Das Buch der Weisen und Narren
oder kluge und einfältige reden und antworten /welche von leuten aus allerhand natione bey verschiedenen begebenheiten / entweder im ernst oder aus schertz / vorgebracht worden

[1] 1.

Einige Edelleute verfügten sich in den schönen lust-garten eines Genuesers / welcher sich Stefano Carmagnola nennete / und hieselbst brach ein ieder an blumen und früchten ab / was ihm selbsten beliebte / dergestalt / daß diese garten-besuchung einer halben plünderung ähnlich war. Beym abschiede aber bedanckten sie sich gegen den eigenthums-herrn / und sagten unter andern zu ihm: Mein herr hat einen schönen garten: iedoch ist es rathsam / selbigen wohl zu bewahren / und niemand hineinzulassen /damit er nicht verdorben werde. Ich dancke euch vor die gute erinnerung / antwortete hierauf Stefano Carmagnola: Ihr hättet mir es aber sagen sollen /ehe ihr herein kommen seyd.

2.

Ein hochmüthiger Pedante aus Puglia zeigete Jacopo Sanazzaro ein verfertigtes hochzeit-gedichte / und als er aus dieses berühmten poeten kaltsinnigen geberden verspürete / daß ihm [1] nichts daran gefallen habe /sagte er zu ihm: Glaubet mir / mein herr / daß ich es in einer nacht gemacht habe. Worauf ihn jener mit dieser artigen antwort abfertigte: Ihr hättet nicht nöthig gehabt / mir solches zu sagen / denn ich habe es außer dem wohl gesehen.

3.

Ein alter greiß und ein jüngling hatten sich zugleich in eine weibs-person verliebet / in deren gegenwart dieser jenen beschimpffen wolte / und ihn dannenhero fragete: wie alt er seye? Darauf der alte zur antwort gab: Ich weiß es so gar genau nicht. Dieses aber weiß ich wohl / daß ein zwantzig-jähriger esel älter ist / als ein siebentzig-jähriger mann.

4.

Als ein alter deutscher ministre von einer zu Franckfurt am Mayn angestelleten conference wiederum nach hause kam / sagte er: Es freue ihn nichts mehr / als daß er sich in seinem alter noch etliche mal mit gutem gewissen in Rheinischem weine voll trincken können: Denn weil solches in seines Fürsten verrichtungen geschehen war / so vermeynete er / es habe sein beruff nicht zugelassen / die zugebrachten gesundheiten auzuschlagen.

[2] 5.

Ein gewisser bauer hatte seine frau etliche mahl im ehebruch ergriffen; dahero er sich gegen seinen schwieger-vater beklagete / welcher ihn mit folgenden worten tröstete: Gieb dich zufrieden / mein sohn /und lasse sie eine zeitlang also handthieren: es wird sie schon einmal gereuen / wie es auch ihrer mutter wiederfahren ist.

6.

Ein Frantzose hatte einen Genueser zum duell ausgefordert / weil sich derselbe seines wapens angemaset. Als sie nun auf dem platze erschienen waren / fragte der Genueser seinen gegentheil: was er in seinem schilde führete? der Frantzose antwortete: einen ochsen-kopff. So ist es denn nicht nöthig / erwiederte der Genueser / daß wir uns darum schlagen: denn in meinem wapen stehet nur ein kühe-kopff.

7.

Zu Piovano Arlotto kam einer / welcher drey scheffel korn von ihm borgen wolte / und zu welchem er sagete: Gehe auf den boden / und nimm so viel korn /als du verlangest. Als nun dieser kein korn fande /und solches Piovano Arlotto hinterbrachte / sagte dieser: Hast du denn dasjenige / so du mir in verwichenem jahre abgeborget / nicht wieder auf meinen [3] boden getragen? wohlan / so messe dir es selbsten bey / daß du keines allda findest.

8.

Als Benassai Finetti sahe / daß Ruberino / der ihm eine grosse summe geldes schuldig war / im sarge lag / sagte er: In wahrheit / dieser ist nur deßwegen gestorben / damit er mir nicht bezahlen darff.

9.

Ein armer mann bettelte zum öfftern bey einem reichen von Adel um einen heller / bekam aber zum öfftern an statt der allmosen einen hauffen schelt-worte. Einsmals aber empfand dieser Edelmann grosse wehtagen an dem einen knie / weswegen er dem armen ein allmosen gab / und zu ihm sagte: Er solte vor ihm beten / damit er bald wiederum gesund werden möchte. Allein / an statt dessen seuffzete der arme in seinem gebet / daß dem Edelmann das andere knie auch wehe thun solte / damit er desto freygebiger und andächtiger würde.

10.

Eine geschminckte dame rühmte sich / die manns-personen seyn ihr dermassen zu wieder / daß sie nicht leiden könne / wenn sie dieselben anrühreten. Hierauf antwortete ein Satyrischer kopff: Ich weiß es wohl /madame / und damit sie desto leichter aus den manns-händen [4] entwischen könne / so hat sie sich vielleicht so fett geschmieret.

11.

Lorenzo de Medici wurde ersucht / einem gewissen Florentiner seine stimme zu geben / welcher gerne in den Rath gewesen wäre / anbey aber den trunck ziemlich liebete; Dahero derjenige / so vor ihn bat / zu seiner recommendation sagte: Man könne vermittelst eines glases wein von ihm erlangen / was man nur immer wolle. Wie würde ich aber bestehen / antwortete Lorenzo de Medici / wenn ihm ein anderer eine flasche voll gäbe?

12.

Einige Cavaliers complimentirten mit einander / welcher am ersten die treppe hinunter gehen solte / da immittelst ein lustiger schreiber / indem er den häuffigen reverencen platz machen wolte / durch einen fehltritt unversehens von oben biß hinunter stürtzete. So bald er wiederum auf den beinen war / rieff er hinauf: Messieurs / wollen sie nicht bald nachfolgen? worüber ein gelächter entstund / und der präcedentz-streit geschlichtet wurde.

13.

Einem liebhaber war seine mutter gestorben. Nichts destoweniger ritte er eines tages auf einem mit sammeten zeuge geziereten maul-esel [5] aus / in willens seine geliebte zu besuchen. Auf dem wege begegnete ihm Battista Lomellino / und sagte: O welch eine schande ist dieses! eure mutter ist gestorben / und dennoch reitet ihr auf einem maul-esel mit sammeten zeuge. Worauf jener alsofort antwortete: Vergebet mir / ich wuste nicht daß der maul-esel meiner verstorbenen mutter anverwandter wäre.

14.

Giovanni Arcimboldo / Ertz-Bischoff zu Meyland /pflegete zu sagen: Die schmeichler seynd den affen sehr ungleich: denn indem diese den menschlichen geberden nachahmen wollen / werden sie zum öfftern gefangen: jene aber fangen andere /indem sie die menschlichen worte und geberden nachäffen.

15.

Ein mann / welcher mit dem einen auge blind war /fand daß seine braut bereits zuvor die jungferschafft verlohren hatte / weswegen er viele schelt-worte gegen sie ausstieß. Sie aber antwortete: Du wilst haben / ich solle unverletzet seyn / und hast doch selbsten nur ein auge. Als nun der mann erwiederte:Diesen schaden haben mir meine feinde verursachet. [6] So setzte sie hinzu: und den meinigen meine freunde.

16.

Der arme Cocchino wohnete in einem hause / darinnen nichts vorhanden war. Einsmahl schlich sich bey nacht ein dieb hinein / welcher mit der hand überall herum griffe / um zu erfahren / ob nichts daselbst zu stehlen wäre. Solches wurde Cocchino inne / und sagte: Greiff nur herum / so lange du wilt. Ich will ja noch erfahren / ob du dasjenige zur nacht-zeit allhier finden wirst / was ich am tage nicht finden kan.

17.

Als ein Engelländer auf einem gastmahl war / wurde ihm ein becher wein zugebracht / darinnen er / als er ihn an den mund setzete / eine todte fliege fand. Solche nahm er heraus / warff sie aber / als er getruncken hatte / wiederum hinein. Wie man ihn nun um die ursache fragte / gab er zur antwort: Ich meines theils liebe die fliegen nicht. Wer weiß aber / ob nicht sonsten iemand in der gesellschafft appetit darzu hat.

18.

Ein deutscher Edelmann ritte nach Regenspurg / und als er auf die brücke kam / strauchelte sein pferd /also daß es auf die vörder-füsse fiel. [7] Dieses sahe eine frau / welchen ihn hefftig auslachte: dahero er zu ihr sagte: Mein pferd machet es niemals anders /wenn es eine hure siehet. Worauf die frau im schertz antwortete: so sehet euch vor / mein freund / daß ihr auf diesem pferde nicht in die stadt reitet /sonsten werdet ihr gewiß den halß brechen.

19.

Pietro Marzi / ein Edelmann von Siena / befand sich einsmals auf seinem land-hause / welcher / als er einen seiner freunde vorbey reisen sahe / selbigen bey seinem namen ruffete / und ihn inständig ersuchte /bey ihm abzutreten / weil ein grosses ungewitter bevor stunde. Allein jener bedanckte sich / und setzete seine reise fort. Als ihn aber ein hefftiger regen überfiel / kehrete er um / pochete an dem land-hause an /und sagte: Pietro / es hat mich gereuet. Worauf aber dieser zur antwort gab: und mich auch. Also / daß der reisende genöthiget wurde / eine andere herberge zu suchen.

20.

Es hatte einer seinen diener zu einem krancken geschicket / welcher mit einem auge blind war. Als nun der diener zurücke kam / und der herr fragete / wie sich der krancke befände / antwortete jener: Er sey gestorben / und habe er ihn sterben sehen. [8] Hierauf fragte der herr: Ob ihm das sterben auch schwer ankommen sey? der diener antwortete: Nicht so schwehr /als anderen / weil er nur ein auge zuzuthun gehabt.

21.

Als unter den Medicis die frage entstunde / was dem gesichte am zuträglichsten seye / und einige den fenchel / andere aber die brillen rühmeten / so sagte Jacopo Sannazaro: Es seye den augen nichts nützlicher, als der neid / weil er machete / daß man anderer leute sache weit grösser und vollkommner ansähe / als sie in der that wären.

22.

Ein Genuesischer Edelmann lockete einen berühmten musicanten durch viele versprechungen an sich. Als nun derselbe einige tage lang sehr künstlich auf der guitarre gespielt hatte / und seinen lohn forderte / antwortete der Edelmann: Er habe ihn bereits ehrlich und redlich bezahlet. Weil nun jener hierauf erwiederte: Wie? habe ich doch keinen heller empfangen. So versetzte der Edelmann: Ich habe dir lust vor lust gegeben / indem ich dich nicht weniger mit der hoffnung vergnüget / als du mich mit dem thone belustiget.

23.

Als sich ein soldate beklagte / daß er in dem [9] Algierischen kriege schiffbruch erlitten / sagte Johannes Morville / Abt von Mezzeborgo / zu ihm: Wenn dieses der erste schiffbruch ist / so hüte dich vor dem zweyten: Ist es aber der zweyte / so beklagst du dich mit unrecht / indem du die untreue des meeres schon zuvor erkennen sollen.

24.

Ein argwöhnischer sagte zu Barlaccia: Ich lache darüber / daß du mich zu betrügen gedenckest: ich wolte dich alle tage hundert mal auf dem marckte verkauffen. Worauf Barlaccia zur antwort gab: Dieses getrauete ich mir mit dir nicht zu thun / wenn ich dich schon auf zwey hundert märckte trüge. Hiermit anzudeuten / es seye sein gegentheil nicht so viel werth / daß man ihn verkauffen könte.

25.

Als sich M. Lorenzino Tebaldo rühmete / daß er eine frau mit einem grossen braut-schatz geheyrathet; sagte Camillo Oliva zu ihm: Weist du nicht / du armer mann / daß durch die thüre / durch welche der grosse braut-schatz eingehet / die freyheit des mannes heraus gehet?

26.

Es hatte ein ritter eine fliege in seinen schild [10] mahlen lassen / welchen er im thurnier brauchete. Als nun einer zu ihm sagte: Er habe deswegen eine kleine figur erwehlet / damit er nicht erkennet seyn wolte: So gab er zur antwort: Daran lügest du / denn ich habe deswegen ein so kleines thier in meinem schilde /daß ich mich meinen feinden desto mehr nähern möchte / und daß sie die gemahlte fliege sehen sollen / wie du es anietzo selbst erfahren wirst.

27.

Ein geitziger beklagte sich über einen edelmann von Modena / ob habe derselbe von ihm ausgesprenget /daß er seine alte schue verkauffte. Jener aber stellte sich an / als ob er sich entschuldigen wolle / und sagte: Wer euch solches vorgebracht hat / der lüget es in seinen hals / sondern ich habe gesaget /daß ihr alte schue kauffet / nicht aber verkauffet.

28.

Einsmals wurde Queraldo / König Peters von Arragonien rath / als abgesandter zu dem Könige von Tunis verschicket / welcher ihn zur abendmahlzeit bat. Dieser König nun ließ heimlich alle knochen zu des Queraldo füssen werffen / also / daß er es nicht gewahr wurde. Als die mahlzeit vollendet war / sagte einer zum spott: In wahrheit / es muß allhier kein mensch / sondern ein wolff zu abend gegessen haben. [11] Queraldo aber kehrte sich gegen den König /und erwiederte: Ich habe vielmehr mit wölffen gespeiset / welche das fleisch und die knochen zugleich fressen / da hingegen ich / als ein mensch gegessen / und die knochen den hunden vorgeworffen habe.

29.

Als Gonella von dem Marchese Nicolo von Ferrara gefraget wurde: Welche art menschen die volckreichste in Ferrara wäre? So antwortete er alsobald: DerMedicorum wären am meisten. Hierüber verwunderte sich der Marchese / und sagte: Die stadt habe ja aufs höchste nicht über zwey oder drey Medicos. Allein Gonella blieb bey seiner meynung. Dahero eine wette unter ihnen angestellet wurde / um zuerfahren / welcher die unwahrheit geredet habe. Den andern morgen stellete sich Gonella an die thüre der Dom-kirche /und hatte das gesichte gantz mit peltz verwickelt /worbey er zu allen / welche in die kirche giengen / sagete / daß ihm die zähne wehe thäten / da ihn denn ein ieder und der Marchese auch selbsten ein mittel darwider lehrete. Er aber schrieb ein iedes recept und nahmen auf / unter welchen er den Marchese oben an setzete.

30.

Als einige übelthäter zu Perugia gehencket werden solten / wolte der schergen-hauptmann [12] haben / daß ein gewisser zimmermann den galgen verfertigen solte / welcher sich aber dessen weigerte. Nachdem nun der stadthalter solches erfahren / ließ er ihn vor sich fordern / und sagte zu ihm: Wohlan / bist du derjenige /welcher sich unterstehet / mir ungehorsam zu seyn? worauf der zimmermann mit furcht und zittern antwortete: Ach herr / vergebet mir dißmal / ich wuste nicht / daß der schergen-hauptmann den galgen vor eure Herrligkeit bestellete / sonsten hätte ich ihn gerne gemacht / so aber vermeynete ich / er wolte ihn vor einen dieb haben.

31.

M. Antonio von Cercina fragete einen bauer / der von Florentz kam: Was saget man zu Florentz? giebt es keine lügen daselbst? worauf dieser antwortete:Man saget daselbst / ihr seyd ein ehrlicher mann.

32.

Eine leichtfertige frau vergönnete ihrem liebhaber alle glieder ihres leibes / ausgenommen den mund. Als sie nun um die ursache gefraget wurde / gab sie zur antwort: Als ich mich verheyrathete / versprach mein mund meinem mann / ihm getreu zu seyn / und ich wolte auch lieber sterben / als ihm mit dem munde untreu zu werden.

[13] 33.

Wenn der gelehrte Giovanni Francesco einige unbesonnene leute reden hörete / welche selbsten nicht wissen / was sie sagen / so sprach er: Diese reden ehe / als sie gedencken.

34.

Doctor Susio pflegte zu sagen: Gleichwie den krancken aus wiederwillen gegen die artzney auch so gar vor dem glase eckelt / darinnen sie dieselbe empfangen / also werden auch diejenigen / welche böse zeitungen überbringen / mit denselben zugleich gehasset.

35.

Cosmo de Medici sagte zu einem gelehrten aber bösen und närrischen mann: Ihr habt gar zu guten wein in einem so schlimmen Fasse.

36.

Ein Medicus zu Pistoia / nahmens M. Bartholomeo /als er gefraget wurde: Warum er im alter eine frau genommen? so gab er zur antwort: Den alten fänget der verstand an abzunehmen / dahero nahm ich mich in acht / als ich noch jung und von gesunder vernunfft war. Anitzo aber da ich alt und nicht so verständig mehr bin / habe ich mich fangen lassen.

[14] 37.

Einer gab dem andern schuld: Daß er niemals die wahrheit sagete; worauf jener antwortete: Du thust mir unrecht / denn ich rede meistentheils gutes von dir.

38.

Ein bauer wurde dermassen mit zahn-schmertzen geplaget / daß er den schluß fassete / nach Siena zu gehen / und sich den schadhafften zahn ausbrechen zu lassen. Indem er aber auf dem marckte daselbst vor eines barbierers hause stehen blieb / und einen mann sehr genau ansahe / welcher eyer-kuchen verkauffete /sagte ein nicht weit darvon stehender soldate zu ihm:Sage mir / mein freund / wie viel kuchen gedachtest du zu essen? worauf der bauer antwortete: hundert. Der soldate fuhr fort / und sagte: aber wenn du sie nicht alle aufissest / was wilst du alsdenn verlohren haben? Mein herr / gab der arglistige bauer zur antwort / ich habe kein geld. Aber wenn ich sie nicht alle verzehre / so will ich leiden / daß mir ein backen-zahn aus dem munde gerissen werde. Also fieng er an zu essen / und als er an den zehenden eyer-kuchen kam / gestunde er / daß er verlohren habe. Derowegen riß ihm der barbierer den schadhafften zahn aus / wovor der soldate noch die gebühr [15] bezahlte / dergestalt / daß der bauer einen doppelten vortheil hatte.

39.

Zu einem einfältigen Notario kamen zwey männer /welche eine handschrifft machen lassen wolten. Als er aber hörete / daß sich der eine Franciscus und der andere Petrus nennete / sagte er zu ihnen: Haltet euch nicht länger bey mir auf / diese handschrifft kan nicht gemacht werden / denn nach meinem formular muß der eine Titius der andere aber Sempronius heissen.

40.

Es schalte einer dem andern im schertz einen dieb /welchem der gescholtene antwortete: Dieses kan nicht seyn / denn man siehet den hencker und dieb niemals bey einander / als wenn dieser zum galgen geführet wird.

41.

Es rühmte sich einer: Er habe niemahls wahr geredet / worauf ein anderer antwortete: Anitzo thue er es.

42.

Als Lucretia Gonzaga von einer gewissen dirne redete / welche bald diesem bald jenem günstig war / sagte sie: Diese ist gleich wie eine wage / welche sich auf diejenige seite wieget / allwo sie am meisten bekömmt.

[16] 43.

Ein abergläubischer rieff S. Johann den täuffer alle morgen an / und bat ihn um bericht / ob seine frau getreu wäre / und was aus seinem sohne werden würde? Als nun einer / der sich hinter das bild dieses Heiligen gestecket hatte / zur antwort gab: Deine frau ist eine hure / und dein sohn wird gehenckt werden. So wurde der abergläubische gantz bestürtzet / kehrete sich nachmals zu dem Heiligen / und sagte: S. Johann / S. Johann / du hast immerfort so übel geredet / und deiner bösen zunge wegen wurde dir auch der kopff herunter geschlagen.

44.

Die Venetianer schicketen einmals zwey junge abgesandten zu dem Kayser / welchen er keine audientz ertheilen wolte / aus ursachen / weil die Republic sonsten iederzeit verständige / nicht aber solche junge leute an ihn abgeordnet hätte. Worauf sie / als ihnen der zutritt endlich noch verstattet wurde / sagten: Allergnädigster Herr / wenn die Signoria von Venedig geglaubet hätte / daß die weißheit in den bärten verborgen wäre / so hätte sie zwey böcke als abgesandten anhero geschicket.

45.

Als einer armen mann fragete: Wovon [17] er lebete? So gab er zur antwort: Ich weiß es nicht / wenn ihr mich aber fraget / wovon ich sterbe / so sage ich /vom hunger.

46.

Als Giulia Trivulza / Marchesin von Vigevano / die Lelia Fontana ermahnen wolte / sich ihres schwieger-sohnes anzunehmen / so thate sie es mit folgenden worten: Er solte euch in wahrheit viel lieber seyn /als euer eigener sohn / denn diesen hat euch das glücke / jenen aber eure eigene wahl gegeben.

47.

M. Filippo Binaschi pflegete zu sagen: Man solte einem blinden kein allmosen geben / denn so bald mans ihm gegeben habe / wünschte er / daß er seinen gutthäter am galgen hencken sähe.

48.

Der mahler M. Francesco Salviati wolte am liebsten bey einem gewissen verlogenen priester beichten / und als er um die ursach gefraget wurde / sagte er: Wenn dieser priester die beichte ungefehr ausschwatzete / so würde es ihm doch niemand glauben.

49.

Susanna Paravicina redete mit Lucretia Rangona von dem sterben / und sagte unter andern / daß sie sich vor einem plötzlichen tode sehr [18] fürchte: worauf diese antwortete: Diesen tod solten wir am meisten wünschen / weil er uns von demjenigen befreyet / was im tode am schmerzlichsten zu seyn pfleget / nemlich von der furcht vorm tode.

50.

Als sich ein bauer sehr behagte / daß ihm die wölffe einen sohn gefressen / sagte Franceschina von Dreßino an statt des trostes zu ihm: Du armer mann /überlaß diese klage den würmern / welche um ihre gewöhnliche nahrung kommen seynd.

51.

Tomaso Guadagni / ein reicher Kauffmann / machte anstalt / zu Lion ein grosses hospital aufzubauen / um die kranken darinnen zu unterhalten. Als solches ein lustiger mensch / nahmens Salteregli / sahe / sagte er:Es sey zu klein / und als Guadagni fragte / warum? so gab er zur antwort: Wenn alle diejenigen hinein kommen sollen / welche ihr arm gemacht habt /so wird nicht die helffte raum darinnen haben.

52.

Eine geitzige frau vermischte ihren dienern den wein allzusehr mit wasser / und als einer mit vollen backen übern tische wacker drauff fraß / sagte sie aus kargheit zu ihm: Wenn wird [19] deine mühle einmal stille stehen? Worauf er antwortete: Solches wird noch so bald nicht geschehen / denn ihr machet / daß uns kein wasser fehlet.

53.

Als einer von seinem freunden getadelt wurde / daß er des morgens so lange im bette läge / gab er zur antwort: ich bin kaum erwacht / so kommen zwey weibs-personen vor mein bette / nemlich die ämsigkeit und die faulheit. Eine ermahnet mich zum aufstehen / mit vermelden / ich solle den tag nicht im bette zubringen; Die andere wendet ein: Ich solle der ruhe des leibes pflegen / weil es nicht gut sey / daß sich der mensch iederzeit müde mache. Indem nun die erste ihre meynung behaupten will / und die andere darauf antwortet / so bin ich als ein richter / welcher ihre streit-händel anhöret /und also warte ich immer / ob sie zuletzt einig werden würden. Dahero kömmt es / daß ich in erwartung des ausganges so langsam vom bette aufstehe.

54.

Eine adeliche Dame pflegete diejenigen / welche keine worte machen / sondern thun / was sich gebühret / mit dem feigen-baum zu vergleichen / welcher früchte und keine blüthen bringet.

[20] 55.

Einer rühmte sich: Er werde niemals müde / seinen freunden zu dienen / worauf ihm geantwortet wurde:Du wirst niemals müde / weil du niemals anfängest.

56.

Es fieng ein alter greiß an / sich der krücken zu bedienen / als solches Cosmo d' Arezzo sahe / sprach er:Dieser gute mann wolte so gerne zum tode gelangen / daß es scheinet / ob seyen ihm zwey beine hierzu nicht genug.

57.

Es hatte ein Spanier eine wunde am kopff bekommen / indem er zwey zäncker scheiden wollen. Als nun ein berühmter Medicus / M. Hortensio Albertini genannt / gewahr wurde / daß der barbierer mit einem instrumente fühlte / ob vielleicht das gehirne verletzet wäre / sagte ihm der Medicus ins ohr: Bist du nicht einfältig? weist du denn nicht / daß / wenn er gehirne gehabt hätte / so würde er darvon geblieben seyn?

58.

Als eine adeliche Dame in grossen geburts-schmertzen lag / schwur sie / ihre lebens-zeit sich vor der schwängerung zu hüten. Nachdem aber das kind zur welt kommen war / sagte sie zu einer magd / welche ein aus andacht angezündetes licht [21] in der hand hatte:Lösche dieses licht aus / und hebe es auf / biß ich es wieder nöthig habe.

59.

Als M. Nicolo Costanti gefragt wurde: Warum die kleinen leute hertzhaffter wären / als die andern? Gab er zur antwort: Weil sie weniger zu beschützen haben.

60.

Casimiro Accursio pflegete zu sagen: Die kranckheit sey ein anfang des todes / der tod aber ein ende der kranckheit.

61.

Zwey Edelleute hatten sich in eine schöne dirne verliebet / und weil sie sich hierüber veruneinigen / so geschahe es / daß sie einst in der nacht vor der thür dieser barmhertzigen schwester die degen gegen einander entblöseten. Als sie nun den tumult hörete / verfügete sie sich ans fenster / und sagte: Ihr Herren /euer streit muß mit geld und nicht mit dem degen geschlichtet werden.

62.

Als M. Giuseppe Pulla gefraget wurde: Wie mans machen müsse / daß die leute ein verlangen nach einem trügen / wenn man schon gestorben wäre? gab er zur antwort: Man müsse viele schulden verlassen.

[22] 63.

Es solte ein dieb gehencket werden / und weil kein hencker zugegen war / wurden einem armen taglöhner zwey thaler nebst den kleidern des verbrechers zugesaget / wenn er die stelle eines nachrichters vertreten wolte. Solches gieng der taglöhner ein / und so lange das geld dauerte bekümmerte er sich um keine arbeit. Weil ihm aber als einem faulen die armuth bald auf dem fusse nachfolgete / ruffte er das volck zusammen / und sagte: Ich habe das amt eines henckers verrichtet / anietzo aber bin ich ärmer als dazumahl / derowegen thue ich euch zu wissen / daß unerachtet man mir zu erst zwey thaler gegeben / um nur einen einzigen menschen zu hencken / so erbiete ich mich doch voritzo /weil mich die noth treibet / vor zwey thaler zehn personen aufzuknüpffen / und deßwegen habe ich euch zusammen geruffen.

64.

Thomaso von Siena sagte: Ich möchte nicht gerne duelliren / denn weil ich überall lauter hertze bin / so würde die geringste wunde ums leben bringen.

65.

Einer / welcher sich durch seine boßheit viele feinde gemachet / pflegte zu sagen: Man sey niemals sicherer / als wenn man viele feinde habe / [23] indem ein ieder wartete / ob sich der andere rächen werde / und also rächete sich keiner / dargegen solle man sich fürchten / wenn man nur einen einzigen feind habe.

66.

Einer erzehlte: Es habe das glücke ein schlaffendes kind auf einem brunnen erblicket / weswegen es dasselbe aufgewecket / und zu ihm gesagt: Packe dich hinweg / du kleiner thor / denn wenn du hinein fielest / so würde man hernach sagen / es sey das glücke / nicht aber deine thorheit daran schuldig.

67.

Als die einwohner zu Savona berathschlaget hatten /sich von der Genueser herrschafft loß zu machen /wurde in Genua gefraget: wie man sie bestraffen solte? Da denn ein ieder ausschrie: Man solle sie zu grunde richten. Dahero Paolo Spinola / um die erbitterten gemüther einiger massen zu besänfftigen / diesen artigen vortrag that: Wenn ihr rathet / ihr herren /daß man Savona zu grunde richten soll / so hielte ich unmaßgeblich davor / es sey das beste mittel / einige unserer kauffleute dahin zu senden / welche anitzo auf mehr als sieben hundert tausend ducaten banqueroute gemacht / und hierdurch den vierten theil dieser mächtigen stadt Genua ruinirt haben.

[24] 68.

Als ein Edelmann von Meyland in einer Abgesandschafft nach Florentz verschicket wurde / und aus eitelem hochmuth immer eine andere güldene kette um den hals henckete; so sagte Nicolo Nicolini hiervon: Andern narren ist eine eintzige kette genug /dieses Edelmanns narrheit aber ist so groß / daß er vieler ketten nöthig hat.

69.

Als Thomas Morus / Cantzler in Engelland / nicht billigte / daß König Henrich der VIII. sich zum oberhaupt der Engelländischen kirche machen wolte /wurde er zum tode verurtheilet / iedoch mit der bedingung / daß ihm biß auf den folgenden morgen zeit gelassen werden solte / sich eines bessern zu besinnen. Nachdem nun die stunde der vollstreckung des urtheils erschienen war / und ihn einer fragte: Ob er seine meynung geändert habe? sagte er: Ja / mein herr / ich hatte erstlich beschlossen / mir die lippen lieber abschneiden zu lassen / als daß ich zum tode gehen solte. Als ich aber nachmals die sache besser überlegete / hielte ichs vor rathsamer / den bart und den kopff zugleich abnehmen zu lassen. Indem aber einer seiner freunde thränen vergoß / kehrte er sich zu ihm und [25] sagte demselben zum trost folgende verse des Petrarcha:


Che più d'ungiorno è la vita mortale,
Nubilo, breve, freddo e pien di noia?
Che può bella parer; ma nulla vale.
Gleicht dieses leben nicht nur einem blosen tage /
Voll nebel / kurtz und kalt / wie auch voll angst und plage?
Es scheint offt schön zu seyn / und taugt im grunde nichts.

70.

Ein vornehmer herr fragte einen narren / den er mit sich führete: Wie viel man / seiner meynung nach /körbe haben müste / um einen gewissen berg hinweg zu tragen? Worauf der narre alsofort antwortete: Herr / wer einen korb hätte / darein die helffte des berges gienge / der brauchete nur zwey körbe.

71.

Als einem hirten ein kalb bey seiner heerde fehlete /that er dem Jupiter eine gelübde / ihm ein lamm zu opffern / so ferne er ihm die gnade erwiese / seinen dieb anzutreffen. Bald darauf fand er einen löwen in einem eich-walde / welcher sein kalb fraß / worüber er dermassen erschrack / daß [26] er die hände gen himmel hielte / und sagte: O Jupiter / nach dem ich nun meinen dieb gefunden / so verspreche ich dir einen ochsen / wenn du mich aus seinen klauen errettest.

72.

Ein mäurer / nahmens Antonius / fiel zu seinem unglücke von einem hohen dache herunter / und traff einen mann / welcher auf der erden saß / dergestalt /daß derselbe starb. Dahero der sohn des ertödteten den mäurer alsobald vor gerichte forderte / und ihn des todtschlages beschuldigte. Der angeklagte aber vertheidigte sich folgender massen: Mein freund /ich will hiervor gerne büssen / steige du selbsten auf denjenigen ort / von welchem ich herunter fiel / und ich will mich dahin setzen / wo dein vater saß / alsdenn stürtze dich von oben herunter /und bringe mich gleichfalls um.

73.

Es wurde in einer gesellschafft berathschlaget / ob es zur allgemeinen wohlfahrt besser wäre / wenn man in den städten gar keine Medicos hätte? worbey das exempel der stadt Rom angeführet wurde / welche sich ungefehr sechs hundert jahre ohne dergleichen personen erhalten. Mitten unterm gespräch kam Bernardo Castelletti / ein sinnreicher Genueser / darzu / welcher sagte: Ich [27] bin anderer meynung / und halte davor /daß die Medici sehr nöthig seynd / indem sonsten die anzahl der menschen so groß werden würde / daß die welt nicht weit genug darzu wäre.

74.

Galeotto Malvoluto war dermassen geitzig / daß er keinen wein aus dem keller langete / wenn derselbe nicht zuvor anfieng sauer zu werden. Als dannenhero sein diener gefraget wurde / was sein herr machte? Gab er zur antwort: Er wartet darauf / daß der wein sauer werden soll.

75.

Der Ertz-bischoff zu Florentz sagte zum Cardinal Alessandrino: Der mensch habe in dieser welt nichts /als die güter / den leib und die seele; Allein die güter würden von den Advocaten / der leib von den Medicis / und die seele von den Theologis gequälet. Worauf der Cardinal antwortete: Drum werdet ihr wenig Advocaten finden / welche arm seynd; wenig Medicos /welche artzeneyen brauchen; und wenig Theologos /welche ketzer seynd.

76.

Castruccio Castracani / Herr von Lucca / Pisa und Pistoia / gieng einst durch eine strasse / und sahe einen jüngling aus dem hause einer hure gehen / welcher gantz erröthete / weil ihn Castruccio [28] gesehen hatte. Dieser aber sagte zu ihm: Schäme dich nicht / wenn du heraus gehest / sondern wenn du hinein gehest.

77.

Als ihn iemand fragte: Wie man es machen müste /daß man hoch geachtet würde? Antwortete er: Wenn du auf eine gasterey kömmst / so mache / daß nicht ein holtz auf dem andern holtze sitze.

78.

Als ihn einer tadelte / daß er gar zu leckerhaffte speisen auf seiner tafel hätte / fragete er ihn: Würdest du denn nicht so viel auf die speise wenden / als ich thue? Als es nun dieser verneinete / setzte Castracani hinzu: So bist du denn viel geiziger als ich leckerhafft bin.

79.

Von einem / der ein schöner knabe gewesen / und hernach auch ein schöner jüngling worden war / pflegete er zu sagen: Es sey derselbe allzu ungerecht: Denn erstlich habe er den weibern die männer genommen / und anietzo nähme er auch den männern die weiber. Welches erstere auf der Italiäner bekandte Sodomiterey zielte.

80.

Als er einen bürger von Lucca / der ihm zuvor [29] zu seiner macht und hoheit verholffen / hinrichten ließ / und man zu ihm sagte: Er habe übel gethan / einen seiner alten freunde zu tödten. Gab er zur antwort: Sie irreten sehr / denn er habe einen neuen feind umbringen lassen.

81.

Als ihn einer mit einer weitläufftigen rede belästigte /und zuletzt zu ihm sagte: Ich bin euch vielleicht mit allzuvielem reden beschwerlich gewesen. So antwortete er: O nein / denn ich habe nicht gehöret /was du gesagt hast.

82.

Als Antonio Palermitano gefraget wurde / was seiner meynung nach darzu nöthig wäre / daß mann und weib einig und ohne streit mit einander lebeten. Antwortete er: Hierzu würden nur zwey dinge erfodert / nehmlich daß der mann taub und die frau blind wäre / damit sie viele unziemliche dinge nicht sähe / so der mann thäte / und damit er die frau nicht in dem hause keiffen und brummen hörete.

83.

Einer / welcher an den frantzosen starb / sagte: Eine frau hat mir das leben gegeben / und eine frau hat mirs wieder genommen.

[30] 84.

Als ein herr seinen diener den König der narren nennete / antwortete derselbe: Ich wolte / daß ich könig der narren wäre / denn also hoffete ich dereinst demjenigen zu befehlen / welchem ich anietzo gehorchen muß.

85.

Als die Florentiner mit den Pisanern krieg führeten /fehletes ihnen zuletzt an gelde / und als man einmahls auf dem rath-hause von den mitteln geld zu machen redete / um sothaner noth abzuhelffen / sagte einer unter den ältesten bürgern / welcher vor grossen witz das graß wachsen zu hören vermeynete: Wir haben keine bessere und gewissere einkünffte / als die accise der thore zu Florentz: Gleich wie wir nun anitzo eilff thore haben / also lasset uns geschwinde noch eilffe machen / damit sich solche einkünffte verdoppeln.

86.

Ein Genueser war sehr verschwenderisch / dahero ihn ein geitziger wucherer straffete / und zu ihm sagete:Wenn wilst du doch einmal aufhören / das deinige zu verprassen? Wenn du aufhörest / andern das ihrige zu rauben; antwortete jener.

87.

Ein Edelmann hatte die gewohnheit / sich mit lügen groß zu machen / und weil er gerne gesehen / [31] daß ihm iederman geglaubet / so nahm er mit fleiß einen diener mit sich / welcher alles / was er sagte / bekräfftigen muste / inmassen er ihm denn zu solchem ende von ieder lügen einen Carlino gab / welches eine gewisse Italiänische müntze ist. Als er nun einsmals einen grossen schnitt in gegenwart vieler personen that /welches sie ihm nicht glauben wolten / kehrete er sich voller angst zu dem diener / und sagte: Höre doch /ist es nicht wahr? Ach herr / antwortete der diener /diese lügen ist so groß / daß sie theurer / als mit einem Carlino bezahlet werden muß.

88.

