Maientanz

(Herrn Gerhäuser zugeeignet.)


Blütenblätter jagt der Wind
Von den jungen Zweigen,
Die sich nun im ersten Sturm,
Frühlingssturme neigen.
Rosarote Apfelblüh
Tanzt mit schneeig weißen
Kirschenblüten Ringelreih
Hell in Wirbelkreisen.
[63]
Junge Birken beugen sich
Jungferngrün im Winde,
Leise wisperts, froh erstaunt,
In der alten Linde.
Heia, erster Frühlingssturm,
Blütenblätterfeger,
Sei gegrüßt, Lenzjunker Wind,
Allerliebster Jäger!
Nicht zum Morde ruft dein Horn,
Ruft zu Tanz und Leben,
Ueber deinem Hussah-Zug
Schmetterlinge schweben.
Letztes Winterwehtum treibt
Dein Hallih von hinnen,
Hüte hoch und juhuhu!
Maitanz soll beginnen!
Wie der Blütenblätterschnee
Wolln wir Wirbel drehen,
Wie's der alte Maienbaum
Nimmer noch gesehen.
Flöte kichert, Geige singt,
Und der Baß brummt bieder,
Doch der Lenzwind über uns
Hat die schönsten Lieder.
[64]
Hat die große Melodei,
Helle Sturmlustweise;
Nach des Lenzen Pfeife tanzt,
Tanzt die frohen Kreise!

Notes
Erstdruck in: Erlebte Gedichte, Berlin (Issleib) 1892, bzw. in: »Nemt, Frouwe, disen Kranz«. Ausgewählte Gedichte, Berlin 1894.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Bierbaum, Otto Julius. Maientanz. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-324E-C