Die2 Umrisse Abgüsse3 des Frieses vom Tempel
zu Phigalia.
1

Es sind 24 vier und zwanzig4 Stücke in hocherhabener
Arbeit, einen Heldenkampf Heldenkampfe5 mit Amazonen,6
und einen7 mit Centauren darstellend;
alles von großem mächtigen vom großen mächtigen8 Styl. Die
Figuren haben zum Theil schöne Köpfe
und im Ganzen herrscht eine überaus
lebendige Bewegung. Freylich wenn
man an den Figuren Theil für Theil
untersuchen und beurtheilen will,
giebt es Glieder welche bald zu kurz,
bald vielleicht zu lang erscheinen.
Diese Werke mögen9 von verschiedener Hand
gearbeitet und, als Decoration eines
[1v]Gebäudes, in einiger Entfernung, zu be-
trachten, verfertigt seyn. Geist inder Erfindung und Behandlung jedoch, guterStyl der Formen, gründliche Kenntnißder menschlichen Figuren fehlt nirgends. Die Erfindung ist reich, von manigfalt die Motivemanigfaltig die Motive manigfaltig,viele Gruppen glücklich angeordnetDer Styl der Formen überhaupt mächtig die Behand.Behandlungüberhaupt Geistreich, und ungeachtet der vorhin bemerangemerkten Unvollkommenheiten in einzelnen Theilen,zeigt sich im Ganzen Werk doch eine gründliche Kentnißder Menschlichen Gestalt.10
Die Gewänder haben sehr wohlgelegte
Falten aber diese sind (wie auch an
den erhobenen Arbeiten vom Parthenon
der Fall ist) nicht in Massen gelegt,
sondern fast überall mit Falten gleich
tief unterbrochen; sie fügen sich übri-
gens nach den Gliedern und folgen der
Bewegung derselben auf das aller-
beste, wie denn z. B. die kurze Be-
gleitung kleidung11 der Amazonen, bey dem wei-
ten Ausschritt der fechtenden Figuren,
als von einem Schenkel zum andern
angespannt und viel viele12 Falten schlagend
[2r]öfters vorkommt, welches dem be-
zweckten Leben und Bewegung sehr
vortheilhaft wird. Der schönen Köpfe
sind mehrere, zum Theil gut erhalten;
sie haben edle Züge, doch weder sehr
mannigfaltigen noch sehr abwechselnden,
noch kräftigen Ausdruck der Leiden-
schaften; dieses äußert diese äußern13 sich mehr
in Gebärde und Handlung als in den
Zügen der Gesichter.

Von2 trefflich erfundenen Motiven
laßen sich viele anführen; doch diese sie14 kön-
nen hinlänglich aus den Kupferstichen
nach diesen Reliefs erkannt werden.
Auf die Kunst der Gruppirung habe ich,
bey dieser einer15 ersten Beschauung, nicht die
nöthige Aufmerksamkeit zu verwenden
Gelegenheit gefunden.

[2v]Des Herrn von {Humbolds} Antiken.

Ein rundes Basrelief, schildförmig mit
einem Silens oder Pansgesicht.

Ein Basrelief, die Parzen darstellend,
zierlich bekleidete Figuren mit falten-
reichen Gewändern, von der Art, wie
das Relief von den drey Provinzen
in der Villa Borghese, doch nicht ganz
so niedlich und anziehend; nicht so glücklich
angeordnet in den Falten, jedoch ein-
facher und wahrscheinlich Arbeit aus
den Zeiten der ersten {romischen}
Kayser oder vielleicht noch früher.
Rauch hat einiges daran restaurirt.

Eine Brunnenmündung mit Bachischen,
wohl gearbeiteten großentheils beschä-
digten und ebenfalls von Rauch restau-
rirten Figuren.

[3r]

Ein schöner, sehr platt und zierlich ge-
arbeiteter Sturz eines Knaben; vorzüg-
liches Werck.

Zwey Sturze nackter weiblicher Figuren,
in Lebensgröße sehr schön gearbeitet,
von trefflicher Form; es sollen Reste
einer Gruppe der Grazien seyn. Sie
haben sehr viel Verdienst, aber ich glaube
den Geist einer späteren, üppigen Zeit in
ihnen zu spüren: denn der Bauch und
die Schaamtheile sind, mit einer ge-
wissen Vorliebe, fleißig behandelt,
etwa runder gequollener als ge-
wöhnlich, um mehr in die Augen zu fallen.

Zwey Stücke Basrelief, das eine stellt
den sitzenden Jupiter dar, das andere
einen jugendlichen behenden Merkur
[3v] die Axt in der Hand um die Geburt
der Minerva aus Jupiters Haupt zu
befördern; beyde gut gearbeitet, jedoch
nicht vortrefflich.

Eine schöne große Schaale von gebran-
ter Erde. Eine dito Vase, nicht von gro-
ßer Bedeutung. Zwey Aschenkrüge von
Palombino.

Die Reliefs vom von der Celle des16 Parthenon.

Die Erfindung ich möchte, darf man17 sagen, ist18 aus
lauter Geist gewebt, wie vielleicht nie
ein anderes großes Werck der Kunst
in gleicher Vollkommenheit gedichtet
worden. Unschätzbare Motive wären
viele aufzuzählen, ich will nur zweyer
gedenken. Das eine ist wo ein Mann
im Zug stille steht und sich von einem
[4r]zarten Knaben den Gürtel binden läßt,
das andere wo einer, mit Achtung, einem
der Ordner des Zugs zuspricht, um von
ihm Befehl zu vernehmen, oder über
etwas zu berichten. Einer der reitetund Kaum weniger gemüthlich ist ein dritterwo ein Reitender19 zu dem nachfolgenden nächstfolgenden20 sich wendet,
sagend er soll doch21 das Pferd etwas anhalten. pp.

Gearbeitet ist das Ganze freylich
viel beßer als das Fries von Phigalia,
doch nicht in dem Maas daß man nicht keine22
Zeichnungfehler und Verstoß ⟨Verstoße⟩ gegen
die Proportionen fände.vorkämen.23 Einige von
den zu opfernden Stieren haben so
spitze Schnauzen daß ihre Köpfe bald
die Phisiognomien Phisiognomie24 von Schweinen
erhalten, einige Pferdeköpfe sehen
auch denen vom Giebel des Tempels
[4v]herrührenden entnommenen25 wenig ähnlich; an mensch-
lichen Profilköpfen werden sogar
langgezogne Augen, fast als ob sie
von vorne gezeichnet wären gefunden;
anderes aber ist mit aller Sorgfalt
und eben so vieler Kunst behandelt
als wir an den Statuen vom Giebel
bewundern. Liebliche Gesichter, abwechs-
lend in den Zügen giebt es viele; nicht
ohne Wahrscheinlichkeit läßt sich glauben
daß einige derselben Bildniße seyen,
so natürlich, so eigenthühmlich sind sie;
mäßige Gemüthsregungen, sind ganz
vortrefflich ausgedruckt; Zorn, Schrecken,
Furcht, Schmerz hingegen scheint der,
oder die Künstler dieser Wercke nicht
darzustellen gesucht zu haben. Die Falten
[5r]an den meisten, und sogar an den
besten dieser Figuren haben keine
Maßen Massen26, sind häufig tief gebrochen,
aber mannigfaltig und meist von zier-
lichem Wurf; an einigen jedoch nimmt
man das Bestreben nach breitern
einfachern Falten wahr und die Bemüh-
ung des Künstlers sie in Maßen Massen27
zu legen.

Es kommt mir vor als seyen die
Hautreliefe,28 mit Centauren aus den
Metopen, überhaupt viel sorgfältiger,
mit mehr Fleiß und vollendeter
Kunst behandelt als die Figuren des
Frieses; es sind sie enthalten29 Körper von Menschen
und Pferden die von Seite der schönen
Form und Wahrheit der Darstellung
[5v]wenig zu wünschen übrig laßen. Die
Idealbildung der Köpfe dieser Centau-
ren ist weit Silenenhafter silenenhafter30 als an
den Centauren der Villa Borghese
und des Capitols; in ihren Zügen ist
übrigens Verschiedenheit und Abwechs-
lung, auch sind sie mehr und weniger
alt dargestellt.

Wir wenden uns nun zu den Statu-
en vom Giebel; sie sind in Hinsicht die Hinsichtlich31
auf Ausführung, höher als der Fries,
und höher auch als die Metopen zu schätzen;32
sind;33 ohne Ausnahme Meisterstücke!

Der Theseus oder Herkules mag
von Seiten der mächtigen, großen und
dabey eleganten Formen Form34, eins der herr-
lichsten Kunstwercke in der Welt seyn;
[6r]wenn Canova und Visconti ihn mit
dem Torso verglichen haben, kann ich ist35
ihnen solches nicht verdenken. In der That
haben beyde Wercke etwas ähnliches
im Charakter, in der mächtigen Breite
und Fülle der Gestalt; der Torso aber ⟨erscheint⟩
ist ⟨uns⟩ etwas fließender in seinen Um-
rißen, er zeigt eine, keineswegs
höher gestellte, aber eine studirtere
mehr verfeinte Kunst; der Rücken
am Theseus ist sehr schön und beßer
als die Vorderseite erhalten.

Nicht so schön, doch gleich bewun-
dernswürdig, ist der sogenannte
Ilyssus. Eben dreht sich die Figur,
und, auf den rechten linken36 Arm gestützt,
will sie aufstehen. Denke niemand
[6v]den Moment in irgend einem bekannten
Werck beßer dargestellt, etwas Gelehr-
teres, Wahreres als diesen Körper,
diese Beine zu finden. Hier möchte die sichdie37 Kunst ihre Herkulessäulen sich38 gesetzt haben.

Die Epiderm der beyden Gruppen,
jede von zwey weiblichen Figuren
hat viel gelitten; es sind aber noch
Arme und andere einzelne Theile von
unnennbarer Schönheit und kräftiger
Fülle wohl erhalten. Am Rücken sind
sie weniger beschädigt und hier haben
die Formen des Körpers eine wahrhaft
wunderbare Reinheit, die vielen, nichtin Maßen Massen gehaltenen Falten, se[+] haben die obgleich nicht, nach (wie später erst ausgemittelten ausgemittelte Kunst-regeln fordern), in Maßen gehaltenen, in der That etwas häufigenFalten39 eine solche
naive, überschwengliche, ungesuchte An-
muth im höchst edlen in höchst edlem40 Style, daß ich Schreiber41
[7r]mich dieser sich42 nicht {entsinne} kann je43 ähnliches gesehen zu
haben.

Ein Torso, vorn äußerst beschädigt,
und nur am Rücken noch in einigen Thei-
len erhalten, ist vielleicht grandioser
als irgend eine der andern Figuren,
und war wohl ursprünglich eine Göt-
tergestalt.

Zwey Pferdeköpfe in einer Gruppe, sehr beschädigt.

Der einzelne, herrliche Pferdekopf
ist,44 in seiner Art,45 kein geringeres Mei-
sterstück als eine der menschlichen Figuren.

Zwey Arme, wie aus Wellen
hervorstrebend, vortrefflich; der
Kopf dazu ist abgebrochen.

NB hier ist noch einzurücken was auf andern Blatternvon dem Abguß des Fragments eines Minerven Kopfsbey H. Minister v. Humboldt geschrieben steht.46

Die [Aeginetischen] Statüen.

[7v]

Bey der Minerva anzufangen so ist solcheist die-selbe 47 eine Figur ungefähr wie der
Dresdner alte Sturz dieser Göttin 48; sie schreitet nurnur schreitet diegegenwärtige49 nicht so weit fechtend aus, und noch hatsie einenhat auchkeinen50 Streifen mit Figuren am
Gewand. In der Stellung der Füße
und Kniee finde ich keinefinden sich nicht51 so auffallen-
de Fehler wie man sonst hatals einige haben52 behaupten
wollen. Der Kopf ist sehr merkwürdig;
die Proportion in den Theilen des Ge-
sichts mangelhaft, die Nase zu kurz,
der Mund noch an der Nase, das Kinn
oder der Theil unter den Lippen ver-
hältnißmäsig zu groß, die Rundung
des Gesichts von vorn gesehen vor-
trefflich wohlgestaltet, die Augen liegen
[8r]hier53 schon etwas54 tiefer als an dem florentinischen
Minerven Kopf vom Alten Styl, sie fal-lenauch fal-len sie55 wenig gegen die Nase zu ab und
sind ziemlich wohl gezeichnet, nicht sehr
geöffnet; die Haare verrathen noch ganz den56
alten Styl, diedie57 Falten, undauch die58 Proportionendes Körpers anKörper und Gliedern kommen59 ungefähr wie anmit60 ge-
dachtem Sturz des61 zu Dresden überein.62 Noch ist
bemerkenswerth daß siediese Statue63 durchlöcherte
Ohren hat und folglich einst Ohrgehänge trug.64

Die übrigen in der Tempelruine zu Aegina gefundenen65 Figuren mögen mit
der Göttin wohl vonvom66 gleichen Meister
herrühren, sie sind67 alle erscheinen68 etwas kurz und69 vier-
schrötig, besonders in Betracht der
Körper, die. Die70 Beine und71 zumal die72 Schenkel
mehrerer Helden müßen wohlgestal-
teten Modellen, mit großerungemeiner73 Treue
[8v]und Sorgfalt74 nach gebildet seyn.
Ein liegender Krieger75 zeichnet sich von dieser
Seite besonders76 vortheilhaft aus; in der Thatkönnen dieundseine77 Beine deßelben alskönnenals78 Meisterarbeiten betrachtet werden.
Es ist unrichtig wenn man sagteUnrichtig meldete man früher:79 alle
diese Figuren hätten ganz ähnliche
Züge und seyen ohne Ausdruck. Das
erste verhält sich durchaus nicht so.
Sie sind verschieden, werden aber,theilsEingeübtes Auge wird allerdings Verschiedenheit in den Zügen entdecken80 aber, dieKopfe werden81 theils82 durch die wunderlichenwunderliche83 Helme
und andern Kopfschmuckschmuck84 entstellt;
allen ist indeß das Unangenehme,
Strenge, Anmuthlose, mehr und minder
Mangelhafte in den Verhältnißen
der Theile, wie an Wercken des Alten
Styls gewöhnlich ist, gemein. Ausdruck
[9r]der Leidenschaften, nach heutiger Kunst-
art, haben sie freylich nicht; es ist aber
bemerkt worden daß dieser auch im
Fries von Phigalia und in den Bildwer-
ken vom Parthenon nicht zu finden sey.

