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Ewr Excellenz haben es gesagt, in Ihrer Biographie: "so ist doch immer das Finale, daß der Mensch auf sich zurückgewiesen wird." Auch ich muß jetzt schmerzlich ausseufzen: "ich trete die Kelter allein!" - Ich kann es nicht verhehlen, daß es mich sehr geschmerzt hat, so gar keine ernstliche Theilnahme, Rückwirkung, Erwiederung von Ihnen erhalten zu haben. Die Erfüllung meiner ersten Bitte hoffte ich viel zuversichtlicher, als ich mir merken lassen mochte: ich war der lebhaftesten Theilnahme gewiß. Diese sanguinischen Hoffnungen erblaßten allmählig: aber nach so langer Zeit, so vielem Schreiben, auch nicht einmal Ihre Meinung, Ihr Urtheil zu erfahren, nichts, gar nichts als ein zögerndes Lob und ein leises Versagen des Beifalls, ohne Angabe von Gegengründen: das war mehr als ich fürchten, weniger als ich je hoffen konnte. ... [33] ...

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Uebrigens habe ich in dem Jahr seit der ersten Abfassung meiner Theorie, nie aufgehört mich mit dem Gegenstande zu beschäftigen, darüber zu lesen, zu denken und aufzuschreiben. Daher werde ich jetzt die Abhandlung umarbeiten, manches berichtigen, manches zusetzen, einiges wegnehmen, den Vortrag verbessern. Und hier habe ich noch eine Bitte an Ewr Excellenz, die Sie mir gewiß nicht abschlagen werden. Sie schrieben mir, Sie hätten in Jena durchzusehn versucht, was seit 8 Jahren über die Farben geschrieben ist: auch früher lobten Sie, daß Seebeck genaue Kenntniß Ihrer Gegner habe. Ich wünsche mich von Allem genau zu unterrichten. Von dem in der neusten Zeit Erschienenen, ist mir außer den (s. v.)salva venia Rezensionen nichts bekannt, als des Klotz einfältiges Produkt, Runge's artiges Werk mit dem Steffenschen Naturphilosophicum (das ich nicht loben kann), Pfaffs schändliches Ge-[34]schreibe, Mollweides elendes lateinisches Programm, und einige Aufsätze in Himlys ophthalmologischer Bibliothek, älter als Ihre Farbenlehre. [Brewers] neue Theorie der Lichtfarben erhalte ich nächstens. - Ich bitte Ewr Excellenz inständigst mir mitzutheilen was Ihnen außer diesem bekannt seyn möchte, und wenn es irgend seyn kann, mir eine literarische Notiz von Seebeck zu verschaffen. Dies alles kann mir aber nur nutzen, wenn es ohne allen Aufschub geschieht. Denn Hartknoch verlegt meine Abhandlung und ich habe versprochen in drei bis vier Wochen das MS zum Druck zu liefern.

Ich bitte Ewr Excellenz zu bedenken daß meine Schrift hoffentlich viel zur Ehre und Rechtfertigung Ihres Werkes beitragen wird und sehe deshalb der gütigen Erfüllung meiner Bitte mit Zuversicht entgegen

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 7. Februar 1816. Schopenhauer an Goethe. Z_1816-02-07_m.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-34D3-8