Pasquilla / ein berühmter bildhauer / hatte sich eines tages auf sein bette zur ruhe geleget / als einer seiner arbeits-leute geld brauchte / und sich dannenhero zu ihm verfügte / fragende: Meister / schlaffet ihr / oder schlaffet ihr nicht? Pasquilla fragete dargegen / was wilst du denn / wenn ich schlaffe / oder nicht schlaffe? jener antwortete: Geld. Worauf Pasquilla erwiederte:So packe dich denn fort / ich schlaffe.

89.

Als Pabst Leo X. einsmals mit verschiedenen Cardinälen in den päbstlichen pallast eintrat / näherte sich ihm ein ehrsüchtiger geistlicher / und sagte: Allerheiligster vater / als ich Eu. päbstl. heiligkeit mit dieser schönen gesellschafft [32] vorbey gehen sahe / erinnerte ich mich eines gelübdes / so ich schon vor vielen jahren gethan / nehmlich mich auch in einen solchen habit zu kleiden / dahero möchte ich selbiges gerne vermittelst dero allergnädigsten beystandes erfüllen. Worauf der Pabst mit freundlichen geberden antwortete: Gehe hin mein sohn /hast du ein solches gelübde gethan / so sprechen wir dich / vermöge unserer Apostolischen gewalt /davon loß.

90.

Eine adliche Dame zu Neapolis hatte einen papagoyen / welcher alles nachschwatzete / was man ihm vorsagte / und weil sie ihn an einem fenster gegen die gasse hangen hatte / sagte sie ihm das wort hahnrey heimlich ins ohr / als eben ein Edelmann vorbey gieng; dahero ihm der papagoy diesen ehren-titul alsofort zuschrie. Der Edelmann aber zog den hut geschwinde vom kopffe / kehrete sich gegen die Dame /und sagte: Meine frau / wisset ihr wohl / warum mich euer papagoy einen hahnrey nennet? er dencket / ihr seyd meine frau.

91.

Ein ungestalter schalcks-narr wolte einen ehrlichen mann zu Neapolis beschimpffen / und fragte ihn: Hat euer vater niemals keine andere bestie gezeuget /als euch? Worauf [33] dieser antwortete: Er hätte solche gezeuget / wenn deine mutter seine frau gewesen wäre.

92.

Als ein Genuesischer Pilote sahe / daß er auf angeben einiger hof-bedienten von dem Fürsten Doria übel gehalten wurde / nahm er sich vor / seinen abschied und rückständige besoldung zu fodern. Hierzu fand er aber keine gelegenheit; als nun einsmahls / da der Fürste ins schiff getreten / um nach Spanien zu segeln / bey welcher eilfertigen reise er sich sehr entrüstet bezeigete. Nichts destoweniger machete sich der Pilote herzu / und bat um erlaubniß / ihm zwey worte zu sagen. Worüber der Fürste noch erbitterter wurde / und mit fluchen und schweren zu ihm sagte: Er solte sich wohl vorsehen / daß es nur zwey worte wären /sonsten würde es übel mit ihm ablauffen. Dahero jener geschwind antwortete: geld und abschied. Uber diese kurtze bitte wurde Doria dermassen vergnüget / daß er ihn lieb gewann / und reichlich belohnete.

93.

Eines Medici ehefrau dachte ihren mann nicht besser zu rühmen / als daß sie sagte: Es wären viele Fürstliche und vornehme standes-personen in seinen armen gestorben. Er aber [34] antwortete: Es wäre besser / daß sie in meinen armen gesund worden wären.

94.

Als Antonio de Leva sein lebens-ende verspürete /kam der Marchese del Vasto / der sein krieges-glücke stets beneidet / nebst andern / ihn zu besuchen / und fragte: wie er sich befände? worauf jener zur antwort gab: Wie es mein herr verlanget; und nicht lange hernach gab er den geist auf.

95.

Es hatte sich ein jüngling in eine schöne und ehrliche jungfer verliebet / welche er fragte: Ob sie ihn in seinem verlangen vergnügen wolte? Sie antwortete:Ja / wenn er sie nur dargegen einer eintzigen sache gewährete. Als er nun wissen wolte / was solches wäre? setzete sie hinzu: Was du nicht hast /auch nicht haben kanst / und mir dennoch geben kanst. Dieses wolte ihr liebhaber besser erkläret wissen: Drum fuhr sie fort: Indem du eine mannsperson bist / kanst du keinen mann haben / mir aber selbigen doch geben / wenn du dich mir selbsten giebst / und also wirst du im gegentheil haben /was du verlangest.

96.

Ein mann zu Meßina hatte fünff weiber zugleich geheyrathet / und als er dieser wegen angeklaget [35] wurde /fragte ihn der richter: warum er so viel weiber genommen? worauf er antwortete: Damit / wenn es möglich gewesen / ich eine gute finden / und hernach bey derselben allein bleiben möchte.

97.

Als das regiment zu Florentz durch die übele verwaltung des Adels in die hände des pöbels gerathen war /wolte einer von solchen Edelleuten einen unter den neuen regenten aufziehen / und sagte zu ihm: Wie wirst du / u. andere deines gleichen / die ihr nur gemeine und unwissende leute seyd / eine so grosse und edele stadt wohl regieren können? So gab er zur antwort: Ein ieder unter uns weiß / was ihr gethan habt / wenn wir nun allemal das gegentheil thun / so können wir nicht irren.

98.

Als Piovano Arlotto einen erbar und in schönes tuch gekleideten jüngling sahe / welcher garstige worte und zoten redete / sagte er zu ihm: rede entweder worte / die deinem tuche gleich sind / oder trage tuch / welches deinen worten gleichet.

99.

Andreas Doria / Admiral der Frantzösischen flotte /zur zeit / als Rom von den Spaniern geplündert [36] wurde / traff unter andern ein reichbeladenes schiff mit verschiedenen Spaniern an / welche er allesamt in ein halbes segel mit einem korb voll zwieback nähen ließ. Als sie hernach ins meer geworffen werden solten /sagte einer unter ihnen: Ach zu viel tranck vor so wenig speise.

100.

Ein Cardinal zeigete dem Agnolo della Stuffa sein silber-werck / und sagte: Ich kan nicht sprechen / wie S. Paulus: Argentum & aurum non est mihi, silber und gold habe ich nicht! Worauf Agnolo antwortete. Ihr könnet auch nicht sagen: Surge & ambula, stehe auf und wandele.

101.

Ein übelthäter bekennete alles / als er vor gerichte um sein verbrechen befraget wurde / und sagte: Ich habe noch etwas schlimmers gethan. Als man nun wissen wolte / was solches wäre / antwortete er: Daß ich mich hieher führen lassen.

102.

Einer kam zu Socrate und sagte: Die Athenienser hätten ihn zum tode verdammet; Dem er zur antwort gab: Es ist schon lange zeit / daß sie die natur eben so wohl als mich zu solcher strafe verdammet hat.

[37] 103.

Ein Medicus sagte zu einem gesunden und frischen greiße: Mein herr / es wundert mich / daß ihr zu so hohem alter gelanget seyd. Worauf dieser antwortete:Wundert euch nicht hierüber / denn ich habe eure artzeney niemals eingenommen.

104.

Einer wurde gefraget: Wem man ein geheimniß am sichersten vertrauen könte? Welcher antwortete: Einem lügner. Denn wenn ers offenbaret / so gläubet ihm niemand.

105.

Eben derselbe solte sagen: Welche unterthanen die unglückseligsten wären? Worauf er zur antwort gab:Diejenigen / welche vielen herren unterworffen sind / denn viele sacke seynd schwerer zu füllen /als einer.

106.

Ein kauffmann verkauffete einem etwas / welch er sagte: Der preiß sey allzuhoch / man müsse ihm nicht so theuer bieten / weil er ein guter freund wäre. Worauf der kauffmann antwortete: Mein herr / man muß von den freunden etwas gewinnen / weil die feinde nicht in den laden kommen.

107.

Als ein grosses ungewitter entstunde / und ein schiff eben auf der farth nach Peru begriffen [38] war / befahl der Schiff-Capitaine / daß ein ieder seine schweresten sachen ins meer werffen solte / um das schiff hierdurch zu erleichtern. Solchem nach fassete einer von den reisenden seine ehefrau an / in willens / selbige über bort zu schmeissen / und als er um die ursache gefraget wurde / gab er zur antwort: Er habe nichts unter seinen sachen / welches ihn so sehr beschwerete /als seine frau.

108.

Als Memnon vor den König Darium krieg wider den König Alexandrum führete / und hörete / daß einer seiner soldaten viele schelt-worte gegen Alexandrum ausstieß / schlug er ihn mit einem spieß / und sagte:Ich gebe dir sold / daß du wider Alexandrum fechten / nicht aber daß du ihn lästern solst.

109.

Königs Alexandri vater / Philippus / wurde auf der reise von einem zur mahlzeit geladen. Als er nun viele leute bey sich hatte / und vermerckete / daß der wirth bestürtzet war / weil es ihm an genugsamen vorrath mangelte / sagte er zu einem ieden von der gesellschafft: Sie solten sich nicht zu satt essen / damit sie auch etwas vom kuchen / welcher aufgetragen werden würde / geniessen könten. Weil sie sich nun allesamt darnach richteten / [39] und in solcher hoffnung wenig speiseten / reicheten die tractamenten zu.

110.

Chabrias pflegte zu sagen: Ein hauffen hirsche /welche ein löwe anführete / sey vielmehr zu fürchten / als ein hauffen löwen / welche einen hirsch zum führer hätte.

111.

Als König Alexander dem Phocion / einem Athenienser / hundert talente oder 60000 kronen zum geschencke überschickete / fragte er die überbringer: Warum schencket dieses König Alexander denn eben mir / da doch so viele andere Athenienser zu finden seyn? Wie sie nun antworteten: Weil er dich allein vor fromm und ehrlich hält. So erwiederte er: Derowegen vergönne er mir / daß ich nicht nur also zu seyn scheine / sondern auch also seyn möge. Womit er andeuten wolte / daß solches bey annehmung solches geschenckes nicht geschehen könte.

112.

Als nachmals Königs Alexandri tod durch ein ungewisses geschrey ausgesprenget wurde / auch dannenhero die redner zu Athen auftraten / und das volck ermahneten / den krieg unverzüglich anzufangen / riethe Phocion / solches aufzuschieben / biß man mehrere gewißheit erlanget; [40] Denn / sagte er / so ferne Alexander heute todt ist / so wird er es auch noch morgen seyn.

113.

König Agis sagte: Die Lacedämonier pflegeten zu fragen / nicht wie starck die feinde wären / sondern wo sie anzutreffen.

114.

Als ein Abgesandter von Perintho nach Lacedämon kam / welcher eine lange rede that / und hierauf den vorgedachten König Agis fragete: Was er den einwohnern zu Perintho vor eine antwort bringen solte?Was anders / gab er zur antwort / als daß du immer fort geredet / und ich stille geschwiegen?

115.

Als Agasicles / König der Lacedämonier / gefraget wurde: Wie man ohne leib-wache sicher regieren könne? antwortete er: Wenn man also über sein volck herrschet / wie ein vater über kinder.

116.

Als Orontes den Demaratum mit harten worten angefahren / und einer zu ihm sagte: Orontes hat dich hefftig beleidiget. So gab Demaratus zur antwort: Er hat nichts wider mich verbrochen / denn diejenigen seynd schädlich / welche aus schmeicheley / nicht aber welche aus haß reden.

[41] 117.

Als die Argiver mit den Lacedämoniern wegen der gräntzen stritten / und jene sich auf ihre gerechte sache beruffeten / entblösete Lysander das schwerdt /und sagte: Wer dieses hat / der redet am besten von den gräntzen.

118.

Als ein Laconier gefraget wurde / warum er einen sehr langen bart trüge? antwortete er Damit ich / so offt mir meine grauen haare gesichte kommen / nichts thue / so derselben unwürdig sey.

119.

Als einer ein gemählde sahe / darauf die Laconier von den Atheniensern umgebracht wurden / und sich vernehmen ließ: Die Athenienser wären tapffer. So sagte ein Laconier: Auf dem gemählde.

120.

Ein Argiver sagte einsmahls: Es seynd viele gräber der einwohner von Sparta bey uns. Worauf ein Laconier antwortete: Bey uns aber ist kein grab der Argiver / weil sie nehmlich manchen einfall in der Argiver land gethan / da hingegen diese sich niemahls vor Sparta gewaget.

121.

Als die Laconier von den Thebanern bey Leuctra [42] geschlagen worden / diese aber biß nach Eurota gelangeten / und einer aus hochmuth sagte: Wo seynd nun die Laconier? So antwortete ein gefangener Laconier: Sie seynd nicht hier / sonsten wäret ihr nicht anhero kommen.

122.

Als ein Laconier verkauffet werden solte / und einer ihn fragte: Wirst du auch gut thun / wenn ich dich kauffe? Gab er zur antwort: Auch wenn du mich schon nicht kauffest.

123.

Als der Lacena söhne aus der schlacht entlauffen waren / und zu ihr flohen / sagte sie zu ihnen: Wo lauffet ihr hin / ihr feige memmen? wolt ihr etwan wiederum dahinein / wo ihr heraus kommen seyd? hiermit hub sie die kleider auf / und zeigete ihnen den bauch.

124.

Einer rühmete sich: Er habe mehr vergessen / als ein anderer gelernet. Dieser aber antwortete: Sonder zweiffel auch die demuth.

125.

Als einer seines bruders heldenmäßigen tod seiner mutter erzählte / sagte sie: Ist es nicht schändlich /daß du von einem solchen cameraden abgewichen bist?

126.

Man erzählet / daß / als Crösus aufs prächtigste [43] gezieret den thron bestiegen / und Thaletem gefraget: Ob er iemals was schöners gesehen? habe dieser geantwortet: Die hähne / fasanen und pfauen / denn diese wären in ihrer natürlichen zierde tausendmal schöner.

127.

Solon sagte: Die gesetze wären den spinneweben gleich: Denn wenn etwas schwaches und leichtes hinein geriethe / so werde es darinnen verwickelt und aufgehalten / wenn aber etwas grosses oder schweres hinein gerathe / so reisse es hindurch / und entwische.

128.

Pittacus sagete: Es komme klugen leuten zu / ehe sich widerwärtigkeiten ereignen / vorsichtig zu seyn / damit sie nicht geschehen / den tapffern aber gebühre / dieselben mit standhafftem gemüthe zu ertragen / wenn sie sich ereignen.

129.

Bias reisete einsmals mit ruchlosen leuten zu wasser. Als nun ein grosses ungewitter entstunde / und sie die götter anruffeten / sagt Bias zu ihnen: Schweiget stille / damit die götter nicht erfahren / daß ihr hier seyd.

130.

Ein bauer kam in eine gewisse stadt in Deutschland /allwo ihn ein bürger fragte: Was er daselbst [44] thun wolte? Als nun jener antwortete: Er wolte recht holen; welches in selbiger gegend so viel heisset / als bey der obrigkeit klagen: So fuhr ihn der bürger im schertz an / und sagte: Packe dich fort / wir haben selbsten nicht viel recht allhier übrig / und also keines zu vergeben.

131.

Einer fragte: Woran es den Fürsten am meisten fehle? Worauf er zur antwort bekam: An leuten / die die wahrheit reden.

132.

Als er fragete: Wo die seelen am wohlfeilesten wären? So wurde ihm geantwortet: In den kauffmanns-gewölbern.

133.

Bias sagte: Es sey besser zwischen feinden als freunden ein urtheil zu sprechen / denn unter den freunden werde man unfehlbar einen feind / unter den feinden aber einen freund bekommen.

134.

Anacharsis sagte: Ein weinstock trage drey trauben /die erste der wollust / die andere der trunckenheit /und die dritte des eckels.

135.

Als auf einem gastmahl einer zu ihm sagte: Anacharsis / du hast eine garstige frau geheyrathet / sprach er:Dieses weiß ich fürwahr [45] auch. Schencke aber besser ein / knabe / damit sie anfänget / schön zu werden. Womit er andeuten wolte / daß den truncknen männern alle weiber liebenswürdig zu seyn schienen.

136.

Als Socrates gefragt wurde / ob es besser sey / eine frau zu nehmen oder nicht? Antwortete er: Du magst thun / welches du wilst / so wird es dich gereuen; Womit das deutsche sprichwort genau überein trifft:


Du magst freyen oder nicht freyen /
Beydes wird dich doch gereuen.

137.

Er sagte auch: Es wundere ihn / daß diejenigen /welche steinerne bilder macheten / sich äussersten fleißes bemüheten / daß der stein dem menschen am allerähnlichsten würde. Darum wären sie gantz unbekümmert daß sie den steinen nicht gleich schienen und auch wären.

138.

Als Dionysius fragete: Warum die weltweisen in der reichen leute häuser giengen / diese aber nicht in jener häuser? wurde ihn vom Socrate geantwortet: Weil jene wissen / was ihnen fehlet / diese aber nicht.

[46] 139.

Als sich einer rühmete / was massen er viel gelernet; versetzte diese weltweise: Gleichwie diejenigen nicht gesünder seynd / welche viel essen / als diejenigen /welche nur zur nothdurfft essen / also seynd nicht diejenigen vor gelehrt zu halten / welche viel / sondern welche etwas nützliches gelesen haben.

140.

Er bat einsmals Dionysium vor einen guten freund /und als er trostloß abgewiesen wurde / fiel er ihm zu fusse. Als nun einer über diese erniedrigung lachete /sagte er: Ich bin nicht schuld daran / sondern Dionysius / welcher die ohren in den Füssen hat.

141.

Einsmahls forderte er geld von Dionysio / und als dieser sagte: Du pflegest aber immer zu sagen / ein weiser habe keinen mangel. Antwortete Socrates:Gieb mir nur was ich verlange / so wollen wir hernach von dem andern auch mit einander sprechen. Als ihm nun Dionysius geld gegeben hatte /sprach er: Siehest du / daß mir nichts fehle?

142.

Bion sagte: Es sey ein grosses übel / das übel nicht ertragen können.

[47] 143.

Von einem reichen geitzigen sagte er: Dieser besitzet keinen reichthum / sondern der reichthum besitzet ihn.

144.

Als er sahe / daß ein neid-hammel traurig war / sprach er zu ihm: Ich weiß nicht / ob dir etwas übels /oder einem andern etwas gutes wiederfahren ist.

145.

Antisthenes sagte: Es sey besser unter die raben /als unter die schmeichler zu gerathen / denn jene frässen die todten / diese aber die lebendigen.

146.

Einst wurde ihm vorgeworffen / daß er mit den gottlosen umgienge; darauf er zur antwort gab: Die ärtzte gehen auch mit den krancken um / und dennoch haben sie das fieber nicht.

147.

Als Ludwig XI König in Franckreich hörete / daß ein gewisser mann eine grosse bibliothec habe / und dennoch in keinem buch läse / sagte er: Dieser gleichet einem bucklichten / welcher seinen grossen buckel hinten auf dem rücken träget / und selbigen doch niemals sähe.

148.

Der Herr von Bresai / Seneschal in der Normandie /[48] sahe vorgedachten König auf einem kleinen pferde reiten / und weil er denselben tadeln wolte / daß er ohne anhörung anderes rathes alles nach seinem kopffe thue / sagte er von ihm: Daß dieses pferd sehr starck und dauerhafftig seyn müste / weil es den König mit allen seinen räthen trüge.

149.

Nachdem Ludwig XII, welcher bißhero Hertzog von Orleans gewesen / zur königlichen crone gelanget war / und ihm einige seiner vertraueten den rath gaben / er solte sich an den einwohnern zu Orleans rächen / welche ihm die thore vor der nase zugesperret / als König Carl VIII mit ihm krieg geführet / so gar / daß er sich Bretagne retiriren müssen. So gab er zur antwort: Es stehet dem König in Franckreich nicht an / die schmach zu rächen / welche dem Hertzoge von Orleans zugeführet worden.

150.

Als Diogenes sahe / daß ein knabe aus der holen hand tranck / langete er sein trinck-geschirr aus der tasche /warff es von sich / und sagte: Ein knabe hat mich an sparsamkeit übertroffen.

151.

Als sich die mäuse bey seinem essen spüren liessen /[49] sagte er: Sehet / Diogenes erhält auch schmarutzer.

152.

Als ihn einer fragete: Zu welcher zeit man das mittags-mahl halten solte? gab er zur antwort: Ein reicher / wenn er will; ein armer aber / wenn er kan.

153.

Als Callisthenes von einigen vor glückselig geachtet wurde / daß ihn König Alexander mit grossem gepränge empfieng / sagte Diogenes: Er ist aber unglückselig / daß er zu mittage und zu abend essen muß / wenn es Alexandro gut deucht.

154.

Einer wurde gefragt: Was die schwartze kappe bey einem ungeistlichen pfaffen bedeutete? worauf die antwort fiel: Nichts anders / als was der harnisch bey einem untüchtigen kriegs-mann bedeutet.

155.

Als Ludwig XII, König in Franckreich / mit den Venetianern krieg führete / und ihm einer solches wiederrathen wolte / aus ursachen / weil sie kluge und verständige leute wären; antwortete er: Ich will ihnen so viel narren auf den hals schicken / daß sie nicht wissen / wo sie sich hinwenden sollen. Anzuzeigen / es sey [50] allzuviel klugheit ohne macht in dem kriege nicht allemal nützlich.

156.

Als Diogenes einen verschwender in der herberge kraut essen sahe / sagte er zu ihm: Wenn du solcher gestalt zu mittage gegessen hättest / so würdest du voritzt nicht also zu abend essen.

157.

Als ein trunckenbold diese worte an seine haußthüre geschrieben hatte: Dieses hauß ist zu verkauffen. Löschte einer seiner cameraden das k aus / und setzete ein s an die stelle.

158.

Diogenes wurde gefraget: Ob er einen knecht oder eine magd habe? als er nun solches verneinte / und man ferner fragte: Wer wird dich denn zu grabe tragen / wenn du gestorben bist? so gab er zur antwort: Wer das hauß brauchen wird.

159.

Als ihm einige freunde riethen / er solle seinen entlauffenen knecht wieder suchen / antwortete er: Es ist lächerlich / daß / wenn Manes ohne den Diogenem leben kan / Diogenes auch nicht ohne den Manem solle leben können.

160.

Es wurde ihm vor übel gehalten / daß er auf [51] öffentlichen marckte aß / worauf er antwortete: Es hat mich auch auf dem marckte gehungert.

161.

Ein andermal hielt er sein mittag-mahl auf der strasse / und als ihn die umstehenden einen hund nenneten /sagte er: Ihr seyd hunde / die ihr um mich herum stehet / wenn ich zu mittage esse.

162.

Als er sahe / daß ein fauler und verzagter fechter sich auf die artzney-kunst legete / sagte er zu ihm: Was bedeutet dieses? wilst du diejenigen nunmehr umbringen / welche du zuvor nicht tödten können?

163.

Als er gewahr wurde / daß ein huren-sohn mit steinen unter einen hauffen leute warff / rieff er ihm zu:Nimm dich in acht / daß du deinen vater nicht triffst.

164.

Als ihm ein knabe anbefohlen / und zugleich wegen seines guten gemüthes und löblichen sitten gerühmet wurde / fragte er: Worzu hat er denn meiner nöthig?

165.

Eine frau fragete / wie sie es machen solte / wenn ihr mann zu keiffen und zu schelten anfieng? worauf [52] ihr der rath gegeben wurde: Sie solle den mund voll wasser nehmen / und selbiges nicht ehe von sich geben / biß der mann stille geschwiegen.

166.

Diogenes forderte von einem verschwender ein pfund silber / von einem andern aber nur eine geringe müntze. Als ihn nun jener um die ursache fragete / antwortete er: von andern hoffe ich noch zum öfftern etwas zu bekommen; ob ich aber von dir noch etwas zu erwarten habe / solches stehet bey den göttern.

167.

Als er einen ungeschickten schützen sahe / setzete er sich vors ziel und sagte: Dieses thue ich / damit er mich nicht trifft.

168.

Es war ein lustiger geselle in einem wein-hause / und als er sahe / daß sein wirth zwey eymer voll wasser in den keller trug / um den wein zu verfälschen / schrie er mit vollem halß zum fenster hinaus: Feuer /Feuer. Worüber sich eine grosse menge volcks in dem keller einfand / und dem wirth zur straffe alle fässer ausleerete.

169.

Ein liebhaber fragte eine jungfer / wie stehe ich in eurer genade? wie der weih-kessel in der kirche / [53] gab sie zur antwort: Nahe an der thür / und weit vom Hertzen.

170.

Einer erzehlete / was massen er zu Poictiers lebendige heringe gesehen / unerachtet diese stadt weiter als zwantzig meilen von dem meer entlegen ist. Weil ihn nun sein diener gerne bey ehren erhalten wolte / so sagte er: Er habe lebendige picklinge gesehen.

171.

Als ein Sophiste / nahmens Sidonius / welcher bey den Atheniensern in grossem ansehen war / sich mit folgenden worten selbst rühmete: Wenn mir Aristoteles ruffen würde / wolte ich ihm ins Lyceum folgen; ruffte mich Plato in die Academie / wolte ich mich dahin begeben; ruffte mich Zeno in seinen gang /wolte ich daselbst herum gehen; ruffte mich aber Pythagoras / wolte ich anfangen stille zu schweigen. So stunde Demonax auf / und sagte: Höre / Pythagoras ruffet dich.

172.

Eben dieser Demonax war einsmals bereit / sich unter währendem ungestüm zu schiffe zu begeben. Als nun einer seiner freunde zu ihm sagte: Fürchtest du nicht /daß das schiff umgeworffen und du eine speise der fische werden möchtest? So antwortete er: Ich wäre in wahrheit undanckbar / [54] wenn ich mich fürchtete / von den fischen gefressen zu werden / der ich selbsten so viel fische verrzehret habe.

173.

Democritus sagte: Wer einen guten schwieger-sohn überkommen / der habe einen sohn gefunden; wer aber einen bösen überkommen / der habe die tochter noch darzu verlohren.

174.

Als einer einen Schlesier vor einen esel-fresser schalt / so sagte dieser: Man siehet wohl / daß du ein ehrlicher kerl bist / weil du dich deiner bluts-freunde so eyfrig annimmest.

175.

Ein herr traff seinen diener ungefehr an / welcher sich unlängst verheyrathet hatte / und welcher einen andern hut trug / als er sonsten gewohnet gewesen / drum sagte er zu ihm: Wer hat dir diesen schönen hut gegeben / es ist ein rechter hahnrey-hut. Worauf jener antwortete: Mein herr / es ist einer von euren hüten /welchen mir eure eheliebste geschencket hat.

176.

Ein kauffmann handelte mit einem mahler / daß ihm derselbe ein umgekehrtes pferd mahlen solte / welches die füsse in die höhe streckete / mit dem rücken aber unten läge. Als nun der mahler das pferd sehr künstlich mahlete / iedoch aufrechts [55] und auf den füssen stehende / so wolte es der kauffmann weder annehmen /noch bezahlen. Damit aber der richter zeigen möchte /was massen zum öfftern um nichtswürdige u. vergebliche dinge gehadert würde / nahm er das gemählde in die hand / und that nichts anders / als daß er es umkehrete / worauf er dem kauffmann auferlegete / den mahler zu bezahlen.

177.

Als einer zu Empedocle sagt: Er könne keinen weisen mann finden: Antwortete Empedocles: Dieses ist kein wunder / denn wer einen weisen mann suchet /der muß zuvor selbsten weise seyn.

178.

Antisthenes wurde gefraget: Wie man nach hofe gehen müsse? Worauf er antwortete: Eben als wie zum feuer. Nicht zu nahe / damit du nicht gebrannt wirst; aber auch nicht zu ferne / damit dich nicht frieret.

179.

Als ein abgeschmackter poete seine gedichte hersagete / und Theocritum Chium fragete: Was ihm darunter gefiele? antwortete dieser: Dasjenige / was du übergangen hast / weil dasselbe meine ohren nicht beleidiget.

180.

Stratonicus sagte: Es wundere ihn / daß des [56] Sophisten Satyri mutter denselben zehn monate im leibe tragen können / da ihn doch keine stadt zehn tage lang tragen könte.

181.

Als Demonax einsmals hörete / daß zwey sehr einfältige und ungelehrte Philosophi über eine frage gantz lächerlich stritten / und der eine viel abgeschmackte sachen fragete / der andere aber noch ungeschickter darauf antwortete / sagte er zu den umstehenden: Deucht es euch nicht / meine freunde / als ob der eine einen bock melckte / der andere aber ihm ein sieb unterhalte?

182.

Es war ein koch bey einem Edelmann in diensten /welcher sehr genau haußhielte; dahero jener sinnes wurde / seinen abschied zu fordern. Als ihn nun der herr fragete: Ob es ihm nicht bey ihm anstünde / und ob er seinen lohn nicht richtig bekommen? So antwortete er mit ja / fügete aber hinzu: Er trage sorge / sein handwerck zu vergessen / wenn er lange allhier verbliebe.

183.

Als ein armer sünder / welcher gehenckt werden solte / gewahr wurde / daß iederman zulieffe / sagte er zu ihnen: Lieben leute / eilet nicht so sehr: Ihr werdet doch ohne mich nichts ausrichten.

184.

Es kam ein wohlgekleideter kerl in eines reichen[57] kauffmanns gewölbe / und fragte: Wie theuer er ein band geben wolte / welches ihm von einem ohr zum andern weit genug wäre? als sie nun des preises wegen einig worden / entblösete der käuffer sein haupt / und in dem er das eine ohr zeigete / fand es sich / daß das andere weiter als zehn meilen darvon an einem galgen genagelt war.

185.

Einer setzete dem andern ein klein glaß voll wein vor / und rühmete darbey: Daß der wein sechzehn jahre alt wäre. Worauf jener antwortete: Bey solchem alter ist er noch sehr klein.

186.

Isocrates sagte: Diejenigen / welche einen schönen leib und eine garstige seele besässen / hätten ein gutes schiff / aber einen schlimmen steuermann.

187.

Philemon pflegte zu sagen: Wie übel ist es einem Medico / wenn niemanden übel ist.

188.

Epictetus sagte: Gleichwie es besser ist / wenn ein gesunder mensch in einem kleinen und niedrigen bette enge zusammen lieget / als wenn er sich kranck in einem weiten bette herum wältzet: Also ist es auch besser / wenn man sich bey kleinem [58] glücke zusammen ziehet / und gutes muthes ist / als wenn man bey grossem glücke traurig ist.

189.

Als einer den Anaxagoram folgender massen anredete: Sorgest du denn gar nicht vor dein vaterland? antwortete er: Ich sorge / und zwar zum höchsten /vor mein vaterland. Bey welchen worten er mit dem finger auf den himmel zeigete.

190.

Aesopus pflegte zu sagen: Ein ieder mensch habe zwey rantzen: Einen vor der brust / den andern aber auf dem rücken. In den ersten steckete er andere leute / und in den zweyten seine eigene laster. Damit er nehmlich jene iederzeit vor augen hätte / diese aber niemals zu sehen bekäme.

191.

Als ein dicker mann zu einer stadt hinein ritte / sagten einige spötter zu ihm: Ihr macht es gantz anders / als alle andere menschen / indem ihr euer felleisen forne führet. Worauf er zur antwort gab: So muß man es in dem vaterlande der diebe machen.

192.

Ein einfältiger reisender welcher von Pariß kam /sagte: Er könne nicht viel bericht darvon geben: denn er hätte die stadt nicht vor den häusern sehen können /zudem stürbe es auch daselbst so sehr / [59] daß man unter hundert verschlossenen kram-läden nicht einen einzigen fände / welcher offen wäre.

193.

Ein herr befahl seinem diener / bey einem fleischhauer / namens David / caldaunen zu kauffen / und hernach zu dem herrn in die predigt zu kommen. Dieses thate der dumme knecht / und als er eben in die kirche hinein trat / sagte der prediger: Was saget David? worauf jener antwortete: daß die caldaunen verkauffet wären.

194.

Ein kauffmann begehrte von einem mahler / ihm ein pferd auf einen kleinen platz zu mahlen / und zwar ein so unbändiges und wildes / als man es nur immer vorstellen könte / auch solte es weder sattel / gebiß noch zaum haben. Dieses verrichtete der mahler mit solcher kunst / daß die lebendigen pferde sich davor scheueten / und auf die seite sprangen; jedoch hatte er den sattel / zaum und gebiß / des kauffmanns begehren nach / ausgelassen. Als es nun der kauffmann wegen solchen mangels nicht annehmen wolte / thate der richter den ausspruch: Der mahler solte nichts destominder seinen versprochenen lohn bekommen / absonderlich weil es schwer hergehen würde / ein dermassen unbändiges pferd auf einem so kleinen platz ohne zaum und gebiß zu erhalten.

[60] 195.

Als ein gewisser Römischer ritter starb / wurde man gewahr / daß er grosse schulden gemachet / welche er in seinem leben iederzeit verschwiegen hatte. Nachdem nun seine erbschafft durch öffentlichen ausruff verkauffet wurde / um hierdurch die gläubiger zu befriedigen / ließ Kayser Augustus sein polster kauffen /und als sich viele hierüber verwunderten / sagte er: Damit ich den schlaff befördern möge / muß ich dieses polster haben / auf welchem ein mit so vielen schulden beschwerter ritter hat schlaffen können.

196.

Den Kayser Trajanum tadelten seine vertrauten freunde / daß er der Kayserlichen Majestät vergässe / und iederman ohne unterschied trauete. Er aber gab diese löbliche antwort: Ich will mich als einen solchen Kayser gegen die unterthanen bezeigen / wie ich mir einen wünschete / wenn ich selbsten ein unterthan wäre.

197.

Er pflegete auch zu sagen: Eine Fürstliche schatz-kammer sey die miltz / durch welche alle andere gliedmassen ins abnehmen geriethen. Dahero er die geld-erpressungen in den Provintzen verbot.

198.

Kayser Adrianus schlug einem seine bitte aus / welcher nicht lange hernach dieses suchen wiederholete /[61] nachdem er zuvor seine grauen haare schwartz gefärbet hatte / um solcher gestalt seine person zu verbergen. Der Kayser aber kannte ihn alsofort am gesicht /und sagte zu ihm: Eben dieses habe ich bereits deinem vater abgeschlagen.

199.

Als der Gouverneur einer gewissen stadt in Franckreich einen Edelmann auf einem schönen pferde zum thore hinein reiten sahe / wolte er ihn gefangen nehmen / unter dem vorwande / ob sey er von der reformirten religion / damit ihm der Gouverneur sein pferd mit guter manier nehmen könte. Dieses wolten nun die soldaten / auf erhaltenen befehl / mit gewalt bewerckstelligen. Als sich aber der Edelmann hierzu keines weges bequemen wolte / kamen sie unverrichteter sache zurücke / wurden aber von dem Gouverneur hefftig gescholten / worauf ein soldate zu seiner und seiner cameraden verantwortung sagte: Ey / herr Gouverneur / was konten wir anders thun? er ist kein Hugonotte. Er fluchtet und schwöret noch ärger / als wir selbsten.

200.

Alldieweil ein gewisser richter nicht gerne haben wolte / daß ein hencker / den er von weitem her hatte holen lassen / seine mühe umsonst [62] solte angewendet haben / so sagte er zu den beysitzern des peinlichen gerichtes: Ihr herren / ich wäre zwar wohl der meynung / daß der angeklagete loß gesprochen werden solte. Weil aber der hencker schon angelanget ist / so wird es rathsamer seyn / daß wir den gefangenen hencken lassen / sonsten wird man ihn ein ander mahl nicht wieder bekommen /wenn man seiner benöthiget ist.

201.

Als sich einige Dom-herren beschwereten / daß ihr organiste so übel schlüge / sagte er zur entschuldigung:Der calcante / welcher die bälge träte / und welchen sie ihm zugegeben / sey schuld daran.

202.

Ein wegen seiner seltsamen händel bekandter Edelmann in der Franche-Comte, nahmens Gaulard / sahe einsmals in einem winckel seines hofes einen hauffen unflath; dahero er sich über seinen hofmeister hefftig entrüstete. Als nun dieser sich entschuldigte / und ihm vorstellig machte: Man könne nicht wohl fuhrleute bekommen / um den unflat vor die stadt führen zu lassen; so sagte jener: Wohlan / warum lasset ihr nicht mitten in dem hof einen graben machen /und den unflat hinein werffen? Wo soll man aber die erde hinbringen / welche aus dem graben aufgeworffen [63] wird? fragte der hoffmeister. Worauf Gaulard im zorn antwortete: O du einfältiger tropff / laß den graben so groß machen / daß alles beydes hinein gehet.

203.

Durch ein städtgen / welches vor kurtzem noch ein dorff gewesen war / nunmehro aber das stadtrecht bekommen hatte / reisete ein studente / welcher aber die einwohner bürger zu heissen vergaß. Als sich nun dieselben hierüber beschwereten / ließ er diese stachlichte frage an sie ergehen. Als ich vorm jahre durchreisete / waren eitel bauern hier / wo seynd denn dieselben hinkommen?

204.