Nach meiner Ueberzeugung sinddiese Werke für die Kunstgeschichtehöchst merkwürdig; sie gehören vonden DenkmalenalsDenkmale des alten Styls, welchemir bekannt sindworden, unter die am sorg-fältigsten ausgeführten, sind vonkürzeren, schwerern Proportionenals der capitolinische Ringer undnicht so zierlich gebildet als die Figu-ren am Basrelief vomdes Callimachus.Bezüglich auf die Kunstgeschichte sindgehören diese Denkmale desältern Griechischen Styls unter die allermerkwürdigsten, um so mehrals der oder die Künstler welche sie verfertigt äußerste Sorgfaltund beharrlichen Fleiß auf dieihre Ausführung verwendet haben:IhreDie Proportionen sind kürzer der Charakter des Ganzenschwerer als an dem capitolinischen Ringer vom altenStyl, die Gestaltung nicht so fein und zierlich als an denFiguren im Basrelief des Callimachus.85

Von einer, sich deutlich gegenandere Denkmale des ältern Kunst-geschmacks unterscheitendenunterscheidenden Eigenthüm-lichkeit, aus welcher man den Argine-Aegine-tischen Styl und deßen Beschaffenheiterkuntenerkunden könnte, habe ich nichts wahr genommen.Von einer, sich deutlich gegen andere Denkmaledes ältern Kunstgeschmacks in Griechenland unterscheidendenEigenthümlichkeit aus welcher man den bey alten Schriftstellernerwehnten Aeginetischen Styl und deßen Beschaffenheit erkunden könntehaben wir [+++ +++] nichts wahrgenommen und vermuthendemnach alles was andere schon darüber geschrieben sey wenn nicht gänzlichungegründet zum wenigsten etwas voreilig gewesen. Eben so wenig wirdsich aus ihnen sich die Abstammung der GriechischenKunst von der Aegyptischen anschaulich nachweisen laßen94

Bey Bildhauer Rauch. Eine niedliche
weibliche Figur, ähnlich einer sogenannten
Nymphe und einer zur Tochter der Niobe
umgeschaffenenen hübsch drappirten Figur,
mit einer Hand das Uebergewand
faßend, mit der andern auf der
Schulter eine Urne haltend. Die Arbeit
ist gut, das ganze sehr gefällig. Kopf,
beyde Arme und ein Fuß sind Ergänz-
ungen von Rauch, der Rumpf nur antik.
Gehört den Minister Herrn Humbold.

[10r] Maler Wach. Zierliche antike Hand,
einige Lampen, eine darunter wo,
um den Oeleinguß, eine Schnecke, eine
Muschel, ein Krebs und ein Phallus
stehen.

Ausstellung.

Reich an Werken der Maler, Kupfer-
stecher und Bildhauer. Unter den Ma-
lereyen zeichnet sich vorzüglich das
Bildniß eines abanesischenabbanesischen97 Bauern-
mädchens von Wach aus; wahrhaftig
geistreich und belebt, das braune Colo-
rit gut getroffen, das Gewand
gut ausgeführt; es ist ein Werck
welches durch seine Wahrheit und
durch ächten Kunstgehalt anzieht.

[10v]

Unter den Wercken der Bildhau-
erkunst nahm sich neben guten Arbei-
ten von Rauch und Tieck, ein weiblicher
Kopf, Bildniß, vom jüngeren Schadow,
vortheilhaft und durch natürliche
Darstellung und schöne zarte Behand-
lung des Marmors aus.

Der Abguß eines Merkur, in Le-
bensgröße, von Thorwaldsen ist der
Aufmerksamkeit werth. Die Figur
ist wohl verstanden und von Seiten
der Formen dem antiken Styl
verwandt, auch der Kopf ist
nicht zu schelten; aber die Stellung
(nicht sitzend nicht stehend, )98 als wollte
er über einen Zaun oder niedrige
[11r]Mauer steigen und wiegte sich im Ue-
bersteigen.) der göttlichen Würde
nicht angemeßen. In der linken
hält er die Flöte noch nahe am Mund
mit der Rechten zieht er das Schwerdt
den Argus zu tödten. Da man die
Figuren nur von ihrer linken Seite
ansehen soll weil die Ansichten von
Vornen und von der rechten Seite
keine guten Maßen machen, so fällt
die Handlung des Schwerdtausziehens
gar nicht in die Augen.

Die Kunstkammer auf dem Schloß.

Ein beträchtliches Stück altes Mosa-
ik; Figuren in einer Laube sitzend
[11v]trinkend u. s. w. Andere fahren auf
einem Kahn; auch Waßerpflanzen
sind dargestellt. Alles hat Aehnlich-
keit mit einem Stück des Palestrini-
schen Mosaiks; die Figuren sind
trefflich angeordnet[.]

Mehrere bedeutende Bruchstücke,
erhabener Arbeiten in gebrannter
Erde, worunter sich zwey schöne
geflügelte weibliche Figuren, Stiere
tödtend ausnehmen, desgleichen
ein Faun und Masken.

Eine Menge Vasen von gebrann-
ter Erde und bemalt; eineEine99 von ur-
altem Styl: Herkules bringt das
Erymanthische Schwein dem Eurystheus,
ist ein äußerst merkwürdig Stück.
[12r]Eine große Schaale ebenfalls gut.

Ein Bachuskopf von grünem Ba-
salt
, groß wie ein Hünerey, unbeschä-
digt und vortrefflich gearbeitet.

Unter vielen Bronzen befinden
sich einige von großer Schönheit. Ein
wildes Schwein, ein Signum Pantheum,
ein Merkur, dem großen sitzenden
im Herkulanum ähnlich. Andere der
Seltenheit wegen merkwürdig. Eine
Minerva alten Styls, der Minerva
aus {Argina} fast ähnlich. Ein Tänzer,
ein Faun auf Flöten spielend mit
der Mundbinde, ein Priapus, etwa
zehen Zoll hoch vortreffliche Carri-
katur.

[12v]

TrefflicheMerkwurdige100 Patera mit Figur des Merkur
und des Paris, deren Namen beygeschrie-
ben sind.

Bronzenes Gefäß, worauf die neun
Musen dargestellt sind; späte Arbeit.
Lampen,101 große bronzene Gefäße, ohne
Zierrath schön geformt pp. pp.

Viele Lampen von Thon, zum Theil
sehr schöne.

Von Marmor: Basrelief aus der
Villa albani, vom nachgeahmten Alten
Styl. Theil eines Basreliefs, worauf
die mehrmals wiederholt vorhandene
Darstellung vom Trimaleion Trimalcion102 zu sehen
ist. Nemlich die Figuren welche das
Gefolg des Bachus ausmachen.

Ein schöner aber beschädigter
[13r]Herkuleskopf auf eine schlechte
Brust gesetzt.

Amor und Psyche beschädigt und
nicht sehr vorzüglich gearbeitet.

Hübscher weiblicher Kopf oder Büste.
Bildniß von Palombino; dito fleißig
gearbeiteter weiblicher Kopf vom
Alten Stiel.

Einer von den sogenannten Sappho
Köpfen; hat103 süßer Ausdruck und größere
Formen als dergleichen Köpfen sonst
gewöhnlich sind, die Arbeit jedoch ist nicht
von den allerbesten.

Ein lachender Faun Brustbild beßer
im Ausdruck als in der Arbeit.

Epikurs Kopf, halb lebensgroß; nicht
übel.

[13v]

Wohlgearbeitete kleine, liegende,
nackte weibliche Figur von modernem
Meister; wahrscheinlich der florenti-
nischen Schule angehörig.

Mumien Maske schön von Form
und bemalt, Deckel eines Mumienkastens
reich bemalt. Aegyptische Gottheit mit
dem Kopf eines Vogels, ist das104 Obertheil einer
Figur, als Hautrelief auf eine Marmor-
tafel aufgelegt, das Bild ist von
schwarzem Marmor gut gemacht
und scheint aus Hadrians Zeit.

Geschnittene Steine.

Ptolomäus und Berenice, Cameo von
mehreren Farben, gut. Das Urtheil
des Paris, gleichfalls verschieden far-
biger Cameo, auch gut; kunstreich nach
[14r]den Flecken des Steins angeordnet. Wäre
näher zu betrachten ob es nicht ein neues
Werck ist.

Herkules bändigt den Nemeischen Löwen;
bewundernswerthe Arbeit und einer der
schönsten Cameen die ich gesehen.

Sehr großer Camee, einen römischen
Kayser, etwa (Sept.)Septimius Severus oder noch105
wahrscheinlich einer wahrscheinlicher einen der106 spätern vorstellend.
Er steht mit der Roma Victoria, oder
Juno, auf einem Wagen, sie setzt ihm
eine Krone auf; zwey große Adler
tragen den Wagen.

Wundervoller Jupiterskopf, in einen,
wie Hyacinth glühenden Carneol, sehr
tief und en façe geschnitten; auch die
etwas schadhafte Faßung107 als Ring ist antik.

[14v]

Stosische Stoschische108 Sammlung ist vollständig
erhalten so daß kein bedeutendes Stück
fehlt. Ich habe bereits109 einige hundert
gesehen, worunter der alte Stein mit
den fünf Helden; den ebenfalls
alten Tydeus, beydes Carniole. Die
Atalanta in Amethyst, sehr flach
geschnitten pp.

Elfenbein Arbeiten.

Ein Paar große Schüßeln, sehr reich
mit elfenbeinernen Figuren in Basre-
lief verziert, Jagden darstellend.

Eine sehr große dergleichen Schaale,
deren Bilder ebenfalls verdienstlich sind.

[15r]

Ein herrlicher sitzender, dorngekrönter
Christus, etwa Fußhoch, oder etwas mehr.
Die Arbeit deutet auf die110 Florentinischer ⟨Florentinische⟩ Schule und das
Studium nach111 Michel Angelo, welcherwelches112, zumal
am linken gebogenen Arm sichtbar ist, doch
gemäßigt, und113 mit glücklicher Vermeidung
alles Manierirten. Mehrere große
Becher mit Bacchischen Figuren; eine
Menge einzelner Figuren, von mehr
und weniger Verdienst, unter denen
ist114 ein löwen-würgender Herkules,
das beste, und zugleich eins der größten
Stücke.

Allerley Schaalen und Becher von
Bernstein. Ein Becher, zu welchem Kayser Rudolph II. die Zeichnung soll gegeben haben.115 Ein Emaillegemälde, den
Besuch Alexanders bey den Gemahlinnen
des Darius, nach le Brün darstellend
[15v]sehr kräftig. Ein Paar Bildniße in
eben der Art; vermuthlich sind es sämmt-
lich Arbeiten von Arlaud.

In einem großen Zimmer wo man-
nigfaltige Curiosa von Kleidungen,
Rüstungen, Degen pp. aufbewahrt werden,
ist ein Tisch von Ebenholz und116 in demselben sind117
zahllose Mignaturgemälde, als Zierrathen,
unter Glas oder Krystall, mit übergolde-
ter Einfaßung versetzt; sie stellen mei-
stens die biblischen Geschichten aus den
Logen des Rafael dar und können
für gut gemacht angesehen werden.
Der Meister ist mir nicht bekannt mag
aber ein Italiäner aus dem sechzehn-
ten Jahrhundert seyn.

[16r]

An zwey Piedestalen, welche Statuen
von Kindern ohne Werth tragen, sind
zwey Basreliefe eingesetzt, von Floren-
tinischem Meister oder Meistern; das
eine stellt den gefeßelten Prometheus
dar, etwas mager aber mit Kennt-
niß gezeichnet, das andere, deßen
Inhalt ich vergeßen, hat mehrere Figu-
ren; eine weibliche wird vom Rücken
gesehen und ist kurz bekleidet. Der
Meister dieses Wercks dürfte Bandi-
nelli
, oder der jüngere Sansovino
seyn. Ueber den Meister des Prome-
theus
hingegen ist es bedenklich eine
Vermuthung zu wagen.

