204. Hexenwäsche.

In Karlsruhe war eine Magd, die, wenn sie nachts waschen mußte, von niemand sich helfen ließ, dennoch[187] aber am Morgen mit der ganzen Wäsche allemal fertig war. Ihrer Herrschaft fiel dies endlich so sehr auf, daß sie dem Bedienten den Auftrag gab, das nächste Mal die Magd heimlich zu beobachten. Derselbe that dies und sah in der Waschküche eine Menge Katzen um den Zuber stehen und emsig waschen, während die Magd nur das Feuer unterhielt und öfters zu einer schwarzen Katze, welche die größte war, sagte: »Mohrle, nur sauber!« Nachdem der Bediente seinen Herrn herbeigeholt, und beide eine Weile unbemerkt zugesehen hatten, begaben sie sich wieder zu Bette. Am Morgen hing, wie jedesmal, sämmtliche Wäsche blendend weiß auf dem Trockenseil; aber als gleich nachher die Magd den Abschied erhalten und, ohne nach seiner Ursache zu fragen, das Haus verlassen hatte, war die Wäsche wieder so schmutzig, wie wenn sie gar nicht gewaschen worden wäre.

Von dieser Geschichte rührt die in Karlsruhe übliche Ermahnungsweise her: Mohrle, nur sauber!


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TextGrid Repository (2011). Baader, Bernhard. 204. Hexenwäsche. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-1B9D-E