[58]

Das schwarze Siegel meines Briefes muß mir abermals bey Ihnen, mein werthester Herr Doctor, zur Entschuldigung dienen, wenn ich beynahe nur den Empfang Ihres wohlgedachten Aufsatzes melde. Die Krankheit meiner lieben Frau und ihr erfolgtes[59]Ableben hat mich allem Wissenschaftlichen und namentlich der Farbenlehre entrissen, in die ich durch Ihre Arbeit, durch den Abdruck des Schulz'schen Aufsatzes, welcher beyliegt, und bey dem Transport meines sämmtlichen chromatischen Apparats nach Jena wieder hineingelockt worden. Auch wurden die Versuche der entoptischen Farben leider unterbrochen, so wie die der chemischen, wozu mich Voigts schätzenswerthe Schrift: die Farben organischer Körper angeregt. Indessen ist aus allem doch zu ersehen, daß der Punct, von dem wir sämmtlich ausgehen, lebendig fortwirkt, wenn gleich nach verschiedenen Richtungen. Möchten doch auch Sie nicht müde werden dieses schöne Feld zu bebauen und Ihre Ansichten fortzuhegen, damit wir vielleicht in einigen Jahren fröhlich in dem Mittelpunct wieder zusammen träfen, von dem wir herstammen; denn wir sind denn doch auf das höchste Alterthum gegründet und diesen Vortheil wird uns niemand entreißen. Lassen Sie manchmal von sich hören


License
CC-BY-SA-4.0
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2023). Goethe, Johann Wolfgang von. 16. Juni 1816. Goethe an Schopenhauer. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-B885-B