In einem andern Zimmer sind
kostbare Schränke, theils von Ebenholz
[16v]mit Silber, wie auch mit Schmelz ver-
ziert. Gemmen die man sonst daran
gesehen sind ausgebrochen. Wovon die
nähern Umstände leider an böse trau-
rige Zeiten erinnern.

Das Merkwürdigste jedoch ist der
sogenannte Pommersche Schranck, welcher
dem vorletzten Herzog von Pommern
gehörte und eigentlich alles enthält,
vom Gebetbuch, zum [Rasir] Becken, Kar-
ten und Schachspiel, bis zur Flöten
Uhr, die einige Stückchen spielt. Ein
inwendig angebrachtes Gemälde
(der Schrank enthält mehrere) stellt,
von seinem Hof umgeben, den Herzog
sitzend vor; diesem bringt der Meister,
von vielen Gesellen begleitet, den Schrank dar.
[17r]Eins von den Gemälden ist, nach meiner
Meynung, Arbeit von Paul Brill
und nimmt sich über die andern, wel-
che zwar nicht schlecht sind, vortheil-
haft aus

Die Figur eines Churfürsten von
Brandenburg, durch .... Leygabe
aus Eisen geschnitten, ist, wegen guter
Zeichnung und fleißiger Ausführung,
merkwürdig; das Pferd besonders
lobenswerth, wahrhaft geistreich.
Der reitende Fürst verdient ebenfalls
Lob, ist aber etwas kurz, doch dabey
lebhaft bewegt; der Drache welchen
er bekämpft, hat auch Gutes.

Schlütters Ritterstatue, des großen
[17v]Churfürsten, 1703 aufgestellt, ein geist-
reiches wohl gearbeitetes Werck, der
Kopf ist gut, der Reuter sitzt gut,
das Pferd ist belebt, der Guß sehr schön.
Die Figuren am Piedestal können für
gut gearbeitete wohlverstandene
Akademien gelten; Drapperien etwas
zu unruhig, nach dem Geschmack jener
Zeit.

Giustinianische Gallerie.

Christus speiset das Volk mit drey
Fischen und fünf Gerstenbrodten,
von (Lud.)Ludovico Carracci; vortreffliches
und wohl erhaltenes Gemälde dieses
Meisters.

(Joh.)Johannes d. Evangelist, von (C.)Carlo Dolce, Halb-
[18ar]figur und gute Arbeit, zumal ist das
Colorit blühend

Ganymedes, nach (Mich.)Michel Angelo; sehr
gutes Bild, meisterhaft gezeichnet
und118 etwas grau colorirt. Der land-
schaftliche Grund hat viele Tempel
und Ruinen, ist blau, mattgrün und
braun gehalten, etwa so in der Art
der alten Niederländer. Der Kopf des
Ganymedes hat blühende, fast zu rothe
Farben und mag solches wohl dem
Restaurateur schuldig seyn; das ganze
aber ist wahrhaft Ehren und Lobes
würdig; der Adler vorzüglich gut,
der Hund hat Ausdruck und gute Stell-
ung, ist aber etwas schwer.

Johannes der Evangelist, vom
[18av]Adler getragen; angeblich von Raphael[.]
Im In 119 Rom hielten wir dieses im ganzen
verdienstliche Bild, welches jedoch etwas
steif und nicht überall richtig gezeichnet
ist (den zu langen linken Vorderarm
z. B. darf man anklagen) für Arbeit
des Julius Roman, wenn ich solches nun
aber recht ansehe; so scheint das Colo-
rit einen natürlichen Ton zu haben und
wenn man einen Meister angeben
wollte, wäre FattoraFattore120 derjenige,
der die meiste Wahrscheinlichkeit
gewährt.

Enthauptung Johannes: von Giorgione;
nicht unbeschädigt und restaurirt, aber
doch noch sehr schätzbar.

Heilige Familie von Franzia ebenso.

[18br]

Zwey Engel halten den Leichnam
Christi und beweinen ihn, vortrefflich,
von Paul Veronese.

Das große Gemälde von Guido Rheni,
in deßen kräftiger Manier, sehr gut
erhalten, wunderbar meisterhaft ge-
malt, mit schönen StückenKöpfen121 und allerdings
ein Meisterstück. Die Behandlung hat
fast eben so viel Geist und Kühnheit
als am berühmten St: Peter und Paul
wahrgenommen wird, aber das
Colorit ist weniger blühend.

Sehr schönes StudienBild von Parme-
gianino
die {Engelskope} in deßen Madonna
vom langen Hals enthaltend.

Venus Halbfigur von Titian.

[18bv]

Heilige Familie halb Lebensgröße
oder weniger, vielleicht auch von dem-
selben.

Ein todter Christ, in Verkürzung nebst
ein Paar andern Figuren von Hannibal
Caracci
.

Schönes Bild vom Augustin Carracci.

Bildniß einer Dame, in klösterlicher
Kleidung, von Zucarro vortrefflich
und besonders schön colorirt.

Das Bildniß des jüngern Sansovino,
von Tintoret.

Noch andere treffliche Bildniße
aus der Venetianischen Schule.

Ein sehr gutes kleines Bild, vom Scar-
sellino da Ferrara
.

Eine angeblich Heilige Familie von
Fra Bartholomeo.

[19r]

Madonna mit dem Kinde, ein edles
Werck des Guercino. Die Schatten sind
breit, klar, sehr kräftig, die Würckung
groß.

Christus, Maria und alle Apostel,
einzelne Figuren in Lebensgroße; Werke
der Carracci und ihrer Schüler, beson-
ders glaubt man in der Maria, dem
Johannes Evangelisten und andern Alba-
no
’s Hand zu erkennen.

Vom Michel Angelo Caravaggio,
sind vorhanden:

1, die Fußwaschung, großes gutes
Bild.

2, St. Matheus mit dem Engel, vor-
trefflich gemalt, aber höchst gemein.

[19v]

3, Die Grablegung Christi, schön gemal-
ter Körper, gemeine Stellungen.

4, Amor, oder ein Genius über Waffen
Musik-Instrumenten pp. halb sitzend halb
stehend. Meisterstück des Malers; der
Kopf und der Ausdruck von Freude sind
nur gar zu gemein.

5, herrlich, höchst kräftig und wahrhaft
gemaltes weibliches Bildniß.

6, Angebliches Bildniß des Correggio
angeblich122 von ihm selbst gemalt.

Ein treffliches Bild vom Gerardo
delle Nolle
.

LandschaftenLandschaft123 von Dominichino,

Eine von Vernet

Blumenstücke.

[20r]

Die Ehebrecherin, wie behauptet
wird, vom (Seb.)Sebastiano del Piombo; sehr gutes
Gemälde aus der Venetianischen
Schule, doch keineswegs von (Seb.)Sebastiano del Piombo.

Carl der fünfte,124 und,125 Bildniß eines
bejahrten Mannes, beyde von Amber-
ger
; Meisterstücke wahrhafter Dar-
stellung. Das Colorit ist vielleicht ein
wenig zu zart und blühend und Carls
Züge sicher nicht so kleinlich, der Mund
oder die unnatürlich vorgeschobene
Unterlippe nicht so carikaturmäßig
gewesen, demungeachtet ist es ein
vortrefflich, zart und fleißig ausge-
führtes Werk. Das andere Bild-
niß hat indeßen große Vorzüge
[20v]es ist viel natürlicher, der weiße
kurz geschorne Barth wunderbar
zart und zierlich behandelt, der Guß,
der zartzarte126 röthliche Ton der Farbe läßt
kaum noch etwas zu wünschen übrig.

Es kann als allgemeine, die Bilder
der Giustinianischen Gallerie angehen-
de Bemerkung gelten, daß nur die
geringere Zahl derselben ganz erhal-
ten, gar nicht oder nur wenig restau-
rirt sind. Viele, zumal die der
alten Meister wie Francia, (L.)Luca Signo-
relli
, Fra Bartholomei, Garofalo pp.
haben an geistreichen Ausdruck und
an Uebereinstimmung des Ganzen gelitten
weil sie beschädigt gewesen und nicht be-
sonders geschickten Restauratoren in
die Hände gefallen.

[21r]

Wahrhaft gut erhalten und im höch-
sten Grade schätzbar sind⟨,⟩ das Gemälde
von (Lud.)Ludovico Carracci, das von Guido, eines
von Augustin Carracci, der Gerhardo
delle [Notte], mehrere von Michel Angelo
Carravaggio
der Ganymed nach Michel
Angelo Buonarotti
, sodann mehrere
unter den vorhandenen Bildnißen.

Im Königlichen Schloß daselbst ver-
schiedene antike Denkmale.

In einem runden Saal stehen mehrere
kleine Figuren von Marmor, meist
schlecht und falsch restaurirt; es sind
aber doch ein Paar an denen die wahr-
haft antiken Theile Verdienst haben.

[21v]

In einem Durchgangs Zimmer, ein
coloßaler Kopf des127 Vespasian, schlecht ergänzt,
und ich glaube an der Stirn oben meh-
reres von den Haaren weggemeiselt.

Zwey Aschenurnen mit reichen Orna-
menten.

Drey Basreliefe von Marmo Pacon-
azzo, allerley Waffengeräth darstellend.

Eskulapius und Hygea, große, gu-
te Figuren, hübsch drappirt, das Nackte
trefflich gearbeitet. Hygea scheint
einen Portraitkopf zu haben, und
alle beyde der Zeit der ersten römi-
schen Kayser anzugehören.

In einem Wohnzimmer des Boden-
geschoßes gegen den Garten hin
befinden sich:

[22r]

Ein Kind von Marmor, sitzend; es macht,
die Hand an den Mund legend, die {Gest}
des Stillschweigens und dürfte also Har-
pokrates
genannt werden. Die Arbeit
ist zwar nicht sonderlich, aber das Ganze
ziemlich erhalten und, seiner natürlichen
Gebärde wegen, anziehend.

Jupiter und Apollo zwey gute
antike Bronzen, etwa Fuß hoch; der
Jupiter ist besonders schätzbar.

Zwey Aschengefäße von Marmor,
mit gewundenen Cannelaturen.

Herkules und Omphale, oder Dejanira,
Bronzen, etwa 2 1/2 oder 3 Fuß hoch welche
welche dem (Joh.)Johannes von Bologna zuge-
schrieben werden; kräftige Werke der
[22v]florentinischen Schule des 16n Jahrhun-
derts; die Füße oder Basen auf denen
sie stehen sind aus erlegten Ungeheuern
zusammengesetzt und ebenfalls von
Bronze.

Eine Venus von derselben,128 Größe,
neuere Arbeit, nach antiken Mustern

In einem sehr großen Saal des obern
Geschoßes sind viele Büsten, Köpfe und
ergänzte Figuren aufgestellt. Wenige
dieser Denkmale von würklichen Werth;
für die besten halte ich: eine Diana, einen
Sturz, der, in der Anlage des Gewandes,
mit der schönen von Algardi restau-
rirten Figur, in der Villa Borghese
Zingara genannt, Aehnlichkeit hat, aber
flüchtig und wie es scheint in später
Zeit gearbeitet ist.

[23r]

Zwey weibliche Köpfe, auf kostba-
ren Büsten von orientalischen bunten
Steinen, Jaspis, Alabaster pp. Diese
Köpfe sind aber beschädigt und nicht
zum besten restaurirt.

In verschiedenen kleinen Zimmern
befinden sich sehenswerthe kleine Gemälde;
mehrere von Watteau, Lancret, Bild-
niße von Rigaud, worunter das, durch
Edelinks Kupferstich bekannte vom
Bildhauer du Jardin. Sie sind äu-
ßerst kräftig ja in dem Schatten
schwarz, mit guten warmen Fleisch-
tinten, doch in weiß und roth zu wei-
len etwas übertrieben gemalt. Du
Jardin
(der Bildhauer)129 ist am Hemdeermel der rechten
[23v]Hand beschädigt und schlecht restaurirt.
Vielleicht sind noch andere dergleichen
Stellen bey näherer Beschauung zu
bemerken.

Am Morgen eben dieses Tages be-
sah ich noch einmal die Abgüße der
{Arginetischen} Statuen und die vom
Parthenon. Von jenen wurden meine
frühern Wahrnehmungen durch diese
wiederholte Ansicht mehr bestätigt.
Man muß indeßen diese Abgüße mit
ruhigem Bedacht ansehen um nicht
irrige Meynungen über die Monumen-
te selbst zu faßen: denn der Restau-
rator in Rom hat sich die Freyheit
genommen seine neuangesetzten Glie-
der eben so an der Oberfläche durch
[24r]beitzende Mittel rauh anfreßen zu
laßen als Zeit und Witterung an dem
ursprünglichen alten gethan haben. Glück-
licher Weise hat er an Beinen und Ar-
men gemeinere Natur vor sich gehabt
als der alte Künstler und verräth
sich meistens dadurch, an den Köpfen
ist sein Styl gebildeter.

