1819, 19. April.


Mit Friedrich von Müller u.a.

»Jedes Ding,« sprach Goethe, »jede Beschäftigung verlangt eine eigene Form, eine Formel, die, das Unwesentliche ausschließend, den Hauptbegriff scharf umgränzt.« Viele empfänden das Richtige, möchten es gern darstellen, könnten aber nicht zur passenden Form gelangen.

Wie anmuthig scherzte der herrliche Mann mit Ulrike [v. Pogwisch], der er gewisser technischer oder Coterie-Wörter Bedeutung anschaulich machen wollte, z.B. Kategorien, caput mortuum. Sie müsse dergleichen verstehen, aber nie selbst aussprechen.

Dann theilte er Anekdoten von seinem früheren Leben in Ilmenau mit; erzählte von den tollen Späßen[7] mit dem Glasmann Glaser, der durch alle vier Elemente von Goethen geängstigt und für sein Handbieten zu vorheriger nächtlicher Perturbation bestraft wird. Er erzählte von Einsiedels gottlosem Wegziehen des Tischtuches mit allen Abendspeisen und seiner Flucht. Aber sobald die Sonne kam, war Gottesfriede; Niemand durfte sich mehr am Andern rächen. Er erinnerte an v. Seebachs Wort beim Plumpsackspiel zu Wilhelmsthal: Schlagt doch zu! so gut wird es Euch nicht leicht wieder, Euern Fürsten und Herrn prügeln zu dürfen – fand er ganz sublim und grandios. Damals ritt letzterer täglich ein rasches bequemes Pferd, Poesie genannt. »O, es waren nicht schlechte Zeiten!« rief er wehmüthig aus. Dann kam ein bitteres Urtheil über den Stand des Weimarischen Theaters. Als einst die Göchhausen Graff ungerecht getadelt, habe er ihr gesagt: »Fräulein, Sie werden lange faulen, wenn Graff noch der Stolz unserer Bühne sein wird.«

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. 1819. 1819, 19. April. Mit Friedrich von Müller u.a.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A553-3