Mercks Wienn
Das ist deß wütenden
Todts ein vmbständige Beschreibung
In der berühmten Haubt vnd Kayserl. Residentz
Statt in Oesterreich / Im sechzehen hundert /
vnd neun vnd sibentzigsten Jahr /
Mit Beyfügung so wol wissen als
gwissen antreffender Lehr.
Zusammen getragen mitten in der
betrangten Statt vnd Zeit /
Von P. Abraham â S. Clara Reformierten
Augustiner Baarfüsser vnd Kayserlichen Prediger


Dedicatio

Denen Hochwürdigen / in Gott Geistlichen /

auch Edlen vnd Hochgelehrten / Hoch: vnd Wohlgebohrnen / Herrn Herrn / auch Wohl-Edl-Gebohrnen Herrn N:N:


Denen drey obern Land-Ständen deß

Ertz-Hertzogthumbs Oesterreich

Vnter der Ennß / etc.


Gnädig / vnd Hochgebietende Herrn Herrn:


Der Welt berümte Mahler Fivizanus hat mit seinem schier wunderthätigen Pembsel solche Stuck den menschlichen Augen hinterlassen / daß jemand möcht sagen / dieselbe Kunst-Gemähl wollen der Natur selbst einen Trutz bieten. Es setzet sich diser allkündige Mann einsmahls nieder / stellet die Zeichnung /ziehet die Linien / mischet die Farben / führet den Pembsel / in Willens den Todt mit möglichsten Fleiß zuentwerffen; er mahlet demnach den dürrn / den beinigen / den vngestalten / den türmischen / den ohnmilden / den vnersättlichen / den Menschen-Mörder den Todt so natürlich / daß der kunstreicheste Mahler Fivizan selbst also daran erschrocken / daß ihme der Pembsel entfallen / vnd er vhrplötzlich dahin gestorben: Wessenthalben der Poet bey seiner Leicht- Begängnuß / neben anderen Sinn-Gemähl auch obberührtes Todten-Bild angezogen mit beygefügten Verß.


Viva igitur sum Mors, non mortua Mortis Imago,
Si fungor, quo Mors fungitur officio.
Bey Leib nenn mich ein Todts-Bild nicht /
Dañ ich der Todt selbsten bin /
Weil ich deß Todts-Ambt verricht /
Und raub deß Menschen Leben hin.

Disem Mahler kan ich es in der Kunst nicht nach thun / habe mich aber gleichwohl vnterfangen / den Wiennerischen Todt nach meiner Geringfügigkeit zuentwerffen / dann es duncket mich / als tauge gar wohl das Elend zubeschreiben ein elender Scribent, muß aber beynebenst nit verschweigen die gute Meinung / so mich hierzu veranlasset hat; Es ist zu Weilen der Mensch in einer Sach dem langsamen Schnecken nicht vngleich / diser abgeschmache Maurkriecher last nicht ein einiges mahl ein Stimm hören / sondern bleibt allzeit ein schmutziger Stumm / vnd stumme Schmutzer / so man ihn aber auff ein Glut leget / fanget er an zu kirren vnd zu pfeiffen / Vrget silentia mæror: Wir elende Adams-Kinder seynd offt also in das Irrdische versenckt / daß wir schier deß Himmels vergessen / vnd die wenigste Stimm nicht zu GOtt erheben / so bald vns aber der gerechteste GOtt auff die Glut leget / so bald er vns einige Trangsall vnd Elend zu schicket / da fangen wir an nach dem Himmel /nach GOtt / vnd nach den Göttlichen zuschreyen mit dem gekrönten Harpfenisten: Ad Dominum, cum tribularer, clamavi: Das hat man genugsamb abgenommen allhie zu Wienn / allwo bey der betrangten Pest-Zeit männiglich zu GOtt geruffen / vnnd hat wohl mancher vielleicht in drey Jahren / ja in dreissig Jahren nicht so viel gebett / als damahl in drey Monath;Vrget silentia mæror: Wann aber das Ubel vnd häuffige Elend vorbey / so dann pflegen gemeiniglich die gute Gedancken vnd heilige Werck verschwinden /vnd wann die Trübsall in ein Vergessenheit kommet /so zerschmeltzet folgsamb auch die Gottseeligkeit vnd Forcht Gottes. Damit derohalben die Wiennstatt ins künfftig immer der jenigen Ruthen / mit dero sie Anno 1679. getroffen worden / möge gedencken / vnd so wohl sie / wie nicht weniger andere Stätt vnd Länder die Forcht Gottes nicht vergessen / welche Göttliche Forcht ein starcker Zam ist / der die schwache Menschen von Sünd vnd Laster abhaltet; der Ursach halber / hab ich die Wiennerische Sterbens-Noth auff das Papier getragen / mit möglichen Umbständen /deren ich theils den Augenschein selbsten eingenommen / theils durch warhaffte Leuth benachrichtiget worden / damit also dises getruckte Mercks Wienn der Gedächtnuß daß außgestandene Elend wider vorlege / vnd in manchen einigen gottseeligen Gedancken wider erwecke.

Das ich aber Eur Excellenz, Hochwürden vnd Gnaden dises wintzige Werckel demütigst zuschreibe /hab ich ein sehr fügliche Ursach / weil ich nemlich dises kleine Tractätl habe zusammen getragen in der stattlichen Behausung Ihro Hochgräfflichen Excellenz Herrn Hanß Balthasar Graffen von Hojos der Zeit wertisten Landmarschall vnnd geheimen Deputirten Rath / allwo ich fünff gantzer Monath bey diser betrangten Pest-Zeit gewürdiget worden / die Cappellan Stell zuvertretten / vnnd bin ich von erstgedachten Hochgräfflichen Hauß / mit so grossen Gnaden über häuffet worden / daß selbige abzudienen ich mir auch in Mathusalems Jahren nicht getraue / sondern lasse es dem Allerhöchsten über / der es mit der Schoß Abrahæ ersetzen wird; Habe derowegen für gut angesehen / das jenige den löblichen Land-Ständen zu überreichen / welches in dem Landmarschallischen Hauß von meiner geringen Feder zusammen geschrieben worden: Bin also der vnverruckten Hoffnung / EurExcellenz Hochwürden vnnd Gnaden werden dise meine wenige Gab nicht verschmähen / zu mahl mir auß heiliger Schrifft bekant ist / daß auch GOtt die geringe Gaißhar von seinem Opffer nicht außgeschlossen / Exod. 35. 25. Offerire. dahero Eur Excellenz Hochwürden vnnd Gnaden disen meinen auffgeputzten Todt / vnd wüntsche beynebenst ein langwieriges gesundes Leben / wie auch allen ersättlichen Wohlstand / vnd reichfliessenden Seegen von dem Allerhöchsten.


Euer Excellenz Hochwürden

vnd Gnaden

Demütigster Diener

Fr. Abraham.


Ego Infrascriptus FFr. Erem. Discalceatorum S. Augustini Provincialis per Germaniam ac Bohemiam. Patri nostro Abrahamo facultatem lubens Impertior, ut opusculum, cujus titulus Mercks Wienn / prælo subjicere valeat, servatis tamen servandis, prout Sacrarum Nostrarum Constitutionum tenor, & Censorum Judicium exigit; in hujus vigorem, propriam Manum & consuetum officij Sigillum apponere volui. Datum Græcij in Conventu S. Matris Annæ, Die 15. Januarij Anno 1680.


P. Fr. Elias â S. Januario,

Provinc. ut supra.


Imprimatur
Rudolphus Carolus Kazius,

Excels. Reg. Consiliarius & p.t.

Rector Magn.


Laurentius Grüner, SS.

Theol. Doct. Canon.

Viennens. & p.t. Inclytæ

Facult. Theolog. Decanus.


[1] Lieber Leser / dir ist vngezweiffelt sattsamb bewust /was gestalten die Kinder / bevor sie anfangen zulesen / erstlich zu dem gewöhnlichen A.B.C. gewisen werden / weilen ich dann dich deines vnsträfflichen Wandls halber vor ein Kind-GOttes halt / so wirst du mir es ja nicht in übel auffnehmen / noch weniger die Nasen darüber rumpffen / wann ich dir vor weiterem lesen das A.B.C. vorlege / wie folgt.

E. Ist ein schwärer Buchstab / den König David Vnbericht / mit seiner E-h Frauen Michol.

G. Ist ein verwunderlicher Buchstab / den Propheten Baalam Vnbericht / deme es ja seltzam vorkommen. [1] G. Wie sein Eßlin Hebreisch geredt.

O. Ist ein starcker Buchstab / die Fuhrleuth Vnbericht / als die darmit Roß vnd Wagen / vnd solt es auch der Wagen seyn / auff den die Archen deß Bunds geladen / können arrestiren vnd auffhalten.

S. Ist ein schlemmender Buchstab / den reichen Prasser Vnbericht / welcher / so etwan vnbekandt wäre / was er für ein Landsmann? billich vor ein Frißländer zuhalten / epulabatur quotidie splendide: vnd ist sein gantzes Leben mit dem einigen Buchstaben / S. zubeschreiben: Dannenhero weil ers allzeit wolte kiechelt haben in der Welt / last ihn GOtt ewig bratten in der Höll.

Z. Ist ein schleiderischer Buchstab / den verlohrnen Sohn Vnbericht / der / weil er darvor gehalten / das Essen vnd Trincken vnd anders gut Leben / habe ihm sein Vatter zum Heyrath-Gutt [2] geben; mehr auff Becher als Bücher / mehr auff das Wierths-Hauß als GOtts-Hauß gehalten / dahero solcher gestalten sein Gelt Z. seine Mittel Z. sein Ehr Z. das er endlich bey den Seien muste in die Kost gehen.

X. Ist ein heiliger Buchstab / weilen er die Form eines Creutz hat/ den Teuffel Vnbericht / deme gar wohl bewust / daß deß Adams S. im Paradeyß mit dem X. deß Göttlichen Sohns ist bezahlt worden.

W. Ist endlich der allerschwäreste Buchstab; nichts als W.W. widerholte jener armer Tropff der etlich 30. Jahr als ein verlassener Krippel bey dem Schwem-Teuch zu Jerusalem lage: nichts als W.W. sagte jener vnverschambte Gast vnd gastige Bößwicht Malchus /als ihme der behertzhaffte Petrus ein Ohr abgehauen /vermeinend / der ohne Ehr ist / soll auch ohne Ohr seyn; nichts als W.W. sagte

[3] te jener starcker Samson / da ihme die Philisteer auß Anlaitung der liebkosenden Dalilæ die Augen außgestochen / vnd als er nun Stockblind war / hat er erst gesehen / das einem liederlichen Weib nicht zutrauen; W.W. sagte jener hipsche Printz Absolon / da er mit seinen Haaren am Aichbaum hangen gebliben: fürwar hat nicht bald ein Baum schlimmere Frucht tragen / als diser: mit einem Wort W.W. ist ein schmertzlicher Buchstab / ein lamentirlicher Buchstab / vnd auß allen der jenige / so der Menschen Gmüther hefftig entrüstet / vnd selbige Trostloß machet.

Liebster Leser / solchen widerwärtigen vnd trangseeligen Buchstaben wirst du folgsamb antreffen / nicht ohne Verwunderung.

Die Kayserliche Residentz Statt in Oesterreich /dises verfestigte Graniz-Hauß / dise Ehr-reiche /Lehr-reiche vnd Gwehr-reiche Statt hat von vhralten[4] Zeiten her / den Namen Wienn / dessen erster Buchstab ein W. Nun muß ich es mit nassen Augen anzeigen / vnnd nicht mit geringen Hertzens-Seufftzer erinnern / das wer anjetzo wil Wienn schreiben / muß es schreiben mit einen grossen W. allermassen ein grosses vnd aber grosses W. vnd Wehklagen in Wienn /ahn Wienn vnd vmb Wienn.

Starck hat sich gwendt vnd geendt das Glück deß Königs Nabuchodonosor, in dem derselbe von der Königlichen Hochheit verstossen / vnd in ein wildes Thier vermumbt worden / daß er also müste Graß essen wie ein Ochs / Ist ihm aber nicht vnrecht geschehen / dann er war ein lauters Vnkraut. Starck ist gfallen in allen das Glück deß vornehmen vnd angenehmen Hoff Ministers Amman, welcher den König allzeit in Händen gehabt / vnd doch zuletzt das Spiel verlohren / auch den Raaben zutheil worden / der die Rabiner [5] wolte vertilgen. Starck hat sich gwendt das Glück der gekrönten Königin Vasthi, die durch Einrathung etlicher Hoffschmeichler vnd Ohren Tittler /von welchen Vnziffer fast kein Haubt sicher; aller ihrer Ehren entsetzt worden / vnd also von der Hoffstatt auff die Brandtstatt kommen.

Noch vil stärcker / wer soll sich nicht darob verwundern! ist gfallen das Glück vnd Wohlstand der berühmbten Haubt Statt Wienn in Oesterreich.

Die H. Schrifft schreibt vil von dem Auffbutz der wohlgestalten Judith / von der Zier der holdseeligen Esther / von dem Gschmuck der freundlichen Rebecca, vnd von der Schönheit der Jungen Rachel; ich lasse die Göttliche Schrifft in ihrem Gwicht / vnd verehr sie / zweiffle aber / ob nicht mehr zuschreiben von der ansehlichen Wienn Statt.

Anno 1679. noch in dem Anbrechenden [6] Monath Julij stunde obberührte Statt in höchster Glory / die schöne Residentz vnd Burg ware würcklich von dem Römischen Kayser / vnd dessen volckreicher Hoffstatt bewohnt / der Adl fast in einer vnzahlbahren Menge nicht ohne kostbahren Pracht / frequentirte gantz diensthafft den Hoff / von allen Orthen vnd hochen Höffen thäten ab vnd zulauffen die Eilfertige Curir /absonderlich dazumahlen ware mit höchster Verwunderung zusehen / der prächtige Einzug der grossen Moscowittischen Gesandtschafft / die in etlich hundert Persohnen bestunde / so dann auch der anseheliche / vnd den alten Römern zu Trutz angestelte Einritt deß Polnisch: Ambassedors, allwo auch ein hundert augiger Argus hätte gnug zugaffen gehabt / warbey das versamblete Volck in den Gassen beederseits wie ein lebendige Ring-Mauren gestanden / vnd [7] sich über solchen jrrdischen Pompp vercreutziget: alles war in der Statt in höchsten Wohlstand / nichts manglete /was zu Lust vnd Gust der Welt kunte traumen / auff allen Gassen vnd Strassen / deren über hundert / war kein Kiselstein / so nicht von dem Volck vnd häuffigen forastier wurde betretten / die klingende Trompeten vnd allerseits erschallende Music auß den Adelichen Pallast vnd Höffen / machten immerzu ein solches annembliches Getöß / das man darvor gehalten /der Himmel muß haben ein Loch bekommen / wardurch die Freuden Metzenweiß in die Wienn Statt gefallen.

Aber O wanckelhafftes Glück! gleich wie bald verwelcket die Kürbes-Blätter Jonæ / gleich wie vnverhofft zu Boden gefallen / die künstliche vnnd köstliche Bildnuß deß Königs Nabuchodonosor /gleich wie bald wurmstichig worden das süsse Manna; also vergehet ebener massen das öde vnnd[8] schnöde Glück der Welt; welches dann vhrplötzlich sich gestaltermassen geend hat in der Wiennstatt /dann mitten in gedachten Monath Julij risse ein die laidige Sucht / welche schon lang her vnter dem Titul hitziger Kranckheit von gewissens losen Leuthen verhült / endlichen in ein allgemeine gifftige Contagion außgebrochen / daß man mit meniglicher Bestürtzung gleich hin vnd her auff freyer Gassen todte Cörper gefunden / vnd also die traurige Tragedi offentlich kundbar worden: wie man nun Augenscheinlich wahr genommen / daß solches vnverhofftes Ubel von Tag zu Tag in merckliches Auffnehmen kommen / also ist es nach reiffer Erwegung Ihro Mayestät von Dero hocherfahrnen Leib-Medicis vnterthänigist eingerathen worden / Selbige wollen Ihnen gnädigist belieben lassen / auff das schleunigste als es seyn kan /sich anderwerts hin zu salviren / vnd einen günstigern Lufft zu suchen / [9] welches dann mit allerseits geschäfftiger Zubereitung in kurtzen Tagen vollzogen / vnd haben Ihro Mayestät den geraden Weeg genommen nach Maria Zell in Steyermarck / allwo sie die schon längst vorgehabte Andacht bey dem wunderthätigen Gnadenbild mit grosser Aufferbauligkeit eyffrigst abgelegt / vnd mit Hinterlassungkostbahrer Præsenten /die Ruck-Reiß ferners angestellt / nach der Königlichen Residenz Statt Praag in Böhmen.

Allhier ist mit keiner Feder zubeschreiben / das vielfältige Fliehen der Menschen / vnd hat es den Augenschein gehabt / als seye ein neuer Moyses aufferstanden / welcher die Leuth auß Egypten in das gelobte Land zu locken vorhabe; Man hat Tag vnnd Nacht fast nichts zu hören gehabt / als das klägliche Behüt dich GOTT. Und welches die Menschen noch mehrer ansporte zu der eylfertigen Flucht / ware das traurige Spectacul der hin [10] vnd her ligenden Todten-Cörper auff der Gassen / dahero in kurtzen Tagen die Wiennstatt also Volckloß worden / daß sie der hunderte für ein zerstörtes Troja hätte zu abcopiren gedacht / deßwegen dann der Poet durch die drey vornehmste Gassen obbenennter Statt melancholisch getretten / vnd da ihme nichts als die traurige Schwindsucht aller Freuden vor Augen kommen / hat er still schweigend bey ihme selbst folgender gestalt geseuffzet.


Was Pappagey / was Lapperey /
Fand man bey denen Fenstern!
Und neben ihnen viel Schwatzerey /
Mit freundlichen Gespenstern!
Nun ist alles auß / es ist kehr auß /
Es ist nichts mehr als Jammer /
Das hat vns gmacht / bey Tag vnnd Nacht
Der dürre Rippen-Kramer.
Wo vor Laggey / mit Keyerey
Die Posten musten tragen /
[11]
Ob d'Polster-Katz noch wohl auff sey?
Mit allen Umbständ fragen:
Jetzt ist alls still / man siht nicht viel /
Grün / Blau / oder Rothe /
Man find darfür / früh vor der Thür /
Nur Krancke oder Todte.


[12]

Omnes morimur 2. Reg. 42.

Gickes gackes bloder-Zung /
Rede dannoch einmahl bescheyd /
Sag sterben müssen alt vnd jung /
Sterben müssen alle Leuth.
Omnes quot quot orimur,
Sag / omnes quoque Morimur,
Es sey gleich morgen oder heut /
Sterben müssen alle Leuth.

Ein lebendiger Entwurff deß sterblichen Lebens

[13] Ein lebendiger Entwurff deß sterblichen Lebens / vnd daß der Todt ein Regel ohne Unterscheid allen vorschreibe.

Nicht vmbsonst list man das Wort Leben / zu ruckNebel / kaum daß ein Nebel dieser trampische Sohn der morastigen Erden gebohren wird / so trohen ihme schon die Sonnen-Strahlen den Garauß: Also hat es ein gantz ähnliche Beschaffenheit mit vnseren Leben /vix orimur morimur. Unser erster Lebens Athem ist schon ein Seuffzer zum Todt / vnd der erste Augenblick deß menschlichen Lebens fallt schon vnter die Bottmässigkeit deß Knochenreichen Sensentragers /auch den ersten Trunck an der [14] Säugammel bringt das vnmündige Kind schon zu / solchem dürren Weltstürmer / die hin vnd her wanckende Wiegen / zeigt allbereit die Unbeständigkeit deß Lebens.

Die Natur Erfahrne schreiben / daß ein Kind noch in Mutterleib eingeschranckter / nicht anderst liege /vnd das Maul hencke / als wi e ein Melancholischer; zeigt demnach dieser wintzige Lebens Scolar schon an / daß er dessenthalben in diesem neun monathlichen Arrest pfnotte / vmb weilen sein erst erworbnes Leben schon worden ein Vigil deß Todts.

Wann ein Weib von ihrer Leibs-Bürde loß / mit glücklicher Genesung Kinds-Mutter wird / vnnd das Hauß mit einem neugebohrnen Söhnl erfreuet / so frolocket nicht allein die solches Lasts entbürdet worden / sondern pflegt auch andere zu diesem Freuden-Fest / welches ins gemein das Kindelmahl genennt wird / höfflich [15] einladen / bey dem dann die Frau Obergefatterin / die Frau Untergefatterin / die Frau Nebengefatterin / die Frau Gespielin / die Frau Gespanin / die Frau Maimb / die Frau Schwiegerin / die Frau Nachbahrin mit gewöhnlichem Geschmuck vnnd Aprilischen Auffzug gantz Freuden voll erscheinen /vnd ihrer angebohrnen Wohlredenheit die hierzu gehörige Glückwünschung dem Gebrauch nach ablegen: Wann nun die süsse Speisen / die verzuckerte Trachten / die Christallene Sultzen / die schleckerige Possen vnd Bissen den völligen Sturm leuden / vnd die vergulte Kandeln sambt den Zehment fähigen Wein-Datzen den völligen Kallop herumb dantzen / so fangen an die Zungen etwas beredters zu werden / vnd ohne allen Zweiffel gantz Liebvolle Discurs von den neugebohrnen Engerl einzumengen. Die erste sagt /vielleicht wird auß diesem Kind ein vornehmer Doctor werden / vnnd vermittels [16] seiner Wissenschafft zu hohen Ehren steigen / dann ein halb Pfund Kunst soll mehr gelten / als ein Centner Gunst / vnd gleich wie Salomon zu seinem Weltkündigen Tempel-Gebäu lauter abgerichte / vnd pollirte Stein hat genommen /also sollen zu vornehmen Aembtern fein lauter abgerichte / vnd polite Leuth befördert werden. Die andere sagt / vielleicht wird auß diesem Kind ein Geistlicher / vnd mitler Zeit ein vornehmer Prælat / wegen seines vollkommnen Wandels / vnd rühmlicher Erfahrnuß /so meistens darzu erfordert wird. Die Dritte sagt /vielleicht wird auß diesem Kind ein tapferer vnd kühner Soldat werden / der volgsamb wegen brafer Curagi, vnd nicht wegen pravirender Lagi / zu einer Haubtmann Stell wird gelangen / dann in solchen Triumph-Spiel soll Spadi in höherem Preyß seyn / alsDenari, wordurch mancher zu einen [17] Haubt wird / der ein schlechten Kopff hat. Die Vierdte sagt / vielleicht wird auß diesem Kind ein vornehmer Handelsmann werden / der die Wahr / vnd die Warheit mit gleicher Ehlen wird außmessen / bey welchem auch nicht wie zu weilen pflegt geschehen / Taffet in dem Gewölb /vnd Sündes Bänder in Gewissen anzutreffen. Die Andere reden anderst / vnd begint ein jede in dem Fall ein halb gewachsene Sybilla zu scheinen / doch gesellen sie gantz vernünfftig allezeit hinzu daß Wörtleinvielleicht / sintemahlen alles der Menschen Absehen /mit diesem Ring versiegelt wird / außgenommen das Sterben / vnd dafern sich eine solte vernunfft loß hören lassen / sprechend vielleicht wird dieses Kind sterben / solcher schrib ich unverzüglich mit groser Fractur-Feder den Titul einer Lapin.

O Mensch laß dirs gesagt seyn / laß [18] dirs klagt seyn / schrey es auß / vnnd schreib es auß / allen / alles /allenthalben / Es muß gestorben seyn / nicht vielleicht / sonder gewiß. Wann sterben / ist nicht gewiß; wie sterben / ist nit gewiß; wo sterben / ist nicht gewiß; aber sterben ist gewiß.

Auff den Frühling folgt der Sommer / auff den Freytag folgt der Samstag / auff das dreye folgt das Viere / auff die Blüe folgt die Frucht / auff den Fasching folgt die Fasten / ist gewiß / auff das Leben folgt der Todt / Sterben ist gewiß.


Leben vnd Glaß / wie bald bricht das /
Leben vnnd Graß / wie bald verwelckt das /
Leben vnd ein Haaß / wie bald verlaufft das.

Das Leben ist allein beständig in der Unbeständigkeit / vnd wie ein Blat auff dem Baum / auff dem Wasser [19] ein Faumb / ein Schatten an der Wand / ein Gebäu auff dem Sand / sich kan rühmen geringfügiger Beständigkeit / noch minder darff ihm zumessen das menschliche Leben.

Klopf mir bey Leib nicht / wann ich dir werde folgende Wort vor der Thür singen: Heut roth / morgen todt / heut Ihr Gnaden / morgen gnad dir GOTT /heut Ihr Durchleucht / morgen ein todte Leich / heut allen ein Trost / morgen tröst ihn GOtt / heut kostbahr / morgen ein todten-Bahr / heut huy / morgen pfuy.

In dem Hohenlied Salomonis muß die Braut gar einen manirlichen Verweiß / oder soll ich sagen / eine Unterweisung anhören / in dem sie folgsam angespracht wird. Si ignoras te ô pulcherrima inter mulieres, abi post vestigia gregum: Cantic. 1. 7. Kenst dich selbsten nicht du schönste vnder den Weibern /so tritte herfür vnd gehe nach den Fußstapffen der Vich-Herd: wie [20] ist es müglich das jemand ein Copey seiner Nüchtigkeit kenne entworffner absehen / in den Fußpfaden der strauchlenden Vich-Herden? gar wohl ist es müglich / gehe zur heissen Sommers-Zeit / da die Landstrassen aller Safftloß mit Staub gantz verhült / vnd folge einer Herd-Ochsen nach / die man etwan in der Menge auß Ungarn treibt / wie dan beobacht worden / das in einem Jahr von dannen auff die 80000. in Teutschland abgeführt worden / so wirst du hinter ihnen den auffgewühlten Staub / wie ein truckne Wolcken sehen empor steigen: si ignoras te, abi Post vestigia gregum, wann demnach dich nicht recht kennest / so gehe hinter solcher Herd / alsdann wirst du / so die Augen mit lauter Staub angesteckt seynd /erst wohl sehen / wer du seyest / Pulvis es, & in pulverem reverteris, du bist halt Staub vnb Aschen / vnd wirst zu Staub vnd Aschen werden; destwegen soll dir billich [21] alles vnzimmendes Feuer erlöschen / wann du an solchen Aschen gedenckest.

Lieber gehe mit mir / ich wil dich nach deinem Wunsch in ferne Länder beglaitten / es küzelt dich doch / glaub ich / auch der vnruhige Vorwitz / etwas neues zusehen / nimb aber mit dir einen Stecken /dann es vonnöthen wird seyn / über manchen Graben zu springen / oder soll ich sagen über manches Grab: erstlich verfügen wir vns nacher Rom / welche Statt ein Gstatt alles Vorwitz dich geduncken wird / absonderlich kan sie sich rühmen / daß sie die vornehmbste Fischer-Herberg der gantzen Welt seye: allda seynd nicht allein die Schlůssel zur Himmels-Porten anzutreffen / sonder es stehet auch die Thür offen zu allenRaritäten; vnter anderen laß dir zeigen / den grossen Kayser Trajanum, so allda begraben: alsdann so mach dich hurtig wider auff den Weeg / vnd raise nach [22] der berühmbten Statt Mayland / allwo von rechtswegen lauter hochwitzige Leuth solten wachsen / weilen vor disem an selben Orth Kayser Friderich Saltz gesäet; dort melde dich an gehörigen Orth an /so werden sie dir vnbeschwert weisen / wo KayserValentinianus begraben: von dannen nimb dein Ruckraiß wider auff den Teutschen Boden / dafern dir etwann die wålsche Menesterl den Magen schimpfften /vnd gehe nach der Statt Minster in Westphalen / frag daselbst / wo begraben der Kayser Carolus Crassus: nachmahls wend dich etwas herauff vnd mach dich vnverhinderlich nach der vornehmen Statt Speyer / laß dir alldort eröffnen das Grab / in welchem ruhet Kayser Conradus Secundus, von dar ist der Weege nicht gar vngelegen nach der Reichsstatt Regenspurg / welche Statt nach der Astrologorum Außsag vnter dem Fisch ligt / vnd gibt dannoch allda bey etlichen [23] nicht vil Fastag; hier wirst du ohne weitläuffigs nachfragen antreffen / das Grab deß Kaysers Ludovici Tertij.

Von diser Statt ist ohne daß die gemeine Landstrassẽ nacher Prag / sihe daß du behutsamb den grossen Wald durch gehest / damit dir nicht die Schwindsucht in den Rantzen gerathe / alßdann wirst ohne fernere Ungelegenheit / die Königliche Haubstatt in Böhmen erreichen / alldort frag / wo? vnd wie das Grab deß Kaysers Rudolph deß Andern? Uber dieß so verweile dich nicht / sondern nimb deine Ruckkehr in Ober-Oesterreich nacher Lintz / da wird man vngezweiffelt diese wenige Můhe auff sich nehmen /vnd dir zeigen / wo Kayser Maximilianus der Ander begraben: nachdem allen gibt sich ohne daß der gelegneste Weeg nacher Unter-Oesterreich / da in dem ansehnlich erbauten Charteuser Kloster Maurbach /ob man allda im Reden zwar gesparsamb ist / so zeigt man sich doch aller freygebig [24] in der Höffligkeit / vnd also ohne widrigen Abschlag wird dir gezeigt werden / das Grab deß Kaysers Friderici Pulchri: Von dannen erheb dich nach der Wiennerischen Neustatt / dort wirstu sehen das Grab deß Kaysers Maximiliani deß Ersten: Endlich komb wieder nach Wienn / vnd ende deinen Vorwitz in Beschauung der Krufften bey denP. Capucinern auff den neuen Marckt / allda neben andern Kayser Matthias liegt; wann du dann in allen deine Augen mit erfreulichem Contento aufs vollkommnest ergetzet hast / so sag mir / was hast du gesehen.

Omnes morimur, ich hab gesehen / daß es muß gestorben seyn / ich hab gesehen / daß der Todt ein Fischer / der nicht allein kleine Schneider Fischel ziehet / sondern auch grosse Wallfisch; ich habe gesehen / daß der Todt ein Mader / der mit seiner Sensen nicht allein abschneidet die niedrige Klee / sondern auch das hochwachsende [25] Graß / ich hab gesehen / daß der Todt ein Gartner / der nicht allein / die auff der Erd kriehende Veigeln abbrocket / sondern auch die hinauff steigende Rittersporen; ich hab gesehen / daß der Todt ein Spieler / vnd zwar ein Ohnartiger / indem er kegelt / vnd nicht auffsetzet / vnd nit allein sticht nach dem Bauren / sondern auch nach dem König; ich hab gesehen daß der Todt ein Donnerkeil / der nicht allein trifft die durchsichtige Strohůtten / sondern auch die Durchleuchtigste Häuser der Monarchen; ich hab gesehen / daß ein guldene Cron vnd ein Schmeer-Kappen / ein Scepter vnd ein Holtzhacken / ein Purpur vnd ein Joppen / bey dem Todt eines Gewichts / vnd eines Gesichts seyn; Ich hab gesehen die Leiber /nicht die Leiber / ich will sagen die Cörper / nicht die Cörper / ich will sagen die Beiner / nicht die Beiner /ich will sagen den Staub / nicht den Staub / ich will sagen das Nichts der gecrönten [26] Kayser vnd Monarchen: Ich hab gesehen / daß wann ich die důrre Beiner der hohen Kayser wolte in einen Mörser zerstossen /vnd mit Mischung weniges Wassers ein Massa darauß dalcken / kaum könte darmit verstopffen daß auffgesperrte Maul der hönischen Michol dazumahl /als sie ihren Herrn den David außgelacht: Ich hab endlich gesehen / das es muß gestorben seyn / vnd vnser Alles nichts seye.

Josue der streitbahre Held / bevor er die Statt Jericho eroberte / hat ein ernsthafftes Verbott von GOtt erhalten / daß keiner auß seinen Kriegsknechten sich freventlich solte vnterfangen das geringste zu rauben. Lieber Gott! die Soldaten lassen es hart / vnd ob sie schon wenig durch die Schulen gerust / so wissen sie doch meisterlich daß in Ermanglung deß Dativi derAblativus zugrüssen seye: Dahero [27] ohngeacht deß scharffen Verbotts ein Soldat Nahmens Achan / krumpe Finger gemacht / vnd nach dem Streitt die Beuth gesucht / als er nun durch Verhängnuß Gottes nach vielen nachforschen ertapt worden / vnd von obberührtem Feldherrn Josue in die strenge Frag gezogen /wohin er das geraubte Guth habe gelegt? hat er gestaltermassen geantwortet / Abstuli, abscondi in terra, & fossam humo operui: Josue 7. 21. Ich nam es hinweck / sagt er / vnd verbarg es in die Erd / vnd habe die Gruben mit Erd bedeckt.

Eben ein gleichförmige Antwort erhalt ich von den Todt / der ohne Zahl vnnd Ziehl fein sauber alles raubt vnnd klaubt; sag her Todt / wo ist hinkommen ein Kayser Matthias / ein Prophet Mathatias? Wo ist hinkommen ein Eleazer / ein Eliezer? Wo ist hinkommen ein Leo / ein Leontius? Wo ist hinkommen einMaximus, Maximinus? abstuli [28] & abscondi in terra, sagt der Todt / ich namb sie hinweg / vnd verbargs in die Erd / vnd hab die Gruben mit Erd bedeckt: Nun siehe ichs wohl / vnd höre es wohl / vnd greiff es wohl / vnd schmecke es wohl / daß nicht anderst kan seyn / es muß gestorben seyn; Und ist das Leben allezeit zinßbar dem Todt: Ein Pabst Cornelius nachdem er nicht gar zwey Jahr regieret / ist gestorben; Ein Pabst Sixtus Secundus, nachdem er nicht gar ein Jahr regieret / ist gestorben; Ein Pabst Severinus, nachdem er nicht gar ein halbes Jahr regieret / ist gestorben; Ein Pabst Valentinus, nachdem er nicht gar ein viertel Jahr regieret / ist gestorben; Ein Pabst Damasus Secundus, nachdem er nicht gar ein Monath regieret / ist gestorben / Pabst Urbanus Septimus, nachdem er nicht gar vierzehen Tag regieret / ist gestorben; Ein Pabst Stephanus Secundus, [29] nachdem er nicht gar ein Wochen regieret / ist gestorben / gestorben / gestorben. Omnes morimur. Es muß gestorben seyn; Wer es nicht glauben will / frag Wienn in Oesterreich darumb.

Ob der Todt gewisse Vorbotten nach Wienn geschickt

Ob der Todt gewisse Vorbotten nach Wienn geschickt / vnd seiner Ankunfft erinnert?

Ehe vnd bevor der gantze / Verlauff der leydigen Sucht weitläuffiger vor Augen gestellt wird / scheint nothwendig zu wissen / ob nicht gewöhnliche Zeichen seyn vorbey gangen / auß dem man ein Pest zu Wienn vermuthen hat können. Solche Zeichen werden gemeiniglich in viererley außgetheilt / benantlich in lufftige / wassrige / jrrdische [30] vnd himmlische / den himmlischen werden zugeeignet die vnglückhaffte Aspecten vnd schädliche zusammen Gesellungen der Gestirn /wie auch die traurige Cometen / welche sonst gewöhniglich warhaffte Vorbotten der Pest abgeben / wie dann Anno 1618. ein Comet erschienen / warauff vnterschiedliche Pestilentz erfolgt seyn. Anno 1006. hat sich ein Comet gezeigt / nach welchem ein allgemeine Pest / die gantze Welt durchstrichen. Anno 1582. führte der Comet mit sich im Majo / zu Prag /in Thüringen / Niederland / vnd andern Orthen ein so reissende Pestilentz / daß selbige in Thüringen allein 37000 / in Niederland aber / 46415. auffgerieben: Das ein Comet allhier vmb diese Zeit seye erschienen / wird es niemand mit Warheit können behaubten; Das aber eine schädliche Conjunction der Gestirn von oben herab diß Jahr seye gewest / hat es ohnlängst ein berühmtister Medicus in einem [31] Tractatl sattsamb erwiesen. Was die Lufftzeichen anbelanget / seynd diese die vnbeständige Gewitterung der Zeiten / Sudwindige Constitution, überhäuffige Regen / an deme allen diß Jahr kein Abgang gewest / so werden auch die stinckende Nebel beschuldiget / als ob sie die Pest verkünden / deren zwar etliche verwichenen Herbst seynd vermerckt worden. Meinem Sinn nach wird die Pest verursachet nicht allein durch die Nebel / sondern auch durch gottlose Nebulones.

Wåssrige Zeichen seynd gemeiniglich die gähliche Uberschwemmung der Flüß / Item die Bronnen /wann sie in laimichte vnd trübe Schleiff-Wasser sich verkehren / nachmals seynd gewisse Vorbotten die Fisch vnd Krebs / wann sie ihre Wåsser vnd Löcher verlassen / vnd sich auff die Gståtten retiriren / auch so man in grosser Menge die Frösch vnd Kroten siehet. So ist aber auch gewiß / wañ man bey den Tribunal [32] mit faulen Fischen vmbgehet / wann die allgemeine Tugenden den Krebsgang nehmen / wann man in allen finstern Winckel vnd Wirthshäusern leichtfertige vnnd vnverschamte Krotten antrifft / daß Gott gemeiniglich hierauff ein Pest schicket.

Irrdische Zeichen seynd die vngewöhnliche Unfruchtbarkeiten der Erden / vnd Mißwachs der Bäum /Saat / vnd Weinstock / Item die Erddeben / mehr /wann die Frühlings Blumen vnd Kräutl im Herbst wider blüen vnd grünen / wann die grosse Zahl der Heuschrecken / Keffer / Weinfalter vnd Mäuß die Erden-Gewächs allenthalben abätzen. Man kan es nicht laugnen daß nicht dieses Jahr ein ziemliches Mißgewächs vmb Wienn seye gewest / absonderlich deß lieben Gedrayts / so hat man auch vnzahlbahr mehr Schwammen / Maurachen / vnd dergleichen Stieffgwächs der Erden gefunden / als andere Jahr. Es ist aber [33] zu wissen / daß nicht allein viel Mäuß sondern auch viel lasterhaffte Mäußköpff ein Pest vorkůnden / Item wann die Kräuter Bocksbarth / Saublumen / Mertzenbecher / Frauenmůntz / Penglkraut / in der menge wachsen / man versteht es schon / was dardurch verstanden wird / alle diese seynd gar offt Vorzeiger der Pest.

Uber das gibts andere Zeichen / die gemeiniglich einem Sterbend vnd Pestilentz vortretten / als da seynd die vilfältige Chasmata oder Stern Geschoß. Also hat man Anno 1538. in Schwaben / Schweitzerland vnd Bayern mit Zufäll einer vnerhörten Colica ein strenge Pest außgestanden / vnd soll diese von dergleichen Stern-Geschoß seyn vor bedeut worden. Anno 1536. hat man in Ungarn dergleichen Stern-Geschoß wahr genommen / welche in Form einer Zungen mit schwartzen Tipfflein gezeichnet warẽ. Vmb Wieñ herumb haben die gemeine Leuth absonderlich [34] die Hüter in den Weingarten Eydlich betheuret / wie daß sie vmb diese Zeit vielfältige dergleichen Chasmata haben wahr genommen. Daher gehört auch diß / so man bey nächtlicher Weil ein Weinen vnd Wehklagen höret / welches an vielen Orthen der glaubige Pöbel die Klag / in dem Saltzburgerland aber die gemeine Leuth den Todt vnnd die Tödtin nennen / die Erfahrnuß gibts / daß dergleichen Ding / es sey was es wolle / einen Sterbend ansagen / wie Andreas Gallus tract. de pest. fasc. 3. Meldung thut. Deßgleichen hat man auch beobacht / wann die kleine spielende Kinder auff der Gassen neben ihren Stecken reithen / vnd Häusel bauen / zu weilen Leicht Begegnuß vnd Leicht Procession führen / daß solche Kinderspiel gemeiniglich ein Trauerspiel vorgebildet / dem man kein gewisse Ursach / sonder nur die Erfahrnuß beymesset; Von dergleichen weiß man allhier [35] nichts zu schreiben noch schreyen / auch hat sich kein Prophet angemelt / der dieses ankommende Ubel hätt verrathen / ob zwar das benachtbarte Königreich Ungarn / so starck mit dieser würcklichen Seuch angesteckt war / die Stell einer Sybilla vertretten / so hat aber der Allwissende GOTT durch seine vnergründliche Urthel solche Prophezeyung bey vns verächtlich gelassen / zweiffelsohne /damit destomehr seine genaue Gerechtigkeit ihren Lauff gewinne. Wunderseltzam ist doch / was etliche glaubwürdige haben außgesagt / auß denen einer in seinem Sterbstündl durch ernstliches Befragen deß Beichtvatters hoch betheuret / vnd auff solche Zeugnuß auch zusterben begehre / wie daß er neben einen andern / gewissen Geschäfften halber seye gewest / in dem nechst an Wieñ entlegenen Flecken Herrnalß /vnd sich allda wieder seinen Willen etwas verweilet /daß er also von der Nacht überfallen / [36] den Ruckweeg muste in der Finster nehmen / gleichwohl aber der bleiche Monschein / so dazumahl in vollem Liecht ware / verwandlete die Nacht in einen hellen Tag /vnd kennte er alles so augenscheinlich abnehmen /daß er ihme auch einen Brieff zu lesen getraute; da habe er gehört / seye auch deßwegen lang still gestanden / an einen wohlbekanten Feldplatz eine klägliche Music / also / daß vielerley traurige Stimmen vntereinander gantz kläglich intonirten vnd wiederholten folgende Worth: Placebo Domino in Regione Vivorum: Welche Wort sonst die Catholische Kirch in den Leichbegängnussen zu singen pfleget; vnnd siehe! nicht lang hernach hat die Pest eingerissen /vnd hat man vnbewust alles dessen an demselbigen Orth / wo solche Klag-Music gehört worden / eine Gruben gemacht / warinnen etlich tausend begraben liegen / dieses ist von etlichen mehr wahr geno en worden / [37] denen aber die Lateinische Sprach vnbekannt / vnd also solchen Vers. nicht verstunden; Ich setze an solchem Geschicht kein einigen Zweiffel /vnd glaube gäntzlich / daß noch andere mehr Zeichen seyn vorbey gangen / deren der Pöbel viel bey bringet / solche aber allhier nicht habe setzen wollen / auß Ursachen / weilen gar offt in dergleichen Begebenheiten einige Unwarheiten einschleichen: wahr ist es /daß der gütigste GOtt gar offt durch gewisse Vorbotten die grosse Vbel pflegt anzukůnden: Gleichwohl nicht ein geringen Trost soll es allen seyn / weil obberührter Versicul Placebo Domino von einer vnsichtbahren Todten-Music ist wargenommen / als habe der barmhertzigste GOtt den mehristen Theil Menschen geseeligt / vnd die Abkürtzung der zeitlichen Täg mit dem ewigen Leben ersetzt / wie dann offenbahrt worden / das / als Anno 1489. zu Brüssel drey vnd dreyssig tausend Menschen an [38] der Pest gestorben / alle seyn seelig worden / aufgenommen zwey / deren einer an der grundlosen Barmhertzigkeit verzweiffelt / der ander die nothwendige Beicht vnd Sacrament der Buß freywillig vernachlässiget. Pedag. Chris. tom. 2. p. 1. c. 14. n. 6.

Umbständige Erzehlung deß Todts zu Wienn

Umbständige Erzehlung deß Todts zu Wienn /vnd der traurigen Zeiten.

Erstlich hat der Todt seinen Anfang geno en in der Leopoldstatt / so vor etlichen Jahren wegen der schlimmen Inwohner die Judenstatt genannt ware /vnd alldort ein lange Zeit hero / jedoch auff eine gsparsame Manier die Menschen verzehret / nachgehends ist solche Seuch über die Donau oder vielmehr über den Arm der Donau / in die andere Vorstätt geschlichen / vnd ist anfänglich [39] das Ansehen gewest /als traue sich der Todt nicht in die Residenz Statt /sondern wolle sich mit den Vorstätten befriedigen /wie er dann dieselbe vmb vnd vmb ziemlich verwüst /jedoch solcher gestalten / daß mehristen Theil die vnsaubere Winckel von diesem Ubel angegriffen / vnd nun gemeiner Pöbel / wie auch das schlimme Lotter-Gesindel / von welchen kein Statt befreyt / dem Todt vnter die Sensen gerathen / daß also nicht ohne Frevel die Red gangen / der Todt nehme nur die Spreyer hinweg / durch suche die Bettler-Säck / vnd wolle seinen Hunger mit gemeinen Gesindl-Brod in den Vorstätten stillen / also gar vermuthlich vor seiner die Herrn-Häuser vnd reicher Leuth Bewohnungen die Salv. Quard. erhalten / holla! sagt der Todt / damit ihr gleichwohl solt wissen / daß mir keine Vestung zu starck / vnd solle sie auch versehen seyn mit Pasteyen / die so hoch / wie der Diezberg in Karnten / [40] der Schöckl in Steyermarck / der Chasteiner in Saltzburg / der Caravancas in Bayern / der Läber-Berg in Schweitzerland / der Fichtelberg in Böhmen / der Kallenberg in Oesterreich / etc. vnd soll sie auch vmbgeben seyn mit einen Graben / der dem grossenOceano könte Wasser leihen / so will ich ohngeacht alles diß die Statt erobern; welches dann leyder geschehen ist in dem Julio / vnd hat solcher Todt fast mitten im August: das offenlich Plündern / vnd grausame Rauben vorgenommen.