Die Denkmale vom Parthenon wer-
den, bey jeder neuen Ansicht, nur herr-
licher, edler, großer, erscheinen vol-
lendeter gedacht. Wenn man die
Reliefs vom Fries genauer betrach-
tet, so gehen gar manche kleine Verstö-
ße wider die Zeichnung hervor; an
manchen Stellen sind die Figuren flach
gehalten, weil der Marmor nicht stark
[24v]genug war, ein andermal ist ein Bein
oder ein Arm zu kurz, wiederum sind
Augen an Profilköpfen zu lang, fast
wie en façe gezeichnet, doch schadet
alles dieses der guten großen Würk-
ung des Ganzen, welches von Jenen
belebt ist, wenig.

Eine, kürzlich aus Egypten ange-
kommene Mumie wurde uns gezeigt,
sie ist wohl erhalten, mit Baumwollen
zeug, von verschiedener Feinheit, sorgfältig
umwunden und steckt noch voll
von solchen kleinen Götzenbildern aus
grünlichen Schmelz; vorzüglich ist der
Sykomoruskasten, in welchem sie liegt,
merkwürdig, durchaus mit weißer
Grundfarbe, von Gyps, oder Kreide,
[25r]überzogen und bunt außen und inwen-
dig übermalt. Manche dieser Zierra-
then, besonders am Deckel von den
Hüften bis an die Füße sind flach
erhaben, und sodann mit Farben
angestrichen, die übrigen bloß Um-
riße, etwa wie mit einem Pinsel
gezogen, weder sonderlich sorgfäl-
tig noch sonderlich meisterhaft, son-
dern so wie auf schlechten Töpfer-
werck oder geringer Majolika und
diese Umriße mit verschiedenen
Farben ausgefüllt; von Licht und
Schatten keine Spur. Die blaue Farbe
läßt sich rauh anfühlen und scheint
Schmalte zu seyn. Ein braunlicher
[25v]Firniß ist nicht sehr egal über
die gesammten Malereyen aussen
auf den Kasten gezogen, die auf
der inwendigen Seite haben keinen
solchen braunlichen Ueberzug.

Wie alt dieses Werck sey? kann
ich freylich nicht sagen oder vermuthen,
aber von Griechischer Art und Kunst
hat es nichts an sich, wie besonders
die Züge des Gesichts Mund und Augen
beweisen. Die Bedeckung des Kopfes
am bemalten Mumien Kasten ist
dunkelgrün und weißstreifig.

Der Heutige Tag verging unter
beständigen Beschauen einer Menge
Kunstwerke.

[26r]Herr Minister von {Humbold}.

Abgüße verschiedener erhobener
Arbeiten, Bruchstücke des Frieses
vom Parthenon welche sonst nicht abge-
goßen sind

(130Fragment eines Minervenkopfs
vom Giebel, über Lebensgröße, be-
wundernswürdig wegen der Grosheit
des Styls, der schönen Formen. Die Stirn
ist über die Maßen groß und schön,
die Augen, welche hohl sind, indem die
Augäpfel von anderer Materie ein-
gesetzt waren, haben einen sehr ma-
jestätischen Schnitt, die rechte Wange,
von welcher etwas übrig geblieben,
ist nicht weniger vortrefflich, die Haare
[26v]zwar drathartig aber zierlich und
sehr fleißig ausgeführt, sind mit
Geschmack angelegt und man sieht daß
große Locken derselben der Statue
auf die Schultern herabfloßen. Dieses
Fragment wird an Adel und Schön-
heit wenigstens keinem der noch vorhan-
denen weichen, wenn es nicht gar
alle übertrifft.)131

Ein recht gut gemaltes, recht
gut colorirtes und kräftig beleuch-
tetes weibliches Portrait (Brustbild)
von Schick.

Ein treffliches Gemälde von
Filippo Lippi: Maria das Kind Je-
sus
anbetend, daneben den kleinen
Johannes welcher wunderschön und lebendig
[27r]ist, wie auch den heiligen Joseph dar-
stellend. Die Schatten sind etwas grau,
die Lichttinten aber haben einen guten
Ton und das Ganze ist theils fleißig
ausgeführt, theils wohl erhalten.

Eine schöne alte Copie von Ra-
phaels
Grablegung.

Ein altes Fragment von Mar-
mor, waswo132 in flacherhobener Arbeit
ein Faun dargestellt.

Geheime Rath Kohlrausch.

Viele Kunstsachen, Zeichnungen,
Gemälde in Oel, en Gouache und
sonst, meistens von lebenden Künst-
lern in Rom gesammelt.

Landschaften von Koch, Reinhard,
[27v]Vogd und anderen. Es geht aus
denselben hervor daß die Landschafts-
malerey eben so im Abnehmen ist
wie jedes übrige Fach, an Composition
ist kaum zu denken, die Haltung wird
fast von allen vernachläßigt, so auch
die malerische Wirkung von Licht
und Schatten.

Judith mit dem Haupte des Ho-
lofernes
, schönes Bild von Christoph
Allori
. Der Kopf der Alten ist be-
sonders gut gemalt, von schönem
warmen Colorit, Geiste und Ausdruck.

Zeichnungen von Thorwaldsen,
von den Riepenhausen; eine große,
mit Andeutung der Farben von Car-
stens
, sie stellt ein griechisches Gastmal dar.

[28r]Ein Paar historische Gemälde von
Koch. Der Erlkönig von Reinhard ge-
zeichnet und mit etwas Farbe. Der
Reuter reitet im Sturm dahin und
hält das Kind in den Armen. Er ist
sammt dem Pferd gut gruppirt und
hat viel Bewegung. Erlkonig schwebt
im ⟨in⟩ Wolken, die Landschaft ist blos Ne-
bensache.

Ein altes Gemälde (Madonna) auf
Gold Grund, angeblich von {Giollo}, aber
wohl später entstanden wie die Zeich-
nung verräth.

Die Zeichnungen zu den in Kupfer
gestochenen Umrißen der bronzenen
Thüre des Ghiberti.

[28v]

Die (Königl.)Königliche Gallerie auf dem Schloße.

Enthält eine große Anzahl guter
Gemälde, vornemlich von Rubens, Van-
dyk
, (Jak.)Jakob Jordäns und von Kranach.
Unter denen von Rubens nehmen sich als
ganz vorzüglich aus:

Die Geschichte mit dem Erechteus, worin
sich drey, mit ungemein blühenden fri-
schen Tinten gemalte nackte weibliche
Figuren befinden, auch sind sie von
zierlichen Formen, edler als dem Mei-
ster gewöhnlich, zumal die eine deren
Kopf und Schultern imin133 lichtem Schatten
stehen.

Zweytens Herkules den Nemeischen
Löwen erwürgend, sehr kräftig, besonders
[29r]sind die Thiere vortrefflich. Drittens
ein Bachanal. Viertens eine Jagd
des Calydonischen Schweins, die Thiere
von Sneyders.

Eine Hirschjagd von Fyt, keck ge-
malt. Der Bau des Babylonischen
Thurms von Paul Brill, großes Ge-
mälde und man kann wohl sagen kleine
Welt. Das ganze Treiben, die Gewer-
be einer großen an einem großen
Fluß liegenden Stadt, ist dargestellt
und alle Beschäftigungen und Vor-
richtungen welche ein ungeheurer
Bau erfordert; selbst die Kalk
und Ziegelöfen sind nicht vergessen.

Von Vandyck sind hier mehrere schöne
Bildniße, wie auch ein Paar historische
[29v]Gemälde, die zu seinen besten Arbei-
ten in diesem Fach gehören.

Von Jordaens zwey vorzügliche
Werke, eins den Satyr beym Bauern,
das andere noch schönere ein häusliches
Mahl darstellend. Zu bemerken: In
den (König.)Königlichen Zimmern ist die Geschichte
vom Satyr beym Bauern von
Jordaens noch einmal etwas abge-
ändert und nicht weniger vortreff-
lich dargestellt.

Von Ferdinand Bol eine vortreff-
liche gemalte {Charitas}.

Viele Gemälde mit Figuren in halber
Lebensgröße, oder etwas weniger,
stellen die ganze Leidensgeschichte unsers
[30r]Herrn dar und sind von Lucas Kra-
nachs
besten Arbeiten. Weiter sind
von ihm vorhanden zwey Venus-
bilder, ein Adam und eine Eva, alle
vier Lebensgroße Figuren gut colorirt,
ferner ein launiges Gemälde von
der Jugendquelle. Alte Weiber
entkleiden sich, steigen in den Teich
und werden allmählig jünger; ver-
jüngt begeben sie sich in ein Zelt
und kommen schön angezogen her-
vor um im Reigen mit jungen
Rittern zu tanzen zu schmausen
und zu kosen.

Das Bildniß eines Cardinals Chur-
fürsten von Maynz oder Cölln
der
aus dem Hause Brandenburg war, gilt
[30v]auch für Cranachs Arbeit und ist
vortrefflich, großartig im Styl
der Formen, gut colorirt und von
einer bequemen würdigen Stellung.

Mehrere Bilder von den Breughels
Eine Hölle vom Hollenbreughel setzt
wegen der großen Mannigfaltigkeit
phantastisch komischer Einfälle in
Verwunderung. Die Geschichte wie Blin-
de sich führen und leiten wollen zu
sammen ins Waßer fallen ist
sehr geistreich gemalt. Ein größeres
Bild mit sehr vielen Thieren und
reicher Vegetation schön ausgeführt
von RolaniRoland134 {Savary} hat zwar einen
etwas strengen Stiel in den Thieren
[31r]und die Landschaft ist grün und blau
aber übrigens ist das ganze Werck voll
Sinn, Geist, Ausdruck, ein vortreffliches
Stück. Ein beträchtliches großes mit un-
zähligen Figuren angefülltes Gemälde
von Michel Angelo Cerquotzchi oder
delle Battaglie. Es stellt einen solennen
Einzug von Prinzen oder Cardinälen
vor, ist sehr geistreich gemalt, kräftig
und erinnert an die Arbeiten des
(P.)Pieter de Laar; dieser malt nur zarter
und hat mehr klares in den Schatten.

Ein vortreffliches Gemälde von
zwey Wechslern von Quintin Nessis.

St: Bruno betend von Le [Sueur]
[31v]hat Ausdruck und gut Maßen ernstes
Colorit und gelben Ton. Das Ganze ist
feyerlich ernst, ruhig, fällt aber nicht
eben angenehm in die Augen.

Von Italianischen Bildern ist ein
Bataillen Stück kleine Figuren nicht un-
wahrscheinlich dem Julius Romanus
zu zuschreiben.

Die Sündfluth etwa 5-6 Fuß
breit 4-5 Fuß hoch wird für Arbeit
des Domenichino angegeben und hat
allerdings, in den vielen wohlgezeichne-
ten nackten Akademie Figuren, wie
auch in den Falten des Mantels eines
zu Pferde sitzenden Mannes etwas von
Domenichins eigenthümlichen Geschmack
und Styl. Es ist in den Schatten schwarz
[32r]geworden hat im Ganzen wenig Har-
monie des Tons der Farben und der
Beleuchtung und wäre sonach auf keinen
Fall unter die sehr guten Arbeiten
des Meisters zu rechnen, wiewohl die
Figuren jede einzeln betrachtet viele
Verdienste zumal in Hinsicht auf Zeichnung
haben.

Ein großes schönes kräftig gemaltes
Bild von Cignani den Raub der Pro-
serpina
darstellend.

Ein Heiliger in Wolken schwebend,
verklärt mit Engeln umgeben, wird
dem Luca Giordano zugeschrieben. (?)
Der Kopf des Heiligen, sein Meßgewand
pp. sind meisterhaft.

[32v]Von Baßano ein schöner Eingang
in die Arche und der barmherzige
Samariter.

Es sind auch Gemälde von Paul
Veronese
und von Tizian vorhanden,
doch keine ausgezeichnet bedeutenden,
und mögen vielleicht auch nicht unbeschä-
digt seyn.

Ruhe auf der Flucht nach Aegypten
angeblich von Albani wahrscheinlicher
von (Fr.)Francesco Mola.

Auch von Guido finden sich ein Paar
Stücke. Esther vor Ahasverus; frühe,
kräftige Manier. Venus und Cupido
hat gelitten, ist aber in der späten,
hellen Manier gehalten. Fortuna sehr
[33r]gut, wenn nicht Original, wenigstens
von Simon de Pesaro. NB135Sie dreht nicht
wie die Capitolinische eine Krone auf
der rechten erhobenen Hand sondern
hält einen Beutel in derselben aus
welchem Goldstücke fallen. Ist zwar
schön gemalt, hat aber doch nicht den
zarten Silberton der Capitolinischen.

Ein großes, den Noah mit seinen
Söhnen darstellend, von florentinischen
Meister, manierirt und den Styl des
Michel Angelo nachahmend; im ganzen
verdienstlich.

Zwey schöne Gemälde von Poussin,
die Erziehung des Bachus; Liebesgötter
tragen den schlafenden Rinaldo.

[33v]Ein Paar schöne Bilder von Gerhard
Lo...
in dem ihm eigenthümlichen
Silbertone gehalten.

Das durch Kupferstiche bekannte schö-
ne Bild von (D.)David Teniers wo er auf dem
Violoncello spielt seine Familie zuhört.

Eine Landschaft nicht groß, herrlich
erfunden und wahrscheinlich ein Werck
des Domenichino.

