl von Fuß auff neu gekleidet /und mit nötigen Zehrgeldern und Reisekosten versehen / und befunden sich 26000 Böhmen / Männer über 24 Jahren / die in ihrem knechtischen Stande 60000 Söhne und 40000 Töchter gezeuget hatten welche alle vor frey erkläret / und in die neugebauete Städlein / Flecken uñ Dörffer verteilet wurden. Der Teutschen wahren 8000 alt und jung / die alsbald wieder nach ihrem Vaterlande zogen / und daselbst ehrlich empfangen wurden. Schweden / Dänen und Friesen funden sich nicht / nur 800 Wenden alt und jung / und 50 Franken / welche mehrenteils im durchreisen ehmahls auffgefangen / und vor leibeigen verkaufft wahren. Eines Abends nach gehaltener Mahlzeit / da Arbianes zwar alle Gefahr überstanden hatte / sich aber noch im Bette halten muste / sassen Valiska / Klara und Sibylla vor ihm / mit Gespräch ihm die Zeit zuverkürzen / da Valiska von ihm begehrete / er möchte ihr doch erzählen / wie es ihm Zeit seines Elendes ergangen währe / da er von dem Fräulein geschieden /und endlich in Betlers Kleidern wieder bey ihr angelanget. Gar gerne / antwortete er / dann meine darauff erfolgete Glůkseligkeit ist Gott Lob so groß / daß ich der kurzen Wiederwertigkeit nicht mehr achte / auch zu Zeiten noch wol mit Lust daran gedenke. Fürstin[832] Klara wahr dawieder / und baht sehr / es auff eine andere Gelegenheit zuverschieben / dañ sie könte es ohn Trähnen nicht anhören. Aber Königin Valisken Wille ging vor / und sagete sie / es würden ihre Trähnen ihr nit so gar unangenehme seyn / weil sie ihre Fr. Schwester noch keinmahl aus Mitleiden weinen gesehen. Fing demnach Arbianes also an: Wañ ein Mensch die Verfahrung des almächtigen Gottes mit uns armen Sündern betrachtet / wie dann unser Glük und Unglük einig von ihm herkomt / hat man sich nicht unbillich zuverwundern / wie bald und leicht er unsern Muht brechen / und das auffgeblasene Herz demühtigen kan. Da ich mein Herzgeliebtes Fråulein bey mir in einem Gemache / und von ihr eheliche Versprechung biß auff ihrer Eltern und Anverwanten Einwilligung / wie wol mit grosser Mühe erhalten hatte /gedachte ich in meinem Herzen / je was solte dich nun wol hindern / daß du nicht inwendig vier oder fünf Tagen mit ihr bey ihren Eltern seyn / und durch deiner Fr. Schwester Fr. Valisken Vorschueb das Beilager glüklich halten soltest? Aber wie bald wuste mir Gott diese sichere Vermåssenheit außzutreiben! vor erst schickete er Feur über mich; das wahr nicht mächtig gnug. Hernach vier Mörder / denen entbrach ich mich nach empfangener Wunde / aber wie ich mich umsahe / wahr mein Schaz nicht mehr verhanden. Wie ich derselben biß in ihre erste Herberge Nachfrage getahn / ist alles schon wissend; da ich aber an die Stelle kam / wo man sie gebunden hatte / ging ich immer mit meinem Bohten fort / die Stad zuerreichen / dahin sie zuzihen willens gewesen war. Nun hatte dieser leichtfertige Bube / mein jeztgedachter Bohte gesehen / daß ich etliche Kronen aus meinem Schiebsak zog /und mochte ihm daher Hoffnung einer grossen Beute machen / daß ihm der leidige Geiz den mördlichen Anschlag ins Herz gab / mich niderzuschlagen uñ zuberauben / welches er auff diese Weise vornam: Er blieb ein wenig zurük / ob müste er etliche eingefallene SandSteinlein auß den Schuhen machen / dañ ich ließ ihn sonst immerzu vor mir hinlauffen / so witzig hatten mich die drey Räuber zwischen den Sand-Hügeln gemacht. Ich ging vordismahl in tieffen Gedanken / wegen meines verlohrnen Seelen-Schatzes / welches dieser Mordschelm merkend / gar heimlich hinter mir her schleich / und mit seinem schweren Springstecken mir eins über den Kopff versetzete /daß ich als tod zur Erden niderfiel / da er mich alsbald ins Korn schleppete / des Vorsatzes / mir mit dem Messer die Kehle abzustechen / daß ich ja nit wieder erwachen solte. Mein Gott aber schickete es / daß ich mich entwarff / gleich da er neben mir niderknien /und den Mord vollenden wolte / welches ich in halber Ohmacht ersehend / ihn mit dem Fusse stieß / daß er strauchelte / machte mich auch von der Erde auff /dem Tode zuentgehen / aber das Häupt wahr mir so taumlicht / daß ich meinete / die Erde lieffe rings mit mir umb. Der Gotlose Bube merkete meine Schwacheit / durffte doch mit dem Messer mir nicht nahen / sondern hohlete den Springstecken wieder her / damit wolte er mich vollends hinrichten / unterdessen ich meine Seuffzer zu Gott um Rettung gehen ließ / und daß er mir nur so viel Kraft verleihen wolte /mich vor dem Mord zuschützen; stehen kunte ich nicht / welches der Schwindel mir nicht zulassen wolte / setzete mich deßwegen auff die Knie / uñ fühlete zu meinem Glük einen Stein neben mir in der Furche liegen / welchen ich auffhueb / und nähst Gott hierauff meine Hofnung setzete / gleich da der Mörder auff mich anging / und die Arme zum Schlage auffhueb / die TodesFurcht aber mir so viel Kraft verlihe /dz ich ihm das eine Auge außwarff / er aber [833] vor Schmerzen niderfiel und ein hefftiges Geschrey anfing; O rettet mich armen Mann aus dieses Mörders Händen! ich erschrak dessen noch mehr / in Betrachtung / da es Leute hören solten / dürffte ich noch erst als ein Mörder angefallen und hingerichtet werden /daher ich zu ihm kroch / und mit dem vorigen Steine ihm den Kropff so lange beklopffete / daß ihm das Leben und die Stimme zugleich verließ / und ich seinet wegen mich nicht weiters zubefürchten hatte. Ich sahe aber einen zimlich erwachsenen Knaben quehr über ein unbesamtes Feld lauffen / welcher das Mordgeschrey gehöret hatte / gedachte auch / ich müste gewiß als ein Mörder sterben / wann er Leute herzu aus dem Dorffe bråchte / die mich bey dem Erschlagenen fünden / kroch deßwegen auff allen Vieren mit höchster Unmacht aus dem Korn / in dem Fahrwege gleich vor mir weg / wiewol ich nicht weit fortkommen kunte / und nach Verlauff einer guten halben Stunde hörete ich von ferne schreyhen; wo ist der Mörder / wo ist der Mörder? halt ich sehe dich wol. Ich wendete mich hierauff wieder zurük / ihnen entgegen / und kroch immer zu ihnen hinan / biß sie mein inne wurden / zu mir gelauffen kahmen / und mich frageten / was mir gebräche / daß ich so daher kröche; denen ich zur Antwort gab; es währe ein Mörder über mich ko en / und hätte mir den Kopff schier gar eingeschlagen / daß ich in Ohmacht nider gesunken / und als ich mich endlich erhohlet / hätte ich mich nach meinem Bohten umgesehen / der mir entweder entlauffen oder erschlagen seyn müste; fragete sie auch /ob sie nit einen Mann im blauen Fuhrmans Rocke lauffen gesehen / möchten sie mir denselben nachweisen / dann er hätte etliche köstliche Sachen bey sich /die mir zustünden. Ich hatte dieses kaum ausgeredet /da lieffen andere herzu und sageten an / sie hätten den erschlagenen Menschen funden / wann sie nur wissen solten / wohin der Mörder sich gewendet. Sie beschrieben mir auff mein Begehren den Todten / worauff ich mich sehr übel gehuhb / es währe eben mein Bohte; ob nicht ein schwerer Wetscher bey ihm gefunden würde / in welchem alle meine Wolfahrt steckete. Und als dieser ertichtete Wetscher sich nirgend sehen ließ / fing ich ein elendes Geschrey an; man möchte doch den Mörder verfolgen / und wer ihn antreffen /und mir meine Sachen wiederschaffen würde / solte davon auff 500 Kronen wert zum Trinkgelde haben. O hätten sie nun dz lauffen sehen sollen / welches diese Bauren trieben; die ganze Dorffschafft wahr bey einander / wol 50 Mann / welche hin und wieder durch die Früchte setzeten / und zutraten meiner Meinung nach / wol vor 500 Kronen Frũchte / auff daß sie 500 Kronen verdieneten / die in der Welt nicht wahren. Verzeihet mir mein Herr Bruder / sagte Königin Valiska / dz ich eures Unglůks lache / welches doch nicht wol hätte grösser seyn können; ich danke aber Gott mit euch / daß er euch diesen heilsamen Fund ins Herz gegeben hat / und mögen die Bauren immerhin das Korn durchsuchen biß sie müde werden / wann sie nur den Tähter nicht antreffen. Der ist schon geborgen / antwortete er / aber dazumahl wahr ers noch nicht / massen als diese Bauren biß in die sinkende Nacht sucheten / und nichts funden / weil nichts da wahr / begunten sie den Schaden jhres Korns zu beklagen / biß endlich ein altes Weib sie zu frieden sprach / ein guter frischer Regen würde es wol wieder auffrichtẽ / womit sie nach dem Dorffe kehreten / und mich im Elende liegen liessen / wie heftig ich sie gleich baht / mich mitzunehmen. Um Mitternacht / da ich unter dem freyen Himmel lag / und in stetem Gebeht vor mein Fräulein zu meinem Gott verblieb / kahmen drey Bauren (die ich an der [834] Stimme kennete / daß sie von den vorigen wahren) zu mir /und frageten / was ich die Nacht im Felde läge / höreten weiters nach keiner Antwort / sondern fasseten mich an / zogen mir alle meine Kleider aus / auch das Hemde / und dräueten mir / dafern ich sie verfolgen /oder ein Wort sprechen würde / wolten sie mich ohn alle Barmherzigkeit binden / und in dem nähesten Teiche ertränken; welches mich lehrete gute Wort geben; sie möchten mit meinen Kleidern nur hingehen / ich kennete sie ja nicht / währe auch in diesen Ländern unbekant / daher sie meinetwegen sich im geringsten nicht zubefürchten hätten; nur bähte ich sie um Gotteswillen / mir das Hemde wieder zuzuwerffen; es währen in meinen Kleidern eine gute Anzahl GoldKronen vermachet / die ich ihnen gerne gönnen wolte / wann sie mir nur etliche Groschen Zehrgeld schenketen / und mir sageten / wohin ich meinen Weg nehmen solte / du ihnen nicht zuwieder währe. Sie funden das Gold / wie ich sagete / daher sie diese Barmherzigkeit mir erzeigeten / daß der eine sich außzihen / und mir sein altes wolzulappetes Hemde geben muste / dann meines gefiel ihnen zu wol. Nach ihrem Abscheide legete ich das unflätige Leilach an /fiel auff meine Knie / und baht den grundgütigen Gott / er wolte mir nur zu Leuten verhelffen / daß ich meinen Leib bedecken und erhalten könte / auch mich des Weges führen / den mein allerliebstes Fräulein gezogen währe; aber so bald bekam ich keine Erhörung. Mein bestes wahr / daß ich am Häupte Linderung fühlete / und noch zimlich fortgehen kunte / wiewol ich diesen ganzen Tag bey keinem Dorffe noch Flecken ankam / und ob mir gleich etliche im Felde begegneten / lieffen sie doch vor mir Unbekleideten / und hielten mich vor einen unwitzigen Menschen; wolte ich dann fragen / wohin ich gehen müste / kunte ich wegen Schwacheit ihnen nicht nachlauffen. Gegen den späten Abend sahe ich ein altes Weib vor mir hergehen / die am Stecken hinkete / machte mich zu ihr hin / und verstund mit grossen Freuden von ihr / daß ich nicht weit von einem Dorffe hätte / da sie zu Hause währe; ging also in ihrer langsamen Geselschafft fort /und erlangete auff vielfältiges bitten / daß sie mir die Nachtherberge zusagete. Sie hatte einen starken grossen Sohn / welcher aus der Schenke zu Hause kam /da er sich rechtschaffen vol gesoffen hatte / machete sich nach der Scheuren / und legte sich auffs Stroh /den Rausch auszuschlaffen. Die Alte folgete ihm / zog ihm die Kleider ab / und begab sich wieder ins Hauß nach ihrem Lager / da sie mir gleichwol ein Stük Brod und Kähse / auch einen Trunk sauren Kofend gegeben hatte / und ich wol schwören kan / daß mir nie kein essen oder trinken besser geschmecket; aber ich lohnete ihr übel; dann da sie mich nach der Scheuren gehen / und da schlaffen hieß / besuchte ich dem Tunkenbolt seinen Schiebsak / fand etliche Groschen drinnen / und nam sie als eine Zehrung zu mir. Ich hätte ihm die Kleider gar genommen / sagte Valiska /mit dem Vorsatze / es dereins tausendfach zubezahlen. Ich bedanke mich des guten Rahts / antwortete Arbianes / dann gleich also machte ichs auch; massen nach begangenem ersten Diebstal / ließ ich mich auch zu dem andern verleiten / schlohf in seine Kleider / legete seine BaurenPlötze an / und ging bey Nachtzeit im Mondenschein so weit fort als mir möglich wahr /biß ich in sechs Stunden wol zwo Meilen hinter mich gelegt hatte / und bey einem Flecken anlangete / woselbst vor dem Tohr ein eingefallenes Häußlein zur Linken stund. Ach mein Gott / sagte Fürstin Klara /in eben diesem Flecken hatte ich mich vor eine Nähterin gleich dazumahl vermietet / und wann es Gottes Wille gewesen / hätte unser Unglůk [835] alsdann können geendet werden / wann nur mein Schaz an meine Herberge gerahten währe. Ich hielt mich daselbst zehn Tage auff / antwortete Arbianes / umb meine Kräffte zuerlangen / dann mein Häupt wolte den Fůssen nicht folgen / wie willig dieselben auch waren / den Weg zumässen / der mich nach meiner Seelen Vergnügung tragen möchte; jedoch wahr auch diese Verweilung meiner damahligen Meinung nach / mir sonderlich glůkselig dann wie ich ohn gefehr in ein Wirtshauß /einen Trunk zutuhn / einkehrete / erfuhr ich daselbst /daß vor wenig Tagen ihre Nähterin mit ihrem Manne Wolffgang nach dem Elbstrome gereiset währe / erkennete auch aus allen Wahrzeichen der Kleidung und sonsten / daß eben die ich suchte / diese seyn würde /daher ich mich des folgenden Morgens sehr früh auffmachte / und in Geselschafft eines mir unbekanten Bohten / des nähesten Weges nach Magdeburg zulief / der Hoffnung / in weniger Zeit zufinden / was ich suchete; aber mein Unfal muste so leicht nicht geendet seyn / gestaltsam ich abermahl am dritten Tage nach meinem abreisen unter RäuberHände geriet / die mich nacket auszogen / und weil ich mich etwas sträubete /mir etliche Wunden schlugen / daß ich halb tod liegen blieb / nachdem mein Gefärte sich aus dem Staube machete / da ihm so wol als mir / Kleider und alles abgenommen wahr. Hieselbst hätte ich nun ohn Zweifel sterben müssen / wann nicht Gottes Barmherzigkeit es gefüget / daß ein Baur mit einem ledigen Wagen daher gefahren währe / welcher auf mein vielfältiges bitten / mich aufflud / und nach seinem Dorffe brachte / da ich von seinem Sohn verbunden / und von seiner manbaren Tochter fleissig gewartet ward / biß ich die GefahrTage vorbey gebracht hatte. Dieser Baur wahr von guten Mitteln / und reich an grossem und kleinem Vieh / hatte nur diese beiden Kinder / die sehr gute Neigung zu mir trugen / insonderheit die Dirne / welche mir ihre Kleider / Korallen / und andere / ihrer Meinung nach / gnug köstliche Sachen sehen ließ / welche ich dann / ihre gute Gunst zuerhalten /wider meinen Willen rühmen muste / taht mir auch so viel gutes / als ihr Bauren Hütlein / welches raum genug wahr / vermochte / umb mich zur Gesundheit zubefodern / da der Sohn sich erboht / mich vor einen lieben Gesellen anzunehmen / wann ich mich in den Ackerbau und zur Viehzucht schicken würde; dem ich alle Mögligkeit und Träue versprach. So bald ich wieder gehen und mich kleiden kunte / wahr die Tochter mit einem neuen Kleide fertig welches sie mir selbst brachte / und mit diesen Worten mich solches anlegen hieß: Mein geliebter Sebald (also nennete ich mich) /ihr seyd nacket und bloß / verwundet und krank in meines Vaters Hauß kommen / aber ich werde nimmermehr zugeben / daß ihr so schlecht wieder von uns hinweg scheidet / sondern ich habe euch dieses Kleid machen lassen / welches euch zumahl statlich anstehen sol; das Wammes ist von guter Baumseide / die Hosen von seinem Tuche / und ist kein Knecht im ganzen Dorffe / der es besser håtte. Unsers Nachbarn Sohn Kurd meinet / er sey der ansehnlichste und hübscheste im Dorffe / aber ihr gehet ihm noch weit vor /deßwegen habe ich ihm gestern den Korb gegeben /weil ich euch lieber als ihn haben wil; so haltet euch nun frisch / und gehet meiner Mutter fein zu Wege und Stege / alsdann könnet ihr noch wol bey ihr erhalten / daß ich eure Frau werde / worzu ihr meinen Willen habt / und das Glůk euch bescheret ist / daß euch das feineste und reicheste Mådchen im Dorffe lieb hat; mit welchen Worten sie sich zu mir nahete / und wider meinen Willen mich bäurisch gnug umfahend /kůssete / welches mich / da [836] sie zu kühn werden wolte / endlich verdroß / und sie in zimlichem Ernste abwiese / sie solte sich dessen ja enthalten / massen wann ihre Eltern oder ihr Bruder dessen inne würden /dürfften sie ungleiche Gedanken fassen / und mich wol gar als einen unzůchtigen niderschlagen; aber sie achtete dessen wenig / sagte / ihre Eltern hätten sie lieb / und würden ihr den zum Manne wol gönnen /den sie haben wolte und müste; welche Kůhnheit mich fast antwortloß machete / hätte auch ohn zweifel ihr noch härter zugeredet / wann nicht ihre Mutter darzu kommen währe / welche ihre Tochter vor mir auff dem Bette sitzen sehend / zu uns sagete / wir solten uns nicht zu weit vertuhn / ein wenig ginge wol hin / und wüste sie wol / dz Knechte und Dirnen gerne mit einander spieleten; und was des schändlichen Geblärres mehr wahr / wodurch sich die Tochter so erkühnete / daß sie von der Mutter begehrete /mich ihr zum Manne zugeben / oder sie wolte mit mir davon lauffen / daß kein Mensch erfahren solte / wo sie gestoben oder geflohen währe. Die Mutter aber zur Antwort gab / wann sie mich dann so lieb hätte /möchte sie mich i erhin nehmen; schlug die Ka er zu / und ließ uns beide allein beysa en / da das freche Tihr anfing / mit hohẽ Schwüren uñ Flüchen sich heraus zulassen / wie lieb sie mich hätte / und dz sie mich ni ermehr velassen wolte / fehlete auch wenig /sie hätte sich gar zu mir gelegt / wañ ich nit aufgestanden währe / uñ die Kleider angezogen hätte / in welchen ich ihr so wol gefiel / daß sie mich von der Kammer nicht lassen wolte / ehe und bevor ich ihr eine gleiche Liebe versprochen hätte. Ich speisete sie mit guten Worten / sie möchte gemach tuhn / und an meiner Liebe nicht zweifeln / ich wolte zuvor mit ihrem Bruder davon reden / daß er mir des Vaters bewilligung erlangete; nam sie bey der Hand welche härter als ein Eichenbret wahr (massen sie stränge arbeiten kunte) und führete sie zur Kammer hinaus. Ihr Vater sahe uns daher treten / und fragete mich / was ich mit der Dirne zu gehen hätte / und wie ich zu dem statlichen Kleide kähme / dessen gleichen er sein Tage an seinem Leibe nicht gehabt; es müste mir ja von den seinen geschenket seyn / weil ich nacket und arm von ihm auff den Wagen geworffen währe. Welches die Tochter ungescheuhet beantwortete: Sie hätte es vor ihr eigen Geld machen lassen / wem darauff etwas mangelte; sie wüste schon / woher sie die Bezahlung von mir haben solte. O du leichtfertiger Sak /sagte ihr Vater / soltestu so viel Geld an ein Kleid legen / welches unter drey oder vier Gülden nicht gezeuget ist / uñ es einem Wildfremden antuhn / der sich wol mit schwarzer Linnewand / gleich wie ich /behelffen könte? Welches ich also beantwortete: Guter Vater / ich verspreche euch hoch und teur / daß ich alle angewante Kosten gerne und willig bezahlen wil / darumb verzeihet eurer Tochter solches / und bleibet ihr und mir gewogen. Der alte schüttelte den Kopf und sagete zu mir: Junger ich rahte dir in träuen / daß du nicht zu grosse Kundschaft mit der Dirne machest; ich habe sie meines Nachbars Sohn versprochen / der würde dir das Fell übel zu dröschen / wann er dessen einigen Argwohn von dir haben solte. Er hatte dieses kaum ausgeredet / da trat eben derselbe Baurknecht zur Tühr hinein / hatte eine Mistgabel in der Hand / und ohn einige Begrüssung sagte er zu dem Alten: Er wüste sich seiner Zusage wegen der Tochter zuerinnern / welche er durchaus wolte gehalten haben / ungeachtet die lose Dirne ihm gestriges Tages den Kauff auffgesagt hätte / welches er zu seiner Zeit ihr schon wolte geniessen lassen. Die frische Tochter kunte solche Dräuung nicht verschmerzen /und antwortete: Höre Kurd / was habe ich mit dir zuschaffen? [837] gehe du hin nach deines Vaters alten Magd Metten / welche du vor drey Jahren beschlaffen hast; ich begehre dich Hurentrecker nicht / wil auch nicht gewärtig seyn / daß du mich deiner Dräuung nach /jagen und schlagen solt. Oder meinestu daß ich keinen Kerl ohn dich kriegen kan? Haha! ich habe schon einen Bråutigam vor mich / und wiltu ihn gerne sehen? sihe da stehet er / und hat mehr verstand in seinem kleinen Finger / als du in deinem tölpischen grossen Kopfe. Hiemit wahr der Tanz gepfiffen / dann der Vater trat hin zu der Tochter und gab ihr etliche Maulschellen / daß ihr Mund und Nase blutete / da er zu ihr sagete: Du lose Haut / hastu den jungen Bengel darumb so munter gekleidet / daß du deine Hurerey mit ihm treibest? ni ermehr sol er dein Kerl werden; fiel damit die Tochter aufs neue an / und schlug frisch auff sie loß; welche aber meinen Streit mit Kurd ersehend / einen Muht fassete / sich zur wehre stellete /und den Vater nach wenigen ringen zur Erden niderwarff. Inzwischen hatte ich auch meine Arbeit; dann als Kurd hörete / daß seiner meinung nach ich ihm vor dem Korbe fischete / sahe er mich grimmig an / fassete seine Mistgabel / und in dem er mich einen Schelm und Ehebrecher schalt / schlug er auff mich zu / daß wo ich nicht ausgewichen währe / er mich bäurisch gnug würde gezeichnet haben / uñ weis ich nicht / obs mein Glük oder Unglük wahr / daß in diesem Sprunge ich eines Zuberbaums hinter der Tühr gewahr ward / mit welchem ich dem Baurflegel entgegen trat / und ihm eins über den Kopf versetzete / daß er als ein Todter zur Erden niderstürzete / und keinen Finger regete. Der Alte tummelte sich unterdessen mit seiner Tochter auff der Erden weidlich umb / und hörete ich ihn ruffen / sie solte aufhören / ihm die Kehle zudrücken; die sich aber wenig daran kehrete / biß die Mutter hinzu trat / und den Alten rettete / gleich da mein Gegener zu bodem fiel; worüber die Dirne sich höchlich erfreuete / daß sie mit blutigem Maul und Gesichte mir zurieff; Halte dich frisch du mein lieber Sebald / ich wil niemand anders als dich haben. Mir wahr trauen dazumahl nicht sonderlich wol / massen ich mich vor des Alten Rache fürchtete / den gleichwol sein Weib zu frieden sprach / vorgebend / er wüste ja wol / daß sie beyde es mit ihrer Ehr eben so gemacht hätten / und wo er nicht in seiner Tochter Willen gehehlen wolte / müste ohn seinen dank noch diesen Abend die Ehe volzogen werden; wodurch er nähern kauff zu geben bewogen ward. Ich aber machete mich freundlich zu der Dirne / hielt ihr meine Gefahr wegen des nidergeschlagenen vor / und baht /mir zu helffen / daß ich mit einem geruheten Pferde mich davon machen könte / der Lebensgefahr zu entgehen / welches sie ihrer einfalt nach / nicht allein gerne einwilligte / sondern den Baurensattel selbst hervor nam / und ihres Vaters beste Pferd mir fertig machete / da die Mutter mir inzwischen 15 Gülden hohlete / mit der Abrede / ich solte nach dem nähesten Flecken / drey Meilen von dar / zu ihrer Schwester mich begeben / sie wolte in dreyen Tagen mich wissen lassen / wessen ich mich zuverhalten hätte. Wem wahr lieber als mir? ich setzete mich geschwinde auff / und rante als ein Vogel davon / dann das Pferd wahr guter Schenkel / mietete im nähesten Dorffe einen Bohten / der mich des nähesten weges nach Magdeburg / bringen solte; aber es wolte sich annoch nicht nach willen fugen / sondern ich ward am Weserstrohm von sechs Räubern überfallen / welche mir Pferd / Geld und Kleider nahmen / dz ich mit noht Mutterleibes-nacket / jedoch ohn sonderliche Wunden davon kam. Also muste ich in die sechs Stunden nach art unser ersten Eltern fein leicht dahin springen / biß mir eine [838] Bäurin mit einem Pelze begegnete / welchen ich ihr mit gewalt abborgete / und ihn umb die Schuldern hing. Gott verzeihe mirs / daß ich dazumahl gedachte / ob dem guten Adam sein Pelz auch also angestanden währe / und wolte mich in dieser Kleidung noch wol haben geduldet / wann nur mein allerliebstes Evichen bey mir gewesen / deren ich mich doch nicht gerne in solchem Schmuk hätte sehen lassen /wiewol sie mich hernach in einem lausichtern antraff. Das Weib lieff mir eine weile nach / wolte den Pelz nicht gerne missen / endlich als sie sahe / daß alles vergebens wahr / fing sie an / mich so abscheuhlich auszuschelten und zuverfluchen / daß ich mich schier an ihr vergriffen hätte. Sie wahr kaum von mir hinweg / da begegnete mir ein alter Betler mit zurissenen Lumpen / dem ich einen Tausch anboht / welcher ihm nicht zuwieder wahr / dann der Pelz wahr neu und gut. Ich bekleidete mich armselig gnug / und hatte noch / wie mir dieser Betler sagete / 18 Meilen biß gen Magdeburg / welchen Weg ich vor mich nam /und des folgenden Tages eine andere Betlergeselschaft / sieben Mann stark antraff / unter denen ein Blinder / ein Stummer und drey Lahme oder hinkende wahren / die übrige zween aber risch und stark / und kunken sich doch stellen / als währen sie an der rechten Seite vom Schlage gerühret. Diese macheten mit mit Kundschaft / und frageten / warumb ich in solcher Jugend und bey so gesunden Tagen mich aufs betteln begäbe / und anderen elenden unvermögenden Leuten das Brod vor dem Maule hinweg nähme; ich könte mich ja bey einem Bauren vor einen Knecht vermieten / und das Brod wol gewinnen. Ich gab ihnen zur Antwort; es hätten mich sechs freche Räuber durch gewaltsame Plunderung in diesen Stand gesetzet / welchen ich nicht gedächte långer zu führen / als von hier ab biß nach Magdeburg / woselbst ich mir getrauete einen Herrn zubeko en / dem ich auffwartete / dann ich wåhre aus der ferne / wüste mit Gewehr und Pferden umbzugehen / und hätte unterschiedliche fremde Sprachen in meiner Jugend gefasset. Der eine hinkende Betler fing darauff an; es wåhren Narren / die sich in Dienste begäben / und der Arbeit sich unterwürffen / wann sie beim Müssiggange gute Tage und alles gnug haben könten; wann mir nun ein solches sanftes Leben auch gefiele / wolte er mich in ihre Geselschaft / die sich zimlich stark befünde / aufnehmen / und zur versicherung eines guten willens / mir seine jüngste annoch unverheirahtete Tochter nebest 2000 Gülden Brautschaz geben. Ich erschrak dieses erbietens / merkete schon / was vor eine ehrliche Geselschaft ich angetroffen hatte / erhohlete mich bald / und sagete ihm dank vor den guten Willen / wolte mich bedenken /und ihn nach Verlauff etlicher Stunden Antwort wissen lassen. Aber der eine / welcher sich bißher als vom Schlage gerühret / bezeiget hatte / griff mit beyden Armen nach mir / uñ indem ich auswiche / sagete er: Nein mein Kerl / hier gilt nicht lange Bedenkzeit /ich merke schon wol / daß du nicht Lust hast / lange in Betlers Kleidern zugehen. Ich spürete / daß mirs das Leben gelten solte / erwehrete mich sein mit meinem zimlich starken Bettelstabe / daß er mich gleichwol nicht greiffen kunte / und sprang immer weiter zurũk / weil ich sahe / daß der andere gesunde Schelm sich auch nahete / welcher dann eine kurze verdeckete Plötze hervor zog / und auff mich darlieff. Ich trauete meinen Füssen / welche mich auch eines Weges von ihnen brachten / da ich etliche Steine auffnam / und mich gegen sie kehrete / sie vermahnend / mich gehen zulassen / oder der Steine zugewarten. Sie hatten beide ihre Plötzen fertig / mit denen sie ohn zweifel mannichen reisenden Menschen mochten ermordet haben / [839] kehreten sich an meine Warnung nichts / sondern lieffen als blindlings auff mich an / daher ich dem vördersten einen zweipfündigen Stein entgegen schickete / daß ihm der Kopff borste / und damit zur Erden fiel; der andere sahe seinen Gesellen stürzen /machete sich zur Rache gefasset / und gedachte mir aus dem Wurffe / damit ich ihm dränete / zuweichen; aber weil ich zween Steine im Vorraht hatte / warff ich ihm den ersten vor die Brust / daß es puffete / und er begunte nach frischer Lufft zuschnappen; worauff ich ihm den andern vor das Maul legete / daß er wie eine Garnwinde umlief / und ich zeit hatte / mit des ertödteten seiner Plötze mich zuwapnen / mit welcher ich auch diesen andern vollends hinrichtete. Die fünff übrigen erschraken dessen sehr / dann sie sahen / daß sie mir nicht entlauffen kunten / ohn allein der Stumme / welcher quehr-Feldein ging / und ich mich besorgete / er würde mehr Hülffe aus der Nähe herzuführen / nahm deßwegen gegen die übrigen nichts weiters vor / sondern besuchete die beiden Erschlagenen / fand bey ihnen einen guten Zehrpfennig / und nachdem ich die Plötze eingestecket hatte / ging ich eilends nach dem nähesten Dorffe / sahe mich offters umb / und ward gewahr / daß die Mörder nach allem Vermögen zurük eiletẽ / weil sie ohn zweifel in Furcht stunden /ich würde die Dorffschafft ihnen über den Halß schicken. Aber ich hielt reinen Mund / aus Furcht / an mei ner Reise gehindert zuwerden; setzete demnach meinen Weg im Nahmen Gottes fort / gerade nach Magdeburg zu / unter der Hoffnung / mein Schäzchen daselbst zufinden / aber es wahr daselbst nichts zuerfahrẽ / als daß die Fürstliche Geselschafft vor weniger Zeit nacher Prag gereiset / und das Königliche Fräulein als eine verlohrne höchlich beklaget würde. Wohin wendestu elender Arbianes dich nun? sagte ich bey mir selbst; Ich hatte ein Gelübde getahn / die Fürstliche Geselschafft nicht zusehen / biß ich entweder das Fräulein angetroffen / oder einige Gewißheit von ihr würde erfahren haben; legete auch fleissig bey mir über / wessen ich mich verhalten solte; endlich noch hielt ich vor rahtsam / mich nach Böhmen zuwenden / und daselbst unfern von Prag mein Leben in der Einöde zuführen / biß ich meiner Fräulein Leben oder Tod erkündigen würde; bettelte mich also durch das Land / und lebete etliche Zeit in beschwerlichem Elende / daß ich mehrenteils mein Leben mit Kräutern / Wurzeln und anderen Gewächsen auffhielt / doch etliche Stunden mich bey den Landstrassen fand / und den Bauren zuzeiten ein Stüklein Brod abkauffete /weil ich noch Vorraht an Gelde hatte. O wie manniche Widerwätigkeiten bekümmerten Tag und Nacht mein ohn das gnug trauriges Herz. Ist meiner Seelen Leben / Frl. Klara todes verblichen / sagte ich / so wird die Auflösung meiner Seelen und Leibes mich dahin begleiten / da sie in der Engel Geselschafft ihren Heyland und Erlöser ohn auffhören preiset; wie aber / gedachte ich bald darauff / wann etwa Wolffgang zum Wolffe worden / sich einiger Unzimligkeit hätte gelüsten lassen / und dasselbe gesuchet / welches ohn meiner Fräulein äusserstes Verderben nicht geschehen könnte? Und wañ ich mich mit dieser Vergebligkeit lange gnug gepeiniget hatte / dañ so grauete mir vor Räubern und Mördern / von denen ich selbst nicht hätte frey seyn können / wie viel weniger ein Fräulein mit einem BaurenKnechte; aber daß mein Schaz als eine Dienstmagd leben solte / ist mir nie eingefallen. Wann dann alle Unglüksfälle / die zuersinnen wahren / mein Gehirn durchlauffen hatten / folgete mein unbewäglicher Schluß / ich wolte entweder als ein Betler sterben / oder ihrer frölichen Ankunft erwarten / oder sie aufs [840] neue suchen. Aber Gott schickete mir wider meinen Willen etwas Linderung / in dem mein Leib Schütze Zariaspes / meiner Fr. Schwester ehemahligen Parthischen Hofmeisterin der Sysigambis Sohn / mich ohngefehr erkennete / da ich so wenig seiner als er meiner vermuhten wahr; dann als ich des Nachtes im offenen Walde unter dem freyen Himmel mein Gebeht / und daß es niemand verstehen solte / auf Medisch taht / ruhete mein Schütze mir unwissend hinter einem Baume / hörete nicht allein seine Muttersprache von mir / sondern erkennete auch meine Stimme / dessen er nicht wenig erschrocken / in Demuht zu mir nahete / und ob er zwar in dem FrühLichte meine elende Lumpen sahe / kehrete er sich doch nicht daran / setzete sich vor mir auff die Knie /und sagete auff Medisch zu mir: Durchleuchtigster Fürst / welcher gütiger Gott hat mich zu so glükseliger Stunde hieher geführet / Euer Durchl. Gegenwart zuerfahren? Und was vor herbes Glük leget einem so mächtigen Fürsten diese heßlichen Betlers Kleider an? Ich hätte mich gerne verstellet / und gab auff Teutsch zur Antwort: Ich verstünde seine fremde mir unbekante Sprache nicht / weil ich ein Teutscher / und zwar ein armer Betler währe. Aber mein Zariaspes kehrete sich nichts daran / blieb in seiner Demuht /und baht untertähnigst / mich dergestalt selbst nicht zuverleugnen / weil mich weder Noht noch Gefahr darzu antriebe; daher ich mich ihm endlich zuerkennen gab / und geboht ihm bey Lebensstraffe / meine Gegenwart keinem einigen Menschen wissen zumachen; dessen er sich lange wegerte / und endlich auff harte Dräuung versprach / doch mit dem bedinge /daß ich täglich von ihm etliche Speise nehmen solte. Also blieb ich in diesem Stande etwa zehn Tage / biß der allergütigste Gott meinen Seelen-Schaz des Weges hersendete / da ich in meinen Betlers Kleidern nicht weit von der Heerstrasse saß / und von meinem Zariaspes hefftig vermahnet ward / mich nacher Prag zuerheben / und zum wenigsten als ein unbekanter mich daselbst auffzuhalten; ich mich aber gegen ihn erklärete / wie ich diese Nacht bey mir beschlossen hätte / auff dem nähesten Dorffe mich noch eine ganze Woche auffzuhalten / und nach deren Verlauff in seiner und sechs anderer Meden Geselschafft mich nach dem Flecken zumachen / woselbst ich in der Herberge erfuhr / daß mein Fräulein mit Wolffgang nach dem Elbstrohm solte gereiset seyn; der Hoffnung / ich wolte daselbst ihre Spuhr antreffen / oder doch etwas bessere Zeitung von ihr erforschen / hatte ihm auch schon befohlen / was vor Kleider / Waffen / Kleinot /Gelder und Pferde er mir bringen solte; Ja ich speiete mich schon selbst an / daß mir dieser heilsamer Raht nicht zeitiger eingefallen wahr. Aber die unvermuhtliche Ankunfft meiner Fräulein machte nicht allein diesen meinen Vorsaz zu Wasser / sondern benam mich aller Angst und Traurigkeit. Was vor Anfechtungen aber in meiner Einsamkeit und Armut ich von dem leidigen Teuffel ausgestanden / und wie er mich / zur Verzweifelung zubringen / angelauffen hat / davon wil ich nicht viel Worte machen / und nur / weil ich lebe / dieses rühmen / daß Gottes Krafft in mir Schwachen so mächtig gewesen / daß ich alles ritterlich überwunden / ungeachtet dieser geistliche Kampff mir mannichen Schweiß ausgejaget / und mein Fleisch redlich gezähmet hat. Einen vor andern aus hefftigen Saz habe ich dem Teuffel halten müssen / des Nachtes zuvor / ehe Zariaspes mich antraff / und zweifele ich durchaus nicht / der böse MenschenFeind sey mir das mahl in leiblicher Gestalt eines Betlers erschienen / wovon ich zur andern Zeit ausführlichen Bericht tuhn wil / weil ich höre [841] etliche zu uns komen /welche mich hindern werdẽ / mich des ergangne recht zueriñern. O du wunderbarer Gott / sagte hierauff Königin Valiska / wie gehestu mit deine lieben Kindern so wunderlich um auf dieser Welt! jedoch muß ihnen alles zum besten gereichen / insonderheit deine väterliche Heimsuchungen; dann ich gläube nicht / daß ein Mensch / wes Standes er auch seyn mag / sich recht erkenne / oder seine Schwacheit gläube / dafern er nicht unter deiner Zucht gedemühtiget wird. Aber gnug vor dißmahl / von diesen traurigen Begebnissen / wollen auch bey besserer Gelegenheit euren ausgestandenen Straus mit dem grossen Versucher / anhören / und nunmehr geschäfftig seyn / beydes zu euer Hochzeit / und zu meines Herr Bruders Krönung Bereitschafft zumachen / und daß die geladenen Könige aus Gallien / Schweden und Dänenmark wol und gebührlich empfangen werden; nur wird ein einziges Fräulein-Bild uns bey dieser Fröligkeit mangeln /welche zweifels ohn mein Herr Bruder Arbianes gerne / meine Fr. Schwester Klara aber sehr ungerne dabey leiden möchte. Diese kunten nicht gedenken / was vor eine diese seyn möchte / biß Valiska sagete: Er solte sich seines ehmahligen Bräutigam-Standes mit dem BaurenFräulein / Frl. Metten erinnern; worüber sie beyderseits überlaut lacheten / Fr. Klara sagete: Ja Herzen Fr. Schwester / gedenket eure Liebe wol / daß ich meinen Fürsten aus dieser BaurenHütte so rein und züchtig solte wieder bekommen haben / als er dahinein gangen ist? gewißlich möchte ich dieses schöne Bildichen mit ihren pflaumen-weichen Händichen und blut-bund-gefärbeten Mündichen hieselbst sehr ungerne sehen; dann wer weiß / ob sie nicht allein kühne Einsprache tähte / sondern mein Fürst den alten Schrol wieder beko en / mich verlassen / und mit dieser kühnen Heldin / die ihrem Vater die Kehle so freundlich zu küssen weiß gar davon zihen möchte. Verzeihe es Gott euch beyden / sagte Arbianes / aber 5000 Kronen gäbe ich drumb / dz sie möchte zugegen seyn / es dürfte noch lustige Schwänke abgeben / und erkenne ich mich schuldig / ihr das Pferd / Kleider und andere angewante Kosten zuerstatten / insonderheit möchte ich dem guten Weibe ihren Pelz gerne bezahlen / ob sie gleich davor ein übriges gescholten und gefluchet hat. Also brachten sie diese Zeit in aller geziemenden Fröligkeit zu / und ob zwar König Mnata Freiheit hatte / nach seinem Königreich zuzihen / baht er sich doch selbst zu Arbianes Hochzeit /welches den unsern sehr wol gefiel / und auff sein Ansuchen ihm ganz gerne einwilligten / daß er 100 seiner besten Ritterschafft zu sich foderte / ihm auffzuwarten. Mit Auffbauung der verstöreten Städte und Dörffer ward fleissig fortgefahren / und alles auff Königs Mnata Befehl besser gemacht / als es vorhin gewesen; so hielt er auch mit seinen Schenkungen bey dem Königl- und Fürstlichen Frauenzimmer immer an / daß Valiska ungeduldig drüber ward; er aber hoch beteurete / daß er sein halbes Königreich nicht drum nehmen wolte / daß er in diese Tugend-Schuele nicht kommen währe / woselbst er nunmehr in etwas gefasset hätte / was einem Könige anstünde / welches ihm dann überaus lieb währe / ungeachtet er zuvor eine zimlich harte Stäupe / welche er wol verdienet / hätte aushalten müssen. Er lebete sonst wie ein Bruder mit unsern Königen / und erlangete bey Valisken / daß Herkules nacketer Kampf mit seinem ehmaligen Bato gehalten / auff seine Kosten zum zierlichsten auff vier Tücher abgemahlet / und auff dem langen Umgange auffgehenket ward. Bald nach geendigtem Pannonischen Kriege / kam der alte Friese Wittho mit seinem [842] ungerahtenen Sohn Gerd zu Prag an / ließ sich bey Wolffgang angeben /der sie beide wol empfing / sie aber wegen Verenderung seiner Sitten und Wandels kaum gläuben wolten / daß er der vorige ihr Vetter währe. Er führete sie unangemeldet hin zu Arbianes und seinem Gemahl / von denen der Alte überaus freundlich empfangen ward /da sie sich nicht scheuheten / ihn ihren Erhalter und Vater zunennen. Er hingegen bezeigete sich aufs demühtigste / und wahr sein erstes Vorbringen / daß er vor seinen Sohn um Gnade und Vergebung anhielt /welches ihm nicht allein gnädig eingewilliget ward /sondern es machete ihn Arbianes zu seinem Unterstalmeister / weil er mit Pferden wol umzugehen wuste. Wittho aber erhielt / daß er Zeit seines Lebens bey Wolffgang bleiben möchte / der ihm alles gutes taht /und wol erkeñete / daß er seiner Wolfahrt erste Ursach wahr. Er hatte sonst noch sechs grobe einfältige BaurenKnechte / seine Anverwanten mit sich herbracht / denen statliche Meyerhöfe eingetahn wurden; berichtete auch / was gestalt der Rohtbart auf Königlichen Befehl angegriffen / und wegen der vorgebrachten Lüge (ob hätte er Arbianes uñ das Fräulein sollen nach dem Reinstrom bringen) befraget worden / hätte anfangs alles geleugnet / aber nach angelegter harter Pein / nit allein sein Vorhaben / den Fürsten mit dem Fräulein umzubringen / sondern in die 27 Mordtahten bekennet / auch sechs Bauren ihres Dorffes / als seine Mitgehülffen angemeldet / welche samt ihm mit dem Rade gestossen / uñ hingerichtet währen. Vierzehn Tage vor der angesetzeten Krönung schrieb Reichard aus seiner Landstad zurük an Leches / was gestalt er daselbst zwar wol angelanget währe / hätte aber mit wehmühtigem Herzẽ vernehmen müssen / daß seine Eheliebste schon vor vier Wochen an einem hitzigen Fieber Todes verblichen / wie auch Fr. Mechtild; deren hinterlassene älteste und jüngste Töchter (die mittelste währe mit ihrer Mutter gestorben) Adelheit und Adelgund nunmehr von Herzen wünscheten /ihrer Fürstin und Frauen untertähnigst auffzuwarten; endlich baht er Leches in diesem Schreiben / bey dero Hochfürstl. Durchl. untertähnigst zuvernehmen / ob dieselbe gnädigst einwilligen könte / währe er nit ungeneigt jungfer Adelheit zuheyrahten / deren Herz / in Betrachtung seines jetzigen Ritter Standes / er wol zugewinnen verhoffete; befahl sich der ganzen Königl-und Hochfürstlichen Geselschafft / insonderheit seiner verhoffentlich nunmehr wieder gnädigsten Großfürstin Fr. Klaren beharlichen Gnaden / und baht / auff sein gesiñen ihm zuantworten. Leches trug dieses anfangs Arbianes allein vor / welcher nebest Königin Valisken es mit der Fürstin beredete / die eine solche Heyraht gerne befodert sahe / daher sie Leches befahl was er antworten und bey schleuniger Botschafft übersenden solte; sie aber setzete dieses Brieffelein selbst an Adelheit auff.Geliebte Freundin / Jungfer Adelheid / ihr sollet euch im trauren wegen eurer Mutter tödlichen Hintrittes mässigen / welches ausser zweifel Gott also zu eurem besten geschicket hat; ich verbleibe eure und eurer Schwester gnädige Frau so lange ich lebe /und wil euch besser versorgen als euer Stand nicht mit sich bringet; könnet ihr auch meinen Vorschlag genehm halten / und Ritter Reichard / der bey mir nunmehr wieder in vollen Gnaden stehet / vor euren liebsten annehmen / so lasset euch von ihm in eurem Jungfern-Stande herüber begleiten / alsdann wil ich euch die Hochzeit außrichten / und zur Außsteur euch dasselbe zuwenden /wovon ihr und eure Nachkommen den Ritter- und Herrn Stand wol sollet führen können. Bringet auch eure Schwester mit über / und seumet nit. Gott befohlen von eurer stets gewogenen Frauen / Großfürstin Klaren. Reichard hielt sich sehr prächtig in seiner Heimaht / so viel seiner Eheliebsten absterben [843] leiden wolte /und weil er grosse Geldmittel hatte / taht er seinen Eltern und anderen Anverwanten viel zugute / bezeigete sich sonst sehr höfflich und Tugendreich / daß jederman sich über ihn verwunderte. Bey Jungfer Adelheiden hatte er sich schon angemeldet / und biß auff Großfurstin Klaren (deren sie sich zueigen ergeben hätte) befehl und gnädigste Einwilligung ihm gute Zusage getahn / wiewol jhr Vater es nicht gerne sahe /und es gleichwol nie hindern durffte. Als nun beides Leches und der Großfürstin Schreiben nebest überschikten statlichen Kleinoten / ankahmen / wahr allerseits grosse Freude / und machten die beiden Schwestern nebest Reichard und seiner Reuterey sich alsbald des folgenden Tages auff den Weg und weil sie Tag und Nacht eileten / kahmen sie zween Tage vor der Krönung zu Prag an / liessen sich anmelden / und wurden von Leches und Libussen auff Fürstlichen Gutschen nach dem Schlosse gehohlet / worüber dem guten Reichard die Trähnen häuffig aus den Augen fielen / in Betrachtung / er vor diesem als ein Ubeltähter in Ketten und Banden dahingeschleppet wahr. Sie wurden nach Arbianes absonderliches Gemach hingeführet / darinnen kein Mensch / als er und sein Gemahl wahr. Reichard muste anfangs allein hineintreten / welcher die Fürstin ersehend / alsbald einen Fußfal taht / da ihm die Leid-Ohmacht überfiel daß er wie ein todter Mensch gestrekt zur Erden stürzete / worüber die Fürstin sich entsetzete / und zu ihrem Fürsten sagete: Allein diese Reue verdienet volkommene Vergebung; Leches wahr mit ihm hineingangen / welcher ihn schüttelte und bald wieder zu sich selbst brachte / da Arbianes zu ihm trat / und mit freundlichen Worten zu ihm sagete: Mein lieber Freund Reichard / ihr habt förder nicht Ursach / euer Herz wegen des ehemaligen dergestalt zuängsten / nachdem alles vergeben und vergessen ist / wie ihr solches dann durch eure tapffere und geträue Rettung wol verdienet habet. Er noch auff den Knien sitzend / gab zur Antwort; wolte Gott / Durchleuchtigster Fürst / daß ich meiner Boßheit selbst vergessen könte / welche meine Seele zupeinigen nicht auffhören wird / biß sie durch den Tod von ihrem Leibe außfähret: Euch aber Durchleuchtigste GroßFürstin / gnädigste Frau / bitte ich nochmahls lauter umb Gottes willen / dieselbe wolle mir groben Missetähter und boßhafften Sünder gnädigste Vergebung wiederfahren lassen / und ihren gerechten wolbefugeten Zorn abwenden / nachdem ich mich noch diese Stunde nicht wegern wil / zur völligen Abtragung der begangenen gotlosen Boßheit meinen Kopff herzugeben. Die Fürstin erinnerte sich zwar ihrer ehemaligen Angst und EhrenGefahr / aber das wolverdienen behielt dannoch die Oberhand /daher trat sie ihm näher / und sagte: Stehet auff Ritter Reichard / ich habe alles ehemalige der Vergessenheit gänzlich übergeben / so gar / daß wer dessen gegen mich Erwähnung tuhn wird / mein Freund nicht seyn sol; dessen zum Zeugniß ich euch meine gewogene Hand biete; hielt ihm dieselbe dar; welche doch zuberühren oder zuküssen er sich viel zuunwirdig achtete / daher er sich zu ihren Füssen niderlegte / und den RockesSaum ehrerbietig küssete / so daß Arbianes ihm hart zureden muste / er solte solche Bezeigung abstellen / wo er sonst wolte sein Freund seyn. Worauff er sich endlich auffrichtete / und doch die Augen vor sich niderschlagend / die Fürstin nicht ansehen durffte. Sie aber hieß ihn nunmehr freundlich wilkommen / und ließ die beiden Schwestern Adelheit und Adelgund hinein fodern / welche auch in ihren TrauerKleidern mit einem Fußfalle erschienen / da nach Reichards Unterrichtung die kleinere / so kaum sechs Jahr alt wahr / also [844] anfing: Gnädige Fr. Armgart / ich bitte euch um Gottes willen / ihr wollet meinem Vater seine Sünde vergeben / die er in meinem Beywesen an euch verübet hat / er sol nicht mehr mein Vater seyn /sondern ich und meine Schwester wollen allezeit eure gehorsame Mägde bleiben. Diese Rede brachte der Fürstin die Trähnen aus den Augen / und gab sie zur Antwort; Herzliebes Kind / dein böser Vater hätte in der Welt keinen besseren Vorbitter als dich haben können / daher sol ihm verzihen seyn / und du solt mein liebes Töchterchen bleiben. Höre Herzen Adelheid / sagte darauff das Kind zu ihrer Schwester / unsere Armgart wil meine Mutter seyn / sihe doch / wie schön ist sie jezt. Die Anwesende lacheten hierüber /uñ die Großfürstin hub Adelheid auff von der Erden /küssete sie / und sagte / wilkommen meine liebe Freundin / verlasset euch darzu / daß ihr bey mir allen gnädigen Willen finden weidet / gleich wie ihr ehmahls nach eurem Vermögen mir alle Freundschafft erzeiget habet. Diese bedankete sich untertähnigst der angebohten ganz unverdieneten Gnade / und erboht sich zu allem Gehorsam. Sie gingen miteinander nach dem gemeinen Fürstlichen Saal / woselbst Reichard sehr gnädig empfangen ward / auch Königin Valiska den beiden Schwestern grosse Hulde zuwendete /deren kleinere sich hinmachete zu Herkuliskus / mit ihm zuspielen / welcher / wie auch Herkuladisla nachgehend von diesem Kinde nicht lange seyn wolten; daher Valiska sie in ihr Frauenzimmer nam / und hat sie im sechzehnden Jahre ihres Alters an einen vornehmen Teutschen Herrn verheyrahtet. Zwischen Reichard und Adelheit aber ward die Ehe abgeredet / und solte über zween Tage auff Arbianes HochzeitFest das Beilager zugleich mitgehalten werden / wie imgleichen auch des guten Wolffganges / der sich über Reichards wolergehen sehr erfreuete. Desselben Tages um den Nachmittag kam König Haron aus Schweden mit seinem Gemahl Königin Hedith / und hielt mit 1200 Rittern / Schweden und Gothen seinen Einzug /da sie insonderheit von ihrer Schwieger-Tochter Fürstin Sibylla sehr freundlich empfangen wurden / deren Geburtzeit herzunahete / und erfreueten sich die Eltern höchlich über ihre Tugend und Frömmigkeit /hatten auch ihre Frl. Tochter Frl. Schulda mit sich gebracht / die nunmehr das 16 Jahr hinter sich gelegt hatte / und ein sehr schönes wolgezogenes Fräulein wahr. Des nähesten hernach folgete der Dähnische König mit seinem Gemahl und dem Wendischen Fräulein / nahmens Vanda / auch mit 1200 wolgeputzeten Rittern / und hatte seine Fr. Schwester die Wendische Fürstin Fr. Bochild sich mit in seine Geselschafft begeben / welche auch wol und freundlich gewilkommet wurden. Weil diese ihren Einzug hielten kam ein Trometer / und meldete an / daß König Hilderich mit seinem Gemahl Fr. Waldburg eine halbe Meile von Prag mit 1800 Rittern im offenen Felde hielte / und begehrete freundlich / berichtet zuwerden / ob ihm erläubet währe mit seinen Leuten der Stad zunahen; König Herkules wahr Willens / ihm entgegen zuzihen / aber weil den anderen Königen solche Ehre nicht begegnet wahr / hielt sein Sohn Fürst Markomir sehr inständig an / solches zuunterlassen; Er aber zog mit 10 Rittern seinen lieben Eltern nebest Herr Krokus entgegen / als welcher ihn mit allen seinen Leuten einladen muste. Als der Vater seinen lieben Sohn in einem Persischen güldenen Stük / mit Perlen und Demanten reichlich besetzet / auff einem Persischen Pferde gar freidig gegen ihn daher kommen sahe / und zwar viel eine andere Reitart halten /als vorhin / erfreuete er sich sehr. Der Sohn / als er nahe hinzu kam / sprang gar [845] zierlich vom Pferde /küssete seinem Herr Vater anfangs das Knie / nachgehend die Hand / und sagete: Gnädigster Herr Vater; Eurer Väterlichen Hulde danke ich von Herzen / daß dieselbe mich hieher hat zihen lassen / woselbst meine Seele in der allervolkommensten Vergnügung sich befindet / welche erdacht kan werden / und weil die Zeit mir nicht gönnet / meine Glükseligkeit zuerzählen / wollen Eure Hocheit wissen / daß an König Herkules und seinem Gemahl Königin Valiska / den unvergleichlichen allervolkommensten Menschenbildern der ganzen Welt / ich nicht allein geträue wahre Freunde / sondern die allerbesten Lehrmeister angetroffen habe / von denen ich nunmehr den Königlichen Wolstand zulernen anfahe / daß wann ich gleich meine Seele ihnen widmete / ich dañoch den tausendsten Teil ihrer Gewogenheit und Woltahten damit nicht ersetzen würde. Herzlieber Sohn / antwortete der Vater; dem Hi el sey Dank vor deine Vergnügung; werde nachzusiñen haben / was gestalt den Uhrhebern derselbẽ ich mich dankbar erzeige. Krokus legete die Einladung gebührlich ab / nebest Anmeldung / daß dem Durchleuchtigstẽ GroßFürsten Herrn Markomir zugehorsamen / die jungen Könige uñ Fürsten unterlassen hättẽ / ihrer Königl. Hocheit entgegen zureiten. Der König / ein über die massen weiser uñ verständiger Herr / bedankete sich mit sonderlicher Freundligkeit / uñ zogẽ miteinander fort / da dieser König gleich den vorigen gewilko et ward; doch Herkules uñ Valiska erzeigetẽ ihm eine sonderliche Ehre bey seiner Ankunft / uñ nenneten ihn allemahl ihren gnädigẽ Herr-Vater / wie er dañ Warheit eine solche Hulde gegẽ sie fassete / dz er hoch beteurete /wañ es ihm an LeibesErben mangeln solte / müste kein Mensch in der Welt / als sie beide seine Nachfolger in der Herschaft seyn. Dieser Abend aber ward in zimlicher stille von ihnen verzehret / ohn daß Königin Valiska allemahl gelegenheit suchete / dem hoch verständigen Franken Könige anlaß zu geben / von wichtigen Sachen zu reden / da sie unter andern zu ihm sagete: Gnädigster Herr und Vater; weil der hohe Gott meinen Gemahl und mich (da wir unsere herzliebe Eltern überleben sollen) darzu beruffen hat / daß wir dermahl eins die wirkliche Herschaft über unsere Untertahnen / werden antreten müssen; und aber zu deren rechtschaffener Verwaltung nit allein des höchsten Häuptes verstand und vorsorge / sondern auch redliche und kluge Rähte oder Amtsverwalter erfodert werden / so daß ich dieselben Fürsten und Könige nur vor glükselig schätzen kan / denen Gott düchtige Rähte zuweiset / welche wir dannoch selber wählen und bestellen müssen; und aber mannicher Fürst und Herr nicht weiß noch verstehet / was vor Leute er zu solcher wirde erheben sol / die gleichsam seine andere Hand seyn müssen; als würde ich mirs vor ein hohes Glük rechnen / wann dermahleins von eurer väterlichen Gnaden und Hulde / mein Gemahl und ich / hierüber heilsamen unterricht anhören möchten. König Hilderich gab hierauff mit einem freundlichen Lachen zur Antwort: Hochwerte Fr. Tochter; es hat eure Liebe sehr wohl und recht fürstlich geurteilet / in dem sie deren Könige und Fürsten Zustand vor glükselig hält / denen der Himmel redliche und hochverständige Rähte gegeben hat; wie ich dann nicht zweifele / daß der himlischen Versehung sonderliche Gnade es sey /wann ein Landes-Herscher mit solchen Leuten zur gnüge versehen ist. Dann hierauff beruhet der Untertahnen Wolfahrt / und auff dem wiedrigen / ihr gewisses verderben. Daher mein Uhranherr König Rahter (welcher der achte vor mich / die Herschaft über das Sikambersche Volk geführet / und vor 139 Jahren diese Welt gesegnet / [846] nachdem er 21 Jahr geherschet hatte) in seinem Handbuche dieses unterandern aufgezeichnet hat;Welchem Lande und Könige die gütigen Götter gewogen sind / dieselben versehen sie mit düchtigen frommen Rähten und Dienern. Daher ausser allem zweifel eines Fürsten höchste uñ erste Sorge billich seyn mus / daß es ihm an guten Rähten nicht mangele. Daß aber meine Durchl. Fr. Tochter hierüber von mir einige unterweisung begehret und wünschet / so erkenne daher zwar ihre hohe gewogenheit gegen mich /aber zu gleich auch mein unvermögen / ihrem Willen ein genügen zu leisten; nicht allein / daß andere großmächtige Könige gegenwärtig / dessen viel grössere erfahrung und wissenschaft haben / als ich; sondern meine Fr. Tochter / und ihr preißwirdigster Gemahl einen so hohen verstand durch des Hi els Gunst überkommen / daß auch die grauen Häupter sich nicht schämen dürfen / von ihnen zu lernen; wie ich dann gar nicht zweifele / sie werden beyderseits ihre hohe gedanken schon vor längst auff diese betrachtung gewendet haben. Ach mein Gn. Herr Vater / sagte Herkules / wie solte unsere unwitzige Jugend an so hohe Weißheit gelangen / welche durch langwirige Erfahrung muß zu wege gebracht werden? da wir überdas noch die wenigen Jahre unsers angehenden verstandes / in steter Rittersübung zugebracht / und uns eine Abenteur über die andere zugewachsen ist / daß wir nit eins so viel mueß gehabt / an dergleichen wichtigkeiten zugedenken. Werde demnach nicht unterlassen / mein liebes Gemahl zu muhtigẽ / daß vor erlangete gn. einwilligung / sie nicht abstehe / eure väterliche Gn. hierumb kindlich zuersuchen; zum wenigsten /daß wir nur das Glük haben mögen / zuerfahren / was etwa ihrer Hocheit hochlöbliche Vorfahren davon denkwirdiges auffgezeichnet / und ihren Nachkommen zu gute / hinter sich verlassen haben. Meinem hochwerten Herrn Sohn / und dessen ruhmwirdigstem Gemahl / sagte er / bin ich viel ein mehres schuldig /wann ich mich selbst nur bereden dürfte / solches in dieser Hochköniglichen Versamlung vorzutragen. Und als so wol der Schwedische als der Dähnische König darumb anhielt / brachte er nach gebehtener verzeihung dieses vor. Unter andern meinen hochlöblichen Vorfahren / ist vor hochgedachter König Rather / und der fünfte nach ihm / König Klodomir (welcher vor 64 Jahren diese Eitelkeit verlassen) vor andern / wegen ihrer Weißheit und klüglich geführeten Herschaft hochbenahmet; und weil ich mirs nicht vor ein geringes Glük schätze / daß ihre eigenhändige Auffzeichnungen geerbet / habe dieselben ich fleissig gegen einander gehalten / nach vermögen erwogen /und daraus diesen Nachricht angemerket: Nehmlich /wann ein grosser Fürst oder König seine Herschaft wol und glüklich führen wil / mus er sich vor allen dingen nach guten nüzlichen Rähten / und anderen hohen Bedieneten umbtuhn / welche Gottfürchtig /wolerfahren / ihrer eigenen Bewägungen Meister /dem Geiz abhold / dem Lande und Untertahnen von herzen gewogen / ihrem Herrn geträu und ergeben /und untereinander selbst einig als Brüder sind. Dann ein Mensch / der die Götter nicht ehret noch fürchtet /gibt dadurch an den Tag / daß er allerdinge Gewissen-loß sey / und man sich zu ihm durchaus keiner Träue versehen dürfe. Und wie kan derselbe Menschen träue beweisen / welcher der grossen Götter spottet? Wer dann selbst keine erfahrung hat / wie sol der anderen vorstehen? was ich selbst nicht habe / kan ich ja anderen nicht mitteilen. Es wird ein unerfahrner Raht nicht anders zuplatzen / als ein Blinder / der aus vorwiz ohn einen Führer dahin springet; und mus nohtwendig ein solcher blinder Leiter / die armen Untertahnen[847] auch wol / die besser sehen als er / in die Grube stürtzen. Wird er aber überdas noch von seinen eigenen Bewägungen oder Begierden übernommen und beherschet / dann wird weder sein Gehirn geschikt seyn /die wahre Klugheit zubegreiffen; noch seyn Herz / die Gerechtigkeit zu handhaben / sondern durch Liebe und Haß / wird er sich lassen zwingen / auff nichts /als auff seinen Willen / alles sein vornehmen zu gründen. Komt dann der schändliche Geiz noch dazu /dann ist der unerfahrneste Baur zur Rahtsbedienung geschikter / weder der aller gelehrteste Geizhalß; dann jener wird so weit recht tuhn / als ers verstehet; dieser aber umb Geschenke willen auch das bekanteste und nöhtigste Recht unterdrücken. Uberdas müssen hohe Fürst- und Königliche Bedinete nichts überal heftiger lieben / als ihres Herrn Land und Leute. Dann umb derer Wolfahrt willen werden sie bestellet / so gar /daß wann die hohe Obrigkeit sich denen unmilde und grausam bezeigen wolte / sie gehalten sind / ihnen einzureden / und alles verderbliche von dem Lande abzuwenden. Und wie hochnöhtig dieses mannichmahl bey Fürsten und Königen sey / lasset uns die Erfahrung auff beyden Blättern lesen. Massen / wann die hohe Obrigkeit mehr auff ihren nutzen / als des Landes Wolfahrt sihet / und die hohen Rähte / umb Gunst zuverdienen / oder des Vortels mit zugeniessen / nicht allein gar nicht wiederrahten / sondern noch wol mit zustimmen / und / welches so viel schänd-und schädlicher / der Obrigkeit solche Landes-verderbliche Vorschläge tuhn; O so weh den armen Untertahnen! bey wem sollen sie sich Rahts erhohlen? wem sollen sie ihre noht klagen / und nur erinnerung tuhn / was vor Unheil solches nach sich zihe? Wolte Gott! daß die hohen Häupter und Könige ihnen nur dieses stets liessen vor ihrem Gedächtnis schweben /daß nicht die Untertahnen umb des Königes willen /sondern der König umb der Untertahnen willen gesetzt ist. Weil ja Untertahnen noch wol seyn können /ob sie gleich keinen König haben; dann sie können ihnen eine wilkührliche Obrigkeit wählen. Aber was ist ein König ohn Untertahnen anders / als ein Bild ohn Leib? Nun achte ichs aber einem Könige gleiche verweißlich / ob er gar keine Untertahnen / oder aber solche Untertahnen habe / die wegen seiner Grausamkeit und ungerechten Verfahrungen ihn im Herzen verfluchen. Dann jenes Römischen Käysers Sprichwort:O derint dum metuant: Laß die Untertahnen mich nur immerhin hassen und im Herzen anfeinden /wann sie mich nur fürchten; halte ich vor das allergewisseste Kennezeichen eines allerdinge volkommenen Wüterichs. Gleichwol müssen die Rähte der Untertahnen bestes also befodern / daß sie zugleich auch ihrem Herrn / der sie bestellet hat / geträu seyn; welches sie alsdann leisten / wann sie dessen fürstliche Ehre und guten Nahmen zuerhalten bemühet sind; auch demselben / da er etwa unrecht vornehmen / oder ein unfürstliches Leben führen wolte / geherzt / wiewol mit gebührlicher Ehrerbietung einreden / und sonsten seine Wolfahrt nach vermögen fortzusetzen / seinen Schaden aber abzuwenden / nimmer aus der Acht lassen; ist auch nicht ihre geringste Schuldigkeit / daß bey den Untertahnen sie ihren Fürsten in gutem vertrauen erhalten. Wann mirs nun nicht möchte verarget werden / sagte alhie König Hilderich / könte ich hiebey mit wenigen anführen; wie dann ein ruhmwirdiger Fürst vor sich selbst / gegen seine Untertahnen sich müsse verhalten / daß er in deren Liebe verbleiben möge / als welches ich vor die gröste Kunst / und vornehmstes Stük einer löblichen Herschaft achte. Und als Valiska mit wenigen zuvernehmen gab / wie sehr angenehm ihnen allen solche zwischen eingeschlossene Lehre seyn würde / [848] fuhr er also fort: Ihr setze dieses zum grunde / daß ein jeder Fürst oder König /krafft seines Amts und Gewissens gehalten sey / sich dessen allemahl zuerinnern / daß alle seine Untertahnen / auch die allergeringsten / ja so wol Menschen sind / als er selbst; dann wird er sich schon zugleich mit erinnern / daß er sie auch menschlich handeln und ansehen müsse. Hierbey sol er bedenken / was ein Haußvater in seiner engen Wohnung bey seinen Kindern ist / eben daß sey ein Fürst oder König in seinem grossen Hause bey seinen Untertahnen. Darumb so mus er auch seine Untertahnen wie ein Vater seine Kinder / lieben / und deren Heyl und Wolfahrt ihm lassen angelegen seyn. Ist er dann seiner Untertahnen Vater / so mus er ihnen auch freundlich seyn; doch also / das sein Ansehen nicht geschmälert werde /sondern die kindliche Furcht jene in stetem untertähnigen Gehorsam erhalte. Und weil unter so grosser menge Volks sich viel mutwillige befinden / wie dann wol eines Vaters Kinder nicht alle gleiche from sind /so erfodert es des Landes Wolfahrt / daß solche frevelmühtige durch scharffe Gesetze von der Bosheit abgeschrecket / uñ durch Furcht der Straffe in den Schranken des Gehorsams gehalten werden: wiewol eine Obrigkeit billich dahin zusehen hat / daß der Gesetze anzahl nicht überhäuffet / noch den Untertahnen der Gehorsam unmöglich gemacht werde. Zu wünschen währe es / daß die Obrigkeit allemahl mit dem Gehorsam könte zufrieden und vergnüget seyn / welchen die Götter im Himmel / und die Ehrbarkeit auff Erden erfodert; aber weil ein König und Fürst so wol wegen des gemeinen besten / als seines Königlichen Standes erhaltung viel anzuwenden hat / ist es billich und recht / daß die Untertahnen die erträglichen Schatzungen und andere unpflichte gerne und willig ausrichten; wozu die vernunftlosen Bienen sie anweisen / welche ihrẽ König reichlich ernähren. Doch mus solches alles / oder ja der gröste teil zu des Landes besten angewendet werdẽ; und währe sehr gut und löblich / daß grosse Fürsten alle üppige kosten einzögen / wañ sie mit der Untertahnen beschwerung geführet werdẽ. Was aber zur erhaltung Fürstlicher Hochheit und Würde erfodert wird / solches müssen die Untertahnẽ gerne herschiessen / weil es zugleich mit zu ihrẽ besten angesehẽ ist. Da auch einige sich nit scheuhen würden / an ihrer hohen Obrigkeit /durch schmähung oder tähtligkeit sich zuvergreiffen /als dann mus man mit solchen verwägenen trauen nicht durch die Finger sehen / sondern andern zum Beyspiel uñ Schrecken / harte und peinliche Straffen ergehen lassen / inbetrachtung / daß mannicher Bube sich nicht vor dem Tode / aber gleichwol vor peinlicher hinrichtung fürchtet; daher die Obrigkeit durch solche schärffe ihr selbst gute sicherheit schaffen mus. Wie stränge man nun wieder solche Auffrührer sich bezeigen sol / so gnädig hat man sich hingegen bey denen finden zulassen / welche durch eine sonderliche Träue sich umb uns verdienet machen; und tuht eine Obrigkeit wol / wann sie solche gehorsame Untertahnen hervorzeuhet / und durch sonderliche Ehre und milde Schenkungen sie groß machet / weil dadurch andere zu gleichmässigem wolverhalten veranlasset werden. Der Stände und Städte / von unsern Vorfahren durch wolverhalten erlangete Freiheiten und begnadigungen / sollen wir Nachfolger in der Herschaft nicht suchen zuverringern / oder wol gar ungültig zu machen / sondern ihnen dieselbe gnädigst bestätigen /oder wol gar vermehren / wann sie dessen wert sind. Dañ es ist Fürstlich / daß man Woltahten austeilet /nicht / daß man sie ohn wichtige Ursachen einzeuhet oder abschneidet. Wiewol eine hohe Obrigkeit billich darauff zusehen hat / daß sie [849] den verbundenen Vntertahnen nicht zu grosse Freiheiten schenke /durch welche sie / oder ihre Nachkommen könten veranlasset werden / sich ihrer Obrigkeit gar zu entreissen / insonderheit / wann ihre Macht ohndaß groß und zu fürchten ist. Vnd damit ich zum Ende eile /mus die hohe Obrigkeit ein wachendes Auge auff ihre Vntertahnen haben / daß dieselben nicht durch Reichtuhm und Frecheit in verschwendung und wüstes Leben gerahten / sondern dieselben vielmehr zur Mässigkeit und Sparsamkeit angehalten werden. Dann jenes bringet das gewisse Verderben des Landes; dieses aber die ungezweifelte Auffnahme desselben mit sich. Hat dann unser Land die Gnade der Fruchtbarkeit von Gott / und einen geschlachten Boden / alsdann müssen des Landes Inwohner zum Ackerbau und zur Viehzucht fleissig angehalten werden / damit das Land seine Leute speisen uñ ernähren könne / und man solche nöhtige Lebensmittel nicht aus der ferne hohlen und an sich käuffen dürfe / wodurch ein Land nohtwendig in armut und verderben gerahten mus. Hat aber der Himmel unser Landschaft eine und andere nohtwendigkeit versaget / deren wir nicht entrahten können / als da sind / Salz / Korn / Holz / Wein / Gewürtz / Zeug zur Kleidung / und dergleichen / (dann dz unnöhtige ist besser gemieden als gekauft) so sol zwar die Obrigkeit hieselbst Handel und Wandel gerne gestatten / und denselben durch unerträgliche Zolsteigerung nicht zu schwer machen; aber dabey doch / so viel möglich / verhüten / daß die fremden /sonderlich die unnöhtigen Waaren / nicht durch lautere Baarschaft erkauft werden / sondern man dieselben umb des Landes überfluß / (es sey Korn / Vieh /Leder / Handarbeit und dergleichen) durch einen Tausch oder Wechsel an sich bringe. Dann wo die Inwohner des Landes die Freyheit haben / ihr Geld vor allerhand Waaren ausser Landes hinzugeben / da mus nohtwendig ein solches Land endlich an Silber und Gold erschöpfet werden / insonderheit / wañ den Kauffleuten auch die unnöhtigen Waaren / die nur zur befoderung der Vppigkeit dienen / umbs Geld zu käuffen gegönnet wird. Zwar man findet etliche Landschaften / deren Obrigkeit dieses Stük gar nicht zu Herzen nimt; aber sie werden es zu spät bereuen /wann sie ihr Land von allen baaren Mitteln werden entblösset sehen. Hingegen gibt es die Erfahrung /wie reich dieselben Königreiche an Silber und Golde bleiben / welche dessen nichts / als vor die nohtwendigsten Waaren / weder heimlich noch offentlich / bey scharffer Lebensstraffe lassen hinaus führen. Es währe dann / daß ein Inwohner umb seiner Wolfahrt willen sein Vaterland verlassen / und in einem anderen Lande sich besetzen würde / dem daß seine billich abgefolget wird / nur daß er einen erträglichen teil /wo es die Satzungen also erheischen / wird hinter sich verlassen müssen. Noch dieses wird nöhtig zubeobachten seyn / daß wann unsers Landes Inwohner Gelegenheit haben / auff grossen Wassern / oder wol auff dem Meer Schiffart zu treiben / sollen sie ein solches köstliches Mittel zur Vaterlandes Wolfahrt ja nicht verabseumen / oder liederlich schätzen / sondern sich dieser Gabe der gütigen Götter fleissig gebrauchen / und nicht fremden Völkern einräumen / solches herliche Gewerbe an sich zuzihen / und die Inwohner dadurch auszusaugen / sondern / wessen sie bedürfen sollen sie selbst einhohlen / und was sie überflüssig haben / andern zuführen. Dann was vor ein grosser Vortel hierunter stecket / habe ich bey meines hochseel. H. Vaters Königes Hunno / und bey meiner funffzehnjährigen Herschaft nicht ohn verwunderung befunden. Aber gnug von solcher Nahrhandelung /welche in Friedeszeiten der Inwohner Glükstopf [850] ist. Es wil aber dannoch mit pflügen / Vieherzihen und Kauffmanschaft treiben nicht allemahl ausgerichtet seyn / sondern weil ein Land / daß vor andern haabselig ist / auch so viel mehr Feinde hat / die dessen Wolfahrt an sich zuzihen bemühet sind / so müssen trauen die Inwohner auff solchen Fal sich auch zu schützen wissen. Vnd wil sich gleichwol nicht alzeit tuhn lassen / daß man immerzu eine grosse Kriegsmacht bey auffgerichteten und fliegenden Fähnlein unterhält und besoldet / dann solches würde den Vntertahnen gar zu schwer fallen; und stecket noch viel eine grössere Gefahr darunter. Massen wann solche Kriegsverfassung zu mächtig wird / daß bey des Königes absterben / die Inwohner derselben nicht gewachsen sind / so pflegen die hohen Kriegsbeamten muhtig zu werden / enttzihen den Ständen (da sie das Recht haben) die freie Wahl / oder der Erbherr mus ihnen wol gute Worte geben / und die Herrschaft ihnen abkäuffen / wie solches die Römer mit ihrem grossen Schaden bey ihres Käysers absterben erfahren müssen. Welchem Vnheil vorzubauen / ist hochnöhtig / daß des Landes Inwohner selbst bey Friedeszeiten zum Krige angewehnet / uñ in ritterlichen übungen getrillet werden; nicht allein / wie sie ein Lager oder Festung handhaben und beschützen / sondern auch der Feinde Schanzen und Mauren stürmen / ja / eine offentliche Feldschlacht antreten / und auff allerhand weise dem Feinde Wiederstand leisten sollen. Da dann der Adel im Reiten / Rennen und Stechen sich üben; Bürger und Bauren aber zum schiessen und andern Kriegerischen Betreibungen sollen angeführet werden; so gar / daß die / so sich wegern wolten / in der Jugend die Waffen anzulegen / als nichts werte oder wol gar als ehrlose zuzeichnen sind. Ja es sol kein Inwohner des Landes seyn / der nicht sein nöhtiges Gewehr in seinem Hause habe. Dann diese vorsichtige Anstellung versichert das Land / schrecket alle muhtwillige Feinde ab / und machet den König unüberwindlich; insonderheit / wann mans fein anordnet / dz durch ein gegebenes Rauch- oder Feurzeichen alle Inwohner in wenig Stunden können ins Gewehr gebracht werden. Noch eins und anders ist übrig / mit wenigen hiebey anzudeuten; daß bey solcher Kriegerischen Zubereitung / Recht und Gerechtigkeit nicht verabseumet / oder auf die lange Bank geschoben werde / sondern die / so darzu bestellet sind / allen Rechtfertigungen schleunigst abhelffen / und den geizigen Vorsprachen nicht gönnen / umb ihres Nutzen willen / weitläufftiges Schmierment auffzusetzen /und die RechtsZänkerey unsterblich zumachen / sondern sie sollen solche Zanksüchtige anhalten / daß sie ihre Klage und Verantwortung auffs kürzeste verfassen / ihren Beweißtuhm dabey klärlich führen / und durch Zeugen ( wann solche verhanden sind) alles fest machen / oder sonst auff gebührliche Mittel sich schicken / dann wird es die Erfahrung geben / daß nicht bald einiger Rechtsstreit so wichtig und schwer ist / welcher nicht solte können vermittels drey oder vier Satzen und Verhörungen / inwendig drey Viertel Jahrsfrist gehoben und erörtert werden. Da man aber den Vorsprachen gönnet / daß sie eine Sache oft vier /zehn / zwanzig / und mehr Jahr aufhalten / oder der Richter durch Schenkungen sich verblenden lässet /vor das meiste Geld das beste Recht zuverkäuffen / da muß endlich der Himmel ein Einsehen tuhn / und wegen solcher Ungerechtigkeit das ganze Land abstraffen / weil die Götter der Unrecht-leidenden Trähnen nicht ungerochen lassen. Schließlich hat die hohe LandesObrigkeit auch dahin zusehen / daß die Untertahnen ihnen nicht die freche Freiheit nehmen / ausländische leichtfertige Sitten und [851] Kleidungen einzuführen / sondern der üblichen Landesart sich gemäß zubezeigen; dann es gibts die Erfahrung / daß man bald hernach deren Joch und Herschafft hat müssen über sich nehmen / deren Sitten und Trachten man wider Landesgebrauch sich hat gelüsten lassen. Verzeihet mirs / bitte ich / ihr gewaltige Könige und andere hohe Anwesende / daß in dieser Frage / wie die hohe Obrigkeit gegen ihre Untertahnen sich bezeigen / und des Landes beste beobachten sol / ich etwas weitläufftig / (muß wol bekennen) gewesen bin / da doch /umb dasselbe zuerklären / nit bin ersuchet worden; dann weil hochgedachte meine Vorfahren dieses in ihren schrifftlichen Anmerkungen ganz fleissig untersuchet und auffgezeichnet habẽ / so habe solches zugleich mit anzuführen / kein bedenken getragen. In Bestellung aber der König und Fürstlichen Rähte und hohen Bedieneten / ist noch übrig / daß die Obrigkeit bestes fleisses verhüte und hindere / damit unter ihren Rähten ja keine Mißhelligkeit oder Zwietracht entstehe; weil daher entweder dem Lande / oder dem Könige Unheil zuwachsen kan. Dann hat der eine etwas gutes und nüzliches vor / wodurch er ihm suchet Ruhm und Ehr zuerwerben / wird sein neidischer bemühet seyn / solches zuhindern / nur daß jener sich nicht möge umb das gemeine Wesen oder den König verdienter machen / als er. Zwar es stehen etliche Weltweise in den Gedanken / es könne der Obrigkeit vielfältig zuträglich seyn / wann die hohen Bedieneten Mißverstände untereinander haben; dann da müsse der eine sich vor dem andern fürchten / ichtwas vorzunehmen / was ihm einigen Verdacht könte zuzihen. Es werde auch ein jeder sich befleissigen / durch woltuhn des Herrn Gnade zuerhalten; und sey dieser Zwietracht ein gewünschtes Mittel / durch welches ein Fürst seinen Rähten hinter ihre Heimligkeit kommen könne. Ich aber weiß dieser Meinung nicht beyzupflichten; Ursach / die Gefahr solcher Uneinigkeit ist grösser / als der verhoffete ungewisse Nutzen. Und wer seinem Herrn durch Verleumdung anderer seiner Mitgesellen gefallen / oder dessen Gunst suchen wil /den achte ich des Nahmens eines redlichen Mannes unwirdig seyn. Dann er gebrauchet sich unredlicher Mittel zu seinem Vortel / und suchet seine Auffnahme durch eines andern Unterdruckung / wodurch er sich in Verdacht setzet / man ihm im grunde nicht trauen darff. Zugeschweigen / daß wann ein Fürst solchen Verleumdungen das Gehör leihen wolte / er durch falsches angeben leicht könte dahin verleitet werden /daß er den schädlichen Schmeichlern trauete / und die Unschuldigen zu seinem grossen Schaden beleidigte. Mit wenigem zusagen: Ich setze in allen Handlungen /(auff gut auffrichtig Teutsch) die redliche Auffrichtigkeit zum Grunde / und verfluche dagegen allen Vortel / welcher mit eines andern unbefugter Unterdrückung oder Schadẽ erlanget wird. Auff mein Vorhaben wieder zukommen / so wollen hieselbst etliche einsträuen; die gar zu grosse Freundschafft und Einigkeit der Fürstlichen Rähte / könne dem Herrn und seinem Lande schaden bringen / und sie in Gefahr setzen /wann sie sich unterstehen dürfften / wider dieselben allerhand nachteilige Rahtschläge zuschmieden. Denen ich zur Antwort gebe: Es müste ein Fürst die allerschlimmesten Buben seines Landes zu Rähten angetroffen oder erwählet haben / wann nicht ein einziger frommer Mann unter ihnen seyn solte / welcher sich der übrigen verrähterischen Boßheit dürffte oder wolte entgegen setzen. Aber es ist eine vergebliche Furcht; massen solche Bedienete ihre Schelmstücken nimmermehr so heimlich treiben können / daß von dem Fürsten selbst / oder von etlichen seinen Leuten es nit [852] solte können gemerket werden. Welchem allen nach ein Fürst seine Rähte zur Einigkeit vermahne und anhalte / und da unter ihnen ein reudiges Schaff sich darzu nicht wolte bequehmen / gebe man ihm ehrlichen Abscheid. Dann was jener Römischer Geschichtschreiber sehr nach denklich einführet /Concordia res parvæ crescunt, etc Durch Einigkeit nehmen kleine Dinge zu / aber durch Uneinigkeit zerfallen auch die allergrösten; dasselbe findet trauen auch hieselbst stat; uñ kan ein Fünklein der Uneinigkeit zwischẽ den Rähten ein grosses verzehrendes Feur bey den Untertahnen anzünden / welches zu löschen der Fürst selber nit mächtig gnug währe. Möchte jemand sprechen: Ich vernehme zur gnüge / was vor Leute zu Fürst- und Königlichen Rahtsbedienungen tüchtig und geschikt sind; aber wer stecket dem Menschen beym Herzen / oder wer kan einem andern es vor der Stirn lesen / was er im Gemühts Schilde führet? es ist nicht alles Gold was da scheinet / und die abgefeimteste Buben wissen durch Gleißnerey sich am Tugendmildesten zustellen. Ist alles wahr / und erscheinet daher / wie sorgfältig ein Fürst in Bestellung seiner Rähte verfahren müsse; nehmlich / daß / wo möglich /man keine fremde und unbekante / noch junge unerfahrne Leute aus blosser unbedachtsamer und blinder Gunst zu solchen Aemptern erhebe / sondern die beydes ihrer Geschikligkeit und auffrichtigen Wandels bey andern ein gutes Zeugniß haben. Und handelt ein Fürst sehr klüglich / wann er einem neubestelleten Raht / eine oder andere Sachen klar zumachen auffträget / da man aus dessen Vornehmen und Bezeigung guter massen wird abnehmen können / wie weit solches Mannes Vermögen und Aufrichtigkeit sich erstrecket. Wil man dañ einen bestelleten Raht zugleich prüfen / ob er verschwiegen sey / und eine anvertrauete Heimligkeit unter dem Schlosse des Herzen behalten köñe / so rede der Fürst ein und anders mit ihm allein / als im höchsten Vertrauen (obs gleich nit viel auff sich hat) / und sage keinem andern ichtswas davon; dann wird sichs finden / wie weit ihm zutrauen sey. Da ich dann allen verständigen Rähten und Bedieneten die geträue Warnung erteilen wil / daß niemand sein Weib / oder Kinder / oder Anverwanten so lieb habe / ihnen dasselbe zuoffenbahren / was sein Herr bey ihm / als in geheimer Verwahrung nidergesetzet hat; dann was drey wissen / das bleibet nimmer heimlich. Schließlich hat ein Fürst sich wol vorzusehen / daß seiner hohen Bedienten keinem es eingeräumet werde / Rähte und andere Amtleute nach seinem Gefallen zubestellen / damit der Befoderer von seinen Geschöpffen oder Befoderten nicht zu grossen Anhang bekomme / und der Herr selber sich vor ihm fürchten müsse. (Dieses als Mnata es hörete / ließ er einen tieffen Seuffzer aus dem innersten seines Herzen; und König Hilderich fuhr also fort:) Ich vor mein Häupt pflege es also zuhalten: Wann einige vornehme Bedienung durch tödlichen Abgang meines Dieners erlediget wird / lasse ich mir von meinẽ Rähten unterschiedliche vorschlagen / nach deren Leben und Wandel ich mich unvermerkt erkündige / auch mit ihnen wol selbst Unterredung pflege; da dann die blödesten / und die eine auffgegebene wichtige Frage aufzulösen / Bedenkzeit begehren / mir nicht allemahl die unangenehmsten sind. Hingegen die / so mit ihrer Antwort zuplatzen / und ohn Bedacht vor geschikt gnug wollen angesehen seyn / kommen mir sehr verdächtig vor / daß es ihnen entweder am Verstande / oder gebührlicher Ehrerbietigkeit mangele. Ist nun einer unter den vorgeschlagenen / der mir wol anstehet / so bestelle ich denselben / und gebiete / daß ein jeder ihn erkennen und halten solle / [853] vor den ich ihn gesetz habe. Kan ich aber die Wahl unter den vorgestelleten selber nicht machen; dann trage ich meinen Leuten auff /einen davon auszulesen / und mit einhelliger Stimme mir ihn zunennen; und wann solches geschiehet / behalte ich mir dannoch die Freyheit / ihn anzunehmen /oder eine andere Wahl von ihnen zuheischen. Können sie aber der Sache unter ihnen nicht eins werden / so lasse ich die / an welchen keiner etwas zutadeln hat /zusammen treten / und die Wahl durchs Loß ausrichten. Da dann bey Bestellung ich meinen Leuten ehrlichen und gnugsamen Unterhalt vermache / davon sie nicht allein leben und ihren Stand führen / sondern auch den ihren einen Noht- und Ehrenpfennig ersparen können; jedoch nebest dieser ernstlichen Warschauung / daß wo ich an ihnen einige Unträue oder Ungerechtigkeit spüren würde / daß umb Geschenk oder Gunst willen sie das Recht verkehreten /müste solches an ihnen / andern zum Beyspiel / ohn alle Gnade gestraffet werden. Und bey Angelobung ihrer Träue erinnere ich sie zum überfluß / daß diese meine Warnung sie ja nimmer aus ihrem Gedächtniß sollen kommen lassen / sondern bey allem ihren Vornehmen daran gedenken. Doch untersuche ich hernach ihr verhalten auch nicht auffs genaueste / dann ich weiß / daß wir alle der Schwacheit unterworffen sind /und man zuzeiten einen Fehltrit tuht / der nicht aus Boßheit vorgenommen wird. Wiewol ich denẽ zum fleissigsten auff die Hände acht gebe / die mit dem Königlichen Schatze / und gemeinen Einnahmen und Außgaben umgehen. Dann wo diese nicht ehrliches Gemühts / sondern dem Geiz zugetahn sind / können sie zu des Fürsten und Landes Nachteil sehr schli e Händel machen. Stehet einem und andern etwz aus bey dem Fürstẽ / oder bey der Landschafft / können sie tausend Anschläge machen / daß ihr Anteil daran /der gröste wird / ob gleich ihnẽ kein Heller davon mit Recht zukomt. Ich habs erlebet / daß meines Reichs Rentmeister / unter schiedlicher Leute rechtmässige Foderung / umb ein gewisses Geld an sich gekaufft /uñ mir / als währe es richtig bezahlet / in Rechnung gebracht haben / da auff fleissige Nachforschung ich ihnen zimlicher massen hinter die Künste kam / und ihnen den Strik zum Lohn erteilet habe. Daß ich mich aber solte rühmen können / ich hätte aller Diebsgriffe / welche hiebey vorgehen können / völlige Erkäntniß /ist weit gefehlet; dann ich muß bekennen / daß mir zuzeiten / von einem und andern ein solcher blinder und unsichtbahrer Ohksbohks vor die Augen gemacht wird / daß ich zwar merke / es sey nicht richtig / kan aber den eigentlichen Betrug nicht finden / und muß also sehend blind seyn. Zum Beschluß währe noch übrig / mit wenigen anzufügen / wie mannicherley nöhtige Rahtsbedienungen anzuordnen sind / als da man Reichs- oder LandRähte / HofRähte und GerichtsRähte zubestellen hat; was eines jeden Ampt und Verrichtung sey / und wie man einen Rahtsbedieneten nicht mit gar zu vielen ämptern überladen solle / noch solche unterschiedliche Bedienungen vermischen. Weil aber der späte Abend uns vermahnet / die Ruhe zunehmen / damit man der morgenden Königlichen Krönung beyzuwohnen desto geschikter sey / wil meiner ohndas schon zu weitläufftiger und verdrießlicher Rede ich vor dißmahl anstand geben / nebest freundlicher Bitte / alles was von mir vorgetragen ist / im besten zuvermerken / sampt angefügeter ausdrüklicher Bedingung / daß zu keines Menschen Unterweisung / sondern bloß meiner Durchl. Fr. Tochter zu wilfahren / ich solches alles angeführet habe. Dieselbe nun bedankete sich kind-uñ demühtig vor diese heilsame Unterrichtung / nebest anzeige / sie würde [854] wol keinen Schlaff in ihre Augen kommen lassen / ehe sie das angehörete / so viel ihr zufallen würde / in ihr Gedächtniß-Büchlein auffgezeichnet hätte / welches sie bey besserer Mueß etwas fleissiger und nachdenklicher überzulegen /wolte bemühet seyn. Des folgenden Morgens ging es allenthalben an ein zubereiten / so wol zu Ladisla und seiner Gemahl Krönung / welche umb 10 Uhr geschehen solte / als zu Arbianes HochzeitFest. Königin Valiska wahr über ihre Gewohnheit sehr frölich / und rühmete ihrer Libussen / daß sider ihres Herkules erstẽ Verlust ihr Herz nie so leicht uñ vergnügig gewesen währe. Worauf diese aus Kurzweil zur Antwort gab: Sie würde ohn zweifel heut einen guten Fund tuhn. Nach verrichtetẽ Gebeht schmückete sie sich Königlich / uñ wz sonderlich anzuordnẽ war / hatte sie über sich geno en / damit man bey dẽ fremdẽ ja keinen Schimpf einlegen möchte. Zwo Stunden vor der angesetzeten Krönung kam ein junger Ritter in den Königlichen Saal / mit Anzeige / es würde Herr Pribisla freundlich ersuchet und gebehten / biß in das zunähst gelegene Wirtshaus zukommen / woselbst ein fremder unbekanter sein wartete; uñ als er darzu willig wahr / empfing ihn ein alter eißgrauer Mann in schlechter bürgerlicher Kleidung / dessen Bart schien in etlichen Jahren nicht abgeschnitten seyn. Die Wangen und Augen wahren ihm tieff eingefallen / die Hände hart / und inwendig vol Schwelle / aussen aber von schwerer Arbeit auffgesprungen und geborsten /und ging gar krum gebücket. Pribisla wunderte sich /daß ein solcher ungestalter elender Mensch ihn hätte zu sich fodern lassen dürffen / insonderheit / da er mit diesen Worten von ihm angeredet ward; mein Herr es zweifelt mir nit / ihn werde sehr befremden / daß ich unachtsamer denselben zu mir fodern dürffen / angesehen / er nicht allein mit hohen Geschäfften beladen ist / sondern dem ansehen nach / ich demselben viel billicher hätte auffwarten sollen. Es versichere sich aber mein Herr als mir sehr wolbekanter Freund / daß nichts von mir aus Frecheit oder Unverstand vorgenommen ist / sondern ich ermahne ihn bey der Pflicht und Träue / damit er seinem Könige Herrn Ladisla /und seiner Fr. Mutter / der alten Königin verpflichtet ist / daß er mir nicht versage / warum ich ihn bitten werde / und da er etwa gleich jezt / oder nach diesem mich kennen würde / er mich doch ungemeldet lasse /biß ich mich selbst kund gebe / und wird ihm solcher Dienst in kurzem vergolten werden. Pribisla sahe diesen Alten starre an / und dauchte ihn / denselben mehr gesehen haben; weil er sich aber keiner Gewißheit erinnern kunte / antwortete er ihm; guter Freund / ohnzweifel Vornehmer / wiewol noch zur Zeit mir unbekanter Herr; es ist ein gefährliches Ding / jemande sein begehren vor dessen Erklärung zuverheissen; jedoch / wann er mich versichern kan / daß solches weder diesem Königreiche / noch einigem anwesenden Könige und Herrn schädlich und zuwieder ist /wil ich in sein Ansuchẽ so viel an mir ist / gerne einwilligen. Dieses gelobe ich bey allen Göttern / sagete der Alte / und ist meine Bitte / daß ihr nach eurer mir sehr wolbekanten Weißheit verschaffen wollet / daß die junge Teutsche Königin Fr. Valiska und Herr Krokus in den vörder- oder Mittelplaz des Schlosses kommen mögen / dahin ihr mich in Betlers Kleidern zuführen unbeschweret seyn werdet. Pribisla wahr voller Verwunderung und argwönischer Gedanken /als dieser Alte sein neues überzogenes Kleid ablegete / und inzurissenen Lumpen vor ihm stund / daher er dieser Antwort sich nicht enthalten kunte: Guter Alter ich weiß nicht / ob ich euch wilfahren sol oder nicht /weil mir dadurch ein grosses Unglük könte auffgebürdet [855] werden; zwar ich halte euch vor redlich / aber wann je ein Meuchelmörder sein Blut vor eines andern Leben verkäuffet hätte / wie könte derselbe auff bessere Gelegenheit bedacht seyn / die Mordtaht zuvolstrecken? Der alte gedachte schon vorhin / daß Pribisla sich dessen befahren würde / und gab ihm zur Antwort; mein lieber Herr und Freund / nicht unbillich befürchtet ihr hoher Leute unvermutlichen Anfal /weil deren unterschiedliche vorgehen / und ich davon zu seiner Zeit Zeugniß gnug geben werde; aber dafern ich euch diesen Wahn nie benehmen kan / so lasset diese meine BetlersKleider fleissig und genau durchsuchen / und wann ihr einiges Gewehr oder schädlich Ding bey mir antreffet / sollet ihr mich alsbald dem Henker zur grausamen Straffe übergeben; ist dann auch dieses Erbieten zuwenig / so bindet mir die Hände nur fest genug / wiewol ich ungleich lieber ungebunden vor der jungen Königin erscheinen möchte /nachdem ich lange gnug sehr harte Fesseln in meiner Unschuld tragen müssen. Pribisla nahm das willige Erbieten gerne an / und durchsuchete ihn selbst hin und wieder; weil er aber nichts bey ihm fand / auch nicht außsinnen kundte / wer dieser Alte seyn möchte / und ihm doch sein Herz etwas sonderliches zutrug /sagete er ihm zu / allen Fleiß anzuwenden / daß nach gehaltener Krönung / deren er beiwohnen müste / seinem Willen ein genügen geschehen solte. Aber der Alte antwortete; O nein mein Herr wann mein Vorhaben (welches wichtiger ist als ihr nicht gedenket) Auffschueb haben könte / wolte ich hernach wol ohn euer zutuhn die junge Königin zusprechen bekommen; seyd ihr nun eurem Könige gewogen und träu /wie ich wol weiß / so werdet ihr mir straks Angesichts zuwillen seyn. Es gedauchte Pribisla je länger jemehr / das Angesicht auch die Stimme zukennen /ob sie gleich heiserich wahr / und kunte doch die eigene Warheit nicht außsinnen / endlich hielt er ihn vor etwa einen guten Freund seines Kömges / der aus weit abgelegenen Landschafften kähme / und auff der Reise in Ungelegenheit gerahten währe / daher nam er ihn zu sich / und ließ ihn hinter sich hergehen. Die erste Schildwache hätte des elenden Betlers Eingang gerne verhindert / wie dañ ernstlich befohlen wahr /aber seines Führers Ansehen wahr zu groß / auff dessen begehren sich niemand sträuben durffte. Derselbe nun gedachte im hingehen darauff / wie er Königin Valisken und Herr Krokus in den Vorhoff bringen möchte / weil der Alte gar nicht wolte / daß man seiner einige Meldung tähte; endlich foderte er seine SchwiegerTochter Libussen zu sich / welche sein begehren ins Werk zustellen ihm verhieß / auch alsbald in den grossen Saal zu der Königlichen Geselschafft ging / und unter dem Schein ihrer Königin auffzuwarten / baht sie dieselbe / ein wenig mit ihr hinaus zugehen / welche etwas sonderliches zu seyn vermeinend ihr geschwinde folgete / und vor ihr hörete / der Schwedischen Fräulein Leibdienerin hätte deroselben Schwacheit geklaget / und würde ihr vielleicht eine Ohmacht zugestossen seyn / als sie hingangen währe /das Wendische Fräulein in ihrem Gemache zubesuchen. Das wolle Gott nicht / antwortete die Königin /darum lauff geschwinde hin / es eigentlich zuerfahren. Von Herzen gerne / sagete sie / aber kan eurer Hocheit nicht gnädigst gefallen / mit mir zugehen / umzubesichtigen / wie im VörderPlatze / wodurch wir gehen müssen / alles so artig angestellet sey? Du schleppest dich allemahl gerne mit mir / antwortete die Königin / und wie woltestu es machen / wann du dich von mir scheiden soltest? Ehe wird meine Seele sich von ihrem Leibe trennen lassen / sagete sie / ehe ich das Leben meiner Seele mit willen [856] wissen werde. Nun so kom dann / sagte die Königin / ob das Fräulein unser Hülffe dürftig währe. In dem sie die Steige in den innern Plaz hinunter gingen / sahen sie Krokus vor sich hertreten / welchen Valiska herzu rieff / ihn fragend / wohin er so eilig gedächte; und als er zur Antwort gab / Herr Pribisla hätte ihn zu sich in den Vörderplaz fodern lassen / sagete sie; so gehen wir mit einander / dann mein Weg ist auch dahin. Der alte Fremde / die Königin ersehend / empfand überaus heftige bewägung in seinem Herzen / und als Pribisla ihr ehrenhalben mit entblössetem Häupte entgegen trat / folgete ihm der Alte / kehrete sich an niemand /sondern mit gebogenen Knien redete er sie also an: Großmächtigste Königin; ihrer Königl. Hocheit glükliches wolergehen ist mir von Herzen angenehm / als die ich lange Zeit her nicht gesehen; und ob gleich dieselbe in diesem elenden Kleide / welches ich etliche Jahr ihretwegen getragen / mich nicht kennet / so versichere ich dannoch dieselbe / daß ihr Herr Vater höchstseligen andenkens / mir nie ungnädig / sondern allemahl mit grosser Hulde zugetahn gewesen ist /bitte auch eure Hocheit umb dessen willen / mir eine Gabe mit zu teilen. Als Valiska ihres allerliebsten Herr Vaters Gedächtnis hörete / schossen ihr die Trähnen häuffig aus den Augen / daß sie sich auff Pribisla lehnen muste / welcher den Alten mit unverwendeten Augen ansahe / und ihn endlich kennete / daher er so grosse Herzensprast empfand / daß er mit diesen Worten (O ihr Götter / ich wil nun gerne sterben!) zur Erden nidersank. Valiska und Krokus entsetzeten sich hierüber nicht wenig / und in dem sie mit Libussen Hülffe ihn auffrichten wolten / fiel der Alte gleichergestalt in tieffe Ohmacht nider / dann die Zähren so Valiska vergoß / belieffen ihm das Herz / daß er meinete seinen Geist auffzugeben. Niemand kehrete sich an ihn / biß Pribisla wieder zu sich selber kam / und den Alten gestrecket liegen sahe / dessen rechte Hand er mit grosser Ehrerbietung küssete / hernach zu Krokus / der ihn vor unsinnig schalt / sagete: Wie nun mein Bruder; keñestu dieses ehrwirdige Angesicht nicht mehr / welches niemand im ganzen Königreiche besser / als du / gekennet hat? Krokus erschrak der Rede / besahe den Ohmächtigen und gleichsam erstarreten Alten gar genaue / streich ihm den linken wolzulappeten Ermel auff / fand das begehrete Zeichen /und rieff: O unser König Notesterich / unser wahrhaftiger König Notesterich! mit welchen Worten ihm die Sprache und alle Kraft entging. Valiska hatte der Rede nicht acht / und fragete Pribisla / was diese grosse Verenderung über diesen armen alten Mann doch bedeutete / und wer er währe; beschauete ihn auch zugleich / da Pribisla zu ihr sagete: O gnädigste Königin / ich meine gänzlich / und zweifele nicht / dieser arme Mensch sey euer Königl. Hocheit Herr Vater /unser König Notesterich / wovor ihn Krokus auch hält. Sie erkennete ihn darauff alsbald / und in dem sie überlaut rieff: O mein HErr JEsus / wie gnädig bistu! bestarb gleichsam ihre Seele vor freuden / daß sie auff ihren allerliebsten Vater niderfiel. Libussa wuste nicht / was sie vor Angst beginnen solte / rieff nach frischem Wasser / und bemühete sich / die Königin zu laben / da inzwischen ein Königlicher ädelknabe nach dem Königlichen Saale lieff / und daselbst anmeldete / es währe ein alter Betler im Vörderplaz ankommen / über dessen Gegenwart /Herr Pribisla / Krokus / und Königin Valiska selbst in harte Ohmacht gefallen währen. Daß mus eine sonderliche Wichtigkeit auff sich haben / sagete Herkules / lieff mit Ladisla in Königlichem Pracht hinunter /und folgeten ihnen die anderen so schleunig nach /daß die Besatzung nicht anders meinete / es hätten die [857] Könige einen Unwillen unter sich angefangen / daß sie sich rauffen wolten. Als die beyde Helden in den Plaz kahmen / sahen sie Krokus sich wieder erheben /und daß er nebest Pribisla den alten Betler auffrichteten / auch ihn als einen König ehreten. Valiska kam auch zu sich selbst / stund auff / fiel dem alten umb den Hals / herzete und drückete ihn auch so inbrünstig / daß alle Anwesende / denen es unbewust wahr /meineten / ob währe sie bezaubert / daher Herkules hinzutrat sie hinweg zureissen; woran sie sich doch nicht kehrete / sondern zu dem alten mit heissen Trähnen sagete: Ach mein herzallerliebster Herr und Vater / an was unseligem Orte hat eure Hocheit sich so lange auffgehalten? O wie schwere Rache mus demselben vorbehalten seyn / der euch in diesen Stand gestürtzet hat! Der Alte antwortete ihr: Herzallerliebstes Kind / ich danke dem gütigen Himmel / der mich aus meiner elenden Gefängnis und schmählichen Dienstbarkeit erlöset / und mich daher geführet hat / meine lieben Kinder noch vor meinem ende zu sehen. Und ihr mein herzgeliebter Sohn Herkules / sagete er weiter / verwundert euch nicht über eures geliebten Gemahls Bezeigung / dann ihr werdet euren Vater Notesterich den unseligen an mir gar bald erkennen. Ladisla hörete diese Worte auch / und fiel nebest Herkules ihm umb den Hals / dann die Zeichen des Angesichts gaben ihm bald kundschafft / daher sagete er zu ihm: Gnädiger Herr und Vater; mein Herr JEsus ist mein Zeuge / daß mir angenehmers in dieser Welt nicht begegnen könte / als daß ich euch lebendig vor mir sehen sol; aber lasset euch doch erbitten / und kehret mit mir auff das näheste Gemach / daß man euch daselbst Königlich ziere / dann ich schwöre zu Gott im Himmel / daß bey eurer Lebezeit / welche Gott lange fristen wolle / ich dieses Reich nicht beherschen wil. Nicht also / mein allerliebster Sohn / antwortete sein Vater; dann wie solte dieser mein krumgebogener Rücken solche schwere Last nach diesem ertragen können; beschaue mich nur in dieser meiner Schwacheit / und betrachte / ob es möglich sey / daß ein solcher durch allerhand Unglük und Elend abgemengelter Mensch / der seine Knochen kaum fortschleppen kan / ein Königreich solte verwalten können? daher ist mir dein äidschwur sehr hart zuwieder. Vor dismahl aber wil ich dir zu Willen seyn / und auff das näheste Gemach welches mir vor diesen zu Lust dienete / mich verfügen / damit ich diese Betlers-Kleider ablegen möge. Sonsten wundert mich nicht wenig / daß noch einiger Mensch mein durch Sonnenbrand /Hunger und Unglük verstelletes Angesicht hat erkennen mögen / daher ich mich auch nicht wenig befürchtet / ich dürffte anfangs vor einen Betrieger gehalten werden / aber Gott Lob / daß die Buben noch im Leben sind / welche mich in dieses Elend gestürzet /und von mir Zeugniß werden geben müssen. Bald ward ein Feld-Scherer herzugefodert / der ihn putzen und waschen muste / nachgehends brachte man ihm Königliche Kleider / und ward inzwischen seinem Gemahl kund getahn / daß ihr Gemahl und König lebendig zu Lande geschlagen währe / und gleich jetzo auff dem Saale sich finden würde; über welche Zeitung sie vor unsäglicher Freude als eine Leiche dahin fiel / und bey allen fremdẽ eine grosse Verwunderung entstund. Nachdem er gebührlich angetahn war / kanten ihn alle / die vorhin viel mit ihm umgangen wahren / ward von seinem Schwager König Henrich brüderlich empfangen und bey der Hand auff den grossen Saal geführet / da gleich sein Gemahl wieder zu Kräfften kommen wahr. Als sie eines des andern ansichtig wurden /kunte keines einigen Fuß aus der stelle setzen / biß endlich die alte Königin zu [858] ihm hingeleitet ward / die sich straks an ihn lehnete / endlich zu ihm sagete: O mein werter Schaz und König; sol ich dann noch vor meinem Ende euch wieder sehen / und des Glückes volle Gunst geniessen? Ja mein hochgeliebtes Gemahl / antwortete er; die Götter haben nach ihrem vollendeten Zorn mich wiederumb begnadet / und nicht allein mein Königreich / sondern auch mein Gemahl / Kinder / Anverwanten und Freunde mich sehen und umfahen lassen / wovor ich schuldig bin / allen SchuzGöttern dieses Landes mich dankbar zubezeigen. Die fremden Könige traten auch herzu / und wünscheten ihm wegen seiner unversehenen glüklichen Ankunfft alle Wolfahrt; so wolten Herkules / Ladisla und Baldrich nicht von ihm weichen / aber sein Gemahl und Tochter fasseten ihn stets in die Mitte. Sophia und Klara drungen auch herzu / und erkühneten sich die Römischen Herren mit bey der Freude zuseyn / wie auch die Böhmischen Grossen / die mit Thränen beklageten / daß ihres KönigesLeben und Elende ihnen so gar unwissend gewesen / und sie ihm nicht beyspringen können. König Notesterich vergaß nicht / alsbald zubefehlen / daß ja seine Ankunft ausser dem Schlosse nicht erschallen möchte / dann es währen etliche wenige seiner Untertahnen / die ihn in dieses sein bißher geführetes Elende ganz verrähterischer boßhaffter weise gestürzet hätten / wovor ihnen der gebührliche Lohn werden müste; rieff Herkules zu sich / und baht ihn / etliche Teutsche Reuter unter Neklams und Grozemisla Anführung (weil diese am nähesten stunden) auszusenden / und einen Böhmischen Herrn / nahmens Ninisla samt seinen Sohn Urisla / ohn Meldung anderer Ursachen / hohlen zulassen / als daß ihr König Ladisla sie nach Hofe fodern liesse / so daß / wann sie willig mitzihen würdẽ / man ihnen keine Gewalt anlegete / aber doch auff dem ganzen Wege ihrer zum fleissigsten acht hätte / damit sie von keinem Menschen / wegen seiner Wiederkunfft Nachricht bekähmen / noch auszureissen Gelegenheit hätten; würden sie sich aber wegern mitzuzihen / solte man sich ihrer / wie man best könte / lebendig bemächtigen / weil ihm zum allerhöchsten daran gelegen währe. Es wahr schon zimlich weit auff den Tag / aber des zulauffens der Glükwünschenden noch kein Ende / daher befoderte Valiska / daß man sich zu Tische setzete. An einer Seite muste König Notesterich mit seinem Gemahl die Oberstelle nehmen; neben ihm König Henrich / König Haron / Ladisla und Mnata / alle mit ihren Gemahlen; und weil dieser keine hatte / ward ihm Frl. Vanda die Wendin (des ehmaligen Krito Bruders Tochter) an die Seite gesetzet. An der andern Seite des langen Königlichen Tisches sassen die jungen Eheleute / Arbianes und Klara / weil es ihr HochzeitFest wahr / oben an; nähest ihnen König Hilderich / der Dähnische König /und Herkules mit ihren Gemahlen. Oben vor dem Tische muste König Baldrich mit seinem Gemahl den Siz nehmen / und an der andern Setten vor dem Tische Herr Fabius mit seiner Pompejin / als Käyserlicher Stathalter und Böhmischer Schwiegervater. Der andere Tisch ward also besetzet / daß an der langen OberSeite Herr Pompejus / der junge Fabius / Kornelius / Emilius und Zezilius Antenor mit ihren Gemahlen; an der andern Seite / nach langer nöhtigung /Fürst Siegward mit seinem Gemahl / Fürst Olaff mit dem schönen Schwedischen Fräulein / Fürst Markomir mit einem jungen Sikambrischen Fräulein zwölffjähriges Alters / seines Herr Vaters Bruders Tochter / Herr Pribisla / Herr Bretisla der Böhmische Kanzler und Herr Krokus; vorne Stanisla und Mastyes / und gegen über Agis und Opimius [859] ihre Stelle hatten. Am dritten Tische sassen Wolffgang mit seiner Braut / und Reichard mit seiner Adelheid oben an /weil ihre Hochzeit zugleich gehalten ward / und wurden die vornehmsten Franken / Schweden / Dähnen und Wenden gesetzet mit adelichem Böhmischen Frauenzimmer. Die übrigen Tische noch zwölffe an der Zahl wurden alle vol. Leches / Klodius und Neda mit ihren Eheliebesten warteten bey dem Königlichen; Markus / Prinsla und Gallus mit ihren Liebesten bey dem Fürstlichen Tische auff / wie hart ihnen gleich befohlen ward / sich niderzusetzen; und wahr kein Mensch zugegen / der seine Freude über des alten Königes Wiederkunfft hätte recht ausdrücken oder an den Tag geben können / weil man ihn bißher nicht allein vor gewiß tod geschätzet / sondern auch seine vermeynete Leiche schon längst zur Erde bestätiget hatte; welche Gedächtniß algemach bey vielen Anwesenden einen Zweifel verursachete / ob er auch der wahrhaffte König / und nit vielmehr ein Landbetrieger / oder wol gar ein Schwarzkünstler währe / dem vorigen Könige in etwas ähnlich / dessen Untergang er sich etwa erkündiget hätte / und auff den Königlichen Stuel sich setzen wolte. Ja die alte Königin selbst geriet in Argwohn / welches ihre zu unterschiedenen mahlen ausgelassene Seuffzer gnugsam an den Tag legeten / und der König ihr Anliegen leicht merkete /deßwegen er zu ihr sagete: Herzgeliebetes Gemahl /wie auch Kinder und andere ehmahls bekante Herren und Freunde; es nimt mich noch immerzu höchlich wunder / daß kein Mensch zugegen an mir zweifelt /ob ich König Notesterich sey oder nicht / nachdem mein Tod schon so lange gegläubet / und meine vermeinete Leiche (die man wol hätte mögen etwas eigentlicher besehen) zur Erden bestattet ist; ja weil ich eben zu dieser Stunde ankomme / da mein geliebter Sohn zum Könige sol gekrönet werden; solte aber einer oder ander in mir einiges Mißtrauen setzen /hoffe ich / dieselben werden sich eine kurze Zeit gedulden / biß der Gottlose verrähterische Bube Ninisla und sein Sohn Urisla ankommen werden / welche mein Herr Sohn König Herkules einhohlen lässet; dieselben sollen durch Folterzwang schon dahin gebracht werden / im falle sie nit gütlich bekennen wollen / wie verrähterisch sie mit mir ihrem Könige umgangen /und mit was unaussprechlichem Jammer und Elende sie mich eine geraume Zeit belastet / biß endlich der gütige Himmel durch einen fal mich loß gemacht /daß ich gefangen als ein Leibeigener in Pannonien geführet bin / woselbst ich gegenwärtigem Könige und allen seinen Hofeleuten unwissend / über zwey Jahr ein GänseHirte / auch ein Holz-Wasser- und Leimen-Träger / und dabey doch ein Spielman uñ Unflaht-Reiniger gewesen bin (hier schosschen ihm die hellen Zähren aus den Augen) / wovon ich heut diesen Tag weiters nicht melden wil / damit nicht die frölichen Herzen an diesem HochzeitFeste zu hoch betrübet /und ihre Lust in Trähnen-Bäche verwandelt werden. Das Frauenzimmer (denen hiedurch ihr Argwohn fast gar benommen ward) huben auff diese Worte an überlaut zuweinen / daß König Notesterich selbst gereuete / daß er hierzu ursach gegeben hatte / ungeachtet er selbst seine Trähnen nicht so bald einzwingen kunte /und gab der Pannonische König mit bewäglichen Worten sein Mitleiden an den Tag / in dem er bey seinen Ritterlichen Ehren schwuhr / so bald er in sein Land kommen würde / das Haus / in welchem ihre Liebe solch Elend überstanden / zur Einöde zu machen / daß Hecken und Dornen drauff wachsen / und ein geheiligter Ort seyn solte / daß / so ein übeltähter sich dahin verbergen würde / er völlige [860] Vergebung haben solte; wolte auch seinen unbarmherzigen Haußwirt ihm gefänglich zuschicken / oder ans Kreuz hefften lassen / damit er sich nicht berühmen könte /daß ein herschender König ihm vor leibeigen gedienet hätte. Welches erbieten den unsern sehr wolgefiel /daß kein Widerwille gegen ihn in ihrem Herzen über blieb. Nach auffgehobenen Speisen ward ein zierlicher Tanz gehalten / und entstund zwischen König Mnata und Frl. Vanda eine inbrünstige Liebe / wie auch zwischen Fürst Olaff und Frl. Schulda / welches aber vor dißmahl ingeheim verblieb / weil jeder sich scheuhete / dem andern sein Anliegen zu offenbahren. Die alten Könige / Henrich und Notesterich führeten den ganzen Abend ihr Geschwätze von allerhand längstverlauffenen Dingen / welches dieser zu dem Ende taht / dz an seiner Wahrhafftigkeit nicht möchte gezweifelt werden; insonderheit begehrete er zu wissen / wie sichs mit Herkules zugetragen / auff was weise er wieder gefunden / und mit seiner Frl. Tochter sich verehlichet hätte / welches sagte er / ihm von ganzen Herzen lieb währe / weil er diese Heyraht von langen Jahren her gewünschet und vorgehabt. Aber König Henrich wolte ihm solches noch zur Zeit nicht erzählen / einwendend / weil er ihm seines Elendes Ursach auch noch nicht hätte wollen kund machen. Nun wahr niemand über der unvermuhtlichen Ankunfft des verlohrnen Königes verwirreter / als Libussa / dann ob sie ihn gleich kennete / blieben ihr doch die Gedanken / es könte ein Mensch dem andern ähnlich seyn / wie man dessen manniche Begebenheit hätte / insonderheit / weil an der vermeyneten Königlichen Leiche (daran das Gesicht zerhauen / und mit Pferde Füssen zutreten wahr) sie zu der Zeit vermeinete etliche Wahrzeichen gesehen zuhaben / daß sie des Königes währe; daher suchete sie Gelegenheit /mit ihm zureden / und durch Erinnerung etlicher verlauffener Geschichten / die sonst niemand kund wahren ihn zubewehren / und als ihr darzu gute Bequemligkeit zuhanden stieß / sagete sie zu ihm: Gnädigster König; Euer Hocheit ich unwirdigste Magd erfreue mich ihrer glüklichen Wiederkunfft von Herzen /deren sich kein Mensch vermuhten wahr; daß aber Ihrer Hocheit Gedächtniß ich aus meinem Herzen nicht hinweg geräumet habe / sol mein Eheliebster mir Zeugniß geben / und daß an unserm Hochzeitlichen Ehrentage / ohngeachtet wir auff der Eile Beylager hielten / ihrer Hocheit ehmals in der neuen Läuben mir gnädigst getahne Verheissung ich ihn wissen lassen / auch schmerzlich beseuffzet / daß wegen ihres vermeineten Todesfalles ich dessen nicht geniessen könte. Der König hörete sie wolgehen / und wie hoch er sich ihrer Listigkeit verwunderte / so wahr ihm doch solche unfehlbahre Bewehrung sehr angenehm /daher er ihr zur Antwort gab: Geliebte Tochter / ich habe in meinem uberschwenglichen Elende auff der gleichen Sachen zugedenken wenig mues gehabt / erinnere mich aber anjetzo sehr wol / daß da ihr mein herzen Töchterchen Valisken auff der Schoß führetet /und wegen meiner Ankunfft euch dessen schämetet /ich euch Königlich versprach / allen Fleiß anzuwenden / daß ihr nach Standes Gebühr soltet verheirahtet werden / da ich dann nicht allein euch euren Bräutigam zur Träue / sondern auch ins Ehebette zuzuführen und die Hocheit kosten abzutragen / ihn auch mit einem Reichs Lehn anzusehen / mich gnädig anerboht / welches ihr dazumahl mit einem untertähnigsten Handkusse vorbekant annahmet / uñ euch zu allen geträuen Diensten / die insonderheit meiner Frl. Tochter könten geleistet werden / darstelletet; weil ich dañ keinen Zweiffel trage / ihr werdet solches zur Gnüge erfüllet haben / wil ich das verseumete [861] in andere Wege zuersetzen schon Gelegenheit finden / wofern ich leben sol. Libussa küssete ihm die Hand untertähnigst / und mit einem Herzfreudigen Lachen sagete sie zu der alten Königin; ihre Hocheit haben nunmehr Zeugniß gnug / daß sie ihren wahrhafften Herrn und König von Gott wieder bekommen / und müssen wir alle miteinander uns billich schämen / daß wir so leichtgläubig gewesen / und eine unkentliche Leiche vor unsern König zur Erden bestattet / nur weil derselben des Königes Kleider angelegt / und dabey sein bekantes Seiten-Gewehr gefunden wahr. Und /gnädigste Königin / rieff sie Fr. Valisken zu / hat Eure Hocheit / meiner heutigen Ausdeutung nach /nicht einen herlichen Fund / an ihrem Herr Vater getahn? Geliebte Tochter / antwortete ihr der alte König; ich halte keinem Menschen den Zweiffel wegen meiner warhafften Gegenwart vor übel / kan und wil ihn auch jederman gönnen / biß die boßhafften Schelmen und Verrähter öffentlich bekennen werden / wie schändlich sie mit mir verfahren. Herkules mengete sich mit ein / und führete Libussen zum Tantze / die sich der hohen Ehr entschuldigte / wiewol er mit ihr als mit einer seines gleichen ümzugehen pflegete; hernach brachte er sie Baldrichen / da inzwischen König Mnata und Valiska ein Gespräch hielten / darinnen er ihr zuverstehen gab / er hätte eine Bitte bey ihr abzulegen / und da sie ihm selbige einwilligen würde / hätte er zeit seines Lebens Ursach / sich der Vergeltung zubemühen; jedoch wolte er diese Nacht zur Nachsinnung ihm vorbehalten haben / und folgenden morgen damit einkommen. Sie hingegen erboht sich aller möglichen Ehren-Wilfahrung / ohn einiges bedingen; Und wahr in Warheit dieser König keiner bösen oder gräulichen Art / sondern die Gewohnheiten und vorige böse Geselschafft hatten ihn verderbet / und hatte er diese wenige Zeit über sich dergestalt geendert / daß er unter die redlichen und Tugendhafften wol kunte mit gerechnet werden / daher er seine erlittene Niderlage vielmehr vor ein Glük als Unfal schätzete / weil er durch dieses Mittel nicht allein auff die Tugend-Bahn geleitet / sondern auch seiner boßhafften ungeträuen Rähte und Beamten / denen er gehorsamen muste / abkommen wahr. Als diese Königliche Geselschafft bey später Nacht zu Ruhe ging /wolte König Nosterich bey seinem Gemahl nicht schlaffen / biß die Volstreckung der Straffe an den Uhrhebern seines Elendes verrichtet währe / und hatte er diesen Abend mit Könige Henrich / Herkules und Ladisla Abrede genommen / etliche ReichsBeamten und Diener wegen ihres wolverhaltens / folgendes Tages in höhern Stand zuerheben / und dadurch andere zugleichmässiger Träue anzureizen / deßwegen / so bald die Sonne hervorbrach / wurden Herr Pribisla /Bretisla / Wlodimir / Vorich / Bela / Bugesla / Krokus / Wratisla / Stanisla / Leches / Klodius / Neda /Markus / Prinsla / Gallus / Mardus und Timokles /diese siebenzehn / vor die Königliche Geselschafft gefodert / und nachdem Herkules der ersten neune ihre träugeleistete ReichsDienste / und der anderen Ritterliche Tahten und unverdrossene Auffwartung erzählet und hoch gerühmet hatte / wie sie / hindan gesetzet ihrer Wolfahrt und Lebens / alles das überflüssig geleistet / was redlichen tapfferen und geträuen Helden und Dienern obliegen könte / meldete er ihnen an /daß ihnen davor Standes-Erhöhung / und darzu gehörige Güter solten erteilet werden. Worauff König Notesterich die neun erstgedachten zu ReichsGrafen in Böhmen machete / und ihnen auff Königes Mnata Anhalten / die ReichsLehn über die abgetretene Pannonische Landschafften erteilete. Die fünf folgende wurden von König Henrich [862] zu Teutsche Grafen an der Weser gemacht / und ihnen die Herschafften zugeeignet / wo jezt die Fürstlichen Schlösser und Städte /Petershagen / Rinteln (woselbst Herr Ernst / Fürst des heiligen Römischen Reichs Graff zu Holstein /Schaumburg und Sterneberg eine hohe Schuel gestifftet / da diese Geschichte an des TagesLicht kommen ist) Hameln / Holzminden / Höxar und Münden belegen sind. Herkules nam Gallus und Timokles / Ladisla seinen Mardus in den FreyHerrn Stand / zu welcher Ehre der alte Wenzesla schon vorhin erhaben wahr. Nach solcher Verrichtung stelleten König Baldrich und Großfürst Arbianes ein Freystechen an / von daran über zwo Wochen zuhalten / und zwar unten am weissen Berge / und nachgehends ein Ringelrennen und freyschiessen / liessen solches bey schleuniger Bohtschafft außblasen / und macheten auff alles gute Anordnung. Unterdessen begab sich Mnata hin zu Königin Valisken / erinnerte sie der gestrigen Zusage / und zeigete ihr an / daß er schon ins dritte Jahr Witwer gelebet / und keine Erben von seinem Gemahl übrig hätte / würde auch berichtet / daß der gotlose Dropion an ihrem zeitlichen hinsterben Schuld trüge /welcher ihm das heyrahten biß daher gehindert hätte /müste aber dabey bekennen / daß er selbst kein grosses Belieben darzu getragen / ungeachtet er erst das 42ste Jahr hinter sich gelegt hätte. Es währen aber seine fast erloschene liebes Begierden durch die Zucht und Schönheit des Wendischen Fräulein dergestalt entzündet / daß ohn deren Liebe er hinfort nicht würde können glükselig seyn / wiewol er noch zur Zeit unwissend währe / ob dieselbe seine Huld zuersetzen / und ihn vor ihren Gemahl anzunehmen / sich wolle finden lassen. Weil er nun nit zweifelte / sie /Königin Valiska könte ihm deren Gewogenheit sehr wol erwerbẽ / hätte er die Kühnheit gebrauchẽ / uñ ihre Liebe darüber begrüssẽ wollẽ / mit demühtiger Bitte / ihm solches nit abzuschlagẽ uñ allemahl seine hochgewogene volgewaltige Gebieterin zuverbleiben. Valiska vernam sein Begehren mit guter Lust / weil sie ohndz mit Heirahtsachen und freiwerbungen gerne umbging / erboht sich auch / allen möglichen fleiß anzuwenden / nebest guter vertröstung daß alles nach seinem Wunsch ergehen könte / dafern dieses Fräulein annoch unversaget oder unverliebet währe / welches zuerforschen ihre erste Arbeit seyn solte. Solches nun ins Werk zurichten / machte sie sich an Olaf /welchen sie folgender gestalt anredete: Durchl. Herr Oheim / vertrauter Freund / mir zweifelt nicht / eure Liebe werde bißher meine Ehrengewogenheit gegen ihn in etwas verspüret haben / da ich sonst düchtig bin / selbige erscheinen zu lassen; so machet mich überdas seine Auffrichtigkeit dermassen kühn und verwägen / daß ich seiner Liebe mich in einer