Kurzer Bericht
über die Entstehung und den
gegenwärtigen Stand
des physiologischen Instituts in Breslau

[1r][2r]
Hochgeehrter Herr College!

Ihre Nachricht, daß Sie beabsichtigen in
Göttingen ein physiologisches Institut zu errichten
hat mich sehr erfreut und aufs lebhafteste meine
Theilnahme erregt. Möge es Ihnen gelingen
schneller und in ausgedehnterem Umfange die
Idee zu realisiren, bei deren ersten Ausführung
mich, neben dem nur allmähligen Heranreifen des
Planes, mancherlei äußere [Hemnisse] lange Zeit
aufgehalten haben, und noch immer beengen. Wenn
meine hiebei gemachten Erfahrungen Ihnen ir-
gendwie ersprießlich sein sollten, so würde mir
dies zu besonderer Genugthuung gereichen.

Während andere Zweige der Naturwissen-
schaft sich in reichlichem Maße einer Unterstüt-
zung von Seiten des Staates erfreuen, in reichen
Sammlungen, und im planmäßigen Zusammenwir-
ken forschender und Material fördernder Kräfte
ihre Organisirung erlangt haben, muß die Phy-
siologie
, unbestreitbar die höchste unter ihnen,
noch immerdar der Verkörperung ihrer Idee
entgegenharren.

Wie wenig die Kräfte des Einzelnen zur gleich-
zeitigen Bewältigung der verschiedenartig-
sten Arbeiten, welche die Wissenschaft in
ihrer gegenwärtigen großartigen Entwicklung
erfordert, genügen, welche Anstalten zu ihrer
praktischen Ueberlieferung und zur Gewährung
hinreichender Gelegenheit für forschende und
Strebende erforderlich wären, werden Sie
gewiß eben so lebhaft wie ich längst empfun-
den haben, und aus diesem unabweisbaren
und wohlberechtigten Bedürfniß ist der Plan
[2v]zur Gründung eines eignen physiologischen In-
stituts
hervorgegangen.

Ich bin überzeugt, daß Ihnen am besten gedient
sein wird, wenn ich Ihnen die Entwicklung meines
Plans, und seine allmählige Realisirung mögichst
historisch und pragmatisch darstelle, selbst auf
die Gefahr, daß manche unerfreuliche Seiten zu
Tage kämen, die ein so wackeres Streben wie
das Ihrige eher anregen als zurückschrecken
werden.

Bald nach dem Antritte meiner hiesigen Lehr-
stelle, nachdem ich erst aus der Neuheit und Fremd-
heit der hiesigen, für einen in Oesterreich gebil-
deten allerdings etwas heterogenen Verhältnisse
zur Besinnung gekommen bin1, erkannte ich bald,
daß nach meiner Stellung als eigener Lehrer der
Physiologie, und nach dem Gefühl des eignen Be-
rufes, sich meine Amtsführung weder2 mit bloßer historischer
Mittheilung des von Andern geleisteten, noch mit
blos theoretischen Speculationen nicht würdwürde3 ge-
nügen lassen. Ich fing daher schon im zwei-
ten Jahre meines hiesigen Aufenthaltes (1824)
an, meine theoretischen Vorlesungen auch mit
einem experimentalen Collegium zu begleiten.

Ich begann dieses auf eigenes Risico; der Di-
rector der Anatomie (Prof. Dr. Otto) räumte
mir hiezu das damals gerichtlichen Sectionen
und chirurgischen Uebungen bestimmte Locale
des alten Anatomiegebäudes ein; der damalige
Prosector (Prof. Dr. Seerich in Königsberg) war
mir bei seiner Vorliebe zur Chirurgie sehr freund-
lich zur Hand, auch des Anatomiedieners Hülfe
war mir nicht versagt. Auf den Antrag
des damaligen (HE.)Herrn Curators Neumann er-
[3r]hielt ich meine Auslagen, die etwa in 50 (rt.)Reichsthaler bestan-
den, ersetzt. Der Bitte, einen besonderen
Etat für experimentele Physiologie zu errichten
wurde nicht gewillfahrt; jedoch zeigte sich der Cura-
tor nicht abgeneigt auf fernere extraordinaire
Bewilligung beim Ministerium anzutragen, wenn
ich, um diesen Antrag seinerseits motiviren zu kön-
nen, die Gegenstände worauf sich meine Versuche
bezögen, und die Zweckmäßigkeit der letztern zur
Veranschaulichung der Vorträge bestimmter nach-
weisen wollte.