Eine Landschaft beschädigt, aber
sehr wahrscheinlich von Tizian. Die nach
Verhältniß große im Vordergrunde
liegende weibliche rothbekleidete Figur
ist sehr beschädigt verwaschen und
frisch übermalt; das neben ihr liegende
Hündchen ist noch wohl erhalten.

[34r]Unter vielen Gemälden in den
Königlichen Pracht- und Thronzimmern
ist besonders merkwürdig ein rundes
Gemälde, den Herzog und die Herzoginn
von {Ferara}, nebst drey Kindern darstel-
lend; es wird für Arbeit des Correggio
ausgegeben, scheint aber vom Daßo
zu seyn und hat große Verdienste,
ausnehmend belebte Köpfe.

Ein wunderschönes Brustbild eines
Mannes in reich gezierten Harnisch
von Rubens eine treffliche Copie der
Magdalena des Correggio von Dietrich.

Ein vortreffliches kleines Gemälde,
worauf aus dem Incendio desdel136 Borgo
der junge Mann welche[r] den Vater
trägt, die alte Mutter, der neben-
[34v]gehende Knabe, der Jüngling der sich
von dem brennenden Gebäude herunter
läßt, die Frau welche aus den Flammen
dem Manne das Kind zureicht und die-
ser Mann der sich auf die Zehen hebt
solches zu empfangen, sehr gut gezeich-
net, leicht, jedoch geistreicher gemalt
sich befindet.

Antiken.

Der sogenannte Genius von Bronze.
Die schönste bronzene Figur welche ich
je gesehen, eleganter noch als der Flo-
rentinische Jüngling und in den Formen
schöner, edler wenn gleich nicht so wahr-
haft als der Dornauszieher. Die Haare
sind nicht drathartig, sondern auf
[35r]Weise der spätern Marmorarbeiten,
leicht und in dünne Locken gehalten, der
Kopf muß sehr schön seyn doch kann
man nicht genau urtheilen weil das
Werk so hoch steht. Es giebt ein Paar
Stellen am rechten Schenkel, am Leib
und wo die Arme eingefügt sind
welche beschädigt scheinen und neu
zugestrichen oder auf andere Weise
ausgebeßert.

Markus Aurelius, große Statue,
woran der Harnisch sehr schön gear-
beitet und mit Victorien verziert
ist. Der Kopf hat viel gelitten, und
nur das linke Bein ist alt, Arme
und rechtes Bein auch sonst noch einiges
neu.

[35v]In der Bibliothek sind ein Paar nicht
große weibliche aber stark ergänzte
Figuren, die eine, sehr gebückt sitzend,
scheint von ziemlich guter Arbeit.

Ein nahe liegendes Cabinet enthält
nebst einigen, wie es scheint guten, aber
zum Theil schlecht erhaltenen Köpfen,
eine drappirte, im egytischen Geschmack
gearbeitete weibliche Figur von dun-
kelgrauem Marmor, deren Kopf
derjenige seyn soll der nach W.
einer Isis im Capitol fehlt. Ich mei-
nes Orts möchte diesen Kopf zwar
für alt aber an mehreren Stellen
überarbeitet halten. An der Figur
worauf er steht, dürfte der Körper
[36r]und ein Theil der Beine auch alt seyn;
unten aber ist viel Neues und der ge-
nannte obere Theil wohl ohne Zweifel
an mehreren Stellen überarbeitet.

Es giebt überhaupt in der Bibliothek
noch mehrere antike Köpfe, welche
hoch auf den Schränken stehen, woun-
ter gute Stücke seyn mögen. Eine
Maske scheint recht gut.

Auch in den Zimmer[n] des hohen
Stockwerks, welche an der Gallerie
liegen und in der Gallerie selbst giebt
es antike Köpfe und unter denselben
einige recht gute. Aus einem bronze-
nen, der eine Minerva ohne Helm
vorstellen mag, etwa halb Lebens groß
[36v]weiß ich nicht recht was ich machen soll.
Es scheint nachgeahmt alter Styl aber
das Ganze ist räthselhaft.

In den vorgedachten Prunkzimmern
des untern Geschoßes befindet sich
auch eine schöne große Urne, von
orientalischen Alabaster.

Diese Bemerckungen die Gemäl-
de und Antiken des Schloßes betref-
fend sind größtentheils Donnerstags
den 12 (Octobr)Octobris gemacht worden, als
wir die Gallerie noch einmal besahen.

Das große neue Theater besehen
und die {Innere}, jedes Bedürfniß
befriedigende Einrichtung bewundert.

[37r]Es soll 1700 Zuschauer faßen können
und sieht bey weiten kleiner aus als
es wircklich ist. Die Säle zu Proben,
zu Musik, zu Gesellschaften, der Zu-
sammenhang aller, oder eines großen
Theils derselben für große Feste,
ist wegen der verwendeten Umsicht
und Ueberlegung des Baumeisters
wahrhaft bewundernswerth. Fer-
ner setzt der Aufwand mit dem
die Festigkeit bezweckt, die Pracht
der Verzierung in Erstaunen 800 m
(Rthr.)Reichsthaler sollen schon verwendet seyn
und leicht kann die Million voll wer-
den. Der Plafond im Saal des Thea-
ters über den Sitzen der Zuschauer
[37v]ist sehr niedlich, wie ein ausgespann-
ter an goldenen Knöpfen befestigter
Teppich, in deßen Feldern die neun
Musen von Wachs gemalt; über den
Proscenium ist ist137 die Decke mit einem
Bachanal von Schadow gemalt, wel-
ches gute Gruppen enthält aber et-
was eintönig ist. Ein Saal ist an der Decke
und, unter derselben an der
Wand mit Quadraten und diese mit
Gemälden geziert. Die Gallerie für
die Zuhörer im Musiksaal decoriren
allerley Scherze von Liebesgöttern.
Der Musiksaal selbst hat ein sehr
reiches Plafond, auf zwey Seiten Saulen,
an den andern Pilaster und über den
[38r]Pilastern Figuren wie Caryatiden,
aber in freyen Stellungen. Ein Saal
ist mit Nischen für Brustbilder be-
rühmter Schauspieler eingerichtet. Der
erwähnte Musiksal erhält in seinen
Nischen berühmte Meister der Musik;
ein anderer die berühmtesten dra-
matischen Dichter.

Die ganze, der Akademie der
Wissenschaften gehörige Sammlung
Mionettischer Münzabgüße, ungefähr
20000 Stücke unstreitig sehr belehrend,
so im Fach der Geschichte, wie der
alten Münzenkunde, Kunstgeschichte
und Mythologie. Aus der großen Menge
[38v]Münzen von Athen, Syrakus, Alexan-
drien läßt sich auf den Handelsflor
dieser Städte auf verschiedene Zei-
ten schließen. Zu bemerken: eine
Athenische Tetradrachme. Sie hat einen
Minervenkopf von großer Schönheit
und ist ein Werck der besten Zeit.
Diese Münze kann neben den schönsten
Syrakusanischen gesehen werden
und steht wenigen nach. Die vielen Böo-
tischen Münzen fast alle von einer-
ley Styl und Art des Gepräges,
gehören vermuthlich der kurzen Zeit
an, da Böotien durch Epaminondas
Genie und Muth über die Griechen
gleichsam herrschte. Etwa ein Dutzend
sehr unzüchtige Darstellungen, sogenannte
[39r]Spintherien sind meistens von gar schönem
Gepräge und die Figuren vortreff-
lich angeordnet; man kann füglich glau-
ben sie seyen nach Darstellungen der
berühmten Meister gemacht, von denen
Plinius anmerkt sie hätten dergleichen
unzüchtige Bilder verfertigt. Einige
Münzen der Macedonischen Colonie
Städte, an Indiens Gränzen, durch Alex-
ander den Großen gestiftet, haben
schönes Gepräg von Figuren in gutem
Style gearbeitet.

Die Solische Sammlung

Eine wirklich zahllose Menge von
Gemälden, vorzüglich aus der ältern
[39v]Italiänischen und ältern Nieder-
ländischen Schule; die Italianer
walten in der Anzahl, wenn nicht auch
in der Seltenheit vor. Vieles ist
mir nicht im Gedächtniß geblieben;
Ich erinnere mich jedoch als Haupt-
stücken.

Großes Gemälde die Auferstehung
Christi von Ghirlandajo; die Schatten
sind so wunderlich mit kleinen Strichen
gleichsam überschrafirt und diese
Striche ohne Biegung ganz gerade
gezogen daß das Ganze ein wenig
frostig wird, indeßen hat der Aus-
druck immer noch viel Kraft es sind
sogar Köpfe die, schön beleuchtet, viele
Würkung thun.

[40r]Mehrere von Sandro Botticelli.

Es fehlet nicht an Werken des Fra
Bartholomeo
, worunter sich eine Him-
melfahrt der Maria auszeichnet, wel-
che des Meisters letztes Werck und vom
{Mariollo} Albertinelli geendigt seyn
soll. Von diesem letzteren sind auch
Arbeiten vorhanden

Ein großes Bild von Fra Angeli[c]o
da Fiesole

Bilder von den Pol[l]ajuoli.

Mehrere von Lorenzo di Credi,
worunter deßen berühmte Anbetung
der Hirten; indeßen kommen mir
die Schatten rother vor als sie
mir sonst in der Kirche St: Chiara
geschienen.

[40v]Ein gutes Gemälde von (P.)Pietro Perugino.

Mehrere dem Leonard da Vinci zu-
geschriebene es zeichnet sich jedoch keines
als Hauptstück aus. Ein weiblich Brust-
bild Profil, blühend colorirt, schön von
Zügen fleißig behandelt, ist sehr schätz-
bar und das Beste unter den dem
Leonardo zugeschrieben Bildern; es
hat indeßen nicht seine gewöhnliche Art
zu malen an sich.

Eine Madonna von Rafael, in dessen
erster Manier, sehr zart, unbeschädigt
und unbezweifelt ächt.

Ein großes Gemälde Amor und
Psyche etwas manierirt angeblich
von Perin del Vaga. Heilig138

[41r]Auch Werke vom Puligo und vom
Bacchiacca glaube ich angetroffen zu haben.

Heilige Familie, gut und groß, an-
geblich von And.Andrea del Sarto; St. Joseph
und das Kind wären seiner nicht un-
werth, Maria hat weniger Ver-
dienste.

Gute Gemälde von Fra Philippo
Lippi
, deßen Heilige von dessen
Sohn Filippino.

Von den Bolognesern ist eine
große Anzahl vorhanden, vom Francia
Vater und Sohn mehrere; Vom
Amico Aspertino, von Inocenz da
[Imola], Bagnocavallo, Sabattini pp.
auch ein Paar gute Bilder von Guido
und ein sehr schönes {großärtiges} vom [Guercino]

[41v]Eben so oft begegnet man Arbei-
ten der Bellini, Vivarini, Victor
Carpacio
pp. Vom (Joh.)Johann Bellini sind Wer-
ke aus allen Epochen seiner Kunst und
Lebens vorhanden. Von der magern dür-
ren und schwachfarbigen Manier, bis wo
er, in Gluth der Tinten, mit Giorgione
und Tizian wetteifert. Von letzterer
Art ist besonders ein herrliches Madon-
nen Bild merkwürdig; Auch von {Antinello}
da Meßina
ist ein beträchtlich großes
Gemälde vorhanden.

Endlich krönen die Abtheilung der
Sammlung Bilder von Giorgione und
Tizian, Palma Vecchio, Paul Veronese
und Tintoret. Tizians eigenes und von
ihm selbst gemaltes Bildniß ist ein großes
Meisterstück.

[42r]Ein todter Christ vom Squarcione
und zeigt schon das harte Eherne welches
später in des Mantegna Werken mit
beßerer Kunst verbunden scheint.

Ein vortreffliches Bild in halben
Figuren wo die Madonna das Christkind
eingewickelt vor sich hält, mehrere
Heilige stehen bey ihr, ganz unversehrt
nur schmutzig. Maria mit dem Kinde; als139
Als140 Einfaßung hat der Meister auf
allen vier Seiten kleine nackte Engel
gemalt, welche die Paßions Instrumen-
te halten.

Zwey Grau in Grau von Manteg-
na
gemalte Tafeln stellen die Geschich-
ten es Horatius Cokles und des
Mutius Scävola dar, zeigen ganz seinen
[42v]{Stiel}, sind aber nicht so ausführlich als
er sonst pflegte.

Ein todter Christus mit zwey En-
geln welche ihn halten kann wohl
für Arbeit des Correggio genommen
werden; erste frühste Manier.

Von Luini, Cesare da Sesto, Melzi,
Mark d’Oggionno und andern alten May-
ländern ist manches und Gutes vor-
handen.

Von alten Niederländern sind erst-
lich Sechs ungemein wohlerhaltene,
auf beyden Seiten bemalte Thüren
oder Gemäldedeckel von (Joh.)Johann von Eyck.
Sie stellen zwey Figuren Grau in
Grau als Statuen vor, zwey Bild-
niße betender Personen; der Mann
ist laut Inschrift (Hub.)Hubert von Eyck.
[43r]Die Verkündigung und über derselben
zwey Evangelisten. Inwendig ein
Zug Reuter, gerechte Richter genannt
auf schönen Pferden von denen eines
wiehert. Gegenüber betende Pilger
worunter St. Christophel. Auf der
innern Seite derjenigen Flügel
wo sich die betenden Personen befin-
den ist wieder ein Zug Reuter, auf
noch beßer gemalten Pferden und
ihnen gegenüber ein Haufe Einsied-
ler; treffliche Figur, gute Köpfe
und wohl gefaltete Gewänder; in-
wendig auf dem fünften sechsten
Deckel sind lobsingende Engel, mit
kostlichen Gewändern angethan und
[43v]gelten als von den besten Arbeiten
des Meisters. Alles wohl erhalten
und von Alters her unberührt.

