Edelkönigs-Kinder

Mitgetheilt von H. Schlosser.


Es waren zwei Edelkönigs-Kinder,
Die beiden die hatten sich lieb,
Beisammen konten sie dir nit kommen,
Das Wasser war viel zu tief.
Ach Liebchen köntest du schwimmen,
So schwimme doch her zu mir,
Drey Kerzlein wollt ich dir anstecken,
Die solten auch leuchten dir.
Da saß ein loses Nönnechen,
Das that, als wenn es schlief,
Es that die Kerzlein ausblasen,
Der Jüngling vertrank so tief.
Ach Mutter herzliebste Mutter,
Wie thut mir mein Häuptchen so weh,
[249]
Könt ich ein kleine Weile
Spazieren gehn längst der See.
Ach Tochter herzliebste Tochter,
Allein solst du da nit gehn,
Weck auf deine jüngste Schwester,
Und laß sie mit dir gehn.
Ach Mutter herzliebste Mutter,
Mein Schwester ist noch ein Kind,
Sie pflückt ja all die Blumen,
Die in dem grünen Wald sind.
Ach Mutter herzliebste Mutter,
Wie thut mir mein Häuptchen so weh,
Könt ich eine kleine Weile
Spazieren gehn längst der See.
Ach Tochter, herzliebste Tochter,
Alleine sollst du da nit gehn,
Weck auf deinen jüngsten Bruder,
Und laß ihn mit dir gehn.
Ach Mutter, herzliebste Mutter,
Mein Bruder ist noch ein Kind,
Er fängt ja alle die Haasen,
Die in dem grünen Wald sind.
Die Mutter und die ging schlafen,
Die Tochter ging ihren Gang,
Sie ging so lange spazieren,
Bis sie ein Fischer fand.
[250]
Den Fischer sah sie fischen,
Fisch mir ein verdientes roth Gold,
Fisch mir doch einen Todten,
Er ist ein Edelkönigs-Kind.
Der Fischer fischte so lange,
Bis er den Todten fand,
Er grif ihn bei den Haaren,
Und schleift ihn an das Land.
Sie nahm ihn in ihre Arme,
Und küßt ihm seinen Mund:
Adie mein Vater und Mutter,
Wir sehn uns nimmermehr.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Edelkönigs-Kinder. Edelkönigs-Kinder. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-084F-A