wichtigen Sache zugebrauchen / unternehmen darf / in dem ich anfangs bitte / da es ihrer Liebe wissend / mich zuberichten / ob das Wendische Fräulein annoch frey und ausser verliebetem Stande lebe / auff welchen fal ich derselben mit einer zweifels ohn angenehmen Heiraht an die Hand gehen wolte. Der Fürst seufzete über dieser Rede / daß er eine Zeitlang gar stille schwieg /daher sie vor gewiß hielt / er würde in sie verliebet seyn / und taht ihr sehr leid / daß sie ihn mit dieser Rede in solche bewägung gestürzet hatte / deswegen tröstete sie ihn also: Ich bitte sehr / mein Oheim wolle mir verzeihen / daß aus blosser unwissenheit / die gar von keiner Arglist begleitet wird / ich ihn in diese traurige schwermühtigkeit setze / da seine Geberden mich fast versichern wollen / daß er an diesem Orte selbst müsse gefesselt seyn / auff welchen fal ich viel mehr helffen werde ihn fester zubestricken / als einen andern an seine stelle zusetzẽ. Olaf bedankete [863] sich des hohen erbietens mit tieffer / ihr unangenehmer Demuht / uñ gab diese Antwort: Unvergleichliche Königin / volwaltige Beherscherin alles meines vermögens; meine weit hervorgehohlete Seufzer gehen nicht aus einiger liebes / sondern tieffster Leidensquelle hervor / welche zu unterdrücken ich nicht vermocht / als ihre Hocheit von diesem Fräulein zu reden angefangen; solte ich nun dessen die Ursach dartuhn /würden wir die Mahlzeit drüber verseumen / wie früh es gleich annoch am Tage ist. Königin Valiska hätte gerne etwas mehr hierumb gewust / und baht sehr /dafern es keine sonderliche heimligkeit hinter sich hätte / ihr solches zuerzählen; da sie ihm dann gerne eine oder etliche Stunden zuhören wolte; worauff er sich erboht / in die kürtze zugehen / und fing also an: Ich gestehe / Großmächtigste Königin / daß mein Herr Vater nun schon etliche Jahr damit ümgangen ist / daß ich dieses Fräulein / von der ich in Warheit nichts als alle Fürstliche Ehr und Tugend weiß / heirahten / und nach seinem Todesfall die Dänische Kron tragen solte: Ich weiß aber nicht / welcher innerliche Wiederwille und Ekel mich von dieser Heyraht so gar abgezwungen hat / daß ich tausendmahl lieber den Tod anzugehen entschlossen bin / und mag wol sagen / oder vielmehr klagen / daß mirs in diesem Falle gehet / als denen / die keinen Kähse oder Butter riechen noch schmäcken mögen / ungeachtet daran nichts zu tadeln ist. Mein Herr Vater / so bald er mein wegern vernommen / ist mir fast gehässig darüber worden / und hat durch bedrauung der Enterbung mich nöhtigen wollen / hochgedachtes Fräulein zu ehelichen; worauff ich heimlich in Frießland gewiechen / und mich schriftlich gegen ihn erkläret habe /er sey mein Vater und König / auch daher wol bemächtiget nach gefallen mit mir zuschalten; dafern er auch gesonnen / mich zuenterben / und das Dänische Reich darein gehehlete / müste ich gedultig seyn / und ihm gehorsamen / daß ich aber das Wendische Fräulein heirahten solte / währe mir schlechter dinge unmöglich / weil eine gar zuheftige Abneigung von derselben / ich in meiner Seele empfünde / so daß ich lieber hundertmahl die Folter ausstehen / als diese Ehe antreten wolte. Mein Herr Vater aber wolte sich hiemit nicht begütigen lassen / sondern schrieb an meinen Oheim den damahligen Friesischen König; er solte mich von seinem Hofe schaffen / und aus seinem Lande verbañen / weil ich ihm aus frevelhaftem Muhtwillen ungehorsam währe / und wie er vor gewiß berichtet würde (welches doch nie in mein Herz kommen wahr) mit einer unzüchtigen Metze / geringes herkommens mich ehelich solte versprochen haben /die ich nach seinem Tode der Königlichen Kron teilhaftig zu machen / entschlossen währe. So bald der Friesen König mir solches zeigete / und ich am Ende die Bedräuung fand (wo ich länger von ihm auffgehalten würde / wolte er Frießland mit Feur und Schwert verfolgen) / nam ich mir vor / alsbald nach Däñenmark zu sägeln / und mich meinem Herr Vater zur Straffe darzustellen; welches mir aber dieser mein Oheim höchlich wiederriet / und mit einem ansehnlichen stük Geldes mich versahe / womit ich zu Schiffe ging und nach Spanien fuhr / auch daselbst ein Jahr mich vor einen schlechten Ritter hielt / und der Ritterlichen übung mit geringschätzung meines Lebens fleissig oblag; ich werde aber mein daselbst unvermuhtlich gefundenes Unglük mit stilschweigen vorbey gehen. Nein / fiel ihm Königin Valiska in die Rede /sondern wil eure Liebe mir einen gefallen tuhn / wird sie mir alles fein umbständlich erzählen. Wie es ihrer Hocheit gefället / antwortete er: Und melde demnach /daß ich etliche Schreiben / den Ort wo ich lebete / ungenennet / an meinen [864] Herr Vater abgehen ließ / ihm ausserhalb der einigen Heirahtsache allen kindlichen gehorsam versprechend / und ihn zuversöhnen allerhand bewägligkeiten einführend; worauff ich doch nie keine Antwort empfing / ungeachtet ihm alle Brieffe wol sind geliefert worden. Nun trug sichs zu / daß in Spanien ein Freystechen und Ringelrennen an des Käyserlichen Stathalters Hofe angestellet ward / welcher ein ansehnlicher Römer von 68 Jahren wahr /und ein junges Römisches Fräulein / nahmens Kornelia Balba / vor weniger Zeit geheyrahtet hatte. Diese ohnzweiffel der Leichtfertigkeit ergeben / hätte ihren alten Kajus Pupius Mela (so hieß der Stathalter) lieber auff der Todten Bahr / als im Ehebette gesehen /wiewol mir davon nicht das geringste bewust wahr. Sie mochte zu meinem Unglük meiner bey dem Speerbrechen wahrnehmen / und an mir ein mehrers / als ich wahr oder leistete / ihr einbilden / daher sie anfangs / ihren Begierden Raum und Gelegenheit zu ma chen / von ihrem Gemahl begehrete / mich an seinen Hoff zunehmen; welches er / als schon mit Argwohn erfüllet / ihr nicht versagen wolte; bestellete aber etliche des Frauenzimmers / die genau acht auff ihr tuhn und lassen geben musten. Ich wahr kaum 16 Tage zu Hofe gewesen / da ward mir von einem alten Weibe ein Schreiben eingeliefert / welches ich erbrach / und der Stathalterin Nahmen darunter gezeichnet fand /dessen ich höchlich erschrak / und nach verlesung nicht wuste / wessen ich mich erklären solte. Mit der Stathalterin hatte ich noch kein Wort gewechselt /auch ihre Anblicke stets gemieden; noch dannoch erklärete sie mir in diesem Schreiben ihre Liebe so rund und offenherzig / daß ich ihrer Leichtsinnigkeit daher gnugsame Merkzeichen nahm. Die alte Bübin hielt inständig bey mir an / gewierige Antwort von mir zu geben / und der jungen schönen Stathalterin Gunst und Liebe nicht zu verachten / dafern ich nicht vor einen undankbahren und kleinmühtigen wolte gehalten seyn; ob mir nicht bewust währe / daß allein ihre Gewogenheit es dahin gebracht / daß ich an den Hoff währe aufgenommen und in hohem Ansehen schwebete; welches mich der gestalt verwirrete / daß ich mir selbst weder zu rahten noch zu helffen wuste; endlich erklärete ich mich / sie möchte der Fr. Stathalterin meinen untertähnigen Gehorsam anmeldet / und daß innerhalb 24 Stunden ich ihr genehme Antwort (also muste ich wieder meinen Willen reden) zuschreiben wolte. Nun hatte der Stathalter diesen mir eingehändigten Brieff schon gelesen / und drang das alte Weib bloß zu dem ende auff meine schriftliche Antwort /daß der Stathalter in Fäusten haben möchte / wodurch er mich überzeugen / und andern zum abschäulichen Beispiel mich bestraffen könte. Er hatte aber einen unehlichen Sohn / der ein handfester Ritter / und mir überaus wol gewogen wahr / derselbe hatte vor seines Vaters Gemache den mit diesem Weibe über mich gemacheten Anschlag angehöret / und wessen ich mich erkläret hätte; und weil ihm mein Verderben sehr zu Herzen ging / schrieb er mir in höchstem vertrauen diese Worte bey seinem Knaben zu:Geehrter Herr Bruder Nauzius (also nennete ich mich)hastu ein verdächtiges Schreiben gelesen / und genehme Antwort darauff versprochen / so mache dich aus dem Staube /und warte keine Stunde mehr / doch so unvermerket und einsam / als möglich ist; und daß du wegen meiner Träue mich nicht in Gefahr stürzest / so verbrenne dieses Brieflein alsbald; auch wann du ausserhalb Landes in Sicherheit seyn wirst / laß michs unter dem verdecketen Nahmen Markus Salius wissen. Die Götter geleiten dich /weil ich dich vor unschuldig halte. Es gedauchte mich jedes Wort ein Donnerschlag seyn / dagegen dieses Ritters [865] Warnung ein erquiklicher Regen / und ließ ich mich gegen den Uberbringer nichts merken / sondern befahl seinen Herrn zu grüssen / und daß ich bald wolte bey ihm seyn / wie er begehrete; nam etliche Kleinot und 300 Dukaten zu mir / damit ging ich vor das Tohr hinaus als zur Lust / hieß meinen Diener wieder zurük gehen / und eilete nach dem nähesten Dorffe / da verbarg ich mich in einer Scheuren / biß es finster wahr / gab mich bey einem armẽ Bauren an /schenkete ihm 10 Dukaten / und baht ihn / daß er seinen Wagen anspannen / und mich nach dem nähesten Schiffhafen führen möchte / dann ich währe in höchster geheim von einem vornehmen Herrn aufs schleunigste fort geschicket / eine Sache zuverrichten /daran dem Stathalter sehr viel gelegen währe. Ich erhielt mein Ansuchen leicht / und rollete mich dieser hin / da ich ihm zuvor sein bestes / wiewol geringes TuchenKleid vor meines abgetauschet hatte; kam gegen morgen bey dem Meer an / und fand ein Schiff /welches gleich nach Dänenmark zusägeln fertig war. Anfangs zweifelte ich / ob ich mich dahin begeben dürfte / endlich dauchte mich die Spanische Gefahr grösser als die Inheimische seyn / und verdingete mich auff dasselbe / vorgebend / ich hätte in Dänenmark nöhtige Sachen zuverrichten. Wir fuhren mit sehr gutem Winde etliche Tage glüklich fort / biß wir von einem ganz unvermuhtlichen Ungewitter überfallen wurden / und Schiffbruch erlitten / da ich ein Stük vom Brete ergriff / und auff demselben mich 36 Stunden mit grossem Kummer und Ungemach auffhielt /biß mir ein Friesisches Schiff zu gutem Glük ins Gesichte kam / welches auff mich ansegelte / und die Schiffleute nach geschehener Labung mir allen guten Willen erzeigeten. Der Schiffherr hatte seine Handlung hin und wieder getrieben / und wahr willens in Engeland zufahren / uñ weil es ihm an Ruderknechten mangelte / muste ich mich mit gebrauchen lassen; da ich dann meine Stelle so fleissig vertrat / daß der SchiffHerr mich durchaus nicht verlassen wolte / mit Einwendung / weil er mir das Leben erhalten / währe ich schuldig ihm zudienen; welches mir aber ungelegen war / hätte auch lieber meinen Geist mitten in den Wellen zugesetzet / als bey dem Ruder gefristet; dannoch durffte ich mich nicht wegern damit er mich nicht anschmieden / und unter die Zahl seiner Leibeigenẽ / die nimmer vom Schiffe kahmen / verstecken liesse; und nicht desto weniger urteilete er aus meiner Traurigkeit / ich würde ihm / wann ich zu Lande kähme / nicht lange aushalten; daher er dreyen andern ernstlich befahl / daß sie mich nicht vom Schiffe gehen liessen / so lange er mit seinen Leuten ins Land reisete / seine Kauffmanschafft fortzusetzen. Dieses hörete ich selbst an / und beantwortete es mit frölichem Angesichte: mir währe alhie besser als anders wo / und solte er sich meinetwegen nur unbekümmert lassen / massen wann ich in seinem Dienste nicht währe / wolte ich mich bemühen / darein zukommen; machte auch nach seinem Abzuge mit meinen Hütern bessere Kundschafft / zog einen Dukaten hervor / als hätte ich denselben von alle meinem Zehrgelde übrig behalten / und erboht mich / denselben zum besten zugeben / da ihrer einer in die Stad gehen / und uns guten Spanischen Wein hohlen wolte. Diese dem Trunk ohndas sehr zugetahn / danketen mir vor solchen Schmauß / liessen den Wein eintragen / und soffen in kurzer Zeit einen starken Rausch / daß sie wie die Ratzen fest einschlieffen; welche gute Gelegenheit ich nicht verabseumete / band den eingeschlaffenen Hände und Füsse / machte mich aus dem Schiffe / und ließ mich von einem Bohten zu Fusse nach des Römischen Stathalters Schloß bringen / schaffete mir daselbst in der [866] Stad Ritterliche Kleider und Waffen /und legete mich in eine Herberge / da ich aus vielen Ländern neuer Zeitung berichtet werden kunte. Bald des ersten Tages funden sich bey der Mahlzeit zween Spanische Kaufleute / welche auff des WirtsNachfrage berichteten / ihrem Stathalter währe sein junges Weib / eine vornehme Römerin von einem fremden unbekanten Ritter / nahmens Nauzius / entführet /welches kein Mensch erfahren könte / wohin sie kommen währen / und ginge die gemeine Sage / der Stathalter währe ihrer Buhlerey wenig Stunden vor ihrer Flucht inne worden / aber durch Nachlässigkeit hätte er sein bestes verseumet / welches er nun zu späht beklagete / jedoch den Schimpff höher als den Schaden rechnete. Ich wunderte mich der Zeitung hefftig / und kunte daher leicht muhtmassen / das Weib würde gewarnet seyn / und sich beyzeiten aus dem Staube gemacht haben / so daß man meynete / sie währe mit mir davon gezogen. Weil ich dann einen Schiff-Herrn antraff / der gleich nach Spanien fahren wolte /schrieb ich an des Stathalters Sohn und begehrete von ihm verständiget zuwerden / was nach meinem Abzuge sich zugetragen hätte / bezeugete daneben meine Unschuld / und daß ich keinen Gedanken gehabt /mich dergestalt an seinem H. Vater zuvergreiffen /und seinem Ehebette einigen Schandflek beyzubringen. Ich bekam in weniger Zeit Antwort von ihm / er hätte seine Stifmutter gleich wie mich gewarnet / worauff sie in MannesKleidern zu Lande durch Gallien /und also in Italien geflohen währe / würde ohn zweifel sich nach ihren Verwanten in Sizilien verfüget haben / und daselbst heimlich sich auffhalten. Zwar der Stathalter / wie er meiner uñ ihrer Flucht zugleich verständiget worden / hätte / wie auch jederman /nicht anders gemeynet / als daß wir mit einander davon gelauffen währen / hielte auch noch diese Stunde davor / ich würde sie in ein fremdes Land geführet haben / worüber er hin und wieder nachfragen liesse; hätte insonderheit Engeland / Schweden und Dänenmark in Verdacht / da wir uns etwa möchten nidergelassen haben. Ehe ich diese Antwort bekam / lebete ich in Engeland sicher / und meynete aller Gefahr entgangen seyn / da ich doch dem Verderben bald in Rachen gelauffen währe. Ich gab mich bey Hofe an / und wartete dem Stathalter auf / der mich in Dienste nam /und mich vor seinen HofJunker und Vorschneider bestellete / dessen Bruder Tochter / Frl. Etburg / ein trefliches Fräulein / mir ihre gute Gewogenheit unterschiedliche mahl zuverstehen gab / wiewol mit so höflicher Zucht / daß kein anwesender dessen einigen Argwohn schöpffen kunte. Sie ward von dem Fürstlichen Frauenzimmer etwas verächtlich gehalten / weil sie von der Mutter her nur adeliches Standes wahr /deßwegen sie auch selbst sich lieber mit einem ädlen Ritter / als grossem Herrn verehlichet hätte. Ich stellete mich einfältig / und wolte ihre Gunst nicht merken /daher sie sich entschloß / mir dieselbe etwas deutlicher vorzutragen / indem sie in einem Tanze mir ein Ringelein schenkete / mit begehren / es ihr zu liebe und Gedächtniß zutragen / welches dann / Unhöfligkeit zumeiden / ich ihr nicht versagen wolte / steckete es an meinen kleinen Finger / und bedankete mich der gar zu hohen Ehre / die in Betrachtung meiner Geringfügigkeit ich zuerkennen nicht bestand währe. Sie aber antwortete mir: Ein Ritter / welchen Tugend und Geschikligkeit begleiteten / hätte sich bey ihr keiner Unwirdigkeit anzuklagen; sie hielte mehr auff Sitten und Tapfferkeit als auff Blut / daher sie auch an vielen geringern Leuten die Tugend hoch schätzete. Ich hatte keine Gelegenheit / ihr zuantworten / und ward nach geendigtem [867] Tanze mir zu meinem Unglük des Stathalters Tochter / Frl. Pondizea zugeführet / welche jeztgedachter ihrer Wasen an Schönheit wenig nachgab / aber sehr boßhafftig / frech und unzüchtig wahr / welche Laster sie zuzeiten wol zuverbergen wuste / wann ihre Bewägungen nicht zu hefftig gingen. Im Tanze ward sie des jeztgedachten Ringes an meiner Hand gewahr / ließ sich doch nicht merken /daß sie ihn kennete / sondern fragete mich / von was lieber Hand mir eine so anmuhtige Gedächtniß kähme; zwar sie währe willens gewesen / mir ein Zeichen ihrer guten Gunst einzuhändigen / weil sie aber fürchtete / dz schon gelieferte würde das ihrige unwert machen / oder von diesem nicht können gelitten werden / wolte sie ihre hohe Gewogenheit so lange einzihen / biß sie von mir ihrer Furcht benommen währe /nöhtigte mich auch / nach geendigtem Tanze zu ihr niderzusitzen / weil sie auff solche Gelegenheit schon mehr gewartet / und mit mir von allerhand Sachen zureden hätte. Ich beantwortete ihre erste Frage: Ich trüge kein Gunstzeichen an meiner Hand / ohn welches meine leibliche Schwester am Tage meines Abscheides mir zum freund-brüderlichen Andenken eingereichet hätte; Ihr gnädiges erbieten betreffend /währe solches viel zu hoch / und mein Finger ihres Fürstlichen Ringes allerdinge unfähig; würde mir auch von den vornehmen Anwesenden / insonderheit von ihren Eltern sehr ungleich / und zum bäurischen Frevel ausgelegt werden / wann ich mich zu ihrer Gnaden würde nidersetzen; bähte demnach untertähnig / mir nicht zuverargen / dz ihrer gnädigen Anmuhtung / der ich sonst herzlich gerne in allem gehorsame folge leisten wolte / vor dißmahl mich ungehorsam erzeigen müste / und hielt schließlich umb ihre beharliche Gnade an. Sie hingegen ließ sich nicht merken /daß ihr solche Erklärung zuwider währe / setzete sich an ihre Stelle / und ließ sich als eine tieffsinnige eine halbe Stunde ansehen / daß niemand / der sie anredete einige Antwort von ihr bekam; endlich nach außgetichteter Boßheit / machete sie sich hin zu ihrer Fr. Mutter / und ungeachtet Frl. Etburg zugegen wahr /brachte sie diese Verleumdung vor: Es hat meine Fr. Mutter sich oft verwundert / warumb gegenwärtige meine Wase höher geehret und beliebet ist / als ich /da ich doch keines gemeinen ädelmans Tochter zur Mutter habe / sondern euch / die jederman weis von altem Königlichen Blute entsprossen seyn; aber lasset euch solches hinfüro nicht mehr befremden / dann Leichtfertigkeit findet leider heut zu Tage allenthalben Plaz / und machet diese Ungerahtene so angenehm / welche sich auch nit scheuhet / den Rittern von fremden geringen Adel / deren Ankunfft uns nicht eins wissend ist / die Ringe von ihren Fingern zuverschenken; wie ich dann eben denselben jetzo an unsers neuen Vorschneiders Finger gesehen / mit welchem ihr sie neulich angebunden habet. Frl. Etburg erschrak der Rede höchlich / daß sie darüber erblassete; doch wie sie sehr kluges Verstandes wahr / erdachte sie bald einen Fund / und gab diese Antwort: Ach meine Durchl. Frl. Wase / ists möglich / daß der fremde HofJunker meinen Ring haben sol / den ich vor einer Stunde verlohren / und aus Furcht und Schahm nicht habe nachfragen dürffen / ob er gefunden sey? ging darauff zu mir / und sagete: Herr Ritter / ich vernehme ungefehr von meiner Bekantin einer /daß bey ihm ein Ring gesehen sey / den ich vor einer Stunde verlohren habe; da er nun denselben gefunden / bitte ich freundlich / mir denselben wieder zuzustellen / damit ich darüber nicht in ungleichen Verdacht gerahten möge. Alsbald fiel mir ein / was die Ursach seyn würde / trat mit ihr nahe zu der Stathalterin / daß sie uñ Fr. Pondizea [868] meine Antwort wol vernehmen kunten / fassete den Ring zwischen zween Finger /und sagte: Hochgebohrnes Fräulein; ich habe ja einen Ring funden / unwissend wem er zustehet / und ist mir sehr lieb / daß ich ihn an gehörigen ort wieder einliefern kan / hätte auch alsbald solches gerne verrichten wollen / wann die Unwissenheit mich daran nicht verhindert hätte / und bitte untertähnig / mir ein solches nicht ungleich auszulegen. Sie bedankete sich vor die überlieferung mit kurzen Worten und schlechter Bezeigung / kehrete sich zu ihrer Frl. Wase / und sagte zu ihr: Ich bedanke mich billich / daß ihre Liebe mir befoderlich gewesen / meinen lieben Ring wieder zubekommen / bitte daneben von Grund meines Herzen / mich des ungleichen Verdachts zuerlassen / ob solte ich durch Geschenke und Verehrungen suchen /mich bey Mannesbildern beliebet zumachen / welches mir nie in den Sin gestiegen ist / wil auch / da ich dessen kan überzeuget werden / die gebührliche Straffe der leichtfertigen Unkeuscheit auszustehen mich nicht wegern; und solte ich von einigem Menschen höher als meine Frl. Wase geehret seyn / müste mir solches schmerzlich wehe tuhn / wolte auch nicht unterlassen / mich an solchem groben Menschen zurächen; dann ich erkenne meine Geringfügigkeit sehr wol / und daß Euer Liebe Vortrefligkeit ich nicht zuvergleichẽ bin /aber doch willens / meiner Ehren und guten Nahmens fleissige Hüterin zu seyn. Frl. Pondizea lief vol Zorn /daß sie dergestalt solte auffm fahlen Pferde ertappet werden / rief mich deswegen herzu / und fragete mich unwürsch gnug / ob ich nicht gestanden hätte / daß mir der Ring geschenket währe. Ich gab ihr zur Antwort: Ich hätte ja solches / aber nicht von diesem / an dessen Gegenwart ich nicht mehr gedacht / sondern von einem andern Ringe geredet / und da ihre Gn. einen andern gemeinet hätte / bähte ich meines Irtuhms üntertähnige Vergebung / welcher daher gnug könte erkennet werden / daß ich hinzu getahn / es währe mir dieser Ring / nehmlich der am Goldfinger /von meiner Schwester geschenket worden. Ihre Frau Mutter kam ins Mittel / und gab vor / es währe ein schlechter Verstoß / der sich leicht zutragen könte; aber die Tochter bezeigete sich so unsittig / daß man leicht zuschliessen hatte / sie ginge mit nichts gutes schwanger; wie sie dann alsbald einen Trabanten zu sich gefodert hatte / und ihm befehl getahn / mir /wann ich heimgehen würde / selb vierde auffzuwarten / und mich ungescheuhet hinzurichten / welches von ihrem Herr Vater also befohlen währe / und er samt seiner Geselschafft bey Leib und Leben heimlich halten solte. Dieser wahr willig / es ins Werk zurichten /als zu welchem Dienst sie ohn zweiffel seiner ehemahl muste gebrauchet haben; nur geschahe zu meinem Glük / daß mein Leibknabe unvermerket anhörete / da dieser sich mit andern beredete / auff was Weise / und an welcher Ecke sie mich ansprengen wolten / auch / daß sie dessen von dem Fräulein eine reiche Vergeltung hoffeten. Ich ward dessen alsbald berichtet / hieß meinen Knaben schweigen / und unser beide Pferde geschwinde fertig machen / wahr auch gleich willens mich unvermerket hinweg zustehlen /da sich ein klägliches Geschrey erhuhb / Frl. Etburg währe in ihr eigen Messer gefallen / und alsbald Todes verbliechen. Bald vergaß ich meines eigenen Unglüks / lieff dem Gemache zu / da der Unfal solte geschehen seyn / und fand es leider also / wiewol aus allen Umständen gnugsam erschien / daß Frl. Pondizea diesen Mord mit ihrer unbarmherzigen Faust selbst begangen hätte / gestaltsam der TodtenLeiche ein kleines Messerchen im Herzen steckete / welches ja nicht kunte hinein gefallen seyn / [869] auch ihre Leibdienerin geruffen hatte: O mein Gn. Fräulein wird erstochen; wahr aber von der Tähterin durch harte Dräuung bald gestillet. Mir wahr nit anders zumuhte /als währe der Scharffrichter hinter mir gestanden / mir den Schedel herunter zuschlagen / drehete mich bey dem grossen Getümmel artig hinweg / meidete die bestimmete Mordecke / und durch einen zimlichẽ Umweg kam ich an meine Herberge / woselbst mein Diener alles nach meinem Willen verfertiget hatte; setzeten uns zu Pferde / und weil ich mit dem Tohrhüter wol daran wahr / ward ich willig außgelassen; da seumete ich nun nicht / sondern ritte nach dem nähesten Hafen / da mein ehemaliger SchiffHerr mich in einer Herberge antraff / und wegen meiner ritterlichen Kleidung / die ich anhatte / auch daß schon eine gute Zeit meiner Entweichung entgangen wahr / mich / vor den er mich hielt / nicht anreden durffte / biß ich mich selbst meldete / und ihm zwar vor die Lebens Rettung dankete / aber zugleich ihn erinnerte / niemand sobald zur Ruderbank zuverdammen / er hätte dann dessen bessere Kundschaft; zwar ich wolte ihm den Streich verzeihen / aber wann sein König es wissen solte / bey dem ich in grossen Gnaden stünde /dürffte derselbe es ihm nit so leicht schenken / weil ohn Ruhm zumelden ich hohes und Fürstliches Adels währe / daß noch wol ein geringer ihm das Ruder zihen könte. Er wahr noch so bescheiden / daß er umb Verzeihung anhielt / welche ich ihm völlig zusagte; uñ von ihm erfuhr / die drey von mir gebundene hättẽ zur Straffe biß in den dritten Tag also verbleiben müssen; beteurete nachgehends hoch / dafern er meines Standes hätte sollen berichtet seyn / welchen er auß meiner Kleidung nicht muhtmassen können /wolte er mir lieber auffgewartet / als das Ruder anbefohlen haben. Ich schrieb hieselbst einen Brieff an den Stathalter / bedankete mich als ein gebohrner Fürst aller beschehenen Ehr / und baht um Vergebung meines stilschweigenden Abscheides / dessen Ursach keine andere währe / als daß man ohn alles mein verschulden mir nach Leib und Leben getrachtet / wie sein Trabant / wann er peinlich gefraget würde schon bekennen solte / rechnete es aber weiblicher Blödigkeit zu / und erboht mich zu allen Freundschafftdiensten. Was aber hierauff mag erfolget seyn / habe ich noch zur Zeit nicht können erfahren. Auch schrieb ich von dar ab an den Spanischen Stathalter unter meinem ehemaligen Nahmen Nauzius / gab ihm meine reine Unschuld zuerkennen / und daß Zeit meines Lebens ich keinen Gedanken gehabt / einem Manne sein ehelich Weib zuverführen / oder deren zumisbrauchen / und da er mich in den falschen Verdacht hätte / als währe sein Gemahl mit mir davon gezogẽ / möchte er sich dessen wol begeben / weil ich dieselbe weder gesprochen noch gesehen. Darauf trat ich zu Schiffe / in willens des geradesten Weges nach Frießland zugehen / schwebete aber sechs Wochen auff dem Meer in überaus grosser Gefahr / biß wir noch endlich / Frießland erreicheten / und ich samt meinen geträuen LeibKnaben nach Wunsch bey dem Könige anlangete /bey dem ich mich etliche Wochen heimlich auffhielt /und mit Freuden erfuhr / daß mein Herr Vater den Zorn etlicher massen gemildert hätte / und entschlossen währe / mich der ungenehmen Heiraht zuerlassen / nicht allein / weil er sahe / daß mir der Tod angenehmer als dieses Gemahl wahr / sondern auch die gesamten LandStände auff des FriesenKöniges heimliches angeben / an den König meinen Herr Vater außdrüklich begehret / mich dieser Heyraht wegen nicht zuverfolgen / viel weniger meine Enterbung vorzunehmen / weil das ganze Reich eine solche Zuneigung gegen mich trüge / daß [870] sie lieber sterben und verderben / als mich verlassen würden. Uber welcher Erklärung die Königin meine Fr. Stieffmutter mehr als mein Herr Vater sich entsetzet hatte / weil man sie beschuldigen wollen / es währe alles ihr Getrieb / um ihre Fr. Schwester zur Königin nach meines Herrn Vaters Tode zumachen / und ihres Vortels daher zuspielen; dessen sie sich aber hoch entschuldiget / sich auff des Königes Zeugniß beruffen / und den Ständen ein zimliches genügen getahn hatte. Es riet mir aber nicht desto weniger mein Oheim der Friesen König /nochmahls ein bewägliches Schreiben an meinen Herr Vater abgehen zulassen / umb gnädigste Verzeihung meines Ungehorsams anzuhalten / und des mit den Ständen ergangenen nicht zugedenken; worauff ich gleichwol eine ungütliche Antwort bekam / ob ich noch nicht gelernet hätte / dem väterlichen Willen Folge zuleisten / solte ich ihm nit unter die Augen kommen / und dannoch wissen / daß Frl. Vanda ihr ganzes Glük nicht eben auff mich unbesonnenen gebauet hätte / sondern meines gleichen allezeit finden würde; wañ ich aber ihm kindlichen Gehorsam erzeigen wolte / solte ich unter angeno enem fremden Nahmen mich zu Rom eine Zeitlang auffhalten / biß er mich abfodern würde; worzu ich dañ sehr geneigt wahr / und zur Reise mich schickete / weil ich aus Dänenmark Mittel gnug bekam. Aber das leidige Unglük trat zwischen ein dañ mein Vetter der FriesenKönig starb eines jähen Todes / nicht ohn glaubwirdige Zeichen eines beygebrachten Gifftes / dessen Anstiffter ausser allem Zweiffel der Wendische Krito gewesen / und von Gott zur rechtmässigen Straffe gezogẽ ist. So bald der König verschieden wahr / begehreten nit wenig von dẽ Landständẽ (wiewol Krito die meisten bestochẽ hatte) ich möchte im Reiche bleibẽ /biß wegẽ künftiger Herschung gewisse Anordnung gemacht währe; da auch bald ihrer eine zimliche Anzahl auff meine Wahl gingen / weil der König ohndaß mich vorgeschlagen und mich zum Nachfolger im Reich ernennet hatte / aber der Unglüksvogel Krito fidelte mir durch seine ergebenen den Tanz / daß ich nicht auffkommen kunte / und Gott lob dieses Königreich dem zu teil worden ist / dem ichs / wie mein Gott weiß / eben so gerne / ja lieber als mir selbst gönne. Nun habe ich in mehr als drey Jahren meinen Herr Vater nicht gesehen / als auff diesem Schlosse /und bezeiget er sich annoch nicht so gütig / daß ich ihm trauen darf: ja kriegen mich meine Gedancken nicht / dürffte er noch eins versuchen / mich zu dieser Heirath zu nöhtigen / wovon mich aber zum wenigsten der Tod befreien sol / und kan mirs so gut werden / wil ich mit Fürst Arbianes in Meden reisen / und mein angebohrnes Königreich / als lange mein Herr Vater lebet / aus dem Sinne setzen / es währe dann sache / daß eure Hochheit mir gnädigst befehlen wolte / ihr meine Flammen zu offenbahren / die mir kaum vor 20. Stunden in meiner Seele auffgangen sind; bitte daneben demühtigst üm Verzeihung / daß mit unlieblicher Erzehlung meines außgestandenen Unglüks dieselbe ich so lange auffgehalten / und ihrer Geduld mißbrauchet habe; welches eigentlich zu dem Ende geschehen ist / daß derselben ich die wiedrigen Gedancken benehmen möchte / ob trüge ich einiges beliben zu dem Wendischen Fräulein / da mir doch angenehmers nicht begegnen kan / als daß diese Ursach der Ungewogenheit meines Herrn Vaters solcher Gestalt aus dem Wege geräumet werden möge; worin Ihre Hochheit sich fleissigst bemühen wollen / ich demühtigst bitten wil. Eure Liebe hat mir in Warheit einen sehr angenehmen Dienst und Willen durch die Erzählung ihrer denkwürdigen Glückes-Fälle bezeiget / antwortete Königin [871] Valiska; sonsten gestehe ich /daß die erst ausgelassene Seuffzer bey mir allerhand Nachdencken verursacheten / und mein Vorhaben /die Heirath zwischen König Mnata und diesem Fräulein betreffend / schier rükstellig gemacht hätten /welche nunmehr mit gutem Verfolg zustiften / ich wenig zweifele. Hier bekam Fürst Olaff erst gute Hoffnung seiner Liebe / weil er in furchten stund /dieser König würde ihm an seinem Vorhaben hinderlich seyn / und den süssen Schwedischen Braten vor sich begehren; reizete deswegen Königin Valiska mit vielfältigem Bitten / diese Heirath eiferig zu treiben /welches sie ihm geträulich versprach; doch wil ich hierin nicht das allergeringste vornehmen / sagte sie /es sey dann / daß eure Liebe mir ihrer erstgedachten Liebes-Flammen bessere kundschafft gönne / ob ich dieselbe verhoffentlich nach ihrem Willen befodern könte. Ich sehe wol / fuhr sie auff sein stillschweigen fort daß eine unzeitige Schahm eure Zunge hemmet /massen der Liebe Eigenschafften mir auch zimlich bekant sind / aber mein Oheim hat sich schon zu weit bloß gegeben / und was gilts / ob diese Flammen nicht vom Schwedischen Schwefel angezündet sind /welche nicht als durch ein Wasser aus eben diesem Schwefel gebrennet / können gelöschet werden? dafern ich nun eine untriegliche Wahrsagerin bin / so lasse michs mein Oheim wissen / und gebe mir Gelegenheit / in der Taht dereins sehen zu lassen / wie gerne ich ihm zu dienen mich gebrauchẽ liesse / insonderheit / weil auf diese Heiraht ich gleich damahls bedacht gewesen bin / als eure Liebe ich das erstemahl gesprochen habe. Fürst Olaf bedankete sich mit sonderlicher Demuht / bekennete sein Anliegen willig / stellete ihr alles sein Glük uñ Wolfahrt / wie er sagete in ihre hülfreiche Hand / und gingen hiemit voneinander / Valiska aber alsbald nach dem Dänischen Könige und seinem Gemahl trug ihnen Königs Mnata Anwerbung vor / und rühmete ihn / daß er gnug wirdig währe / mit einem solchen Fräulein eine Heiraht zu treffen. Diese bedanketen sich sehr der getahnen Werbung / und daß sie es in bedenken zihen / mit dem Fräulein bereden / und deren Erklärung ihrer Liebe wieder hinterbringen wolten. Valiska begehrete von ihnen / daß ihr vergönnet seyn möchte / mit dem Fräulein selbst hievon zureden / und als ihnen solches sehr lieb wahr / ging sie zu ihr hin in ihr absonderliches Gemach / fand sie in dünnen Unterkleidern / welche ihr besser als der Fürstliche Schmuk anstunden /und nach freundlicher Begrüssung suchete sie gelegenheit mit ihr von Liebessachen zureden / welches dem frommen Fräulein nit eine geringe Schamröhte austrieb / insonderheit / als sie ihr des Pannonischen Königes Gruß und Dienst anmeldete / und seine inbrünstige Gewogenheit kund machete / auch daß er von ihr begehret hätte / ansuchung zu tuhn / ob sie ihn in ihre Hulde nehmen / und solche Heiraht ihr gefallen lassen könte; doch erholete sie sich endlich / bedankete sich der hohen Ehre / nicht allein / dz König Mnata ihr solche ehrliebende Gewogenheit trüge /sondern auch / daß sie solches selbst zubestellen auff sich genommen hätte / wante ihre Unwirdikeit ein /und baht umb verzeihung / daß sie völlige Antwort zugeben so ungeschikt als unvermögen währe / weil ihr gn. Herr Schwager der Großmächtigste König in Dännemark ihr an Vaters stat stünde / und in diesem falle ihr völlig zugebieten und verbieten hätte; sie vor ihr Häupt wolte hochgedachtem Pannonischen Könige vor diese hohe Zuneigung gebührlich gedanket haben / als welchen sie vor einen verständigen ehrliebenden König aus gestrigem Gespräch erkennete / und der mit ihrem unverstande mitleiden tragen würde / daß sie ihm nach gebühr nicht [872] hätte begegnen köñen. Valiska merkete hieraus / daß ihr solche Heiraht nicht unangenehm wahr / nam alles vor bekant an / machte sich wieder nach dem Dänischen Könige / und erhielt von ihm und seinem Gemahl diese Antwort; Dafern dem Pannonischen Könige das Fräulein zu ehren beliebete / solte sie ihm unversaget seyn; und wann sie /Königin Valiska der Anwerbung halben ausdrüklich abgeschikt währe / wolten sie ihrer Liebe gebührliche Antwort geben. Worauff sie anzeigete / es währe ihr zwar volmacht gegeben / die Handelung anzufahen /aber die ordentliche Anwerbung würde zweifels ohn durch ansehnliche Herren verrichtet werden; sie hätte an dieser Erklärung ein sattes Genügen / und bähte /ihr nicht zuverargen / daß sie mit dem Fräulein noch einmahl absonderlich reden wolte; ging zu ihr hinein /taht ihres Herrn Schwagers Erklärung ihr zu wissen /und baht / daß sie sich etwas besser heraus lassen /und mit ihr als mit einer vertraueten Freundin reden möchte; erhielt auch eine solche Antwort / daß sie gnug versichert wahr / daher sie mit ihr nach dem Dänischen Könige ging / und ohn Wortgepränge etliche trefliche Kleinot hervor zog / welche sie ihr im Nahmen und von wegen Königes Mnata überlieferte / bittend / solche als ein Zeichen ehrliebender Gewogenheit anzunehmen / und zu weiterer Handelung den verliebeten König zuverstatten. Frl. Vanda stund als ein gehauenes Bild / durfte die Schenkung weder ausschlagen noch annehmen / sondern baht ihre Fr. Schwester Rusila die Dänische Königin / ihr zubefehlen / wessen sie sich verhalten solte; die mit einem freundlichen Lachen zu ihr sagete: Ob sie nicht wüste / daß sie dieser treflichsten Königin der Teutschen /welche ihr aller Menschen Herzen verbindlich machete / zu gehorsamen schuldig währe / als die ihre Wolfahrt zubefodern / ihr so hoch liesse angelegen seyn; warumb sie dann erst fragete / ob sie ihre Schuldigkeit verrichten solte oder nicht? reichete ihr damit einen sehr köstlichẽ Ring / und daß sie solchen dem Könige zur Dankbarkeit wieder zusenden solte / dafern sie gegenwärtige Königin bewägen könte / die Mühe der Lieferung auff sich zunehmen. Worauff das Fräulein ein Herzfassete / und diese Erklärung von sich gab: Ich merke wol / daß meine Fr. Schwester /welche bißher noch allemahl Mutterstelle bey mir vertreten / sich nunmehr dessen begeben / und meiner Gn. Fr. Königin / Fr. Valisken / solche abtreten wil /daher dero Königl. Hocheit zu gehorsamen ich mich schuldigst erkenne / untertähnigst bittend / mit ihrer beharlichen Gunst und Gnade mir zugetahn zuverbleiben / auch mir gnädigst zuverzeihen / daß diese mir angebohtene Kleinot anzunehmen / mich so lange auffgehalten; nahm hiemit dieselben von ihrer Hand mit sonderlicher ehrerbietigkeit / und fuhr also in ihrer Rede fort: So empfahe ich nun / meine Schuldigkeit zu leisten / dieses ansehnliche Geschenk mit gebührlicher Untertähnigkeit / bedanke mich beydes gegen den Ubersender uñ die hochwirdigste Uberbringerin / und wolle ihre Hocheit nach anordnung meiner Fr. Schwester / diesen schlechten Ring höchstgedachtem Könige aus Pannonien hinwiederumb einzureichen unbeschweret seyn / mit solcher Erklärung / die meiner gnädigsten völlig-gebietenden Königin gefällig / und meiner jungfräulichen Zucht wolständig seyn wird; solte dann ein mehres von mehrgedachtem Könige an mich begehret werden / wird ihre Hocheit solches mit meiner Fr. Schwester und ihrem Königlichen Gemahl schon abhandeln / weil meine angebohrne Scham mir dergleichen teidungen nicht zulassen wil. Valiska erboht sich zu aller mögligkeit / und verfügete sich alsbald nach Mnata / ihn mit ihrer guten verrichtung [873] zuerfreuen. Nun hatte die Dänische Königin es freilich bißher bey ihrem Gemahl heftig getrieben /daß die Heiraht zwischen ihrem StiefSohn und dieser ihrer Frl. Schwester geschlossen würde / damit nach des Königes absterben / sie nach wie vor im Reiche mächtig bliebe / dann sie wahr Ehrsüchtig / und nam sich der Herschaft mehr an / als ihrem Wolstande gemäß wahr / wozu der König durch die Finger sahe /daß er als ein alter Herr ihre Gewogenheit behalten möchte; womit doch die Stände nicht allerdinge friedlich wahren / insonderheit daß sie nicht wenig Auffkünfte an sich zohe / welche von rechtswegen der Schazkammer hätten sollen einverleibet werden. Diese als sie vor gewiß sahe / daß Fürst Olaff sein Gemüht durchaus nicht zu ihrer Fräulein Schwester neigen wolte / und ihr die Pannonische Krohn zu bohte stund / welche zu den Zeiten in sehr grossem ansehen / und von jederman gefürchtet wahr / ließ sie ihren ersten Vorsaz schwinden / und lag ihrem Könige an / er solte seinen Sohn vor sich fodern / ihm den erzeigeten Ungehorsam gänzlich vergeben / und ihn zu vollen väterlichen Gnaden wieder annehmen / auch dabey vermelden / daß sie ihn hierzu ermahnet und vermocht hätte / damit er sie aus allem ungleichen Verdacht liesse / welcher nach des Vaters Tode ihn zur Rache antreiben dürfte; wie dann der König solches alsbald verrichtete / und das geschehene der ewigen Vergessenheit befehlend / ihm alle väterliche Hulde versprach; dessen Olaf sich von Herzen erfreuend / beyden Eltern allen möglichen Gehorsam /Liebe und Träue verhieß / und sich insonderheit gegen seine Stieffmutter höchlich bedankete / daß sie ihm seines Herr Vaters Gnade und Gewogenheit wieder erworben hätte. Unterdessen König Mnata von Königin Valisken hoch vergnüget / nam etliche Kleinot hervor / und baht inständig / sie dem Fräulein einzuhändigen; als er aber vernam / daß sie ein solches schon aus eigenem Getrieb ohn sein Vorwissen verrichtet hätte / und den überschikten Ring von dem Fräulein empfing / küssete er ihr die Hände / bedankete sich ihrer geträuen Vorsorge / und erboht sich /ihr zu Ehren und Gedächtniß ein trefliches Schloß mitten in seinem Königreiche auffzubauen / welchesValisken-Ehre solte genennet / und auff demselben nicht allein die Königlichen ReichsSchätze verwahret / sondern auch alle seine Nachfolger gekrönet werden. Ging hernach auff ihr gutdünken mit ihr nach Herkules und Ladisla / welche er vermochte / die Freywerbung bey dem Dänischen Könige und seinem Gemahl abzulegen / welches alsbald / noch vor der Mahlzeit verrichtet ward / und liessen sie nach empfangenem Jaworte ihn hinfodern / da er mit dem Fräulein sich selbst verlobete / und inwendig einer Stunde sich bey ihr durch viel Geschenke und andern liebkosen sehr beliebt machete / daß sie ihm des Beylagers Zeitbestimmung heimstellete. Also gingen sie miteinander zur Mahlzeit / woselbst ihnen von allen Anwesenden Glük und Heil gewünschet / und daneben beschlossen ward daß das Beylager auff das angesetzete Freystechen solte gehalten / und zu Prag hochfeyrlich begangen werden; welche kurze Zeit der Dänischen Königin schwehr fiel / einwenden / sie könte in solcher Eile /und darzu noch in der fremde / zu dem gebührlichen Hochzeit Schmuk nicht rahten. Valiska aber tröstete sie / mit Versprechung / weil sie die Königlichen Kleider in grosser Menge mit sich aus weitabgelegenen Ländern gebracht hätte / und es ihr an Kleinoten auch nicht mangelte / wolte sie Mutterstelle vertreten helffen. Bey der Speisung wahr Valiska voller Gedanken / daß Herkules wol sahe / sie währe mit Anschlägen beladen / wie sie dann emsig nachsinnete / [874] auff was weise sie noch heut den verliebeten Olaff befriedigen möchte; weil sie aber Frl. Schulda Willen und Meinung nicht wuste / wiewol sie am Fortgange gar nicht zweifelte / wolte sie doch dessen sich zuvor erkundigen / und nach geendigter Mahlzeit redete sie allererst mit Siegwarden / offenbahrete ihm ihr Vorhaben und Olaffs hefftige Verliebung / mit begehren /ihr sein Gutdünken zueröffnen; sie vor ihr Häupt könte nicht anders als solche Heyraht vor genehm halten / weil obgedachter Fürst nach seines Herr Vatern Hintrit das Königreich Dänenmark unstreitig beherschen würde / und hiedurch die Nordische Kronen treflich könten verbunden werden. Als nun Siegward sehr bitlich anhielt / daß sie dieses gute Werk fortsetzen möchte / suchte sie gelegenheit / mit dem Fräulein zusprechen / bezeugete ihr anfangs ihre schwesterliche Hulde / und daß sie nicht anders suchete / als dessen wirkliche Leistung sehen zulassen. Vor welche Gunst das Fräulein sich sehr bedankete / und umb beharliche Gewogenheit anhielt / auch hinwiederumb sich zu allem Gehorsam anerboht; daher Valiska ursach nam / ihr etwas näher zutreten / sagete / sie wolte sehẽ / ob ihr Erbieten mit der Taht überein stimmen würde / und fragete sie / ob ihr Herz annoch von der Liebe frey / oder albereit mit einem Schatze versehen währe; worauff sie mit einer ihr ohndas beywohnenden Schahm zur Antwort gab / daß ihr biß auff diese Stunde alle Liebreizungen fremde und unbekant währen / als einer / die noch zur Zeit / ausgenommen dißmahl / in keiner Geselschafft sich hätte finden lassen /da junge unverheyrahtete Fürsten gewesen; ja sie hätte nie keinen jungen Herrn ohn vor etlichen Jahren in ihrer Kindheit Fürst Herkules und Ladisla / und nachgehends Fürst Baldrichen / ihre Oheimben gesehen /und währe nun der fünffte (ihren Herr Bruder Siegward mitgerechnet) Fürst Olaf aus Dänenmark / welcher gleicher gestalt ihr mit Blutfreundschaft zugetahn währe. In Warheit / antwortete Valiska / kan ich wol bezeugen / daß dieser unser Oheim Fürst Olaff / einer solchen lieben Wasen / als ihr seyd / wol wert ist /und verdienet seine Königliche Tugend / die auff dem allerschönsten / aber auch bestendigsten Grunde (ich meyne die Demut) erbauet ist / daß er von jederman geliebet und geehret werde / möchte auch meines teils von herzen wünschen / daß mein Frl. Schwester ihr annoch unversagtes Herz diesem lieben Fürsten einräumen könte / massen ich ihre Liebe versichere / daß er nicht allein dessen wol wirdig / sondern mit so inbrünstiger Begierde zu euer Schönheit und Tugend gezogen wird / daß er tausendmahl lieber sterben / als von ihr sich trennen lassen wil; wie dann heut früh ihn die tausendmahl lieber sterben / als von ihr sich trennen lassen wil; wie dann heut früh ihn die überflüssige Liebe dahin getrieben hat / daß er mir sein ganzes Herz sehen lassen / mit inbrünstiger Bitte / ich möchte mich bemühen / ihm bey Euer Liebe Gnade zuerwerben / umb welche selbst mündlich anzuhalten / er seinem verliebeten vorgeben nach / unwirdig und ungeschikt währe; Wie dann / in betrachtung unserer vertraulichen Freundschafft / und wegen der Neigung / damit Euer Liebe ich verpflichtet bin / ihm solches nicht habe abschlagen können noch wollen; und erinnere ich zufoderst Eure Liebe herzträulich / nur dieses zubedenkẽ / daß wir Königliche Fräulein vor allen andern unser bevorstehendes Glük nicht übersehẽ / und mutwillig vorbey streichen lassen müssen / angesehen / Bürger- und ädle-Töchter ihres gleichen alle Tage und allenthalben finden / daß wann dieser sie nicht wil / oder er ihnen mißfället / sie bald einen andern aussehen und antreffen mögen / der sie zur Traue führe; aber Königliche junge Fürsten sind gar ein selzames Wildbrät / welche uns nur von Gott sonderlich[875] zugeführet werben / so daß manniches Königliche Fräulein / wil sie sonst im Ehestande leben / sich in etwas verringern / und unter ihren Königlichen Stand sich an einen nidrigen Fürsten verheyrahten muß. Weil dann der günstige Himmel Euer Liebe vor dißmahl seine hohe Gewogenheit scheinen lässet / zweifelt mir nicht / sie werde ohn mein erinnern schon wissen / wie sie sich dabey verhalten solle / nachdem ihr eigener Verstand sie dessen gnug berichten kan. Hiemit endigte sie ihre Rede / und mit einem schwesterlichen Kusse ließ sie ihre Gewogenheit spüren; welches das Fräulein nicht minder schamhafftig / als die angehöreten Reden annam / endlich noch fassete sie einen Muht / und gab diese Antwort: Großmächtigste Königin / Gn. Fr. Wase; es hat Eure Königl. Hocheit mir solche Sachen vorgetragen / welche ich weder zubeantworten / noch schweigend vorbey gehen zulassen weiß / nur daß ich daher die hohe unverdienete Gewogenheit erkenne / mit welcher ihre Vortrefligkeit mir zugetahn ist / dann eine Todsünde würde mirs seyn / wann an ihrer aufrichtigen Träue ich das allergeringste zweifeln solte; dafern nun gleichwol mir als einem jungen Fräulein nicht verarget würde /ihrer Hocheit vorgebrachtes in etwas zubeantworten /gestehe ich / daß ich meinen Fräulein-Stand annoch sehr weit hinaus gesetzet habe / und zwar eben aus den jezt eingeführten Ursachen / daß wir Fräulein wegen Mangel unsers gleichen / das Glük abwarten müssen / dessen ich mich noch nicht vermuhten kan /angesehen meine Jugend und andere Unvolkommenheiten deren ich mich unterworffen weiß / welche mich dann sehr zweifeln machen / daß der Königliche Fürst und einige Erbe der Dänischen Krone meiner groß achten / oder sonst Neigung zu mir fassen solte /es währe dann / daß meine Gn. Fr. Wase ihn darzu anreizete und beredete / welches ihm sonst sein eigen Herz nimmermehr eingeben würde. Ach nein / mein Schwesterchen / sagete Valiska; eine solche Beschaffenheit hat es trauen mit der Liebe nicht / daß sie durch eines andern Geboht in des Menschen Herzen könte gezeuget werden / sondern die innerlichen Bewägungen wirken und blasen diese Funken auff / welche durch Schönheit / Tugend und Freundligkeit geschüret / und in kurzer Zeit in volle über sich schlagende Flammen verkehret werden; und versichere sich meine Frl. Schwester nur kühnlich / daß hefftigere Liebes-brunst nicht bald mag gefunden werden / als welche in dieses auffrichtigen tapffermühtigen Fürsten Seele gegen ihre Vortrefligkeit brauset / so daß ihm unmöglich ist / selbe länger zuverbergen. Ob er nun Euer Liebe wert sey / oder nicht / wil ich vor dißmahl nicht berühren; einmahl ist gewiß / daß die beyde Kronen Dänenmark und Schweden / eine der andern nichts bevor gibt / und haben wol ehe durch Heyraht vertrauliche Freundschafft gestifftet; deßwegen wolle Eure Liebe sich etwas eigentlicher erklären / damit ich wissen möge / ob der Mann ihr beliebet seyn könne; dann wann die Gemühter sich nicht soltẽ vereinbaren wollen oder können / währe viel besser gelassen / als getahn. Ach meine Gn. Fr. Wase / antwortete Frl. Schulda / ich bitte zum höchsten / mir meine Blödigkeit nicht ungleich auszulegẽ / vielweniger mich in den Verdacht zu zihen / ob solte ich aus frevelmühtigem Stolze mich über diesen Königlichen Fürsten erheben / den Eure Hocheit als einen Bruder liebet; hat mir der Himmel dieses oder ein ander Glük ausersehen / wird sich mit der Zeit schon entdecken /welches ich aber so wenig wissen als sagen kan / in Betrachtung / daß ich unter meiner lieben Eltern Gewalt bin / und dieselbe / wie in allen andern / also auch in diesem falle mir [876] völlig zubefehlen haben. Königin Valiska wolte hierauff antworten / aber sie sahe Fürst Olaff herzutreten / daher foderte sie das Fräulein auff / und führete sie ihm mit diesen Worten zu:Memento tui, & desine latere. Das ist:Nehmet eurer selbst wahr / und höret auff / euch so verborgen zu halten. Wodurch ihm der Muht wuchs / daß er vornam /dem Fräulein seine Liebe zuerklären; wie er dann nach geendigtem Tanze sich zu ihr nidersetzete / und also anfing: Mein Fräulein wolle mir / bitte ich / diese Grobheit verzeihen / die mich kühn machet / einer so treflichen Königlichen Fräulein mein dienstergebenes Herz gehorsamst auffzutragen / nachdem ich nicht gläuben kan / daß einiger Fürst der Welt sich nicht schuldig erkennen solte / ihrer Vortrefligkeit sich zun Füssen zulegen / ungeachtet nur ein einziger unter diesen allen glükselig seyn / und die Gunst der Gefälligkeit davon bringen wird / da dann über den Römischen Käyser selbst ich mich schätzen würde / wann bey ihrer hohen Gewogenheit ich diesen Plaz erwerben / und von ihrer Liebe zum Diener könte auffgenommen werden. Zwar ich kan mich meiner Unwirdigkeit sehr wol erinnern / und daß an das minste ihrer Volkommenheit ich nit reichen mag / es währe dañ / daß mein gebietendes Fräulein bloß aus Gunst mich vor etwas schätzen / und meine Geringfügigkeit gnädig übersehen wolte / welches Zeit meines Lebens zuerkennen / ich mich befleissigen würde / mit dem unbrüchigen versprechen / daß viel ehe der Tod meine Seele dämpffen / als einiges Ding der Welt meine ehrliebende Gewogenheit und dienstbegierigen Willen von meinem Fräulein abwenden solte; und ob ich meines ansuchens genügliche Erklärung zu empfahen nicht wirdig bin / so bitte ich nur zum demütigsten /mein Fräulein wolle mein unwirdiges Herz nicht alsbald mit Füssen treten / noch meinem Verdienste nach mich hinausstossen / sondern mir gnädig vergönnen /dasselbe zulieben / welches mich mehr als aller Welt Hocheit vergnüget / womit mein inbrünstiges Ansuchen ich schliessen / und ihrer ungemässenen Gewalt mich ohn alle Bedingung untergeben wil. Küssete darauff ihre zarte Hand / und erwartete der genüglichen Erklärung / welche sie folgender Gestalt außließ: Durchleuchtigster Fürst; wie ungeschickt ein säugendes Kind ist / geputzete Reden vorzubringen / so wenig befinde ich einiges Vermögen oder Kühnheit bey mir / ihrer Liebe Vorbringen zubeantworten /welches ohndas wegen des mir noch zur Zeit unverständlichen uñ biß daher aller Dinge unerhöreten Vortrages / sich aus meiner sehr kurzen Gedächtniß schon hinweg gestolen hat; dafern aber mein kindischer Verstand mich nicht betreuget / wil eure Liebe entweder mich prüfen / ob ich könne hochmühtig seyn / und ein mehres / als ich nicht bin / von mir halten; oder aber /sie hält um etwas bey mir an / welches zubeantworten nicht mir / sondern meinen lieben Eltern geziemen wil; im übrigen weiß euer Liebe Erfahrenheit und meine kindische Jugend ich sehr wol gegen einander zuhalten / uñ wie schlecht ich bestehen würde / wann mit euer Liebe ich mich in ein Streit Gespräche einlassen wolte. Jedoch bedanke ich mich gebührlich der hohen Ehre / die ohn meine Wirdigkeit mir angelegt wird / und wie ich mich nicht bereden kan / dz ein Fürst Königliches Geblüts und nähester Erbe der Großmächtigen Dänischen Kron / ein unwitziges Fräulein auffzuzihen Lust haben solte / also wil hingegen ihre Liebe ich freundlich gebehten haben / meiner mit so hoher ganz unverdieneter Lobrede und niderträchtiger Bezeigung / die ich durchaus nicht ersetzẽ kan / freundlich zuverschonen / auch eine weitere Erklärung von mir nicht zufodern / biß dahin [877] solches von meinen lieben Eltern mir wird zugelassen und befohlen seyn. Diß wahr ihre gegebene Antwort auff des Fürsten Vorbringen / und dauchte ihr unmöglich /sich weiter heraus zulassen; jedoch ihren guten Willen zubezeugen / meldete sie ihm an / wie ihre liebe Eltern sich so hoch erfreuet hätten / als ihr Herr Bruder Siegward ihnen die geträue brüderliche Freundschafft zugeschriebẽ / welche sie beide miteinander so fest gelegt / dz nichts als der Tod sie würde trennen können / weil hierinnen / ihrer Eltern Meinung nach /beider Nordischen Reiche Wolfahrt und Sicherheit bestünde. Fürst Olaff ward bald nach diesem Vorbringen von Königin Sophien zum Tanze gefodert / da inzwischen Siegward sich zu seiner Frl. Schwester nidersetzete / und sie zum Schimpff fragete / was vor ernstliche Sachen sie mit dem Dänischen Fürsten berahtschlagete; er vor sein Häupt wolte sie brüderlich ersucht haben / ihm ihrer Gewohnheit nach /freundlich zubegegnen / und ihm nicht zuverargen /ob er gleich der jungen unverheirahteten Fürsten Gebrauch nach / sich etwas kühn im Reden erzeigen würde; sie ihm aber zur Antwort gab; der Fürst hätte nach seiner Höfligkeit mit ihr gescherzet / uñ sich im geringsten keiner Ungebühr verlauten lassen / schätzete ihn auch der Zucht und Erbarkeit / daß er mit ihr weiters nicht reden würde / als was ihr Unwiz zubeantworten tüchtig währe. Königin Valiska hatte sich inzwischen zu der Schwedischen Königin Fr. Hedith gesetzet / uñ nach Bezeugung ihres guten Willen / weitschweiffend zuverstehen geben / daß sie an dem Dähnischen Fürsten eine sonderliche ehrliebende Gewogenheit gegen ihre Frl. Tochter gespüret; da sie nun wissen solte / ob ihr und ihrem Gemahl dem Könige diese Heyraht gefallen könte / währe nichts dienlichers / als daß man zur Sache tähte / massen ihr schon unfehlbahr bewust währe / daß der Fürst darzu heftiges Belieben trüge / dessen hohen Verstand und unerschrockenen Muht / nebest anderen Fürstlichen Tugenden sie hoch rühmete / als welcher in künfftig der Dänischen Kron wol anstehen würde. Königin Hedith bedankete sich der fleissigen Vorsorge und geneigeten Willens / baht den Sachen einen geringen Anstand zugeben / biß sie mit ihrem Könige davon geredet hätte / welcher ohn Zweiffel diese gute gewünschete Gelegenheit / beide Kronen in Friede und Ruhe zuerhalten / nicht aus der acht lassen / noch einem so mächtigen Fürsten und künfftigen Könige sein Fräulein versagen würde. Nun hatte die Dänische Königin eine aberwitzige Auffwärterin / nahmens Heta / welche viel närrischer Auffzüge zumachen /sonderliche Einfälle hatte / und daneben doch sehr einfältig wahr. Diese trat in dem offenẽ Saal zu ihrer Frauen / und baht überlaut / sie möchte fleiß anwenden / dz das schöne Schwedische Fräulein ihrem Fürsten verheyrahtet / und noch diesen Abend beygelegt würde; und ob ihr gleich von der Königin hart und bedraulich zugeredet ward / ließ sie doch nicht nach /sondern ging zu der Königin in Schweden / und hielt umb eben dieses bey ihr an / rühmete was vor schöne Kleider der Fürst annoch in Dänenmark zurük gelassen hätte / und wie zierlich ihm dieselben anstünden; so währe er from / hätte sie offt der Ruhte entrissen /und ihrer gn. Frauen Zorn abgewendet / welches zuvergelten / sie ihm das Fräulein zufreyen wolte / dann allein dieser und keiner anderen wolte sie den Fürsten ihren Bräutigam abstehen / welcher ihr schon vor etlichen Jahren die Ehe versprochen hätte. Fr. Rusila die Dänische Königin dieses hörend / ließ die Närrin hinweg reissen / und baht die Schwedische Königin / dieser Unsinnigen zuverzeihen; welche aber bald wieder kam / und kurzumb [878] gewisse Erklärung haben wolte; daher die Schwedische Königin lachend zu ihr sagete: Ihre Frl. Tochter währe heßlich / und würde der Königliche Fürst keine Anmuhtigkeit zu ihr haben können / sonsten solte sie ihm unversaget seyn. Was? ist sie heßlich? sagte die Närrin; zog Fürst Olaff herbey /und fragete ihn / ob das Schwedische Fräulein nicht ein wunder-schönes Engelchen währe; und als er solches mit gnug verwirretem Gemühte bejahete / sagte die Närrin zu Königin Hedith: So höret ihr ja / daß sie unserm Fürsten schöne gnug ist / deßwegen saget sie ihm zu / daß wir bald zur Hochzeit gehen. Fürst Olaff wünschete / weit gnug davon zuseyn / aber die anwesende / auch die Eltern selbst nahmen es vor ein unfehlbares Zeichen der künfftigen Heyraht auff; wie dann Königin Valiska bald herzu trat / und also redete: Ich weiß nicht / ob das alberne Mensch einerley Gedanken mit mir führet / ohn daß sie ihre Meynung beherzter ausreden darff; zwar es würde kein fester Band diese NachbarKronen in bessere Einigkeit erhalten / als eben diese gewünschete Heiraht / wann es Gott also versehen hätte / und dürffte ich mich erkühnen / meine Herren Oheimbe / die Großmächtigsten Könige der beyden Nordischen Reiche / umb ihre Meynung zubegrüssen / hielte ich davor / der Fürst und das Fräulein könten eins an dem andern gewünschete Vergnügung haben. Herkules meynete / seine Valiska gebrauchte sich schier gar zu grosser Freyheit / und wolte ihr durch einen freundlichen Scherz einreden; aber der Dänische König kam ihm zuvor / stund auff von seinem Stuel / und antwortete ihr also: Großmächtigste Königin der Teutschen / höchstwerte Fr. Wase; nicht ohn Ursach hat das Gerücht ihren Preiß überal durch die Welt ausgebreitet / daß es fast in einem Nuh von einem Ende der Welt zum andern geflogen ist; massen Eure Liebe ihr nichts so hefftig lässet angelegen seyn / als wie sie der Könige Herzen mit beständiger Freundschafft verbindẽ / und alle Fehde gänzlich auffheben mögt; welches dann gleich an diesem Tage Eure Liebe mir so klärlich zu meinem besten sehen lässet / daß mein ganzes Königreich ihr davor zudanken schuldig ist / wovon ich doch vor dißmahl weiter nicht reden wil / sondern wende mich zu meinem Hn. Oheim und Nachbar-Freunde dem Großmächtigstẽ Könige aus Schwedẽ / Hn. Haron /und bitte von seiner Liebe verständiget zuwerden / ob dieselbe zugeben könne / dz das Durchleuchtigste Königl. Fräulein / Frl. Schulda / seiner Liebe herzgeliebte Frl. Tochter / nach meinẽ Tode zur gewaltigẽ Königin über Dänenmark möge gekrönet / uñ von meinem freundlichẽ lieben Sohn / ihrer hohẽ Tugend uñ Wirdigkeit nach / gebührlich geliebet und geehret werden; dann ich zweifele nit / es werde mein Sohn solche Glükseligkeit erkennen / und in diesem Stük seinem Stande nach sich zuverhalten wissen. König Haron wahr gleichergestalt von seiner stelle schon auffgestanden / uñ gab folgende Antwort: Großmächtigster König / Herr Oheim und Nachbar-Freund; nachdem mir gleichergestalt gebühren wil / der unvergleichlichen Heldin und ruhmwirdigsten Königin /meiner Fr. Wasen Fr. Valisken / wegen ihrer geträuen Vorsorge zu denken / in dem ihre Liebe sich bemühet / das allerbequemste Mittel zuersinnen und zubefodern / wodurch die Nordischen Reiche in bestendiger Einigkeit können erhalten werden / wie dann hiemit ihrer Liebe / meiner Fr. Wasen ich von Herzen danke / und zu ihrem Dienste mich mit alle meinem vermögen anerbiete; so bin ich ebenermassen auch schuldig / die grosse Gewogenheit zuerkennen / welche des Königs von Dännenmark seine Liebe / meiner Frl. Tochter spüren lässet / in dem sie ihren geliebten Herr [879] Sohn / den hochberümten Helden und treflichen Fürsten / Herrn Olaff / nähesten Erben Dännenmarks /gedachter meiner Frl. Tochter zum Gemahl und Herrn gönnen und geben wil; dafern nun der Durchl. Fürst /mein werter Oheim zu solcher Heiraht belieben tragen würde (massen die Heirahten aus freyem Gemüht gehen und geschlossen werden müssen) sol seiner Liebe meine Frl. Tochter erwähneter gestalt unversaget seyn / nachdem seine Liebe sich darüber gebührlich wird erkläret haben. Fürst Olaf stund zugegen /voller freunde und vergnügung / und als er sahe / daß ihm zu reden gebohten wahr / wendete er sich nach tieffer Neigung vor erst gegen Königin Valiska mit diesen Worten: Großmächtigste Königin der Teutschen / erwählete Fürstin des grossen Fürstentuhms Susiana in Asien / unvergleichliche Heldin / und auserlesenste Zier des menschlichen Geschlechts. Valiska stellete sich der gar zu hohen benahmung sehr unwillig / er aber fuhr dessen ungeachtet also fort: Wann ich alle die Gnaden und Gewogenheiten erzählen solte / die von ihrer Königl. Hocheit mir unwirdigen / auch da derselben Feind ich noch seyn durfte / erwiesen sind / müste ich dem berümten Griechischen Redener die Zunge / und dem gedächtnis-reichen Karthaginischen Abgesanten die Behaltnis abborgen / und würde dannoch so wenig in einem als anderm bestand seyn / auch das minste düchtig an den Tag zulegen; wiewol ich gerne gestehe / daß ihrer Königl. Hocheit heutiges Gnadenwerk die vorigen so gar überwieget /daß ich meinen Ohren fast nicht trauen darf / und billich umbfrage / obs dann möglich sey / daß einem Unwirdigen / wovor ich mich bekenne / so hohe Gunst und Glükseligkeit zufliessen mögen / mit welchen ich mich überschwe et befinde / in dem ihre Königl. Hocheit sich gnädigst bemühet / das treflichste Königl. Fräulein aus Schweden / die Zier und Ausbund jungfräulicher Zucht und Tugend mir zufreien / deren volkommenheit zuverehren meine Seele fertiger ist /als deren Lieb und Heiraht mir versprechen / weil der allerglükseligste ihm höheres Glük nicht wünschen noch einbilden kan. Was sol ich dann vor dißmahl vortragen / als daß gegen ihre Hocheit / die meines Tausend-glückes einige Ursach und Königin ist / ich mich demühtigst / und in wahrer Untergebenheit bedanke / von Herzen wünschend / ihr Gott / der allein wahre Gott / den sie ehret / wolle ihrer Hocheit solche Woltahten mit zeitlich- und ewiger Belohnung ersetzen / auch mir das vermögen geben / solches nicht allein zuerkennen / sondern in ihrer Hocheit Diensten mich können gebührlich finden zulassen / damit tähtlich erscheinen möge / daß ich dero selbschuldiger Knecht in wahrer ehrliebender Ergebenheit nichts suche / als mein Blut und Leben zu deren Wolfahrt anzuwenden / daneben zugleich bittend / ihre Hocheit wolle den erquiklichen Schein ihrer grossen Gewogenheit auff mich stets herunter schiessen / damit ich auff der höhesten Staffel meiner Glükseligkeit befestiget / dieser volkommenen Gaben dereins wirklich geniessen möge / welche durch ihren Vorschub mir anjezt bevorstehen. Es wahr Königin Valiska schon fertig / ihm sein hohes Lobsprechen verweißlich vorzuhalten; er aber kehrete sich daran nichts / sondern wendete sich gegen den Schwedischen König / und verfolgete seine Rede also: Großmächtigster unüberwindlicher König / Herr Haron / gnädigster Herr /Oheim und Vater; ich weiß ohn jemands erinnern sehr wol / daß nicht meine wirdigkeit / als deren ich wenig bey mir befinde / sondern der allervortreflichsten Königin / Fr. Valisken Gewogenheit bey euer Königl. Hocheit mir die Selle eines künftigen Aidams erwirbet; dann welcher König und Herscher [880] dieser Welt würde sich nicht glükselig schätzen / ihrer Hocheit Frl. Tochter / ein solches mit allen Fürstlichen Tugenden ausgeschmüktes Fräulein / auch mit seinem Blute zuerstreiten / welche von euer Hocheit mir aus überflissender Gunst und Gnade gegönnet und zugesprochen wird / und hätte inbetrachtung meiner wenigkeit ich mich nicht unterstehen dürffen / umb ein solches Gemahl anzusuchen / da mein erlegener Muht nicht durch solcher vermögenden Aerzte hülffe und Kraft gestärket und erhoben würde. So nehme ich nun das höchst gewünschte Glük mit begierigem Herzen an /umarme die Gelegenheit mit vergnügung / und verbleibe / weil ich lebe / euer Hocheit untertähniger Knecht und gehorsamer Sohn. Euch aber / gnädigster / herzlieber Herr Vater / danke ich in kindlicher Demuht vor diese väterliche Liebe und Hulde / von Herzen wünschend / dz euer Hocheit Häupt die Dänische Kron biß an mein graues Alter tragen / und dem Königreich mit heilsamer Raht und Schuz noch manniche Jahr vorstehen möge / alsdann wird mir keine Kron kein Königreich mangeln; bitte schließlich /mein Herr Vater wolle bevorstehende Ehe- uñ Ehrensache nach seinem väterlichen Wolgefallen handeln /ordnen und schliessen / dem ich mich zugehorsamen aus kindlicher Pflicht schuldig weiß. Sein Vater wahr sehr vergnüget über seinem Verstande und wolständiger Fürstlicher Beredsamkeit / deren er sich zu ihm nicht versehen hätte / stund auff und hielt bey der Schwedischen Königin um günstige Einwilligung freundlich an / die sich gewünscht erklärete / und ihre Frl. Tochter heran zutreten aufffoderte. Diese nun hatte alles gegenwärtig angehöret / saß wie ein Stein /und sahe vor sich nider / weil des ganzen Frauenzimmers Augen auff sie hingerichtet wahren. Die grosse Liebe des Fürsten hatte sie zur Gnüge vernommen /und alle Worte genau angemerket / und weil sie einwenig Bedenkzeit hatte / erhohlete sie sich / und ging mit ihrer Fr. Mutter hin / da der Dänische König ihr entgegen trat / und freundlich baht / sie möchte ihrer Eltern Willen / die Heyraht zwischen ihr und seinen Sohn betreffend / gutheissen / und die Dänische Kron inkünfftig zutragen sich unbeschweret finden lassen. Worauff sie sich schamhafftig erklärete; ihre Schuldigkeit erfoderte nichts anders / als alles das zutuhn und leisten / was von ihren lieben Eltern geordnet würde; bedankete sich der hohen Gnade / und Gewogenheit / gegen den König / mit Bitte wegen ihres Unverstandes und kindischen Gebrechligkeiten Geduld zutragen / und mit väterlicher Hulde ihr allemahl gewogen zuverbleiben; dessen der Dähnische König sich überaus hoch erfreuete / und dem herzunahenden Schwedischen Könige Raum gab / der seine Frl. Tochter dem Dänischen Fürsten mit diesen Worten an die Hand boht: Sehet da / Durchleuchtigster Fürst /hochgeliebter künftiger Herr Sohn / nachdem Euer Liebe meine Frl. Tochter zum Gemahl hat gefallen wollen / sol sie derselben hiemit zugeschlagen / und als eine Braut übergeben seyn / die dann verhoffentlich gegen ihren Herrn und Gemahl sich gebührlich verhalten wird / wie sie darzu ist unterwiesen worden; Ich vor mein Häupt wünsche euch den Himlischen Segen / der sich über euch ausgiessen wolle / mit aller gedeylichen Wolfahrt; umfing sie hiemit beyde nacheinander / und befahl seinem Gemahl / einen köstlichen Ring zuverschaffen / weil die Dänische Königin umb eben der Ursach willen schon einen Abtrit genommen hatte. Inzwischen ward den Verliebeten von allen anwesenden Glük und Segen gewünschet / und da Königin Valiska solches mit einer sonderlichen liebreichen Bewägung leistete / sagete [881] sie hernach zu dem Fürsten: Eure Liebe hat bloß dem Glücke zudanken / daß mir Zeit und Gelegenheit benommen wird /mich an ihr zurächen; jedoch ernstlich davon zureden / wolle Eure Liebe hinfüro sich des unbillichen Ruhms enthalten / und mit solchen unverdienten /oder recht zusagen / un- und übermenschlichẽ preisen mich verschonen / dafern er sonst mich zu einer steten Freundin haben wil. Vor dißmahl wollen wir die anjezt glüklich bestetigte Heyraht besser zuordnen vor uns nehmen / und weiß Eure Liebe sich wol zuerinnern / welcher gestalt dieselbe sich bißher gewegert hat / das Wendische Fürstentuhm anzunehmen / ungeachtet die Durchleuchtigste Fürstin der Wenden / Fr. Bochild / auff unsern Vorschlag Eure Liebe zum Nachfolger in der Herschafft schon erkläret hat; solte nun dieselbe sich dessen noch weiter zuwegern gesinnet seyn / wil ich die jezt hochgedachte Wendische Fürstin / Euer Liebe Herrn Vaters leibliche Fr. Schwester hiemit bitlich ersuchet haben / sie wolle Euer Liebe solches Fürstentuhm entzihen / und dem Durchleuchtigsten Schwedischen Fräulein es nach ihrem Tode (welchen Gott lange verhüten wolle) als zur Heimsteur zuwenden. Ja / fing Fürstin Bochild an / weil mein Herr Sohn mein Mutterherz bißdaher nicht hat wollen erkennen / noch der Wendischen Herschafft sich mit annehmen / welche mir und ihm aus Königlicher Teutscher Mildigkeit gegebẽ ist sol hinfüro das Durchläuchtigste Fräulein / Frl. Schulda die Erbin seyn / also und dergestalt / daß ihr künfftiger Ander-gebohrner Sohn dereins herschender Fürst in Wendland gesetzet werde; welches sie alle gut hiessen. Valiska ließ darauff die verwahreten Pannonischen 10 Tonnen Goldes / nebest den ehmahls versprochenen fünff Tonnen auch herzu tragen / und stellete sie dem Fräulein hin zun Füssen / mit anmeldung / wie sie ihr zum besten solche bißher in Verwahrung gehabt hätte; Vor welches alles so wol die Braut als ihre Eltern sich sehr bedanketen. Des Bräutigams Stiefmutter kam gleich dazu / brachte unter andern Kleinoten einen treflichen Ring / und entschuldigte sich / sie hätte sich nicht darauff geschicket / daß in dieser weit abgelegenen fremde sie einen Sohn und eine Schwester zugleich und auff einmahl ehelich versprechen solte; sonsten würde sie sich ihrer Schuldigkeit besser erinnert haben. Er aber nach gebührlicher Danksagung nam die Kleinot zu sich / vermehrete sie mit einer zimlichen Anzahl von seinen eigenen / und lieferte sie seinem geliebeten Fräulein; empfing auch hinwieder von ihr einen köstlichen Ring / welchen ihre Fr. Mutter ihr zugestellet hatte / und wahr keine des vornehmen Frauenzimmers zugegen / welche dieser Braut zur Glükwünschung nicht solte ein oder etliche Kleinot verehret haben / deren Königin Valiska und Fürstin Sibylla / als künfftige Schwester / ihr ganze Schachteln vol einlieferten / und ward die übrige Tageszeit in aller Fröligkeit zugebracht / auch des folgenden Tages die Verlöbniß gehalten / da die beyden Bräutigambe ihren Liebsten das Königliche Leibgedinge vermacheten / auch Fürstin Sibyllen und Königin Lukrezien ihres zugleich mit bekräfftiget ward. Desselben Abends kahmen Herkules und Arbianes mit ihren Gemahlen ohngefehr bey einander zusitzen /da Valiska den Fürsten erinnerte / er möchte ihnen die Anfechtung erzählen / welche er zeit seines Bettelstandes von dem leidigen Teuffel in BettlersGestalt ausgestanden hätte; worzu er willig wahr / und zur Antwort gab: Ob ich gleich hievon lieber schweige /als viel Worte mache / weil durch Gottes sonderbahre Krafft ich diese Versuchung überstanden habe / so tuhe ichs doch nicht ungerne / unter der Hoffnung /mein Herr [882] Bruder König Herkules / oder sie meine Fr. Schwester werden mich fein unterrichten / da ich den Einwürffen dieses verführischen Betlers nicht aus dem Grunde zubegegnen gewust: Es wahr eine Stunde nach des zimlich helle scheinen den Monden Aufgange / da ich hinter einer dicken finstern Hecke saß /und wol tausenderley Gedanken in meinem Gehirn umlieffen / welche alle mit einander auff meiner liebsten Fräulein Leben und Zustand hinzieleten / als ich gleich einen Menschen von ferne hörete in sich selber reden / der mir je länger je mehr nahete / biß ich ihn ins Gesichte bekam / groß und ansehnlich von Gestalt / aber in Betlers Kleidern / gleich als ich; Er stellete sich / als sähe er mich nicht / und fing in Lateinischer Sprache an: O du blindes Menschliche Geschlecht /wie lässestu dich doch von so mannichem falschen Irtuhms-Winde umtreiben / und deine arme Seele zuplagen / da du doch wol in Ruhe leben köntest / so lange dir solches von dem unvermeidlichen Verhängniß zugelassen ist; O daß doch einverständiger sich unterfinge / die mannicherley Tohrheiten den Menschen aus dem Kopffe zubringen / damit sie aller Unruhe und Furcht entrissen / dereins auffhöreten / dasselbe zuscheuhen / was nichts / als ein ertichtetes Fündlein ist. Ich schloß aus diesen Worten / es müste dieser etwas mehr als ein gemeiner Betler seyn / ging zu ihm hin / und nach Wünschung eines guten Abends / fragete ich ihn / was er bey Nachtzeit an diesem wüsten Orte suchen ginge. Dieser stellete sich /als entsetzete er sich über meiner unvermuhtlichen Gegenwart / und gab zur Antwort: Mein Freund / wer ihr seid / ich hätte nicht gemeynet / daß jemand anders als ich / hieselbst bey Nachtzeit sich finden würde /sonst hätte ich meiner Zungen gebieten wollen / zwischen ihrem Zähn-gemäure sich stille zuhalten; jedoch eure freundliche Frage zubeantworten / gebe ich euch zuvernehmen / daß ich wegen eines unglüklichen Falles gezwungen bin / meine Heimat zuverlassen / und umb meines Lebens Rettung mich in die unbekante wild-fremde zubegeben / da ich schon 12 Jahr und länger das Elend gebauet / und zwischen solcher Zeit nicht allein viel Landschafften in Asien / Afrik und Europa gesehen / sondern auch mannicher Menschen wunderliche Gemühter und Einbildungen erkennet habe / insonderheit was den Glauben und den Gottesdienst betrifft worüber ich mich nicht gnug habe verwundern köñen / in betrachtung / daß sie fast alle miteinander ihr höchstes Gut auff einen blossen Wahn bauen / welcher keinen Grund hat. Hiemit schwieg er stille / umb daß ich durch Nachfrage ihm Ursach geben solte / sich weiter heraus zulassen / wie mich dann der Vorwiz trieb / welches ich hernach bereuete / und lieber gewolt / daß ich gar geschwiegen hätte; Ich fing aber also an: Ob ich zwar annoch jung und unerfahren bin / so habe ich gleichwol auff der Menschen tuhn und lassen / den Glauben und Gottesdienst betreffend / auch etwas acht gegeben / uñ ist zwar nicht ohn / daß viel / ja wol der gröste Teil hieselbst in grossem Irtuhm stecken / aber das würde zu beklagen seyn / wann sie alle miteinander des rechtschaffenen Grundes verfehlen solten. Des rechtschaffenen Grundes verfehlen? fragete dieser; Je was vor ein Glaube ist dann wol zufinden / der auff tüchtigem Grunde bestehen solte? Die / so man Heyden nennet /werden von den Juden und Christen beschuldiget /daß ihr Glaube und Gottesdienst falsch und nichtig sey / und gleichwol bauen dieselben darauff ihr höchstes Gut. Die Judẽ lauren auff einen versprochenen Heyland / der sie aus allen Ländern / dahin sie verstossen sind / wieder samlen / und ihr Reich zu Jerusalem auffrichten solle; Die Heyden verachten [883] sie deswegen / und die Christen dürffen gar behäupten und schwören / daß sie sich selbst betriegen. Was sol ich aber von den Christen sagen? hat jemand irgend auf schli en Grund gebauet / so tuhn es diese / wovon ich aber zureden vor unnöhtig halte / weil solcher Aberglaube in diesen Ländern annoch unbekant ist /und ihr davon wol niemahls möget gehöret haben. Ich gab ihm zur Antwort / das wolte ich nicht gerne / daß ich von diesem herlichen uñ allein seligmachenden Glauben nicht solte gehöret haben. Aber ihr müsset in Warheit wol eines wunderlichen Glaubens seyn /wann ihr den Heydnischen / Judischen und Christlichẽ zugleich und auff einmahl übern Tölpel werffet / wo ihr nicht allen Glauben und allen Gottesdienst auffheben / und gar ein Ohn-Gott seyn wollet. Ein Ohn-Gott? antwortete dieser. Ja seyd ihr dann nicht auch ein Ohn-Gott? ja sind dann nicht alle Menschen miteinander Ohn-Gott? oder habt ihr einen Gott / so lasset mir ihn sehen / daß ich auch ein Nicht-Ohn-Gott werde. Er wird schon können gesehen werden / obs gleich anjetzo dunkel ist / wo er sonst ein Gott ist. Ich erzürnete mich über dieser Gotteslästerung / wie ichs dann billich vor die allergröste Gotteslästerung mit rechne / wann man Gottes Wesen ganz und gar verleugnet. Freylich ist dieses eine schändliche Gotteslästerung / sagte Herkules / wann man Gottes Wesen selbst auffzuheben sich erkühnen darff; Aber was gabet ihr ihm auff solches anfodern / ihm Gott zuzeigen / vor eine Antwort? Ich sagete anfangs / meldete Arbianes / es würde unvonnöhten seyn / mich mit ihm oder jemand anders über diese Frage / ob Gott wäre /oder nit / einzulassen / nachdem alle welt solches vor wahr hielte / uñ aus der Welt Erhaltung klar genug erschiene / dz notwendig ein Gott seyn müste / der solches alles leistete / uñ so wol den Lauff der Sternẽ /als den Zustand dieser Unterwelt in seinẽ Wesen und Wirkung fest erhielte; und währe wol lächerlich / Gottes Wesen darum zuleugnen / dz man denselben mit Fingern nit zeigen / noch sagẽ könte / hier stehet er; da vielmehr zuschliessen währe / es müste Gott nit seyn / wann mans sehẽ oder zeigen könnte. Dieser fragete mich darauf / wz es dann eigentlich währe / das ich GOtt hiesse. Und ob ich meinete daß die Erhaltung der Welt nohtwendig einen GOtt erfoderte; gab mir doch nicht Zeit / ihm diese Fragen zubeantworten / sondern fuhr fort in seiner Plauderey; GOtt währe zwar / aber die Menschen / wenig außgenommen /kenneten / ihn nicht / und wollte er mir GOtt zeigen /weil ich ihn nicht zeigen könte; nehmlich / die Krafft und das Vermögen / welches in der Welt und in allen Stücken derselben sich befünde / dasselbe währe GOtt / da dann die Ober Welt oder vielmehr deren Kräfte / verstehe / Soñe und Sternen / die höchste Gotheit oder Kraft ist / sagte er / welche den irdischen Dingen von ihrer Kraft oder Gotheit mitteilen / als viel ihnen dienet / und ihr Wesen zulässet. Und also sehet ihr / sagete er weiter / daß aus der Erhaltung der Welt nicht mag geschlossen werden / daß nohtwendig ein ander GOtt / als ihre selbst eigene Krafft sey. Ich antwortete ihm mit wenigen; wann er mir dartuhn könte / daß seine Worte Warheiten währen / würde ich ihm bald müssen gewonnen geben / aber so bloß hin könte ich seinem Vorgeben nit trauen / weil ich viel ein fester Wort der Warheit hätte / welches auch der Hellen Pforten wol müsten stehen und unüberwältiget lassen / das lehrete mich / dz ein GOtt von alle Ewigkeit her währe / welcher die Welt / Himmel und Erden / und alles was drinnen ist / gemacht und erschaffen / auch jedem Dinge seine Krafft mitgeteilet hätte. Ja / antwortete dieser; eben das ist der blosse grundlose Wahn / auff welchen ihr und [884] eures gleichen euren Glauben bauet / welcher von der Vernunfft selbst umgestossen wird; wollet ihr nun meine Rede die mit der Vernunfft fein zutrifft / nicht zulassen /und sie durch diß vermeinete andere Wort umstossen; je so müsset ihr mir ja zuvor bescheinigen / das dasselbe ein unbetriegliches Wort sey / sonst werden wir unsers Dinges in Ewigkeit nit eins werden. Ob ich auch dieses Dinges mit euch einig werde oder nicht /gab ich zur Antwort / muß mir endlich gleiche viel seyn / aber durch euren Vernunfft Possen lasse ich mich nicht bereden / Gottes Wort in Zweiffel zuzihen. Nun begehret ihr über das / ich solle erweisen / dz dieses Wort die Warheit und Gottes Wort sey. Ja / ich wil euch solches beweisen / wann ihr nur Augen habet / die es sehen können. Wann ihr mich anjetzo fragen würdet / wie ichs beweisen wolte / daß die Schrifften /welche dem Homerus zugeschrieben werden / eigentlich seine seyn; würde ich solches nicht anders behäupten können / als daß solche Schrifften von Homerus Zeiten an biß hieher allemahl vor dessen Schrifften sind gehalten worden / und solche Wissenschafft von einem Gelehrten immerzu auff den andern kommen ist. Eben also mache ichs auch mit dem Beweißtuhm / daß die heilige Schrifft Gottes Wort sey; weil ja die Gläubigen von Anfang biß hieher die Bücher des Mose vor Gottes Wort gehalten / und dessen so gewiß gewesen sind / daß sie lieber Leib und Leben einbüssen / als solchẽ Glauben sich nehmen lassen wollen; daß ich nicht sage / wie wunderbarlich der almächtige Gott dieses sein Wort wieder alles toben und verfolgen der Feinde dieser himlischen Warheit erhalten hat. Dieser ersetzete solches mit einer höhnischen Antwort / und wahr über die massen verschlagen / von einer Frage / die er weiters nicht behäupten kunte / auff die andere zufallen / da er auff unsern Heiland zureden kam / und anfing die leicht gläubigen Christen auffzuzihen / welche sich hätten können bereden lassen / daß derselbe ein Gott währe /den man hätte am Kreuz getödtet. Aber ich redete ihm ein / er solte sich mässigen / denselben zulästern welchen er nicht kennete / oder vielleicht aus teuflischer Boßheit nit wolte kennen / weil ich verstünde / daß die Christliche Lehre ihm nicht so gar unbekant währe. Ich vor mein Häupt wüste Gott Lob so viel /daß derselbe Gottes warhafftiger Sohn / und der versprochene Heiland der Welt währe / weil er nicht allein durch kräfftige Zeichen und Wunder sich also erwiesen / sondern nachgehends auch seine Jünger mit solcher Krafft hätte außgerüstet / dz sie in seinem Nahmen grosse Tahten verrichtet / und über die Teuffel Macht und Gewalt gehabt hätten; wie dann in Italien / Griechenland und Asien annoch Menschen lebeten / deren Eltern ihnen hoch beteurlich erzählet / was ihre Groß Eltern vor Zeichen und Wundertahten von den Jüngern des Herrn gesehen hätten; ja es geschähen noch heut zu Tage von unterschiedlichen gläubigen Lehrern dergleichen Wunder im Nahmen und durch Anruffung des HErrn JEsus; und währen trauen dieselben Gläubigen nicht so gar ihres Witzes beraubet gewesen / welche lieber hätten durch tausenderley Pein sich lassen hinrichten / als daß sie die wahre Gotheit ihres Heilandes wollen in Zweiffel zihen. Daß ihr aber einwendet / dieser mein Erlöser sey am Kreuz getödtet / und daher kein wahrer Gott / so werdet ihr Zweiffels ohn wissen / daß dessen Wunder-Person aus zwoen Naturen (wie man redet) bestehe / der götlichen und menschlichen / und derselbe nicht an seiner Gotheit sondern an seiner Menscheit solchen Tod / uns armen Sündern zum besten / außgestanden habe. Leugnet ihr aber dieses / so bringet gültige Ursachen hervor / dann mit lästern und hohnlachen [885] ists in solchen Sachen nicht getahn. Wir wolten zur Widerlegung solcher Einbildung leicht gelangen / gab mir dieser zur Antwort / wann ihr nur euch köntet weisen lassen / daß ihr dem vermeineten Worte Gottes nicht zuviel trauetet; aber wie ists möglich / daß man euch die Warheit beybringe / wann ihr wieder euren gefasseten Irre-Wahn nichts wollet geredet haben? sehet /dieses Buch / wie alt es gleich ist (dann nichts ist eben darüm wahr daß es alt ist) hat solche ungläubliche / und eigen zusagen / solche unwarhaffte Dinge in sich / die ein jeder vernünfftiger Mensch besser weiß. Sehet den ertichteten Simson an / der sol mit gewalt tausend starke Kriegs Leute mit einem faulen Esels-Kinnebacken zu tode geschlagen haben / und nachgehends auß demselben Kinnebacken / ja nur aus einem Zahn desselben getränket seyn. Stünde es beym Homerus oder Naso / so müste es ein lächerliches Getichte heissen / aber in diesem Buche wird alles zur Warheit. Sehet weiter die eingebildete Lehre an von den Engeln und Teuffeln; wie kan ein vernünfftiger Mensch ihm lassen einpredigen / sich vor solche ertichtete Geister zufürchten oder Schuz von ihnen zu hoffen? Nichts sind solche Geister / als der Menschen Träume / und was eines Menschen verrüktes Gehirn in ihm leistet daß mus alsbald einem Geiste zugeschrieben werden / der in ihm wohne. Sehet an die Lehre von der verstorbenen Menschen ertichteter Aufferstehung zum ewigen Leben. Mein / wie könte ich doch meine Sinnen dergestalt gar fressen / dz ich gläuben solte / ein Leib / welcher verweset ist / ja welcher teils von Hunden und wilden Tihren / teils von Vögeln / teils von Würmen / teils von der Sonnen verzehret ist / und in der fressenden Tihre ihr Wesen verendert / ganz wieder solte hervorkommen / und nach etlichen tausend Jahren mit seiner ehemaligen Seele wieder vereiniget uñ unaufflößlich verknüpfet werden? ist aber dieses noch nicht gnug / solchen Glauben auffzuheben / mein so sage ich euch ein mehres: Ich bin ja in einem Lande gewesen / woselbst die Menschen einander fressen und verzehren / so daß sie oft ihre ganze Lebens Zeit nichts als Menschen Fleisch geniessen; davon wachsen sie und bekommen daher ihr Fleisch / ihren Leib; saget mir doch nun /wie es möglich sey / daß diese auffgefressene Menschen / ein jedweder seinen eigenen ganzen Leib wieder bekommen möge / der schon eines andern Menschen sein Leib worden ist? noch muß euch Christen solches alles wahr / und ein Glaubens-Stük seyn. Ich wil noch mehr sagen: Wann ein Mann mit einem Weibe / die ihm getrauet ist / der Lust pfleget / das ist bey euch ja noch leidlich / aber wann er mit mehr Weibern solche Kundschafft machet / das muß eine Tod-Sünde seyn. Ey warüm dann? Sündiget dann auch wol der Ochse und der Bok / daß er einer ganzen Heerde vorstehet? in diesem Falle sind die Juden ungleich witziger als ihr Christen. Uber das machet ihr oft etwas zur Sünde oder zum Laster / das an sich selbst kein Laster ist / sondern ihr plaget und naget euch selbst mit solchen unnöhtigen Gesetzen / welche eure Fröligkeit und Wollust hindern / und euch lebendig in den Sarg hinein legen. Mensch / was bistu mehr / als ein ander Tihr? ohn daß du bessern Verstand hast; O wie närrisch bistu / daß du nach diesem Leben dir noch ein anders lässest einbilden; daß du umb des zukünfftigen ertichteten willen / das gegenwärtige warhaffte Gut von dir stossest / und dich selbst bestreitest / peinigest und narrest. Wollet ihr aber wissen / sagete dieser Lästerer zu mir / was die Menschen betöhret / solches Plage-Leben zuführen? nichts als das äusserliche Ansehen deren / die ihnen solche Fratzen einbilden / welches sie zu ihrem besten tuhn / [886] auff dass sie groß geachtet / und vor andern hochgeehret werden. Es begunte nunmehr mir die Geduld zuvergehen / das ich ihm also in die Rede fiel: Es wird schier Zeit seyn / daß ihr euch im reden / und ich mich im zuhören mässige / in betrachtung / der Almächtige Gott uns alle beyde wegen eurer Lästerung straffen möchte; so zweifele ich auch / ob ich alles euer unnützes Vorbringen werde behalten haben; es gehet aber alles dahin / daß ihr die Heilige Schrifft / Altes und Neues Bundes / bey mir in Verdacht bringen möget / ob fünden sich darinnen Lügen und unwarhaffte Dinge / welches doch unmöglich ist / angesehen / daß unmöglich der warhaffte Gott in seinem Heiligen Worte solte lügen können / und ich mir von dem Teuffel selbst es nicht werde einbilden lassen /daß dieses nicht Gottes Wort sey / welches mein Heyland mich und alle Menschen hat heissen hören / und darinnen fleissig nachsuchen / weil wir das ewige Leben darinnen haben; Zwar ihr führet ein und anders ein aus Gottes Wort / als kundbahre Unwarheiten; erstlich den starken Simson und sein verhalten; solte aber dem Almächtigen Gott wol unmöglich seyn / ein solches Ding durch einen Menschen zuleisten / da es ihm nicht unmöglich ist / mit einem einzigen Strohalm den ganzen Himmel herunter zuschlagen? O ihr vermässener und elender Urteiler der hohen unendlichen Almacht! Ihr saget aber: Wann solches beym Homerus oder Ovidius stünde / müste es ein Getichte seyn. Ich sage nein darzu; ein solches Ding könte ich ihnen noch wol gläuben / wiewol mirs frey stünde; Aber meinem wahren GOtte nicht gläuben wollen / ist eine mehr als teuflische Boßheit / dann derselbe Feind GOttes gläubet es / ob er gleich den Menschen gerne diesen Glauben hinweg rauben wolte. Aber wz höre ich? ihr leugnet es / daß Engel und Teufel seyn /köñet auch nit anders / weil ihr Gott selbst verleugnet; aber was dünket euch? solte ich euch trauen /oder beyfal geben / wann ihr mir vortragen würdet /der Monde / welcher dort am Himmel scheinet /währe nichts als ein eingebildetes Geticht / so aus verrüktem Gehirn entstehet? euer verrüktes Gehirn /(wo ihr sonst noch eins habet) gibt euch solches ein. Ich sehe ja vor Augen / daß Engel oder Geister sind /in dem ich höre / daß besessene Menschen wol fremde Sprachen reden / welche sie nicht gelernet haben; solches kömt ja nicht aus einem mangel des Gehirns /sondern von einer neben Ursach her / welche solches in dem Menschen wirket / und aus dem Menschen hervor gibt; und der solches leugnet / dem mus man mit Nießwurz zu hülffe kommen. Zu geschweigen der vielen Gespenste / welche sich oft und an mannichem Orte hören und vernehmen lassen. Aber diese werden auch / eurem tichten nach / blosse einbildungen seyn. Schämẽ soltet ihr euch in euer Herz und Blut / wo ihr euch sonst nicht gar ausgeschämet habet / daß ihr mit solchen Zoten die göttliche Warheit zubestreiten dürffet auffgezogen kommen; doch leugnet ihr nur immerhin / daß Teuffel seyn / ich gedenke / es werde eine Zeit kommen / da ihr sie hart und heftig gnug empfinden werdet / es sey dann daß ihr diese Bosheit noch in der Gnadenzeit bereuet. In dem Glaubensstük von unserer Leiber aufferstehung / machet ihr euch gewaltig mausig / ob hättet ihr die Warheit der heiligen Schrift gar zu grunde gerichtet / da ihr doch bloß nur erwiesen habt / dz die blinde Vernunft in dieser göttlichen Warheit nichts erkennet; aber solches gestehe ich ohndaß gerne / gebe aber zugleich meinem Gott die Ehre / daß er alles tuhn und schaffen kan was er wil. Und wollet ihr unstreitig behäupten / daß der Almacht Gottes solches zu leisten unmöglich sey / so musset ihr zuvor beweisen / [887] daß es leichter und möglicher gewesen sey / diß grosse rund der Welt aus nichts hervor zu bringen; mangelts euch aber alhie an Häuptgründen / so habt ihr mit allen euren vorigen Einwürffen bey mir ein mehres nicht erhalten / als daß ich daher erkenne / ihr suchet nur Gottes Almacht zu umbschranken / und ihn einer Unmacht zu zeihen; welches ich nicht anders zu beantworten schuldig bin / als daß ich sage; hebe dich weg von mir Satan. Das übrige ist ganz keiner Antwort wirdig. Dann was Sünde oder nicht Sünde sey / werde ich euch nicht zum Richter leiden / sondern die gesunde Vernunft kan hieselbst in etwas / Gottes Wort aber den völligen Ausschlag geben. Und ist wol ein rechter Ochsen-verstand und eine stinkend Boks-Urtel / daß ihr eines Menschen tuhn mit der Ochsen und Böcke verhalten dürffet vermischen. Das Vieh sündiget nicht / und kan nicht sündigen / dann es ist vernunftloß / wie solches auch die Heiden erkennen; so hat auch Gott denselben keine Gesetze vor geschrieben / sondern den vernünftigen Geschöpfen / so daß alles daß Sünde ist / was wieder Gottes Willen und Geboht streitet; dieses aber eine Tugend / was der Mensch nach Gottes Willen und Befehl verrichtet. Endlich stosset ihr dem Fasse gar den Bodem aus / in dem ihr der Seelen unsterbligkeit / und das künftige ewige Leben leugnet / welches beydes doch die klugen Heyden selbst aus vernünftigen gründen zur gnüge erwiesen haben / und ich aus diesem eurem Vorgeben nicht anders schliessen mus /als daß ihr der Warheit ganz abgesaget / und den Lügen und Lästerungen euch mit Leib und Seele gewidmet habet / daher ihr solches alles vor eine Erfindung deren Menschen angebet / welche dadurch suchen / ihnen einen Nahmen und sonderliches Ansehen bey andern zu machen. Solches aber müsset ihr keinem verständigen / sondern den unwitzigen vorschwätzen. Ich bleibe dabey / dz Gott warhaftig ist in allen seinen Worten und Werken / und daß alle dieselben von dem Erzlügener getrieben werden / die solches wieder ihr Gewissen leugnen dürfen. Ihr vermässet euch ein grosses / fing jener hierauff an; aber was dünket euch / wann ich alles mein Vorgeben mit einem grossen Wunderwerk bestätigte? Solches Wunderwerk würde euer eigenes Vorbringen ja grossenteils zu Lügen machen / antwortete ich; dann Wunderwerke kan kein Mensch aus eigener Kraft verrichten /sondern es mus durch hülffe eines Geistes geschehen /die ihr alle miteinander vor ein Geticht haltet. Jedoch / wann ihr gleich die Sonne würdet machen vom Himmel steigen / wolte ich euch nicht umb ein Häärlein in diesen stücken mehr gläuben / als vorhin. Als dieser hörete / daß ich ihn so verächtlich hielt / kunte er sich länger nit verbergen / der stolze hoffarts Geist / sondern sagete mit einer erschreklichen brüllenden Stimme: Je so mustu armer Medischer Betler dannoch wissen mit wem du bißher gestritten hast; verwandelte sich auch augenbliklich in einẽ grausamẽ Drachen /so groß als zehn Elefanten aneinander nicht seyn mögen / und sperrete den Rachen weit auff / als wolte er mich alsbald / wie ein Sandkörnlein verschlingen; mus auch bekennen / daß mir der kalte Angstschweiß ausbrach / und ich anfangs nicht wuste / wie mir wahr; Aber Gottes Kraft / welche in den Schwachen (solches habe ich erfahren) mächtig ist / stärkete mich / daß ich endlich in diese Worte loßbrach: Ich fürchte mich nicht vor viel hundert tausend / die sich umdher wieder mich legen. Auff HErr und hilff mir mein Gott / dann du schlägest alle meine Feinde auff den Backen / und zerschmetterst der gottlosen Zähne. Hierzu behtete ich den Christlichen Glauben und das heilige Vater Unser; worauff mir nicht allein alle Furcht sondern zugleich [888] auch dieses Gespenst verschwand / daß ich endlich sagete: O du elender lügen Geist / woltestu Gottes Almacht leugnen / welche du so hart empfunden hast / indem dieselbe dich aus dem Himmel in die Helle gestürzet / und deine Macht dergestalt gebrochen hat / daß du mir nicht ein einziges Häärlein auff meinem Häupte ohn Gottes verhängnis kränken kast. Ich empfand aber einen schlimmen Stank / mit welchem dieser unsaubere Gast räumete / und ich Ursach nam / ihn noch weiter hönisch zu halten; dankete hernach meinem Gott vor seinen väterlichen Gnaden Schuz / und baht ihn / daß er sich meiner und des verlohrnen Fräuleins gnädig annehmen / und nach diesem Leben uns in die himlische Seligkeit versetzen wolte / welcher Bitte ich dann festiglich hoffe und gläube / von meinem Gott gewehret zu werden. Und diß ist die Anfechtung welche ich ausgestanden / und durch Gottes Kraft überwundẽ habe. Herkules und Valiska wunderten sich der Erzählung zum höchsten /umbfingen ihn beyderseits / und sageten: Sie könten sich nicht gnug darüber verwundern / daß er die Glaubens Lehre so wol gefasset / und solches doch vor allen Menschen so verborgen gehalten hätte / danketen Gott neben ihn / und wünscheten ihm beständigkeit des Glaubens biß an sein ende. Des nähst folgenden Tages wurden die verrähterische Buben / Ninisla und Urisla / Vater und Sohn in freier gewahrsam zu Prag eingebracht / und alsbald vor die ganze Konigl- und Fürstliche Versamlung (ohn daß König Notesterich abwesend wahr) gestellet. Sie traten mit gnug frevelhaften Geberden hinein /aber das zuschlagene Gewissen kunte man ihnen wol anmerken / wie wol sie ihnen nicht einbildeten / daß ihre verübete Bosheit hätte mögen kund werden. Der Vater fing alsbald an / die Versamlung zu grüssen /uñ sich dabey zubeschweren / was gestalt die beyden groben Gesellen (auff Neklam und Grozemisla zeigend) ihn und seinen Sohn / ungeachtet ihres Freiherrn Standes / nicht allein mit hochtrabender Verächtligkeit / ohn auffweisung einiges schriftlichen Befehls nach Hofe gefodert / sondern auff seine rechtmässige Wegerung ihn gezwungen / mitzureiten / und ihm nit gönnen wollen / auff der ganzen Reise mit einigem Menschen Sprache zuhalten / welches in diesem Königreiche bißher unerhöret / und dem freien Adelstande höchst schimpflich währe / hoffete / man würde solchem Frevelnach diesem steuren / und denselben an diesen beyden unachtsamen Tropfen nicht ungestraffet lassen. Ladisla erkennete hieraus seinen Hochmut / unterdrückete seinen Zorn aufs beste / und befahl Neklam die Warheit zu sagen / wie alles sich zugetragen hätte; welcher dann nach gebehtener Verzeihung andeutete: Er hätte in beyseyn seines Gesellen Grozemisla / den Königlichen Befehl mit gebührender Ehrerbietigkeit bey Vater und Sohn abgeleget /nemlich / daß ihr allerseits gnädigster König an beyde begehrete / straks angesichts mit ihnen zureiten / und zu Prag zuerscheinen / auch nichts / ausser Gottes gewalt sich abhalten zulassen / weil man wichtige Sachen mit ihnen zuhandeln hätte; welches der Vater mit dem Sohn im Brete spielend / vor endigung des Spiels mit keinem Worte beantworten wollen / währe auch alles ungeachtet / auff seinem Stuel ohn Häuptes entblössung sitzen blieben / und nach verlauff einer halben Viertelstunde / hätte er als unwissend gefraget /was sein Begehren währe. Worauff er / Neklam / den Befehl zum andernmahle vorgetragen / aber zur hönischen Antwort bekommen; Auff solche Weise könte ein jeder Landstreicher oder Mörder einen Herrn von seinem Schlosse abfoderen; man solte ihm schriftlichen Befehl auflegen / oder sich alsbald packen; er vor sein Häupt [889] wüste nicht / daß er zu Hofe ichtwas zu schaffen hätte / und würde ohnzweifel / da solches ja befohlen währe / ein Irtuhm begangen seyn / nachdem man ihn bißdaher / ungeachtet seines ansehens und erfahrenheit / zu keinen Reichsgeschäften gezogen hätte; worauff er Grozemisla angesehen / und ihn gefraget wer er währe / weil ihn däuchte / das Angesicht zu kennen. Derselbe nun hätte weder seinen Nahmen / noch ehmaligen Stand leugnen wollen / uñ zur Antwort gegeben: Er währe eben derselbe Grozemisla / welcher ihm vor diesen als ein Seiler Geselle zum oftern Stricke zu kauffe gebracht / hätte aber nunmehr von seinem aller gnädigsten Könige den ädlen Ritterstand erlanget. Welches Ninisla also beantwortet: Wie nun zum Henker / machet man nun in Böhmen die Seiler Buben zu Rittern / so müssen andere redliche Ritter bey zeiten sich davon machen /damit sie nicht gezwungen werden / sich mit diesem Kohte zubesudeln. Welches aber Grozemisla beantwortet: Er wolte diesen Schimpff in seinem Herzen vergraben / biß er Gelegenheit haben würde / es gebührlich zu ahnen. Hieselbst nun hielt derselbe bey seinem Könige demühtigst an / ihm zuerlauben / daß er nach Ritters art / ungeachtet er an der linken Seite zimlich gelähmet währe / es mit diesem Schänder Ninisla austragen möchte / weil er den auff der ganzen Reise erlittenen Spot sonst nimmermehr würde vergessen können. König Ladisla aber sagete ihm mit guter Freundligkeit / er solte sich gedulden / und nicht zweifeln / daß man ihm Recht wolte wiederfahren lassen; befahl zugleich Neklam / in seiner Erzählung fortzuschreiten; welcher dañ anzeigete; er hätte noch einmahl angehalten / daß dem ernstlichen Königlichen Befehl gelebet würde / damit er nicht Gewalt brauchen dürfte / wie ihm solches auff den unverhoffeten Fall gebohten währe; welche Bedräuung dann so viel gewirket / daß sie beyde nähern Kauffs gegeben /aber mit Troz geantwortet hätten / er solte seinen Frevel sparen / und anwenden / da er geachtet würde; sie wolten in wenig Tagen folgen / und vernehmen / wz man mit ihnen zuhandeln hätte; weil aber der Königliche Befehl ein anders mit sich gebracht / hätte er / Neklam / zehn Teutsche Reuter hinein geruffen / und ihnen beyden frey gestellet / ob sie zur Stund und willig mitreiten / oder aber gebunden sich fortschleppen lassen wolten; wodurch sie eingetrieben / sich zu Pferde gesetzet / und mit fortgeritten währen / aber auf der Reise immerhin in murrender Widersezligkeit verhartet / hätten alle Reisende auffhaltẽ / und nach neuen Zeitungen fragen wollen / auch / wie man gemerket / etliche mahl Gelegenheit gesuchet / auszureissen / daß man sie als einen Aug Apfel verwahren müssen. Er hätte auch der Verspottung ja so wenig als Grozemisla können entfreyet seyn / indem ihn Ninisla mit seinem neugebackenen Adel auffgezogen / welches auff Begebenheit zurächen / er ihm vorbehalten wolte. Ninisla fiel hart auffs leugnen; es währe alles ertichtet / und könte nicht anders wähnen / als daß seine Wiederwärtigen / die am Hofe hoch dran währen / diese beyden mutwilligen Verleumder (welche die Lügen ohn eine Schreibtaffel im Kopfe behalten könten) nicht allein angestifftet / sondern auch ausgeschikt hätten / ihn in Unglük zubringen / da sie doch vielmehr wegen seines erlittenen Feurschadens /Mitleiden mit ihm tragen solten. Aber König Ladisla gab zur Antwort / er währe ganz unrecht daran; dann bloß allein durch sein Geheiß währe er so ernstlich nach Hofe gefodert / weil man allerhand mit ihm und seinem Sohn zureden hätte / da er sie anfangs fragen wolte / aus was ursachẽ sie im neulichsten Kriege keinen einzigen Lehn Reuter geschikt / noch mit ihrer Hand dem [890] Vaterlande Beystand geleistet / ja wegen des aussebleibens sich nicht eins entschuldiget hätten; Hernach / warumb sie auff den angesezten Tag der Krönung / darauff sie geladen währen / sich nicht eingestellet / noch ihres aussenbleibens einige Enschuldigung eingeschicket. Der Alte gab verwägen gnug zur Antwort: Er währe durch Brand und Raub in kundbahre Armuht gerahten / daß er keinen Reuter ausrüsten können / hätte auch Leibesschwacheit wegen das Vermögen nicht gehabt / sich zu Pferde zubehelffen / und währe sein Sohn etliche Zeit verreiset gewesen / und daher wol zuentschuldigen. Seine eigene Entschuldigung hätte er nach Hofe geschikt / und weil sein Diener / welcher nicht wieder kommen auff der Reise müste erschlagen / oder ausgerissen seyn /währe hierin die Gebühr auch geleistet. Bey der Krönung zuerscheinen / hätte ihn der Kleider- und Geldmangel gehindert / daß er nach seinem Stande sich nicht ausrüsten können. Ladisla fragete Neklam / wie ers auff seinem Schlosse befunden hätte; welcher antwortete: Alles vol auff / ein neugebauetes prächtiges Schloß / eine grosse Menge Reit- und Wagenpferde; einen Saal mit statlichen Kleidern umhänget / und bey dem Spiel hätte ein jeder über 3000 Kronen vor sich liegen gehabt. Ninisla baht / der König möchte den ertichteten Lügen nicht Glauben beymässen / weil sichs in der Taht viel anders verhielte. Welcher zur Antwort gab: Wir wollen diese Frage biß auff bessere Mueß aussetzen; nur kan ich nicht umhin / euch beyden / Vater und Sohn vorzuhalten / daß man mich berichten wil / ob traget ihr nicht allein gute Wissenschafft umb den erbärmlichen Tod und Mord meines Hochseel. Herrn Vaters / eures frommen Königes /sondern kennet auch die Tähter gar wol; da nun dem also / müste mir sehr verdächtig vorkommen / daß ihr davon meiner Fr. Mutter nicht die allergeringste Anzeige getahn habt; welches / wie ihrs gedenket zuentschuldigen / ich gerne vernehmen wil. Sie erblasseten beyde über dieser Frage / deren sie sich schon anfangs fürchteten / stelleten sich sehr traurig / und bahten untertähnigst / man möchte sie des ungleichen Verdachts gnädigst erlassen / und ihren den oder die boßhafften Verleumder kund tuhn / gegen welche sie ihren Fuß setzen / und auff alle gebührliche Mittel und Weise ihre Unschuld hand haben und vertähtigen wolten; sie währen des freyen Reichs Adels / und hätten ihrem Könige den Geträu äid abgeleget / welchen zubrechen / und ihren uhralten Ritterstand zuschänden / sie bißher noch nie gemeynet gewesen. Ladisla fing schon an / vor Zorn auffzuschwellen; welches Herkules ersehend / ihnen an dessen stat zur Antwort gab: Es währe sehr gut / wann sie dieser Bezichtigung allerdinge unschuldig währen / wolte auch nicht hoffen /daß sie dessen könten überbracht werden; solten sie aber in ihrem Gewissen ein anders befinden / währe noch Zeit / umb Gnade und Vergebung zubitten /sonst da sie so hart auffs Recht drügen / und vielleicht dereins überzeuget würden / dürffte hernach die Gnaden Tühr ihnen gar versperret werden. Diese boßhafften Buben aber stelleten sich sehr freudig / und sagte Minisla: die Unschuld bedürffte keiner Gnade / so wenig Verrähterey ungestrafft hingehen könte; und weil ihr Gewissen sie loß spräche / wolten sie nichts als das aller gesträngeste Recht begehren / nur bähten sie ihren König untertähnigst / er wolte den unbillichen Verleumdern die Ohren nicht leihen; währe aber einer oder ander / welcher sie dieser Untaht beschuldigen dürffte / wolten sie anhalten / daß derselbe hervor treten möchte / damit ihm gebührlich könte geantwortet werden. Ist dieses eure auffrichtige Meynung /sagte Herkules / so darff [891] es nicht viel zankens; solte aber euer Herz euch des widrigen anklagen / daß ihr etwan aus Rachgier oder Feindschafft / oder unbillicher Begierde euren alten frommẽ König hintergangen / und euch an ihm vergriffen hättet / möchte ich zu eurem besten wünschen / ihr hieltet umb Vergebung an; dann der gerechte Gott lässet keine verdeckete Boßheit ungestraffet / ob gleich anfangs die Ubeltähter vermeynen in Sicherheit zuseyn. Hier fing Ninisla an / sich unnütze zumachen; er wüste nicht / mit wes Standes Herren er redete / nur daß er muhtmassete / es geschähe mit einem jungen Fürsten / weil er seinem Könige allernähest sässe / und vor demselben das Wort tähte. Dafern ihn aber ein ander nidriges Standes dessen zeihen würde / wolte er ihm der Gebühr antworten / und könte anders nicht urteilen / als ob man einen Unschuldigen in gute bereden wolte /sich einer Missetaht / vielleicht einem andern zugefallen / schuldig zugeben / wo vor er lieber zehnmahl sterben wolte; wie er auch / wañ er schuldig erfunden würde / den aller grausamesten Tod ohn Anruffung einiger Barmherzigkeit über sich nehmen wolte. Wolan / sagte König Ladisla / euer Frevel ist groß / und der Troz verwägen / darumb sey hiemit der strängen Gerechtigkeit alles übergeben / und die Gnaden-Tühr gänzlich verriegelt. Hieß sie darauff abtreten / und eines Bescheides erwarten. Sein Herr Vater / welcher im Neben Gemache alles gehöret hatte / setzete sich oben an / nähest bey König Hilderich / und wurden die Tähter wieder hinein geruffen / welche mit gar verwirretem Gemüht sich darstelleten / so daß sie des alten Königes auff dem Königlichen Stuel nicht eins gewahr wurden / dann sie sahen sich nach der Seite umb / was vor Gezeugen sich wider sie wolten finden lassen; biß König Notesterich sie mit gewöhnlicher Sanfftmuht also anredete: Lieber sage mir doch / Ninisla / was habe ich dir jemahls zuwider getahn / daß du mich drey ganze Viertel Jahr mit dem Brodte der unaussprechlichen Angst gespeiset / und mit dem Wasser der unerhörten Trübsaal getränket hast / dessen dieser mein krummer Rücken / weil ich lebe / mir wol stete Erinnerung tuhn wird? Als diese Verrähter den alten König reden höreten / und sein Angesicht eigentlich kennten / erstarreten sie anfangs vor grossem entsetzen / daß sie weder reden noch sich bewägen kunten / erhohleten sich aber / zücketen ihre Brodmesser / und wolten sich damit selbst entleiben; aber die umstehende Auffwarter / welche scharffen Befehl hatten / ihnen wol auff die Hände zu sehen /wurden dessen zeitig inne / und fielen ihnen in die Arme / daß ihrer drey drüber verwundet wurden / fesselten ihnen darauff die Hände / und fragete sie Herkules / ob sie nunmehr Gottes Rache schier sehen könten / und was vor Entschuldigung ihre erzeigete Vermässenheit führete. Da Ninisla zur Antwort gab: Er könte nicht außsinnen / was vor Unglük diesen Alten wieder aus dem Grabe hervor geruffen hätte /dahin man ihn schon vorlängst geleget / und er von rechtswegen schon halb solte vermodert seyn; merkete aber wol / daß das unbilliche Verhängniß keine geträue Vorsteher des Vaterlandes leiden wolte / und welche bemühet währen / den Untertahnen die angebohrne Freyheit zuwege zubringẽ; daher er sich dann willig in den Tod geben wolte / und da er gesündiget hätte / welches doch nicht böser Meinung geschehen /währe er bereit / mit dem Halse zubezahlen. Sein Sohn Urisla schweig stokstille / stund und sahe Königin Valisken mit starren unverwendeten Augen an; welches sein Vater merkend / zu ihm sagete: Lieber Sohn / das anschauen ist nunmehr zuspäht und vergeblich / weil wir sie auff unserm Schlosse nicht haben sehen mögen. [892] Es ist gut / sagete König Notesterich / daß du die Beichte so früh und ohn Folterung anfähest / damit du desto leichter vor einen Erz Verrähter / und ich vor den ungezweifelten König Notesterich erkennet werde. Ladisla eiferte sich über des Buben getahne Spotrede / dz er schier nicht bey sich selber wahr / und mehrete ihm den Zorn nicht umb ein geringes / als er den gottlosen Buben auff diese seines Herrn Vaters Rede also antworten hörete: Wolte Glük / daß ich ehe wissen mögen / daß man an Notesterichs warhaffter Gegenwart gezweifelt / müsten wir beyde uns noch lange darüber zanken / ob du derselbe / oder ein Betrieger währest; daß du mir aber die Folter dräuest / da ich ein Hochädler Herr bin / ist mir der aller gröste Schimpff; fing hierauff an / so wol Ladisla uñ Valisken als den Vater selbst zuschänden / in Meynung / sie zur eitzen / daß er aus Zorn alsbald getödten würde. Aber niemand kehrete sich daran / ohn Gallus gedauchte die Stimme zukennen / trat zu ihm /und nach genauer Besichtigung sagete er: Wie nun Bruder Victor / treffen wir uns alhie so unvermuhtlich und in solchem Stande? Dieser kennete ihn bald / und gab zur Antwort: Hat dich dann der Teuffel auch noch zu dieser unseligen Stunde hergeführet / daß du mein Unglük vermehren must? Hilff Gott! sagete Gallus /sich gegen Königin Balisken wendend / wie schicket es die himlische Versehung / daß der Uhrstiffter Ihrer Hocheit ehemaligen Gefängniß in dem unseligen Flecken vor Padua / alhie auff diesem Schlosse muß gefesselt / und wegen seines Verbrechens abgestraffet werden. Ihr werdet euch irren / antwortete die Königin / massen dieser ein Böhmischer Landsasse ist / und Zeit meiner Reise nach Padua auff seinem Schlosse sich finden ließ. Ich versichere eure Hocheit / sagte Gallus / daß er der eigentliche Uhrheber solches Unglüks ist / wie er schon gnugsam gestanden hat / und meine Kundschafft nicht leugnen kan. Wolan / sagte die Königin / so gehet mit hin / und bey der Folterung befraget ihn auch dieses Glückes wegen auffs allergenaueste und schärffeste / daß ich recht hinter meine Verfolger komme / vielleicht ist er eben derselbe /welcher mich aus Angst in die Moldau hat springen machen. Ja ihr Wunderschöne / antwortete der Bube /währe ich selbst dabey gewesen / und hätte meinen Leuten es nicht allein vertrauet / wolte ich sie von der Moldau weit gnug abgeführet / und allen meinen Begierden ein glükliches Ende gemacht haben. Je bistu doch unser aller Teuffel gewesen / sagte sie / wolte weiter nicht mit ihm reden / und befahl / mit ihm hinweg zueilen. König Notesterich hielt nunmehr Zeit seyn / sein ausgestandenes Elend zuerzählen / damit aus der übereinstimmung mit der peinlichen Bekäntnis alles desto gewisser dargelegt würde; ließ alle anwesende Landstände in grosser anzahl auf den Saal fodern /und hielt diese Rede zu ihnen: Großmächtige Könige und Königinnen / Durchleuchtige Fürsten / Fürstinnen und Fräulein; Hoch und Wolgebohrne / auch ädle / Grafen / Ritter / Herren und Frauen / sämtliche gegenwärtige Freunde und Freundinnen / teils herzgeliebete Kinder und Anverwanten / teils gehorsame Untertahnen und sonst liebe Geträue. Wann des Himmels sonderliche gütigkeit mir nicht Schuz gehalten /und in meiner Gefängnis und schweren Dienstbarkeit sich meiner gnädig hätte angenommen / währe kein Wunder / daß ich schon tausendmahl verzweifelt /und mir selbst gewaltsame Hand angelegt hätte. Ich kan nicht ersinnen / warumb die Götter mir eben /grösser Elend auflegen wollen / als nie keinem Könige vor mir geschehen ist / nachdem ich ja der groben Laster mich nicht habe teilhaftig [893] gemacht / noch gegen meine Untertahnen mich grausam und unbarmherzig erzeiget. Wie dann etliche von meinen Lands Rähten / hier anwesend / mir werden Zeugnis geben /daß jener wolergehen ich über mein eigenes gesuchet habe. Die schweren Schatzungen uñ Frohndienste habe ich nicht vermehret / sondern gemindert / und mich wol nie keinmahl über ichtwas so geeifert / als da ein Schmeichler einsmahls sagen durfte: Die Untertahnen blieben dannoch Untertahnen / wañ sie gleich ihrem Herrn alles hergeben müsten. Doch mus ich nicht zweifeln / es müssen die Götter freylich etwas an mir wissen / daß so harter Züchtigung wert sey / dann wer wolte dieselben vor ungerecht schelten? Aber diese höchstansehnliche Versamlung nicht übergebühr auffzuhalten / mus ich meiner Erzählung den Anfang machen. Es wird annoch vielen von den meinen unvergessen seyn / was gestalt ich vor drey Jahren und sechs Wochen mit wenigen Dienern etliche Meilen auff die leidige Jagd geritten (meine Fr. Tochter wird sich erinnern / was kurz vorher sie mir aus eines Pfaffen Munde vor eine Warnung erteilet) als der Verrähter Ninisla mir bey seinem Sohn zuentboht / es liessen sich etliche sehr grosse Uhrochsen in seinem Gehölze spüren / und weil ich ein Geboht (O des leidigen Gebohts!) ergehen lassen /daß kein Mensch ohn mein Vorbewust und einwilligung selbigen nachstellen oder leid anfügen solte /hätte er mir deren Anwesenheit untertähnigst verstendigen wollen / ob mir gnädigst gefallen möchte /durch derselben fahung mich zuerlustigen; und erinnere ich mich sehr wohl / daß mein geliebtes Gemahl mich zwar wegen eines gehabten Traumes davon abriet / welches ich aber leider in den Wind schlug / und solche Verachtung rechtschaffen büssen müssen. Ich wahr behende auff / das Wild zuerhaschen / da der Lecker Urisla mich und meine Diener einen wunderlich-verwirreten Weg führete / biß wir von acht Gewapneten uns umgeben sahen / die auff uns zudrungen / meine vier Diener vor meinen Augen nidersäbelten / und mich gefangen hin auff Ninisla Schloß führeten / woselbst ich wilkommen geheissen / und zur Mahlzeit geführet ward; ich aber mich erklärete /keinen Bissen anzurühren / biß ich zuvor wüste / ob ich verrahten / oder unter Freunden währe. Ninisla antwortete mir gar trotzig; ich währe in guter Sicherheit und Ruhe / wolte auch nach geendeter Mahlzeit mir alles Verlaufs gnugsame Rechenschaft geben /daß ich verhoffentlich wol zufriede seyn würde. Ich dagegen wendete ein / der Mörderische überfal / und daß meine Diener straks Angesichts erschlagen / ich aber gefänglich angenommen wähte / könte mich keiner Sicherheit bereden / wüste vielweniger / wie sich eine solche Taht verantworten liesse; welches er aber mit einem höhnischen Gelächter beantwortete: Der Verlust vier Diener währe sehr geringe bey einem Könige / und könte mit leichter Mühe eingebracht