Als ich mir im Wintersemester des Schuljahres
1825/26 um recht vielen nützlich zu werden, beikom-
men ließ populäre Vorlesungen über Physiologie
mit den nöthigen meist anatomischen Demonstra-
tionen für ein gemischtes academisches Publikum,
welches recht zahlreich war, und meist aus Theolo-
gen bestand, zu halten, fand ich zuerst bedeutende
Hindernisse an dem anatomischen Institute, de-
ren Auseinandersetzung odiös wäre und hier zu
weiter nichts helfen könnte. Es ist natürlich,
daß solches Verhältniß zu allerlei Disceptati-
onen Veranlassung gab, daß ich ein Recht auf
den freien Gebrauch der Anatomischen Mittel
behauptete, was aber alles, mit Verkennung
des wissenschaftlichen Geistes, als Beleidigung
der Person, als Angriff auf ältere Rechte
oder Privilegien betrachtet wurde. Ich ließ
es zu weiteren Erörterungen nicht kommen, auch
hatte ich nicht die Aussicht bei der ausgezeichneten
Protection, die man dem Director der Anato-
mie erwies, die gewünschte und reelle (nicht
blos scheinbare) Zurechtsetzung meiner Ver-
hältnisse zum anatomischen Institut höheren
Orts zu erlangen.

[3v] Bei solchen Umständen war es natürlich, daß
ich die nächste Gelegenheit wahrnahm, um mich, we-
nigstens in Betreff des Locales von der Anatomie
unabhängig zu machen. Es fand sich ein der philoso-
phischen Facultät
gehöriges Zimmer in der höchsten
Etage des Universitätsgebäudes disponibel und
wurde mir auf unbestimmte Zeit überlassen, so lange
es nicht von der (philos.)philosophischen Facultät selbst in Anspruch ge-
nommen würde. Dieses Locale war nun sehr
unbequem und zu physiologischen Experimenten un-
geeignet. Außer der ungemeinen Höhe, fanden
sich rechts Professorenquartire, links physikalischer
Hörsaal und Sammlung; es bestand in einem
einzigen Zimmer mit dem Ausgang auf den Cor-
ridor, zwischen denselben vier Wänden mußten
Geräthschaften, Thiere, Wasser, Abfälle, Sammlungs-
gegenstände etc. gehalten werden, und so kam
es, daß bald die dort wohnenden Nachbarn
gegen seine Existenz protestirten und im
Jahre 1828 die Unterbringung der landwirth-
schaftlichen Modellensammlung das Räumen
dieses Locales dringend nothwendig zu machen
schien. Indessen hatte sich die Physiologie
durch jährliche Experimentalcollegien von meiner
und regelmäßige jährliche Unterstützung von
Seiten des hohen Ministerii doch so viel Selbstän-
digkeit erworben, daß es bei eben erwähn-
ter Bedrängniß dem Curatorium nothwendig
erschien an den Director des anatomischen
Instituts die Anforderung zu machen, für
die Experimentalphysiologie im anatomischen
Gebäude ein Locale auszumitteln, bis sich bei
{den} damals vorgeschlagenen Baue eines zu
errichtenden thierarzneilichen Instituts
[4r]die Gelegenheit fände auch für die Bedürfnisse der
Experimentalphysiologie Sorge zu tragen. Es
fand sich während dem noch ein anderes bequemeres
Locale für die Landwirthschaftliche Sammlung im
Quartiere des Professors selbst, und ich zog es vor,
in meinem bisherigen unbequemen Locale zu ver-
bleiben mit der Aussicht, daß mit der Zeit ein
eigenes selbständiges errichtet werde.

Im Jahre 1831 machte ich zu erstenmal bei
dem damaligen Universitätscurator Neumann
den Antrag zur Errichtung eines eigenen physiolo-
gischen Instituts
. In seinem Rescript erhebt
er Zweifel über die Nothwendigkeit eines solchen
Instituts, indem keine deutsche Universität und
selbst die begünstigtesten in Preußen, die Bonner
und Berliner kein derartiges Institut aufzuweisen
hätte; jedoch fand er sich geneigt, im Fall eines neu
zu errichtenden anatomischen Gebäudes mir im
alten Gebäude wenigstens 2 Zimmer zu über-
weisen. Der Anatomie Aufwärter sollte zu-
gleich zu den nöthigen Handleistungen beordert
werden, und ein Student der Medizin als Assistent
nebst Freitisch eine monatliche Vergütigung aus
den Collecten-Fonds (v.)von 2 (rt.)Reichsthaler erhalten.