Zu Zeiten Cæsaris Dictatoris hat in Rom ein Ochs geredt / Ful: 9. lib. Zu Zeiten deß Propheten Balaam hat ein Eßlin geredt / Num. 22. Zu Zeiten KaysersMauritij hat ein Metalline Bildnuß geredt / P. Dic. lib. 17. Zu Zeiten Tarquinij Superbi hat ein Hund geredt. Ful: lib. 1. Zu Zeiten Bedæ haben die Stein geredt Cæsar: lib. 1. Bey der Zeit zu Wienn aber / [41] weil bald an disen Eck ein Krancker lainte / auff der anderen Seyten ein Sterbender seufftzte / über etlich Schritt ein Todter lage / vnd die Cörper auff offentlichen Wägen auch den Fuhr-Leuthen den Paß verstellten / auff solche Weiß zu Wienn haben die Gassen geredt / vnd menniglich gleichsamb zur Buß vnd Penitentz ermahnt: auff auff ihr sündige Menschen! die Axt ist schon an dem Baum gesetzt / der Zorn GOttes ist vor der Thür / die Stimm deß Allerhöchsten wird euch beruffen zur Ewigkeit / der H. Ertz-Engel Michael halt schon die Waag / eure Werck hierdurch zubeurtlen / auff / auff! vnd thut die wenige Tag vnd Stund so euch noch übrig / der Buß schencken / dann dise ist allein noch der Schwammen / der eure Sünd kan abwaschen / dise ist allein das Feur / welches eurern Schuldbrieff kan verbrennen / dise ist allein der Nast / an dem ihr euch noch vor dem Fall der ewigen Verdamnuß [42] könnt erhalten: Bußzäher / glaubet / daß sie seyn das Schaidwasser / welches noch die Ketten kan zertrennen / mit dero ihr an die Dienstbarkeit deß bösen Feinds seyt angefesselt; die reuende Hertz-Klopffer / haltet fůr gewiß / können noch die euch versperrte Himmels-Thür einschlagen: die inbrünstige Seufftzer / trauet wohl / seynd noch die Music / so GOttes Zorn können lindern; auff! auff! bereitet euch zu der Reiß in die Ewigkeit / damit wenigst / wo ihr das zeitliche Leben müsset dran wagen / nicht zugleich auch das Ewige verschertzet / auff; auff; beynebens auch ihr vnschuldige Menschen / es ist also in dem geheimen Rath deß Allerhöchsten beschlossen /das / ob ihr zwar durch einen Christlichen Wandl den Zorn Gottes nicht auffgehetzet / gleichwohl vil auß euch můssen den Schuldigen das Glait geben in die Ewigkeit / reiniget euch demnach auch von den kleinen Mackl / ohne welche wir elende [43] Adams-Kinder kaum leben können / damit ihr der zeitlichen Straff entgehen möget; auff solche Weiß redeten einem jeden zu alle Gassen / vnd Strassen / vnd das Pflaster / so man mit Füssen tratte / erinnerte alle / daß sie ein Pflaster über ihre Gwissens-Wunden vnverweilig suchen sollen / wie dann mit Verwunderung zusehen war / daß die Leuth häuffig den Gottes-Häusern zugeeilt / vnd mit nassen Augen den Beicht-Vättern zu Füssen gfallen / sich also zu dem Todt gericht; wie dann deren vil hundert kaum den Altar vnd Kirchen verlassen / in der Ruckkehr nach Hauß von der Hand-GOttes berührt worden / die Beul vnd Tipel an dem Leib auffgefahren / ja vil bereits vor dem Beichtstühlen vhrblätzlich nidergefallen / das mans halb todt zur Thür hinauß schlaiffte / etliche bey denen noch ein Fünckl von einer Curaggi sich blicken liesse / tratten auff offentlicher Gassen zusammen / jedoch [44] mit verstopfften Naßlöchern / vnd gerauchten Schnufftüchern / ziechten aber nicht mehr an nach alten Brauch / was etwann der Curir auß dem Reich noch was die Zeitung von Madritt mitführe / sonder es ware das traurige Reden von dem gegenwärtigen Ellend / vnd wann sie nach abgekürtzten Discurs einander beurlaubten / seynd ihnen die Augen übergangen / als Prophezeyeten sie ihnen selber / daß sie den dritten Tag einander nicht mehr sehen wurden. Die Wierths-Häuser seynd sonsten Einkehr der Freuden auch zu weilen der Freyheiten / dann es ist nicht ohne Geheimnuß /das / wie die seeligste Jungfrau mit Joseph nacher Bethlehem ko en / sie in einem übel bedeckten Stall die Herberg nehmen müssen / non enim erat eis locus in diversorio, Luc. 7. dann es ware kein Platz mehr für sie in dem Wierts-Hauß / vnd ist wohl war / das der gütigste GOtt keinen Raum findet in solchen Häusern zu [45] Zeiten / weil allda alles Vbel einlogiret; das von einem Lambl ein Schwein / von einem Adler ein Rab / von einem Roß ein Bock komme / ist so gar kein grosses Meer-Wunder / dann die öfftere Erfahrnuß macht vns dergleichen Begebenheiten nicht seltzamb / wer weiß nicht? das zu weilen sich nicht einer beym weissen Lambl Sauvoll trinckt / beym gulden Adler ein Galgenvogel / beym rothen Rößl ein gailer Bock wird / wundere dich dessen nicht / dann wannBachus ein haitzt / so setzt sich die Venus hinter den Offen. Dardurch seynd nicht alle offentliche Wierths-Häuser verstanden / sondern nur die jenige / in denen die Zech / so wol die Weiber als Weinbeer antrifft: Wierths-Häuser mit einem Wort seynd Freuden-Häuser / vnd wird dem Pfeiffer sein auffblassene Arbeit an keinen Orth mehr bezahlt als in disen / auch alle Spihl-Leuth vnd Possen-Krammer thun hierinnen ihre Wahr versilberen / [46] aber der Zeit in dem Volckreichen Wienn hat man das klågliche Widerspiel erfahren /vnd ist mancher Kellner mehr beschäfftiget gewest in Auffzeichnung nicht der Zech / sonder der Zecher die er Morgents fruhe hinter oder vor der Thür Todter gefunden / ja man schlepte gar offt den Gast vnd den Gastgeb herauß auff den Todten-Wagen; der Boden so vorhero wegen stätes Tantzen must mit Wasser besprengt werden / würde nachmahls mit Zäher benetzet / so hatten auch die Wierth vnnöthig die Glåser außzuschwencken / sonder es thäte mehr daß wie Glaß zerbrechliche Menschens-Leben ihre Gedancken abmatten / an Statt deß vielfältigen Juitzgen /schöpffte man tieffe Seufftzer / vnd ware mehr / O Veränderung! mehr vom Weinen als vom Wein zusehen; Es gangen die Leuth auff der Gassen so wohl als Hertzloß als Redloß daher / vnd ihre entferbte Angesichter [47] waren gar scheinbahre Zaiger / wie das inwendige Vhrwerck beschaffen seye: bißweilen auff der Gassen / ware die Ansprach / willkomm Bruder / lebest du auch noch? deme solcher mit ja geantwort /vnd beynebens mit halb gebrochnen Wörter folgends hinzugesetzt / ja ich lebe noch / aber mein Vatter /mein Mutter / mein Schwester seynd mir gestorben /warüber das Valete die Sti verschlagen / vnd die nasse Augen allein Urlaub genommen.

Im grossen Elend ware Anno 1578. die Statt Lißbona / in dero auff die siebenzig tausend Menschen gestorben. Sehr betrangt ware / Anno 1542. die Statt Preßlau in Schlesien / allwo in zwey vnd zwantzig Wochen / fünff tausend neunhundert Persohnen darauff gangen. Ein trauriges Spectackel war dazumahl in Rom / allwo zu weilen in einem Tag zehen tausend Menschen gestorben / Plutarch. in Vit. Camill. Ein vnbeschreibliche Trübsal [48] ware Anno 1381. zu Prag /daß einmahl auff einen Tag tausend einhundert vnd sechzehen Menschen begraben worden / wie Hedius bezeuget. Ein grosse Sterbens-Noth litte An. 1466. die Statt Pariß / in dero in weniger Zeit in die viertzig tausend Burger vnter die Erd geschart worden / Riccius Neap. Ein absonderliches Elend / stunde auß Anno 1576. die Statt Venedig / allda innerhalb 9. Monath auff die sechzig tausend Menschen der Todt hinweg gezuckt / Petrus Forst. lib. 6. obser. Ist demnach zuerkennen / daß alle diese Stätt mit grossem Elend seynd überfallen worden; wer aber Anno 1679. in der Wiennstatt in dem Monath September hat gelebt / der muß es hoch betheuren / das solches Elend allen Mahlern zu entwerffen vhnmöglich scheinet /dann der Todt solcher gestalten gewůtet / daß vielen vorkommen / es sey der allgemeine Epilogus vnd Weltschluß verhandelt / es [49] findet sich nicht ein einige Gassen noch Gassel / deren doch so viel in dieser Volckreichen Residentz Statt / welche deß Todts Grimmen nicht hätte außgestanden. In der Herrengassen hat der Todt geherrschet. In der Klugerstrassen / ist der Todt nicht klueg gewest / sondern verschwenderisch. In der Bognergassen / hat der Todt ziemlich seinen Bogen abgeschossen; In der Singerstrassen / hat der Todt vielen das Requiem gesungen. In der Schulerstrassen / hat der Todt kein Vacanz gesetzt. In der Riemerstrassen / hat der Todt auß frembden Häuten Riemen geschnitten. In St. Dorotheagassen / hat der Todt keinen Feyertag gehalten. In der Beckerstrassen / Wallerstrassen / Breinerstrassen / Kärnerstrassen / Donfaltstrassen / [50] Wiplingerstrassen / hat der Todt einen Strassenrauber abgeben; In der Naglergassen / hat der Todt seine Pfeil gespitzt; In der Himmelportgassen / hat manchen der Todt geschickt im Himmel oder darneben. In der Joannesgaß / ist der Todt Joannes in eodem gewest. Auff dem Hohenmarckt / hat der Todt viel erniedriget. Auff dem Fischmarckt / hat der Todt keinen Fastag gehabt. Auff dem Neuenmarckt / hat der Todt keinen nichts Neues gemacht. Auff demKohlmarckt / hat der Todt nichts als kohlschwartze Trauerkleider verursachet. Auff dem Kienmarckt /hat der Todt auch angezündet. Auff denBaurenmarckt / hat der Todt viel Burger angetroffen. Auff dem alten Fleischmarckt / [51] hat der Todt auch sein Fleischbanck gehabt. Auff dem Sawmarckt / nunmehr Schaumarckt genannt / hat der Todt manches Spectackel erwiesen. Auff dem Graben / hat der Todt nichts als eingraben. Auff der Freyung / waren wenig befreyt vor dem Todt. Auff den Heydenschuß / hat der Todt nach Christen geschossen. Auff demJudenplatz / hat der Todt ziemlich geschachert. Auff der Sailerstatt / hat der Todt vielen die Fall-Strick gelegt. Auff der Brandstatt / hat der Todt viel abgebrannt / daß sie seynd zu Staub vnd Aschen worden. Auff dem Saltzgriß / hats der Todt manchen versaltzen. Auff dem Katzensteig / hat der Todt starck gemauset. Den Sauwinckl / hat der Todt ziemlich gesäubert. Bey [52] den zwölff Aposteln / hat der Todt einen Iscariot abgeben. Auff dem Grünanger / hat der Todt gemacht daß viel wie ein Graß verdorret / Omnis caro fœnum. Den Peters-Freythoff / hat der Todt bey seinen Nahmen gelassen. Auff der Hohenbrucken / hat der Todt manchen gestürtzt. Im Ofenloch / ist manchen der kalte Todtschweiß über das Angesicht geronnen. In dem Schlossergassel / hat der Todt vielen die Thür auffgesperrt in die Ewigkeit. In dem Jungfraugassel / hat der Todt nicht wenig Galanisieret. In dem Hutergassel / hat der Todt wohl nicht vnter dem Hütel gespielet / sondern offentlich gewütet. DasRathgassel / ist vor dem Tod kein Röttgassel gewest. In dem Rosengaßl / hat der Todt [53] zimlich abgebrockt. In dem Judengaßl / hat der Todt keinen Sabath gehalten. In dem Blutgassel / ist auch der Todt nicht schamroth worden. In dem Renngassel / seynd dem Todt wenig entloffen. In dem Strohgassel / hat manchen auff dem Strosack der Todt erwürgt. In dem Ferbergassel / hat der Todt zum mehristen die bleiche Todten-Farb angestrichẽ. In beeden Schenckerstrassen / hat der Todt nicht vielen das Leben geschenckt. In der Lands-Cron / hat der Todt den Scepter geführet. Auff der Fischerstiegen / seynd dem Todt viel in das Netz gerathen. In der Weidenburg / hat der Todt einen Burggraffen vertretten. ImStock in Eysen / hat sich der Todt hart gnug erzeigt: Summa es ist keine [54] Gassen noch Strassen / ob auch ihre Nahmen nicht alle hier beygefügt / so wohl in Wienn als in dero grossen weiten Vorstätten / welche der rasende Todt nicht hätte durchstrichen; Man sahe das gantze Monath vmb Wienn / vnd in Wienn nichts als Todte tragen / Todte führen / Todte schlaiffen /Todte begraben / ja so weit wachste das Elend / das weil der Bedienten hierzu ein grosse Anzahl erfordert wurde / diese betrangte Statt ge nöhtiget worden / mit offentlichen Trommelschlag durch etliche Wochen Todtengräber vnd Todtentrager zuwerben / vnd hat solche Trommel einen so traurigen Hall von sich geben / daß hierdurch männiglich bestürtzt / dahero auß tausend gemeinen Leuthen kaum einer sich eingefunden zu solcher Dienstverrichtung / den man dannoch mit überhäuffigen Geld besolden muste / deßhalben auch alle Keichen / Thürn / Stockhäuser vnd Ambthäuser / [55] in denen nicht wenig verhafft lagen /seynd empsigst durchsucht worden / vnd die / so ohne das durch gerichtliches Urthel ihrer Unthat halber das Leben verwürckt hätten / zu solchen Diensten angestrengt / deren zwar der mehriste Theil auß den eysenen Banden deß Huetstocks gerathen vnter die Sensen deß Todts.



[56]

Mortuus est & Aaron: 2. Reg.

Auff! auff! du fromme Clerisey
Mit allen Ordens-Gnossen /
Ihr alle seyd vorm Todt nicht frey /
Man macht kein neuen Possen:
Das Reverende Domine,
Mit schönen Titl vnd Nomine,
Thut euch vorm Todt nicht retten /
Dann sterben můssen alle Leuth /
Das ist ein alte Metten.

Der Todt hat auch ein ziemliche Anzahl der Geistlichen

[57] Der Todt hat auch ein ziemliche Anzahl der Geistlichen in der Wiennstatt zur Ewigkeit befürdert.

Rombt her ihr silber weisse Schwanen / die ihr mit eueren Flügeln dem Schnee zu Trutz auff dem Wasser herumb rudert / vnd so mich der wahre Glaub nicht anderst lehrete / sagete ich ohne Scheuh / daß zwar alle Vögel von dem Allmächtigen auß dem Wasser erschaffen / wie Genes. 1. verzeichnet / ihr aber auß der Milch; kombt vnd leichet mir etliche Federn / damit ich recht ob schon kurtz möge beschreiben die Würdigkeit deß geistlichen Orden; diser / diser ist der[58] Acker / den GOtt hat gesegnet / Deut. 28. diser ist die Statt der Zuflucht / Deut. 29. diser ist der schöne Garten Aßveri / Ester. 7. Diser ist der gebenedeyte Berg Sion / Psalm. 2. Diser ist das Paradeyß deß Wollusts / Gen. 2. Diser ist der heilsame Schwem-Teich zu Jerusalem / Joan. 5. Diser ist der veste Thurn David /Cant. 4. Diser ist der hohe Berg Libani / auff welchem so schöne Cederbäum / das ist so anseheliche Männer hervor stammen. Diser / diser ist ein Arsenal vnd Růst-Cammer / auß welcher die Catholische Kirch die beste Waffen vnd Schild wider die Ketzer nimbt.

Zu Cana Galilæa nach dem ihm gar ein höffliches Ladschreiben zu handen kommen / hat sich vnser HErr vnnd Heyland bey dem Hochzeitlichen Gastmahl eingefunden / vnd mit dem Brauthvolck sambt allen Anverwandten gar sittsamb zur Taffel gesessen /nun ist aber bald geschehen / daß der [59] Wein als die beste Erquickung der Gäst / manglete / es ist glaubig daß es geschehen sey durch absonderliche Schickung Gottes; diesen verdrießlichen Mängl hat der gebenedeyte HErr auff anflehen seiner wertisten Mutter wunderbahrlich ersetzt / in dem er etliche grosse Krüg befohlen hat anzufüllen mit Wasser / welches er nachgehends in den edlesten Wein verwandlet / vnd hat dieser Geseng GOtt erst zum besten geschmeckt / da man gewust hat / daß er kurtz vorhero ein Wasserburger gewest ist. Auß Wein Wasser machen ist leicht /vnd gerath diß einen jeden Lumpelsüchtigen / aber auß Wasser Wein machen ist viel / vnd ein absonderliches grosses Wunderwerck; Ich sage aber auch auß schlimmen gute machen / Vnglaubige in Glaubige /vnd Heyden zu Christen machen / ist auch viel / vnd wer hat diß gethan / als eben die stattliche [60] Ordens-Männer Dominicus in Spanien / Bernardus in Burgund / Xaverius in Indien / Franciscus Paulanus in Franckreich / Severinus in Oesterreich / Berchtoldus in Bayern / Wolfgangus in Schwaben / etc. Auß einen harten Stein Wasser locken / ist viel / das hat gethan Moyses dem Volck Israel; aber auß hartnäckigen Ge můthern Vuß-Zäher erwecken ist auch viel / das haben gethan die Heil. Ordens-Männer; alle Flůß vnnd Wässer durch Egypten in Blut verkehren ist viel / das hat gethan Aaron; aber die verbainte Ketzer schamroth machen ist auch viel / das haben gethan die Heil. Ordens-Männer; mit dem Schatten Wunderwerck würcken / ist viel / das hat gethan Petrus; aber mit der schwartzen Dinten die Leuth weiß machen /ist auch viel / das haben gethan / die Heil. Ordens-Männer durch ihre Schrifften; daß also rechtmessig solche Heil. Orden können genennt [61] werden / ein Schutz / ein Schatz / ein Schantz / ein Freud / ein Fried / ein Freund / der Catholischen Kirchen.

Was ist würdiger als die Societet JESU? welche wie ein strahlende Soñ in der Catholischen Kirchen glantzet / dahero kein Wunder / daß neidige Nachteulen / vnd Ketzerische Federmäus oder Fledermåuß ihre Mißgönner seyn / dann ja solchem Geflůglwerck das Liecht ein Marter ist; Paulus der wunderthåtige Apostel / diese Welt-Posaunen / dieser Seelen-Fischer / dieser Schützer der Glaubigen / vnd Stürtzer der Unglaubigen / diese Säulen der Kirchen / hat sich einmahl schon im dritten Himmel befunden / hat schon gesehen / hat schon gehört / hat schon genossen / was ein menschlicher Witz nicht fassen kan / O was Glory! Phantaseyen / Schnellfingerl / Dockenwerck /Kinderrollen / Grillen vnd Pfrillen seynd alle Lust vnd Gust der Welt / gegen dem was Paulus [62] gekost / vnnd dannoch ist dieser wider in die Welt zu ruck kehrt; Sagt mancher / es solt mich kein Teuffel mehr herunter bringen / wann ich einmahl so weit droben wehre /Paulus ist dannoch wider herunter / dann als er zu ruck dachte / daß noch viel seiner Apostolischen Lehr von nöthen hatten / vnnd durch ihn könten bekehrt werden / also hat er Himmel lassen Himmel seyn /vnnd wider auff die Erd gestiegen / Seelen zu fangen /Seelen zu bekehren / laß einer das ein Eyffer seyn! Dise Apostolische Innbrunst / spůrt man nicht wenig in der Societet JESU, in dero viel vnzahlbahre Männer gezehlt werden / welche Vatter vnd Vatterland verlassen / ja alles was angenehm / beurlauben /sich in weit entfernte Länder begeben / Seelen zu gewinnen / wo auch die Welt ein End setzt / dort hat ihr Eyffer kein End; Was thun die Jesuiter zu Peru? Pegu? zu Malaca? Malucco? zu Magor, [63] Palipor? zu Paquim, Nanquim? zu Scay, Isafay? zu Callecuth? an solchen Orthen wo Menschen schier nicht Menschen seynd? Eben das was Paulus gethan / sie gewinnen Seelen / bekehren Seelen / nicht nur hundert tausend / nicht nur hundertmahl hundert tausend / nicht nur tausend mahl tausend tausend / sondern noch mehr / ja so viel / daß auch einen Arithmetico zu zehlen schwer fallt / deßwegen würdig alle Ehr von der Welt zu empfangen / deßwegen Paulus der dritte / Pius der vierdte / Pius der fünffte / Gregorius der dreyzehende / Gregorius der vierzehende Römische Papst mit stattlichen Lob / vnd außerleßnischen Preiß-Nahmen die Societet begnadet.

Was ist würdiger als der Orden deß Heil. Benedicti? In dem Evangelio Matth. 13. geschicht außführliche Meldung von einem Saamen / den ein Ackersmann außgeworffen / ein Theil dieses Saamens ist gefallen auff [64] den Weeg / den haben die Vögel deß Luffts verzehrt / diß ist ein Lehr allen Jungfrauen / die da wollen Ersahm vnnd Tugendsahm verbleibẽ / daß sie die Weeg vnd Gassen nicht viel betretten / sonst thun ihnen die Vögel / verstehe Ertz-Vögel / Spay-Vögel /Spott-Vögel Schaden zu fügen; ein ander Theil dieses Saamens ist gefallen auff die Stein / der zwar bald auffgangen / aber wegen deß seichten Grund von der Sonnen Hitz bald wider verwelckt; Diß kan ein Lehr seyn / allen denen / die nicht wol in der Vollkommenheit gegründ / daß sie sich nicht leicht der Gefahr sollen vertrauen / wann sie dem Stolpern vnd Fallen wollen entweichen: Ein ander Theil dises Saamens ist gefallen vnter die Dörner / welcher darvon / wie leicht glaublich / ersticket. Ich aber zeige einen Saamen der mitten vnter denen Dörnern auffgangen / vnd tausendfältige [65] Frucht tragen; Dieser Saamen ist Benedictus der Heil. Patriarch / so die Schneeweisse Rosen seiner Unschuld zuerhalten / sich blosser in den Dörner herumbgeweltzet / dieser gebenedeyte Saamen ist der gestalten auffgesprossen / daß die Zahl seiner Frucht fast die Stern übertrifft / welche dem Abraham seynd von GOtt gezeigt worden: Ein vnd dreyssig Römische Päpst seynd auß dem Orden deß Heil. Benedicti erkiesen worden / ist das nicht auffgangen? Hundert vnnd achtzig mit Purpur gezierte Vätter vnnd Cardinal auß disem Orden / drey tausent fünff hundert vnnd eylff Bischöff / fünffzehen tausent vnnd mehr Abten /so wegen Doctrin vnd Wissenschafft berühmt / ist dann der Saamen nicht auffgangen? Vier vnnd vierzig tausent vnd etlich zwantzig Canonicierte Heyligen auß dem Orden deß H. Benedicti zeigen die Schrifften / ist der [66] Saamen vnter den Dörnern nicht auffgangen?Zachæus damahl noch Zach zun geben / vnd hurtig zunehmen / mit einem Wort / noch damahl ein Partiteschmidt / stiege auß guten Gedancken Christum zusehen / auff einen Baum / ich aber weise mehr auß dem Orden deß H. Benedicti, welche vom Baum herunter gestiegen / Christum besser in der Nieder zusehen /wil sagen / das viel / vnd aber viel ihren hohen Stammenbaum verlassen / vnd in disem vollkommnen Orden GOtt gedient / zwölff Orientalische Kayser / so den Purpur mit der Münchs Cappen vertauscht / vierzehen Orientalische Kayserin / so die guldene Cron mit dem niderträchtigen Kloster-Weyhl verwechßlet /ohnzahlbar viel Königliche vnd gefürste Persohnen /so alle disen heiligen Orden eingetretten / vnd darinn einen vollkommnen Wandl geführt / dahero nicht leicht zubeschreiben / wie lobwürdig / [67] wie liebwürdig / wie seegenreich / wie siegreich / wie Gottseelig / wie glückseelig diser wohl recht gebenedeyte Orden Benedicti.

Was ist würdiger als der Orden deß H. Dominici?Exod. 28. Hat GOtt der Allmächtige dem Hohenpriester Aaron anbefohlen / auff was Weiß seine Kleydung sollen geformbt seyn / erstlich solle er einen Rock antragen von Himmelblauer Seiden / vnd an statt deß Brams sollen von gedachter Farb seidene Knöpff auff Granatapffel Manier angehefft werden /zwischen denen jedesmahls ein guldene Schellen hange / auff daß der Priester / so er in den Tempel eintritt / einen Klang von sich gebe: Muß bekennen /das der übermüthigẽ Welt der Zeit ihre Kleydung in tausenterley lächerliche Modi sich vermaßkern vnd tragt man fast ein gantzes Jahr hindurch die Faßnacht auff dem Rucken / aber solcher von GOtt angegebene Priesterliche [68] Ornat ist gleichwohl ein wenig wunderlich vnd seltzamb; Quanta Profunditas misteriorum! nunquid de vestibus cura est Deo? Spricht der Heilige Thomas Villanovanus, O was seynd das für grosse Geheimnussen? GOtt wolte durch solchen Priesterlichen Auffzug andeuten / vnd durch solches guldenes Geleut an den Priester / daß diser in dem Tempel fein einen guldenen Schall solle von sich geben / merckts wohl / ein Priester soll ein guldenen Hall vnd Schall von sich hören lassen: Diser Hohepriester Aaron ist ein eigentliche Figur gewest deß H. Dominici, dann wer hat in der Catholischen Kirchen ein solchen guldenen Hall vnd Schall hören lassen / als eben Dominicus durch seinen Heiligen Orden / welcher auch derentwegen den Nahmen führt der Prediger Orden /dann ihr Apostolische Stimm alle trübe Wetter / [69] so über die Catholische Kirchen ko en / vertriben / dañ ihr eyffriger Predigschall / alle Wölff so in den Schaffstall Gottes beginten einzureissen / verjagt /dann ihr erklingende Lehr wie ein starcker Schild /alle Ketzerische Pfeil / so auff das Schiffel Petri zugeflogen / auffgehalten. Petrus ist ein Apostel gewest /Petrus de Tarentesia auß dem Orden deß H. Dominici auch ein Apostolischer Mann. Joannes ist ein Apostel gewest / Joannes Taulerus auß dem Orden deß Heiligen Dominici auch ein Apostolischer Mann.Matthæus ist ein Apostel gewest; Matthæus Ursenus auß dem Orden deß Heil. Dominici auch ein Apostolischer Mann: Thomas ist ein Apostel gewest / Thomas Aquinas auß dem Orden deß Heil. Dominici, auch ein Apostolischer Mann. Philippus ist ein Apostel gewest / Philippus Gezza auß dem Orden deß H.Dominici auch ein Apostolischer Mann; [70] Bartholomæus ist ein Apostel gewest / Bartholomæus de Ledesma auß dem Orden deß Heil. Dominici auch ein Apostolischer Mann / etc. Vnd wann schon Aaron ein Schlangen in ein Ruthen verkehrt / so haben auch dise viel gifftige Sünder in Bußfertige verwandlet; Und wann schon Josue die Stattmauren zu Jericho mit dem Posaunen Schall vmbgeworffen / so haben auch dise mit ihrigem Predig-Schall / manche Stein harte Gemühter erobert; vnd wann schon ein Elisæus sauers Wasser / in ein süsses verkehrt / so haben auch dise mit ihrer Lehr / auß Gottlosen / Gottseelige gemacht; ja ich will nicht mehr loben disem lobwůrdigsten Orden / weil ihn an stadt meiner loben Bonifacius der Neunte / Clemens der Sechste / Alexander der Vierdte / Innocentius der Vierdte / Gregorius der Neunte /Honorius der Anderte / etc.

[71] Was ist würdiger / als der Seraphische Orden deß Heiligen Francisci? Jener Blinde / welchem der Heyland mit so wunderlicher Manier das Gesicht erstatt /in dem er ihme eine durch Speichel befeuchtigte Erden an die Augen gerieben / welches sich dem Menschlichen Vrtel nach so wenig reimbte / als ein Faust auff ein Aug / als er von Christo gefragt worden / was er sehe / gabe ein artliche Antwort. Video homines velut arbores, etc. Ich sihe die Leuth wie die Baumer daher gehen / diser Blinde hat nicht übel von der Farb geredt / dann in aller Warheit seynd wir Menschen dem Bäumern ähnlich vnd dem Holtz / dessen Natur ist / das es allzeit oben schwimbt im Wasser / also seynd wir Menschen gesitt vnd gesind / daß wir nur nach Höhe trachten / dahero der Welt ihrPrædicata sich mehristen Theil / auff die Berg retiriren / vnd wil niemand anderst als Back von [72] Backsberg / Böcker von Böckersberg / Buck von Bucksberg heissen / vnd singt die Welt weit lieber den Alt als den Paß; Von dem Heiligen Marco Evangelisten schreibt Hugo Cardinalis, daß er ihme freywillig den Daum habe abgebissen / damit er nicht möchte Bischoff werden / bey der Zeit schneidt ihm keiner mehr die Finger ab / sonder man schleckt wohl die Finger nach Hochheiten / vnd wil ein jeder lieber dasGloria in Excelsis als das De profundis Intoniren. O Mirackl / O Wunder ůber Wunder! Franciscus, vndFrancisci Orden / vnd dises Ordens-Regel / vnd diser Regel zugethane Geistliche zeigen der Welt das Widerspiel / in deme sie mit keinen andern Nahmen prangen / als Fratres Minores die mindere Brüder /aber in der Warheit nicht minder der Catholischen Kirchen nutzen sie als andere Orden / dahero dessen Lob dises wintzige Blattel nicht fähig zufassen / [73] sonder vonnöthen gantze Bücher hierzu. Was sagst du zu dem / wann du hörest / daß durch dise Ordens-Leuth in der Insul Canari allein zehenmahl hundert tausent Menschen seynd getaufft worden / hat doch Moyses kaum so vil durch das Wasser gefůhrt; Diser Seraphische Orden hat durch absonderliche Hülff deß Allerhöchsten der Gestalten sich vermehrt / das wann ich nicht wuste die vnermeßliche Weite deß Himmels /mich schier ein Forcht anstoßte / ich könnte kein Orth mehr antreffen / vor Menge mindern Brüder allda; Diser Seraphische Orden zeigt forderist seine Strengheit in den Capucinern / dero Armuth vnd Demuth der Welt sattsambt bekant; mir kommen sie vor / wie jener Fisch / welchen Petrus auß dem Meer gezogen /in dessen Maul ein paares Gelt gefunden / vnd also diser Fisch mit dem Maul bezahlt; gleicher Gestalten tragen gedachte [74] strenge Ordens-Männer ihre Müntz auff der Zungen / welche nichts anders ist / als Deo gratias, warmit auch der seelige Capuciner Felix grosse Wunder gewůrckt; mit einem Wort / wie vornehm / wie angenehm / wie sinnreich / sittenreich / wie heylsamb / diser Seraphische Orden / kan allein ein Seraphische Zung fůglich vorstellen.

Was ist würdiger / als der Orden der Carmeliter? Diser ansehliche Orden / růhmet sich / als seye er der allerälteste / wie kan das seyn? Lebt doch ihr erster Ordens-Stiffter noch auff der Welt / auch noch nicht gstorben / ist wahr / diser ist Elias der Prophet / welcher auff dem Berg Carmelo das erste Novitiat den Carmelitern auffgericht / der wunder eyffrige Prophet lebt annoch in dem irrdischen Paradeyß / wohin er durch ein feurigen Wagen ist ůberbracht worden /wird aber zur Ankunfft deß Antechristi [75] zweiffels ohne mit Beystand seiner Carmeliter streitten vnnd kämpffen / das Lob dises H. Orden / soll nicht mit Dinten sonder Gold beschrieben werden.

Was ist würdiger als der Orden deß H. Francisci von Paula? Diser H. Ordens-Stiffter hat wohl gewust / das auff die Vigill vnd Fastag ohnfehlbar das Fest folge / dahero er den seinigen ein immerwehrende Fasten aufferlegt / damits desto sicher das ewige Fest zugewarten håtten; so gar hat er in seiner Regel Schmaltz vnnd Butter verbotten / damit sie etwan in Wiederkämpfung der feindlichen Anstoß nicht wie der Butter an der Sonn möchten bestehen / auch kan wohl seyn / daß deßhalben der Heil. Fundator die seinige mit strengster Fasten also außmergelt / damit sie nicht faist wurden / vmb willen die Porten deß Himmels gar eng / angusta Porta, vnnd feiste Schmeerbäuch kü erlich hineinkönnen; [76] Durch solche strengste Messigkeit ist gleichsamb ohnmessig worden dieser Heil. Orden / daß also derselbe von vil Röhmischen Bäpsten vnd gecrönten Kayser vnd König in grösten Ehren gehalten worden.

Was ist würdiger als der Ordẽ der Serviten? Die Welt hat zwar keinen Abgang an Serviten, vnd so ich hundert auff der Gassen solle mit einen Gruß empfangen / so wird in der gegen Antwort entweder Servus oder Servitor oder Diener zu vernehmen seyn / bey denen aber die Dienstbarkeit so wolfeil / wie bey den Schwanen die schwartze Federn / vnd triefft offt zu mit jenem Spruch auß den Heiligen Evangelio: Serve nequam: Weit andere Servos vnd Diener zehlet diser H. Orden / in welchem da lauther Diener der seeligsten Mutter Gottes anzutreffen / die in der schwartzen Trauer-Libere zur Gedächtnuß der beschmertzten Mutter / in dem Leyden ihres Sohns / [77] zur grössern Vollkommenheit steigen; Und hat schon dazumahl ein sichere Propheceyung geschienen / weil diser Heil. Orden von sieben Florentiner herstammet / daß er auch absonderlich in der Catholischen Kirchenfloriren werde.

Was ist würdiger als der Orden der Barnabiten genannt? von deme mit wenig Worten vil kan geschrieben werden / daß er seye ein Schul deß Wissens vnd Gewissens / warin die Heiligkeit mit der Doctrin nicht ohne grossen Nutzen der Christlichen Kirchen vermåhlet ist.

Was ist würdiger als der Orden der Barmhertzigen Brüder? So ich nicht wuste / daß die von dem seeligen vnd wunderthåtigen Joanne Dei herkommeten /glaub ich es wehre ihr Ordens-Stiffter gewest / jener Samaritan in dem Evangelio / welcher dem armen halb todten Menschen Wein vnd Oehl in die Wunden gossen / vnd [78] selbsten barmhertzig verbunden / diser Orden bleibt so lang gesund / wie lang er den Krancken dienet / vnd werden ihme alle Wunden der Krancken für Wunderwerck außgerechnet.

Was ist endlich würdiger als der Orden deß H. Vatters AUGUSTINI? mit dessen Lob gantze Bücher angefůllt; gewiß ist es / daß AUGUSTINUS und folgsamb AUGUSTINI Orden ein Aug der Braut Christi / verstehe der Catholischen Kirchen / kan genennt werden / wie hoch vnd theuer aber diß Aug zu halten / laß ich es andern über / weil ich weiß / daß eignes Lob nach Knoblauch riechet /sonst wolte ich den Schein dises herrlichen Ordens nach můglichkeit entwerffen / muß demnach der Feder den Arrest anerbieten / vnnd ferners Lob mit der Verschwiegenheit einschrancken.

Was ist endlich würdiger als alle heilige Orden vnd Ordens-Männer / [79] welche der öden vnd schnöden Welt den Rucken gewend / wohl wissend / daß das WörtlWelt von dem Wörtel Wild ein geringfügigen Unterscheid in dem Nahmen / gar keinen aber in der That erweise / dann was ist die Welt anderst als ein Garten voller Brennessel / ein verzuckertes Gifft / ein verguldter Misthauffen / ein zerlöcherter Sack / ein außspalirte Keichen / ein angenehme Kopffraiß / ein silberner Angel mit Grillen überkädert / ein Handels-Gwölb voller Narren-Kappen / ein Apotecken voller Tillitalli Latwergen / ein verblůmte Schelmerey / vergulte Pfui Pillulen / etc. Dahero viel tausend vnd vnzahlbar haben ein Eckel vnd Grausen gefast ob der nunmehr schepernden Welt / vermerckt daß selbe so wohl fruchtloß / als zuchtloß / derentwegen freymůtig sich den strengen Regl vnd Satzungen vnterworffen /in die Fußstapffen [80] der Apostel getretten / mit frischer Erinnerung / daß der Heyland JEsus das Reich Gottes verglichen habe / einem reissen Senffkörnl / vnd nicht einem Zuckercandl / daß solches Reich Gottes gleich seye einem Sauertaig / vnd nicht einem Sůssen. Der Ursach halber sie gar wohl vnd recht den engen vnd strengen Weeg angetretten / solcher gestalten die Vollkommenheit erreicht / daß dero höchstgepriesene Tugenden wehrt vnd würdig seyn / von männiglich verehrt zu werden / wie dann ihnen der eigenthumbliche Titul Euer Ehrwürden gebühret.

Als Petrus / damahl noch ein treuer Diener / wahr genommen / daß sein liebester HErr von den Scherganten vnd Hebreischen Lothers Knechten / wie ein Lambel von den Wölffen / feindlich angegriffen worden / vnd dise allen Muthwillen an ihme verübten /gedachte er an seine gegebene Parola, [81] fasset ein stattliche Curachi, zieht von Leder / vnd hauet einem meisterlosen Spitzbuben Nahmens Malcho ein Ohr ab / worüber Petrus nicht allein kein Lob / so er ihme ohnaußbleiblich eingebildet / sondern neben einen scharffen Verweiß / noch darzu einzustecken befelcht worden / vnd der gebenedeyte Heyland alsobald ohne Pflaster vnd Wundsalben dem Bößwicht das Ohr angeheilet: Ach HErr soll jemand sagen / laß geschehen / daß Petrus auch das andere Ohr / auch die Nasen /auch gar den Kopff absåble / dañ ja ein solcher nicht werth ist / daß er ein Kopff trage / der ein Maußkopff ist: Viel Scribenten wollen / es seye diser Ursachen halber geschehen / daß der Heyland einen solchen heilsamen Wund-Artzten abgeben / weil diser Malchus ein Laquey ware / vnd ein Diener eines Hohenpriesters / deßhalben wolte nicht der HErr / daß diser sollte entohnert werden / wann er [82] were ein Nachtretter / oder Vortretter / oder ein ander Diener einer Dama oder eines Herrn gewest / hätte etwan der HErr nachgesehen / so ihme auch der Kopff were zerspalten worden / aber eines Hohenpriesters Bedienter hat müssen respectirt werden. Auß dem kan ein jeder /auch der mindeste in einem Dorff / Sonnen klar abnehmen / weil GOtt die Dienstboten so gar der Geistlichkeit wil verehret haben / wie viel mehr Ehr solle dem Geistlichen Standt selbst ertheilt werden: Bekant ist / daß einmahl der böse Feind vor der Kloster-Porten auffgepast / vnd einen Bauren so mit schmutzigem Maul herauß tretten / wie ein grimmiger Löw angefallen / mit dem Verlaut / wann er nicht hätte in dem Kloster geschmarotzt / vnd annoch bey sich im Hosensack ein Klosterbrodt tragte / so wolte er ihn zu tausend Stückl zerreissen. Chron. Cassi. lib. 3. c. 39. Diß vnd alle andere bestettigen gnugsamb / wie [83] Ehrwürdig der geistliche Standt / deßwegen keineswegs in Zweiffel zu setzen / daß nicht auch der Todt / ob schon allerseits vnhöfflich / doch sich gegen disem Standt werde manirlich verhalten; Ich antwort / der Todt / weiß vmb kein einige Höfflichkeit: Als mir anfänglich aufferlegt worden / ich solle die GeistlicheEuer Ehrwürden tituliren / so hab ich / ohne das halb gehörloß / Euer Erdwürden verstanden / dahero von selbiger Zeit sie sambt andern in die Erd einscharre / vnd laß mich von solcher meiner Arth nicht abschrecken / wann schon jenem die schwere Bůrd der Excomunication vnnd geistlichen Banns auff den Rucken gebunden wird / welcher gewalthåtige Hand an solchen Stands-Persohnen anleget / so entschüt ich mich doch aller solcher Straff / ja bin noch darůber so keck / daß ich die geweichte Platten gar in das Grab wirff / wer an dem zweiffelt / [84] dem kan die Wiennstatt auß dem Traum helffen.

Weilen die schöne Residentz Statt Wienn Volck halber mehr einem Land gleichet / dahero find man neben einer ziemblichen Anzahl Wirthshäuser auch viel herrliche Gottshäuser / deren an der Zahl sambt den offentlichen Capellen in vnd vor der Statt fünff vnd funffzig gezehlt werden / in denen die eyfferige Priesterschafft dem Allerhöchsten GOtt das heilige Altar-Opffer mit aufferbaulicher Andacht täglich ableget / gehe nun der Klang der vngezähmten Mäuler von der Wiennstatt / wie er wil / guacksen doch auch die grünhosende Frösch mit auffgespannter Pfundtgoschen den Himmel an / so sie nur ein trübes Wölckel daran ergaffen: Was ist Wunder daß etliche Mißgöñende Schlangen-Zungen gedachte Haubtstatt gar zu hefftig verschwertzen / als seye zu Wienn fast ein jeder Pflasterstein ein Lasterstein / [85] ich kans zwar nit gäntzlich verneinen / daß nicht solches Orth deß Patriarchen Jacobs Lambl åhnlich seye / die da nicht gantz weiß waren / sondern mit schwartzen Flecken vntersprengt; Wo ist dann ein Baum auff dem nicht auch wurmstichendes Obst wachst? wo ist dann ein Summa Geld wo man nicht auch bleyene Fünffzehner antriffet? warumb soll dann Wienn allein einen Schein tragen? seynd doch wohl andere Stätt auch nicht Canonicirt; vnnd zu dem kan mans nicht laugnen / daß der Saamen deß Unkrauts / so zu Wienn etwan auffspriesset / mehristen theil anderst woher kommet / vnd also frembde Länder der Wiennstatt die Laster leihen; Viel Ubelthaten / ja / grosse Unthaten /ja / viel Schandthaten / ja / find man / hört man / sieht man zu Wienn / so muß man aber auch das Gute mit neidiger Verschwiegenheit nicht verhüllen / sondern zu wissen ist / daß nicht bald ein [86] Statt in Teutschland zufinden / allwo so grosse Andachten vnd andächtigeSolenniteten in den Tempel vnnd Gottshäusern gehalten werden / als wie zu Wienn. Es seynd in erstgedachter Haubtstatt neben sieben Gott gewidmeten Jungfrau-Kloster / neben hohen Stifftern / Pfarreyen /vnnd vornehmer Prælaten-Höff / in denen mehristen Theil auch geistliche Jugend den Studijs obliegen /neunzehen schöne vnd wohlerbaute Klöster / in welchen die andächtige Ordens-Männer mit aufferbaulichem Wandel Gott vnd dem Nechsten dienen / also zwar daß die Anzahl der Geistlichen / so wol inner als ausser der Klöster sich in die dritthalb tausend erstrecket / welche nichts anders verrichten / als daß sie mit dem guten Hirten das verlohrne Lambl suchen /mit dem Joanne die Buß predigen / mit Petro die Krancken trösten / mit Paulo die Laster straffen / vnd mit dem David GOTT [87] vnaußsetzlich loben / auch Tag vnnd Nacht mit heiligem Lobgesang Gott innbrünstig preysen. Allhier stehen mir die Augen voller Wasser /wann ich zu Gemüth führe den tůrmischen Todt / wie er seine Sensen so scharff gewetzet hat wider die Geistlichkeit zu Wienn / vnd welches noch mehr zubetauren / daß die Priesterschafft mehristentheil den Todt geerbet hat / an demselben Orth / allwo sie pflegt den Todten Seelen das Leben ertheilen / verstehe in der Kirchen / in dem Beichtstuhl / bey dem Altar. Anno 1606. zu Franckenstein in Schlesien haben etliche Todtengräber vnerhörte Ubelthaten begangen / vnd bevor sie durch glüende Zangen vnd verdiente Straff seynd hingericht worden / haben sie bekennt / wie daß sie die Todten Menschen / welche schon zwey oder drey Jahr vnter der Erden gelegen /widerumb außgegraben / Pulver darauß gemacht / solches hin vnd wider [88] außgestreuet / zuvor an Schaffen /Viech / vnd ihren eignen Kindern / solches Gifft-Pulver probirt / vielen vnter dem Schein eines absonderlichen Præservativ vnnd Artzney-Mittl in warmen Bier einzunehmen gerathen / das halb gefaulte Fleisch der außgegrabenen Todten wie ein Papp zusammen gestossen / vnd darmit alle Stůhl in der Kirchen angeschmieret / warvon geschehen ist / daß die Leuth in die Kirchen frisch vnd gesund seynd gangen / darauß aber mit Verlurst der Gesundheit vnd Pestilentzischen Leib kommen; Von dergleichen vnmenschlicher Boßheit weiß man nichts zu Wienn / wohl aber daß der Todt die Stůhl in den Kirchen vnd forderst die Beichtstühl zu seinem Vortel hatte / vnd ist schier die Pestilentzische Seuch auff kein andere Weiß in die Klöster gerathen / als durch das Beichthören / auch der Todt selten durch die Kloster-Porten / sondern öffter durch[89] die Sacristey-Thür eingeschlichen / dahero ein Religios nach dem andern erkrancket vnd welche andere frey vnnd loß gesprochen von den Sünden / seynd selbst vor dem Todt nicht befreyet gewesen / diß ist die Ursach / warumb nicht nur hundert / nicht nur zweyhundert / nicht nur dreyhundert / sondern mehr Priester vnnd Geistliche dem Todt zu Theil worden /welche aber alle glůckseelig gestorben / zumahlen ihnen der Todt nur ein Thür ware / durch welche sie in die himmlische Freuden eingangen.

Ein Unkeuscher stirbt nicht wohl / ein solcher warHeliogabalus der Kayser / welcher in den Wollüsten also Viehisch versencket ware / daß er mit Gewalt die Medicos vnd Artzten wolte zwingen / die sollen ihn vermittelst ihrer bewehrtister Wissenschafft vnd Artzney-Mittl in ein Weib verkehren / Cæli. lib. 4. OHeliogabl vielmehr ein Höllgabel! Ein solcher stirbt nicht [90] wohl / aber ein Geistlicher stirbt wohl / welcher ob dem verzuckerten Venus Confect einen Grausen geschöpfft / sich mit einem Gelübt ewiger Keuschheit verbunden / fein die leibliche Sinnligkeiten dem Verstandt als einem Ober-Pfleger vnterworffen / welcher einem gleich zeiget daß kein Orth in einer Statt erger muffe / als der Fleischmarckt / oder die Fleischbänck /vnnd daß der Himmel nur dieselbige Soldaten besolde / welche zu Reinfelden vnd nit welche zu Magdeburg auß der Guarnison sein.

Ein Geitziger stirbt übel; Ein solcher ist gewest jener reiche Handelsmann / von deme Menochi p. 2.H. 3. schreibt / als derselbe bereits in die Zügen gegriffen / vnd die halb vergläserte Augen den nahenden Todt angekündet / hat er dannoch seines Geld-Schatz nicht können vergessen / dann als ihme der Priester nach Christlichen [91] Brauch die letzte Oehlung ertheilte / darmit auch die Hände deß Krancken zu salben /sihe / da hat er auß der rechten Hand keines wegs den Schlüssel zum Geld lassen wollen / welches dem Priester ein satsame Ursach gegeben / daß er ihme endlich die heilige Oehlung geweigert; Aber ein Geistlicher stirbt wohl / welcher sein Leben in freywilliger Armuth zugebracht / allem Weltkraffel den Rucken gezeigt / wohl wissend / daß sein JEsus nicht gestorben / vnter einem mit seidenen Fransen vmbhengten Himmelbeth / sondern arm vnd bloß am Creutz.

Ein Gottslästerer stirbt ůbel / ein solcher ist jener fünff jähriger Knab gewest / von deme der Heil. Gregorius Dial. 4. schreibet / daß diser von den Eltern solches Laster erlernet / dañ wann ein grosser Stein von dem Berg herunter fallet / so folgen ihme auch kleine nach / wie kan es seyn / daß die alte Frösch ihr abgeschmaches Qua [92] Qua schreyen / vnd die junge Froschmäuler sollen wie Canari singen? Obberührter Knab auß anartiger Gewonheit Gottslåsterte dergestalten / daß der höchste GOtt ihn schon zeittig fůr die Höll ersehen / deßwegen gestattet / daß er von dem bösen Feind auß deß Vatters Armen ist hinweg geführt worden; Ein solcher stirbt nit wohl / aber ein Geistlicher stirbt wohl / der nicht allein sein Zung von dergleichen Frevels-Reden vnd schädlichem Fluchen in Zaum gehalten / sondern noch Tag vnd Nacht durch steten Chor GOTT gelobt / auch der HarpffenDavid zugesellt seine andächtige Psalmen / warinnen er gar offt schon einen Vorgeschmack der ewigen Freuden verkostet.

Ein Hoffärtiger stirbt nicht wohl / wie ein solcher gewest der Printz Absalon vnd seines gleichen Galienus / der allemahl seine Haar vnd Barth mit guldener Streu eingepulvert / dardurch [93] sich halb zu vergöttern phantisieret. Ein solche ist gewest die stoltze Jezabell / welche ihr verbuhltes Angesicht mit hunderterley Anstrich verglätt hat / ein solche ist gewest Poppea deß Neronis Gemahlin / die allzeit so offt sie reiste /ein gantze Herd Eselin mit sich führte / zu keinem andern Ziel / als daß sie sich mit dero Milch könte abwaschen: es gibt annoch solche feine Weltmuster /welche ihr madiges Larven-Gsicht sorgfältig zu verbessern / allerley Farben mischen / ja alle Tag andere Kleyder anziehen / vnnd können die Würm ihre Mistbutten zudecken nicht gnug Seiden spinnen / da vnterdessen GOtt / wessen Abbildung der arme / halb nackender auff der Gassen seuffzet / solche sterben nicht wohl / aber ein Geistlicher stirbt wohl / der in seinem niederträchtigen Habit allen Welt-Pomp verlachet /den Leib mit etlichen Ellen Tuch verhüllt / damit dises Unthier nicht gar zu zartlich gezieglet [94] werde /dann je mehr man es liebkoset / je mehr beist es: Man kutert vnd hönet jetzt einen Geistlichen auß mit seiner gespitzten Kappen / mit seiner runden Kappen / mit seiner breiten Kappen / mit seiner schmalen Kappen /etc. aber wann es zum Abtrucken kommet / vnd das eytle Welt-Wesen abflieget / wie die Mucken auß einer kalten Kuchl / so dann wüntscht ihm mancher /sein Kopff were in einer Münch-Kappen gesteckt /wurde also leichter sterben.