werden; mich betreffend / währe ich kein Gefangener /sondern ein gebietender König / es währe dann / daß ich mich selbst darzu machen wolte. Da schlage Unglük zu / sagete ich; Heisset daß ein gebietender König / der / wie ich verstehe / nach eines andern Pfeiffe tanzen sol? wegerte mich auch / Speise zu nehmen / biß er mit etwas pochen mich ermahnete / ihm seine Wirtschaft nicht zu schmähen; dann ob er gleich kein König / so währe er doch Herr und Gebieter auff dem seinen. Ich muste mich bequemen / und aß / wiewol mit schlechter Begierde; aber die Gesundheiten muste ich so viel stärker bescheid tuhn / da meiner Frl. Tochter / die erste; seines Sohns Urisla die andere; meine die dritte; und Ninisla (welche der Sohn anfing) die vierde wahr. Ich begunte [894] schon zu merken /wohin dieses Beginnen zielete / wiewol ich nicht desgleichen taht / sondern als ein Unachtsamer mich stellete / biß Ninisla mich fragen durfte / wessen ich wegen meines Königreichs gesinnet währe / nachdem mein Sohn / welcher ohndas zur Beherschung undüchtig gewesen / erschlagen währe / dessen er gute und gewisse nachrichtung hätte / und nur eine Spil Erbin Frl. Valiska übrig / die nunmehr Mannes-düchtig würde / und mit einem wirdigen Gemahl /auch auf den Fal / künftigen Könige müste versehen werden. Mein Sohn Ladisla / antwortete ich / welchen die Götter mit Königlichen Tugenden zur gnüge versehen / wird sich bald wieder einstellen / von dem ich vor wenig Wochen Schreiben erhalten; und wann er gleich dahin währe / müste das Königreich nicht desto weniger nach meinem Tode ein Häupt haben / würde auch meine Tochter den Landständen wieder ihren Willen nicht auffdringen / deren vielleicht schon in der Fremde ein wirdiges Gemahl versehen währe. Daß währe zubeklagen / gab der Bube zur Antwort / daß ein eingebohrnes Fräulein des Landes müssig gehen /oder ein Ausländischer über die freien Böhmen die Beherschung nehmen solte. O nein! die Stände leiden solches nicht / und mus freilich das Fräulein einem des vornehmsten Bömischen Adels verheirahtet werden / wo sonst Unruhe und des Reichs gänzliche Verwüstung sol vermieden bleiben. Weil ich dann ohn Ruhm zu melden / der gewaltigste Landsasse dieses Königreichs bin / und mein Sohn Urisla zur Kron scheinet gebohren seyn / wie ihm ja alles Königlich anstehet / so wird König Notesterich sich gefallen lassen / daß wir zwischen dem Fräulein und ihm eine glükliche Heiraht schliessen / und der wirdigen Kindes Kinder mit fröligkeit erwarten. Ein solches / sagte ich / wird von uns solcher gestalt nicht können / als auff der Jagd / verrichtet werden / weil uns der andstände Wille und Meynung unwissend ist; werden demnach gemach fahren / und der Zeit erwarten / daß uns die Eile nicht schier heut oder Morgen gereue. Solches nun wahr ihm eine unangenehme Antwort /fassete den Becher und sagete: Er söffe den Tod daraus / wofern diese Heiraht vor meinem Abzuge nicht solte und müste volzogen / und das heimliche Beilager auff diesem Schlosse gehalten werden; müste mich demnach kurz bedenken / und vernehmen lassen / wessen ich gesinnet währe. Er taht mir überdas den Vorschlag / daß ich mit eigener Hand und untergedruktem Pitschaft an mein Gemahl und Tochter schriebe / daß sie mit dem Kanzler Bretisla / Herrn Pribisla und Krokus / ohn alle andere Geselschaft herüber kähmen / weil sehr geheime Sachen zuberahtschlagen vorfielen. Aber zu meinem Glük hatte ich bald anfangs bey dem mördlichen Anfal meinen Daumen Ring in eine Hecke geworffen / dz er zu meinem Schaden nicht mißbrauchet würde, uñ kunte ich diß schändliche anmuhten ohn Zorn nicht beantworten /wiewol mirs vielleicht so gar schädlich nicht hätte seyn mögen / nachdem ich Zeit gehabt / es bey mir besser überzulegen; dißmahl aber verwies ich ihm seinen Frevel ernstlich / er solte wol bedenken / was er anfinge / uñ sich durch Ehrsucht nicht zu hoch aufftreiben lassen; er könte leicht erachten / was vor einen Ausschlag solche unbesonnenheit gewinnen dürfte /wiewol ich ihm äid- und Königlich versprechen uñ halten wolte / alles bißher ergangene / ihm als ungeschehen / gänzlich zuverzeihen / dafern er in sich gehen / sein Vorhaben endern / und mich in Sicherheit nach Prag zihen lassen würde. Welcher Anmuhtung er vor Eifer zu bersten meinete / sprang von dem Tische auff / und schwur bey allen himlisch- und hellischen Göttern / ich müste ihm hierin zu willen seyn / und[895] den Vorschlag mir gefallen lassen / oder dessen erwarten / was mir und ihm unangenehm seyn würde; der Wurf währe geschehen / und das Spiel gewaget /es müste gewonnen oder verlohren seyn / nachdem es durchaus nicht könte auffgeruffen werden; der Gewin würde uns allerseits ergetzen und befriedigen / der Verlust aber / mich oder ihn / oder alle beyde in dz äusserste Verderben stürzen. Bald darauff / wie ich gar nicht antwortete / sondern als ginge michs nicht an / freimühtig hinsaß / fing er an gelinder zuverfahren: Ich möchte mich doch eines bessern bedenken /und seinem Ansuchen stat geben; sein Sohn währe nicht so sehr durch Begierde der Herschaft / als Liebe gegen das schönste Fräulein / zu diesem Vornehmen gezwungen; er währe ein einiger Sohn / und hätte vor sich Güter gnug / Herrenstand zuführen / nur weil das Königreich dem Fräulein nohtwendig folgen müste /würde beydes zugleich gesucht / und was sonsten des süssen pfeiffens mehr wahr. Ich gedachte / es währe nunmehr Zeit / meine Ernsthaftigkeit recht sehen zu lassen / stellete ihn zu rede / fragend / ob etwa er und sein Sohn ihren Wiz gefressen / und durch garzuheftige Begierde nach lautern unmögligkeiten / an ihrem verstande gar verblendet währen; alles ihr tichten und trachten in dieser Sache / währe vergebens und umsonst / wie bund sie es auch karten und kehren würden / solten demnach diese nichtige Einbildung bald ablegen / und die angebohtene Gnadenzeit nicht vorbey gehen lassen / auff daß ihnen die Reue nicht zu spät kähme; es währe ja von einem Knaben zuerkennen / das ihr Vornehmen nohtwendig zum ärgesten ausschlagen müste / welches ihnen leicht vor Augen stehen könte / wann sie es nur wolten zu Herzen fassen. Aber diese Warnung kunte der Vater nicht verdäuen / sondern dräuete mir / mit blossem Gewehr /das begehrete Schreiben alsbald zuverfertigen / oder eines schnöden Todes zugewarten. Welches ich ihm also beantwortete: Es möchte nach der Götter versehung ergehen / so schriebe ich doch einen solchen Brieff nicht / und würde er viel klüglicher handeln /wann er durch andere mittel solches an mich begehrete; ich währe bißher nicht gewohnet / mich durch Dräuung oder den Tod schreckẽ zulassen / währe auch wol versichert / daß mein Gemahl und Frl. Tochter auff ein blosses Schreiben ohn starke Kriegsbegleitung nicht ko en würden / da nicht einer von meinen mit ausgeno enen Dienern ihnen solches mündlich anbrächte / und sie aller Gefahr / die man sich einbilden könte / benehmen würde; zugeschweigen /mein Kanzler Bretisla / wie ihm wol bewust / ein verständiger bedachsamer Mañ währe / uñ in solche Reise ni ermehr gehehlen würde; daß er also / ob ich gleich schriebe / seinẽ Zweg nit erreichen könte; währe demnach añoch mein geträuer Raht / daß er die angebohtene Gnade erkeñete / und nicht in verderbliche Gefahr sich stürzete / welche ihm lauter schaden und keinen Vortel bringen könte. Aber dieses alles wahr den Taubẽ geprediget; das Fräulein solte und müste daselbst sich einstellen / und seinem Sohn beygelegt werden; würde ich mich dann weiter sperren /solte ich mein Ungemach zu spät bereuen. Ey so habe ich nur einen Hals / antwortete ich / welchen du meinäidiger mir nit ohn Straffe brechen wirst / wo sonsten noch Gerechtigkeit bey den Göttern zufinden ist. So habe ich und mein Sohn jeder auch nur einen /sagte Ninisla / aber so liderlich wollen wir ihn nicht in die Schanze setzen / sondern zuvor alles versuchen / was uns möglich und dienlich seyn kan / das liebe Fräulein zuerhaschen / und sie auff dieses Schloß zubringen; wirst dann du (also beschimpffete er mich) und auch sie / in diese begehrete Heyraht nicht einwilligen / [896] als dann wollen wir sie vor deinen Augen mißbrauchen / und nach etlicher Zeit sie unsern Leibeigenen zum Muhtwillen übergeben; dann wirstu gräulicher Bluthund zu späte bereuen und beklagen / daß du zu dieser Schande Ursach und Anlaß gegeben hast. Die Götter werden dieses dein schändliches Vorhaben schon zuhindern wissen / sagte ich; daß du mich aber vor einen Bluthund schiltest / redestu deinen Muhtwillen / weil kein Mensch mich bißher einiger Grausamkeit mit Fuge beschuldigen kan / müste aber in diese Zunft gerahten / wann ich in dein gotloses Vorhaben würde einwilligen. Als ich mich solcher Gestalt verantwortete / fragete er mich zum Beschluß / ob dieses mein beständiger Versaz währe / uñ ich mich keines andern erklären wolte; und auff meine freymühtige Bejahung foderte er zween Leibeigene in die Stube / mich zuentkleiden / und mein zuspotten; welche / auff meine Frage / ob sie an ihrem Könige sich vergreiffen wolten / sich dessen mit Ehrerbietigkeit enthielten. Dieses verdroß ihrẽ Herrn so hefftig / daß er sie alsbald niderhieb / und zween andere herzurieff / die durch der vorigen Straffe gewahrschauet / seinem Befehl nachkahmen / mich entkleideten / hin und herstiessen / und meines Mutter-nacketen Leiben spotteten / hernach mit einem knechtischen Kittel mich bekleideten / und in ein enges Gewölbe einsperreten / in welchem ich weder auffrecht stehen / noch außgestrekt liegen kunte / dann es wahr nur vier und einer halben Spannen hoch und lang. Ich bedingete mich von solcher Gewaltsamkeit auffs beste / und wünschete ihm aller Götter Zorn und Rache; welches er nur verachtete / einwendend / er währe Gott auff seinem Schlosse / in dessen Straffe ich gefallen währe / und nicht loß kommen würde / biß das Fräulein mit meinem guten Willen sich herzufügete / und die Heyraht einginge. Damit ward mein Gefängnis verschlossen /und hörete ich in 24 Stunden keinen einigen Menschen / nach deren Verlauff ein Leibdiener die Tühr öffnete / vorgebend / sein Herr liesse mich fragen / ob ich der engen Herberge nicht schier überdrüssig währe; welcher Schimpff mich herzlich schmerzete /durffte ihn doch nicht beantworten / sondern baht den Diener / daß er mich außliesse / biß ich meines Leibes Notturft abgelegt hätte; bekam aber zur Antwort; ich hätte raum gnug es in meinem Gemache zuverrichten. Also ward mir ein wenig grob Brod / und trübe Wasser zwischen die Beine gesetzet / welches meine Mahlzeit seyn solte. Ich begehrete / daß sein Herr auff ein Wort zu mir kommen möchte / welcher sich bald einstellete / und mit Ungestüm mich fragete / was mein Begehren währe; da ich zur Antwort gab; wann er nicht bedacht währe mich loß zulassen / möchte er mich auff ein raumes Gemach versperren / da ich mich auff richten / außstrecken / und bewägen könte. Aber er antwortete; dafern mit dergleichen Anmuhtungen ich ihn ferner bemühen würde / solten mir Peitschen und Ruhten mitgeteilet werden; fing auch an /sich auffs höchste zuverfluchen / ich solte weder des Tages Licht sehen / noch aus diesem Loche kommen /biß Frl Valiska in seinen Händen währe / als dann solte der Tod aus sonderlicher Gnade die Endschafft meiner Gefängniß seyn / weil ich bessere Gnadenzeit nit hätte erkennen wollen. Jedoch gab man mir ein kleines Gefäß zur Leibes Noturfft / welches die Knechte allemahl mit Unwillen reinigten. Was ich nun dreyviertel Jahr lang (die mir tausend Jahr dauchten) in diesem elenden Gefängniß erdulden müssen /ist mir unmöglich außzusprechen. Ich nam mir offt vor / mich durch Hunger zutödten / aber des Brods uñ Wassers stete Gegenwart / erweckete die Begierde zuessen und trinken / daß ich mein Vornehmen [897] nicht volstrecken kunte. Ja wann die Knechte merketen /daß ich meinen Anteil nicht verzehret hatte / zwungen sie mich darzu / und trieben ihr stetes Gespötte mit mir. Einsmahls erkühnete ich mich / den Diener durch statliche Verheissung zubereden / daß er mir davon hülffe / aber Ninisla stund mir unwissend hinter der Tühr / und dräuete mir die allerschändlichste Unfläterey / dafern ich mich noch einmahl unterstehen würde / sein Gesinde zuverführen. Ich kunte nichts anders /als ihm Gottes schwere Hand zur Straffe wünschen; woran er sich durchaus nit kehrete / sondern mich zutrösten pflag / ich solte meine Frl. Tochter gar bald zusehen beko en / und als dann außgelassen werden /auch mit Augen anschauen / wie geschikt sie solte gemacht werden / einen Mann zulieben / ungeachtet sie noch zur Zeit lieber mit Geschoß und Pferden umginge. Nach Verlauff sechs Wochen / hatte mich das Unzieffer / welches aus meinem Leibe wuchs / fast durch und durch wund gefressen / welches ich einem Leibeigenen klagete / der mich mit den Füssen zur Tühr hinaus legete (dann mit dem Häupte durffte ich aus dem stokfinstern Loche nicht hervor kucken / des Tages Licht zusehen) zog mir die Kleider abe / und schmierete mich an allen Gliedmassen mit einer stinkenden Salbe / wovon ich nicht allein geheilet ward /sondern es weich auch alles Unzieffer hinweg von mir / daß ich nach der Zeit keines mehr spürete / welches mir ja noch eine Linderung der stetswehrenden Pein gab. Wie offt erboht ich mich / mein Königreich und alle meiner Bekanten und Freunde Landschafften zuverschwören / und an die abgelegenste örter der Welt mich zubegeben / daß kein Mensch ichtwas von mir erfahren solte / dafern er mich nur aus Barmherzigkeit loß lassen würde; aber alles wahr vergebens / und bekam ich stets diese Antwort: Ob ich annoch im Leben vermeinete zu seyn / und weite Reisen über mich zunehmen? hätte man mich doch zu Prag schon Königlich begraben / daher müste ich an keine Freyheit mehr gedenken / sondern in dieser Hölle mich fein gedulden / weil in der Gnadenzeit ich nicht hätte glükselig leben wollen. Wann ich dann fragete / aus was Ursachen er mich doch so lange peinigte / und nicht alsbald tödtete / da ich ihn die ganze Zeit meines Lebens nie beleidiget hätte; sagete er; ich müste zuvor meine Tochter in Mannes Armen sehen / und wie zierlich er sich mit ihr begehen könte. Ich erboht mich / ihm oder seinem Sohn meine Tochter gerne zugeben; aber er wendete ein / es währe nun zu lange geharret / und aus meinen Händen; am ersten Abend /am ersten Abend / sagte er / währe es Zeit gewesen /nun aber ist das Spiel versehen / und muß das liebe Häsichen zum Wildbrät auf andere Weise gefangen werden. Als ich diesen seinen endlichen Willen vernam fing ich an / ihn zu schänden und schmähen / in Meinung / ihn zureitzen / daß er mich erschlagen solte / aber er hatte nur seine Lust und Kurzweile dran / nit anders / ob hätte ich ihn vor einen Ehrwirdigen Herrn außgeruffen; wiewol ich dieses zu Lohn bekam / daß man mir das grobe Brod mit abscheulicher Unfläterey beschmierete / welches ich gezwungen verschlingen und auffressen muste; dann wañ ich michs zuessen wegerte / dräueten sie mir eine solche unmenschliche Schande / welche zumeiden / ich in allem gerne gehorchete. Zeitwehrender solcher Erzählung / lieffen dem ganzen Frauenzimmer die häuffigen Trähnen aus den Augen / biß dz Herz das Mitleiden nicht länger unterdrücken kunte / daher sie auff diese des Königes leztgeredete Worte ein so hefftiges weinen anfingen /daß es unten im Platze gehöret ward / uñ bekeñete Valiska / daß ihre ehmalige eigene Noht ihr nicht so sehr zu Herzen gangen / noch [898] mit diesem Jammer zuvergleichen währe. Die alte Königin währe schier von Trähnen zerflossen / und musten fast alle anwesende Mannes Bilder ihr im weinen Geselschafft leisten /daß man auch an König Mnata die Backen Trähnen rinnen sahe / und einer den andern fragete / mit was wirdiger Straffe ein solcher verzweifelter Erz Bube zu belegen währe / der an seinem herschenden Könige ein solches zubegehen sich nicht gescheuhet hätte. Das Frauenzimmer wünschete / der König möchte seiner Erzählung die Endschafft geben / damit sie in den Trähnen nicht gar ersticketen; er aber sobald sich das starke Geheule gestillet hatte / fuhr also fort; versichert euch / meine liebe Anwesende / daß ich gerne alle Tage zwanzigmahl den Tod erlitten hätte / wann mir nur hätte mögen gegönnet werden / mich des Tages ein Stündichen außzustrecken; ich muste stets sitzen / und die Knie schier vorm Maule halten / oder so gekrü et mich auff die Seite legen; bißweilen lag ich auff Knien und Händen; bißweilen wand ich den Leib wunderlich und mit grossen Schmerzen / nur dz ich die Beine außstrecken möchte / welche mir anfingen krum zuwachsen / weil die Sehnadern sich kürzeten / und wahr mein höchster Wunsch / nur allein zuwissen / wie lange ich diesen unsäglichen Jammer noch treiben solte / ehe die Seele aus der beschwerlichen Herberge des Leibes Abscheid nehmen würde. Noch rieff ich täglich alle Götter an / sie möchten gnädig abwenden / daß meine liebe Tochter / die von dem Himmel selbst zu aller Tugend gezogen würde /dem boßhafften Menschen nicht in die Hände fiele; worin ich von den gütigen Götter ohn Zweiffel erhöret bin. Als ich nun dieses Elend die drey viertel Jahr durch in der engen Finsterniß gebauet hatte / und die liebe Sonne mich wiedersehen wolte / trug sich zu /daß Ninisla mit seinem Sohn außgeritten wahr / und eine starke Schaar Pannonischer Räuber sein Schloß überfielen / welche alle Menschen / groß und klein erschlugen / die verschlossenen Tühren und Kasten öffneten / und allen Raub auff Wagen luden. Ich hörete den Ja er und das Klagen der sterbenden / auch dz die Pannonische Sprache überal ging / daß sie auch endlich mein Loch mit einer Axt auffschlugen / der Meinung / einen verborgenen Schaz daselbst anzutreffen. Sie funden mit bald / und frageten / wer ich währe. Da gab ich zur Antwort: Ich währe ein armer Mann / Bürger-Standes / und hätte der Herr dieses Schlosses mich vor drey viertel Jahr in diß Loch geworffen / sint der Zeit ich keines Tages Licht gesehen / mich auch nicht auffrichten oder außstrecken können; bähte sie demnach um aller Götter Willen / sie möchten sich meines Elendes erbarmen / und daß ich hieselbst nit gar verdürbe / mich heraus und mit sich davon nehmen. Diesen Räubern / wie grausam sie sonst wahren / ging mein Elend zu Herzen / weil ich meiner Trähnen nicht sparete / und zogen mich bey den Füssen hervor; aber da ich an die Lufft kam / und meine Augen des Sonnen-scheins empfunden / wuste ich nicht zubleiben / kunte auch auff keinen Fuß treten / noch auffrechts stehen / sondern lag auff der Erden als ein sterbender; sie schleppeten mich aber hinaus / und legeten mich auff einen Wagen / da ich das Angesicht unterwärz kehrete / und meine Glieder fein gemach dehnete und lenkete / auch durch die zugetahnen Finger / die ich vor die Augen hielt / des Tages Liecht gar ein wenig durchscheinen ließ / damit ich nicht gar erblendete. So bald die Beute zusammen getragen und auffgeladen war / zündeten sie das Schloß an allen Ecken und Enden an / daß es ohn zweifel in kurzer frist wird eingeäschert seyn / wovon ich eigentlich nicht zusagen weiß / weil die Räuber nicht lange [899] seumeten / und ich mich in der Lufft nicht umsehen kunte. Die erste Nacht hatten wir unser Lager in einem dicken Gesträuche / daselbst speiseten sie / und teileten mir reichlich mit / zeigeten mir auch an / ich müste mit ihnen / und könte vielleicht noch zur täglichen Hausarbeit wieder angewehnet werden; wogegen ich nicht das allergeringste sagen durffte /und baht sie nur / sie möchten mir erläuben / diese Nacht zwischen ihnen ein wenig umher zugehen / daß meine erstarreten Glieder wieder gelenk würden; welches ich nicht allein erhielt / sondern weil ein Wund Arzt bey ihnen wahr / schmierete mich derselbe an den Gelenken uñ am Rücken / gab mir auch Oel /damit ich mich am ganzen Leibe bestreichen muste /welches mir grosse Hülffe taht / so daß ich am dritten Tage etliche Stunden aneinander mit forthinken kunte / welches mir die höchste Freude wahr / ob wol der Rükgrad mir nicht wieder gerade werden wolte / wie er dann wol biß an mein Ende mich der Gedächtniß meines Elendes erinnern wird. Ich scheuhete mich /einiges Lösegeldes gegen sie zugedenken / und gelebete der tröstlichen Hoffnung / wann ich bey einem Herrn in Dienst getreten währe / wolte ich meine Freyheit desto besser zu werk richten / ward aber heßlich betrogen / weil durch ganz Pannonien bey Leib-und Lebensstraffe gebohten ward / keinen Böhmischen Leibeigenẽ oder Gefangenen loßzugeben / ober umbs Geld sich lösen zulassen / wie dann gegenwärtiger König / Herr Mnata bezeugen wird. Bey Teilung der Beute / ward ich einem verwägenẽ Menschen zugeloset / der aus Spot fragete / was er mit dem alten Krüppel vor Vogel sahẽ solte / der nirgend besser /als auff der Schindgrube läge; trat auch mit dem Worte zu mir ein / und wolte mich mit einer schweren Hacke niderschlagen; aber der mich aus dem Loche gezogen hatte / wehrete ihm / und erlegete vor mich den dritten Teil einer Krone; So teur ward der Böhmische König dazumahl geschätzet / und auff seinem eigenen Grund und Boden verkaufft. Ich bedankete mich gegen meinẽ Käuffer höchlich / versprach alle mögliche Arbeit gerne zuverrichten / und mit gar geringer Speise vorlieb zunehmen. O mein herzgeliebeter Herr und Gemahl / fing hieselbst die alte Königin an zuruffen; ich bitte durch Gott / Eure Liebe wolle mein Herz nicht weiter mit Erzählung dieses gar zu grossen Jammers quählen / sondern vielmehr gedenken / daß der heutige Tag zur sonderlichen Ergetzung des Frauenzimmers bestimmet ist / daß wir demnach ihn nicht gar mit heulen und weinen zum Ende bringen mögen / und lasset uns vielmehr Gottes Barmherzigkeit danken / durch welche Eure Liebe wunderlich errettet ist; solte aber noch etwas zuerzählen übrig seyn / kan solches auff bequemere Gelegenheit verschoben werden. Das sämtliche Frauenzimmer halff mit bitten / daher der König seiner Rede die Endschafft gab / weil er ohn das sahe und wuste / daß kein einiger Mensch an seiner warhafftigen Gegen wart Zweifel trug. Die Gefangenen wurden in Leches /Neda und Gallus bey wesen / jeder absonderlich sehr scharff befraget / da der Sohn bald anfangs alles willig bekennete / und umb einen gnädigen Tod anhielt; der Vater aber gar hart gefoltert ward / welches er beständig erlitte / unter der Hofnung / hiedurch das Leben einzubüssen; als er aber die hefftige Pein länger nicht erdulden kunte / begehrete er Erlassung /und daß er alles aussagen wolte; wie er solches auch umbständlich vorbrachte / insonderheit / daß er selbst gegen das wunder-schöne Fräulein sich hefftig verliebet befunden / und ihr hin und wieder auff dem Gejägde / und wann sie ausgeritten währe / nachgetrachtet hätte / wiewol allemahl vergebens / so dz er mit Händen greiffen [900] mögen / die Götter währen ihre Beschützer gewesen / welches sich nie augenscheinlicher hätte sehen lassen / als da seine Knechte sie schon in ihrer Gewalt gehabt / und sie durch den starken Strohm schwimmend entrunnen währe / wenig Wochen hernach / da sein Schloß verbrunnen / und der König gerettet worden; noch hätte er sich ihrer nicht begeben könnẽ / sondern währe ihr auff der Reise nach Padua stets eine Viertelmeile gefolget /hätte gemeiniglich in einem Dorffe oder Flecken mit ihr und ihrer Geselschafft Herberge genommen / und die Räuber / welche sie erstmahls geraubet / angestränget / nicht nachzulassen / biß sie ertappet währe /einwendend / sie währe ein junger ädler Herr und von grossen Mitteln / der sich mit etlichen Tonnen Goldes loßkäuffen könte / welches sie unfehlbar zugewarten hätten. Ja als sie in der Räuber Händen gewesen /hätte er sich wollen zu ihr hin verfügen / umb zuversuchen / ob er sie durch Auslobung grosser Gelder lösen / und mit sich auff sein Schloß bringen könte; aber die Räuber / insonderheit Gallus / mit dem er unter dem Nahmen Victor / des Abends Brüderschafft gemacht / währen wegen des grossen Verlustes ihrer Völker über ihn unwillig worden / daß er mit genauer Noht sein Leben davon gebracht hätte. Als der Königlichen Geselschafft diese Uhrgicht vorgelesen ward /erblassete Valiska vor Zorn / und fing also an: O du grundgütiger Gott / wie grosse Barmherzigkeit hastu mir erzeiget / indem du mich vor dieses boßhafften Menschen Frevel beschützet; Wie hohe Gnade hastu mir sehen lassen / und noch in meiner blinden Heydnischen Unwissenheit / daß ich nicht umb Ehr / Leben und Seltgkeit kommen bin; davor sage ich dir von Herzen Dank / mein Schöpffer; davor preise ich dich inbrünstig mein Heyland. Hernach erzählete sie den ganzen Verlauff / wie sichs mit ihrer Rettung / da sie durch die Mulda geschwummen / zugetragen hätte /wie solches im Ersten Buche dieser Geschichte ausführlich beschrieben ist. Die anwesende / denen solches mehrenteils unbewust wahr / verwunderten sich zum höchsten über dieses boßhafften Menschẽ verwägener blinder Kühnheit / welche ihm biß daher so wol geglücket / daß er nie verrahtẽ worden / und begehreten zuwissen / was er doch wegen des Königes vor Gedanken gehabt / als er sein abgebrantes Schloß angetroffen / und keinen Menschen gefunden hätte; worüber er befraget ward / und ungezwungen bekennete: Er währe in den festen Wahn gerahtẽ / der König würde mit verbrant seyn / weil vorerst er versichert gewesen / daß er weder der Sonnen Strahlen hätte ertragen / noch seine krumgewachsene Beine zum gehen oder entlauffen gebrauchen können; und ob er gleich seinen Leichnam oder Knochen im Gefängniß nicht funden / währe er doch in den Gedanken gestanden /die Räuber würden selbe geöffnet / und ihn heraus genommmen haben / da er entweder wegen seiner Undüchtigkeit von den Räubern erschlagen / oder sonst im Feur umkommen währe / weil sie mehr verbrante unkentliche Menschen-Leiber gefunden / auch kein einiger Mensch von ihrem Gesinde lebendig blieben / und man in so langer Zeit nicht das allergeringste von ihm gehöret hätte. Zwar sein Sohn Urisla hätte sich stets gefürchtet / es würde ihre Taht endlich ausbrechen / daher er unablässig angehalten / das Schloß nicht wieder aufzubauen / sondern sich in Pannonien unter Königes Mnata Schuz zubegeben /und in dessen Dienste sich einzulassen; möchte nun mehr von Herzen wünschen / daß er diesem heilsamen Raht gefolget hätte; aber die Götter müsten ihm ja seine Sinnen verrücket haben / sonst wolte er diesem heutigen Unglük / und was ihm noch bevor stünde /zuentgehen / Wege gnug gewust haben. Schließlich[901] baht er Gallus / er möchte bey der Königlichen Geselschafft umb Gnade eines schleunigen Todes anhalten /welchen er willig ausstehen wolte / weil er denselben wol verdienet hätte. Was Urisla seinen Sohn beträffe /währe derselbe von ihm genöhtiget / in diese Taht zugehehlen / daher er ohn zweifel mit gelinderer Straffe würde zubelegen seyn. Wie aber / fragete Gallus /wann dein Sohn dir deine Unzucht mit dem Fräulein zutreiben / nicht hätte gestatten wollen / weil sie ihm zum Gemahl außersehen wahr? gewißlich würdet ihr über dieser Beute unter euch selbst uneins worden seyn. Ninisla antwortete mit einem Gelächter: Ja /mein Sohn solte mir wol keinen Teil an dem Fräulein gehabt haben; Zwar ich gebrauchte ihn zum Deckel /und bildete ihm diese Heyraht feste ein / dann wie wolte ich ihn sonst auff meine Seite gebracht haben? Aber mir selbst hatte ich sie ausgesehen / sonst würde ich mich seinetwegen so tieff nicht gewaget haben. Hätte er mir aber Eintrag tuhn wollen / solte er mir alsbald mit dem Leben bezahlt haben. Der böse Muhtwil-Teufel muß dein Herz ganz in seinen Stricken fuhren / sagete Gallus / sonst währe unmöglich /daß du einer solchen Boßheit dich hättest unternehmen dürffen; ging hin / und hinterbrachte alles der Königlichen Geselschafft. Worauff Valiska ihren Herr Vater fragete / mit was vor Straffe er diesen Erz Verrähter zubelegen willens währe / dessen Boßheit alle überträffe / so von Anfang der Welt möchte begangen seyn. Hiemit rante eine kleine Trähnen Bach aus ihren Augen / und fuhr gegen ihn also fort: Gn. Herr Vater /ich muß gestehen / daß leider ich selbst alles des grossen Jammers Ursach bin / welcher euch angeleget ist; dann mich / und nicht euch hat der gotvergessene Bösewicht fahen / und seinen unzüchtigen Willen an mir erfüllen wollen; daher bin ich schuldig / eurem Vater herzen solches kindlich und demühtig abzubitten / ob ich gleich weder Raht noch Taht / noch Willen darzu gegeben habe; hätte ich aber euer Elend wissen sollen / würde ich unerschrocken mich selbst in dieses Verrähters Hände eingestellet haben / umb euch zuerlösen / der ungezweiffelten Hoffnung und Zuversicht zu Gott / er würde mir Krafft und Stärke verliehen haben / seinen boßhafften Begierden zuwiederstehen / und solte mein erstes gewesen seyn / den Sohn auff den Vater anzuhetzen / dem ich würde geträuen Beistand geleistet / und ihn auch nach des Vaters Hinrichtung mit falscher Hoffnung erfüllet haben / biß ihr und ich der Gefahr währen entrissen worden; doch sind dieses menschliche Gedanken / und hätten vielleicht keinen Verfolg haben köñen / deßwegen auch Gott es anders geschicket hat / dessen Gerichte und Werke uns Menschen zwar heimlich und verborgen / und doch allemahl gut und gerecht sind. Herzgeliebte Fr. Tochter /antwortete der König / warumb woltet ihr euch dessen beschuldigen / an dem ihr aller Dinge unschuldig seyd? euer kindlicher Gehorsam ist nie wieder mich außgetreten / zweifele auch nicht / die Gotter würden eure Ehr und Leben auch unter dieses unzüchtigen Menschen Zwange wol gerettet haben; aber dannoch sage ich dem Himmel Dank / daß ihr unter seine Gewalt nicht gerahten seyd. Ich bin zwar scharff gezüchtiget / als nie kein König vor mir in der ganzen Welt; dañ was achte ich / daß ehmahls Könige sich von einem grösseren Könige haben müssen lassen vor den Wagen spannen? was rechne ich solches / daß Könige von den Römern erschlagen und hingerichtet sind? jedoch / wer weiß / womit ichs an den Göttern verschuldet / daß ich der ganzen Welt ein Beispiel seyn / und von meinem eigenen Untertahn mich dergestalt [902] quälen / höhnen und peinigen lassen müssen? welches ich aber alles vergessen wil / nachdem die gütigen Götter mich mein liebes Vaterland und Königreich / ja mein herzliebes Gemahl / Kinder und Anverwanten wiederumb haben sehen lassen; daher ruffe ich den Himmel zu Zeugen / daß ichs wenig achte / ob / und auff waß Weise der Gott- und Ehr-vergessene Bube gestraffet werde / wil auch das Gericht keinesweges über mich nehmen / sondern den anwesenden Großmächtigen Königen heimstellen / in sonderheit ihren Liebden /König Hilderich aus Gallien und König Haron aus Schweden / mit Bitte eine solche Urtel zufellen die weder aus Haß noch Rachgier herrühre. Großmächtiger König / antwortete Hilderich / eure Liebde tuht wol und löblich / daß dieselbe diese Sache bloß der Gerecht und Billigkeit anbefehlen wil / wie dann allemahl ein Richter / wann er beleidiget ist / nicht sein eigen Richter seyn / sondern andere darüber urteilen lassen sol. Jedoch ist die an eurer Liebe begangene Boßheit so groß und übermacht / daß wann dieselbe nicht ernstlich gnug gestraffet würde / könte es einem und andern Anlaß gegeben / eines gleichmässigen (dann ärger wird ers nicht leicht machen) sich zuunterfahen. Dann gleichwie nähest Beleidigung der Götter / dieses Verbrechen das gröbeste ist / wann man der höchsten Obrigkeit wirklich wehe tuht / also muß man solchen Frevelern die schwere Hand aufflegen / und hiedurch den hohen Häuptern Freiheit schaffen. Daß ich aber vor mein Häupt mir nicht unternehme / den Ubelthätern die Urtel zu sprechen in einem Königreiche / darüber ich nicht zu gebieten habe / wird weder eure Liebe / noch jemand anders mir verübeln / gelebe auch der Zuversicht zu meiner allerwerdesten Fr. Tochter und grossen Freundin / Fr. Valisken / sie werde mein Anmuhten ihr nicht lassen zuwider seyn / und an meine Statt das Recht über die Boßhaftestẽ der Welt außsprechen / da ich dann schon weiß / daß sie den Mittel-Weg wol treffen / und den Verbrechern die gebührliche Straffe aufflegen werde. Großmächtiger König / Gn. Herr als Vater /antwortete sie ihm: Ich würde dieses Amt über mich zunehmen / von einem andern mich nicht bereden lassen / weil ich unzähliche Entschuldigungen einzuführen hätte; nachdem aber ich über mein Herz es nicht bringen kan / eurer Hocheit als meinem recht-gewogenen Herren und Vater einige Mögligkeit zu versagen /bin derselben ich demütig-gehorsam / und wil mich hüten / daß meine Urtel nicht aus Rache / sondern aus Recht herfliesse / wie dann ohn das Ihre Hocheit / der König aus Schweden / mein Herr Oheim und Vater /als Mit-Richter mich schon wird zu führen wissen /daß ich weder zur Rechten noch zur Lincken außweiche. Großmächtige Königin / hochwerte Fr. Wase /und nicht minder-geliebete als Tochter / sagte darauff König Haron; Ich gelebe der Zuversicht zu eurer Liebe / daß wann meine auch herzliebe Fr. Tochter /Fr. Sibyllen ich an meine Statt derselben zur Mitrichterin zugeben werde / wird euer Liebe solches nicht ungenehm / noch jetzt gedachter meiner Fr. Tochter zuwider seyn / welche ich Kraft dieses darzu erbitte und bevollmächtige. Die fro e demütige Sibylla rechnete dieses nit unbillich vor ein gewisses Zeichen sonderlicher väterlicher Gewogenheit / damit der König ihr zugetahn wahr / daher sie / ihren Gehorsam sehen zulassen / auffstund / sich anfangs gegen ihn neigete /und bald zu ihm hintrat / ihm die Hand zuküssen / an dessen Stat sie aber von ihm freundlich umfangen /und an die Stirn geküsset ward. Worauff Valiska also antwortete: Gn. Herr Vater / Herr König Haron; es hat Eure Hocheit mir eine solche Mit Richterin [903] zugeben wollen / welche wegen ihrer volkommenen Frömmigkeit / Tugend und Verstand ich von dem ersten Tage unser Kundschafft her / so herzlich liebe / als ob wir zugleich und auf einmal unter einem Herzen gelegen hättẽ / weiß auch schon / dz dieselbe mein Herzẽ-Schwesterchen mich schon wird einhalten köñen / daß ich nirgend zu weit gehe; daher vor diese mir zugegebene Mit Richterin ich mich untertähnig bebanke. Für stin Sibylla erröhtete wegẽ des gesprochenen Lobes /als derẽ wahre Demut sie nit beredẽ kunte / dessen wert zu seyn / wolte auch ihre Entschuldigung vortragen / aber Herkules kam ihr vor / und ließ eine Frage an die Königl. Geselschaft abgehẽ / obs nicht könte gewilliget werden / daß das ganze Königl. und Fürstliche Frauenzimmer das Richteramt über sich genommen hätten; welches dann beliebet ward / jedoch also / daß die alten Königinnen keine Stimme mit geben /sondern der jüngeren abgefassete Urtel ihnen vorgetragen werden solte / ehe sie den Königen und Fürsten zubekräftigen übergeben würde. Valiska wendete ein / es dürfte ihr Gericht / als ein Weibliches von schlechter gültigkeit seyn / wann gar kein Mannesbilde unter ihnen sich finden solte / hielt demnach an /ihr die Macht zuerteilen / einen zuerwählen; nach dessen erhaltung sie anfing: Durchleuchtigster Groß Fürst / Herr Markomir / ehrengeliebter Herr Bruder und Oheim; eure Liebe werden vor dißmahl sich nicht wegern / unser Auffseher und Schrankhalter zu seyn /damit wir nicht nach unser angebohrnen Art / den Zank unter uns zu lange führen / sondern zur beschleunigung des Schlusses angehalten werden / und solches begehre von euer Liebe ich im Nahmen aller meiner Amt Schwesteren / dessen eure Liebe sich weder wegern noch davor danken sol. Dieser erschrak der unvermuhtlichen Anmuhtung / stund auff / und sahe seinen Herr Vater an / als voller zweifelmuht /ob er reden oder schweigen / sich entschuldigen oder gehorsamen solte; daher sein Herr Vater zu ihm sagete: Lieber Sohn / du hättest wol Ursachen dich von diesem Amte loß zu bitten; weil ich aber weis / daß deine allergrösseste Ehren-Freundin dir völlig zubefehlen hat / wirstu nach deren Willen dich zu schicken wissen. Gn. Herr und Vater / antwortete Valiska / dieses sol auff bessere Gelegenheit beantwortet werden; vor dißmahl ists uns gnug / dz mein Durchl. Herr Bruder und volkommener wahrer Freund meiner Bitte / wie ich sehe / stat zu geben willens ist. Ja / Großmächtige Königin und volkommene Gebieterin / antwortete Markomir ich sehe hieselbst nicht an / weder meine unwirdigkeit noch ungeschikligkeit / sondern bloß meine Schuldigkeit / und schätze mirs vor eine hohe Gnade / bey solcher Rahtsversamlung / dergleichen in der Welt wol niemahls vorgangen / geheimter Diener und Schreiber zu seyn; trat damit zu ihr hin /ihr die Hand zu küssen / an dessen stat er von ihr freimühtig und ehrliebend umbfangen und mit einem züchtigen Kusse begabet ward / dessen sein Herz vor Wollust auffwallete. Dieser Raht nun nam einen Abtrit ins Nebengemach / wurden ihrer Sachen bald eins / weil Valiska und Sibylla ihr gutdünken sagen musten / welches die übrigen / als Königin Sophia / Königin Lukrezie / Groß Fürstin Klara / Fräulein Schulda / Frl. Vanda / und das junge Frankische Fräulein /Frl. Künegund / ohn wiedersprechen vor genehm hielten / daher Markomir es den alten Königinnen vortrug / und weil auch dieselben daran nichts zuverbesseren wusten / gingen sie miteinander wieder hin in das grosse Gemach zu der Versamlung / da Markomir den Königen die Urtel / wie er sie aus Valiskẽ Munde in die Feder gefasset hatte / vorlase / also lautend: Es lehret uns die Vernunft und [904] Erbarkeit / daß Untertahnen ihrer Oberkeit / Ehre und Gehorsam geben sollen / wie sie darzu Kraft ihrer geschwornen Träue verbunden sind. Weil dann Ninisla und Urisla / Vater und Sohn / ihren König und höchste Obrigkeit (von dem sie nie keinmahl sind beleidiget worden) bößlich hintergangen / geschändet / gefangen genommen / geängstet / und ärger als einen Hund / vorsezlicher bedachter Weise gehalten / wie solches ihre eigene Aussage und beständige Bekäntnis ausweiset; Gott aber solche Beschimpff- und Beleidigung der Obrigkeit an den Untertahnen nicht wil ungestraffet lassen / damit den Ubeltähtern gebührlich vergolten / und andere ihres gleichen von solchem vornehmen abgeschrecket werden; Als sprechen wir darzu insonderheit erwählete und bestetigte Richterinnen (jedoch auf verbesserung unserer Gn. Herren Väter / Gemahlen und Anverwanten) vor recht / daß gedachte muhtwillige Beleidiger der höchster Wirde auff Erden / Ninisla und Urisla ihr Leben verwirket und peinliche Straffe wol verdienet haben / welche ihnen dergestalt und also sol angetahn werden; daß Vater und Sohn nach gerichtlicher Bejahung ihrer Uhrgicht / von allen anwesenden Zusehern / sonderlich von Gott im Himmel und ihrem hochbeleidigten Könige mit einem demühtigen Fußfalle verzeihung bitten / nachgehends beyde zugleich an eine Seule auff offenem Markte angebunden werden / zwo Stundenlang zur beschauung und zum Fluch allen Anwesenden; nach deren verlauffe sollen sie von dem Büttel am ganzen Leibe mit scharffen Ruhten gestrichen werden / und weiters der Sohn / weil er in des Vaters Bosheit gehehlet / und seinen König nit gewarnet / sondern selbst ihn den Räubern in die Hände geführet / an vier Ecken des Marktplatzes mit zwo glüenden Zangen gezwacket / ihm das Herz lebendig aus dem Leibe gerissen und den Hunden vorgeworffen /der Leib aber in vier Stücke geschnitten / und auff die vier Grenzen des Pragischen Ackers zu ewiger Gedächtnis / neben angehefteter Schrift und bezeigung der Ursach seines Todes auffgehenket werden / da dañ der Vater mit umbher gehen sol / daß er eigentlich alles sehe / als ein Büttelknecht mit Hand anlege /und ihm den ersten Zwak mit der glüenden Zangen gebe. Demselben aber sol eine stokfinstere bewägliche Gefängnis / vier guter Spañen hoch und weit zugerichtet / und er in derselben anderthalb Jahr mit grobem Brodte und trüben Wasser ernähret / aber mit kräftigen sachen täglich gestärket werden / daß er bey Leben und Gesundheit bleibe; nach geendeter solcher Zeit / sol er an allen Gliedern seines Leibes zerstümmelt / mit glüenden Pfriemen zustochen / und endlich als sein Sohn / vom Leben zum Tode gebracht / auch an die vier Grenzen des Bömischen Königreichs samt hinzugeschriebener Ursach seines Todes auffgehenket werden. Alle seine unter und übersich steigende Verwanten biß ins dritte Glied / sollen des Reichs ewig verbannet / und ihre Güter der Königlichen Kammer heimgefallen / des Verrähters Schloß aber / nebest aller zubehörigen Erbschaft sol (da es kan beliebet werden) dem alten geträuen Wenzesla Zeit seines lebens geschenket seyn. Diese Urtel ward von allen Anwesenden gebillichet / bestätiget / und folgendes Tages in gegenwart der Landstände und einer ungläublichen Menge des Volkes volstrecket; wobey die erbärmlichste Schauung wahr / daß der Sohn seinen Vater aufs äusserste verfluchete / offentlich beteurend / er hätte ihn durch bedrauung des Todes mit auff die Brust gesetzetem blossen Schwerte gezwungen / daß er äidlich angeloben müssen / seinem Willen beyzupflichten; hingegen wahr das aller abscheuhlichste /daß der Vater bey des [905] Sohns schmerzlicher Pein sich als mit freuden finden ließ / auch ohn wegern ihn mit der glüenden Zange angriff / da er zugleich sagete: Es wird dir wol gleiche viel gelten / ob hierzu meine oder eines andern Hände gebrauchet werden; welches aber dem Sohn dergestalt zu Herzen ging / dz er in der ersten Zwackung todes verbliech. Sonsten zuvor bey der Geisselung trieb der Sohn ein grosses Geschrey / aber der Vater unterdrückete das Geheule / stellete sich doch über alle masse ungeberdig / ob wäre er seines Witzes beraubet. Er ward alsbald mit einer Heilsalbe geschmieret / welche ihm doch / weil sie beizend war / grosse schmerzen verursachete / und nach seines Sohns hinrichtung / sperrete man ihn in die enge Gefängnis als in einen Tragekorb / da er des Tages über am offenen Markte stund / und von allen vorübergehenden als ein Fluch angespeiet ward / worüber er in solche Ungeduld geriet / daß er nur stets den Göttern und seinen Königen fluchete / ungeachtet er darüber fast täglich mit Peitschen gestrichen ward; endlich bezeigete er sich gleich einem wütigen Hunde / muste aber die bestimmete Zeit aushalten / und die lezten drey viertel Jahr in einem tieffen tunkelen Keller zubringen / wiewol in seinem engen verschlossenen Kefig / da er krum ineinander wuchs / und nach Ausgang derselben Zeit durch die ausgesprochene Straffe hingerichtet ward / da er grossen Jammer trieb / und die gottlose Seele nicht so leicht von dem verfluchten Leibe abscheid nehmen wolte / so daß er auch / nachdem ihm das Herz schon ausgerissen / und damit aufs Maul geschlagen wahr / sich noch mit Händen und Füssen bewägete. Unsere Königliche Geselschaft aber lebete in herzlichen ehrliebenden freuden / da Valiska aus kindlicher Liebe nicht lange von ihrem Herr Vater seyn kunte / und verlangete den beyden verliebeten Bräutigams nicht wenig nach dem angesezten Tage ihres Beylagers / welches eine Woche vor der Hochzeit und dem Freistechen bestimmet wahr / unter welcher Zeit Valiska und Ladisla sich bemüheten / ihrem lieben Herr Vater den Christlichen Glauben beyzu bringen / worzu er anfangs schwer zubereden wahr /insonderheit / weil auff seiner Heimreise aus Pañonien ihm die Teutsche Göttin Freia (wie er bestendig vorgab) des Nachtes erschienen währe / hätte ihn seines ihr getahnen Gelübdes / da er in Teutschland geheirahtet / erinnert / und dabey angedeutet / das durch ihren Schuz und Beystand er unter so mannicher Gefahr währe erhalten worden / darumb solte er zur dankbarkeit ihr mitten auf seinem innern Schloßplatze einen sonderlichen Gottes dienst und wöchentliches Opfer anrichten / und zugleich bey seinen alten Landgöttern steiff und beständig verbleiben / sonst würde er in grösser Elend gerahten als vorhin; drang diesem nach stark darauff / daß er dieses sein Gelübde erfüllen wolte. Seine Kinder zeigeten ihm an / sie könten sich endlich diesem seinen Vorhaben nicht wiedersetzen / aber dieses wolten und könten sie ihm unangezeiget nicht lassen / daß auff solchen fall sie das Pragische Schloß verreden / und hinfüro Zeit ihres lebens keinen Fuß darauf setzen wolten; worüber er sehr betrübet ward / endlich noch wirkete Gott durch Herkules vielfältige vermahnung / (dessen Worte am meisten bey ihm golten) daß er gewonnen ward / und die Häuptstük der Christlichen Lehre / von schöpfung der Welt / von des Menschen Fal / von dem einigen göttlichen Wesen / von Gottes Gnade gegen die gefallene Menschen / von der Menschwerdung des Sohns Gottes / von seinem Leiden / Aufferstehung und Himmelfahrt / von der Busse und Glauben / von vergebung der Sünden und göttlichem Wandel / vom jüngsten Gericht und ewigen Leben / auch andere zum Christentuhm [906] gehörige Unterrichtung fein annam /und in kurzer Zeit begriff; und nam der Geist in ihm je mehr und mehr zu / daß inwendig Monatsfrist er mit seinem Schwager Könige Henrich so geschiklich von Geistlichen Dingen reden kunte / daß man seine Gottesfurcht daher wol merkete. Auch feyreten Valiska und Siegward nicht / Fräulein Schulda den Christlichen Glauben beyzubringen / wozu sie sich gerne bereden ließ / da sie vernam / daß ihr Bräutigam Fürst Olaff desselben Glaubens wahr; aber ihre Eltern kunten noch zur Zeit sich darzu nicht erklären / vielweniger der Pannonische König und sein Fräulein Vanda /liessen sich doch nichts Gotteslästeriches merken /sondern wendeten ein / (insonderheit Mnata) sie dürfften eine solche Verenderung der Götter wegen ihrer Untertahnen nicht vornehmen / wolten sich darauff bedenken / und nachgehends Erklärung von sich geben; worauff man weiter nicht in sie dringen wolte /weil man spürete / daß sie des Heiligen Geistes Gnade zuzulassen nicht willens wahren; wiewol Mnata Königin Valisken auff ihr ansuchen beteurlich verhieß / daß in seinem Reiche den Christen freye Wohnung und Aufenthalt gegönnet / und sie wegen des Glaubens nicht gehasset noch verfolget oder beschimpfet werden solten. Groß Fürst Markomir hielt sonderliche Kundschafft mit Leches und Libussen /welche den ersten Grund zum Christentuhm bey ihm legeten / worauff Valiska uñ Herkules bald hernach so fest baueten / daß er ein eiferiger und gläubiger Christ ward / und gegen sie beyde sich vertraulich heraus ließ / was gestalt er in seinem Herzen die künfftige Beherschung seines Erb Reiches verschworen hätte / welches er seinem neugebohrnen Bruder abzutreten bedacht währe / hoffete / König Herkules würde ihm gönnen / etwa ein zimliches Schloß nicht weit von seiner Königlichen Burg auffzubauen / daselbst in enger Geselschafft sich auffzuhalten / und ihn nach gefallen offt zubesuchen; Welches ihm nach seinem Willen beantwortet / doch daneben erinnert ward / mit solcher Reichs-Abdankung sich nicht zuübereilen / damit es ihn nicht dereins gereuen möchte. Aber er blieb beständig in seinem Vorhaben / nam auch Richarden vor seinen Hofmeister an / und hielt sich eine geraume Zeit bey den unsern auff / ehe er sein Vaterland wieder besuchete. Sein Herr Vater hatte schon 14 Jahr die Herschafft verwaltet / lebete hernach noch 25 Jahr / so dz Markomir ein Jahr vor ihm her starb / und also die Herschafft auff seinen Bruder sie / welcher ein weidlicher Herr und tapfferer Held wahr / nahmens Barther. Die Zeit des Beylagers kam herzu / und wurden die beiden Bräute treflich außgeputzet / wiewol Frl. Schulda mehr als Frl. Vanda / wie sie überdas an Leibes Schönheit und zierlicher Höfligkeit dieser weit vorging / daß der Dänische König selbst sagete; er entschuldigte nunmehr seinen Sohn / daß er Frl. Vanda nicht heyrahten wollen / da er sonst einige Hoffnung lolcher Verbesserung gehabt hätte. König Mnata hatte imgleichen seinen Königlichen Schmuk herzuhohlen lassen / auch Fürst Olaff grosse Kosten an seine Kleidung gelegt / deren ihm doch manniche aus den besten Persichen Stücken von Valisken und Sophien geschenket wurden / die er wieder seinen Willen annehmen muste. Es ward unter ihnen berahtschlaget / wie mans mit der Träue halten wolte / uñ wurden König Baldrich und Fürst Siegward an den Dänischen und Schwedischen König abgeschicket /im Nahmen ihrer Kinder bitlich anzuhalten / daß die Eltern ihnen göñen möchten / daß sie absonderlich nach Christlichen Brauche eingesegnet würden / weil sie diesen Glauben angenommen [907] und darinnen beständig zuverharren gesinnet währen; welches ihnen dann gerne eingewilliget ward; da hingegen Mnata sich nach heidnischer Pannonischer Weise trauen ließ / dem kein Christ beywohnen wolte / die Gästerey dieses Beylagers wahr gar eingezogen / aber acht Tage hernach / da das Hochzeit Fest gehalten ward / wurden über 5000 Menschen acht Tage lang Fürstlich /und an die 20000 sonsten gar köstlich gespeiset / welche Kosten jeder Bräutigam zum vierten Teil / die andere helffte König Baldrich und Großfürst Arbianes abtrugen / weil sie das dabey gehaltene Ritterspiel außgeschrieben uñ angestellet hatten / welche diese acht Tage über täglich von sieben biß zu zehnen des morgens und des Nachmittages von eins bis viere gehalten ward; Ringel rennen / weite rennen / lauffen /fechten / ringen / schiessen / werffen / Lastheben / gerade Bäume anklimmen / mit Ochsen und Bähren streiten / und was sonst zur Kurzveil erdacht werden kunte / als Kegelschieben und desgleichen / wobey über 40000 Kronen zum Gewin außgeteilet wurden. Als diese Tage vorbey wahren / und nicht allein die Bauren und Bürger / sondern auch der gemeine Adel und die junge Ritterschafft ihre Ubungen zum Ende gebracht hatten / da die Teutschen und Franken im stechen / die Schweden im Wetterennen / und Lauffen / die Böhmen im Werffen / die Friesen im Lastheben /die Pannonier und Parther im Ringen / die Dänen und Wenden im Ochsen- und Bähren Streit / auch im Fechten / die Meder und Parther aber im schiessen den höchsten Preiß davon trugen; wurden drey Tage angestzet / auff welchen nur die Herren Standes und in Waffen wolgeübete Ritter zugelassen werden solten; alle übrige wurden davon außgeschlossen / sie könten dann behäupten / daß sie gutes Adels / und in vier Häuptschlachten sich hätten finden lassen. Die Könige und Fürstliche Zuseher hatten je zween und zween / auch zwo uñ zwo ihren eigenen Schausiz auff der Bühne / welche ümher behänget / und mit Persischen Tüchern verdecket wurden / da forne ein enges Gegitter auffgelichtet stund / durch welches die Schauer zwar alles sehen / aber von den Anwesenden nicht erkennet werden kunten / und wahren vor jede Stelle die Nahmen der Einsitzenden daran geschrieben / daß ihnen dannoch die gebührliche Ehre geleistet würde. Gegen Morgen stunden die Mannes- gegen Abend die Frauenbilder. Unter jenen hatten König Henrich und König Hilderich / die erste; Der Schwedische und der alte Böhmische / die andere; Der Dänische und Pannonische König / die dritte; Herr Stathalter Fabius und Pompejus / die vierde; König Herkules und Ladisla / die fünffte; Fürst Siegward und der junge Fabius / die sechste; Fürst Olaff und Markomir / die siebende; König Baldrich aber und Fürst Arbianes / als Stiffter dieses Spiels / die achte und lezte. Bey dem Frauenzimmer hatten Königin Vanda / und Fürstin Schulda / als Bräute / den ersten; Königin Waldburg aus Franken / und Königin Hedith aus Schweden / den andern; Königen Rusila aus Dänenmark / und Königin Gertrud aus Teutschland / den dritten; Königin Hedewieg und Fürstin Bochild aus Wendland / den vierden; Fr. Sabina Pompeja und Fr. Terenzia / den fünfften; Königin Valiska und Sophia den sechsten; Königin Lukrezie und Fürstin Sibylla den siebenden; Fürstin Klara Fr. Ursula / uñ das Frankische junge Fräulein / Frl. Kunegund den achten; Fr. Fausta und Fr. Julia / den neunden; Fr. Konstanzia Herrn Antenors Gemahl / und Fr. Florida /Gallus Schwieger / den zehnden Siz. Das übrige Frauenzimmer hatten ihre Stellen etwas niedriger /doch [908] an eben der Seiten. Herr Kornelius / Emilius /Antenor und Opimius / nebest Grafen Pribisla / Bretisla / Krokus und Stanisla / wurden zu Richtern gesetzet / derhalben sie eine offene Stelle gegen Mittag oder Suden hatten / so daß gegen Norden die Stechebahn unbebauet / und nur mit Schranken verschlossen wahr. Des ersten Tages hatten sich acht Teutsche Herren vergeselschafftet / wider alle ankommende zurennen / erschienen in einerley Rüstung / glänzend schwarz / mit güldenen Striemen durchzogen / und führeten im Schilde einen Löuen / welcher in der Rechten Tatzen ein Speer / in der Linken ein Schwert hielt / mit dieser ümschrifft:Alles dem Vaterlande zum besten. Auff dem Helm hatten sie ein Schneeweisses Lamb / an dessen Halse ein Täflein hing / mit dieser güldenen Schrifft:Auch Schimpff bringet Ehre. So funden sich auch 9 Franken und Sikambrer in glänzendweissen Harnischen / mit güldenem Blumwerk; Auff den Schilden / welche grün / wahren drey silberne Lilien mit dieser Unterschrifft:Flos perpetuo florens & fragrans, Diese Blume blühet und riechet immerzu. Auff dem Helme stund ein gekrümmeter Arm mit einem blossen Degen. Weiter stelleten sich 8 Böhmen mit einträchtiger Rüstung / unter denen Leches / Neda und Prinsla wahren; Ihre Harnische gülden mit schwarzem Laubwerk; Im Schilde stunden zween auffrechte Bähren / mit einander ringend / und diese Worte umher:Auffs minste zween zu einem Kampffe. Auff dem Helm führeten sie eine schneeweisse Taube / mit ausgedehneten Flügeln / im Schnabel ein Lorbersträuchlein haltend. Acht Römer gaben sich auch an in gleichen Harnischen / versilbert mit güldenen Schlängelein / bey denen Klodius und Markus sich finden liessen; Der glänzend-schwarze Adler stund im weißsilbernen Schilde / mit dieser Umschrifft:Nullum ex quiete lucrum: Das ist:Ruhen gewinnet nichts. Auff dem Helme ein Hecht / in dessen Maul ein Täflein mit diesen Worten:Devoro & Devoror. Ich fresse und werde gefressen. Auch ritten 10 Pannonier mit gleichmässiger Rüstung herzu; Die Harnische blau angelauffen / und als mit Blutstropffen besprenget. Die Schilde grün und in der mitte eine erloschene Kerze / welche sich bey einem Sonnenstrahl wieder anzünden wolte / dabey diese Worte:Verwundet seyn / ist noch nicht tod. Auff den Helmen kroch eine Schlange unter einem Steine hervor / auff welchem diese Worte stunden:Unterdrücket / nicht ersticket. Darauff liessen sich nicht weit von ihnen neun Dähnen sehen / in gleicher wasserfarbiger Rüstung / mit güldenen Rösichen besträuet. Im Felde ihres Schildes sägelte ein Schiff auff dem Meer / welches von dem Winde nach der Seite gebogen ward /mit dieser Umschrifft:Niemand fähret stets wie er wil. Auff dem Helme flatterte ein zusa en gewickeltes Sägel gar artig / und stunden diese Worte dabey:Richte dich nach dem Winde. Acht Schweden und Gothen kahmen auch heran / als Vögel einerley Federn; Ihre Harnische wahren Kupfferfarbe mit silbern Puckeln beschlagen; hatten / wie die Dänen / ein Schiff im Schilde / welches aber mit gutem Winde fortlieff / und wahren diese Worte umher geschrieben:Mit vollem Winde ist gut / ob gleich gefährlich / sägeln. Oben auff dem Helme stund ein Löue / der ein Buch in der Hand hiet / an welchem diese Worte zulesen wahren:Nicht stärker als recht ist. Von den Friesen hatten sich acht in gleicher Art zusammen gesetzet; Die Harnische wahren als lauter Graß und Blumen allerhand Farben durcheinander. Am Schilde stund ein Ochs /welcher einen Hund mit Füssen trat / und diese Worte dabey:Auffrichtigkett dämpffet den Buetrug. Auff dem Helm [909] hatten sie ein Kälbichen / welches unter eines Banms Schatten lag / mit dieser schrifftlichẽ Andeutung:Im Schatten nähert sichs wol. Sechs Parther und vier Meden kahmen in einer Geselschafft mit Feur-rohten Harnischen voller silbernen Vögel / die sich mit einander bissen. Im Schilde stund ein Baum / welcher zuoberst eine güldene Kron hatte / und unten umb denselben etliche Männer mit Axten / welche ihn umhieben / mit dieser Umschrifft:Ruinam metuo fortis. Ich starker fürchte mich vor dem Fal. Auff dem Helme hieb ein Reuter ein Bündlein Pfeile mit dem Säbel in stücken / dabey diese Worte stunden:A cinaces Sagittas domat. Der Medische Säbel zähmet die Pfeile. Endlich sprengete die zehnde Geselschafft /von 8 Wenden versamlet / auch herzu / mit schwarzgelbichten Harnischen voller leibfarben Rosen. Im Schilde lag ein blutiger abgehauener Büffels Kopff /mit dieser Umschrifft:Zu hefftig machet rasend. Den Helm zierete ein geflügelter Drache / auff dessen Brust diese Worte stunden:Schleunigkeit machet den Eifer glüklich. Diese zehn Geselschafften stelleten sich kurz eine nach der andern vor die annoch verschlossene Schranken / und macheten ingesamt 86 Ritter / deren etliche wol 30 Feldschlachten und Scharmützeln beygewohnet hatten / und ob sich gleich dazumahl etliche tausend Ritter in der Gegend auffhielten / wolte doch dißmahl sich keiner mehr stellen / weil sie mehrenteils argwohneten / die Königliche Helden würden mit stechen. Nun wolte kein Häuflein vor dem andern in die Schranken reiten / da sie geöffnet wurden / damit sie nicht vor hochmühtig angesehen würden / deßwegen ihnen von den Richtern gehohten ward in der Ordnung einzuziehen / wie sie nach einander ankommen wahren / und hatten dem nach die Teutschen den Vorzug / die sich gleich gegen ihren König Henrich über stelleten / und daselbst Stand fasseten. Ihnen folgeten die Pannonier / und setzeten sich diesen gerade entgegen. Die Franken stelleten sich hin zu den Sachsen Teutschen / und nahmen die Römer nähest denen ihren Stand. Die Dähnen geselleten sich zu den Pannoniern / und blieben die Friesen auch bey denselben; aber die Böhmen stelleten sich den Römern an die Seite; da hingegen die Schweden sich zu den Friesen tahten. Die Parther und Meden blieben bey den Böhmen / und die Wenden liessen sich gefallen / die andere Seite nebest den Schweden zuschliessen. Nun wahr nicht allein die Gleicheit der Waffen in jeder absonderlicher Geselschaft lustig anzusehen / sondern es stund sehr artig /daß ein jeder Ritter eine Feldbinde sonderlicher art /und teils einfältiger / teils gemengeter Farben führete /dabey er kunte vor andern erkennet werden. Weil dann niemand mehr zu den Schranken hinein begehrete / ward drey mahl auffgeklopffet / und folgende Gesetze abgelesen: I. So jemand unter den Stechern gefunden würde / der nicht entweber Herrn Standes / oder auffs minste gutes gebohrnen oder gemacheten Adels (der gleichwol in vier Felbschlachten gewest währe) solte er Harnisch / Gewehr und Pferd verlohren haben / und zu Fusse aus den Schranken gehen / wiewol ohn Verletzung seiner Ehren. II. Wer eines Ehebruchs / Mordes / Diebstahls / Meinäides / Verleumdung / Verrähterey oder Jungfern- Schändung könte überzeuget werden / und bey diesem Ritterspiel sich finden liesse / solte des Ritterordens als Ehrloß entsetzet seyn / und sechs Streiche leiden. III. Wer hinterlistig stechen / oder verbohtene Zäubersachen bey sich haben oder seines Gegeners Pferd vorsezlich treffen und beschädigen würde / solte wilkührlich / und nach Befindung / sehr hart gestraffet werden. [910] IV. Ein jeder Stecher solte gehalten seyn / vor dem Stechen den Richtern seinen Nahmen / Stand und Vaterland anzumelden. V. So aber jemand aus gewissen Ursachen solches vor dem Treffen gerne hinterhielte / solte er entweder einen am Hofe bekanten Ritter zum Bürgen seiner Rittermässigkeit anmelden / oder Königin Valisken seinen Nahmen / Stand und Vaterland auff einem Zettel einreichen lassen / oder mit der rechten Hand die auffgehenkten Gesetze als äidlich berühren / daß er hierzu Rittermässig währe /und vor dem Außzuge aus den Schranken seinen Nahmen melden wolte. VI. Vor einer Fürstin oder Fürstlichen Fräulein (und geringer nit) ihre Schönheit / möchte gestochen werden /doch nur mit einem Speer / so lange es unzubrochen bliebe. VII. Kein scharff Rennen / noch Schwertschlag / noch Ringen zu Fusse solte zugelassen seyn. IIX. Niemand solte alhie icht was aus Feindseligkeit begiñen / wie es möchte Nahmen haben / bey Lebens Straffe. IX. Keiner solte einigen Wiederwillen gegen den andern aus den Schranken mit sich nehmẽ. X. Ob zwischen zween Kämpffern einiger Span vor fiele / solte derselbe alsbald den hochweisen Herren Richtern vorgetragen / und durch dieselben entschieden wer den. XI. Ein jeder Stecher möchte unter den Mitstechern außfodern / welchen er wolte / doch ohn Neid und Feindschafft / auch nicht weiter als zu dreyen Ritten / dann der vierde solte gänzlich werbohten seyn / und durch kein anhalten gesucht werden. XII. Wer mit zwölff unterschiedlichen Rittern in diesem Spiel vor Wiederöffnung der Schranken getroffen hätte / und ungefellet blieben währe / solte seinen Nahmen den hochweisen Herren Richtern anmelden / und solte kein Ritter bemächtiget seyn / denselben außzufodern / er hätte dann mit neun Rittern sich schon versuchet. XIII. Würden alle Ritter biß auff zehne gefellet / solten diese zehne einer den andern weiters nicht außfodern / es geschehe dann mit Königin Valisken vergünstigung /welche in diesem Stük masse geben würde. XIV. Welcher abgestochen würde / daß er zugleich sein Speer auff seinem Bestreiter ritterlich gebrochen /oder denselben herunter geworffen hätte / solte weiter zustechen berechtiget seyn / aber nicht mit diesem. XV. Wessen Pferd im Treffen fiele / und er im Sattel bliebe / solte vor ungefellet gehalten werden. XVI. Wer abfiele und bräche sein Speer nicht / solte ferners ruhig seyn / oder Vergünstigung / weiter zustechen / von Königin Valisken erwarten. XVII. Wer beide Stegreiffe und den Zaum verlieren würde / solte vor gefellet geschätzet werden. XIIX. Wer zum andernmahl abgestochen würde (verstehe / daß er schon einmahl abgestochen währe) / so daß er beidesmahl sein Speer unzerbrochen behielte oder fallen liesse / solte um weitere Vergünstigung zusiechen nicht anhalten. XIX. Ob etliche Ritter einer gewissen Landschaft Geselschafts Weise stechen / und sich nicht sonderlich wol verhalten würden / solte niemand der ganzen Landes Art ein solches ungleich oder schimpflich auffrücken oder außlegen / bey Ehr- und Lebens Straffe. XX. Dafern ganze Geselschafften groß oder klein /wieder ganze Geselschaften stechen würden / solte ihnen über zween gemeine Ritte nicht vergönnet / auch der Fal im Geselschaft-Rennen niemande am absonderlichen stechen verbinderlich seyn / doch solte des Obsiegers Wolverhalten gerechnet / und wer beidesmahl ohn Zerbrechung seines Speers stürzete / nach der 16den Satzung geurteilet werden. Nach verlesung dieser zwanzig Bedingungen (welche schon vor fünff Tagen wahre angeschlagen) wurdẽ sie öffentlich in den Schranken aufgehenket /da alsbald ein zierlicher [911] ädelknabe auff der Steche-Bahn erschien / und nach erzeigeter Höfligkeit / mit heller Stimme dieses vorbrachte: Königin Valiska /entbeut allen hieselbst versamleten Rittern / nach Standes Gebühr ihren Gruß und Gnade / und weil sie zwo gleiche Schaaren / jede 43 stark / gegen einander halten sihet / lässet ihre Hocheit dieselben fragen / ob ihnen belieben könne / also Schaars weise auffeinander zutreffen / daß ein jeder ihm einen Mañ / der gegen ihn hält / wähle / und mit demselben einen oder zween Ritte wage / als dann sol keinem gefelleten der Fall am künftigen Stechen / es geschehe in kleineren Schaaren / oder einzelner weise / schädlich seyn / wiewol jeder Uberwinder von ihr einen sonderlichen Dank empfahen sol. Dieser Vorschlag gefiel beydes den Stechern und Zusehern / und leisteten jene zuvor den Richtern den vierden Saz / gaben sich in Ordnung / wie sie hinein geritten wahren / und empfing ein jeder die Hofnung / den Sieg zuerhalten / welches doch unmöglich wahr. So bald in die Trometen gestossen ward / ranten sie in zierlicher Ordnung auffeinander loß / legeten ein / und traffen so wol / daß alle Speer bey stücken in die Luft flogen / auch kein einziger den Sattel räumete / ungeachtet ihrer etliche sich mit den Leibern dergestalt rühreten / daß ihnẽ sehen und hören verging; wiewol drey Pannonier / ein Teutscher / zween Römer / drey Franken / zween Böhmen / ein Parther / zween Meden / so viel Friesen / Schweden und Dähnen / und drey Wenden schier den kürzern gezogen hätten. Jederman muste gestehen / daß sie nie kein zierlicher Treffen in so grosser Geselschaft gesehen hätten. Sie schicketen sich zum andern Ritte / aber an der einen Seite musten auff Valisken anordnung die Ritter einer jeglichen Geselschaft ihre Stelle verendern / damit keiner mit seinem ersten Wiedersacher zutreffen kähme; dieser Saz nun wahr ernstlicher als der vorige / aber auch von mehrer Wirkung; dann ein Teutscher fiel mit samt dem Pferde /nach wol gebrochenem Speer übern hauffen; fünff Pannonier / drey Franken / vier Dänen / drey Römer /drey Friesen / zween Böhmen / vier Schweden /zween Parther / ein Mede / und vier Wenden musten herunter / denen etlichen ihre Pferde im fallen Geselschaft leisteten; die übrigen / unter denen die neugemachte junge Böhmische Grafen wahren / hielten sich sehr wol. Königin Valiska begehrete von den Obsiegern ein Pfand / aber die ganze Ritterschaft hielt an /daß ihnen das dritte Treffen möchte gegönnet werden; welches sie dann leicht erhielten / da von ihnen alle Kraft angewendet ward / so daß drey Teutsche / fünff Franken / sechs Römer / vier Böhmen / vier Parther und zween Meden an einer; an der andern Seite aber sieben Pannonier / sechs Dänen / fünff Friesen / fünff Schweden und sechs Wenden die Erde küssen musten / und wahr ein solches ungestümes Treffen / daß der mehrerteil seinen Gegener zugleich mit erlegete / aber doch keiner / daß zu verwundern / sonderlichen Schaden nam. Leches / Neda / Prinsla / Klodius und Markus wahren mit unter den Obsiegern / und hatten in allen dreiẽ Treffen keinen Wank getahn / dessen sie sehr geruhmet wurden; welchen Preiß auch zween Teutschen / ein Pannonier / ein Römer / zween Franken / zween Schweden / ein Dähne zween Parther /und ein Wende erhielten / und diese alle und jede von Königin Valisken einen güldenen Ring auff 500 Kronen gerechnet / bekahmen. Nach diesem Treffen fand sich ein jeder bey seiner Geselschaft / und foderten die Teutschen ihre Gegener die Pannonier aus / da ein Teutscher Herr von der Oker / da jezt die berühmte Stad Braunschweig lieget / nahmens Wilhelm / in zehn ritten sechs Pannonier mit grossem Ruhm erlegete / deren zween [912] doch zuvor drey Teutsche Sattel-loß gemacht hatten. Die acht Römer traffen mit den acht Schweden / da alle Römer biß auff Klodius und Markus abgestochen wurden / und hingegen fünff Schweden absattelten / drey aber sich sehr wol hielten. Die neun Franken wähleten die neun Dänen / legeten mit ihnen an / und hielten im ersten und andern Treffen einander die Stange redlich / aber im dritten fielen sechs Dähnen und sieben Franken / zu Bodem /und hielt Ritter Farabert sich hieselbst am besten. Die acht Böhmen bekahmens mit den acht Friesen zu tuhn / da vier Böhmen / aber auch alle Friesen den unwilligen Sprung tuhn musten. Die Parther und Meden rieben sich an die Wenden / da ein Parther vier Wenden / jeden im andern ritte herunter sties / nur der lezte stürzete im dritten gange / hingegen huhben zween Wenden drey Parther und einen Meden aus / daß gleichwol der eine im falle Geselschaft leistete / weil ihm die Sattelgurt zubrach. Das einzelne Rennen ging hierauff an / welches ein Schwedischer Herr / nahmens Haldan / anfing und sich tapfer tummelte / in dem er einen festen Römer im andern ritte; einen Böhmen im ersten / zween Pannonier / jeden im ersten /und einen Dähnen im dritten / herunter warff; aber als er sich an Leches rieb / ward er im dritten Treffen der gestalt abgefertiget / daß er den linken Arm im falle zubrach. Ein ander Schwede / nahmens Schwercher /wolte diesen rächen / muste aber im andern satze dem vorigen Geselschaft leisten. Worauff der bißher sieghafte Pannonier sich an Markus machete / und ihn im dritten gange unsauber gnug zur Erden warff / wiewol der Uberwundene sein Speer auff dem Uberwinder brach. Klodius verdroß dieser Unfall nicht wenig /stellete sich an seines lieben Gesellen Plaz / aber den Sieg kunte er nicht behäupten / ob er gleich alle drey Püffe redlich aushielt und bezahlete / und doch im lezten etwas zu wanken gezwungen ward; dessen Prinsla wahr nam / und diesem Pannonier / der ihn gleich ausfoderte / begegnete; im ersten Treffen sassen sie beyde fest; aber im andern purzelten sie beyde mit ihren Pferden über und über / so daß der Pannonier das rechte Bein im falle in etwas zuknirschete. Der Teutsche Herr von der Weser / Herr Betram setzete sich nachdem auff die Bahn / hatte seinen Siz /da anjezt die Stad und Festung Hameln lieget / (von welcher ehmahls ein müssiger Kopf getichtet / ob solte ein Ratzenfänger vor etlichen hundert Jahren eine grosse Anzahl minderjähriger Kinder in einen Berg geführet haben / welche unter der Erden hingangen / und in Siebenbürgen wieder hervor gesprungen währen) dieser trefliche Ritter erlangete vor dißmahl grosse Ehre / gestaltsam er acht handfeste Ritter herunterwarff / daß er unbewäget im Sattel sitzen blieb /biß ers mit Leches wagete / der ihn zwar im dritten Treffen schwanken machete / aber ihn doch nicht fellen kunte. Neda hielt sich auch wol / doch hielt ihm ein Dähne die Stange zimlich / daß er ihm nichts anhaben mochte. Farabert bekam das Glük / daß er drey Pañonier / zween Böhmen / einen Dänen / und zween Friesen aushuhb / aber unter Leches seinem Speer muste er erliegen / welches auch den nähstgedachten starken Dähnen in den Sand nidersetzete. Als nun das Stechen vor dißmahl über die gesetzete Zeit angehalten / und die Sonne das mittages Ziel schon hinter sich geleget hatte / ward der übung vor dißmahl anstand gegeben / und stellete sich Valiska / Lukrezie und Klara ein / den Uberwindern nach der Richter einhelliger Urtel / den Preiß auszuteilen. Wegen des Stechens da eine Landes-art Geselschaft mit der andern getroffen hatte / bekam Graff Leches / Herr Betram und Graff Neda den höchsten Gewin / [913] jeder eine Speer Spitze von klammern Golde mit Demanten außgesetzet / deren jede 1000 Kronen außtrug; den andern empfingen Graff Prinsla / Herr Wilhelm / und Graff Klodius / jeder ein Kleinot von 900 Kronen; den dritten Graff Markus / Herr Farabert und ein Parther; jeder eine Huhtschnur zu 400 Kronen. Aber wegen des absonderlichen Treffens musten Leches /Bertram / und der frische Pannonier den ersten Preiß nehmen / jeder ein köstliches Pferd mit Silbern Hueffeisen und gestiktem Sattel / am Wert 1500 Kronen /den andern Preiß bekam Neda / Farabert und Wilhelm / ein herliches Schwert auf 1000 Kronen. Den dritten Prinsla / der Schwede Haldan / so den Arm zubrach /und der Däne / welcher mit Neda so tapffer getroffen hatte; jeder ein Par güldener Sporen mit Rubinen außgelegt / 600 Kronen am Preiß. Und damit gleichwol der ansehnlichsten Manheit ein Vorzug gegeben würde / setzete Königin Valiska ihrem geträuen Leches und Bertram einen grünen Roßmarien Kranz auff / und erinnerte sie / daß in Beschützung der unschuldig-unterdrükten / sie ihre Stärke anwenden solten; vor welche sonderliche Gnade sie sich untertähnigst bedanketen. Nach auffgehobenen Speisen bereiteten sich die jungen Könige und Fürsten zum Ringel Rennen / bey welchem Valiska sich in Amazonischer Kleidung mit finden lassen wolte / und ward sonst niemand ohn der junge Fabius in diese Geselschafft genommen / weil Leches und die anderen jungen Grafen sich dessen aus Untertähnigkeit wegerten / und unter der Ritterlichen Geselschafft mit stechen wolten / welche ihre eigene Bahn hatten. Ladisla machete an jener Seite / Leches an dieser den Anfang / und hielten sich sehr wol. Herkules dort / und Neda hier /machtens gleich also / wie auch Valiska und Kodius; König Mnata aber (der in dieser Ubung schlechte Erfahrenheit hatte) taht den ersten Fehlrit / wie auch Prinsla an jenem Orte. Baldrich und Olaff wahren gleiche eiferig / nicht weniger Siegward und Arbianes / denen Markomir und der junge Fabius nichts nachgaben / aber niemand taht es Herkules und Valisken gleich / und wahr eine Luft anzusehen / wie zierlich diese aller schönste Königin den ädlen Blänken unter der Zeit tummelte / wann die anderen in der Ubung des rennens wahren. Die Königlichen Zuseher hatten sich vordismahl anders verwechselt / so daß der Schwedische und Böhmische König den ersten; der Teutsche und Dänische den andern; der Fränkische und Herr Fabius den dritten Stand hielten / und der Däne König Henrichen glükselig preisete / daß der Himmel ihm nicht allein einen so volko enen Sohn /sondern auch gleichmässige und in allen Tugenden vortrefliche Schwieger Tochter gegeben hätte / welche sonder einige Schmeicheley der ganzen Welt Beherschung wirdig währen. Worauff er zur Antwort gab; er dankete dem wahren Gott billich / daß er diesen seinen Kindern eine Tugend begierige Seele eingegossen hätte / hoffete auch / sie würden biß an ihr Ende dabey beständig verharren; jedoch rechnete er dieses noch nicht vor seine oder auch ihre höchste Glükseligkeit / sondern dz sie neben ihm zur seligmachenden Erkäntniß des einigen wahren Gottes / und zur ungezweiffelten Hoffnung des ewigen Lebens kommen währen / als welches ihrer aller Gewissen / Geist und Seele inniglich erlüstigte / daß sie nach dieser mühseligen Vergengligkeit / die billich einem Schatten und Traum vergliechen würde / eine ewig bestendige und aller Dinge unvergängliche Himmels-Freude von ihrem Heylande JEsus zugewarten hätten / deren kein irdischer Pracht / keine weltliche Ehr und Wollust möchte verglichen werden / ob [914] man gleich über hundert Königreiche die Kronen auff dem Häupte trüge. Der Dänische König hatte dieser Christlichen Rede keine Empfindligkeit / sondern schätzete es vor einen eingebildeten Wahn / dessen rechten Grund zuerforschen ihm dannoch etlicher massen anlag; wolte aber sichs gegen König Henrich nicht merken lassen / sondern nahm vor / von seinem Sohn sich hernähst dessen zuerkunden / welches doch etliche Jahr verbliebe /uñ er kurz vor seinem Lebens Ende von demselben zum Christentuhm gebracht ward. Unter diesem und anderen Gesprächen ging das Ringelrennen beiderseits eiferig fort / und zwar an der Ritter Seite so viel hefftiger / weil daselbst ein dreydoppeltes Gestelle neben einander auffgerichtet / und drey Ringe zugleich angehänget wahren / daß allemahl ihrer drey zugleich rennen kunten / und funden sich über hundert und sechzig Ritter / mehrenteils Grafen und Herrn Standes bey dieser Ubung / welche biß an den späten Abend anhielt. An Fürstlicher Seite schämete sich König Mnata sehr / daß er in der Jugend dieser Ubung nit fleissiger obgelegen wahr / dann er wahr gegen die anderen kaum ein Lehr Schüler zurechnen /daß er endlich das Stechen gar angab / und auff sich selbst zürnete / daß er als ein unerfahrner sich darzu hatte bereden lassen. Als der Sonnen Untergang dem Spiel sein Ende gab / traten die jungen Fürstinnen /Klara und Schulda an Fürstlicher Seite hervor / lieferten Herkules und Valisken den höchsten Preiß / jedem ein Perlen Krönichen von treflicher Zierde und Kostbarkeit / welche sie auch von ihrer Hand annahmen /aber Herkules das seine Fürstin Schulda / und Valiska das ihre Fürstin Klara auff das Häupt setzeten / mit bitte / ihrer stets babey zugedenken. Die Königiñen Lukrezie uñ Vanda teileten den Rittern den erworbenen Preiß aus / als Leches und Klodius / die vor andern sich wol gehalten hatten / und bekam jeder eine Halßkeite von 2000 Kronen. Der Abend ward nach gehaltener Mahlzeit mit tanzen und anderer Lust zugebracht / da Baldrich seinem Bruder anzeigete / er hätte mit Siegward abrede genommen / auff morgenden Tag in fremder Gestalt beym Stechen sich finden zulassen / und auff ihre Schau Bühne andere zustellẽ /damit sie daselbst nicht vermisset würden. Ladisla dieses hörend / erboht sich / den dritten Mann zugeben; so kunte Herkules von ihm nicht bleiben / trat mit ein / und wurden eins / in ganz gleicher Rüstung auffzuzihen / und sonst keinen in ihre Geselschafft zunehmen. Die Ritterschafft stellete sich frühzeitig gnug bey den Schranken ein / aber keiner wolte vor den andern hinein reiten / biß die nähesten darzu von den Richtern angemahnet wurden; Und als die meiste Ritterschafft sich eingestellet hatte / ließ Herkules einen verstelleten Römischen Knaben hineinreiten / welcher den Richtern diese Werbung vortrug: Hochweise und Großansehnliche Herren; es sind vier fremde Ritter /Gebrüder / gestern Abend spät zu ihrem Ebenteur alhie ankommen / gutes ungeschwächten Adels / die ohn Ruhm zumelden / zum Schimpff und Ernst sich ehmahls haben gebrauchen lassen / uñ nach Begebenheit stärkere und schwächere angetroffen; Diese meine Herren melden allen anwesenden Königen und Fürsten / ihre untertähnigste gehorsamste Dienste / den Herren Richtern ihren Gruß / und alle Freundwilligkeit an / und lassen durch mich vernehme / ob ihnen mit gänzlicher Hinterhaltung ihres Nahmens / ein oder etliche Speere zubrechen / könne erlaubet seyn /welches sie weder aus Hochmuht noch Widersezligkeit / sondern aus andern hoch dringenden Ursachẽ begehren. Sie stelleten zwar gerne einen Bürgen / aber in der fremde mißtrauen sie denselben [915] anzutreffen /und hoffen dannoch alhie so viel Glauben zufinden /daß man sie vor redlich halten und erkennen wird /solle auch nach geendigtem Stechen ihr Stand und Nahme gebührlich angemeldet werden / und erbieten sich im übrigen / den Gesetzen sich gemäß zu verhalten. Die Richter gaben nach gehaltener Unterredung zur Antwort: Wann die Großmächtigste Königin / Fr. Valiska sich hierzu gnädigst verstehen würde / könte ihnen solches gleich gelten / deren Antwort zuerwarten stünde. Weil nun diese alles angehöret hatte / ließ sie durch einen Knaben anzeigen / sie bedankete sich wegen des angetragenen Grusses gnädigst / und daß die vier tapffere Ritter Gebrüdere diesem Stechen beywohnen wolten; weil dann ihnen noch zur Zeit nicht geliebete / sich kund zugeben / solte ihnen ihr ansuchen eingewilliget seyn / mit Vorbehalt ihres getahnen Erbietens. Auff welche Erklärung diese viere auff Apfelgrauen Rossen in so gar einträchtigen Waffen den Einrit hielten / daß einiger Unterscheid an ihnen nicht zuspüren wahr / ohn daß Herkules einen weissen / Ladisla einen gelben / Baldrich einen rohten / und Siegward einen grünen Federbusch / auch gleich solche Feldbinden führeten. Die Harnische wahren blau angelauffen / mit kleinen güldenen Striemen; jeder hatte im Schilde vier neben einander stehende Löuen / mit dieser Umschrifft:Fratrum Concordiâ nihil fortius. Nichts ist so stark / als die brüdeliche Einigkeit. Sie sprengeten so freudig / und mit so höflicher Art zu den Schranken ein / daß jederman die Augen auff sie warff / und ihre geschikliche Rittermässigkeit nicht gnug loben kunte. Gegen Königin Baliska über nahmen sie Stand / und erzeigeten sich überaus ehrerbietig gegen dieselbe / mit halbverschlossenen Helmen / daß sie nicht unterlassen kunte / ihr Guk Fenster auffzumachen / und mit Neigung des Häuptes ihnen ihre gute Gewogenheit erkennen zugeben; welches auch Königin Sophia / die neben ihr stund / mit verrichtete. Auff ihren Einzug fand sich noch mannicher Ritter in den Schranken an / die sonst nicht willens waren / mit zustechen / daß ihre Anzahl sich auff 250 belief. König Mnata / Olaff / Arbianes / Markomir und Fabius eiferten über diese vier Brüder / liessen ihre guten Reitharnische holen / und begaben sich in die Schranken; und weil sie nicht wolten erkennet seyn / liessen sie Königin Valisken ihre Nahmen schrifftlich einreichen. Herkules sahe sie hinein zihen / zeigete es seinen Gesellen an / und erkennete sie / ausser Mnata und Markomir / bey ihrem reiten / wünschete auch daß sie vor dißmahl ihren Ehrgeiz gesparet hätten / und beredete sich mit den seinen / ihnen keine Ursach der Ausfoderung zugeben / und alle Gelegenheit ihrer Handwechselung zumeiden. Anfangs tahten sich vier ansehnliche Pannonier hervor / liessen die vier Gebrüder auff ein Speerbrechen ersuchen / und musten die mit Herkules und Ladisla traffen / im ersten Ritte die Erde küssen; Baldrich aber und Siegward wurden mit den ihren im andern Satze fertig. Mnata wunderte sich zum höchsten / daß der / so mit Herkules stach / so leicht gesellet wahr / massen er gegen Olaff bekennete / er würde unter die Handfestesten Ritter gerechnet /als der mannichem Ritter angesieget hätte. Vier andere setzeten sich auff die Bahn / den Unfal ihrer Landsleute zuverbessern / und traff der / so gestriges Tages den ersten Preiß mit davon gebracht / auff Herkules /hielt auch den Stoß redlich aus / und brachte den seinen sehr wol und geschiklich an / dz Herkules gestund / ihm währe die gestrige Ehre nicht unbillich zu teile worden; aber im andern Gange muste er / wie ungerne auch / herunter springen / welches ihn über die masse hefftig verdroß; dann er sahe / [916] daß sein Obsieger dessen von jedermännig gepreiset ward. Ladisla hatte seinen schon im ersten Treffen nidergeworffen /aber Baldrich und Siegward musten den dritten Saz wagen / da es ihnen nach Willen fugete. Noch kunten sie nicht unangefochten bleiben / dann ein sehr starker Dähne / der sich gestern nicht hatte brauchen wollen /foderte Herkules auff ein Speer / setzete auch mit solcher Krafft auff ihn / daß Olaff / der ihn kennete / zu seiner Geselschafft sagete: Dafern dieser des Streits erliegen würde / wüste er dem Obsieger keinen festeren Stecher entgegen zustellen; nicht desto weniger warff ihn Herkules mit samt dem Pferde über und über; weil er aber im Sattel sich fest hielt / ward ihm auff begehren der ander Rit gerne verwilliget / in welchem er dergestalt ausgehoben ward / daß ihm im falle die Waffenriemen zersprungen / und er ohmächtig von dem Platze getragen ward. Ladisla bekam einen Teutschen zum Ausfoderer / der ihm zween Stösse aushielt / und im dritten rüklings absitzen muste /wie dann Baldrich und Siegward mit gleichmässigem Verfolge obsiegeten / jener einem Schweden / und dieser einem Wenden. Alle Zuseher verwundertẽ sich der treflichen Manheit dieser vier Brüder / welche alle mahl die Ordnung hielten / daß der mit der weissen Feder / oben an / nähest ihm der mit der gelben / drittens mit der rohten / und unterst mit der grünen sich stellete / und meyneten die Zuseher / es geschähe ihres unterschiedlichen Alters halben. Fabius begunte seine Geselschafft schon zuvermahnen / ob nit schier Zeit währe / sich mit diesen tapfferen Brüdern zuversuchen; aber Olaff hielt vor rahtsam / daß mans vorerst mit andern wagete / damit sie auch zuvor einen Nahmen erhielten da es irgend gegen diese mißglücken solte; stelleten sich demnach auff die Bahn / und traffen mit vier Böhmen und einem Wenden / da Olaff mit seinem Manne im ersten; Fabius im andern; Markomir auch im andern; Arbianes und Mnata im dritten Stosse fertig wurden / welches den vier Brüdern nicht unangenehm wahr / insonderheit als sie bald darauff zween Friesen / einen Schweden und zween Dänen /im andern Treffen niderwurffen. Drittens wurden sie aber ausgefodert von zween Teutschen und dreyen Franken / da Fabius und ein Teutscher in dreyen Treffen sich umsonst bemüheten / den Sieg zuerhaltẽ /wiewol sie im lezten schier beyde absatteln müssen. Arbianes enthielt sich des Falles bloß durch Behendigkeit / da er seinen Gegener einen Franken herunter warff. Mnata ward von einem Teutschen im dritten Satze mit samt dem Pferde in den Sand gelegt. Markomir erlegete seinen Gegenstecher einen Franken im dritten Treffen. Aber Olaff ward mit den seinen bald anfangs fertig. Die vermeyneten vier Brüder fingen von neuen an / ihre Pferde zu tummeln / ehe dieser Streit geendiget war / damit sie von diesen ihren Freunden nicht angegriffen würden / und stellete Herr Bertram nebest Leches / Neda und Klodius sich gegen sie / hatten sich auch verbunden / alle Krafft anzuwenden / ob ihnen gelingen möchte. Unsern vieren wahr dieses zwar nicht so gar angenehm / jedoch musten sie ehrenhalben sich finden lassen. Es traff aber Herkules zweymahl auff Bertram / und machete ihn im andern Angriffe Stegereiffloß / der Hoffnung / er würde sich des dritten enthalten; weil er aber auff denselben drang / ward er gewehret / und mit samt dem Pferde unsanfft genug nidergeworffen; welches König Henrich sehend / sich verwunderte / wer diesen Handfesten Ritter gestürzet hätte. Ladisla muste seinem geträuen Leches begegnen / der ihm den ersten Stoß ritterlich aushielt / und weil ihm sein König im vorüberrennen einen [917] Wink gab / kante er ihn / und wolte weiter nicht treffen. Baldrich aber hatte Mühe gnug / den festen Neda im dritten ritte zu fellen / welcher doch sein Speer ritterlich brach / also taht auch Klodius seyn äusserste / daß Siegward ihn rühmen must / ging aber auch von dem dritten Stosse über und über. Als Fabius solchen Unfal sahe / und daß Leches weiter nicht anhielt / geriet er in zweifel / ob nicht Herkules und Ladisla unter diesen Stechern währen / durfte sich doch dessen gegen seine Mitgesellen nicht merken lassen / aus Furcht / er würde ihnen verdrieß erzeigen / weil er leicht zu urteilen hatte / sie wolten unerkennet seyn; Olaf aber reizete gewaltig zu / es währe hohe Zeit / ihnen das Speer zu bieten / weil der Sieg löblich / und die Niederlage nicht schimpflich seyn könte / angesehen der grossen Mannheit / welche diese Brüder hätten spüren lassen. Mnata hatte wenig belieben darzu / und ob gleich Arbianes sagete / er hätte sich schon auff eine Wagnis geschikt / auch Markomir sich vernehmen ließ / er wolte nicht länger zu Pferde bleiben / als dieser Brüder einer es ihm gönnen würde / so suchete doch Fabius Ursach / es aufzuschieben / einwendend / er trüge belieben / erst noch einmahl seine Arme gegen andere zugebrauchen; aber es fiel ganz unverhoffet eine gewünschete Verhinderung dazwischen / gleich als Bertram und Neda ihren Gesellen Leches zu Rede stelleten / warumb er das Stechen nicht fortgesetzet hätte / welches ihm von mannichẽ zur Zagheit dürfte gerechnet werden; er aber zur Antwort gab / wann nach des Stechens endigung er dessen nicht gnug gültige Ursachen würde einführen können / welche sie selbst billichen müsten / alsdann wolte er Zeit seines lebens vor einen Verzageten gehalten seyn. Bey dieser Unterredung / sage ich / kam ein ansehnlicher Ritter eilend herzu gerennet / der sich mit acht Rittern vergeselschaftet hatte / schickete auch behende einen zierlichen Römischen Knaben auff einem kleinen Zelter in die Schranken / welcher in güldenem Gewande gekleidet wahr / und mit artiger Ausrede dieses in Lateinischer Sprache vortrug: Hochweise ansehnliche Herren Richter dieses treflichen Speer brechens; mein gnädiger / dieses Orts unbekanter Herr / nähst anerbietung seiner Dienste / Grusses und Freund willigkeit / hoffet nicht allein eure gute Gewogenheit / sondern vorab der gegenwärtigen Großmächtigsten Königen und Königinnen / dann auch der Durchleuchtigsten Fürsten und Fürstinnen / und zugleich der hochansehnlichen sämtlichen Ritterschaft / nach gebühr gnädigste und günstige Vergebung / seines fast unzeitigen und späten vornehmens / und lässet durch mich nachfragen / ob ihm und seinen acht Gefärten gutes Adels vergönnet seyn könne / in die Schranken zu reiten /mit der Bedingung / daß vor endigung des Speerbrechens sie nicht genöhtiget werden / ihren Nahmen zu melden / als dann geloben sie / den übrigen Satzungen gemäß zu leben. Die Richter bedanketen sich des angetragenen Grusses / und verwiesen dz übrige an Königin Valisken / welche nicht anders meinete / als daß ihr Herkules vor den Schranken hielte / welches sie zwar ungerne sahe / und ihm solches doch nicht wegern durfte; ließ demnach durch einen Knaben diese Antwort geben; Dem fremden Herrn und seinen Gefärten solten auff ansuchen und erbieten / die Schranken ungewegert seyn / wiewol man lieber gesehen hätte / daß sie etwas zeitiger währen zugegen gewesen. Worauff der Fremde sich bedachte / ob er einzihen oder zurük bleiben solte; doch weil die seinen /als welche Ehre zuerwerben hoffeten / ihn fleissig anmahneten / ritte er in seiner Pracht hinein. Er hatte einen ganz vergüldeten Harnisch an; sein Pferd wahr schneweiß / mit einer kostbaren Decke [918] von der aller reinesten Seide gelber farbe behänget / auff welcher eine gute anzahl Morgenländischer Perlen geheftet wahren; das Gebiß wahr von klarem Golde / und der Zaum starrete von Demanten; die Steifbügel wahren ganz gülden / mit Rubinen und Schmaragden eingeleget / und der Sattel gelbe / mit gleichen Steinen gezieret; das Schwert führete er in einem gelben Feldzeichen / mit Perlen gesticket. Im Schilde stund Königin Valisken Ebenbild / die einen nidergeworffenen Löuen mit Füssen trat / dabey diese Umbschrifft:Virgo Bohemica Leonem Parthicum domuit. Das Böhmische Fräulein hat den Parthischen Löuen gezähmet. Auff dem Helme stund dieses gekrönete Königin Balisken ehemahlige Zeichen / in Gold schwarz eingeetzet /und ein Täflein daneben / darauff diese Worte:Post Luctum Gaudia. Freude nach Leid. Er sprengete vor seinen Gefärten her / neigete sich gegen Königin Valisken sehr demütig / und durch seine herzhafte Geberden gab er gnug zuverstehen / daß er noch wol ein Treffen mit wagen dürfte; ritte hernach zu der auffgehengten Taffel / und durch deren berührung gab er zuvernehmẽ / daß er sich den Satzungen gemäß verhalten wolte. Seine acht Gefärten folgeten ihm von ferne / und setzeten sich mit ihm an einen absonderlichen Ort / wehrete auch nicht lange / daß neun Pannonier sich ihm entgegen stelleten / deren der fremde Herr seinen Mann im ersten Treffen niderlegete / und ging es den übrigen im andern und dritten ritte gleich also. Neun andere / teils Böhmen / teils Friesen / funden sich an der gefelleten Plaz / aber sie wurden mehrenteils im ersten gange abgestossen / und die übrigen im anderen / so daß Herkules an diesem Wolverhalten grosses belieben trug / taht auch seinen Gesellen den Vorschlag / er wolte Leches Neda / Bertram / Prinsla und Wilhelm in seine Geselschaft nehmen / und alsdañ mit diesen fremden es wagen. Diese fünffe wurden alsbald herzu gefodert / und hermeten sich nicht wenig / daß sie wieder ihre Herren das Speer gerichtet hätten / wahren dannoch sehr froh / daß sie von keinen andern gefället wahren / preiseten Leches wegen der frühzeitigen Erkäntnis glükselig / und stelleten sich als ohngefehr hinter Herkules / da inzwischen drey Teutsche / zween Franken / drey Schweden und ein Dähne sich an die Fremden macheten / und im ersten Treffen sich alle miteinander wolhielten / wiewol sie im andern gange alle neun herunter musten / da von den Fremden ihrer drey mit absattelten / wiewol sie alle ihre Speer redlich gebrochen hatten / daher Herkules die seinen vermahnete / gute Aufsicht auff sich selbst zuhaben / weil sie vor Augen sähen / daß sie es nicht mit Kindern würden zu tuhn bekommen. Valiska hielt den fremden nunmehr eigentlich vor ihren Herkules / und wahr in ihrem Herzen fast gewiß / daß er wegen der vier Brüder Wolverhalten sich hätte bewägen lassen / ihre Kräfte zu prüfen / da dieser Fremde sich noch mit etlichen einzelnen versuchete / und sie glüklich herunter warff / daher wolte Herkules sich auch sehen lassen / und foderte einen ansehnlichen starken Gothen aus / der sich schon wol gebraucht hatte / und dieser Ehre sich hoch erfreuete /ihm auch zween gewaltige Püffe aushielt / aber doch zum drittenmahl einen / wiewol sehr unwilligẽ Sprung nehmen muste; und ob zwar ein ander handfester Gohte es zu rächen meinete / lief doch dessen Pferd im andern Satze ohn seinen Reuter davon. Der Fremde hatte inzwischen ein wenig geruhet / und wahr von den seinen verständiget / was gestalt die vier Brüder ihre Anzahl ihnen gleich gemacht hätten /ohnzweifel mit ihnen anzubinden / welches er gerne hörete / und sich ihnen als bald entgegen setzete. Aller anwesenden Augen wahren auff diese [919] beyde Häuflein gerichtet / die sich in Ordnung stelleten /und durch hurtige sprengung ihrer Pferde zuverstehen gaben / daß sie zum Treffen unerschrocken währen. Herkules bekam den Vornehmsten zum Gegener / und traff mit ihm sehr ernstlich / so daß dieser schon im erstenmahl zu wanken begunte; dessen Valiska nicht wenig erschrak / welche diesen Fremden sich so gar vor Herkules eingebildet hatte / daß sie zu keinen anderen Gedanken greiffen kunte / insonderheit / als sie sein Schild und Helm-Zeichen sahe / deswegen sie des andern rittes sich sehr bekümmerte / und wenig fehlete / sie hätte überlaut geschrihen / als sie gewahr ward / daß er von jenem vier Bruder dergestalt getroffen ward / daß er das übrige seines zubrochenen Speers fallen ließ / und an seines Pferdes Mähne sich halten muste / dessen er sich nicht wenig schämete /und wünschete / er währe über hundert Meile davon /dann er meinete nicht anders / als Herkules stünde auff seiner Schau-Bühne / und würde ihn nach erkennung vor einen ohmächtigen Ritter halten / daher er den dritten Strauß wagete / und sein Verbrechen einbringen / oder gar verspielen wolte; welches lezte auch erfolgete / dañ er ward dergestalt getroffen / daß er über und über ging / und doch keinen Schaden nam / wiewol Herkules Pferd wegen grosser bemühung schier auff den Kopf gestürzet währe / wie es dann durch verrenkung eines Hinter-schenkels zum weitern Gebrauch undüchtig ward / daß er ihm ein anders muste zuführen lassen. Des Fremden Gefärten hielten sich sehr wol; dann Ladisla erlegete seinen Mañ im dritten Treffen / mit solcher Mühe / daß er selbstschier hätte mit springen müssen. Baldrich muste seinen Gegener in allen dreien Treffen fest sitzen lassen /und hätte er selbst im lezten schier den kürzern gezogen. Siegward stürzete mit seinem Pferde / als er seinen Gegenkämpfer durch den dritten Stoß hatte herunter geworffen. Leches und sein Mañ gingen beyderseits im andern ritte zu Bodem; Neda verlohr im dritten beyde Stegreiff / aber sein Bestreiter muste mit samt dem Pferde stürzen. Prinsla ward im dritten gange gefellet / und blieb der so ihn herunter stach /fest sitzen. Bertram und sein Gegener hielten einer dem andern die Stange redlich; aber Wilhelm und sein Gegenstecher stissen sich mit den Leibern / daß sie beyde das Maß auff der Erde nahmen. Herkules verwunderte sich dieser ritterlichen Geselschaft dergleichen ihm nie vorkommen wahr / Fabius kunte nicht aussiñen / wer sie seyn möchten / uñ merkete an des vornehmsten Schilde doch / daß sie bekante wahren. Dieser hatte sich schon wieder zu Pferde gesetzet /des Vorhabens / mit dem andern vier-Bruder es auch zu wagen; aber Olaf / dem sein Herz brante / Ehre an ihm zuerstreiten / setzete sich ihm entgegen / traff auch dergestalt mit ihm / daß ihnen beyderseits das Herz puffete / wiewol sie unbewäglich sitzen blieben /und den Wahn geriet / es würde Leches seyn. Im andern Satze gebrauchten sie sich gewaltiger / daß nicht allein ihre Speere in die Luft flogen / sonder sie beiderseits zimlich wanketen / und der Dänische König seines Sohns Rittermässigkeit (welchen er doch dazumahl nicht kennete) sehr lobete. Im dritten Treffen aber gingen sie beide mit samt den Pferden in den Sand liegen / und wahr zuverwundern / daß der fremde das Genik nicht zubrach / massen seine Gefärten ihm daß Pferd vom Leibe heben musten / welchem der linke hinter-Schenkel rein abgebrochen wahr. Nun wolte Fabius seiner Gesellen einen auch prüffen / und foderte den ansehnlichsten aus; aber im dritten Gange muste er springen; des Herkules leidig wahr / und seinen Fal dergestalt rächete / daß diesem Obsieger im andern Treffen / [920] da er zur Erden stürzete / der rechte Arm verrenket ward. Die anderen Anwesende Ritter wolten nicht müssige Zuseher seyn / und fingen in so grosser Menge das Stechen an / daß ihnen die sehr weite Bahn kaum Raum genug gab / und ließ Arbianes sich hieselbst dergestalt gebrauchen / daß er in 15 Ritten / neun ansehnliche Ritter niderlegete. Baldrich und Siegward / wie auch Fabius / gebraucheten sich nicht minder / aber Herkules und Ladisla wolten weiter ungefodert nicht stechen / darum hielt sich auch König Mnata ein; aber der fremde Herr tummelte sich weidlich / traff auch mit Siegward / und musten ein ander sitzen lassen. Das Stechen verzog sich über die bestimmete Zeit / und ging so krauß und bund durcheinander / daß fast keine Ordnung mehr zusehen wahr / daher auch die Richter zum Abzuge auffblasen liessen. Valiska (welche nicht anders meinete / als daß ihr Herkules herunter gestochen währe) und mit ihr Sophia / Lukrezie und Klara / traten herzu / die Gewinn außzuteilen / und liessen anfangs die beiden ersten vier-Brüder herzuruffen / deren jedem sie ihr Brustbild an einer Demant Ketchen / von 4000 Kronen wert um den Hals warff / und sie also anredete: Sehet da ihr trefliche uñ unüberwindliche sie greiche Ritter / nehmet hin den Dank eures wolverhaltens /welcher ohn einiges Richters Zweiffel euch gebühret uñ fahret fort / allen beleidigten zu gute / eure Waffen zugebrauchen / mit welchen ümzugehen ihr so wol gelehret seyd; ich zweifele nicht / sie nebest ihren Brüdern / werden von ihrem Abzuge / wie eilig er auch seyn möchte / ihren Nahmen und Stand uns wissen zulassen / unbeschweret seyn. Herkules sahe / daß er vor ihr nicht länger kunte verborgen seyn / und sagete zu ihr auf Medisch: Wie mein Schaz? kennet ihr mich und euren Bruder nicht mehr? es ist aber noch nicht Zeit daß man uns kenne / sonst würden meine Mit Brüder / Siegward und Baldrich sich bald melden. Ging hierauff mit Ladisla davon / und ließ sie in lachender Freude und Verwunderung stehen. Nach ihrem Abscheide wurden die anderen beide vier Brüder / auch der ansehnliche fremde / und Fürst Olaff gefodert / denen Königin Sophia den andern Dank mit diesen Worten einhändigte: Weil eure herzhaffte Tugend ihr Herrn Ritter / sich im heutigen Stechẽ vor vielen andern hat hervorgetahn / muß ihr der gebührliche Preiß billich bleiben; legete ihnen darauff eine güldene Kette mit ihrem Brustbilde an / welches mit Demanten um setzet wahr / auff 2300 Kronen wert. Den dritten Dank ordente man Arbianes / Fabius / Leches / Betram / und zween aus des fremden Herrn Geselschafft zu; nehmlich den ersten dreyen eine güldene Kette / mit Königin Lukrezien Bilde / welche sie ihnen selber um den Hals warff / und jede 1800 Kronen außtrug. Den andern dreyen gad Fürstin Klara ein gleichmässiges Geschenk mit ihrem Brustbilde / und erinnerte sie die Fremden ihrer Schuldigkeit eingedenk zuseyn / uñ vor dem Abzuge sich zunennen. Worauff der fremde Herr sich gegen Königin Valisken tieff neigete / zog seinen Helm ab / und setzete sich vor ihr auff ein Knie / in Meinung / nach geleistetem Hand Kusse seinen Gruß abzulegen; weil sie ihn aber alsbald vor Fürst Pharnabazus von Susa kennete / hub sie ihn geschwinde auff / umfing ihn mit beiden Armen auffs freundlichste / und sagete zu ihm: Mein in Ehren herzgeliebeter Herr Bruder und wahrer Freund / hat eure Liebe die beschwerliche Reise auff sich genommen / uns zubesuchen / so gibt er dadurch seine hohe Gewogenheit mehr als zu viel an den Tag; wil ja nicht hoffen / daß einige Noht oder Gefahr denselben hieher getrieben hat / auff welchen Fall wir dann weder Mühe noch Völker zu der [921] der Hochfürstlichen Verbündniß Dienste sparen werden. Er aber gab zur Antwort; seine Ankunfft währe auß keiner andern Ursach / als bloß aus Getrieb seiner herzlichen und untertähnigen Neigung geschehen / mit welcher er ihrer Königl. Hocheit / auch dero Herren Gemahl und Bruder zugetahn uñ verbunden währe. Die vermeinete Gefahr hätte nichts auff sich / massen des Feindes Macht dergestalt geschwächet währe / daß er sich in seinen Festungen einschliessen müste / wovon er zu gelegener Zeit Bericht tuhn wolte. Nun erblickete Fabius ohn gefehr dieses bekante Angesicht / sprengete hin zu Arbianes / und sagete; Herr Bruder sein Oheim Fürst Pharnabazus ist der fremde Herr mit Königin Valisken Bildniß / welchen ohn Zweiffel die hohe Begierde nach den beiden Helden hieher getrieben hat. Dieser wolte es vor Freuden kaum gläuben; weil aber Ladisla seinen geträuen Tyriotes / Obristen Bubazes und den Teutschen Wedekind mit entblösseten Häuptern stehen sahe / gedachte er alsobald / Pharnabazus würde verhanden seyn / daher er zu Herkules sagete; gilt Bruder / du hast heut mit unserm Freunde Pharnabazus gestochen. Mit diesem Worte kam Fabius herzu / und machte Leches / was er gesehen hatte / zuwissen; welches Herkules bewågete / sich diesem nicht allein zuerkennen zugeben / sondern ritte mit seiner ganzen Geselschafft hinzu / fand die Warheit / vergaß seiner Verstellung / und nach abgezogenem Helme trat er hin / und hieß ihn mit einem brüderlichen umfahen sehr wilkommen seyn; hernach baht er umb Verzeihung / daß er / wiewol unwissend / wider ihn gestochen hätte. Dieser freuete sich von ganzem Herzen / daß kein ander als Herkules sein Obsieger wahr / erzeigete ihm grosse Ehre / und entschuldigte sich /dz er ihn an seinem ritterlichen und unvergleichlichen Verhalten nicht bald anfangs erkennet hätte / welches nur die gemeine Sage verhindert / daß die Könige Herkules und Ladisla auff ihrer SchauBühne sich hielten; legete sichs hernach zum sonderlichen Glük aus / daß er noch die Ehre gehabt / mit dem trefflichen Ritter der Welt ein Speer zubrechen / von dem jeder man überwunden zuwerden / sich fast schuldig erkennete. Herkules wolte seiner Höfligkeit länger nicht zuhören / ließ Ladisla hinzu treten / ihn zuempfahen /und hieß inzwischen Bubazes und die übrigen / unter dem Nahmen seiner Freunde und Spießgesellen sehr wilkommen seyn / mit dem erbieten / ihnen die Mühe ihrer getahnen Reise nach Vermögen zuersetzen; hernach begab er sich wieder zu Pferde / ritten des Weges nach dem Schlosse zu / und muste Pharnabazus wider seinen Willen zwischen Herkules und Ladisla reiten. Valiska folgete mit dem andern Frauenzimmer ihnen auff dem Fusse nach in ihrer schönen Gutsche / welche sie zu Persepolis empfangen hatte / und als sie nicht weit geritten wahren / begegnete ihnen Mazeus mit 50 Reutern / welchem Herkules entgegen sprengete / ihn zu Pferde umfing / und zu ihm sagete: Mein allerliebster Herr und wahrer Freund / ich weiß fast nicht / ob ich zu Prag oder zu Persepolis mich befinde / so unvermuhtlich ist wir die Gegenwart meiner geliebten Herren und Freunde. Mazeus wolte mit vielen Umschweiffen / seiner Wolberedsamkeit nach /antworten / aber Herkules sagete / nach gehaltener Mahlzeit würde es gelegener seyn; ritten demnach mit einander fort / und sahen zur Seiten einen treflichen ausgeputzeten Elefanten / dessen Valiska zu allererst gewahr wurde / und leicht gedachte / es würden etliche Morgenländische grosse Freundinnen sich darauff befinden / daher sie ihre Gutsche dahin wendete / und die Medische Großfürstin Saptina; Roxanen / Mazeus Gemahl; Barsenen / [922] Pharnabazus Gemahl / uñ ihre geträue Kleofis herunter steigen sahe / deren samt und sonders sie sich nit wenig freuete / und mit Fürstin Klaren alsbald aus der Gutsche sprang / sie zuumfahen. Ihre Unterredung wegen Mangel der Zeit /wahr kurz / und daß sie solches gleichwol gebührlich verrichten möchten / stiegen sie mit einander auff den Elefanten / da Saptina ihre Schnuhr Fürstin Klaren herzlich umfing / und sich aller mütterlichen Liebe und Freundschafft erboht. Diese bedankete sich kindlich / trug ihr allen möglichen Gehorsam hinwiederumb auff / und ließ Valiska sich zwischen ihnen als eins Dolmetscherin gebrauchen; vernam auch mit höchster Vergnügung / daß nach Ableben des Erblosen Fürsten in Assyrien Herrn Armametres / nunmehr Herr Mazeus mit selbigen Fürstentuhm angesehen währe / auff dessen Todesfal / weil er keine LeibesErben hätte / Arbianes in der Herschafft folgen solte. Auff dem grossen Saal ging das empfahen von neuen an / und wurden die höflichen Grüsse von Artaxerxes / Phraortes / und den sämtlichen Bundsverwanten gebührlich abgeleget; auch erzählete Pharnabazus nach gehaltener Mahizeit die unterschiedlichen kleinen Schlachten / welche sider der Unsern Abzuge vorgangen wahren / in welchen der Feinde über 60000 er schlagen / und 40000 gefangen / auch alle Parthische Besatzungen aus Kaspien / Hirkanien und anderen Landschafften der Fürstlichen Verbündniß ausgejagt währen; kurz vor seinem Abreisen hätten die Teutschen / Böhmen und Römer einen Streiff biß jenseit Charas gewaget / daß sie 480 Kauffmans-Wagen / so aus Indien nach derselben Stad gewolt / angetroffen /ihre Begleitung / 5000 stark / niedergemacht / und die Beute zu Persepolis glüklich eingebracht; und ob ihnen zwar unterschiedliche Völker nachgesetzet /hätten sie doch / als zu schwach / keinen Anfal wagen dürffen; der Raub / an Baarschafft / ädelsteinen / Perlen und anderen köstlichen Waaren / hätte sich auf die 15 Million erstrecket / wovon sie dem Persen Könige Artaxerxes den dritten Teil eingeliefert das übrige unter sich brüderlich geteilet / und sich wol beraspelt hätten. Betreffend des Parthischen Wüterichs Zustand / hätte derselbe über das falsche Geschrey ihres Unterganges auff dem Syrischen Meer / sich hoch belustiget / biß ihm andere Zeitung zukommen / und stünde es umb denselben nunmehr ganz schlecht / würde ohn Zweifel gerne einen billichen Vertrag eingehen / wann man wegen seiner begangenen Grausamkeiten ihm verzeihen wolte. Fürsten Pakorus hätte ers zudanken /daß er noch eines Königes Nahmen und Ansehen trüge / da er zuzeiten annoch seinen auffgeblasenen Stolz und Hochmuht zimlicher massen solte blicken lassen. Vologeses währe bey ihm in schlechtem Ansehen / welcher sich auch des Kriegs hätte abgetahn /und zweifelte man nicht / Pakorus würde auch endlich den Lohn des Undanks davon tragen. Unter diesem Gespräch ward der grosse Gamaxus (welchen sie bißher verborgen gehalten) im gewöhnlichen NarrenKleide auf den Saal geführet / welchẽ Herkules ersehend /zu ihm sagete: Sihe da mein Kerl / so hastu auch noch deine Dräuungen erfüllen / und mich biß in Teutschland verfolgen wollen / ungeachtet ich dir den ReuterSaz nach deiner Ausfoderung gehalten habe. Die anwesende so ihn vormahls nicht gesehen / erschraken über diesem Ungeheur / und liessen sich von Valisken berichten / wer dieser Unmensch währe; welcher auff Herkules Rede nichts antwortete / nur daß er einen tieffen Seuffzen gehen ließ / nachdem er schon zimlich mürbe gemacht wahr. Auff der Reise wahr er kärglich gnug gespeiset / und als Leches ihm etliche grobe Speisen [923] vorsetzen ließ / fraß er dieselben geitzig in sich / und sagete zu ihm: Mein Herr / ihr tuht mir hieselbst bessere Freundschafft als in Persen / und O wolte Gott / dz ich alhie entweder gnädigere Herren / oder den schleunigen Tod / wie hart er immer währe / antreffen möchte; worüber Herkules zu Mitleiden bewäget ward / daß er ihm von den besten Speisen aufftragen / und so viel er sauffen mochte / des guten Weins einschenken ließ; da er dann übermenschlicher weise in die 25 Pfund allerhand niedlicher Speise /und daneben 6 Stübichẽ Wein einschluckete; wodurch er die bißher geführete Schwermühtigkeit in etwas ablegete / und Herkules also anredete: Unüberwindlicher grosser Fürst und Herr; ich bin zwar mit harten Streichen genöhtiget worden / mich auff diese Reise zubegeben / welches mir sehr unwillig eingangen / in Betrachtung des Spottes / der mir von unbekanten /wegen meines ehemaligen sehr groben und unverantwortlichen Verbrechens / auffs neue möchte angeleget werden / daher ich dann mein Leben auff dem Meer gerne würde geendiget haben / wann man mich nicht so fest an die Ruderbank geschlossen hätte; Nachdem ich aber viel eine grössere Gnade alhier antreffe / als ich mir einbilden können / so zweiffele ich nicht /Eure Hocheit werde den über mich gefasseten hefftigen und gerechten Zorn gnädigst miltern / und durch mein Elende sich bewägen lassen / ihre so hochgepreisete Barmherzigkeit mir mitzuteilen; bitte demnach durch denselben starken Gott / welcher Eurer Hocheit mich überliefert hat / demühtig und unterlähnigst / dieselbe wolle mir ferner Gnade erzeigen / uñ der Beschimpffung der nicht-werten Knaben mich entreissen / alsdann bin ich erböhtig / alles dasselbe gehorsamst zuleisten / was Eure Gn. von mir begehret und haben wil. Herkules antwortete ihm: Ich hätte dir diesen Geist / der dich anjezt unterrichtet / wol zu jener Zeit wünschen mögen / welches dir sehr vorträglich würde gewesen seyn / und ist mir lieb / dz du nicht allein in der DemuhtSchuele schon zimlich zugenommen / sondern auch meines Gottes Almacht erkennet hast / weiß dir aber auff deine Bitte nichts gewisses zuversprechẽ / ohn daß ich an den Medischen GroßFürsten schreiben / und eine Vorbitte vor dich einlegẽ wil / weil ich über dich nicht zugebieten habe. Großfürstin Saptina zeigete an / ihr Gemahl hätte ihn ausdrüklich mit übergeschikt / daß er seiner Hocheit vor leibeigen wieder solte eingeliefert werden / als eine Gedächtniß ihrer herlichen überwindung. Als Königin Valiska solches vernam / fragete sie Gamaxus / ob ihm dann vorerst seine Gotteslästerung / hernach sein begangener Frevel von ganzem Herzen leid währe. Worauff er antwortete: Es währe ihm beydes von Herzen leid / bähte auch untertähnigst / ihre Hocheit wolten ihm ein kräftiges Wort zum besten verleihen; Er hätte bißher so viel Spot und Streiche erduldet / dz ihm der Hochmuht allerdinge ausgetrieben währe. Ich weiß nicht / sagete Valiska / ob du nach diesem so standhafftig dich im guten / als ehmahls im bösen erzeigen könnest / und nach meiner Vorbitte es mir nicht ginge / als jenem frommen einfältigen Bauren / welcher einer in der Höhle versperreten Schlange / durch Mitleiden bewogen / aushalff /die ihn hernach umbringen wolte. Solche Falscheit /antwortete Gamaxus / hat nie in meinem Herzen Raum finden können / sonsten wolte ich mich des Schmeichels frühzeitig beflissen / und mannichem Elende mich entzogen haben; Versichere demnach Eure Hocheit bey der höchsten Krafft des Himmels /daß ich mich aller Untugend enthalten / und in bäurischer Arbeit mein Brod gerne verdienen wil / als viel meine gekrümmeten Arme und Beine es [924] vermögen. Ich werde es mit dir versuchen / sagte Herkules / und nach Befindung deines Verhaltens mich wissen zubezeigen; welches der elende Mensch mit grosser Herzensfreude annam / und vor dem Tische als einer der geringsten Diener auffwartete. Des folgenden Tages kahmen 124 beladene Wagen an mit allerhand herlichen Sachen und Baarschafften / welche Pharnabazus folgender gestalt austeilete: Königin Valiska empfing im Nahmen der vereinigten Fürsten 30 Wagen / auff welchen 40 Tonnen Goldes an ädeln Steinen / Perlen /Golde / Gewürz und köstlichen Tüchern wahren; und noch 20 Wagen von den Persischen / Teutschen und Böhmischen KriegsObersten / welche 20 Tonnen Schaz an Geld und Gut geladen hatten. Könige Herkules und Ladisla lieferte er 60 Wagen von den vereinigten Fürsten / beladen mit köstlichem Gewehr /Harnischen / Schwertern / Hand Bogen / Pferde Zeuge / güldenen Huefeisen / Steiffbügeln und Gebissen /gestikten Satteln / und jedem ein sehr grosses Trinkgeschir aus klarem Golde / mit Demanten besetzet /alles geschätzet auff 40 Tonnen Goldes. Und endlich Valisken noch 12 Wagen / welche 15 Tonnen Goldes / als fünffjährige Schatzung wegen des Fürstentuhms Susiana brachten; Uber welche vielfältige Schenkungen die unsern sich höchlich beschwereten. Auch lieferte Fürstin Saptina ihrer Schwieger Tochter den treflich geschmükten Elefanten / im Nahmen ihres Gemahls Phraortes / und von wegen Königes Artaxerxes von Waaren / Kleinoten / Perlen / Gewürz und Baarschafften auff 10 Tonnen Goldes. Hernach kam die Geselschafft auff das ergangene Stechen zureden / und gelobete Valiska ihrem Herkules / weil er sie dergestalt auffgetrieben hätte / und seinen Nahmen ihr nicht melden wollen / würde sie nicht ruhen / ehe und bevor ihm ein gleiches angebracht währe / worzu sie dann schon gute Mittel wüste / wie lange sichs auch verzihen würde. Unter dieser Beredung empfing König Mnata ein Schreiben von Mastyes seinem hinetrlassenen Stathalter / wie daß des erhenketen Dropions Bruder Pines / sich seiner Leibeigenschaft loßgemacht / und in elender Gestalt auff den Grenzen des Königreichs angelanget währe; hätte sich aber daselbst ritterlich ausgerüstet / und wie man sagete /nach erfahrung des schmälichen Todes seines Bruders / etliche Schmachreden wieder den König und dessen jetzige Bedieneten ausgestossen / worüber er ihn beim Kopfe nehmen lassen / und ihrer Königl. Hocheit zusenden wollen; zweifelte nit / dafern er loßkommen und im Königreiche geduldet werden solte / würde er nicht unterlassen / Dropions überbliebene wieder auffzuwecken / und das Reich in neue Unruhe zustürzen. Mnata verwunderte sich dieser Zeittung sehr / so dz er unter dem lesen die Farbe etlichemahl verenderte / daher des Schreibens wichtigkeit wol vernommen ward / und Valiska sich nicht erhalten kunte nachzufragẽ / ob es auch in seinem Königreiche wol stünde /deren er zur Antwort gab: Er bedankete sich gegen ihre Liebe der geträuen Vorsorge / und ginge daheim noch alles wol zu / nur daß man ein unvermuhtliches selzames Wild in seinem Lande gefangen / und ihm zugeschicket hätte / welches er König Herkules als eigen übergeben und zuführen lassen wolte / ob ers vielleicht kennen möchte / weil ihrer Liebe der Königin damit gar nicht gedienet währe. Erteilete darauff den Befehl / und ließ alle Anwesende in verwunderlicher Begierde / was Wild dieses seyn möchte. So bald der Unhold an seinen schweren Ketten in den Saal geführet ward / und Herkules ihn sahe / sagte er zu ihm: Wie nun zum Henker? wie schmäcket dir verwägenen[925] das Brod nicht so wol auff der See / als auff dem Troknen / daß du / wie ich gänzlich muhtmasse /durch eine frische Untaht dich von der Ruderbank hinweg gestohlen / und Pannonien