Bundesgesetzblatt

Ausgegeben zu Bonn am 21. Dezember 1950

[...]

Gesetz
über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz)

Vom 20. Dezember 1950.

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Anspruch auf Versorgung

§ 1
  • (1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümliche Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
  • (2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
    • a) eine unmittelbare Kriegseinwirkung,
    • b) eine Kriegsgefangenschaft,
    • c) eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit
    • d) eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist.
  • (3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichtkeit des ursächlichen Zusammenhangs.
  • [...]
  • (5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung.

[...]

§ 5
  • (1) Als unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des §1 Abs. 2 Buchstabe a gelten, wenn sie im Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen stehen:
    • a) Kampfhandlungen und damit unmittelbar zusammenhängende militärische Maßnahmen, insbesondere die Einwirkung von Kampfmitteln,
    • b) behördliche Maßnahmen in unmittelbarem Zusammenhang mit Kampfhandlungen oder ihrer Vorbereitung, mit Ausnahme der allgemeinen Verdunkelungsmaßnahme,
    • c) Einwirkungen, denen der Beschädigte durch die besonderen Umstände der Flucht vor einer aus kriegerischen Vorgängen unmittelbar drohenden Gefahr für Leib und Lebene ausgesetzt war,
    • d) schädigende Vorgänge, die infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen oder ehemals deutsch besetzten Gebietes oder mit der zwangsweisen Umsiedlung und Verschleppung zusammenhängenden besonderen Gefahr eingetreten sind,
    • e) nachträgliche Auswirkungen kriegerischer Vorgänge, die einen kriegseigentümlichen Gefahrenbereich hinterlassen haben.
  • [...]

[...]

Umfang der Versorgung

§ 9
  • Die Versorgung umfaßt:
    • 1. Heilbehandlung, Krankengeld und Hausgeld (§§ 10 bis 24),
    • 2. soziale Fürsorge, Arbeits- und Berufsförderung (§§ 25 bis 28),
    • 3. Beschädigtenrente und Pflegezulage (§§ 29 bis 35),
    • 4. Bestattungsgeld (§ 36) und Bezüge für das Sterbevierteljahr (§ 37),
    • 5. Hinterbliebenenrente (§§ 38 bis 52),
    • 6. Bestattungsgeld beim Tode von Hinterbliebenen (§ 53).

[...]

Beschädigtenrente

§ 29
  • (1) Der Beschädigte hat Anspruch auf eine Grundrente, solange seine Erwerbsfähigkeit infolge einer Schädigung um 25 vom Hundert oder mehr gemindert ist.
  • (2) Beschädigten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 vom Hundert oder mehr (Schwerbeschädigte ) wird außerdem eine Ausgleichsrente nach Maßgabe der §§ 32 bis 34 gewährt.
§ 30
  • (1) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen; der vor der Schädigung ausgeübte Beruf oder eine bereits begonnene oder nachweisbar angestrebte Berufsausbildung ist zu berücksichtigen. Für erhebliche äußere Körperschäden können Mindesthundertsätze festgesetzt werden.
  • (2) Bei jugendlichen Beschädigten (§ 34) ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Grade zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt.
§ 31
  • (1) Die Grundrente beträgt monatlich bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit
    • um 30 vom Hundert 15 Deutsche Mark,
    • um 40 vom Hundert 20 Deutsche Mark,
    • um 50 vom Hundert 25 Deutsche Mark,
    • um 60 vom Hundert 35 Deutsche Mark,
    • um 70 vom Hundert 45 Deutsche Mark,
    • um 80 vom Hundert 55 Deutsche Mark,
    • um 90 vom Hundert 65 Deutsche Mark,
    • bei Erwerbsunfähigkeit 75 Deutsche Mark
  • [...]
§ 32
  • (1) Schwerbeschädigte (§ 29 Abs. 2) erhalten eine Ausgleichsrente, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustandes oder hohen Alters oder aus einem von ihnen nicht zu vertretenden sonstigen Grunde eine ihnen nicht zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem Umfange ausüben können und ihr Lebensunterhalt nicht auf andere Weise sichergestellt ist.
  • (2) Die volle Ausgleichsrente beträgt monatlich bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit
    • um 50 vom Hundert 40 Deutsche Mark,
    • um 60 vom Hundert 40 Deutsche Mark,
    • um 70 vom Hundert 50 Deutsche Mark,
    • um 80 vom Hundert 60 Deutsche Mark,
    • um 90 vom Hundert 75 Deutsche Mark,
    • bei Erwerbsunfähigkeit 90 Deutsche Mark
  • [...]
§ 33
  • (1) Ausgleichsrente ist nur insoweit zu gewähren, als sie zusammen mit dem sonstigen Einkommen folgende Monatsbeträge nicht übersteigt
    • um 50 vom Hundert 80 Deutsche Mark,
    • um 60 vom Hundert 80 Deutsche Mark,
    • um 70 vom Hundert 90 Deutsche Mark,
    • um 80 vom Hundert 100 Deutsche Mark,
    • um 90 vom Hundert 115 Deutsche Mark,
    • bei Erwerbsunfähigkeit 130 Deutsche Mark
  • [...]

[...]

Die Bundesregierung hat dem vorstehenden Gesetz die nach Artikel 113 des Grundgesetzes erfolrderliche Zustimmung erteilt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.

Bonn, den 20. Dezember 1950.

Der Bundespräsident
Theodor Heuss

Der Bundeskanzler
Adenauer

Der Bundesminister für Arbeit
Anton Storch

Dieses Werk ist gemeinfrei.


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TextGrid Repository (2018). Quellensammlung zur Geschichte von Menschen mit Behinderungen. Gesetze. A1 - Transkript. Geschichte-MMB. Gemeinfrei. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000B-D1AD-6