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Ich habe es gewagt Ihnen die zweite Folge meiner Untersuchungen über das Sehen in subjectiver Hinsicht zu dediciren, weil ich mich des Wunsches nicht entschlagen konnte jede meiner mühsamen Geistesarbeiten zum Denkmal meines Gefühls aufzustellen. Sie dürfen sich nicht daran stoßen, daß die Sache zugleich in einem medicinischen Journal abgedruckt erscheint; es ist dies hierbei unwesentlich, und gegen die ursprüngliche Bestimmung, ein Tribut den meine Armuth der Buchhändlerei zollen mußte, da das Manuscript schon seit einem Jahre hoffnungslos umherirrte. Ich hoffe daß dieses Bändchen das phlegmatische Interesse der Deutschen etwas mehr aufregen wird. Ich mache Ew. Excellenz auf das Sich-Aufheben der Farbenspectra aufmerksam, da es auch für die Kunstpraxis eine Ausbeute gewährt, indem nach der selbsteigenen Beobachtung des berliner Malers Wach die Schattenpartien in farbigen Gewändern nur erst dann ein reines Dunkel gewähren, wenn sie einen schwachen Ueberzug von der entgegengesetzten Farbe[195]erhalten, wo dann das Objective, das von der Lichtpartie angeregte Subjective wieder aufhebt. [...]

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TextGrid Repository (2023). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 27. November 1825. Purkinje an Goethe (Auszug). Z_1825-11-27_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-CAC4-0