wieder gesuchet hast? erkeñe doch nun dereins / daß des allerhöchsten Gottes Rache allenthalben hinter dir her ist / so daß du von neuen in deiner eigenen Heimat mit Ketten must belegt werden / woselbst du am allersichersten zu seyn / dir eingebildet hattest. So bekenne mir nun gutwillig / auff was Weise du loß kommen bist / weil ich ohndas die Warheit von Rom alsbald erfahren /und da ich dich auff Lügen betreffe / gebührlich straffen werde. Der Gefangene / nach ausgehohletem schweren Seufzen / antwortete ihm: Ich unseliger mag wol klagen / daß das verfluchte Glük mir den Rücken zugekehret / und nach ehemaligem wolergehen mich in die tiefste Pfütze aller Wiederwertigkeit gestürzet hat; und rechne mir nicht vor das schlechteste Unglük / daß mein ehemahls gnädigst-gewogener König und Landes Herr / ohn alles mein Verbrechen mir Ungnade zugeworffen / ungeachtet vor seine Hocheit und des Landes Wolfahrt ich mich willig gewaget / und in diesen leidigen Stand gerahten bin / dem ich durch meine Vorsichtigkeit allerdinge meinete entgangen seyn. Warumb trage ich diese Ketten? König Mnata /eure Hocheit frage ich; warumb schleppet man mich als einen Ubeltähter gefangen? geschihets irgend meines Bruders wegen? je hat derselbe mißgehandelt /mus ja mir unschuldigen solches nicht zugeleget werden; und hat er / meine ich / durch einen zuvor unerhörten schändlichen Tod sein Verbrechen bezahlen können. Zwar König Herkules hat Ursach / mich zu rechtfärtigen / aber nicht König Mnata / mich ihm zu übergeben / wo er sonst nicht das Ziel der billichen Belohnung übertreten wil. Man leget mir zu / ich habe wieder den König geredet. Ich leugne es beständig /und ist allerdinge unerweißlich / nur etliche Worte sind mir aus hohem mitleiden entfahren / als ich den elenden Zustand meines geliebeten Vaterlandes gesehen habe / welche meine Wiederwertigen / so vielleicht eine falsche Sorge tragen / durch ungleiche Auslegung mir verkehren / und dadurch meinen König wieder mich auffmachen. Ich bin in mein Vaterland verstohlner weise kommen / habe gemeinet dasselbe in seinem ehemaligen guten Zustande wieder zu finden / aber leider da ich kaum den ersten Fuß hinein gesezt hatte / solch klagen / seufzen / winseln und jammern gehöret / daß ich vor Angst meinete zuvergehen. Ich fragete / ob dann alle wehrhafte Mañschaft durch den Donner vom Himmel herab erschlagen / oder durch eine algemeine Seuche nidergefallen währe; und vernam aus der Antwort / daß eben der Bliz meinen König / und seine drey grosse Kriegsheer getroffen / durch welchen ich und meine kleine Geselschaft vor Padua versenget sind / ehe wirs noch recht empfunden. Nun sehe ich aber / den Göttern sey dank / daß mein König alhie Königlich gehalten wird / welches mich in diesem meinem Unglük ja noch ergetzet / weil Königliche Pannonische Hocheit noch nicht gar unter die Füsse getreten ist. Ey so mag dann mein Bruder immerhin am Galgen verdorren / wann nur mein König lebendig und ein König bleibet. Ja ich wil diese meine Ketten lieber tragen /weil mein König ein König bleibet / als ohn Ketten in Freiheit ansehen / daß mein König solte verächtlich gehalten werden; und wann mich jemand eines andern überzeugen wird / wil ich gerne und willig grössere Straffen über mich nehmen / als ich eine geraume Zeit auff dem Schiffe schon erduldet habe; ja man zureiffe mich alsdann mit eben den glüenden Zangen / welche meinem Bruder sind [926] angelegt. Und O Dropion O Dropion / was vor ein Unglük hat mich nach Padua getrieben / daß ich nicht bey dir bleiben können / deinen verfluchten Ehrgeiz und Hochmuht einzuhalten / welcher dich / deinem eigenen Könige ungeträu zu werden / leider verführet hat? Ich beschliesse aber dieses alles in den Leidens Kasten meines Herzen / weil es nicht zuendern stehet / und damit der Sieges-Fürst über alle seine Feinde / König Herkules sehen möge /daß ich ihm die reine und lautere Warheit vortragen wil / lasse ich seine Königl. Hocheit wissen / daß die tägliche / mehr als hundische Straffen / welche der Käyser mir dortmahls andräuete / mir verdoppelt worden sind; keine einzige Mahlzeit / die doch sehr schlecht und geringe wahr / reichete man mir / ohn vorher angelegte Geisselung / das mein Fleisch schon zu faulen begunte / und ich in eine beschwerliche Krankheit fiel; daher man mich der Bande erlassen muste / und legte der Arzt allen fleiß an / mich zuheilen / nur daß ich umb so viel länger könte verwundet werden. So bald ich besserung äusserlich befand /überfiel mich ein starkes Fieber / welches mich schwach uñ ohmächtig gnug machete / aber doch bald verging / da ich wünschete mein lebenlang damit behaftet zu seyn / weil mirs ungleich erträglicher als die Gesundheit wahr. Ich stellete mich Zeit der Besserung je länger je schwächer / daher kein Mensch acht auff mein Vorhaben gab. Unser Schiff lag eine gute Viertelmeile vom Lande zu Anker / dann es wahr kein Anfurt des Orts / welches mich kühn machete / einen blinden Glückes fall / der mir wol ehmahls gerahten wahr / zu wagen / weil ich sahe / daß zum wenigsten ich zu sterben Gelegenheit haben würde; legete als ein Schwacher meine Niderkleider an / als wolte ich das Gehen wieder lernen / sahe mich umb nach dem Ufer /ergriffe ein Schwert / und schlug den Schiff Herrn mit acht andern (so viel freye Leute wahren nur dazumahl verhandẽ) zu bodem; redete hernach sechs Teutsche an die Ruder geschmiedete Leibeigene mit mir auff /zubrach ihre Bande / setzete mich mit ihnen in den Kahn (nach dem ich etliche der anderen angeschmiedeten loßgemacht / und sie / mit dem Schiffe davon zufliehen / ermahnet hatte) / und fuhren frölich zu Lande. Des Tages lagen wir mehrenteils in Püschen und Felsen verborgen; des Nachts nahmen wir den nähesten Weg nach Pannonien vor uns / kaufften auff den Dörffern nöhtige Speise / dann wir hatten Geldes gnug vom Schiffe mit uns genommen / und kahmen ohn einige Widerwärtigkeit in Pannonien an / da ich dann wie schon gesagt / des Königs und Vaterlandes Unglük erfahren / und diese Ketten / ehe ich michs versehen / an meinen Gliedmassen empfunden habe. Ist es nun / daß mein gnädigster König Mnata meiner geträuen Dienste ehmahls genossen hat; bitte ich untertähnigst / ihre Hocheit wolle bey König Herkules durch ihre kräftige Vorbitte anhalten / daß ich den Römern nicht wieder überliefert werde / nachdem die günstigen Götter mich von denselben loßgewirket haben; kan aber solche meine Freyheit auff andere weise nicht erhalten werden / so bitte ich umb den Tod / bin auch wol zu frieden / und bereit / daß ich bey meinem Bruder auffgeknüpffet werde. Diese lezten Worte bewägeten die ganze Geselschafft zur Erbarmung / aber sein König gab ihm zur Antwort: Was du bey nur suchest / stehet nicht in meiner Gewalt; so hastu ohn mein Vorwissen und Befehl zu jener Zeit den Kampff unter der Bedingung begehret / daß entweder dein Feind oder du / leibeigen seyn woltest /welches ich an dir als an einem verwägenen mutwilligen Menschen billich tadele / und nicht zuendern weiß / was du vorsezlich dir über den Halß gezogen hast. Sonsten gestehe [927] ich / daß du mir vor diesem mannichen guten Dienst geleistet / und sich keiner gefunden / der deines Bruders Verrähterey dich mit beschuldiget hätte / daher ich / in Ansehung deines hitzigen Jach Zorns / dir deine außgestossene Reden /weil du sie bereuest / wol verzeihen könte / aber das übrige / wie du hörest / ist nicht in meinen Händen. Dieser sahe betrübt vor sich nider / durffte auch bey Herkules wegen seines gar zu starken Verbrechens umb keine andere Gnade anhalten / als daß er untertähnigst baht / seine Hocheit möchte an den schon ausgestandenen herben Straffen seinen Zorn gnädigst brechen / und ihm einen schleunigen Tod / es währe gleich mit dem Schwerte oder Strange / wiederfahren lassen / nur daß er den Römern nicht übergeben würde. Worauff ihm Herkules zur Antwort gab: Ich möchte dir diesen demühtigen Geist / Zeit unsers Kampffs / oder kurz hernach / wol gegönnet haben /alsdann würdestu mehr Güte und Barmherzigkeit bey mir haben gefunden / als du dir irgend magst einbilden können; Zwar mein Zorn hat nie kein mahl von einigem Menschen schwerere Rache begehret / als die Busse / geschweige / daß ich ihm den Tod anzulegen solte getrachtet haben / welchen du jezt als eine sonderliche Gnade suchest; aber bedenke nur selber / ob ich ohn Verletzung meiner Redligkeit anders könne /als dem Römischen Käyser dich wieder zusenden; dann unterliesse ich solches / würde dessen Hocheit von mir halten / ich billichte deinen Mord / welchen du selbst eigener Bekäntniß nach / an neun unschuldigen Menschen begangen hast. Jedoch / daß du meine Gnade und Gewogenheit die du nicht verdienet / erkennen mögest / wil ich dich so lange in gewarsamer Hafft behalten / und an Römische Käyserl. Hocheit schreiben / ob dieselbe dich mir lassen könne; alsdann solstu auff Besserung deines Lebens erfahren /daß ich ja so bereit und willig bin zuverzeihẽ / als du ehmals zubeleidigen. Dieser durch Unglük gezähmeter Mesch hatte sich dieser Gnade nicht versehen /taht einen wehmühtigen Fußfal vor der ganzen Geselschafft / und nach getahner herzlichen Danksagung vor angebohtene Gnade / hielt er bey Königin Valisken an / wie auch bey König Ladisla / und den anwesenden Römischen Herren / ihm bey Kayserl. Hocheit mit ihrer kräfftigen Vorbitte zu hülffe zukommen; welches ihm allerseits versprochen ward / und ließ ihm Herkules auff Königes Mnata Einwilligung die Ketten abnehmen / und Ritterliche Kleider anlegen /daß er neben Gamarus (dem das Narren Kleid auch schon abgenommen wahr) auffwartete. Weil auch nachgehends der Käyser ihn auff solche Vorbitte Herkules schenkete / sprach derselbe ihn nicht allein frey / sondern machete ihn zum Obersten über 2000 Pannonische Reuter / die mit Arbianes fortzogen / da er nach angenommenem Christlichen Glauben sich in Persien gegen die Parther sehr wol gehalten / und in einem Treffen / nach Erlegung einer grossen Menge Feinde / sein Leben ritterlich eingebüsset hat. O wie eine herliche und Christliche Tugend ist die Versöhnligkeit / deren unser Herkules so gar ergeben wahr / daß er seinen grausamesten Feinden / ungeachtet alles schändlichen Wiederdriesses solcher gestalt vergeben kunte / als hätten sie ihm nie kein Leid getahn: welches ja an Gamaxus und diesem Pines Sonnenklar erscheinet. Seine Freunde hielten ihm offt vor / er überginge fast die Grenzen der Sanfftmuht / aber er pflag ihnen zuantworten; sein Heiland JEsus währe noch viel sanfftmühtiger gewesen / als welcher nicht allein seinen Feinden nach ergangener Busse gerne verzihen / sondern auch mitten in der [928] gewaltsamsten Ungerechtigkeit sich ihrer erbarmet / welches er am herben Kreuz augenscheinlich dargeleget / als er vor seine Feinde gedehten / da er gesprochen:Vater vergib ihnẽ / sie wissen nicht was sie tuhn Ja der hocherleuchtete Paulus in seinem Sende Brieffe an die Römer zeugete / daß der Sohn Gottes nit allein seinen damahligen Verfolgern und Mördern diese Gnade erzeiget / sondern gleicher Gestalt das ganze menschliche Geschlecht geliebet / und vor dieselben sich in den abscheulichsten Tod dahin gegeben hätte / da sie annoch seine Feinde / teils in heidnischer Blindheit /teils im judischen Unglauben / teils in gotlosem Wandel wahren. Und daß wir Menschen ihm solches albernen solten / geböhte er selber mit diesen Worten;Lernet von mir / dann ich bin sanftmühtig und von Herzen demühtig / so werdet ihr Ruhe finden vor eure Seele. Daneben hätte er gnugsam wissen lassen / daß ein unbarmherziges Gerichte wieder die Unbarmherzigen ergehen solte / und der unversöhnliche Haß den Menschen nicht allein in den Augen Gottes unwert machete / sondern gar in die Hand der unbarmherzigen Teuffel zur schreklichen Verdamniß übergäbe; deßwegen wolte er Zeit seines Lebens sich insonderheit der versöhnlichen Gütigkeit befleissigen / und so oft ihn ein fleischlicher Stachel zur Rachgier antriebe /sich selbst zwingen / und seinen Feinden ja so viel gutes / als seinen Freunden erzeigen. Wann ihm dann eingeworffen ward / die Muhtwilligen würden dadurch nur frech / und verliessen sich auff seine Gütigkeit; sagete er; solches würde GOtt an denen schon zustraffen wissen / er wolte dasselbe so eigentlich nicht nachgrübeln / sondern sich nach CHristus Befehl richten / jedoch also / daß den boßhafftigen nicht Ursach zusündigen / viel weniger Freyheit darzu geben würde. O du allerschönste Sanftmuht / wie angenehm machestu den Menschen vor den Gnaden-Augen unsers Heylandes JEsus / des allersanftmühtigsten. Aber wie saur gehet es den Weltergebenen ein /daß sie ihren Feinden nicht allein vergeben / sondern auch wol tuhn sollen. Der teure Herkules wahr nicht so irdisch gesinnet / und rühmete dißmahl König Notesterich an ihm / daß er eines unglüklichen Menschen sein Elend so wol zu Herzen fassen könte; nicht / daß er dieses Pannoniers Verbrechen gut hieß / sondern /weil er in dessen Herzen eine wahre Reue seines begangenen Ubels spürete. Sonsten wahr diese Fürstliche Geselschaft nebest den morgenländischen Gästen in aller zugelassenen Lust sehr frölich / und begehrete einsmahls Valiska von ihrem Herr Vater / ihr den endlichen Verlauff seiner Leibeigenschaft zuerzählen /welchen sie vor diesem / wegen zu heftigen Mitleidens nicht anhören können; worin er ihr gerne zu willen wahr / und in beiseyn aller seiner Anverwanten und der Könige / also fortfuhr: Ob zwar meine jetzige Vergnügung / die ich an den lieben meinigen habe /mir den grösten Teil meines überstandenẽ Unglüks aus dem Gedächtniß entrissen / wil ich doch so viel möglich / mich wieder besinnen / damit die Nachkommen wissen / in was vor Elend ehmahls ein herschender König gerahten; auch meines gleichen gewaltige daher lernen / sich selbst zuerkennen / und daß / wann Gott straffen wil / er so leicht einem Könige als armen Betler die ZuchtRuhte binden kan. Und zwar muß ich nach erlangeten Christentuhm bekennen / daß mein damahl auffgeblasenes stolzes Herz solcher Züchtigung wol benöhtiget wahr; dann ich furchte mich vor niemand / verließ mich auff meine Macht / und auff meine Nachbar Freunde / und meinete nicht / daß mir ichtwas dergleichen hätte zustossen können; daher muste mein Gott mich zur Erkäntniß meiner selbst bringen / wie er dann (ihm sey Dank in [929] Ewigkeit) solches rechtschaffen getahn hat. Ich eriñere mich /schon gemeldet zuhaben / was gestalt der eine Räuber mich mit dem drittel einer Krone von Tode loßkauffte / worauff ich meinete / nunmehr aller Lebens Gefahr entgangen seyn / und fiel noch immer tieffer darein /wie ihr werdet zuvernehmen haben. Mein Herr / der mich gekaufft hatte / wahr seines Alters 54 Jahr /hatte ein junges / zwar nicht heßliches aber sehr freches Weib / die ihn nur zum Schanddeckel zur Ehe genommen hatte / und ohn alle Scheuh vielfältige Unzucht trieb / wozu dieser Geduldige durch die Finger zusehen gezwungen ward / wolte er sonst Gewogenheit im Hause / und raum am Tische haben. Ich hatte solches schon gemuhtmasset; massen da wir auff der Heimreise wahren / er von seiner Geselschafft zimlich auffgezogen / und befraget ward / ob er mich mit einnehmen / und seinem Weibe mich würde sehen lassen dürfen; wie es dann in Warheit nicht anders erging; dann als er seiner Wohnung nahete / geboht er mir /ich solte mich gegen niemand merken lassen / dz ich von ihm gekaüfft währe / sondern mich halten / als gehörete ich einem andern zu. Ich wahr gehorsam /und trat mit meiner knechtischen Kette hinter ihm her / welcher Stand mir dannoch / in Betrachtung der vorigen elenden Gefängniß / als eine sonderliche HimmelsGunst und Freyheit gedauchte. Das Hauß funden wir vol fremder Gäste / welche / weil die Frau eine offene Schenke hielt / weidlich umzecheten / und meinen Herrn nach schlechtem wilkommen zu sich sitzen hiessen. Sein Weib wahr halb beräuschet / und empfing ihn mit dieser Freundligkeit: Wie du altes unnützes Raben Vieh / sagete sie / hat dich alles Unglük schon wieder daher geführet? ich meine / du werdest dich deiner Haut gefürchtet / und deine Geselschaft verlassen haben / die in kurzem ihre Weiber mit reicher Beute erfreuen werden / da hingegen ich dich ernehren muß; O daß du im ersten Tritte den Hals gebrochen hättest / da du zu meiner HaußTühr eintratest / und mich freietest. Tuhe gemach liebes Kind / antwortete er / ich bin zu dem Ende nicht außgezogen /nur müde Beine zuholen / habe auch nicht etwa einem Hasen oder Fuchse nachgestellet / sondern an unsern ungeträuen Nachbarn den Böhmen mich zur Gnüge gerochẽ / und hat das Glük unserer Geselschafft so wol gewolt / daß jeder zu seinem Anteil 1800 Kronen Baarschafft / und 2000 Kronen an markfeilen Gütern erbeutet / welche inwendig einer Stunde alhie seyn werden. Das heist dich GOtt sprechen / sagete sie /ich hatte mir sonst schon vorgenommen / dein müssig zugehen / und vor mich allein zuleben / wie ich dann mein Brod ohn dich wol gewinnen kan; aber nun werde ich mich eines andern besinnen / jedoch dafern du bald wieder fort wandern / und diesem guten Glük weiter nachsetzen wirst. Laß mich zuvor wiederkommen / antwortete er / und etliche Wochen oder Tage außruhen; ich bin ja kein Hund / daß ich immerzu lauffen sol; so muß ich auch zuvor meine Beute anlegen / und gute Länderey davor käuffen. Darauff foderte er Essen / und ließ mir auch ein verworffenes Steinhartes Rindichen geben / dabey ich einen frischen Trunk Wasser bekam / und solche dürre Mahlzeit mir noch zimlich schmeckete. Kaum hatte ich solche Speise eingeschlukt / sahe mich sein Weib hinter der HaußTühr sitzen / und fragete ihn / wer ich währe. Er gab vor / ich währe ihm zum Leibeigenen geschenket / und hoffete er / ich würde mein Brod verdienen können. Worauff sie mich eigentlich besahe / und muste ich vor ihr hin und hergehen; weil mir dañ solches zimlich saur ward / auch der Rücken mir krum stund /die Haar auff dem Häupte und im Barte sehr verwirret wahren / und wenig seines an mir erschien; [930] gab sie mir mit dem Prügel / den sie stets in Händen trug /drey oder vier Streiche über den Rücken / daß ich vor Schmerzen meinete in Ohmacht zusinken; noch muste ich nicht eins saur darzu sehen / weil ich in Hoffnung lebete / sie würde mir Barmherzigkeit erweisen; worin ich mich sehr betrogen fand / gestaltsam sie mit diesen Worten heraus brach: was solte mir der unnütze Greise / der seinen halb tobten Leib kaum schleppen /ja das Haar nicht eins strählen kan? flugs daß man ihn niderschlage / und meine Teich-Hechte damit speise. Zu meinem Glük wahr niemand verhanden / welcher diesen Befehl leisten kunte / uñ setzete ich mich vor ihr auff die Knie / mit heissen Trähnen bittend / meines Lebens zuschonen / weil ja kein Fleisch an mir währe / davon die Fische zu zehren hätten; sie möchte mir bloß das Leben gönnen / und mit der allergeringsten Speise mich unterhalten; ich wüste mit auferzihung der Gänse und Hühner wol umzugehen / deren ich eine grosse Menge auff ihrem Hofe gesehen hätte /wolte ihrer dergestalt hüten / daß man meinen Fleiß rühmen solte. Das mag dir alten Huster den Hals fristen / antwortete sie / weil ich gleich diesen morgen meinen Gänse Hirten wegen seines Verbrechens erschlagen lassen; so lege dich nun dort in jenen Winkel (da gleichwol noch eine Handvol Stroh hingeworffen wahr) zur Ruhe; morgen früh wil ich dir die Gänse groß und klein lassen zuzählen / und dafern du mir die Zahl nicht wieder lieffern wirst / mustu es mit deinem Blute bezahlen. Ich gelobete alle Träue uñ Fleiß an / machete mich des morgens mit meiner Gänse-Heerde / 500 Stük / groß und klein / auff die Weide /bildete mir dabey meine ehemalige Herschafft über meine Untertahnen ein / und wie ich mich deren Schuz muste lassen angelegen seyn / also hatte ich noch grössere Mühe bey diesem Feder Vieh / es zuverteidigen / massen der Geier mir den jungen Gänßlein immer nachtrachtete / und wie fleissige Auffsicht ich gleich hatte / so entführete er mir doch zum offtern deren etliche / an welcher Stelle / mein Leben zuretten / ich mich des Diebstahls behelffen /und den andern / so neben mir hüteten / die ihren entwenden muste / welche ich daheim in meinem Stalle aufferzog. Nun befand ich mich diese Sommerzeit über zimlich wol auff / dann ich kunte mich an der Sonnen fein wärmen / ging zuzeiten umb mein Vieh her / bißweilen streckete ich mich im Grase aus / und fehlete mirs an Wasser und Brod auch nicht; und weil die AltFrau meinen Fleiß sahe / warff sie mir des Abends etliche Fleisch Brötlein zu / und begoß mir das dürre Brod mit der übergebliebenen Brühe /wovor ich ihr sehr dankete / und ihr das Holz in die Küche trug. Hingegen wahr der Frauen LeibMagd mir sehr gehässig / daß sie nie ohn stossen und schlagen neben mir her trat / welches mit Geduld zuverschmerzen / ich sehr wol gelehret wahr. Als der Herbst herantrat / und der gröste Teil meiner Gänse verkaufft wahr / da solte ich schwere Haußarbeit verrichten / Holz spalten / Korn dröschen / Futter schneiden / die Ställe misten / und mit zu Acker fahren / die Pferde vor dem Pfluge zutreiben / welches mir unmöglich wahr / nicht daß ich die Arbeit nicht hätte fassen können / sondern weil mein gebrechlicher Rücken es nicht ertragen wolte / daher ich sehr kärglich gespeiset ward / und schlug das Unglük mit darzu /daß meine gewogene AltFrau mit Tode abging / und obgedachte LeibMagd an ihre stelle geordnet ward; da ging erst mein Herzleid an / daß ich entweder zusterben / oder bey dem Könige mich zumelden / entschlossen wahr; dann wofern die anderen Knechte mir nicht ihrer Speise etwas mitgeteilet hätten / würde ich schon vorlängst des Hungers verschmachtet [931] seyn. Endlich besan ich mich eines andern / da einsmahl unterisch iedliche unzüchtige Buben in des Hauswirts Abwesen sich mit dem Weibe in unzimlicher Lust ergetzeten / und einen Spielman mit der Sakpfeiffe fodern liessen / gab ich mich an / ich hätte auch in meiner Jugend solches Spiel gelernet / foderte die Sakpfeiffe / und machete ein Liedlein auff / welches ihnen sämtlich so wol gefiel / daß ich hernach ihr täglicher Spielman seyn muste / und mit guter Kost gelabet ward. Aber diese güldene Zeit wehren kaum vier Monat / und verkehrete sich in jämmerliches Herzleid; dann es hatte mein Hauß Herr einen Bruder / der am Königlichen Hofe ein zimliches galt / und wegen seiner LeibesKräffte zum Oberstẽ über 2000 zu Fusse gesetzet wahr; dieser hatte in Erfahrung bracht / was gestalt seines einfältigen Bruders Weib Hauß hielte /und ihr Mann durch die Finger zusehen gezwungẽ würde; worüber er sich höchlich betrübete / und die Rache ihm vornam / die er sehr grausam volstreckete; massen / als wir einsmahls in meines Herrn Abwesen eine gute Geselschafft gemacht hatten / so daß fünff unzüchtige Buben bey ihr zecheten / und allen Muhtwillen mit ihr trieben / ich aber meiner Gewohnheit nach / auffspielen muste / höreten wir / dz die HaußTühr mit Gewalt auffgebrochen ward / worauff geschwinde zehn Gewapnete zu uns ins Gemach traten / unter denen obgedachter Oberster vorne an ging /und aus seinen fünkelnden Augen leicht spüren ließ /daß er nichts gutes im Sinne hatte. Es wahr eine Stunde vor Mitternacht / und hatte die Frau zu ihrem Unglük sich mit der Gäste einem in die Neben Kammer verfüget / woselbst ihr Schwager sie samt dem Buben fast gar ungekleidet antraff / und nach Verweisung ihrer Unzucht sie beyde nidersäbelte. Dazumahl erwog ich mich des Lebens / weil bald darauff die übrigen viere hinter dem Tische erschlagẽ wurden / und ich mich nicht hätte retten können / wann nicht der Oberste seinen Knechten zugeruffen / man solte den Spielman leben lassen / damit man aus demselben durch allerhand Peinigung die Warheit brächte; auff welchen Befehl ich ganz unwirsch gefesselt / und wol verwahret ward. Ich hingegen suchete auff allerhand weise mein Leben zufristen / baht den Obersten sehr /mich zuhören / mit dem Versprechen / daß ich von allem was ich wüste / geträulich erzählẽ wolte; beklagete anfangs meines lieben Herrn Unfal / dessen mich von Herzen gejammert hätte / als dessen leibeigener Knecht ich währe / der mich aus Böhmen gefangen hinweg geführet / und zu seinem Gänse Hirten bestellet / biß vor etlichen Monaten das unzüchtige Weib in Erfahrung gebracht / daß ich spielen könte / daher /grössere Kosten zumeiden / sie mich vor ihren Spielman gebrauchet; und als ich hierauff befehlichet ward / des Weibes Leben und Wandel zuerzählen / entschuldigte ich zuvor meinen Herrn / und daß er nicht vermocht hätte / des frechen Weibes Boßheit zuhintertreiben; hernach zeigete ich an / daß alle Leibeigene und ander Gesinde / wenig ausgenommen (die ich nahmhafftig machete) ihrem Herrn unträu gewesen /und es mit dem losen Weibe gehalten hätten / welche ihn nicht als einen Ehe Herrn / sondern recht hundisch gehalten; brachte auch ungescheuhet hervor / was ich mit meinen Augen selbst gesehen / und mit meinen Ohren angehöret hatte / und nennete acht abwesende /welche alle mit ihr Unzucht getrieben / ob sie gleich ihre Ehweiber hätten. Die Magd / welche zur Altfrau gesetzet wahr / widersprach mir hefftig: Ihre Frau währe ehrlich und from / und alles von mir schändlich erlogen. Ich dagegen zeigete an / daß eben diese die rechte Kuplerin währe / und an dem Verbrechen [932] die gröste Schuld trüge / daher man sie feste band / und biß auff ihres Herrn Wiederkunft verwahrete. So bald dieser zu Hause kam / und seines Bruders Rache (welcher noch gegenwärtig wahr) in Erfahrung brachte / wahr ihm solches sehr lieb / bekräfftigte meine Reden / und ließ die Magd peinlich fragen / welche dann alles gestund / und von dem Obersten seinen zehn Kriegsgurgeln den ganzen Tag preiß gegeben ward / hernach ließ er sie in die HaußTühr auffhenken / und die andern ungeträuen Dienstbohten nidermachen. Jezt / gedachte ich / währe es Zeit / umb meine Freyheit anzuhalten / hätte sie auch ohn zweifel erlanget / wann nicht der Oberste gar zu grosses belieben zu meinem elenden Spielwerk bekommen hätte; dann ich gab mich bey meinem Herrn an / und hielt ihm vor / weil wegen meiner Leibesschwacheit ich ihm wenig nützen könte / möchte er mich mit der Freyheit ansehen; ja / sagte ich / weil ich seine redliche Frömmigkeit nunmehr gnug erkennet hätte / wolte ich nicht unterlassen / ihm meinen eigentlichen Zustand zuentdecken / wie nehmlich ich kein Böhme / sondern ein Windischer Freyherr währe / von grossen Mitteln und Reichtuhm; wann er nun Lust hätte mit mir zuzihen /wolte ich ihn Zeit meines Lebens als einen Bruder halten / und ihm ein statliches LandGut verehren / ja alle meine Wolfahrt mit ihm gemein haben. Welches dieser ihm sehr wol gefallen ließ / und mir alles nach Willen versprach; jedoch fingen wirs leider nicht klüglich gnug an / weil ausser Zweifel mein frommer Gott / den ich dazumahl noch nicht kante / mich noch etwas besser in die Leidens Schuele führen wolte. Dann mein Herr meldete seinem Bruder an / daß er willens währe / mich einen gebohrnen Wenden mit der Freyheit zubegnaden / weil ich ihm so träulich gedienet hätte. Derselbe aber / wie er dann ein über alle masse verwägener frecher Mensch war / gab ihm mit grimmigen Geberden zur Antwort / Er solte das Maul halten / und solcher Gedanken sich begeben / oder er wolte uns alle beyde niderhauen. Ich hörete solches an / und flehete dem Obersten demühtig / sich nicht zueifern / massen ich willig und bereit währe / seines Willens zuleben. Das hieß dich dein Glük sprechen / antwortete er mir / und gedenke nur nicht / daß du aus meinem Dienst kommen werdest / weil ich lange nach einem solchen Spielmanne getrachtet habe; brach auch bald auff / und führete mich mit sich / hielt mich auch sehr unbarmherzig / daß ich mir offt den Tod wünschete / und es vor unmöglich achtete / mein Königreich wieder zu sehen / daher mir zuzeiten die Gedanken einfielen / ich wolte mich etwa vor einen vom Adel bey ihm angeben / ob ich etwas gelinder möchte gehalten werden; aber als ich gleich des vorhabens wahr / vernam ich ohngefehr aus seinen Reden / wie gehässig er dem Adelstand währe / würde mir also noch eine schärffere Ruhte zu meiner Straffe gebunden haben. Muste demnach in grosser Geduld und kleiner Hoffnung diesem frechen Menschen ein Jahr und 31 Wochen meine Dienste leisten / welche diese wahren: Die Mahrställe reinigen / Pferde und Ochsen tränken / und vor andern Knechten die unflätigste Arbeit verrichten; das wahr mein Tagewerk; hernach wann das andere Gesinde sich zur Ruhe legete / muste meine Sakpfeiffe wache und munter seyn; dann mein Oberster wahr ein Erz-Schwelger / schlief des Tages /und soff des Nachtes mit seinen Zech-Brüdern / daß ich offt in zehn Tagen die Kleider nicht vom Leibe zihen durffte. Es fand sich einsmahls ein ander Oberster seines gleichen bey ihm / welcher einen sonderlichen Grol auff mich warff / und mich mit meiner Sakpfeiffe vor seinen Augen nit leidẽ mochte / [933] begehrete demnach an meinen Herrn / mit ihm umb mich zu spielen / und gegen mein Häupt acht Kronen auffzusetzen; als nun mein Herr ihn fragete / ob er sonderliche beliebung zu nur trüge / und dieser freche Bube zur Antwort gab: Ja er hätte Lust / mich am Galgen bammeln zu sehen / wolte dannoch mein Herr / ohnzweifel durch Gottes sonderliche schickung / darein nicht willigen / sondern befahl seinem Leibdiener /mich hinweg zu schaffen / biß sein Gast seinen Abzug genommen hätte; also ward auch dißmahl mein Leben gerettet / welche Gnade meinem Herrn zuvergelten /ich auff diese Weise bedacht wahr.: Es hatte meiner Mitknechte einer / ein gebohrner Mantuaner und abgefeimter Dieb / meinem Herrn den Geldkasten heimlich auffgediedrichet / und einen guten Schaz daraus genommen / welchen er im Pferdestalle vergrub / der Meynung / ihn heimlich wegzubringen. Ich lag in einem finstern Winkel / und ward durch seine Arbeit vom Schlaffe erwecket / sahe seinem wesen zu / uñ gedachte mir solches zu nütze zu machen / deswegẽ ich zu meinem Obersten mich verfügete / und ihm den Diebstahl anzeigete / weil ich schuldig währe / sein bestes zuwissen / und seinen Schaden zuverhüten; möchte nur nachgraben aben lassen / und ferner nach seinem willen schaffen. Er lieff selbst mit mir hin /befahl alsbald den Dieb zu greiffen / und mich nachgraben / funden das gepregete Gold in zimlicher menge / und meinete ich nunmehr den Nahmẽ eines geträuen Knechtes verdienet zu haben / da ich umb ein Haar als ein Dieb hätte sterben müssen; dann dieser gottlose Tähter nach ausgestandener Peinigung /gab an; er und ich zugleich hätten diesen Diebstal verrichtet / so daß er das Gold gelanget / und ich auff der Huht gestanden / damit wir nicht dabey ertappet würden; und nachdem er mir auff mein begehren nicht hätte wollen die Halbscheid / sondern nur den Vierdenteil davon geben / hätte ich ihn des Diebstahls angeklaget. Ehe ich michs versahe / ward ich in Ketten und Banden gelegt / und als ich merkete / daß man die Folter zu meiner Peinigung fertig machete / begehrete ich mein Verbrechen zu wissen; welches mir alsbald vorgehalten ward / und ich meine Unschuld mit hohen beteurungen anzeigete / auch / daß ich solche klärlich dartuhn wolte / wann mir mein Herr der Oberste nur so viel Gnade erzeigen / und mich vor sich lassen würde. Die mich peinigen solten / wahren meine Mitknechte / und mir ganz ungewogen / aber doch durften sie mir solches begehren nicht versagen / und meldeten es dem Herrn / welcher mich vor sich bringen ließ / uñ im Zorn mich also anfuhr: Du alter krummer Schelm / du hast den Diebstahl verrahten / nicht aus träue gegen mich / sondern daß du dessen nicht so viel hast gemessen können / als du gewolt hast / darumb mustu mit deinem Gesellen gleiche Straffe ausstehen. Ich fing an / mich ganz demühtig zuentschuldigen / und baht durch alle Götter / mein Herr möchte mich unschuldigẽ nicht übereilen / ich wolte ihm meine Unschuld / und des Diebes falsche bezichtigung handgreiflich vor Augen stellen / oder die allergrausameste Straffe ohn einzige Gnade gerne über mich nehmen. Wo durch er sich dann in etwas besänftigen ließ / und mir Freiheit gab / mein bestes zu tuhn; ich aber darauff untertähnig baht / daß der Tähter von unverdächtigen Leuten möchte befraget werden / auff welche Zeit / und zu was Stunde er das Geld entwendet hätte; da schicken es nun Gott ganz gnädig / daß er eine solche Zeit uñ Stunde nahmhaftig machete / daß ich durch meines Herrn Zeugnis selbst darlegete / ich hätte ihm dazumahl zwölff Stunden aneinander auffgewartet / und keinen Fuß aus dem Gemache gesetzet. Der Dieb ward darauff zum andernmahle [934] gefoltert / da er seinen boshaften Anschlag bekennete / und meine Unschuld bekräftigte / ward deswegen ganz jä erlich getödtet / klein zerhacket / und den Fischen zur Speise in den Teich geworffen; mir aber gab der Haußverwalter (der mir gleichwol nicht sonderlich günstig wahr) auff befehl ein neues Kleid von groben Tuch / und etwas leichtere Dienstketten als die vorigen / mit der Erinnerung / ich solte fleissige Aufsicht haben / was die Knechte tåhten / und es meinem Herrn geträulich vorbringen / deß solte mir zu zeiten etwas bessere Speise als den andern gegeben werden. Woraus ich wol verstund / daß ich umb meine Freiheit nimmermehr würde anhalten dürfen /hatte auch diesen Schaden vor meine Tråue / daß die anderen Knechte ingesamt einen ganz grimmigen Neid auff mich worffen / mir kein gut Wort gaben /sondern als einen Verrähter und Augendiener mich verflucheten / und zu unterschiedlichenmahlen mir nach dem Leben stunden / daß mich selbst hoch wunder nimt / wie ich ihren nachstellungen habe entgehen können. Man hat mich ins Wasser gestossen; man hat mich ins Feur gejaget / man hat von oben herunter grosse Steine und schwere Bäume auff mich geworffen / aber nie bin ich beschädiget worden. In diesem Stande lebete ich / biß man Böhmen einzunehmen das erste Heer samlete / da mein Oberster mit fort muste / welcher auch im lezten Treffen sol geblieben seyn. O wie gerne währe ich mit gelauffen; hielt auch einsmahls darumb an; aber es ward mir mit einem Gelächter abgeschlagen; ob ich lust hätte die Verwüstung meines Vaterlandes anzusehen? oder ob ich gedächte davon zu lauffen / und dem Bömischen Könige vor einen Feld Herrn zu dienen. Worauf ich antwortete; ich währe eigentlich kein Böhme / sondern ein Wende / wie meines Herrn Bruder würde bezeugen können; doch baht ich umb verzeihung meines unvorsichtigen begehrens / welches nicht / als aus begierde / meinem lieben Herrn auffzuwarten / geschehen währe / welche schmeicheley mir doch die Freyheit mitzuzihen / nicht erhalten wolte; doch weil vor weniger Zeit ich meinem Herrn klagete / wie heftig alles Gesinde wegen meiner träuen Dienste mir nach dem Leben stünden / ward ihnen allen und jeden bey straffe des abscheuhlichsten Todes gebohten / sich an mir nicht zuvergreiffen. Dieses / bekenẽ ich / gab mir etwas Luft / daß sie nicht durften / was sie wol schon mochten beschlossen haben. Die Frau währe insonderheit meiner gerne abe gewesen / wann sie vor ihren Herrn sich nicht gescheuhet hätte / dann sie trieb den unzüchtigen Handel ja so stark als ihre ehemahlige Schwägerin / nur dz sie den Schalk besser verbergen /und im Winkel spielen kunte; hatte in erfahrung bracht / daß ich von jener alles nachgeschwatzet / und fürchtete sehr / ich würde es nicht besser machẽ /daher ich selten in das Wohnhauß gelassen ward / ohn wann sie allein wahr / und ich ihr auf der Flöte oder Schalmeie eins auffmachen muste / wodurch ich noch etwas Gnade erwarb / und sie selbst mir Schuz hielt wieder meine gehässigen / nach dem ich mich erboht /ihr in alben dingen geträu zu seyn / und mein Leben viel lieber als ihre Gnade zuverlieren. Als nun endlich die liebe Sonne mein Elend lange gnug angeschautt hatte / und der allerhöchste mir unbekante Gott sich über mich erbarmen wolte / ward durch das Königreich aus gebreitet / was gestalt die Schlacht verlohren / der König mit allen vornehmsten Obersten gefangen / das Kriegsheer mehrenteils erleget / und die übrigen zu Leibeigenen gemacht währen / da stund es trauen noch am allergefährlichsten um mein und aller leibeigenen Böhmen / Teutschen und WendenLeben; man fing schon an zuruffen / es müste die Rache gesucht werden / [935] wie man best könte; man solte alle leibeigene Böhmen / Teutschen / und Wenden (dañ man meldete / daß auch die Wenden dem Feinde hülffe getahn) durch die allergrausamste Pein hinrichten / und zweifele nicht / es werden ihrer eine zimliche Anzahl in der erster Eiferhitze elendig gnug auffgerieben seyn / und begunten meine Feinde mir schon zu dräuen /daß ich nicht 24 Stunden mehr ein Verrähter / Fuchsschwånzer und Verleumder seyn solte / daher ich fast nicht zweifelte / ich würde nun an den Todes Reihen müssen / und wahr mein einiger Wunsch / daß ich nur eines gelinden Todes umbkommen möchte; aber was taht der grosse Erbarmer? es ward unversehens an allen Orten und Enden ausgeruffen / daß alle und jede Bömische / Teutsche / Wendische / Dänische / uñ andere Leibeigene mehr / auch sonst Gefangene aus solchen Landschaften / bey Leib und Lebensstraffe /auch bey verlust Ehre und Güter solten allerdinge ungescholten / unbeschimpfet und ungekränket bleiben /auch nicht allein alsbald und ohn entgelt frey und loßgelassen / sondern überdaß mit neuen Kleidern und nöhtigen Zehrungskosten biß nach Prag versehen werden. Ich hatte schon durch fleissige Nachfrage erfahren / auch aus meines Obersten Gespräch mit andern Pannoniern / verno en / daß der junge Bömische König aus weit abgelegenen Ländern wieder zu Prag angelanget währe / und man sein Reich anfallen wolte / den empfangenen Schimpff und Schaden zu rächen und einzubringen / daher ich manniche Nacht in Nachdanken verzehrete / obs dann nicht möglich währe / einen Weg der Freyheit zu finden. Ich habe vergessen anzuzeigen / daß zeitwehrendes Krieges es mannichen Böhmen und Teutschen den Hals gekostet / wann Zeitung kam / daß die Pannonier abbruch gelitten / und den kürzern gezogen hätten; wie ich dann etliche begebnissen erzählen könte / daß wann Eltern erfuhren / daß ihre Kinder; wann Weiber erfuhren /daß ihre Männer; wann andere erfuhren / daß ihre Anverwanten oder sonst andere gute Freunde drauff gangen währen / die Bömische Leibeigene / als währen sie die Todschläger gewesen / ganz grausam ermordet sind / zweifele auch nit Gott hätte mich durch ein Wunderwerk seiner Almacht erhalten müssen / dafern mein Oberster im anfange des Krieges hätte sollen sein Leben einbüssen. Als mir nun obgedachte erfreuliche Zeitung zu Ohrẽ kam / wuste ich nicht / ob ich mehr über meine Freiheit / oder des Vaterlandes uñ meines H. Sohns glükseligkeit mich erfreuen solte; machete mich hin zu meiner Frauẽ / eriñerte sie des Königlichen uñ ganzen Landes ernstlichen befehls /nicht mit knechtischer furchtsamer Rede / sondern mit unerschrockenem Herzen / begehrete auch / daß sie mir Zehrungskosten zustellen uñ die Ketten der Dienstbarkeit abnehmẽ solte / damit ich mein liebes Vaterland erreichẽ möchte / uñ müste sie nunmehr wissen / dz ich des allervortreflichstẽ Bömischẽ Adels meinem herko en nach währe / sie aber uñ ihr Mañ eines solchẽ Dieners uñ Leibeigenẽ allerdinge unwirdig; über welche Worte sie sich heftig erzürnete / so dz sie den Eifer nit allerdinge bergen kunte / uñ mit den Gedanken umging / mich die folgende Nacht durch ihre Knechte im Schlaffe erwürgen zulassen; dessen sie sich doch wegẽ des algemeinẽ ernstlichen Befehls nicht durffte merken lassen / sondern mit zimlicher Freundligkeit zu mir sagete: Mein guter Bolesla (also nante ich mich die ganze Zeit meiner Leibeigenschafft) warumb habt ihr doch meinem Obersten euren Stand nicht zeitig entdecket / daß er euch nach Wirdigkeit hätte halten mögen? ihr wisset / daß ich euch kein Leid zugefüget / sondern allemahl gewogen gewesen bin / welches ich auch anjezt wil sehen lassen; gab mir darauff [936] ein ledernes Ritterkleid / ein Pferd mit allem zubehör / und 90 Kronen Zehrgeld /mit angehengeter Bitte / da etwa ihr Oberster annoch im Leben seyn würde / nach meinem Vermögẽ ihm zur Freyheit zuverhelffen / welches er mit gnugsamẽ Dank ersetzen solte. Wer hätte unter diesem Schaffspelze des Wolffes sich vermuhten können? mir gefiel ihr Vornehmen sehr wol / bedankete mich der Hülffe /und verhieß ihr / ihren Obersten unfehlbar auff freyen Fuß zustellen / wo er sonst noch lebete / auch das geschenkte Pferd dergestalt einzubringen / daß sie meine Dankbarkeit in der Taht empfinden solte. Dem Haußverwalter dankete ich vor zimliche Gewogenheit / die er mir zu Zeiten hätte sehen lassen / und wann sie bestendig gewesen und von Herzen gangen währe /wolte ich ihm dieselbe höher vergelten / als er sichs einbilden möchte; die anwesende Knechte aber redete ich in ihrer Frauen Gegenwart also an: Ihr Leibeigenen / die ihr mir unschuldigen alten Manne / ohn einige Ursach dergestalt nach Leib und Leben gestanden /daß mich nichts als der gütigen Götter Vorsorge vor eure teuflische Boßheit geschützet hat; ich wolte gar leicht es bey meinem Könige dahin bringen / daß ihr alle mit einander durch grausame Pein soltet gestraffet werden / aber weil ich viel zu ädel und hoch bin / daß ich an leibeigenen Knechten solte Rache suchen / wil ich alles der Vergessenheit befehlen / und euch dem Himmel zur Straffe überlassen. Es sahe mich der Schelmen keiner an / sondern gingen davon / als hätten sie meine Worte nit verstanden. Es hatte aber die Frau einen Säuhirten / einen grundfrommen Mann /welcher mir oft ein Stük Brod mitgeteilet / auch mit alten Schuhen mich zu Zeiten versehen hatte / demselben gedachte ich seine Guttaht zuvergelten / ging zu ihm in seinen Stal / verehrete ihm 10 Kronen / und gab ihm den Anschlag / er solte mit seinem Sohn des Nachtes heimlich davon lauffen / daß er die Böhmischen Grenzen erreichete / und meiner an einem gewissen Orte wahr nehmen / dann wolte ich ihm sein Freundes Herz und die mir erzeigete Guttaht dergestalt belohnen / daß er Zeit seines Lebens alles vol auff / als ein grosser Herr / haben solte. Dieser ließ einen schweren Seuffzen auß / sahe mich mit betrübeten Augen an / und schauete umher / ob auch jemand unser Gespräch anmerkete / hieß mich hinterst in den Stal folgen / und nach wiederhohletem Seuffzen sagete er: Mein lieber Bolesla (anders weiß ich euch noch nicht zu ehren) ich erfreue mich eurer Freyheit von Herzen; aber wollet ihr derselben geniessen / so bleibet ja keine Nacht bey uns / oder ihr werdet Böhmen nimmermehr betreten / dann der Tod gehet euch auff den Versen nach; alle unsere Knechte haben von unser Frauen Befehl euch zuerwürgen / und wisset ihr ohn das / wie hässig euch alles Gesinde ist / darumb nehmet euer selbst wahr; es ist eine algemeine Verschwörung geschehen / vor Mitternacht euch zuerwürgen. In der gemeinen Schenke nahe beim Tohr halten sich über 300 freygelassene Böhmen auff / verfüget euch dahin / so seyd ihr sicher / und hohlet das Pferd in gnug starker Begleitung nach; ich wil eurem Begehren gehorchen / und mit meinem Sohn (der ein Knabe von 19 Jahren wahr) in diesen verwirreten Zeiten wol davon kommen / wie ich dann weiß / daß viel tausend Leibeigene davon zulauffen sich nicht sparen werden; eure Woltaht / die ich nicht verdienet / wil ich nit außschlagen / und begehre nichts weiters / als nöhtigen Unterhalt nebẽ der Freyheit. Er trat hierauff etliche Schritte von mir / hohlete mir aus einem Winkel ein Beutelchen mit 40 Kronen / taht die ihm von mir geschenketen darzu / und sagete; da mein Herr /nehmet dieses / alle meine Baarschafft / [937] die ich in 20 Jahren sehr kärglich ersparet habe / unb tuht euch damit auff der Reise gütlich / an der Vergeltung zweifele ich / eurer Auffrichtigkeit nach / nicht im geringsten. Ich dankete ihm herzlich mit einem umfahen /wegen der geschehenen Warnung und mitgeteileten heilsamen Rahts / wolte auch das Geld nicht außschlagen / sondern als ein Erinnerungs Zeichen / was ich ihm schuldig währe / sagte ich / nahm ichs zu mir; schliech aufs heimlichste hinweg / daß kein Mensch unsers Gesprächs inne ward / und machete mich hin nach den versamleten Böhmen / denen nach getahner Begrüssung ich anzeigete / ich währe ein vornehmer ädler Böhmischer Landsasse / hätte mannichen sauren Apfelbiß in meiner Gefängniß und Leibeigenschafft verdäuet / und wolte in ihrer Geselschafft mit fort zihen / hoffete / sie würden mich als einen Landsmañ annehmen / der sich auffrichtig erhöhte / ihnen allen und jeden bey dem Böhmischen Könige eine sonderliche Gnade zuerhalten. Sie bedanketen sich dessen dienstlich / bahten mich / die ungemåssene Hauptmanschafft über sie anzunehmen / und mich von ihnen bedienen zulassen; da hingegen ich mich erboht / mit ihnen als ein Spießgesell zuleben. Nun wahr ich nicht Willens / das geschenkete Pferd abzulangen /noch meine ehemahlige Frau wiederzusprechen; aber das verschlagene Weib / so bald sie meines hingehens berichtet worden / sendete ihre Leibmagd zu mir / andeutend; sie hätte ihre besten Freunde zu gaste geladen / um daß sie mit mir lustig sein solten / bähte demnach / ich möchte mich alsbald einstellen / und mit ihrem guten willen zum Abscheide vorlieb nehmen. Ich ließ ihr wegen geschehener Einladung dank sagen / und mich entschuldigen / daß zwar nach ihrem Begehren ich diesen Abend ihr nicht könte Geselschaft leisten / jedoch wolte ich sie vor meiner Abreise sprechen. Sie dieses vernehmend / hatte alsbald gefürchtet / ich müste von irgend einem ihres Volks gewarnet seyn / welche sie alle vor sich kommen lassen / und ihre Unträue ihnen vorgehalten / dessen sich aber niemand schuldig geben wollen / biß einer angezeiget / der Säuhirte und sein Sohn liessen sich ja nirgend finden / hätten vor drey Stunden vorgegeben / es währe ihnen gestriges Tages ein Schwein ausse blieben / welches sie suchen müsten / fürchteten sehr / er würde den Anschlag verrahten / und wol gar in seine Geselschafft sich begeben haben. Worauff sie dann alsbald ihren Haußverwalter an mich schickete / der in ihrem Nahmen mir vortrug: Sie hätte nicht vermeynet / daß ich in meinem angemasseten Adelstande ihr eine solche Undankbarkeit erzeigen / und ihre Knechte abspenstigen wollen / solte alsbald ihren Säuhirten und dessen Sohn ihr wieder zustellen / als welche weder Böhmen noch andere freygemachte währen; wo nicht / wolte sie mich bey der Obrigkeit anklagen /daß ich als ein Verführer ihres Volks am Leben solte gestraffet werden. Ich hingegen hielt vor gewiß / des Säuhirten Warnung währe verrahten / uñ hätte sie denselben durch peinliche Frage zur Bekäntniß gebracht / oder wol gar schon erwürgen lassen / suchete auch durch diese Werbung mich in Lebensgefahr zubringen / deßwegen dann guter Raht bey mir sehr teur wahr / und hielt ich den Abgeschikten mit guten Worten hin; ich wüste von ihrem Säuhirten nichts zusagen / möchte etwa seiner Handtierung nach ausgangen seyn / daher sie mich des Verdachts erlassen / und in erzeigerer gewogenheit verbleiben würde. Klagete hernach meinen Landsleuten / wie man mir nachstellete / und begehrete / daß sie ingesamt mit mir nach dem Amtman des Orts gehen möchten; wozu sie alle geneigt und willig wahren. Demselben nun taht ich zu wissen / daß ich ein [938] Wolgebohrner von freyem Adel /und ehemahls Königl. Böhmischer geheimter Raht und Drost gewesen währe / hoffete / man würde an mir Königl. Pannonischen Befehl nit brechen / sondern wider Gewalt mich schützen / insonderheit / weil ich schon einen geträuen Menschen (dieses tichtete ich zu meiner Versicherung) nach Böhmen ablauffen lassen / welcher meinem Könige / daß ich annoch im Leben währe / anmelden solte; begehrete endlich die Oberstin in gebührliche Straffe zunehmen / und sie andern zum Beyspiel ernstlich anzusehen / als welche mich zuerwürgen / alle Macht anwendete; erboht mich dagegen / dafern der Amtman einen nahen Verwanten oder sonst guten Freund unter den gefangenẽ Pannoniern hätte / ich ihm denselben ohn Entgelt auff freyen Fuß stellen wolte. Dieser entsetzete sich des Vorbringens / hatte ohn mein bewust eine geraume Zeit mit meinem Obersten in Uneinigkeit gelebet / baht / ich möchte meiner Anklage einigen Beweißtuhm führen /alsdann solte das Weib mit allen ihren Helffers-Helffern am Leben gestraffet werden; gab mir auch auff mein begehren 15 bewehrter Knechte zu / mit denen meine ganze Geselschafft und ich / nach der Obristin gingen / und bedräulich begehreten / man solte alsbald den Säuhirten nebest seinen Sohn loßgeben /oder der gewaltsamen Errettung gewärtig seyn. Aber er wahr schon über mein vermuhten davon gangen /welches ich mir nicht wol einbilden kunte / wahr sonst verwirret gnug / was gestalt ich das Weib des mördlichen Anschlages überzeugen könte; endlich ließ ich einen mir sehr ungewogenen Knecht gefangen nehmen / die Obristin aber mit ihrem ganzen Gesinde verwahrlich halten / und den Gefangenen nach dem Amtman führen / der ihn auff meine Verantwortung peinlich befragen ließ / und den Anschlag alsbald erfuhr / daß ihr ganzes Hauß / niemand ausgenommen /dessen gute Wissenschafft hätte. Also wurden noch andere fünff ihrer Knechte samt der Leibmagd hergehohlet / die ohn angelegte Pein / bloß durch Bedräuung geschrecket / eine gleichmässige Bekäntniß tahten; Worauff der Amtman mit mir nach der Frauen ging / ihr solche Boßheit vorhielt / und daß sie hiedurch nicht allein ihren König / sondern das ganze Vaterland in unwiederbringliches Verderben würde gesetzet haben / daher sie ihr Leben verwirket hätte /und mit ihrem ganzen Hause sich zum Tode solte gefasset halten. Diese Urtel ging ihr hart ein / aber da halff keine Ausflucht; Sie ward öffentlich angeklaget /mit ihren Leuten ganz grimmig erwürget / ihre Güter eingezogen / und von ihrer Baarschafft / die sehr groß wahr / meinen Gefärten 4000 Kronen / mir aber absonderlich gleich so viel zugestellet / mit angehengter Bitte / bey meinem Könige des Landes Gutwilligkeit zurühmen / ihres gefangenen frommen Königes Wolfahrt zubefodern / und seinen Bruder / da er noch im Leben seyn würde / meinem erbieten nach / loßzumachen; welches ich / wie ihr wisset / geleistet habe. Ich wahr gleichwol bemühet / dem Haußverwalter das Leben zuerretten / aber ich kunte es nicht erhalten /daher ich mir diesen Richter durch gar zu stränges an suchen nicht zuwider machen wolte. Meine empfangene Gelder aber teilete ich unter meine Leute aus /und brach des folgenden Morgens auff / da ich vor meinem Häuflein / welche alle neu gekleidet wahren /her ritte / in so unaussprechlicher Vergnügung / als ich nie Zeit meiner ganzen Beherschung mich befunden habe. Auff der Reise muste ich durch meines ersten Herrn Dorff zihen / welchen ich ansprach / ihm seiner Schwägerin Untergang (die ihn gar nicht leiden kunte) anmeldete / und mich alles gutes gegen ihn erboht / insonderheit / [939] daß er seines Bruders statliches LandGut erblich haben solte / welches ihm auch worden ist. Auff der Grenze traff ich meinen geträuen Säuhirten an mit seinem Sohn / erzählete ihm allen Verlauff / und nam ihn mit mir / habe ihm auch / wie bekam ist / seinen Unterhalt vermachet / daß ihm nach seiner vorigen Bedienung nicht verlangen wird /wie dann meine damahlige ganze Geselschafft von mir ihrem Hauptman also begnadet sind / dz ihnen genügen kan. Sehet / meine Allerliebsten / also hat mich mein Gott durch viel und manniche Lebensgefahr / doch endlich noch wiederumb gerettet / und die Schande von mir gnädig abgekehret / wovor die ganze übrige Zeit meines Lebens / die ich mir kurz wünsche (sie wehrete auch nur noch drey Jahr) ich mit danken /loben und preisen / ihm zuehren / zuzubringen gedenke. Nachdem ich nun aber ein herzliches Verlangen trage / meiner geliebeten Kinder Lebenslauff anzuhören / wird meine Fr. Tochter unbeschweret seyn / mir solches ausführlich zuerzåhlen. Valiska gab ihm zur Antwort: Herzallerliebster Herr Vater; ob ich mir gleich seine ausgestandene Leibeigenschafft schlim und beschwerlich gnug eingebildet / so hätte ich doch nimmermehr gedenken können / daß sein Jammer dergestalt überhäuftet gewesen / und er also auß einer Lebensgefahr in die andere gefallen währe. Aber Gott sey ewig Lob / die Ruhte ist dannoch väterlich / und also nüzlich und heilsam gewesen; ja sie ist / wie wir hoffen und trauen / zubrochen und ins Feur geworffen; und wann wir werden im Glauben und in der Gotseligkeit verbleiben / alsdann wird uns Gott nach diesem sauren Essige und bittern Wermut / den allersüssesten und erquiklichsten Wein seiner Woltaht uñ inniglichen SeelenWollust reichlich einschenken / daß es uns nicht wird mangeln müssen an irgend einem Gute. Die Erzählung aber / von ihren mañicherley Begebnissen / versparete sie / weil es schon zimlich spähte wahr / auff den folgenden Tag / über welche ihr Herr Vater und die andern Könige sich nicht wenig verwunderten. Wenig Tage hernach stellete sie ein Freyschiessen an / bey welchem auch Batis (der mit Fürst Mazeus kommen wahr) sich mit übete. Es wahren 100 Ziele gesetzet / und solche in vier gleiche Ordnungen geteilet; Nach den ersten fünff und zwanzigen solten die Bauren; nach den andern die Bürger; nach den dritten die ädlen schiessen; bey der vierden und lezten Ordnung ward niemand / als Fürsten / Grafen und Herren zugelassen. Der schlechteste Gewin in der nidrigsten Ordnung / wahren 4 Kronen / der höchste aber 100 Kronen / so daß immer der folgende Gewin vier Kronen höher als der vorhergehende war /und alle Gewiñ dieser ganzen Ordnung 1300 Kronen macheten. In der andern Ordnung wahr der unterste Gewin 8 Kronen / der höchste oder fünff und zwanzigste 200 Kronen / und wahr stets der eine acht Kronen höher als der andere / daß alle Gewiñ dieser Ordnung 2600 Kronen außtrugen. In der dritten Ordnung wahr der schlechteste Gewin 12 Kronen / der beste 252 / und wahr jeder Gewin seinem vorigen mit 10 Kronen überlegen; macheten alle Gewiñ dieser Ordnung 3300 Kronen. Die vierde und höchste Ordnung hatte zum kleinesten Gewin 150 Kronen / und wahr jeder Gewin nach der Reihe mit 30 Kronen vermehret / biß an die ersten zwanzig. Die fünff lezten dieser Ordnung wahren höher auffgesteigert / massen der geringste auff 800 Kronen / der ander auff 1200; der dritte auff 2000 / der vierde auff 3300; der fünffte und lezte auff 20000 Kronen gesetzet wurden / dz diese vierde Ordnung 36000 Kronen austrug / und alle hundert Gewinne dieses Freyschiessens sich auff 43200 Kronen [940] belieffen. Es funden sich 750 Bauren bey dem Schieffen; Ihre Ziele wahren grosse schwarze Scheiben / in deren Mitte ein weisser Flecken wahr / und steckete ein Ziel immer weiter als das ander. Die Bürger hatten hölzerne Vögel auff Stangen in die Höhe gerichtet / von ungleicher Grösse und Höhe / und funden sich dabey in die 1000 bürgerliche Schützen. Der ädlen Ziele wahren hölzerne Reuter / die auff kleinen Rädern stets hin und her gezogen wurden; auff der Brust wahr ihnen ein güldenes Herz gemahlet / nach welchem sie zielen musten; dabey funden sich 550 ädle mit ihrem Schießzeuge. Der Fürsten und Herren Ziele wahren 25 Vögel mit ausgespanneten Flügeln /die hoch an quehrstangen hingen / und an Rollen fortgezogen wurden / als ob sie in stetem Fluge blieben. Der erste Tag wahr den Bauren gegeben / die in gnug wüster Ordnung und unbendigem Geschrey ihrer übung nachsetzeten / und fand sich unter ihnen ein junger frischer Baurknecht / bräunlich von Angesicht und Haaren / der in fünff Schüssen / den 5 / 10 / 15 /20 / und 25sten Gewin davon trug. Jederman wolte wissen / wer dieser gute Schütze währe / und fand sich doch niemand / der ihn kennete / weil er vorgab /er währe von neun Jahren seines Alters her in Pannonien leibeigen gewesen / und hätte bey einem WildSchützen gedienet / auch würde sein Meister sich ohn zweifel bey dem Bürgerschiessen finden lassen / dann er hätte ihn gestriges Tages ohn gefehr in der Stad gesehen. Es verzog sich dieses BaurenSchiessen biß an den Abend / und funden sich nur zwölffe / die den Gewin erhielten. Zeit solches schiessens / und folgends die ganze Nacht durchhin biß an den hellen Morgen / ging das Gesöffe unter diesen Bauren fort /denen zur linken Seiten sich eine andere Bauren Geselschafft in die 4000 stark gesamlet hatte / welche bey der jungen Böhmischen und Teutschen Königin demühtig anhalten liessen / ob ihnen erlaubet seyn könte / ein Wette-lauffen uñ Wette-werffen unter sich anzustellen / wolten sie ihrer Obrigkeit und andern hohen Häuptern dadurch Kurzweil machẽ / welches ihnen nit allein gegöñet ward / sondern es wurdẽ an die 300 Lauf-Ziele / und 60 Werfziele gestecket / und bey jedem ein Gewin auffgesetzet / da allemahl ihrer sieben nach einem Ziel zugleich lauffen musten / und der so am ersten dasselbe erreichete / den Auffsaz erhielt. Da hätte man nun sollen eine Kurzweil sehen /massen / wo einer vor dem andern so nahe lieff / daß er ihn mit den Händen abreichen kunte / sties er ihn /daß er sich überwarff / und oftmahls mit blutigem Maule umbkehrete; insonderheit fand sich ein Kröppel / auff zween Krücken hinkend / welcher dieselben dergestalt in wunderlicher Hüpfart zugebrauchen wuste / daß er den einen Zweg vor seinen anderen Mitläuffern erreichete / worüber bey allen Zusehern ein grosses Gelächter entstund. Bey dem WerffSpiel gab es auch manniche Kurzweil ab / biß alle Gewiñ erhalten wahren / und sie sich je dreissig und dreissig umb ein Faß Bier legeten / biß sie es auff den lezten Tropfen abgestochen hatten; dann König Ladisla ließ ihnen solches volauff zuführen. Des andern Tages ging dz BürgerSchiessen fort / und ward mannicher Pfeil vergebens in die Luft nach den hölzern Gänsen geschikt / daß wol erschien / ihrer viel hätten des schiessens geringe erfahrung / doch wurden sie auch mannichmahl rechtschaffen getroffen / insonderheit von einem dikgeschwollenen Manne / der ein greises Haar und Bart / breite Schultern und kleines Angesicht hatte / mit Haar schier gar bewachsen; die Hände wahren ihm mit alten Lumpen bewunden / weil seinem vorgeben nach / sie räudig währen; sein Gang wahr so gebrechlich und unvermögen / daß [941] jederman gedachte / er würde wegen zittern seiner Beine niderfallen; und wann er den Bogen ergrieff / zitterten ihm die Hände als das Laub an den Bäumen / daß alle Zuseher sein spotteten / und Herkules zu Pharnabazus sagete; Wañ dieser etwas redliches treffen wird / mus mans bloß vor ungefehr rechnen. Dieser Alte sahe und hörete den durchgehenden Spot mit stilschweigen an /blieb in seinem angeno enen Ernste / und schoß nur nach dem allerweitesten Ziele / welches er allemahl traff / biß ers gar herunter warff / und der Zuseher Spot sich in eine Verwunderung verkehrete. Batis wahr mit in dieser Ubung / neben anderen Meden und Parthern / welche auch die meisten / und zwar alle vornehmsten Gewin davon brachten / nur daß ein Teutscher den vierzehnden / ein Pannonier den zwölften / und ein Franke den zehnden erhielt. Das Gesöffe / welches die Böhmen und Teutschen dabey trieben /wahr auch wüste gnug / wobey ihrer etliche blaue Augen davon trugen. Darauf folgeten des dritten Tages die ädlen / welche nicht geringen fleiß anlegeten / ihre Wissenschaft in dieser übung sehen zulassen / insonderheit die Meden und Parther. Batis war auch hieselbst zugelassen / und hielt sich wol / wie auch Neklam und Reichard; dann jener schoß den achzehnden und neunzehnden; der andere den achten und zwölften; der dritte den zehnden und vierzehnden hölzern Reuter mitten durchs Herz. Nach vierstündigem Schiessen kam ein Alter auff einer Sänfte herzu /ließ sich von zween Dienern herab heben / und in ein Zelt tragen; von Leibe wahr er dürre und hager / hatte einen langen schneweissen Bart / uñ im Gesichte /auch an Händen / wahr er voller Sonnenstecken; sein Diener gab ihn vor einen 84 järigen an / der noch von guten Leibeskräften währe / ohn daß er neulich am Zipperlein hart danider gelegen. Er ließ sich nach dem Schießstande leiten / zielete nach dem 21sten Reuter /und traff gewünschet; und weil die Freyheit in diesem Schiessen gegeben wahr / daß wer eines Ziels mittel getroffen / noch einen Schuß darauff hatte / biß er fehl schoß / machte er sich an die vier lezten auch / und erhielt sie alle in vier Schüssen / daß Herkules zu zweifeln begunte / wie es umb diesen Schützen eine beschaffenheit haben möchte. Die Teutschen und Pannonier wendeten allen fleiß an / einen Nahmen zuerlangen / aber es glückete wenigen / doch bekam Ekhard den 20sten. Es ward dieses Schiessen bey früher Tageszeit geendet / und gute zubereitung auff daß Fürstliche gemacht / welches des andern Morgens anging. Alle Anwesende junge Könige / Fürsten und Herren /an der Zahl 42 liessen sich hiebey finden / auch Valiska selbst / und ward Könige Mnata die Ehre gegeben / dem Schiessen den Anfang zu machen; der vor dißmahl vom niedrigsten anhueb / und es glüklich gewan / nehmlich eine Taube / die ein güldenes Ketchen umb den Hals trug. Diesem folgeten drey Teutsche Herren / deren zween nach dem andern Ziel vergebens schossen / und der dritte es herunter warff. Bubazes erhielt das dritte; Tyriotes das vierde. Nachdem fünften schossen drey Bömische Herren vergebens / biß es Prinsla erwarb. Neda rührete den sechsten Vogel /aber Leches bekam ihn. Ein Friese / zween Pannonier und ein Römer zieleten auff den siebenden / aber ohn wirkung / ein Franke traf ihn / aber er fiel nicht / Markus erlangete ihn endlich. Den achten Vogel bekam Fürst Mazeus / als ein Teutscher Herr / nahmens Wengist / auch Klodius / Bertram und Wedekind vergeblich geschossen hatten. Olaf erfreuete sich des neunden. Gallus und zween Friesen hoffeten den zehnden zuerlangen / aber ein Schwede / nahmens Biorn hatte dieses Glük. Hierauff trachteten zween Dähnen / ein [942] Wende / ein Gohte und ein Böhme nach eilften / aber er wahr Markomir bescheret. Fabius erlangete den zwölften; Arbianes den dreyzehnden; Pharnabazus den vierzehnden; Siegward den funffzehnden; Valiska den achzehnden / und Herkules den neunzehnden; damit wahr das erste umbschiessen geendiget / uñ noch sechs Vogel übrig. Nach dem 20stẽ schossen die erstgenanten fünff uñ dreissig umbsonst / wiewol er von Mnata / Tyriotes / Mazeus / Fabius und Olaf getroffen ward / und endlich Arbianes ihn davon brachte. Den 21stẽ bekam Ladisla; den 22 Valiska; den 23 Herkules. Nachdem 24sten (welcher eine Taube wahr / die in ihrem Schnabel einen Zaunkönig hielt / und nicht die Taube / sondern dieser muste getroffen werden) wolten Herkules und Valiska nicht mit schiessen / sondern den übrigen allen wurden jedem drey Schüsse auffeinander darnach gegönnet / aber keiner traff ihn / ohn von Arbianes und Baldrich ward er gerühret / aber von Siegward zimlich loß gemacht / endlich von Valisken herunter geworffen. Der Tag hatte hiemit seine endschaft / dz man umb den höchsten Gewin nicht schiessen kunte /daher auch die austeilung der erworbenen Danke auffgeschoben ward / und redete Ladisla über der Mahlzeit von den beyden alten Schützen / und dem jungen Bauren / welche in den vorigen Tagen den höchsten Preiß davon getragen hatten / denen er nachzufragen /und bessere Kundschaft von ihnen einzuzihen befahl; worüber Valiska sich des Lachens nicht enthalten kunte / und ihrer Libussen einen Wink gab; welche ihm antwortete: Gnädigster König / diese drey Schützen sitzen mit an diesem Tische / mit einem einzigen Rocke bekleidet. Herkules sagte darauff: So hat mein Schaz uns wieder geblendet / und unsere Verstellung bey dem Stechen vergolten? wie sie dann solches ungefraget bekennte; und dabey anzeigete / sie hätte nachgehends sich ein Gewissen gemacht / wegen der angenommenẽ Leibesschwacheit / und Gott im Herzen gebehten / ihr solche Leichtfertigkeit gnädig zuverzeihen. Alle Anwesende verwunderten sich der schlauhen verstellung / und sagte ihr Herr Vater zu ihr: Geliebtes Kind / wann du dich in dieser bürgerlichen Kleidung vor dem Wüterich Artabanus hättest finden lassen / würdestu vor seinen Liebes-ansprengungen wol gesichert blieben seyn. Ja / Gn. Herr Vater / antwortete sie; hätte in der Fremde es mir nicht an Mitteln gefehlet / wolte ich in gnug verächtlicher Gestalt mich / nicht nach Ekbatana oder Charas / sondern nach Padua oder Prag hingewendet haben; aber diß sind menschliche Gedanken / deren viel in der Lust verstieben; dann Gottes versehungen müssen doch vor sich gehen / welche keines Menschen Wiz hintertreiben / aber gleichwol durch ein fleissiges Gebeht und bußfertiges Leben sich der Staffen entzihen kan. Des nähstfolgenden Tages ging das Schiessen wieder an / wiewol wenige darzu Lust trugen / weil sie keine Hofnung zum Siege hatten. Das Ziel wahr ein kleines Vögelein aus festem Eisen gemacht / auff einer Stange unbewäglich / auf dessen Schwanze an der rechten Ecke ein rohtgefärbeter höltzener Meikefer saß / welcher ohn des Vögeleins beruhrung solte herunter geschossen werden / mit der Bedingung / wer das Vögelein oder die Stange treffen würde / solte 30 Kronen zur straffe erlegen / behueff der Armen die unter den Zusehern wahren. Nun wolte dannoch ein jeder lieber solche straffe erlegen / als gar nebenhin schiessen / daher etliche hundert Kronen auffkahmen /und ward sechsmahl herumb geschossen / ehe Herkules uñ Valiska sich mit gebrauchen liessen. Arbianes /Baldrich Siegward und Ladisla versucheten zwar ihr äussertes / aber der Kefer blieb unberühret / so daß[943] ihrer viel sich zur Wette erbohten / es würde diesen Tag nicht vollendet werden; endlich traten Herkules und Valiska mit herzu / und muste er wieder seinen willen den Vorschuß vor ihr nehmen / welcher ihm auch geriet / daß der Meikefer herunter flatterte / worüber sich niemand so hoch / als eben sein Gemahl erfreuete / daß sie zu ihm sagete: Mein schönstes Seelichen / jezt gehet mirs recht nach meinem Wunsche /daß diese Ehr euch zuteile wird / wie schlecht auch der Gewin mag gerechnet werden. Es entstund bey allem Volk ein so grosses Freudengeschrey / daß die Lust erschallete / in dem überal von jungen und alten geruffen ward:Glük zu dem siegreichen Könige Herkules / der zum höchsten Preise gebohren ist. Die Trömeter und Heerpauker liessen sich unangefodert mithören /und wolte ein jeder sehen lassen / daß er diesem Helden gewogen währe; nur er selbst ward darüber unwillig / verlachete nicht allein solche Eitelkeit in seinem Herzen / sondern straffete auch seine Valisken /daß durch ihre erzeigete Freude / wegen eines so liederlichen dinges sie dieses Frolocken verursachet hätte / und wunderte sich nicht wenig / wie sie doch über diese kindische Tohrheit so grosse Herzens vergnügung fassen könte. Welches sie beantwortete; Sie erkennete ihre schwacheit gerne / wüste auch / daß dieses alles nur eitel und nichtig währe / und daher bloß allein die Betrachtung des ewigen Gutes / dessen höchstes ZielGottes Gnade und Erbarmung ist / in unserm Herzen die wahre Freude erwecken solte; jedoch gestünde sie / daß sie in diesem Leben die Volkommenheit noch nicht ergriffen hätte / und / als der menschlichen Schwacheit unterworffen / auch zu zeiten von dem Irdischen sich reizen liesse; weil aber dergleichen Ubungen noch wol zugelassen währen /hoffete sie bey ihrem Gott des unzeitigẽ frolockens gnädige Vergebung. Nach vollendetem Freuden-geschrey traten Königin Sophia / Lukrezie / und Vanda /auch Fürstin Sibylla / Klara und Schulda herzu / liessen die Gewinne nachtragen / und überlieferten sie an behörige Orte mit sonderlicher Freundligkeit / da Herkules von Königin Sophien einen köstlichen grünen Kranz vor andern empfing / welcher seinen Gewin dem Stathalter Herrn Fabius zustellete / mit bitte / ihn unter die armen Christen zu Padua auszuteilen. Des folgenden Tages zwo Stunden vor der Mahlzeit trat Ekhard zu den Königen in den Saal / und meldete an / es währe ein elender Mensch in schlechten knechtischen Kleidern haussen vor dem Schlosse /welcher sehr inständig anhielte / eingelassen zuwerden / gäbe vor / er kähme aus Pannonien / und hätte bey König Herkules und Ladisla etwas zuwerben; das Angesicht währe an ihm sehr verfallen / sonsten sähe er dem ehemahligen Römischen Lehrmeister Tibullus nicht so gar unähnlich. Herkules sagete; der dürffte es wol seyn / da er noch am Leben ist / weil wir von der Zeit seines hinwegreisens nach Rom ganz keine Zeitung von ihm gehabt haben / uñ würde er sich in Italien sonst bey uns haben gemeldet. Weil ihm dann Herkules sehr gewogen wahr / wolte er die Warheit selbst erfahren / und als ginge er ohn das zur Lust umher /nahete er sich dem SchloßTohr / vor welchem dieser auf Antwort wartete. So bald er ihn sahe / kennete er ihn gleich / ließ sichs doch nicht merken / sondern ging vor ihm vor über; jener folgete ihm von seine /und weil er seines ehwahligen Schülers Angesicht sahe / wahr ihm solches annoch sehr wol bekam / eilete demnach / daß er ihm vorbeugete / und redete ihn also an: Großmächtigster König / gnädigster Herr: Eure Königl. Hocheit bittet ein ehmaliger geträuer Diener untertähnigst / sie wolle denselben [944] mit gnädigen Augen ansehen / ob etwa das außgestandene langwierige Elend denselben nicht aller Dinge unkäntlich /und sein Unglük ihn nicht gar unangenehm gemacht haben möchte. Herkules antwortete ihm freundlich; es kan seyn / mein Freund / daß denselben ich ehmals gekennet habe / weil ich mich aber in der Eile nicht zubesinnen weiß / wird er mir seinen Nahmen zunennen unbeschweret seyn. Eure Hocheit / sagte dieser /sihet ihren alten Diener Tibullus vor sich / welcher hoffet dero Gnaden zu seiner Sicherheit zugeniessen. O mein wahrer Freund / antwortete er / wie sehe ich ihn in so elender Gestalt? wolte ihn damit umfangen; er aber legete sich vor ihm nider seine Knie zu ümarmen; welches er doch nicht geschehen ließ / sondern huhb ihn freundlich auf und versprach ihm / alles sein Begehren nach Mägligkeit zuleisten. Und weil Gallus hinter ihm hertrat / befahl er demselben / ein gutes seidenes Kleid herzuhohlen; Klodius aber muste ihn mit sich in eine Herberge führen / woselbst Tibullus sich eilig putzen ließ / das Kleid anlegete / und mit beiden jeztgedachten nach dem Schlosse ging / woselbst Herkules im Vorhofe noch auff ihn wartete /hieß ihn daselbst auffs freundlichste von neuen wilko en / und muste er zu seiner Seite mit ihm nach dem Saal gehen / da Herkules zu Ladisla sagete: schaue lieber Bruder / unsern alten getrauen frommen Lehrmeister Tibullus / welchen ich in elender Gestalt ohngefehr angetroffen habe / und verhoffentlich des Vermögens seyn werde / ihm seinen angewanten Fleiß zuvergelten. Mein lieber Freund / sagete Ladisla / da er ihn freundlich empfing / er sey uns allen wilkommen / und versichere sich / daß ich seiner guten Unterweisung / als lange ich leben werde / unvergessen seyn wil. Tibullus demühtigte sich sehr / bedankete sich der hohen Neigung untertåhnigst / und wahr sein Herz mit der inniglichsten Vergnügung erfüllet / weil er sahe / daß sein Unglük nunmehr die Endschafft erreichet hatte / aber er ward wunderlich erfreuet / als er Herrn Fabius / Stathalter von Padua sahe / dessen Angesicht ihm noch bekant wahr / ging zu ihm hin / setzete sich vor ihm nieder auff die Knie / uñ fing also an: Durchleuchtiger Herr / ich bin den Römischen SchuzGöttern alles mein Vermögen / wie schlecht es auch ist / ganz schuldig / nachdem dieselben euer Gn. Angesicht mir noch vor meinem Ende haben wollen sehen lassen; bitte untertähnig / dieselbe wolle ihr geneigtes Herz mir unwirdigen wieder zuwenden / und mich ihren Knecht und Bastart Sohn Tibullus in Dienste nehmen. Was mein Sohn? sagte Fabius /bistu annoch im Leben? ja / bistu meines Herrn Schwieger Sohns Lehrmeister vor diesem gewesen? ja Gn. Herr / antwortete er / die Götter haben mich vor 16 Jahren auff einem Streift wieder die Teutschen / in Feindes Hände gegeben / welche mich zum Leibeigenen gemacht / da ich nachgehends das hohe Glük gehabt / den beiden Großmächtigsten Königen / Herrn Ladisla und Herrn Herkules auffzuwarten / deren Herr Vater und Vetter / der auch Großmächtigste König der Teutschen / Herr Henrich / mir vor ohngefehr 8 Jahren die ädle Freyheit zugestellet / und mich wol begabet nach Hause zihen lassen / bin aber auff den Römischen Grenzen von etlichen Pannonischen Räubern gefangen / vor leibeigen verkauft / und biß daher in überaus grossem Elende hart gestrafet worden /welches alles ich doch gerne vergessen wil / nachdem ich dieselben meine Gnädigste Herrn alhie beyeinander antreffe und sehe / denen ich mich selbstschuldig bin. Stehe auff mein Sohn / sagte sein Vater zu ihm /boht ihm auch die Hand / und taht ihm die gnädige Verheissung / er wolte ihn also halten / wie sein Herr Schwieger Sohn / König Ladisla [945] es ordnen und schaffen würde. Königin Sophia hörete dieses alles mit Verwunderung an / wuste sich zuerinnern / daß ihre Eltern Zeit ihrer Kindheit von ihrem Bastart Bruder Tibullus geredet hatten / und weil sie sahe / daß ihr Gemahl und Herkules demselben so gewogen wahren / ging sie zu ihrem Vater / und baht denselben demühtig / er möchte diesen seinen Bastart / der ja sein Fleisch und Blut währe / gnädig vor einen ehelichen Sohn ernennen / und ihm den Nahmen Fabius mitteilen / alsdann wolte sie ihm schon so viel Güter zuwenden / daß er seinen Stand wol führen solte / und währe bey Römischer Käyserl. Hochheit leicht zuerhalten / daß ihm der Bastart-Flecken durch deren Machtspruch abgewischet würde. Ladisla und der junge Fabius selbst hielten zugleich hierum an / und weil König Henrich und Herkules ihre Vorbitte hinzutahten / wahr der Stathalter willig / umfing ihn / uñ erklärete ihn biß auff Römische Käyserl. Einwilligung vor ehelich; welches unvermuhtliche hohe Glük ihn so verwirret machete / daß er so bald sich nit begreiffen /noch einige Antwort geben kunte; endlich fing er also an: Durchleuchtiger Herr Stathalter / Gnädiger Herr; ich erkenne mich aller Dinge unwirdig dieser hohen Ehr und Gnade / zu welcher die Großmächtigste Königin und Frau / Fr. Sophia / nebest ihren Herr Bruder / meinen Gn. Herrn mich befodert / und die Großmächtigsten drey Könige eingebehten haben / wünsche nicht mehr / als daß zur Behäuptung meines Gehorsams und hoher Vergnügung ich der eins Gelegenheit haben möge / vor ihre Durchl. welche meinen Gn. Herr Vater zu nennen ich mich untertähnig erkühne /mein Blut und Leben aufzuopffern. Ladisla wünschete ihm zu diesen Ehrenstande Glük / mit dem Erbieten /ihn vor seinen Schwager und lieben Freund zuerkennen; der junge Fabius trug ihm Brüderliche Liebe und Träue an / welches Königin Sophia ingleichen taht /und verehrete ihm Herkules zur Glükwünschung zwo Tonnen Goldes / 20 Reit- und 30 WagenPferde / samt 24 Pannonischen Leibeigenen / nebest dem Erbieten /daß er ihm entweder im Paduanischen Gebiet ein adeliches Gut käuffen / oder in Teutschland eine Herligkeit eingeben wolte. Also muste dieser fromme Mensch nach ausgestandenem herben Unglük noch zu ehren gelangen / da er dann in wenig Tagen den Christlichen Glauben annam / und von Ladisla vor seinen geheimen Raht und Stathalter über einen grossen Teil seines Königreichs eingesetzet / auch mit Ninislaen Gütern erblich versehen ward / weil er wählete / bey seiner allergnädigsten Fr. Königin / Fr. Sophien / zeit seines Lebens zubleiben / nachdem dieselbe nicht allein eine Ursach dieser seiner übermässigen Glükseligkeit währe / sondern ihm / wiewol allerdinge unwirdigen / über das noch den allersüssesten Bruder-Nahmen zulegete. Als die geschenkete Leibeigene ihm zugestellet wurden / ersahe er einen unter denselbẽ / worüber er sich gar entfärbete / kehrete sich umb nach dem jungen Fabius / welcher nicht weit von ihm stund / und sagete: Ich sehe nunmehr / daß der Himmel mich an meinem und aller Römer unmenschlichen Feinde noch rächen wil; trat hin zu demselben / und redete ihn also an: Sihestu nun / du verteufelter Unmensch / wie die Göttliche Rache hinter dir her ist /dich wegen deiner Unbarmherzigkeit abzustraffen /welche du mir und viel andern unschuldigen Römern in unser grössesten Unschuld hast angelegt? Dieser erblassete / und gab zur Antwort: O hätte ich dich abgeschlachtet / wie andere deines gleichen / dürffte ich anjezt dein dräuen nicht anhören. Der junge Fabius begehrete zuwissen / was er ihm hätte zu leide getahn. Worauff er ihm weitläufftig [946] erzählete: wie er 26 Wochen sein Leibeigener gewesen / unter welcher kurzen Zeit er über 40 gefangene Römer an sich gekaufft /bloß nur zu dem Ende / daß an ihrer unsäglichen peinlichen Hinrichtung er seine Augen weiden möchte / dabey er offt diesen Wunsch getahn / daß er mit dem Römischen Käyser und allen seinen hohen Bedieneten auch also verfahren möchte. Ihn selbst hätte er bloß darumb beym Leben gelassen / weil er gesehen / daß er den Tod / als seines Jammers Ende stets gewünschet. Fabius taht solches Ladisla zu wissen / welcher den Buben gefangen legete / und weil drey Tage her nach sein gewesener Herr / ein Böhmischer von Adel / ihn anklagete / daß er ihm seine drey Mägde / und seines Jägers eheliches Weib genohtzüchtiget hätte /ward er durch allerhand Peinigung hingerichtet. Tibullus ward sonst von Herkules befraget / warumb er sich nicht bemühet hätte / unter den 10000 loßgelassenen Römern mit zuseyn; worauff er antwortete; daß er solches zwar gesuchet / aber durchaus nicht erhalten können; auch hätte man die geringesten frey gegeben / und die vornehmsten behalten; baht darauff sehr inständig / bey König Mnata es zutreiben / daß den vornehmsten Römischen möchte gegönnet seyn / sich mit einem ansehnlichen Lösegelde frey zukäuffen; welches Mnata nicht allein gerne einwilligte / sondern sich erboht / er wolte alle leibeigene Römer durch die Bank hin / gegen so viel gemeine ädle Pannonische Leibeigene / frey geben; welches auch stündlich an Stathalter Mastyes geschrieben ward / der alle Römische Leibeigene unter der Versprechung eines zimlichen Lösegeldes / bey Leib und Lebensstraffe an allen / so es verhindern würden / in einer Pannonischẽ GrenzeStad versamlen ließ / deren Anzahl sich auff 9000 erstreckete. Nach Endigung des obgedachten Freyschlessens /hielt Arbianes auff Pharnabazus Erinnerung bey Königin Valisken an / daß die versprochenen Völker mit der Zeit möchten verschrieben und zusammen geführet werden; welches inwendig fünff Wochen geschahe / und liessen sich 24000 Teutschen / 4000 Böhmen /2000 Pañonier / 1000 Schweden und Gothen / 1000 Franken und Sikambrer / 1000 Dänen / 1500 Wenden / und 1500 Friesen / ingesamt 36000 wolgeübete wehrhaffte Reuter freywillig bestellen / mit der Bedingung / daß nach Verlauff dreyer Jahren / ihnen / so viel ihrer im Leben bleiben würden / freyer Abzug nach ihrem Vaterlande solte gegönnet / und aller Gold richtig ausgezahlet werden. Fürst Olaff (weil er sich erboht / mit in Asien zuzihen) ward über das Heer Feldmarschalk / die Dänen und Wenden aber zu seinem LeibSchuz gesetzet; Herr Wedekind / nebest Graf Prinsla / Herr Bertram und Wilhelm setzete Arbianes zu GroßOberWachtmeistere ein. Vierzehn Tage nach dem Freyschiessen machete König Mnata sich fertig zum Auffbruche / und ließ durch seinen Schwager den Dänischen König bey Ladisla ansuchen / nachdem eine so grosse Menge seiner geübten Manschafft in dem verfluchten Kriege drauff gangen währe / und sein Land von Einwohnern zimlich entblösset / ob den gefangenen Pannoniern nicht könte vergünstiget werden / sich bey ihren Herren von der Leibeigenschafft loßzukäuffen / alsdann solte ein jeder gemeiner Reuter und Landsknecht vor seine Freyheit 250 Kronen / ein jeder UnterBefehlichshaber 350 Kronen; jeder Unterhäuptman und Fähndrich 450 Kronen; jeder Häuptman und ädles Standes 600 Kronen; jeder ädler und Ritter 4000 Kronen / und jeder Oberster 12000 Kronen erlegẽ; da er dann nicht zweifeln wolte / der Römische Käyser würde auff freundliches ansinnen [947] gegen die 9000 neulich erledigte Römer / nicht allein die 2000 ihm zur Verehrung zugeschickete Pannonier / sondern auch noch 7000 Pannonische Leibeigene hinwiederumb sich lassen frey käuffen / daß also eine gleiche Anzahl umb gleiches Geld ausgewechselt würde. Herkules riet gewaltig zu / man solte so grosses Erbieten nicht ausschlagen; dem Lande und Inwohnern währe ungleich mehr mit dem Gelde als Leibeigenen gedienet / welche ohndas sehr frech währen / sich wo möglich / zusammen rotten / und ungeachtet aller Lebensgefahr ihre Freiheit durch eine verzweifelte Auffruhr suchen dürfften / wie man dañ in erfahrung bracht / dz ihrer viel sich schon unterstanden hättẽ / die flucht zuergreiffen. Sein Raht ward angeno en / uñ schrieb man alsbald auß / dz die gefangenen so hoch solten gelöset werden. Auch muste Tibullus (seine Ehelich-sprechung zuholen) mit Klodius uñ Gallus nach Rom reiten / Fr. Ma een von Königin Valisken / Sophien / uñ König Mnata / auff 10 Tonnen gemünztes Goldes zum Geschenke mitnehmen / und des Pannoniers Ansuchen vortragen /welches nach gehaltener Berahtschlagung von dem Käyser eingewilliget ward; so schenkete er auch Valisken nit allein den außgerissenen Pines / sondern alle seine Gesellen frey / mit ihnen nach Willen zuschalten / welche durch diese Freylassung hoch erfreuet / mit Tibullus (der vom Käyser nit allein alles nach Willen erhielt / sondern Fr. Mammea ihm überdas ein vornehmes Römisches Fräulein auß ihrem Zimmer freyete / nahmens Aurelia) fortritten / deren zween sich zu Pines schlugen mit ihm in Asien zuzihen (woselbst sie auch ihr Leben ritterlich einbüsseten) / die übrigen aber bey ihrem Könige blieben /und von demselben groß gemacht wurden. Die Leibeigene Pannonier kahmen in sechs Wochen eine Meile von Prag beyeinander / und wurden auff die nähesten Dörffer verlegt / an der Zahl 66000 / unter denen 150 Obersten; 1300 Häuptleute (deren 900 ädle 400 Unädle); 2400 Unter-Häuptleute und Fähndriche /(1800 ädle 600 unädle); 3150 Unterbefehlichshaber (unter denen 1600 ädle) / und 59000 gemeine Reuter und Knechte wahren / unter welchen sich zwar noch in die 5000 ädle funden / aber man ließ sie im Anschlage der Unädlen durchlauffen. Die Obersten erlegeten 18 Tonnen Goldes; die ädle Befehlichshaber 172 Toñen Goldes. Die Unädlen Häuptleute 240000 Kronen; die Unädle Unter Håuptleute und Fähndriche 270000 Kronen; die Unädle Unterbefehlichshaber 542500 Kronen / und die gemeinen Knechte 147 Tonnen Goldes 50000 Kronen; wahr das ganze 331 Tonnen Goldes und 82500 Kronen / welches alles nach geleisteter Verschreibung / in wendig drey Jahrfrist an Baarschaft / Korn / Wein / und Vieh geliefert / durch Böhmen und Teutschland unter die Einwohner auß geteilet ward. Nach des Pannoniers Abzuge schieden die fremden Könige auch davon / nachdem sie mit König Henrich / Notesterich und Baldrich eine feste Bündniß geschlossen hatten / da König Hilderich einwilligte / daß sein Sohn Markomir sich eine Zeitlang bey Herkules auffhalten möchte. Sechzehn Tage vor Arabianes Aufbruche nach Persepolis / genasen Königin Lukrezie und Fürstin Sibylla in einer Stunde jede eines jungen Herleins / und ward Baldrichs Sohn in der Tauffe Christian; Siegwards Sohn Karl genennet. Dreizehn Tage nach solcher Geburt erhielten Herkules und Ladisla bey ihren Eltern / daß sie die heilige Tauffe zu Prag empfingen: da Graff Pribisla / Bretisla / Krokus Wratisla / Herr Wenzesla / und Tibullus (welcher in den Graffen Stand auffgenommen wahr) sich zugleich mit tauffen liessen. Zween Tage brachten sie hernach [948] mit der Heers Beschauung zu / und wahr Großfürstin Klaren sehr lieb / daß nicht allein Fürstin Schulda und Gräfin Therba gar in ihrer Geselschafft blieben / und zween Jahr bey ihr sich auffzuhalten versprachen / sondern auch ihr Bruder König Baldrich / Fürst Siegward und Fürst Markomir mit biß nach Jerusalem reiseten / daß sie sich zu Bethabara täuffen liessen. Valiska unterrichtete Klaren fleissig / wie sie sich gegen ihren Schwäher Phraortes und die Morgenändischen Fürsten verhalten / und da sie in frühzeitigen Witwen Stand gerahten würde / nicht in Meden bleiben / sondern bey ihren Anverwanten Trost suchen solte. Das gesegnen bey dem Abscheiden wahr mit unzähligen Trähnen vermischet; Fr. Sabina Pompeja weinete wegen Hinterlassung; Königin Gerdrut wegen Abzuges ihrer Tochter; doch weil es anders nicht seyn wolte / trosteten sie sich mit dem /daß sie einander zum wenigsten alle zwey oder drey Jahr besuchen könten. Auch schmerzete es den jungen Fabius sehr / daß er sich von seinen liebesten Freunden Herkules und Ladisla scheiden muste / die ihm alle ihre Güter in Italien eingaben / und er sie nachgehends fast alle Jahr zwey oder dreymahl besuchete. Alle König- und Fürstliche Häupter gaben den Abzihenden das Geleite biß an die Böhmischen Grenzen /befahlen sich ingesamt Götlicher Beschirmung / und kehreten diese wieder üm / jene aber nahmen den nähesten Weg auff Padua vor sich / woselbst die Schiffe (wie vorher bestellet wahr) / bereit stunden / auff welchen das gesamte Heer nach Tyrus mit sehr gutem Winde überfuhren; von dannen Arbianes / Baldrich /Siegward / Olaff und Markomir mit schnellen Pferden nach Jerusalem ritten und zu Bethabara im Jordan sich täuffen liessen; hielten sich daselbst nicht lange auff / sondern Baldrich und Siegward mit ihren Leuten 300 stark schiffeten wieder zurük nach Padua /von dannen Herr Pompejus und sein Gemahl mit ihnen fort gingen / das Stathalter Amt zu Kölln anzutreten. Arbianes und Olaff folgeten ihrem Heer / welches ungehindert ihres abwesens nach Damaskus zugehen muste / daselbst sie es auch antraffen / und blieb Markomir bey ihnen / als welcher Willens wahr / die Asiatischen Länder zubesehen / und wo möglich / Königin Valisken Schloß zu Charas; welches er auch leistete / und nach Verlauf fünf viertel Jahrs gesund wieder zu Prag anlangete / nachdem er auch Rom besehẽ hatte. Sonsten ging Arbianes mit seinem Heer von Damaskus ungehindert fort des geradesten Weges über den Eufrat und Tiger Fluß nach Persepoliß / da er die Hochfürstiche Verbündniß beysammen fand / und von ihnen wol empfangen ward; erfreueten sich auch seiner treflichen Völker nicht wenig / weil Artabanus sich aus Skythen und Indien auffs neue gerüstet / und eine grosse MengeReuter und FußKnechte zusammen geführet hatte. Fürstin Klara ward nicht weniger von den Fürsten wol gewilkommet / die sich bey ihr unsers Herkules und Valisken zum offtern erinnerten / und wegen dieser glüklichen Heyraht Arbianes selig preiseten. Sie hingegen stellete sich gegen ihre SchwiegerEltern mit kindlichem Gehorsam ein / und nach Verlauff zehn Monat von ihrem Beylager an zurechnen / gebahr sie einen wolgestalten Sohn / welchen sie nach seinem GroßVater Henrich nenneten / der aber gar auß der Art schlug / nicht allein den Christlichen Glauben nach seines Vaters Absterben (welchen er im 14 Jahre seines Alters verlohr) verleugnete / sondern auch seinẽ Oheimben / Herkuliskus / Herkuladisla und anderen Christlichen Rittern grosse Ungelegenheit und äusserste Lebensgefahr erweckete / ja nach heydnischer Persischer Gewohnheit [949] seine leibliche Schwester das fromme Gottfürchtige sehr schöne Fräulein Damaspia wider ihren Willen heyrahtẽ wolte / dessen sie noch mit der Flucht nach Pahna sich entbrach / und von Valisken an den jungen Fürsten aus Schwedẽ / Fürsten Karl verheyrahtet ward / wovon in Herkuliskus WunderGeschichten ausführlicher Bericht dürffte gemelden werden. Kurz nach Baldrichs Wiederkunfft von Padua und Köln nach Prag / kam daselbst von dem Römischen Käyser Alexander Severus eine statliche Botschafft an / ihn wolangefangene Freundschafft zubestätigen / welche unsere Helden ihm zwar versprachen / aber wegen der unruhigen Teutschen nicht leisten kunten / als die wenig Jahr hernach ohn ihrer Könige Dank / die sich ihnen nicht widersetzen durfften / über den Rein gingen / und dem Käyser in seinem Gebiet grosse Unruhe macheten / so daß er gezwungen ward / mit starker Kriegsmacht gegen sie auszuzihen / da er von seinem äidvergessenen Obristen Maximinus des Lebens und Käysertuhms zugleich verrähterlich beraubet ward / wovon in andern Geschichtbüchern zulesen ist. Sonsten führeten Herkules und Ladisla mit ihren Gemahlen ein ruhiges und Gottfürchtiges Leben / weil ihre Eltern noch gute Zeit der Herschaft vorstunden /insonderheit König Henrich / daß Herkules der Herschungs-Last sich so bald nicht untergeben durfte; und weil sie nicht lange kunten von einander seyn /baueten sie beyderseits in ihren Grenzen Königliche Schlösser / auff welchen sie ihr Wesen führeten; Herkules hatte seinen Siz da jezt Dreßden liegt / Ladisla eine kleine Meile davon / wo seine Grenzen auffhöreten / und ging kein Monat hin / daß sie nicht zusammen kommen währen. Valiska gebahr am Ende des Wintermonats / vier Jahr nach ihres ersten Sohns geburt eine wunder-schöne Tochter auff dem Prager Schlosse / welche die alte Teutsche Königin aus der Tauffe huhb / und sie Elisabeth nennete; im folgenden Merz genaß Königin Sophia auch einer jungen Fräulein sehr schöner gestalt / deren Gefatterin Königin Hedewieg wahr / und aus sonderlicher Andacht ihr die beyden Nahmen Eva Maria gab. Was vor Angst nun der trefliche Held Fürst Herkuliskus / Zeit seiner blühendẽ Jugend wegen dieser Fräulein erlitten / und wie sie hingegen sich gegen ihn so herbe erzeiget / nicht aus Ungewogenheit und Feindschaft / sondern daß sie ihr steiff vorgenommen hatte / ihre Jungfrauschaft biß an ihr Ende zubewahren / aber noch endlich in seine Ehe einwilligte; auch / welcher gestalt Frl. Elisabeht von ihrem Oheim Herkuladisla heimlich geliebet /und als sie von einem jungen Fränkischen Fürsten /Markomirs Vaters Bruder Sohn / nahmens Rahter entführet / von diesem ihren Oheim kühnlich errettet /und er doch darüber biß auff den Tod verwundet /endlich wieder geheilet / und nach dreyjähriger ausgestandener Unruhe in Meden / Arabien und Egypten (woselbst er mit seinem Vetter Herkuliskus Ritterschaft übete) sie endlich noch ehelichte / solches alles wird in ihrer obgedachtẽ Lebens-beschreibung mit lust zu lesen seyn. Fürst Siegward betreffend / ward derselbe / da er seine Schwieger Eltern zu Rom besuchete / von Käyser Alexander und seinem Schwäher Herr M. Fabius dahin vermocht / daß er sich ein Jahr daselbst bey ihnen aufhielt / biß er wegen Schwacheit seines H. Vaters nach Schweden gefodert ward / die Herschaft zuverwalten helffen / nach dessen Tode er gewaltiger König ward. Er zeugete mit seiner herzgeliebeten Sibyllen noch einen Sohn / genant Gustaff /wie auch ein sehr liebes Fräulein / nahmens Christina / deren Liebe Fürst Christian / König [950] Baldrichs ältester Sohn mit dem Schwert erstritte. Baldrich lebete gleicher weise mit seiner Lukrezien in herzlicher einigkeit / und ward von seinen Untertahnen den Friesen / mehr als kein König vor ihm / geliebet. Ein Jahr nach seines ersten Herlein geburt / schenkete ihm Gott den andern Sohn / Dieterich genand / und wurden beyde zu ihrer Zeit in Ritterschaft sehr berühmt /stunden auch grosse Mühe und Gefahr aus in nachsuchung ihrer Oheimben Herkuliskus und Herkuladisla (von denen ihnen ein falsches Geschrey ihrer Gefängnis vor kam) biß sie beyde heirahteten / und der jüngere Herrn K. Fabius / dazumahl an seines Seel. Vaters stelle zu Padua Stathalters Fräulein Tochter / Frl. Margreten Fabiin zum Gemahl bekam. Sie verharreten alle in eiferiger Gottesfurcht / aber niemand unter ihnen trieb sein Christentuhm eiferiger als Herkules und Valiska; dann sie wahren sehr gefliessen in lesung der heiligen Schrift und der Kirchenlehrer Büchern / welche sie mit schweren Kosten an sich brachten; und hat man nachricht / daß Valiska unterschiedliche Bücher des Worts Gottes / als das erste Buch Mose / den Psalter Davids / das Hohelied Salomons /die vier Evangelisten / und Paulus SendeBrieff an die Römer (doch alle nur aus dem Griechischen) sehr artig sol verteuschet auch ein Gebeht- und Gesangbuch voller Christlicher Andachten verfertiget haben /welches aber untergangen und verlohren ist. Herkules verfassete eine Glaubens-bekäntnis / die wol wert ist /daß sie nicht allein alhie aufgesetzet / sondern von dem Leser dieses Buchs mit güldenen Buchstaben ins Herz hinein geschrieben werde / und lautet wie folget. I. Wir / die wir nach unserm Heylande Christus dem Sohn Gottes / Christen genennet werden / gläuben und bekennen einen einigen wahren Gott / welcher ein geistliches Wesen von ewigkeit her ist / ohn Anfang und ohn Ende; Heilig / Gerecht / Gnädig und Woltähtig; Almächtig / Alwissend / Unendlich / Unbegreiflich und allenthalben gegenwärtig; der nicht allein unser und eines jeden Werke sondern auch die verborgensten Gedanken unsers Herzen sihet / sie seyn gut oder böse. Vor ihm ist durchaus nichts verborgen / obs gleich in Winkeln geschihet / sondern noch ehe wirs vornehmen / ja ehe wir erschaffen sind /weis er schon / und weis es von ewigkeit her / was wir machen / und machen werden. II. Wir gläuben und bekennen weiter / daß dieser unser Gott / der einig ist in seinem Wesen / dannoch Dreyfaltig nach den Personen sey / wie er sich dañ also in seinem heiligen Worte geoffenbahret hat. III. Die erste Person dieses einigen göttlichen Wesens / ist und heisset derVater; die andere / derSohn (darumb daß er aus dem Wesen des Vaters ganz unbegreiflicher weise von ewigkeit her gezeuget ist) wird auch wol genennet das Wort (weil Gott durch denselben zu uns Menschen geredet hat); die dritte /derHeilige Geist; vom Vater und Sohn von ewigkeit her ausgehend. IV. Dieser wahre / nach dem Wesen einige / nach den Personen dreyfaltige Gott (welcher daher die heilige Dreyfaltigkeit genennet wird) / hat nicht allein am anfange der Zeit / nach seinem freien Willen / zu gewisser Zeit / nehmlich / wie mans rechnet / vor 4174 Jahren (ist von dem Jahr nach der Geburt unsers Heylandes 227 / heutiger Rechnung nach zu verstehen) dieses ganze und grosse Rund / Himmel / Luft / Erde / Meer / und alles was driñen ist / Sternen / Gewächse / Tihre / und zu lezt die ersten beyden Menschen Adam und Even / [951] sondern auch (nicht eigentlich stehets / zu welcher Zeit) alle Engel erschaffen; und erhält sein Geschöpff / so lange es ihm gefällig ist. V. DieEngel sind unsterbliche Leiblose Geister /alle miteinander / in unzählicher Menge von Gott /gerecht / heilig und volkommen erschaffen: derẽ auch eine sehr grosse Anzahl / unsäglich vieler tausenden /in ihrer anerschaffenen Heiligkeit / unverrükt blieben sind / welche wirHeilige Engel neñen; andere aber /und deren auch sehr viel tausend / von Gott ihrem Schöpffer abgefallen / sich demselben mutwillig entgegen gesetzet / und darumb von ihm in die hellische Verdamnis gestürzet sind / welche wir böse Geister oderTeuffel nennen. VI. Die heiligen Engel loben Gott und verrichten seinen Befehl oben im Himmel uñ hie nieden auff Erden / in dem sie alle gläubige und fromme Men schen schützen / uñ den Kindern Gottes zum besten /wieder die Teufel zu Felde liegen. VII. Die bösen Engel aber verführen die Menschen / stellen den gläubigen und frommen Kindern Gottes nach / und beschädigen sie / so viel ihnen Gott verhänget oder zulässet; und zwar sind sie mächtig in ihren Werkzeugen den gottlosen Menschen und Zäuberern. IIX. Und haben die bösen Engel ihre Feindschaft gegen das menschliche Geschlecht / bald im anfange der Schöpfung blicken lassen / in dem ihr Oberster unsere erste Mutter die Even zur Sünde verleitet /welche hernach ihren Mañ den Adam auch darzu verführet hat. IX. Hiemit ging es also zu: Es hatte Gott diese erste Menschen nach seinem Ebenbilde / in volkommener Weißheit / Erkäntnis / Heiligkeit und Gerechtigkeit erschaffen (den Mann aus einem Erdenkloß /das Weib aus einer Riebe des Mañes / und solchen erschaffenen Leibern eine erschaffene vernünftige Seele eingegossen) ihnen die Unsterbligkeit mit geteilet / sie in den Lustgarten des Paradeises gesetzet / und ihnen allerley Früchte des Garten zugeniessen erläubet / nur daß sie von dem Baum des Erkäntnis gutes und böses (wie er nach dem Sündenfal geneñet ist) sich bey Straffe des zeitlichen Todes und der hellischẽ Verdamnis enthalten solten; da ihnen Gott auch den Baum des Lebens gegeben hatte / durch dessen Früchte sie bey steter Jugend und Kraft solten erhalten werden. X. Da nam nun der Teuffel von dem verbohtenen Baum Anlaß und Gelegenheit / die ersten beyden Menschen / uñ alle ihre Nachko en ins Verderben zu stürzen / auff daß er in der hellischen Verdamnis Geselschaft hätte / weil er ihnen nach seiner angenommenen Bosheit / die Seligkeit mißgönnete; er versteckte sich in die Schlange / redete aus derselben mit Even / und durch seine Lügen (als wann die Menschen durch niessung der Frucht dieses verbohtenen Baums Gotte selbst gleich werden könten) erweckete er ihr die Begierde / solche Frucht zugeniessen / daher sie endlich von solcher Frucht aß / und ihrem Manne auch davon zu essen gab. XI. Da ward nun Gott durch solche Ubertretung seines ernstlichen Gebohtes zu Zorn gereizet / daß er die Menschen der eingegossenen Gnade (die in ihnen alle Volkommenheit der Seelen und des Leibes wirkete) wieder beraubete / und die sündlichen Begierde in ihnen wuchsen und zunahmen / auch alsbald ihre unzimliche Bewägungen empfunden / und nach Kleidung sich umsahen / da sie vorhin ohn alle scham und ärgernis nacket gingen / uñ ihnen weder Frost noch Hitze / noch Ungewitter / noch Schläge / noch Feur /noch Gift / noch wilde Tihre håtten Schaden oder Schmerzen bringen können. [952] XII. Sie flohen auch wegen begangener Sünde vor dem Angesicht Gottes / als die sich ihrer übertretung wol bewust wahren / und meineten (so unwissend wahren sie schon worden) sich vor dem alwissenden und algegenwärtigen Gotte zuverbergen. XIII. Noch dannoch erzeigete ihnen Gott gnade /indem er sie wieder aus Erbarmung vor Kinder annam / da er zwar den zeitlichen Tod ihnen und allen ihren Nachkommen zum Sündenlohn aufflegete / aber doch ihnen wieder ein Mittel zur Wiederbringung der Seligkeit ordente und mitteilete. XIV. Dieses Mittel wahr in der ersten Gnaden-Verheissung begriffen / da GOtt sagete:Des Weibes Samen sol der Schlangen den Kopff zutreten. Das ist / die andere Person der Heiligen Dreyfaltigkeit / der ewige Sohn Gottes / oder das wesentliche Wort Gottes /solte in der Völle der Zeit aus dem Leibe ber Jungfrauen Marien / unsere Menscheit (einen wahren Menschlichen Leib / und eine wahre menschliche Seele in seine persönliche Vereinigung) annehmen /und in solcher angenommenen Menscheit / nicht allein an unser stat das Gesez Gottes ohn Tadel erfüllen / sondern auch vor unsere Sünde büssen / und dadurch die Macht und Gewalt der hellischen Schlangen oder des leidigen Teufels von uns abwenden. XV. Diese gnädige Verheissung Gottes richtete unsere ersten Eltern und ihre Nachkommen (welche alle miteinander die Sünde von ihren Eltern durch die fleischliche Geburt erben / und krafft solcher Erbsünde / den wirklichẽ Sünden nachhängen) wieder auff /daß sie durch den Glauben auff diesen versprochenen zukünfftigen Erlöser gestärket / sich der Gnade Gottes trösteten / und in Hoffnung / die Seligkeit nach dem Tode zuerlangen / ihr Gewissen beruhigten; jedoch musten sie in rechtschaffener Gottesfurcht und Heiligen Werken sich üben / zu welchem Ende ihnen Gott sein Heiliges Gesetze gab. Dann den Gottlosen Unbußfertigen tuht diese Verheissung Gottes keine Hülffe. XVI. Zwar der Sohn Gottes setzete die Erfüllung seines Versprechens (daß er die Menscheit an sich nehmen / und vor uns sterben wolte) eine geraume Zeit zurücke / nehmlich / wie mans rechnet / 3947 Jahr; jedoch hat er solches alles reichlich schon erfüllet / da er vor 227 Jahren sich als ein wahrer Mensch an diese Welt gebehren ließ. XVII. Dann da muste anfangs unsers Heylandes Wegbereiter und Vorläuffer / der Täuffer Johannes von einer sonst unfruchtbaren altbetagten Frauen / der Elisabeth gebohren werden / nach dessen Empfängniß ein halb Jahr / sendete Gott seinen Engel Gabriel an eine keusche unberührte / jedoch einem alten Manne /dem frommen Joseph / verlobete Jungfer von Königlichem Jüdischen Geschlecht / welche in Armuht gerahten wahr / Nahmens Maria; welcher Engel ihr die Empfängniß des Sohns GOttes ankündigen muste / daß nehmlich die andere Person des einigen Göttlichen Wesens in ihrem Leibe / ohn Zutuhn eines Mannes /bloß durch Wirkung und überschattung des Heiligen Geistes menschlichen Leib und Seele an sich nehmen / und damit sich persönlich vereinigen wolte. XIIX. Worauff auch solche Empfängniß alsbald geschahe / und gebahr diese von Gott geheiligte keusche und unbeflekte Jungfer den Sohn Gottes in angenommener Menschheit zu Bethlehem im Viehstalle an diese Welt / welche Geburt ein Engel Gottes etlichen Hirten auff dem Felde in derselben Nacht anmeldete /die auch hingingen / uñ es also fundẽ. [953] XIX. Und daß auff solche weise unser Heyland der Sohn GOttes an diese Welt gebohren sey / dessen haben wir so unfehlbare Gewißheit / daß kein Christ und von GOtt erleuchteter daran zweifeln kan / sondern lieber alle Pein angehen / als diesen Glauben ihm nehmen lassen würde. XX. Als dieser Sohn Gottes solcher gestalt war Mensch worden / hat er allen menschlichen Gebrechligkeiten (ohn allein der Sünde nicht) sich unterworffen / da er als ein ander Mensch gesäuget / ernehret / aufferzogen / und nach Judischem Gebrauch beschnitten ward; aber nachdem er das dreissigste Jahr erreichet / und von Johannes dem Täuffer sich hatte täuffen lassen / wodurch er zu seinem bevorstehenden Erlösungs-Amte sich einweihen ließ; ward er alsbald darauff von dem Heiligen Geiste in die Wüsten geführet / und daselbst 40 Tage und so viel Nachte aneinander von den bösen Geistern hart versuchet / welches er kräfftig überwand / trat darauff sein Heylandes-Amt an / wählete seine 12 sonderbahre Jünger / als künfftige Bohten und Prediger der Christlichen Lehre / predigte selbst hin und wieder im Jüdischen Lande /und bestätigte sein Amt durch unzählich viel Wunder und Zeichen / da er Blinde sehend / Taube hörend /Stumme redend / Lahme gehend / Außsätzige rein / ja auch etliche Todten lebendig machete. Endlich da er der Gerechtigkeit Gottes vor der Menschen Sünde gnug tuhn wolte / ließ er sich von den Gottlosen boßhafften Hohenpriestern und Schrifftgelehrten des Jüdischen Volks (die er wegen ihrer Sünde straffete) gefangen nehmen / schlagen / verspotten / verspeien /verurteilen / geisseln / mit Dornen krönen / und am Kreuz sich tödten; worauff etliche seiner geträuen Freunde ihn in ein Grab legten / und über seinen Todesfal (dessen Wichtigkeit und heilbringende Krafft sie nicht verstunden) herzlich betrübt wahren. XXI. Nachdem aber unmöglich wahr / daß Gottes Sohn im Tode bliebe / ist er am Sontage sehr früh da er des Freytags Abends zuvor gestorben wahr / als ein sieghaffter Held vom Tode wieder aufferstanden / hat des Teuffels Macht und Gewalt zubrochen / uñ sich 40 Tage lang bey seinen Jüngern und Gläubigen nach seiner Aufferstehung gezeiget / biß er mit ihnen auff den Oelberg vor Jerusalem gangen / und daselbst sichtbarlich gen Himmel gefahren ist; woselbst er in seiner Menscheit zur Rechten der Krafft Gottes sitzet / über alle seine Feinde herschet / seine Christenheit beschützet / und alle gläubige fromẽ Menschen bey seinem Himlischen Vater vertrit. XXII. Er hat aber zehn Tage nach seiner Himmelfahrt seine Jünger mit der Gabe des Heiligen Geistes ausgerüstet / welchen er in Gestalt feuriger Zungen über sie ausgoß; worauff sie sich durch die Welt verleiteten / den Menschen die Christliche Lehre vortrugen / und alle / so gläubig wurden / täuffen musten. XXIII. Diesen Jüngern des HErrn folgen in solchem Lehr Ampte biß an das Ende der Welt / alle rechtmässiger weise beruffene Diener des Göttlichen Worts / welche von Gott darzu gesezt werden / daß sie sein Heiliges Wort den Menschen vortragen / und die Heiligen Sacramenta ihnen ausspenden sollen. XXIV. Das Wort Gottes / welches von ihnen muß gelehret und geprediget werden / bestehet in diesen Stücken: Daß die Menschen müssen angeführet werden / zur Erkäntniß Gottes und ihres Heylandes / zur Busse ihrer begangenen Sünde / zum Glauben und[954] Vertrauen auff Gottes Barmherzigkeit und auff Christus Verdienst; und endlich zu einem Christlichen gottseligen Leben und Wandel. XXV. Das erste Sacrament / durch welches wir in die Gemeinschafft der Heilligen Kirchen versetzet werden / ist die Tauffe / ein rechtes Wunder-Bad der Wiedergeburt eines sundlichen Menschen / in welcher Tauffe unser Gott mit uns den GnadenBund auffrichtet / daß wir / krafft des Verdienstes unsers Heylandes sollen Gottes Kinder seyn; daher wir in der Tauffe und durch die Tauffe von unsern Sünden abgewaschen und gereiniget werden. Dieses GnadenBad bekräfftigte der Sohn Gottes / da er seinen Jüngern den Befehl erteilete: Gehet hin in alle Welt / lehret alle Völker / und täuffet sie im Namen des Vaters / und des Sohns / und des Heiligen Geistes. XXVI. Das Abendmahl des HErrn / welches er des Abends vor seinem Leiden einsetzete / und seinen Jungem austeilete / ist das Sacrament der Bekräfftigung im Christentuhm / und bestehet hierinnen / daß den gläubigen Christen hieselbst Brod und Wein /sichtbahrer empfindlicher weise; und zugleich der Leib und das Blut des HErrn / Sacramentlicher / das ist / unsichtbahrer unempfindlicher weise / wiewol warhafftig / zuessen und zutrinken gegeben wird / und solches zur Stärkung ihres Glaubens / und zur Versicherung ihrer Seligkeit; welches andächtig zugebrauchen er seiner Kirchen anbefihlet / da er spricht: Solches tuht zu meinem Gedächtniß. XXVII. Wann nun ein Mensch / Gott und seinen Heyland erkeñet / an denselben gläubet / die Sünde meidet / und in der Furcht Gottes from und heilig lebet: auch da er gesündiget hat / sich davon bekehret / und sich wieder zur Gottseligkeit wendet / in festem Vertrauẽ auff Gottes Barmherzigkeit und auff Christus Verdienst sich verlassend / und unter dem zeitlichen Kreuz oder Zuchtruhte Gottes geduldig außhålt; alsdann ist er ein Kind Gottes / und wird nach diesem Leben die ewige Seligkeit erlangen. XXIIX. Hingen ist es unmöglich / daß ein erwachsener Mensch / der seiner Vernunft zu gebrauchen weiß / solte können selig werden / der seinen Gott und Heyland nicht erkennet; welches der Sohn Gottes uns mit diesen Worten anzeiget: Das ist das ewige Leben / daß sie dich einigen wahren Gott / und den du gesand hast / JEsus CHrist / erkennen. Unmöglich ist es / daß ein erwachsener Mensch solte können selig werden / der an den Sohn Gottes nicht gläubet / weil ja der Glaube das Mittel ist / durch welches wir vor Gott gerecht werden; dann also lehret uns der heilige Bohte des HErrn / da er in seinem SendeBrieffe an die Gläubigen zu Rom schreibet: Die Gerechtigkeit die vor Gott gilt / komt durch den Glauben an JEsus CHrist / zu allen und auff alle die da gläuben. Dañ wir werden ohn Verdienst gerecht aus Gottes Gnade /durch die Erlösung / so durch JEsus CHrist geschehen ist. Darumb so halten wir es gänzlich davor / daß der Mensch durch den Glauben gerecht werde / ohn des Gesetzes Werke. Dann der nicht mit Werken umgehet (der bißher nicht in heiligen Werken / sondern in sündlichen Betreibungen sein Leben geführet hat /nunmehr aber davon ablässet) uñ gläubet an den der die Gotlosen (so bißher gotloß gewesen sind / uñ nunmehr in wahrer Busse auffhören gottloß zuseyn) gerecht machet / dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit. Und eben solches wiederhohlet er in seinem Brieffe an die Galater mit diesen Worten: Wir wissen / daß der Mensch durch des Gesetzes Werke nicht gerecht [955] wird / sondern durch den Glauben an JEsus Christ / so gläuben wir auch an JEsus Christ /auffdaß wir gerecht werden durch den Glauben an Christ / und nicht durch des Gesetzes Werke / dann durch des Gesetzes Werke wird kein Mensch gerecht. Welches alles eine Erklärung ist des herlichen Kernspruchs / welchen unser Heyland selbst anführet / da er zu Nicodemus saget: Also hat Gott die Welt geliebet / daß er seinen eingebornen Sohn gab / auffdz alle die an ihn gläuben / nit verlohren werden / sondern das ewige Leben haben. Wer an ihn gläubet / der wird nicht gerichtet / wer aber nicht gläubet / der ist schon gerichtet. XXIX. Welcher Mensch nun die Hoffnung haben wil zur Seligkeit / derselbe muß mit festem Glauben sich auff das teure Verdienst seines Heylandes verlassen / auffdaß ihm Gott das Verdienst und die Gerechtigkeit seines JEsus durch den Glauben zurechnen oder mitteilen möge. Und wann ein Mensch durch den Glauben ist gerecht worden / so muß er ja bey Leib und Leben nicht gedenken / daß es nun mit seiner Seligkeit alles gute Richtigkeit habe / und Gott der Herr nichts mehr von ihm erfodere / als nur solchen vertraulichen Glauben an seinen Sohn. Nein O nein! sondern da muß ein Mensch der von Gott ist gerecht gemacht / derselbe sol und muß nohtwendig sich aller Christlichen geistlichen guten Werke nach äusserstem Vermögen befleissigen / so daß er nach Erfoderung der heiligen zehn Gebohte Gottes / alle Boßheit und Ubeltaht meide / und dagegen in allen Christlichen Tugenden sich übe. Dann wer in Sünden verharret /der verdirbet dadurch seinen Glauben / und fället auß der Gnade Gottes / ja er verleuret die durch den Glauben empfangene Gerechtigkeit. Daher spricht abermahl Paulus: So ihr nach dem Fleische werdet leben /so werdet ihr müssen sterben; so ihr aber des Fleisches Werke durch den Geist tödtet / so werdet ihr leben. Dann wo eure Gerechtigkeit (welche ihr nach der durch den Glauben empfangenen Gerechtigkeit /in Ubung der Gottseligkeit leistet) nicht besser ist /als der Schrifftgelehrten und Phariseer (welche nur in Heucheley / nicht in wahrer Ubung der Gotseligkeit bestund) so werdet ihr nicht in das Hi elreich ko en; spricht unser Heyland selber. Dann nur allein derselbe Glaube gilt vor Gott / welcher durch die Liebe wirket / oder sich kräfftig darstellet. Der Glaube aber / welcher ohn die Werke der Gottseligkeit ist / derselbe ist ein todter Glaube. Dann ob wir gleich auß Gnaden selig worden sind durch den Glauben / und nicht aus den Werken / wie Paulus abermahl lehret in seinem SendeSchreiben an die Epheser; so setzet er doch alsbald hinzu / daß wir Gottes Werk sind / geschaffen /in JEsus Christ / zu guten Werken / zu welchen Gott uns zuvor bereitet hat / daß wir drinnen wandeln sollen. Und allein diese erwachsene Christen / welche solcher Gestalt alles ungötliche Wesen / und die weltlichen Lüste meiden / und hingegen züchtig / gerecht und gottselig in dieser Welt leben / dieselben haben sich der künfftigen Seligkeit des ewigen Lebens zugetrösten / wie auch dieselben / welche nach begangenen Sünden noch in der Gnadenzeit rechtschaffene Busse tuhn / von Sünden ablassen / uñ da ihre Lebenszeit es zulässet / die Ubung der wahren Gotseligkeit eiferig fortsetzen; Da sie aber nach geschehener Busse bald durch den Tod auß dieser Welt Abscheid nehmen / sie dannoch den steiffen Vorsaz der Lebens-Besserung biß an ihr Ende im Herzen behalten. Diese alle können mit Paulus / wann sie durch den zeitlichen Tod abgefodert werden / freudig sprechen: Ich habe einen guten Kampff gekämpffet / ich habe den Lauff vollendet / ich habe Glauben gehalten / hinfort ist mir bey gelegt die Kron der Gerechtigkeit [956] welche mir der HErr an jenem Tage der gerechte Richter geben wird / nicht mir aber allein / sondern auch allen / die seine Erscheinung lieb haben. XXX. Diese Kron der Gerechtigkeit werden die frommen und Gläubigen von ihrem Heylande empfangen / nicht nur der Seele nach / sondern auch dem Leibe nach. Dann unsere Leiber sollen nicht ewig im Tode bleiben / sondern zu gewisser Zeit (welche allein Gott bekant ist) / aus dem Staube der Erden zum Leben aufferwecket / und mit ihrer ehmaligen Seele wieder vereiniget werden; worauff Gott durch seinen Sohn in angeno ener Menschheit das algemeine Gerichte über alle Menschen halten / die Ungläubigen und Gottlosen den bösen Teuffeln zur ewigen Hellen Pein übergeben / die Gläubigen und Frommen aber in die ewige himlische Seeligkeit auffnehmen wird. XXXI. Dieses ist der kurze Begriff der Christlichen Lehre / welche ein Mensch behueff seiner ewigen Seligkeit wissen / gläuben und leisten mus; bey welcher Einfalt die Ungelehrten verbleiben / und nicht durch ketzerische Irgeister und Schwärmer sich verleiten lassen sollen / als dañ werden sie ausser zweifel des ewigen Lebens versichert seyn. O ihr Könige und Fürsten / die ihr von Gott auff die höchsten Zinnen gesetzet seid / nach deren Verhalten sich die Untertahnen gemeinlich zu richten pflegen / nehmet von dem Christlichen Teutschen Herkules ein Beyspiel / und erkeñet doch / daß euch ja so wol obliege / euer Seligkeit / als anderen / wahrzunehmen / und in dem Worte Gottes euch fleissig zu üben. Wolte euch aber Herkules nicht darzu bewägen / so höret doch nur eures Gottes Befehl / welches der grosse Fürst und Kriegsheld Josua empfing / er solte das Buch des Gesetzes Tag und Nacht betrachten /und von seinem Munde nicht kommen lassen. König David wahr auch ein König ein Held und tapferer Kriegsman / und dannoch legte er oft den Reichsstab und Kron zu seines Gottes Füssen / nam die Harffe zur Hand / und tichtete die herlichsten geistreichesten Lieder / an denen alle betrübte und elende ihrẽ erquiklichsten Trost haben. Unser Herkules wahr Davids Nachfolger; wann er in Noht geriet / rieff er zu seinem Gott; wañ er Rettung empfing / opferte er ihm ob /Preiß uñ Dank / daher ihm nicht anders / als gelingen kunte. Und weil wir in dem Werke etliche Gebehter lücht hinzu gesezt haben / da sie eigentlich vom ihm sind gehalten worden / wollen wir dieselben alhie anführen.