Im Jahre 1831 wurde mein Locale in der
Universität abermals bedroht, indem es von dem
Professor der Zoologie für den academischen
Zeichner in Anspruch genommen wurde. Bei dieser
Veranlassung erregte die Angelegenheit des phy-
siologischen Instituts
noch allgemeineres Interesse
und wurde ohne mein Wissen und Zuthun im
academischen Senat zur Sprache gebracht und
auch von diesem der Antrag gemacht, bei dem neu
zu errichtenden anatomischen Gebäude auf ein
[4v] geeignetes physiologisches Locale vorzudenken,
auch dem Anatomiedirector aufgetragen mit mir
in Einverständniß beim Entwurf des Planes zum
neuen Gebäude die nöthigen Modificationen an-
zubringen. Indessen hatte ich auf die Anschaf-
fung eines großen plößelschenPlößlschen4 Microscops ange-
tragen, und erhielt ein solches im Sommer des Jah-
res 1832 mit einer Auslage von 219 (rt.)Reichsthalern, auch wur-
de mir erlaubt dieses vorläufig in meinem
Quartir zu beherbergen, bis die angetragene
Einrichtung eines eigenen physiologischen Locales
realisirt wäre.

Mit der Acquisition eines so trefflichen Mi-
croscops begann für meine physiologische Wirk-
samkeit eine neue Epoche. Jeder, der das Micro-
scop ernstlich in Gebrauch gezogen, weiß, daß
unser Auge dadurch eine Potenzirung erlangt, die
alle Grenzen des {gewöhnliches} Sehens durchbricht
und uns allenthalben neue Welten entdecken läßt.
Mit wahrem Heißhunger durchforschte ich nun in
kürzester Zeit alle Gebiete der Pflanzen und
Thier-Histologie und erlangte die Ueberzeu-
gung der Unerschöpflichkeit des neugewonnenen
Stoffs. Fast jeder Tag zählte neue Entdeckun-
gen und ich fühlte bald das Bedürfniß mein
gesteigertes Auge auch Andern zu Theil wer-
den zu lassen und mich an ihrer Sehfreude zu
erfreuen. Auch wollte ich die gegebene Gele-
genheit benützen öffentlich und durch lebendiges
Beispiel zu zeigen, in welcher Art ein physio-
logisches Institut durch Gewinnung neuer Bear-
beiter der Wissenschaft wirksam und ge-
meinnützig werden könne. So entstanden
eine Reihe physiologischer Dissertationen
[5r]die an demselben Instrumente, meist in meinem ei-
genen Quartir von Doctoranden der Medizin
gearbeitet wurden, und wodurch namentlich die
Kenntniß der Elementartheile des Organismus
vielfach gefördert worden. Ich fand selbst Anre-
gung durch die jungen Kräfte, und es gelang mir
so mancher glückliche Fund, namentlich als ich mit
einem so exquisiten Talent als das des   Va-
lentin
mich verbündete.

Es kam nun (1833/34) zum Bau des neuen ana-
tomischen Gebäudes. Der Plan wurde mir mit-
getheilt: es war da auf ein Locale fürs physio-
logische Institut
Rücksicht genommen worden und
bei flüchtiger Ansicht der Sache war ich damit
einverstanden. Als jedoch das Gebäude vollen-
det war, hatte man, ich weiß nicht, durch welche
Veranlassungen auf das physiologische Institut
keine Rücksicht genommen, sondern die dazu bestimm-
ten Parthieen des Gebäudes zu andern Zwecken
verbaut.

Indessen wurde durch eine Commission, woran ich
mit [teilnahm] die Untersuchung über die {Ge-
eigentheit}
des früheren anatomischen Gebäudes
für die chirurgische Schule und fürs physiologische
Institut
abgehalten, und dasselbe zu diesen
Zwecken geeignet gefunden. Später fand sich
jedoch daß dieses Locale nach dem gehörigen Um-
bau dem Anatomiedirector zur Amtswohnung
angewiesen worden sei. So ging die Physio-
logie
ganz leer aus, und ich war nahe daran
allen Muth fallen zu lassen.