Ein Schlemmer stirbt nicht wohl; Ein solcher ist gewest der reiche Prasser / der nur darumb gelebt /damit er essen könt / vnd nicht darumb gessen damit er leben möcht / dem das Maul stets feucht ware wie ein Badschwam / der einen Magen gehabt / wie dieselbe Thier / welche den Lambl ihre Peltz zertrennen /der auß dem Tag ein Nacht gemacht / verstehe Faßnacht / der auß der Nacht ein Tag gemacht / [95] verstehe Kirchtag: Ein solcher ist auch gewest Clodius Albinus von deme Sabellicus l. 20. notiret / daß er Keller vnd Kuchl für seinen Himmel gehalten / den Schmeerbauch aber fůr seinen Abgott / welchem er nur gar zu häuffig geopffert / absonderlich dazumahl / als er in einer Mahlzeit neben andern Speisen / fünffhundert Austern / vnd zehen Capauner geschlickt; Ein solcher stirbt nicht wohl / aber ein Geistlicher stirbt wohl /der allzeit seiner Seelen ein Vatter / dem Leib aber ein Stieffvatter abgeben / der fast alle Tag zu Freytag gemacht / damit er desto gewisser einen ewigen Sabbath oder Ruhe zu hoffen hätt / der sich der Nüchterkeit beflissen / wohl wissend / wann ein Schiffl überladen / daß selbiges nechst bey dem Untergang seye; Es ist demnach wohl höchst zubetauren / daß so viel Geistliche vnd Gott gewidmete Priesterschafft dem ohnmilten Todt in die Hånd gerathen / absonderlich [96] weil dieselbige der Statt vnd ihren Heil. Orden zu fernerem Nutzen wären wohl angestanden: weilen sie aber wohl gestorben / vnd das zeitliche Leben mit dem Ewigen vertauscht / ist mehr Ursach zu frolocken als trauren; O wie mancher frommer Religios seufftzte auff seinem Todtbettl folgender gestalt / O GOtt! ich verlasse gern das jenige / auff das sich niemand verlassen kan; Ist doch die Welt nichts als ein Eysen / so allbereits gar zu rostig / ist sie doch nichts als ein Eyß / auff deme mancher so vnbehutsamb geschlipffert / ist doch die Welt nichts / als ein Statt / dero Ringmauer Elend vnd Jammer / ist doch die Welt nichts als ein Gestadt / so gantz vntergraben vnd gefährlich / ist doch die Welt nichts als ein Schlingen / vor dessen Gefahren sich schier niemand retten kan / ist doch die Welt nichts als ein Schlangen / die da voller Gifft / Adio wie gern dann reise ich in die [97] Ewigkeit; O süssester JEsu / du streckest darumb deine Armb am Creutz auß / damit du mein arme Seel vmbfangest / O güttigster Heyland / es seynd deine fünff purpurfarbe Heil. Wunden / fünff schöne rothe Petschier / welche für mich bey dem himmlischen Vatter gnugsame Bürgschafft leisten; O gütigster GOTT! der Baum an dem du hangest / wird hoffentlich mir ein Steeg vnd ein Weeg seyn / in die Glory: Fahre demnach auß O allerliebste Seel / vnd beschleunige mit Freuden deinen Außgang / auß dem Leib / der nichts anders ist / als ein Gefängnuß / vnd verdrießliche Arrest Stuben /zertrenne gern dise Gespanschafft mit dem Leib / in Erwegung / daß diser Spißgesell am jüngsten Tag mit vnaußsprechlicher Glory dir wird wider vereiniget werden: Adio! behüt euch Gott meine liebe Patres vnd Ordens-Mitbrüder / ist mir leyd / daß ich euch wegen meiner abscheulichen Kranckheit [98] nicht kan vmb das Bettl sehen / nimb demnach Urlaub von euch / vergebet mir vmb Gottes willen von Hertzen / so ich euch etwan im Kloster / in dem Chor / in dem Refectorio, oder in der Zellen hätte beleydiget / O wie hart dunckt es mich / daß ich nicht kan mit meinen liebsten Ordens-Genossen ruhen vnd faulen in vnser Grufften / sondern an statt dero vnter einer verdorrten Hollerstauden mein Grab etwan erwarte / aber aber frisch auff mein Seel / bekümmere dich dessen nicht so sehr / die jenige / so da anjetzo verlassest / werden in der Glory vnter einem Fahnen deß glorwürdigsten Ordens-Stiffter mit dir GOtt loben vnd benedeyen /Adio! so seyß dann / O JEsu dir leb ich / O JEsu dir stirb ich.

Auff gleiche Weiß seuffzte mancher geistreiche Religios vnd Priester / vnd ware seine einige Hertzstärck der süsseste Nahmen JEsus vnd Maria.

Man hat sonsten in der Apotecken [99] gewisse Zeltel die da Manus Christi, das ist / Händ Christi / genennt werden / wer ihnen den Nahmen hat geben / muß ein Nasenwitziger Tropff vnnd Gewissenloser Gesell gewesen sein / seytemahlen sie nur von Zucker vnd Rosenwasser gemeiniglich zugericht werden / solcheManus Christi hätten fürwar manchen Geistlichen ein geringe Labnuß geben / wofern sie nicht anderst gestärckt hätten die wahre Hånd Gottes / in die sie sich sambt Leib vnd Seel befohlen / welcher allein ist der jenige der alle Betrübte kan trösten.

Da muß ich hierzu setzen / was man mich für ein Warheit auß dem Lazareth bericht hat / vnnd es die Siehknecht fůr ein Gewißheit bekennt / als sie im Anfang deß Septembers dises Jahrs vnterschiedliche Todten auff den Gassen vnd Strassen haben angetroffen / seye vnter andern ein Priester kein Ordens-Mann / todter gefunden [100] worden bey der Blancken deß Spanischen Klosters in der Vorstatt / welcher da halben Theil knyete / mit der rechten Hand die Blancken haltent / vnd in der andern Hand ein kleines Büchel /welches insgemein das Diurnum genennt wird / die Siehknecht aber / als welche ohne das auff allen Raub begierig / wolten ihme solches Büchl auß der Hand reiben / könten aber mit allem möglichen Gewalt solches nicht zu wegen bringen / sondern waren gezwungen ihn sambt dem Büchl zubegraben: Wer solches nicht für ein gutes Zeichen achtet / muß wenig glauben geben / ich bin der vnverruckten Meinung / als seye diser sambt andern Geistlichen / deren etlich hundert dises Jahr zu Wienn vnter die Erden gerathen / Freudenvolle Kinder der Seeligkeit.

[101]

Mortua est Rahel Gen. 48.

Allo! hinweck Allabaster Gesicht /
Mit Spiegel vnd mit Kampl /
Eur schöne Gestalt überredt mich nicht /
Mir ist schön wie der Trampl /
Fort Helenæ, Penelope,
Und was dergleichen Contraphe /
Mit sambt deß gemeinen Plunders /
Dann sterben müssen alle Leuth /
Man macht euch wohl nichts besonders.

[102]

Als wissens die Weibs-Bilder gar wohl / daß deß Adams Stammen-Hauß die Laimbgruben / vnd die Werckstatt in dero deß Manns Leib zusammen pabt worden / der Damascenischer Acker / vnnd folgsamb der erste Mann von Gey herein / sie aber mit mehrerm Favor im Paradeyß auß feinerer Materi erschaffen /dahero ihnen von selber Zeit die Leibs Schönheit annoch erblich zufalle: Der Warheit zu steur / muß ich bekennen / daß ein abtruckter Pfeil nicht also nach dem Zweck / daß ein frey geweltzter Stain nicht also nach dem Centrum, daß ein durstiger Hirsch nicht also nach dem Brunnquell trachte / wie ein Weib nach der Schönheit.

[103] Die Heilige Schrifft thut dißfalls meine ob zwar etlichen mißhellige Meinung bestettigen: Ein arme Frau / dero Mann kurtz vorher den gebührenden Lebens-Zinß abgelegt / vnd in GOTT entschlaffen / wurde von ihren Schuldnern immer hefftig zur Bezahlung angestrengt / so gar daß ihre zwey Söhn den Abgang deß Gelds mit harter Dienstbarkeit ersetzen sollten: In der Warheit ein Wittib vnd ein Barth haben ein Arth /Barba cum Barbara: So lang ein Barth an dem Mann hafftet / so lang wird ihme alle Höffligkeit erwisen /geschichts / daß der Barbier solchen mit dem Messer abschneid / alsdann wirfft man ihn auff die Erd vnd wird mit Füssen getretten: Wie lang ein Frau ihren lieben Mann hat / so lang gniest sie allerseits Gunst vnnd gůnstige Augen / so bald der Todt aber solchen mit seiner Sensen hinweg zuckt / alßdann tritt man die arme [104] Wittib mit Füssen / vnd wer weiß; ob nicht auch die jetzige Ruthen zu Wieñ hab GOtt eingewaicht in den Threnen der Wittib vnd Waysen? Als nun gedachte Matron ihres Kummers kein Außgang ersinnen kunte / fallt ihr endlich ein die guthhertzige Bekantschafft deß Propheten Elisæi, dem sie dann ihr Elend gantz vmbständig bericht / mit nassen Augen / Elisæus last sich bald erweichen von solchen Wittib Threnen / fragt was sie dann im Hause habe: Gedencke jemand vmb Gottes willen! Sie antworth / nihil, nisi parum olei quo vngar, ich hab nichts im Hauß als ein wenig Oehl / darmit ich mich salbe / ey so salb! Gedenckt wunder / in der äusserstẽ Armuth hat sie sich noch beflissen / daß ob sie schon war ein arme Hauth / noch möcht seyn ein schöne Hauth! Die Schönheit mit einem Worth ist das einige Begnügen deß weiblichen Geschlechts.

Was lange Höltzer / was kurtze [105] Höltzer / was grosse Höltzer / was kleine Höltzer / was dicke Höltzer /was schmale Höltzer / was runde Höltzer / was eckete Höltzer / was gerade Höltzer / was krumpe Höltzer hat man nicht braucht zu bauen den Thurn Babel? Wie viel grosse Stein / wie viel kleine Stein / wie viel runde Stein / wie viel gevierte Stein / wie viel rauche Stein / wie viel glatte Stein / wie viel weisse Stein /wie viel rothe Stein / wie viel gemeine Stein / wie viel Marmelstein / waren nicht vonnöthen zu dem Bau vnd Zier deß Thurn Babel? fast gleiche Beschaffenheit ereignet sich mit der Baberl / wie mit dem Babel / was taffetẽ Zeug / was sameten Zeug / was glatten Zeug was geblümbten Zeug / was frischen Zeug / was schmalen Zeug / was breitten Zeug / braucht dise nicht? welcher Zeug einen warhafften Zeugen abgibt /was nicht kost ein Baberl? vnd gereicht alles dises zu keinem andern [106] Zihl / als schön seyn / schön geheissen seyn / schön genennt seyn: Da fallt mir ein was wunderlichs / so sich mit etlichẽ jungen Töchtern zutragen / dise wascheten auff ein Zeit bey einem klar rauschenden Bach / mit einem gar vnmanirlichen Auffputz / wie bey gleicher Begebenheit pflegt zu geschehen / ihre Arm waren biß über die Ellenbogen entblöst / vmb den Halß hüpsch schleuderisch wie ein Tantler-Butten / die Kittel so hoch auffgeschürtzt /daß einem hätte mögen einfallen / sie wolten durch den Fluß Jordan waden / mit einem Wort / sie waren in allem mit 3. F / deren gesambten Wäscherin Gebrauch nach gezeichnet / nemblich / frech / frisch /frey. Nun hat es sich begeben / daß ohngefehr allda seinen Weeg vorbey genommen / der von grosser Heiligkeit berühmte Mann Jacobus Nisibitanus, den da frembder Bekleydung vnd demütigen Auffzugs halber dise Naßkittel maulaffent [107] angeschaut / vnd nicht allein wie es die liebe Erbarkeit erheischte / ihre Röck nicht hinunter gelassen / sondern noch darüber den Heil. Mann außgelacht / vnnd wer weiß / was vngewaschene Mäuler dise Wäscherin angehängt / der Heil. Mann solche Frechheit zurechnen / erhalt vom Himmel geschwind dise Gnad / daß der fliessende Bach vrplötzlich außgetrucknet / vnd damit auch dero übermütiges Verhalten / nicht Zoll frey ablauffe / ist durch sein Gebett geschehen / daß gedachte junge Töchter wider alles Vermuhten Augenblicklich Eyß grau worden auff den Köpffen / es schaut eine die andere an / erstumbten ins gesambt über solchen vnve rhofften Schimmel vnd Schimpel / lauffen schnur gerad dem Hauß zu / vnd erzehlen gantz zitterend wie ein Laub von der Espen / was ihnen begegnet; was in dem fall meistens zuverwundern / ist dises / daß obbeneñte junge alt Mütterl nimmermehr wolten [108] offentlich erscheinen / wegen Verlurst ihrer verschwundenen Schönheit / worauß erhellet / daß schön seyn /schön heissen / vnd schön bleiben / den Weibern also angelegen / wie den Pfauen das Prangen / den Raben das Fangen / den Schaben das Hangen / auch im Fall ihnen die Natur in einem oder dem andern mißgönnet / oder von dem lauffenden Alter das glatte Fell in ein rauches Hackbrettl verwend wird / so müssen kurtzumb anderwerts entlehnte Farben daß geraspelte Gesicht vergletten / wie auch die theur erkauffte Anstrich / vnd Falten-Popolitanischer Firneyß luckenbüsser abgeben / welche die alte Jahr Mirakel weiß / oder besser geredt Makelweiß / wie die Sonnen-Uhr deß Achab zu ruck ziehen sollen / dafern aber dises Schmieren vnd Zieren / nicht vil wircket / so muß der arme Spiegel diser gläserne Richter für ein Lugner gehalten werden / vnnd wird er Spiegel [109] in einem Annagramatismo oder Buchstaben Wechsel für ein Gispel gespöttelt. Zu was aber ihr üppige Welt-Docken /dient solcher euer vnmässiger Auffputz vnd angemasste Schönheit? Ist nicht wahr? damit man euch nur solle loben / lieben / vnd mit Centner schweren Respecten laben / dann euch gar wohl bewust ist / daß die Schönheit ein Angel / ein Engel / ein Agstein / ein Eckstein / ein Brunn / ein Brunst / ein Wiesen / ein Waasen / ein Bach / ein Pech / ein Taffel / ein Teuffel: Ein Teuffel / von dem sich ein jeder gern lasst holen / ein Taffel / bey der ein jeder gern thut schmarotzen / ein Pech / an dem ein jeder wil kleppen / ein Bach in dem sich ein jeder wil baden / ein Waasen /auff dem ein jeder wil grasen / ein Wiesen die ein jeder wil mähen / ein Brunst / bey der sich ein jeder wil wärmen / ein Brunn / auß dem ein jeder wil trincken / ein Engel / von dem sich [110] ein jeder gern lasst laithen / ein Angel / von dem sich ein jeder gern last fangen.

Samson derselbe starcke Held / der mit höchster Verwunderung gantze schwere Stattporten getragen /ist endlich von einer stattlichen scilicet Portnerin überwunden worden / derselbe / so mit dem Eselskinbacken / zu Boden geschlagen etliche gewaffnete Compagnien / ist von einer schlimmen Compagnin überwunden worden / derselbe / so die fruchtbahre Philisteische Traydt-Felder mit breñenden Fuchsschwaiffen in Aschen gelegt / ist von einem losen Schlepsack entzündt worden / derselbe / so mit seiner allbekanten Stärcke Löwen vnd wilde Thier zerrissen / ist von einer wilden Diern überwunden worden / derselbe / der von GOtt ein vngewöhnliche Stärcke in den Haaren erhalten / hat durch Anleitung seiner Liebsten nit ein Haar vmb sein Gewissen gefragt / wer ist dann Ursach alles dises? Frag nicht lang / [111] die vorgebildte Schönheit der Dalile.

David ein Mann nach allem Wuntsch / welcher ob schon klein von Leibs-Statur, hatte doch eine absonderliche Großmühtigkeit in dem Hertzen / vnd wie es von rechtswegen sich geziemet / daß wie das Haubt der Bildnuß Nabuchodonosor von puren Gold / also ein jedes Oberhaubt guldene Sitten an sich zeigen solle / welche man sattsahm kunte abnehmen in dem Wandl deß Davids; Zu dem so hat die günstige Natur kein Frucht mit der Cron begnadet / als den Granatäpffel / welcher inwendig nichts als rothe Hertzel in der Schoß traget / als solle es ein Lehr sein dem jenigen / so gekrönt / nichts als hertzig vnnd hertzhafft sich erzeigen / welches alles in disem Israelitischen Fürsten ansehelich erhellete; vnd wann auch darumb von den Bäumen in göttlicher Schrifft die Dorn-Stauden zur Cron erkiesen worden / vmb willen selbe in den geschärpfften [112] Dörnern die ernsthaffte Justitz vorbildet / so find man ebenmessiges Lob bey dem König David / als welcher Degen / vnd Seegen ingleichem Gewicht vnter seinen Untergebenen spüren liesse; gewiß ist es / daß diser einen solchen vnversehrten Tugend-Spiegel abgeben / worein allen gekrönten Monarchen zuschauen / keiner mißrathen wird / vnd dannoch ist diser schöne Cederbaum wurmstichig worden / vnd dannoch ist dise grosse Welt-Saulen gefallen / einen Ehebruch mit dem Todtschlag verdoppelt. Wer ist Ursach alles dises gewest? frag nicht lang / die Schönheit der Bethsabee: Von wem ware Holofernes verblent? Von wem ware Ammon verwent? Von wem ware Abimelech gebrent? Der erste von der Schönheit der züchtigen Judith / der ander von der Schönheit der vnzüchtigen Thamar /der dritte von der Schönheit der keuschen Sara. Daß Jacob vierzehen Sommer grosse Hitz [113] gelitten / vierzehen Winter starcke Kälten empfunden vmb der Rahel Schönheit willen / veranlasst mich zu einer Verwunderung / daß aber Anno 1567. Ericus König in Schweden sich mit einer Schergens Tochter vermählet / ihrer Schönheit halber / vnd also seyn Sta en-Hauß dem Stockhauß einverleibt / das bringet mich gar zum Lachen. O was Respect hat nicht allerseits die Schönheit! so wird dann ohne Zweiffel auch der Todt deßRespects nicht vergessen.

Es sagt der vnhöflliche Tod / ich hab den Respect nicht gelehrnt / ich hab ihn nicht geübt / ich hab ihn nicht gewohnt; wer Demuth sucht bey dem Pfauen /wer Auffrichtigkeit sucht bey dem Fuchs / wer Fastag sucht bey dem Wolff / der sucht auch bey mir Respect, nicht ein Pfund / nicht ein halb Pfund / nicht ein Vierting / nicht ein Loth / nicht ein Quintl Respect ist vnter meiner Wahr anzutreffen / ich mache es wie die vngebertige Lottersbuben [114] bey nächtlicher weil /die nicht allein die grobe vnd gemeine Fensterscheiben einwerffen / sondern auch die durchsichtige; also raube ich / höfflicher geredt / raume ich auß dem Weeg nicht allein die mostige / rostige / tostige Kuchel Diern / sondern auch die glatte Polster-Katzen /vnd ist mir ein Putzte / wie ein Geschmutzte / acht auch den Unterscheid nicht deß Saalbisems oder Stallbisems. Mir ist gleich ein Sabina oder Christina /mir gilt gleich ein Monica oder Veronica / mir gilt gleich ein Anna oder Susanna / mir gilt gleich ein Brigitta oder Margaritha / mir gilt gleich ein Lampel oder Trampel / ohne Respect, wer es nicht glauben wil / befüg sich nacher Wienn / vnd nehme allda außführlichen Bericht ein.

Nicht allein vngeformbte Gesichter / Csopische Larven / schroffige Mißgeburthen der Natur / seynd zu Wienn in die Gruben vnnd Gräber geworffen [115] worden / sondern auch schöne Gestaltẽ / wegen deren mancher ohnbehutsahmer zu einen Götzen Diener worden; als man in allen Gassen die Todten-Wägen hat angetroffen / ist gar offt zusehen gewesen / wie die Taffete Röck herab floderten / wie die seidene Schlayrl hinauß hangten / wie die verbandlirte Har-Zirathen gezett wurden / vnd weil die Todten-Cörper durch besondere Leuth / welche man die Siehknecht nendte / musten auß den Cammern zogen werden /also hat gar offt solches gewissenlose Luder-Gesind alle gegenwertige kostbahre Kleydungen entzuckt /vnd ist die Seiden schon so gemein worden / daß mancher solcher Troßbub die Chatarrische Nasen an den Taffet gewischt. Es ist zwar nicht zu laugnen /daß nicht solche tödtliche Seuch ohne allen Unterscheid habe grassirt / so hat doch aber mehristentheil dises Ubel das weibliche Geschlecht verfolgt / auß Ursachen / weil [116] selbiges der Forcht vnd übermessigen Einbildungen mehr vnterworffen / dañ ja keinem verborgen ist / was Wundersachen die grosse Einbildungen außbrüten. Der Heil. Damascenus bezeuget / daß zu seiner Zeit eine Frau seye glücklich genesen vnd Kinds-Mutter worden / das Kind aber ware am gantzen Leib gantz haricht vnd zottet / als habe ihm der Esau sein rauche Haut geliehen / ist aber solches von nichts anders herkommen / als daß die Mutter die Bildnus deß Heil. Joannis mit einer Cameelhaut bekleidter in der Schlaff-Cammer gehabt / dessen öffteres Anschauen ihr solche Einbildung verursachet.

Sebast. Munsterus lib. 3. suæ Comogr. schreibt /als vnweit von der Churfürstlichen Statt Maintz einsmals zwey Weiber auff der Gassen mit einander redeten / vnd weiß nicht was für Kuchl Discurs. vnd Pfañen-Rathschläg führeten / ein andere Muthwillige[117] vnvermerckt hinzu geschlichen / vnd deren beede Köpff zusammen gestossen / weil nun eine auß disen groß Leibs ware / vnd nicht lang hernach niederkommen / hat sie zwey Mägdlein gebohren / deren beede Köpff biß auff die Nasen an einander gewachsen /vnd haben solche in das zehende Jahr gelebt / was nicht der Schrocken thut! Cornel. Gemma lib. 1. suæ Cosmog. betheuret / wie daß in Niederland sich habe ein Frau bey einer guten Gesellschafft eingefunden /vnd als die Red gangen von ihren groß schwangern Leib / habe sie gemelt / wie daß ihre Rechnung auß seye auff das Fest der Heil. drey König / welches alle bewegt / daß sie überlauth gewuntschen / sie möchte mit drey König erfreuet werden / darauff sie mit lachenden Mund widersetzt: Ey GOtt gebs! vnd weil ihr nachgehends dise Wort ziemlich in der Gedächtnuß haffteten / vnd sie zu benannter Zeit nieder kommen /[118] hat sie drey Knaben auff die Welt bracht / deren einer ein gantz kohlfärbiges Angesicht dem Mohren gleich hatte / was die Einbildung nit würcket! Vor etlichen Jahren als in einer Reichsstatt spatzirte eines vornehmen Burgers seine Frau über den Marckt / die groß schwanger ware / thät ein Kayserl. Soldat hinter ihr ein Schuß auß einer Mußqueten / dessen die gute Frau sehr erschrocken / vnd anderst nicht meinte / dann er hab sie mit der Kugl in die Lenden getroffen / als sie nun in gar weniger Zeit durch Gottes Hülff ihrer weiblichen Bürde entlediget wird / befindt sich in den Lenden deß Kinds ein Loch / anders nicht formirt / als obs warhafftig mit einer Mußqueten-Kugel geschossen worden were. Ludovic. Hörnik Quæst. 65. was der Schrocken vnnd die allzu grosse Einbildung nicht kan bey den Weibern! Wegen solcher haben viel tausend junge Weibsbilder [119] allhie zu Wienn das Valete von der Welt genommen: zuweilen geschahe es / daß eine in ihren Kleyder-Kasten die Favor Bänder zusammen raumte / welche sie etwann von disem oder jenem vergafften Gesellen vmbsonst erworben / als sie aber das Klapffern vnd Schottlen eines Wagens vernommen / vnd sie der anartige Vorwitz zum Fenster zogen / da ist sie deß traurigen Todten-Wagens ansichtig worden / vnd darüber also erbleicht / daß den Augenblick die Pest an dem Leib an auffgefahren / worůber sie die neckerfarbe Bandlerey vnd Tandlerey beyseits gelegt / schwartze Maschen vmb die Händ gebunden / vnd den Weeg zum Lazareth /nachgehents zur Ewigkeit genommen: O wie manche Eltern thäten offt ihre Gedancken abmatten / vnnd verkürtzten ihren Schlaff / in Beratschlagung / wie sie etwann möchten ihre gewachsene Töchter nach Wuntsch versorgen / indem [120] sie vielleicht schon an ihnen erblickt haben / daß sie besondere Maschen am Rosenkrantz tragen / bey denen offt mehrer Verdacht als Andacht / vnnd ist gar nichts neues / daß offt Ellen lange Bändl zehen Klaffter lange Liebe nach sich ziehen: O liebe Eltern / ein gute Nacht / schlafft fein wohl / macht euch nicht übermessige Phantaseyen von Heyrath Stifftung eurer Töchter / es wird sich bald ein prafer Gesell einfinden / der sie freyen wird / diser ist der Todt / welcher dann in der Warheit nicht nur hundert / nicht nur tausend / sondern viel tausend junge Mägdlein in die Gruben geworffen.

Muß bekeñen / daß bald kein kleiners Gassel allhier zu Wieñ / als das Jungfrau Gassel / auß dem aber folgt nit / daß solche Lilien-Zahl soll gering seyn /sondern glaublich / daß wir auch mit der Heil. Ursula sambt ihrer weissen Armee könten zehlen / vnd find man annoch viel adeliche vnnd vnadeliche [121] Töchter /bey denen Zucht vnd Erbarkeit das beste Kleynodt /vnd die silber weisse Ehr der grösste Schatz / nit weniger viel Erbahre Matronen / die auch Tugend halber der Römischen Lucretia nicht viel nachgeben / weil aber noch wenig Garten seyn gefunden worden / in denen nicht auch vnnütze Brennessel seynd auffgewachsen / vnd haltet auch das beste Weinfaß trübes Boden-Gleger / so kan mans auch dem Himmel vorrupffen / daß nicht lauter gute Engel darin gewesen seyn / was ist dann Wunder / daß nicht manche Haubtstatt frey ist / von gar zu freyen Leuthen; vnd kan nicht gelaugnet werden / daß nicht zuchtlose Schleppsäck vnnd einige verführende Höll-Zeisel in Wienn anzutreffen gewest / die aber der embsige Todt meisterlich auff die Seiten geraumbt / vnd ist nur diß zu tauren / daß in einer Grüben manche Tugendvolle Jungfrau muß auff der Seyten eines solchen [122] geilen Misthammel verfaulen.

Moyses nachdem er von dem Berg Sinai herab gestiegen / fande nit ohne absonderliche Gemůths-Bestürtzung / daß seinem Volck der Würbel in den Kopff gerathen / in dem dise Mammelucken ein guldes Kalb für einen Gott angebetten / O Ochsenköpff! wie kans euch doch einfallen / daß ein Kalb euer Gott soll seyn / dahero der Eyffer volle Mann Gottes alsbald die steinerne Taffel zertrümmert / vnd auff solche weiß der erste gewest / der die zehen Gebott gebrochen / nachgehends das guldene Kalb gantz zu Aschen verbreñt; Wann ich wäre gegenwärtig gewest / so hätte ich dem Heil. Mann gantz glimpffig eingerathen / er wolle diß guldene Kalb nicht zwar dem Fleischhacker / wohl aber dem Müntzmeister einhändigen / damit er bahres Geld darauß brackte / worvon den armen Leuthen könte Beyhülff geleist werden / es ist ja immer Schad / daß solches [123] kostbahres Metall in vnnutzbahren Aschen solle gelegt werden; Moyses aber hatte hierin ein weit anders Außsehen / vnnd verbrante darumb dises guldene Kalb zu Aschen / damit die vnbesonnene Tilltappen sehen sollen / was sie bethöret haben angebet.

Kombt her ihr Welt-Affen / ihr Gesichter-Narren /ihr Venus Genossen / geht mit mir an vnterschiedliche Orth zu Wienn / allwo grosse Gruben mit vielen tausend Todten-Cörper angefüllt / schaut ein wenig das jenige was ihr habt angebett / vor dem vielfältige Ceremoni geschnitten / dem ihr habt mehr geschmeichlet / als die Egyptische Katzen im Brauch haben / mit dem ihr in die Lustgarten gefahren / vnd allda in der kühlen Grotta bey dem klaren Wasser trübes Gewissen / darvon tragen / die ihr offt mit rothen Röcken vnd Kleyder versehen / vnnd darfür das Weisse außgezogen / schaut die jenige / die euch vmb Schaff vnnd [124] Schlaff / vmb Kuhe vnd Ruhe / vmb Wissen /vnd Gewissen gebracht / geht her / schaut recht in die Gruben / darin viel tausend liegen / dort ligt diselbe /die dich mit ihren gekrausten Harlocken gleichsamb verzaubert / jetzt seynd diselbige Laußstauden nicht mehr von der Biesemschachtel eingepulvert / sonder vor Rotz vnd Eyter bicken sie zusammen wie die erharte Fürneiß Pemsel / sihe / dort liegt die jenige / die mit ihren Magnetischen-Augen dein Hertz gezogen /dero Klarheit du über Diamant erhoben / nunmehr stecken selbe in dem Kopff vertieffter / vnnd seynd nichts als außgehölte Wurm-Nester / sihe / weck mit dem Schnuptůchl von der Nasen / damit du besser könnest sehen die jenige / dero Rosen in den Wangen dich offt zu einem Goldkäffer hattẽ; gehet weiter mit mir / da ist ein andere Gruben / dariñen viertausend Menschẽ nicht anderst liegen / als wie daß eingeschlagene [125] Wildpred in dem Faß / mit dem Unterscheid / daß an stadt deß Saltz der vngelöschte Kalck / sihe dort ligt diselbe / dero rothe Leffzen dir über Zuckercandel gewest / nunmehr hat der vngelöschte Kalck diselbe Lecker-Bißl verzehrt / daß anjetzo die Zähn hervor blecken / wie einem murrenden Hund an der Ketten; Kombt herzu / schaut das jenige / was euch angereitzt / was euch bezaubert / was euch bethört / was euch verzuckt / was euch ergetzt / was euch erfreut / jetzt ist alles ein stinckende Allabatritta, ein Hauffen Wust / ein Versamblung Koths / ein Keder der Würmen / ein graußliches Eiterwesen / ein Zusammenrottung deß Unflats / nembt ein einiges Tüchl voll dises Gestancks / tragts mit euch nach Hauß / vnd betracht / was das ist vmb ein solchesPfui / ewig leyden / ewig / O ewig! gedencke wie es manchem solchen stinckenden Gründschüppel [126] vmb das Hertz ist / der in deinen Armen gelegen vnd nunmehr leydet in dem Höllischen Pechstrudel. O was wurde für Buß ergreiffen / ein solche elende Tröpffin /so ihr noch wurde ein Außgang gestatt werden / ist aber vmbsonst / ewig / ewig / ewig / O ewig! ewig immer / ewig nimmer / nimmer herauß auff ewig /immer darin auff ewig.

Ich kan auch nicht vmbgehen / sondern gleichmessig bekennen / wie daß der Todt auch den Eyßgrauen Haren nicht verschont habe / vnd ebenfals nach der Fechhauben griffen / als nach dem Jungfrau Börtel /vnd also zwischen den glatten Gesichtern vnnd grunzelten Stirnen geringen Unterscheid spüren lassen / ja so gar auch siebenzig / achtzig / neunzig / vnd wohl hundertjährige Mütterl mit solchem vergifften Pfeil getroffen worden / so ist auch beynebenst vnlauglich /daß nicht weit mehrer junge Töchter haben [127] müssen den Todten-Tantz hupffen. Es hat Pestilentzen geben wie Fabi paul de prœele lib. 2. verzeichnet / darin allein die Männer vnd keine Weiber geblieben. Item so seynd eine gewest / wormit allein gewisse Nationen seynd angesteckt worden / wie dann zu Basel ein Pestilentz regierte / dardurch allein die Schweitzer seynd vmbkommen / nicht aber die Hispanier / Frantzosen vnd Italianer / so eben in selber Statt sich befanden /Philip. Mac. probl. de pest. In den Occidentalischen Indiẽ ist ein Geschlecht der Pest / welche allein die Indianer auß dem Weeg raumet / vnd allen andern V \lckern verschonet / Alex Trajan: lib. 2. d. mor. gal. In der Belägerung Breda Anno 1627. als auch die Pest allda grassirte / seynd allein die Calvinisten von derselben angefochten worden / der anderen fast wenig.

Aber die Pest allhie / so vns dises Jahr betrangt /hat zwar ihre Zähn [128] an alle gerieben / doch mehristen Theil die Weibsbilder vnd ledige Menscher verfolgt /also daß sieben tausend ledige Menscher allein gezehlet worden / die alle vom Todt nicht ledig waren / die Ursach wird von denen Medicis der grossen Forcht zugemessen / wordurch in dergleichen Leuthen die Pest leichtlich gezieglet wird / weil nemblich das von Forcht vnnd Schrocken ermüte vnd außgematte Hertz nicht gnugsame Kräfften hat dem Gifft zu widerstehen / wie auch durch die grosse Forcht vnd Schrocken wird die natürliche Wärme sehr geschwächt / vnd dahero die lebhaffte Geister häuffig dasselbe zuerhalten eylen / vnd so etwañ dieselbige das geringste von dem Gifft-Lufft gefangen / thun sie alßbald solche böseQualiteten dem Hertz mittheilen / vnd verursachen also die Pest; O wie viel arme Tröpfinnen auß Befehl ihrer Herrschafft / gute Bissel einzu kramen / seynd auff den Marckt gangen / [129] vnd von dem nechsten Krancken vnd bleichen Schwefel-Gesicht also erschrocken / daß sie nachmals die Victualien / in dem Korb / die Pest aber an dem Leib nach Hauß getragen.

Wolte wüntschen / ihr junge Töchter / ihr hätt ein solche Forcht vnnd Schrecken gefast an der Sünd /wie euch eine die Pest eingejagt / so würd ihr weit besser bey dem gerechtisten Richter bestanden seyn /hoffe aber den gütigsten GOTT / dessen Milde kein Maß / kein Zihl / kein Zahl / kein End haltet / werde eure Schwachheit vnd schlüpfferiger Willen bewegt haben / zu einem Ablaß vnd Verzeihung / deren du auch liebster Leser mit einem tröst sie GOtt vnndRequiescant in Pace wollest gedencken.

[130]

Mortuus est autem & dives Luc. 16.

Fort / fort / du reicher Batzen-Gesell /
Mit deiner Müntz vnd Lage,
Es ist nicht beständig deine Stell /
Du gehörst in mein Pagage,
Was helffen die Marsupia,
Und guldene Aucupia,
Du must doch alls verlassen /
Dann sterben müssen alle Leuth /
In dem Spiel gibts nicht passen.

Der Todt hat nicht allein zu Wienn viel Arme hinweg geraumt

[131] Der Todt hat nicht allein zu Wienn viel Arme hinweg geraumt / sondern auch den Reichen nicht verschont.

Ist es dem Samson nicht für vnguth auffgenommen worden / daß er zu mehrer lustiger Gemüths Erwegung seinen Gästen ein Sinnreiches Rätzel vortragen /so wird man meines ohngezweiffelt auch nicht in Ubel außdeuten / wann ich folgends fragen werd / was ist das? Es hat keine Füß / vnd dannoch gehts durch die gantze Welt / es hat keine Händ / vnnd dannoch schlagts gantze Kriegsheer / es hat kein Zung vnd dannoch redts besser / als Bartolus oder Baldus, es hat keinen Verstand / vnd dannoch gilts mehr als alle Weisen / es ist ein Ding / welches [132] GOtt in dem Nahmen Lateinischen vnd Teutschen schier gantz ähnlich ist? Sag her was ist das? Beiß mir dise Nuß auff / dise Geheimbnuß / Gelt du wirst es errathen? Gelt es fallt dir ein? nichts anderst ist es als Gelt. Dann wann man von dem Wörtel Gold nur das L hinweg ruckt / so heisst es God / vnd in Latein heisst Numen ein Gott vnd Nummus ein Gelt / welche beede dann Nahmens halber ein rechte Verwandschafft tragen / dahero diser gelbsüchtige Erdstrollen / diser bleiche Dalcken so weit in seiner Macht gestiegen / daß die gewissenslose Welt so wohl O allmächtiges Gold / als O all mächtiger GOtt seuffzen pflegt.

Wasser her / wans brinnt! Zu Zeiten Noe ware die gantze Welt von dem stinckenden Venus-Feuer angezůndt / dahero vonnöthen gewest / daß der gerechte Gott mit dem Wasser deß [133] Sündfluß die in Ungebühr eingefla te Welt muste löschen / als nun durch göttlichen Befelch die wassersüchtigen Wolcken mit langwürigem Regen den gantzen Erdboden in ein See verkehret / vnd alles lebendiges ausser der Archen muste dises strenge Badt außtrincken / schickt nach geraumer Zeit der Altvatter Noe als Oberherr dises schwimmenden Hauß einen Raben / mit dem Befelch / diser kohlfärbige Curier solle seinen Flug beschleunigen / vnd nach eingenommenen Augenschein den gewissen Bericht erstatten / ob der Sündfluß noch die Wassersucht habe / oder die Schwindsucht / der Rab fliegt auß / vnd weil er vnterwegs ein Aas / so empor schwi ete / thät antreffen / hat er mit demselbigẽ seinen schwartzen Rantzen also überhäuffig angeschopt / daß er vntüchtig zum fliegen / auch folgsamb muste ersauffen: gar recht / auff einen so verbottenen Bissen / [134] gehört ein solcher Trunck / also schickt Noe einen andern vnd zwar einen vnschuldigern Bothen auß /nemblich eine Tauben / welche dienstfertiger als oben gedachtes Raben-Viech / den Nachricht wolle bringen / diser fromme vnd einfältige Vogel nach kurtzer Verweilung kehrt wider nach Hauß / vnnd setzt sich auff die Archen / Noe streckt seine Hand auß / vnd ergriff sie / vnd nam sie in die Archen / nach kurtzer Zeit schickt er sie widerumb auß / welche dañ damahls vnverzüglich zu ruck kommen / mit einem Oehl-Zweigl in dem Schnabel / vnd hier meldt die Heil. Schrifft nichts / daß sie Noe auch dißmahl habe ergriffen / vnnd in die Archen genommen / ist also glaublich / daß die Tauben daß andere mahl freywillich in die Archen geflogen; Worinnen dañ nicht ein geringe Verständnuß verborgen liegt; Das erste mahl muste Noe mit Gewalt das Täublein in die Archen nehmen / das [135] andermahl fliegt es freymütig selbst hinein: es ist dise Ursach / das Täubel hatte das erste mahl nichts / das Täubel war ein armer Teuffel / dahero traute es sich nicht in die Archen / si nihil attuleris, ibis Homere foras: daß andermahl hatte es ein Oehl-Zweigl / Schmieralien / deßwegen es freymütig hinein geflogen / wohl wissent / daß demselben Thür vnd Thor offen stehe / so etwas bringt: Lieber Leser /bemůhe dich ein wenig / vnd verwechsele die Buchstaben in dem Wörtl Teubel / alsdann wirst du eigentlich herauß bringen das Wort Beutel: Kombt anitzo ein Lächrer / ein Schwindsüchtiger / ein armerBeutel / wie das arme Teubel für ein Hauß / vmb willens ein Gnad zu fischen / vmb ein Ambt zu buhlen / den doch die Talenta vnd natürliche Gaben /würdig zeigen / den doch Treu vnd Redlichkeit rühmen / O lieber Gott! er traut sich [136] nicht hinein / es geht ihm schon vor den Augen vmb / daß Matth. am letzten / es kuglet ihm der Korb schon entgegen / vnd ist der Sthul / auff dem er sitzen soll / noch beym Tischler: Ist aber der Beutel nicht eytel / sondern voll /wohl gefüllt / so heisst es auch wohl gefallt / dann ihme steht aller Paß offen / ihm fliegen Klaffter lange Willkom entgegen / vnd steht das Fiat schon vnter der Thür / da kaum das Petitum hat angeklopfft; O du allmåchtiges Gold! du kanst alles / du vermagst alles /du heist alles / du halst alles / du gewinst alles / du überwindest alles / du zierest alles / du verdeckst alles / du überwegst alles / alles / alles.

So ich fragen sollt / welches die angenehmste Farb wåre / wurde mir vielleicht die Antwort begegnen /die grüne Farb? wormit prangte der vnglůckseelige Feigenbaum / deme verdienter massen Christus der HErr die [137] Jäger Liberey wider alles Vermuthen außgezogen; etwann die weisse Farb? mit dero schimmerte die glorreiche Bekleidung Christi auff dem Berg Thabor / allwo Petrus sambt seinen zweyen Cammeraten ein kleinen Bissen der himmlischen Ergetzligkeit gekost hat; etwann die rothe Farb? mit welcher gantz gähling überzogen worden / das keusche Angesicht Susannæ / als sie die zwey alte / aber nit kalte B \ßwicht in dem Garten freventlich angetast; etwan die schwartze Farb? so sichtbahr war in jenem Raben /welcher dem Propheten Eliæ ein Proviant-Meister wider Willen abgeben: Nein / nein / du hast es nicht errathen / Goldfarb ist die schönste / wer mit solcher angestrichen ist / der gefallt jedermänniglich / vnnd schiest keine weniger ab als dise / Goldfarb hat bey der bethörtẽ Welt den Vorzug vor der weissen / vnnd m \cht jemand [138] noch so schwartz seyn / so macht ihn die Goldfarb weiß / verstehe vnschuldig.

Wann ich fragen sollt / welches das beste Kraut auff Erden / so wurde ich vielleicht dise Antwort erhalten / das Kraut so da geneñt wird Manns-Treu /das Kraut so da heisst Fünff Finger Kraut. Nein /nein / du hast es mehrmahl nit getroffen: Tausendguldenkraut ist das beste / dises heilt alle Schaden /dises curirt alle Wunden / dises hat mehr Safft vnd Krafft / als aller Apotecker verschammerirte Bůchsen / auß denen offt einige außwendig mit grosser Cantzley-Schrifft pochen / vnd seynd inwendig mit halb geschimbleter Hollersalsen anklend; Tausendguldenkraut / mit einem Wort ist so heilsamb / daß es auch denselben in grossen Ruhm stellet / der sonst ein lauters Vnkraut. Wann ich fragen sollt / [139] welcher der angenehmste vnd vornemste Vogel? so wurde mir vielleicht mit solcher Antwort begegnet werden /etwan der Adler / als welcher ein König vnd Oberhaubt deß gantzen gefiderten vnd geflügleten Geschlechts / der auch mit vnverwendten Augen das strahlende Sonnen-Liecht i erzu anblickt / vnd in Anschauung diser Himmels-Fackel sein einige Ergetzlichkeit fühlet; als seyn jene gar schlecht adelich /dero Sinn vnd Gewinn wenig nach dem Himmel zielet? etwan der Vogel Phönix / welcher mit verwunderlicher Curachi sich freymütig auff den klein brennenden Scheiterhauffen setzet / jedoch mit mercklichem Vortheil / weil auß dessen Aschen ein neuer Phönix hervor stammet / diser Vogel kan fůglich alle Christen behertzter machen / daß sie ob dem Todt wañ schon erbleichen / wenigist nicht sollen erschrecken / zumahl der entzogne Leib am Jüngsten Tag in allgemeiner Aufferstehung [140] wider erstattet wird. Etwan die Tauben ist der angenembste Vogel? weilen diser vor all andern mit dem Titul der Unschuld pranget / vnd so er an der Sonnen steht / wird man an dem Halß gleichsamb ein Copey von einem vielfärbigen Regenbogen abnehmen / der eine Deutung gibt / daß freylich nichts schöners seye / als wann jemand in den Strahlen der göttlichen Sonnen / will sagen in den Gnaden Gottes stehet; du hast es dannoch nicht errathen / weder die Tauben / weder der Phönix / weder der Adler ist der schönste vnd angenembste Vogel /sondern der Habich; Habich singt bey der Zeit zum lieblichsten / der Habich schwingt sich der Zeit ůber alle Verdienste / Habich Geld so Habich alles in der Welt / der Habich macht auch ein Galgen Vogel zu einer Tauben / wer den [141] Habich hat / der hat was er haben will / vnd will was er haben wüntscht vnd will. O Geld! du machst offt ein lähren Topff zu einem gelehrten Kopff / O Geld! du verschacherst offt ein Dunst für ein Kunst.

Die Phariseer / meldet der Evangelist / haben einsmahls ein freches Weibsbild in den Tempel / allwo Christus der HErr sich auffhielte / mit sich geführt /vnd selbige ehelicher Untreu halber ernstlich angeklagt / mit Vermeldung / daß sie solche in würcklicher Schand-That ertapt hätten / weilen das Mosaische Gesatz dise zuversteinigen ihnen starck auffbünde / also wolten sie seine Meinung vnd bedachtsahmes Urthel dißfalls auch vernehmen / was er darzu sag? Der gebenedeyte HErr auff solche eingebrachte Klag / neigt sich vnter sich / vnd schreibt mit dem Finger auff die Erd; Nun forschet ein andächtiger Vorwitz / was [142] doch der eigentliche Inhalt diser Schrifft seye gewesen / alda antwortet der Seraphische Bonaventura, weil Christus der HErr zweymahl auff die Erd geschrieben / als habe er das erste mahl dise Worth verfast / qui sine peccato est, etc. der ohne Sünd ist / der hebe zu allererst die Stein auff / vnnd werffe auff sie; welches dann die tumpere Gesellen nicht verstunden / oder nicht verstehen wolten / deßwegen der HErr zum andertenmahl auff die Erd geschrieben / vnd solche wunderliche Charactern vnd Schrifft auffgesetzt / auß dero ein jeder alle sein lebenlang begangene Sünde vnd saubere Stückel als auß einem lebendigen Beichtspiegel könte ersehen /welches ihnen also in die Nasen gerochen / vnd solchen Purper in den Wangen gewürckt / daß einer nach dem andern schamroth ohne weitere Verweilung zum Tempel hinauß geschlichen.

Vielen thut es nicht vnfüglich [143] frembd geduncken /warumb Christus der HErr allhier nicht die genaueJustiz wegen deß verübten Ehebruchs in Obacht genommen / vnd solche wohl Doctorirte Leuth zu Vollziehung der gebührenden Straff ermahnt / auch etwan sie wegen eyffriger Obsicht ihrer Satzung gelobt? hat sich wohl loben! Ertz-Schalck / Ertz-Bößwicht / Ertz etc. seynd sie gewest / indem sie ein Weib vorgestellt / welche sie im Ehebruch ertapt / wie es dann der Warheit gemeß ist / wo haben sie dann den Ehebrecher gelassen / wo? wann sie ertapt worden / folgt nothwendiger Weiß / daß er auch muß seyn in die Händ gerathen / wann deme also / wie geschicht / daß nur das Weib zum Gericht zogen worden / vnd er nicht? Höre die rechtmessige Vrsach / das Weib ware ein arme Haut / ein důrfftige Lappin / hatt nichts zu spendiren / er aber ware ein reicher Vogel / hat sich wissen mit guldener Erkantnuß einzustellen / [144] dahero solcher Gestalten sich aller fernerer Vngelegenheit außgeschraufft mit dem verruchten Mammon oder Geld: Also vermag das Geld alles / das Geld macht auß den Richtern / richtige Gesellen / das Geld macht auß Treu / treulose Leuth / das Geld macht auß Feinden Freund / auß Freunden Feind / das Gelt kan alles / wer guldene Flügel hat der fliegt zum Höchsten /wer einen guldenen Schlüssel hat / sperrt alles auff /auch die Hertzen der Menschen / wer mit guldenen Kugl schiest / erobert auch die stärckeste Vestung /wer mit guldenen Angl fischt / der fangt alles was er wil / wer ein guldenen Præceptor hat / der wird der Gelehrteste / Pecuniæ obediunt omnia, O allmächtiges Gold / dir geschicht die gröste Ehr.

