Christi Leyden

Wer schonet einen Wurm? muß nicht ein ieder Stein/
Muß nicht ein ieder Fuß desselben Mörder seyn/
Indem er hin und her auff schwartzer Erde kreucht/
Und seinem Feinde sich durch blosse Flucht entzeucht.
So eben geht es dir/ o Jesu Gottes Sohn/
Dein himmelischer Sitz/ dein hoher Ehren-Thron
Ist itzund Erd und Staub. Des glatten Leibes Zier
Mit Narben angefüllt/ verwandelt sich bey dir
In heßliche Gestalt/ o überhäuffte Pein!
Es dringen sich ins Haubt die scharffen Dornen ein/
Es schneiden Haut und Fleisch die Riemen schwer von Bley/
Es schneiden Marck und Bein/ die Läster-Wort entzwey/
So die erboßte Schaar der Juden speyet aus.
Pilatus führet dich vors hohe Richter-Hauß/
Wo das gehäuffte Volck in langer Reihe steht/
Er weiset/ wie das Blutt aus allen Adern geht/
Wie durch das strenge Band die Glieder seyn umschränckt/
Und dein zufleischter Leib kaum an einander henckt.
Hier solt ein Diamant und Felsen-harter Stein/
Wie von der Hitze Schnee und Eyß zuschmoltzen seyn/
Und dein erwähltes Volck sieht hocherfreuet an/
Was Tag und Sonne nicht ohn Schrecken sehen kan/
Indem nun über dich der Eyfer-volle Sturm
[64]
Des blinden Volckes geht/ indem du als ein Wurm
Zutretten und zuknirscht in eignem Blutte schwimmst/
An Schmertzen immer zu- und ab an Kräfften nimmst.
Wächst mit den Plagen auch die heilige Geduld/
Die der ergrimmten Schaar vergiebet alle Schuld/
Und ohne Zucken sich zu tode martern läst.
O mehr als wohl gethan! denn also wird zur Pest
Dem Tode dieser Tod. Du süsser Jesu siegst/
Besiegt von Noth und Tod/ du starker Jesu kriegst
Gefangen deinen Feind/ der dich gefangen hält/
Und führest im Triumph Tod/ Teufel/ Hölle/ Welt.
Das Sieges-Mahl hastu dir selber auffgesteckt/
Als du das müde Paar der Armen ausgestreckt/
Genagelt an das Holtz. Laß unsre Ehre seyn/
O Jesu/ deine Schmach: Von Sünden wasch uns rein
Dein rosin-farbnes Blutt/ der theure edle Safft/
Von Wunden mach uns heil/ Herr/ deiner Wunden Krafft.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Abschatz, Hans Aßmann von. Gedichte. Gedichte. Himmelschlüssel oder Geistliche Gedichte. Christi Leyden. Christi Leyden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-D273-D