[ Zu sehen ist eine Doppelseite aus einer Publikation des Versehrtensportverbands der DDR. Auf der ersten Seite ist die Überschrift "Schnappschüsse vom Sporttreiben" zu lesen. Beide Seiten präsentieren jeweils vier gleich große schwarz-weiße Fotografien von behinderten Sportlerinnen und Sportlern. Die Bilder sind nummeriert: auf der linken Seite in der oberen Reihe von links nach rechts die Bilder 1 und 2, darunter die Bilder 3 und 4. Auf der rechten Seite in der oberen Reihe von links nach rechts die Bilder 5 und 6, darunter die Bilder 7 und 8. Unter den Bildern auf der rechten Seite ist zudem eine Kurzbeschreibung angefügt, die zu allen acht Bildern die jeweilige Beeinträchtigung der abgebildeten Person(en) und die ausgeübte Sportart angeben. Die Legende nennt unter Foto 1 Querschnittsgelähmter beim Kugelstoßen. Auf dem Bild ist ein Mann im Rollstuhl beim Kugelstoßen zu sehen. Die Aufnahme zeigt den Moment kurz nachdem die Kugel die rechte Hand des Athleten verlassen hat und sich in der Luft befindet. Im Bildhintergrund sind mehrere Rollstuhlfahrer zu sehen, die ebenfalls am Wettkampf teilnehmen und ihrem Konkurrenten beim Kugelstoßen zusehen. Mehrere Athleten tragen Mützen um sich vor der Sonne zu schützen, die auf dem von Bäumen umstandenem Sportgelände scheint. Zu Bild 2 heißt es in der Legende: Sehgeschädigter Kegler. Abgebildet ist ein Mann beim Kegeln auf einer Kegelbahn. Während im Bildhintergrund mehrere Männer und Frauen, teils ebenfalls in Sportkleidung, den Wurf des Sportlers beobachten, verlässt gerade die Kugel die rechte Hand des Keglers. Dieser stützt seine dynamische Bewegung auf dem gebeugten linken Bein ab. Bild 3 wird in der Legende beschrieben: Blinde Rollballspieler (mit lichtundurchlässigem Augenschutz) bei der Ballabwehr . Auf der Fotografie sind drei Athleten zu sehen, die eine Augenbinde tragen. Der rechte der drei Spieler liegt bereits in voller Streckung auf dem Boden, um mit der möglichst großen Körperfläche das neun Meter breite und 1,30 Meter hohe Tor zu schützen, vor dessen linker Hälfte er liegt. Seine beiden Mitspieler bewegen sich in Erwartung des Balls nach links, in Richtung ihres bereits am Boden liegenden Teamkameraden. Zum vierten und letzten Bild der linken Bildseite heißt es in der Legende: Unterschenkelamputierter Tischtennisspieler . Die Fotografie zeigt einen Mann beim Tischtennisspielen. Er trägt am linken Bein vom Knie abwärts eine Prothese und schlägt mit der rechten Hand einen Ball mit der Rückhand zum Gegner. Im Bildhintergrund sind hinter einer Bande sitzend mehrere Zuschauerinnen und Zuschauer zu erkennen. Bild 5 - das erste Bild auf der rechten Seite - wird mit Schwerstversehrter beim Kugelstoßen beschrieben. Diese Fotografie ähnelt dem Bild 1: Ein Kugelstoßer kurz nach der Stoßbewegung, die Kugel befindet sich gerade im Flug. Im Gegensatz zum Kugelstoßer im Rollstuhl aus Bild 1 stößt der Athlet jedoch mit der linken Hand und stützt sich mit der rechten Hand auf eine Krücke. An beiden Beinen trägt der Sportler Prothesen. Im unmittelbaren Hintergrund sind mehrere Personen zu erkennen, von denen zwei offenbar weiß gekleidete Kampfrichter sind. Eine Frau sitzt an einem kleinen Tisch, davor steht ein Mann mit einem Maßband und beobachtet aufmerksam den Stoßversuch. In der Legende heißt es zu Bild 6: Querschnittsgelähmter beim Diskuswerfen . Die Fotografie zeigt einen im Rollstuhl sitzenden Diskuswerfer. Das Wurfgerät in der rechten Hand haltend setzt er im Moment der Aufnahme mit beiden Armen in der Luft zur Ausholbewegung an. Zwei Männer fixieren dabei den Rollstuhl des Athleten: einer sitzt vorne, mit dem Rücken zum Athleten auf dem Fußbrett des Rollstuhls, ein weiterer liegt mit dem Gesicht zum Werfer hinter dem Rollstuhl und hält mit beiden Händen dessen Räder fest. Auf Bild 7, das in der Legende mit Hörgeschädigte Staffelläuferinnen beschrieben wird, sind auf einer Laufbahn zwei Läuferinnen zu erkennen. Die Fotografie hält den Moment der Stabübergabe in einem Laufwettbewerb fest. Die hintere der beiden Athletinnen im Sportdress drückt mit ihrer rechten Hand den Stab in die linke Hand ihrer Teamkollegin. Die beiden belegen die innerste mehrerer Laufbahnen. Auf zwei äußeren Bahnen sind im Hintergrund eine Konkurrentin der beiden Leichtathletinnen sowie ein Kampfrichter zu erkennen, der die Stabübergabe prüfend beobachtet. Das letzte Bild - Bild 8 - zeigt einen Oberschenkelamputierten beim Startsprung , so heißt es in der Legende. Zu sehen ist der Startsprung eines Schwimmers, der einseitig oberschenkelamputiert ist und sich gerade in voller Streckung mit seinem rechten Bein vom Startblock abdrückt. Im Bildhintergrund weisen Tribünen zwar darauf hin, dass sich die Szenen in einer größeren Schwimmhalle abspielt, doch sind keine Zuschauer in der Aufnahme zu erkennen. ]

Der Sport behinderter Menschen wurde in der sich selbst als ‘Sportnation’ stilisierenden DDR weitgehend vernachlässigt. Analog zur Struktur des Nichtbehindertensports mussten sich behinderte Sportlerinnen und Sportler offiziellen Betriebssportgruppen anschließen. Erst in den 1980er Jahren verzeichnete der Deutscher Verband für Versehrtensport der DDR (DVfV) einen Anstieg der Mitgliederzahlen. 1989 versammelte der DVfV etwa 13.000 körperbehinderte Sportler, bevor er 1991 in den bundesdeutschen DBS eingegliedert wurde, der zu diesem Zeitpunkt etwa 200.000 Behindertensportler betreute. Die Bildcollage zeigt eine Bandbreite verschiedener Wettkämpfe, die in separaten Gruppen von körperbehinderten, sehgeschädigten und hörgeschädigten Athletinnen und Athleten bestritten wurden. Bei internationalen Veranstaltungen fehlten Teilnehmer aus der DDR allerdings: der DVfV entsandte zeit seines Bestehens keine einzige Delegation zu Paralympischen Spielen.

Literaturhinweise:
  1. Bernd Wedemeyer-Kolwe: Vom "Versehrtenturnen" zum Deutschen Behindertensportverband (DBS). Eine Geschichte des deutschen Behindertensports, Hildesheim 2011, S. 179-243.
  2. Christine Leutelt/Jochen Hinsching: Behinderte im Sport – eine "vergessene" Zielgruppe im Sportland DDR?, in: Sozial- und Zeitgeschichte des Sports 13 (1999), S. 48–64.

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TextGrid Repository (2018). Quellensammlung zur Geschichte von Menschen mit Behinderungen. Freizeit. D7 - Kommentar. Geschichte-MMB. Sebastian Schlund. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000B-D1DF-E