Jenem silber Geld / so vor Zeiten in der Statt Hamburg ist gebrackt worden / ins gemein ein Reichsthaler genannt / wird absonderliche Ehr erwiesen in [145] demCollegio der Soc. Jesu zu Vilnæ, ist aber dessen ein erhebliche Ursach / dañ dises Geld führet auff einer Seiten folgende Brackschrifft: Moneta nova Civitatis Hamburgensis: Neue Müntz der Statt Hamburg: Auff der ander Seiten zeigt sich die Bildnuß der seeligisten Mutter Gottes mit beygefügten Worten: Fiat mihi secundum Verbum tuū: Mir geschehe nach deinem Wort: eins mahl begab es sich in Gesellschafft prafer Leuth / welche sich mehr auff die Sabel als Sabindl verstunden / daß einer sich rühmte / er könne mit seinem Sabel einen Reichsthaler auff dem Tisch mitten entzweyen; Worauff die Prob zusehen / der nechste Mitgspan ein Thaler auff den Tisch gelegt / ohnwissend / daß dise ein alte Hamburgische Müntz wäre /mit obengedachter Maria Bildnuß; Andreas Kaliszevvschy, also war sein Nahm / zieht von Leder / vnd fůhrt ein Streich mit vngew \hnlicher Stärcke /von dem aber [146] solches Geld nicht allein vnverwunt verblieben / sondern noch Trutzweiß in die Höhe gehupfft / vnd was solches Wunder vergr \ssert /haueten noch andere mit gleichen Kräfften zum öfftern mahl / in benennte Müntz / so gar daß einem der Sabel zu Trümmern gangen; vnnatürlich dunckte alle dise Geschicht / deßwegen solches halßstärriges Gelt / wie sie es nennten / gantz genau besichtiget / vnd nicht ohne männiglicher Bestürtzung gefunden / daß solches Wunder gewürckt habe die silberne Bildnuß der guldenen Mutter Maria / derentwegen dann geschehen / daß solcher Reichsthaler wegen seines wunderthätigen Gnaden-Bild noch offentlich heutigs Tags nit ohne häuffiger Gnaden-Spendt verehretwird.

Nicht allein geniesst dises Gelt so grosse Ehr / welche dann gar löblich vnd von keiner ketzerischen Schnader-Zungen zu schimpffen / sondern alles Geld wird verehret in der Welt / das [147] Gelt gilt / es gilt das Gelt alles in der Welt; O du mächtiges Gelt! ist dann ein Stärcke die du nicht schwächen / ist dann ein Schwachheit die du nicht stärcken kanst? Es ist keine / es ist keine; ist dann ein Unschuld / die du nicht schuldig / ist dann ein Schuld die du nicht vnschuldig machen kanst? Es ist keine / es ist keine; ist dann ein Schand die du nit beschönen: ist dann ein Schönheit die du nicht schänden kanst? Es ist keine / es ist keine; es ist kein Stand / wo du nicht Bestandt hast /es ist kein Port / wo du nicht Orth hast / es ist kein Wandl wo nicht Hand vnd Handl hast? Auro & Argento appetitur Veritas, expugnatur integritas, Justitia vincitur, Innocentia proditur, fidesque violatur. Euseb. hom. 4. in Epiph. O was Respect halt nicht das Gelt vnd die Reiche? Ohne allen Zweiffel wird auch solcher nicht manglen bey dem Todt;

Ich / antwort der Todt / diser beinige [148] wohl recht verbeinte Gesell / ich weiß vmb keinen Respect, ich rühre kein Gelt an / Arm vnd Reich / gilt mir gleich /auch ist bey mir Holdselig vnd Goldselig nicht ein Ding / es mag das gelbe Metall / gelten viel überall /so gilt es doch bey mir nichts / ein Hanß vnd Joannes / ein Fritz vnd ein Fridericus / ein Balthasar vnnd ein Hausel / ein Matthias vnd ein Hiesel ist mir eins / ich nimme alle zusammen / schlags nieder in Gottes Nahmen vnd mache ein Allabatritta drauß / das ist mein Schmauß / wer dem nicht will Glauben geben / der frag die Wienner drumb.

Man weiß daß die Pestilentzische Seuch auch vor Zeiten den Reichen nicht verschont hat / wie dann Kayser Claudius sonst in allem ein sieghaffter Monarch nach zwey jähriger Regierung an der Pest gestorben. Cuspin.

Deßgleichen auch Kayser Constantinus sonstenMonomachus genannt / [149] sambt seiner Frau Gemahlin Zoe ist durch die Pest auffgerieben worden. Volater lib. 23.

Item Kayser Lotharius ist bey Trident in einer niedern Bauren Hütten Anno 1138. müheseelich an der Pest gestorben. Oth frisin. lib. 7.

Fridericus Hertzog in Schwaben / ist mit der mehristen Mannschafft deß teutschen Kriegsheer durch die Pest hingericht worden. Sidon. lib. 15.

Barbara / deß Kaysers Sigmund hinterlassene Wittib / ein sauberer Höllbrocken / ist an der Pest gestorben / vnd von den Hussitischen Priestern zu Prag vnverdienter massen prächtig zur Erden bestatt worden. Cranz. lib. 12. Van.

Joannes Zisca ein Tyran in Böhmen / vnd Ertz-Feind der Geistlichen / der auch sein eigne Haut nach dem Todt zu einer Trummel verordnet / ist an der Pest erstickt. Æn. syl. c. 46. Hist. Boh.

[150] Ladislaus König in Böhmen vnd Ungarn / ist als ein Bräutigamb zu Prag in anderthalb Tagen an der Pest gestorben. Ibi c. 71.

Alphonsus der eilffte König in Spanien / ist am Heil. Charfreytag an der Pest verschieden. Ritius neap. lib. 3.

Hippolytus Medices Cardinal / ist auch an diser Seuch gestorben. / Jov. l. 34. Weilen dergleichen vornehme vnd hohe Standts-Persohnen zu Wienn nicht verblieben / sondern durch heilsamen Rath sich anderwerts begeben / also seynd folgsamb solche der Gefahr vnd diser gifftigen Seuch entgangen / etliche wenige Cavallier seynd allhier der Statt vnd dem Land zu Nutz vnd Schutz verblieben / jedoch aber mit äusserster Gefahr / indeme deroselben Bediente auch ihnen von der Seiten durch die Pest seynd hingerissen worden / vnd so fern der allerhöchste GOtt nicht hätte absonderliche [151] Schutzhaltung geleist / vmb weil die Statt sonst gar trostloß in Bestürtzung gerathen wåre /hätte ohne Zweiffel auch der Todt solche hohe Stammen-Bäumer geschüttelt; Im übrigen hat solche grassirende Pest den Sammet so wenig respectirt / als den groben Zwilch / vnd ist der Todt so wohl dem Reichen nachgeschlichen als dem Armen / vnd weilen allenthalben mehristen aber vor der Statt viel tausend Bettgewander / vnd Kleyder / etc. gelegen / welche zwar neben ůberhåuffigen Geschäfften von der embsigen Obrigkeit bald seynd verbrennt worden /also hat es das Ansehen gehabt / als wann ein Raub-Vogel ein vnschuldige Tauben ropffet / darvon die zerstreute Federn hin vnd her auff der Strassen liegen / man sahe bald da einen Rock / bald da einen Huth /bald anderwerts zerstreute Leinwath / worunter nicht nur lauter gemeine Kotzen / zottete Tagwercker Decken / schmutzige [152] Schlosserschürtz anzutreffen / sondern auch schöne mit kostbahren Spitzen gebrambte Bettgewander / taffete Polster / vnd edler Haußrath /auch hat man auff dem Weeg nach dem Lazareth zum \fftern verwühlte Parocken gefunden / worauß wohl abzunehmen war / daß der Todt nicht ein Haar frage nach dem Reichen.

Ein mancher armer Tropff / der von solchem Ubel angesteckt worden / weilen ihme deß Galeni Wissenschafft nicht bekañt / curirte sich zu weilen mit so geringen Medicamenten / die ihme vmbsonst zu handen kommen / da vnterdessen den Reichen der distilirteBezowar nicht könte vom Todt erretten / vnnd wann schon mit deß Paracelsi Haußrath / Tisch vnd Taffel bedeckt ware / so muste dannoch mancher Reiche wegen gar zu starcken Gifft die Hauth lassen.

Das heicklich seyn ist sonst dem Reichen ziemlich angewachsen / vnd ist der [153] geringste üble Geruch ihrer zarten Nasen ein Marter / auch muß an Bisam vnd Balsam nie kein Abgang seyn / damit nur der safftige Schmecker nicht beleidiget werde / aber bey diser Pest-Zeit ware auch dem Reichen der üble Geruch nicht zu wieder / sondern in Meinung / daß deß Bocks-Geruch ein bequemes Mittel wieder das Pestilentzige Gifft seye / ware in manchem reichem Hauß dem Bock alle Zimmer außzugehen erlaubt / vnd dörffte solcher gastige Gast zu manchem Tischtuch schnubtzen / deme sonst zu einer andern Zeit ein truckner Willkom die Thür gezeigt hätt / aber was thut man nicht / vmb Erhaltung deß Lebens.

In den vnteren Schulen / so ein Knab vnbehutsamb wieder die Regel der Gramatic schreibet / pflegt man disen Fehler einen Bock zu nennen / vnd ist solcher Bock den armen Schuler zu keinem Vorthl / sondern wird offt deßhalben bestrafft; Ob nun der [154] Bocks-Geruch zur Pest-Zeit heilsamb seye / ist meines Ambts nicht zu entörtern / vnd glauben wohl etliche außAveroe, als seye diser bartige Stincker zu solcher Zeit nicht gar übel / wann dem schon also / so ist doch manchem Reichen der Bock zum geringen Vortheil gereicht / wie den armen Schuler / noch hierdurch beim Leben erhaltẽ worden; vnd wolte wüntschẽ O lieber Gott / daß ein solcher von dem Bockstall wäre zu dem ewigen Schaffstall gelanget.

Allhier ist vielen Reichen begegnet / was sich mit dem Absolon zutragen / diser Königliche Printz hatte wohl ein sch \nes Haubt / aber keine Haubt-Tugenden an ihme / es waren seine schöne Haarlocken den geflochtnen Goldfaden nicht vngleich / wohl recht nennt man sie Haar-Locken / weil sie gar offt vnbehutsame Augen pflegen zu locken / der schöne Absolon tragte wohl Rosen auff den Wangen / aber Dörner in dem Gewissen / der wohlgestalte [155] Printz führte wohl Schnee auff der Stirn / aber Kohlen in dem Hertzen /vnd gleichte er dißfalls den Pillulen in der Apotecken / welche zwar außwendig vergolt / inwendig aber Pfui wie bitter!

Unter andern Untugenden ware mehristentheil der auffgeblasene Ehrgeitz / von dem er also angesport worden / daß er auch suchte Cron vnnd Scepter seinen gnädigsten Herrn Vatter dem David hinterlistig zu rauben; es phanthasirte der übermütige Printz / daß die guldene Cron möcht weit schöner stehen / auff seinen goldfarben Haaren / als auff dem nunmehr kahlen Kopff seines Vatters: aber Kinder Untreu gegen den Eltern / hat noch nie nichts als eignes Unheil gespunnen; es kombt die Sach zum Degen / Absalon lieffert ein Schlacht / es ware ihme aber das sonsten wanckelmüthige Kriegs-Glück nicht willfährig / also /daß der junge [156] Herr auß zwingender Noth muste sich in die Flucht begeben / in dero er vngefähr vnter einem Eichbaum durchsprengt / vnd weiß nicht / ist diser zu nieder gewest / oder er der Absalon zu hoch /ich glaube das andere; wenigst war er hochmüthig /ist geschehen / daß er mit den Haarlocken an dem Baum hangen geblieben / vnd das Maulthier vnter ihm durchgangen / welches etwan ein paar Feldwegs geloffen / vnd von einem Bauren ersehen worden / der dann die gute Gelegenheit nicht wolte mißbrauchen /sondern mit einem Büschel Heu dises stoltz gezierte Maulthier zu sich gelockt / ihme den guldenen Zaum außgezogen / den mit Gold vnd Silber gestickten Sattel abgenommen / die mit Rubin versetzte Stegreiff außgelöst / die silberne Fußsohlen abgezwickt / daß der arme Lang-Ohr nunmehr muste barfuß gehen. Es hat ihm diser Bauer die Haut voll eingelacht / daß er also vnverhoffter [157] Weiß / zu einer solchen Erbschafft gelanget / vnd ist ja wunderlich / daß der Schatz deß Absalons in die Händ eines solchen Feld-Lümmel gerahten ist.

Solche Begebenheiten hat man auch allhie zu diser Pest-Zeit wargenommen / dann ein mancher hatte entweder durch våtterliche Verlassenschafft / oder durch silberne Heyrath / oder durch wohl eintragendes Ambt / oder durch eigene Embsigkeit / oder wohl auch durch Partitische Vortheil grosse Reichthumb zusammen gesamlet / der aber ohngefähr bey diser elenden Zeit dem Todt in die Schlingen gangen / auch ihme seine Kinder an der Seiten hinweg gestorben / weil nun die rechte Verwandten wegen obstehender Gefahr nicht bey handen / ist geschehen / daß sein Gelt vnd Schatz in die Händ eines schlechten Menschen kommen / deme sein Lebtag nicht getraumet hat von einem solchen Vogel-Nest / ja was das saubere Gesind [158] zu weilen geübriget / haben die Todtentrager vnnd Todtenführer ohne Scrupel eingesacket / vnd seynd sie zu weilen zu solchen Geld-Mittel gelanget /daß sie auff offentlicher Gassen halbe Händ voll Müntz den Armen dargereicht / dahero gar offt ein solcher berauschter Baur dem Bettler lieber war / als ein nüchterer Edelmann.

Hier kan ich es nit lassen / daß ich nit ein wenig den Geitzigen anschnarche; Lieber Leser ich glaub wohl von dir / du seyest auch ausser deß Zaun deines Vatters Garten gewest / vnd nicht wenig die Länder vnnd Provintzen durchstrichen / sag mir aber / ob du einmahl einen lebendigen Gelt Beutel habest gesehen / solche Raritet wird dir hart seyn vnter die Händ gerathen / sihe aber Matth. 17. v. 23. da wird geschrieben / als der gebeneneyte HErr zu Capernaum angelangt sambt seinem lieben Apostel Petro / haben sich gleich die Herrn Einnehmer angemelt [159] vmb den gew \hnlichen Zinßgroschen / vnd weilen der Seligmacher kein Gelt / vnd Petrus kein Můntz hatte / also gab der HErr dem Apostel disen Befehl / er solle vnverzüglich den Angel in das Meer werffen / dem nechsten Fisch so er fange / in das Maul greiffen / da werde er Gelt finden / wie es dann alles nicht anderst erfolgt / vnnd ware also das Maul deß Fisch ein lebendiger Gelt Beutel: disem Fisch seynd nicht vngleich alle Geitzige / dañ was haben dise anderst im Maul als nur das Gelt / sie schnappen nach Gelt /sie reden allzeit von Gelt / sie zancken wegen deß Gelts / sie singen vom Gelt / sie loben das Gelt / sie trachten nach Gelt / sie seuffzen vmbs Gelt / sie vergessen das Gelt gar in Todtbett nicht / wie dann jener verruchte Mensch von dem Jacobus Vitria: schreibt /als ihm in seinem Todtbett der Priester das höchste Altar Geheimnuß nach Christlichem Brauch [160] in das Hauß brachte / sagte mit freventlicher Zungen / Herr Pfarrer / was in dem Kelch ist / verlang ich nicht / dafern ihr aber begehrt / daß ich soll auff dero gulden Kelch Gelt leihen / habt ihr mich vrbietig / über welche Wort er gleich seinen verdambten Geist auffgeben. Auß dem sieht man das Gelt / Gelt / Gelt / deß Geitzigen sein einiger Wuntsch in der Welt: O ihr elende Simpl! ihr thut schaben vnd graben / ihr thut schnauffen vnd lauffen / ihr thut treiben vnd reiben /ihr thut springen vnnd ringen / ihr thut thrennen vnd rennen / nur vmbs Gelt / nur wegen deß Gelts / ihr trinckt nicht gnug / ihr esset nicht gnug / ihr schlafft nicht gnug wegen deß Gelts / dahero stecken euch die Augen im Kopff wie zwey hole Nußschalen / die Wangen seynd erbleicht / wie ein alter Pergamenter Lehr-Brieff / die Haar seynd euch zerstreut / wie ein abgestochnes Schwalben-Nest / eure Bein seynd [161] nur mit der Hauth überzogen / wie ein alte Guarnison Trummel / O elende Narren / disen Fractur Titul gibt euch der Heyland selbsten: Stulte hac Nocte repetent Animam tuam. Wañ ihr nur halben Theil thät so viel leyden / wegen GOtt / was ihr außstehet wegen deß schandvollen vnd schadvollen Mammon / so wurdet ihr in der Glory etwan gleich sitzen einem Bachomio oder Paphnutio, aber ihr elende Gelt-Schaben / Gelt-Raben müst sambt aller euer Mühe vnd Arbeit noch darzu ewig brathen / vnnd da andere Welt-Bürstel gleichwohl nach verkosten Lust vnd Gust zur Höllen schlipffern / můst ihr allhier Hitz vnd Schwitz übertragen / vnd noch in jener Welt das vnendliche Wehe außstehen; Ihr vernunfftlose Gold-Kåffer / wem samlet ihr? wem sparet ihr? sehet dasselbige Gelt / mit dem ihr so leicht hättet können den Himmel einkramen / mit dem ihr hättet [162] können deß Armen Schoß zu einer Schatz-Kammer machen / mit dem ihr hättet können eure Sünd / wie mit einem Schwammen außlöschen / schaut noch zum letzten mahl an / mit halb vergläserten Augen dasselbe Gelt / weßhalben ihr die Gebott Gottes / die Gebott der Kirchen / die Gebott der Natur habt überschritten / blintzlet noch dasselbe Gold an / weßwegen ihr den Höchsten vnd Nechsten habt beleydiget / sehet / dasselbe kombt jetzt in die Händ eines lachenden Erben / eines vnverwandten Dienstbotten / eines weinsüchtigen Siehknecht / vnnd euer Seel steigt hinunter in das ewige Feuer / O Ewigkeit.

Ein mancher Reiche hatte schon längst bey reiffen Verstand vnd vollkommner Vernunfft sein Testament vnd letzten Willen gar außführlich vnd vmbständig verfast / vnter andern auch darein vermengt / wie daß sein Leib solle mit gebührendem Leich-Pracht / [163] mit Begleitung vnterschiedlichen Ordens-Männer / mit brennenden Kertzen vnd Fackeln / sambt andern gewöhnlichen Traur-Pomp zum Grab getragen werden /weilen aber wohl öffter vnsere Vorhaben den Krebsgang nehmen / vnd deß Menschen Will vnd Zihl nit selten im Außgang stolpern / also hat auch die üble Zeit manchem Reichen einen Rigl geschossen / daß er dißfals zu seinem gewüntschten Zweck nicht gelangt /sondern an stadt seiner Leich-Begängnuß ist er von vier berauschten Taback-Brüdern / auß den Zimmer geschleifft worden / vnnd etwan hinter einem Zaun /oder vnter einer übel bedeckten Wagen-Schupffen /oder in einem engen Garten-Winckel / wo Schwammen vnd Schnecken-Gemüß das beste Gewächs / eingescharrt / vnd eingraben worden: laß aber geschehen / verfaule der Leib auch in einem Garten-Winckel /wann nur die Seel im [164] Paradeyß / zergehe der Madensack auch vnter einem Felber-Baum / wañ nur die Seel lebt bey JEsu / der da ein Baum ist deß Lebens /laß zu den Würmen / daß sie auch disen Eiter-Rantzen verzehren vnter einem Misthauffen / wann nur die Seel mit dem Heil. Job GOTT anschauet.



[165]

Et finem habuit Salomon cum Patribus suis. Ecc. 47.

Ihr hoch- vnd wohlgelehrte Köpff /
Doctores vnd Discipel,
Ihr seit mir gleich wie andere Geschöpff /
Kombt / singt mit mir den Trippel /
Ich nimb auch sine venia,
Euere witzige Ingenia,
Acht weder Buch noch Büchlein /
Dann sterben müssen alle Leuth /
Man wirds euch wohl nicht küchlen.

Es seynd nit wenig auß der Gelehrten Zahl zu Wienn

[166] Es seynd nit wenig auß der Gelehrten Zahl zu Wienn in die allgemeine Todten-Zahl gerathen.

Albekant ist es / daß deß Loths sein Frau durch göttliche Verhängnuß in ein Saltz-Seul verkehrt / vmb weil sie wieder die göttliche Vermahnung zuruck geschaut / deßwegen kein Wunder / daß auch gleichmessig ihr Glück zu ruck gangen; daß sie aber gleich in ein Saltz-Seulen / vnd nicht in ein Dorn-Hecken / so auch ziemlich spitzfindig / oder in etwas anders verwandlet worden / ist die Ursach / weil kurtz vorher sie die Englen / welche in Frembdlings Gestalt ankommen /auß [167] Anschaffung ihres Herrn gastirte / ihnen aber /damits solcher Gåst öffterer Einkehr befreit wäre /weder in noch ausser der Speisen das Saltz auffgesetzt / ohne welches dann alle Richten abgeschmack zugeniessen seyn.

Das Saltz ist noch allzeit für ein Sinnbild der Weißheit vnd Wissenschafft gehalten worden / wie dann nicht allein die erste Sillaben in dem Nahmen deß König Salomon solches weiset / sondern der gebenedeyte Heyland selbsten wolte seinen Aposteln den gebůhrenden Titul zueignen / sprechend: Vos estis Sal terræ: Ihr seyd ein Saltz der Erden / als rede er / ihr seyd gelehrte vnd wohlverständige Leuth /durch die ich die jrrige Menschen auff die rechte Bahn zu bringen gesinnt bin; gleich wie nun ohne Saltz ein Speiß / also ohne Wissenschafft der Mensch abgeschmack ist / welches Liedl gleichförmig singt der Poet.


[168]
Ein Stuben ohne Tisch /
Ein Teich ohne Fisch /
Ein Thurn ohne Glocken /
Ein Suppen ohne Brocken /
Ein Schiff ohne Ruder /
Ein Zech ohne Bruder /
Ein Schreiber ohne Feder /
Ein Schuster ohne Leder /
Ein Baur ohne Pflug /
Ein Haffner ohne Krug /
Ein Soldath ohne Gwehr /
Ein Mensch ohne Lehr /
Seynd alle nicht weit her.

Lehr vnnd Wissenschafft seynd in dem Menschen wie in der Erden das Gold / in dem gulden Ring der Edlgstein / in dem Edlgstein der Glantz.

Ich habe mit absonderlichem Fleiß die H. Bibel durchblättert / vnd in derselben gefunden das WörtlAckersmann 36. mahl / das Wörtl Acker 314. mahl / das Wörtl Säen 20. mahl / das Wörtl Wachsen 500. [169] mahl / das Wörtl Korn 57. mahl / das Wörtl Einschneiden 52. mahl / das Wörtl Scheuer 21. mahl / das Wörtl Treschen 15. mahl / das Wörtl Heu 48. mahl / aber das Wörtl Stroh nur ein einiges mahl / vnnd zwar nicht mit absonderlichen Lob / weil die Rachel darauff gesessen / als sie die guldene Götzen-Bilder ihren Vatter Laban verborgen; weil dañ kaum einmahl das Wörtl Stroh in göttlicher Schrifft anzutreffen / darff ich schier muthmassen / daß selbiges sehr für verächtlich gehalten seye.

So geringfügig nun ein Stroh / also soll auch ein plumper vnd tumper Strohkopff geschätzt werden / indeme derselbe nur Seel halber das Contrafee eines Menschen führet / im übrigen den Vernunfftlosen Thieren nicht vngleich scheinet. Dahero gar wohl der weise Socrates geredt hat / als er [170] einen Reichen aber vngelehrten Monsieur mit Goldgestickten Kleydern sahe daher prangen / hic Equus est pulchrè ornatus:Erasm. lit. 8. appoph. Dises Pferd ist wohl auffgezaumbt / vermeinte daß ohne Wissenschafft einPaul vnd ein Gaul nicht gar vngleich einander / außgenommen / daß einer Haber isset / der ander ein Haber Narr ist.

Der Herrn Medicorum heilsahme Außsag / muthet dem Obst nit gar viel guts zu / sprechend / daß solche Baum-Frücht der menschlichen Gesundheit höchstschädlich seye / vnnd wegen der Bäum manches junges Zweigl wil sagen junge Leuth ob solchem vnverdäulichen Confect zu Grund gehen / gesetzt aber / es ist jemand der auß vnmessigen Appetit Oepffel isset / damit ein mercklicher Schad vermeidet werde /ist rathsamb / daß man bald darauff Nuß esse / damit also der Oepffel ihr Cruditet [171] gezüchtiget werde! abzukürtzen / auff die Oepffel gehören die Nuß / weil dann dem göttlichen Gebott zu Schimpff Adam der erste Vatter / wohl recht vnser Stieffvatter verbottnes Obst gessen / vnnd hierdurch der gesambten Menschheit eine gefährliche vnd jedem bekante Kranckheit angehångt / auff daß aber solcher Apffel nicht gar den ewigen Todt zu füge / hat es der Himmel fůr gut angesehen / daß Gottes Sohn sollte hierauff die Nuß essen / nemblich Kummer-Nuß / Verfolg-Nuß / Betrüb-Nuß / Gefäng-Nuß / vnd dergleichen / welche er dann die erste Nacht / da er von Maria der reinesten Jungfrauen gebohren / schon must kosten / dann ja der guldene Jesulus wegẽ äusserster Armuth zu Bethlehem wie ein Bettelkind im Stall muste logiren / dessen sonst eigenthumliches Quartier der schöne Himmel /dann ja disem liebsten Hertzel wegen [172] Frost vnd Kälte das zartiste Leiberl zitterte / vnnd es allein die gegen vns entflambte Lieb in etwas erwärmet / dann ja dises göttliche Schatzerl mit keinen andern Auffwarten versehen / als mit einem Ochs vnd Esel / deme doch alle Englische Schaaren zu dienen willkürig stehen: Damit ich aber mein Vorhaben nicht gar zu weit suche / ist zu wissen / daß bey diser heyligsten Kindelbett absonderliche hohe Geheimbnussen sich ereignen / vnter andern vermerckt der Heil. Vincentius Ferrerius / daß der Ochs seye gestanden bey dem Haubt deß neugegohrnen Christkindl / der Esel aber bey den Füssen /durch welches der göttliche Sohn schon wolte zeigen /daß die Esel / vnnd wie die gemeine ohn-Manier pflegt zu reden / die Eselköpff vnd vngelehrte Tiltappen keines Weegs sollen über sich erhebt werden /sondern allzeit beyn Füssen bleiben / vnd allein die jenige hoch steigen / denen [173] die Doctrin vnnd erschöpffte Wissenschafft die Laiter haltet;

Der Zeit zwar spüret man zum öfftern das Widerspiel / vnd zieht mancher das Längere / der in der Wissenschafft zu kurtz ko en / sitzt mancher beym Bret / welcher in den Schulen die Eselbanck in bestand gehabt / es geht mehrmalen her mit dem Doctor wie mit dem Dotter / so man zwey Eyer / deren eins voll das ander lähr / in ein Geschirr voll Wasser wirfft / so fallt das Volle hinab zum Boden / das Lähre in welchem kein Dotter / schwimbt oben; Nicht vngleiche Begebenheiten zeigen gar offt / daß derselbe / welcher gantz lähr im Hirn / vnd weder Doctor noch Dotter hat / oben schwimbt / der aber / so viel Ermel in Schulen zerrissen / muß in solcher Metten wieder seinen Willen den Baß singen / deßwegen kein Wunder / daß in manchem Land oder Republic das Glück den Krebsgang nimbt / wo der Gelehrte vnd Erfahrne weder [174] Vorgang noch Fortgang gewinnet /vnd ist es ein Elend höchst zu betauren / daß zu weilen bey der Welt geschicht / was mancher Bauer in seinem Ruben-Acker verwundert / daß bey den Ruben das beste vnter sich wachset / das schlechte über sich / also geschicht gar offt / daß gute vnd witzige Leuth vnterdruckt werden / vnd manches Unkraut in die Höhe steiget / vnnd gilt auff solche weiß mehr einBarrabas als ein Christus / O Elend! nichts dergleichen find man bey GOtt / der ihme vnterschiedliche Thier in dem alten Testament zu opffern anbefohlen /aber nur kein Esel / primogenitum asini mutabis ove. Exod. 13. Warumb seynd doch die Esel so gar vnbeschaffen nicht? Der Esel schreibt Jonstonus, ist ein Arcadischer Astrologus, der mit Wendung seiner Ohren künfftiges Ungewitter weiß zu propheceyen /nur kein Esel / warumb? Ist doch auß allen Thieren diser das Sanfftmütigste / [175] vnd nimbt keins mit so geringer Kost verlieb / als dises? Nur kein Esel / sondern an stadt dessen ein Lampel verlangt GOtt zu seinem Opffer / daß also solchem Verlauth nach alles was Eselisch ist / bey GOtt nicht viel gilt / folgsamb auch die Ungelehrte bey ihme in geringem Ansehen /dann er die Doctorirte allezeit vorgezogen / vnnd billich / dann nichts schöners als das Studium vnd die Wissenschafft;

Wir wissen auß H. Schrifft / daß Judith ein starckes Weib / Esther ein schönes Weib / Mihol ein böß Weib / Dalila ein arglistiges Weib / Lia ein schantliches Weib / Raab ein leichtfertiges Weib /Abigail ein bescheits Weib / Ruth ein haußlichs Weib / Thamar ein buhlerisch Weib / Susanna ein keusches Weib / Sara ein frommes Weib / Thematitis ein barmhertziges Weib / die Königin Saba sonst Candaces genannt ein vorwitziges Weib / dann nach dem ihr viel Ruhm vnnd Ruff [176] von der Weißheit deß Königs Salomon zu Ohren kommen / konte sie sich auß Zwang deß gierigen Vorwitz nit enthalten / sondern begibt sich sambt einer volckreichen Hoffstadt auff die weite Reiß / vnd wie Cornelius à Lap. sambt vielen wil / gar auß Morenland / mit grossen Gefahren /grossen Unkosten / vnd grossen Ungelegenheiten /biß sie endlich zu Jerusalem ankommen / vnd als sie dort die Weißheit deß Salomons mit höchster Verwunderung selbsten angehöret / hat es sie nicht allein ihrer grossen angewendten Unkosten nicht gereuet /sondern noch dem Salomon hundert vnnd zwantzig Centner pures Gold verehret / so hoch vnd aber hoch schätzte sie die Weißheit vnd Wissenschafft.

Was ist schöners als ein Philosophische Wissenschafft / wo mancher zu weilen hundert Griff versuchet / ein verwirte Frag recht zu entörtern / vnd gleichwohl letztlich mit dem Verstand [177] scheittert / aldort ohne Mühe besser als ein Macedonischer Alexander / löst solchen Knopff auff der Philosophus.

Warumb ein Mensch der sich über satt hat angessen / vnd ihme der Leib wie einem reisenden Handwercks-Bürstel der Rantzen startzet / doch viel leichter vnd geringer im Gewicht ist / als da er nüchter war? Die Ursach weiß der Philosophus.

Warumb einem Menschen / der wůrcklich gestorben / dannoch Haar vnd Barth wachst / da doch kein Seel mehr im Leib? Die Ursach weiß der Philosophus.

Warumb ein Holtz / so geschlacht im Voll-Mond /dem Wurmstich vnterworffen / vnd selbes / so geworffen im Neu-Mond / dises nagenden Gasts befreit? Die Ursach weiß der Philosophus.

Warumb ein Pfann mit Wasser ober dem Feuer vnter sich am Boden gantz erkühlet / da doch selbes das [178] nechste beym Feuer / entgegen das obere Theil heisser / der doch weiter von Flammen? Die Ursach weiß der Philosophus.

Warumb ein Brunn in der grösten Sommers-Zeit vnd schwölhitzigen Hundstagen kälter ist / als mitten im Winter / da der rauche December allen Bäumern die Haar einpulvert? Die Ursach weiß der Philosophus.

Warumb derselbe / so sich vnmessig überweinet /gern fůr sich / entgegen der vom Bier vollgetruncken /gemeiniglich hinter sich fallt? Die Ursach weiß derPhilosophus.

Warumb ein purpurfarbe Rosen ihren Geruch vergrössert / wann sie bey einem übel schmeckenden Knoblauch wachset? Die Ursach weiß der Philosophus.

Tausend dergleichen Wunder Ding veranlassen manchen Ungelehrten zu viel vnruhigem Nachsinnen /da vnterdessen [179] ein Philosophus den stillen Fuß-Pfaden der Natur nachschleichet / vnd dero heimliche Würckungen erhaschet. Der Ursachen halber solche Weise jederzeit zu grossen Ehren gelangt / vnd von den Verständigen allen gebührenden Respect vnd verdiente Glory einzogen;

Was ist schöners als ein Theologische Wissenschafft? Wie der süsseste JEsus das zwölffte Jahr erreicht / ist er sambt seiner liebsten Mutter Maria vnd Nehr-Vatter Joseph zu Erfüllung deß allgemeinen Gebotts nacher Jerusalem gangen / vnd allda in dem Tempel dem Gottsdienst beygewohnt / nach Vollendung dessen beede wertiste Eltern wider nach Hauß geeylet / vnnd weilen dazumahl das Erbahre Frauen Volck von den Männern abgesöndert gangen / also war die zarteste Mutter der Meinung / ihr göttlicher Knab sey bey der Gemeinschafft der Männer / entgegen ware Joseph [180] der Tröstung / sein JESUS seye ein Reiß-Gspan der Mutter / durch welche jrrige Meinung der gebenedeyte Knab also verlohren / vnd erst nach 3. Tagen in dem Tempel zu Jerusalem mit vnermeßlichem Frolocken mitten vnter den Doctores vnd Lehrer gefunden worden; Nun entstehet ein so wohl wichtige als witzige Frag / wo doch vnter solcher Zeit der sůsseste Knab seine Lebens-Nahrung genommen? Etwan ist er diser Zeit als ein lieber Gast bey seinen Freunden verharret? Nichts wenigers /dann die Freund einem schmelere Gutthaten erweisen als Frembde; Etwan hat er sich dise drey Tag im Wirthßhauß auffgehalten? Das gar nit / vnd da es hätte geschehen sollen / so wäre er beym weissen Creutz zu erfragen gewest; Vieler Lehrer wohlgegründte Meinung wil es behaubten / daß die HerrnDoctores zu Jerusalem sich dergestalten haben verliebt in die Lehr dises guldenen Knaben / [181] daß einer nach dem andern ihn zur Taffel gar höfflich eingeladen / vnd wo er zu Mittag speiste / da muste er schon versprechen / das Nachtmahl bey einem andern einzunehmen / sie könten nicht gnug satt werden an demTheologischen Discurs, den er führte / dahero sie ihme mit allen erdencklichen Ehrbeweisungen willfahrten; Dise Rabiner achteten nichts höhers / wie dan gar billich / als eine Wissenschafft von göttlichen Dingen. Wie schön ist es / wann einer weiß / wie GOtt Vatter von Ewigkeit hero von sich selbst / Gottes Sohn von dem Vatter / Gott Heil. Geist von beeden / wie der Vatter den Sohn gebohren / vnd doch nit älter als der Sohn / vnd diser nicht jünger als der Vatter / wie der Heil. Geist von beeden nicht gebohren /sondern spirirt worden / doch nicht jünger als die zwey / wie die zwey eins / vnnd eins in den zweyen; Wie schön ist es / wann einer weiß / in wem [182] die Glory der Seeligen / die Züchtigung der Verdambten / die Würckung der Sacramenten / die Warheit deß Glaubens / die Unfehlbarkeit der Kirchen / die Gutthat derPrædestination, die Ursach der Reprobation, die Stärcke der Gnad / die Freyheit deß Willens bestehet /alles dises weiß der Theologus, deßwegen solche Lehr ein Israelitisches Manna / ein Leyter Jacob / ein Cistern zu Bethlehem / ein Schlingen Davids / sambt ohnzahlbahren andern Preiß-Titul benamset wird.

Was ist schöners als ein Rechts-Gelehrter zu seyn /vnd ein Advocaten abgeben / ob schon manche bissige Wort brauchen / vnnd sich in die Schneider-Zunfft eintringen / verstehe Ehr abschneider / welche denAdvocaten mit so wohl haßlichem als hassendem Schimpff disen warlosen Nachklang auff bringen /daß sie nemblich ihre Satzungen vnd Leges können ziehen / [183] wie die Schuster das Leder / vnd verhalten sich zwey Advocaten / wie die Wäscher Diern mit der nassen Leinwath / eine reibt hin / die ander her / biß kein Tropffen mehr drin bleibt / also jene mit ihren widrigen Argumenten vnd Documenten manchen der gestalten außreiben / daß ihm der Seckel staubt / ich widersprich es nicht / daß nicht auch Gewissens loseAdvocaten zu finden seyn / welche auß Mißbrauch der Wissenschafft mit ihrer verschmitzten Lehr auß einem Flöh-Huster fein meisterlich einen Rechtshandl schmieden / in welchem durch etliche Schalck-Jahr kein Trumb zu finden / damit sie nur einem guldenen Amerling die Federn mit Genůgen können rupffen /wie dann jenem der gottseelige General der Capuciner / Nahmens P. Matthæus wohl gezeigt / als er auß dem Tischtuch deß Advocatens das helle Blut heraußgetruckt / in solcher Menge [184] daß ein gantzes Beck darmit angefüllt. Zu warhaffter Zeugnuß / daß all sein erworbenes Gelt vnd Guth mit vngerechtem Juristen List / ein Blut der Armen seye / vnnd folgsamb über ihn Rach schreye: zu wissen ist aber / daß eines oder deß andern Privat-Boßheit vnd geübter Muthwill der wertisten / Juristen-Zahl nichts beymesse / so hab ich auch noch selten ein Hauß ohne Winckel / ein Rosen ohne Dörner / ein Wein ohne Gleger / ein Garten ohne Unkraut / also ein Standt ohne böse Wahr gefunden /hat sich doch vnter den zwölff Aposteln ein Partita-macher finden lassen / seynd doch vnter den Engeln im Himmel Mammelucken gezehlt worden / vnd in der Archen Noe nur acht Persohnen gewest / darunter gleichwohl ein schlimmer Vocativus, der in dem Nominativo Cham heisset / wie sollen dann gleich alle Juristen zu Canoniciren seyn? Ist schon genug / [185] daß dero Lehr dem gemeinen Wandl höchst nöthig ist.

Der Prophet Elisæus hat allezeit viel grosse Wunderwerck gewürckt / vnter andern ist dises nicht das geringste / als auff eine Zeit die Kinder der Propheten zu Erhebung ihrer Hütten das nothwendige Bauholtz bey dem Fluß Jordan fällten / vnd einem ohngefähr die Hacken von dem Stihl in das Wasser gefallen / so hat der wunderthätige Vatter der Hacken geschwind einen Stihl gefunden / vnd durch ein Wunderwerck gemacht / daß selbiges Eysen wie ein Bimbsen auff dem Wasser geschwommen: Wann man schon einemAdvocaten den Nahmen eines Propheten nicht vergönnet / so muß man gleichwohl bekennen / daß er ebenfalls weiß schwere Sachen gering zu machen /vnd wo vieler Hirn vnnd Stirn nicht weiß zu helffen /da kan er der Hacken ein Stihl finden.

Jener Daniel der die Löwengruben [186] zu einer Lebensgruben hatte / gabe ein Advocaten ab / dazu mahl /als zwey alte Kautzen vnd Bößwicht heimblich einschlichen in dem Garten / allwo die keusche Susanna bey dem kůhlenden Abends-Lufft zur heissen Sommerszeit sich zu baden begunte in ein wie Christall strudleten Bachel / vnd als ihr böses Vorhaben Faßnacht suchte / nichts aber als Quatember antroffen /haben sie zu vermantlung ihrer Freyheit die vnschuldigste Matron angeben / als seye sie sola cum solo mit einem vnverschambten Buhler in der Grüne ertapt / vnd beede Kammer-Mägd / ihrer Unthat zu Hůlff / anderwerts hingeschickt: O klaffter lange Lugen! es ist alsobald dem göttlichen Gebott gemeß das Urthel ergangen / Susanna solle versteiniget werden: Wer hat diser Hacken einen Stihl gefunden /wer? Wer hat disen Knopff auffgelöst / wer? Wer hat der verlassenen vnnd beklagten Unschuld die [187] Hand gereicht / wer? Ein Advocat, vnd zwar ein Heiliger /Nahmens Daniel / welcher mit seiner Wohlredenheit /mit gewichtigen Argumenten die verfolgte Ehr der Susannæ ans Tagliecht gebracht / vnnd alles Recht behaubtet.

Im alten Testament hatten die Weiber einen wunderlichen Trunck / vnnd ob schon manche keinen Durst klagte / muste sie dannoch über Willen bescheid thun; Wann ein Mann wegen deß vnruhigen Eyffer-Geist einen Argwohn hatte / als ob ihme seine Frau treuloß worden / muste er auß Befehl Gottes solche zu dem Priester vor dem Altar führen / welcher dann ein gewisses vnd mit tausend Fluch gemischtes Wasser ihr darreichte zu trincken / so sie nun vnschuldig bezüchtigt / fügte ihr diser Trunck den wenigsten Schaden nicht zu / dafern sie aber in der Warheit auff dem Löffel-Marckt gewest / vnnd ihren Ehegenossen mit [188] Erkennung eines andern veruntreuet / ist durch stetes Wunderwerck geschehen / daß sie von solchem Wasser alsobald auffgeblähet / vnd einem Böhmischen Hopffensack gleich auffgeschwollen /auch nach vnd nach elendiglich verfault vnd gestorben. Also hat man dazumahl fein k \nnen auff die Spur kommen / wer schuldig oder vnschuldig seye. Mein! sagt mancher? Warumb daß dises nicht mehr geschicht? Wir hätten es jetziger Zeit so wohl vonnöthen als damahlen / vnd da auch solches Wasser auff viel Gelt solte steigen / wurde man es doch reissend kauffen; Antworte / solches Mirackel seye nunmehr vnnöthig / weil es die Advocaten vnd Juristen mit ihrer Lehr ersetzen / als welche mit ihren Citationibus, Notationibus, Appellationibus, Replicationibus, Contestationibus, Protestationibus, Acceptilationibus, Certiorationibus, Confirmationibus, Connotationibus, etc. [189] Sonnen klar auß einander bringen vnd tringen / wer schuldig oder vnschuldig ist: in pandectis seynd 9198. Leges vnd Satzungen / in Codice 4554. in Novellis 198. alle dise suchen sie vnd versuchen sie / wie sie doch mögen die Warheit erleutern / die Strittigkeit beyseits legen / die Unschuld betheuren / vnd dem Rechten seinen Lauff lassen. Und zwar ist dergleichen würdigsten Männer ein grosse Anzahl: Ivo ein Heil. Jurist, Godegrandus ein Heil.Jurist, Theophilus ein Heil. Jurist, Josias ein Heil.Jurist, Salvius ein Heil. Jurist, Gordianus ein Heil.Jurist, Arnulphus ein Heil. Jurist, Raymundus ein Heil. Jurist, etc. Dergleichen ist ein absonderliche grosse Letaney / so kürtze halber allhier nicht zusetzen.

Was ist sch \ners als die Medicin? Die Brüder deß Egyptischen Joseph prangten nicht ein wenig mit ihren Såcken / weilen selbe voller Traydt / [190] wir entgegen haben nicht Ursach zu prallen mit vnsern Säcken / die da voller Leyd / wil sagen / vnsere Leiber / was seynd sie anderst / als wůste Madensäck / in denen alle Müheseeligkeiten logiren / ja solche Såck / an welchen immer zuflicken / die Noth erfordert; Der menschliche Leib bestehet in zwey hundert vnd vier vnd zwantzig Beiner / etlichen Pfund Fleisch / vnnd wenig Maß Blut / vnnd ist doch tausend Seuch vnd vnpäßligkeiten vnterworffen; deß Menschen Gedärm vnd Ingeweid / so gemeiniglich vierzehen Ellen lang /ist also übel beschaffen / daß dero Futtertuch nicht allein den Augen / sondern forderst der Nasen mißfallet / vnd also der Leib ein Ledernes Geschirr / worinn nichts als Noth vnd Koth verborgen / auch seynd die vier Elementen / auß denen der menschliche Leib zusammen gewalckt / in einem steten Hader vnd Strittigkeit / worvon der arme Tropff der Mensch [191] nichts als Aweh vnd Schmertzen erbet / vnd die Cholerische / Sanguinische / Phlegmatische / vnd MelancholischeQualiteten vnnd Artungen der Natur hunderterley Kranckheiten einem vor die Thür legen / in solcher Noth wohin? Wo auß? Als eben zu dem Medicum vnd Artzten / der durch seine anseheliche Wissenschafft vermittelst der vorgeschriebenen Medicin die Kranckheiten abwendet / vnd glücklich die Gesundheit erstattet / welche ohngezweiffelt das köstlichste in der Welt: dahero die Frau / von dero das Evangelium Registriert / all ihr Haab vnd Gut / Hauß vnd Hoff zu Gelt gemacht / vnnd darmit die Herrn Doctores so ansehelich besoldet / daß sie letzlich gar nicht geübriget / alles vnd alles wegen der Gesundheit /welche ob schon nicht allzeit / doch zum öfftersten durch solche hocherfahrne Medicos erworben wird /deßwegen billich ihr Lob allenthälben weltkündig [192] erschallet / vnnd ein Lucas vnter die Heilige / ein Galenus vnter die herrliche / ein Pantaleon vnter die Seelige / ein Hyppocrates vnter die Glückseelige / einEsculapius vnter die Lehrreiche / ein Cosmas vnter die Glorreiche gezehlt wird / auch wann schon jetziger Zeit nicht mehr verhanden seind ein Praxagoras, ein Machaon, ein Podalirius, ein Cassius, Calpitanus, Aruncius, Albutius, Rubrius, durch welche die alte Welt gleichsamb mit dem Todt trutzte / so finden sich annoch viel / dero Lob in Cederholtz einzuhauen würdig. Gleich wie nun ein schlechter Dampff der sunffigen Erden / welcher durch die Sonnenstrahlen in die H \he zogen wird / gar offt in einen hellen vnd schnellen Donner-Keil wird verwandlet / also begibt es sich zu offtermahlen / daß auch gemeine vnd von Strohütten vnnd Strohüetern hergeloffene Leuth /wegen gefaster Wissenschafft vnd Lehr zu hohen Ehren [193] steigen; Annaxagoras eines Petschierstechers Sohn ist wegen der Doctrin zu weltkündigen Ehren kommen; Demostenes eines Messerschmieds Sohn /ist Wissenschafft vnd Lehr halber fast von der Welt angebetten worden; Bion eines Flecksieders Sohn / ist wegen seiner ansehelichen Scientz von gekrönten Häubtern besucht worden. Socrates einer Hebammen Sohn ist wegen seiner halb göttlichen Wissenschafft /vor ein Oracul vnd Mirakel gehalten worden; solchen Respect haben noch jederzeit genossen alle Gelehrte /wird also ohne Zweiffel auch der Todt / wann er schon alle Winckel durch nascht / den hohen Schulen verschonen / vnd seine Sichel in der Gelehrten Erndt nicht einsetzen.

