1819, 19. April.


Mit Friedrich von Müller u.a.

[Ergänzung zu Nr. 733. Anfang:]


Abends bei Goethe. Er kritisirte meine Rede und bemerkte, ich habe mich vor zu ausgedehntem Gebrauche der Tropen zu hüten, wohin mein Stil gerade neige. »Es ist unrichtig zu sagen: ein abgeschlossenes Leben fordert. Ein abgeschlossenes Leben ist kein Leben mehr, es ist todt; jenes kann nichts fordern. Die Keuschheit der Tropen, ihre Proprietät ist Hauptmaxime des Stils [86] im westlichen Europa. Außerdem fällt man ins Bodenlose, Verwirrte, Absurde.« Bloß durch strenge Angeschlossenheit der Begriffe am Bilde, wodurch unmittelbare Anschaulichkeit erlangt wird, durch den eigensten keuschesten Gebrauch der Tropen habe er, Goethe, sich die Jugendlichkeit des Stils bewahrt. Man müsse sich von solchen Grundmaximen ganz durchdringen lassen, überhaupt eines Lehrers Ansichten so in Fleisch und Blut aufnehmen, daß man seine Worte nicht zu wiederholen brauche, ja sie ganz vergessen könne und doch immer den rechten Begriff wieder zu construiren, den richtigen Text durch eine entsprechende Maxime zu finiren vermöge.

[87]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. 1819. 1819, 19. April. Mit Friedrich von Müller u.a.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A4E5-5