Mit dem Infokasten „Warum Versehrtensport“ warb die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Versehrtensport, als Vorläufer des Deutschen Versehrtensportverbandes in den 1950er Jahren um neue Mitglieder. Die Anzeige erschien regelmäßig im offiziellen Publikationsorgan „Der Versehrtensportler“. Alle drei Kernaussagen des Werbetextes zielen auf die Verbesserung des Gesundheitszustandes der angesprochenen Personen. Sowohl die physische als auch die psychische Verfassung körperlich beeinträchtigter Menschen werde durch den Versehrtensport gehoben. Diese Sichtweise korrespondiert mit der zeitgenössischen Interpretation von Behinderung, da Menschen mit (körperlicher) Beeinträchtigung zugleich ein spezifischer Minderwertigkeitskomplex unterstellt wurde. Oftmals war in diesem Zusammenhang vom ‘Krüppelkomplex’ die Rede. Die Betonung einer vernünftigen Weise und des Ziels der jeweiligen persönlichen Höchstleistung verweisen auf den heiltherapeutischen Charakter des Versehrtensports. Weniger sportlicher Wettkampf und die verpönte Rekordsucht prägten die Anfänge des Behindertensports, sondern vielmehr eine zweckmäßige Körperertüchtigung unter ärztlicher Aufsicht. Idealerweise sollte diese Körperschulung im Kreise gleichversehrter Kameraden stattfinden. Wenngleich der Versehrtensport für diese In-Group also ein Integrationsangebot bereitstellte, wirkte er zugleich für jene Personen exkludierend, die nicht zu diesem Kreis zählten.

Literaturhinweise:
  1. Bernd Wedemeyer-Kolwe: Vom "Versehrtenturnen" zum Deutschen Behindertensportverband (DBS). Eine Geschichte des deutschen Behindertensports, Hildesheim 2011.

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TextGrid Repository (2018). Quellensammlung zur Geschichte von Menschen mit Behinderungen. Freizeit. D2 - Kommentar. Geschichte-MMB. Sebastian Schlund. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000B-D1D2-B