Mit was seltzamer Sprach tasten mich die Lateiner an / so war ich leb / schwert der Todt / verstehe ich nit lateinisch / vñ weiß dahero nit / was Respect für ein Thier ist / Respect vnd Despect [194] liegen bey mir in einem Schubladel / vnd siht eins dem andern gantz gleich; Mein Vatter der Teuffel / gar ein ehrlicher Kerl / scilicet, vnd mein Mutter die Sünd / gar ein feine Frau / scil. haben mich zu Ersparung der Unkosten nichts lernen lassen / von dannen kombts / daß ich so gar mit denen Lateiner nicht weiß vmbzuspringen / es hat mich zwar der allerhöchste GOtt selbst vnterricht / so find ich aber daß meineStudien weit ein andere Arth in sich haben / dann in meiner Gramatic ist Mors Generis Communis, in meinem Syntax hat das Verbum Vivo, auff der Welt kein Infinitivum, in meiner Dialectica macht man allein den Syllogismum ůber Barbara, in meiner Theologia ist das Stehlen erlaubt / in meiner Jurisprud. ist der Todtschlag allezeit recht vnd gůltig / in meinerMedi: ist das heilsambste Recipe, daß man dem Patienten das Maul mit Erd zu schoppe / ich / der ich[195] dann alles anderst gestudirt / so hab ich mit den Gelehrten diser Welt kein Respect, vnnd mach ihnen folgsamb kein besonders / sondern nimb Catones, Marones, Platones, Solones, Stolones, Biones, Spiones, Zenones, vntereinander / übereinander / durcheinander / wer es nicht glauben wil / der laß sich besser von den Wiennern berichten.

Es pranget mit der hohen Schul die Statt Bononien in Wälschland / die Statt Salmantica in Spanien / die Statt Lugdon in Franckreich / die Statt Prag in Böhmen / die Statt Ingolstatt in Bayern / die Statt Saltzburg in selbem Land / viel andere mehr auff dem teutschen Boden / aber sonderlich überschätzt sich glorreich die Haubtstatt Wieñ in Oesterreich / welche bereits in die dreyhundert vnd neunzehen Jahr ein solche berühmte Schul zieret / auß welcher bißhero so viel anseheliche Männer hervor [196] gangen / dann weilen der Adler seine Residenz allhier erkiesen / wolte nicht weniger auch da die Welt-nutzbahre Wissenschafft ihren Sitz nehmen. Die Türcken als vnsere schlimme Nachbahren trachten nicht viel nach grosser Wissenschafft / sondern seynd zu Frieden / wann ihre Schulen / so sie in ihrer Sprach Ochummachierlei, den Lehrer aber Hogsialar nennen / einen Muder, einenMinestum, einen Taursman hervor geben / welche weiter nichts anders lehrnen / als etliche Ceremoni schneiden / vnnd die Blätter zehlen in dem Alcoran: Wir aber / die wir glauben an Christum / der mit zwölff Jahren mitten vnter den Doctores vnd Lehrer gesessen im Tempel zu Jerusalem / die wir verehren die zwölff Apostel / die vier Kirchen-Lehrer / etc. streben weit eyffriger nach der Lehr / in Erwegung /daß dieselbe ein heilsamer Artzt seye / der vielen das Fell von den Augen ziehet / vnd manchem [197] für ein Fackel in der Finsternuß dienet / forderist zeigt sich ein grosser Eyffer zur Wissenschafft allhie zu Wienn /allwo absonderlich die Gelehrte in hohen Ehren seyn /wie dann die Grammatica das Musa auch vor demDominus setzet.

Aber der vnhöffliche Todt hat nicht einen geringen Schnitt geführet in vnsere Gelehrte / vnd ist wohl traurig zu sehen gewest / wie die Todten-Wagen auch bey deß Doctors Hauß still gestanden / vnd hat man also manchen Gelehrten zu einem Stallknecht auffgeladen / wer håt ihm einmahl solche Gesellschafft eingebildet? Julius Cæsar, Antonius Pius, Hadrianus, Carolus Magnus, Albertus Austriacus, vnd andere hohe Monarchen haben die gelehrte Leuth mit absonderlichen Privilegien vnnd Freyheiten bebegnadet / es hat aber ihnen niemand die Freyheit vor dem Todt ertheilt / das haben wir absonderlich da hier zu [198] Wienn erfahren / indeme wir nicht ohne Mitleyden wargenommen / daß ein Gelehrter so wol als ein anderer in die Gruben geworffen worden / vnnd die Schrifftgelehrte sambt dem Schiffgelehrten vnter einer Decken müssen verfaulen / ja es ist nicht ein Tag vorbey gangen / andeme nicht ein Student in der Todten-Zahl ist gefunden worden / vnd hat dißfals der Todt gar einen vnmilden Pedellen abgeben.

Ein mancher zehlte mehrer Freund als die Statt Constantinopel gespitzte Thurn / vnd hat wohl kein Tag geschienen an dem er nicht von solchen Gästen besucht wurde / im Winter hatte diser nit von nöthen den Schnee vor der Thür hinweg zu schaufflen ein Bahn zu machen / dann die öfftere Fußpfaden seiner Cammeraden / lassen den Weeg wohl nit verschneyen / aber leyder! tragt mancher solcher nur den äusserlichen Titl eines Freunds / vnd ist nicht vngleich dem gefaulten eichnen [199] Holtz / welches nächtlicher Weil in einem Winckel wie ein Feuer schimmert / vnd ist doch kein Feuer / es gibt viel / die sich gute Freund tauffen / vnd seynd gleich den Gocklhanen auff denen Thürnen / welche sich nach dem Wind kehren / seynd aber meistentheils nur Tisch-Freund vnd Fisch-Freund.

Es ist ein Trinck-Geschirr in Oesterreich / dises tragt den Nahmen Angster / also Angster-Freund gibts viel / aber Aengsten-Freund gar wenig / sondern die Welt-Freundschafft gleichet den Schwalben /welche die gantze Sommers-Zeit in vnsern Häusern ihre Losamenter nehmen / auch frühe vnd spat ihr Gesang / so vielmehr ein Schwatzerey ist / vor vnsern Fenstern hören lassen / so bald aber der October anklopffet / vnd allgemach die Kühle herbey nahet / da fliegen sie vnbegrüster deß Haußwirths hinweg in andere Länder / vnd lassen nichts [200] als ein kothiges Nest nach ihnen. Nicht anderst seynd die Welt-Freund /welche dich vnauffh \rlich lieben vnnd loben / ja so lang tausenterley lachende Gesichter / winckende Augen / freundliche Ja / vrbietige Dienst / Complement volle Händ zeigen / wie lang bey dir ein guter Wind / wie lang deine Kisten vnd Kasten voll seynd /vnnd dich das günstige Glůck anlachet / so bald es aber anfangt kůhl herzu gehen / vnd die Noth bey der Taffel sitzt / die Armuth das Wammes flicket / die Trübsahl beym Fenster außschaut / vnd das Elend deß Thorwartels-Ambt vertritt / so fliehen dise Freund wie die Schwalben hinweg / vnd zergehen wie das Saltz im Wasser vnd verschwinden / wie der Schatten an der Sonnen-Uhr / wans Abend ist.

O / wie mancher allhie zu Wieñ / der gar offt mit einer gantzen Guarnison Freund vmbgeben war / als ihn das Pestilentzische Gifft angegriffen / vnd [201] dort auff seinem Bettl die Awe wiederholet / konte nicht den Trost haben / daß ihn ein einiger voriger Freund besuchte / sondern männiglich tragte an ihm ein Abscheuen / mit harter Mühe / daß etwan ein alte Stuben-Reiberin oder Bettl-Weib / die man vmb das Gelt geworben / ihn bedienen thåte; Da hatte mancher also Verlaßner / die Gelegenheit mit sich selbst also zu reden: O ich elender Tropff / mir zeigt nun jedermänniglich den Rucken / vnd ist auß so vielen Freund vnd Cammeraden / nicht ein einiger / der mir die geringste Erquickung oder Beyhülff leistete / O hätt ich fein /an stadt daß ich euch so offt mit Unkosten die Mäuler außgewaschen / mir die arme Bettler auff der Gassen mit Darreichung eines Allmusen zu Freund gemacht; Diselbe tr \steten anjetzo mein betrangtes Hertz / O hätt ich fein / an stadt daß ich mit euch die Karten gemischt / vnterdessen in einem andächtigen Büchel [202] gebett / es wåre anjetzo mir eine Erquickung. O hätt ich / an stadt daß ich mit euch die guldene Zeit verschwend / etwan ein Stund meinem GOTT gewidmet /so empfunde ich jetzt deßhalben einen Trost; O hätt ich an stadt daß ich mit euch dem langrockenden Willbret nach gehetzt / mich vnterdessen in einen Winckel vnser Lieben Frauen Loreto Capell begeben / vnnd allda einen Heil. Rosenkrantz abgelegt / so wäre es mir anjetzo viel ringer vmb das Hertz; O hätt ich / an stadt daß ich ohne Noth mit euch in warme Bäder gereisst / vnd nur schwärtzer an der Seel worden / darfür ein General-Beicht verricht / vnd mein Seel gesäubert / wäre es mir der Zeit viel leichter vmb das Gewissen.

Ich bild mir wohl ein / dergleichen Noth-Seuffzer haben manche Stuben vnd Cammer eingefüllt / dann gemeiniglich wo viel W W seynd / dort finden sich viel O O / aber leyder gar [203] offt zu spatt; Doch aber hat sich hierin der Gelehrte besser trösten können / vnd sich mit dem allgewaltigen Willen Gottes gäntzlich vereiniget / solche zeitliche Straff zur Abbüssung seiner Sünden der göttlichen Barmhertzigkeit mit geneigtem Hertzen auffgeopffert / wie ich dann selbsten einen gekennt / der bey diser elenden Zeit mit gebognen Knyen vor dem Altarl seiner Schlaff-Cammer gestorben / auch nit anderst wolte / ob schon mit vnwillen der Krancken-Warterin / seinen Geist auffgeben / dahero trifft gar selten zu deß gemeinen Pövels mißgönnendes Sprichwort: Je gelehrter / je verkehrter.

Gar offt ein Gelehrter Disputirte gantz sinnreich /von wem doch solche Pest herrühre / zumahlen bekant ist / daß dergleichen Pestilentzische Seuch / durch die bösen Feind / durch die Juden / durch die Todtengraber / auch [204] durch die Hexen verursacht worden / weilen Paracels. tract. de Pesti. 4. c. 2. also schreibt: Die Hexen nehmen einen Spiegel so in Holtz eingefast ist / legen solchen auff das Wasser eines grossen Gießbeck / dergestalten / daß der Spiegel mit dem glantzenden Theil gegen dem Himmel über sich gekehrt liegt / vnd auff solchen Spiegl legen sie einen Krantz von sinecrusimontes gemacht / daß der Krantz den Spiegl vmbgreiffet / vnd weil sie wissen / daß der Mond vnd der Mensch nicht ein wenige Verwandschafft / sondern gar in vielen Regungen der Leib mit dem Mond zu schaffen hat / also vergifften sie durch solchen Zauber-Krantz den Mond / vnd diser entgegen wirfft wiederumb das Gifft in den Spiegl / nachdem nehmen dise Gabel-Reuterin ein wachsenes Bildl / lassen den Glantz deß vergifften Spiegl auff dasselbige gehen / wordurch alsobald der Mensch / in dessen Nahmen gedachtes [205] Wachs formiert worden / an seinen Leib die Pest bekombt / welche aber vielmehr ein particular Pest / als ein Infection zu nennen ist.

Ein anderer Gelehrter siñte nach / wie doch so wunderbarlich dises Gifft der Mensch zu erben pflege / welches mehristen Theil durch die Kleidung geschicht. Anno 1448. zu Florentz muß ein wunderliches Gifft gewesen seyn / dann allda hat man war genommen / daß eines Armen Inficirten Lumpen seynd auff die Gassen geworffen worden / darüber zwey Schwein kommen / welche nach ihrer Arth dise Fetzen mit ihren Schnautzen oder Riesseln durch wůhlet / vnd gleich darauff im Kreyß herumb geloffen / vnd todter nieder gefallen. Deßgleichen Anno 1511. wie Verona in Wälschland belägert worden / vnd die Pest in das teutsche Lager gerathen / wordurch bey zehen tausend gestorben seyn / hat man beobacht / daß fünff vnd zwantzig Teutsche gestorben [206] in einem Peltz /dann wann einer gestorben ist / so hat alsobald ein anderer den Peltz angezogen / so bald man aber solchen verbrennt / hat gleich die Pest mercklich abgenommen / Ludovic. Hernik. Quæst. 151. viel hundert dergleichen Begebenheiten hat man auch allhier beobacht / vnd hat es gar offt geheissen Kleyder / leyder /ich kan nicht vmbgehen / was sich da hie zu Wienn ereignet / ein gar wackerer vnd gelehrter Mann ist allhier bey diser Zeit vmb die Statt spatzieren gangen /vnd als ihme von fern ein armer Bettler vmb ein Allmusen gantz flehentlich ersuchte / griff er alsobald in den Sack vmb ein Gelt / dann die gute Werck waren bey diser Pest-Zeit sehr häuffig / deßwegen nicht übel der Poet sagt.


Die Noth bricht Eysen /
Die Noth macht auch essen grobe Speisen /
[207]
Die Noth macht auß einem Thoren ein Weisen /
Die Noth macht auch GOTT ehren vnd preisen.

Weil demnach ein so grosse Noth die Wiennstatt ůberfallen / also ist man in der Andacht / vnd guten Wercken viel eyffriger gewest; Dahero obgedachter Herr desto hurtiger in Darreichung deß Allmusens sich gezeigt / indem er aber das Gelt auß dem Sack gezogen / ist ihm vnvermerckt zugleich ein Brieff entfallen / den da der arme Mensch auffgehoben / vnd auff vieles nachschreyen den Herrn widerumb eingehändiget / O GOtt! wer hat ihme eingebild / daß diser Brieff deß Uriæ gleich den Todt solte zubringen /weilen aber der Bettler mit der Pest schon würcklichinficirt ware / also hat er auch den Brieff vnbehutsamb mit dem vergifften Athem zu einem Ladschreiben deß Todts gemacht / dann kaum daß der vnglückseelige Herr den Brieff [208] empfangen / hat ihn gleich ein Entschüttung deß Leibs vnd verenderliche Hitz angegriffen / vñ wie er nach Hauß kommen / die schon würckliche Pestilentz-Zeichen an dem Leib befunden.

Ein mancher Gelehrter brache ihm schier den Kopff über dergleichen Begebenheiten / vnd sihe / als er zum besten die Ursach dises subtilen Giffts nachforschte / vnd von der Pest geredt / von der Pest gelesen / von der Pest geschrieben / da ist ihm dise ůber den Leib kommen / vnd / solches grosse Ubel / dessen Ursach er müglichst nachgegrůndet / ihn auch vnverhoffter angetast. Seynd also der Gelehrten nicht wenig vnter die Erden kommen / vnd absonderlich der studirenden Jugend ein ziemliche Anzahl von disem Ubel auffgeraumt worden / vnd ob sich die Herrn Studenten sonst in allweeg kůhn vnd tapffer erzeigen /vnd so wohl mit der Klingen als der Feder können vmbspringen / wie sie dann anschelich vnd [209] ritterlich Anno 1545. zu Pariß in Franckreich sich verhalten /indem sie von gedachter Haubt-Statt den Feind abgetrieben / dero damahlen Hasenmůthige Bürger zu dem wehr dich auffgemuntert / vnnd also den Sieg erhalten; aber dises Jahr seynd sie der Sensen deß Todts vnterlegen / vnd leyder viel die Schul mit der Erd vertauschet.

Ich kans nicht lassen / daß ich den Gelehrten nicht auch einen kleinen Zusatz beyfüge / zumahlen mich darzu veranlasset das gemeine Sprichwort / den Gelehrten ist gut predigen / sagt her ihr Schrifftgelehrte Männer / die ihr bereits seyd in der Ewigkeit / als ihr verwichenen September, October vnd November, seyd vor Gottes Richterstuhl erschienen / was Nutzen hat euch gebracht euer Wissenschafft?

Es hat mich Gott nicht gefragt / sagt der Theologus, ob ich alle Artickel [210] deß Englischen LehrersThomæ außwendig habe gelernt / sonder ob ich nach den Artickel deß wahren Catholischen Glauben habe mein Leben angestellt; Es hat mich Gott nicht gefragt / sagt der Philosophus, ob ich wisse die Würckungen vnd Stellungen der zwölff Himmels-Zeichen / sondern ob ich der Lehr der zwölff Apostel nach kommen; Es hat mich GOTT nicht gefragt / sagt der / Jurist, ob ich dem Bartolo sondern ob ich dem Heil. Bartholomæo habe nachgefolgt / ob ich deß Baldi, sondern ob ich deß Heiligen Sebaldi Discipel seye gewest! Es hat mich Gott nich gefragt / sagt der Medicus, ob ich vielPatienten habe curirt / sondern ob ich Patiens seye gewest / vnd auch etwas seinetwegen gelitten; Es hat mich GOTT nicht gefragt / sagt der Rethor, ob ich habe zierlich lernen reden / sondern ob ich habe recht geredt von einem jeden / vnd keinen seine Ehr geschmelert; Es [211] hat mich GOtt nicht gefragt / sagt derPoet, ob ich hab schöne Reim vnd Verß gemacht /sondern ob ich habe nicht vngereimbt gelebt; Also hat GOTT nicht geurtheilt über vnser Wissen / sondern ůber vnser Gewissen / vñ ist vns bey Gott dienlicher gewest / ein Hand voll gute Werck / als ein gantze Truhen voll Wissenschafft; Deßwegen O ihr eytle Welt-Menschen / thut euch wegen eurer Wissenschafft nicht auffblähen / sondern gedencket / daß derselbe der Gelehrtiste ist / welcher in der Tugend- Schul gestudirt hat; schutzbar / schatzbar / vnd nutzbar ist wohl ein Wissenschafft / aber nur diselbe /welche mit der Tugend vermählet ist / sonst ist dieScienz ohne Conscienz, wie ein Pferd ohne Zahm /ein Spiegel ohne Rahm / ein Kleyd ohne Bram / vnnd ein Marckt ohne Kram; Isidorus in Spanien ist ein Baur gewest / vnnd sitzt anjetzo [212] glorreich vnter den Außerwöhlten im Himmel / Plato vnd Cato seyndDoctores gewest / vnd brinnen annoch in der Höll /jetzt laß ich es deiner Betrachtung über / wie? was?



[213]

Abraham mortuus est. Joh. 8. Sepelivit Abraham Saram Vxorem suam Gen. 23.

Gebunden hin / gebunden her /
Wanns noch so starck seyd bunden /
Ihr Ehleuth habt doch nimmermehr
Vorm Todt ein Kräutl gfunden.
Gedenckt / das nihil stabile,
Was in der Welt / sed labile,
Die Ehe muß sich auch enden /
Dann sterben müssen alle Leuth.
Das Gesatz last sich nicht wenden.

[214]

Wann man einen Raben zu der Tauben stellt / wañ man ein Lia zu der Rahel setzt / wann man einen Bauren dem Edelmann zugesellt / wann man Zuckercandl mit dem Aloe kostet / so entdecket sich dero Eigenschafft weit besser / contraria enim juxta se posita, magis elucescunt, dann zwei Wiedrige neben einander geben sich eigentlicher zu erkennen: also auch auß Vorstellung eines vnglückseeligen vnd vnfriedlichen Ehestands wird desto mehr eine gute vnd ruheseelige Ehe erwogen.

Wie vnser gütigster Gott die Herlichkeit mit der Beschwerligkeit / den Hi el mit dem Getümmel / den Saal mit dem Stall vertauscht / vñ zu Bethlehem [215] gebohren / da seynd auch neben andern / 3. gekrönte König auß Orient mit grosser Andacht / mit andächtigem Pracht / mit prächtigem Auffzug / durch Beyhülff eines Sterns / so die Furier-Stell vertretten / ansehelich ankommen / vnd bey dem neugebohrnen Messia vnd göttlichem Kind mit hindansetzung aller K \niglichen Hocheit / auff die Erde nieder gefallen / nach eyffrigsten Anbeten / ihme sehr stattliche Schanckungen allervnterthänig ist überreicht / vnd bestunden obberührte Præsenten in Gold / Weyrauch vnd Myrren; Der grosse Lehrer Hieronymus deutet dise drey Gaben auff die drey Ständ der Catholischen Kirchen /vnnd könne durch das schimmernde Gold der Jung frau-Stand / durch den wohlriechenden Weyrauch der Wittib-Stand / durch die heilsame Myrren der Ehestand abgebildet seyn; wann dem also / so rathe ich einem / deme etwan der Myrren Eigenschafft [216] vnbekant / er wolle ein Stůckl derselben einer Nuß groß mit den Zähnden wohl zermalen / nachmahls mir treuhertzig nicht verhelen / wie sie ihme schmecke / pfui Teuffel wie bitter! sagt er mir / so bitter / daß wann ich mit dem Samson einen gantzen Tag auß deß Löwens Rachen das Hönig sollte schlecken / mir doch kümmerlich dises Gall-Futter vergehen wurde: Die bittere Myrren ist ein Siñbild vnd Vorbild deß Ehestands / forderst deß jenigen / welcher da vnfriedlich /vnd folgsamb nichts als bitter bitter ist.

Wann das Weib einen Mann bekombt / welcher so höfflich / wie dasselbige Instrument, mit deme derCain den Bruder Abel ermort / ist ein Kolben gewest.

Wann der Mañ ein Weib bekombt / welche so süß auß siehet / wie jener Kraut-Topff der Propheten Kinder Mors in olla, ist nichts darinnen gewest [217] als Gall bitters Colloquinten-Kraut.

Wann das Weib einen Mann bekombt / welcher so fein ist / wie jene Klingen / mit dero Samson tausend Philisteer erlegt / ist ein Trumb von einem Eselkopff gewest.

Wann der Mann ein Weib bekomt / welche so still schweigend / wie jene Thierl / so Aaron durch die Ruthen von denen Egyptischen Wässern gelockt / seynd quackigtzte Frösch gewest.

Wann das Weib einen Mann bekombt / welcher so manirlich ist / wie jenes Instrument, mit deme der Booz das Trayd außtroschen / ist ein Fleg: gewest.

Wann der Mañ ein Weib bekombt / welche so freundlich / wie jene Thier / so die hönische Außlacher deß Elisæi gezüchtiget / seynd brum-brum-brummende Bären gewest; O was ist alles diß nicht für ein Bitterkeit!

Der Prophet Ezechiel hat einen [218] Wagen gesehen / an dem ein Ochs vnd ein L \w neben einander gespannt; Ungleiche Thier seynd dise gewest / die Eheleuth werden auch an ein Joch gespant / dahero sie Conjuges benamset werden / aber gar offt auch vngleich / deßwegen manches mahl dise elende Mutteten in lauterla – mi – fa – re. gehört wird / nemblich.


Wil er Saur / so wil ich Süß /
Wil er Mehl / so wil ich Grieß /
Schreyt er Hu / so schrey ich Ha /
Ist er dort / so bin ich da /
Wil er Essen / so wil ich fasten /
Wil er gehen / so wil ich rasten /
Wil er recht / so wil ich linck /
Sagt er Spatz / so sag ich Finck /
Isset er Suppen / so iß ich Brocken /
Wil er Strümpff / so wil ich Socken /
Sagt er ja / so sag ich nein /
Saufft er Bier / so trinck ich Wein /
Wil er diß / so wil ich das /
Singt er dẽ Alt / so sing ich den Baß /
Steht er auff / so sitz ich nieder /
Schlagt er mich / so kratz ich wieder /
[219]
Wil er Hy / so wil ich Hott /
Das ist ein Leben / erbarm es Gott.

Ist dann ein solcher Ehestand nicht ein bittere Myrren? Wo die zwey zusammen sagen / wie ein Speck vnd Juden-Magen / wo sie sich zusammen schicken /wie ein Sichel vnd Messerschaid / wo ihr Willen weither von einander / als Preßburg vnd Straßburg / wo die Lieb so inbrünstig ist / daß mans sicher könt in einen Schaab Stroh einsperren; O Bitterkeit! Der Prophet Jonas / nachdem er die eyffrige Predig in der Statt Ninive vollzogen / hat sich vnweit darvon auff einen in etwas erhobenen Bůhl begeben / seines Sinns nach den vnfehlbahren Untergang vnnd Verherung desselben Orths zuerwarten / wie er sich nun daselbst nieder gesetzt / vnd aber von der Sonnen gar zu starck angestralet wurde / hat ihm Gott augenblicklich einen großblättrigen Kürbs-Stock lassen auffwachsen /vnter dessen Schatten er [220] als in einem angenehmen grünen Lust-Häusel wegen abgematten Leibs-Kräff ten sanfft eingeschlaffen; Uber diß hat ein Wurm auß Befehl deß Allerhöchsten / den Kürbes abgebissen /wordurch er alsobald verwelcket / vnd da die auffgehende Sonn mit so grossem Ernst dem Jonas auff das Gesicht spielte / ist er darüber erwacht / den häuffigen Schweiß von der Stirn abgestrichen / vnd als er wargenommen / daß ihm ein Wurm solches angethan /hat er sich höchstermassen gegen Gott beklagt / auch vnwillich worden über solchen Wurm / das der Prophet ihme selbst den Todt gewuntschen. Jona 4. c. 5. 6. Holla! Die Ungedult ist schier zu groß über einen Wurm; Ein manche arme Tr \pffin hätte wohl füglicher Ursach die Gedult zu verlieren / ůber ihren Mann / der da ein lauterer Wurm / ein bissiger Wurm / ein tůrmischer Wurm / ein vnruhiger Wurm / ein gifftiger Wurm / indessen Garten [221] nichts als saur Holtz-Oepffel wachsen / in dessen Calender fast alleweil Finsternuß / in dessen Himmel schier allezeit Wetter vnnd Donner / dessen Wald nichts als Prügel tragt / dessen Zinn-Geschirr in nichts als in Flaschen besteht / dessen stete Arbeit den Organisten gleichet / ein solcher vnmenschlicher Wurm phantasiret / als seye das Weib deßhalben von der Seiten erschaffen / daß sie immerzu sich soll auff die Seiten keyen / vñ seinem thumbs Hirn freyen Paß gestatten / O bittere Myrren ist wohl ein solcher Ehestand! die arme Haut gleichet fast in allem dem Strauß-Vogel / weil sie so wohl muß manchen Strauß außstehen / als viel harte Brocken vertåuen / wan schon nicht von Eysen.

Es ist ein Kraut welches die Lateiner Eringion, die Teutschen aber Manns-Treu nennen / Lieber rathe ein wenig / was Kraut dises sey? vnd wie es auffwachse? etwan blůhet es wie [222] die purpurfarbe Rosen? Etwan riechet es wie der zarte Jesumin? Etwan grünet es wie das angenehme Bisem-Kraut? Nichts weniger als diß / solches Kraut mit Nahmen Eringion oderManns-Treu ist ein Distel / ein Brach-Distel / voller Stächel / als wäre er dem Igel befreunt / über vnnd über mit feindlichen Spitzen gewaffnet / als wolle gleichsamb die Natur an Tag geben / daß in dem Ehestand bey der Mañs-Treu gar offt nichts als Weh vñ Ach / brich vnd krach / Zorn vnd Rach zu finden seye / O Bitterkeit!

Es ereignet sich aber auch gar offt das Wiederspiel / vnnd bekombt mancher ein so liebe Ehegenossin /daß er ihm getraute ehender auß der Donau einen truckenen Kiselstein zuheben / als auß ihr ein gutes Wort / vnd ob sie schon der Astrologiæ nicht viel erfahren / weiß sie doch ansehelich ihme die Planeten zu lesen / daß ihme [223] zum öfftern die Augen / wann auch die Kuchel nicht rauchet / voller Wasser stehen.

Der anseheliche Scribent Stengelius registriret von zweyen Eheleuten / welche in dem Regieren vnnd Herrschen ordentlich vmbwechsleten / vnd so der Mann vierzehen Tag die Oberhand führte / muste er auff die gesetzte Bedingnuß auch so lang das Regiment der Frauen überlassen / die mehriste Zeit aber /in dero das Weib zu gebieten hatte / befande sich der gute Mann ausser deß Hauß / vnd wolt sich mit truckenem Brot lieber befridigen anderswo / als zu Hauß das gestössene verkosten / auch so es geschehen / daß er mit müglichsten Fleiß die stille Music zu Hauß gehalten / hat er dannoch dem vngestůmen Tackt deß Weibs nicht mögen entgehen. Laß mir das ein H \ll-Riegel seyn! bey dem auch einem Socrates möcht die Gedult erwelcken / dañ ja wahr ist das[224] Sprichwort / ein Rauch / ein böß Weib / vnd ein Regen / seynd einem Hauß überlegen; Wie abgeschmach lauth nun ein Lauthen / wañ die Seyten nicht zusammen stimmen / also abgeschmach lauth es bey den Eheleuten / wann die Sitten nicht zusammen stimmen / ein solcher Ehestand was ist er anderst als ein Wehestand / ein Fechtplatz / ein Creutz-Schull /ein Besen-Marckt / ein Riebeysen / ein Hader-Suppen / ein Igel-Balg / ein Pein-Folter / ein Distelkraut / ein Schlag-Uhr / ein Gemüths-Hächl / ein Pfeffer-Můhl /ein Copey von allem Elend? Was ist entgegen angenehmers in der Welt / als ein freundlicher Ehestand;

Die Catholische Kirch sterckt sich mit den Heil. Sacramenten / setzt aber in dero ordentlicher Zahl den Heiligen Ehestand gantz zu letzt / vnd wissen die sieben jährige Knaben in der [225] Kinderlehr / auff die Frag /wie viel seynd Sacramenta? schon zu antworten / sieben / das sechste die Priesterweyh / das siebende die Ehe; nicht ohne erheblichen Ursachen wird solches an das siebende Orth gesetzt / dann je vnd allemahl /man durchblåttere die gantze Heil. Bibel / die siebende Zahl ein Ruhe vnd Ruhestand angedeut / so gar daß auch GOtt den siebenden Tag ruhen vnd rasten wolte / dardurch zu zeigen / daß auch das siebende Sacrament die Ehe nichts anders seye / als ein Ruhe zweyer Gemůther / vnd ein Ruhe-Stand zweyer Hertzen.

Von dem prächtigen Tempel Salomonis ist es weltkůndig / wie ansehelich derselbe seye gebauet worden / erstlich befanden sich bey solchem Gebäu siebenzig tausend Tagwercker / was die Maurer vnd Steinmetzen belanget / waren selbe an der Zahl achtzig tausend / auch musten dreytausend Ambtleuth / neben dreyhundert Anschaffer [226] bey disem nie erhörten Gebäu sich einfinden / die Unkosten diser ansehelichenStructur erstreckete sich in etliche tausend Centner Gold vnd Silbers / es ware ein solches Werck / daran man viel Jahr gearbeith / daß auch einem künstlichenAppelles solches mit dem Pembsel zu entwerffen schwer fallte / die Länge / die Breite / die Höhe die Tieffe / das Außwendige / das Inwendige / das Obere / das Untere / das Holtzwerck / das Steinwerck / ware also künstlich vnd köstlich in einander / auff einander / ůbereinander / daß es mancher wohl auch für ein Meisterstuck der Englischen Wissenschafft m \chte außruffen; Das Allerwunderbarlichste aber in solchem Gebåu ware diß / daß man in wehrendem Gebäu nicht einen einigen Streich oder Hammer oder Eysen h \rte /nec ferrum audiebatur. Reg. 3. Das ist ja ein Wunderwerck / etliche Lehrer seynd der Meinung / als seye durch göttliche [227] Beyhülff / vñ folgsamb durch ein Wunderwerck geschehen / daß sich die Stein vnnd alles auff einander so wohl geschickt / andere muthmassen / der allerweisseste Salomon habe von einem gewissen Thier ein Blut beygeschafft / durch welches die härteste Stein zerspalten wurden / vnnd also Hammer vnd Eysen nicht vonnöthen: Seye deme wie ihm wöll / wunderlich ist gleichwohl / daß bey einem solchen weltkündigen Gebäu / nicht ein Hammer / nicht ein Eysen geh \rt worden.

Disem ansehelichen Hauß Gottes gleichet gantz natürlich das Hauß zweyer lieben Eheleuthen / ubi nec ferrum auditur, allwo man vmb einen Streich in viel Jahren nicht weiß / wo man nie kein Eysen hört / nie kein Zanckeysen / sondern schickt sich alles auff das aller beste zusammen / ihre zwey Hertz seynd gleichsamb in einen Model gegossen / ihre zwey Gemüther ůber ein Laist geschlagen / ihre zwey [228] Willen nach einer Regel gemessen / hab mich geirrt in ihnen ist nichts zerzweyt / sondern alles eins / dahero Tag vnd Nacht / frůhe vnd spat nichts Wiederwertigs zu h \ren / vnnd ist ein solcher Ehestand ein Uhr / die allezeit auff Eins stehet / vnd ist ein solcher Ehestand ein Garten / indeme nichts als Liebstöckel wachsen / vnd ist ein solcher Ehestand ein Grammatic, in dero man nichts als Amo conjungirt, vnd Rixa declinirt, vnd ist ein solcher Ehestand ein guldener Ring / dessen edlestes Edelgstein Unio die Einigkeit / vnd ist ein solcher Ehestand ein Calender / in deme die gr \ste Heiligen S. Pacificus, vnd S. Concordia.

In einem solchen Ehestand ist ja nichts als Sieg vnnd Seegen anzutreffen / vnnd weil der Himmel-Tau nur pflegt zu fallen / wann es Windstill ist / also vermuthlich fallt über solche zwey liebe Eheleuth der häuffige [229] Himmels-Seegen / weil nichts als Ruhe vnd Stille darinnen.

Die Heil. Ehefrau Francisca Romana schätzte solche Einigkeit über alles / dahero / als sie einest ihren andächtigen Gebrauch nach das Officium oder Tagzeiten vnser Lieben Frauen auß dem Büchl eyffrigst abgelesen / vnd von ihrem Mann zu einer andern Hand-Arbeit beruffen worden / hat sie den Versicul halb vnterlassen / vnnd deß Manns Befehl hurtigst nachkommen / damit nur die geringste Ursach zur Uneinigkeit vermeidet werde / als sie nun nach vollbrachter Arbeit zu dem Gebett kehret / fande sie / daß der auß Gehorsamb vnterlassene Versicul mit guldenen Buchstaben von ihrem Schutz-Engel außgeschrieben worden / wie ihr nachmahls der Heil. Paulus offenbahret / Sales de Amo: lib. 12. Dise Heil. Francisca hielte also die Regel deß Heil. Ehestands / daß Gott ein absonderliches Wohlgefallen daran [230] sch \pffte / vnnd zum \fftern es mit Wunderwerck begnadet; Zwischen dem Booz vnd der Ruth / zwischen dem Aßvero vnnd der Esther / zwischen dem Abraham vnnd der Sara / zwischen dem Isaac vnd der Rebecca /zwischen dem Jacob vnd der Rahel / zwischen demMausolo vnd der Arthemisia, zwischen dem KönigClodovæo vnnd Clothildis, zwischen dem Sulpitio vnd Lentula, zwischen dem Moyses vnd der Sephora, zwischen tausend andern mehr ist ein solche Einigkeit gefunden worden / daß dero Ehestand ein Ehrenstand hätte sollen genennt werden.

Es ist denckwůrdig / ja wohl in das Protocoll aller rechter Eheleuth forderst mit Gold auff zuzeichnen /was Fulgosus lib. 4. vermercket. In dem Königreich Neapel ware ein ehrlicher Mann / der hatte seine Behausung nahet bey dem Ufer deß Meers / als solcher auff ein Zeit gewisser Geschäfften [231] halber vnweit von dannen sich begeben / seynd vnterdessen die hin vnd her streiffende Corsaren an selben Orth angelendt /vnd ihme seine allerliebste Ehefrau sambt andern in Eyl zusammen Pauschten Haabschafften mit sich genommen / da nun gedachter Mann eylfertig nach Hauß kehrte / vnnd wehemüthig vernommen / daß sein Liebste von denen Meer-Raubern seye gewalthätig entführet worden / auch seye das Raub-Schiff / indem sie vnlängst abgefahren / noch im Meer zu sehen / hat er sich alsobald gantz behertzt in das tieffe Meer gestůrtzt / möglichster massen nach dem Schiff geschwummen / immerzu schreyend / Voi conducete, mia moglie, menate ancora me di gratia Insieme con lei. ›Ihr entführt mir mein allerliebstes Weib / seyd mir doch sambt euerer Tyranney so gnädig / vñ nembt mich auch mit ihr:‹ ůber welches sie sich höchlich verwundert / auch ihn nach Begehren neben sein[232] Weib angebunden / nachmahls den gantzen Verlauff beytragen dem K \nig zu Tunis, welcher dañ solche Eheliche Treu nicht allein höchst gepriesen / sondern neben ertheilter Freyheit / vnd ansehelicher Beschenckung ein ewige Unterhaltung angeschafft.

Jetziger Zeit / muß bekennen / schwimbt sich nichts mehr dergleichen / vnd wann man auch das Wasser mit dem Heil. Petro könte tretten / thät man sich im Nachlauffen nicht ůbereylen / aber / daß nicht vnzahlbahr viel vereinigte Eheleut gezehlt werden / ist in keinen Zweiffel zu setzen / vnd finden sich annoch viel tausend / bey denen Hertz-Treu die beste Karten / dann ja der Handl verspielt / wo solche nicht ist.

Ein solcher lieber vereinigter Ehestand / ist mit keiner Feder sattsamb zu loben / vnd so man ihn schon preyset / daß er seye ein blüender May / ein Abriß vom Paradeyß / ein Bolster [233] deß Fridens / ein Schuel der Tugenden / ein Speiß-Cammer der Lieb / ein Register der Einigkeit / ein Contrafe deß Himmels / so ist zwar alles diß gut gesagt / aber nicht gnug gesagt; Wird also zweiffels ohne der Todt dißfahls alles Frevels vergessen / vnd solchem Stand die gebührende Ehrerweisung zulaisten / allerseits sich befleissen?

O was grundlose Gedancken / vnnd nebeldicke Fausen nehret ihr meine Leuth in eueren Hertzen /sagt der Todt / ich führe / wie månniglich bewust / ein wohlgewetzte Sensen / warmit ich alles Graß vnd alle Blumen abschneide / folgends auch die Ringel-Blumen / es mag euch der Priester zusammen binden wie starck er will / so löse ich doch solchen Knopff auff mit meiner Sichel / vnd weiß der verschlayerte Cupido vnd übermüthige Bub auß zwey Eins machen / [234] so weiß ich auch demselben zu Trutz / das Eins / in zwey zertrimern / vnd wo Mann vnd Weib gleichsamb Sonn vnd Mond vorstellen / wie es Joseph der Egyptische im Traum gesehen / so kan ich vnverhofft ein Finsternuß darein machen / das man weder Placebo Domino, noch Placebo Dominæ lesen kan / ob schon die Lieb dem Feur gleichet / so kan man doch auch das Feur mit Erd dåmpffen / vnd nimb fein sauber Lieb / Leib vnd Leben / als wie die zeitige Reben / vnnd legs vnter mein Todten-Preß / wer an dem einen Zweiffel hat / der kan Wienn in Oesterrich darumb befragen.

Der elende Zustand diser Zeit vnter denen Eheleuthen zu Wienn / soll mehr mit Tråhnen beschrieben werden / als mit Dinten / vnd ist nicht můglich / daß ihme es die Menschliche Vernunfft könne vorbilden /was Trangsalen / Kummer vnd Noth die [235] Verheyrathe getroffen: Ein Felsen mitten im Meer / welchen vnauffhörlich die auffbambte Wellen mit grimmen Anstossen / ein Weinbeer vnter der Preß / welche allerseits die Trähnen vergiessen thut / ein Eisen auff dem Amboß / so von den schwären Hammerstreichen immerzu geschmidt wird / kan nicht seyn ein sattsames Sinn-Bild der Verheyrathen bey diser Zeit.

O wohl blutige Zäher waren vonn \then manche betrůbte Begebenheit zubeweinen; Es ist geschehen /daß der todte Mann zum Hauß hinauß ist geschlaifft worden / das Weib auch bereits den letzten Athem sch \pffte / vnd die verlassene Kinder vmb ein Brodt geschryen / denen aber nicht lang hernach der Todten-Graber an stadt deß Beckens auß der Noth geholffen.

Es ist geschehen / daß man das kleine Kind hat angetroffen an den Brüsten [236] der todten Mutter hangen /allwo das vnschuldige Engerl nicht gewust / daß es auff solche Weiß durch solchen Trunck / dem Todt eins bescheydt thue.

Es ist geschehen / wann man die todte Mutter auff den Wagen gelegt / daß das kleine Töchterl mit Gewalt sie wollte begleiten / deßhalben mit vngelöster Zungen vnauffh \rlich Mami / Mami geschrien / wordurch auch den harthertzigen Siehknechten das Wasser auß den Augen getrieben worden.

Es ist geschehen / daß auff der Strassen naher dem Kayserl. Marckt Himberg / daß man bey einer Geiß hat angetroffen / ein verlassenes kleines Knäbl / welches mit kindlichen Geberden gleichsamb dise zottete Ammel vmb einen Trunck ersucht / auff solche Weiß /wie Romulus vnd Remus in ihrer Kindheit bey einer Wölffin in die Kost gegangen.

[237] Es seynd die verlassene Weysel in solcher Menge gewest / daß mans Wagen weiß zusammen fůhrte /vnd in der Spitlaw gleichsam ein kleine Kinder Armee auffrichtete / die aber meistens den Freydhoff belägert / vnd denselben ohne vielen Streitt erobert / seynd also solche / die vnlångst von der Mutter kommen /bald wieder in die Schoß der allgemeinen Mutter der Erd gerathen.

Zu weilen hat ein Mutter / die von diser Pestilentzischen Seuch angegriffen worden / in ihrem Todt-Beth vnauffhörlich geseufftzet / wann sie bereits ihre erwachßne Kinder hat angeschaut / die da theils ihre Nasen zustopffeten / theils von weiten stunden / vnd gedichte Trähnen vergossen; ich möcht aber wohl die Vrsach errathen / warumb so håuffige Seufftzer auß dem Mütterlichen Hertzen auffgestossen / ich glaube wohl / es seye die Reůe / daß sie ihre Kinder nicht besser [238] gezogen / dann ihr liebe Eltern / ihr solt wissen / vnd müsset wissen / daß ihr genaue Rechenschafft dem Allerh \chsten ablegen můst / wegen euerer Kinder / dann der Kinder Missethaten werden in das Protocoll der Eltern verzeichnet.

Wist ihr dann nicht / wie der Allmächtige GOtt die vier Theil der Welt mit den vier Buchstaben deß W \rtels Fiat erschaffen / vnd in der Welt allerley Thier / vnter andern hat er die V \gel auß dem Wasser erschaffen / dann also redet die Göttliche Schrifft /pro ducant aquæ reptile animæ viventis, & volatile, super terram sub Firmamento Cæli. GOtt sprach: ›Die Wasser bringen kriechende Thier herfür / die ein lebendige Seel haben / vnd die Vögel auff Erden vnter dem Firmament deß Himmels:‹ Ist also das Wasser die erste Mutter gewest / von dero die V \gel seynd kommen; Auff den heutigen [239] Tag wundere dich nicht /kommen die Vögel von dem Wasser her / dann warumb mancher Sohn gantz tugendloß vnd mit einem Wort ein lauterer Vogel vnd Galgen-Vogel wird? Ist die Ursach / weil sein Mutter ein Wasser ist gewest /verstehe / gar zu weichhertzig / vnd ihn nie recht gestrafft; Die Brillenmacher haben Vrsach sich zubeklagen / daß sie ihre Wahr so gar nicht mehr können versilberen / vnd anwehren / weilen die Obrigkeiten / absonderlich die Eltern gar offt durch die Finger schauen: So lang / Aaron der Hoche-Priester bey dem König Pharao die Ruthen in den Händen gehalten /so ist sie ein Ruthen verbliben / so bald er sie aber auff die Erd geworffen / alsdann ist sie in ein Schlang verwandlet worden. Versa est in Colubrum. Exod. 4. Hört ihrs meine Eltern? Wie lang ihr die Ruthen in den Hånden haltet / vnd genaue Obsicht über die[240] straffmässige Kinder traget / so lang ist es alles gut /so bald ihr aber solche Ruthen hinweck werfft / vnd den Kindern alles übersiehet / alsdann wird ein gifftige Schlang auß diser Ruthen / vnnd kan kein schädlichers Gifft seyn den Kindern / als das grosse Ubersehen vnd Nachsehen der Eltern.

Liebe Eltern / es seynd euch nicht vnbekant die Heil. Ceremonien / deren sich die Catholische Kirch in der Heil. Charwochen gebrauchet / vnter andern ist auch die Heil. Metten / welche da wegen grossen Getümmel ins gemein die Pumper-Metten genennt wird; sagt mir aber / wann pflegt man in derselben zuschlagen? Ihr antwort; damahlen wann die Liechter außgelöscht seyn / dort geht das Schlagen an: Last euch diß ein Lehr seyn / wann die Tugenden in euren Kindern außlöschen / vnd nicht mehr wollen mit guten Sitten leuchten / da [241] schlagt darein / vnd spart die Ruthen nicht / dann auff solche Weiß rettet ihr dero Seelen von der Höll / wie der weise Salomon bezeuget / vnd ringert dardurch euer eigenes Gewissen / sonst wird Gott den Verlust der theuren Seel von euch erfordern.

Jene Mutter / von welcher der Evangelist Matth. 15. schreibet / ist vnserm gebenedeyten HErrn starck nachgeloffen / vnd mit offt wiederholter Sti gantz flehentlich zugeschrien / Miserere mei Domine Fili David, Filia mea, male à Dæmonio vexatur. ›O HErr! sagte sie / du Sohn David erbarme dich meiner / dañ meine Tochter wird übel von dem bösen Geist geplagt;‹ Es möcht jemand wohl in den Sinn kommen / daß er dises Cananeische Weib für vnbedachtsamb halte / in Erwegung / daß sie so starck Christum ersucht vmb Barmhertzigkeit / indeme doch nicht sie /sondern vielmehr ihr Tochter diselbe vonnöthen? Ein solcher muß [242] aber wissen / daß dise Mutter recht vnd wohl zu JEsu vmb Barmhertzigkeit geruffen / dann sie gedachte wohl / daß der Tochter Sünd auff den Achseln der Mutter liegen; Warhafftig die Sůnden der Kinder werden in kein andere Schreib-Taffel auffgezeichnet / als in das Gewissen der Eltern / die Boßheit der Kinder stecken in dem Busen der Eltern / die Sünden der Kinder kommen in die Rechnung der Eltern.

Daß manche Tochter Cecilia mehr nach dem Organisten trachtet / als nach der Orgel / wer ist daran schuldig? Daß mancher Sohn Ernest zu einem Schandnest wird / wer ist dran schuldig? Daß man cher Sohn Damian zu einem Damischen wird / wer ist daran schuldig / als die Eltern? Dahero gebt Rechenschafft / omnia quæ deliquerunt Filij, à Parentibus requiruntur: Vatter / Mutter / wird GOtt sagen / gebt mir Rechenschafft / [243] ich habe euch ein Tochter Rosina geben / ihr durch euere Nachlåssigkeit habt derselben die Dörner der Sünden lassen anwachsen / ich habe euch ein Unschuldige Tochter Clara geben / die habt ihr durch euer übels Nachsehen selbst auff den Weeg der Finsternuß gebracht / ich hab euch einen vnschuldigen Sohn Peter geben / den habt ihr aber nicht wie der Gockelhan ermahnt / wie er gesündiget; Ich hab euch einen Sohn Christoph geben / diser ist aber durch euer böse Weichhertzigkeit in den Tugenden gar klein gewachsen; Gebt Rechenschafft: daß mir dises Edlgstein in das Koth gefallen / daß mir dises Lambl vnter die Wölff gerathen / daß mir dise Frucht wurmstichig worden / daß mir dise Tauben entflogen /daß mir dises Kind / dise Seel / die ich so theur mit meinem Todt erkaufft / ist entgangen / bist du Vatter /du Mutter daran schuldig / gebt Rechenschafft.