Herkules Gebeht / welches er wegen seiner Bekehrung in damahliger Einfalt zu Gott getahn.

O Du ewiges Licht / welches der Sonnen und allem Gestirn ihren Schein giebet; mit was inbrünstiger Dankbarkeit sol ich deine unaussprechliche Gnade rühmen und preisen / daß du mich blinden elenden Sünder mit den Strahlen deines himlischen Glanzes erleuchtet / und mich zu deiner heilsamen Erkäntniß gleichsam bey den Haaren herzugezogen hast / in dem du mich durch Räubers Hand aus meinem vergötzeten abergläubigen Vaterlande hinweg gerissen / und an diesen Ort mich geführet hast / da ich deinen heiligen Nahmen / und deinen lieben Sohn JEsus Christ / meinen Heiland und Seligmacher erkennet habe. O du himlische Klarheit / dir sey davor ewig Lob und Preiß gesaget; mein Gott! mein Schöpffer! mein Heiland! erhalte und bekräfftige mich in diesem angefangenen Christentuhm / daß mich weder Noht noch Tod /weder Schande noch Ehre / weder Armuht noch Reichtuhm weder Freunde noch Feinde / weder Leibeigenschafft noch Freyheit davon abschrecken mögen / damit ich nach dieser mühseligen Vergängligkeit / unter den außerwähleten Kindern deines grossen ewigen Reichs möge erfunden werden. Behüte mich auch vor groben Sünden /daß ich deine Güte nicht verscherze / noch deiner Gnade mich verlustig mache; und dafern es dein gnädiger Wille ist / so gib mir [957] oder einem andern die Gnade / daß meine liebe Eltern / Bruder / Schwester und Anverwanten / und unter diesen insonderheit mein Ladisla und dessen Frl. Schwester auch zu dir mögen bekehret werden. Und wann ich dereins nach deinem Wolgefallen diese meine Knechtschafft ablegen / und nach Erheischung meines Standes / Ritterschafft üben und treiben sol / so behüte mich vor unnöhtigem Kampff und Blutvergiessen; laß mich auch / mein Heiland / den Ort besuchen / woselbst du vor meine Sünde gelitten / und mich am Stamme des heiligen Kreuzes erlöset hast / und leite mich in meinem ganzen Leben / mit deinem Heiligen Geiste / daß ich ein lebendiges Glied an deinem Liebe seyn und allezeit bleiben möge / Amen Amen.

