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An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben in diesen kurzen letzten Jahrestagen, die mich wie immer gar übel behandeln, zu wahrhafter Erquickung und Belebung gar manches mitgetheilt, wovon einiges mit dankbarster Anerkennung hier zurück erfolgt.

1) Das kleine niedliche Liebes-Büchlein, gar freundlich ausgestattet, erinnert an die frühere französische Dichtung, zu deren typographischer Belebung die Franzosen jetzt überhaupt gar manches leisten. Einige Gedichte darunter, wie ich gern gestehe, wünscht ich wohl unter die meinigen zählen zu können.

2) Im Gegensatze das Schreiben von d'Alton; er scheint nicht in geringere Verlegenheit gewesen zu seyn, den bedeutenden Auftrag zu erfüllen; ruft er doch die ganze Zoologie zusammen um seinen Collegen aus der Affen-Kategorie zu retten.

[35] 3) Genehmigen Höchst Dieselben die graphische Darstellung der weimarischen Barometerbeobachtungen die wir wöchentlich verfolgen. Es ist merkwürdig wie das Quecksilber den ganzen November über unter der Mittellinie hinkriecht. Die seltsamen und unglücklichen Erscheinungen sind wir dieser Andeutung wohl schuldig.

Daß der Anblick des neuentstandenen Gedichtes mir höchst erfreulich gewesen verfehle nicht alsobald schuldigst anzuzeigen, indem er mir zugleich die fortwährende dichterische Thätigkeit eines hochverehrten Mannes und die Fortdauer seines höchst schätzbaren Andenkens bewährte. Möge noch manches Schöne und Gute wie bisher so auch fernerhin gelingen und edlem vaterländischen Stoff eine würdige Behandlung zu Theil werden.

Mir und meinen Freunden wird das jüngst Übersendete in literarischen Abendzirkeln gewiß zum Vergnügen gereichen, wie uns die früheren Hefte bereits eine vorzügliche Unterhaltung gewährten.

Denn das ist es eigentlich was die Freunde der Literatur und Kunst verbindet, daß die Aufmerksamkeit immer auf die Bemühungen der Mitlebenden gerichtet bleibe, die uns gar kräftig von dem fortdauernden Wirken und Bestreben der Geisteswelt ein Zeugniß ablegen.

Noch erfreulicher wird diese Betrachtung, wenn die Talente auch solchen Männern beywohnen die an hoher Stelle sich selbst zum Genuß, und andern zum Antrieb [36] einer nacheifernden Bildung, ununterbrochen fortwirken.

Da ich nun in späten Jahren das Glück einer solchen Umsicht vorzüglich zu schätzen alle Ursache habe, so darf ich hoffen daß Hoch Dieselben mich auch künftig nicht vergessen und mich und meine Freunde durch werthe Mittheilungen gefällig zu erfreuen fortfahren werden.

Weimar den 13. December 1824.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1824. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9EA8-9