Ein Christuskopf ganz en face
mit (Joh.)Johann von Eycks Namen und 1438
gemalt verdient Bewunderung
wegen dem sehr blühenden Colorit,
und ungemein fleißiger Ausführung;
er steht nicht weit hinter dem Chri-
stuskopf von Hemmelink , welchen
die Herren Boissere besitzen.

Von Hemmelink genannt sind
mehrere schöne Bilder. Eine Anbetung
der Könige ist wohl gewiß von ihm;
die schöne Farbe, die köstlichen Ge-
wänder, das herrlich gemalte Ge-
schmeide pp.

[44r]In den Zimmern von altdeutschen
Gemälden fehlt es nicht an Cranachs,
(G.)Georg Pens, u (dergl.)dergleichen ein großes wohler-
haltenes Gemälde ist von Martin
Schön
.

Ein kleines Bildniß, das Gesicht ins
Profil gewendet stellt eine Königin
von England vor, reich gekleidet, von
sehr reinen schönen Formen des Ge-
sichts und der Hände, ungemein zart
ausgeführt, beynahe ohne Schatten,
blühend colorirt; soll von Holbein
seyn und kann für ein Meisterstück (dess.)desselben
gelten.

Ein Männliches Bildniß, Lebens-
große Halbfigur, reich gekleidet,
und mit vielen Nebenwerck von Briefen pp.
[44v]soll ebenfalls von Hollbein ver-
fertigt seyn und ist, in geistreicher
Darstellung, so wie am wahrhaften
Ton des Colorits und meisterhaft
sorgfältiger Ausführung unver-
beßerlich schön. Mir kommt es indeßen
nicht vor wie ein Werck von Holbeins
Pinsel; ob ich gleich den wahren
Meister nicht zu nennen vermag, es
kommt der Art nahe wie Morone gemalt hat.

Ein großes aber verwaschenes
Gemälde vom Parmegianino. Eine
kleine Heilige Familie, scheint ebenfalls
ihm anzugehören; sodann giebt es Werke
von Campi. Vom alten Bramantino
von der Schülerin des Fra Bartholomeo
[45r]Suor Plautilla Nelli; ein. Ein141 schönes
Bild von Castiglione habe ich ebenfalls
bemerkt. u. s. w.

Vom Husten den ich mir vorgestern
bey Schultzens Abendeßen, gestern
in Schleyermachers Predigt und der
leidigsten Kälte in der Solischen Ge-
mälde Sammlung hohlte sehr geplagt,
geschah nichts als {den} Rectorats-
Wechsel auf der Universität bey-
gewohnt, und Visiten gemacht auch
mit Herrn Staatsrath Schulz ver-
abredet zu Ende der Woche die Reise
nach Potsdam zu unternehmen.

Das Zoologische Museum gesehen.

Nochmals die Solische Sammlung
gesehen und der sogenannten Gesetz-
losen Gesellschaft
im Thiergarten
beygewohnt, wo viele Mitglieder
und Gäste derselben beygewohnt142
versammelt waren.

Reise nach Potsdam und Besichtig-
ung der dortigen Merkwürdigkeiten.

Gallerie von Sans Soucy.

Bewundernswürdige Gemälde von
Vandyck von den besten sind erstens
die vier Evangelisten gut gedacht
[46r]und wunderschön gemalt. Zweytens
eben so schön, wie Isaak {den} Jakob
den Seegen giebt. pp.

Von Rubens mehrere. Die Aufer-
weckung des Lazarus; eine Maria wel-
che dem vor ihr liegenden Kinde Milch
in den Mund spritzt. Perseus und An-
dromeda. pp.

Herrliche geistreiche Skizze zu einen
großen Gemälde Maria auf dem Thro-
ne den heiligen Sebastian nebst vie-
len andern Heiligen darstellend.

Von Rembrand. Moses zerbricht
die Gesetztafeln; vortreffliche berühm-
te Halbfigur, voll Ausdruck und Wirk-
ung. Das noch berühmtere Bild dieses
[46v]Meisters, ein Graf von Holland und
Flandern im Gefängniß, es scheint
unmöglich mit mehrerer Rundung
und wärmeren Colorit zu malen,
die Figuren lösen sich wahrhaftig
vom Grunde ab.

Esau erhält von Jakob den Seegen
von {Livens}; ein treffliches Werck
welches noch weit trefflicher er-
scheinen würde wenn es nicht neben
den beyden unnachahmbaren beyden
Rembrands aufgestellt wäre.

Vertumnus und Pomona Figu-
ren in Lebensgröße und reicher
landschaftlicher Grund, angeblich
von Leonardo da Vinci, und dieses
Meisters, zumal was Kopf, Brust
[47r]und der dünn bekleidete, durch das
Gewand durchscheinende Leib der Pomo-
na
betrift, wohl werth; übrigens
ist das Werck an mehreren Stellen
beschädigt und restaurirt.

Eine Madonna mit dem Kinde,
etwa halblebensgroß von eben diesen
Meister, ist ein edles Werck doch et-
was verwaschen.

Europa von Guido Reni, Ge-
mälde von mehreren Figuren und
aus des Meisters guter Zeit.

Mehrere Gemälde, Venus Bilder
darstellend, werden für Arbeiten des
Tizian ausgegeben, sind, ob schon nicht
ohne Verdienst seiner nicht werth.
Eine in der Stellung des liegenden Her-
[47v]maphroditen ist indeßen von seiner
allerbesten Kunst, nur sehr beschädigt
und restaurirt.

Ein vortreffliches wohlerhaltenes
Gemälde von Paul Veronees; Maria
sitzt auf dem Thron, bey ihr stehen
zwey Heilige St: Hieronymus und
St: Andreas. Cherubinsköpfe hal-
ten zu beyden Seiten den Schleyer
der Maria empor.

Coriolanus, großes Gemälde
von Cyro Ferri.

Io von Correggio und

Leda von ebendemselben.

beyde zwar sehr beschädigt aber doch
der Beschädigungen und Restaurationen
ungeachtet noch ehrenwerth. Der Körper
[48r]der Io ist von wundersamer Anmuth,
Fluß und Guß der Umriße, der Farbe
und Behandlung; der in Wolken ver-
hüllte Gott umfaßt sie, ihre Formen
fließen gleichsam in die Wolke über,
die dammernde Beleuchtung von
Halblicht giebt dem Ganzen etwas Ge-
heimnißvolles, schwebendes, verschwin-
dendes, was vortrefflich erdacht ist.
Das Gemälde von der Leda ist viel
heiterer, auch blühender colorirt,
alles ist fröhlich, die Mädchen scheinen
mit den Schwanen nur zu spielen; die
schalckhaften Liebesgötter triumphi-
ren schlau und schelmisch, aus dem Bilde
den Beschauer anblickend, dazu sind
[48v]sie wie mit Rosen aufgenähet.
Auch Leda ist sehr blühend colorirt,
wie man noch an ihrem linken Bein
und an den Füßen sieht. Die Landschaft
ist anmuthig. Im Ganzen ists eine
höchst liebliche und kunstreiche Com-
position, und schwerlich hat je ein
Maler von den alten Fabeln einen
glücklichern, sinnreichern Gebrauch
gemacht als Correggio in diesen
zwey Meisterstücken, die leider
in schlechten Zustand gerathen sind.

Ein großes Bild, angeblich
von Julius Romano. Ein junger Mann
und eine Frau liegen auf einem Bette
einander in Armen, eine alte lauscht
hinter der Thüre. Gelehrt gezeichnet
[49r]mit vielem Fleiß ausgeführt, grau
colorirt, doch kräftig; aber alles streng,
ja gar etwas hart. Die Figuren
sehr nackt und in gewaltsamen Stellun-
gen, ohne Grazie. Es erhält Ehre
genug wenn man den Primaticcio
für den Meister hält.

Zwey vortreffliche Teniers;
einer stellt die Versuchung des
Heiligen Antonius dar.

Ein beschädigt Bildchen wird
für Correggio gegeben, stellt die
Madonna das Kind und den Heili-
gen Antonius dar; hat den Schein
von Correggio, aber nicht den Geist
desselben, und möchte eine von den
[49v]Nachahmungen seyn welche (Luc.)Luca
Giordano zu machen versuchte.

Das Urtheil des Paris von Luc.
Giordano
; großes Bild so schön als
dieser Meister nur je zu machen
verstanden hat, die weiblichen Figuren
sind vortrefflich gemalt.

Zwey schöne Gemälde von Albano,
das eine Venus von Liebesgöttern
und Grazien umgeben; das andere
Adonis nimmt Abschied von der Ve-
nus
, Mars in den Wolken, sendet den
Eber ab, Rache am Adonis zu nehmen.

Philosoph von Rembrandt.

Heilige Familie von Saßo {Ferrata};
wo St. Joseph dem Christkind die Hand
[50r]küßt. Fleißig gemalt; Maria aber
hat keine edeln Züge.

Heilige Familie von Mengs; Maria
und Kind scheinen Bildniße; kräftig
colorirt, fleißig ausgeführt, das
Kind ist wirklich ein hübsches Kind,
nur kein Christus.

Antiken.

Zwey große Statuen, worunter
eine Betende wirklich gut gearbeitet
ist.

Das Mädchen mit Spielknochen
vortrefflich gearbeitet; eine jugendliche
Gestalt. Die nackten Theile von der
Brust und linken Schulter sind gute
Restaurationen, auch der eine Fuß,
rechte Hand und ein Theil des Arms
[50v]Der Kopf ist gut; antik zwar, scheint
aber der Figur nicht anzugehören.

Bachantinn, deren Rücken schön ge-
arbeitet ist.

Schöner großer Kopf des Antinous;⟨.⟩.

Schöner behelmter Kopf des Perikles.

Einige ganz gute Köpfe römischer
Kayser.

Marmor Palais.

Zwey weibliche Statuen, Venus
Bilder oder Nymphen, deren nackte
Körper, oder Sturze schöne Formen
haben.

Ein großer Vertumnus, den Schoos
seines Fells voll Früchte tragend. Der
schöne Kopf hat die Miene eines
[51r]Eskulapius, ist aber bekränzt. Leib
und Beine sind vortreffliche Arbeit.

Eine sitzende weibliche Figur halb-
lebensgroß, gut drappirt.

Ein Bacchus und und143 eine andere
Figur eines Jünglings, mit schönem Mer-
kurskopf, sind beyde von schönen For-
men, sehr weich und fließend gear-
beitet.

Wunderschöne, wohlerhaltene
Büste der Plotina.

Eine gar merkwürdige Herme
des Priapus, nicht groß und es ist
schwer zu entscheiden ob sie wirklich
von altem Styl ist, oder nur im alten
Styl gearbeitet; die Augen sinken sehr
gegen die Nase ab, der Barth ist spitz
[51v]die Haare bilden einen Bogen von
kleinen Locken, über der Stirn, ein
Mäntelchen, von vielen graden Falten,
bekleidet die Brust; darunter ist ein
Fell. In den Händen hält er eine
Patera und einen Staab, aber diese
Hände und Arme könnten modern
seyn.

Eine Victoria von Bronze, etwa
Fuß hoch, oder etwas mehr, ist schön
ich möchte indeßen ihr Alterthum nicht
beschwören.

Eine Herme von Herkules. Nicht
groß, der Kopf ist gute alte Arbeit von
weißem Marmor, die Herme selbst
von schwarzem, modern.

[52r]Noch andere antike Marmorfiguren
worunter ein {hübsche} gearbeiteter
Apollo, der jedoch etwas schwerfällige
Proportionen hat.

Ein Aschenkrug von Marmor mit
gewundenen Cannelaturen.

Zwey große Blumengemälde, an-
geblich von Huysum; zwei Fruchtstücke
angeblich von de Steens.

Zwey große Landschaften von
Hackert, nicht vorzügliche Arbeiten
deßelben.

Pallast zu Sans Souci.

Aufenthalt König Friedrich des II.
Hier giebt es in der Bibliothek vier
[52v]gute Köpfe unter denen sich ein Ho-
mer
auszeichnet.

Im Vorsaal, oder Flur eine große
sitzende Statue des Trajan, von sehr
guter Arbeit.

In einer Gallerie daselbst stehen
mehrere Statuen, deren Sturze alt
und von guter Arbeit sind. Eine
Minerva ist merkwürdig, weil sie
den einen herunterhängenden Theil
der Aegis mit der Hand aufhebt
und im Schooß derselben ein Kind
trägt, ungefähr auf die Weise
wie der Herkules Comodus. Die
Arbeit dieses Denkmals mag zwar
den Kayser Zeiten angehören, ist
[53r]aber eine wahrhaft seltene Dar-
stellung.

