Erste Blüten, erster Mai

Lange schlug das Herz mir dumpf
Und in faulen Schlägen,
War ein tangbedeckter Sumpf
Ohne Wellenregen.
[61]
Bunte Blumen blühten rings,
Und ich ging vorüber;
Wissenschaft, die graue Sphinx,
Gab mir Nasenstüber.
Wissenschaft, die graue Sphinx,
Mag der Teufel holen;
Euch, ihr Blüheblumen rings,
Sei mein Herz befohlen.
Sonnevoll ist mein Gemüt,
Eine grüne Wiese,
Drauf es singt und springt und blüht,
Wie im Paradiese.
Eine Geige klingt in mir,
Glockenklar und leise ...
»Oh du allerschönste Zier! ...«
Wundersame Weise.
Glück und Glanz und Glorienschein
Ueber allem Leben,
Und die ganze Welt ist mein,
Mir zu Lehn gegeben.
Und mein Herz haucht Liebe aus,
Alle Not verendet,
Sorge, Sünde, Haß und Graus
Sind in Glück gewendet.
[62]
Dumme, holde Träumerei,
Immer kehrst du wieder:
Erste Blüten, erster Mai,
Schwärmerische Lieder.

Notes
Erstdruck in: Erlebte Gedichte, Berlin (Issleib) 1892, bzw. in: »Nemt, Frouwe, disen Kranz«. Ausgewählte Gedichte, Berlin 1894.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Bierbaum, Otto Julius. Erste Blüten, erster Mai. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-33FB-D