Während dieses äußerlich vorging hatte mich
nach dem Laufe menschlicher Dinge vielfaches
Hausunglück durch Sterbefälle getroffen;
mein Quartier wurde halbleer und es zog
[5v]die Physiologie in die leeren Räume ein. Ich benutz-
te das unbequeme Universitätslocale nur noch
zur Aufbewahrung von Geräthen und anatomischen
Gegenständen und hielt die experimentellen Vor-
träge im eigenen Logis, da ich dies nun ungescheut
thun konnte.

In diesem Zustand fand die Physiologie der neue
Bevollmächtigte, Geh. Ob. R-RathGeheime Ober-Regierungs-Rath6 Heincke und for-
derte mich auf neue Anträge an das hohe Mi-
nisterium
vorzulegen; auch wurden die noch
disponiblen vom früheren Klosterbau übrig ge-
bliebenen Localitäten in den Höfen des neuen
anatomischen Instituts untersucht, ob irgend
eines zum Umbau fürs physiologische Institut
sich eignete, es fand sich jedoch keins als solches
hiezu geeignet, wenn nicht ein bedeutender
Umbau vorgenommen werden sollte.

Ich arbeitete nun im Sommer 1836 einen neuen
ausführlichen in jeder Hinsicht motivirten An-
trag zur Errichtung eines selbständigen physiolo-
gischen Instituts
aus und erfreute mich einer gün-
stigen Bevorwortung von Seite des Universi-
tätscurators. Darin kam unter Andern
auch der bescheidene Vorschlag vor, für etwa
160 (rt.)Reichsthaler jährlichen Zins ein geeignetes Quartier7 für das
Institut zu miethen. Es erfolgte von Seiten
des hohen Ministerii die Bestimmung den et-
waigen Zinsbetrag eines sonst erforderlichen
Miethslocales zu capitalisiren und für die
sich ergebende Summe die Errichtung eines
neuen Gebäudes nebst den gehörigen Plänen
zu beantragen. Das frühere Remise-
gebäude am Eingange des anatomischen
Hofs ward zum Umbau geeignet gefunden
[6r]und im Jahre 1838 der Bauinspector der Universität
beauftragt den Bau auszuführen.

Nachdem nun im Frühjahr 1839 das Gebäude vol-
endet war, erhielt ich zwar einen systematisirten
Zuschuß von jährlichen 80 (r.)Reichsthalern zu physiologischen De-
monstrationen, da aber für die Erhaltung und
gehörige Einrichtung des neuen Gebäudes, so wie
auch für die gehörige Assistenz, die ein selbstän-
diges Institut erfordert, durch eigene Fonds noch
nicht vorgesorgt war, nahm ich noch Anstand, das
neue Gebäude in Gebrauch zu ziehen und fand
mich veranlaßt neue erweiterte Anträge zu
machen, wobei ich in eine noch speciellere Erör-
terung der Zwecke eines physiologischen In-
stituts
einging [und] die Ernennung eines wissen-
schaftlichen Assistenten, eines Dr.
Med. mit einem Gehalt von 400 (r.)Reichsthalern in An-
trag brachte, damit derselbe unabhängig von
anderweitigem Erwerbe sich ganz dem Insti-
tut und überhaupt der physiologischen Wissen-
schaft widmen könnte. Auch sollte die Stelle
nur temporär sein und als Bildungsschule phy-
siologischer Aerzte betrachtet werden.

Indessen war Minister Altenstein gestorben
und mit dem neuen Ministerium erfolgte in diesem
Jahre die Erledigung meiner letzten Anträge
in der Art, daß zur Herbeischaffung größerer
Apparate und Instrumente dergl. Micro-
scope, Luftpumpe, Gasometer, Injections-
apparate, anatomisch-chirurgische Instrumente,
feiner Wage, chemischer Apparat etc. zu
Vorauslage 700 (r.)Reichsthaler bewilligt wurden. Außer-
dem wurde ein jährlicher Zuschuß von 300 (r.)Reichsthalern
angewiesen[,] in der Art zu verwenden, daß
daraus die Besoldung eines Aufwärters mit
[6v]100 (r.)Reichsthalern die Remuneration einiger Hilfsarbei-
ter und Zeichner mit 50 (r.)Reichsthalern bestritten werden
sollte, das Uebrige wurde als besonderer Etats
unter die in meinem Antrage angeführten
Titel vertheilt.