Herkules Gebeht / als ihn Gott aus seiner Knechtschafft durch Ladisla erlösete.

Mein Heyland JEsus! wie süsse ist dein Nahme; wie groß deine Güte; wie unbegreiflich deine wunberbahre Almacht; wie unermäßlich der Abgrund deiner Barmherzigkeit! Herr mein Gott! gestern wahr ich ein Sklave und Leibeigener / jezt bin ich wieder eines GroßFürsten Sohn / und Königlicher Hocheit nahe. O du Brunquel aller erbarmung / wer ist dir gleich? O du Wundertähter / wer verstehet die Heimligkeit deiner Wege? Herr ich bin nicht wert / ich bin nicht wert aller barmherzigkeit und Güte /die du mir deinem schlimmen Knecht erzeigest. Du hast mich / Zeit der Leiblichen Dienstbarkeit / von den Ketten und Banden der geistlichen Knechtschaft / damit ich zur verdamnis gefesselt wahr / loßgemacht / welche Güte ich weder begreiffen noch erkennen kan; und nun mus auch mein Leib und Leben von dem Joche der zeitlichen Leibeigenschaft befreiet werden. Mein Erretter! groß sind deine Wunder / die du an mir beweisest; unermäßlich ist deine Barmherzigkeit / die mit leiblicher uñ geistlicher Glükseligkeit mich überschüttet. HErr mein Gott! sihe an meines Geistes Inbrunst / welcher dein Lob gerne erzählen wolte / und vor übermachter Freude nicht eins den Anfang darzu machen kan. Ey loß dir wolgefollen / daß der Wille da ist / den du mir gegeben hast / ob gleich das Vermögen wegen fleisches schwacheit nicht kan folge leisten. Du weist es / mein Hort / mein höchstes Gut du weist es / daß ich dich liebe / daß ich an dir meine Vergnügung habe / und mit dir wol zufrieden seyn wollen /ob ich gleich in meinem elenden Stande biß an mein greises Alter hätte sollen verbleiben / welches du aber nicht hast wollen zugeben. O du Erbarmer / wie sol ich dir davor gebührlich danken? Nun dann mein Heyland /fahre fort deinen Knecht gnädig heimzusuchen; fahre fort ihn zu trösten und zu laben / auffdaß er fort mehr deine Barmherzigkeit rühmen / und das Opfer seiner Lippen dir vorlegen könne. Aber O mein Gott! zubrich auch die Bande des leidigen Satans / mit welchen mein Ladisla /meine Eltern und Anverwanten / als deine abgesageten Feinde (Ach Gott erbarme dich ihrer) im Unglauben und verachtung deines Sohns gebunden sind. Du mein Helffer / zubrich sie / wie du die meine zubrochen hast / und erweiche ihre Steinerne Herzen / daß sie dereins erkennen mögen / was sie verachten / wann sie deinen Sohn verachten. Sihe an mein Gott / daß sie mehr aus Unwissenheit als Bosheit sündigen / und laß sie / wie den verstokten Saul / nach deiner Gnade zu Paulussen gedeien /umb deines lieben Sohns JEsus Christus meines Heylandes Willen / Amen Amen.