Ein schwelger fragete seinen sauff-bruder / wie er es doch machen solte / daß man ihn nach seinem tode vor einen frommen und tugendhafften mann hielte? worauf jener zur antwort gab: Bestelle es bey zeiten /daß man dir eine leichpredigt hält / und etliche bogen verse drucket.

205.

Ein kauffmann wolte von einem jungen Doctor das kleid bezahlet haben / so er bey seiner promotion machen lassen. Als nun dessen famulus die antwort zurücke brachte: Seine Excellentz bäte noch um acht tage aufschub; so sagte der kauffmann: Ich habe es mit keiner Excellentz / [64] sondern mit einem Doctor zu thun / und wenn mich derselbe nicht bezahlet /so halte ich einen so gut als den andern.

206.

Vetronius Thurinus war Kaysers Alexandri Severi favorite / dahero sich derselbe seines glückes so sehr mißbrauchte / daß er allen denjenigen / welche etwas bey dem Kayser zu suchen hatten / seine vorsprache und beystand vor geld verkauffete / und ihnen zum öfftern durch lügen und betrug vergebliche hoffnung machete. Diesen ließ der Kayser vor gericht stellen /und ihn / nachdem sein verbrechen erwiesen worden /an einen pfahl binden / nachmals aber ein feuer von feuchter materie machen / womit er zu tode geschmauchet wurde / und muste unter währender vollstreckung des urtheils ein herold über laut ausruffen:Derjenige wird mit rauch gestraffet / welcher rauch verkauffet hat.

207.

Als Kayser Aurelianus vor die stadt Thyana kam /und die thore verschlossen fand / sagte er im zorn: In dieser stadt will ich keinen hund übrig lassen. Hierdurch macheten sich seine soldaten grosse hoffnung zur beute; Heraclammon aber / einer von Thyana / verriethe die stadt / aus furcht / er möchte nebst den übrigen einwohnern umgebracht werden; Allein nach der eroberung [65] ließ der kluge überwinder / Aurelianus / den verräther ums leben bringen / und sagte:Derjenige könne ihm keinen glauben halten / welcher seines eigenen vaterlandes nicht verschonet habe. Und als die soldaten verlangten / es solte ihnen der Kayser / seinem versprechen nach / erlauben / die eroberte stadt zu plündern / so gab er zur antwort:Wohlan / ich habe gesagt / daß ich keinen hund übrig lassen wolle. So gehet denn hin / und schlaget alle hunde todt.

208.

Als Pompejus und Cäsar mit einander stritten / sagte Cicero: Ich weiß / wen ich fliehen soll; wem ich aber folgen soll / weiß ich nicht. Wormit er darauf zielete / daß diese alle beyde nicht um die freyheit der Republic / sondern um die herrschafft stritten.

209.

Als einer von Cäsare zu Pompejo überlieff / und sich vernehmen ließ: Er habe so sehr geeilet / daß er auch das pferd darüber zurücke gelassen. So sagte Cicero: Dieser habe besser vor seines pferdes / als vor seine eigene ehre geredet. Womit er andeuten wolte / daß der überläuffer löblicher gehandelt / wenn er selbsten auch bey Cäsare geblieben wäre.

[66] 210.

Als Pompejus nach der Pharsalischen schlacht die flucht genommen hatte / und einer / namens Nonius /sagte: Es seyn noch sieben adler übrig. Setzte Cicero hinzu: Deine erinnerung wäre gantz gut / wenn wir mit den dolen krieg führeten. Jener aber verstunde durch die adler sieben Römische mit adlern bezeichnete fahnen.

211.

Der Marschall von Turenne begegnete einem Grafen in einer engen straffe zu Pariß. Weil nun beyde carossen hart an einander stiessen / entrüstete sich der Graf dermassen / daß er in voller furie heraus sprang / und des Marschalls leute mit dem spanischen rohr tapffer prügelte / welches aber dieser / ohne einiges wortsprechen mit der grösten gelassenheit ansahe. Als aber der Graf nach hause kam / und / nach verkühlung der rasenden hitze des zornes / bey sich selbsten bedachte /daß er durch sein unbesonnenes verfahren einen der grösten leute in Franckreich beleidiget / verfügte er sich folgenden tages in des Marschalls von Turenne Quartier / und wuste nicht / wie er sich genugsam vor demselben demüthigen / noch vielweniger / mit was vor worten er seinen groben fehler entschuldigen solte. Turenne hingegen ließ nicht das geringste merckmal des widerwillens [67] von sich spüren / sondern sagte mit kaltsinnigen geberden zu dem Grafen: Mein herr / es braucht keiner entschuldigung / sondern ich bin euch im gegentheil höchlich verbunden; Es ist wahr / ich habe recht ungezogene leute /darum bitte ich euch / straffet sie doch allemahl /wenn ihr wiederum etwas an ihnen sehet / das unrecht gethan ist. Solcher gestalt tractirte Turenne den Grafen nicht anders / als einen hofmeister über sein gesinde / welche verachtung demselben empfindlicher war / als alles andere / wormit sich jener der beleidigung wegen hätte rächen können.

212.

Von Vatinio / welcher nur wenig tage Bürgemeister gewesen war / schertzete Cicero folgender gestalt:Unter des Vatinii regierung ist ein rechtes wunder-jahr gewesen / weil es weder winter / frühling / sommer noch herbst gehabt hat.

213.

Von dem Caninio Rebilo / welcher nur einen eintzigen tag Bürgemeister gewesen / soll er also geredet haben: Wir haben einen wachsamen Bürgemeister / als welcher die gantze zeit seiner regierung nicht geschlaffen hat.

214.

Als Fabia Dolabella vorgab: Sie sey dreyssig [68] jahr alt. Sagte Cicero: Es ist wahr / denn ich habe solches schon seiter zwantzig jahren gehöret.

215.

Einsmals war obgedachter Gaulard im sommer bey einem wollüstigen zum abend-essen gebeten worden /welcher ihm eyß in seinen wein werffen ließ. Weil nun Gaulard einem seiner guten freunde / der ebenfalls sehr leckerhafft war / von dem eyß in seinem hause zu kosten geben wolte / so steckte er heimlich ein stücke davon in den schub-sack. Als er hernach diesen guten freund bey sich hatte / sagte er zu ihm:Ich will euch einen kühlen trunck zu kosten geben. Hiermit steckete er die hand in den schub-sack / wurde aber gewahr / daß sein schnupff-tuch von dem geschmoltzenen eyß gantz naß war / iedennoch bildete er sich ein / es würde geschmoltzen eben solche würckung thun / als zuvor / drum rang er das schnupff-tuch mit der hand aus / und ließ es in seines gastes glaß lauffen.

216.

Er hatte einen sehr einfältigen diener / welcher als er sahe / daß sein herr einsmals einen hauffen papier /und unter andern auch viele brieffe / ins feuer warff /sagte er zu ihm: Herr / ich bitte euch / gebet mir einige davon / wenn es euch beliebet. Und was wilst du damit machen? [69] fragte hierauf Gaulard. Ich will sie / antwortete der diener / meiner mutter schicken /welche mich gebeten hat / ich solte ihr einige brieffe schicken / wie alle andere diener thun. Hiermit gab ihm Gaulard ein halbes dutzend / iedoch mit dem bedinge: Daß / wenn sie derselbe seiner mutter zugesendet hätte / so solte sie ihm dieselben wieder schicken / damit er sie verbrennen könte / denn er wolte nicht haben / daß sie iemand lesen solte.

217.

Er hörete sagen / daß man die vorstadt S. Germain des Prez mit einer mauer in die stadt Pariß einschliefen wolte. Diesen vorsatz rühmete er nun sehr / und sagte: Die Edelleute / welche daselbst wohneten /würden hiervon einen grossen nutzen haben /denn solcher gestalt wären sie näher an dem Louvre, Palais, Halles und andern örtern der stadt.

218.

Einsmals sagte sein vogt zu ihm: Glaubet mir sicherlich / mein herr / daß wir in kurtzem regen-wetter haben werden / denn der hahn auf der grossen kirche hat sich gegen den bösen wind oder gegen süden gekehret. Zwey oder drey tage hernach erinnerte er Gaulard noch daran / ließ den hahn gegen norden stellen / und ihn feste machen. Als man ihn[70] nun um die ursache fragete / so sagte er: Ich möchte gerne nur fünff oder sechs tage gut wetter haben /um über feld zu reisen.

219.

Als er eines tages mit einem kauffmann / wieder welchen er einen proceß führete / zur gerichtlichen verhör gieng / und des gegentheils Advocat sagete: Daß man den handels-büchern glauben zustellen müste / zu dessen beweißthum er Bartolum, Jasonem und Guidonem Papam anführete: So hatte er nicht so viel gedult / biß sein Advocat antwortete / sondern sagte: Herr richter / glaubet mir / daß Bartolus, Jason und Guido Papa falsche zeugen seynd /wenn sie etwas wieder mich ausgesaget haben: Denn ich bin versichert / daß sie nicht darbey gewesen seynd.

220.

Indem er einsmals in einer kutsche über feld fuhr /verlohren zwey von seinen pferden die eisen / dergestalt daß er genöthiget wurde / selbige ausspannen zu lassen / damit sie wiederum beschlagen würden. Mitler weile sagte er: Auf / auf / last uns fort fahren. Als nun sein kutscher zu ihm sagte: Man müsse warten / biß die pferde beschlagen wären. So antwortete Gaulard: Ey nicht doch / wir wollen immer voran fahren / die pferde werden schon nachkommen.

[71] 221.

Als er einst über feld reisen wolte / und sein hofmeister zu ihm sagte: Last uns eilen / mein herr / es ist hoher als sieben auf meiner sack-uhr. So sagte Gaulard zu ihm: Ach ihr treibet mich wohl gewaltig an / könnt ihr eure uhr denn nicht eine stunde zurück stellen / damit wir zeit genug haben?

222.

Als er ein gemählde sahe / darauf Moses mit einem grossen grauen bart und mit den tafeln der zehn gebote in der hand abgeschildert stunde / nebst der überschrifft mit grossen buchstaben / Exod. XX. So dachte er Exodus sey der name dieses alten greisses / die zahl XX aber sein alter; Drum sagte er voller verwunderung: Sehet doch / dieses ist ein schöner greiß vor zwantzig jahre.

223.

Einsmals traff ihn sein Medicus Claude Desdamé nach mittags auf dem bette an / wiederrieth ihm den nachmittags-schlaff / und zog zu solchem ende folgenden halben verß aus der schola Salernitana an:


Somnum fuge meridianum.


Worauf Gaulard antwortete: Ach ich schlieff nur deswegen ein / damit ich den müßiggang [72] fliehen möchte / denn ich muß immerfort etwas zu thun haben.

224.

Als er sich einsmals über ein wirths-hauß beklagte /allwo man ihn in eine kammer gelegt hatte / deren wände gantz durchlöchert waren / so sagte er: dieses ist die schlimmste kammer von der gantzen welt /man siehet die gantze nacht den tag darinnen.

225.

Als der Abt von Poupet mit kläglichen worten erzehlete / daß ihm die maul-würffe eine schöne wiese verderbeten; so sagte er zu ihm: Hierwieder ist leichtlich ein mittel zu finden / man muß die wiese pflastern lassen.

226.

Als er eines tages sahe / daß sein pferd / darauf sein diener saß / mit einem schweren fell-eisen beladen war / so sagte er zu dem diener: du hast gar keine barmhertzigkeit gegen das arme thier / köntest du denn dieses fell-eisen nicht ein wenig auf deine schultern nehmen / damit das pferd nicht so schwer zu tragen hätte.

227.

Als er sahe / daß ein mahler über einem gemählde beschäfftiget war / auf welchem derselbe den herrn Maldey mit seiner frau vorstellete / [73] so sagte er: Ich bitte euch / mahlet mich auf diesem bilde in einem winckel / wo man mich nicht sieht / damit ich hören kan / was die beyden leute unter währendem spatzier-gange reden werden.

228.

Einsmals wurde er gebeten / mit in die predigt zu gehen / worauf er zur antwort gab: Ich bitte euch /führet mich nicht dahin; denn ich höre nichts so ungerne / als von andern leuten übel reden. Nun aber können ja die prediger nicht drey worte sagen / daß sie nicht iemand tadeln solten.

229.

Kilian Brustfleck ritte einsmals in einer stadt herum /damit er die leute vor seines principals / eines berühmten marcktschreyers / theatrum locken möchte. Als ihm nun eine grosse menge jungen nachfolgete /und er mit diesem muthwilligen gefolg an einen hauffen scheit-holtz gelangete / ließ er einen ieden unter ihnen ein scheit / gleich einer musquete / auf die schulter nehmen / worüber der eigenthums-herr lachete / in meynung / es würde Kilian Brustfleck nach geendigtem aufzuge das holtz wiederum an ort und stelle legen lassen. Dieser aber sagte / als er in sein quartier kam / zu den jungen: leget euer gewehr nieder; und als ihm sothanes holtz abgefordert [74] wurde / gab er zur antwort: wenn die soldaten das gewehr einmal bekommen hätten / so müsse man es ihnen nicht wieder nehmen.

230.

Ein liebhaber wolte ein schönes mädgen küssen / welche sich aber mit allen kräfften wiedersetzte / und zu ihm sagte: Ich kan es nicht thun / und will es nicht thun / sonst wolte ichs gerne thun.

231.

Ein kramer kam in den buchladen / und wolte maculatur kauffen / als ihm nun geantwortet wurde: daß man anietzo keine habe; so fragte er: ob sie deren nicht bald wieder drucken würden. Worauf der buchführer antwortete: dieses wird vielleicht eher geschehen / als es mir lieb ist.

232.

Als Melanthus hörete / daß der Philosophus Gorgias die Griechen öffentlich zur eintracht ermahnete / sagte er: dieser mann will alle Griechen zum frieden und zur einigkeit überreden / welche er doch in seinem eigenen hause zwischen ihm selbst / seiner frau und seiner magd nicht stifften kan.

233.

Eines Doctoris Medicinæ kutscher zu Franckfurt am Mayn wendete sich / ohne seinen herrn [75] darüber zu befragen / von der Lutherischen zu der Römisch-catholischen religion / und als man die ursache von ihm wissen wolte / sagte er: Es wären so schöne bilder in den catholischen kirchen. Nicht lange hernach wurde die Catharinen-kirche der Lutheraner daselbst auferbauet / und mit gemählden ausgezieret / worüber der kutscher bewogen wurde / sich wiederum zu der Lutherischen religion zu bekennen.

234.

Ein studente / welcher sich auf die rechts-gelehrsamkeit legen wolte / hatte nach seiner ankunfft auf die Universität die institutiones juris drey jahre lang in den kasten ungebunden liegen lassen / und als er von seinem vater hierüber zur rede gesetzet wurde / muste ihm dieses zur entschuldigung dienen: Er habe immer vermeynet / noch einen tractat darzu zu bekommen / damit es einen rechten band geben möchte.

235.

Scipio / der kleine / sagte zu einem soldaten / welcher einen zierlichen schild hatte: Es wundert mich nicht /daß du deinen schild so schön geschmücket hast /weil du dich mehr darauf verlässest / als auf dein schwerdt.

236.

Als Publius Aemilius den König in Macedonien [76] Perseum überwunden hatte / und dieser bate / daß er nicht im triumph herum geführet werden möchte / so sagte jener zu ihm: Dieses stunde bey dir. Womit er anzeigen wolte / es habe ihm frey gestanden / entweder im kriege umzukommen / oder den sieg davon zu tragen.

237.

Als Cato der ältere sahe / daß vielen leuten ehren-säulen aufgerichtet wurden / sagte er: Ich will lieber /daß man fraget / warum Catoni keine ehren-säule gesetzet sey / als warum ihm eine gesetzt sey.

238.

Als ein verschwender genöthigt wurde / seine nahe an dem meer gelegene äcker zu verkauffen / so sagte Cato von demselben: Es wundere ihn / daß er grössere dinge thun könte / als das meer selbsten. Denn was dasselbe allmählig abwaschete / das hätte er so geschwind verschlungen.

239.

Als er von einem unehrlichen und berüchtigten menschen beleidiget wurde / so sagte er zu ihm: Wir streiten mit sehr ungleichen waffen / denn gleichwie es dir sehr leicht ist / übels zu hören / und übels zu reden /also ist es mir unangenehm / übels zu hören / und gantz ungewöhnlich / übels zu reden.

[77] 240.

Als einer des morgens gewahr wurde / daß ihm die mäuse seine hosen zerbissen / so befragete er sich bey Catone: Was doch hierdurch vor ein unglücke vorbedeutet würde? worauf derselbe zur antwort gab: Es ist kein wunder / daß die mäuse die hosen zerbissen /wenn aber die hosen die mäuse zerbissen hätten /so wäre es ein wunder.

241.

Als der Pabst dem Könige in Franckreich Francisco I durch eine absonderliche Gesandschafft das königreich Constantinopel zum geschencke anbot / mit der bedingung / daß er selbiges zuvor einnehmen solte /so bedanckte er sich so sehr gegen ihn / wolte es aber nicht annehmen / sondern sagte: Er habe kein so grosses cabinet / darinnen er dieses geschencke verwahren könte.

242.

Ein hauptmann / namens la Hire, wurde von der Frantzösischen armee an König Carl den VIII abgefertiget / um selbigem zu hinterbringen / daß die Frantzosen aus mangel der lebens-mittel / geldes und anderer nothwendigkeiten einige städte und schlachten gegen die Engelländer verlohren. Weil sich aber der König gegen diesen hauptmann freundlich erzeigen wolte / zeigete er ihm allerhand wollüstige und zum zeitvertreib [78] gerichtete sachen / und fragte: was ihn darvon deuchte: Allergnädigster König / antwortete jener: Ich habe niemals keinen Fürsten gesehen / welcher das seinige so freudig verlohren / als Eu. Majestät.

243.

Als ein gewisser Edelmann sahe / daß ein guter geselle öffentlich ausgestrichen wurde / so fragte er: Was die ursach sey? hierauf wurde ihm geantwortet: Weil er zwey weiber genommen. Ey ist er deßwegen ausgestrichen worden / sagte der Edelmann / weil er zwey weiber genommen / so wolte ich diese straffe gerne zweyfach leiden / wenn ich nur von einer könte loß kommen.

244.

Es wurde einem einfältigen tropff eine schrifft eingehändiget / um selbige der Königin in Navarra zu lieffern / und hatte man ihm darbey gesagt: Küsset sie /ehe ihr sie derselben überlieffert. Als er nun vor die Königin kam / fiel er ihr um den halß / gab ihr einen kuß / und überreichete die schrifft.

245.

Ludwig XIII König in Franckreich stellte sich / als ob er seines connetable / des Grafen von S. Paul / rath begehre / weswegen er ihm sagen ließ: Er habe eines guten kopffes nöthig. Allein [79] dieses hatte einen weit andern verstand / indem der unglückselige enthauptet wurde.

246.

König Heinrich in Franckreich war besorget / wen er vor Boulogne schicken könte / von welchem orte man dazumal glaubete / daß er nicht könte eingenommen werden. Hierauf sagte Brusquet / welcher eben dazumal gegenwärtig war: Eure Maj. könte hierzu niemand besser erwehlen / als einen gewissen rathsherrn von Pariß / (welchen er mit namen nennete) denn dieser nimmet alles ein. Wodurch er seinen geitz und begierde nach geschencken andeuten wolte.

247.

Als Scipio der kleine und Ap. Claudius zugleich nach dem amte eines censoris stunde / und dieser sich rühmete / daß er alle bürger mit namen nennen könte / da hingegen Scipio fast niemand zu nennen wüste / so sagte Scipio: Es ist wahr / denn ich habe mich beflissen / nicht daß ich viele kennen wolte / sondern daß ich niemand unbekandt wäre.

248.

Als Cäcilius Metellus sein krieges-heer vor einen festen ort führen wolte / und ein hauptmann zu ihm sagte: Wenn du nur zehn mann daran wagen wilst / so wirst du den ort einnehmen. Fragte [80] ihn Cäcilius Metellus: Ob er einer von diesen zehn seyn wolte?

249.

Als ein junger Oberster Metellum fragte: was er sich zu thun vorgesetzt? so gab er zur antwort: Wenn ich wüste / daß mein rock hiervon nachricht hätte /wolte ich ihn ausziehen / und ins feuer werffen.

250.

Martinus / Abt von Asello hatte über die thür seiner Abtey diesen verß setzen lassen:

Porta patens esto nulli, claudaris honesto.


welches als es der damahlige Pabst laß / und ein comma bey dem worte nulli fand / entrüstete er sich dermassen über des Abtes unhöffligkeit / daß er ihn absetzte und die abtey einem andern gab. Dieser ließ vorgedachten verß stehen / und änderte nur das comma / in dem er es nach dem worte esto setzte / zu dessen andencken folgendes distichon gemachet wurde:


Porta patens esto, nulli claudaris honesto.
Ob solum punctum caruit Martinus Asello.

251.

Ein richter hatte einen beutelschneider verurtheilet /daß ihm das ohr abgeschnitten werden solte / wobey er aber zu melden vergessen / ob es das rechte oder lincke seyn solte. Als nun der delinquente [81] diese worte verlesen hörete: Wir haben verdammet / und verdammen gedachten angeklagten / daß ihm das ohr abgeschnitten werden solle. So fragte der delinquente also fort: welches / mein herr? worüber der richter dermassen verwirret wurde / daß er an sein rechtes ohr griff / und sagte: Dieses. Worauf jener antwortete: Wohlan / ich appelli re nicht von dem urteil / und so ihr es verlanget / will ich euch das ohr selbsten abschneiden.

252.

Franciscus I. König in Franckreich / spielte im ball-hause / und hatte einen gewissen Münch zum beystande erfordert. Als nun dieser wohl spielte / sagte der König unter andern zu ihm: Dieses war ein braver Münchs-streich. So fort gab jener zur antwort:Wenn es Eur. Maj. gefällt / so wird es ein Abt-streich seyn. Solcher worte erinnerte sich der König /und versahe ihn bald hernach mit einer Abtey.

253.

Als es Ludwig der dicke / König in Franckreich / mit dem Grafen von Maine wider König Henrichen in Engelland hielte / und in einer schlacht von allen seinen leuten entfernet war / verhoffete ein Engelländischer ritter grossen reichthum zu erlangen; dahero er des Königs pferd beym [82] zügel fassete / und ausschrie: Der könig ist gefangen. Dieser aber stieß den ritter mit dem degen übern hauffen / und sagte: Im schachtspiel nimmet man den König nicht allein.

254.

Als die ältesten zu Numantia ihren überwundenen bürgern die zaghafftigkeit vorrückten / daß sie nemlich vor denjenigen geflohen / welche sie vormals so offt in die flucht geschlagen. So antwortete einer von den überwundenen: Es seyn zwar anitzo eben noch die vorigen schafe / iedoch aber ein anderer hirte / mit dem sie gestritten. Anzuzeigen / daß der heerführer ursache des veränderten kriegs-glückes sey / ob schon eben die vorigen soldaten gefochten.

255.

Als C. Julius Cäsar bereits vieles öffentlich wider die Römischen gesetze that / so sagte Considius / welcher schon bey hohem alter war / ungescheuet zu ihm: Es erschienen die raths-herren deswegen nicht / weil sie seine waffen fürchteten. Als nun Cäsar zu ihm sagte: Warum bleibest du denn nicht auch aus furcht zu hause? so antwortete Considius: Das alter macht mich unerschrocken / denn weil noch ein geringer antheil meines lebens zurücke [83] ist / so habe ich nicht ursache / mich zu entsetzen.

256.

Ein soldate / welcher seines alters wegen nunmehro von den krieges-diensten befreyet worden / solte einer rechts-sache wegen vor gericht erscheinen; Dahero er sich zu Kayser Augusto wendete / und ihn bat / er möchte sein rechtlicher beystand seyn. Als nun dieser einen aus seinem gefolg hierzu erwehlte / und ihm die sache recommandirete / so fieng der alte soldate an /überlaut zu ruffen: Ich habe aber / als du in dem Actischen kriege in gefahr warest / o mein Kayser / keinen andern vor mich bestellet / sondern ich habe selbst vor dich gefochten. Mit welchen worten er seine von den wunden empfangene narben entdeckete. Alsofort wurde der Kayser schamroth / und ließ sich zu des soldaten sachwalter gebrauchen.

257.

Einer sagte zu seiner geliebten: Es sey ihm lieber /wenn ihm von einem basilisken träume / als von ihr. Als sie sich nun hierüber beschwerete / und wissen wolte / ob er sie denn vor abscheulicher / als ein solches grausames ungeziefer hielte / so sagte er:Wenn ihm träume / ob sahe er einen basilisken /so sey er allemal froh / wenn er darüber erwache /und [84] gewahr werde / daß es ein blosser traum gewesen. Wenn er aber seine geliebte im schlaff erblicke / und darüber erwache / so betrübe es ihn /daß ihn ein traum betrogen habe.

258.

Kayser Nero geriethe unter andern thorheiten auch auf die rasende wuth / daß er einen knaben namens Sporum / durch abschneidung seiner mannheit / zu einer weibs-person machen wolte. Zu solchem ende hielte er ordentlicher weise hochzeit mit ihm / und gab ihm einen braut-schatz nebst einem braut-schleyer / dergestalt / daß er diesen verschnittenen vor seine rechte frau hielte. Drum sagte einer zum schertz: Es sey vor die menschliche wohlfart nichts bessers gewesen /als wenn Neronis vater / Domitius / auch eine solche frau gehabt hätte.

259.

L. Galba hatte Mäcenatem zu gaste geladen / und als er merckete / daß dieser mit seiner frau schertzen wolte / stellte er sich an / als ob er schlieffe / damit Mäcenas desto freyer thun könte / was er wolte. Als aber mitlerweile sich einer zum tische nahete / in willens / etwas von demselben zu entwenden / fuhr Galba auf / und sagte: O du bösewicht / ich schlaffe jenem / nicht aber dir.

[85] 260.

Die Römer pflegten zu sagen: Der Gallier ersten anfälle in der schlacht seyn mehr als männlich / die letzteren aber weniger als weibisch.

261.

Von Romulo / dem ersten erbauer der stadt Rom / lieset man / daß er im gebrauch des weines sehr mäßig gewesen. Als er nun einsmals bey einer abendmahlzeit erschiene / und sehr wenig tranck / weil er des andern tages wichtige verrichtungen hatte / sagten seine vertrauten freunde zu ihm: Wenn alle menschen auf solche weise träncken / so würde der wein wohlfeiler seyn. Er aber antwortete: Vielmehr würde er theurer werden / wenn ein ieder träncke / so viel er wolte / denn ich habe so viel getruncken / als ich gewolt.

262.

Ein alter hauptmann / welcher von grossem ansehen /darbey aber sehr dick und schwer von leibe war / ritte einsmals in gesellschafft eines jungen Fürsten und einiger anderer jungen herren ins feld / und saß auf einem kleinen pferde / auf welchem er sehr hin und wieder wanckte / weil ihn bereits ein hohes alter druckte. Mit diesem wolte der junge Fürste seinen schertz treiben / und sagte zu ihm: Fürwahr / mein herr / wer euch [86] also zu pferde sehen solte / der würde euch an geberden und gestalt vor einen leibhafftigen fleischhauer halten; und nicht ohne ursache / antwortete der hauptmann: Denn ich führe anitzo kälber auf den marckt. Worauf der Fürst versetzte: Ich bin in wahrheit redlich bezahlt / ihr seyd mir nichts mehr schuldig.

263.

Als eben dieser hauptmann gehöret hatte / daß vorgedachter Fürste sehr bemüht war / einen guten jagt-hund zu überkommen / um seine hündin darmit zu belegen / welche / ob sie wohl schön war / dennoch die hasen nicht gar zu wohl fienge; so sagte er zu ihm:Gnädigster herr / hiezu weiß ich ein gutes mittel. Eu. Durchl. lasse die hündin durch einen Advocaten belegen / denn die Advocaten fangen alles /und entwischet ihnen nichts.

264.

Als Scipio Nasica vor des poeten Ennii thüre kam /und ihm die magd sagete: Ihr herr sey nicht zu hause; so merckte Nasica wohl / daß dieses auf des Ennii befehl geschahe / und daß derselbe zu hause wäre. Nichts desto weniger gieng er wiederum hinweg / und thate / als ob er es nicht verstünde. Einige tage hernach verfügete sich Ennius vor des Nasicä hauß / und fragte nach [87] ihm; worauf dieser mit vollem halse ausschrie: Er sey nicht zu hause. Wie? antwortete Ennius / meynst du denn / daß ich deine stimme nicht kenne? Nasica aber versetzte: In wahrheit / du bist ein unverschämter mann / als ich dich in deinem hause suchete / glaubete ich deiner magd / wilst du mir denn nicht selbsten glauben?

265.

Als einige sagten: Die Römer könten sich nunmehro einer beständigen wohlfahrt versichern / nachdem sie die Carthaginenser getilget / und die Griechen unter ihre botmäßigkeit gebracht hätten; so antwortete eben dieser Nasico: Nun seynd wir erst in der grösten gefahr / nachdem niemand mehr übrig ist / den wir zu fürchten oder zu ehren nöthig haben.

266.

Catonis jüngste tochter Martia wurde gefraget: Warum sie nach ihres mannes tode nicht wiederum heyrathen wolte? worauf sie zur antwort gab: Weil ich keinen mann finden kan / der mich mehr liebet / als das meinige.

267.

Der Messalarum schwester / Valeria / gab auf die frage: Warum sie nach dem tode ihres mannes Servii keinen andern nehmen wolte? zur antwort: [88] Weil mir mein mann Servius noch immer lebet.

268.

Ein dämischer mensch / namens Samias / legete einen leeren wasser-krug untern kopff. Weil ihm nun derselbe zu hart war / füllete er ihn mit stroh / und als er um die ursache gefraget wurde / antwortete er: Damit ich an statt des polsters desto weicher darauf liegen möge.

269.

Als Caßii Severi bücher / vermöge eines schlusses des Römisches Rathes / verbrannt wurden / sagte er:Nun ist nichts mehr übrig / als daß ich selbsten lebendig verbrannt werde / denn ich habe sie auswendig gelernet.

270.

Einer wurde gefraget: warum König Alphonsus / da er doch sonsten gegen iederman freygebig wäre / die sternseher allein übergienge / als deren keiner an seinem hofe gesehen würde? so bekam er zur antwort: Die gestirne regieren und zwingen nur die narren / die weisen aber herrschen über die gestirne.

271.

Einer schlug den andern auf die achseln / und sagte:Stultorum plena sunt omnia. Worauf dieser antwortete: Es ist wahr / und wenn ich dich [89] ansehe / so muß ich der philosophischen regul beyfall geben: Quod non detur vacuum.

272.

Als König Alphonsus gehöret hatte / daß die Senenser in dem Italiänischen kriege neutral gewesen / nachmals aber von beyderseits streitenden partheyen geplündert worden; so sagte er: Es sey den Senensern ergangen / wie denjenigen / welche den mitlern theil eines hauses bewohnen / denn diese würden von den untersten haußgenossen durch rauch / von den obersten aber durch urin geplaget und angefochten.

273.

Die einwohner der Insul Java seynd heimtückisch /untreu / stoltz und hartnäckig / absonderlich aber gegen die ausländer. Als nun ein gewisser König daselbst von den Europäischen kauffleuten gefraget wurde: Warum er sein gegebenes wort nicht gehalten hätte / und warum er anietzo anders rede / als zuvor? so antwortete er: Wustet ihr denn nicht / daß meine zunge nicht von bein sey?

274.

M. Varro schertzete also über des Fundanii zustand /welchem die füsse weh thaten: Dieses mannes füsse pflegen auf der stirne runtzeln zu machen.

[90] 275.

Als beym Plauto einer fragte: auf was weise eine zugleich frau und witwe seyn könte? wurde ihm geantwortet: Wenn ein junges mädgen einen alten mann heyrathet.

276.

Benedictus Scaliger / Julii Cäsaris vater / sagte von den Italiänischen weibern / welche sehr hohe schue trügen: Ihre männer genössen ihrer nur halb im bette / weil sie die andere helffte mit den schuen abgeleget hätten.

277.

Als der Türckische Kayser Bajazet / Amuraths sohn /mit einem gewaltigen krieges-heer in Bulgarien eingefallen war / und König Sigismund ihn durch gesandten ersuchen ließ: er möchte doch seine länder unbedränget lassen / auf welche er kein recht habe; so ließ Bajazet einen hauffen waffen auf einen saal tragen /wiese mit dem finger drauff / und sagte zu den gesandten: Sehet / dieses ist das recht / wodurch ich Bulgarien besitze.

278.

Ein sternseher / welcher zukünfftige dinge verkündigen wolte / sahe einsmals Johanni Galeatio / Hertzoge zu Mayland / unters gesicht / und sagte zu ihm: Gnädigster herr / bestellet eure sachen bey zeiten / denn ihr könnet nicht lange mehr leben / [91] weil euch die gestirne / so über euer leben regieren / den tod in der blüthe eurer jahre drohen. Und du / fragte der Hertzog / wie lange solst du denn noch leben? Mein planete /antwortete er / verspricht mir ein langes leben. Wohlan / versetzte der Hertzog / damit du nicht mehr auf deinem planeten vertrauest / so solst du anitzo wider dein vermuthen sterben / und hiervon werden dich alle deine planeten keines weges befreyen. Worauf er ihn alsofort hencken ließ.

279.

Als ein sehr tugendhaffter Fürst sahe / daß einige Edelleute eine grosse summe geldes auf die würffel setzeten / sagte er: Ist dieses spiel nicht eine grosse thorheit? man verspielet sein geld zum zeitvertreib /und machet sich hernach viel mühe / selbiges wieder zu bekommen.

280.

Diejenigen / welche Philippo II Könige in Spanien /darzu geholffen hatten / daß er das Königreich Portugal erobert / kamen zu ihm / und forderten ihre vergeltung: dahero er sie an seinem Gewissens-rath verwiese / allwo ihnen auf ihr begehren geantwortet wurde: So ferne sie dem Könige das Königreich Portugal in seine gewalt gegeben / weil es ihm zugehörete / so hätten sie ihrer schuldigkeit nachgelebet / und würden ihren lohn im himmel bekommen. So ferne sie ihm[92] solches aber überlieffert / unerachtet es ihm nicht zustünde / und selbiges also seinem rechtmäßigen herrn entzogen hätten / so wären sie als verräther des galgens würdig.

281.

Philippus von Croy / Hertzog von Arschot verfügte sich einst mit dem herrn von Brecht von Antwerpen an einen gewissen ort / des vorsatzes sich lustig zu machen / und sagte von diesem: Er sey froh / daß sie einen narren in der gesellschafft hätten. Worauf jener hinzu fügete: So würdet ihr denn noch einmal so froh seyn / wenn ihr wüstet / daß deren zwey zu gegen seynd.

282.

Ein ungeschickter und lasterhaffter Edelmann rühmte sich an einem gewissen Fürstlichen hofe an der Cavaliers-tafel seiner ahnen / welche sich durch viele tapffere thaten berühmt gemachet. Mitlerweile hatte ein kurtzweiliger Rath dieses Edelmanns hut mit federn aufgesetzt / zu welchem derselbe sagte: Du narr / was machst du? Ich schmücke mich mit andern federn /wie du; antwortete der hof-narr.

283.

Der herr von Caubeque befand sich einsmals über der tafel / allwo auch der Graf von Egmont / so nachmals auf befehl des duc d'Alba hingerichtet worden / gegen wärtig war / als der herr [93] von Norcarmes behaupten wolte: Es sey keine eintzige ehrliche frau in der welt. Worauf jener zur antwort gab: So muß denn nothwendig von beyden eins wahr seyn / nehmlich daß ihr entweder ein hahnrey und ein huren-sohn seyd / oder daß ihr in euren hals gelogen.

284.

Als Franciscus Rabelais / ein berühmter Doctor Medicinä / auf seinem todten-bette lag / und den tod schon auf der zunge hatte / ließ er den vorhang vorziehen / und sagte: Jam peracta est fabula, Nun ist die comödie gespielt. Wormit er den geist aufgab.

285.

Pabst Alexander V war so wohl gegen arme als auch gegen gelehrte leute sehr freygebig / und pflegte zu sagen / wenn er lustig war: Daß als er Bischoff gewesen / sey er reich gewesen; als er Cardinal worden /sey er arm worden; seit dem er aber Pabst sey / so sey er ein Bettler.

286.

Pabst Pius II sagte: Die rechtlichen partheyen seynd die vogel / die gerichts-stelle ist das feld / der richter das netz / und die Advocaten seynd die vogelsteller.

287.

Als Sixtus V durch hülffe des Königs in Spanien zum Römischen Pabst erwehlet worden [94] war / sahe man an Pasquino den gantzen Päbstlichen titul angeschrieben / unten aber stunden folgende noten:



oder: Der König machet mich allein.

288.