In einer tiefer liegenden Reyhe
schöner Zimmer ist ein geraumiger
Saal, mit einer Menge alter Büsten
geschmückt. (Unten an den Wänden
stehen kleine Figuren ebenfalls antik.)
Es mögen im Ganzen wohl der Köpfe
und Büsten funfzig Stücke, oder noch
mehr seyn, und unter denenselben
sehr schätzbare.

Gemälde giebt es in der (Königl.)Königlichen
Wohnung, wie auch in den erwehnten
Nebengebäude[n] wenig bedeutende. Bild-
niße von Pesne, einige von Watteau
[53v]und Lancret, Römische Prospecte
von Pannini. pp.

Im sogenannten neuen Palais,
einem sehr weitläufigen Gebäude,
giebt es eine Menge und zum Theil
sehr guter Gemälde, worunter mir
ein paar weibliche Halbfiguren, treff-
liche Arbeiten des Guido; ein vortreff-
licher Ferdinand Bol und andere
in Erinnerung gebrachtgeblieben144 sind. Der
Gemäldeschatz hier ist sehr ansehnlich
auch einige Antiken glaube ich gesehen
zu haben.

Ein Amor mit der Löwenhaut
der Herkules ist gut gearbeitet und
ein anderes Kind, in weiten Mantel
[54r]gehüllt, sieht fast wie ein Telesphorus
aus, ist es aber nicht, verdient eben-
falls als treffliches Werck unsere
Aufmercksamkeit.

Das Meiste und vorzüglichste die-
ser Art aber steht in einem Garten-
gebäude, Antiken Tempel genannt,
wo ein runder Saal ganz gefülltangefüllt145 ist.
Die sogenannte Familie des {Lycame-
des}
steht in demselben frey auf Fuß-
gestellen. Der sogenannte Achilles
ist ein sehr schön gearbeiteter Sturz
eines bekleideten {Bachus}, deßen leich-
tes flatterndes Gewand, bewunderns-
werth ist. Ulyßes mag der Sturz eines
[54v]Apollo Cytharoedus seyn, drey der
{Tochter} [des] Lykomedes sind schön
gearbeitete Sturze von Musen, gar
zierlich ausgeführt scheinen die Falten
des Untergewandes durch das zarte
anliegende Uebergewand durch.

An der Wand dieses Saals sind,
auf kleinen Consolen, eine sehr be-
deutende Zahl antiker Köpfe sehr
hoch aufgestellt.

Zwey Minervenköpfe über Le-
bensgröße scheinen würdige Stücke,
zumal der eine, dieser ist abge-
goßen; ein Werck des hohen Styls
und kann neben der Pallas (Brust-
bild) aus der Villa Albani und
[55r]der Pallas von Velletri stehen.

Zwey oder drey Kopfe junger
Faune, von denen die man für Copien
des Praxiteles hält; Ein Jupiter
Serapis, an dem der Scheffel abge-
brochen. Dieser ist auch abgegoßen
und vermöge des Abgußes zierlich
gearbeitet fein, hat aber keinen
großen Charakter. Sodann eine
Menge Kayser und Philosophen,
unter den letztern zwey sogenann-
te Seneka, beyde abgegoßen
der eine sehr alt und [mit] kurzem aber
sehr starkem Barth. Auch ein
Scipio mit der Wunde am Haupt.
Sicherlich sind der Köpfe funfzig
[55v]bis sechzig; freylich auch manches
an denselben ergänzt, vielleicht
gar ein Paar moderne mit unter-
mischt.

Im Garten ein großer Halb-
kreis mit großen antiken Statuen
besetzt, worunter einige schätz-
bare Stücke. Der Trank eines
Bogenschützen ist theils gut ge-
arbeitet, theils eine seltene Dar-
stellung.

Zwölf römische Kayserbüsten,
ebenfalls im Garten aufgestellt
haben nicht viel zu bedeuten.

ist nichts gesehen worden. Frau von
[56r]Kalb
auf dem Schloß besucht. Mit-
tags mit Herrn von Schmidt; abends
bey Hegel in zahlreicher Gesell-
schaft. Schultze Marheinecke, Böck,
Wilken, Zelter, Tölken und andere
nebst Frauen.

Bey Seebeck, Mittag, Schultz, Lan-
germann
, Kohlrausch, Schinkel, Zel-
ter
, Schadow, Tölken, Hirt, Weise
und andere[.] Abends bey Buttmann.

Mittags Besuch bey dem schwedi-
schen General-Consul Dähne, der
schöne Gemälde vorwies.

Ein ganz bewundernswürdiger
Mondenschein von E. van der MeerNeer146
[56v]einen Canal mit anliegenden Häusern,
auf der einen beschatteten Seite; auf
der beleuchteten ein Landhaus von
deßen Fenster die Strahlen des
Mondes schimmernd glänzen; ein Hayn
hoher Bäume liegt hinter dem Haus
und verbirgt dasselbe zum Theil,
der Hayn ist licht und durchscheinend.
Von einem Spatzierweg längs dem
Canal laufend, durchzogen, in der
Ferne liegt ein Dorf, hinter wel-
chem in fast funkelnder Helle der
Mond aufgeht. Staffage: an dem
Landhaus sitzt auf nett umschränckter
147 Bank ein junger Mann und Frau,
vielleicht ein liebend Paar; zwey oder
[57r]drey männliche Figuren weilen auf
dem Weg am Canal, bey ihnen ein
Hund, welcher das auf der Schat-
tenseite des Bildes am Canal an-
gezündete Feuer bemerkt und zu
bellen scheint; Schiffe befahren
theils den Canal theils liegen sie
ruhig und zwischen ihnen schwimmt
eine Schaar Enten, die Ausführung
ist fleißig und zugleich meister-
haft, die Färbung unvergleichbar.

Ein treffliches kleines Bild
von Ledae, eine schlafende Frau
darstellend. Sie sitzt auf Reise-
geräth, an einer Trommel, Soldaten
[57v]scheinen sich in den von ihr erbeuteten
Schmuck zu theilen.

Maria, St: Anna und das Christ-
kind
, angeblich von Albrecht Dürer
und ehemals in der [Praunschen] Samm-
lung zu Nürnberg. Die Schatten
fallen ins grünliche; St. Anna hat
runde rollende Augen und ist nichts
weniger als angenehm; Maria und
das Kind haben keinen edeln Charak-
ter sind aber doch geistreich. Ist
das Werck von Albrecht Dürer
so ist es doch keins seiner anziehend-
sten Arbeiten.

Ein artiger aber etwas verwa-
schener Teniers, eine Bauerngesellschaft
darstellend.

[58r]Eines der besten kleinen Bilder
von Lucas Kranach, den heiligen
Christophel darstellend, welcher
das Christkind durch den Fluß trägt,
vor ihm her schwimmt eine Wasser-
nixe als Syrene gestaltet; jenseits
sieht man den Einsiedler mit der
Laterne. Der Kopf des heiligen
Christophs ist von edeln Zügen, wie
ein Apostel oder Erzvater, die
ganze Figur nicht übel gezeichnet,
die Falten beßer gelegt als148 und
schärfer gebrochen als Kranach
sonst pflegte.

Sehr schönes Bild von J. Steen.
An einem Tisch sitzt hingelehnt das
[58v]Haupt []auf ein reinliches
Kissen gelegt, eine junge wohlge-
kleidete Frau. Sie ist, wie man aus
dem entzündeten doch keineswegs
blühenden Farbeton ihres Gesichts deut-
lich bemerkt, vom Fieber befallen.
Ein Arzt steht vor ihr, fühlt ihr den
Puls und sieht sie ernst und bedächt-
lich an. Dieses Werck ist in allen sei-
nen Theilen verdienstlich und ein
wahres Meisterstück der malenden
Kunst.

Christus mit Dornen gekront, Halb-
figur mit Händen, von Guido Reni;
leicht gemalt, blühend kolorirt, klare
warme Schatten, würdigen Charakter
und geistreichen Ausdruck

[59r]Noch andere gute Bilder.

Ferner, ein [großes] cylinderförmi-
ges Gefäß von Elfenbein, größer
als ich je eines aus einem Stücke ge-
sehen habe. Die wohlgearbeiteten
Figuren stellen den Raub der Sa-
binerinnen vor und sind, wenn nicht
nach einer Zeichnung des Julius
Roman
, oder des Polydor Cara-
vaggio
geschnitten, doch wahrschein-
lich aus Werken dieser Künstler
einzeln und gruppenweise ent-
lehnt.

Einige sehr schöne Handzeichnun-
gen worunter eine von zum [Perdono]
[di] S. Francesco eine von P. Cortona
[59v]eine von Carracci, von Paul Vero-
nese
zwey von Guercino nebst
mehrern andern schätzenwerthen
Stücken sich befinden.

Die ersten Wochentage gesellige
Pflichten.

Montags den 23: (Octbr.)Octobris Abends
bey Staatsrath Schulz.

Dienstag den 24 (ej.)ejusdem bey dem-
selben Kindtaufe. Abends Audienz
bey der Prinzessin Wilhelm von
Preußen
; sodann Liedertafel.

Bey Herrn Minister von Alten-
stein
, wo sich ein gutes Gemälde
von Lucas Kranach, Herkules welcher
[60r]spinnt befand. Ein anderes, eine
Madonna, schien mir von Sasso {Ferra-
ta}
. Ein sehr zierliches kleines Brust-
bild der Minerva von Erz auf der
rechten Seite beschädigt; soll das
Gewicht einer Waage seyn und wur-
de in den bey {Trieer} veranstalteten
Nachgrabungen gefunden.

Morgens bey Rauch und Tieck, Mit-
tags bey Dr. Kohlrausch, daselbst
angetroffen Staatsrath Schulz, Rauch,
Tieck, H. R. Parthey, Göcking, ein
Unbekannter und mehrere Damen; ge-
sehen außer dem schon Bekannten das
Brustbild von H. Minister von Humboldt
[60v]von Thorwaldsen, worüber Rauch ein
gutmüthiges Bonmot machte.

Morgens früh bey Schadow, wel-
cher mir zwey von seinem Sohne ge-
malte recht gut gelungene Bildniße
zeigte. Er colorirt recht hell und
zart, man könnte sagen zu blühend,
(es waren männliche Bilde) macht
etwas streng ungeschnitteneabgeschnittene149 Umriße
und bricht seine Farben in den Ueber-
gängen und Schatten zu wenig, eigent-
lich gar nicht.

Nachher zu Zelter; dann nach Ab-
rede zu Staatsrath Nagler welcher
eine der mannigfaltigsten Kunst
[61r]Sammlungen besitzt. Vortreffliche
Gemälde, vornemlich aus derden150 ältern
deutschen und Niederländischen Schulen,
alles sehr sauber meist gut erhalten.
Christus am Kreutz mit drey andern
Figuren von Wohlgemuth. Ein todter
Christus, nebst mehr andern Figuren.
Auch eine fürstliche Familie die an-
betet; hierzu die Flügel mit drey
Figuren von Heiligen, welche drey
Bilder man ebenfalls für Dürers Ar-
beit kann gelten laßen. Diana und
Actäon von Heinz, mehreres von
Penz und Altegräver. Deckel eines
Gemäldes, angeblich von Eyck, sie sind
in seiner Manier vornemlich die Gold
[61v]durchwirkten Gewänder, aber beßer
gezeichnet und colorirt. Ein sitzender
Einsiedler; so die Farbe des Fleisches
die magern Formen und der landschaft-
liche Grund verrathen den Hemeling.
Vieles von andern Niederländern zu-
mal von Brill und Breughel. Maria
mit dem Kind angeblich von Schidone
bewundernswürdig rund, ein von der
Neer
, ein {Polter}, ein schöner Teniers
pp.

Sehr schöne Sachen von Elfenbein,
Holz, Speckstein pp. eine große Me-
daille von Dürer soll deßen Vater
vorstellen in Speckstein. Deßen
Frau in Medall oder Silber äußerst
flach gearbeitet, das Gesicht von
[62r]vorn. Ein Paar schöne Bronzen
Florentinisch.

Bewundernswürdige Kunkelsche
Gläser. Gar viel gemalte Fensterschei-
ben. Gläser, vortreffliche Majolika
und geschmelzte Gefäße, einige geschnit-
tene Steine, viele Edelsteine, Versteiner-
ungen, Marmore, allerley Arbeiten
aus Bernstein. pp.

Eine große Sammlung von Ku-
pferstichen, Zeichnungen und Holzschnit-
ten. Seltene Drucke. Autographie pp.

Mittag bey Herrn Minister von
Altenstein
in großer Gesellschaft.
Abends bey H. und Frau von Metting
sehr angenehm.

Besuche bey Profeßor Lichtenstein,
Frau von Kalb und Minister von
Humbold.

Mittags bey Staatsrath Schulz, Abends
mit (St. R.)Staatsrath Körner bey der sogenannten
jüngern Liedertafel. Sehr ermüdet.

Mittags Eßen bey Rauch und Tieck,
und daselbst mancherley Gutes gehört
und gesehen. Abends bey Herrn Staats-
rath Schulz und Abrede genommen:
Es sollen

1., Ansichten und Vorschläge wie, nach
dem Befinden der (W. K. F.)Weimarischen Kunstfreunde, die Lehr-
anstalten für Kunst, Industrie und
Gewerbe am besten einzurichten seyen,
[63r]schriftlich eingesendet werden.

