[364] An den Bach

Der du immerdar die Fläche
Dieser Auen strömst entlang,
Mich, du lieblichster der Bäche!
Zieht auch stets derselbe Hang.
Deines Murmelns sanfte Klage
Uebertäubt nicht diesen Raum;
Leise bricht, was ich ertrage,
Aus gespresstem Herzen kaum.
Rein von den Gewäßern allen
Rinnet deine Silberflut,
Doch nicht reiner kann sie wallen
Als in mir der Liebe Glut.
Stürme, die das Meer empören,
Halten deinen Lauf nicht auf;
Keines Schicksals Wetter stören
Meiner Liebe treuen Lauf.
Wandelt Sie durch diese Wildnis,
So wirfst du ihr Bild zurück;
In dem Herzen stets Ihr Bildnis
Trag ich und in ihm mein Glück.
Sichern Boden bis zum Grunde
Schaut in dir man allerwärts.
Mir auch schwebt das Herz im Munde
Und sie blickt mir gern ins Herz.

Notes
Erstdruck in: Musenalmanach für 1800, hg. von J.H. Voß, Hamburg (Bohn).
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Boie, Heinrich Christian. An den Bach. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-3B3F-F