Als einsmals eine gar grosse menge volcks auf einem schiffe war / entstund ein grausames sturmwetter /also daß sich iederman des lebens verziehe. Weil nun einer von der gesellschafft sahe / daß keine hoffnung übrig wäre / aus der gefahr zu entrinnen / eröffnete er seinen proviant-kasten / und fieng an wacker zu essen / da immittelst die andern weineten / dahero der schiff-patron zu ihm sagte: Mein freund / was machet ihr? sehet ihr denn die gefahr nicht / darinnen wir schweben? ja / ich sehe sie wohl / gab jener zur antwort / und weil ich weiß / daß wir bald genug zu trincken bekommen werden / so kan ich ja nicht besser thun / als daß ich zuvor esse / um ein gutes fundament zu legen: Denn es ist mir unmöglich / nüchtern zu trincken.

289.

Einer sahe einen gantz trunckenen fläminger oben von der treppe herunter fallen / und weil er besorgete / es möchte derselbe den halß stürtzen / [95] so fragete er ihn mit zitternder stimme: Quid agis, Magister Lamberte? was machet ihr / Magister Lambert? dieser aber gab unter währendem fallen zur antwort: videbitur inferius. Solches wird man unten sehen.

291.

Eine frau war dermassen einfältig / daß sie fünff oder sechs tage nach ihrer hochzeit zu ihrer kammer-magd / welche sie bey ihrem mann im bette fand / mit freundlichen geberden sagte: Meine freundin / dieses will ich schon verrichten / gehet ihr nur hin /und thut unterdessen was anders. Denn sie meynete / es wäre solches eine arbeit / welche iederman im hause verrichten müste.

292.

Ein junger ehe-mann beklagete sich zum öfftern über seine frau gegen ihre eltern. Ob nun wohl dieselben ursache gehabt hätten / ihn zu bitten / er möchte mit ihrer tochter schwachheiten gedult tragen: So sagten sie doch nichts weiter zu ihm / als dieses: Er sey allzuglücklich / daß er eine solche frau hätte / wenn er sie auch schon nur mit nackendem leibe bekommen. Worauf der beängstigte mann antwortete:Es wäre gantz gut / wenn ich nichts als ihren leib bekommen / so aber habe ich auch den kopff.

[96] 293.

Eine frau belangete ihren mann vor gerichte / weil er sie sehr übel gehalten hatte. Allein der beklagte stellete sich unerschrocken vor dem richter ein / und sagte zu seiner verantwortung: Als er nebst seiner frau zu tische gewesen / seyn sie in einige zwistigkeit gerathen / worauf sie gesaget: Es solle kurtz um alles nach ihrem kopffe gehen. Hiermit habe er geantwortet: Weil sie es also verlange / so sey er auch damit zu frieden / und zu solchem ende habe er ihr alles nach dem kopffe geworffen / was er auf dem tische gefunden.

294.

Als ein bauer mit einer ziemlichen anzahl weiber in eines Italiänischen Grafens stadt gieng / und dieser zu ihm sagte: Bauer / du führest viel ziegen auf unsern marckt; so antwortete er: Genädiger herr / es deucht mich / daß ich ihrer nicht genug an einen solchen ort führe / wo so viel böcke seynd.

295.

Als ein Hauptmann sahe / daß eines Capuciners esel zitterte / indem er durchs wasser gehen solte / fragte er denselben / warum sein thier so sehr zittere? der Capuciner antwortete mit lachendem munde: Wenn ihr den strick um den halß / die eisen an den füssen / und einen Capuciner auf der seite hättet /wie mein esel / [97] so besorge ich sehr / ihr würdet noch mehr zittern / als derselbe.

296.

Ein barbierer-junge riß einem bauer drey zähne aus an statt eines einzigen / der ihm wehe that. Als sich nun dieser arme mann sehr beklagte / so sagte der geselle /welcher des jungen begangenen fehler gewahr wurde /zu jenem: Schweiget doch vorn hencker stille /wenn euch unser lehr-printz höret / so müst ihr vor drey zähne bezahlen. Womit sich der unglückselige aus furcht der bezahlung zu frieden gab.

297.

Als ein prediger sahe / daß seine predigten nicht fleißig besuchet wurden / sagte er einsmals zu seinen zuhörern: Es habe der teuffel die die verwichene nacht mit ihm geredet / und wenn sie sich des folgenden tages in seiner predigt einfänden / so wolte er ihnen erschröckliche dinge sagen / und alles erzehlen / was ihm der teuffel eröffnet habe. Kaum war dieses in der stadt ausgebreitet / so wurde iederman begierig / die predigt zu hören / dergestalt daß besagten tages die kirche gantz voll war. Hiermit fieng der prediger an / und sagte: Ihr zuhörer / es ist eine seltsame sache; als ich euch diese tage über vorgebracht / was die Propheten und Apostel gesagt / so habt ihr es [98] nichts geachtet. Anietzo aber wollet ihr gerne wissen / was mir der teuffel offenbaret hat.

298.

Ein lahmer begab sich in den krieg / worüber einige /als sie ihn marschiren sahen / mit vollem halse lacheten / dahero er zu ihnen sagte: Wundert euch nicht /ich gehe nicht in den krieg / daß ich lauffen / sondern daß ich dem feinde den kopff bieten / und daß ich / wenn es die noth erfodert / an demjenigen orte sterben will / wo man mich hinstellen wird.

299.

Als einer seinen sohn antraff / welcher seine groß-mutter küssen wolte / so sagte er zu ihm: Ey du lümmel / was wilst du machen? wilst du meine mutter küssen? worauf dieser antwortete: Warum soll ich denn nicht die eurige küssen? küsset ihr doch die meinige.

300.

Einer ritte mit seinem pferde durch ein wasser / und fiel so tieff hinein / daß er in gefahr des lebens war. Nachdem er sich nun wiederum heraus gerissen /sagte einer aus der gesellschafft zu ihm: Ich habe vorher gesehen / daß ihr euer pferd so sehr geliebet / unn ihr rühmtet euch / daß ihr am besten in der gantzen stadt beritten wäret; ich glaube aber / daß ihr heute [99] über dasselbe sehr erzürnet seyd. Keines weges / antwortete jener; wir haben uns wieder vertragen / indem wir noch vor kurtzem mit einander getruncken.

301.

Als die beyden factionen der Guelfen und Gibelliner in Italien noch im schwange giengen / und Pabst Bonifacius VIII der gewohnheit nach den Cardinälen und Bischöffen an der ascher-mittwoche asche aufs haupt streuete / so fiel der Ertz-bischoff von Genua / namens Prochet / welcher es mit den Gibellinern hielte /auch auf die knie / um die asche zu empfangen. Hierauf streuete ihm der Pabst selbige aufs haupt / veränderte aber die gewöhnlichen worte / und sagte: Memento homo, quia Gibellinus es, & cum Gibellinis morieris.

302.

Als Wilhelm / der bastard genannt / Hertzog in der Normandie / entschlossen war / das Königreich Engelland einzunehmen / welches ihm König Eduard der heilige geschencket hatte / ersuchte er viele grosse herren in Franckreich und anderwerts / ihm mit volck und gelde beyzustehen. Unter andern bat er auch den Grafen von Flandern / dessen tochter er geheyrathet hatte. Und als dieser fragte: was er vor einen antheil von Engelland haben solte / wenn es der Hertzog einnähme; so [100] antwortete ihm jener / daß er ihm solches schrifftlich zuschicken wolte. Als er nun seine reise anzutreten begriffen war / ließ er ein weisses pergament ohne inwendige schrifft in form eines verschlossenen brieffes zusammen legen / und folgende zwey zeilen darauf schreiben:


Beaufrere, d'Angleterre aurez
Ce que ci dedans trouverez.
In diesem brieff wird euch / mein schwager / kund gemacht /
Was euch von Engellands provintzen zugedacht.

303.

Als Carl von Bourbon / Graf von Anguien / das Frantzösische kriegs-heer in Piemont wider Kayser Carls des V armee anführete / über welche letztere der Marquis von Guast das commando hatte; so ließ ietztgedachter Marquis dem Grafen von Anguien / welcher noch jung war / zum schimpff sagen: Er habe noch einen allzukleinen bart / als daß er sich unterstehen solte / mit ihm zu fechten. Dieser gab ihm zur antwort: Der Frantzosen bärte haueten und fechteten nicht / sondern dieses käme den schwerdtern zu / mit welchen sie zu schlagen willens wären.

[101] 304.

Als Carl VIII König in Franckreich das Königreich Neapolis überfiel / und selbiges in kurtzer zeit eroberte / sagte Pabst Alexander VI hiervon: Die Frantzosen sind mit höltzernen spornen und mit kreide in den händen der quartier-meister in dieses Königreich kommen / ohne daß sie sonsten die geringste mühe gehabt. Nachdem sie aber selbiges bald wiederum verlassen hatten / sagte ein anderer: Sie wären mit der post nach Neapolis kommen / und solcher gestalt auch wiederum hinweg gegangen.

305.

In gegenwart des Cantzlers von Franckreich Anthoine du Prat / redete man von dem zu wiedereroberung der stadt Meyland vorhabenden kriege / welchen König Franciscus I anfangen wolte. Als nun einige vorgaben / es wäre rathsam gewesen / daß man Mayland gäntzlich zerstöret und verwüstet hätte / weil es den Frantzosen so grossen schaden thäte / antwortete obgedachter Cantzler: Es ist nöthig / daß Meyland unverstöret bleibe / denn es dienet dem Königreich Frankreich zur purgation / damit die böse feuchtigkeit der verdorbenen und gottlosen leute hinweg gethan werden möge / [102] als welche sonsten das gantze Königreich verderben könte.

306.

Als die Engelländer durch König Carln VII wiederum aus Franckreich verjaget worden waren / und sich zu beschleunigung ihrer rück-kehr nach Engelland zu schiffe setzen wolten / fragten die Frantzosen einen Engelländischen hauptmann aus schertz: Wenn sie wiederum in Franckreich kommen wolten / daselbst krieg zu führen? worauf er antwortete: Solches wird alsdenn geschehen / wenn eure sünden grösser und vielfältiger seyn werden / als die unsrigen.

307.

Der Hertzog von Mayland wurde durch die Florentiner in einem gewissen schlosse belagert. Als er nun eines tages zur mahlzeit war / fand er über der gantzen tafel keine eintzige speise / die ihm schmeckete; dahero er seinen koch hierüber hart zur rede setzte. Dieser aber war mit seiner verantwortung bald fertig /und sagte: Gnädigster herr / die speisen sind gut zugerichtet: Allein die Florentiner machen Eu. Durchl. einen eckel davor.

308.

Gaston II Graf von Foix vermählete sich mit Alienor von Cominge / welche weit älter war / als [103] er. Dahero sagten einige herren des landes zu ihr: Sie haben einen gemahl genommen / welcher viel jünger wäre / als sie selbsten. Worauf sie zur antwort gab:Wenn ich gewust hätte / daß der Graf von Foix mein mann werden solte / so hätte ich mit meiner geburts-stunde gewartet / biß er gebohren gewesen.

309.

Als Johannes V Hertzog von Bretagne eine heyrath zwischen seinem sohne Francisco und Isabella / des Königs in Schottland tochter / schliessen wolte / so erkundigte sich der junge printz um den zustand dieser princeßin. Worauf ihm geantwortet wurde: Es sey eine schöne / verständige und wohlgestalte Dame /welche aber nicht beredt wäre. Sie ist also / erwiedert er / wie ich sie verlange / denn ich halte eine frau vor verständig genug / wenn sie unter dem rock und hembde ihres mannes einen unterschied zu machen weiß.

310.

Einer sagte zu Ludwig XII Könige in Franckreich:Eur. Majestät begeben sich doch auf dieseite /damit sie das geschütz nicht verletze. Worauf der König antwortete: Es ist niemals kein König von Franckreich durch eine [104] stück-kugel umkommen /wer sich fürchtet / der stelle sich hinter mich.

311.

Eben dieser Konig ertheilete einem eine rathsstelle in dem parlament / welcher nicht allzuverständig war; dahero ihn die parlaments-glieder nicht annehmen wolten / sondern zwey aus ihrem mittel an den König abfertigten / um ihm die untüchtigkeit dieser person vorzustellen. Als sie der König angehört hatte / fragte er: Wie viel seynd eurer in dem parlament? worauf sie antworteten: Es wären ihrer hundert. Wie? versetzte der König / können denn so viel verständige leute zusammen nicht einen eintzigen klug machen?

312.

Als einer bey Francisco I Könige in Franckreich vor einen andern bat / welcher übel von diesem monarchen geredet hatte / so sagte derselbe aus großmüthigkeit: Derjenige / vor den du bittest / mag lernen /wie er wenig reden soll / ich aber will lernen / wie ich viel vergeben soll.

313.

Ludwig XI König in Franckreich pflegte zu sagen:Wenn der hochmuth voran reitet / so folget ihm schimpff und schaden auf dem fusse nach.

[105] 314.

Dieser König hörete einmals messe in einer stiffts-kirche / weil er wuste / daß selbiges tages ein Dom-herr daselbst gestorben war. Als er nun einen einfältigen priester erblickte / welcher in einer capelle schlieff /sagte er: Diesem gebe ich hiermit die präbende /damit er ins künfftige sagen könne / daß er das seinige schlaffend bekommen habe.

315.

Einsmals fragte er einen mann von geringem stande /welcher dem hofe folgete / iedennoch aber den König nicht kennete: Wie viel er gewinne? welcher zur antwort gab: Ich gewinne so viel / als der König / und wenn er von dieser welt scheidet / wird er nicht mehr davon tragen / als ich. Diese antwort gefiel dem König so wohl / daß er denjenigen / der sie vorgebracht hatte / zu seinem kammer-diener machte.

316.

Frater Olivier Maillard wolte die richter in der predigt zu handhabung der gerechtigkeit ermahnen; dahero er unter andern sagte: Ihr / die ihr einen eyd schwöret / daß ihr einem ieden recht und gerechtigkeit wiederfahren lassen wollet / thut zwar hierdurch einen grossen eyd / allein ihr habt zuvor einen andern gethan / welchen ihr besser beobachtet / [106] und welcher darinnen bestehet / daß ihr nichts halten wollet / was ihr schwöret.

317.

Zur zeit Ludwig XI Königs in Franckreich lebete ein Bischoff / welcher so gerne haderte / daß sich der König selbsten angelegen seyn ließ / ihn von einer grossen menge processe loß zu machen. Er aber bat inständig / Se. Majestät solte ihm zum wenigsten fünff und zwantzig oder dreyßig processe zu seinem zeitvertreib lassen.

318.

Als ein gewisser König in Franckreich einem übelthäter / welcher den sechsten oder siebenden mord begangen / die verlangte begnadigung abgeschlagen hatte / gab man dem Könige zu verstehen: Dieser todtschläger habe nicht mehr / als einen eintzigē mord begangen / und wären die übrigen dem Könige selbst beyzumessen / weil jener die letzteren nicht verübet /wenn ihm Se. Maj. nicht gnade wegen des ersten ertheilet hätte.

319.

Diogenes sahe einige richter mit einem diebe / der ein geringes gefässe gestohlen hatte / zum galgen gehen; Dahero sagte er: Sehet / wie die grossen diebe einen kleinen dieb zum galgen führen.

320.

Als Alexander der grosse in letzten zügen lag / [107] fragten ihn seine diener / nachdem er ihnen seinen letzten willen eröffnet hatte: Wo seine schätze wären? denen er zur antwort gab: Ihr werdet sie in meiner guten freunde beuteln finden.

321.

Ein rädelsführer einiger rebellischen sclaven wurde nebst vielen seines anhanges durch einen Römischen General gefangen genommen / welcher ihn fragte: was er und seine spieß-gesellen wohl vermeynte verdienet zu haben? worauf jener mit unerschrockenem muthe zur antwort gab: Dasjenige / was tapffere leute verdienen / die sich der tapfferkeit würdig achten. Diese rede gefiel dem General so wohl / daß er sie begnadigte / und sie unter seine armee nahm.

322.

Marcus Terentius Varus wolte haben / daß auf den gastmahlen die anzahl der gäste sich mit den Musen oder Gratien vergliche / nehmlich daß derselben nicht mehr als nenne / und nicht weniger als drey wären. Als er demnach eines tages gasterey hielte / und ein schalcks-narr ungebeten darzu kam / wolte ihn der hofmeister / weil die zahl schon voll war / abweisen. Er aber sagte: Du bist unrecht daran / mein freund. Zähle noch einmal / und fange an mir an / so wirst du sehen / daß ich nicht überflüßig bin.

[108] 323.

Ein armer reisender gieng zur mittags-zeit in einwirths-hauß / und weil er noch ziemlich wohl bekleidet war / fragte ihn der hauß-knecht: Ob er mit speisen wolte? dieses beantwortete er mit ja / und stillete seinen hunger so gut / als andere / welche noch so reich waren. Als es aber zur zahlung kam / und sein antheil auch eingefordert wurde / sagte er: Er habe kein geld. Und als der wirth antwortete / so habe er auch nicht essen sollen. Versetzte jener mit trotzigen geberden: Das wäre schön / wenn ich kein geld hätte /und darzu auch nicht essen solte / so würde ich ja zugleich mit zweyen ruthen gestraffet. Worüber der wirth lachete / und ihm die zeche schenckete.

324.

Indem ein Irländer in Franckreich nach hofe gienge /und die tafel bereit fand / setzte er sich zu den Hof-leuten nieder / und speisete tapffer drauf / wiewohl sonder eintziges wortsprechen. Als er nun gefraget wurde / wie er doch / als ein frembder so kühne seyn können / sich zur tafel zu setzen / so gab er zur antwort: Ich wuste wohl / daß der König reich genug wäre / mir zu essen zu geben.

325.

Anthonius von Leva hatte Kayser Carln V [109] in den Italiänischen kriegen sehr wohl gedienet / so / daß ihn auch derselbe mit dem ritter-orden des güldenen Vlüsses beehrte. Weil er aber auch gerne / gleich denen Grandes / die ehre gehabt hätte / sich vor dem Könige zu bedecken / so ließ er sich alle morgen bey dem Kayser sehen / wenn derselbe aufstund / welcher ihm in ansehung seiner schwachen beine und des zipperleins anbefahl / sich nieder zu setzen. Dieser aber gab aus ehrgeitz zur antwort: Sein kopff thue ihm wehe /nicht aber die beine.

326.

Als Solon einsmals in einer gesellschafft war / und seiner art nach stille schwieg / sagte ein unverständiger und verwegener jüngling zu ihm: Er schwiege deswegen stille / weil er nicht wohl klug wäre. Worauf Solon zur antwort gab: Er habe niemals keinen narren gefunden / welcher schweigen können.

327.

Sultan Solimann hatte einem Christen / welcher seine glaubens-genossen verrathen / seine tochter zur ehe versprochen. An statt dessen aber ließ er ihn lebendig schinden / und sagte: Er wolle seine tochter keinem Christen geben / dem nicht zuvor die haut abgezogen sey / auf welche er getauffet werden. Wenn nun derselbe nach [110] diesem eine neue bekommen würde / so wolte er sein versprechen halten.

328.

Ein gewisser König in Franckreich ersuchte einen vornehmen herrn / ihm zu dienste an einen gefährlichen ort zu gehen. Dieser aber schlug es ab / und sagte / er befürchte sich / den kopff über solcher verrichtung zu verliehren / weil derjenige / zu welchem er geschickt werden solte / ein böser mann wäre. Als nun der König / um ihn desto besser hierzu zu bereden / antwortete: Er solle vor seinen kopff dreyßig tausend andere haben; so antwortete jener: Allergnädigster König / ich sorge / es werde mir unter allen diesen köpffen nicht ein einziger recht seyn.

329.

Als ein anderer König sahe / daß seines hofmeisters hauß sehr prächtig gebauet war / anbey aber sich verwunderte / daß die allzukleine küche mit der grösse der übrigen wohnung keines weges überein träffe / so sagte jener: Allergnädigster herr / meine kleine küche / hat mein hauß so groß gemacht. Womit er auf seine sparsamkeit zielete.

330.

Als ein vornehmer herr in Franckreich hörete / daß seines bruders gemahlin schwanger seyn solte / gab er zur antwort: Ich glaube es nicht / denn [111] sie ist eine gar zu ehrliche frau. Und hiermit zielete er auf seines bruders untüchtigkeit zum ehestande.

331.

Der marschall von Turenne hatte einen cavalier an einen gewissen Churfürsten abgefertiget / allwo derselbe zur tafel beruffen wurde. Allhier fand sich nun auch ein kurtzweiliger rath ein / welcher / weil er eine arme weibes-person zu hause hatte / eine junge trut-henne unvermercket in die tasche steckete / um selbige dieser seiner vertrauten mitzubringen. Dieses merckte ein Churfürstl. Ministre / welcher es nach der mahlzeit den Churfürsten und den übrigen anwesenden heimlich hinterbrachte / nachmals aber sich öffentlich vernehmen ließ: Es sey ein vergüldeter becher vom credentz-tische hinweg kommen / darum möchten Ihre Churfürstl. Durchl. doch erlauben / daß bey allen anwesenden nachsuchung gethan würde. Als solches geschahe / und die reihe an den kurtzweiligen rath kam / zog der Ministre die truthenne aus dessen tasche hervor / und sagte: Wenn er den becher-dieb gleich nicht gefunden / so habe er doch denjenigen angetroffen / welcher die truthüner mausete. Allein der kurtzweilige rath ließ wenig scham-röthe unterm gesichte spüren / sondern sagte zum Churfürsten: Ja /genädigster herr / ich habe ein armseliges hühnlein genommen / [112] weil ich einen krancken hund habe / der sonst keinen appetit zum essen hat. Hiermit zeigete er auf den Ministre / und fuhr fort:Aber dieser nimmt euch täglich gantze ochsen /und läst es wohl bleiben / daß er euch solches anzeiget.

332.

Als Albertus von Schlick die land-vogtey in der Lausitz verwaltete / war der berühmte Juriste Laurentius Strauch gewissen Edelleuten bedienet / und warff allerhand juristisches latein mit unter. Dargegen dienete George von Köckritz der andern parthey / und wendete ein / er könne auf den vortrag nicht antworten / weil das meiste in einer unbekandten sprache vorgebracht würde. Worauf sich Laurentius Strauch vernehmen ließ: Wenn der herr in der jugend fein in die schule gegangen wäre / und so manchen schilling erduldet hätte / als ich / so würde er auch lateinisch können. Dieser vorwurff gieng dem von Köckritz sehr nahe / und als er nach genommenem abtritt wieder in die gerichts-stube kam / fieng er an / Ungarisch zu reden. Dahero ihm jener in die rede fiel / und begehrte / er solte deutsch oder lateinisch antworten: Denn er verstünde diese sprache nicht. Wohl / versetzte hierauf der von Köckritz / wenn der herr in seiner jugend fein wäre in den Ungarischen [113] krieg gezogen / und hätte sich die mist- und ofen-gabeln so lassen um den kopff schlagen / als ich / so würde er auch Ungarisch verstehen.

333.

Ein prediger / welcher gewohnet war / also fort auf der cantzel her zu sagen / was ihm einfiel / wurde in einer gesellschafft beschuldiget: Er wäre in der predigt aus dem concepte kommen. Das kan nicht seyn / sagte hierauf ein anderer: denn meines bedünckens war er nie drinnen.

334.

Als Philippus / König in Macedonien / sich mit einem grossen krieges-heer der stadt Bizantium näherte / um selbige einzunehmen / gieng ihm Leo Bizantinus / ein schüler des Platonis und berühmter philosophus / entgegen / und sagte: O du grosser König / warum wilst du unsere stadt belagern? Philippus antwortete: Weil ich in dieselbe verliebt bin / und weil ich derselben gerne geniessen wolte. Allergnädigster König / versetzte Leo / die liebhaber gehen nicht zu ihren geliebten mit krieges- sondern mit musicalischen instrumenten. Welche angenehme und scharffsinnige antwort dem Könige so wohl gefiel /daß er seinen schluß [114] änderte / und die stadt Bizantium unangefochten ließ.

335.

König Darius schickte Alexandro Magno einen sack voll mohn-körner / und ließ ihm sagen: Mit so viel soldaten wolte er ihm entgegen ziehen. Hierauf griff Alexander Magnus in den sack / und steckte sie in den mund. Da er sie nun eine zeitlang gekäuet hatte / spie er sie wiederum aus / und sagte: Das müssen elende stümper seyn / beissen sie doch nicht einmal. So dann gab er dem abgeschickten bothen einen sack voll pfeffer-körner / mit dem vermelden: Seine soldaten wären zwar so viel nicht / doch möchte Darius belieben / dieselben auch also zu kosten / wie er die seinigen.

336.

Der spanische Feld-marschall Caruajal war in Indien so unglücklich / daß ihn der König viertheilen ließ /und den tag zuvor / ehe er sterben muste / besuchte ihn Centenus / welcher spottweise zu ihm sagte: Herr Feld-marschall / wo seynd nun eure kriegerischen und guten fäuste? Worauf Caruajal zur antwort gab: Ich habe sie als ein redlicher und tapfferer kriegs-mann im felde vor des feindes faust verlohren / da du hergegen aus dem schnöden [115] huren-hause kömmst / und aus dem treffen schändlich entlauffen bist.

337.

Diogenes trat einsmals Platonis hübschen mantel mit füssen / und sagte: Calco fastum Platonis, Ich trete die hoffart Platonis mit füssen. Welchem aber Plato wohl antwortete: Calcas, sed alio fastu, du tritst ihn / aber mit einer andern hoffart.

338.

Ein anderer wuste sich viel mit seinem zerrissenen mantel / und meynete / er stelle darinnen ein vortreffliches exempel der demuth vor. Welchem aber einer das verständniß mit folgenden worten öffnete: Video superbiam tuam per fissuras pallii, Ich sehe deine hoffart durch die risse des mantels.

339.

Als einer Victorinum Strigelium wegen seiner leibes-stärcke aufziehen wolte / und zu ihm sagte: Ihr hättet einen guten drescher abgegeben. Ergriff ihn derselbe schleunig bey der hand / und gab zur antwort: Da hätte ich den flegel schon bey der hand.

340.

Die Königin Elisabeth in Engelland kam einsmals /den Cantzler Bacon in seinem kleinen lust-hause zu besuchen / welches er bauen lassen / [116] ehe er noch am königlichen hofe so hoch gestiegen war. Als die Königin hinein trat / sagte sie zu ihm: Wie kömmet es /daß ihr ein dermasen kleines hauß bauen lassen? worauf der Cantzler antwortete: Allergnädigste Königin / ich habe es vor mich nicht zu klein gebauet / sondern Eu. Majestät haben mich vor das hauß zu groß gemacht.

341.

Als der Hertzog von Genua / nach der Frantzösischen bombardirung dieser stadt / zu Versailles war / wohin er kommen muste / dem König von Franckreich im namen der Republic eine demüthige abbitte zu thun /und nachdem er alles / was daselbst seltsam und sehens würdig ist / besehen hatte / fragte ihn einer von hof: Was er vor das seltsamste daselbst hielte? worauf der Hertzog antwortete: Daß ich mich selber hier befinde.

342.

Eine Dame ward von einer andern gefraget: Was sie doch vor mittel brauchte / ihres mannes gunst zu erhalten? Sie gab zur antwort: Ich vermeide alles /was ihm zu wieder ist / und erdulde alles / was mir zu wieder ist.

343.

Einer schönen aber ehrlichen weibs-person [117] wurde von einem vornehmen herrn unzucht zugemuthet / welches sie aber also beantwortete: Zu einem weibe bin ich euch zu gering / und zu einer hure zu gut.

344.

Wendelinus bekam im alter die wassersucht; dahero er nach Basel schickte / und D. Johannem Huberum zu sich holen ließ / zu welchem er bey seiner ankunfft sagte: Ist es nicht eine schande / daß ich als ein ehrwürdiger priester auf meinem alter erst ein trommelschläger werden soll? der Doctor antwortete: Lieber herr / ie grösser der herr ist / dem ihr dienet / ie grössere ehre ist es euch vor andern pauckern /daß ihr eben unter seinem fähnlein bestellet worden seyd. Hierauf warff Wendelinus das bette weg /fieng auf dem bauche mit beyden händen an zu paucken / und sagte: Wohlan / so will ich lerm schlagen:Sequimini volentes, sequimini nolentes, Ihr müsset alle hernach / es sey euch lieb oder leid. Nach wenig tagen gab er den geist auf.

345.

Ein gelehrter verwieß einem andern alten gelehrten /daß er in seinem alter wieder geheyrathet. Nicht lange hernach starb dem ersten seine frau / darauf er in kurtzer zeit seine magd nahm. Hiermit sendete ihm der alte das an [118] ihn vormals abgelassene schreiben zurücke / und schrieb auf den rand: Wohl gerathen /selbst übel gehalten.

346.

Eine Ertzhertzogin in Oesterreich schiffete einsmals auf der Etsche / und fragte den schiffmann / wie sein vater und vor-eltern gestorben wären? als nun dieser zur antwort gab: sie wären allesamt ersoffen; so sagte die Ertz-hertzogin: warum er denn nicht vom wasser bliebe. Hiermit fieng der schiffmann auch an zu fragen: Wie ihre vor-eltern gestorben? und als sie antwortete: Auf dem bette. So sagte er zu ihr: Warum sie denn nicht aus dem bette bliebe.

347.

Svenonis II Königs in Dennemarck / ältester printz gleiches nahmens / verließ sich nach seines vaters absterben dermassen auf den vorzug des alters / daß er nicht vor nöthig erachtete / der gesamten reichs-stände einwilligung zu erwarten / sondern wolte nur einige derselben zu Wiborg versammlen / und sich daselbst zum Könige erklären lassen / weil er vielleicht besorgete / es möchten allzuviele augen seine unanständige sitten zu genau untersuchen / und ihm die wahl streitig machen. Als er aber auf der reise daheim begriffen war / überfiel ihn ein fieber / also daß er vom pferde steigen / und sich in einen [119] wagen setzen muste / wobey er sich vernehmen ließ: Er wolte mit frieden sterben / wenn er nur drey tage lang König gewesen wäre. Als aber auch dieses fuhrwerck vor seinen schwachen leib zu hefftig war / forderte er eine sänffte / und ließ seine bedienten voran reisen / mit dem bedeuten: daß er es nicht achten wolte / ob er schon mitten unter währender versammlung den geist aufgäbe / wenn er nur zuvor von dem volcke als König ausgeruffen worden. Allein er büssete das leben unterweges ein / und muste die hitze des ehrgeitzes in der erde abkühlen.

348.

Einer sagte: Die juristen / medici und geistlichen boten ein ander iederzeit die hand: Denn die juristen verunruhigten den menschen die gemüther dermassen durch die processe / daß sie kranck darüber würden. Also bekämen die medici etwas zu thun / biß sie die patienten in einen solchen zustand setzeten / daß ihnen nichts mehr wehe thäte / worauf die geistlichen den leib um die gebühr zu begraben bekämen.

349.

Ein Bauer hielte viel hüner / genoß aber die wenigsten eyer davon / weil ihm selbige von seinem nachbar gestohlen wurden. Hiermit machete er ein loch mit der nähe-nadel durch ein ey / steckte ein pferde-haar hinzu / und verkleibete [120] das löchlein mit gips. Als nun der dieb dieses nebst andern eyern stahl / und selbiges kochete / setzete ihn das darinnen gefundene pferde-haar in solche verwunderung / daß er es dem eigenthums-herrn erzehlete / welcher ihn aber bey dem kopff fassete / und voller zorn ausrieff: Nun habe ich meinen eyer-dieb mit einem pferde-haar gefangen.

350.

Ein schwartz-kopff sagte zu einem roth-kopffe: Wenn ihr zu einer feuer-mäuer heraus gucken soltet / so würde iederman dencken / es stehe dieselbe in vollem brande. Jener aber blieb die antwort nicht lange schuldig / sondern erwiederte: Und wenn ihr hernach aus selbiger gucken soltet / so würden alle leute dencken / das feuer sey gelöschet.

351.

Als der Cardinal und Groß-cantzler in Engelland /Thomas Wolsey / einsmals vor dem versammleten parlamente eine dem gantzen Königreich nachtheilige sache aufs tapet brachte / welcher alle anwesende entweder aus furcht oder aus unwissenheit beyfall gaben / der eintzige Thomus Morus aber selbige mit wichtigen gründen wiederlegte / sagte der Cardinal Wolfey zu ihm: Ihr soltet euch schämen / daß ihr / als der geringste an stand und würde / [121] aus einer thörichten einbildung klüger seyn wollet / denn so viele andere vornehme und kluge leute. Worauf Thomas Morus diese artige antwort gab: Drum müsset ihr allesamt GOtt dancken / daß der König unter allen seinen räthen nur einen einzigen narren hat.

352.

Ein stoltzer hof-bedienter kam an einen andern kleinern hof / und setzete in gegenwart des landesherrn den hut auf. Solches sahe der hof-narr / trat hinzu /und bot ihm einen tausch mit hüten an. Als nun jener den hut abnahm / als ob er den narren selbigen recht besehen lassen wolte / so fragte der narr: wie viel denn dieser hut kostete? Der hof-bediente antwortete: Er habe vier thaler davor gegeben. Nein / so tausche ich nicht / versetzte der narr / denn meiner kostet acht thaler / da hat der herr sein hütgen wieder; und hiermit steckete er ihm selbiges unter den arm / wohin er auch gehörete.

353.

Ein kutscher warff seinen herrn aus unvorsichtigkeit mit der carosse um / und sagte zu seiner entschuldigung: Er solle es ihm doch vergeben / ein mal wäre ja kein mal. Jener aber verstunde unrecht / und schlug den kutscher dermassen mit dem spanischen rohr um den kopff / [122] daß der rothe safft darnach gieng. Als sich nun der geschlagene über das harte tractament beklagete / so wiederholte der herr die vorigen worte / und sagte: Ein mal ist kein mal.

354.

Der General über die Königl. Dänisch Cavallerie / Johann Michael Obertraut / gab seinen soldaten diese lehre: Sie solten nicht ehe loßbrennen / biß sie ihren feinden das schwartze und weisse in den augen unterscheiden könten.

355.

Als einmals Churfürst Johanni zu Sachsen ein minister rieth: Er solte seine Printzen nicht als studenten und schreiber erziehen / sondern in allerhand ritterlichen übungen unterrichten lassen. So antwortete der löbliche Churfürst: Es lernet sich selber wohl / wie man zwey beine über ein pferd hängen / und einen hasen fangen soll; das können auch meine reuter-jungen. Aber wie man gottselig leben /Christlich regieren / auch land und leuten löblich vorstehen solle / dazu bedarff ich und meine söhne nebst GOttes Geist und gnade gelehrte leute und bücher.

356.

In dem sich M.D.B. als Frantzösischer Abgesandter in Spanien aufhielt / so zeigete ihm der [123] Marchese Spinola auf befehl des Königs das berühmte Escurial. Zu letzt wiese er ihm auch in dem Königlichen cabinet die stiefeln Königs Francisci I, welche man daselbst zum gedächtniß des sieges / den Kayser Carl V wider die Frantzosen erhalten / sorgfältig verwahrete. Bey dieser gelegenheit sagte Spinola zu vorgedachtem Abgesandten: Ihr würdet grosse mühe haben / wenn ihr uns in Franckreich dergleichen von einem unserer Spanischen Könige zeigen soltet. Jener aber antwortete alsofort: Wie wolten wir auch darzu kommen? dergleichen beute bekommt man im kriege / und ihr wisset so wohl als ich / daß man die leute nicht fänget / wo sie nicht hin kommen.

357.

In dem bekandten see-treffen / welches die Frantzosen und Engelländer A. 1673 mit den Holländern hielten /funden die Frantzosen in der grösten gefahr endlich ein loch / wodurch sie aus dem gedränge entwichen /und ausser der bataille hinter der Engelländischen flotte liegen blieben. Als man nun fragete: Warum die Frantzosen nicht zum vorschein kämen? So antwortete ein Frantzösischer matrose: Die Frantzosen hätten die Engelländer gemiethet / daß selbige vor sie fechten solten: Dannenhero [124] sähen jene anitzo zu / ob diese ihr geld auch recht verdieneten.

358.

Henrich IV König in Franckreich sagte kurtz vor seinem tode zu dem Spanischen Abgesandten: Daß er sich entschlossen habe / mit seinem krieges-heer in Italien zu ziehen. Zu Meyland wolle er frühstücken /zu Rom die Messe hören / und zu Neapolis das mittags-mahl einnehmen. Worauf der Gesandte nichts mehr antwortete / als dieses: Wenn Eure Majestät so geschwinde reisen / so können sie wohl um vesper-zeit in Sicilien seyn.

359.

Philippus II König in Spanien / hatte das Escurial mit grossen kosten gebauet / weil er solches zu thun gelobet / so ferne die Spanier vor S. Quintin das feld wider die Frantzosen erhalten würden. Als nun Spinola obgedachten Frantzösischen Abgesandten M. D B. auf den inwendigen hof-platz geführet / und ihm die äusserliche gestalt dieses schönen gebäudes gewiesen hatte / sagte er: Sehet / dieses ist ein sehr prächtiges gebäude / und seynd die Könige in Spanien allein fähig / solche kostbare gelübde zu halten. Worauf M.D.B. gantz kaltsinnig antwortete: Es ist an dem; [125] aber ihr müsset mir auch zugeben / daß man sich erschröcklich gefürchtet haben müsse /weil man ein so grosses gelübde gethan.