[244] Dergleichen Gedancken beschweren manches Mutter-Hertz / daß es auch in dem Todt-Bethl wůnschet /es håtte nie gebohren / zumahlen der Mutter-Titl ihr Elend nur vergrössert / bildt mir also wohl ein / das in diser Pest gleichförmige Trangsall manche Eltern auch in dem Todt habe gequält; O was Elend muß dann diß seyn! Allwo nicht allein der arme Leib durch die brennende Gifft-Geschwer geplagt wird / sonder auch manches Gemüth vnd verletztes Gewissen sein Marter außstehet / darumb liebste Eltern ziecht euere von GOtt ertheilte Kinder recht / damit sie auch zu euerem Trost Kinder der Seeligkeit werden.

Vor dem Vbel fliehen / ist nicht übel / zumahlen bekant ist / daß der Patriarch Abraham sein Unglůck zuvermeyden in das Land gegen Mittag gezogen.Gen. 2. Jacob weil ihm sein Bruder Esau derSaubere Gesell [245] den Todt geschworen / ist auch geflohen zu seinem Anverwanten dem Laban. Gen. 27. Deßgleichen David, als ihm der vndanckbahre Saul nach dem Leben getracht / hat sich mit der Flucht salviert: Nicht weniger hat die Flucht genommen der eyffervolle Prophet Elias, wie er benachrichtiget worden / daß ihme die Königin Jezabel den Todt antrohe: So ist auch nicht vnbekant / wie der Tarsensische Prediger Paulus nächtlicher Weil in einem Korb durch ein Fenster sich hat hinunder gelassen / vnd also die Zuflucht zu der Flucht genommen; auch von Christo dem Heyland selbsten registrieren die Evangelisten /daß er der Hebreer feindliches Nachstellen zumeyden / sich etlich mahl habe in die Flucht begeben; Ist demnach keines Wegs zu widersprechen / das nicht heylsamb seye in der Pest-Zeit zufliehen / ja absonderlich für rathsamb von den bewehrtisten Medicis gehalten [246] wird / disem Rath ist man zu Wienn embsig nachkommen / vnd ist der Zeit nichts anders zusehen gewest / als das viel tausend diser Residentz Statt den Rucken gewisen / ja wohl etliche seynd also forchtsamb anzutreffen gewest / daß sie sich in der Flucht viel mässiger gehalten / als deß Loths sein Weib / wie sie die Statt Sodoma verlassen / vnd vermeinten viel / das auch das zuruck Schauen nacher Wienn nicht Gifftfrey werde ablauffen.

O Wienn! du bist kurtz vorhero ein sch \ne Rachel gewest / sihe / wie dich GOtt kan so geschwind in ein schantliche Lia verungstalten / du bist seythero immerzu gleichsamb ein gelobtes Land gewest / sihe wie dich der Allerhöchste so bald kan in ein bestürtztes Egypten verwandlen / du bist schon so lange Zeit hero ein Brunn alles Trosts vnd Freuden gewest / sihe wie so vnverhofft dich der Allmächtige hat [247] in ein außgetruckne Cistern verkehrt / hab mich geirrt /Wasser gnug / aber lauter trangscelige Trähnen; Doch aber seye getröst / der jenige / der verwundet hat / kan dich heylen auch / laß es allein dir ein Wahrnung seyn / das nicht ein Quintl Beståndigkeit auch in einem Centner schweren Wohlstand seye.

Damit ich aber meine obberůhrte Erzehlung zu End bringe / ist zuwissen / das viel vnd aber viel sich von der Wiennstatt haben abgesöndert / vnd neben denen /welche ausser der Statt auff freyen Feldern von Holtz zusammen geschlagene Hütten bewohnten / deren so viel waren / daß der hunderte fůr ein feindliches Lager thätte ansehen / neben disen seynd viel geweft / die sich in wilde vnd finstere Wälder begeben / vnd hätten ihnen wohl nie eingebildet / daß sie einmahl solten das Cremitten Leben kosten.

Andere retirierten sich in weit entlegene [248] baufällige Geschlösser / allwo sonsten die Nacht-Eulen vnd wilde Raub-V \gel ihre gewöhnliche Losamenter hatten; Viel suchten zu Wasser ein anders Land! Aber leyder! Brachten sie den Todt mit ihnen / oder fanden denselben schon allda; Hat also mancher sein Grab gefunden hinder dem Zaun eines Ruben-Ackers /einem manchen ist noch die Gnad begegnet / daß er bey einer einschichtigen Marter-Seulen ist eingescharrt worden / zuweilen fande einer seine Krufften in einem Holweeg / das also viel vnd aber viel die Wiennstatt verlassen vnd von derselben verlassen worden / weil ihnen das Gifft / die Pest / oder soll ich sagen / die Straff / die Hand Gottes eylfertigist nachgefolget.

Indem Fall aber seynd mehristen Theil allhier verharrt die Eheleuth / welche die treue Lieb vnd liebe Treu also gebunden / daß eins das ander [249] keines Wegs wollte verlassen / beforderist / weilen die Dienstbotten anfänglich mehristen Theil von dem Todt seynd hingerissen worden / dahero wäre mancher Mann gantz Hůlffloß verschmacht / so ihme nicht seine getreue Gemahlin wäre beygestanden; Und ist nicht nur einmahl geschehen / daß das krancke Weib auff allen Vieren hinzu gekrochen / vnd etwan ihrem Mann in höchstem Durst ein Wasser dargereicht; Bilde dir ein / was Elend es seyn muß / wann der Mann im Beth schon todter lieget / in dem andern ein Kind todt / in dem dritten die krancke Mutter / vnterdessen aber ist kein Dienstbott bey handen / sondern derselbe hat kurtz vorher die Kasten geraumbt / vnd in die Flucht gangen.

Gedencke was Trübsall dises seyn muß / wann das Weib schon in dem Lazareth die wehrende Chur auß stehet / vnd als sie vmb Nachricht ihres Manns fraget / fůhrte man gleich [250] denselben todter auff dem Wagen daher; Erwege was Noth es seyn muß / wann der Vatter mit Todt abgehet / vnd zu dessen Begräbnuß nicht ein einiger Mensch sich wil auch vmb das Gelt gebrauchen lassen / daß also die einige Tochter selbst muß das Grab machen / vnd den Vatter einscharren /welches zweyen / wie bekannt / auff der Reiß begegnet / als sie von dannen die Flucht genommen.

Franciscus Lucas schreibet / wie der gebenedeyte HErr vnd Heyland triumphirend nacher Jerusalem eingeritten / vnnd ihn das Hebreische Volck mit můglichem Pomp eingeholt / haben sich vor den Häusern die steinerne Bilder der heydnischen Kayser geneigt /mit h \chster Verwunderung: die göttliche Schrifft bezeuget / was gestalten der Felsen / auff den die Ruthen Moyses getroffen / habe Wasser von sich geben: Ich muß bekennen / dazumahlen stunde allhie zu Wienn [251] männiglich ein so grosses Elend vor Augen /daß sich auch ein Stein vnd ein Felsen hått m \gen erweichen / vnd erbarmen / vnd hat man augenscheinlich wargenommen / daß der Himmel selbst ein lange Zeit getrauret / vnnd mit vielfåltigen kleinen melancholischen W \lckl das Sonnen-Liecht verhüllt. In den Häusern hat man nichts anders gehört / als Weinen vnd Betten / absonderlich die liebe Eltern haben ihre Kinder in einen Heil. Crayß zusammen gestellt / welche sammentlich mit auffgehebten Händen GOTT vmb Hülff vnnd Barmhertzigkeit anrufften / es hat aber das vnerforschliche Urthel Gottes gleichwohl zum öfftern geschehen lassen / daß dise auch von dem gifftigen Pest-Pfeil getroffen worden / vnd also zu ihren Leibs Heyl das jnnbrünstige Gebett nichts gewůrcket.

[252]

Omnis Militia eorum defluet. Isa. 34.

Du Martialisch Helden-Blut /
Niemand kan dich gnug preysen /
Aber trutze nicht / mein Pfeil ist gut /
Durchtringt ein Kleyd von Eysen /
Alexander Bellicos,
Und Meander generos,
Uberwunden seynd von mir /
Dann sterben müssen alle Leuth /
Im Freythoff sucht Quartier.

Es hat der grimmige Todt mit seinem Pfeil

[253] Es hat der grimmige Todt mit seinem Pfeil absonderlich nach dem Leben der Soldaten gezielt / vnd deren viel zu Wienn erlegt.

Der gnädigste GOtt vermög seiner Allmacht hat mit dem kleinen Werckzeug Fiat, die grosse Welt erschaffen / vnd in der Welt vnterschiedliche Geschöpff / vnd vnter den Geschöpffen vnterschiedliche Thier / vnnd vnter den Thieren vnterschiedliche Naturen; Ein andere Natur vnd Eigenschafft hat der Luchs / als der Fuchß / ein anders Thier ist der Pfab als der Rab / ein anders Geschöpff ist der Schwan / als der Hahn; kein ansehelichers Thier aber ist / als der L \w / dahero das Wörtl [254] Leo, Löw / anderthalbhundertmahl in der Heil. Schrifft zu lesen / deß Hasen aber nur zwey mahl Meldung geschicht / vnd wird so gar diser vnter die vnreine Partheyen gezehlt; Ein Haß auff solche Weiß ist wohl in geringen Ansehen; Das Lambel hat den Nahmen eines Einfalts / der Esel hat den Nahmen eines Faullentzers / der Wolff hat den Nahmen eines Schlemmers / der Fuchß hat den Nahmen eines Arglistigen / der Beer hat den Nahmen eines Murrers / der Rab hat den Nahmen eines Diebs / der Pfaw hat den Nahmen eines Pracht-Hansen / der Haß hat den Nahmen eines Forchtsamen / der Löw hat den Nahmen eines Hertzhafften vnd Starcken / von welchem Plinius schreibet / daß er seine mehriste Kräfften in dem Hertzen habe / vis summa in pectore l. 8. c. 16. weil nun so vielfältige Erinnerung deß Löwens die Heil. Bibel beyfüget / wenig vnd schier gar nichts / deß [255] Hasens gedencket / ist mercklich zu schliessen / daß die tapffere / behertzhaffte / streitbahre vnd kůhne Soldaten / denen der Löw ihr eigenthumliches Siñbild / forderist grossen Ruhm vnd Glory verdienen.

Zuerinnern seynd aber alle rechtschaffene Kriegs-Männer / daß sie ihnen den Nahmen Solldat wohl vor Augen stellen / vnd denselben nicht für sich / sondern zu ruck lesen / worauß ihr gantze Regel mit einem Wort geschriebner abzunehmen ist; Dann das WortSolldat / heist zuruck Tadlloß: Als soll ein steiffer vnd tapfferer Soldat ohne Tadl vnd Mangl leben / eigenthumlich aber wird zu einem lobwürdigen Kriegsmann erfordert / daß er drey Stuck an sich habe /etwas von dem Garten / etwas von der der Karten /etwas von der Schwarten; von der Schwarten diß /daß er bey einfallender [256] Noth könne Hunger außstehen / daß ihm die Schwarten krachen; von der Karten muß er haben Hertzbue / von dem Garten muß er haben das Blümel Ritterspohren / wo dise drey Ding seynd beysammen / verdient man erst eines Soldaten Nahmen.

Nachdehme Joannes der Tauffer sieben Jahr alt in die Wůsten getretten / vnd allda viel Jahr in der Wüsten sauber gelebt an der Seel / in der Wildnuß zahm gelebt an den Sitten / in der Einöde nicht öd gelebt an den Tugenden / hat er durch göttlichen Beruff in der Gegend deß Fluß Jordans mit grossem Eyffer anfangen zupredigen von der Buß / vnd bußfertigem Wandl / parate Viam Domini, vnd hat dises alsobald solche Würckung gethan / daß allerseits häuffig die Leuth auß gantz Juden-Land zu disemn euen Propheten in die Wůsten geeylt / vnd ihn vmb ergeblichen vnnd [257] heilsamen Rath ersucht / was ihnen doch obliege / damit sie das ewige Leben möchten erwerben / quid faciemus? Unnd zwar erstlich seynd die Mautner vnd Zöllner kommen / mit vnterthänigster Bitt / er wolle ihnen doch ein Regl vorschreiben / nach der sie ihren Wandl möchten richten vnnd schlichten / gar gern sagt der Heilige Mann / vnd wust schon was für ein Pflaster auff ihre Wunden taugte: Nembt nicht mehr als daß euch verordnet ist: Welche kurtze Predig in acht Wörtl vnd ein vnnd dreyssig Buchstaben nur besteht / aber gleichwohl solchen guten Leuthen ein lange Lehr war: nachdem so haben sich auch die Soldaten eingefunden / vnd bittlich einkommen bey dem Heil. Mann / wie daß sie ein gantze Zeit müsten auff der Schiltwacht stehen / vnd von einer Pastey zu der andern wandern / ein gantzes Jahr öffter im Zeughauß als [258] im Gottshauß / vnd wissen sie vmb kein Capittel auß der Bibel / wohl aber vmb Capittel / die sie täglich von ihren Officiren einnehmen / bitten derohalben / er wolle ihnen die Weiß an die Hand geben / wie sie auch möchten den Himmel erwerben / ihnen antworth der Heilige Joannes: Thut niemand Uberlast an /noch Gewalt / vnnd seyd fein mit eurer Sold zu frieden: Mit dem ware die gantze Predig beschlossen; Da hätt ich mir ohnfehlbar eingebild / der erleuchte Mann Gottes hätte ihnen mit grossem Eyffer vortragen / wie daß sie den Soldaten-Standt sollen beyseits legen / den Harnisch hurtig außziehen / vnnd darfür in einen rauchen Eremiten Rock schliessen / die Lenden mit harten Cilicien vmbgürten / vnnd also die übrige Zeit ihres Lebens der Buß abwarten / dann ein Krieg auff Lateinisch heisset Bellum / vnd meinen [259] viel / es rühre her von dem Wort Bellua, so auff Teutsch ein wildes Thier heist / als seyn die Kriegsleuth ihres sträfflichen vnd gewissenlosens Wandel halber den Thieren nicht vngleich.

Nichts dergleichen hörte man auß dem Mund deß Heil. Joannis / sonder mit gantzer Höffligkeit liesse er sie abweichen / als thätt er gleichsamb sagen / meine wackere Soldaten / thut niemand keinen Gewalt an /vnd seyd mit euerer Soldt befridiget / im übrigen bleibts Soldaten / dann Soldaten haben auch einen Platz im Himmel / vnnd auff diser strittigen Welt seynd die Soldaten nothwendig / der Soldaten kühne Thaten / vnd heroische Tapfferkeit ist dem Himmel nicht zuwider / sonder ihr starcke Faust vnd vnüberwindliche Curachi muß auch die sichtbahre Kirchen Christi auff Erden von den Feinden schutzen / Soldaten seynd wackere Leuth.

Ein ansehlicher Soldat ware Judas [260] Machabæus bey den Hebreern / ein tapfferer Soldat ware Pausanias bey den Lacedemonier / ein vnüberwindlicher Soldat ware Cyrus bey den Persier / ein streittbahrer Soldat ware Hannibal bey den Cartaginesern / ein kühner Soldat ware Cornelius Scipio bey den Römern /ein heroischer Soldat ware Sebastianus Zianus bey den Venetianern, ein Martialischer Soldat ware Fridericus Ænobarbus bey den Schwaben / ein lobwürdigster Soldat ware Franciscus Sforzia bey den Italianern / ein trefflicher Soldat ware Rolandus bey den Frantzosen / ein behertzhafftister Soldat ware Antonius Leva bey den Spanier / ein berühmbtester Soldat ware Joannes Gisera bey den Böhmen / ein trefflichster Soldat ware Iratho bey den Dennemärckern / ein bekantester Soldat ware Gustavus bey den Schweden / ein vnerschrockner Soldat ware Joannes Hunniades [261] bey den Vngern / ein sigreicher Soldat ware Amurathes bey den Türcken: was ist Carolus Quintus gewest? Ein solcher Soldat / dessen vnsterblicher Nahm in Gold vnd Ceder einzuhauen würdig.

Man kan es zwar nicht laugnen / das bey den Soldaten die Heyligkeit zimblich schitter wachse / vnd finde man mehrer Federbusch als Schein auff den Chaßkett vnd Peckelhauben: die grosse Kriegsstuck pflegt man der Zeit ins Gemein die Canonen zunennen / dahero ein Spitzfindiger die Gelegenheit genommen zusagen / der Soldaten ihr Geistliches Recht oder Jus Canonicum seyen die Canonen oder Kriegsstuck! nun wer es wohl zu leyden / wann nur Metalline Stuck vnter den Soldaten anzutreffen wären / man findt aber auch zuweilen andere Stuck / Schel-Stuck / Die-Stuck / etc. Dann also singt der Poet / nula Fides pietasque viris, qui Castra [262] fequuntur, das ist auff Teutsch / die Pickenierer seynd Pancketierer / die Mußquetierer sehnd Leuth-Verführer / die Reutter seynd Außbeitter / die Tragoner seynd Tragdonner / etc. Die Soldaten seynd Leuth voller Vnthaten; Den Poeten aber muß ich entschuldigen / daß er disen Spruch nit allen Soldaten vnd tapffern Kriegs-Leuthen zum Schimpff gesetzt / sonder nur auff etliche gezielet / dann ja nicht in Abredt zustellen / das nicht auch fromme / redliche / treue vnd Gottseelige Leuth in disem Stand anzutreffen seyn.

In Beschreibung deß Oberen glorreichen Jerusalem registrieret der Apocaliptische Engel Joannes, was gestalten er in seiner Verzuckung habe war genommen / das obberührte Residentz Statt GOttes vierecket gebaut seye / vnd ein jede Seyten mit drey Porten versehen / drey von Auffgang / drey von Vntergang / drey von Mittag / [263] drey von Mitternacht / welches dem Heil. Dionysio füglichen Anlaß gegeben hat zuschreiben / das deßwegen diß Himmlische Jerusalem durch drey Porten allerseits offenstehe / damit man sicher könne abnehmen / das von allen Seyten vnd Theil der Welt einige in den Himmel kommen vnd seelig werden.

Demnach spricht der Heil. Joannes, hab ich viel tausend vnd tausend Außerwöhlte GOttes in dem Himmel gesehen auß dem Israelitischen Volck; Uber das / Post hæc vidi turbam magnam, quam dinumerare nemo poterat, ex omnibus Gentibus & tribubus & populis: ›So hab ich auch ein solche Schaar Volck in der Glory wahr genommen / das selbige keinem müglich zuzehlen / auß allen Geschlechtern / Völckern / Zunfften vnd allerley Ständen:‹ ohne allen Zweiffel hat diser Hi lische Chronist auch gesehen in der Glory viel [264] Soldaten / vnd nit allein lauter solche /die von der Chartausen / sondern auch viel / die von der Chartaunen kommen / nicht lauter solche / die in den Zellen / sondern auch viel / die vnter den Zelten gewohnt / nicht allein lauter solche / die sich auff den Chorall / sonder auch viel / die sich auff das Arsenall verstanden.

Der Heil. Athanasius beobachtet gar weißlich von dem Israelitischen Volck / wann selbes ein Feld-Zug gethan / vnd mit völligen Marsch wohin geruckt / so muste allezeit die Archen deß Bunds / in dero die Tafflen Moysis mit den zehen Gebotten lagen / zu forderst an dem Spitz deß gantzen Kriegsheer getragen werden / damit sie möchten der göttlichen Gebott ingedenck seyn / vnd diselbe jederzeit vor Augen haben; Atha: de Interpr: Psalm: Hört ihrs edle Christliche Soldaten / die zehen Gebott musten vor Zeiten den Israelitschen Kriegsknechten / [265] die Avanquarde seyn /daß GOtt erbarm! bey euch müssen sie gar offt dieRetroquard. halten; Nichts destoweniger seynd gleichwohl noch fromme vnd viel gewissenhaffte Soldaten zu finden / welche sich nicht allein auff den Schuß / sondern auch auff die Schuß-Gebettl befleissen / es seynd dergleichen noch wohl anzutreffen / die nicht allein an das gewöhnliche Proviant-Brodt gedencken / sondern auch den jenigen vnter dergestalt deß Brodts verhielten Gott eyffrigst anbetten vnnd verehren / es seynd noch viel / die nit allein auff die Kriegs-Parola embsig acht haben / sondern auch das Wort Gottes müglichst anhören / auch seynd nicht wenig / die in Anhörung der Trummel / ihnen auch wohl die letzte Posaunen vorbilden / welche anmuthige Gedancken manchem das Hertz also säubern / daß er vnter dem eysenen Harnisch ein guldenes Gewissen tragt; Dergleichen tapffere Soldaten / [266] seynd bey männiglich ewigen Lobes werth / vnd werden dise so glücklich Himmels-Burg erobern / als sie Philipps burg eingenommen / auch gebühret solchen allermüglichster Respect auff diser Welt.

Uber das hat man zu allen Zeiten der Soldaten ihre kühne Thaten wohl in obacht zogen / vnd solche fein auff alle Weiß mit schuldigster Danckbarkeit vergolten / dann die Vergeltung vnd verpflichte Erkantnuß ist der beste Trompeten-Schall / welcher dem Kriegsmann die Curachi vermehrt / vnd zu dem tapffernwehr dich anfrischet.

Es ist ein gewisses Spiel / ins gemein genannt das Schack-Spiel / allwo mit Lust zusehen ist / wie ein Stein dem andern so ernstlich nachsetzet / vnnd weil sie mit gewissen Nahmen vnd Titl gezeichnet seyn /darunter der König vnd die Königin die Vornehmste /also ist mit Verwunderung [267] zusehen / wie der Lauffer den Springer auß dem Sattel hebt / wie der Springer dem Bauren zwiefflet / wie sich der Springer an der Pastey versteiget / wie dem Bauren der Lauffer seinen Rest gibt / vor allem aber ist in besagtem Spiel diß zu lachen / daß manches mahl ein Baur / der sich wohl haltet / vnnd tapffer vmb sich schlaget / kan zu Königlicher Hocheit gelangen / ist ja viel; Seye diß ein Spiel / vnd bleibs ein Spiel / so ist doch war beynebenst / daß die Soldaten ihnen wünschten / es möchte jetzige Welt auß disem Spiel ein Spiegel machen /vnd sich darin fein wohl ersehen / wie man der Soldaten nicht ihr niederträchtiges Herkommen / vnd mit Strohbedecktes Sta en-Hauß solle anschauen / sondern vielmehr dero Martialische Thaten vnd ritterliche Faust hoch achten / dann es ist gar nichts neues daß auß Ackerleuth wacker Leuth worden.

[268] Iphicrates Atheniensis, dessen Vatter die Schuch geflicket / Plut. Tullius Hostilius, dessen Vatter die Schaff gehütet / Liv. lib. 1. Servius Tullius, dessen Mutter ein Dienst-Magd / Tarquinius Priscus, dessen Vatter ein Kauffmann; Æmilius Scaurus, dessen Vatter ein Kohlbrenner / Opimius Macrinus, dessen Vatter ein Haußknecht; Maxim. Pupienus, dessen Vatter ein Schmied / Diocletianus, dessen Vatter ein Schreiber / Valerius Maximianus, dessen Vatter ein Bauer /Justinus Trax, dessen Vatter ein Bettler / alle dise vnd noch viel andere mehr / seynd allein wegen ihrer heroischen Tapfferkeit vnd behertzhafftesten Gemüth zu hohen Ehren gestiegen / ja so gar zu Scepter vnd Cron gelanget / vnd also bey der Welt vnd vor der Welt sattsamb gezeugt / wie sehr man die wackere Soldaten soll respectiren.

Wer da? Nicht guter Freund / wer [269] ist nicht guter Freund? ich sagt der Todt / allo! Pursch ins Gewehr /meine liebe Soldaten / antwort der Todt / ich lache mir die Haut nicht voll an / dann ich hab keine / aber das Schmutzen kan ich gleichwohl nicht lassen / daß ihr vermeint / meine Sensen soll sich vor euren Piquen vnd Hellebarten entsetzen / das gereichet mir zu einem ewigen Spott / wie vielen Hebreer allein hab ich gewalthätig das Leben genommen!

Exod. c. 32. Drey tausend. Numer. 14. Sechsmahl hundert: drey tausend / fünff hundert vnd fünfftzig.Ibi. Zwey vnd zwantzig tausend / drey hundert / Num. 16. Zwey hundert vnd fünfftzig. Num. 14. Vier tausend siben hundert. Num. 25. Vier vnd zwantzig tausend. Num. 7. Sechs vnd dreyssig. Jud. 9. Sibentzig.Jud. 12. Zwey vnd viertzig tausend. Jud. 20. Fünff vnd zwantzig tausend. Jud. 20. Viertzig tausend vnnd dreyssig. [270] Jud. 9. Ein tausend. 1. Reg. 4. Vier vnd dreyssig tausend. 1. Reg. 4. Fünfftzig tausend vnd sibentzig. 1. Reg. 22. Fünff vnnd achtzig. 2. Reg. 2. Drey hundert vnd achtzig. 1. Reg. 19. Zwantzig tausend. 2. Reg. 23. Drey tausend. 2. Reg. 24. Sibentzig tausend. 3. Reg. 18. Vier hundert vnd fünfftzig. 3.Reg. 18. Vier hundert. 4. Reg. 1. Ein hundert vnd zwey. 4. Reg. 10. Sibentzig. 2. Reg. 23. Acht hundert. 2. Par. 25. Drey tausend. 2. Par. 13. Fünff hundert tausend. 2. Par. 28. Ein hundert vnd zwantzig tausend. Joseph. in antiq. Zehen tausend acht hundert vnd zwey vnd dreyssig. 1. Mach. 2. Ein tausend. 1.Mach. 5. Zwey tausend. 1. Mach. 14. Ein tausend. 2.Mach. 5. Achtzig tausend. Ib. Viertzig tausend.Naucl. in gener. 60. Zehen tausend. 2. Mach. 12. Zwey hundert. Naucl. in gener. 61. Dreyssig tausend. In gen. 68. Sechs tausend. Ibid. Fünfftzig tausend.Ibid. Acht hundert. [271] In generat. 62. Vierzehen tausend. Hist. Eccles. Ann. 3. Drey tausend. Ibid. Drey tausend. Ann. Chr. 64. Fünfftzig tausend. Ann. Chr. 46. Hist. Dreyssig tausend. Ibid. Ein hundert vnd zwantzig tausend. Ibid. Zwey tausend. Ibid. Fünfftzig tausend. 16. Hist. Eccl. Acht tausend vier hundert.Hist. Ann. Chr. 67. Zwantzig tausend. Ibid. Zehen tausend. Ibid Zehen tausend. Ibid. Acht tausend. Ibid. Zwölff tausend. Ibid. Drey tausend. Ibid. Eylfftausend sechs hundert. Ibid. Viertzig tausend. Sub Vesp. Neun tausend. Item Zwey tausend. Item Zwölff tausend,Item Dreyzehen tausend. Item Zehen tausend. Sub Tit. Vesp. Eylff hundert tausend. Item Drey tausend. Item Drey tausend. Sub Julio Sever. Ann. Christ. 134. Vier tausendmahl tausend. Sub Mart. Turbo. Zwölff hundert tausend. Summa aller deren Juden / denen ich gewalthättig habe das Leben genommen / sagt der Todt / [272] vnd sie ritterlich obgesiget / steigt nach klarer Zeugnuß der Göttlichen Schrifft auff die Achtmahl hundert vier vnd fünfftzig tausendmahl tausend /zwey tausend / siben vnd sechtzig. Vnd ich soll euch Soldaten förchten? Nein / nein / nein / nein / das Gwehr ab! ob zwar Euer Kriegs-Haubt Mars, vnd ich Mors, Namens halber etwas verwandt / so mag ich doch dißfals die Neutralitet nicht lassen einschleichen / sonder erklär mich euch zu einem ewigen Feind / vnd ist keiner befreyt von meiner Bottmässigkeit /wer daran einen Zweiffel fasset / der frag zu Wienn die erste Schildtwacht.

Weilen Wienn ein Vormaur deß Löblichen Teutschland für den Ottomannischen Erbfeind / deßwegen ist solche Statt auff das ansehlichst bevestiget /vnd mit starcken Pasteyen [273] vnd Schantzen wider allen feindlichen Gewalt auff das sicherist vmbgeben / da nun die obere Statt Jerusalem von dem Apocaliptischen Chronisten beschrieben wird / als habe sie zwölff starcke Thor Apocal: 21. Und die Wiennstatt aber sechs Thor / als kont mans für ein halbes Himmelreich benambsen / wann man doch wil disen Nahmen auff Erden mißbrauchen; vernünfftig aber ist es /daß ein Vestung nicht allein bestehet in hocherbauten Ringmauren / vnd starcken Pasteyen / sondern auch /ja vorderst in gewehrh affter Mañschafft / dahero ist auch die Wiennstatt jederzeit auff das Vorsichtigst mit einer außerlesenen Guarnison versehen gewest /welche aber auch Anno 1679. der allgemeine Todt ziemlich gemustert / vnd hat zwar von vhralten Zeiten hero die Wiennerische Soldatesca ihr grosse Wacht gehabt mitten in der Statt / vnnd ist Schiltwacht gestanden auff dem [274] Orth Peters-Freythoff genannt /heur hat der Todt die Ordnung vmbgekehrt / auch wider den Willen der hohen Officiren / vnd haben der mehriste Theil müssen Schildwacht liegen auff dem Freythoff / wie dann anfänglich diser grassirenden Pest der Todt zum allerersten in die Wachtstuben geschlichen / auff den Pasteyen / allwo der Soldaten ihre bequemliche Wohnungen seyn / vnauffhörlich Rund gegangen / vnnd auff ein vnbeschreibliche Weiß vnter ihnen gewütet.

Man wird es mir dißfalls nicht für Unguth außmessen / wann ich etwas von Taback / als der Soldaten gewönliches Confect beyfüge; Dises Krauth wird vonJoanne Nicotio Francisci II. Königs in Franckreich Rath vnnd Legaten in Portugall Nicotiana, von den Inwohnern der Insul Virginiæ, Vppotwoc, von dem groß Prior in Franckreich / der solches Krauth vonNicolio zu Lysabona in Portugall [275] empfangen; Herba Magni Prioris, von den Inwohnern Hispaniolæ Cozobla, von andern Planta Indica, Piperina, Buglosum antarcticum etc. genannt / ja hunderterley dergleichen Nahmen gewinnt dises Krauth / mich wundert nur / daß es keiner Herba militaris, oder Soldaten-Krauth nennet / zumahlen es bey niemand so gewöhnlich als bey disen / so viel man aber von der Erfahrnuß bißhero wargeno en / hat dises Kraut ein sehr heilsame Würckung auch wieder die Pest / wie dannNeander l.c. vermercket / daß Weinrauthen vnd Taback in Wein ein Stund geweicht / vnd mit Citroni-Safft den Pestsüchtigen seye gegeben worden / nicht ohne Nutzen: Absonderlich seye dienlich bey diser Zeit der Taback-Rauch / wieder den vergifften Lufft /disen haben die gute Soldaten allhier mehr als sonst nach Gewonheit gebraucht / vnd er muhtmaßlich vielen ein bewehrtes Mittel gewest / [276] viel aber seynd gleichwohl von dem tobenden Todt hingerissen worden / als zeuge er / daß er keinen Standt vnangefochter lassen wolle; Der Todt thät übersteigen / durch suchen / auß kundschafften alle Pasteyen vnd Vestung-Werck diser Statt / wo er etwan möchte einen Soldaten erhaschen; diser zaundürre Gefreitter mit keinem andern Gewehr als mit seiner Todten-Sensen gange Rund durch alle Schiltwachten / machte den Anfang auff der Kärner Pastey / von dannen auff die Augustiner Cordina, von dannen auff die Burck Pastey /von dannen auff die Burck Cordina, von dannen auff die Lewel Pastey / von dannen auff die Lewel Cordina, von dañen auff die Melcker Pastey / von dannen auff die Schotten Cordina, von dannen auff die Arsenal [277] Cordina, von dannen auff die Neu Pastey / von dañen auff die Münch Cordina, von dañen auff dasNeue Werck / von dannen auff die Piber Cordina, von dannen auff die Dominicaner Pastey / von dañen auff die Stuben-Thor Cordina, von dannen auff diePraun Pastey / von dannen auff die Praun Cordina, von dañen auff die Wasserkunst Pastey / von dannen auff die Kärner Cordina; vnnd wollt fast der Todt auß einer jeden Pastey einen Graben machen /absonderlich aber ist zwischen der Schotten Cordina, vnd Arsenal Cordina, ein Pastey mit NamenElend Pastey / welcher Namen von vhralten herrühret / auff diser hat der vnersättliche Todt zum mehristen seinen Grimmen spüren lassen; [278] dann allerliebste Soldaten / ihr könnt mirs nicht absprechen / daß in vnd an der Pest sterben / nit seye warhafftig einElend zu sterben.

Der streitbahre König Asa / weil er sich vorderist auff Gott verlassen / deßhalben ist er auch nicht verlassen worden / hat einest wieder die Mohren Krieg geführet / auß denen in einer Schlacht zehen mahl hundert tausend geblieben. Paral. c. 14. auff solche Weiß sterben ist bey den Soldaten kein Elend.

Gedeon der kühne vnnd tapffere Kriegs-Held /deme gleichmessig der Schutz deß Allerhöchsten der beste Kriegs-Schild ware / hat ein blutige Schlacht wieder vier König geführt / in dero hundert / vnd zwantzig tausend Mann in das Graß gebissen; Joseph. lib. 5. Auff solche Weiß sterben / ist bey den Soldaten kein Elend.

Als Boleslaus der fünffte König in Pohlen wieder die Tartarn ein grosse [279] Mannschafft in das Felt stellte /ist ihme das Glück dergestalt mißgönnet gewesen /daß er gar auff das Haubt geschlagen worden / vnnd damit die Tartarn die Anzahl der Todten möchten wissen / haben sie einem jeden auff der Wahlstadt das rechte Ohr abgeschnitten / vnd gestaltermassen neun grosse Säck angefüllt. Crome lib. 8. Auff solche Weiß sterben ist bey den Soldaten kein Elend; Dann es pflegte der Welt berühmte Soldat Epaminondas zu sagen / Pulcherrimum esse Genus Mortis, in bello mori, es seye kein schönerer Todt als im Krieg. Plutar. in apoph. Aber im Quartier sterben / auff dem Strohsack sterben / ohne sichtbahren Feind sterben /ohne Sieg vnd Victori sterben / ohne Degen sterben /im Lazareth sterben / an der Pest sterben / das dunckte manchen tapffern Soldaten ein Elend seyn zu sterben / vnnd seyn solcher Gestalten auß der [280] Winnerischen Guarnison nicht nur hundert / nicht nur zwey hundert / nit nur drey / vier / fünff vnd sechs hundert /sonder mehr von der leydigen Sucht hingerissen worden / also zwar / daß man genöthiget worden / die berühmtiste Vestung mit neuer vñ tauglicher Mannschafft zu versehen; ein Elend ist es allen Augen vorkommen / wann sie fast täglich sahen / absonderlich in dem Monath September vnd October, wie die Schildwachten auff den Pasteyen gantz erbleichter gestanden / vnnd manches mahl wäre vonnöthen gewesen / die Mußqueten hätte den Soldaten getragen /vnnd nicht der Soldat die Mußqueten; ist aber dessen kein Wunder / dann er sahe den gantzen Tag / die gantze Nacht nichts als Todten-Wägen / Todten-Truhen / Todten-Trag / Todten Sessel: O wie mancher /als man neben seiner einen Wagen vmb den andern mit Todten angeladener zu dem [281] Thor hinauß geführt /dachte bey ihm selbsten / vielleicht morgen / vielleicht übermorgen wird diser mein Matter-Leib auch dise Strassen wandern / vnd dises elenden Todts sterben; das heist Schildwacht abgelöst auff der Elend-Pastey.

Liebe Soldaten / was die Pastey dises Nahmens in Wienn anlanget / kan ich nichts wider leinen / aber ihr bekleidet mir ins gemein den Todt mit lauter Elend-Leder / ihr müst aber wissen / daß nicht ein jeder Todt solchen Titel verdienet; wann ich schon stirb in einer stinckenden Senckgruben / wie die Römische Jungfrau Felicula Mart. Rom. So ist diß doch kein Elender Todt / wann ich nur mit guten Gewissen stirb /vnnd keinen Gestanck der Todt-Sünd an mir habe.

Wann ich schon stirb in einem tieffen Brunnen /wie der Burgundische König Sigismund. Æmil. lib. 1. So ist dannoch diß kein elender Todt / dafern [282] mir nur die Gnad Gottes nicht in Brunnen gefallen; Wann ich schon stirb durch Einfallung eines Hauß / wie der starcke Held Samson / Jud. 14. so ist gleichwohl diß kein elender Todt / wann nur mein Gewissen gantz verbleibet.

Wann ich schon vor Hunger stirb wie der Engelländische König Richardus II. Polydo lib. 2. da ist auch diß kein elender Todt / so nur die Seel mit der Gnad Gottes ersättiget ist. Wann ich schon stirb in einem kothigen Morast / wie der Ungarische König Ludwig / Jovi. so ist gleichwohl diß kein elender Todt / wann nur das Gewissen nicht bemailiget ist. Wann ich schon stirb in einer Schlacht / wie Alaricus König in Spanien. Ritius. nichts destoweniger ist auch diß kein elender Todt / wofern nur die Seel kein tödtliche Wunden hat. Wann ich schon stirb in einer Jagt-wie Kayser Ludovicus Bau. Hedio. so ist diß keines[283] Weegs ein elender Tod / dafern nur die Seel nicht in die Garn deß bösen Feinds gerath. Wann ich schon stirb an einer Mucken in einem Trunck / wie Adrianus der Vierdte / Naucl. so ist diß auch kein elender Todt / wann nur nicht sündige Grillen in dem Gewissen eingenistet haben.

Also wañ ich schon stirb an der Pest / so ist diß kein elender Todt / dafern nur die Gnad Gottes in mir lebet / ist doch der Heil. Ludovicus König in Franckreich an diser laidigen Sucht gestorben: Æmil. Dahero laß sterben den Leib im Feuer / oder im Lufft / oder im Wasser / oder auff Erden / was liegt daran? Laß sterben disen Madensack / disen Mist-Fincken / dises Wurm-Nest / dises Laim-Hauß / disen Knollfincken /dise Kothbutten / dises Eyter-Geschierr / disen Erdstrollen; laß sterben / ein mächtigs Weesen! Dises gastige Rathhauß / disen lebendigen Wuest / disen Laim-Lümmel / disen [284] Wiltfang / disen Sauwinckel /dise Gestanck-Büchsen / disen zierlichen Unflat / diß lebendige Aaß / disen Aprillanten / dise verhüllte Senckgruben / disen Geschwersüchtigen Dalcken /disen Kretzen-Marckt / dises sechs Schuch langeNichts / laß stersten / laß verderben / er ist nicht zu betauren / müst nur seyn / daß man etwan einer Mistbutten einen schwartzen Flor solt anhängen / damits für ihn die Klag trage / Si consideras, quid per os, quid per nares, quid per aures cæterosque corporis meatus exit, vilius sterquilinium non vidisti. Spricht gar schön von dem schantlichen Leib der klare Vollensische Abt Bernhardus. ›Mein Mensch / wann du erwegest / was du durch das Maul / durch die Nasen /durch die Ohren / vñ durch die übrige Leibs-Porten für ein Unflat außführest / kanst doch kein gastrigern Misthauffen nicht antreffen / als dich.‹

[285] Laß demnach sterben den Leib / dises Krancken-Spittal / dises Spott-Muster / dise kleine Portion der Erden; laß sterbẽ / laß verderben wie / wo / wañ /wordurch er stirbt / liegt nichts daran / aber das bitt ich dich vmb das Blut JEsu Christi / das bitt ich dich vmb deiner Seelen Seeligkeit willen / mit auffgehebten Händen schreye ich vor dir / ja in beede Ohren /du wollest die Seel nicht sterben lassen / die Seel /dises künstliche vnd köstliche Ebenbild Gottes / die Seel / dise schöne vnd scheinende Contrafee der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit / die Seel / dises kostbahre vnd schatzbahre Kleynod Gottes / die Seel / dise friedliche vnnd freundliche Schwester der Engeln /dise O Mensch! laß nicht sterben / welches da geschicht durch ein freywillige Todt-Sünd / diser Todt allein ist ein Elend.

[286]

Mittam Pestilentiam in medio vestri: Lev. 26.

Menschen-Witz / was quälst dich viel /
Mit Sinnen vnd mit Tichten /
Du jrrest doch / verfehlst das Ziel /
Und fangst nur lähre Geschichten /
Siehe / meine Sensen hat gewetzt /
Der die Menschen zu Richten gesetzt /
Wirst sonst keinen andern finden /
Singt vnd sagt nun alle Leuth /
Gott strafft wegen der Sünden.

Allhier wird der jenige entdeckt - welcher die Wiennstatt

[287] Allhier wird der jenige entdeckt / welcher die Wiennstatt / wie auch sonst andere Orth der Welt mit der Pestilentzischen Seuch angesteckt.

Was die Pest seye / thun es mit reiffem Urthel die wolerfahrne Medici gnugsamb entörtern / sprechent /die Pest seye ein gifftige / ansteckende / tödtliche Kranckheit / von einer solchen gifftigen Materi herrührent / welche dem Hertzen durch auß vnd forderst zuwieder / alle dessen Lebens Geister vnd Kräfften vnversehens abzehret / wie nit weniger auch viel schantliche Zufäll vnd Nebens-Schwachheiten mit sich führet;

Worvon die Pest verursacht werde / beantworten es mehrmahl die [288] Artzney-Erfahrne / vnnd fügen es zweyerley Ursachen bey / tadlen entweder die Gestirn / daß diselbe mit ihren Influentzen vns mißgönnig / oder ropffen es den jrrdischen Elementen vor / daß sie mit ihren gifftigen Dämpffen vnd verfaulten Qualiteten vns solche Ubel schmieden; Ich lobe so weit der Medicorum Aussag / vnnd wolt der Zeit ihnen nicht gern einen Stein in den Garten werffen / allein ihr Wahr taugt mir auff meinen Marckt nicht / vnd ob ich schon mit dem Heil. Paulo nicht bin verzuckt worden in dritten Himmel / auch nicht in das Protocoll der göttlichen Geheimnuß eingeschaut / so weiß ich doch /daß diser gifftige Pfeil mehristen Theil von der Hand Gottes abgetruckt wird / wie dessen vielfältige Zeugnuß die göttliche Schrifft beylegt: Exod. 5. 9. Jerem. 14. 21. 24. 27. 29. 32. 34. 38. 42. 44. Ezech. 5. 6. 7. 33. 38. Levit. 26. Num. 14. Deut. 28. 2. Reg. 24. 3.Reg. 8. 1. [289] Para. 21. 2. Para. 6. 7. 20. Jerem. 21. 29. 37. Ezech. 5. 7. 12. 14. 28. etc. Auß welchem augenscheinlich kundbar vnd offenbar / daß die Pestilentz ein Ruthen seye / so die obere Hand Gottes flechtet; Allbekant ist / was dem David disem Israelitischen Monarchen begegnet / vmbwillen selber wieder den Willen Gottes das Volck gezehlt / vnd dardurch etwan einen eitelen Ehren-Kützel empfunden / daß ihn deßhalben GOtt gezüchtiget mit der Pestilentzischen Seuch / wordurch in drey Tagen von dañ biß gen Bersabea in die siebenzig tausend Männer verzehrt worden;

Meine Menschen / ihr gebt mir dißfals eine fügliche Anleitung / weitläuffiger von der schweren Hand Gottes zu schreiben / vnd ob ich zwar mit meiner geringen Lehr keine Bäumer würd außreissẽ / so traue ich doch wenigst den Baum zu zeigen / worvon Gott die Ruthẽ flechtet. Diser Baum ist die Sünd.

[290] Mich dunckt / ich sehe vor Augen einen Bachomium in der Wüsten / welcher allda zwischen den holen Stein-Klüfften seine Wohnung auffgeschlagen /so mehrist in vier krumpen Stützen sambt einem von zerrüttenen Gsträuß durchsichtigen Tachwerck bestehet / er aber nach vollzogenem eyffrigen Gebett / vnnd langwierigen Psalliren eine kleine Hand-Arbeit vor ihme / vnnd damit ihn die alte Schlang nicht feyrend ertappe / etliche rauche Decken von Bimbsen flechtend / sitze bey einem Felsen / auß dem die silberne Wasser-Adern herauß strudlen / welche durch ihren Christallinen Fall ein annehmliches Getöß verursachen / nebenst darbey auff den grünen Nastlen die liebe Wald-Vögerl / welche gar offt pleno Choro mit ihren natürlichen Trillern vnnd klarschallenden Halß-Flötel den Wald zu einer Singstuben verwandlen /auch [291] die lauffende Hirsch / die springende Dendl / die bockende Hasen / die schleichende Beern / die kriechende Taxen / die kirrende Schwein für stete Spießgesellen ohne Spieß / wil sagen ohne Schaden / bey sich vnd vmb sich siehet / welches alles ihme zu einer Ergetzligkeit dienet / absonderlich aber duncket mich / als spiele der gottseelige Waldbruder gar offt mit dem Echo oder Wiederhall / welcher ihme die klare Seuffzer gantz artlich wiederholet / Exempelweiß /der Heil. Eremit erhebt dise Stimm O barmhertziger JEsus! so wird alsobald der Echo vnd Wiederhall /diser leiblose Stimmfanger / dieser vnsichtbare Redner die Antwort gleich lautend wieder entgegen kehren / O barmhertziger JEsus! ist es Sach aber / daß etwan der fromme Einsidler von der arglistigen Höll- Schlangen gar zu hefftig angefochten wird / vnd schier auß Heil. [292] Ungedult auffschreyt / O du verruchter Teuffel! So glaube / daß der Echo seine vorige Heil. Sprach beyseits lege / vnd vnverzüglich auch wieder entgegen ruffe dise Wort / O du verruchter Teuffel! der Echo ist ein solcher angenehmer Leuth-Spöttler /daß er jederzeit einem danckt / wie man ihn empfangt / wer ihn schimpffet / Du bist ein Dieb / der ist ohnfehlbahr dises Gegen Titul gewärtig! wer ihme schmeichlet / Du bist mir lieb / dem wird er Sylbenweiß dise Zucker-Wort zu ruck werffen: Mit einem Wort / wie man sich gegen disem Echo haltet / so haltet er sich wieder.

