Die Schiff-Fahrt

Der muste wohl ein Hertz aus Stal und Eisen tragen/
Mit dreyer Männer Mutt bepantzern seine Brust/
Der zwischen See und Lufft sein Leben hinzuwagen/
Sich erstlich unterstand: der Tod war seine Lust/
Das Leben seine Pein: O Menschen harter Sinnen/
Stieff-Söhne der Natur/ Schos-Kinder wilder Flutt/
Denckt ihr nicht/ daß ohn euch die Fische leben künnen?
Das weite Meer ist groß genung ohn euer Blutt.
Was suchet ihr den Tod bey den entlegnen Juden/
Der euch zu Hauß und da gleich bald erreichen kan?
Ihr wollet Perl und Gold in fernen Landen finden/
Trefft theuren Schaum der Flutt und kostbar Erdreich an/
Dem schnöder Wahnwitz hat so hohen Preiß gegeben/
Bringt in die Alte Welt der Neuen Uberfluß/
Den Raub von Land und See/ der wider euer Leben/
Zur Rache Rauber/ See und Land verhetzen muß.
Was traget ihr darvon? vom Scharbock matte Glieder/
Frost/ Hunger/ Hitze/ Durst/ Sturm/ Ungemach und Tod/
Gebt eur gewonnen Gutt mit Geist und Seele wieder/
Seyd bey dem Reichthum arm/ empfindet dürre Noth/
Bey vollem Uberfluß/ müst offt wie Tantal büssen/
Der ungesättigt Flutt und Aepffel für sich sieht/
Schaut Wasser ohne Maaß für euren Augen flüssen/
Mit dem ihr doch umsonst zu laben euch bemüht.
Ihr untergebet euch der Herrschafft leichter Winde/
Schliest euren freyen Leib in wenig Ellen ein/
Verstosset Weib und Kind/ verlasset Hauß und Gründe/
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Und wählt euch zwischen See und Lufft verbannt zu seyn.
Eur fichtnes Wasser-Hauß schwebt ohne Grund in Wellen/
Offt stüzt den frechen Bau der schweren Ancker Last/
Die eure Sicherheit auff Sand und Stricke stellen.
An statt der Thürne prangt der hoch-gesinnte Mast/
Der sich zu Nutz und Zier mit Pech hat überkleidet/
Mit Lumpen ausgeschmückt; den Mund/ die Nase füllt
Das Felsen-harte Brod/ das fast kein Eisen schneidet/
Der Tranck/ aus dem manch Wurm von langer Fäule quillt/
Der Käse schwere Kost/ der dürren Fische Grätten/
Der süsse Wohlgeruch von feistem Talg und Thär/
Den müden Leib erquickt die Lust der Lagerstätten/
Da manches Thier mit euch sich schwencket hin und her.
Eur edler Zeit-Vertreib ist auff- und ab zu steigen/
Um den beseilten Mast zu suchen was euch beist/
Das grobe Segel-Tuch dem Winde nach zuneigen/
Und was euch sonsten Wind und Zeit für Arbeit heist.
Solt ihr denn euren Mutt im Kriege lassen sehen/
Ein einig Feind vergnügt eur freches Hertze nicht:
Kan euch durch Waffen nicht eur völlig Recht geschehen/
So müst ihr seyn durch Flutt und Flammen hingericht/
Gemetzget und gewürgt/ gesotten und gebraten/
Nach Himmel und nach Höll halb lebend zugeschickt.
Das ungewisse Grab muß euch die See verstatten/
Wo nicht den todten Leib ein wilder Fisch zerstückt.
Doch eure Grausamkeit eur ungezähmtes Leben
Schleust billig euren Leib in solch Gefängnis ein/
Und wem das fromme Land nicht Auffenthalt will geben/
Dem muß die wilde See Hauß/ Grab und Hencker seyn.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Abschatz, Hans Aßmann von. Die Schiff-Fahrt. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-D26C-0