2., Eben solche Vorschläge in Beziehung
auf das neu zu errichtende Museum,
wie daßelbe am schicklichsten anzuord-
nen und auf die vortheilhafteste
Weise für das Publikum und für
die Künstler zu benutzen und zu be-
wahren sey.

3., Ueber die Sammlung von Soli,
Würdigung derselben und in wie-
ferne der Ankauf derselben wün-
schenswerth seyn möchte.

ad. 1., die Lehranstalt wo Künstler
gezogen werden sollen und die Zeichen-
schulen für Gewerbe und allgemeine
Bildung sind sorgfältig zu sondern.

[63v]Ein Cursus ist wohl denen welche
die Kunst studiren wollen nicht vorzu-
schreiben weil Zeitverlust daraus ent-
springt indem die verschiedenen Talente
nicht in eben demselben Fach und gleich
fortschreiten, und derjenige z. B. der
einen bloß plastischen Sinn hat mit
dem Colorit nur langsam abfinden
und in diesem Fach mit Ueberdruß
arbeiten würde wenn man ihm sol-
ches zur Bedingung machen wollte und
so wird der geborene Maler und
Coloriste wahrscheinlich nie mit dem
nöthigen Eifer und anhaltender Geduld
das streng wißenschaftliche der For-
men sich anzueignen streben, oder wenn
[64r]er dazu genöthigt wird nur halben
Gelingen sich zu erfreuen haben. Es
werde demnach für gute Lehrer, nicht
eigensinnige Lehrer gesorgt, die jedem
Talent seine eigenthümliche Richtung las-
sen und solche ehren; aber man sey
auch bedacht diesen Lehrern [Schüler]
von Talenten zu geben und laße sie
nicht köstliche Zeit und schwer zu üben-
de Geduld unnütz verschwenden.

Es ist sonach rathsam daß das Studium
der Kunst zumal der höheren Fächer
nicht gar zu leicht gemacht werde
und der Unterricht nicht {unentgeldlich}
geschehe. Man darf darum nicht befürch-
[64v]ten daß es an Künstlern fehlen werde.

Könnte die Kunst noch wie vor Alters
aus den Werckstätten hervorgehen,
sie würde lebendiger seyn als sie ist
und als wir hoffen dürfen daß sie
seyn werde. Alle, auch die bestaus-
gedachten Anstalten können nicht so
wirksam seyn als wenn tüchtige Mei-
ster, tüchtige Schüler sich erst zu Gehül-
fen bilden, die sodann selbst zur Mei-
sterschaft gelangen.

Besuche.

Fast den ganzen Tag bey Herrn
Staatsrath Schulz zugebracht mit ihm
[65r]noch das vorige durchgesprochen, so-
dann um 6 Uhr Abend Herrn von
Altenstein
besucht und Abschied genom-
men.

Mit H. (StR.)Staatsrath Schulz einen Bilder-
händler Namens Weiß unter den
Linden besucht und daselbst ein gar
vortreffliches vortrefflich151 gedachtes kleines Bild
von (L.)Ludovico Carracci gesehen wofür
800 (r.)Reichsthaler gefordert werden. Es ist jedoch
an manchen Stellen ausgebeßert und
stellt das Ende eines Waldes dar, wo,
unter hohen Bäumen, Schaafe im
Schatten ruhen und ein Hirt die Flöte
bläßt; zwischen den Bäumen durchsieht
man ferne und zur Seite, am Baum-
[65v]besetzten Berghang, eine Ruine, in
der Tiefe einen stillen Teich.

Ein Paar gute männliche Köpfe,
angeblich von Holbein.

Ein weiblich Bildniß aus weib152 may-
ländischer Schule, angeblich von Morone,
nicht sonderlich colorirt aber höchst
lebendig.

Das Merckwürdigste ist ein Zimmer
worin viele Herrn {Soly} gehörige
Bilder sich befinden, in der That
ungemeine Seltenheiten der Kunst.
Z. B. ein heiliger Sebastian, Brust-
bild, zart gemalt, geistreich, sehr
natürlich und von sehr weichen Ueber-
gängen der Halbschatten, wahrem

[66r]Farbenton, doch etwas blaßgelb, mit
dem Namen des Antonello da [Messina]
bezeichnet und von ebendemselben eine
Madonna mit dem Kinde, von etwas
höherm Colorit, das Kind hat gar
schöne, klare Halbschatten, der Falten-
schlag ist gut, die Umriße aber scharf
abgegränzt.

Eine Madonna auf dem Thron,
mit kleinen kurz bekleideten En-
geln umgeben, mit dem Namen
Sca153 Squarcione, Mantegnas Meister,
und vollkommen in Mantegna’s
Manier, nur roher, weniger zart,
und fleißig vollendet; aber eben
so hart wie Mantegna, der auch
[66v]wohl seinen Figuren und Theilen der-
selben etwas beßere Gestalt zu geben
wußte.

Großes Bild von Liberale mit
deßen Namen, die Madonna und
ein Paar anbetende Heilige; hart,
etwas grau colorirt, aber sehr
lebendige Köpfe.

Ebenfalls großes Bild und eben-
falls solche Darstellung, von {Monsig-
nore}
, oder wie geschrieben steht
Bonsignore. Die Madonna sitzt auf
dem Thron, das Kind ertheilt mit
aufgehobenen Händchen den Seegen,
sehr schön colorirt.

[67r]Noch ein Paar, schön, ja vortreff-
lich colorirte Bilder von nicht bekann-
ten Meistern. Die Tinten sind zu wei-
len wahrhaft Tizianisch, aber die
Umriße etwas strenge abgegrenzt.
Mahlerey und GeschmackComposition154 nähern sich
dem Geschmack des ältern Palma.

Die Grablegung; kleines, aber
schönes Bildchen von Garoffalo.

Bildniß des Bellini, von Car-
paccio
, Brustbild, geistreich, kräftig.

Ueberhaupt sind’s 17 Gemälde
und alle mehr oder weniger schätzbar.

Notes
1
Am Rand von unbekannter Hand notiert: "H[?] S. 1-9 (abgd)abgedruckt / in (Kst u Alt.)Kunst und Alterthum / 3. 1.107-
119."
2
Die hier beginnende und sich bis zur Zwischenüberschrift auf Bl. 3v erstreckende Passage fehlt in dem Abdruck in Kunst und Alterthum. Die als Anweisungen für den Satz gedachten Streichungen auf Bl. 2r und 3v - der Text auf 2v und 3r war durch Verkleben der Blätter unsichtbar gemacht - werden in unserem edierten Text ignoriert.
Berlin. Mittwoch den 4. Octbr.October 1820.]
Die]
Umrisse Abgüsse]
24 vier und zwanzig]
einen Heldenkampf Heldenkampfe]
,]
und einen]
von großem mächtigen vom großen mächtigen]
mögen]
Geist inder Erfindung und Behandlung jedoch, guterStyl der Formen, gründliche Kenntnißder menschlichen Figuren fehlt nirgends. Die Erfindung ist reich, von manigfalt die Motivemanigfaltig die Motive manigfaltig,viele Gruppen glücklich angeordnetDer Styl der Formen überhaupt mächtig die Behand.Behandlungüberhaupt Geistreich, und ungeachtet der vorhin bemerangemerkten Unvollkommenheiten in einzelnen Theilen,zeigt sich im Ganzen Werk doch eine gründliche Kentnißder Menschlichen Gestalt.]
gleitung kleidung]
viel viele]
dieses äußert diese äußern]
diese sie]
dieser einer]
vom von der Celle des]
ich möchte, darf man]
ist]
Einer der reitetund Kaum weniger gemüthlich ist ein dritterwo ein Reitender]
nachfolgenden nächstfolgenden]
doch]
man nicht keine]
fände.vorkämen.]
Phisiognomien Phisiognomie]
herrührenden entnommenen]
Maßen Massen]
Maßen Massen]
,]
es sind sie enthalten]
Silenenhafter silenenhafter]
sie sind in Hinsicht die Hinsichtlich]
;]
sind;]
Formen Form]
kann ich ist]
rechten linken]
die sichdie]
sich]
vielen, nichtin Maßen Massen gehaltenen Falten, se[+] haben die obgleich nicht, nach (wie später erst ausgemittelten ausgemittelte Kunst-regeln fordern), in Maßen gehaltenen, in der That etwas häufigenFalten]
im höchst edlen in höchst edlem]
ich Schreiber]
mich dieser sich]
kann je]
,]
,]
NB hier ist noch einzurücken was auf andern Blatternvon dem Abguß des Fragments eines Minerven Kopfsbey H. Minister v. Humboldt geschrieben steht.]
ist solcheist die-selbe ]
dieser Göttin ]
sie schreitet nurnur schreitet diegegenwärtige]
und noch hatsie einenhat auchkeinen]
finde ich keinefinden sich nicht]
wie man sonst hatals einige haben]
hier]
etwas]
sie fal-lenauch fal-len sie]
ganz den]
diedie]
undauch die]
des Körpers anKörper und Gliedern kommen]
wie anmit]
des]
überein.]
siediese Statue]
und folglich einst Ohrgehänge trug.]
in der Tempelruine zu Aegina gefundenen]
vonvom]
sie sind]
erscheinen]
kurz und]
, die. Die]
und]
die]
großerungemeiner]
und Sorgfalt]
Krieger]
besonders]
in der Thatkönnen dieundseine]
deßelben alskönnenals]
Es ist unrichtig wenn man sagteUnrichtig meldete man früher:]
Sie sind verschieden, werden aber,theilsEingeübtes Auge wird allerdings Verschiedenheit in den Zügen entdecken]
dieKopfe werden]
theils]
wunderlichenwunderliche]
Kopfschmuckschmuck]
Nach meiner Ueberzeugung sinddiese Werke für die Kunstgeschichtehöchst merkwürdig; sie gehören vonden DenkmalenalsDenkmale des alten Styls, welchemir bekannt sindworden, unter die am sorg-fältigsten ausgeführten, sind vonkürzeren, schwerern Proportionenals der capitolinische Ringer undnicht so zierlich gebildet als die Figu-ren am Basrelief vomdes Callimachus.Bezüglich auf die Kunstgeschichte sindgehören diese Denkmale desältern Griechischen Styls unter die allermerkwürdigsten, um so mehrals der oder die Künstler welche sie verfertigt äußerste Sorgfaltund beharrlichen Fleiß auf dieihre Ausführung verwendet haben:IhreDie Proportionen sind kürzer der Charakter des Ganzenschwerer als an dem capitolinischen Ringer vom altenStyl, die Gestaltung nicht so fein und zierlich als an denFiguren im Basrelief des Callimachus.]
vonden DenkmalenalsDenkmale]
sindworden]
vomdes]
die]
sindgehören]
dieihre]
IhreDie]
und zierlich]
Von einer, sich deutlich gegenandere Denkmale des ältern Kunst-geschmacks unterscheitendenunterscheidenden Eigenthüm-lichkeit, aus welcher man den Argine-Aegine-tischen Styl und deßen Beschaffenheiterkuntenerkunden könnte, habe ich nichts wahr genommen.Von einer, sich deutlich gegen andere Denkmaledes ältern Kunstgeschmacks in Griechenland unterscheidendenEigenthümlichkeit aus welcher man den bey alten Schriftstellernerwehnten Aeginetischen Styl und deßen Beschaffenheit erkunden könntehaben wir [+++ +++] nichts wahrgenommen und vermuthendemnach alles was andere schon darüber geschrieben sey wenn nicht gänzlichungegründet zum wenigsten etwas voreilig gewesen. Eben so wenig wirdsich aus ihnen sich die Abstammung der GriechischenKunst von der Aegyptischen anschaulich nachweisen laßen]
unterscheitendenunterscheidenden]
erkuntenerkunden]
abanesischenabbanesischen]
)]
eineEine]
TrefflicheMerkwurdige]
,]
Trimaleion Trimalcion]
hat]
ist das]
noch]
wahrscheinlich einer wahrscheinlicher einen der]
Faßung]
Stoschische]
bereits]
deutet auf die]
nach]
welcherwelches]
und]
ist]
Ein Becher, zu welchem Kayser Rudolph II. die Zeichnung soll gegeben haben.]
und]
sind]
und]
Im In ]
FattoraFattore]
StückenKöpfen]
angeblich]
LandschaftenLandschaft]
,]
,]
zartzarte]
Kopf des]
,]
(der Bildhauer)]
(]
)]
waswo]
imin]
RolaniRoland]
NB]
desdel]
ist]
Heilig]
; als]
Als]
; ein. Ein]
beygewohnt]
und]
gebrachtgeblieben]
gefülltangefüllt]
MeerNeer]
]
als]
ungeschnitteneabgeschnittene]
derden]
vortreffliches vortrefflich]
weib]
Sca]
GeschmackComposition]
CC-BY-SA-4.0

Editionstext kann unter der Lizenz „Creative Commons Attribution Share Alike 4.0 International“ genutzt werden.


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2023). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. [4. Oktober -] 2. November 1820. Meyer: Aufzeichnungen (Auszug). Z_1820-11-02_z.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-BEE1-D