So sehr ich über die endliche Realisirung meiner
durch viele Jahre angestrebten Pläne erfreut
sein mußte, so sehr mußte ich darüber betrübt
sein, daß sie so weit unter meinem Ideale zu-
rückgeblieben ist. Am meisten unangenehm
fühlte ich es, daß man auf meine Gründe für die
Anstellung eines wissenschaftlichen Assistenten
nicht Rücksicht genommen und mir, der ich auch
nicht mehr unter die jungen Docenten gehöre,
einen bloßen Aufwärter zuwies. Indessen
mußte auch das was geboten war mit Dank
angenommen werden und ich beeilte mich sogleich
zur Einrichtung des Instituts zu schreiten, und es
für Experimentalphysiologie in Gebrauch zu
ziehen. Zugleich machte ich erneuerte Anträge
wegen Anstellung eines wissenschaftlichen Assi-
stenten und wegen Vermehrung einzelner
Etats, deren Summen den Zwecken unange-
messen erschienen. Vorläufig wurden ein
Herr Oschatz, Doctorand der Philosophie, der
sich bis jetzt mit Liebe mit Phytotomie beschäf-
tigt hatte für die vorhandene Etatssumme
des Aufwärters und etwaige Remuneratio-
nen und den früher systematisirten 80 (rt.)Reichsthalern
zum interimistischen Assistenten vorgeschla-
gen. Dies wurde gewährt so wie auch
erlaubt die Etatstitel zu vermischen. Die
übrigen Erweiterungen und Verbesserungen
muß die Zeit bringen, namentlich ist mir die
[7r]Aussicht eröffnet, daß bei dem durch die Munifi-
zenz des Königs zu erhöhenden Universitäts-
etat auch für das neue Institut ein Antheil sich
wird finden lassen.

Ein wesentlicher Mangel des Instituts, an
dem ich selber Schuld bin, und der nicht sobald zu
verbessern sein wird, liegt darin, daß ich ver-
säumt hatte auch auf eine Amtswohnung des
Directors im Institutsgebäude selbst anzutra-
gen. Ich hatte wohl im Verlaufe der Verhand-
lungen daran gedacht, wurde aber durch die sich
immer neu ergebenden Schwierigkeiten zu
sehr abgeschreckt als daß ich meine Forderun-
gen noch höher zu steigern gewagt hätte, auch
fürchtete ich in den Verdacht von eigennützigen
Absichten zu gerathen. Wenn irgend ein Fach
die immerwährende unmittelbare Nähe
des Forschers und wenn es ein praktisches
Institut sein soll, des Directors erfordert,
so ist es die Physiologie. Sie ist darin im
ähnlichen Falle, wie der Botanische Garten,
und das chemische Laboratorium. Eher
ließe die Physik und Anatomie eine Tren-
nung der Wohnung vom Institute zu, da
sie besonders die letzere nicht mit ununter-
brochenen Processen zu thun haben. Um
so dringender ist dann auch die Anstellung
eines gehörig besoldeten wissenschaftlichen
Assistenten mit bleibender Wohnung im In-
stitutsgebäude, der im Stande sei selbstän-
digen Untersuchungen ununterbrochen ob-
zuliegen und darüber Rechenschaft zu geben,
so wie auch praktische Uebungen jüngerer
[7v]Forscher zu leiten.

Sie finden dieser meiner kurzen Relation
den Plan des Institutsgebäudes beigefügt. Ich
wünsche nichts angelegentlicher, als daß diese
Mittheilungen dazu beitragen möchten, Ihnen
in Göttingen ein Institut zu schaffen, was als
ein Muster für andere anderwärts künftig
zu errichtender dienen könnte und daß die an-
geführten Mängel dazu dienten, die Sache
besser zu machen und nicht davon ein Beispiel
und Motiv des Maßes einer vielleicht noch
größeren Beschränkung anzunehmen.

In tiefster Achtung
Ihr
freundlich ergebener
Joh. Purkinje
bin]
weder]
nicht würdwürde]
plößelschenPlößlschen]
e]
Geh. Ob. R-RathGeheime Ober-Regierungs-Rath]
Quartier]
CC-BY-SA-4.0

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TextGrid Repository (2023). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 30. August 1841. Purkinje an Rudolph Wagner. Z_1841-08-30_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-D1EF-8