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An Christian Gottlob Voigt

Daß die Armee nach dem Sprunge von Longwy nach Verdün wieder still steht um sich gleich einer Heuschrecke zu einem neuen Sprunge vorzubereiten wissen Sie und vielleicht ehe Sie diesen Brief erhalten ist der zweyte auch schon gethan. Es ist höchst interessant gegenwärtig zu seyn da wo nichts gleichgültiges geschehen darf. Den Kriegsgang unter einem so großen Feldherrn und die französche Nation zu gleicher Zeit näher kennen zu lernen giebt auch einem müssigen Zuschauer Unterhaltung genug. Aus dem was geschieht zu schließen was geschehen wird und manchmal einen Seitenblick in die Karte zu thun giebt dem Geiste viel Beschäftigung. So viel ist zu sehen daß sich die Unternehmung in die Länge zieht. Das Unternehmen ist immer ungeheuer so groß auch die Mittel sind.

Wir wissen ja wie schweer es sey auch mit vier Kunstzeugen das bißchen Wasser aus der Tiefe zu gewältigen.

Was Sie in unsern Bergwercks Geschäften beschließen hat zum Voraus meinen ganzen Beyfall, möchte ich nun hören daß einmal das Flöz ersuncken ist. Vielleicht trifts in die Epoche unsres Einzugs in Paris.

Dürfte ich Sie wohl um eine freundschaftliche Bemühung in einer häußlichen Angelegenheit bitten. In Franckfurt habe ich gefunden daß ich eine Summe[15] Geldes daher ziehen und in Weimar anlegen könnte. Schon lange hatte ich Lust zu einem Gütchen, besonders zu dem Lobedaischen Griesheimischen. Es stand einmal auf dem Verkauf, die Interessenten haben sich wieder arrangiert. Könnte man nicht erfahren wie die Sache jetzt steht? und ob das Gut um einen leidlichen Preis zu haben wäre? Der Burgemeister Bohl stehtwohl am nächsten in Connexion.

Je weiter man in der Welt herumkommt desto mehr sieht man daß der Mensch zur Leibeigenschaft gebohren ist. Auch bin ich jetzt da ich meine Vaterstadt wieder besucht habe aufs lebhafteste überzeugt worden daß dort für mich kein Wohnens und Bleibens ist. Haben Sie die Güte von dieser Sache und diesen Äuserungen niemanden zu sagen.

Eben wird gemeldet daß man morgen wieder marschirt. Die Franzosen stehen ganz nahe, wenn sie halten, so kann viel entschieden werden.

Leben Sie recht wohl. Bleiben Sie mir freundschaftlich gesinnt. Empfehlen Sie mich den Ihrigen. Der Herzog ist sehr wohl und munter. Ich befinde mich auch recht wohl.

Jardin Fontaine. vor den Thoren von Verdün.

d. 10. Sept. 1792.

G.


Durchl. der Herzog hören daß ich Ihnen schreibe und befehlen mir: wegen der Jenaischen heimlich fortdaurenden Unruhen Ihnen aufzutragen: daß Sie doch[16] ja genaue Erkundigung fortsetzen mögen um zu erfahren: wo und wie es hängt und wer diejenigen sind die dieses Fieber unterhalten. Durchl. genehmigen auch ein und andre baare Auslage wenn Sie nöthig finden sollten durch diese und jene Mittel der Wahrheit näher zu kommen. Die Folgen solcher Minen, die mit unter von elenden Menschen gegraben werden, sind so schlimm daß man nicht fleißig genug ihnen gegenarbeiten kann.

Übrigens kann ich nochmals bey dieser Gelegenheit versichern daß Durchl. mit allem was geschehen ist vollkommen zufrieden sind.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1792. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-97B4-9