360.

Vor etlichen jahren fand sich ein Spanischer Marggraf aus neugierigkeit an dem Türckischen hof ein. Als man ihn nun durch die prächtigen gemächer führete /und ihn viele kostbare sachen sehen ließ / wurden ihm unter andern auch fast aller Christlichen Potentaten bildnisse gezeiget / worunter sich aber der König in Spanien nicht befand. Hierüber verwunderte sich der Marggraf / und fragte um die ursache: Worauf man ihn zu dem heimlichen gemach führete / und ihm seines Königs bildniß daselbst mit einem höhnischen gelächter zeigete; Allein der Marggraf wuste sich artig zu rächen / indem er sagte: Es befremde ihn solches keines weges / sondern halte es vielmehr vor sehr klüglich gehandelt: Ja er befinde keinen ort bequemer vor seinen König / als eben diesen / denn wenn einer von den Türckischen Ministern oder auch wohl der Groß-Sultan selbsten hartleibig wäre / und den König in Spanien / als einen dermassen mächtigen Monarchen / nur anblickete / so würde er vor furcht und schrecken alsobald offenes leibes werden.

[126] 361.

Dionysius der jüngere / König zu Syracusa / forderte Platonem zu sich / weil er ein grosser liebhaber der gelehrsamkeit war / und hielte ihn an seinem hof in grossen ehren / beschenckte ihn auch mit 75000 gülden. Immittelst gerieth er mit Dione / seiner stieff-mutter bruder / in grosse uneinigkeit / und ob gleich Plato riethe / sich mit Dione wiederum zu versöhnen /so hörete doch Dionysius solches mit tauben ohren an / biß er nicht allein sein reich mit dem rücken ansehen / sondern auch in einem schiffe nach Corintho flüchten / und daselbst die kinder ums brodt lehren muste. Als ihn nun einer hierüber aushöhnete / und fragete:Was hilfft dichs nun / daß du den Philosophum Platonem an deinem hofe gehabt / und was nützet dir seine weise lehre? So antwortete er: Dieses habe ich seiner lehre zu dancken / daß ich mein unglück mit gedult ertragen / und mich weißlich drein schicken kan.

362.

Zey musquetirer zu Livorno / deren einer ein Oesterreicher / der andere aber ein Francke war / zanckten sich so lange um den vorzug ihrer vaterlandes / daß /als der Oesterreicher so viel rühmens von dem seinigen machete / jener zuletzt im zorn sagte: Ich hofiere dir in dein land; worüber [127] es von worten zu schlägen kam. Als nun die sache vor den hauptmann gediehe /und selbiger / nach genauer untersuchung / den Francken vor den uhrheber der schlägerey hielte / so verantwortete sich derselbe folgender gestalt: Was ich zu dem Oesterreicher gesaget habe / solches ist vor keine beschimpffung zu halten. Muß es doch der Groß-Hertzog leiden / daß wir ihm alle beyde in sein land hofieren.

363.

Man brachte Diogenem gefangen vor den König Philippum / welcher ihn fragte: Ob er ein ausspäher sey? Ja / antwortete Diogenes / ich bin ein wahrer kundschaffer deiner thorheit / als der du hieher kommen bist / dein reich und leben ohne einige noth auf die spitze zu setzen / und beydes zu verliehren dich in äusserste gefahr giebst.

364.

Franciscus I König in Frankreich / wolte eine alte Dame aufziehen / welche vor diesem ihrer schönheit wegen berühmt gewesen / und sagte zu ihr: Madame /wie lange ist es / daß ihr aus dem lande der schönheit kommen seyd? Sie aber gab zur antwort: Es ist eben an dem tage gewesen / als Eu. Maj. aus der schlacht vor Pavia zu rücke kamen. Wormit sie ihm seine gefangenschafft vorrückete.

[128] 365.

Ein Frantzose fragte einen Italiäner: Ob er den König in Frankreich oder den in Spanien lieber zu seinem herrn haben wolte? welcher antwortete:Ich wolte / daß ich einen an des andern därmen könte hencken sehen.

366.

Als Ludovicus II von Bourbon / Printz von Conde /die stadt Wesel belagerte / und ihn die vornehmsten weibs-personen ersuchen liessen / daß ihnen aus der festung zu gehen erlaubet werden möchte / gab er selbigen zur antwort: Er würde keinen nutzen von dem siege haben / wenn er der schönheit des überwundenen frauenzimmers entbehren müste.

367.

Die Königin Maria / Sr. letzt-regierenden Königl. Maj. in Engelland Gemahlin / saß sechs jahre vor ihrem ende bey dem bette einer sterbenden und von ihr sehr geliebten Dame / und als sie von den anwesenden gebeten wurde / ihr gesichte von dieser im todes-kampff liegenden person abzuwenden / weigerte sie sich dessen / und sagte: Es geschähe ohne diß selten / daß Königl. personen zu einem solchen spectacul gelassen würden / welches ihr itzo durch göttliche schickung begegnete / damit sie zu desto besserer [129] erkäntniß dieses eitelen lebens sich solches zu nutze machen könte.

368.

Einsmals kam Ernestus / Ertz-bischoff zu Magdeburg / nach Wolmerstädt / und sahe auf dem schlosse einen hauffen steine liegen; Dahero er den Hauptmann daselbst fragte: Wo die steine herkämen / und wozu sie gebrauchet werden solten? Nachdem nun dieser geantwortet: die bauern hätten selbige zur fröhne angeführet / und solten sie zu ergäntzung der baufälligen mauer gebrauchet werden / so entrüstete sich der Ertz-bischoff hierüber / und sagte: Hauptmann / das haben wir nicht befohlen / daß es von den armen unterthanen umsonst geschehen solte / gieb du einem ieden / so viel er fuhren gethan / seinen gebührenden lohn / und berechne es. Wir seynd nicht da / die armen unterthanen zur ungebühr zu beschweren / sondern vielmehr zu schützen und zu ernehren. Wir haben / GOtt lob / unsere jährlichen zinsen / renten / geschoß und einkommen / davon wir uns wohl erhalten / und unser regiment gar leichtlich versorgen können / ohne einige beschwehrung der armen unterthanen / welche ohne dem ihre grosse noth haben.

[130] 369.

Wilhelm / Hertzog zu Sachsen-Weimar / führete einsmals gegen einen alten diener folgende rede: Höret /alter / ihr seyd etlichen beschwerlich / und lebet ihnen zu lange / man will euch von der krippen stossen / die jungen sollens besser können. Aber nein / es ist so böse nicht gemeynet / ich bin mit euern diensten gar wohl zu frieden / und bleibe euer gnädiger Herr / wer euch verachtet / der muß mich / der ich älter bin / als ihr seyd / auch verachten. Sterben wir alle beyde / wohlan / so wird es gut seyn / wenn sie es besser machen können / als wirs gemacht haben.

370.

Als Sigismundus / König in Böhmen / von den Pragern mit ernsthafften worten begehrete / sie solten nicht allein die ketten in den gassen nebst den schlag-bäumen hinweg nehmen / sondern auch ein groß stücke mauer niederreissen / damit er über solche lücke seinen triumphirenden einzug halten könte / so befestigten sie sich noch vielmehr mit neuen schlag-bäumen und ketten / und verlohren alle liebe zu Sigismundo / welchen fehler er aller erst in sechzehen jahren erkennete / und nach diesem zu sagen pflegte:Wenn du nicht über die schlagbäume und ketten hinweg [131] springen kanst / so bücke dich / und krieche drunter hin.

371.

Als des ietzt-regierenden Groß-Hertzogs zu Florentz Gemahlin sich wegen ihres widerwärtigen ehestandes aus Italien in Franckreich begab / sprach sie unterweges ein bettel-mann um ein allmosen an / welchen sie fragte: Ob er eine frau habe? als nun derselbe mit ja antwortete / so fügte sie hinzu: O so habt ihr nicht ursache bey mir zu betteln / denn ihr seyd reicher als ich / indem ich keinen mann habe.

372.

Der bekandte Maitre des Finances in Franckreich /Nicolaus Fouquet / erwehlete zu seinem wapen ein eichhörnlein / welches über die lilien hinweg auf die höhe eines baumes sprang / nebst der beyschrifft:Warum solt ich nicht steigen? Als König Ludwig XIV solches sahe / sprach er voller unmuth: Man muß der bestie die pfoten abhauen. Worauf sein fall bald erfolgete.

373.

Als der Fürst in Siebenbürgen Bethlem Gabor auf anstifften des Türckischen Kaysers und der Tartern wider Kayser Ferdinandum II die waffen ergreiffen wolte / und solches seinen ständen auf einer zusammenkunfft in lateinischer sprache kund machte / that er solches mit vielen fehlern / [132] und als ihn iemand deßwegen erinnerte / sagte er: Ihr herren / soll ich den Priscianum groß respectiren / da ich doch keinen respect vor dem Römischen Käyser habe?

374.

Ein Gasconier trug zu Pariß unter seinem mantel ein bund brenn-holtz / und als ihm ein taglöhner oder träger begegnete / schrie er: Kerl aus dem wege / daß du mir meine laute nicht zubrichst. Hierauf wendete sich der träger auf die seite; der Gasconier aber war kaum zehn oder zwölff schritte fortgegangen / so entfiel ihm ein scheit holtz aus dem bunde. Als dieses der träger sahe / schrie er über laut: Herr / es ist eine saite von eurer laute abgesprungen / sehet zu /daß ihr sie wieder zusammen leset.

375.

Skiold / König in Dännemarck / ließ im kriege den soldaten alle beute / und sagte: Dem Könige gehöret das land und die ehre / die beute aber den soldaten.

376.

Der Ertz-Bischoff zu Pariß / Franciscus von Harlay /setzte sich A. 1682 in der versammlung der clerisey mit grossem eyfer wider die autorität des päbstlichen stuhls: dahero sahe man zu Rom eine medaille / darauf dieser Prälate auf den knien [133] vor den füssen des Pabstes vorgestellet wurde. Auf der seiten aber stund Pasquinus / welcher dem Pabst diese worte ins ohr sagte: Pœnitebit, sed non erubescet. Diese weissagung ist hernach A. 1695 erfüllet worden / als der Ertz-Bischoff gestorben / ehe er den rothen Cardinals-hut erhalten / den er doch so sehnlich verlanget hatte.

377.

Nach dem König Pirrhus zwey blutige schlachten wider die Römer erhalten hatte / sahe er seine fast ruinirte armee mit betrübten augen an / und als ihm einer zu dem erhaltenen siege glück wünschete / sprach er:Wo wir noch einmal auf solche weise siegen / so seynd wir verlohren.

378.

Ein prediger-münch kehrte bey einem armen Dorff-priester ein / und als er keine tractamente bey demselben fand / wie er verlangete / ließ er sich seine kalte küche geben / und setzte allerhand delicate speisen in kostbaren geschirren auf. Der Dorff-priester fragte:Ob er diesen haußrath angeschafft / seit dem er profeß gethan / und die vota abgeleget? Und als solches der münch mit ja beantwortete / so fuhr jener fort: Wohlan / wir beyde schicken uns wohl zum geistlichen stande. Ich habt das votum pauperitatis geschworen / und ich halte es.

[134] 379.

Ein junger Edelmann hatte einen hund erzogen / und denselben Cocu oder Hahnrey genennet; Als er ihm nun einsmals in gegenwart seiner mutter ruffete / welche etwas einfältig war / und doch alles / was sie redete / mit grossem ernst vorbrachte / sagte sie: Ist es nicht eine grosse sünde / daß man einem hunde einen mensch-namen giebt?

380.

Ein Italiänischer geistlicher begab sich zu schiff / und ward von unterschiedenen freunden gebeten / eins und das andere mit zubringen: deswegen sie ihm auch verschiedene memorialia mitgaben. Nur ein eintziger aber gab zu demjenigen / was er verlangete / das benöthigte geld mit. Hiermit legte der geistliche solches geld nach seines freundes verlangen an / gegen die andern aber entschuldigte er sich bey seiner wiederkunfft / daß er ihnen in ihrem begehren nicht dienen können / indem er sagte: Als er ihre memorialia unter weges in ordnung legen wollen / und sie zu solchem ende auf dem schiffe ausgebreitet / sey ungefehr ein starcker wind entstanden / welcher sie alle ins wasser geführet / dergestalt / daß er nicht mehr gewust / was darinnen enthalten gewesen. Wie ihm nun vorgehalten wurde / was massen er gleichwol dem einen seine begehrten sachen [135] mit gebracht. So gab er zur antwort: Es habe derselbe etliche ducaten drein gewickelt /welche den zettul so schwer gemachet / daß der wind nicht damit fort wandern können.

381.

Heinrich IV König in Franckreich hatte sich in Madame d'Antagues verliebet / und als er sie einsmals im May-monat in einer alleé des Tuilleries antraff / fragte er sie: Madame / wie kan man ein mahl in eure kammer kommen? Sire, antwortete sie / durch die kirche. Wodurch sie die priesterliche trauung verstunde.

382.

Ein Gasconier hatte eine sache / welche Monsieur de Louvois unterschreiben solte: Dahero machete er sich an einen bedienten / und ließ dem Louvois sagen: Er möchte gerne nur ein einziges wort mit ihm reden. Hierauf erfolgte diese antwort: Er solte hinein kommen; Allein wo er mehr reden wolte / als ein wort / so würde er kein gehöre finden. Solchem nach machete der Gasconier einen reverentz / überreichte dem Louvois sein papier nebst einer feder /und sagte: Unterschreibet. Damit erhielte er die sache / und bewegte alle anwesenden zum lachen.

383.

Zwey junge Mathematici / deren einer ein Römisch-catholischer / [136] der andere aber ein Reformirter war /disputirten vom calender / da denn jener behaupten wolte / daß der Gregorianische calender weit besser wäre / als der Julianische / und sagte er unter andern:Die uncatholischen würden zehn tage langsamer vors jüngste gerichte kommen / als die Catholischen. Wohl / antwortete der Reformirte / so wird denn indessen die hölle von euch so voll werden /daß wir keinen raum darinnen finden werden.

384.

Ein gewisser Cardinal wäre gerne Pabst worden / und weil er wohl wuste / daß man offtermals die ältesten und schwächesten zu dieser würde erhebet / damit die übrigen auch hoffnung darzu haben können / so gieng er eine lange zeit gantz krumm und gebückt / und legte sich zum öfftern zu bette / nicht anders / als ob er kranck wäre. Als nun der damahlige Pabst mit tode abgieng / und die Cardinäle im conclave versammlet waren / erwehlten sie diesen vermeynten krancken /welche doch bald darauf wiederum frisch und gesund wurde / auch nicht mehr so gebücket gienge / als vorhin. Dahero fragte ein Prälat nach der ursache / welchem der neue Pabst zur antwort gab: Als ich gebückt gienge / suchte ich die [137] schlüssel Petri / nun ich sie aber gefunden habe / darff ich nicht mehr gebücket gehen.

385.

Martinus / König in Aragonien / hatte einen hof-narren / dessen lustiger kopff ihm ein vermögen von 100000 ducaten zu wege gebracht hatte; Dahero er den gelehrten offt unter die augen sagte: Ich habe mit meinen narren-possen mehr / als ihr mit allen euern büchern und kopffbrechen erworben.

386.

Ein prediger wurde auf der cantzel gewahr / daß ein gewisser bürger unter der predigt eingeschlaffen war /inmassen er denn weidlich schnarchete. Nicht weit aber von ihm sassen zwey weiber / welche ziemlich laut mit einander plauderten. Zu diesen wendete sich der prediger / und sagte: Ihr weiber / redet nicht zu starck / damit ihr den herrn dort nicht aufwecket.

387.

Ein liederlicher Gasconier hatte alle seine kleider verspielet / und gieng also mit einem geringen kurtzen habit über die Pontneuf zu Pariß. In dem begegnete ihm der König / und fragte: Warum er in solcher kälte so übel bekleidet aufzöge / da er / der König / sich in so vielen peltzen der kälte kaum erwehren könte? Eu. Maj. antwortete der Gasconier / würden über keine kälte klagen / wenn [138] sie es machten / wie ich. Als er nun sagen solte / wie er es denn machte / so fuhr er fort: Ich werffe alle meine kleider auf einmal über mich.

388.

Gerhard der grosse / Graf von Holstein / wurde gefraget: Wo er doch immermehr die unkosten hernehmen wolle / ein dermassen grosses kriegs-heer / das er schon lange auf den beinen gehalten hatte / zu besolden? Worauf er zur antwort gab: Er wolte sie in Ditmarsen schicken / erhalten sie nun den sieg daselbst / so würden sie ihm schon so viel erlangen /daß er sie bezahlen könte / würden sie aber erschlagen / so wären sie schon ernehret / und dörffte er ihnen nichts weiters geben.

389.

Als der bekandte Bischoff von Münster / Bernhard von Galen / die stadt Gröningen vergebens belagerte /und eine seiner stück-kugeln einem schweine in der stadt den rücken sonder die geringste verletzung / ausser einigen verbrannten borsten / streiffete / rieff ein schüler folgende nacht von der Faussebraye ins feindliche lager: Ihr Bischoff fienge nun auch an /die schweine zu scheren / nachdem er / als ein guter hirte / die schafe allbereits geschunden hätte.

390.

Es ist bekandt / daß der Cardinal Barberini [139] drey bienen in seinem wapen geführet. Als er nun Pabst wurde / und sich Urbanum VIII nennete / schlug ein Frantzose folgende worte an den Pasquinum:


Gallis mella dabunt, Hispanis spicula figent.


Das ist: Die bienen werden den Frantzosen honig /und den Spaniern stacheln geben. Als solches ein Spanier laß / schrieb er darunter:


Spicula si figent, & vita & melle carebunt.


Das ist: Wenn sie stechen werden / so werden sie so wohl des lebens / als des honigs verlustig seyn. Hierauf wurde es vor den Pabst gebracht / welcher einen zettul mit diesen worten anschlagen ließ:


Cunctis mella dabunt, nec ulli spicula figent;
Spicula nam Princeps figere nescit apum.

Das ist: Sie werden allen honig / keinem aber die stacheln geben: Den der bienen-könig kan nicht stechen.

391.

Obgedachter Bischoff von Münster pflegte zu sagen: Derjenige sey nicht würdig groß zu seyn / welcher nicht immer weiter strebete / und ein Fürste müste sich bemühen / iederzeit grösser zu werden; ergienge es nun schon nicht allemal [140] nach seinem verlangen / so hätte er doch allemal den ruhm darvon / daß er sich wichtiger dinge unterwunden. Als ihm einer seiner vertrauten freunde riethe / er solte seinen ersten krieg nicht wider die Niederländer vornehmen / als welche sich gantzer 80 jahre wider den König in Spanien gewehret; so gab er zur antwort: Und dennoch thun die kleinen heiligen auch zu weilen einige wunder-wercke. Als er zum ersten mal mit den Holländern friede gemacht / und ihm einer vorstellte / er habe durch denselben krieg mehr verlohren / als gewonnen; so ließ er sich vernehmen: Die Fürsten / welche krieg führen / seynd den bret-spielen gleich / und die würffel fallen offtmals anders / als sie wünschen. Er sagte auch zu einem seiner Generalen: Ein klein wenig recht könne einen gantzen krieg rechtfertigen.

392.

Johannes Baptista Colbert / Königl. Frantzösischer Staats-Ministre und Maitre des Finances hatte sich durch unerträgliche auflagen beym pöbel sehr verhasset gemacht. Deswegen spielete man mit seinem namen Colbert / und machte Colubert / oder eineschlange / daraus. Wie er denn auch ohne dem eine schlange in seinem wapen geführet: Auch waren die hämmer oder handhaben an seinem hause wie eine schlange [141] gestaltet. Hierüber machte nun ein spitzfündiger kopff folgende auslegung:


Æneus es, posses suspensus ferre salutem.


Du bist eine ehrne schlange / wenn du erhöhet oder aufgehangen wärest / köntest du das leben bringen.

393.

Ludwig XIV König in Franckreich / schickte den herrn von S. Olon als Abgesandten an den König von Marocco. Derselbe brachte unter andern prahlereyen vor: Sein König wäre unstreitig der gröste Monarche in der gantzen welt / denn alles / was er vornähme /wäre mit glück und siege gesegnet. Seine grosse armeen würden von den einkünfften / so die feinde hergeben müsten / unterhalten. Die welt hätte noch keinen Monarchen gesehen / der so vielen gewaltigen feinden gewachsen gewesen / und ihnen so viel wichtige plätze und länder abgenommen. So weit war der Abgesandte mit seinen lob-sprüchen kommen / und würde er sonder zweiffel noch mehr aufgeschnitten haben / wenn ihm nicht der König von Marocco folgender gestalt in die rede gefallen: Was düncket aber den herrn Abgesandten dabey / daß der König von Groß-Britannien Wilhelm III drey grosse und mächtige Königreiche eingenommen / da indessen euer König kaum [142] so viel flecken erobert hat? Allein der Frantzose beantwortete die frage mit nichts / als einem reverentz / und gieng davon.

394.

Ein gewisser König bestellete einen bedienten / daß er die suppliquen annehmen solte. Dieser wolte nun sein amt recht verwalten / hielte aber eine geraume zeit vergeblich um audientz an: Dahero er sich entschloß /den König zu suchen. Jedoch / als ihn derselbe gewahr wurde / sagte er zu ihm: Pfuy / du bauer / was hast du vor stinckende stieffeln an. Eu. Maj. vergeben mir / antwortete der diener / meine stieffeln stincken nicht / denn sie seynd neu. Aber die alten supplicata /die ich ich vor Eu. Maj. verwahre / möchten wohl was übel riechen.

395.

Als Churfürst Friedrich zu Pfaltz Marggraf Carln zu Baden nebst vielen Grafen / Herrn und Edelleuten /welche einen schädlichen einfall in die Pfaltz gethan /gefangen bekam / ließ er sie allesamt mit Fürstlichen tractamenten / iedoch ohne brodt bedienen / und als sie nach der ursache frageten / wurde ihnen zur antwort gegeben: Es sey kein brodt vor sie vorhanden /welches sie niemand anders / als sich selbst beyzumessen hätten / indem sie nicht nur die früchte auf dem felde / sondern [143] auch den vorrath in den dörffern verwüstet und verbrennet hätten.

396.

Als die Frantzosen Namur eingenommen hatten /ohne daß es die Alliirten entsetzen können / wie nahe sie auch stunden / so prahleten jene mit einer medaille / darauf sich das bild ihres Königs / wie auch ein feld und eine festung nebst der Alliirten armee von 60000 mann vorstellig machete / worbey diese worte zu lesen waren:


Amat victoria testes.


Als aber die Alliirten sothane festung A. 1695 wieder einnahmen / liessen sie gleichfalls eine müntze prägen / darauf König Wilhelm III von Groß-Britannien nebst dem Churfürsten von Bayern und ihrer armee zu sehen waren / welche in gegenwart der Frantzösis. armee von 100000 mann eben diese festung erobert hatten / nebst der beyschrifft:


Rira bien, qui rira le dernier.

Derjenige wird wohl lachen / der am letzten lachen wird.

397.

An. 1499 erhielten die Schweitzer bey Hard einen herrlichen sieg wider die Kayserlichen und Schwäbischen. Dazumal hatte sich ein einfältiger [144] Schwäbischer fuß-knecht in einem hause zu Hard vor furcht und schrecken unters tach verstecket / und als er von den überwindern hervor gezogen wurde / fiel er mit diesen worten auf die knie: Ach ihr liebe / fromme küh-mäuler / ich bitte euch / seyd mir genädig. Als ihn nun die Schweitzer fragten: Was ihn so verwegen machte / sie zu schimpffen / da doch sein leben in ihren händen stünde? so schwur er hoch und theuer / er hätte die Schweitzer unter den Schwäbischen bundsgenossen niemals anders nennen hören / als küh-mäuler; dahero er gedacht / dieses sey ihr bester ehren-titul.

398.

Als der Ungarische König / Josephus / A. 1690 zu Augspurg zum Römischen Könige gecrönet wurde /sahe man eine medaille / darauf sich dieser König präsentirete / mit der beyschrifft: Josephus Rex Romanorum & Hungarorum. Auf der andern seite stunde die stadt Augspurg / über welcher ein adler schwebte / der im munde einen öhlzweig / und in den klauen eine krone hielt. Darneben zeigete sich ein delphin im meer / der den kopff ein wenig heraus reckte /mit der beyschrifft: Non venit ad hæc fastigia Delphinus.

399.

Ein Frantzösischer Ambassadeur fragte einen Deutschen: Wo es doch stünde / daß man keinen [145] andern /als einen Deutschen zum Röm. Kayser erwehlen solle? Die antwort war: Es steht gleich hinter dem Salischen gesetze / welches die Frantzösische lilien nicht spinnen läst.

400.

Zu der zeit / als König Ludwig XIV in Franckreich einige Holländische städte hinweg genommen hatte /wurde zu Versailles ein carousel gehalten / dabey man die sonne vorstellete / mit der überschrifft: Nusquam meta mihi. Das ende meines lauffes ist nirgends. Dargegen stellten die Holländer den Israelitischen helden Josuam auf den knien vor / nebst den beyworten: Sta sol. Sonne steh stille.

401.

Als den Frantzosen A. 1695 Namur wieder abgenommen wurde / sagte der Marschall de Boufflers: Je feray trembler le monde. Ich will die welt zittern machen. Diese gasconade hörete ein kluger mann /und antwortete ihm aus dem stegreiffe: Monsieur / so müst ihr euch denn zu dem grossen ochsen begeben / von welchem die Türcken sagen / er halte auf einem horn die gantze welt-kugel / und wenn er im zorn sein haupt bewege / so zittere die gantze erde.

[146] 402.

Als Xerxes einen heeres-zug in Thracien thun wolte /und man seine armee aufs wenigste 80000 reuter und 1100000 mann zu fuß / ohne den troß / schätzete /sahe er solches gewaltige heer nebst der trefflichen flotte / womit der Hellespont bedeckt lag / von einer höhe / und vergoß bittere thränen. Als ihn nun Artaban deswegen befragte / antwortete er: Ey soll ich nicht über die kürtze des menschlichen lebens weinen? Denn es ist gewiß / daß in hundert jahren weder haut noch haar von aller dieser grossen menge zu finden seyn wird.

403.

Als A. 1545 die festung Gran von den Türcken belagert und erobert wurde / waren die beyden geitzigen commendanten Liscano u. Salamanca mehr bemühet /ihren zusammen gescharreten reichthum in sicherheit zu bringen / als tapffermäßige thaten zu thun; Dahero füllete Liscano die sättel seiner pferde mit gelde an /welches aber bey seinem abzuge verrathen / und ihm genommen wurde. Hierüber beklagete er sich zum allerhöchsten / bekam aber von den Türcken zur antwort: Wenn er begehret hätte / daß ihm sein geld nicht darvon lauffen sollen / so hätte er es selbsten nicht so wohl beritten machen sollen.

[147] 404.

Ein sohn saß auf dem kirch-hofe bey dem grabe seines vaters / der ihm ein grosses vermögen hinterlassen /und sagte zu eines armen mannes kinde: Meines vaters grab ist von marmor / und seine grabschrifft von golde. Aber woraus ist deines vaters grab gemacht? Aus zwey brettern und zwey leimen-wänden. Du magst ja stille schweigen / antwortete des armen mannes sohn. Wenn dein vater am tage des gerichts an den schweren steinen / womit er bedecket ist / genug wird zu heben haben / so wird mein vater schon im paradiese seyn.

405.

Als Kaysers Maximiliani I kurtzweiliger rath / Cuntz von der Rosen / auf dem Reichs-tage zu Augsburg A. 1510 die anwesenden fragete: Wie alt sie wohl meyneten / daß er wäre? Und sich iederman mit der unwissenheit entschuldigte; gab er zur antwort: Er sey nunmehro über zwey hundert jahre alt / weil er die beyde zu Hagenau und Camerich geschlossene bündnisse / derer iedes auf hundert jahre gerichtet gewesen / überlebet. Einsmals fehlete es dem Kayser an gelde zu den benöthig-kriegs-kosten / worauf Cuntz zu ihm sagte: Er solte ein amtmann werden / so würde er [148] schon geld bekommen. Als ihn zur andern zeit etliche Fürsten mit sich in der karte spielen liessen / und er zwey könige bekam / ergriff er den Kayser beym arm / wiese zugleich seine beyden karten-könige / und sagte: Sehet / hier seynd drey könige / ich habe das geld gewonnen.

406.

Als die Venetianischen gesandten Kayser Maximilian dem ersten mit folgenden worten den krieg ankündigten: S.P.Q. Venetus indicit bellum Maximiliano, der rath und das volck zu Venedig kündiget Maximiliano den krieg an. So antwortete er ihnen mit lachendem munde: Ite, & gerite bellum pari stultitiâ, quâ indixistis, Gehet hin / und führet den krieg mit eben solcher thorheit / wie ihr ihn angekündiget habt.

407.

In einer predigt zu Schmalkalden sagte der erste evangelische Bischoff zu Naumburg / Nicolaus von Amsdorff / unter andern: Dieses Evangelium gehöret vor die krancken / schwachen und armen sünder; aber derer sind hier keine / denn grosse reiche Fürsten und herren fühlen ihre kranckheit und schwachheit nicht.

408.

Als Alexander Magnus eine gewisse stadt [149] eingenommen hatte / sagte man ihm / es befände sich in derselben ein berühmter Philosophus / dahero ihn Alexander alsofort zu sich kommen ließ / sich aber über dessen heßliche gestalt nicht wenig verwunderte / welches der Philosophus merckte / und zu ihm sagte: Er wäre zwar ungestaltes und heßliches leibes / man müste aber bedencken / daß der leib nichts anders sey / als die scheide / die seele hingegen sey das schwerdt. Nun wüste man wohl / daß nicht die scheide / sondern das schwerdt schneiden müste.

409.

Aus einer gewissen stadt fuhr der Stadt-physicus mit einem bürger aufs land / welcher etwas latein aus der schule mitgenommen hatte. Da sie nun beym gerichte vorbey fuhren / sagte der Doctor zu dem Bürger: Memento mori, und zeigete zugleich auf den galgen. Jener aber gab ohne eintziges nachdencken zur antwort: Hodie mihi, cras tibi.

410.

Ein pfarrer in Languedoc hatte einen gang von weissen maulbeer-bäumen vor die thüre seines pfarr-hauses gepflantzet / und lösete jährlich etwas geld vor die blätter zu den seiden-würmern. Dieses wendete er hernach zu aus besserung des thores an / und ließ darüber schreiben: [150] Mori lucrum. Welches einen dreyfachen verstand hatte: (1) die maulbeer-bäume seynd mein gewinn / (2) mein sterben ist mein gewinn / und (3) anderer leute sterben ist mein gewinn.

411.

Der Bischoff zu Oxfurt / D. Fell / hatte einige gute freunde zur mahlzeit. Als nun sein Capellan allzugrosse stücke vorlegte / und der Bischoff zu ihm sagte: Aus einer andern haut ist gut riemen schneiden. Antwortete jener: O dieses fell kan es schon aushalten.

412.

Ein Edelmann hatte sich in eine Dame verliebt / und dannenhero folgende zeilen auf eine schreib-tafel gezeichnet:


Il n'est rien, qui me contente
Absent de ma divinité.
Von meiner gottheit abgetrennet
Ist nichts / das nicht mein hertz betrübt.

Dieses ließ er auf dem tische seiner geliebten liegen /damit sie selbiges bey ihrer rückkunfft lesen möchte; Allein ihr vetter kam eher in das zimmer / als sie /welcher alsofort diese zwey zeilen hinzu that:


N'appelles pas ainsi ma tante,
Elle aime trop l'humanité.
[151] Ihr habt diß kind nicht recht genennet /
Weil es die menschheit hertzlich liebt.

413.

Ein Deutscher bergmann gienge mit seinem gewöhnlichen leder vor dem hintertheile des leibes zu Florentz herum / und weil ein gewisser Florentiner dergleichen kleidung niemals gesehen / so fragte er: was solches bedeute? worauf ein anderer Deutscher zur antwort gab: Dieser Deutsche habe wohl gewust / daß man den hintertheil des leibes vor den unkeuschen Florentinern verwahren müsse / drum habe er ihn mit einem leder bedecket.

414.

Der gelehrte Baudius war ein grosser liebhaber des weines; dahero geschahe es / daß / als die studenten einsmals unter währender lection etliche gläser wein aufsetzeten / er zu ihnen sagte: Quis scopulos tot evitare potest? Wer kan so viele klippen vermeiden? Auf eine zeit fand ihn Arminius auf der gasse liegen und schlaffen. Als er ihn nun aufgewecket / und gesagt hatte: Tu es scandalum Academiæ, du bist ein ärgerniß der Universität. So antwortete ihm [152] der trunckene Baudius behende: Tu es pestis Ecclesiæ, du bist ein pest der kirchen.

415.

Ein gewisser Münch begieng so viele übelthaten / daß Petrus / König in Portugal / endlich bewogen wurde /ihn durch einen stein-metzen heimlich ums leben bringen zu lassen. Alldieweil aber die geistlichkeit sich hierüber hefftig beklagte / und um rache schrie / so fällete der König folgendes urtheil: Weil einem priester / der einen laien umgebracht / in dem geistlichen gerichte nur allein auferleget worden / keine messe mehr zu lesen / so könne er einen stein-metzen / der einen priester umgebracht / zu nichts anders verdammen / als daß er keine steine mehr hauen solle.

416.

Ein guter freund wolte einen andern besuchen / und als er nahe an sein logiament kam / sahe er denselben zum fenster heraus gucken. Gleichwol sagte dessen tochter: Ihr vater wäre ausgegangen. Worauf jener zur antwort gab: Mein kind / sage doch deinem vater / wenn er ein ander mahl ausgehet / daß er den kopff nicht zu hause lassen soll.

417.

Eine alte Dame verliebte sich in einen hofmann / und schenckte ihm vor seine dienste ein ansehnlich [153] stücke landes. Eine junge Dame aber / welche jener künfftige erbin seyn solte / that ihm darüber einspruch / und erhielte so viel / daß das verschenckte stücke mit arrest beschlagen wurde. Als sie nun beyderseits vor gericht erschienen sagte die junge Dame zu dem Cavalier:Mein herr / das stücke guth kömmt ihn nicht theuer an: Er hats ziemlich wohlfeil gekauffet. Welches der beklagte also beantwortete: Madame /weil sie so eigentlich weiß / was es mich kostet / so stehets um eben diesen preiß zu ihren diensten.

418.

Zu dem Marschall de Milleraye sagte eine stands-person aus Bretagne / so von ihm nicht eben nach wunsch war tractiret worden: Bin ich schon kein Marschall von Franckreich / so bin ich doch ein holtz / daraus man die Marschallen machet. Wohl / antwortete Milleraye / wenn man einen höltzernen Marschall bedörffen wird / so könnet ihr euch angeben.

419.

Der berühmte Quinault besuchte einen hofmann / des vorsatzes / ihm ein stücke von einem neuen theatre a la mode zu zeigen. Damit er nun sein vorhaben desto besser erklären möchte / so sagte er: Die scene ist in Cappadocien / [154] und wenn man wohl darvon urtheilen will / muß man die art desselben landes an sich nehmen. Weil aber der hofmann mit solcher erfindung nicht allerdings wohl zu frieden war / so sagte er: Ihr habt recht / denn in demselben lande wird sich die erfindung vielleicht besser präsentiren lassen / als hier.

420.

Wenn Petrus / König in Portugal / einen tag ohne bezeigung seiner freygebigkeit vorbey gehen lassen / so sagte er: Diesen tag bin ich kein König gewesen.

421.

Erico IX, Könige in Schweden / wolten seine unterthanen die herrschafftlichen gefälle / so sie bey den vorigen Königen zu geben gewohnt gewesen / mit gewalt aufdringen: Er hingegen weigerte sich / selbige anzunehmen / und also erhub sich ein streit / dergleichen wohl niemand mehr in der welt erleben wird. Endlich ließ er einen ernsten befehl ergehen / ihm nichts zu geben / und sagte: Er sey mit demjenigen vergnügt / was er allbereits besässe / sie hingegen möchten des ihrige auch in ruhe geniessen / und verlange er ihr vermögen nicht / welches seine nachkommen vielleicht besser benöthiget seyn würden.

[155] 422.

Der gelehrte Vaugelas hatte durch beyhülffe des Cardinals von Richelieu eine königliche pension erhalten. Auf eine zeit sagte dieser Cardinal zu ihm: Mein herr / vergesset in eurem Lexico nicht das wort pension. Nein / antwortete Vaugelas / auch nicht das wort erkenntligkeit.

423.

Ein verwegener mensch schalt den Kayser Augustum einsmals vor einen tyrannen. Der Kayser aber war so weit von der rache entfernet / daß er sagte: Es würde übel um dich stehen / wenn ich einer wäre.

424.