Herkules Gebeht / da er aus Henkers Händen entran /als Charidemus ihn wolte abschlachten lassen.

Süsser Heyland aller die auff dich trauen! dich wil ich loben allezeit / dein Lob sol immerdar in meinem Munde seyn; meine Seele sol sich freuen über deiner Hülffe; mein Geist sol nicht müde werden zu deinem Preise. O du Vater der Barmherzigkeit! du hast mich HErr aus des Löuen Rachẽ gerissen / und aus dem augenscheinlichen Verderben hastu mich erlöset / mein Heyland! O ihr gläubigen / preiset mit mir den HErrn / uñ last uns miteinander seinen Nahmen erhöhen; da ich den HErrn suchte antwortete er mir / und rettete mich aus den Händen der grimmigen Henker. Davor rühme ich HErr deine Güte; davor erhebe ich deine grundlose Barmherzigkeit. Dann sihe / das Schwert wahr schon über mich gezücket; der grimmige Blut Hund wolte mich gestücken lassen; aber du hast jhm [958] gewehret / und mein Leben errettet / durch eine wunderbahre Errettung. Lob sey dir du mein Heyland Preiß sey dir / du mein Helffer in aller Noht! So hilff nun ferner mein Gott / üm deines Namens Ehre willen /und gönne mir auffs minste nur so lange dieses zeitliche Leben / daß ich mein vertrautes Fräulein dir zuführen /und sie im Christentuhm unterweisen möge; hernach fodere mich wann dirs gefält. Doch ist es dein Göttlicher Wille / so laß mich nicht durch Henkers Schwert / als ein Ubeltähter / gefället werden / es währe dann / daß es üm deines Namens Bekäntnis geschehen solte / dessen ich mich nicht wegern / sondern dir zu Ehren alle Schande und Schmach gerne über mich nehmen wil. Bewahre auch meinen Ladisla / und übersihe gnädig seinen Un glauben; bekehre sein Herz / und laß jhn dereins den Nahmen eiferig bekennen / welchen er anietzt verächtlich hält / wiewol er / meines wissens / denselben zu lästern auffgehöret hat. Meine liebe Eltern und andere Anverwanten befehle ich gleicher weise deiner Gnade zur Erkäntnis der seligmachenden Warheit / und führe mich den Weg den ich wandeln sol / mein Fräulein zu erlösen /Amen / Amen.