Der ewige GOtt ist einem solchen Echo oder Wald-Stimm gantz ähnlich vnd gleich / dann es ist die vngefälschte Warheit / wie wir vns gegen GOtt zeigen / daß sich GOtt also gegen [293] vns zeige / Qualis appares Deo, talis oportet, ut appareat tibi Deus, sagt mein Heil. Ertz-Vatter AUGUSTINUS; verehrest du deinen GOtt / so verehrt dich GOtt hinwieder / vnd segnet dich sambt den deinigen; denckest du selten an GOtt / vnnd nisten dir die Welt Schnacken immer in deinem Hertzen / so denckt auch GOTT wenig an dich / vnnd muß folgsamb dein Glück verrosten; kehrest du Gott durch die Missethat den Rucken / so wendet auch der Höchste seine Augen von dir / vnd gestaltermassen muß all dein Heyl verschimplen; Halt das Maul / du Statt / du Land / du Königreich / es ist ein Frevel / wann du vorgiebest / es habe dich GOTT ohne Schuld verlassen / wisse / weil du gantz Gewissenloß durch so viel Unthaten GOtt vorder ist verlassen / daß er dich mit gleicher Müntz auß zahle / gedencke / daß der gerechtiste GOtt dißfalls gleiche einem Spiegel / so man [294] disem gläsernen Richter ein sauers Gesicht zeiget / so wird er dich wohl auch nicht freundlich anblicken; vnnd wie? Sollen wir GOTT beleydigen / vnd GOtt soll vns belohnen? Verblendter Mensch! probier es / vnd giebe acht auff den Wald Echo, ob derselbe auff die Stimm beleydigen /hinwieder setz die Sti belohnen? das wohl nicht;

Zu Santaremo in Portugall wehret auff den heutigen Tag nach folgendeß Wunderwerck; an demselben Orth wird mit absonderlicher Andacht verehret die Bildnuß vnsers Heylands / mit schönen kostbahren Christall bedeckt / worbey dises ewige Miracul zu finden / das gedachte Bildnuß in vnterschiedliche Gestalten sich verwandlet / vnd schauet es ein vnschuldiger vnd Jungfräulicher Jüngling an / so dunckt ihn dises Bild seye ein Contrafet Christi / als er zwölff Jahr alt [295] ware; Ist das ein vollko ner vnnd in Christlichen Wandel gerechtfertigter Mañ selbes ansiehet / so scheinet es ihm nicht anderst / als sehe er JEsum im dreyssigsten Jahr / da er angefangen zu lehren; Unterstehet sich aber jemand mit einer Todtsünd behafft dise Heil. Bildnuß zuschauen / so wird er hoch betheuren / es komme ihme JEsus vor in der Gestalt /wie er an dem Creutz gehangen / oder wie er kommen wird zu richten die Lebendigen vnd die Todten. Assiduo miraculo in pellucida Christallo visitur Christus, pro cujusque devotione, nunc puer tenellus, nunc duodecim annorum, nunc triginta, nunc crucifixus, nunc Judex rigidus: Cornel. à lap. in Exo. c. 28. Es zeiget sich nicht allein an disem Orth durch ein stetes Wunderwerck GOtt also / wie man sich gegen ihm zeigt / sondern in der gantzen weiten breiten Welt lasset der Himmel kein andere Manier [296] spüren; vnd erfahren es so wohl Ungerechte als Gerechte die genaue Urthel Gottes / wiewohl dieselbe nach der Ellen vnserer Werck gemessen seyn.

Einmahl zur rauchen Winter-Zeit / da der Erdboden mit weisser Decken überhüllt / die Bäumer wie die siebentzig jährige alte Tattel mit weissen Haaren überwachsen / die Hauß-Dächer vnter sich mit langen Spitzen verbrambt / das ist / mit durchsichtigen Eyßzapffen / die klare Bächl durch die übermessige Kälte wie ein Christall erhartet / die Wasel vnd Grasel mit gleicher Liberey bekleydet / die Fustapffen so wohl deß Wolffs als deß Wolffgangs verrathen / da die Stauden mit Schneeflocken bedecket / als wolten sie den Mayen Blüh halber trutzen; zu einer solchen Zeit / da man die Händ in Busen steckt / wollte die Edlschöne Princessin deß Königs Herodis sich mit einer Jagt erlustigen / vnd in solcher Weidmannischer Unruhe [297] ihre Freud suchen / zu solchem End fahrt sie auß mit einer ordentlicher Begleitschafft / vnnd weil man den Weeg muste über einen zugefrornen Fluß nehmen / also ist ihr in Unterthänigkeit eingerathen worden / daß sie solchen kurtzen Weeg möchte zu Fuß verrichten / es geschicht also / dise steigt ab / sie geht / sie schleifft / sie schlipffert / sie fallt / wordurch das Eyß / ist kein Wunder / ob solcher schweren Sünderin / eingebrochen / daß sie also mit dem blossen Kopff herauß geschaut / vnnd weilen sie mit den Füssen; in Willens ihr zu helffen / hin vnd her zappelte /hat ihr das scharpffe Eyß den Kopff wurtz abgeschnitten / vnd also die vndermuthe Henckers-Stell vertretten; O was Unglück! zu Hoff alsbald dise traurige Zeittung ankommen / erhebte sich ein vngewöhnliches Geschrey vnd lamentiren / vnter andern schlugen die Cammer-Jungfrauen ihre Händ ober dem Kopff zusammen / mit diser [298] so wohl kläglicher alsklagender Sti / wann es doch hätte sollen geschehen / daß dise wunderschöne Princessin in den blüenden Jahren hätte sollen verwelcken / wann es gleichwohl auff solche Weiß der Todt nicht hätte angetast! O ihr lappische Cammer-Brut! ziehet ein wenig eure gekrauste Haarlocken auff die Seiten / damit ihr könnet recht in die Höhe schauen / vnd die gebillichte Urtel Gottes ansehen / daß nemblich GOtt mit gleicher Müntz bezahle / Judicium Dei nostris actionibus assimilatur; Dise Princessin hat durch Hupffen vnd Tantzen dem Heil. Joanni das Haubt abgesprungen / also hat ihr rechtmessig durch Hupfen vnd Gumpen das Eyß den Kopff abgeschnitten / gleiche Müntz.

Wie du dich gegen Gott verhaltest / so verhalt sich GOtt gegen dir / bist du anjetzo so vermessen / daß du dem Nechsten seine Ehr abstimmelst ohne einige Ursach / vnnd ihme den guten [299] Nahmen als das edleste Kleynodt entfrembdest / nach zehen Jahren / wann du oder deine Kinder vnverhoffter Weiß den Leuthen in die Mäuler gerathest / vnd allerseits von solchen gifftigen Zungen-Wiesel angeblasen wirst / verwundere dich nicht / sondern dencke zuruck / so wirst du gar schön registrirter finden / daß dich GOTT mit gleicher Müntz bezahle;

Ich habe selbst einen gekennt / welcher sich öfftern gantz übermüthig vernehmen ließ / als sehe er lieber einen dickkräsenden Juden als einen Geistlichen /nach viel Jahren hat es sich begeben / daß solcher mit einer tödtlichen Kranckheit gähling überfallen / deßwegen der Diener gantz eylfertig nach einem gewissen Kloster muste lauffen vmb einen Beichtvatter / deme dann die geschwinde Antwort kommen / daß derPater schleunig werde nachfolgen / der Pater samt seinem Gespan gehen hurtig auß / vnd ist ihnen die Wohnung obgedachten [300] Herrens so bekannt gewest /wie die Stephans Thumbkirchen allhier / nichts destoweniger / durch absonderliche Schickung Gottes seynd sie zwey gantzer Stund in der Statt durch alle Gassen herumb geirret / vnd als sie endlich das bekantiste Hauß erreicht / ist ihnen der Diener mit der traurigen Zeittung entgegen gangen / daß sein Herr gleich jetzt seye verschieden: O gleiche Müntz!

Ein manche Statt oder Land wird von dem gerechtisten GOtt mit einer gifftigen Pestilentz heimbgesucht / wordurch die Menschliche Leiber durch abscheuliche Drüssen / durch vergiffte Beulen / vnd Tüpeln /durch graußliche Geschwer elendiglich vergehen / O gütigster Gott! seufftzet mancher / warumb züchtigst du also? ein Erdbidmen ist auch ein Straff / ein Wassergieß ist auch ein Straff / ein allgemeine Feuers-Brunst ist auch ein Straff / Kriegs-Lauff ist auch ein[301] Straff / Vnfruchtbarkeit der Erden ist auch ein Straff /wie das nicht eine auß disen Ruthen dir ist in die Händ kommen? Ey du vnbesonner Mensch / es scheint / du habest eine so lange Gedächtnuß / daß sie ein halb Jähriges Kind möchte überspannen / wie offt hat man dir schon vorgesungen / daß GOtt mit gleicher Müntz bezahle; darumb wird manche Statt / ich rede endlich nicht von Wienn / ob zwar dises Orth gar kein Rosen ohne Dörner / ist mit Pestilentzischen Leibs-Geschweren / vnd gifftigen Beulen gezüchtiget / weil auch GOtt mit gailem Leib / mit Viehischen Leibs-Gelüsten ist beleydiget worden. Das Anno 1127. ein so grosse Pest durch gantz Europa grassiret / darvon schier der dritte Theil Menschen vnter die Erd kommen / sagt man / seye schuldig gewest die damahlige Zusa enkunfft

. vnd

in

. das Anno 1346. ein solche Pest erfolget / die schier alle [302] Länder außgekehrt / hat man die Schuld zugemessen gedachter zweyen Planeten Conjunction in

. Zu ZeitenMarci Antonij hat die Pest Griechenland / Babilonien / vnd Italien jämmerlich durchstrichen / vnd soll diß Vbel von der Zusammenkunfft S vnd

kommen seyn. Anno 1574. ist ein grosse Pest entstanden /vnnd haben müssen das Bad außtrincken

vnd

/ weil sie sich mit P vnd S nicht recht könnten vergleichen: muß also gar offt die Conjunction eines langsamben Saturni, eines türmischen Martis, eines hochmüthigen Jovis, oder eines andern Planeten die Schuld tragen / als seye durch sie diß oder jenes Orth angesteckt worden / da vnderdessen der Planet Venus die Kuh gestohlen. Vnd wann endlich die Planeten vnd Elementen nicht vnschuldig / sonder in der Warheit ihre böse Würckungen solches Vbel schmiden /so seye du dannoch vergewist / [303] das alles dises vhrheblich der Sünd zuzueignen / welche auch die vernunfftlose Gstirn in Harnisch bringet.

Wie Christus der HErr / das Göttliche Lamb auff das Creutz genaglet worden / damahlen haben die Hebreer wohl vnser Glück an Nagl gehenckt; wie diser Geber vnd Uhrheber deß Lebens / Todts verblichen am Creutz / vnnd also durch den alten Schuld-Brieff deß Adams ein Creutz gemacht / alsbald hat sich die liebe Soñ verfinstert / vnd ist über den gantzen Erdboden ein allgemeine Finsternuß worden; etwann der Ursach halber / weil nach löblicher Gewohnheit wegen Absterben eines Verwandten man sich mit schwartzen Klag-Kleyd anziehet / vnd weilen Christus ein Sonn der Göttlichen Gerechtigkeit ware /also hat solches Himmels-Gstirn ebenmässig sich mit einem Trauer-Mantl wollen überhüllen.

[304] Ein anderer frommer Contemplant vermeinet / es seye die schöne Sonn also ob dem schmertzlichen Todt JEsu erschrocken / vnd solches Leyd darüber gefast / daß sie gantz erbleichet / vnd fast keiner Sonnen mehr gleich / ja gar etlich Stund gleichsam in Ohnmacht gelegen: Ich stimme dißfals dem gelehrten Tostato bey / vnd halte gäntzlich darvor / daß wie das strahlende Sonnenliecht hat gesehen / die vnmenschliche That der Hebreer / in dem sie den wahren Erschaffer gecreutziget / seye sie also darüber ergrimmet / daß sie ihr glantzendes Angesicht abgewend / als spreche sie / ihr gottlose Menschen / ihr seyd nicht wehrt / daß ich euch günstig anscheine / vnd anschaue / weil ihr Gottes Sohn getödtet.

So man die jährliche Calender durchblättert / so wird neben andern zu lesen seyn / wie daß die Planeten vns so mißgönnig / bald trohet der [305] Mercurius, bald siehet saur auß der Mars, bald zürnet die Sonn /bald pfnottet der Mond / vnd zeigen sich alle Planeten gegen vns feindlich / als wolten sie sagen / ihr sündige Menschen wundert euch desthalben nicht / daß wir euch so vngnädig / ihr seyd nicht wehrt / daß wir euch mit günstigen Influentzen begegnen / indem ihr täglich vnsern Schöpffer an das Creutz naglet / vnnd tödtet / welches Quoad causam wie August. vnnd Thomas Ang. lehren / jederzeit geschicht durch ein freywillige Todt-Sünd: Dahero wird auch am Jüngsten Tag der Monschein in der allgemeinen Aufferstehung glantzen wie die Sonn / die Soñ aber wird noch siebenmahl grössere Strahlen von sich werffen / als anjetzo / alle Planeten werden mit weit prächtigerem Schein auffziehen / als sie der Zeit pflegen / auß Ursach / weil zur selben Zeit die Sünden der Menschen sich werden enden / spricht [306] der Englische Lehrer mitVatablo N.q. 91. a. 3. welches auch vermuthlich dazumahlen gewest ist / als die Sünd noch nicht außgebrüt; daß aber derzeit alle Himmels-Gestirn vns so schel anblicken / vnnd immerzu finstere Gesichter weisen / seynd die Ursach vnsere Sünd / westhalben sie vns also anfeinden: Omnia propter hominem facta, sunt ejus lapsu pejorata, & Sol & Luna in suo lumine minorata. Daß auch die Elementen von Tag zu Tag in ihrem Spendiren gegen vns gesparsamer seyn / ja fast allezeit einen verdrießlichen vnd schädlichen Streitt gegen vns führen / ist auch kein andere Ursach / als die Sünd.

Cain der erste Bauer / Cain autem erat Agricola, wor von vielleicht herrühret / daß alle Bauren Cain heissen / wenigst ist ihr allgemeine Klag / daß mans ziemlich keyen pflegt; Diser gottlose Mensch gantz eingenommen von dem Neid gegen seinem Bruder[307] Abel / beschliest bey ihme / demselben den Kehrauß zumachen / vnnd wie über alle Boßheiten die Politica ein Futeral muß abgeben / also hat auch er vnter dem Schein einer Freundligkeit den Abel gar brüderlich angeredt / Egrediamur in agrum, ob es ihme nicht beliebe / ein wenig auff das Feld zu spatziren; der fromme vnschuldige Bruder muthmasset nichts Ubels / bildet ihm gar nicht ein / daß sein Bruder soll mit Bernheuterzeug gefüttert seyn / gehet derohalben mit ihm hinauß / alldort / wie der Bößwicht seinen Forthl ersehen / schlagt er hinterwerts mit einem dicken Ohr-Löffel den vnschuldigen Abel zu todt / worüber alsobald das vnschuldige Blut Rach geschrien / vnd was noch mehr ist / schreibt der Heil. Ambrosius, daß an demselben Orth / wo diser blutige Bruder-Mordt vorbey gangen / habe sich der fruchtbare Acker augenblicklich in ödes Feld verwandlet / vnd nichts als Distel vnd [308] Unkraut getragẽ / gabe also dises nidere vnd in allweeg sonst gedultige Element zu verstehen / daß es wegen der Sünd dem Menschen nicht mehr möge nutzen. Propter scelus igitur hominum & ipsa Elementa damnantur. Amb. in lib. de Cain.

Wañ man an heut einen alten vnnd Eyßgrauen Bauren / der schon an statt deß Pflugs seine Arm mit der Krucken vnter stützet / solle befragen / was vor disem für Zeiten seynd gewest / so wird er sein Zahn-ödes Maul in alle weit auffreissen / vnd ein O dem Senff-Fassel Raiff nicht vngleich machen / O lieber Herr! Es seynd keine solche Jahr mehr wie vor disem / ich denck noch wohl / daß mein Acker in der Steinrey /hat mir zwey Muth Korn getragen / jetzt fexe ich kümmerlich sechs Metzen / vor disem hab ich ein Scheur angefüllt / daß jetzt vnser Edelman mit pochen wurde / nun ist alles nicht mehr wie vor Zeiten.

[309] So man einen alten Hauer / der Jahr vnd Haar halber den Kopff zur Erden senckt / als suche er ihm schon ein Grab auß / solle ihn die Frag stellen / was er der Zeit von dem Weingarten halte / so wird er noch wohl mit seiner rothen Nasen nasenwitzig genug antworten / daß keine Jahr mehr seyn / wie gewesen; vor Zeiten habe ihme ein Weingarten funfftzig Emmer getragen / in dem anjetzo kaum so viel gefext wird /daß zu einem Opffer-Wein für ein Dorff Capellen klecket / es seynd nicht mehr die vorige Zeiten: Ist wahr /wahr ists / der Acker ist nicht mehr so gut / auff dem Acker wachset das Trayd nicht mehr so gut / der Weingarten ist nicht mehr so gut / in dem Weingarten ist der Weinstock nicht mehr so gut / der Baum ist nit mehr so gut / auf dem Baum wachst der Apfel nicht mehr so gut / alles vnnd alles ist nicht mehr so fruchtbar / so gut / wie vor Zeiten / ist wahr / so wisse [310] aber auch / daß die Leuth nicht mehr so gut / die Sitten nicht mehr so gerecht / wie vor disem / die Elementen richten sich nach dem menschlichen Wandel / ist der schlim / so tantzen sie / wie wir pfeiffen / vnd seynd auch böß.

Schlag ein wenig die Bücher vmb / so wirst du mit Verwunderung lesen / daß vor alten Zeiten man da hier zu Wienn einen Tagwercker deß Tags mit einem Pfennig besoldet; man lieset in den alten Oesterreichischen Geschichten / daß die von Wienn einen Hertzog haben mit einem prächtigen Panquet empfangen /sambt einem lustigen Badt / wie es damahl die Gewohnheit / vnd sollen sich die Unkosten gar auff sechs Gulden erstreckt haben / welches zur selben Zeit eine absonderliche Summa war: ich habe ein vhraltes Buch auß der berühmten Kayserl. Bibliotec durch absonderliche Gnaden auff kurtze Zeit zu lesen erhalten / worinnen die Beschaffenheit vnsers [311] Klosters von dreyhundert Jahren her gantz deutlich entworffen / vnter andern ist mir denckwürdig vorkommen / daß in vnser Kayserl. Hoff- Kirchen vor disem ein Heil. Meß vmb drey Pfennig ist gelesen worden /ist aber dise Ursach / weil man dazumahl vmb drey Pfennig könte so viel Lebens-Mittl schaffen / was anjetzo ein halber Gulden kaum richtet / dann alles war zur selben Zeit gantz wolfeil / vnnd darumb alles so wolfeil / weil alles wohl gerathen / vnd nie oder selten ein fehl Jahr / darumb alles so wohl gerathen / weil die Himmels-Gestirn mit ihren Influentzen die Erden also begnadet / die Erde hinwider mit häuffiger Fruchtbarkeit geprangt / vnd alle Elementen mit absonderlicher Wohlgewogenheit auff deß Menschen Seiten gewest / warumb aber? damit ich alles außfische / waren dazumahl alle Elementen so favorabel? darumb / weil auch die Menschen besser waren.

[312] Dazumahl waren die Leuth viel frömmer / die Gerichter viel gewissenhaffter / die grosse Herren viel behutsamer / die Geistliche viel eyffriger / die Alte viel eingezogner / die Junge viel sittsamer / die Männer viel mässiger / die Weiber viel tugendsamer / die Töchter viel schamhafftiger / die Reiche viel freygebiger / die Arme viel gedultiger / der Edlmann viel demüthiger / der Baur viel redlicher / der Burger viel GOttsförchtiger / der Handwercksmann viel embsiger / der Dienstbott viel treuer / die Leuth viel Gottseeliger / vnd destwegen auch viel Glückseeliger: Das aber bey der Zeit ein Elend dem andern die Schnallen in die Händ reichet / ein Trübsall an der andern Kettenweiß hanget / ein Unglück das andere außbrütet /ja schier alles vmbgekehrt / vnd zu weilen der Winter dem Sommer in die Karten schaut / der Sommer [313] zu Zeiten dem Winter in das Handwerck greifft / der Frühling mit dem Herbst / der Herbst mit dem Frühling pochet; Kein Jahr ist mehr in den Zeiten / wie es soll seyn / sondern von oben / von vnten / vnd auff der Seyten nichts / als lauter Trübsall; ist aber Ursach / merckt mir diß wohl / Ursach alles diß Vbels / ist das Vbel / verstehe die Boßheit vnd Sünd jetziger verkehrter Welt: der du zu Wieñ bist / der du vmb Wienn bist / der du hundert Meil von Wienn bist / der du zu Callecuth bist / so offt dir etwas widriges begegnet /glaube es vest / das es wachse von der Wurtzel / die heist die Sünd / das es gebohren werde von der Mutter / so da ist die Sünd / das es geschnitzlet werde von dem Meister / welcher ist die Sünd: wer gibt freyen Paß allen Trübsalen in die Welt? Du Sünd; Wer schmidet dem blutigen Marti seine Waffen? Du Sünd; Wer wetzet den wilden Thieren [314] gegen vns ihre Zähnd; Du Sünd? wer veranlasset den Lufft / das er vns Schaden zufüge? Du Sünd; wer riglet die Erd / daß sie erbömet? Du Sünd; wer spohret das Feuer / das es vns brenne? Du Sünd; wer waltzet die Wellen / daß sie vns träncken? Du Sünd; wer spitzt den zaundürren Todt seine Pfeil? Du Sünd.

Rupertus Olkort schreibt was denckwürdigs / das nemblich in einer gewissen Provintz in Engelland sich habe einmahl gar ein fruchtbahres Jahr angelassen /vnd als das liebe Traidt schon gezeitiget / vnd gleichsamb die vnter sich geneigte Korn-Aehren die Sichel stillschweigend beruffen / sie sollen kommen vnd einschneiden; siehe / da haben sich vnverhofft ein vnzahlbahre Menge wilder Heuschrecken eingefunden / welche dergestalten die fruchtbahre Erden abgeätzt /das nicht ein [315] Körnl übrig gebliben / dise rauberische Heuschrecken thätten wohl männiglich erschröcken /vnd als deren etliche gefangen / vnnd gantz genau besichtiget worden / hat man vnter ihren Flügl wunderbarlicher Weiß dise Wort geschribner gelesen / Ira DEI Zorn Gottes.

Wir elende Adams-Kinder seynd gar offt wie die Wein-Trauben vnter der Preß / wie ein Rosen vnter den Dörner / wie ein Uhr mit dem schwären Gewicht /wie ein Bürckenbaum mit lauter Ruthen besteckt / wie ein Garten / in deme lauter Wermuth wachset / wie ein Meer-Vffer / so von stätten Wellen angestossen wird / vnd nistet vns fast allezeit das Unglück in das Hauß wie die Schwalben: In Affrica gibts viel Löwen / in India gibts viel Elephanten / in Palestina gibts viel Füchs / in Umbria gibts viel Wölff / in Pohlen gibts viel Beeren / vnd in Nordweegen gibts viel[316] Elend-Thier / ich zweiffle aber / so man es recht beym Liecht schaut / ob nicht bey vns Teutschen mehrer Elend anzutreffen / vnd so man nur den Armb zum Fenster hinauß strecket / so last sich schon ein Elend fangen / woher aber diß? Ist deine öfftere vernunfftlose Frag / ich Antwort dir mehrmahl / von der Sünd; nimb dir so viel Zeit / vnd besichtige wohl ein jedes vorlauffendes Elend / so wirst du gleichmässig auff dessen Rucken dise Wort lesen / Ira DEI Zorn Gottes:

Warumb ist Abimelech von der gifftigen Pest überfallen worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Pharao mit so vielen Plagen gezüchtiget worden? Wegen der Sünd; Warumb seynd die Hœbreer von feurigen Schlangen gepeiniget worden? wegen der Sünd; Warumb ist Datan vnd Abiron von dem auffgesperrten Erd-Schlund erschlickt worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Achan [317] von dem gesambten Volck versteiniget worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Ozias mit dem gähling Todt übereilt worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Heliodorus von dem Engel so scharpff gehalten worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Absolon mit einer dreyfachen Lantzen durchstochen worden? Wegen der Sünd; Jenem müheseeligen Tropffen / der so viel Jahr als ein verlassener Krippl bey dem Schwemm-Teich zu Jerusalem kein anders Liedl stimbte / als das klägliche Awe / nachdem ihm der Göttliche Artzt die tausend gewünschte Gesundheit erstattet / must es ein heylsame Warnung seyn /Ecce sanus factus es, jam noli peccare, ne deterius tibi aliquid contingat, ›siehe du bist gesund worden /sündige hinführan nicht mehr / damit dir nit etwas ärgers widerfahre:‹ Auß welchem Sonnenklar erhellet /das die Kranckheiten vnd schwerliche Leibs-Zuständ[318] ursprünglich hersta en von der Sünd; Anno 170. zur Regierung Kaysers Marci Aurelij vnd Lucij Veri, hat in dem Römischem Reich ein vnerhörte Contagion grassiret / diß haben verursacht die Sünden / schreibtBaron. 7. n. 2. in eo ann. Anno 225. vnter Regierung Galli vnd Volusiani ist ein so grausame Pest eingefallen / das man die Todten Cörper nit mehr könnte zur Erden bestättigen / dahero ein jeder ihme selbst ein Gruben graben / vnd so er sich übel befunden / freywillig sich in dieselbe gelegt / sich der Gestalten selbst begraben / diß alles ist herkommen von der Sünd / schreibt Paulus Orosius lib. 7. c. 21. Anno 544. ist ein so reissende Pestilentz entstanden / daß diselbe fast den gantzen Erdboden durchsucht / vnd nicht ein Orth vnberührter gelassen / dises allgemeinen Elends ist kein andere Ursach erfunden worden /als die Sünd / schreibt Procopius lib. 2. de bell.[319] pers. Anno 1630. ist Italien sehr von der zehrenden Pest betrangt worden / dise hat niemand anderst angesteckt / als die Sünd / schreibt Paziuke. lect. 10. sup. Jon.

Anno 1679. hat die vornehme Statt Wienn in Oesterreich ein so starcke Pest außgestanden / daß wann man einen jeden hätte sollen in ein besonders Grab legen / vnd selbiges nach Christlichem Brauch mit einem Creutz bestecken / wäre hierzu fast ein halber Wald erfordert worden / wer weiß / ob dises Ubel nicht werde den gantzen teutschen Boden durchwandern / wie es sich schier anlasset / vnd soll? vnnd soll? vnd soll dise Ruthen nicht von der Sünd herrühren?

Die Anzahl der Verstorbenen zu Wienn

[320] Die Anzahl der Verstorbenen zu Wienn / mit beygefügter Ermahnung an die Lebendige.

Das Wiennerische Lazareth / wie allgewöhnlich / ligt ausser der Statt / gegen Nidergang der Sonnen / bey einem rinnenden Wasser mit Namen Alsterbach / vnd ist also bequemlich gebaut / das der Lufft / vnd durchstreichende Wind selbes aller Seyten reinigen kan / in mitten dessen stehet ein schön erbaute vnd grosse Caipellen / allwo der Heilige GOttes-Dgenst nach Christlichen Gebrauch täglich [321] gehalten wird; obgedachtes Gebäu ist neben vielen Bedienten-Zimmer absonderlich mit grossen Haubt-Stuben versehen / benanntlich / S. Salvator-Stuben / S. Maria-Stuben / S. Rochi-Stuben / S. Sebastiani-Stuben / S. Joannis-Stuben / S. Rosalia-Stuben / S. Joseph-Stuben /S. Anna-Stuben / S. Magdalena-Stuben / die Schutz-Engel-Stuben / S. Antonij-Stuben / S. Dominici-Stuben / S. Ignatij-Stuben / S. Xaverij-Stuben / S. Joannis DEI-Stuben; weilen nun die leydige Sucht dergestalten gewachsen vnd zugenommen / das dises allgemeine Lazareth für die Krancke viel zu eng vnnd vnfähig erkennt worden; Also hat die wachtsambe Obrigkeit das neue vnd grosse Contumatz-Gebäu in ein neues Lazareth verkehrt / deßgleichen ist auch in der Leopoldstatt ein besonders auffgericht worden /wie nicht weniger in anderen Vorstätten solche gehörige Vorsichtigkeit [322] geschehen; Seynd demnach in den Lazarethen / in den Häuseren / in den Gärten / auff den Gässen / in den Hütten / in der Wiennstatt / in den Wiennerischen Vorstätten dises Anno 1679. Jahr innerhalb 6. Monat durch die Pestilentzische Seuch fast auff die Siebentzig Tausend Menschen dahin gerissen worden / wie man von hoher Obrigkeit gewissen Bericht dessen erhalten / vnd trifft dahero keines Weegs mit der Warheit zu / die erdichte grosse Summa / welche der gemeine grundlose Ruff allenthalben außgebreit: Es ist leyder diß ein grosse Anzahl / ein merckliche Straff / ein vnbeschreibliche Tragedi, ein vnaußlöschliches Angedencken / ein ewigesMercks-Wienn.

Vor einem halben Jahr / auß disen so viel tausend Persohnen / ist vielleicht nicht ein einige gewest / die ihr hätte ein so geschwinden Todt eingebildet; [323] Aber last es euch ein Witzigung seyn ihr Menschen-Kinder vnd gedencket fein / das der Todt gewiß / die Stund deß Todts vngewiß.

Heut stehest holdseelige Damavnter lauter Edlgstein / vielleicht morgẽ oder übermorgen wirstu schon liegen vnter dem Gtabstein; hoch vnd sinnreicher Kopff / heut heist man dich ein Doctor, vielleicht morgen wirst du heissen ein Todter; reicher Kauff-vnd Handelsmañ / heut stehest du vnter gantz Ballen deß köstlichen Tuch / vielleicht morgen liegst du schon vnter dem Bar-Tuch; Baur vnd Ackersmañ /heut grabst du auff dem Acker / vielleicht morgen grabt man dich in den Gotts-Acker / ihr Schlemmer vnd Demmer / heut heist es noch bey euch / geseng GOTT / morgen vielleicht / tröst euch GOTT; auch ihr Geistliche seyd dißfals nicht befreyt / heut seyd ihr geistlich / morgen vielleicht schon ein Geist; Hätt euch bald vergessen ihr Hoffleuth / ihr [324] prangt heut zu Hoff / morgen vielleicht auff dem Freythoff; Derohalben dann seyd alle Augenblick bereit zu der vngewissen Todt-Stund / vnd spart die Buß nicht auff die letzt.

Balthasar der König / nachdem er den Tempel Gottes beraubet / vnd ein kostbahres Panquet angestellt /da nun die Gläser lähr / die Köpff voll / kombt ein Gesandter von GOtt / vnd deutet dem König den Todt an / wer hats vermeint? Amon der Königliche Printz ist bey der Mahlzeit nichts als frölich gewesen / wie dann der Wein ein Arrest ist der Melancholey / siehe /als er den Becher in den Händen haltet / muste seyn Leben herhalten / wer hats vermeint? Ecolompadius stirbt vhrplötzlich im Beth / wer hats vermeint? Carolus König zu Navarra, verbrinnt in Feuer / wer hats vermeint? Zu Wienn seynd dises Jahr so viel tausend gestorben / wer häts vermeint? Niemand; So ist dann das [325] Jahr / das Monath / der Tag / die Stund / der Augenblick vngewiß / deßwegen O Menschen Kinder! haltet jederzeit den Todt vor Augen / vnd lasset dessen Gedächtnuß nimmermehr in euch erlöschen /spart die Buß nicht biß in das Todt-Bethl.

Von der grossen Büsserin Magdalena schreibt der Evangelist / daß sie die Allabaster Büchs / worinn die köstliche Salben / habe mit Fleiß zerbrochen / Fracto allabastro: Also ist auch mein hertztreuister Rath ihr Menschen / so fern ihr etwann eine Sparbüchsen für die Buß habt / brecht diselbige / spart doch nicht ein Viertl Stund euer Buß auff / zumahl nicht ein Augenblick von der künfftigen Zeit in euer Macht stehet.

Christus der HErr ist gesessen bey dem Brunnen /vnd mit der Samaritanin geredt / das Volck ist gesessen auff dem Heu in der Wüsten / Elias der Prophet /als er von dem schlimmen [326] Weib Jezabel geflohen / ist gesessen vnter einer Cronabett / Salomon ist gesessen auff einem hohen königlichen Thron / Mardocheus der fromme Jud ist gesessen vor dem Pallast deß Königs Assueri / der gedultige Job ist gesessen auff dem Misthauffen / Mattheus damahls noch ein Gelt vnd Gold-Egl vnd Igl ist gesessen auff der Zollbanck / Petrus ist gesessen in dem Vorhoff deß Hohenpriesters /eh ihn noch das Weibl Hertzloß vnd treuloß gemacht /der Blind / welcher die Hülff JEsu von Nazareth deß Sohns David gebeten / ist gesessen auff dem Weeg /Magdalena ist gesessen bey den Füssen deß HErrn /vnd hat das Wort Gottes angehört / Joannes vnd Jacobus wolten sitzen mit Christo in seinem Reich / etc. möcht einer fragen / wo sitzt der böß Feind? Antwort; Nicht auff einem Sessel / nit auff einem Stein / nit auff einem Stuhl / nit auff einem Block / sondern auff einer langen [327] Banck / vnd allda ertapt er die meiste vnglückseelige Seelen / dann die jenige / so ihr Buß /vnd Pœnitenz auff die lange Banck schieben / gerathen gemeiniglich in die Händ deß Höllischen Erbfeinds; weil den Sitz im Himmel GOtt dem Lucifer nicht vergunt / auß Ursachen / daß er ihn gar zu hoch gestellt / Similis ero Altissimo, also hat dem Himmel zu Trutz / der Höllische Neid-Vogel die lange Banck auffgebracht / auff welche die vnbesonnene Adams-Kinder ihre Buß schieben / vnnd hierdurch der vnglückseeligen Menschẽ ewiges Heyl verschertzt wird.

Mit Erlaubnuß deß Allerhöchsten / klopff ich an der Höll an / vnd forsche auß einem oder dem andern die Ursach seiner Verdamnuß / sag her / der du dorten mitten vnter den feurigen Schlangen vnnd Atern sitzest / auch diser elendiglichen Gesellschaff auff Ewig nicht mehr entgehen kanst / eröffne [328] mir die Ursach deines Verderbens? ich / antwort er / bin den üppigen Wollüsten ergeben gewest / vnd dem stinckendenVenus-Luder nachgesetzt / hab mir aber vorgeno en /ich wolle schon einmahl solches Höllkeder verlassen /vnd die gebührende Buß ergreiffen / bin aber vnverhofft ermort worden / ist demnach das Auffschieben auff die lange Banck die Ursach meines Ewigen Verderbens / O Ewig! Sag her / der du alldort in dem zerlassene Metall / wie ein Arbes in einem siedenten Hafen empor strudlest / was hat dise deine Verdamnuß verursacht? Antwort; Ich hab ein lange Zeit / ein vnaußlöschlichen Haß getragen gegen einem / jedoch mir vorgenommen / im Todt-Bethl einmahl denselben ablegen / vnd mich mit GOTT vnd dem Nechsten versöhnen / bin aber vhrplötzlich an einem Steck-Cathar gestorben / vnd also Ewig verdorben /ist dessenwegen die Ursach meines Ewigen Unheyls[329] das Auffschiebẽ auff die lange Banck. Sag her / der du mitten in den Flammen wie ein Salamandra brinnest / wer hat dich in dise vnendliche Peyn gestürtzet? Ach antwort er / ich hab der verführenden Welt-Regl nachgelebt / vnnd allen leiblichen Sinnlichkeiten den freyen Paß zu aller Frechheit erstatt / ich hab aber diß kräfftige Vorhaben geschöpfft / so ich werde alte Jahr vnd Haar erreichen / mich zubessern / vnd so dann gebührende Buß würcken / bin aber vnverhofft von der Pest ergriffen worden / wardurch mir der Verstand verruckt / vnd folgsamb vnbereiter gestorben / dahero die Ursach meines ewigen Unheyls / das Auffschieben auff die lange Banck dise Antwort geben mir viel hundert tausend armseelige verdambte Seelen. O wie wahr ist es was der Poet sagt:


Das Raben Cras, hat schon den Paß /
Vielen zum Heyl verschlossen /
[330]
Der schli e Morgen / vnd lange Borgē
Hat viel zur Höll gestossen.

Gesetzt aber / O bedörte Gemüther / daß ihr von dem gähen Todt nicht hingerissen werdt / sonder in dem Todt-Bethl noch ein Zeit gewiñet zur Buß / so müsset ihr doch für ein vnableinliche Warheit halten /das dergleichen auffgesparte Reu gar selten vor dem Angesicht GOttes gültig ist / dann es spricht mein Heiliger Ertz-Vatter Augustinus, ›die Buß eines Krancken vnd Schwachen / förcht sie seye auch schwach / die Buß eines Sterbenden / förcht sie sterbe gleichmässig;‹ Pænitentia, quæ ab Infirmo petitur, infirma est, quæ â moriente petitur, timeo ne & ipsa moriatur. Lib. 5. hom. 41. Dann wann du damahl erst in dem Todt-Bethl wilst Buß thun / da du nicht mehr sündigen kanst / so haben dich die Sünden verlassen /vnd du nicht die Sünden. GOtt hat in seinem Alten Testament [331] allerley Thier für beliebige Opffer angenommen / allein die Fisch hat er geweigert / auß Ursachen / weil man dieselbe nicht lebendig könnte in den Tempel zu Jerusalem bringen / todte aber vnd abgestandene Fisch dörfften für seinen Augen nit erscheinen; also auch schwache krafftlose vnnd gleichsamb todte Pœnitenz vnd Buß im Todt-Bethl / ist dem Göttlichen Angesicht ein mißfälliges Opffer; Deßgleichen hat auch der allerhöchste GOtt von seinem Opffer den Schwanen außgeschlossen / ob schon der Schwan mit seiner weissen Farb als einer Englischen Liberee gar füglich pranget / dannoch konte er vnter die GOtt gewidmete Opffer nicht gezehlt werden /vmb weil diser gefiederte Gesell ein Sinnbild vnd Abriß ist eines Sünders / der seine Bekehrung in das Todt-Bethl spahret / dann der Schwan die gantze Lebens-Zeit stillschweiget / vnd nur singet / wann er auffhört zu leben: Es [332] ist aber mein gäntzliche Aussag nicht / das ein jede in das Todt-Bethl gesparte Bekehrung vngültig ablauffe / zumahlen gar zu wohl bekant der jenige Dismas, welcher zu der rechten Seyten Christi gehenckt / vnd dannoch den rechten Weeg zum Himmel antroffen / aber auß tausend / auß zehen tausend gerath es keinem also glücklich wie disem /sonder wie das Leben / ist der Todt eben; derohalben dann spart die Buß nicht in das Sterbstündl / in welchem kaum der Gerechte wegen vngestümer Nachstellung deß bösen Feinds obsiget / dann vnbeschreiblich scheinet es / was ein Sterbender auch ein Gerechter vnd Gewissenhaffter für Trangsalen außstehet.

Wie die Eva so vnbedachtsamb sich von der höllischen Schlangen hat lassen vergifften / hat GOtt in dero Gegenwart die gröste Boßheit deß bösen Feinds entdeckt / ›mit disen Worten / Tu insidiaberis calcaneo ejus,‹ du [333] Höll-Schlangen wirst der Eva / vnnd ›was ins künfftig von ihr herstammen wird / ihren Fuß-Fersen nachstellen;‹ ein Wunder! vnd noch einmahl ein Wunder! Viel ehender hätt ich vermeint / der leydige Satan wurde nachstellen deß Menschens Augen / dann mit den Augen versündiget man sich nicht wenig / Augen seynd sie dann nicht gläserne Liebsbotten? Augen seynd sie dann nicht heisse Brenn-Gläser? Augen seynd sie dann nicht Cristallene Kupler? Den David vmb Bericht; Dazumahl / als er die Bersabea vnziement angeblickt; Ich hätte vermeint / der Lucifer solte ehender den Ohren deß Menschen nachstellen / dañ mit den Ohren versündiget man sich nicht wenig / wann man vngereimbte Reim singet /wie gern hört mans? Wann man deß Nechsten Nahmen stimplet vnnd stimlet / wie gern hört mans? Ich hätte vermeint / der böse Feind wurde ehender nachstellen dem [334] Mund deß Menschen / als den Fuß-Fersen? Dann mit dem Maul versündiget man sich zum mehristen / das Maul ist ein Hafen / worin alle Vnwarheiten gekocht werden / das Maul ist ein Gwölb / wo die Fluchwort ohne Maß verkaufft werden; Oder ich hätte vermeint / als solte der böse Feind den Händen deß Menschen mehristen nachstellen /dañ mit wem duelliert man? Mit wem trapuliert man? Mit wem spoliert man? Als mit den Händen? Oder ich hätte vermeint der böse Feind solte nachstellen deß Menschẽ? seinem Hertzen / dañ die böse Gedancken wachsen auff dem Acker deß Hertzens / der Neyd logiret in dem Quartier deß Hertzens / die schnöde Lieb brind ja auff dem Herdt deß Hertzens / der Zorn wird abgeschossen von dem Bogen deß Hertzens. Tu insidiaberis calcaneo ejus. Warumb soll dann die höllische Schlangen den Fuß-Fersen deß Menschen so starck nachstellen? [335] Versündiget sich doch niemand weniger als mit den Fersen? Allhie ist zumercken /das nicht alles dem Buchstaben nach in Göttlicher Schrifft außzulegen ist / dann sonsten müsten fast alle Menschen auff Krucken hincken / weil die H. Bibl also lautet / wann dich dein Fuß ärgert / so schneidt ihn ab: sonder es hat zum öfftern der H. Geist vnter der Schalen solcher Wort / den Kern der grösten Geheimnuß verborgen: In deme dann GOtt von der höllischen Schlang redet / daß selbige deß Menschen Fuß-Fersen werde nachstellen / so ist hierdurch nicht der vnterste Theil der Füß angedeut / sonder wie es weißlich außleget Lorinus, durch die Fersen / als der letzte Theil deß Menschlichen Leibs /wird verstanden das letzte Sterbstündl deß Menschen / vnd disem stellet der Satan zum hefftigsten nach /vnnd in solchem letzten Streitt [336] wendet er alle Kräfften an / den armen Sterbenden zustürtzen.

O vnbeschreibliche Aengsten in dem Todt-Bethl! So bald deß Menschen letztes Stündl herbey nahet /so vmbgeben vnverzüglich die höllische Larven das Bethl / nicht anderst / als wie die Geyr ein Tauben /nicht anderst / als wie die Hund ein Hasen / nicht anderst / als wie die Raben ein Todten Aß / vnd da ist kein Gewalt / den sie nicht probieren / kein List / den sie nicht versuchen / kein Weiß / die sie nicht annehmen / kein Schrocken / den sie nicht verursachen /kein Abscheuligkeit / die sie nicht anziehen; da zeigen sie dem armen Sterbenden alle Tag / alle Stund / alle Augenblick / die er gelebt hat; zum Exempel / es ist ein Sterbender / welcher gelebt hat dreyssig Jahr /dem werden die böse Feind zeigen / zehen tausend /neun hundert vnd fünfftzig Tag; sie werden ihm zeigen zweymahl hundert tausend / [337] zwey vnd sechtzig tausend / vnd acht hundert Stund; sie werden ihm zeigen fünffmahl hundert tausend / fünff vnd zwantzig tausend / sechs hundert halbe Stund; sie werden ihm zeigẽ zehenmahl hundert tausend / ein vnnd fünfftzig tausend / zwey hundert Viertel Stund / ja so gar werden sie dem Sterbenden vor Augen stellen fünffzehen tausendmahl tausend / sibenmahl hundert tausend /vnd acht vnd neuntzig tausend Augenblick oder Minuten; vnd ein jedem gantz genau vortragen / was er in demselben Augenblick gethan / vnd was er zuthun vnterlassen; Die gute Werck / so er gewürckt hat / die werden sie verkleinern / die böse Werck / so er geübt hat / die werden sie vergrössern / die Barmhertzigkeit GOttes werden sie vermindern / die Gerechtigkeit GOttes werden sie vermehren / die Hoffnung werden sie baufellig / die Verzweifflung werden sie gleichsamb nothwendig machen / O [338] ein erschröcklicher Streitt deß Sterbenden.

Der H. Graff Elzearius lebte mit einem Apostolischen Eyffer in immerwehrender Vnschuld / fast wie ein jrrdischer Engl / also daß er mit vielen Wunderwercken geleuchtet; diser wie er sich auff das vollkommneste zu den Todt bereit / sich auch gäntzlich in die heiligste Wunden JEsu / wie ein Tauben in die offne Ritzen deß Felsen verschlossen / hat gleichwohl ein trauriges Angesicht vnd gantz forchtsame Geberdẽ in seinem Sterbstündl gezeigt / endlich in dise Wort außgebrochen. O quam ego magnam experior esse potestatem Dæmonum in morituros: O! wie erfahr ich jetzunder / wie die böse Feind ein grossen Gewalt haben in die Sterbende! Schweigt hierüber ein wenig still / endlich schreit er wider auff folgendlichen lautsVici, Vici, ich hab überwunden / überwunden: seine aller letzte Wort seynd [339] gewest / wie folgt / me totum censuræ Divinæ submitto, ich vnterwürffe mich gäntzlich dem Göttlichen Urthl.

Wann dañ ein solchen gefährlichen Streitt vnd erschröcklichen Kampff hat außgestanden ein Heyliger /ein solcher / der nichts anders gethan als Guts / ein solcher / der nur stets in den Armen deß gecreutzigten JEsu gehangen / ein solcher / dessen Augen seynd gewest ein Spiegel der Unschuld / dessen Mund ist gewest ein Chor deß Göttlichen Lobs / dessen Ohren seynd gewest Porten der Keuschheit / dessen Händ seynd gewest ein Speiß-Gwölb der Armen / ein solcher? Dessen Füß seynd gewest Currier der Andacht /dessen Hertz ist gewest ein Thron vnd Sitz deß Heiligen Geists / hat ein solcher / der gantz Vollkommen vnd Heylig / ein so strengen Streitt müssen außstehen in seinem Sterbstündl mit dem bösen Feind? Wie wird es mir vnd dir ergehen? Wie dem jenigen / welcher sein Bekehrung [340] vnd Buß dahin sorgloß auffgespart! O erschröcklich! Die H. Gertrudis hat bekennt /sie wolle lieber biß auff den Jüngsten Tag mit blossen Füssen auff glüenden Kohlen gehen / als nur noch einmahl wie ihrs Christus gezeigt / auff ein Augenblick ansichtig werden einer höllischen Larven: Dionysius Cartusianus ist der gäntzlichen Aussag / daß der höllische Satan einem jeden Sterbenden erscheine / die allerseeligste Mutter GOttes alleinig außgenommen; Der Heilige Bischoff Martinus hat in seinem Todt-Beth gesehen den bösen Feind in der Gestalt einer grausamben Bestien / dessenthalben er gantz behertzt auffgeschryen / quid astas cruenta bestia! was stehest du dar blutgieriges Thier! In Oesterreich hat ein vornehmer von Adel in seinem Sterbstündl gesehen gantz feurige Wägen / vnd darauff gantz kohl schwartze Gutscher; Scher. in Con. Dom. 1. quad. [341] Anno 1557. Seynd einem getaufften Juden in dem Todt-Beth viel hundert tausend böse Geister erschienen in Gestalt feuriger Schlangen / deren Gröste ihn wie ein Wißbaum gedunckte / O erschröcklich! Hieronymus Plati schreibt von Hugone einem vornehmen Herrn / nach dem derselbe viertzig Jahr den öden vnd schnöden Welt-Wollüsten nachgesetzt / ist er endlich einen strengen Orden eingetrettẽ / darin würdige Buß gewürcket gantzer drey Jahr / nach welcher Zeit er in tödtliche Kranckheit gerathen / vnd endlich in sein Sterbstündl / damahls seynd ihme fünffzehen tausend böse Feind erschienen / so alle mit vnbeschreiblichen Grimmen ihn zur Verdamnuß reissen wolten / dafern es die geübte Bußwerck nicht verhindert hätten. Eusebius ist gewest ein Discipl. deß Heil. Hieronymi, hat gleichmässig in dessen gottseelige Fußstapffen getretten / führte einen vnsträfflichen Wandel / [342] ware bekannter dem Himmel /als der Erd; als diser eingefleischte Engl in das Sterbstündl kommen / hat er dergestalten von den höllischen Larven gelitten / daß er derentwegen gantz entsetzliche Geberden gezeigt / vnd als die herumbstehende Geistliche vor Schrocken zur Erd nidergefallen / hat er mit heller Stimm auffgeschrien / Nonne vide tis Dæmonum acies, qui me debellare contendunt? ›Sehet ihr dañ nicht gantze Armeè der höllischen Feind / die mich zu überwinden begehren?‹ O erschröcklich.

Cæsareus schreibt / daß der Satan einest auß einer besessenen Persohn habe bekennt / daß er bey dem Todt einer Benedictiner Abtissin seye gewest / vnd haben seine Mitgespan in solcher Menge sich allda befunden / daß der gröste Wald zu grüen Mayen-Zeit nicht so viel Blätter zehlet; O erschröcklich! Stehen solchen Streitt auß die jenige / welche doch gantz gewissenhafft [343] gewandlet / vnd ihre Lebens-Zeit in der Forcht Gottes möglichst zugebracht / was Aengsten werden dañ diselbige überhäuffen? welche wie die blinde Maulwärff ihren Lust nur in die Erd vnd in das Irrdische gesetzt? schier niemahl das Ewige vor Augen gestellt / sondern die heilsame Bekehrung vnd Reu in das vngewisse Sterbstündl auffgeschoben / in welchem auch die Gerechtiste in der Gefahr stehen.