Johannis II Königs in Spanien favorite / Alvarez de Luna / wurde von einigen seines ungemeinen glückes wegen bewundert / zu welchen er sagte: Ihr seyd sehr unbesonnen / daß ihr einen bau lobet / ehe der giebel drauff geführet ist. So offt er auch zum Könige erfordert wurde / wünschte er / einen nagel zu haben / um mit demselben die Königliche gnade zu befestigen. Endlich fiel er von dem gipffel herunter /und wurde ihm der kopff durch den scharffrichter abgeschlagen.

425.

Als Trajanus einst verreisen wolte / lieff ihm [156] eine frau nach / deren sohn ermordet worden war / und schrie um recht. Worauf der Kayser einwendete: wenn er würde wieder kommen / wolte er ihr recht verschaffen. Sie aber gab zur antwort: Wenn nun der Kayser nicht wieder kömmt / wer hilfft mir alsdenn? So fort hörete er ihre noth / und erfüllete ihr verlangen; welche begebenheit nachmals an diesem ort in stein gehauen / und selbiger Forum Trajanum genennet wurde.

426.

Als einige Fürsten die vortreffligkeit ihrer länder rühmeten / und die reihe zu letzt auch an Eberhard I Hertzogen zu würtemberg / kam / ließ er sich also vernehmen: Lieben herren / ich gönne euch gerne /was euch GOtt gönnet; Ihr seyd mir in vielen dingen weit überlegen / aber eins kan ich mich mit wahrheit rühmen. Ich darff gantz allein in meinem lande am hitzigsten sommer über feld oder durch einen wüsten und dicken wald gehen / und wenn mir einer von meinen unterthanen begegnet / so kan ich ihn heissen nieder sitzen / und sicher in seinem schooße schlaffen. Er pflegete auch zum öffters zu sagen: Es wären drey dinge / die man einem freunde weder rathen noch wiederrathen solte: Nehmlich heyrathen / krieg anfangen / und ins gelobte land ziehen. Weil alle drey /wiewohl sie an sich selbst gut wären / [157] dennoch übel ausschlagen könten / da alsdenn dem rathgeber insgemein die schuld beygemessen würde.

427.

Einer sagte: Alle müller wären diebe. Solches höreten einige von diesem handwerck / und verklagten ihren widersacher / zu welchem der richter sagte: Er habe unrecht gethan; dahero solle er den müllern ihre ehre wieder geben. Worauf der beklagte antwortete: Ja / ich habe sie alle gescholten; also ist es billig / daß ich ihnen auch allen die ehre wieder gebe / und müssen diese / welche anietzo gegenwärtig seynd / sich so lange gedulden / biß der herr richter alle müller zusammen beschieden hat.

428.

Der rebelle Maslaus hatte die Masuren wider Casimirum I Königen in Polen / angeführet / wurde aber /nach gehaltener unglücklichen schlacht von seinen eigenen leuten an den galgen geknüpffet / welche sich spöttisch gegen ihn erkläreten: Weil er hohe dinge gesuchet / so solte er anietzo zu der hoheit gelangen.

429.

Ein papagoy lachete zum öfftern überlaut / wenn die umstehenden zu ihm sagten: Rie perroquot, rie, lache / papagoy / lache. Bald darauf [158] aber pflegete er zu sagen: o le grand sot, qui me fait rire, o der grosse narr / der mich lachen machet!

430.

Eine gewisse jungfer bekam von einer Königin befehl / in ein kloster zu gehen / und sagte diejenige Dame /so ihr solches ankündigte: Sie hätte die freye wahl /in was vor ein kloster sie sich begeben wolte. Wohlan / gab sie zur antwort / weil ich die freye wahl habe / so werde ich mich wohl zu den barmhertzigen brüdern in ihr kloster begeben.

431.

Marot spatzierete einsmals mit einem kammer-diener und gieng ihm auf der rechten seiten. Weil nun der kammer-diener etwas hoffärtig war / so sagte er: Marot / ich kan nicht leiden / daß mir ein narr zur rechten hand gehe. O / antwortete Marot / das kan ich gar wohl leiden; und hiermit gab er jenem die oberstelle.

432.

Landgraf Fritzen in Hessen hatte einsmals in der jugend sein präceptor etliche sententias aufgegeben /welche er auswendig lernen sollen / unter welchen auch diese war: Melius est prævenire, quam præveniri, es ist besser / zuvor kommen / als sich zuvor kommen lassen. Als er nun des abends diese sententias nicht recitiren konte / [159] so sagte der präceptor: Printz / ihr müsset sie des morgens frühe einmal oder etliche wieder überlesen. Allein die ermahnung gieng zu einem ohre hinein / und zum andern wieder heraus; dahero der präceptor / als dieser martialische herr wieder nicht aufsagen konte / zornig wurde / und sagte: Printz / werdet ihr mir die sententias nicht in einer halben stunde recitiren können / so werde ich euch ohrfeigen geben. Diese droh-worte waren kaum geredet / so schlug der Landgraf den präceptor aufs maul / und sagte: Præceptor, melius est prævenire, quam præveniri.

433.

Als Carolus II König in Spanien von seiner ersten gemahlin gefraget wurde: Ob er den Marschall von Turenne kennete? Gab er zur antwort: Ich solte ihn ja wohl aus den vielen bösen stunden / die er mir gemacht hat / kennen lernen.

434.

Ein uncatholischer fragte einen Römisch-catholischen: Warum sie in ihren kirchen so viel kertzen anzündeten? Worauf dieser zur antwort gab: Wir suchen die kelche / die ihr gestohlen und verstecket habt.

435.

Richardus / König in Engelland / wurde von einem geistlichen erinnert: Er möchte seine [160] drey töchter vergeben oder ausstatten. Uber diese rede verwunderte sich der König / weil er keine töchter hatte / und begehrte demnach die erklärung darüber zu vernehmen. Worauf jener fort fuhr: Der König hat drey töchter / nehmlich die hoffart / den geitz und die geilheit. Wo er diese drey nicht abschaffen / und andern überlassen wird / so wirds nicht gut ablauffen /sondern dem königlichen hause zum verderben dienen.

436.

Als Ulricus II, Hertzog zu Würtemberg / in die Kayserliche ungnade und Reichs-acht fiel / wurde allen seinen unterthanen verboten / nicht ein einziges wort mehr von ihm zu reden: Ja / die verbitterung war wider ihn so groß / daß ein einfältiger bauer in den thurn kriechen muste / weil er den amt-mann gefragt hatte: Ob er denn auch nicht mehr an seinen Fürsten gedencken solte?

437.

Dieser Hertzog war der frembden kleidertracht so gehäßig / daß er zum öfftern zu sagen pflegte: Frembde kleider werden den Deutschen bringen frembde sitten / und frembde sitten frembde gäste.

438.

Ein beamter wolte einen alten dorff-pfarrer [161] seines ärgerlichen lebens wegen zur straffe ziehen; Weil er aber selbsten auch straffwürdig war / so begehrte er etliche tage aufschub / und als der termin herbey kam / daß er die geld-strafe erlegen solte / brachte er an statt dessen zwey neue besen. Hierauf wolte der beamte wissen / was er damit meynete? Lieber herr /antwortete der pfarrer / ihr solt mit dem einen vor eurer thür kehren / so will ich mit dem andern vor meiner thür desgleichen thun; Alsdenn wird sichs ausweisen / wer den andern wird zu straffen haben.

439.

Ein epicurer sagte zu seiner liebsten: Er habe sie so lieb / als seine seele. Sie aber erwiderte: Sie wolte /daß er sie so lieb hätte / als seinen leib / denn denselben warte er wohl / aber um die seele bekümmere er sich wenig.

440.

Als zweyer grossen Potentaten Abgesandtem zu Rom mit einander stritten / wie viel sie pferde vor ihre carossen spannen solten / fande man an Pasquino folgende worte: O mira metamorphosis! bestiæ confundunt homines, O eine wunderliche verwandelung! die unvernünfftigen thiere verwirren die menschen.

[162] 441.

Emanuel / König in Portugal / wolte eine mahlzeit von solchen speisen halten / die kein blut hätten / und von keinem blute herkommen wären. Als sich aber der küchen-meister entschuldigte / daß er mit solchen speisen in der eil nicht könte aufkommen; so nennete ein lustiger kopff eine gewisse person / und sagte:Man könte dessen degen sicherlich speisen / dann er kein blut niemals gesehen / noch viel weniger darvon herkomme.

442.

Bela II König in Ungarn pflegte zu sagen: Ein mensch solle GOtt viel mehr vor das unglück / als vor das glücke dancken / denn dieses mache ihn frech und stoltz / jenes aber weise und tapffer.

443.

Einem studenten wurden des nachts die fenster ausgeschlagen; Als er nun des folgenden tages in den buchladen kam / traff er einen gelehrten mann daselbst an / welcher aus schertz zu ihm sagte: Mein herr / hier liegt der Vitriarius / den wird er wohl anitzo nöthig haben.

444.

Eben dieser gelehrte traff einige jungfern in einem gewölbe an / allwo sie subtile zängelchen kauffeten / die haare darmit auszureissen; Dahero [163] er sie fragete: Was sie mit diesen zängelchen machen wolten? Ob sie etwan ihrem gewissen die zähne damit ausbrechen wolten?

445.

Es sagte ein soldate zur mittags-zeit: Der König in Spanien hätte mehr als hundert tausend mann auf den beinen. Auf befragen: Wie sie wären / und wie es mit solchem volck beschaffen? Gab er zur antwort: Es sind nunmehro alle Spanier aufgestanden / und auf den beinen. Zu nachts aber liegen sie zu bette.

446.

Ein soldate zu Parma sahe den Römischen adler auf einer hohen säule stehen / und sagte: Verflucht sey derjenige / welcher dich so hoch gesetzet; Als er nun deßwegen angeredet wurde / so wendete er zu seiner entschuldigung vor: Er habe eine solche allerunterthänigste liebe gegen seinen Kayser / daß /wenn der adler nicht so hoch wäre / er denselben küssen wolte / und dannenhero habe er denjenigen verflucht / der ihn so hoch gesetzet.

447.

Ein vornehmer mann hatte in seiner gefährlichen kranckheit einem seiner guten freunde 10000 thaler vermachet. Als er nun wiederum [164] gesund wurde / so wünschte ihm jener mit folgenden worten schrifftlich glück:


Mein herr /

Ich hätte nicht vermeynet / daß man mit so freudigem muthe 10000 thaler verliehren könte /als mir anitzo wiederfahren ist / wormit ich verbleibe


Meines herrn

gehorsamster diener.

448.

Als ein Frantzösischer Abgesandte bey dem letzt-verstorbenen König in Dännemarck um die restitution des Hertzogs von Holstein-Gottorff inständig anhielte / schwieg der König lange zeit stille; Dahero jener endlich fragte: Was er denn seinem Könige vor eine antwort mitbringen solte? Saget ihm / antwortete der König in Dännemarck / daß der Hertzog von Holstein-Gottorff mein Hertzog in Lothringen ist.

449.

Ein soldate stund auf der wache / als es sehr schneiete und stürmete / so daß er übel bekleidet und halb erfroren in das wach-hauß lieff / und die thüre hinter sich zuschloß. Nicht lange hernach kam der Hauptmann vor das wach-hauß / und klopffete an. Als aber der soldate nicht [165] aufmachete / ruffte der Hauptmann:Thue auf / es ist nicht gut hier lange stehen. Das wuste ich wohl / antwortete jener / drum bin ich herein gelauffen.

450.

Als Boleslaus III Fürst in Polen / um den frieden bey Kayser Henrich V anhielt / führte dieser den vornehmsten unter den Polnischen Gesandten / nahmens Scarbicum / zu seinem kostbaren schatz / und sagte:Dieser wird die Polen überwältigen. Welches aber Scarbicus artig beantwortete / indem er den ring vom finger zog / und selbigen mit diesen worten zum Kayserlichen schatze warff: Wir wollen gold zu golde thun. So sehr nun dem Kayser solche grossmüthigkeit mißfiele / so wenig ließ er sichs mercken / sondern erwiderte: Habe danck. Wovon hernach das geschlechte der Habedancker seinen ursprung genommen.

451.

Es fiel ein Oberster mit seinem pferde ins wasser /und schwamm mit grosser noth an das ufer: Dahero sein knecht sagte: Nun hat sich mein herr auch einmal in dem sommer frisch gehalten.

452.

Es solte sich einer unterhalten lassen / worzu er aber keine lust hatte / und als er gefragt wurde / [166] ob er denn kein hertz habe? gab er zur antwort: Nein / das hertz habe ich nicht / daß ich in die hölle fahre.

453.

Ein Schweitzer diente an König Carls hofe in Schweden / und nachdem er zu krieges-diensten befördert /nach geendigtem kriege aber abgedancket wurde /blieb ihm der König 600 thaler schuldig. Ob er nun schon seine bezahlung mit gebührendem respect forderte: So wurde doch der König hierüber sehr entrüstet / und sagte: Ich will dir 600 teuffel auf den kopff geben. Hiermit gieng der übelbelohnte Schweitzer nach seiner herberge / und wolte seinen weg weiter nehmen. Weil er aber über der einforderung seiner schulden 300 thaler verzehret hatte / und die wirthin bezahlet seyn wolte / sagte er zu ihr: Ich will dir 300 teuffel auf deinen kopff geben. Dieses veranlasste die wirthin / ihn bey dem Könige zu verklagen / welcher einen diener hinschickte / und ihm die zahlung auferlegen ließ; Dahero der Schweitzer zur antwort gab: Ich habe von dem Könige 600thaler gefordert / davor hat er mir so viel teuffel auf den kopff gegeben / hiervon habe ich nun die helffte / so viel ich nehmlich verzehret habe / der wirthin überwiesen / und hier wieder hat sie nichts zu sprechen / weil ich sie [167] mit des Konigs müntze bezahlet. Als der König die artige antwort hörete / befahl er / man solte dem Schweitzer das seinige / und der wirthin das ihrige auch mit barem gelde bezahlen.

454.

Der erste Decanus der Theologischen Facultät zu Jena / Victorinus Strigelius / pflegte diesem wunsch zum öfftern im munde zu führen: Ach HErr / beschere mir einen reuterischen tod. Wodurch er sonder zweiffel einen schnellen tod verstunde / und solches wiederfuhr ihm auch / indem er A. 1569 überm hände-waschen durch einen schlag-fluß entseelet wurde.

455.

Ein soldate kam in eine gewisse stadt / allwo er etliche excesse begieng / weßwegen sich die bürger seines pferdes bemächtigten / und ihm nichts weiters /als den sattel liessen. Hierüber wurde der reuter sehr erzürnet / drohete allen in der stadt / und schwur / daß sie solches gereuen solte / und daß er wohl wüste /was er thun wolte. Hiermit gab man ihm sein pferd wieder / und fragte ihn: was er denn hätte thun wollen? was wolte ich gethan haben / antwortete er /ich hätte den sattel verkauffet.

456.

Svantibo III, Hertzog in Pommern / pflegte von dem kriege zu sagen: Ein fähnlein ist zwar [168] mit geringer mühe an die stange gehefftet / aber nicht leicht wieder abzubringen.

457.

Zu Halle war A. 1634 das heimliche werben sehr gemein / also daß auch die bauern nicht sonder gefahr in die stadt kommen konten. Einst saß einer / und hielte aus seinem kober mahlzeit / da immittelst ein soldate geschlichen kam / und einen reichsthaler unvermerckt in den kober fallen ließ. Als solches der bauer inne wurde / nahm er sein essen ins schnupff-tuch / ließ den kober stehen / und sagte: Kober / hast du geld genommen / so ziehe auch mit fort.

458.

Bogislaus X Hertzog in Pommern / hatte einen bauer /namens Hans Lange / mit welchem er die geheimsten sachen überlegte / welcher / als sein favorite / an statt aller angebotenen gnade nichts anders verlangete / als von allen herrschafftlichen beschwerungen frey zu seyn. Als nun der Hertzog solche befreyung auch auf die erben richten wolte / weigerte sich der bauer / selbiges anzunehmen / sondern sagte: Er wäre ein bauer; dahero seine kinder ebenfalls bauern bleiben solten /angesehen sie keinen bessern stand verlangen könten /wenn sie sich wohl darein zu schicken wüsten; denn einem bauern wäre die freyheit nicht nützlich / weil er dieselbe nicht zu gebrauchen [169] wüste / und hierdurch entweder nur faul und nachläßig / oder übermüthig und bauer-stoltz würde / daß er niemand der gebühr nach begegnete / und sich dadurch in eitel mühe und noth brächte. So offt einige bediente abgesetzet werden solten / sagte er zu dem Hertzoge: Du wilst itzund diesen absetzen / den wir nun gespickt und satt gemacht haben / und setzest uns eine hungrige lauß wieder dahin / die sauget uns von neuem aus / und machet uns gar arm; Darum laß uns lieber diesen / den wir ietzo leichter erhalten können.

459.

Es wurden soldaten auscommandiret / iedoch also /daß sie ihre fahnen zu hause lassen solten / damit sie nicht darum kommen möchten. Hierüber sagte einer unter ihnen: Der Oberste fürchtet / die fahnen zu verliehren / fürchtet aber nicht soldaten zu verliehren / so gar sind wir redliche leute geringer geachtet / als die alten lumpen.

460.

Ein soldate legte seine beichte folgender gestalt ab:Ich habe viele todt geschlagen / aber auch viele lassen leben / so gehet es gleich auf. Ich habe viele häuser abgebrannt / aber auch viele lassen stehen / so gehet es gleich auf. Hierauf richtete der beicht-vater die absolution [170] also ein: So bin ich unsers HErrn GOttes / und du des teuffels / so gehet es gleich auf.

461.

Als Chur-Pfaltz und Bayern mit ein ander krieg führeten / wurden unter währender belagerung der stadt Heidelberg etliche Pfältzische soldaten gefangen /welchen einige Bayerische Officiers mit hencken droheten. Worauf einer unter den gefangenen sagte: Wir seynd mehr danckens als henckens werth / denn wenn wir nicht wären / so wäret ihr noch weniger da / und wenn dem Pfaltzgrafen niemand dienete / bedürffte der Hertzog in Bayern eurer auch nicht.

462.

In dem Frantzösischen und Holländischen kriege /welcher vor dem Niemägischen Frieden hergieng /wolte ein Holländer sterben / welchen sein camerade in der todes-noth nicht besser zu trösten wuste / als daß er ihm in die ohren schrie: Behalte den Printzen von Oranien in deinem hertzen / behalte den Printzen von Oranien in deinem hertzen.

463.

Ein soldate starb ohne beichte; dahero der Hauptmann den andern soldaten vorstelte / was massen er ungebeichtet dahin gefahren / und sich selbst versäumet /weswegen er sie ermahnet haben [171] wolte / bey guter zeit auf das heil ihrer seelen bedacht zu seyn. Hiermit stund einer unter den soldaten auf / und sagte: Herr Hauptmann / ich habe mich wohl vorgesehen /und mich keines weges selbst versäumen wollen /denn ich schon vor sieben jahren gebeichtet.

464.

Ein vater schrieb seinem sohne / der noch ein pennal war: Er solte genau zehren / und das wohlfeilste einkauffen. Als er nun zu Salamanca studirte / feilschte er eine kuhe / welche man vor zehn ducaten bote. Hierauf fragte er: Wie theuer ein rebhun sey / und als es auf einen real gehalten wurde / bezahlte er dasselbe / und sagte: Mein vater will haben / ich soll das wohlfeilste kauffen / so werde ich demselben auch nachleben.

465.

Ein pedant sagte: Er studire nur zwey tage des jahres nicht gerne / nehmlich den winter und den sommer. Auf befragen: Was er denn im frühling und herbst thue? Antwortete er: Das seynd meine nächte / und alsdenn schlaffe ich. Ein anderer sagte: Der winter ist zu kalt / der sommer zu warm / der herbst zu neblicht / und der frühling zu feuchte zum studiren.

466.

Einer sagte: Die welt sey ein hauß voller [172] narren. Dem rieff ein anderer zu: Glück zu / herr stuben-geselle.

467.

Es verwiese ein vater seinem sohn / daß er so lange zeit in tertia classe gesessen. Dessen habe ich mich nicht zu schämen / antwortete der sohn / denn mein präceptor sitzet schon über zwantzig jahr darinnen.

468.

Ein pennal / als ihn einer die stiege herunter warff /sagte sonder bewegung des gemüths: Es ist eben eines / ich habe doch ohne das wollen herab gehen.

469.

Ein kauffmann hatte grossen verlust erlitten / und erinnerte seinen sohn / er solte ja niemand etwas darvon sagen. Dieses versprach jener / wolte aber wissen /wozu solches schweigen nütze wäre? Worauf der vater antwortete: Es dienet darzu / daß wir nicht zweyerley schaden haben / einmal an dem verlust / hernach an dem wohlgefallen unserer feinde.

470.

In einem Dorffe der provintz Poitou fiel eine bauer-frau in eine grosse kranckheit / und endlich in die schlaff-sucht. Weil nun ihr mann nebst allen denen /die um sie waren / nicht anders vermeyneten / als daß sie wahrhafftig todt wäre: [173] so ließ er sie nach der gewohnheit desselben ortes in leinwand einwickeln / auf ein bret legen / weil das holtz zum sarge daselbst zu theuer / und zu grabe tragen. Alldieweil nun die träger unterweges durch einen strauch paßiren musten / und die stacheln und äste die vermeynte leiche berührten /wachte sie darvon auf / und erwiese hierdurch / daß sie noch lebendig war. Hierauf starb sie nach vierzehn jahren wieder / und als man abermals mit ihr zu gedachtem strauche kam / schrie der witwer den trägern einmal über das andere zu: Trefft nicht an den strauch / trefft nicht an den strauch. Aus beysorge / die todte frau möchte wieder lebendig werden.

471.

Johannes II König in Portugal pflegte zu sagen: Es wäre einem Fürsten weit erträglicher / alle ersinnliche laster zu besitzen / als einen favoriten um sich zu haben / und derjenige sey nicht werth / ein Fürste genennet zu werden / der seinen willen einem andern unterwerffen wolte. Ja er war den favoriten so feind /daß / als ein Cavalier / den er sonsten liebete / ihm an einem öffentlichen orte zu nahe kam / er zu demselben sagte: Kommt mir nicht zu nahe / sonsten wird man euch vor einen favoriten halten.

472.

Als Uladislaus II Fürst in Pohlen / nebst [174] dem Grafen von Scrin auf der jagt einsmals in einem walde übernachten muste / sagte er aus schertz zu dem Grafen: Anitzo wird eure gemahlin bey dem Abt von Scrin vergnüglicher schlaffen / als wir auf der harten erden. Jener aber war mit der antwort bald fertig: Und vielleicht auch Eu. Durchl. gemahlin bey dem Dobesso. Dieses war ein schöner junger Edelmann / mit welchem man die Fürstin Christina in verdacht hatte.

473.

Ein deutscher ordens-ritter verfügte sich zu einem messer-schmiede / und kauffte demselben ein starckes messer ab. Als ihn nun dieser fragte: Ob er nicht auch eine scheide darzu kauffen wolte? So gab er zur antwort: Er wolte das messer in die allerkostbarste scheide stecken / so in gantz Preussen zu finden wäre. Solches räthsel konte nun niemand auflösen / biß er seinem Hochmeister / Werner von Urseln / aufpassete /als derselbe nach gehaltener vesper aus der kirche gieng / und ihn mit dem gekaufften messer erstach.

474.

Die Königin Christina aus Schweden / gieng täglich in einem langen leib-rock / und in einer Perruque /wie ein Cavalier. Als sie nach Fontainebleau kam /giengen viele hof-damen zu ihr / die visite abzugeben. Wenn sie sich denn zu ihr naheten / [175] sie zu küssen /trat sie allemal zurücke / und sagte einst: Was zum hencker ficht die Damen an / daß sie mich alle küssen wollen? kommts denn etwa daher / daß ich aussehe wie ein kerl?

475.

Ein Italiäner trug etwas unter dem mantel / und als er bey einem Frantzosen vorbey paßirete / fragte dieser: Was er unter dem mantel trüge? Der Italiäner antwortete: Einen dolch. Als aber der Frantzose genauer nachforschte / fand er eine Bouteille voll wein; dahero gab er sie jenem wieder / und sagte zu ihm: Da habt ihr euren dolch. Wenns euch gefällt / so will ich euch eine scheide darzu leihen.

476.

Ein Gasconier hatte ein höltzern bein: Damit hinckte er zu einer leichtfertigen dirne / bey welcher eben zu der zeit ein anderer gewesen war. Als sie sich nun schwanger befand / entstund ein streit unter ihnen: welcher von beyden vater seyn solte? Hierauf sagte der Gasconier zu seinem neben-buhler: Woferne das kind mit einem höltzernen beine auf die welt kommt /so ists unstreitig meine / hat es aber zwey beine / so ists euer.

477.

Ein anderer Gasconier wurde von etlichen [176] strassen-räubern des abends um 5 uhr angefallen / und weil er ziemlich viel sachen bey sich hatte / sagte er: Ihr herren / ihr werdet heute zur glückseligen stunde arbeiten.

478.

In einer finstern nacht gieng ein blinder mit einer laterne über die strasse / und trug einen krug voll wasser. Dem begegnete ein nacht-wächter / und sagte: Du einfältiger tropff / ich meynte die finstre nacht und der helle tag wäre vor dich eins so gut / als das andere. Der blinde antwortete: Ich trage die laterne nicht vor mich / sondern vor dich und deines gleichen volle zapffen / damit sie nicht an mich stossen /und verursachen / daß ich meinen krug zerbreche.

479.

Ein grosser wucherer war tödtlich kranck / worbey sich täglich eine verwirrung des hauptes fand. Einsmals / als sein beicht-vater sahe / daß er ein wenig zu sich selber kommen war / wolte er diese gelegenheit nicht verabsäumen / ihm zum seligen tode zu bereiten; dahero hielt er ihm ein crucifix vor / und ermahnete ihn zur busse. Allein der krancke sahe das silber mit starren augen an / und sagte zu seinem beicht-vater: Mein herr / darauf werde ich nicht viel leihen können.

[177] 480.

Ein gelehrter / der sehr heßlich und ungestalt war /gieng mit einem guten freunde spatzieren / unter weges begegnete ihnen eine Dame / welche im vorbey gehen eine zeit lang stille stund / und diesen gelehrten mit unverwandten augen ansahe / und darauf ohne einigen wort-wechsel fortgieng. Da sie nun vorbey war /kam es diesen gelehrten an / daß er seinen diener nachschickte / und sie fragen ließ: Was ihr verlangen wäre? Die Dame aber gab zur antwort: Ich habe mit meinen augen eine grosse sünde begangen /und suche dieselbe durch eine gleichmäßige strafe zu büssen: Halte aber davor / daß solches nicht füglicher geschehen könne / als wenn ich euren herrn ansehe.

481.

Der Heermeister in Lieffland / Eberhard von Monheim / demüthigte die stadt Riga dermassen / daß sie einen theil der ring-mauer niederreissen musten; Dahero eine Riegische frau zu sagen veranlasset wurde:Dieser Heermeister müsse wohl einen sehr dicken bauch haben / daß er nicht eher in die stadt gehen können / als biß man ein so grosses loch in die mauer gemachet.

482.

Dieser Heermeister marschirte zur rauhen [178] winters-zeit nach Plescau / und fiel in Rußland ein / dahero die grimmige kälte vielen der seinigen das lebens-feuer ausbließ / und damals sagte ein Deutscher reuter zu seinem cameraden: Wäre ich itzo Römischer König / ich gäbe mein halbes Königreich vor eine warme stube.

483.

Als Conrad von Jungingen / Hochmeister in Preussen / in eine tödtliche kranckheit fiel / wider welche die ärtzte nichts bessers / als die umarmung eines frauen-zimmers verordnen konten / sagte er: Er wolte lieber zehn jahre eher sterben / als wider sein gelübde und gewissen handeln.

484.

Als die Türcken A. 1469 die stadt Negroponte bereits erstiegen hatten / verschanzte sich der eine Commendant / Paolo Erizo / an einem gewissen orte der stadt so gut / als möglich / biß ihn der mangel an ammunition und lebens-mitteln endlich nöthigte / den angetragenen accord anzunehmen / wodurch ihm die erhaltung des kopffs versprochen wurde. Nichts destoweniger ließ ihn der Groß-Sultan Mahomet II mitten von einander sägen / und sagte: Er hätte ihm nur den kopff / nicht aber den leib zu lassen versprochen.

[179] 485.

Als Kayser Rudolph von Habspurg dem besiegten König Ottocarn die lehn über Böhmen reichte / und ihn seine hof-bedienten vermahneten / dem Böhmischen Könige an kostbaren kleidern nichts nachzugeben / gab er ihnen zur antwort: Der König in Böhmen hat meinen grauen rock offt verlachet und verspottet / itzt ist es einmal zeit / daß der graue rock seiner wieder spotte. Der Deutschen lob bestehet in guter rüstung und nicht in stolzen und prächtigen kleidern.

486.

Eine gewisse Dame ließ einen berühmten Astrologum fordern / daß er ihr sagen solte: Was sie bekümmerte? Dieser machte einen hauffen circul und figuren /und stellete seinen globum bald auf diese / bald auf jene seite / worbey er der neugierigen Dame allerhand vorschwatzete / welches ihr aber nicht die geringste satisfaction gab. Hierüber wurde sie zu letzt verdrüßlich / und warff ihm vor seine mühe einen groschen hin. Uber diese geringe vergeltung verwunderte sich der Astrologus / drehete seinen globum noch einmal um / und sagte: Vielleicht wäre sie bekümmert /daß sie nicht reich genug? oder vielleicht habe sie etwas verlohren? Ja / gab sie [180] zur antwort / die zeit und das geld / so ich auf euch gewendet / habe ich verlohren.

487.

Als die Königin Margaretha in Dännemarck zu bevorstehendem kriege wider den abgesetzten König in Schweden überall die trommel rühren ließ / schickete er ihr zur beschimpffung einen langen wetz-stein zu /mit der erklärung: Sie möchte sich desselben lieber zum schleiffen der scheren und nadeln / als der schwerdter / bedienen.

488.

Zwey brüder befanden sich in einem sehr ungleichen stande; denn der eine war bey seinem König in diensten / und führte einen ansehnlichen staat. Der andere aber nehrete sich mit seiner hände arbeit / und muste sich genau behelffen. Als nun jener einsmals zu diesem sagte: Warum begiebst du dich nicht in des Königs dienste / wie ich / und befreyest dich von solcher dürfftigkeit? So antwortete derselbe: Und warum verdienst du nicht etwas mit deinen händen / und befreyst dich von solcher elenden sclaverey?

489.

Ein Türcke / welcher viele proben seiner ungemeinen stärcke abgelegt hatte / war von iemand geschimpfft worden / darüber er sich dergestalt erzürnete / [181] daß er gantz rasend zu seyn schiene / und von nichts als rache redete / biß ihn ein kluger mann mit folgenden worten besänfftigte: Kan dieser starcke held eine last von tausend pfunden tragen / und hat doch so viel krafft und vermögen nicht / daß er ein elendes wort vertragen kan?

490.

Boleslaus II, Hertzog in Böhmen / gab seinem printzen Boleslao III unter andern auch diese lehre: Die müntze nicht zu schmälern / angesehen einem volck weder sterben / krieg / plünderung noch brand so schädlich seyn könte / als vielfältiger wechsel und listige verfälschung der müntze.

491.

Ein vornehmer mann kam nach Wittenberg / und verlangte den lustigen professor Taubmannen bey der tafel zu haben / damit er ihn sehen / und kennen lernen möchte. Allein dieser stellte sich unter währender mahlzeit gantz ernsthafftig an / und führte eitel kluge gespräche. So bald man nun aufgestanden war / wolte er seinen abschied nehmen / als der frembde herr zu ihm sagte: Nicht so / herr Taubmann / so haben wir nicht gewettet / ihr solt uns noch heute etwas lustiges machen / ihr seyd ja der / von dessen possen wir viel gehöret? Worauf [182] Taubmann zur antwort gab: Das weiß ich nicht / hier zu Wittenberg giebt es keine narren / es sey denn / daß einer erst hier ankommen wäre.

492.

Ein Gasconier hatte eine heßliche tochter / und wuste nicht / an wen er sie verheyrathen solte. Endlich gab er sie einem blinden. Nach einiger zeit kam ein oculist von Pariß / welcher die blinden sehend machen konte. Als man nun den Gasconier fragte: Ob er seinem schwieger-sohne nicht auch wolte helffen lassen? So antwortete er: Nein / denn ich besorge / wo er sehend wird / so läst er sich von seinem weibe scheiden.

493.

Einsmals kam ein armer bauer zu Joachimo II Churfürsten zu Brandenburg / welcher um ertheilung der gerechtigkeit bat / weil er ein Churfürstlicher unterthan wäre. Allein der Churfürst gab ihm zur antwort:Und wenn du ein Heyde oder Türcke wärest /solte dir recht wiederfahren. Ich geschweige / da du mein unterthan bist.

494.

Ein Persianischer König schickte einen artzt an den Mahomet in Arabien / allwo derselbe etliche jahre verzog / iedennoch aber nichts zu thun bekam. [183] Solches klagte er dem Mahomet / und sagte: Diejenigen / so ihm diese länder recommandirt hätten / stünden in den gedancken / er solte allhier seine kunst anwenden. Nun aber fände er nicht die geringste gelegenheit / zu zeigen / was er verstünde / denn niemand wolte ihn brauchen. Als nun Mahomet antwortete: In unserm lande hat man den gebrauch / daß niemand isset / als wenn ihn hungert / und daß iederman aufhöret / wenn er noch wohl essen möchte. So erwiderte jener: In diesem lande ist man immer gesund / und braucht keinen artzt. Womit er in Persien unverrichteter sachen zurücke kehrte.

495.

Einer schalt einen faulen bauern mit folgenden: Du bist nicht werth / daß dich die sonne bescheine. Ja /versetzte der bauer / es ist wahr / drum habe ich mich auch in den schatten gesetzet.

496.

Don Pietro di Roxas fragte den Hertzog von Ossuna: Was er rares aus Flandern mit gebracht? Worauf er zur antwort gab: Dasjenige / was mein herr nicht würde haben wollen. Wormit er auf seine zerstümmelte hand mit vier fingern zielete. Als Don Emanuel d'Acunna eben diese frage an ihn ergehen [184] ließ / so antwortete er ihm mit lachendem munde: Eine unvollkommne hand / ein hertze voll wind / und einen an gelde leeren beutel / welches die früchte des krieges seynd.

497.

Ein einfältiger bauer solte zu Marpurg nach D. Drachen fragen / welcher aber in der gantzen stadt nachD. Lindwurm fragte / biß ihm endlich / nach vielem lauffen und rennen / iemand sagte / es wohne einer daselbst / welcher D. Drach hiesse. Ja / ja / antwortete der bauer / das ist der elements-Doctor. Ich wuste wohl / daß es ein böses thier war / konte es aber nicht nennen.

498.

Ein Frantzose hatte sich bey seinem herrn in Deutschland mit der magd so tieff eingelassen / daß er sie heyrathen muste. Dieser gieng überall herum / und sprach die vornehmen leute in der stadt um einen haußrath an. Unter andern kam er auch zu einem gewissen hofrath / und bat ihn: Er solte doch so gütig seyn / und ihm ein rath-hauß schencken.

499.

Ein bauer solte zu Heydelberg nach einem aus dem alten Pfälzischen geschlechte der Landschaden fragen / und nennte ihn allzeit Juncker Landverderber. Als ihm nun der rechte name gesagt wurde / gab er zur antwort: Was [185] liegt mir daran / wie er heist: Es ist mir eben eins / ob er ein Landschad oder Landverderber sey.

500.

Einer wurde von seinem priester gestrafft / daß er so wenig oder gar nicht zur kirchen käme. Worauf jener antwortete: Herr / ihr seyd mein sehr guter freund. Nun habe ich allzeit gehört / man solle gute freunde nicht zu viel überlauffen.

501.

Als ein Edelmann dächse jagte / trug es sich zu / daß ein alberner bauer einen dachs biß vor seine höle verfolgte / und hinein griff / in meynung / selbigen zu fangen. Allein das verfolgte und beissige thier verstunde unrecht / und faste seinen feind dergestalt bey der hand / daß derselbe über laut zu schreien anfieng. Immittelst eilete der Edelmann hernach / und fragte:Hast du den dachs? Der bauer aber antwortete:Nein / Juncker / ich habe ihn nicht / sondern er hat mich.

502.

Der Vice-Re von Sicilien / Hertzog von Ossuna / besuchte einsmals die kirche S. Agathä zu Catanea / als welche heilige die patronin der stadt ist. Als ihm aber der Bischoff die brüste der H. Agathä zu küssen gab /kehrete er sich zu seiner gemahlin / welche gleichfalls zu gegen war / und sagte: [186] Sie solte ihm diese caressen erlauben / und nicht eifersüchtig darüber werden.

503.