Herkules Gebeht / da er erstmahls von Charas anlagete.

Bißher hastu mich geführet / O du GOtt meines Heilß! bißher habe ich deines kräfftigen Schutzes genossen / O du GOtt aller die auff dich trauen! wie mannicher Gefahr bin ich auff dieser Reise entgangen / aber HErr durch deine Hülffe; wie manniches Unglük hat mich müssen vorbey gehen / weil deine almächtige Gnaden Hand es abgewendet hat. Ich bin aber noch nicht vorüber / mein Helffer / sondern das wichtigste stehet mir noch bevor. Bißher habe ichs mit Räubern und einzelnen frevelhafften Buben zutuhn gehabt / aber nun werde ichs wider den mächtigsten Wüterich wagen müssen / an dem Orte /da seine grösseste Macht herschet / und mein Unvermögen durchaus nichts schaffen kan. Aber dieses tröstet mich / mein Gott; dieses stärket und kräftiget mich / mein Heiland / daß ich dich an meiner Seiten habe und spüre /dich / der du aller Könige Herzen in deiner Hand hast /und leitest sie / wie die Wasserbäche. Weil nun her HErr mein Licht und mein Heil ist / ey vor wem solt ich mich dann wol fürchten? weil der HERR meines Lebens Kraft ist / ey vor wem solte mir dann wol grauen? O HErr / es ist gut / sich auff dich verlassen / und nicht auff Menschen; deßwegen / weil ich dich habe / so frage ich nichts nach Himmel und Erden; was solte mich dann der Partische Wüterich schrecken? ich habe seinen frevelmuhtigen Sohn erschlagen / ehe ichs gedenken mögen; wie leicht ist dirs / daß du des gottlosen Vaters Macht auch danieder legest. Nun HErr ich trau auff dich in dieser Sache / die meines Nehesten Ehr / Leben und Seligkeit betrift / welche demnach dir nicht kan zuwider seyn; daher wirst du mir zur Rechten stehen / und mir heilsame Rahtschläge ins Herz geben / daß ich mein Vornehmen durch dich vorsichtig anfahen / geherzt fortsetzen und glücklich außführen möge Amen. Deine Güte HErr sey über uns / wie wir auff dich hoffen / Amen.

Herkules Gebeht / da er sein Gemahl Valisken aus Charas hinweg führete.

Jezt iezt mein Helffer! iezt habe ich deines Schutzes von nöhten / mehr als vor nie; darüm hilf O du mein Heiland und Erretter / dann ich verlasse mich auff deinen Beistand: sonst müste ich unter den grimmigen Löwen vergehen / die ohn zweifel mir bald folgen werden. HErr du weist es / daß auff deine Hülffe ichs gewaget / und auf Menschen Arm mich nicht verlassen habe; ja mein Gott /du weist es. O so geleite du mich des Weges / den ich wandeln sol; verblende meine Feinde / daß sie mich nicht sehen; verbirge ihnen meine Flucht / daß sie sein späte gnug inne werden; verhindere ihre Einfältigkeit / und lähme ihre Rosse; laß sie in ihren Rahtschlägen sich verwickeln / und drinnen zu schanden werden / welche sie zu meinem Verderben halten / und führe mich HErr in den Hafen der Sicherheit / daß ich nebest meinem Gemahl unser Vaterland wieder sehen möge; alsdann wil ich dir diesen Tag feiren mein lebenlang / und dir zu Ehren ein Dakfest anstellen / so lange ich den Odem ziehe / Amen / Amen.


[959] Wir sehen aus diesen und anderen dergleichen Gebehten / welche an unterschiedlichen Orten dieses Werks gelesen werden / was vor inbrünstige Gottesfurcht unser Herkules in seinem Herzen geführet / und dadurch allen Rittersleuten sich als ein Beispiel und Vorbilde zur Christlichen Nachfolge vorgestellet hat /welches sie wol beherzigen möchten / damit sie nicht nach Art der Boshaftigen / an stat des Heiligen Gebehts nur ein stätes erschrekliches Fluchen / Låstern und Schwören von sich hören lassen / die gottlosen Marterhansen / welche ihnen dadurch Gottes Ungnade und die hellische Verdamnis über den Hals zihen /auch aller redlichen Menschen Feindschafft damit verdienen.

Unser Schiff aber hat vor dißmahl / ungeachtet der unaussprechlichen heftig-stürmenden Wellen / dannoch den gewünschten Hafen erreichet / insonderheit /wann der Uhrschreiber dieses Werks erfahren solte /daß der Ehr- und Tugendliebende Leser durch diese Geschichte Leib- und Geistlich erquicket währe / als zu welchem Ende er die Mühe bey seinen vielfältigen Geschäften auff sich nehmen / und täglich etliche Schlafstunden seiner nächtlichen Leibesruhe entzihen wollen / damit er diese Geschichte der Welt bekant machte / welche über 1400 Jahr vergrabẽ gelegen / uñ durch den Krieg / welcher des ganzen Teutschlandes unterstes zu oberst gekehret / ohngefehr bey dem Weserstrohme unter einem hohlen Steine hervor gezogen ist; wodurch die Versetzung ausser allem zweifel hat wollen zuerkennen geben / daß nicht allein tapffere Helden aus Frankreich / Italien / Spanien und Griechenland / sondern auch deren viel aus Teutschland /uñ anderen Nordischẽ Ländern; entsprossen sind / die über andere ihres gleichẽ sich der wahren Tugend und ungefärbeten Gottesfurcht gewidmet haben.


Ende des Christlichen Teutschen Herkules. [960]

Anmerkung der Redaktion

A1 / A2 In der Originalvorlage fehlt die äußere Ecke der Buchseiten 285/286 des zweiten Teils. Die fehlenden Stellen sind durch eckige Klammern gekennzeichnet.

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TextGrid Repository (2012). Buchholtz, Andreas Heinrich. Roman. Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte. Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4563-E