Filij hominum usquequo gravi corde? O vnbehutsame Menschen-Kinder / lasset dißfalls eure harte Gemüther erweichen / von der Warnung so euch der Heyl liebende JEsus selbsten in die Ohren schreyet / Vigilate, wachet / dann ihr wisset nicht zu welcher Stund der HErr kommen wird / Matth. 42. Ist es / daß ihr auß Menschlicher Schwachheit seyd gefallen / so fallet wider / aber zu den Füssen Christi mit Magdalena / vnd schiebet nicht auff / die Reuvolle Buß-Zähren in [344] das Sterbstündl / zumahl vnbekant / wann der HErr kommen wird / vnd euch fordern in die Ewigkeit; O wann es der Allerhöchste gestatten thäte / das nur einer auß so viel tausend Menschen / welche von hier dises Jahr in die Ewigkeit geschieden / solte auß einer grossen Gruben aufferstehen / vnd predigen /glaube wohl / sein gantze Redt wurde in folgenden Worten bestehen / quærite Dominum dum inveniri potest. Joan. 55.


Stehet auff von euren Sünden /
Suchet GOtt / wann er zufinden /
Weil ihn gar selten gefunden hat /
Der gespart in die letzt sein Buß /
Als man damals schon sterbẽ muß /
Dort ist die Buß gar offt zu spat.

Was man in der Wienn-Statt über die Krancke vnd Pestierte

[345] Was man in der Wienn-Statt über die Krancke vnd Pestierte für ein Obsicht getragen / vnd wie selbigen zu Seel vnd Leib müglichst seye beygesprungen worden.

Zu End deß Monats November erst verwichenen Jahrs ist von einem Evangelischen Pastor in einer vornehmen Reichsstatt / dero Namen ich dißfalls verschweige / offentlich geprediget worden / wie daß in der Statt Wienn bey grassierender Pest die Leuth ohne einigen Geistlichen Trost seyn elend dahin gestorben /ja es seye die Wehemütigkeit der betrangten Leuth vergrössert [346] worden nicht ein wenig / durch die sorglose Obsicht der Geistlichen / sonder so wohl Münch als Pfarrherrn haben alle Seelsorg beyseyt gelegt / vnd sich entweder zwischen vier Mauren in Sicherheit gehalten / oder aber fern von der Statt die Flucht genommen. Ob ich zwar von obberührten Pfarrherrn in Glaubens Articul entzweyet bin / so hat vns doch beede der Tauffstein anverwandt gemacht / dahero ich dißfalls nicht mit vngeschlachten Worten vnd knoperten Widerwillen ihn anzuschnarchen gesinnt bin /sonder als ein lieben Freund benachrichtige ich ihn /wie daß mir nicht einfallt / als habe er solche Zeitung mit einem Poetischen Hammer geschmidet / sonder ich glaube / es habe ein mißgönnende Feder solche Vnwarheit vnd grundlose Geschicht überschrieben /ich nimb aber der Seyts meine eigne Glaubens-Genossen nicht zu Zeugen / sondern euch Evangelische[347] selbst / die ihr hin vnd her bey solcher trangseeliger Zeit in der Wieñstatt habt gewohnet / bekennt mir /habt aber vor Augen das jenige Ohr / so alles höret /bekennet mir vmb die Wunden vnsers allgemeinen Heylands / der da mich vnd euch richten wird / sagt an / ob nicht allerseits allein genugsame / sonder wohl überflüssige Obsorg wegen der Seelen geschehen seye.

Und hat solche weiseste Anstalt gemacht der Hochwürdig vnd Hochgelehrte Herr Joann Baptista Mayer / der Heiligen Schrifft Doctor, Ihro Kayserl. Mayest. Rath / wie auch Ihro Fürstl. Gnaden vnd Bischoff zu Wienn Vic: Gener. vnd Officialis, welcher die gantze Pest-Zeit zu allgemeiner Seelsorg allhier verblieben /vnd ist durch Göttliche Beyhülff noch bey gewüntschter Gesundheit.

Bekant ist jene Parabl vnd Gleichnuß / so auß dem süssesten Mund der vermenschten Göttlichen Weißheit geflossen / [348] wie nemblich das Himmelreich gleich seye einem Hauß-Vatter / der an morgen fruhe außgieng Arbeiter zu dingen in seyn Weingarten / als er nun etliche zu vnderschiedlichen Zeiten angetroffen /hat er sie in seinen Weingarten gewisen vmb den billichen Lohn / da es nun bey Untergang der Sonnen zur Bezahlung kommen / vnd die jenige / so den gantzen Tag in Arbeit embsig waren / nicht höher belohnt worden / als dieselbige / welche nur den halben Tag gearbeit hatten / also ist es ihnen zuverschmachen gefahlen / vnnd schier vnbillich vorkommen / das nemblich lange Arbeiter / vnd langsame Arbeiter / sollen mit gleichen Lohn besoldet werden / dessenwegen gegen den Hauß-Vatter sich murrerisch beklagt / sprechend: Qui portavimus pondus diei & æstus, die wir deß Tags Last vnd Hitz getragen haben / sollen nicht besser belohnt werden als die andere? Als wöllen sie[349] sagen / es seye kein redlichs Stuck / vnd könne dißfalls der Hauß-Vatter kein redlicher Mann verbleiben.

Liebe Arbeiter eur murrige Zung kan ich dermahlen nicht loben / auß Ursachen / weil euch der gedingte Lohn nicht ist geweigert worden / doch aber verdienet / muß bekennen / gebührendes Lob euer arbeitsamer Eyffer / in dem ihr den gantzen Tag so embsig in dem Weingarten gearbeit habt / lasset aber euch nicht traumen / als seyd ihr die allerfleissigste / dann ich zeige euch weit lobwürdigere / welche in dem Weingarten GOttes nicht nur deß Tags Last vnd Hitz getragen /sonder auch gantze Nächt vnabläßlich ihr Mühe vnd Arbeit nicht gesparret / dise seynd gewest die Geistliche vñ Gott gewidmete Priesterschafft zu Wienn / bey solcher leydiger Zeit; dann als erstgedachte Contagion vnvermuther über Hand genommen / vnd von hoher Geistlicher vnd Weltlicher Obrigkeit [350] auß Vätterlicher Obsorg / so wohl Decreta als auch freundliche Ersuchungen an alle Geistliche abgeloffen / da ist mit Verwunderung zusehen gewest / mit was Eyffer sich die Seel-Sorger anerbotten / ja in viel Klöstern ereignete sich ein fast löbliche Strittigkeit / in deme einer vor dem andern auß Apostolischer Inbrunst zu solchem Seelen-Werck sich wolte brauchen lassen /dahero dise Geistreiche Männer Tag vnd Nacht /fruhe vnd spat die Krancke besucht / die Krancke versehen / dieselbe getröst / gestärckt / sich nicht geschichen in solche Zi er einzutretten / wo zu weilen drey vnd vier Pestierte gelegen / wo das Gifft wie ein blauer Dunst die gantze Wohnung verfinstert / wo man über die Todten-Cörper hat müssen schreiten / wo allerseits der traurige Todt vor Augen schwebte; alles dises überhäuffte Elend thäte sie nicht abschröcken von ihrem Seelen-Eyffer.

[351] Ein witziger Poet hat auff ein Zeit einem solchen embsigen Seelsorger dises Sinnbild gestellt / nemblich auff einem guldenen Leuchter ein schön brennende Kertzen / so fast gantz dahin abgeronnen / mit beygefügter Schrifft: Officio mihi officio, andern zu Ehrn / thu ich mich verzehren: Solches kan in aller Warheit von den Wieñerischen Geistlichen außgesprochen werdẽ / daß sie nemblich wegen deß Nechsten ihr eigne Leibs-Gesundheit / ja so gar das Leben in die Schantz geschlagen / welches der Allerhöchste vngezweifflet mit der ewigen Cron belohnet.

Jener Herodes / von deme der eyffervolle PredigerJoannes Baptista. Warheit halber enthaubt worden /hat seinem hupffenden Töchterl vmb etliche üppige Sprüng das halbe Königreich anerbotten; Wird nicht leicht bekant sein / das einem die Füß hätten ein so mercklichs Interesse getragen; [352] so ich aber die Augen gehn Himmel wende / fallt mir gleich ein trostreichere Belohnung ein / vnd getraue ich mir vor gewiß außzusagen / das der allermildiste GOtt vmb die vielfältige Schritt vnd Tritt / vmb das bey Tag vnd Nacht vnverdroßne Lauffen / den Geistlichen vnd Seelsorgern nicht ein halbes Reich / sondern das allsättliche Hi elreich vnd ewiges Heyl ertheile.

Dann hat der gütigste GOtt versprochen auch einen kalten Trunck Wasser nicht vnbelohnt zulassen / den man seinetwegen den Armen reichet / wie wird er dann erst belohnen die jenige Geistliche / welche ihme so viel vnschätzliche Seelen haben eingehändiget? Hat das Wasser in Erschaffung der Welt disen absonderlichen Ruhm erhalten / das es ein Thron deß Göttlichen Geists worden / dann anfänglich schwebte der Geist GOttes ober dem Wasser / vnd schreiben es etliche Heylige Lehrer diser Ursachen [353] zu / weil damahl GOtt hat vorgesehen / das künfftiger Zeit dises nasse Element werde durch den Tauff die Erbsünd abwaschen; was Thron / Cron vnnd Lohn wird dann nicht verdient haben ein solcher Geistlicher? der so manche Seel von den Sünden gewaschen / gereiniget /vnd zu einem Göttlichen Opffer gewidmet.

Damit aber männiglich bekant seye / mit was Eyffer von der Geistligkeit den Krancken vnd Sterbenden sey beygesprungen worden / konte ich ein zimbliche Anzahl beysetzen deren / so noch durch sondere Göttliche Hülff bey Leben seyn / welche mit vnsterblichem Ruhm solches Apostolische Ambt haben vollzogen / weil aber dero lobwürdigste Demuth alles Lob scheuet / hab ich vor gut angesehen / nur die jenige allhier zu zeichnen / welche wegen deß Nechsten Seelen Heyl / ihr Leben in diser Pest willig verlohren.

Erstlich auß den Priestern - so keine Religiosen waren

[354] Erstlich auß den Priestern / so keine Religiosen waren / sondern als Pfarrherrn den Krancken beygestanden /

R.D. Joannes Ignatius Arnezhofen,
R.D. Georgius Schlegel,
R.D. Casparus Mathoi.
R.D. Paulus Steffinger,
R.D. Joann: Adam: Schumacher,
R.D. Thomas Antonius Pruskauer,
R.D. Laurentius Ignatius Fugger.
Auß der löbl. Societet JESU.
R.P. Ægidius Pruner,
R.P. Leopoldus Helmling,
R.P. Franciscus Winsauer,
R.P. Valentinus Stärzer.
Auß dem Schotten Kloster Ord. S. Benedicti.
R.P. Gregorius,
R.P. Maurus Perneger,

Auß dem Kloster Monserrat Ord. S. Benedicti.


Auß disem seynd zwar keine exponirt [355] gewesen /wegen Abgang der Wohnung / doch seynd sieben Patres gestorben / so mehristen auß Besuchung der Krancken inficirt worden.


Auß dem P.P. Dominicaner Kloster.

R.P. Dominicus Schmuzer,
R.P. Dominicus Müller,
R.P. Hiacynthus Weigl,
R.P. Hiacynthus Tebetman,

Auß dem Seraphischen Orden deß Heil. Francisci in dem Kloster bey S. Hieronymum.


R.P. Honorius Schârff, so im Lazareth mit sondern Eyffer gedienet. Im übrigen seynd viel auß disem Orden außgesetzte Seelsorger gewest / so aber alle annoch bey Leben.


Auß dem P.P. Capuciner Kloster auff dem neuen Marckt / wie auch bey St. Ulrich.

R.P. Theodosius,
[356] R.P. Antonius Maria,
R.P. Didimus,
R.P. Burchardus,
R.P. Conradus,
R.P. Anacletus,
R.P. Raymundus.
Auß der P.P. Minoriten Kloster beym Heil. Creutz.
R.P. Christianus Ponazko,
R.P. Sebastianus Kameringer.
Auß der P.P. Carmeliten Discalceaten über der Schlagbrucken.
R.P. Henricus â S. Anna,
R.P. Cassianus â S. Elisæo,
R.P. Spiridion â S. Serapione,
R.P. Hironymus Joseph â S. Anna,
R.P. Alexander â S. Michaele,
R.P. Casparus â S. Justino.
Auß den P.P. Carmeliten auff der Laimgruben.
R.P. Maximinus â S. Simone Stock,
R.P. Anselmus â S. Pelagia,
[357] R.P. Casparus â S. Angelo Custode,
R.P. Raphael â S. Mathæo,
R.P. Mathæus â S. Francisco.
Auß dem Kloster bey St. Michael Cleric. Regul. S. Pauli.
R.P. Don Paulus Colman,
R.P. Don Virgilius Pleiferer,
R.P. Don Maurus Haas,
R.P. Don Antonius Hasreitter,
R.P. Don Antonius Zani,
Auß dem Kloster der P.P. Paulaner in der Vorstatt.
R.P. Hiacynthus Nusser,
R.P. Vitus Gruber,
Auß dem Kloster der P.P. Serviten in der Rossau.
R.P. Chrysogonus MARIA Humel,
R.P. Bernard MARIA Blanchenstainer,
R.P. Anselmus MARIA Kempter,
R.P. Petrus MARIA Gatterer.
[358] Auß dem Kloster der P.P. Augustiner auff der Landstraß vor der Statt
R.P. Constantinus Crane.
Auß vnseren Kloster der P.P. Augustiner Baarfüsser bey Maria Loreto der Hoff-Kirchen.
R.P. Gratianus â S. MARIA,
De. Fr. Antonius â S. Francisco Laic.
R.P. Carolus ab Assumptione B.V.

Deren zwey Erste den 27. Augusti in das Lazareth gangen / allwo sie mit vnverdrossener Mühe vnnd Lieb den Krancken gedient / beede aber den siebenden Tag erkrancket / vnd den achten in einer Stund seelig verschieden.

Ich hätte wollen vnnd sollen ebenmessig aller Fratrum vnd Lay-Brüder der Religiosen gedencken /deren sehr viel auß Lieb den Krancken gedienet / vnd nachmahls auch also ihr Leben dargestreckt / es ist aber mein Siñ [359] allhier nur satsamb dem schimpfflichen Nachreden zu zeigen / wie so gar nichts in der Seelsorg verabsaumet worden.

Haben derowegen alle obbenente Priester ihr Leben auß purem Seelen-Eyffer nicht allein in die Gefahr gesetzt / sondern willig / freymütig vnnd gern dasselbe verlassen / welches ihnen vngezweifflet der Allerhöchste mit ewiger Belohnung wird vergolten haben; Ja wann man die Sachen eigentlich erweget / so sind sich / daß nicht allein dise auß Lieb deß Nechsten gestorben / sondern ins gesambt alle Geistliche / deren in die vierdthalbhundert vnter die Erd kommen; dañ dise nicht anderst als durch die Beichtstühl seynd angesteckt worden / werden demnach solche alle am Jüngsten Tag absonderlich prangen mit den jenigen Seelen / welche sie bey diser Zeit Gott haben gewonnen / kan sich also niemand mit Fug beklagen / daß nicht [360] in allweeg der Geistligkeit embsigste Seelsorg sey gemerckt worden.

Zu wissen ist aber / daß nicht allein der Eyffer deß Geistlichen Stands zu diser trübseeligen Zeit sich sattsamb gezeigt habe / sonder es haben auch die Weltliche Oberen die embsigste Obsicht vnnd genauiste Wachtsambkeit der Residentz Statt zu sondern Trost spüren lassen; vnd ist fürwar jener Kriegs-Officier tausendfaches Lob werth / in dem er so grosse Sorg getragen über den krancken Knecht zu Hauß / daß er auch seinethalben weder Schritt noch Tritt gesparrt / sonder zu dem heylmachenden JEsum geeylt /ihme ein demütigste Supplication überreicht / darin gantz inständig gebetten vmb die Gesundheit deß Knechts / vnd als sich Christus der HErr gantz willferig anerbotten / den Krancken selbst zu besuchen / hat solches der redliche vnnd auffrichtige Haubtmann auß Demuth geweigert / [361] sprechend / HErr / ich bin nicht würdig / daß du eingehest vnter mein Dach / sonder sprich nur ein Wort / so wird mein Knecht gesund: Ein anderer hätt es für die gröste Ehr vnnd Glory auffgenommen / so der gebenedeyte Messias mit der heiligsten Gegenwart sein Hauß vnd Thür-Schwellen hätte begnadet / aber der gute Haubtmann wolte es nicht zu lassen / das der HErr vnter sein Dach soll kommen: ich bilde mir gäntzlich ein / der gute Officier habe gedacht / in meinem Hauß stehet alles vnauffgeraumter / da sonsten die Soldaten zu weilen fleissig auffraumben / da hangt ein Sabl / dort ligt ein Spieß / da laint ein Spring-Stecken / dort stehet ein Picken / da ligen Würffel / dort ein Taback-Pfeiff /etc. Schickt sich also nicht / das der gebenedeyte Messias soll in ein solches vnauffgeraumtes Quartier eintretten; Merck es wohl lauer Christ / daß du den süssesten GOtt [362] vnter der Gestalt deß Brods nicht sollest einlogieren in dein Hertz / es seye dañ / selbiges werde vorhero durch ein Reuvolle / rechte / vnd vollko ne Beicht wohl außgeraumbt / vnd gesäubert /welche Lehr dir diser Kriegs-Officier gar gnugsamb vor Augen stellet / vnd ist der stattliche vnd fromme Haubtmañ in allem vnd jedem Lobens werth / absonderlich aber sein Sorg / Mühe / Fleiß / Obsicht vnd Wachtsambkeit / die er hatte wegen deß krancken Knecht.

Noch mehrer Lob haben verdienet alle die jenige Weltliche Vorsteher zu Wienn / die nicht allein Tag vnd Nacht eyffrigst Sorg getragen über die vielfältige Krancke / deren zu weilen in die vier tausend in dem grossen Lazareth allein gezehlt worden / sonder haben noch ihr eignes Leben der eussersten Gfahr / dem gemeinen Heyl zu Guten / vnterworffen / ja etliche mit würcklichen Verlust deß Lebens gnugsamb an Tag geben / wie embsig sie ihnen [363] das gemeine Weesen haben lassen angelegen seyn / wie dann billich vnd fugsamb alle dero Namen hierbey verzeichnet seyn.

Erstlich die Herrn Geheime vnd Deputirte hinterlassene Kayserl. Räth

Erstlich die Herrn Geheime vnd Deputirte hinterlassene Kayserl. Räth / welche neben anderen hohen Geschäfften ihnen die Sterbens-Noth haben höchst eyffrig mit täglicher Lebens-Gefahr angelegen lassen seyn.

Ihro Hochgräffliche Excellenz der Hoch- vnd Wohlgebohrne Herr Conrad Balthasar / deß Heil. Röm: Reichs Graff vnd Herr von Starenberg / Kayserl. HerrGubernator, deß hinterlassenen geheimb- vnd Deputirten Raths Director, vnd Statthalter der N: O: Regierung.


Ihro Hochgräffliche Excellenz, der Hoch- vnd Wohlgebohrne Herr Hanß Balthasar / Graff von Hoyos /[364] der Röm. Kayserl. May. geheimer Deputirter Rath /vnd Landmarschall in Oesterreich vnter der Ennß.


Ihro Hochgräffl: Gnaden der Hoch- vnnd Wohlgebohrne Herr Quintin deß Heil. Röm: Reichs Graff Jörger / etc. der Röm. Kayserl. May. geheimer Deputirter Rath / Hoff-Cammer Vice-Præsident, vnd angesetzter Hoffmarschall.


Ihro Hochgräfflich: Gnaden der Hoch- vnd Wohlgebohrne Herr Carl Ludwig / deß Heil. Röm: Reichs Graff von Hoffkirchen / der Röm: Kayserl. May: geheimer Deputirter Rath / deß Kayserl. Kriegs-Rath Vice-Præsident.


Ihro Gn. Herr Johañ Oßwald Hartmann / der Röm: Kayserl. May: geheimen Deputirten Raths / vnd N: O: Regiments Cantzler.


Das Collegium Sanitatis, so von der Hochlöblichen N: O: Regierung [365] darzu verordnet / haben verwaltet.


Der Wohlgebohrne Herr Johann Ignatius Spindler /Frey- vnd Edler Herr zu Wildenstein / Sanitatis Collegij Præses, vnnd N: O: Regiments-Rath.


Der Wohl-Edlgebohrne / Gestreng / vnd Hochgelehrte Herr Rudolph Carl Rhazzius / beeder Rechten Doctor, vnnd N: O: Regiments-Rath / wie auch / p.t. Universitatis Rector Magnificus.

Welchen zugegeben worden von der Medicinischen Facultet.


Der Wohl-Edl Gestrenge vnnd Hoch gelehrte HerrPaulus de Sorbait, Phil. & Medic. Doctor. Professor Primarius, Ihro Mayest. der verwittibten KayserinEleonoræ Leib-Medicus, wie auch Superintendent deß Lazareth / etc.

Neben dem Inspectore in Infections Sachen.


[366] Herrn Johann Andre von Liebenberg / damahls Kayserl. Statt-Richter / anjetzo aber der Statt Wienn Burgermeister / mit Zuziehung / deß Herrn Johann Schnitzenbaumb N: O: Regierungs Secretari.

Von der Hochlöbl. N: O: Regierung

Ihro Hochgräfflich Gnaden der Hoch- vnnd Wohlgebohrne Herr Frantz Maximilian / deß Heil. Röm: Reichs Graff von Mollart / der N: O: Regierung Vice Statthalter.


Herr Theobald Franck / beeder Rechten Doctor, vnnd N: O: Regiments Rath.

Herr Johann Ferdinand Henthaller / beeder RechtenDoctor, vnd N: O: Regiments Rath.
[367] Herr Johann Heinrich Reutter / deß geheimen Deputirten Raths / vnd Regierungs Secretarius.
Herr Johann Jacob Häckl / deß geheimen Deputirten Raths / vnnd Regierungs Secretarius.
Herr Herman Noltæus Regierungs Secretarius.
Herr Johañ Georg Höffenstock / Regierungs Secretarius.

Von dem Kayserl Kriegs-Rath

Von dem Kayserl. Kriegs-Rath.

Ihro Hochgräfflich: Gnaden der Hoch- vnd Wohlgebohrne Herr Wilhelm Johann Antonius / deß Heil. Röm: Reichs Graff von Dhaun / der Röm: Kayserl: May: Hoff-Kriegs-Rath / vnd der Statt Wienn Quardia Obrist Leutenant / damahls angesetzter Statt-Obrister.


[368] Der Hoch- vnd Wohlgebohrne Herr Marches Ferdinand de Obizi, etc. Statt Quardia Obrist Wachtmeister.


Der Wohlgebohrne Herr Johañ Bambey / Freyherr von vnd zu Antrimont, der Röm: Kayserl: Mayest: Hoff-Kriegs-Rath / etc. General Wachtmeister / etc.


Herr Hieronymus Bozo / der Röm: Kayserl: May: Kriegs-Rath Secretarius

So dann von dem Kayserl. Statt-Magistrat

So dann von dem Kayserl. Statt-Magistrat.

Herr Peter Sebastian Fügenschue / J.U.D. vnd deß Statt-Raths; gestorben.


Herr Johann Frantz Pfeiffer von Schallamheimb / deß Lazareths / vnd Burger Spitals gewester Superintendent, gestorben.


[369] Herr Johann Wich / gewester Superintendens deß Lazareths / vnd Burger Spitals / gestorben.

Herr Matthæus Schmiedt / der Statt Wienn gewesterInfections Viertl-Commissarius, gestorben.
Herr Georg Heyweck / der Statt Wienn gewester Infections Viertl- Commissarius, gestorben.
Herr Simon Stephan Schuster / Superintendent deß Lazareths vnd Burger Spitals.
Herr Johann Martin Drach / der Statt Wiennlnfections Viertl-Commissarius.

Von dem Kayserl. Statt-Gericht

Herr Magnus Schmutz / J.U.D. gestorben.

[370] Herr Matthias Ferfilla, deß Kayserl. Statt Gerichts gewester Beysitzer / anjetzo aber Kayserl. Statt-Richter.


Herr Johann Nicola Ruckenbaumb.


Herr Martin Barnabe / gestorben.


Etliche tausend Menschen seynd forderist durch Göttliche Beyhülff von den Medicis curirt worden /bey vielen aber seynd die allerheilsambste Medicamenta ohne gewünschte Würckung abgeloffen / also /daß augenscheinlich erhelte / wie Gott wolte seinen gerechtigsten Urthl den Lauff lassen.

Hier folget die Anzahl derselben Hochgelehrten Herrn Medicorum, so mit absonderlicher Embsigkeit der betrangten Statt seynd beygestanden.


[371] Herr Friederich Illmer von Wartenberg / Professor, wie auch der Medicinischen Facultet Decanus.


Hr. Bernhard Schlütter /
Hr. Wolffgang Plöckner /
Hr. Frantz Ganser /
Hr. Peter Leonhard Moquentin /
Hr. Paul de Sorbait Professor. etc.
Hr. Johann Schubert /
Hr. Johann Conrad Kremer / Prof.
Hr. Johann Jacob Stumpff /
Hr. Johann Adam Spenholtz /
Hr. Johann Christoph Resch /
Hr. Zacharias Manigetta /
Hr. Jacob Heinrich Kielmann /
Hr. Augustin Frantz Vogel /
Hr. Carl Festa /
Hr. Adam Racher /
Hr. Ferdinand Friederich Pock /
Hr. Johann Sigmund Linck /
Hr. Johann Wolffgang Rostmann /
Hr. Johann Peter Bachmayr /
Hr. Johann Christoph Ignatius Kotius /
[372] Hr. Johann Baptist Albruni.

Folgende Herrn Medici seynd gestorben.

Hr. Maximilian Ludwig Ursinus /
Hr. Paul Frantz Stusche /
Hr. Matthias Unger /
Hr. Martin Furlan /
Hr. Frantz Blöhmer /
Hr. N. Stockdejus /

Ein kurtze Ermahnung an die Wienner

[373] Ein kurtze Ermahnung an die Wienner / was Danck sie sollen der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit abstatten / wie auch der verstorbner Freund nicht vergessen.

Meine Wienner / es seynd wenig vnter euch anzutreffen / die etwann so einfältig / daß sie nicht könten drey zehlen / weil dann euch der Himmel mit so fähigen Witz ist günstig gewest / daß ihr mehrer könt als drey zehlen / so wünsche ich doch gern / ihr möcht wenigst nicht können dreymahl drey zehlen / das ist Neune / verstehe aber jene außsätzige Männer / so von der heylwürckenden Hand Christi ihr gewünschte Gesundheit erhalten / vnd [374] nur einer von disen auß verpflichter Danckbarkeit das DEO gratias dem HErrn demütigst abgelegt / die übrige Neun seynd wegen ihrer Vndanckbarkeit nit vngleich gewest den jenigen Dingen / welche da die Brüder Joseph über ihre Traydt-Säck in Egypten gemacht / in deme sie dieselbe zusammen gebunden (seynd Knöpff gewest) dahero nicht vnbillich der Seeligmacher es geandt hat / novem ubi sunt? Dise dreymahl drey / dise vndanckbahre Zahl / glaub ich ja nicht / das die Wieñstatt werde zehlen / sonder tröste mich / als werde sie ewig dem mildseligsten Gott mit auffgehebten Händen dancken vmb die übermässige Gnad / daß er sie so bald von der verdienten Ruthen barmhertzigst erlöset hat.

Wohl recht setzet der H. David in einem Psalmen siben vnd zwantzigmahl die vnendliche Göttliche Barmhertzigkeit / quoniam in æternum misericordia ejus.

[375] Warumb Saltzburg disen Nahmen tragt / ist Ursach der Heilige Rupertus / welcher allda wunderthätiger Weiß das Saltz erfunden; Warumb die Statt Constantinopel disen Namen führet / ist Ursach der Kayser Constantinus / der sie also kostbar erbauet hat; warumb Franckfurt mit disem Namen pranget / seynd Ursach die Francken / so alldorten ihr gewöhnliche Furth vnnd Durchzug hatten; Warumb Bern in Schweitzerland also heisset / ist dise Ursach: derselbige Fürst / so sie erbauet / befande sich einmahl auff einer Jagt / vnd tragte seinen Hoff Cavalieren vor /wie daß er gesiñt seye / an demselbigen Orth ein Statt zuerbauen / vnd ihr den Namen schöpffen von dem nechsten Wildt / so ihm werde begegnen / vnd weil er zum ersten einen Bern angetroffen / also muste die Statt Bern heissen / dahero die Bau-Leuth vnd Bauers-Leuth / wie sie den Wald [376] vmbgehauen / pflegten diß gemeine Liedl zusingen:


Ihr Bäumer vnd Höltzer fallet gern /
Dann dise Statt soll heissen Bern.

Jetzt laß sehen / was dann der jenige vor ein Namen führt / der vns erschaffen vnd erlöst hat / vnter dem alles / auß dem alles? Wir Teutsche nennen ihnGOTT / welches so vil ist als Gut / vnnd pflegte man bey den alten Teutschen an statt gut GOTT zusagen / also / wann sie wolten sagen / die Sach ist gut / redeten sie / die Sach ist GOtt / auß welchem allen Sonnenklar erhellet / das die Teutsche ein absonderlichs Vertrauen auff GOtt setzen / vnd die Göttliche Gütigkeit / welche sie dann zu allen Zeiten reichflüssig erfahren haben / forderst wir allhier zu Wienn / die wir zwar von dem gerechtisten Gott vnserer Sünden halber seynd gezüchtiget [377] worden / so bald man aber sammentlich an die Brust geklopfft / Sti vnd Händ gegen Himmel gehebt / hat vns der mildhertzigste GOtt erhöret / vnd gnädigst solche grassirende Contagion gelindert / auch endlich gar abgewendt / absonderlich / wie man mit offentlicher Andacht vnd höchst aufferbaulichem Eyffer zu Ehren der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit ein schöne Seulen auffgericht auff dem Graben / vnd haben damahl die Wienner schier besser gethan / als Petrus auff dem Berg Tabor, allwo er drey Tabernackel wolte auffrichten / die andächtige Wienner aber bauten ein dreyecketen Tabernackel / verstehe das dreyeckete Hertz / welches ein jeder der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit damahlen vhrbietigst gewidmet hat.

Die Astrologi stellen allerley wunderseltzambe Figuren in Himmel / vnter andern ist eine gleich vnter dem Fisch vnd Widder / die hat sehr viel [378] Stern / deren aber drey seynd Sparsibiles, das ist / an einem jeden Eck ein grosser wohlscheinender Stern / dise Himmels-Figur tauffen sie den Triangel / vnd bilden ihn solcher Gestalt vor:



Lassen sich lauten / das wer vnter dem Triangel gebohren wird / der verkehre sich gar offt im Hoffen /leyde mehrmahl ein vnseeligs Leben / seye der Armuth vnterworffen / vnd gelange in die Bettler-Zech /auch so er schon zu hohen Ehren gereichet / so breche doch bald wider die Banck mit ihm; dergleichen Calender Schimpff messen die Stern-Seher dem Triangel zu / vnd hat solcher gar ein geringes Lob bey denAstrologos; Seye dem wie es wolle / dises Orths begehr ich solches Gestirn nicht zuverfechten; ich zeige aber einen schönern / vñ vnendlich günstigern Triangel in dem Himmel / diser ist die Allerheiligste Dreyfaltigkeit / [379] in disem Göttlichen Triangel hat die Wiennstatt nichts als Stern gefunden / verstehe lauter Glück vnd Stern / will sagen / lauter Gnad vnd Huld hat erstgedachte Haubtstatt erworben / vnd förchtet künfftiger Zeit von dem Himmel nimmermehr die scharffe Ruthen / sonder hoffet allerseits einen vnverwendlichen Wohlstand vnd Seegen / zu mehrerm Trost hat sie angeruffen / vnnd ruffet noch an allhiesige Residentz Statt die übergebenedeyte Jungfrau vnd Königin deß Himmels Mariam / damit durch dero vielwürckende Vorbitt / GOtt Vatter / dessen sie ein Tochter / GOtt Sohn / dessen sie ein Mutter /GOtt Heiliger Geist / dessen sie ein Gesponß / die Allerheiligste Dreyfaltigkeit / dero sie ein gewidmeter Tempel / die gütigste Augen vnd vnerschöpffliche Gnadenschoß desto [380] willfähriger gegen vns wende; bleibt also jene Feder ohne Grund / welche vor drey Monat zu Preßlau einen Bogen in Druck verfertiget /mit Vorgebung / daß die gemeine Leuth zu Wienn außsagen / wann sie vnser Frau auff dem Hoff hätten seyn lassen / vnd ehender zu der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit geruffen / wären sie schon längsten der scharffen Ruthen befreyt worden; Ich wüntsche nur /ein solcher möchte auff einen halben Tag nacher Wienn kommen / da wurde er augenscheinlich noch finden / die immer beständige Andacht zu der Mutter GOttes / vnd zielet solcher Eyffer nur dahin / daß wir nur flehentlich ersuchen die Vorbitt diser mächtigsten Mutter bey GOtt / bey der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit / auch gereichet dises im wenigsten nicht dem Allerhöchsten zu einer Unehr / sonst müsten auch die Gebett / so der Gegentheil zu dem Schutz-Engel hat /nit[381] zu lässig seyn / dann so man einen Engel kan anruffen / warumb nicht auch / ja forderst die Königin der Engel?

Ich weiß zwar wohl / daß dises kleine Tractatl werde auch gerathen in die Händ vieler / welche das Fegfeuer vor ein Affter-Wunder vnd Heiliges Gedicht halten / denen ich es vor dißmahl mit häuffigen Argumenten nit gesint bin zuwiderlegen / sonder lasse an statt meiner reden folgende Zeugen vnd Zeugnussen:Tob. c. 4. 2. lib. March. c. 12. S. Paul. 1. Cor. c. 3.S. August. Epist. 118. S. Ambros. in Psal. 65. S. Chrysost. hom. 32. super Math. S. Ephrem in suo Testament. S. Hieron. in Epist. 150. S. Gregor. lib. 4. Decalog. c. 39. S. Thomas Angel. 3. p. 986 art. 4. Wende mich dahero forderst zu den Wiennern / vnd erinnere dieselbe / daß sie doch ihrer durch die Contagion verstorbener Anverwandten nicht sollen vergessen / dann gar wohl glaubig ist es / das viel vnd[382] aber viel von der Göttlichen Justitz in die zeitliche Pein deß Fegfeuers seyn geworffen worden. Es ist ein Blum mit Namen Sonnen-Wend / dise ist also verliebt in das strahlende Sonnen-Liecht / daß sie auß Zwang der übermässigen Lieb selbiges vnverwendlich anblicket / vnd wie sich dise Hi els-Fackel wendet /also wend sich gleichförmig dise Blum / ja wann solche an statt der Blätter Flügel hätte / glaubte ich vngezweiffelt / daß sie schnell eyfferig wurde hinauff fliegen zu disem guldenen Schatz / wann nun die Sonn vntergehet / vnd ihre schönste Strahlen vnter die Erd fallen / so vermuthest du etwann / als erlösche gleichmässig die Lieb diser Blumen? Nein / nein /sonder nicht ohne Verwunderung ist zu sehen / wie die Blum vor lauter Traurigkeit die gelbe Blätter zusammen ziechet / das goltfarbe Angesicht halben Theil verhült / vnd mit [383] geneigtem Haubt gegen der Erden schauet / wo das Liebste verborgen.

Von diser Sonnenblum kanst vnd solst billich mein Wienner ein heylsambe Lehr schöpffen; Gedencke /das du disen vnd dise Verwandte geliebt hast über alles / gedencke / das dero Gesellschafft dir ein einige Erquickung gewest ist / gedencke / das dero Gutthaten in Magnets. Kräfften dein Hertz gezogen / weil aber dise durch den wütenden Todt seynd vnter die Erd gerathen / also lasse fein dein vorgehabte Lieb vnd Treu noch nicht erlöschen / sondern wende mit der Sonnen-Wend dein Angesicht zu der Erden / in dero /vnter dero dein verstorbener Vatter / Mutter / Schwester vnd Anverwandte ligen / schencke vnd schicke ihnen ein heiliges Allmosen / ein Heilige Communion / ein Heiligen Rosenkrantz / forderst ein Heilige Meß / damit sie Krafft deren [384] auß dem peinlichen Fegfeuer desto ehender die Seeligkeit erreichen.

Ob zwar der harte König Pharao gegen seinen zwey Hoff-Bedienten wegen geringster Fähler / ja wegen eines geringen Härl in dem Mund-Becher / mit Keichen vnd scharffer Gefängnuß verfahren / so ist doch viel schärffer die Göttliche Justitz / welche auch in jener Welt die wintzigste Mängel / vnd läßliche Sünden nicht vngestraffter lasset / Zeugnuß dessen gibt jener Religios, welcher vnbeschreibliche Peyn vnd Tormenten in dem Fegfeuer außgestanden / vmb weil er zu Zeiten in dem Chor zu dem andächtigenVers Gloria Patri, etc. Das Haubt nicht geneigt hat.In vitis Viror. Ill. Cisterc. Zeugnuß dessen gibt auch /die in Heyligkeit berühmbte Jungfrau Vitelina, welche dem Heiligen Bischoff Martino nach ihrem Todt die vnermäßliche Qualen in dem Fegfeuer entdeckt / vmb keiner anderer Ursach halber / [385] als daß sie an dem heiligen Freytag vnnöthig das Haubt gewaschen / an welchem Tag sie hätt sollen das Leyden Christi betrachten; weilen dann GOtt in jener Welt die kleineste Sünden in den Flammen vnnd Feuer so streng gezüchtiget / also erheben deine verstorbene Freund vnauffhörlich auß dem flammenden Ofen ihre lamentierende Stimm / Miseremini mei saltem vos Amici mei, erbarmet euch meiner / wenigst ihr meine Freund.

Gott ersuchte vor disem alle Weiß / wie er doch möcht den hartnäckigen König Pharao bekehren; Durch den Moyses vnd Aaron verwandlete Gott alle Wasser durch Egypten in lauters Blut / damit hierdurch der Pharao auch soll Schamroth werden / wegen seiner Hartnäckigkeit / aber vmbsonst: Durch den Moyses vnd Aaron schicket GOtt in das gantze Königreich ein vnzahlbare Menge Frösch / damit [386] der König nicht soll wie ein stoltze vnd auffgeblassene Krott verharren / aber vmbsonst: Durch den Moyses vnnd Aaron überhäuffet GOtt das gantze Land mit Käffer vnd schädlichen Mucken / damit dem Pharao seine närrische Grillen sollen verwendt werden / aber vmbsonst: Durch den Moyses vnd Aaron füllt GOtt das gantze Egypten mit einer solcher Finsternuß an /das niemand den andern kunte sehen / damit durch solche Finsternuß der König möcht erleuchtet werden / aber vmbsonst: Dahero der Allerhöchste über disen hochmütigen Monarchen noch mehrer erzürnet / auch endlich die gröste Straff an die Hand genommen /dem Moyses vnd Aaron entdeckt / wie daß er gäntzlich gesint seye alle Erstgebohrne durch gantz Egypten zuerwürgen / damit aber dise Ruthen die vnschuldige Israeliter nicht berühre / so sollen sie alle ihre Thür-Schwellen mit Lambl-Blut [387] besprengen: Es ist auch geschehen; Das bey Mitternacht die scharffe Hand GOttes alle Erstgebohrne in gantz Egypten ermort / so gar deß Königs Printzen nicht verschont / ja kein Hauß war anzutreffen / in welchem nicht ein Todter lage / außgenommen dieselbe Häuser / dero Thür-Schwellen mit Lämbl-Blut besprengt waren:Erit autem sanguis in signum vobis.

Nun ist niemand eines so geringfertigen Verstands / der nicht folgsamb schliessen kan / wann das Blut des Lambs in dem alten Testament die zornige Hand Gottes abgewend / da solches Lämbl nur ein Figur /ein Schatten / ein Model / ein Zeiger / ein Bedeutung deß wahren Lamb Gottes gewest / was wird dann erst vor ein Würckung haben das wahre Lamb Gottes in dem allerhöchsten Meß-Opffer. Frag ich etwan ein arme Seel im Fegfeuer / wie es dann mit ihr [388] beschaffen / so antwort sie mir. Manus Domini tetigit me, die Hand Gottes hat mich getroffen / ich stehe / vnd liege zu gleich / ich stehe / zwar in der Gnad Gottes / aber ich liege allhier in der grösten Pein; Das Feuer / so in dem Babilonischen Ofen gebronnen / ist schmertzlich gewest; Das Feuer / so die Stätt Sodoma vnd Gomorra eingeäschert / ist peinlich gewest; Das Feuer / so das guldene Kalb der Israeliter zerschmeltzet hat / ist heiß gewest; aber das heiß seyn / das peinlich seyn /das schmertzlich seyn dises Feuers ist nichts vnd abermahl nichts gegen dem Feuer / so mich brennt /Manus Domini, die Hand Gottes hat mich so hart getroffen / dahero bitt / vnd bitt ich euch hinterlassene Freund vmb ein einigen Bluts-Tropffen von dem Göttlichen Lamb in der Heil. Meß / wormit ich könne die zornige Hand Gottes von mir abwenden; Dergleichen wehklagende Seuffzer vnd bewegliche Thränen[389] sollen sie dann nicht dich Mensch zu einer Erbarmnuß erweichen / du forderst O Kind! der du anjetzo Platz vnd Schatz deiner verstorbnen Eltern in aller Ruhe vnd Wohlstand besitzest / kan es dann möglich seyn / daß du das bittere Bitten deiner Eltern nicht solst erhören? Hast dann nie gelesen in dem Heil. Evangelio / Matth. 22. von einem König / der seinem Sohn Hochzeit machte / vnd sandte deßhalben seine Knecht auß / damit sie die Gäst zur Mahlzeit einladeten / als aber solche vnhöffliche Gesellen nicht wolten erscheinen / wurde der König erzürnt / schafft dahero seinen Dienern / Ite ad exitus Viarum, gehet hin auff die Landstrassen / da sich die Weeg scheiden / vnnd ladet zum Hochzeit-Mahl / wem ihr findet.

Allerliebste Wienner / ihr wisset gar wohl / daß kein kostbahrere Mahlzeit gefunden werde / als das Heiligste Meß-Opffer vnnd Göttliche Abentmahl /[390] gehet deßwegen hinauß vor die Statt Wienn / auff die Strassen vnd Weeg / wem ihr alldort findet / den ladet ein zu disem Göttlichen Panquet / ihr find aber draussen vnter so viel tausend / die allda in Gruben vnd Gräbern / vnnd beyn Creutzen begraben / auch eure liebste Eltern / eure Freund / Schwester / Brüder /sambt andern Verwandten / die wegen der laidigen Sucht hinauß seynd geschlept worden / dise / dise ladet höfflich ein / es erforderts also euer kindliche Treu / es gebiets also die verpflichte Schuldigkeit / es thut euch zu solchem euer selbst eignes Gewissen anspohren / dise / dise ladet ein zu der Göttlichen Mahlzeit / schenckt ihnen ein Meß-Opffer / ein inbrünstige Co union / oder ein anders Gott wohlgefälliges Werck / in dem sie also vnauffhörlich zu euch schreyen vnd seufftzen; erinneret euch ihr Kinder / das GOttes Sohn auff dem bitteren Creutz-Stammen / in Mitte deß vnermäßlichen [391] Leydens gleichwohl seiner gebenedeyten Mutter nicht vergessen / sonder dieselbige dem Heiligen Joanni disem Jungfräulichen Jünger bestermassen anbefohlen / damit er sich ihrer annehme; Vnd du Kind! Vnd du solst mitten in Glückstand anjetzo deiner verstorbnen Mutter vergessen? Deines liebsten Vatters vergessen? Deiner treuesten Schwester vergessen? Deines besten Freunds vergessen? Vergessen? Das will ich gäntzlich nicht von dir vermuthen / es müsset nur seyn / das dein Hertz in jenen Stein verkehret wäre / der dem Jacob ein Polster abgeben / es müste nur seyn / daß das Blut in deinen Adern muste verwandlet seyn in jene Gall / mit dero dem Tobiæ die Augen bestrichen worden. Derohalben dann O gütigster vnd barmhertzigster GOtt hast du erhört Jonam in dem Wallfisch / hast du erhört den Job auff dem Misthauffen / [392] hast du erhört die drey Knaben in dem Babilonischen Ofen / hast du erhört die Agar in der Wüsten / so erhöre auch mich armseeligen Sünder / erhöre vns alle / die wir bey deinen allerheiligsten Füssen ligen / vnd bitten vmb Barmhertzigkeit / vmb fernern Wohlstand der Wiennstatt / vmb beständigen gesunden Lufft / wie wir anjetzo geniessen / erhöre vns alle / die wir zu dir vnd deiner grundlosen Gütigkeit auffschreyen für vnsere verstorbene Freund vnd Anverwandten / schliesse auff O mildreichister GOtt deine Reichhabende Gnaden-Schoß / vnd gibe ihnen das ewige Leben / vns eben / Amen.

Register etlicher Merckwürdigen Ding

[393] Register etlicher Merckwürdigen Ding.

Beschreibung deß sterblichen Lebens. Folio 14
Vorbotten der Pestilentz. 31
Wierths-Häuser. 45
Verzeichnuß der Gassen in der Wiennstatt. 54
Der Geistlichen seyn viel von der Contagion hingerissen worden. 58
Der Ordens Persohnen Lob vnnd Nutzbarkeit. 67
Andacht der Wiennstatt. 85
Wunderlicher Todt eines Priesters. 101
Die Schönheit ist der Weiber einiges Verlangen. 104
Dreyer Wasch-Menscher seltzame Geschicht. 107
Die Forcht ist zur Pest-Zeit sehr schädlich. 118
Das Gelt vermag alles in Welt. 133
Vornehme Herrn seynd auch nicht befreyt von der Pest. 149
Der Geitzigen verblendte Thorheit. 156
Idioten seynd ein verworffnes Confect. 170
Scienz vnd Wissenschafft ist sehr nutzlich. 177
Advocaten Lob. 183
Freund wie sie gemeiniglich beschaffen. 200
Hexen schädliche Boßheit. 205
Wie wunderlich ein Wiennerischer Herr von der Contagion angegriffen worden. 207
Eines Haderischen Ehestands rechter Entwurff. 216
Weiber Gifft. 223
Regel eines GOtt gefälligen Ehestands. 225
Manstreu eines Italianer. 231
Kinderzucht wie nothwendig. 239
Solldaten Lob. 256
Juden seyn sehr viel vmbgebracht worden. 270
Deß Tabacks heylsambe Würckung. 276
Der Wiennerischen Pasteyen Beschreibung. 277
Die Sünd ist ein gewöhnliche Ursach der Pest. 288
Wunderbarliche Bildnuß S. Salvatoris in Portugal.

295

Engeländische Heuschrecken mit geschribnen Flügel.

315

Die Buß soll man nicht auffschieben. 326

Seelsorg zu Wienn in dermahligen Pest. 351

Anzahl der jenigen Geistlichen / welche den Krancken beygestanden / vnnd dessenthalben auch gestorben.

255

Obsicht der Weltlichen Obrigkeit / wie auch aller deren / so sich dem gemeinen Weesen zu Guten in die Gefahr geben. 364

Andacht zu der Allerheiligsten Dreyfaltigkeit wie nutzlich. 373

Vergiß mein nicht / einer armen Seelen in Fegfeuer.

381


ENDE

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TextGrid Repository (2011). Abraham a Sancta Clara. Satirischer Traktat. Mercks Wienn. Mercks Wienn. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-CCA9-F