Eine zeit lang hernach wurde er zu Palermo in die Augustiner-kirche zur predigt eingeladen / allwo er sich seiner gewohnheit nach unter einem baldachino oder himmel auf seinen thron setzte. Mitten aber in der predigt erzehlte der Pater Sorbi / als prediger / was massen Pilatus bey der paßion die hände gewaschen /und sagte unter andern zu den zuhörern: Bildet euch ein / als ob ihr Pilatum sähet die hände waschen /auf einem thron unter einem baldachino sitzende / und mit einer leib-garde umgeben / gerade wie unser herr Vice-Re. So bald aber die tröstliche predigt geendigt war / befahl der Vice-Re den schergen /alsofort in das Augustiner-kloster einzufallen / die münche zu plündern / gefangen zu nehmen / u. selbige hernach zu dem unbesonnenen prediger vor die S. Georgen-pforte in verwahrung zu bringen / da immittelst die Königl. leib-garde alles im kloster aufzehren solte / was vor die patres und fratres zur mittags-mahlzeit zubereitet war. Bey so gestalten sachen bewegte die münche so wohl schimpff als hunger dermassen zum zorn wider den prediger / daß sie ihn mit ihren fäusten und ledernen gürteln halb todt schlugen / worauf der Vice-Re [187] sagte: Damit man nicht in den bann geräth / so muß man der münche unver stand mit ihren eigenen händen abstraffen.

504.

Ein ander mal feyerten die Franciscaner das fest S. Antonii von Padua in ihrer kirche. Als nun ein junger Edelmann sahe / wie sich das volck um das bild dieses heiligen drängete / gieng er zur kirchen-thüre hinaus / und sagte: Ich wolte nicht S. Antonius von Padua seyn / wenn man mir schon tausend kronen gäbe. Damit er nehmlich den überlauff von so vielem volcke nicht ausstehen dörffte. Dieses wurde alsobald durch einen andern Edelmann / welcher sich wegen eines gewissen liebes-streites an jenem rächen wolte / vor die inquisition gebracht / welche ihrer art nach kurtzen proceß machte. So bald aber obgedachter Vice-Re hiervon nachricht bekam / zog er die gantze sache vor sich / und muste so wohl ankläger als angeklagter vor ihm erscheinen / worauf nachgesetztes urtheil erfolgte: Weil ankläger angeklagten beschuldigt / er habe gesagt / daß er nicht vor tausend kronen S. Antonius von Padua seyn wolte: Und aber Sr. excellentz dem herrn Vice-Re nicht unbekandt ist /was anklägern zu dieser anklage bewogen / so muß angeklagter dennoch / er mag wollen oder nicht wollen / vor tausend u. eine krone derjenige heilige werden / der [188] er nicht vor tausend seyn wollen / welche erstere summe ihm ankläger alsofort erlegen soll / und welches die gröste straffe seyn wird / die man ihm auferlegen kan. Immittelst aber / daß er dieser Heilige ist / soll solches geld den armen in verwahrung gegeben werden. Mit welchem merckwürdigen urtheil der Vice-Re dem eingerissenen mißbrauch / wodurch alles vor die inquisition gebracht wurde / zu steuern vermeynte.

505.

Einsmals beschwehrte sich ein müller über den andern / daß er seinem esel zum schimpff ein ohr abgeschnitten / und wolte er nicht zu frieden seyn / ob sich schon der beleidiger erbote / ihm seinen esel mit zweyen ohren an statt des zerstümmelten zu geben /sondern er klagete bey dem Vice-Re / welcher ihnen beyderseits auferlegte / des folgenden tags mit ihren eseln auf den schloß-platz zu erscheinen / worauf dieses urtheil ausgesprochen wurde. Hat beklagter klägers esel ein ohr abgeschnittē / dieser sich aber mit dem angebotenē abtrag nicht zufrieden stellen wollen / so soll kläger beklagtens esel der gleichen thun / damit sein erlittener schimpff solcher gestalt gerochen werde. Dieses geschahe auch ohne ferneren verzug / worauf sie beyderseits auf die übelzugerichteten esel sitzen / und in begleitung zweyer schergen eine cavalcade durch die gantze [189] stadt neben ein ander verrichten musten / da immittelst der Vice-Re zu seinen bedienten sagte: Also muß man die muthwilligen zäncker bezahlen / welche dem Vice-Re den kopff wegen eines esel-ohres warm machen.

506.

Hiernechst trug es sich zu / daß ein corporal von den galeeren namens Gasparo Monizzo / mit einem Neapolitanischen bürger in einen hefftigen wort-streit gerieth / zu dem er noch beym abschiede sagte: Wenn ich nur hundert kronen hätte / so wüste ich wohl /was ich thun wolte. Dieses legte der bürger nicht anders aus / als ob ihn der corporal ermorden / und alsdenn mit dem verlangten gelde flüchtig werden wolte; dahero beklagte er sich beym Vice-Re / und bat inständig / seinem gegentheil anzubefehlen / daß er sagen muste / was er mit dem gelde hätte thun wollen. Worauf in gegenwart beyder partheyen dieser ausspruch erfolgte: Hiermit wird klägern anbefohlen /beklagten alsofort hundert kronen zu geben /nach dessen erfolg letzterer gehalten seyn soll / zu sagen / was er damit machen wolle. Als nun die auszahlung geschehn / und der corporal nochmals befraget wurde / gab er zur antwort: Ich will sie zu bezahlung meiner schulden gebrauchen. Hierauf kehrte sich der Vice-Re zu dem bürger / und [190] sagte: Anitzo seyd ihr aller sorgen loß / und könnet zu frieden seyn /daß ihr nunmehro wisset / warum der beklagte hundert kronen haben wollen. Dieser aber behielte das geld.

507.

Als der Vice-Re einen bettelmann fragte: Wo sein land wäre? Gab dieser ungescheuet zur antwort: Wie kan ich doch ein land haben / genädigster Herr / da ich nicht einmal einen einzigen heller habe / brodt davor zu kauffen? worauf sich der Vice-Re zu seinen leuten kehrte / und sagte: Ich habe ihn thöricht gefragt / und er hat mir klug geantwortet. Befahl demnach /daß er gekleidet / und in einem hospital aufgenommen wurde. Dargegen traff es ein anderer nicht so wohl /welcher / als ihn der Vice-Re fragte: Was ihm fehle? zur antwort gab: Vice-Re zu seyn / wie Eu. excellentz ist. Worauf der Vice-Re versetzte: So must du denn auf einer galeer in Spanien schiffen / und um diese ehren-stelle anhalten. Und also wurde ihm ohne ferneres bedencken das ruder in die hand gegeben.

508.

Dieser Vice-Re hatte einen Edelmann um sich / Fanele genannt / dessen er sich an statt eines kurtzweiligen raths bediente. Weil er nun um den palast der Vicaria / darinnen die richter wohneten / eine ziemliche anzahl fruchtbarer bäume [191] pflantzen lassen / so fragte er den Fanele: Wie ihm solche anstalt gefiele? Da denn dieser alsofort antwortete: Sehr wohl / und dieses veranlasset mich zu glauben / daß Eu. Excellentz vortrefflich wohl weiß / was massen sich die diebe gern im gepüsche aufhalten. Ein andermal fragte er ihn: Wie mans machen müsse / daß in einem augenblick vier narren zusammen kämen? Worauf Fanele antwortete: Wir müssen uns alle beyde zugleich in einem spiegel beschauen.

509.

Alldieweil die Vice-Könige zu Neapolis alle jahre auf das fest der erscheinung gewisse begnadigungen zu erzeigen pflegen / so verfügete sich der offtgedachte Hertzog von Ossuna unter andern auch A. 1619 auf die galeere S. Catharinä / und fieng auf der ersten ruder-banck an / die sclaven zu examiniren / unter welchen die fünff fördersten mit beweglichen worten schrien / daß sie unschuldig wären. Nachdem aber der sechste sahe / daß der Vice-Re nicht das allergeringste absehen hierauf machte / so sagte er / als die reihe zu reden an ihn kam: Er sey der leichtfertigste vogel /den Neapolis iemals beschauet / dahero er die gelindigkeit des Königlichen gerichts nicht genugsam preisen könte / als welches ihn an statt des todes / den er unzehlig mahl verdienet / nur allein mit der galeere bestraffet. Als nun der [192] Vice-Re diesen arglistigen bösewicht genugsam betrachtet hatte / befahl er: Man solte ihn alsbald von den ketten loß machen / u. hinweg jagen / weil ein solches räudiges schaaf die andern gesunden allesamt anstecken könte; zumalen es auch unbillig wäre / daß man einen solchen lotterbuben unter so vielen ehrlichen leuten / wovor sie sich selbst ausgäben / lassen solte. Hierauf schickete er ihn mit ungefehr zehn kronen zur kleidung nach hause /gab ihm eine vermahnung / ins künfftige frömmer zu werden / und sagte zu den übrigen: Ist es nicht wahr / meine söhne / ich habe euch eine grosse genade erwiesen / daß ich euch den gottlosen menschen vom halse geschafft / welcher eure unschuld hätte verführen können? Zwey tage hernach begab er sich auf die galere S. Caroli / allwo die sclaven bereits von der glücklichen befreyung ihres cameradens nachricht erhalten; Dahero sie ebenfalls nicht besser loß zu kommen vermeyneten / als wenn sie sich vor die ärgsten missethäter ausschrien / welche galgen und rad verdienet hätten. Allein sie fanden sich in ihrer meynung sehr betrogen / als der Vice-Re befehl ertheilete: Daß / weil die verbrecher allhier in so grosser anzahl wären / solte man sie desto härter anfesseln /damit nicht / wenn sie sich etwan loß macheten /das gantze Königreich [193] mit ihren buben-stücken angesteckt würde. Hiermit gieng er heraus / und ertheilete nur allein einem Augustiner-Münche die freyheit / denn dieser bekennete seine begangene missethat gantz offenhertzig / und fügte hinzu: Er hielte die gefangenschafft auf der galeer vor weit erträglicher / als im kloster. Worauf der Vice-Re zur antwort gab: Ich sehe wohl / daß dein verbrechen eine grössere züchtigung verdienet: Drum solt du der ketten entbunden / und wieder in dein kloster geschickt werden.

510.

Einsmals sagte dieser Vice-Re: Die Spanier wären iederzeit vor die klügsten leute gehalten / durch annehmung der inquisition aber die grösten narren worden.

511.

Philippum III Königen in Spanien nennete er die grosse trommel der Spanischen monarchie / die der Hertzog von Lerma und der Hertzog von Uzeda / nemlich vater und sohn / zu erst rühren müste /wenn sie klingen solte.

512.

Ein jäger bestellte bey einem petschier-stecher ein wapen / darein er ihm einen grünen baum stechen solte.

[194] 513.

Auf einem gewissen Gymnasio wurde ein Gymnasiaste ins carcer gesteckt / welches nicht weit von des Rectoris studier-stube war. Als ihn nun seine cameraden vor der thüre besuchten / und er sich über das vermeynte unrecht / so ihm angethan würde / gegen sie beklagte / stunde ein einfältiger darbey / welcher zu ihnen sagte: Latinis, ne Rector intelligat.

514.

Einer fragte: Wovor die Westphälischen bauern am meisten beteten? dem wurde zur antwort gegeben: Vor der Edelleute pferde / denn wenn diese stürben / würden sie auf den bauren reiten.

515.

Einer rühmte sich / daß die leute allemal weineten /wenn er sich von einem orte hinweg begäbe. Dieses geschahe aber deswegen / weil er überall etwas mit nahm / das ihm nicht zugehörete.

516.

Als einer zum galgen geführet wurde / sagte ein altes weib zu ihm: Du bist von dem himmel / zum hencken versehen. Jedoch einer von des diebes guten freunden stunde darbey / gab ihr einen backen-streich / und sagte: Und du [195] bist von der erde zu dieser maulschelle versehen.

517.

Hertzog Friedrich zu Sachsen sahe zu Wittenberg einen diebs-gesellen einen grossen fisch unter dem mantel tragen / also / daß der schwantz unten hervor guckete: Dahero der Hertzog zu ihm sagte: Hörest du / geselle! Entweder trag einen längern mantel /oder stiehl einen kleinern fisch.

518.

Bey einem wirth steckte der gast einen silbernen löffel ein / desgleichen thate auch jener. Hernach ließ er seine frau in die stube gehen / und sich beklagen / daß man ihr die silbernen löffel stehlen wolle. Der wirth aber lachte / und sagte: Frau / wir haben dich vexiren wollen / siehe hier ist meiner / und den andern hat dieser herr / welcher dir ihn auch wieder geben wird. Also war der gast verrathen / und muste den löffel schande halber wiederum heraus langen.

519.

Als zu Meyland ein dieb in gefängliche verhafft genommen / und über die massen hart gefoltert wurde /bekante er allemal viel auf der folter / welches er aber nachmals wiederum leugnete. Wie man ihn nun fragete: Warum er [196] solches thäte / da er doch wohl wüste / daß die marter an ihm wiederholt werden würde? so gab er zur antwort: Ich will lieber vielmal an den armen aufgezogen / als nur ein einziges mal an den hals geknüpffet werden.

520.

Etliche diebe wolten in eines kauffmanns-laden einbrechen / welches aber die diener / so darinnen lagen /gewahr wurden / und zu ihnen sagten: Die herren kommen ein ander mal wieder / denn dieses mal seynd wir noch nicht eingeschlaffen.

521.

Als die schlacht bey Varna A. 1444 verlohren worden / und Ladislaus / König in Ungarn / selbsten umkommen war / spatzierte der Türckische Kayser Amurat II mit grossem vergnügen auf den todten cörpern herum / und wunderte sich / daß so wenig betagte leute unter den erschlagenen zu finden; Worauf ihm aber ein vornehmer Beg zur antwort gab: Wenn viel alte unter ihnen gewesen wären / so hätten sie sich nicht von ihrem sichern orte begeben.

522.

Der berühmte philosophus Anacharsis / war ein Scythe von geburt / welchem ein Grieche die [197] barbarische lebens-art seines vaterlandes vorwarff. Er aber gab zur antwort: Ich bekenne / daß mir mein vaterland schimpfflich ist / du aber bist deinem vaterlande schimpfflich.

523.

Eine magd sagte zu ihrer frauen: Warum verschliesset ihr alles dergestalt vor mir? ich bin ja keine diebin. Worauf die frau antwortete: Darum /auf daß du keine werdest / wenn du keine bist.

524.

Ein ruchloser mensch prahlete viel von seinen reisen /und sagte unter andern unglaublichen dingen / daß er recht oben auf der höchsten spitze des berges Tenariffa gewesen; worauf die antwort fiel: Warum er nicht da geblieben / denn er werde dem himmel niemals wieder so nahe kommen.

525.

Als Carolus II, König in Engelland / wieder ins Reich beruffen wurde / und seinen einzug zu Londen hielt /hörete er / daß unter den zuschauern eine weibs-person zu ihrem nachbar sagte: O wie heßlich siehet der König aus! worauf sich der König nach ihr umsahe / und antwortete: Ich bitte euch / verderbet mir meine heyrath nicht.

[198] 526.

Als Ludwig XI König in Franckreich / hörete / daß des Hertzogs von Burgund cantzler / Nicolaus Raulin / zu Beaune ein prächtiges hospital erbauen lassen /so sagte er: Es ist gantz billig / daß / nachdem er seine lebens-zeit über viel arme arme leute gemacht / er nun auch vor seinem ende suchet / wie er sie beherberget.

527.

Die wegen ihrer schönen gedichte berühmte Gräfin von Suse war so wohl als ihr gemahl von der reformirten religion; iedoch begegneten sie einander dermassen feindselig / daß es endlich zur ehescheidung gediehe. Hierauf wurde die Gräfin Römisch-catholisch / worauf ein Reformirter gelegenheit nahm / sie zu fragen: was doch die vornehmste ursache ihrer religions-veränderung gewesen wäre? Diese / mein herr / gab sie zur antwort / damit ich weder in dieser noch in jener welt bey meinem manne seyn möchte.

528.

Als auf befehl König Henrichs VIII in Engelland der Groß-cantzler Thomas Morus im gefängniß war / ließ er bart und haare gantz lang wachsen / und als ein barbierer ihme selbige verschneiden und ihn putzen wolte / sagte der gefangene: [199] Mein freund / der König und ich streiten um meinen kopff / drum will ich keinen barbier-lohn darauf wenden / biß ich weiß / wem er unter uns beyden zugehöret.

529.

Ein bedienter an dem Frantzösischen hofe verfügte sich zu einem seiner bekandten / in willens / ihm wegen einer erlangten ehren-stelle glück zu wünschen. Dieser aber / welchen seine neue würde sehr aufgeblasen hatte / fragte ihn: Wer er wäre? worauf derselbe mit kaltsinnigen worten zur antwort gab: Er sey deswegen hieher kommen / das leidwesen zu bezeugen / so er empfände / daß sein freund taub unn stumm worden / indem derselbe seine besten bekandten nicht mehr kennete.

530.

Einer sagte zu dem andern: Der herr hat einen schalck im hertzen. Den aber dieser mit folgenden worten bezahlte: Ich dachte gleich an meinen herrn.

531.

Wilhelmus Conquestor / König in Engelland / schiffte einsten in die Normandie hinüber / sich mit seinem sohne Roberto zu vergleichen. Weil er aber mit einer plötzlichen kranckheit befallen wurde / so muste er zu Rouen des bettes hüten. Als dieses Philippus I König in Franckreich [200] erfuhr / ließ er ihn zum spotte fragen:Wie lange er im kind-bette liegen wolte? zielte damit auf König Wilhelms dicken bauch. Dieser tapffere held hingegen ließ ihm zur antwort sagen: Wenn er seinen kirchgang hielte / wolte er in Franckreich tausend lichter opffern. Solches bewerckstelligte er auch alsobald nach seiner wiedergenesung /indem er in Franckreich sengete und brennte.

532.

Als der berühmte Moliere mit tode abgegangen war /wurden ihm viele grabschrifften von elenden poeten gemachet / unter welchen einer diejenige / so er dieser wegen verfertiget / einem sehr klugen und verständigen Fürsten übergab. Dieser aber sagte zu dem poeten: Mein herr / ich wolte wünschen / daß mir Moliere eure grabschrifft überreichen solte.

533.

Ein Frantzösischer hof-bedienter war in dem verdacht / als ob er zum ehestande untüchtig wäre / welches er aber niemals gestehen wolte. Eines tages begegnete er dem poeten Benserade / der ihn hierüber zum öfftern aufgezogen hatte / und sagte zu ihm: Mein herr / ob ihr mir schon viele stachlichte schertz-reden zu hören gegeben / so ist meine Frau doch vor zweyen tagen in die wochen kommen. Benserade [201] aber antwortete: Ey / mein herr / man hat an eurer frau niemals gezweiffelt.

534.

Ein geringer Fürst in Italien hatte vernommen / daß ein Frantzösischer Edelmann / der sich an seinem hofe aufhielt / einigen anzüglichen schertz über seine person und vorhaben getrieben; dahero er ihm anbefehlen ließ / innerhalb dreyen tagen aus seinem gebiet zu weichen. Er thut mir allzu viel genade / antwortete hierauf der Frantzose / daß er mir einen so langen termin bestimmet / ich habe hierzu nicht mehr / als drey viertel stunden nöthig; womit er auf des Fürsten kleines Land zielte.

535.

Eine mutter wolte ihre junge und liederliche tochter ins kloster der bußfertigen Jungfern schicken. Worüber eine ihrer anverwandtinnen sagte: Ich bin nicht der meynung. Und warum? fragte jene. Weil sie weder eins noch das andere ist; gab diese zur antwort.

536.

Der jetzt-regierende König in Franckreich sagte einsmals zu dem Racine und Despreaux: Ich sehe ungerne / daß ihr nicht zu dieser letzten campagne kommen seyd / denn ihr hättet den krieg [202] mit ansehen können /und eure reise wäre doch nicht langwierig gewesen. Worauf Racine antwortete: Sire, wir hatten nichts als solche kleider / so man in der stadt brauchet / und dannenhero bestellten wir uns campagne-kleider; Allein die festungen / welche Eu. Maj. belagerten /waren ehe eingenommen / als unsere kleider fertig werden konten.

537.

Einer fragte einen alten mann: Wie er zu einem so grossen alter gelanget? welcher zur antwort gab:Wenn ich sitzen konte / so stund ich nicht / ich verheyrathete mich sehr spät / wurde bald zum witwer / und nahm keine andere frau.

538.

Als ein vornehmer mann einen ungeschickten und ungelehrten menschen über seine bibliothec bestellet hatte / so sagte eine sinnreiche Dame: Dieses ist einSerrail, über welches man einem verschnittenen die aufsicht gegeben.

539.

Als Balzac einsmals mangel an gelde hatte / ließ er seinen vertrauten freund Voiture um vier hundert thaler ansprechen / und befahl seinem kammer-diener /selbigem eine obligation auf diese summe einzuhändigen. Hiermit zehlte [203] Voiture das verlangte geld / und als ihm der kammer-diener die obligation überlieferte / darinnen unter andern diese worte enthalten waren:Ich verspreche an den herrn von Voiture zu bezahlen die summe von vier hundert thalern / welche er mir vorgestreckt hat; so schriebe er folgendes darunter: Ich verspreche an den herrn von Balzac zu bezahlen die summe von acht hundert thalern / vor den gefallen / den er mir gethan / vier hundert thaler von mir zu borgen.

540.

Als man zu Henrich IV Könige in Franckreich sagte: Daß unerachtet er einem gewesenen Hauptmann von der liga pardon und viele gnade ertheilet / liebete ihn derselbe doch nicht; so gab der König zur antwort:Ich will ihm so viel gutes erzeigen / biß ich ihn zwinge / daß er mich wider seinen willen lieben muß. Er pflegte auch zu sagen: Man fienge mehr fliegen mit einem löffel voll honig / als mit zwantzig fässern voll eßig.

541.

Henrich IV König in Franckreich erfuhr / daß ein berühmter Medicus Reformirter religion / Römisch-catholisch worden war; dahero sagte er zu dem Hertzoge von Sully / als einem Hugonotten: [204] Mein freund /deine religion ist sehr kranck / indem sie die Medici verlassen.

542.

Ein schalcks-narr sagte einsmals zu Francisco I Könige in Franckreich / er habe ein buch der narren / darein er Kayser Carln den V verzeichnet hätte. Als nun der König die ursache wissen wolte / so antwortete er: Weil er sich in gefahr giebt / gefangen zu werden /indem er durch Franckreich reisen will. Was wirst du aber darzu sagen / fragete der König weiter / wenn ich ihn nicht allein ungehindert durchreisen lasse / sondern ihm auch die versprochene örter abtrete? Wißt ihr / was ich alsdenn thun will? antwortete der schalcks-narr. Ich will Kayser Carl des V nahmen in meinem buche auslöschen / und den eurigen an seine stelle setzen.

543.

Als Henrichen IV, Könige in Franckreich / sein leib-schneider ein buch von einigen staats-maximen zeigte / so derselbe gemachet hatte / sagte er zu einem seiner bedienten: Lasset meinen Cantzler alsobald herkommen / daß er mir ein kleid verfertiget / weil mein leib-schneider staats-maximen schreiben will.

544.

Ein vornehmer herr / welcher zeit währender [205] Liga in Franckreich lange gewancket hatte / und keiner parthey anhängen wollen / kam einsmals nach hof / allwo er König Henrich IV überm spiele antraff / welcher zu ihm sagte: Kommet her / mein herr / wenn ich gewinne / so werdet ihr es sonder zweiffel mit mir halten.

545.

Einige soldaten / welche nicht weit von der Catharinen von Medicis kutsche waren / stiessen viele schimpffliche worte wider sie aus. Und als ihr der Cardinal von Lothringen rieth / diese lästerer aufhencken zu lassen / antwortete sie: Nein / nein / lasset sie gehen. Ich will heute der nach-welt zeigen / daß eine person / welche zugleich eine frau / eine Königin und eine Italiänerin ist / ihren zorn bezwingen können.

546.

Ein mahler hatte einer gewissen person / welche sich nicht auf die mahlerey verstunde / das beste unter seinen gemählden versprochen: Damit nun diese person erfahren möchte / welches das beste sey / so kam sie einsmals eilends gelauffen / und schrie / es sey feuer in seinem hause. Hierauf ergriff der mahler eins unter seinen stücken / und sagte zu seinem lehr-jungen:Ach verwahre mir dieses bild wohl. Wodurch er sich selbsten verriethe.

[206] 547.

Einige bauern beklagten sich gegen den alten Hertzog von Lothringen / daß sie von seinen soldaten beraubet worden wären. Hierauf fragte der Hertzog: Ob ihnen denn diese soldaten noch etwas übrig gelassen? Als nun die bauern solches bejaheten; so versetzte er: Wohlan / so seynd es dann keine von meinen leuten gewesen / sonsten hätten sie gewißlich alles mit genommen.

548.

Carolus / Hertzog in Calabrien / verurtheilte einen Edelmann / derjenigen weibes-person / welche er um ihre ehre gebracht / hundert gold-gülden auszuzahlen. Als nun solches geschehen war / befahl er ihm / selbiger auf dem fusse zu folgen / und sich anzustellen /als ob er ihr das geld wieder nehmen wolte. Ob sie sich nun schon so gut wehrete / daß er ihr nichts anhaben konte / so kehrete sie dennoch wieder zu dem Hertzoge zurücke / und beklagte sich über gewalt /worauf er ihr zur antwort gab: Wenn ihr euch so eyferig bemühet hättet / eure ehre zu erhalten / als euer geld zu beschützen / würdet ihr selbige nicht verlohren haben. Gehet hin / meine freundin / und thut es nicht mehr.

549.

Nach einer zwischen König Francisco I und [207] Kayser Carl V vorgegangenen schlacht / warff der Hertzog von Guise dem Herrn Villandri vor / daß / unerachtet derselbe gantz geharnischt gewesen / man ihn dennoch nicht in dem treffen gesehen habe. Worauf dieser trotzig antwortete: Er wolte erweisen / daß er sich darbey befunden / und zwar an einem solchen orte /dahin sich der Hertzog nicht würde getrauet haben. Als sich nun der Hertzog über diesen vorwurff sehr ungnädig bezeigete / sagte Villandri: Ich war bey der bagage / und eurer Durchl. tapfferkeit würde nicht zugelassen haben / daß sie sich dahin versteckt hätten.

550.

Nachdem die stadt Paris wieder zu vorigem gehorsam gebracht worden war / befand sich ein gewisser Marschall in Franckreich / welcher es mit den Ligisten gehalten hatte / und dieser ließ sich mit gelde erkauffen /daß er König Henrich den grossen vor einen rechtmäßigen König erkante. Als nun ein deputirter von den kauffleuten abgeordnet wurde / dem König im nahmen der stadt glück zu wünschen / sagte gedachter Marschall: Das ist wohl gethan; denn man muß doch dem Kayser geben / was des Kaysers ist. Worauf jener artig antwortete: Ja wohl / man muß es ihm geben / nicht aber verkauffen.

[208] 551.

Dem philosopho Socrati gab einer eine ohrfeige / als er auf der gasse gieng; dahero etliche sagten: Er solte es nicht leiden. Was soll ich aber thun? fragte hierauf Socrates. Die antwort war: Er solte seinen unverschämten beleidiger vor gericht fordern. Seyd ihr nicht wunderlich / versetzte Socrates: Wenn mich ein esel getreten hätte / und ich wolte ihn nach eurem Rathe vor gericht fordern / würde ich deswegen nicht getreten bleiben?

552.

Ludwig XII, König in Franckreich / pflegte zu sagen:Den meisten Edelleuten ergieng es / wie dem Actäon und Diomedi / daß sie nemlich von ihren hunden und pferden gefressen würden: Wormit er auf die unkosten zielte / so sie an dergleichen thiere wendeten / und sich dadurch in armuth brächten.

553.

Einer / welcher eine heßliche frau wegen ihres reichthums geheyrathet hatte / traff sie einsmals bey einem andern über einen verbotenen arbeit an; dahero er zu ihr sagte: Weil man dich umsonst küsset / was hattest du denn nöthig / [209] einen mann mit verlust deines reichthums zu nehmen?

554.

Henrich IV, König in Franckreich / wurde von einem vornehmen herrn sehr überlauffen / indem er vor seinen vetter / der einen mord begangen / um gnade bat /biß ihm der König zuletzt mit folgenden worten abwiese: Es ist mir leid / daß ich euch dasjenige nicht gewähren kan / warum ihr mich bittet. Euch stehet es wohl an / euch als einen vetter zu erweisen / mir aber gebühret / als ein König zu handeln. Ich entschuldige euer begehren / so entschuldiget denn auch meine abschlägliche antwort.

555.

In dem ein vornehmer mann von der mittags-mahlzeit kam / und ihm die dünste vom wein den kopff ziemlich eingenommen hatten / unterschrieb er einen befehl / wodurch einer gantzen provintz der proviant entzogen worden wäre / wenn man solches nicht hintertrieben hätte: So schertzete einer hierüber / und sagte: Er ist wohl zu entschuldigen / denn wie konte er mit vollem bauche begreiffen / daß man an einem andern orte hungers sterben könte?

[210] 556.

Odo / Bischoff zu Bayeux in der Normandie und Wilhelmi conquestoris / Königs in Engelland / stief-bruder / wurde von itzt-gedachtem Könige zum Grafen von Kent gemacht. Nachgehends begab es sich / daß dieser Bischoff in ungenade fiel / dergestalt / daß er das gefängniß zur herberge bekam. Weil nun die clerisey dazumal von der weltlichen obrigkeit befreyet war / so mischete sich der Pabst in diesen streit / und ließ ein hartes schreiben an den König ergehen / welcher aber zur antwort gab: Er habe den Grafen von Kent / nicht aber den Bischoff von Bayeux gefangen genommen.

557.

In einer gesellschafft wolte ein Advocat die müller aufziehen / weil eben einer bey ihm saß / und erzehlte folgende begebenheit: Als ein müller nach seinem tode vor die pforte des himmels kommen / und sich daselbst angemeldet / habe ihm S. Petrus geheissen /sich fort zupacken / und ihn nicht einlassen wollen /weil die müller diebe wären; hierwieder habe der arme verstorbene müller protestiret / und eingewandt / daß /ob wohl von den müllern insgemein so ungleich geredet und geurtheilet würde / so gäbe es doch auch noch fromme und redliche müller. Als der Advocat [211] mit seiner erzehlung so weit kommen war / fiel ihm der müller in die rede / und sagte: Wie denn derjenige auch ein redlicher müller gewesen / der vor den himmel kommen: Weswegen er mit Petro einen proceß anfangen wollen / und dannenhero begehret / man möchte ihm einen Advocaten aus dem himmel zu seiner defension zu kommen lassen. Es ist ihm aber nach genauer nachforschung geantwortet worden / daß kein einziger Advocat im himmel zu finden sey.

558.

Einer konte bellen wie ein hund / und als er in eine stadt gieng / begegnete ihm der bürgermeister auf der gasse / und sagte: Mein freund / ich höre / ihr könnet bellen wie ein hund / thut mir doch den gefallen / und bellet ein mal / ich möchte es gerne hören. Nun weigerte sich dieser zweybeinichte hund zwar anfänglich / zuletzt aber fieng er laut an zu bellen. Hierüber verwunderte sich der bürgemeister / und sagte: Ey das hätte ich nimmermehr vermeynet /daß ein mensch gleich einem hunde bellen könte. Ich hätte auch nimmermehr vermeynet / antwortete jener / daß ein hase solte stehen bleiben / wenn er einen hund bellen hörete.

[212] 559.

Ein Gasconier hörte seinen freund klagen / daß er grosse schmertzen in den augen hätte. Weil er nun um einen guten rath angesprochen wurde / gab er zur antwort: Vorm jahre that mir ein zahn unbeschreiblich wehe / den ließ ich ausreissen. Ich halte davor / ihr thätet wohl / wenn ihr eben dieses mittel gebrauchtet.

560.

Ein Cavalier warff einem vornehmen Officier seine schlechte ankunfft vor / bekam aber zum antwort: Ich bin der erste von meinem adelichen geschlechte /und du der letzte von deinem.

561.

Aesopus sahe sich in einer frembden stadt um / und that / als ob er etwas suchte. Weil er sich nun so geschäfftig anstellete / und ihm unter andern der Regente des orts begegnete / fragte ihn derselbe: Wo er hingienge? Aesopus antwortete: Er wüste es selber nicht. Diese antwort nahm jener als eine beschimpffung auf / und befahl seinen dienern / Aesopum ins gefängniß zu führen. Als sie ihn nun anpacketen /wandte sich Aesopus um / und sagte: Habe ich denn[213] nicht recht geredet / daß ich nicht wüste / wo ich hingienge? denn nimmermehr hätte ich mir eingebildet / daß ich ins gefängniß gehen solte. Diese sinnreiche entschuldigung gefiel dem Regenten so wohl / daß er ihn wieder auf freyen fuß stellete.

562.

Ein Venetianischer Abgesandter kam von Rom / und reisete durch Florentz / allwo er dem Groß-Hertzog aus gebührendem respect aufwartete. Bey der audientz beklagte sich der Groß-Hertzog / daß ihm die Republic Venedig einen Abgesandten zugeschicket / welcher sich zeit währender seiner anwesenheit sehr übel aufgeführt habe. Als nun der Abgesandte zur entschuldigung sagte: Hierüber muß sich Eu. Hoheit keines weges verwundern / denn ich kan sie versichern / daß wir zu Venedig viele narren haben. So antwortete der Groß-Hertzog: Zu Florentz haben wir auch unsere narren / aber wir schicken sie nicht an andere örter / von staats-geschäfften zu tractiren.

563.

Ein Fürste schraubete einen seiner hof-bedienten / den er in vielen Gesandtschafften gebrauchet hatte / und sagte zu ihm: Er sähe einem [214] ochsen gleich. Allein dieser antwortete: Ich weiß nicht wem ich gleich sehe / dieses aber weiß ich wohl / daß ich die ehre gehabt habe / Eu. Durchl. person bey vielen gelegenheiten vorzustellen.

564.

Ein zehnjähriger academicus kam auf die gedancken /daß er Magister werden wolte. Als er aber im examine übel bestunde / sprach einer von den examinatoribus zu ihm: Ich dächte / in zehn jahren könte man noch was ehrliches lernen. Ja / antwortete dieser candidatus / in zehn jahren kan man auch was ehrliches vergessen.

565.

Auf eine zeit kam ein gewisser bürger zu einem hofmann / und erzehlte / daß er willens wäre / eine schuld zu bezahlen; denn / fuhr er fort / ich kan es nicht begreiffen / wie die leute schlaffen können / die viel schuldig seynd. Ich kan es wohl begreiffen / antwortete der hofmann / welcher allenthalben viel schuldig war; Aber das kan ich nicht begreiffen / wie meine creditores schlaffen können / da sie doch wissen / daß ich ihnen keinen heller bezahlen werde.

566.

Indem ein hofmann von seinem König abschied [215] nahm / der ihn in Abgesandtschafft an einen andern Potentaten verschickte / so sagte der König zu ihm: Die vornehmste instruction / so ich euch gebe / bestehet darinnen / daß ihr in allem das gegentheil thut /was euer vorfahre gethan hat. Allergnädigster herr / antwortet der hofmann / ich will mich also verhalten / daß Eu. Majest. nicht ursach hat /meinem nachfolger eine solche instruction zu geben.

567.

Als Benserade einsmals in die Academie der Frantzösischen sprache kam / nahm er des Abts Furetiere platz ein / und weil er demselben ausser dem nicht wohl gewogen / so sagte er / indem er sich nieder setzte: Dieses ist ein platz / auf welchem ich ein hauffen thörichte händel vorbringen werde. Wohlan / antwortete Furetiere / ihr habt einen guten anfang darzu gemacht.

568.

Ein ander mitglied der Academie / nehmlich der Marquis du Chatelet / war kaum wieder aus der bastille kommen / darinnen er wegen einer geringen ursache gefangen gesessen / so ließ er sich vor dem letzt-verstorbenen König in Franckreich sehen. Weil aber der König denjenigen nicht [216] gerne sehen wolte / welchen er nicht allzu wohl tractiret hatte / so bemühete er sich / die augen stets von ihm hinweg zu kehren. Als der Marquis solches gewahr wurde / näherte er sich dem Hertzoge von S. Simon / und sagte zu ihm: Ich bitte euch / mein herr / saget doch dem König / daß ich ihm vergebe / und ersuchet ihn / daß er mir die gnade thut / mich anzusehen. Dieses würckte so viel / daß der König lachete / und hernach sehr gnädig mit ihm redete.

569.

Des Hertzogs von Guise aufseher stellete ihm vor /wie nöthig es sey / seine hofhaltung anders einzurichten / und überreichte ihm ein verzeichniß vieler unnöthigen hof-bedienten. Als es nun der Hertzog durchsehen hatte / sagte er: Es ist wahr / ich kan aller dieser leute entbehren; Allein habt ihr sie auch gefraget / ob sie meiner entbehren können?

570.

