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An Christian Gottlob Voigt

Über beyliegendes Döbereinisches Schreiben eröffne die seit einiger Zeit schuldig gebliebenen Gedancken.

In dem Besoldungsetat der Oberaufsicht steht er mit 439 rh. 14 gr., darüber erhält er 100 rh. zu Experimenten, hat freye Wohnung am neuen Thor, Laboratorium und Auditorium im Schloße, für den Garten an jenem Wohnlaufe zahlt er 25 rh. Pacht.

Nun wäre freylich zu wünschen gewesen er wäre bey Gelegenheit des neuen Academischen Etats auch mit verbessert worden, weil die dort ausgetheilten ansehnlichen Besoldungen ihn freylich in seiner Lage nachdenklich machen.

Seinen Studien gleicht keines der übrigen Professoren an Aufwand; was die reichen fremden Nationen entdecken und erfinden darf nicht ohne Nachversuch bleiben, nicht ohne Prüfung, ja nicht ohne Bemühung ihnen vorzueilen. Andre Versuche auf unmittelbar in's Leben greifende Erfahrungen und Vorschläge sich beziehend dürfen auch nicht unbeachtet bleiben.

Welche Pflichten von häuslicher Seite einem solchen Manne eine jetzt schon aus sechs Kindern bestehende, jährlich sich vermehrende Familie auferlegt ist kaum zu übersehen bey den erhöhten Preisen aller Bedürfnisse.

[351] Zuvörderst würde wohl die Erlassung des ihm zur Reise verwilligten Vorschusses als der erste Schritt ihm aufzuhelfen angesehen werden, wodurch er in den völligen Genuß seiner ihm schon verwilligten Besoldung gelangte.

Wie demselben aber eine Zulage zu machen sey liegt ausser dem Kreise meiner Beurtheilung. Der oberaufsichtliche Etat ist abgeschlossen und könnte ihm nur bey irgend einer Eröffnung etwas zugewiesen werden. Wie aber unsere Casse in Absicht auf die Verwaltungskosten stehe läßt sich erst Ostern beurtheilen. Unsere Obliegenheiten sind so gros, ja wachsend daß wir schwerlich etwas neues übernehmen können.

Ein Titel würde ihn zwar nicht entschädigen aber erfreuen. Diese Rangbezüge haben sich auch in den letzten Zeiten sehr gesteigert. Sollte mir im Laufe des Geschäfts etwas behufigers beygehn würde ich es nachzubringen nicht verfehlen.

Jena d. 25. Dez. 1817.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9E5B-8