213. Schwarzes Gespenst will erlös't sein.

Einem zehnjährigen Mädchen in Durlach erschien täglich ein schwarzer Mann, der oft aus den Zimmerwänden hervorkam und, ohne etwas zu reden, ihm überall hin folgte. Da das Kind, welches allein ihn wahrnahm, hierüber ganz abmagerte, befragte sein Vater einen Geistlichen, der dem Mädchen rieth, das Gespenst anzusprechen. Es that dieses und erhielt von ihm folgende [195] Antwort. »Komm drei Nächte nacheinander zwischen elf und zwölf auf das Feld bei der Gänsbrücke, wo ich auf einer großen Eisenkiste als schwarzer Hund mit feurigen Augen sitzen werde. Jedesmal jage mich herunter und laß dich durch nichts abschrecken, oder bewegen, einen Laut von dir zu geben. Vollführst du dies, so bin ich erlös't, und all das Geld in der Kiste ist dein Eigenthum. Dir ist erlaubt, drei Leute mitzunehmen; sie müssen aber in einiger Entfernung von dir stehen bleiben.« Mit seinem Vater, dem Geistlichen und einem Gerichtsmann begab sich nun das Kind dreimal zur bestimmten Zeit auf das Feld, wo die Männer ungefähr zwanzig Schritte hinter ihm zurückblieben. Zweimal ging alles glücklich, obgleich der Hund in der zweiten Nacht den Rachen noch drohender gegen das Mädchen aufsperrte als in der ersten. In der dritten aber, wo er Feuer spie, fürchtete es sich, ihn von der Kiste zu jagen und fiel mit dem Rufe: »O Jesus!« in Ohnmacht. Da versank die Kiste polternd in den Boden, und in der Luft entstand ein solches Getöse, daß es in Durlach gehört wurde. Das Kind brachten die Männer nach Hause, wo es sieben Tage später verschied. Nachher mußte das Gespenst wieder, wie früher, als schwarzer Hund auf dem Feld und der angränzenden Landstraße umgehen.


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TextGrid Repository (2011). Baader, Bernhard. 213. Schwarzes Gespenst will erlös't sein. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-16E6-3