Eine galante Dame warff ihrem bruder die grosse neigung zum spielen vor / womit er sich ins verderben stürtzete; dahero sie ihn fragte: Wenn werdet ihr aufhören zu spielen? als er nun antwortete: Wenn ihr aufhören werdet zu lieben; so schrie sie aus: o unglückseliger! [217] so werdet ihr denn die gantze zeit eures lebens spielen.

571.

Ein ungeschickter mahler / welcher seine elenden schildereyen nicht verkauffen konte / reisete in ein ander land / und gab sich vor einen Medicum aus. Eine zeitlang hernach reisete einer seiner lands-leute durch / kennete ihn alsobald / und fragte: Warum er als ein Medicus aufzöge? Dem er zur antwort gab:Ich will nunmehro eine kunst treiben / deren begangene fehler man mit erde bedecket / nicht aber an die wände hänget / wie bey der mahler-kunst geschiehet.

572.

In einer gewissen Königl. Residenz-stadt giengen zwey Edelleute spatzieren / als sie einen bauer antraffen / welcher seinen esel unbarmhertzig schlug; dahero sagten sie zu ihm: Mein freund / habt ihr denn gar kein gewissen / daß ihr so übel mit diesem armen thiere umgehet? worauf der bauer den hut abzog / und sagte: Vergebet mir / herr esel / ich dachte nicht / daß ihr anverwandten bey hofe hättet.

573.

Ein Hauptmann hatte ein höltzernes bein / [218] welches mit einem stiefel so wohl bedeckt war / daß niemand seinen mangel in acht nahm. Einsmals traff ihn eine stück-kugel wieder dieses bein / also daß es entzwey gieng; dahero seine soldaten schrien: Einen feldscheerer her / einen feldscheerer her vor den Hauptmann. Nein / nein / versetzte er / ein zimmermann kan mir helffen.

574.

Jacob I König in Engelland fragte den cantzler Bacon: Was ihn von dem Frantzösischen Abgesandten deuchte? als nun derselbe geantwortet hatte: Es sey ein ansehnlicher grosser mann; so fügte der König hinzu: Aber was saget ihr von seinem kopff? Worauf Bacon zur antwort gab: Allergnädigster Herr / die langen leute seynd wie die häuser von fünff oder sechs stock-wercken / darinnen die höchsten zimmer insgemeinam schlimmsten ausgezieret seynd.

575.

Ein unweit von Neapolis wohnender Graf / welcher jährlich hundert tausend thaler einkünffte besaß /hatte eine gemeine wäscherin geheyrathet. Des folgenden sonntags sahe man Pasquino mit einem überaus schmutzigen hembde / nebst diesen [219] worten: Pfuy /Pasquino ein schmutziges hembd am sonntage? die antwort aber stunde darbey: Ich kan nichts davor / denn meine wäscherin ist zur Gräfin worden.

576.

Einsmals führte man einen dieb zum galgen / und als ihn sein beicht-vater fragte: Ob es ihm nicht leyd sey /daß er den diebstahl / der ihn an den galgen brächte /begangen habe? so gab er zur antwort: Ja / aber dieses reuet mich noch mehr / daß ich nichts wichtigers gestohlen habe / damit ich meine richter hätte bestechen können.

577.

Ein Advocat sagte zum clienten / sein gegentheil habe die sache an ein ander gerichte gebracht; worauf dieser antwortete: Meinet wegen mag er es gar zum teuffel bringen / ich weiß aber / daß ihn mein advocat vor geld dennoch daselbst verfolgen wird.

578.

Nachdem Kayser Carl V den König Franciscum I gefangen hatte / und dieser in seinem gefängniß des Kaysers wahl-spurch: Plus ultra, angeschrieben sahe / zeichnete er diese worte darunter: hodiè mihi, cras tibi. Welchem [220] Carl V nachmals folgendes beyfügte:Homosum, humani nihil alienum puto à me.

578. [2]

578.

Als diesen Kayser iemand fragte: Was er vor mittel wider das podagra gebrauchte? gab er zur antwort: Gedult und ein wenig schreyen / seynd meine artzneyen.

579.

Kayser Claudius ließ einen Juden / welcher eines andern sache vor gerichte führete / alsofort in die Tyber werffen. Als nun der cliente einen Römer / namens Domitius / zum sachwalter annehmen wolte / bedanckte sich dieser der ehre / und sagte: Denckst du denn / ich könne besser schwimmen / als dieser beschnittene?

580.

Ein geitzhals ließ sich iederzeit zwey volle schüsseln auf den tisch bringen / unerachtet er nicht mehr als eine anrührete. Eines tages brachte sein diener nur die eine getragen / und ließ die andere zurücke; dahero er im zorn sagte: Du bösewicht / wo ist die andere schüssel? Dieser aber antwortete mit unerschrocknen geberden: Sie ist so offte hieher kommen / daß ich davor hielte / sie würde den weg schon ohne mich finden.

[221] 581.

Als ein Advocat kranck war / machete er ein testament / krafft dessen er alle sein vermögen den narren /monsüchtigen und rasenden überließ / und als man ihn um die ursache fragte / gab er zur antwort: Er wolle es denjenigen überlassen / von welchen er es bekommen hätte.

582.

Ein topff-händler erschiene vor einem Türckischen Kayser / und fragte ihn: Ob er nicht wüste / daß die wahrhaffte lehre der Mahometanischen religion mit sich brächte / daß alle Muselmänner brüder wären? der Kayser antwortete / daß ihm solches wohl bekandt wäre. Darauf sagte der topff-händler: Ist es denn nicht eine grosse unbilligkeit / daß du einen so grossen schatz besitzest / und ich so wenig habe? gieb mir demnach monatlich etwas / daß ich als dein bruder ehrlich leben kan. Hierauf ließ ihm der Kayser einen asper geben / und als der unverschämte bettler nicht damit zu frieden war / befahl der Kayser: Er solte fortgehen / und sich einen ieden von seinen brüdern so viel geben lassen / so würde er reich genug seyn.

583.

Der Hertzog von Orleans befand sich eines tages in einem königlichen garten unter zwey zelten / [222] weil die sonne sehr heiß schiene. Hierauf sagte einer unter denjenigen / welche mit blossen häuptern um ihn herum stunden: Die Fürsten wären keinem menschen gut. Als nun der Hertzog zur antwort gab: Daß er vor seine person allen seinen freunden gut wäre. Fuhr jener fort: So hin / denn woferne Eu. Hoheit schon nicht gerne sehn / daß ihre aufwärter gesotten werden / so können sie doch leiden / daß sie gebraten werden.

584.

Herodes Sophista wurde eine lange zeit von Proteo Cynico mit schmäh-worten angestochen / als nun dieser endlich aufhörte / sagte jener zu ihm: Nun / wir haben alle beyde ziemlich gefochten. Du mit deiner lästerhafften zunge / und ich mit einem gedultigen ohre.

585.

Ein blinder mann hatte eine heßliche frau / und nichts desto weniger wolte sie ihn überreden / daß sie mit sonderbarer schönheit begabet sey; dahero sagte sie einsmals zu ihm: Ach lieber mann / köntest du doch nur einmal sehen / wie schön ich bin! Er aber antwortete: Wärest du schön / so hätte dich dein vater mir nicht gegeben.

586.

Der Admiral von Arragonien / Don Lovis de [223] Mendoza / welcher in der schlacht bey Ostende von den Holländern gefangen wurde / wiese einsmals über Printz Moritzens tafel auf eine schale citronen und pomerantzen / und sagte: Diese werden in Spanien des jahres zwey mal reiff. Hierauf wiese der Printz auf einen Holländischen käse / und sagte: Diese werden in Holland alle tage reiff.

587.

Ein frembder / welcher bey einem Lord in Engelland zur tafel war / erzehlte demselben von einer chymischen operation / so er in Flandern gesehen / und welches eine allgemeine artzeney wider allerhand kranckheiten wäre / worbey er versicherte / daß er solches nicht geglaubet hätte / wenn er es nicht mit seinen augen gesehen. Hierüber verwunderte sich der Lord sehr / und fragte einen ernsthafften philosophum /welcher auch über der tafel saß: Ob er es glaubete? in wahrheit / Milord / antwortete hierauf der philosophus / dieser herr hat meine meynung schon erkläret: Denn er sagte / er hätte es nicht geglaubet / wenn er es nicht mit seinen augen gesehen; also glaube ichs auch nicht / biß ichs sehe.

588.

Eines tages / als es sehr kalt war / langete ein Edelmann in einem wirths-hause zu Chelmsford [224] an / und weil er keinen platz beym feuer haben konte / ruffte er dem stall-knecht / welchem er befahl / ein mäßgen voll austern zu holen / und selbige ohne verzug seinem pferde vorzuwerffen. Frisset denn euer pferd austern? fragte hierauf der stall-knecht. Der Edelmann antwortete: Versucht es nur / so werdet ihr es sehen. Hierauf lieff iederman herbey / dieses wunderwerck zu sehen / und wurde platz am feuer / also daß sich der Edelmann mit guter bequemligkeit darbey setzen konte. Bald hernach brachte der stall-knecht die austern wieder / und sagte / daß sie das pferd nicht fressen wolte. Worauf der Edelmann zur antwort gab: so muß ich sie denn selbst essen.

589.

Ein Edelmann hatte zweyer wag-hälse nöthig / um einer seiner feinden überfallen zu lassen / der ihm schimpfflich begegnet war; dahero ihm sein diener zwey kerl zuführte welche viele schrammen von wunden unterm gesichte hatten. Als sie aber der Edelmann genug betrachtet hatte / sagte er zu ihnen: Nein / nein / ich will euch nicht haben. Wenn ihr mir aber diejenigen herbringen könnet / welche euch diese schrammen verursachet / so will ich mich derselben gebrauchen.

[225] 590.

Zwey gute freunde / welche ein ander lange zeit nicht gesehen hatten / kamē ungefehr wiederum zusammen /da denn einer den andern fragte: Wie er sich befände? worauf der andere zur antwort gab: Nicht gar zu wohl / und daß er sich verheyrathet habe / seit dem sie ein ander nicht gesehen. In wahrheit / dieses ist eine gute zeitung / antwortete jener. Nicht gar zu gut / versetzte dieser: Denn ich habe eine zänckische frau geheyrathet. Dieses ist schlimm / sagte jener. Auch nicht gar zu schlimm / antwortete dieser: Denn sie hat mir zwey tausend pfund sterlings zugebracht. Dieses ist noch gut / sagte jener. Auch nicht gar zu gut / antwortete dieser: Denn ich habe hämmel darvor gekauffet / welche mir alle gestorben seynd. Dieses ist grausam /sagte jener. Nicht gar zu grausam / antwortete dieser: Denn ich habe die häute theurer verkauffet / als mir die hämmel gekostet hatten. Also seyd ihr eures schadens wiederum beykommen / sagte jener. Nicht sonderlich / antwortete dieser; denn ich kauffte ein hauß davor / welches mir aber abbrannte. Dieses ist in wahrheit ein grosser verlust / sagte jener. Worauf dieser zur antwort gab: Nicht sonderlich / denn meine frau ist mit verbrannt.

[226] 591.

Ein mann sagte zu seiner frau: Man habe ihn versichert / daß alle männer in der gantzen stadt hahnrey wären / ausser einem eintzigen. Wer meynst du wohl / daß es sey? fragte er hierauf: In wahrheit / lieber mann / antwortete sie / ich kan mich nicht besinnen / wer derselbe seyn muß.

592.

Ein bekandter spötter / namens Pace / welcher zur zeit der Königin Elisabeth in Engelland lebte / kam einsmals nach hof / allwo die Damen bey seiner ankunfft sagten: Wohlan / itzt werden wir unsere mängel hören. Keines weges / antwortete Pace / denn ich pflege nicht gerne von solchen dingen zu reden /welche in der gantzen stadt bekandt seynd.

593.

Ein junger mann sagte die erste nacht zu seiner frau /daß / wenn sie ihm dasjenige vor der hochzeit erlaubet hätte / was er anitzo genösse / so hätte er sie nimmermehr heyrathen wollen. In Wahrheit / antwortete sie / das habe ich mir eingebildet: denn ich bin schon drey oder oder vier mahl hintergangen worden / drum nahm ich mir vor / mich besser in acht zu nehmen.

[227] 594.

Ein Edelmann befahl seinem diener: Er solte ihn des morgens um sechs uhr aufwecken. Dieser aber ruffte ihm um vier uhr / und als ihn sein herr um die ursache fragte / gab er zur antwort: Ich wolte nur sagen /daß ihr noch zwey stunden zeit zu schlaffen habt.

595.

Einer fragte: Warum man lieber den armen als den gelehrten zu geben pflegte? Dem ein anderer antwortete: Weil man eher arm / als gelehrt werden kan.

596.

Einer fragte den andern: Was man von ihm hielte? worauf dieser zur antwort gab: Ihr scheinet den klugen närrisch / und den narren klug zu seyn. Ich bitte euch aber / saget mir / was dencket ihr von euch selber?

597.

Ein vater schalt seinen sohn / daß er so spät aufstünde / und erzehlte ihm ein exempel / daß ein gewisser mann / welcher frühe aufgestanden / einen beutel voll ducaten gefunden habe. Worauf der sohn antwortete:Derjenige / so ihn verlohren / muß noch früher aufgestanden seyn.

[228] 598.

Ein Medicus ließ einen schmiedt kommen / welcher ihm seinen maul-esel curiren solte. Als er nun zum zweyten mal wieder kam / gab ihm der Medicus einen halben thaler in die hand / welchen ihm aber jener wieder gab / und sagte: Mein herr / wir nehmen niemals kein geld von unsers gleichen.

599.

Zwey junggesellen warben um eine jungfer / unter welchen der eine reich / der andere aber arm war. Als sie nun der vater dem armen gab / und von seinen guten freunden um die ursache gefragt wurde / antwortete er: Der reiche hat keinen verstand / und kan arm werden; der arme aber / welcher ein kluger und verständiger mensch ist / kan leichtlich reich werden.

600.

So offt ein gewisser vornehmer mann hörete / daß man von liebes-sachen redete / zog er einen alten thaler aus dem schubsacke hervor / und sagte: Er habe in der jugend eine gelübde gethan / diesen thaler den armen zu geben / so bald er in eine geselschafft käme / da man nicht von liebes-sachen redete. Weil [229] ihm aber noch keine solche gesellschafft vor kommen / so habe er den thaler wider seinen willen noch immer fort bey sich behalten müssen.

601.

Ein einäugiger traff einen bucklichten sehr frühe an /und sagte zu ihm: Mein freund / ihr habt ziemlich frühe aufgepacket. Freylich ist es noch fühe / antwortete jener / denn ihr habt noch nicht mehr / als ein fenster aufgemachet.

602.

Einer sagte: Der wein habe zwey böse eigenschafften: Erstlich / wenn man ihn mit wasser vermische /verderbe man ihn; zum andern / wenn man ihn nicht mit wasser vermische / so verderbe man sich selber damit.

603.

Zwey reisende / welche von Shipton nach Burford ritten / und einen müller sahen / der auf seinen säcken sitzende gantz langsam vor ihren her ritte / nahmen sich vor / denselben zu vexiren; dahero sie sich ihm auf beyden seiten näherten / also / daß sie ihn in der mitte hatten / und ihn fragten: Ob er ein grösserer betrüger / oder ein grösser er narr wäre? Worauf er zur antwort gab: Ich weiß es in wahrheit [230] nicht. Ich halte aber / daß ich in der mitten zwischen beyden bin.

604.

Zur zeit der Königin Elisabeth / als Engelland und Spanien noch mit ein ander krieg führete / wurden von beyden seiten friedens-tractaten beliebet; dahero man gewisse Abgesandten hierzu ernennete. Diese versammleten sich nun in einer gewissen Frantzösischen stadt / allwo die erste frage darinnen bestunde:In welcher sprache die handlungen geschehen solten? Weil nun ein Spanier die Engelländischen Abgesandten durchhecheln wolte / so sagte er: Ich finde die Frantzösische sprache hierzu am allerbequemsten / welche die Spanier nicht allein verstehen / sondern meines erachtens werden die Engelländer derselben eben so wohl kundig seyn / als andere Frantzosen: denn ihre Königin ist zugleich Königin in Franckreich und Engelland. Worauf D. Dale / als ein Engelländischer Abgesandter spitzfündig antwortete: Die Frantzösische sprache ist allzugemein zu einer so wichtigen und geheimen sache / vornehmlich aber in einer Frantzösischen stadt. Last uns lieber hebräisch reden /weil euer principal König zu Jerusalem ist / allwo man sich dieser [231] sprache gebrauchet. Ich meines theils halte davor / daß ihr selbige eben so wohl verstehet / als die Frantzösische.

605.

Socrates wurde von einigen gefraget: Warum er das murren seiner frau vertragen könte? Er aber fragte sie hinwiederum: Warum sie das schreyen der gänse vertragen könten? Als sie nun antworteten: Weil sie ihnen eyer legten; so setzte er hinzu: Und meine frau gebieret mir kinder.

606.

Der berühmte mahler Apelles mahlte Alexanders des grossen bildniß zu pferde / und überreichte ihm solches. Als aber Alexander das gemählde nicht genugsam lobete / begehrte Apelles / man solte ein lebendiges pferd herbey bringen / und als dasselbe das gemahlte pferd erblickte / fieng es an mit den füssen zu stampffen / und zu wiehern; worauf Apelles zu dem König sagte. Sein pferd verstünde sich besser auf die mahlerey / als er.

607.

Zwey brüder / welche in einem hause zusammen wohneten / sahen ein ander vollkommen ähnlich / und hatten einerley nahmen. Als nun ein gewisser mann mit dem einen unter diesen brüdern reden wolte / fragte ihn der [232] pförtner: Nach welchem fraget ihr? jener antwortete: Nach demjenigen / welcher rath ist. Dieser erwiederte: Sie seynd alle beyde räthe. Jener sagte ferner: Nach demjenigen / welcher schielt. Dieser antwortete: Sie schielen alle beyde. So dann sagte jener: Nach demjenigen / welcher verheyrathet ist. Dieser antwortete: Sie haben alle beyde weiber. Endlich sagte jener: Nach demjenigen / welcher ein hahnrey ist. Dieser antwortete: In wahrheit / mein herr / ich glaube sie seynd es alle beyde. Worauf jener versetzte: Ey diese beyden leute seynd wohl recht dazu bestimmet / daß sie ein ander in allem gleich seyn müssen.

608.

Pythagoras wurde gefraget: Warum er seine tochter einem seiner feinde zur ehe gegeben? Worauf er antwortete: Ich dachte / ich könte ihm kein grösser übel erweisen / als wenn ich ihm eine frau gäbe.

609.

Zu dem Leonida kam ein soldate voller furcht / und sagte zu ihm: Die feinde seynd schon gantz nahe bey uns. Er aber antwortete: Wohlan / so seynd wir auch nahe bey ihnen. Bald erschien ein anderer /welcher erzehlete: Die anzahl der feinde sey so groß / daß man vor der menge ihrer pfeile die[233] sonne kaum sehen könte. Worauf Leonidas mit lachendem munde zur antwort gab: Ey was wird es doch vor eine schöne lust seyn / wenn wir in dem schatten fechten können?

610.

Einsmals spieleten die comödianten zu Pariß vor Ludwig XIII Könige in Franckreich eine comödie wider die rechts-gelehrten. Einer aber von diesen comödianten hatte sich in bürgerlicher kleidung unter die zuschauer gesetzet / und sahe einem Raths-herrn nicht ungleich. Mitten nun in dem schau-spiel / als eben die lächerlichen possen vorgiengen / richtete er sich unter dem hauffen auf / und rieff überlaut: Es sey unerträglich / daß man länger zusehen solte, wie die rechts-gelehrten aufgezogen würden, und würden sie ihre beschimpffung schon zu rächen wissen. Endlich befahl er den comödianten / sie solten alsofort mit dieser schimpfflichen materie inne halten. Welches der König hörete / und mit grossem eyfer sagte: Ich aber will haben / daß sie fort spielen sollen. Als er aber erfuhr / daß es ein verkleideter comödiante war / fieng er an von hertzen zu lachen / darinnen ihm die gantze versammlung nachfolgete.

[234] 611.

Ein Frantzose sagte: Es wundere ihn / daß die städte und dörffer in Deutschland nicht alle jahre abbrenneten. Als er nun um die ursache gefraget wurde / antwortete er: Weil man so vielen trunckenbolden die lichter vertrauete. Dieses hörete ein Deutscher / welcher erwiederte: Hieraus ist zu sehen / daß ein trunckner Deutscher klüger ist / als ein nüchterner Frantzose.

612.

Zur zeit Kaysers Augusti befand sich zu Rom ein armer Griechischer poete / welcher dem Kayser zum öfftern / wenn er aus dem palast gieng / ein und das andere epigramma überreichte / und ob der Kayser schon diese Griechischen gedichte durchlaß / so gab er dem verfasser doch niemahls nichts: sondern / als er einsmahls seinen zeitvertreib mit demselben haben / und ihn loß werden wolte / in dem selbiger eben mit neuen versen auf ihn zugienge / schickte er ihm ein epigramma entgegen / so er selbsten verfertiget / und mit seiner Kayserlichen hand geschrieben hatte. Dieses nahm der poete mit grossen freuden an / durchlaß es / und zeigete genugsam mit seinen geberden an /daß es ihm sonderlich gefiele. Hierauf kriegte er seinen beutel hervor / näherte sich dem Kayser / gab ihm etliche pfennige / und sagte zu ihm: [235] Nimm dieses von mir an / Kayser / ich gebe dir es nicht nach deinem hohen stande / sondern nach meinem geringen vermögen. Wenn ich mehr hätte / so würde meine freygebigkeit auch grösser seyn. Hierüber lachte Augustus / und ließ ihm hundert tausend thaler geben.

613.

Als Artaxerxes in einem treffen genöthiget wurde / die flucht zu nehmen / nachdem er seine bagage und seinen proviant verlohren hatte / plagte ihn der hunger dermassen / daß er ein stücke gersten-brodt nebst einigen dürren feigen essen muste. Allein diese kost schmeckte ihm so vortrefflich wohl / daß er ausschrie: O ihr götter! wie hat mich der überfluß biszhero so vieler Vergnügung beraubet!

614.

Ein zum tode verurteilter übelthäter wurde wegen seiner geschäffte aus dem gefängniß gelassen / weil sich sein vertrauter freund dargegen in die hande schliessen liesse. So bald aber jener seine sachen verrichtet hatte / stellete er sich wiederum ein; dahero Dionysius der tyranne des einen aufrichtigkeit und des andern treue dermassen bewunderte / daß er dem übelthäter vergab / und zu allen beyden sagte: Zur danckbarkeit[236] vor meine erzeigte genade beschwöre ich euch / daß ihr mich als den dritten in eure freundschafft aufnehmet.

615.

Als Diogenes gefraget wurde: Welches viehe am allerschädlichsten zu beissen pflegte? Gab er zur antwort: Wenn ihr von den wilden thieren redet / so ists ein verleumder; redet ihr aber von den zahmen thieren / so ist es ein schmeichler.

616.

Ein Cavalier sagte zu einer Dame / mit welcher er wohl bekandt war / und welche ihm eins mals bey der tafel gegen über saß: Wo ich hinkomme / da habe ich ins gemein lose leute gegen über. Die Dame war aber bald mit der antwort fertig: Vor dieses mal kan ich eben also sagen.

617.

Einer sagte: Der pinsel und die zunge habe eine grosse verwandschafft: denn gleich wie es weit leichter sey / das bildniß eines heßlichen als eines schönen angesichtes zu treffen: Also sey es auch leichter / einen lasterhafften zu tadeln / als einen tugendhafften zu loben.

618.

Als Antigonus hörte / daß ihn ein schmeichelhaffter[237] poete des gottes Jupiters sohn nennete / sagte er mit lachendem munde: Mein kammer-diener / welcher meinen nacht-stuhl ausräumet / weiß wohl / daß ich nichts / als ein mensch bin.

619.

Als Sesostris / König in Egypten / seinen triumph-wagen an statt der pferde durch vier gefangene Könige ziehen ließ / hatte der eine seine augen stets auf die vörder-räder gerichtet / welches Sesostris zuletzt gewahr wurde / und dannenhero fragte: Was der gefangene hiermit meynete? worauf dieser zur antwort gab: Ich betrachte an diesen rädern die unbeständigkeit der menschlichen dinge / weil das niedrigste theil des rades bald in die höhe / das höchste theil aber bald herunter kömmet. Hiedurch wurde Sesostris bewogen / die vier könige von den fesseln zu entledigen.

620.

Ein gewisser gelehrter gieng sonder thränen seiner frau mit tode ab. Als ihm nun von den Medicis / um seine kranckheit zu erfahren / das eingeweyde und unter andern auch das hertz aus dem leibe genommen wurde / fassete sie selbiges mit der hand / und sagte: O du liebes hertz / so hätte ich dich längst gerne gesehen.

[238] 621.

Einer ließ zwey exemplaria des Compendia Hutteri in einen band binden / und als er um die ursache gefraget wurde / gab er zur antwort: Das buch wäre sonst zu dünne worden.

622.

Ein Doctor Medicinä / welcher bey seiner promotion de flatibus disputiret hatte / hielte um eine jungfer an / welche sich aber auf keinerley weise zum ja-wort verstehen wolte / mit dem vermelden: Sie könne einen solchen mann unmöglich heyrathen / der von so garstigen sachen disputiret habe.

623.

Eine krancke Dame war so eigensinnig / daß sie nichts essen wolte / unerachtet man ihr alle ersinnliche speisen vorschlug; dahero ihr Medicus / welches ein alter lustiger mann war / sich anstellete / als ob er zornig wäre / und zu den anwesenden sagte: Ey so gebet ihr äpffel im hintern gebraten. Als sich nun die patientin hierüber beleidiget fand / setzte er hinzu: Ich meyne solche / die im gänse-hintern gebraten seynd. Worüber sie zu lachen anfieng / und einen ungewöhnlichen appetit darzu bekam.

[239] 624.

Elisabeth / Königin in Engelland / pflegte zum öfftern zu sagen: Das geld sey in der unterthanen kasten besser verwahret / als in der Königlichen kammer.

625.

Ein keiner knabe forderte eins mals über tische fleisch von seinem vater / worüber ihn dieser schalt / und sagte: Es sey unhöfflich / wenn man also über tisch forderte / und solte er warten / biß man ihm etwas gäbe. Als nun der arme knabe ein ander mal sahe /daß iederman über tisch speisete / und daß man ihm aus nachläßigkeit nichts gab / sagte er: Lieber vater /ich bitte euch / gebet mir ein wenig saltz. Der vater fragte ihn hierauf: Was wilst du damit machen? ich will das fleisch damit saltzen / welches ihr mir geben werdet / antwortete der knabe. Also erfuhr der vater /was seinem kinde fehlte / und gab ihm etwas auf den teller.

626.

Ein bauer bat seinen nachbar / er möchte ihm seinen esel leihen. Der nachbar aber / welcher hierzu schlecht lust hatte / wendete vor / er habe denselben schon einem andern geliehen; dahero sey es ihm leid /daß er ihn nicht eher darum angesprochen. Indem er sich aber solcher [240] gestalt entschuldigte / fieng der esel im stall an zu schreyen; worauf der bauer sagte: Ha /ha / ich höre euren esel / welcher ein anders saget. Jedoch wurde jener nicht sonderlich schamroth / sondern antwortete: Wie? glaubet ihr denn meinem esel mehr / als mir selbsten.

627.

Paulus Aemilius verstieß seine frau / unerachtet sie alles an sich zu haben schiene / was liebens-würdig wäre. Diese ehe-scheidung setzete viele leute in verwunderung. Er aber zeigete ihnen seinen schuh / und sagte: Ihr sehet / daß dieser schuh sauber und wohl gemacht ist; allein ihr sehet nicht / wo er drücket.

628.

Als sich der itzt-regierende König in Franckreich bey der mit den Engelländern und Holländern projectirten theilung der Spanischen Monarchie unter andern auch das Königreich Neapolis und Sicilien zu seinem antheil bestimmet hatte / fragte einer: Was er doch hierinnen vor eine absicht müsse gehabt haben? worauf geantwortet wurde: Weil die Frantzosen die grösten mordbrenner in der gantzen welt wären / so wolten sie auch die grösten feuer der gantzen welt besitzen / nehmlich den berg Ætnam und Vesuvium.

[241] 629.

Wenn Alexander der grosse auf dem richter-stuhl saß / über ein oder dem andern verbrecher ein urtheil zu fällen / so hatte er das eine ohr allemahl verstopffet /so lange der ankläger redete / und als man die ursache hiervon wissen wolte / sagte er Ich spare das andere gantze ohr vor den angeklagten.

630.

Als man einsmals über tische von einem sternseher redete / welcher etwas zuvor verkündiget / so nicht eingetroffen hatte / ließ sich einer in der gesellschafft also vernehmen: Ihr herren / ich habe niemals keinen stern-seher gesehen / der viel hirn gehabt hat; sie seynd allzusammen narren. Dieses hörete ein aufwärter / welcher / als er einen kalbs-kopff auf den tisch tragen solte / das hirn unter weges verzehrte; dahero sagte sein herr zu ihm: Hatte denn dieser kopff kein hirn? nein herr / antwortete jener / das kalb war ein sternseher.

631.

Diogenes sagte: Wenn ein mensch vollkommen werden wolte / so habe er entweder sehr getreuer freunde / oder grosser feinde vonnöthen: Denn jene würden ihm durch ihre gute vermahnungen / [242] diese aber durch ihre empfindliche beschuldigungen seine fehler entdecken.

632.

Als Alexander der grosse einen pfeil-schuß in einem treffen bekommen hatte / sagte er zu den umstehenden: Jederman nennt mich unsterblich / und des Jupiters sohn / was deucht euch aber anitzo? straffet diese wunde nicht alle meine schmeichler lügen? dieses blut / welches aus meinen adern fließt / hat keine andere farbe / als das blut meiner unterthanen / und es erinnert mich / daß ich nichts als ein mensch bin.

633.

Als Kayser Carl V durch Franckreich reisete / und König Franciscum I fragte: Welches seine schönste stadt wäre? Gab ihm der König zur antwort: Orleans. Und als sich der Kayser wundert / daß er nicht Pariß nennete; setzte jener hinzu: Pariß sey keine stadt / sondern eine welt.

634.

Als dieser König Franciscus I die kostbaren jubelierer-buden auf der brücke zu Pariß rühmte / versicherte ihn vorgedachter Kayser / daß er zu Augspurg eine garn-händler habe / welcher alle diese buden auskauffen könte; wodurch er den reichen Fugger verstunde /dessen geschlechte nach der zeit in den Reichs-Grafen-stand erhoben worden.

[243] 635.

Als Heinr. IV, Könige in Franckreich der einst eine kutsche voll Deutscher Edelleute auf der jagt begegnete / und selbige von den jagt-bedienten angehalten wurden / sagte er zu diesen: Last diese leute frey paßiren / denn sie bringen das alte geld / welches lange zeit im kasten gelegen / mit sich in Franckreich / und verzehren es daselbst.

636.

Als Carl VIII Cnutson genannt / König in Schweden /den thron verlassen / und in Preussen entweichen muste / fragte ihn / als er ins schiff trat / ein gewisser Schwede: Ob er etwan noch was vergessen hätte? worauf der König zur antwort gab: Nichts weiters /als nur dieses / daß ich dich und deines gleichen schelme nicht bey zeiten aufhencken lassen.

637.

Als Kayser Carl IV das Königreich Böhmen von den strassen-raubern säuberte / wurde A. 1357 unter andern auch einer ergriffen / welchen der Kayser nicht lange zuvor zum Ritter geschlagen / und mit einer güldenen kette gezieret hatte. Nichts destoweniger ließ ihn der Kayser im felde aufhencken / und sagte mit lachendem munde: Man wird ins künfftige sagen /Kayser Carl habe einen Ritter in einem jahre zwey mal beschenckt / erstlich mit einer ketten / und darnach mit einem stricke.

[244] 638.

Georg Podiebrad / König in Böhmen / saß A. An. 1461 in einer bad-stube / und ließ sich barbieren. Diesen wolte der bader mit gesprächen unterhalten /und fragte ihn unter andern: In wessen gewalt anitzo das Königreich Böhmen sey? worauf der König zur antwort gab: In niemands / als in deiner gewalt. Jedoch als die bart-arbeit verrichtet war / fragte der König den bader: Wem denn nunmehro die Königl. gewalt zustünde? und als jener geantwortet hatte: Eu. Kön. Maj. So wolte Georg Podiebrad eine probe hievon ablegen / und prügelte den bader dergestalt / daß er nach 8 tagen den geist aufgab.

639.

Kayser Wenceslaus traf einsmals in Böhmen unter weges einen fuhrmann an / welcher sein unglücke mit unzehlichen flüchen an den tag gab / weil sein mit töpffen beladener karn / welchen er von Beraun nach Prag führen wollen / umgefallen war / und seine zubrechliche wahre in scherben verwandelt hatte. Als ihn nun Kayser Wencesl. tröstete / und ihm die wahl gab / eine bitte zu thun / gab er zur antwort: Er bäte nur das einzige / daß / weil dieser weg so steinicht und ungleich sey / der Kayser befehlen möchte / daß von Beraun nach Prag ins künfftige nicht zwey / wie bißher geschehen / sondern drey meilen gerechnet würden / und [245] daß die töpffer den armen fuhr-leuten /welchen auf diesem wege die karren so offte umfielen / vor drey meilen fuhrlohn bezahlen müsten. Dieses begehren wurde auch alsofort verwilliget / und darff noch heutiges tages bey strafe nicht anders gesaget werden / als daß gedachte beyde städte drey meilen von ein ander liegen.

640.

Als nach Pabst Pauli II tod der päbstl. stuhl A. 1471 verlediget war / und die meisten stimmen auf den gelehrten Cardinal Bessarion gefallen waren / eileten drey Cardinäle / ihm diese fröliche botschafft zu überbringen. Alldieweil er aber in seinem cabinet über den büchern saß / wolte sein kammer-diener / Nicolaus Perrot / niemand vor ihm lassen; dahero diese drey wieder von dannen giengen / und eine neue wahl veranlasseten / wodurch Sixtus IV zur Päbstl. würde gelangte. Nachdem nun der Cardinal Bessarion hievon nachricht bekam / sagte er zu dem kammer-diener:Perrot / deine unhöffligkeit bringet mich um eine Päbstl. crone / und dich um einen Cardinals-hut.

641.

Der grosse beschützer der Hugonotten / nehmlich der Printz von Conde / war eben im begriff der Königl. armee eine schlacht zu lieffern / als sich ihm einer unter seinen vornehmsten Officirern [246] näherte / um demselben wegen ausrichtung eines befehls nachricht zu geben. Als nun dieses Officirers unbändiges pferd dem Printzen einen schenckel entzwey schlug / und man ihn dannenhero von der armee an einen sichern ort bringen wolte / sagte er sonder einige gemüths-bewegung: Nein / nein / wir haben zum schlagen keiner beine vonnöthen. Hierzu brauchen wir nur die arme.

642.

Kaysers Theophili gemahlin / Theodora / war damit noch nicht ersättiget / daß sie die gröstē schätze in Morgenland besaß / sondern sie ließ auch überall kostbare waaren aufkauffen / um selbige zu Constantinopel mit gutem vortheil wieder zu verhandeln. Als aber einsmals der Kayser ein reich-beladenes schiff in den hafen zu Constantinopel einlauffen sahe / und vernahm / daß es seiner gemahlin zugehörete / ließ er es alsobald mit allen waaren verbrennen / und sagte zu ihr: GOtt hat mich zum Kayser gemacht / ihr aber wollet mich zum kauffmann machen.

643.

Als Kayser Vespasianus eines tages gewisse edicte abfassen wolte / verbot er Helvidio in den Rath zu kommen / aus beysorge / es möchte ihm derselbe widersprechen. Er aber sagte zum Kayser: Du kanst mir wohl mein amt nehmen / so lange ichs aber noch habe / solt du [247] mich nicht abhalten / meine pflicht zu beobachten / vielweniger in den Rath zu gehen. Du magst hinein kommen / versetzte der König; aber rede kein wort. Ich will nicht reden /antwortete Helvidius / wenn du mich nicht um mein gutachten befragest. Ich werde dich freylich wohl darum befragen müssen / sagte darauf der Kayser. So werde ich dir alsdenn auch antworten /und nach meinem gewissen reden müssen / erwiederte Helvidius. Wenn du solches thust / fuhr Vespasianus fort / so wird es dich das leben kosten. Ich bin nicht unsterblich / antwortete Helvidius gantz kaltsinnig. Du kanst thun / was du wilt / und ich werde thun / was ich soll. Du magst mich ins elend schicken / wenn es dir gefällt / so will ich das elend mit freuden ausstehen. Du kanst befehlen / daß man mir das leben nimmet; ich aber werde mein blut fliessen sehen / und mich nicht darüber entsetzen.


Wo findet man heutiges tages unter der grossen menge derer Räthe einen solchen Rath? der geneigte leser beliebe diese frage zu beantworten.

ENDE.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Anonym. Prosa. Das Buch der Weisen und Narren. Das Buch der Weisen und Narren. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-DE99-A