Lehre an mich

1820.


Auf! Lege deiner Jugend Harnisch an!
Und schnalle um auch deine Rittersporen!
Was Glück? Sein Rädlein rollet ab und an;
Was Ruhm? Ein dunst'ges Gaukelbild für Toren.
Was bunter Tand, wonach die Menge greift?
Was Gold und Glanz und Titelklang und Orden?
Du greife das, was nicht wie Zufall schweift,
Du halte fest, was kein Tyrann kann morden.
Was du in strenger Arbeit dir erwarbst,
Was du im schweren Kampfe dir errungen,
Wodurch du reich sein wirst, auch wenn du darbst,
Und siegreich, wenn dich auch Gewalt bezwungen –
Das zarte Unsichtbare such' hervor,
Das dünne Fünkchen aus der Götterflamme,
Und jauchze: Zittre, Bube! Zittre, Tor!
Dies ist's, wodurch ich dir dein Nichts verdamme.
Dies ist's, worauf die ganze Erdenlast,
Wirfst du sie drauf, nur liegt und nimmer drücket,
Das Unsichtbare, was Gewalt nicht faßt,
Und, faßte sie's, nicht von der Stelle rücket,
Das Starke, was den bittern Feind, den Tod,
Mit allen seinen Schrecken selbst mag töten,
Das Frohe, was mit hellem Morgenrot
Des Unglücks dickste Wetternacht mag röten.
Dies nimm dir! Ruf auch die Gesellen auf,
Gespielen und Genossen tapfrer Jugend,
Die in der ernsten Arbeit dir den Lauf
Gestrecket auf der heißen Bahn der Tugend:
Durch das, was zornig schon den Knaben riß
Hinweg vom Tand, wonach's die vielen lüstet;
Steh nun als Mann im Sturm und Streit gewiß,
Auf! Waffne deine Schar und sei gerüstet!
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O sieh! Schon steht dein tapfrer Wappenknecht,
Der edle Stolz, und zucket mit dem Eisen;
Drei Helfer sitzen auf, der Mut, das Recht,
Das Licht – sie wollen sich die Alten weisen;
Die Wahrheit trägt das leuchtende Panier,
Die Hoffnung schwingt die fliegende Standarte;
Auch unsichtbare Kämpfer folgen dir;
Gebet und Wunsch sind Hüter auf der Warte.
Mit solchen mutig drein auf Sieg und Tod!
Es gilt, was Freien ziemlich sei, was Knechten;
Nur einen Jammer gibt's, nur eine Not,
Für nichts und schlimmer gar für Frevel fechten.
Hinein mit Gott! Dein kleines Schicksal rollt
Aus seiner Hand mit Millionen Losen.
Das glaube – fest geschieht, was er gewollt –
Und glaubst du recht, so werden Nesseln Rosen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Arndt, Ernst Moritz. Gedichte. Gedichte. Lehre an mich. Lehre an mich. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-06D9-F